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Full text of "Archiv furgeschichte"

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ARCHIV 
NATURGESCHICHTE 


GEGRÜNDET VON A. F.A. WIEGMANN 


FORTGESETZT VON 


W.F. ERICHSON, F.H. TROSCHEL 
E.VON MARTENS, F. HILGENDORF 
W.WELTNER unD E. STRAND 


= 


SIEBENUNDACHTZIGSTER JAHRGANG 


1921 
Abteilung A 
11. Heft 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


EMBRIK STRAND 
(BERLIN) 


NICOLAISCHE 
VERLAGS-BUCHHANDLUNG R.STRICKER 
Berlin 


Inhaltsverzeichnis 
2%3-A00onı- PR 
Eee Seite 
Remane. Beiträge zur ie, des a ae (Mit 
31 Textfiguren) . . : Fer 
Reuß. Eine ER ER von A ehe Mi; 12/0, 
und durch entsprechende 33 gekennzeichnete ostasiatische For- 
men oder Arten, die bisher zu „adippe“L. (rect. cydippeL.) 
gerechnet wurden, sich aber nunmehr durch Art und Verteilung 
der Androconien abtrennen lassen. Mit einer Revision des ‚Genus 
Ar Run nn ıB AH a 180 
Reuß. Die Formen von PaRk, Re Daiy im Be Mu: 
seum. Eine monographische Skizze an Hand der bisherigen Lite- 
ratur mit biotechnischen Ausblicken . . . . 243. 230 
Stumper. Kritische Untersuchungen über Ks resrholugt a 3. 
Ulrich. Zur Synonymie palaearktischer Vertreter der Gattung Cerceris 


aus der Sammlung des Berliner Zoologischen Museums . . . . . 256 
Sack. H. Sauters Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) (Mit 
21 Abbildungen im Text) . .. . er A 


Burr. H. Sauters Formosa-Ausbeute: nein 1. DIS ER 210 
Voß. H. Sauters Formosa-Ausbeute. Curculionidae: Rhynchitinae (Col.). 
(4. Beitrag zur Kenntnis der Curculioniden.) (Mit 3 Abbildungen 
Im DL 
Prout. H. Sauters Formosa aa ale er er 
Warda. Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers über seine ‚Behind ie 
linge von Huropas ra RE Re a 20 


Druck ı von Julius Brandstätter, Leipzig, - Querstraße 13 


Beiträge zur 
Morphologie des Anthropoidengebisses. 


Von 


Adolf Remane. 
(Mit 31 Textfiguren. ) 


Inhaltsübersicht. 

a EEE RS Te DAR DE ea | 
Fr Natrenalıac Tormmolofles. . me ee Dre =. 
GR re A Or en ee N N TE ed 6 
BIVATIBUIMERTER, ZAhNnZale We 6 
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Ehe Stellung dans Zähnen ER NER EA HD 
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 Molarenzund Prämolaren. 2.2... 5 Ar. Su ee 
ET a Fiat a3) Kae A Pr ee ee er v- 
Desssektscken der: Zähnen 7... THE N EB 2 ER 
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SIE DARTrEIBVEtSM. u.’ 2 eo ee a 
DIBGBRENBONEn en Rn, EB ae A FE 
STRCHTEWIORRRDE AR 06 CAR N RA 2 FU DAN 
IH DREIER SEHIR EHE N BE 
b. Kurze+ZiBammenfassüung. ;. . sun 7. Fee er ae er 
D. OEBRORPRENE.DE Betrachtungen er LU 

E. Das Gebiß der fossilen Anthropoiden und "phylogenetische Be- 
trachtungen +. #7‘. ER AEE B r B E 


A. Einleitung. 


Das Gebiß der Anthropoiden ist entsprechend seiner Wichtig- 
keit schon oft bearbeitet worden. Wenn ich es gleichwohl unter- 
nehme, diesen (regenstand noch einmal zu behandeln, so tue ich 
es aus folgendem Grunde. Die bisherigen Beschreibungen sind — 
abgesehen von Selenkas Darstellung des Oranggebisses (79) und 
Kirchners Abhandlung über Hvlobates concolor (44) — entweder nur 
auf geringes Material begründet oder erfolgten unter dem (Gre- 
sichtspunkt eines kurzen Vergleiches zwischen dem Gebiß der 
Anthropoiden und dem des Menschen. 

Erstere Methode kann aber nur dann einwandfreie Ergebnisse 
zeitigen, wenn sich die Zähne der betreffenden Gattungen durch 
annähernde Formkonstanz auszeichnen. Das wurde wohl eine 
Zeitlang für die Anthropoiden angenommen (Branca, Zuckerkandl), 
entspricht aber keineswegs den Tatsachen. Im, Gegenteil, die 
Variabilität ist im Anthropoidengebiß außerordentlich groß, und 
so mußte denn eine auf geringes Material basierte Betrachtung 
zu Irrtümern in der Wertung der einzelnen Merkmale führen. 
Derartige Irrtümer, sei es, daß einige zufällige Besonderheiten 
des gerade vorliegenden Materials als Charakteristika der ganzen 


A 
Archiv  enbschte 1 11. Heft 


2 Adolf Remane: 
Gattung betrachtet wurden, oder ein Merkmal fälschlich einer 
Gattung abgesprochen wurde, finden sich noch in der neuesten 
Literatur weit verbreitet, und ihnen ist es wohl größtenteils zu- 
zuschreiben, daß über die verwandtschaftlichen Beziehungen 
rezenter und fossiler Anthropoiden Unstimmigkeiten herrschen, 
wie wohl bei keiner anderen Tiergruppe. 

Aber auch die kurze vergleichende Betrachtungsweise birgt 
eine gewisse Einseitigkeit in sich, da sie die anscheinend typischen 
Merkmale auf Kosten der kleineren oder größeren Abweichungen 
in den Vordergrund rückt und sich bemüht, den ganzen Varia- 
tionskreis zu einem Normaltypus zu konzentrieren. Ein solcher 
„Normaltypus‘ ist für vergleichende Untersuchungen entschieden 
von hohem Wert, aber erst dann, wenn zuvor eine annähernde 
Festlegung des Variationskreises erfolgt ist, da erst dadurch die 
Unterlagen für die notwendige Beurteilung der Merkmale, ob 
konstant, ob nur häufig vorkommend, ob für die Gattung charak- 
teristisch usw., geschaffen werden. Diese Vorbedingung ist aber 
für die Anthropoiden bisher noch nicht erfüllt, abgesehen von 
der Variation in Zahn- und Höckerzahl bei Orang und Hylobates 
concolor, die von den oben angeführten Autoren eine eingehende 
Darstellung erfahren hat. Allerdings finden sich in der Literatur 
nicht wenige Angaben über einzelne Variationen der verschiedenen 
Anthropoidengattungen, doch diese Darstellungen beschränken 
sich fast stets auf besonders auffallende Aberrationen und 
sind keineswegs in der Lage, uns eine Vorstellung von der Art 
und dem Umfang der fluktuierenden Variation zu geben. 

In der vorliegenden Arbeit will ich nun den Versuch machen, 
diese Lücke auszufüllen. Dabei erwies es sich als vorteilhaft, 
nicht wie in den meisten bisherigen Arbeiten jeden Zahn einzeln 
zu besprechen, sondern die komplizierten Zähne in ihre einzelnen 
Formsysteme, wie Höcker, Leisten usw. aufzulösen und diese 
einer vergleichenden Darstellung zu unterziehen. 

Gleichzeitig will ich wenigstens beim Gorilla, bei welcher 
Gattung ich einigen Einblick in die Rassenverhältnisse gewonnen 
habe, versuchen, die Rassenmerkmale von den individuellen Varia- 
tionen zu sondern. Ferner dehne ich die Ergebnisse auch auf die 
fossilen Anthropoiden aus, deren Reste ja fast ausschließlich aus 
Zähnen und Kieferbruchstücken bestehen. 

Um die Arbeit nicht zustark auszudehnen, habe ich das mensch- 
liche Gebißnicht in die Betrachtungeinbezogen. Daaber gerade dieser 
Punkt von großer Wichtigkeit ist, will ich ihm späterhin eine eigene 
Arbeit widmen, die auf den Ergebnissen dieser Arbeit basieren soll, 

Die Arbeit wurde im Zoologischen Museum zu Berlin ange- 
fertigt. Herrn Geheimrat Prof. Dr. W. Kükenthal, meinem hoch- 
verehrten Lehrer, spreche ich an erster Stelle meinen Dank aus für 
die Überlassung eines Arbeitsplatzes, sowie für die freundliche 
Erlaubnis zur Untersuchung des Materials und Benutzung der 
Bibliothek des Museums. Besonderer Dank. gebührt auch Herrn 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 3 


Prof. Matschie, dem Kustos der Säugetierabteilung des Museums, 
der mir oft mit seinem Rat zur Seite stand und es mir durch Über- 
lassung noch unveröffentlichter Notizen ermöglichte, einen näheren 
Einblick in die Rassenverhältnisse der Gattung Gorilla zu gewinnen. 

Weiterhin bin ich für Überlassung von Material oder wert- 
voller Literatur folgenden Herren zu Dank verpflichtet: in Berlin 
den Herren Geheimräten Prof. Dr. Fick, Prof. Dr. Heider, Prof. 
Dr. v. Luschan, Prof. Dr. Pompeckj und Prof. Dr. Virchow sowie 
Herrn Prof. Dr. Heymons, Herrn Dr. P. Schulze und Herrn Dr. 
Dietrich; in Breslau den Herren Geheimräten Prof. Dr. Doflein 
und Prof. Dr. Partsch, Herrn Prof. Dr. Mollison und Herrn Elsner, 
in Dresden Herrn Prof. Dr. Jacobi und Herrn Struck, in Leipzig 
Herrn Prof. Dr. Meisenheimer, in Hamburg Herrn Prof. Dr. Lohmann, 
in München Herrn Prof. Dr. R. Martin und Prof. Dr. M. Schlosser. 


B. Material und Terminologie. 


Um die Untersuchung unter den oben erwähnten Gesichts- 
punkten durchführen zu können, mußte es mein Bestreben sein, 
ihr möglichst umfangreic hes Material zugrunde zu legen. Den Grund- 
stock bildete die Sammlung des Berliner Zoologischen Museums, 
deren großer Wert außer der großen Reichhaltigkeit in dem Vor- 
handensein der verschiedenen Rassen der einzelnen Gattungen liegt. 

Über die Herkunft meines gesamten Materials gibt die folgende 
Übersicht Auskunft. 


: - Schim- Sympha- 2 
Gorilla | Orang Schim ympha-| Gibbon 


panse langue 

Zoologisches Museum, Berlin 

Br): ds 4,182...) 78,:1.390..08.28 90 Schädel!) 
Anthropologisches Institut. | 

Berlin (Anthr. J.B.) . . . Bra k 29.17 — 3 
Anatomisches Institut, Berlin | 

Ba Be A 2 > = » 
Zoologisches Institut, Berlin | | 

I de 7 2 3 ar l > 
Landwirtschaftl. Hochschule, 

Berlin (L. H. B.) P 3 4 en, 1 l » 
Zoologisches Museum, Breslau 

(Z. M. Bresl.) 31:28 N 3 2 F 
Zahnärztl. Institut, Breslau | 

(O0. J. Bresl.) u I rl l = SI EZ EE} 
er Institut, Breslau | 

(Anthr. 1 4 6 3 — 7 » 
Zoolog. ha Dresden | 

3 Pe PA ER 19 27 27 — 3 r 
Zoolog. Institut, Leipzig (2. 

BADGE RT 6 4 6 | 2 % 
Zoolog. Museum, Hamburg | 

BAcHFHa,-.: ar 4 ı 14 | 18 2 6 » 


322 160 287 30 115 Schädel 


-_—— 


1) In ‘diesen Zahlen sind auch einige zurzeit in Berlin befindliche 
Schädel aus Greifswald, Frankfurt a. M. und Tervueren enthalten. 


1* 11. Heft 


{ Adolf Remane: 


Ich konnte also insgesamt 914 Anthropoidenschädel unter- 
suchen. Von fossilem Material stand mir allerdings nur ein Unter- 
kieferast von Pliopithecus antiguus mit P,—M, (Palaeontologisches 
Institut zu Berlin) und eine Anzahl Gipsabgüsse zur Verfügung. 

Terminologie. Den Begriff ‚Anthropoiden‘“ fasse ich, wie 
schon aus obiger Tabelle hervorgeht, in engerem Sinne. Ich zähle 
hierzu die Familie der Simiiden mit den Gattungen Gorilla (Gorilla), 
Schimpanse (Anthropopithecus) und Orang (Simia) und die Familie 
der Hylobatiden mit den Gattungen Siamang (Symphalangus) 
und en (Hvlobates). Zum Zeichen, daß ich hier den Siamang 
als eigene Grattung behandle, habe ich für ıhn stets den Namen 
Sy mphalangus gebraucht. 

Die 1913 von Elliot (24) aufgestellte Gattung P’seudogorılla 
ist bereits von Matschie (58) zurückgewiesen worden und in der 
a steht Pseudogorilla in keinem einzigen Me rkmal außerhalb der 

Gattung Gorilla. 

Die Simiiden habe ich in der Beschreibung in Männchen und 
Weibchen getrennt, bei den Hylobatiden gestatteten die geringeren 
sexuellen Unterschiede nicht in allen Fällen eine sichere Ge- 
schlechtsbestimmung, so daß ich bei ihnen von einer solchen 
Trennung absehen mußte. 

Die Bezeichnung der Zähne ist folgende: 

Dauergebiß: Oberkiefer I! I? = P2..P@ ME, M® 

Unterkiefer I; I, €, DB, PRÄM,M; M, 

Milchgebiß: Oberkiefer jdı As ed’ "nd md? 

Unterkiefer id, id, cd, md, md, 
Ist bei einer Zahngattung die Zahl in gleicher Ei hinzugefügt, 
also z. B. M3, so bezieht sich die Abkürzung sowohl auf die be- 
treffenden Zähne des Oberkiefers als auch auf die des Unterkiefers. 

An den Zähnen unterscheide ich 1. mesiale Seite = Vorder- 
seite, 2. distale Seite = Hinterseite, 3. labiale Seite = Außen- 
seite, 4. linguale Seite = Innenseite, 5. okklusale Fläche = Kau- 
fläche. Der mesiodistale Durchmesser entspricht der Länge, der 
labiolinguale der Breite. 

Zur Bezeichnung der Höcker bediene ich mich der Osbornschen 
Nomenclatur, da diese im Gegensatz zu den rein topographischen 
Bezeichnungen wie vorderer Innenhöcker, eine strikte Homolo- 
gisierung gestattet. Die angewandten Namen sind folgende: 


Oberkiefer 
Vorderer Außenhöcker = Paraconus | — 


Hinterer Außenhöcker — Metaconus } Trigon 
Vorderer Innenhöcker = Protoconus | 
Hinterer Innenhöcker = Hypoconus 

Unterkiefer 
Vorderer Außenhöcker — Protoconid | Trigonidteil 
Vorderer Innenhöcker — Metaconid S 


‘ 


nn _ 
BET z 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses > 


Hinterer Außenhöcker — Hypoconid | 
Hinterer Innenhöcker Entoconid } Talonid. 
Hinterer Mittelhöcker = Mesoconid | 
Über weitere Bezeichnungen einzelner Zahnteile gibt Abb. 1 u.2 
Auskunft. Weitere, nebensächlichere sowie neue Bezeichnungen sind 
an der Stelle gekennzeichnet, wo sie zuerst gebraucht werden. Für 
die Prämolaren habe ich die gleichen Bezeichnungen gebraucht wie für 
die Molaren, in der Erkenntnis, daß eine solche Homologisierung nicht 
nur möglich ist, sondern durch die Tatsachen direkt gefordert wird. 


Fr ? F h.Ri 
3 Rn” = “x hTrl 


Me. Ay “En. 
En Hp- 
-h.Trl 
Pa PA 2 “Me 
, — I RI Bb 0 2 
Bb Fovant. v.Trl vr 
Abh. 1. Schema eines oberen Anthro- Abb. 2. Schema eines unteren Anthro- 
poidenmolaren. poidenmolaren 
Pa. Paraconus Pr. Protoconus Pr. Protoconid Me Metaconid 
Me Metaconus Hy. Hypoconus Hp Hypoconid En Entoconid 
Fov. ant. Fovea Fov. post. Fovea Ms Mesoconid Bb Basalbanıl 
anterior posterior Fov. ant. Fovea  Fov. post. Fovea 
v. Trl. vordere Tri- h. Trl. hintere anterior posterior 
gonleiste Trigonleiste v. Trl. vordere Tri- h. Trl. hintere Tri- 
v.Rl. vordereRand- h.Rl. hintere Rand- gonidleiste gonidleiste 
leiste leiste, v.Rl.vordereRand- h. Rl.bintereRand- 
Bb. Basalband S.0.Suleusobliuus leiste leiste. 


Die Abkürzungen der einzelnen Museen sind aus obiger Tabelle 
ersichtlich. 
Meßmethode. An allen Zähnen, an denen sichere Messungen 
möglich waren, wurde der mesiodistale (L) und der labiolinguale 
! L 
- ’ 
> 


a. b. e. 
Abb. 3. Meßmethode a) am M!, b) am P®, ec) am P, 


Durchmesser (B) gemessen, bei den Schneidezähnen nur der 
erstere. An den Eckzähnen wurde außerdem noch die Höhe der 


11. Heit 


6b Adolf Remane: 


Krone gemessen, und zwar an ihrer größten Ausdehnung an der 
Labialseite. An den Prämolaren P®? und P, mußten außer den ge- 
nannten (L und B) noch zwei weitere Maße (L’ und B’) genommen 
werden, die aus Abb. 3 zu ersehen sind. 

Das Literaturverzeichnis am Schlusse gibt nur die Werke an, 
die in dieser Arbeit zitiert wurden und stellt demnach keineswegs 
eine Bibliographie des Gebietes dar. Ob ich aber alle einschlägige 
Literatur durchgesehen habe, muß ungewiß bleiben, da ja gerade 
die Arbeiten über das Anthropoidengebiß soweit in der odonto- 
logischen, zoologischen und anthropologischen Literatur zerstreut 
und oft wichtige Bemerkungen beiläufig bei Behandlung eines 
anderen Themas zu finden sind, daß ein Übersehen der einen oder 
anderen Arbeit leicht möglich ist. In der Zahl der Zeichnungen 
mußte ich mir weitgehende Einschränkung auferlegen, doch wird 
dieser Mißstand durch die von Selenka gegebenen Darstellungen 
von Anthropoidengebissen, auf die ich mehrfach verweisen werde, 
eingeschränkt. 

C. Beschreibender Teil. 
l. Variation der Zahnzahl. 

Die Anthropoiden zeigen im Verhältnis zu andern freilebenden 
Säugetieren sehr häufig ein Schwanken der Zahnzahl, das sich 
meist in einer Vermehrung der normalen Zahnzahl äußert. Am 
häufigsten treten vierte Molaren auf, die fast ausnahmslos in 
Verlängerung der normalen Zahnreihe hinter den M3 liegen, 
wobei im einzelnen nicht selten anormale Lagerungen von ge- 
ringerer Bedeutung wie Drehung, Neigung usw. auftreten können. 
Oft liegen die M4 im Kiefer eingeschlossen. Eine Beeinflussung 
der Lage anderer Zähne durch einen vierten Molaren konnte ich 
in einem Falle beobachten (Tabelle I, 10), wo der im rechten Ober- 
kiefer vorhandene M* den M®nach außen gedrückt hatte. Einen ähn- 
lichen Fall beschreibt Berwerth (9) beim Orang (Nr. 23 3 Batangta); 
hier hat der M, im Unterkiefer den M, nach innen gedrängt. 

Die Größe der M4 bleibt in der Regel hinter der des M3 zu- 
rück, oft sehr beträchtlich. Nur selten erreichen M4 die volle 
(sröße normaler Molaren. Eine Beeinflussung der Größe der 
vorhergehenden Zähne scheint bei einem Gorillamännchen (Ta- 
belle I, 8) vorzuliegen, das bei Vorhandensein der M* abnorm 
kleine Molaren zeigt. In den meisten Fällen ist eine solche Größen- 
reduktion nicht zu bemerken und bei einem anderen Gorilla- 
männchen (Tab. I, 9) übertrifft die rechte Zahnreihe, an der allein 
ein M* vorhanden ist, auch ohne denselben gemessen die linke 
normale Zahnreihe um ein Geringes (61 mm — 60 mm). Die Form 
der M4 zeigt alle Übergänge vom einfachen Zapfenzahn bis zum 
voll ausgebildeten Molaren. Doch kommen auch Formen vor, 
die nicht direkt innerhalb der Skala Zapfenzahn-molariformer 
Zahn liegen, sondern ganz abweichende Formverhältnisse auf- 
weisen (Tab. II, 3). 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 


-_ 


Besonders häufig treten vierte Molaren beim Orang auf, 
21.3 (+1) 
2: 2237 
Eine Zusammenstellung aller beobachteten Fälle würde hier viel 
zu weit führen, zudem existieren für den Orang schon einige gute 
zahlenmäßige Angaben und Beschreibungen an bestimmtem Material. 
So fand Selenka (79) unter 194 Schädeln in 38 Fällen überzählige 
Molaren vor und zwar entfallen dabei von 74 beobachteten vierten 
Molaren 46 auf den Unterkiefer und nur 28 auf den ÖOberkiefer, 
Bateson (8) erwähnt 16 vierte Molaren beim Orang. 10 davon 
befanden sich im Unterkiefer, nur 6 im Oberkiefer; Hrdlicka (43) 
schließlich beschreibt von einem verhältnismäßig geringem Material 
(28 Schädel) 8 M4, wiederum entfällt die Bhran dav on, nämlich 
6 auf den Unterkiefer. Unter dem von mir untersuchten Material 
befanden sich seltsamer Weise nur 6 Orangschädel mit überzähligen 
Molaren, die 4 untere und 6 obere M4 besaßen. Diese Beob- 
achtungen weisen unzweideutig darauf hin, daß beim Orang über- 
zählige Molaren häufiger im Unterkiefer als im Oberkiefer auf- 
treten. Ebenso übereinstimmend ist das Resultat in Bezug auf 
das Verhalten der beiden (reschlechter, denn stets wurden die M4 
häufiger beim Männchen als beim Weibchen beobachtet. Die 
Differenzen in der Häufigkeit der M4 sind allerdings in den oben 
angegebenen Daten sehr beträchtlich, so daß ichauch für den Orang 
— ähnlich wie es beim Gorilla der Fall ist — starke regionale Ver- 
schiedenheit in diesem Punkte annehmen möchte, obgleich Selenka 
schreibt: „Überzählige Molaren erscheinen bei allen Rassen in 
nahezu gleic her Häufigkeit; nur bei den Landak-Schädeln scheinen 
sie selten zu sein.“ 


dessen Zahnformel Selenka deshalb mit bezeichnet. 


Bei den übrigen Anthropoiden treten vierte Molaren seltener 
auf. In den folgenden Tabellen gebe ich einen kurzen Überblick 
über die von mir untersuchten Fälle. Ich füge dabei zur Vervoll- 
ständigung des Bildes die in der Literatur gefundenen Fälle hinzu, 
ohne dabei Anspruch auf absolute Vollständigkeit erheben zu 
können. 


Tabelle I. Vierte Molaren beim Gorilla. 


= | Geschlecht} Stellung a Signatur 
Z | u. Rasse ' Korm (bzw. Aut.) 
3 @. diehli Nur Alveole vorhanden. M* ein- | B.Z.M.: 


wurzelig, wahrscheinlich konisch, A36013, 41 
klein. 

IS @. dieli|M# Alveolen vorhanden. Größe: links | B.Z.M.: 
13,7 x 9, rechts 9,5 x 11,4 mm. A63, 09 
M* waren normal bewurzelt, also 

wohl molarenähnlich. 

g @. diehli ’ | Alveolevorh. M* mit annähernd nor- | B.Z.M.: 
maler Bewurzelung. 12790 


11. Heft 


Adolf Remane: 


I 


Geschlecht 
u. Rasse 


Stellung 
A 


2: Signatur 
E Form (bzw. Aut.) 


4.15 @. diehli | M* M*! | Rechts M* vorhanden, der in Größe B.Z.M.: 
- [und Form wenig vom M®abweicht. |A36013, 23 
Links Alveole, die auf einen ähnlich 
gebauten Zahn schließen läßt. 
5.15 @. diehli| M* M* [Alveolen vorh. M* wahrscheinlich | B.Z.M.: 


molarenähnlich. A36013, 35 
6.]2 @. diehli| M® Alveole für einen einwurzeligen M! B.Z.M.: 
= dicht hinter M? A36013, 2 
7.19 @. diehli| — M* |Hinter bzw. über dem, reehten M? | B.Z.M.. 
> sitzt im Knochen eingeschlossen ein 12794 


wohlausgebildeter M*, dessen Höhle 
durch ein Loeh*#finter dem M? aus- 


mündet. 
a N . . r ; 
9.1.5 spec. M* M* | Alveolen vorhanden. M* wahrschein- B.Z.M.: 
von Lomie | - lich molarenähnlich. Die übrigen A 3909 


Molaren zeigen auftallend geringe 
(iröße. 


9.15 @.gorilla| — _M* | Alveole für einen einwurzeligen M*#, | A.1. B.: 
der dieht hinter M°? stand und wahr- f 1912 i 
scheinlich konische Gestalt besaß. Nr. 322 E 
10.| 2 G. gorillal —_M" | Größe des M* 12,2 x 11,3 mm, drei- | Z.M.Ha.: 


—  — |höckerig. Der M® ist durch den Mt | TA 2a 20 
nach außen gedrängt. 
11.]2@. gorilla ae. Oberkiefer rechts nur Alveole für | Z.M.Ha.: 
M* M* Jeinen einwurzeligen M*. Der rechte | la 2a 25 
untere M, von normaler Gestalt, et- 
was kleiner als M,, in regulärer Stel- 
lung hinter M,. Der linke M, mit 4 
großen Höckern, etwas schräg ge- 


stellt. 
12.12 @. diehlil 7 M' Stiftförmiger M* hinter dem rechten Anthr. 
NE J.B. L. 266 
13, M* M“ Hensel (39) 
14. M'M! Hartmann 
(36) 
15.1 5 M' M' Die oberen M* bis auf ihre etwas ge- Selenka 1 
M,M, |ringere Größe durchaus molaren- Abb. 172). 
ähnlich. Außerdem ist an der linken 
Seite ein überzähliger Eckzahn vor- 
handen. . 
16.1 5 M* M* [Beide M* molarenähnlich, noch im Magitot 
-  — | Kiefer eingeschlossen. (54) 
17.13 M+ Mi : id, 
18.15 M* | Der obere M* klein, Kronenrelief in- | Hervais(30) 
M,M, [folge Abkauung nicht mehr erkenn- 
bar. Die M, des Unterkiefers gleich- 
falls sehr klein, der linke konisch, der 
rechte mit wundeutlicher Höcker- 
bildung. 
19. M* M* [Beide M! im Kiefer eingeschlossen | Bateson (8) 


(in erypt.). 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 


= |Geschlecht [Stellung EEE Signatur 
# |u. Rasse | , „ (bzw. Aut.) 
20 M*! M# Adloff (4) 
+ MS 
21.13 M*! M* | Der rechte M* vierhöckerig (Größe |M.de Terra 
E 13 x 13 mm) der linke dreihöckerig (84) 
(Größe 11,5 x 12). 
22. - ‚Jederseits im Unterkiefer wohlaus- | Siffre (81) 
M* Mi | gebildeter M,. Beide im Kiefer ein- 
geschlossen. 
23 M*Mi Bischoff 
(nach 
de Terra) 
24. — Aeby 
7 Mi (nach 
de Terra) 
25 ? Im Kiefer eingeschlossen. Wyman 
(90) 
26.15 M* M# | Die Größe ist geringer als die der M®, | Bluntschli 


doch ist Höckerbildung noch zu er- 
kennen. 


(12) (nach 
R. Martin) 
(55) 


Schließlich erwähnt Duckworth (21) noch zwei weitere Fälle 
ohne nähere Lage. 
identisch, so 13 und 14, 21 und 26. 


Tabelle II. 


Vierte Molaren: Schimpanse 


Ein Teil der obigen Fälle ist möglicher weise 


7 


1 


Geschlecht |. 
u. Rasse Stellung 
2A. calvusl| — M! 
M,M, 
3 spec. ? ) MEER 
Fan-Geb. FT 
„spec. M“ M“ 
a 
M,Ma« 


Form 


Signatur 


(bzw. Autor) 


Der obere M # voll ausgebildet mit ak- 
zessorischem Höcker am Hinterrand. 
Länge: 7,8, Breite 10,2 mm. Der 
untere rechte M, besteht aus einer 
von einem breiten Wall umgebenen 
Spitze (Länge 6,3, Breite 6,2 mm), 
der linke ist vierhöckerig (Länge 7,3, 
Breite 8,4 mm). 

Alveole für einen einwurzeligen M* 
vorhanden. Rechts die entspre- 
chende Stelle beschädigt. 
Beiderseits M* im Kiefer eingeschlos- 
sen. Der linke annähernd molari- 
form, nur die Innenhöcker, besonders 
der Protoconus an Größe redu- 
ziert; der rechte M* besteht aus drei 
hintereinanderliegenden, gerundeten. 
Höckern (trieonodont). 


B.Z.M.: 
27046 


. 


B.Z.M. 


2 0.0, 


Bischoff 
(nach 
de Terra) 


11. Heft 


10 Adolf Remane: 


Sienatur 
(bzw. Aut.) 


Stellung 
l._»2 


Geschlecht 


Förm 
u, Rasse 


3.1? M*! M* I Der rechte M* sehr klein, direkt hinter jateson 
M°; links nur Alveole vorhanden, die (8) 
auf einen ähnlichen Zahn schließen 
läßt. 

6.| ? M* M*!| Nur Alveolen vorhanden. id. 

71? M’ do. id. 

S.] A. calvus Der M, ist auf Y, der Größe des M, id. 

M, reduziert. 
9.15 A. cottoni| M' Der obere M' labial vom M? gelegen. | Lönnberg 
M! M ‚hinter M ,, annähernd molariform. (50) 
10.] 2 A.cottoni] - - Minter M,, dreihöckerig. id. 
M, | 
1342 M* M* | Außer den beiden M* noch links auf | Leche 


(n. Adloft) 


der lingualen Seite zwei kleine über- 
zählige Zähne. | 


Tabelle III. Vierte Molaren bei Hylobatiden. 


Signatur 


Be (bzw. Aut.) 


Stellung 


Nr. 


| Art 


l. [#7. leueiscus| M* M*! | Eckzähne im Durchbruch befindlich. | Anthr. 1. 
Java Die M*! in normaler Stellung, doch Bresl. 
noch nicht ganz in die Zahnreihe ein- 
gerückt. Rechts nur Alveole vor- 
handen. Der linke M* ist vollkom- 
men. molariform mit Crista obliqua, 
Cingulumundakzessorischem Hinter- 
höcker. 
2. |Symphalan- Giebel (32) 
gus syndac-| M,M 
tylus s e 


Die vorstehenden Tabellen zeigen, daß vierte Molaren allen 
Anthropoidengattungen zukommen, allerdings in recht verschie- 
dener Häufigkeit. Nächst dem Orang treten sie am häufigsten beim 
(rorilla auf, bei dem ich sie in 5°, aller Fälle fand (Selenka 80 gibt 
für ein allerdings geringeres Material 8°,) an. Es folgt dann der 
Schimpanse, während bei den Hylobatiden vierte Molaren als sehr 
selten bezeichnet werden müssen. 

In der Verteilung der M4 auf die Geschlechter zeigt der Gorilla 
gleiches Verhalten wie der Orang: Überwiegen der M4 im männ- 
lichen Geschlecht. Die Beobachtungen an den übrigen Anthro- 
poiden sind noch zu gering, um auf gleiches oder entgegengesetzies 
Verhalten schließen zu können. 

Weiterhin ist bemerkenswert, daß beim Gorilla wie ja beim 
Menschen und wahrscheinlich auch Schimpansen vierte Molaren 


> 209 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 11 


häufiger im Oberkiefer auftreten wie im Unterkiefer, während für 
den Orang das entgegengesetzte Verhalten festgestellt ist. Selenka 
wollte nun unter Bezugnahme auf den Orang für das häufigere 
Auftreten der M, im Unterkiefer die günstigeren Raumverhältnisse 
in demselben verantwortlich machen. Diese Begründung muß nach 
dem ungekehrten Verhalten beim Gorilla als höchst zweifelhaft 
erscheinen, denn die Raumverhältnisse in den Kiefern dieser beiden 
Anthropoiden weisen durchaus nicht derartige Unterschiede auf, 
daß sie zur Aufrechterhaltung der Ansicht Selenkas herangezogen 
werden könnten. 

Ferner ist von großem Interesse, daß ein vierter Molar so 
häufig bei Gorilla diehli auftritt, denn diese Form ist eine der 
kurzkiefrigsten Gorillarassen. Auch die anderen erwähnten Fälle 
gehören durchaus kurzschnauzigen Individuen an, nur der Schädel 
von Lomie weist mittellange Kiefer auf. Bei den langkiefrigen 
(sorillarassen konnte ich keinen einzigen M4 beobachten. Meist 
wird aber gerade das Auftreten der M4 mit der Länge der Kiefer 
in Zusammenhang gebracht (Selenka u. a.) oder aber die durch 
Kieferverlängerung geschaffenen Raumverhältnisse direkt als die 
wirkende Ursache für die Bildung der M4 erklärt (vergl. Adloff 4: 
„Auch ®ie überzähligen vierten Molaren betrachte ich zunächst 
nur als eine Folge der durch eine sekundäre Verlängerung der Kiefer 
geschaffenen günstigen Raumverhältnisse‘). Mit dieser Ansicht 
stimmen aber die tatsächlichen Befunde durchaus nicht überein. 
Zunächst darf nicht vergessen werden, daß die Kieferlänge an 
und für sich für Neubildung von Zähnen ganz ohne Bedeutung ist, 
sondern höchstens die Längendifferenz zwischen Kieferrand und 
Zahnreihe oder mit andern Worten, daß nur dann günstigere 
Raumverhältnisse entstehen, wenn die Kiefer-Verlängerung nicht 
von einer entsprechenden Verlängerung’ der Zahnreihe (Vergröße- 
rung der Zähne) begleitet ist. Die oben erwähnte Längendifferenz 
zwischen Kieferrand und Zahnreihe ist aber durchaus individuellen 
Schwankungen unterworfen ohne erkennbare Beziehung derselben 
zum Auftreten der M4; ferner ist die Längendifferenz im Ober- 
kiefer beim Schimpansen durchschnittlich entschieden relativ 
größer als beim Gorilla, während nach der Häufigkeit der M4 das 
entgegengesetzte Resultat zu erwarten wäre. Alle diese Tatsachen 
sprechen gegen eine direkte Abhängigkeit der M4 von den Raum- 
verhältnissen 

In dieser Hinsicht sind noch folgende Umstände bemerkens- 
wert: 1. Die beiden eingangs erwähnten Fälle, bei denen die M4 
infolge ungünstiger Raumverhältnisse die M3 von ihrem normalen 
Platz verdrängten. 2. Die zahlreichen Fälle von nicht durchge- 
brochenen M4. Ein Teil der letzteren konnte wohl später noch in 
die Zahnreihe einrücken, bei einigen ist dies jedoch sicher nicht 
anzunehmen (Berwerth 9, der mehrere Fälle noch nicht durchge- 
brochener M4 beim Orang beschreibt, sagt in einem Falle: ‚‚Der- 
selbe kann als unterdrückt angesehen werden. Er ist nicht einmal 


11. Heft 


12 Adolf Remane: 


bis zum Durchbruch gekommen.‘‘). Hierbei dürfte es sich um Indi- 
viduen handeln, bei denen die ungünstigen Raumverhältnisse wohl 
einen Durchbruch verhinderten oder nur nach hinten gestatteten, 
nicht aber die Bildung der M4 unterdrücken konnten. Die Ent- 
stehung der vierten Molaren muß auf Überproduktion der Zahn- 
leiste oder auf Abspaltung vom M3 zurückgeführt werden, wobei 
es sich allerdings vollkommen meiner Beurteilung entzieht, ob 
diese Überproduktion als durch äußere Einflüsse (Ernährung) her- 
vorgerufene Modifikation oder als Mutation zu betrachten ist: 
Den Raumverhältnissen kann dabei nur ein Einfluß auf Form und 
Lage zuerkannt werden. 

Die eben geschilderten vierten Molaren stellen jedoch nicht 
die einzige Art der Molarenvermehrung bei Anthropoiden dar; es 
sind vielmehr noch folgende Fälle zu erwähnen: 1. Das Auftreten 
fünfter Molaren. 2. Überzählige Molaren zwischen oder an der 
Seite der normalen Molaren (Paramolaren im Sinne Bolks). 

Über das Auftreten fünfter Molaren liegen bereits drei Be- 
obachtungen vor: Adloff (4) erwähnt bei einem Gorillaschädel das 
Vorhandensein von 5 Molaren im rechten Oberkiefer, Selenka (79) 
beschreibt zwei stiftförmige fünfte Molaren in zegulärer Stellung 
hinter den M® im Oberkiefer eines Orangs (abgebildet bei Berwerth 
9, Abb. 1) und schließlich erwähnt Hrdlicka einen Orangunter- 
kiefer, der außer zwei vierten Molaren rechts noch einen annähernd 
normalen fünften Molaren enthält (Hrdlicka 43, Abb. 6.) 

Über eventuelles Vorhandensein eines sechsten Molaren 
schreibt Berwerth im Anschluß an den oben erwähnten Selenka- 
schen Fall: ‚Hinter dem fünften Molar befindet sich noch eine 
Rinne, die allenfalls als Alveole für einen sechsten Molaren auf- 
gefaßt werden kann“. Doch ist die Wahrscheinlichkeit, daß hier 
tatsächlich ein sechster Molar vorhanden war, ziemlich gering. 
wie ja Berwerth selbst betont. 

Die letzte Art überzähliger Molaren (zwischen oder an den 
Seiten normaler Molaren) tritt sehr selten auf. Ich habe nur zwei 
Fälle beobachtet: 

1. Gorilla Z.M. Ha. 3 11. Im Oberkiefer rechts zwischen M! 
und M? ein unregelmäßiger, überzähliger Molar (Länge 7,9, Breite 
11,2 mm). Er liegt zwischen, zum Teil außerhalb zu M! und M? 
und erreicht nicht die Höhe der normalen Molaren. Um einen 
echten Paramolar dürfte es sich hier kaum handeln, sondern um 
einen regulären überzähligen Molar zwischen M! und M?, der erst 
durch die normalen Molaren nach außen gedrängt wurde. 

2. Hylobates leuciscus. Z.I.L. Im Unterkiefer befindet sich 
neben dem Hypoconid des rechten M, ein Zapfenzahn, der mit 
seiner Innenseite an den M, angeschmolzen ist, doch noch weit- 
gehende Selbständigkeit besitzt. 

Weiterhin erwähnt Selenka (80, p. 14) bei einem Schimpansen 
(Lübecker Museum 22) einen ‚offenbar durch Spaltung des Zahn- 
keims entstandenen, dünnen, walzenförmigen Stiftzahn außen in 


| 
| 


Fe a a 


EN, 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 13 


der Lücke zwischen M! und M? des Oberkiefers“. Schließlich ver- 
weise ich noch auf Tab. II, 9 u. 11. 

Die überzähligen Zähne der Molarengegend stellen bei den 
Anthropoiden das Hauptkontingent zur Vermehrung der Zahnzahl. 
Bei den anderen Zahngattungen tritt Vermehrung der Zahnzahl 
nur selten auf, im (regensatz zum Menschen, bei dem gerade im 
vorderen Teil des (rebisses, bei den Schneidezähnen, am häufigsten 
eine Überzahl zu beobachten ist. 

An überzähligen Prämolaren beobachtete ich nur einen Fall: 
(rorilla (B. Z. M.). Im rechten Unterkieferast befindet sich zwischen 
C und P ein überzähliger Zahn im Kiefer eingeschlossen. Der Zahn 
ist zweiwurzlig, die Krone ist auf eine kleine schmelzbedeckte 
Spitze reduziert. 

Über Vermehrung der Prämolarenzahl beim Orang berichtet 
Selenka: „‚Überzählige Prämolaren fanden sich bei drei älteren 
Männchen, das eine Mal beiderseits im Oberkiefer, ferner einmal 
rechtsseitig unten.‘ Den einen dieser Fälle bildet Selenka ab 
(Fig. 108). Es handelt sich um zwei überzählige Prämolaren im 
Öberkiefer außen zwischen € und P®, die gleichzeitig mit zwei 
vierten Molaren auftreten. Weiterhin bildet Oppenheimer (64, 
Taf. VIII, Fig. 5) einen männlichen Orangschädel mit jederseits 
einem anscheinend normal gebauten oberen Prämolaren ab. Links 
befindet sıch derselbe außen zwischen P3 und P* und kehrt seine 
Außenseite nach hinten, rechts liegt der direkt labial von P? und 
kehrt wie auch der normale P? seine Außenseite nach hinten. 

Beim Schimpansen und Gibbon sind überzählige Prämolaren 
noch nicht festgestellt, dagegen liegt für Symphalangus eine An- 
gabe vor. Wegener (87) berichtet von einem erwachsenen Sympha- 
langus syndactylus, der im linken Oberkiefer einen einhöckrigen 
P®? besitzt. Der Zahn befindet sich zwischen € und P® und ist etwas 
an die Außenseite verschoben, während der P? nach innen ge- 
drückt ist. 

Selbst überzählige Eckzähne sind bei Anthropoiden beob- 
achtet worden. Bekannt und viel diskutiert ist ja der von Selenka 
beschriebene Schädel eines erwachsenen Gorillamännchens, der 
lingual vom linken oberen € einen weiteren Eckzahn aufweist. 
Dieser Fall war für die Feststellung überzähliger Eckzähne über- 
haupt von großer Bedeutung. Eine weitere Angabe liegt von 
Hrdlicka vor. Dieser Autor beschreibt im Unterkieter eines Orang- 
männchens einen direkt an der lingualen Seite des linken C liegenden 
überzähligen €, der in seiner Größe zwischen einem normalen 
Eckzahn und einem Schneidezahn steht. Während aber bei dem 
Selenkaschen Fall der akzessorische Eckzahn von vier überzähligen 
Molaren begleitet ist, fehlt bei dem anderen Fall ein M,. 

Es bleiben noch die überzähligen Schneidezähne zu erwähnen. 
Solche treten wieder etwas häufiger auf, aber nur bei Simiiden, 
bei Hylobatiden ist noch kein einziger überzähliger Schneidezahn 
beobachtet worden. Unter den Simiiden scheinen sie am häufigsten 


11. Heft 


14 Adolf Remane: 


beim Gorilla vorzukommen. Von dieser Gattung sind bereits 
folgende vier Fälle publiziert. 1. Bateson (8) 5 Schneidezähne im 
Unterkiefer. Der überzählige Zahn befindet sich wahrscheinlich 
in der Mitte und ist um fast 90° gedreht. Er besitzt normale Form 
(Abb. bei Wegener 86, Taf. XII, Fig. 1). 2. Wegener (86, Taf. XII, 
Fig. 2). Zwischen den mittleren Schneidezähnen befindet sich ein 
überzähliger Zahn, der gleichfalls etwas gedreht und etwas nach 
hinten gerückt ist. Normale Größe, doch etwas abnorme Förm. 
3. Bolk (14). Im Oberkiefer finden sich rechts zwei äußere Schneide- 
zähne, die durch Spaltung des I? hervorgegangen sind, wie aus 
der teilweisen Spaltung des linken I? hervorgeht. 4. Bolk (16). 
Überzählige äußere I im Oberkiefer. Ein weiterer Fall befindet 
sich im Berliner Zool. Museum (A 36013, 44). 5. G. diehli. Im 
Oberkiefer ist links ein überzähliger I? vorhanden. Der Zahn selbst 
ist jedoch ausgefallen. 

Für den Orang konnteich nur eineentsprechende Angabefinden 
Selenka berichtet über einen rechtsseitigen überzähligen I bei 
einem ÖOrangweibchen ohne nähere Angabe der Lage. Einen 
zweiten Fall fand ich bei einem Weibchen von Sumatra (B. Z.M.). 
Hier waren im Unterkiefer 5 gleichgroße Schneidezähnein einer Reihe. 
Leider waren die Kronen dieser Zähne beschädigt oder abgebrochen, 
so daß sich die Lage des überzähligen I nicht feststellen ließ. 

Auch unter dem Schimpansenmaterial fand ich einen Unter- 
kiefer mit 5 normal gestalteten Schneidezähnen (B.Z.M.g A23, 
10). Der überzählige dürfte der mittelste Zahn sein, der sich durch 
etwas schmälere Form von den übrigen I unterscheidet. Soweit 
mir bekannt, ist dies der erste beobachtete Fall eines überzähligen 
Schneidezahns beim Schimpansen. 

An dieser Stelle möchte ich eine Bemerkung über, die Ent- 
stehung der in der Zahnreihe stehenden, überzähligen Schneide- 
zähne des Oberkiefers einschalten. Bolk (16) hat dieses Thema ein- 
gehend behandelt und glaubt in ihnen abgespaltene (als Zahnkeim) 
Hälften normaler Schneidezähne erblicken zu können. Er nennt 
diese Entstehungsart ‚‚schizogene Variation“. Wenn auch die 
Entstehung dieser Zähne durch Spaltung kaum zweifelhaft er- 
scheinen kann, so bin ich doch über den Verlauf dieses Vorgangs 
anderer Ansicht als Bolk. Dieser Autor geht von der Dreispitzigkeit 
der Schneidezähne aus; durch Reduktion bezw. Fehlen der Mittel- 
spitze (Spitze P) soll der Zerfall in zwei Teilzähne eintreten. 
Eine derartige Entstehungsweise kann aber keinesfalls für den 
Zahn gelten, an dem eine Spaltung relativ häufig auftritt: für den 
I? des Gorilla. Dieser Zahn besteht nämlich nur aus der Mittel- 
spitze, zu der höchstens noch eine Außenspitze als winziges accesso- 
rısches Höckerchen hinzutritt. Eine Reduktion der Mittelspitze 
würde hier mit Reduktion des ganzen Zahnes identisch sein. Es 
kann also zum mindesten am I? von einem Spaltungsvorgang im 
Sinne Bolks keine Rede sein; der Mittelhöcker wird vielmehr 
gleichfalls gespalten, wie auch Bolks Abbildung beweist. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses B) 
> - 


Die Frage, ob die überzähligen Zähne als Atavismen betrachtet 
werden müssen oder nicht, ist schon oft diskutiert worden, so dab 
sich ein nochmaliges Aufrollen aller damit verknüpften Einzel- 
fragen erübrigen dürfte. Osburn (66) hat eine Zusammenstellung 
der verschiedenen Ansichten gegeben. An dieser Stelle ist diese 
Frage nur in folgender Formulierung wichtig: Können überzählige 
Zähne zur Rekonstruktion der Gebißformel der Vorfahren und 
zur Feststellung des allmählichen Reduktionsverlaufs verwandt 
werden? Bei Erwägung dieser Frage ist zunächst zu bedenken, 
daß manche überzählige Zähne mechanischen Ursachen (Druck- 
wirkungen) ihre Entstehung verdanken; ein Vorgang, der mit der 
Gebißformel der Ahnen sicherlich nichts zu tun hat. Daraus ergibt 
sich als Folgerung, daß für eine praktische phyletische Verwendung 
der Zahnüberzahl eine Sonderung der durch zufällige, äußere Be- 
dingungen entstandenen Zähne von den atavistisch bedeutsamen 
die notwendige Vorbedingung ist. Diese Vorbedingung ist, soweit 
ich sehe, bisher noch nicht erfüllt. Nur für die oberen Schneide- 
zähne hat Bolk (16) einen derartigen Versuch gemacht, durch 
die oben erwähnte Einteilung in schizogene Zähne und Mesio- 
dentes, wobei letzteren allein atavistische Bedeutung zukommen 
soll. Aber abgesehen davon, daß die Einordnung der überzähligen 
I in diese beiden Kategorien manche Schwierigkeit bereitet, 
scheinen mir die Argumente Bolks für die stammesgeschichtliche 
\\ ichtigkeit der Mesiodentes (Zapfenzähne in der Näheder Foramina 
incisiva) nicht hinreichend, um alsBasis für phylogenetische Unter- 
suchungen dienen zu können. 

Auch aus der Tatsache, daß überzählige Zähne besonders 
häufig an bestimmten Stellen auftreten, kann nicht ohne weiteres 

auf Atavismus, wenn auch nur für einen Teil dieser Zähne, ge- 

- schlossen werden, denn es besteht doch die Möglichkeit, daß die 

Konstitution des Kiefers (Druckwirkungen u. a.) das häufige 

| Auftreten an bestimmten Stellen hervorruft. Somit müssen wir 
meiner Meinung nach auf eine praktische phyletische Verwendung 
der überzähligen Zähne vorläufig verzichten, sowohl auf Fest- 
stellung der verloren gegangenen Zähne als auch auf die Reihen- 
folge dieses Verlustes. 

Als progressive Bildungen sind nur die überzähligen 
Molaren des Orang und Gorilla angesprochen worden. Selenka 
(79) war der erste, der ihnen diese Bedeutung zuerkannte. Diese 
Hypothese kann als durchaus subjektive Anschauung weder 
widerlegt noch befürwortet werden, es sei denn, daß das Auftreten 
überzähliger M sich als dominierend vererbende Mutante erweist. 
Als Analogie käme dabei noch in Betracht, daß bei manchen 

- Säugetieren (Otocyon, M yrmecobius, manche Xenarthra) in der Tat 
eine derartige Vermehrung der Zahnformel stattgefunden haben 
mag. Andererseits darf nicht vergessen werden, daß die M4 bei 
Orang, Gorilla, Schimpanse und Mensch durchaus gleichwertige 

 Bildungen sind und eine Trennung in solche mit progressivem 


11. Heft 


16 : Adolf Remane: 


Charakter (Orang, (Gorilla) und in ‚„Luxusbildungen‘ (Mensch, 
Schimpanse) wie Selenka es tut, ohne morphologische Begründung 
unzulässig ist: Zudem würde sich bei Berücksichtigung der einzelnen 
Rassen dieser Gattungen eine vollständige Abstufung, ja, ein In- 
einandergreifen der Häufigkeitswerte des M4 von Orang bis Mensch 
ergeben. Ein Schnitt durch diese Reihe in dem oben angegebenen 
Sinne wäre durchaus unnatürlich. Es bleibt also die Alternative, 
entweder die progressive Deutung der M4 fallen zu lassen, oder 
sie für alle Fälle anzuerkennen. Da nun beim Menschen Rückbildung 
des letzten Molaren allgemein anerkannt ist, kann die progressive 
Beurteilung höchstens für jedes betreffende Individuum ange- 
wandt, nicht aber auf die Gattungen verallgemeinert werden. Dafür 
spricht auch das Verhalten des Schimpansen, bei dem Über- und 
Unterzahl an Molaren sich nahezu die Wage halten, und selbst das 
des Orang, der ja auch Fehlen oder Reduktion des dritten Molaren 
aufweisen kann. 

Eine Unterzahlan Zähnen kann durch zweierlei Ursachen 
hervorgerufen werden, 1. durch Verschmelzung zweier Zähne zu 
einem einheitlichen Gebilde, 2. durch Fehlen von Zähnen. Die 
erste dieser beiden Arten, die Verschmelzung, ist ein unter den 
Säugetieren sehr selten beobachteter Vorgang. Einen schönen Fall 
konnte ich an einem Symphalangus beobachten. Hier waren im 
Unterkiefer die beiden rechten Schneidezähne zu einem einzigen 
Zahn verwachsen, der die Form eines normalen Schneidezahnes 
besaß. Irgendwelche Spuren einer Trennung der beiden Teile sind 
nicht erkennbar. Daß es sich in der Tat um Verschmelzung handelt, 
wird durch die Größenverhältnisse bewiesen: Die Breite der linken 
normalen Schneidezähne beträgt 1,3,3 mm, 153,9 mm, die des ver- 
wachsenen Zahns 5 mm (B. Z.M. 7850). 

Ein ähnlicher Fall liegt bei einem Schimpansen (B.Z.M. 
4306) vor, doch sind hier die beiden rechten Milchschneidezähne 
miteinander verwachsen; der Zahn zeigt die Verwachsungstelle in 
einer Längsfurche. Dasselbe berichtet Hilzheimer (40) von den 
beiden linken Milchschneidezähnen eines Schimpansen. 

Das ursprüngliche Fehlen von Zähnen ist bei den Anthropoiden 
nicht immer mit Sicherheit festzustellen, da die Alveolen heraus- 
gefallener Zähne vollkommen verwachsen können. Deshalb habe 
ich in der Regel nur die Fälle aufgenommen, bei denen sich an 
Stelle des fehlenden Zahnes keine Lücke in der Zahnreihe befand 
oder aber die Lücken in beiden Kieferhälften symmetrisch auf- 
traten. Ausnahmen habe ich nur dort gemacht, wo die Beschaffen- 
heit des Kiefers, wie z. B. beim Fehlen von Eckzähnen eine voll- 
kommen sichere Beurteilung ermöglichte. 

Beim Menschen sind es hauptsächlich drei Zähne, die häufig 
fehlen, die dritten Molaren, die hinteren Prämolaren und die 
äußeren Schneidezähne. Dieselben Zähne unterliegen auch bei 
den Anthropoiden am häufigsten der Reduktion. Doch sind auch 
hierbei zwischen den einzelnen Gattungen große Unterschiede zu 


= 


jeigrage zur Morphologie des Anthropoidengebisses 17 


bemerken. Das gilt besonders für den dritten Molaren. Bei zwei 
Gattungen, Gorilla und Symphalangus, konnte ich das Fehlen des 
M°® überhaupt nicht beobachten. Auch in der Literatur fand ich 
keinen Fall vermerkt. Bei Symphalangus läßt allerdings die relativ 
geringe Anzahl der untersuc hten Schädel noch kein abschließendes 
Urteil in dieser Hinsicht zu, für den Gorilla muß jedoch ein voll- 
ständiges Fehlen oder zum mindesten außerordentliche Selten- 
heit dieser Anomalie angenommen werden. Damit stimmt durch 
aus überein, daß der M3 auch in seiner Größe und Form beim 
Gorilla viel seltener eine Reduktion aufweist, als bei allen anderen 
Anthropoiden. 

Beim Orang habe ich selbst zwar auch kein Fehlen des M3 
feststellen können, doch liegen darüber bereits vier Angaben vor. 
Brühl (nach de Terra) gibt für einen Orang das Fehlen der beiden 
oberen M® an, Bateson (8) erwähnt einen Schädel mit fehlenden 
rechten M®, Berwerth (9) beschreibt einen gleichen Fall (der linke 
M® weist gleichzeitige starke Größenreduktion auf) und schließlich 
beobachtete Hrdlicka (43) im Unterkiefer eines männlichen Orangs 
das Fehlen des rechten M.. 

Vom Schimpansen lagen mir fünf Schädel mit verminderter 
Molarenzahl vor. In einem Falle ($ B. Z.M. 29472) fehlten ım 
Oberkiefer beide M®, in den vier anderen Fällen (2 ©? B.Z.M., 
1 Z.M.Dr., 1 © Anthr. I. B.) sind in der rechten Oberkieferhälfte 
nur zwei Molaren vorhanden. Bei einem dieser Fälle besteht aller- 
dings die Möglichkeit, daß der M'! der fehlende Zahn ist. Die beiden 
M stehen nämlich mit den M der normalen Zahnreihe alternierend 
und stimmen in ihrer Form eher mit M? und M? überein. Eine 
Lücke zwischen P* und dem vorderen der beiden M fehlt voll- 
kommen. Einen Schimpansenschädel (4. vellerosus) mit beider- 
seits fehlenden M#® bildet auch Elliot (24, Taf. 39) ab. Zweimal 
sah ich eine Reduktion der oberen M® zu kleinen Zapfenzähnen, 
Branca (17) berichtet von einem ähnlichen Fall. 

In annähernd gleicher Häufigkeit wie beim Schimpansen scheint 
das Fehlen von Molaren bei Hylobates vorzukommen. Ich sah 
drei derartige Schädel (H. concolor, B. Z. M.). Dem einen fehlten 
siimtliche vier M,, dem zweiten die beiden M® des Oberkiefers und 
dem dritten der linke M, des Unterkiefers. Letzterer Schädel zeigte 
gleichzeitig etwas reduzierte obere M®, Zwei weitere Fälle, gleich- 
falls von Hylobates concolor erwähnt Kirchner (44), dem einen 
Individuum fehlte ein oberer, dem anderen ein unterer M. 

Es ergibt sich also, daß Fehlen von Molaren den beiden Gat- 
tungen am häufigsten zukommt, die am seltensten eine Veı- 
mehrung der Molarenzahl aufweisen, nämlich dem Schimpansen und 
Gibbon. Auffallend ist jedoch die Unstimmigkeit in der Zahl 
der Molarenvermehrungen und -verminderungen bei Orang und 
Gorilla. 

Das Fehlen eines zweiten Prämolaren konnte ich unter den 
Simiiden nur in einem einzigen Falle feststellen. Einem Schim- 

Archiv u Naturgeschichte 


21. A: 11. 


2 11. Heft 


18 Adolf Remane: 


pansenweibchen ({B. Z.M.) fehlt im Unterkiefer der rechte P.. 
Links ist der P, eben durchgebrochen. Der Kiefer ist an der Stelle 
des fehlenden Zahnes vollkommen elatt, so daß wahrscheinlich 
bereits der md, fehlte. 

Dagegen fand ich bei Hvlobates in 6 Fällen ein Fehlen der P,, 
an deren Stelle z. T. die entsprechenden Milchzähne stehen ge- 
blieben waren. In zwei von diesen Fällen war das Fehlen der P, 
von einem Fehlen der M,, begleitet. Ich gebe im folgenden eine 
kurze Beschreibung der betreffenden Fälle. 

1. H. concolor. B.Z.M. 7852. Im Öberkiefer fehlt beiderseits 
P*, rechts fehlt auch der Raum für denselben, links ein geringer 
Hiatus, in dem noch Spuren von Ausfall des md* zu erkennen 
sind. Unterkiefer fehlt. 

2. H. concolor. B. Z.M. 7850. Im Unterkiefer fehlen beiderseits 

P,; der entsprechende Raum ist vorhanden, der Kiefer zeigt 

keinerlei Spur einer gewaltsamen Einwirkung. Oberkiefer- 

bezahnung normal. 

H. concolor. B.Z.M. 7855. Im Oberkiefer fehlen beide P*. 

Links ist der md* stehen geblieben, rechts ausgefallen. Die 

P*' sind nicht im Kiefer vorhanden, so daß Retention nicht 

vorliegt. Im Unterkiefer P, vorhanden und bereits im (re- 

brauch. 

4. H. concolor. B.Z.M. 7801. Im Oberkiefer fehlen beide Pt, 
im Unterkiefer der linke P,, an dessen Stelle sich der md, be- 
findet (der rechts P, ist bereits längere Zeit in Funktion). ‚Im 
Oberkiefer sind noch Spuren der ausgefallenen md? zu erkennen. 
In demselben Gebiß fehlen sämtliche M3. 

5. H. concolor. B. Z. M. 7865. Im Oberkiefer fehlen P* und M? 
vollkommen. An Stelle des rechten P*! ist der md! stehen ge- 
blieben. Im Unterkiefer Zahnzahl normal, die M., jedoch etwas 
reduziert, der rechte M, in abnormer Lagerung. 

6., H. leuciscus. B.Z.M. A 3407. Im Oberkiefer fehlen beide 
P*, die durch die md? ersetzt werden. Im Unterkiefer P, 
vorhanden, doch mit ihrem hinteren Teil etwas nach außen 
gedreht. 

Die eben geschilderten Fälle sind im Hinblick auf Bolks 
Theorie der terminalen Reduktion von großer Bedeutung. Diese 
Theorie besagt, daß die Umwandlung der Zahnformel der platyr- 
rhinen Affen mit drei Prämolaren in die der katarrhinen mit zwei 
Prämolaren nicht, wie bisher allgemein angenommen, durch Verlust 
des vordersten Prämolaren bewirkt worden sei, sondern durch 
Verlust der letzten Molaren und der letzten Prämolaren. An die 
Stelle der letzteren seien dann die entsprechenden Milchzähne ge- 
treten, so daß anscheinend wieder drei Molaren vorhanden seien, 
die dann aber nicht denen der Plathyrrhinen homolog seien; es 
entspräche vielmehr der Mi der Katarrhinen dem md4 der Platyr- 
rhinen, der M2 dem M1 usw. Unter anderem führte Bolk auch einige 
Fälle beim Menschen an, bei denen diese Entwicklung weiter fort- 


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Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 19 


geschritten sei, indem die letzten Molaren und die hinteren Prä- 
molaren unter gleichzeitiger Persistenz der letzten Milchmolaren 
fehlten. Derartige Fälle liegen nun auch beim Gibbon vor. Dies 
beweist, daß diese Bolksche Theorie prinzipiell sehr wohl möglich 
ist. Leider sind aber die Befunde bei den Anthropoiden in dieser 
Hinsicht noch nicht eindeutig. Besonders bei Gorilla, aber auch 
beim Schimpansen kann, wie ich vorwegnehmen will, eine weit- 
gehende Molarisierung des letzten Prämolaren eintreten. Daraus 
könnte man, sobald man Anomalien zur Rekonstruktion einer 
phyletischen Entwicklung benutzt, auf |[Molarisierung des letzten 
P bei gleichzeitiger Reduktion der letzten M und md schließen 
und so die Umwandlung des Platyrrhinengebisses in das Ka- 
tarrhinengebiß erklären. Immerhin bleibt das relativ häufige 
Auftreten derartiger Fälle bei Hylobates bemerkenswert. 
Das Fehlen eines P, konnte ich nur in einem Orangunterkiefer 
(B. Z. M. 6952) konstatiere n. Hier war aber gleichzeitig der Eck- 
zahn bei völlig intakter Alveole nach vorn neben dem I, ver- 
lagert worden, so daß das Fehlen des P, auf eine Störung w ährend 
seiner Entwicklung zurückzuführen sein dürfte. Gleichfalls beim 
Orang und zwar bei zwei Männchen (B. Z. M. 6959 und 12209) 
beobachtete ich das Fehlen eines Eckzahn, das eine Mal im Ober- 
kiefer, das andere Mal im Unterkiefer. Die Kieferbeschaffenheit 
'!ädt keinerlei Zweifel an dem ursprünglichen Fehlen und schließt 
auch Rentention aus. Das Fehlen eines oberen Eckzahn konnte 
gleichfalls bei einem Gorillamännchen beobachtet werden, bei 
dieser nt kommt auch Retention des unteren Eckzahns vor 
2.M. Ha: o0N te i 
Vene der Zahl der Schneidezähng sah ich nur beim 
(sorilla und Schimpansen?) stets war der I, der fehlende Zahn. 
Bei einem Gorillamännchen fehlten beide I,, eine Lücke war 
an den betreffenden Stellen nicht vorhanden; das war jedoch der 
Fall bei einem anderen Unterkiefer, dem gleichfalls beide I, fehlten. 
An Stelle des rechten befand sich ein schmelzloses Rudiment. 
Schließlich waren noch zwei Schädel mit einseitigem Fehlen von 
I2 vorhanden, in einem Falle im Unterkiefer, ohne Zahnlücke, im 
anderen im Oberkiefer. 
Im Unterkiefer eines Schi . pansenmännchens (B. Z. M.) fehlte 
der linke I,, der rechte war stark reduziert. 
Zum Schluß sei nochmals auf folgende Punkte hingewiesen. 
1. Die Variation der Zahnzahl ist bei den einzelnen Gattungen sehr 
verschieden. 
2. Die Häufigkeit des Fehlens von Zähnen steht oft nicht in rezi- 
prokem Verhältnis zur Häufigkeit von überzähligen Zähnen bei 
den einzelnen Gattungen. 


2) Ein Örangschädel besaß noch die id?, obwohl die Prämolaren sich 
bereits im Durehbruch befanden. 


DE 11. Heft 


20 Adolf Remane: 


3. Beim Gibbon scheint nicht allzu selten Persistenz des zweiten 
Milchmolaren verbunden mit Reduktion des letzten Molaren 
vorzukommen. 

4. Bei Anthropoiden kommt auch Fehlen und Retention des 
Eckzahns vor. 

Die Folgerungen, die ich aus den Befunden ziehen konnte, 
waren allerdings fast nur kritischer Natur. Gleichwohl dürfte eine 
Zusammenstellung dieser Zahnzahlvariationen bei Anthropoiden 
tür die zahlreichen Fragen, die beim Menschen an Hand der über - 
zähligen Zähne aufgeworfen wurden, vorteilhaft sein. 


II. Die Größe der Zähne. 


Die absoluten und relativen Größenverhältnisse der Anthro- 
poidenzähne sind bisher nur selten durch Messungen festgestellt 
worden. Die meisten Maße finden sich im Anschluß an die Beschrei- 
bung fossiler Reste. Nur Mühlreiter (63) hat dieses Thema zum 
(regenstand einer eigenen Abhandlung gemacht, kann sich aber 
nur auf geringes Material stützen. Zudem wird der Wert seiner 
Maße dadurch etwas eingeschränkt, daß er auch abgekaute Zähne 
gemessen hat. De Terra (84) gibt dann eine Zusammenstellung 
der bis dahin publizierten Maße und fügt noch einige eigene Maße 
hinzu. In den folgenden Tabellen gebe Sch für die einzelnen Grat- 
tungen die von mir gemessenen Maximal- und Minimalwerte. 
Ich habe hierbei nur die Maße normal gebauter Zähne aufgenommen 
und besonders solche Zähne, die durch den Besitz von starken 
Bukkalhöckern abnorme Breitenverhältnisse aufweisen oder zu 
Zapfenzähnen reduziert waren, ausgeschaltet. Fanden sich in 
der Literatur Werte, die außerhalb des von mir gemessenen 
Variationskreises ltgen, so habe ich dieselben in Klammern hinzu- 
gefügt. Diese Maße dürfen nicht mit den andern ohne weiteres 
vergleichbar sein, da einerseits die Möglichkeit einer anderen Maß- 
methode offen bleiben muß, andererseits die Geschlechtsbestim- 
mungen der betreffenden Schädel nicht einwandfrei sind. So gibt 
z. B. De Terra (84) unter Chimpanse @ Maße, die, wie der Eckzahn 
beweist, mit ziemlich großer Sichörheit auf ein Z schließen lassen. 

Die Tabellen IV—VIl zeigen, daß die Größenvariation der 
Anthropoidenzähne außerordentlich groß ist. In diesem Zusammen- 
hang dürfte eine Betrachtung des gegenseitigen Verhaltens der ein- 
zelnen Variationskreise von Interesse sein Simiiden und Hvloba- 
tiden: Überraschend ist, daß die Kluft zwischen der Zahngröße 
der Simiden und Hylobatiden relativ sehr gering ist, und z. T. 
sogar überbrückt wird. Ein derartiges Übereinandergreifen der 
Werte findet sich bei den Längenmaßen der oberen und unteren 
Molaren und Prämolaren, ferner in der Höhe der Eckzähne, sowie 
in der Länge des unteren Eckzahns. In den Breitenwerten ist 
zwischen beiden Familien eine Kluft vorhanden, die aber z. T. 
so gering ist, daß bei einer Messung an größerem Material von 
Symphalangus eine Überbrückung an manchen Stellen möglich 


.. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 21 
erscheint. Ein deutlich ausgesprochener Hiatus klafft jedoch 
bei den Schneidezähnen, deren Dimensionen bei den Hylobatiden 
stets beträchtlich hinter denen der Simiiden zurückbleiben. 
Simiiden. Daß der Orang in seiner Zahngröße vollkommen zwi- 
schen Gorilla und Schimpanse vermittelt, ist eine bekannte Tat- 
sache. Doch ergibt sich aus den Messungen, daß sich selbst die 
Variationskreise von Gorilla und Schimpanse, deren Zahngröße 
doch auf den ersten Blick ganz verschieden zu sein scheint, be- 
rühren und besonders im vorderen Teil des (rebisses ineinander 
greifen. Das ist besonders im Hinblick auf die Eckzahngröße 
dieser beiden Gattungen von Interesse. Allgemein ist die Ansicht 
verbreitet, daß der Schimpanse kleinere Eckzähne besitze als der 

Gorilla. Tatsächlich besteht aber weder bei den Weibchen noch 
bei den Männchen eine Kluft zwischen den Eckzahnhöhen dieser 
beiden Gattungen und bei den Weibchen liegt im Unterkiefer sogar 
der Maximalwert des Schimpansen höher als der des Grorilla. 
Das beweist, daß diese Behauptung, wenn man die absoluten Zahn- 
maße betrachtet, nur zum Teil richtig ist, wenn man sie jedoch mit 
den Schädeldimensionen vergleicht, größtenteils falsch ist. Es 
kommen also Schimpansen vor (besonders Weibchen), die relativ 
größere Eckzähne besitzen, als manche Gorillaindividuen des- 
selben (reschlechts. Hylobatiden. Von den beiden Hylobatiden - 
genera besitzt Symphalangus die größeren Zähne, doch kann auch 
hier von einer scharfen Scheidung kaum die Rede sein. Die Minimal- 
werte vonSymphalangus liegen sogar noch unter den Durchschnitts- 
werten von Hylobates. Zudem dürften die in der Tabelle angeführ- 
ten Größen von Symphalangus keineswegs einen erschöpfenden 
Einblick in die Variation der Zahngröße. dieser Grattung geben, 
da das untersuchte Material zu gering war. Die Maße von Sympha- 
Jangus klossi Miller, der auffallend kleine Zähne besitzt, sind z. T. 
der Originalarbeit entnommen (62), z. T. nach der Abbildung von 
Elliot (24) gemessen. Die Höhe der Zähne habe ich außer bei den 
Eckzähnen in den Tabellen nicht angeführt. Hier sollen einige 
kurze Bemerkungen hierzu gemacht werden. Die Höhe der Molaren 
ist absolut wie relativ beim Gorilla am größten, der demnach am 
meisten Annäherung an Hypselodontie zeigt. Besonders hohe 
Molaren besitzt Gorilla beringer, sowie ein junges $ vom Lobofluß 
(B.Z. M.). Die durchschnittlich größte Höhe der Prämolaren- 
krönen, wenigstens am P, scheint der Orang zu besitzen, während 
die oberen Schneidezähne beim Schimpansen die relativ größten 
Höhenwerte aufweisen, so daß bei vielen Individuen eine gewisse 
Annäherung an die Meißelform, wie sie den meisten Cynoptheciden 
zukommt, zu erkennen ist. 

Relative Größenverhältnisse. Bei der Darstellung der 
relativen (Größenverhältnisse sollen folgende zwei Punkte berück- 
sichtigt werden: 1. Gegenseitiges Verhalten der einzelnen Zahn- 
gattungen. 2. Gegenseitiges Verhalten der Einzelzähne innerhalb 
einer Zahngattung. 


11. Heft 


> ? 
Remane: 


Adolt 


»)») 


Tabelle IV. Dimensionen der Oberkieferzähne bei Simiiden. 


\1° \: \pt pP! P? ( ’ 2 I! - 
Min. Max. Min, Mux., Min, Max. Min. Max, Min. Max, Min. Max, Min, Max, Min. Maar, 
en 1 fe 186 jias 1168 so | 26 Taen (2; scan" fsamız)ıc 
Ye tal) 8. 3.0 8.b 2.6 RX: Se kt 2.) 107 13 9 ) I» . -),) 8,0 (1,2 . H 
| x « > . ” I 
Den. 13.5 19.5 14.4 (14) 19.6 17.7 117.3 B.18; 179 1312) 19. | ia 
(labio-ling. n- | B’133 18.2 | 
mr, Nöhe | 97 \38 | 
Gorilla» = e Er 1.91 1122 4 
| Länge 11.7 17 12.6 16.2 8.7 (s.5)|11. 903 41 13.3 (1: na 5)] 8.3 (7.2)| 9.3(9,5) 12.5 Dr S 
E or TE : B.12.9 116.3 Bar: | 
” Breite 12 IS.6 12.6 ) 12.3 1.6 212,9 176 98 3, (15) | 
Höhe 16.23 D) 20,8(25.5) | | 
nn —_—_ — 
| Länge 8 11.5 8.4 19.2 9,3 11.341.5)1 6.4 (6) | 8.8 Ba 2,3(10.2) 16.5 5.8 10 (10.9111.9.11.2) 13.5 
Fr | Breite 9.9 98 8.7 (7.6) 12.2( 20 | 9.1 (9) i14 
Schim- Höhe 19.6(16.5) 28.7 
an (8,6)]L 54 3 
panst | Länge 8 10.6 8.1 11.1 11.1 5.8 3 1112] L’6,72 | 9.1(9,3)[10.1 15.4 81 (8) 10.3 10,8 (10) 13.9 
3 Breite | 9.2 12.2 10 12.8 9,7 12.3 83 11 (11.5) N S arten 8 10,9 (11) 
Höhe 13.5 20.2(25. 
Ka 0700207000000 LI nl mn m III nm m  — „nn 
- — 
| Länge 9.1 15.6 105 1148 (15)[11.10.8) 13.911.7)] 8.1 10.6/40.9) er u1alte3) 11.3 20.9 13.1 (13) 17 
ae 111.8(12,5 (17) 
3 Breite 11.3 17 12.2 17.718) )h12 16 16 2 Br RN 16.4(16,8) 
| Höhe 24 32, 
Orang > 2 a R Pe Du 77 110.6 ‚ Bei as = 
| Länge 7.5 13.5 H) 12.9 (13) 9.3 12.7 7,8 10 81 12 10,6 13,9 6.9 (6 9,1 (10)]11.2(10.6) U 
? Breite 9.4 14.5 11.3 15.4 10,9 1A 10,7 14.1 10.2 ie 3.9 (8.5) 10.9 (13) 
11 14 
Höhe 14.3 


’) Die in Klammern eingeschlossenen Zahlen sind de Terra (84) entnommen, 


4, Nach Dubois. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropordengebisses 


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11, Heft 


Remane: 


Adolf 


24 


> 


Tabelle VI. Dimensionen der Unterkieferzähne bei Simiiden. 


Min, Max. Min, Max. 


11.8 cs)le0.2 11.2.13.2).21.3 
I | 
2 9,2 (9) 113 (18?) H2 17.2122) | 


13.212.2 


)117.3 


Gorilla 


13.3 (15)|17 11.6 (9.0)111.3:111.6)] 8.1 (7.1) 


3.7 10,9(16?)] 8.1 12.2(13.2) 


15 (11) |19 (22) 


s.1 9 1.3 1) 


l 


8.5 
11.101.5)] 
91 
(11,5?) 
9.4 12.8 of 
} l ’ 
8.5)114.2 (8) 18 7.5)| 0.2 


11.6 (9) 15.7 


9,3 13 (15? 


18.4 (15)'24.1 
Anse 


11.6 
(11.7) 
10,5(11?) 


N 
I 


Oru 


a,lil.- 


15,7 (18) 18.3 


25 


zur Morphologie des Anthropoidengebisses 


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Zur 


26 Adolf Remane: 


Zur Veranschaulichung der Beziehungen zwischen Pramolaren- 
und Molarenzahnreihe habe ich den Index 
Länge der Prämolarenreihe » 100 
Länge der Molarenreihe 
sewählt. 
Die Indices für die einzelnen Gattungen sind 


Tabelle VIII. 


Oberkiefer Unterkiefer 
Min. Max. Min. Max. 
| 

Gorilla [3 43.6 50 Ha 004 
15 43 52.2 48 | 543 

ch; 3 45.0 54.9 48.7 | 609 
BEIRINDANISO EL . =..76 u | 44.4 53.4 45.8 | 61 
Gang. - - erste ern ee 42.1 63.1 54.4 | 62.4 
Symphalanııı: n....E chen 44.2 51.9 57.2.1: 802 
545 | 683 


Hyloboieh = 1. «u. Ss ua Er +8 50.6 


Diese Werte zeigen, daß der eben genannte Index innerhalb 
einer Gattung ziemlich starken Schwankungen unterliegt, zwischen 
den einzelnen Gattungen aber nur unwesentliche Differenzen auf- 
weist. Es läßt sich höchstens entnehmen, daß Orang und Hylobates 
relativ längere Prämolarenreihen besitzen können als die übrigen 
Gattungen. 

Von größerer Wichtigkeit ist die relative Länge der Schneide- 
zahnreihe, die durch den Index 

Länge der Schneidezahnreihe x 100 
Länge der Backzahnreihe 
ausgedrückt werden soll. Die Schneidezahnreihen sowie die obere 
Backzahnreihe sind in Alveolenhöhe gemessen worden. die untere 
Backzahnreihe in Höhe der Zahnkrone. Es ergeben sich folgende 
Werte. 


Tabelle IX. 
Oberkiefer Unterkiefer 
Min. Max. Min. Max. 
we (Sl 565 | 742 30,3 | 39,4 
Br» Abe ano | ng 68,9 31,9 | 39,8 
ine & 26: 2.112.9 51,1 1-763:2 
Dec Se . . ” | I 4 | ze ’ ’ 
chimpan @ '. . . | OD 78,7 | 105,8 47,8 64,1 
| Meer, |] 633 | 83,6 38,5 32,5 
rn eh 1 94.5078 88,7 43,2 51,5 
Symphalangus . » ar 2 57,8 72,9 31,5 38,9 
ee ee 64 1849 35,9 | 45,2 


Aus dieser Tabelle läßt sich folgendes entnehmen: 1. Der 
Schimpanse besitzt die relativ größten Schneidezahnreihen. Bei 
ihm allein kann es vorkommen, daß die obere Schneidezahnreihe - 


Baia Te u +; 


ME a ee 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 27 


die entsprechende Backzahnreihe an Länge übertrifft, und zwar 
konnte ich dieses Verhalten 12mal bei Männchen und 6 mal bei 
Weibchen feststellen. 2. Die relative Schneidezahnlänge des Gorilla 
bleibt stets hinter der des Schimpansen zurück. Die Kluft zwischen 
den beiderseitigen Indices ist ziemlich groß, ohne jedoch die Weite 
des Variationskreises einer dieser Gattungen zu erreichen. 3. Die 
beim Orang gefundenen Indices liegen zwischen denen von Schim- 
panse und Gorilla und überbrücken die Kluft zwischen diesen 
vollkommen. 4. Unter den Hylobatiden zeigt Symphalangus in 
dieser Hinsicht weitgehende Ü bereinstimmung mit (rorilla, während 
die Indices von Hvlobates sich annähernd mit denen des Orangs 
decken und nur im Unterkiefer durchschnittlich etwas geringer 
sind. Mithin ist die relative Länge der Schneidezahnreihen bei 
Hylobates größer als bei Symphalangus. 5. Deutliche sexuelle 
Differenzen scheinen zu fehlen. 

II. Relative Größenverhältnisse der Einzelzähne innerhalb 
einer Zahngattung. 

Die ‚„Volumenzu- und -abnahme“ der Anthropoidenmolaren 
ist schon frühzeitig beachtet worden, da man bei ihnen im Gegen- 
satz zum Menschen absolute Volumenzunahme von Mi bis M3 
zu erkennen glaubte. Es stellte sich jedoch bald heraus, daß die 
Behauptung nur auf einzelne zufällige Variationen begründet war. 
Bereits Mühlreiter (63) hatte von dem tatsächlichen Verhalten 
eine zwar noch ziemlich vage, doch in den Grundzügen richtige 
Anschauung. Weiterhin existieren über dieses Merkmal noch 
einige Ang saben in der Literatur, ohne daß jedoch bis jetzt eine 
endeultige Klärung an Hand umfangreicher Messungen versucht 
worden wäre (nur beim Orang durch Selenka). In den folgenden 
Tabellen gebe ich in Prozentzahlen die Lage und Häufigkeit der 
Maximal- und Minimalgröße unter den drei Molaren an. 


Tabelle X. a) Lage und Häufigkeit der größten Molaren. 


Oberkiefer Unterkiefer 
M! M: M3 M, M, M, 
» (sh 2,9% | 81,9% | 15,2% | 0. % | 63,7%, | 36,30, 
Gorilla . Mate 1,50%, | 86,79, 11,89, 0% 70,60, 29,49, 
31 29,19 64,6° 6,3% 4,4% 30,4° 15,29 
Sel sn 13 ei) 32,70 ‚> /O 77.40 ‚= /O - Oo 
chimpanse. 9 | 511% 45,7%, | 3,2% | 10,5% | 82,9% | 6,6% 
Orange)... 18] 380% | ansd, | 20 | 0% | 70% 2040, 
"19137 % | 48,2% | 14,8% | 0 % | 80,6% | 19,4%, 


FREIE : 0, : 95.993,19 6,9% 4,39%, 1:60,9%. |. 34,8% 
Hylobates . . . 14,3% | 79,6% 9,19%, 2,3% | 86,7% | 30,5% 


°) Selenkas (79) Messungen ergaben für den Orang einen größeren 
Prozentsatz für M,. Seine Angaben sind folgende: Im Oberkiefer war der 
größte Zahn M! 5 10, 9 36; M® 5 19, 2 25; M? 3 4, 9 0; im Unterkiefer 
M,31,20;M,3 29,268; M,3 3,2 . In 60%, aller Fälle sind ferner bei 


9 und $ die zwei vorderen Molaren von gleicher Größe. während der dritte 
Molar ein wenig kürzer, selten etwas größer war, als seine vorderen Nachbarn. 


11. Heft 


38 Adolf Remane: 


Tabelle XI. b) Lage und Häufigkeit der kleinsten Molaren. 


Oberkiefer Unterkiefer 

M! M* M? MM: M, M, 
Fr S 0 8 De ERS 95,19 22,9 4,00 
Gorilla 13 ) o 0 o Jd,l ,Q o 7 / 
ar 121 34.1% | 0 % | 05,9% 1 70% 109% 190%, 

. ( er) -- o - b 
Schimpanse . © ie Y a; at Lee de = 10 
r 2 19 270 o 91,0 09 I,9 7/9 ’ o 
Os: 3 23,290 13,69% 63,270 67,4%, Be A EA 
21 29,3%, | 0% ı 80,7% | 818% | 0 % |.1820, 
Symphalangus . 66,7% UELTA 33,3%. 1.90.79, 05 10:.294 
H ylobates 24,4% | 0 % | 75,6% | 68,7%) 0 %.1313% 


Diese Tabellen zeigen, daß mit alleiniger Ausnahme der 
Schimpansenweibchen‘) das Größenmaximum am häufigsten bei 
dem zweiten Molaren liegt. Im Oberkiefer ist dies bei Gorilla und 
den Hylobatiden besonders hervortretend, während im Unter- 
kiefer der M, von Orang und Schimpanse an vorderster Stelle 
steht. Somit ist das Größenverhältnis M1 <M2>M3 als Norm 
zu bezeichnen. Zu demselben Ergebnis führt die Betrachtung, 
des Größenminimums, das bei Gorilla und Hylobatiden nie, bei 
Schimpanse und Orang (Oberkiefer 535) nur in wenigen Fällen 
beim M, liegt. 

Bemerkenswert ist ferner, daß beim Schimpanse ein so hoher 
Prozentsatz des Größenmaximums auf den M! entfällt, der im 
Öberkiefer der Weibchen mit 51,1%, sogar an erster Stelle steht. 
Der erste Molar ist somit beim Schimpansen relativ größer als bei 
den anderen Anthropoiden und absolute Volumenabnahme von 
M! bis M?® ist bei ihm eine häufige Erscheinung; eine bemerkenswerte 
Annäherung an das Verhalten beim Menschen. 

Ein Überwiegen der durchschnittlichen Größe des M! über die 
des M3 scheint noch im Oberkiefer von Hylobates und Orang vor- 
zukommen; über Symphalangus läßt sich noch kein abschließen- 
des Urteil fällen. Im übrigen nimmt der M3 die zweite Stelle ein 
und übertrifft den Mi an Größe besonders häufig bei Gorilla; stets 
im Unterkiefer bei Gorilla und Orang.*) 

Im Anschluß hieran wäre noch zu erwähnen, daß sich keinerlei 
Beziehungen zwischen den gegenseitigen Volumenverhältnissen 
der einzelnen Molaren und dem verschiedenen Auftreten von 
überzähligen Molaren bei den einzelnen Gattungen feststellen 
ließen. 

Von den beiden Prämolaren ist im Unterkiefer stets der vordere 
größer als der hintere, wenigstens bei den rezenten Anthropoiden- 
gattungen. Im Oberkiefer liegen die Verhältnisse insofern kompli- 
zierter, als die beiden Prämolaren oft annähernd gleichgroß sind, 
wobei dann ihre verschiedene Gestalt eine exakte Bestimmung 


?) Nach Selenkas Messungen auch Orangweibchen. 
®) Selenka führt einen Fall (5) an, in dem M, der größte Molar war. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 29 


des Größenverhältnisses erschwert oder unmöglich macht. Dies 
gilt besonders für Gorilla und Orang. In der Breite scheint bei 
diesen beiden Gattungen der P? den P! fast stets zu übertreffen, 
in der Länge, gemessen in der Zahnmitte, übertrifft jedoch der P* 
nicht allzuselten den P?; dem Volumen nach steht fast ausnahmslos 
der P? an erster Stelle. Ähnlich verhält sich der Schimpanse, 
nur daß ein Überwiegen des P3 in der Breite ungefähr ebenso oft 
vorkommt wie in der Länge. Ich fand P*? länger als P? 56, % Smal, 
P* breiter als P? 3 2, 2 12mal und P*? größer als P? 5 0, $ 3 mal. 
Es scheinen beim Schimpansen nach diesen Zahlen zu urteilen, 
auch geringe sexuelle Differenzen in dieser Hinsicht zu bestehen. 
Bei den Hvlobatiden tritt in stärkerem Maße eine Größenver- 
schiebung zugunsten des P* ein, sowohl in der Länge wie in der 
Breite. Das erstere ist bei Symphalangus der Fall, bei dem in 
nicht weniger als 16 Fällen (d. i. über 50%) P* länger war als P®, 
die Breite des P!war nur in 8 Fällen größer, das Volumen in 12 
Fällen. Umgekehrt bei den Hylobates der P! nur 10 mal länger, 
dagegen 24 mal breiter und 14 mal größer als P%#. Zusammenfassend 
läßt sich über das gegenseitige Größenverhältnis der oberen Prä- 
molaren sagen, daß bei Hylobatiden, besonders bei Symphalangus 
der vordere Prämolar durchschnittlich relativ kleiner ist als bei 
den Simiiden. 

Wichtiger erscheint für die systematische Beurteilung die 
relative Größe der Schneidezähne. Ich habe zur Klarlegung dieser 
Tatsache den Index 

mesiodist. Durchmesser des [2 100 
mesiodist. Durchmesser des 11 
gewählt und erhielt folgende Werte: 


Tabelle XII. 


Oberkiefer Unterkiefer 


Min. Max. Min. Max. 
7 3 64,6 15,3 110 120 
dor OÖ . id, 
orilla or. AS| os 74,5 106,3 118,8 
1 31 66,6 79,8 102 117,9 
Nc himpanse Bee a ee 13 66,9 85,5 101,2 126.8 
$| 575 69,1 34,9 108,4 
ine: MDR en Mer ME Ne rue Fi fe 54.1 65 90,8 103.8 
Bumphalanqus » - - .. 0.0... 79,5 96 107,7 118,3 
a a SA ERR EB RE 2,7 75 90 59,5 143,8 


Wenn auch diese Zahlen infolge der raschen Abnutzung der 
Schneidezähne auf einer geringen Anzahl von Messungen beruhen 
als die anderen Tabellen, so sind doch folgende Tatsachen zu ent- 
nehmen. Im Oberkiefer besitzen die Hylobatiden durchschnittlich 
viel breitere I? als die Simiiden. Innerhalb der letzteren steht ihnen 
der Schimpanse am nächsten, der Orang am entferntesten. Dem 


11. Heft 


30 Adolf Remane: 


Volumen nach ist allerdings der I? des Schimpansen größer als 
es nach den Breitenmaße erscheint, da die meißelförmige Gestalt 
seines I? umfangreicher ist als die einspitzige der übrigen Anthro- 
poiden. Im Unterkiefer lassen Gorilla und Schimpanse und Sympha- 
langus in dieser Hinsicht nur unwesentliche Differenzen erkennen, 
während //ylobates einen außerordentlich großen Variationskreis 
aufweist. Nur bei Hylobates und Orang kommt es vor, daß der 
I, den I, an Breite übertrifft, aber während ich bei der ersten Grat- 
tung nur zwei derartige Fälle beobachten konnte (in drei weiteren 
Fällen war I, gleich I,), muß dieses Verhältnis für den Orang als 
Norm bezeichnet werden, da ich es beim Männchen in 76,5°,,, 
beim Weibchen in 75°, aller Fälle beobachtete. 

An dieser Stelle sollen noch kurz die Rassen- und Geschlechts- 
differenzen in der Zahngröße erörtert werden. Bisher ist die Zahn- 
größe als Rassenmerkmal für den Gorilla in beschränktem Maße 
durch Matschie (57) benutzt worden, für Symphalangus bildet sie 
jedoch ein et heidungsmerkmal der Formen Sympha- 
langus syndactvlus, S. s. continentalis Thomas (85) und S. klossi 
Miller (62). Beim Schimpansen bestreitet Lönnberg (50) die Ver- 
wendungsmöglichkeit der Zahngröße als Rassenmerkmal. Im 
Hinblick auf die starken individuellen Schwankungen vieler Merk- 
male dürften einige Angaben angebracht sein. Ich habe zu diesem 
Zweck die Länge der oberen Bac kzahnreihe, gemessen an der Pala- 
tinalseite in Alv eolarhöhe, bei den 3 von Gorilla gewählt. 


Tabelle XII. 


54—56 156 —58 [58 — 60 [60 — 62]62—64164— 66 166 — 68 168 — 70170 — 72 
mm mm mm mm mm mm mm mm mn 


Oh te en. Ts en 
ur 'rossflußgebiet) 

G. matschiei . . 5 
(Jaunde, Nakinda 
Ede a,Abong Mbang) 


Siidostkamerun . . 
(Dume, Nginda, 
l,omie) 

(1. beringei u. graueri 


(Ostafrika) 


Obwohl hierbei mehrere geographisch nt Rassen 
zu einem Komplex zusammengefaßt wurden — auch in @. diehli 
dürften nach dem Verlauf der Zahngrößenkurve sowie anderen 
Merkmalen zwei Formen enthalten sein — so geht doch aus diesen 
Zahlen das Vorhandensein von Rassenunterschieden in der Zahngröße 
ganz unzweideutig hervor, die bei den geographisch am weitesten 
getrennten Formen: G. diehli und G. beringei und grauer! zu einem 
durchaus absoluten, nicht überbrückten Unterschied ausgebildet 
sind. Allerdings liegen die Verhältnisse nicht derart, daß, wie man 


seen 42 0 DE 2 ni Zu 2 2 


re 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses Re: 
- >= I {m} 


nach der Tabelle vermuten könnte, ein stetiges Anwachsen der 
Zahngröße von Westen nach Osten vorhanden ist. Vielmehr ist 
z. B. eine zwischen den ostkameruner und ostafrikanischen 
Gorillarassen lebende Form vom oberen Uelle durchaus klein- 
zähnig, während in Südkamerun klein- und großzähnige Rassen 
dicht nebeneinander vorkommen. Im französischen Kongo, den ich 
aus Mangel an genügend sicheren Fundorten nicht ın die Tabelle 
aufgenommen habe, scheinen die meisten Formen, so auch G. gorilla 
ziemlich kleinzähnig zu sein, doch kommen auch großzähnigeF ormen 
vor. Eine Betrac htung der 2 führt zu denselben Resultaten. 

Ob nun dieses Ergebnis, daß beim Gorilla die Zahngröße 
Rassendifferenzen aufweist, ohne weiteres auf Schimpanse und 
ÖOrang ausgedehnt werden kann, bleibe vorläufig dahingestellt. 

Daß aber derartiges auch bei Hylobates zu beobachten’ ist, 
zeigt Tabelle V und VII. Auch hier sind zwischen der javanischen 
Form AH. leuciscus und der Festlandsform 7. hoolock ziemlich kon- 
stante Unterschiede vorhanden, die hier allerdings mit den all- 
gemeinen Größenunterschieden in Übereinstimmung stehen, was 
beim Gorilla keineswegs immer der Fall ist. Interessant ist, daß 
im Gegensatz zu Hv lobates die Festlandsform bei Symphalangus 
5: 3% continentalis) kleinere Zähne besitzt als die Inselform von 
Sumatra; Symphalangus klossi von den Pageh-Inseln zeigt jedoch 
wiederum durchaus den Typus einer Inselzwergform. 

Die sexuellen Differenzen in der Zahngröße sind aus den 
Tabellen zu ersehen. Es wird dadurch die bekannte Tatsache, 
daß die 99 kleinere Zähne besitzen als die $$ bestätigt. Allerdings 
ist dieser Unterschied bei Betrachtung der Variationskreise für die 
meisten Zähne sehr gering und durchaus nur als Durchschnitts- 
unterschied zu betrachten. Etwas größer werden diese Unterschiede 
beim P,, des Orang und ganz bedeutend sind die sexuellen Diffe- 
renzen in der Eckzahngröße. Bei Gorilla und Orang besteht eine 
deutliche Kluft in der Eckzahnhöhe der $$ und der 99, beim 
Schimpansen greifen die Variationskreise ineinander; mithin ist 
der sexuelle Dimorphismus in der Eckzahngröße bei dieser Gattung 
weniger ausgeprägt als bei Gorilla und Orang. In noch geringerem 
Maße ist dies bei den Hylobatiden der Fall, doch zeigen Kirchners 
(44) Messungen an Hylobates concolor, daß sie auch hier keines- 
wegs fehlen. Für die unteren € dieser Art gibt dieser Autor sogar 
einen konstanten durchgreifenden Größenunterschied an, ein 
Resultat, daß ich für andere Formen und die Gattung insgesamt 
nicht bestätigen konnte. Tatsache ist jedoch, daß die Unterschiede 
an den unteren € größer sind als an den oberen. Eine Verstärkung 
der sexuellen Unterschiede tritt natürlich ein, sobald man einzelne 
Rassen für sich betrachtet. 

Auf eine Erörterung der Beziehungen zwischen den relativen 
Größenverhältnissen der Zähne und der Jochbogen- und Muskel- 
insertion muß hier verzichtet werden, da hierfür eine eingehende 
Erörterung des Kieferbaues Vorbedingung ist. 


11, Heft 


a) Adolf Remane: 


In 


IIl. Die Stellung der Zähne. 

Bei der Stellung der Zähne besitzt die relative Stellung, 
nämlich der Verlauf der Zahnreihe, größere Bedeutung. Zwar ist 
auch hier eine erschöpfende Darstellung nur im Zusammenhang 
mit eingehender Betrachtung des Kıeferbaues möglich, doch soll 
hier wenigstens eine skizzenhafte Darstellung der wesentlichsten 
Züge versucht werden. Ich habe zu diesem Zweck die Entfernung 
zweier entsprechender Zähne in den Kieferhälften gemessen, 
z. B. den Anstand des rechten M®? von dem des linken M? desselben 
(sebisses und zwar an der Außenseite des Zahnes an der vorderen 
Außenwurzel 1. in Höhe der Alveole, 2. an der Zahnkrone selbst. 
In den folgenden Tabellen habe ich dann die Differenz der Ent- 
fernung zweier Zähne von der des vorhergehenden berechnet, 
also z. B. die Entfernung der beiden M® minus der Entfernung der 
beiden M? desselben Gebisses usw. Es ergeben sich infolgedessen, 
wenn die Entfernung der vorangehenden Zähne größer ist, negative 
\erte, während positive Werte durch ein Näherrücken an die 
Medianlinie des Kiefers bedingt sind und zwar jedesmal innerhalb 
einer Zahnreihe um die Hälfte des angegebenen Betrages. Ent- 
fernung der entsprechenden M® minus Entfernung der M? ist ab- 
gekürzt EM?— EM? Es wurden gemessen Gorilla: Oberkiefer 
d 30, 2 20, Unterkiefer $ 23, 2 12; Schimpanse: Oberkiefer & 16, 
2 15, Unterkiefer & 13, 2 16; Orang: Oberkiefer $ 17, 2 10, Unter- 
kiefer $ 17, 2 8; Symphalangus: Oberkiefer 16, Unterkiefer 15, 
Hylobates: Oberkiefer 40, Unterkiefer 38. 

Ich war dabei bemüht, die extremen Fälle zusammenzustellen. 

Die Tabellen zeigen, daß die übliche Bezeichnung der Back- 
zahnreihen der Anthropoiden, speziell der Simiiden, als parallel 
nur cum grano salis zu verstehen ist. Der genauere Verlauf derZahn- 
reihen ist folgender: 

Oberkiefer. Alveolarhöhe. Beim Gorilla ist der M? ım 
Verhältnis zum M? fast stets etwas nach außen gerückt, nur zwei 
55 machen hiervon eine Ausnahme, der M! rückt in der Regel 
noch weiter nach außen vor, doch kommt hier ein Einwärtsrücken 
bedeutend häufiger vor als beim M® und zwar 6 mal bei den 3g 
und 5 mal bei 9%. Beim P! muß jedoch das Einwärtsrücken als 
Regel bezeichnet werden, so daß die Zahnreihe bis hierher in einem 
nach innen offenen Bogen verläuft, wobei allerdings zwischen 
M! und P* meist ein deutlicher Knick vorhanden ist. P®? springt 
wieder nach außen vor (außer 2 Fällen bei 99). Der Eckzahn zeigt 
beim 3 wechselndes Verhalten, beim % ist er stets weiter nach 
innen gelegen als der P®. Der Schimpanse zeichnet sich in dieser 
Hinsicht durch stärkere Variabilität aus. Im allgemeinen unter- 
scheidet er sich vom Gorilla dadurch, daß M? und M' stärker und 
konstanter nach außen vorspringen, der P® etwas häufiger einwärts 
zu P* gelagert ist und der Eckzahn bei den © — im Zusammen- 
hang mit der relativ stärkeren Ausbildung — auch nach außen 
vorspringen kann. Der Orang vermittelt zwischen beiden Grat- 


ne. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 33 


tungen, der € und P? verhält sich wie bei Gorilla, der M! zeigt 
größere Annäherung an den Schimpansen. 

Die Hylobatiden zeigen zwar im ‚gegenseitigen Verhalten von 
M? zu M® noch ein ähnliches Bild wie die Simiiden. Vom M? an 
aber tritt bei ihnen in der Regel eine bis zum P® anhaltende Kon- 
vergenz nach vorne ein. Bei jeder der beiden Gattungen konnte 
ich nur in zwei Fällen ein Auswärtsrücken von P? zu P® beob- 
achten. Der Eckzahn dagegen springt nahezu konstant und viel 
stärker als bei den Simiiden nach außen vor. Es bestehen also im 
Verlauf der oberen Zahnreihe ziemlich große Differenzen zwischen 
Hylobatiden und Simiiden, die wohl — wenigstens in der Prä- 
molarengegend — durch die verschiedene Eckzahnform der beiden 
Familien bedingt sind. Wohl hat sich bei beiden Familien der Eck- 
zahn zu gewaltiger Größe entwickelt, doch während bei Hylo- 
batiden er vornehmlich nur an Höhe zunahm, wurde er bei den 
Simiiden gleichzeitig auch bedeutend länger und breiter. Natürlich 
mußten im letzteren Falle die Wirkungen auf die benachbarten 
Zähne viel nachhaltiger sein als bei den Hylobatiden. Die Haupt- 
wirkung war eine Auswärtsverlagerung der P?, die dementsprechend 
bei den Simiiden viel stärker, doch bei den %2 geringer sein mußte 
als bei den 3S. Daß dies in der Tat der F all ist, beweisen die Ta- 
bellen. Die Hylobatiden sind also im Verlauf der oberen Back- 
zahnreihe primitiver als die Simiiden. 

Daß die Maße an den Zahnkronen etwas andere Werte auf- 
weisen als in Alveolarhöhe, ist darin begründet, daß die Zähne 
nicht alle gleichmäßig in den Kiefer eingepflanzt sind. Vielmehr 
ist fast stets von M! zum M? eine zunehmende Neigung des Zahnes 
mitsamt der Kaufläche nach außen zu bemerken, die Zahnreihe 
ist also geschwenkt, eine Erscheinung, die beim Menschen als 
Bukkodontie bezeichnet wird und bei dem durch Verworn be- 
schriebenen männlichen Schädel aus dem Diluvium von Oberkassel 
besonders stark ausgeprägt ist. Bei den Anthropoiden tritt diese 
Bukkodontie in wechselnder Stärke auf, am stärksten bei Gorilla. 
Dadurch wird also bei den Maßen an den Zahnkronen selbst eine 
häufigere Verschiebung des M? nach innen bedingt als bei den 
Maßen in Alveolarhöhe und so sind die höheren positiven Werte 
bezw. die größere Annäherung an positive Werte in Tabelle XV 
gegenüber Tabelle XIV zu erklären. 

Die beiden Backzahnreihen des Unterkiefers konvergieren 
in der Regel nach vorn, bei den einzelnen Gattungen allerdings 
in verschiedenem Maße. Beim Gorilla ist eine derartige Konver- 
genz in weitaus der Mehrzahl der Fälle zu beobachten. Von M, 
bis M, ist sie konstant, bei den Prämolaren und dem Eckzahn 
tritt in seltenen Fällen wieder eine Auswärtsbiegung ein, die der 
Zahnreihe eine konkave Gestalt verleiht. Hierbei dürfte es sich 
wiederum um eine Folge der starken Eckzahnvergrößerung handeln, 
was durch das fast ausschließliche Vorkommen dieser Auswärts- 
biegung beim 3 wahrscheinlich gemacht wird. Der Schimpanse 


Archi ür N sc a 
rchiv a a ae R 11. Heft 


Remane 


Adolf 


Tabelle XIV. Oberkiefer. Maße ın Alveolarhöhe. 


EM’-EM?: | EM:!_EM:! EM!-EP! EP!—-EP> EP®-EC’ 
mm | mm mm mm mm 

wi: (| -66bis +12 | - 41bis +32| — 15bis +5,6| - 556 — 03 | —- 51B5 + 18 
Gorilla "ui a — 4 bier 0 — 4,1 bis LO 17 S 03 pe EI 2 En - 1,9 bis + 9,2 

@:E (3 8,4 bis — 2,3 — 3,8 bis + 0,2 — 1,5bis + 42 | — 5,8bis + 1,8 5,2 bis + 3 
a en A EE 5,7 bis — 5] — 3,4 bis £ L5l 1 1 bis DD ee pe 1,3 bis + 4,2 
} Id s s T D » s B » 1 j gan 
(3 6,2 bis + 0,2 | — 4,8. bis + 0,3 0,8 bis + 6,2 — 3,8 bis + 0,3 — 4,5 bis + 3,9 
DIRDBD Tu ar ar. 6:6 bis — LA! — lbs 04 | — 15h ao San 3,4 bis + 7,5 
Symplalangus‘ ==... 5 ...; 29 bs + 0,2 + 0,2 bis + 2,9 - 2° bis #47 — 1,1:bıs + 2,7 — 5,2 bis + 0,3 
MDDODIEEN Er 3.5 bis 0.5 - 0,9 bis 3. 0,1 bis + 3,9 => 2b 58,9 5.4 bis 0,3 


Tabelle XV. Oberkiefer. Maße an den Zahnkronen. 


| EM®:—-EM?: EM?’-EM! EM!-EPt% E P!—-EP?: 


mm mm mm mm 


Gorili 6,5 bis 1,8 4,3 bis + 3,1 3,2 bis 3,9 6,7 bis 0:7 
SOLL Se er 


f | 3,9 bis 1,5 3,2 bis 2,3 0,5 bis 5 4,2 bis 0,3 
er (d 9,4 bis 17 2,8 bis 0,4 1,9 bis 4 4,7 bis 0,7 
Schimpanse ze. ur. im \< 5Buhie 01 3.2 bis 153 l bis# 43 3,3 bis 1,6 

(3 5,3 bis + 1 4,1 bis + 3,2 1,1 bis + 2,6 5 bis + 0,2 
KITaNng 6 Re a Ic 5.3 bie 1.2 2,1 bis 0.3 0.9 bis 3:0 0,7 bis 2 
Symphalangus . » . 2... 2,5 bis 0,4 0,7 bis 3,7 1,5 bis 4 1,4 bis - 
Gihbon a ee 4,5 bis | 0,4 bis 2,9 0,8 bis 4,6 1,2 bis 2,4 


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Z Le r aıq 9’ — Ie + stq67 - syrmq 74 SEP THS 2 
o LITLLT UITLE ULTUL UTUL 
= "d4-’dH 'dA-'wna 'na-"wa4 "Wa-"RA4H 
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2 "USUOINuyeZ U9ap ur Agem "I9JalyIoJunN '’IIAX 9II9QEL 
S ea +sqL,o— [ss + sqa9ı F + stgFrl 27 + saztr +.1.8e + Sa To 
= 6er stqEg — LI Tr SAcgT + Fr sıq ZI cc + stq (go + | 2E + sq ET + .... +. snduejeyduAg 
= sL + sta 19 + GE + tg Lo Er Fr EFTINEET FF e+ sıq8'0 +4 ern en0r e Bumio 
” ss +tazo = se Tr mgas% — 16 FF + T— 16 FIT TE IR FRE 
S ÄLrrsazgo—- !Ffersqa 0 80 + ta FI sr + sqgo - |eF + sqeT — 00. * gsumdumgog 
S Fer sıq 87 Frsqa 1 LFI Tr SIqQ8‘0 9 + Mg > IE Tr EEE 
f: gr gel 97 + sıq go 9°9 + 814 9°0 Le + sıq9z + Ieı + sqa7ı een Bpkton 
‘3 Gr sag — 19°C + sıq L'e eg + sıqL‘ [8 + SIQg’I + GrSAad 0 
TIILad LIU LILIL UruI LIU 
Da-’aH "da-!adH 'd4-'nY 'Wa—’w4 "INA-"nU 


ze zz —— 


SUOYAPTOSAIV ur oe IOJoyısyun "TAX AllDqeL 


Ileft 


>6 Adolf Remane: 


zeigt auch im Zahnreihenverlauf desUnterkiefers größere Variabilität. 
Es kommen bei ihm konvergierende und divergierende, sowie stark 
gekrümmte Zahnreihen hinzu. Der Orang scheint im Unterkiefer 
durchschnittlich ziemlich parallele Zahnreihen zu besitzen; Ab- 
weichungen nach der Richtung der Konvergenz wie der Divergenz 
kommen auch bei ihm vor. Die Hylobatiden dagegen besitzen stets 
konvergente Zahnreihen — bis auf den oft nach außen vorspringenden 
Eckzahn und zwar in viel stärkerem Maße als bei den Simiiden, wo- 
bei allerdings der Gorilla in seinen Extremen die Kluft durchaus über- 
brückt. Besonders auffallend ist die stärkere Konvergenz in der 
Prämolarenregion, die wohl wiederum mit der vorhin erwähnten 
Eckzahnentwicklung im Zusammenhang gebracht werden muß. 


Tabelle XVIII. Oberkiefer. 


EMEMEM!EPIEPEC’ 


Hylobates Konvergenz ‚>32 31,8 29,2 27,9) 29,1 
(B. Z.M. 7863) 34,8! 33,1) 32,5130 ,29 


Vollkommene Divergenz kam bei Hylobatiden nicht zur Be- 
obachtung. 


mm | mm | mm | mm | mm | mm 
j I 
Gorilla $ normale Form A.:73 1732,41 76,6172 31.73.4713 
(B. Z.M. 11642 Jaunde) 2: 7153| 75_ | 75,9) 74,6) 78 
Gorilla $ Annäherung an Konvergenz A. 70 | 68,8} 66,6. 62,7. 65,9 67,1 
(B. Z.M. 14645 Gabun?) 2. 71,7 69,9| 67,3. 63,8| 67,8 
Gorilla $_Divergenz A. 68,7] 71 | 72,6] 74,1) 72,4 80,2 
(B. Z. M. Jacob 73 Lobo) 2. , 69,6 71,7 72,8 76 80,4 
Gorilla @ Konvergenz im vorderen Teil A. 58,2 59,861 57 '54 51,3 
(B. Z.M. A 36013° Ossidinge) 2. 62,4 61,81 63 60 59,7 
Gorilla © Divergenz A. 54,857 |58 , 58,3! 60,7 58 
(A.1.B. 1912 32. L) 2.| 58,5) 58,4| 59,5! 60 | 62,3 
Schimpanse 5 normal A. 55,7, 60,51 62 |59 | 60,5 60 
(B. Z.M. 27052 Fernand Vaz) ZAr0259 60,8) 62 | 59,9| 60,5 
Schimpanse 5 konvexe Biegung Ama 60,7| 63,9 63,1) 62,5 61,6 
(B. Z.M. A 6407 Ainfluß) 2. 57,9 63,3) 65,6) 63,7 63,1 
Schimpanse 5 Annäherung an Konvergenz A. | 55,9) 58.7) 58,6) 56 |56,8 56,9 
(Se. M. 3041) 2. 60,8 61,3| 60,9 56,2. 58,9 
Sehimpanse 5 Divergenz A. 54,9) 58,7) 60,3) 60,9) 63,8 
(B. Z.M. A 4406 Bipindi) 2.58 59,7 61,3 62,1 64 
Schimpanse @ konvexe Biegung A. 53,9 59,6) 62,3) 58,8| 58,3 
(B.Z.M. Fan) Z.: 54,7! 60,1! 62,4| 59,1! 58,8 
Schimpanse 9 Annäherung an Konvergenz A. 54 58,3 57,5) 54,3 53,4 50,5 
(B. Z.M. 27046 Lambarene) 2. 58,4) 59,9] 59,3| 55,7 54,2 
Schimpanse % Annäherungan Divergenz A. 45 50 |52,3) 50,2 53 49,9 
(B.Z.M. 4486 Goldküste) 7.47 52,8] 54,3 51,7 53,8 
Symphalangus normal A.1.35,71.37:21737 ‚32,3 30,6) 35,8 
(B. Z. M. 7846) 2.| 37,7| 38,4) 37,7| 33,7) 32,4 
Symphalangus Konvergenz A. | 34,7 34,533 |31 |30,6| 31,9 
(B. 7.M. 7845) 2. | 35,5 35,1| 33,4|ca.32| 31,2 
Symphalangus konkave Krümmung A. 39,2| 39 |37,81 33,9 35 37,7 
(B. Z.M. 7848) 2. 40,6 40,6: 37,0) 35,3) 35,5 
Hylobates normal A.129,2132 131 |27,1| 26,2) 27,9 
(B. Z. M. 7866) 2.131 ı33,3| 32,3| 29,3] 28;: 
Hylobates konvexe Biegung A. | 26,8) 303 30,7129 |28,6| 28,6 
(B.Z.M. 7837) 7. | 27,7 32,2) 31,1) 30,2| 29,7 
Hylobates S-förmige Krümmung A. | 27,8) 29,6 28,41 25,81 27 | 29,3 
(B. Z.M. 7831) 71. | 29,6| 30,8) 30 | 26,8| 28 
A.-| 32 
2. 


Pr vg 


Zu 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 37 


Vergleicht man im Unterkiefer die Zahnreihen in Alveolar- 
und in Kronenhöhe, so zeigt sich wiederum der Einfluß der Schwen- 
kung der Zahnreihe. Natürlich verläuft diese hier im entgegen- 
gesetzten Sinne, es tritt also eine Einwärtsneigung der Molaren 
von M, bis M, ein. Dadurch kannn z. B. bei den Hylobatiden der 
M,in Kronenhöhe weiter innen liegen als der M,, was in Alveolar- 
höhe mit einer einzigen Ausnahme nicht der Fall ist. 

An dieser Stelle sollen einige Beispiele für den verschiedenen 
Zahnreihenverlauf bei einzelnen Gattungen gegeben werden und 
zwar soll die direkte Entfernung zweier entsprechender Zähne 
nach der vorhin erwähnten Maßmethode angegeben werden. 
EM, bedeutet wiederum Entfernung der beiden M# eines Gebisses. 
A.in Alveolarhöhe, Z. in Kronenhöhe gemessen. (Tab. XV IIIu. XIX). 


Tabelle XIX. Unterkiefer. 


EM, EM)EM,JEP,EP;,C, 
mm mm mm mm | mm mm 
Gorilla $ Starke Konvergenz A. 63,6! 55,6 48,4 47 !45,4 
(B. Z.M. 10493 Majombe) 2. 63,4! 57,4 52,4| 51,8! 51,4 
Gorilla Annäherung an parallelen VerlaufA. 64 64 62,5 61,5 61 58,7 
(B.Z.M. 23112 Nginda) 7. 64,1) 65,2 63,2) 65,6. 63,71 
Gorilla $ konkave Krümmung A. 61,4 54,7 52,7 54,4 54 | 48,5 
(B. Z. M.- 11683 Gabun) 2. 62,9| 59,4| 56 58 | 58 
Gorilla $ konkave Krümmung A. 69,2| 60,7) 55,7! 52,31 55,1; 47,9 
(B. Z.M. 31277 Ogowe) 2.69: |63,7|57 157 !57,9 
Gorilla 2 Starke Konvergenz A. 68,3! 62,9 58,2 52,3! 49,4 45,6 
(B. Z.M. A 4809, 2 Wabembe) 2. 59,7163 60 | 56,2 54 
Gorilla 2 geringe Konvergenz A. 63,4| 60,256 | 52,2 51,3 46.6 
(B.Z.M. A 23212, 2 Nginda) 2.|€4 |:61,6| 57 156. 55 
Gorilla 2 konkave Krümmung A. 58,5| 55,4| 52,81 46,2) 47 38,4 
KA E, 32.4) 2. | 60,8| 58,3| 55,7! 51,2| 51,8 
Schimpanse 5 Konvergenz A.'59 |56,3| 52,51 49,748 46,2 
(B. Z.M. 4120 Mbusu) zZ. 59,1! 57,1) 54,1! 52,8 52 
Schimpanse 3 konvexe Biegung A.ı55 156,8 55,7 54,81 52,8 51,4 
(B. Z.M. 19071 Sangmelima) 2.. 54,1! 56,8) 57,6! 57,3! 54,2 
Schimpanse 3 z. T. konkave Krümmung A. 55,754 50,5 49,6 50,6 51,8 
(B. Z.M. A 4400 Bipindi) 2.-':53,31.53,8|.51,2| 53 -| 51,8 
Schimpanse © Konvergenz A. 56,8] 54,6) 49,8 44 | 42,7 39,1 
(B.Z.M. 27046 Lambarene) 2. 57 55,9! 51,4 46,3 45,2 
Schimpanse @ wechselnde Krümmung A. 45,746 45,7 41 41 3% 
(B. Z.M. A 3303 Bipindi) 2. , 45,5 44,7! 45,7 42,2 42,3 
Schimpanse 9 konvexe Biegung A. 50,8! 51,1) 51,6) 50,21 49 47,8 
(B. Z.M. Fan) 2. 50,6! 52,1) 52,3| 52,2) 51,7 
Symphalangus starke Konvergenz A. 37,8 35,9) 30,4) 25,7 21,7 19,6 
(B.Z.M. Sumatra, Heinze) 2. | 37,71 36 | 33,21 28,8| 25,7 
Symphalangus geringe Konvergenz A. 36,2) 33,7| 29,9| 28,7| 24,9| 22,1 
 (B.Z.M. 7807) 7. 36,9 35 31,6, 29,8 27,7 
Symphalangus geringe Konvergenz A. 34,2| 30,8. 29,6 28,4 25 
(B. Z.M. 7802) 2. , 34,3| 30,3 29,6 26,6 
Hylobates starke Konvergenz A. | 35,4| 33,3) 29,4! 26,8) 21,4 21,4 
(B. Z.M. 7795) Z. 36,2 34,6 30,5] 28,4| 26,4 
Hylobates geringe Konvergenz A. 26,8) 25,2 23,822 20,4 18,5 
(B. Z.M A 10206) 2. | 27,4! 26,2) 24,7| 23,1| 22,2: 


11. Heft 


38 Adolf Remane: 


Den Orang habe ich in dieser Zusammenstellung nicht be- 
rücksichtigt, da er wie erwähnt, in dieser Hinsicht zwischen Gorilla 
und Schimpanse vermittelt. Ich verweise ferner auf die Abbil- 
dungen Selenkas (79), besonders auf die 3 in Fig. 31, 32 und 35 
dargestellten weiblichen Orangschädel, so wie den in Fig. 36 ab- 
gebildeten männlichen Orangschädel, der ziemlich starke Divergenz 
der oberen Backzahnreihen zeigt. 

Die Schneidezahnreihe verläuft im Ober- wie im Unter- 
kiefer in einem nach hinten offenen Bogen, dessen Krümmung im 
Oberkiefe r meist geringer ist und beim Gorilla und auch Schim- 
pansen S nahezu gı radlinig sein kann. Die stärkste Krümmung ist 
in der Regel im Unterkiefer des Orangs zu bemerken, doch kann 
ihm der Schimpanse in dieser Hinsicht nahekommen. Adloffs (4) 
Abbildung des Gebisses von Anthropopithecus pfeifferi, Taf. XIV 
Fig. 67a und b zeigt stark gekrümmte Schneidezahnreihen beim 
Schimpansenweibchen, Taf. XV, Fig. 70b solche im Unterkiefer 
eines Orangmännchens. 


Bevor ich die Besprechung des Zahnreihenverlaufs abschließe, 
muß ich noch die innerhalb der Zahnreihe auftretenden Lücken, 
die Diastemata, erwähnen. Derartige Lücken treten im Oberkiefer 
zwischen dem Eckzahn und den Schneidezähnen, im Unterkiefer 
beiderseits des Eckzahns auf. Diese Diastemata werden oft als 
charakteristische Merkmale der Anthropoiden angesehen, obwohl 
schon mehrere Autoren ihre Inkonstanz betont haben. Für das 
Diastema des Oberkiefers ergab eine Messung an einer größeren 
Anzahl Schädel ausgewachsener Tiere folgendes Resultat: 


Tabelle XX. 

ce Br Ss e = e P fe) 

ET ER eente 1e eee Sr Pe 

"lainal#Ii% e|r|ole|s een 

EEE Ba BE I er En Be A SE DE 

ij, a/=[eje]ejels|je|jgiejelele 

Gorilln . {4 I el1olsıiaslısjas'ıe ı6ls|als|2 11212 

ers 6) 9! 51201151121 a! 3121| 

Schim- 3 9) 71.121°9128132 70212 | 2 | 
panse „X 3) 5/15/ 121.13} 6 5) 4| 2] | 
et ee 
“rang io 3 | -1| Siehe 4%] | 
Sympha- 
langus . . 21 4) 217137 5 | | 
Gibbon '. . 1'116 '31: 107.3 l | | 


10) Selenka Ki macht über das obere Diastema des Orangs folgende 
Angaben: Il mm: $ 6 mal, 8-9 mm: 3 11, 6—7 ann: d& 138, * 6, 5 mm: 
& 13, 4-5 mm: 9 16, 3—4 mm: 3 5, 2—3 mm: 9 13, 2 mm: S 2, 0—1 mm: 
© 15 mal. 


cha u u ı SE a 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 39 


Es wurde stets das Diastema beider Seiten gemessen, da die- 
selben keineswegs stets gleiche Größe besitzen; so betrug z. B. an 
einem männlichen Gorillaschädel das linke obere Diastema 2,9, 
das rechte 8,4 mm. Die obigen Angaben lassen erkennen, daß die 
weitesten oberen Diastemata beim Gorilla vorkommen (16 mm), 
Orang und Schimpanse bewegen sich in denselben Grenzen, doch 
scheint beim Orangmännchen der Durchschnittswert etwas höher 
zu liegen als beim Schimpansenmännchen. Bemerkenswert ist 
ferner, daß hier die sexuelle Differenz bei simtlichen drei Simiiden- 
gattungen geringer ist, als man nach der sexuellen Differenz der 
Eckzahngröße erwarten sollte. Bekanntlich wird das Vorhanden- 
sein des Diastemas mit der Größe der Eckzähne in kausalen Zu- 
sammenhang gebracht. Wenn dies auch kaum bestreitbar sein 
dürfte, so deutet doch dieser Umstand sowie die häufig vorkom- 
mende Asymmetrie in der Diastemagröße daraufhin, daß die 
Kekzahngröße nicht der einzige die Ausdehnung des Diastemas 
bestimmende Faktor ist. 

Als Fehlen des oberen Diastemas müssen bei Simiiden min- 
destens Werte unter 2 mm, bei Hylobatiden unter 1 mm bezeichnet 
werden. 

Weit weniger konstant und ausgeprägt sind die Diastemata 
des Unterkiefers, die den gewöhnlichen Abstand zwischen zwei 
Zähnen meist nur um ein Geringes übertreffen. Für das Diastema 
I,/C, ergaben sich folgende Maximalwerte: Gorilla $ 4 mm, 9 
2,35 mm; Schimpanse $ 4,1 mm,' Q 4,3 mm; Orang d 4,7 mm, 9 


n. .. - Y 
2,5 mm, Symphalangus 1,3 IR Gibbon 1,5 mm und für das 
Dasien ma C/P, Gorilla & 4,5 mm, 21,8 mm, Sc himpanse 5 3,2mm, 


‘ 


2 3,5 mm; Orang $ 2,6 mm, $ 2,4mm; Symph alangus- 1,5 mm; 
Gibbon 1,7 mm. 

Als weitere Unterbrechung der Zahnreihe, die sich allerdings 
fast nur in der Alveolarhöhe bemerkbar macht, muß das sogen. 
Trema erwähnt werden, das sich zwischen den beiden oberen I! 
befindet und durch Divergenz der Innenseiten dieser beiden Zähne 
nach oben hin hervorgerufen wird. Obwohl oft von geringen Dimen- 
sionen tritt es doch ziemlich konstant auf. Die gemessene Maximal- 
größe beträgt: Gorilla 6 mm, Schimpanse 5 mm, Orang 6,3 mm, 
Svmphalangus 3 mm, Gibbon 2,3 mm. 

Absolute Zahnstellung. Die von M! bis M3 zunehmende 
Neigung der Vertikalachse im Oberkiefer labialwärts, im Unter- 
kiefer lingualwärts, ist bereits erwähnt worden. Häufig findet eine 
Verlagerung der mesiodistalen Horinzontalachse in derselben 
Richtung gleichzeitig statt. Doch ist die absolute Lage desM3 sehr 
variabel, seine Kaufläche ist im Oberkiefer bald nach außen, bald 
nach innen, häufig nach hinten geneigt. Diese verschiedenen 
Stellungen sind größtenteils durch Unstimmigkeiten zwischen 
Kieferwachstum und Durchbruch des Zahnes verursacht. 

Von den Prämolaren verdient die Stellung des P, Beachtung. 
Bei den Hylobatiden läuft die Längsachse dieses Zahnes fast 


11, Heft 


40 Adolf Remane: 


stets der Medianlinie des Kiefers parallel. Beim Schimpansen ist 
dieses Verhalten noch ziemlich häufig zu beobachten, bei Orang 
und Gorilla jedoch selten und fast nur bei W eibchen. Bei den 
Simiiden ist vielmehr diese Längsachse mit ihrem hinteren Teil 
lingualwärts gedreht und zwar beim männlichen Gorilla um einen 
ziemlich großen Winkel. In beschränktem Maße kommt eine 
solche Drehung auch bei Hylobatiden vor. 

Die Vertikalachse der Eckzahnkronen bildet mit der Verti- 
kalebene des Schädels einen wechselnden Winkel, da die Spitzen 
der Zähne stets etwas nach außen gerichtet sind. Im Oberkiefer 
kann diese r Winkel bei den %% der Simiiden fast = 0% werden, 
bei den 35 dagegen, besonders bei Gorilla, ziemlich groß werden 
(ca. 950). Doch ist auch dieses Merkmal starken Variationen 
unterworfen. Gleichzeitig ist die Vertikalachse mit ihrem Terminal- 
punkt im Oberkiefer meist etwas nach hinten geneigt, besonders 
bei den 33, während sie bei den Unterkiefereckzähnen mehr oder 
weniger nach vorn geneigt ist. Dies kann bei Orangweibchen 
zuweilen dahin führen, daß sich der untere Eckzahn mit seiner 
mesialen Fläche weitgehend an den I, anlehnt und dann nur als 
Verlängerung der Schneidezahnreihe erscheint und wohl auch 
funktionell diesen weitgehend entspricht (vergl. auch Selenka 79, 
Fig. 96). 

Die mesiodistale Längsachse des oberen Eckzahns verläuft bei 
Hylobatiden und Simiiden 35 parallel der Medianlinie des Kiefers 
oder ihr mesialer Endpunkt ist nach außen verschoben; bei den 
22 der Simiiden ist dieser mesiale Endpunkt in der Regel nach 
innen gerückt und bildet mit der Medianlinie des Kiefers einen 
bisweilen ziemlich großen Winkel (ca. 40°). Nur beim Schimpansen 
zeigt das % mitunter gleiches oder ähnliches Verhalten wie das g, 
indem der mesiale Endpunkt sogar nach außen verlagert sein kann. 
Die Längsachse der Unterkiefereckzähne verläuft von außen vorn 
nach nach innen hinten, zeigt jedoch innerhalb dieser Verlaufs- 
richtung starke Variation. 

Bei den Schneidezähnen ist die Stellung der Vertikalachse 
von großer Bedeutung, da dadurch das Maß der Prognathie be- 
stimmt wird. Alveolarprognathie ist ebenso wie Kieferprognathie 
ein bei den Anthropoiden konstantes Merkmal; nicht aber Zahn- 
prognathie, da die Wurzeln der Schneidezähne stark nach unten 
gekrümmt sein können. Ich kann also Adloffs (4) Behauptung, 
daß Krümmung der W urzel bei Anthropomorphen niemals vor- 
handen ist, nicht bestätigen; besonders bei Simiiden ist diese 
häufig und bisweilen sehr stark ausgeprägt. So kann starke Wurzel- 
krümmung zu vollkommener Zahnorthognathie führen, wie ich 
sie besonders schön bei einigen alten Gorillaweibchen fand. Zahn- 
prognathie muß allerdings für die Anthropoiden als Regel be- 
zeichnet werden, sie tritt in wechselndem Maße, meist jedoch in 
starker Ausbildung auf. Die stärkste Prognathie kommt bei 
Örangmännchen vor, die annähernd horizontal gelagerte Wurzeln 


A ae ee 


mu 


art 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 41 


der I! besitzen können. Weiterhin dürfte das Maß der Zahnprog- 
nathie sich mit dem Alter ändern; bei jugendlichen Individuen 
ist sie meist stark, nimmt aber je nach der Wurzelkrümmung bei 
zunehmender Abnutzung und zunehmendem Herausrücken der 
Wurzel aus der Alveole ab, um eben eventuell in Orthognathie 
überzugehen. Die Veränderung der Schneidezahnstellung mit 
dem Alter hat beim Orang bereits Selenka (79) beschrieben. 

Die gegenseitige Stellung der oberen und unteren Molaren hat 
Selenka (79) in Fig. 92 in klarer Form dargestellt. Dasselbe Schema 
kann unter Berücksichtigung etwaiger anderer Höckerverhält- 
nisse auch auf die anderen Anthropoiden übertragen werden. 

Die Bißart der Schneidezähne ist in der Regel Auftbiß; da- 
neben kommt bisweilen, besonders bei jüngeren Individuen Nach- 
biß des Unterkiefers vor. Vorbiß muß dagegen als große Seltenheit 
bezeichnet werden, deutlich ausgeprägt fand ich ihn nur bei einem 
Gorillaschädel (Anthr. I. Bresl.). 

Anomalien der Zahnstellung. Die häufigste Anomalıie 
ist Drehung des Zahnes bei konstanter Vertikalachse in der Hori- 
zontalebene (Torsion). Sie tritt besonders am M3, P4 und I2 auf 
und beträgt meist 90°. Am unteren M, beobachtete ich sie mehr- 
mals bei Orang und Hylobatiden, am oberen M® beim Schimpansen. 
Der P, zeigt besonders bei Orang und Schimpanse starke Torsion ; 
für letztere Gattung bildet Adloff (4) einen derartigen Fall ab in 


Tafel XIV,Fig. 67b, P, links. Am oberen P4 tritt Torsion in ge- 


ringerem Maße auf oder steht im Zusammenhang mit anderen 
Stellungsanomalien. Drehung der I, um 90° beobachtete ich beim 
Gorilla und zwar zweimal nach außen und einmal nach innen. 
Im übrigen konnte ich Torsion nur noch beiderseits am M? beı 
einem Schädel von Gorilla diehli feststellen (45°), in geringerem 
Maße tritt sie auch am P® der Hylobatiden in Erscheinung, bei 
denen dagegen der P! abnorme Drehung nie oder nur selten zeigt. 

Abnorme Neigung der Vertikalachse kommt — abgesehen 
von dem schon erwähnten Verhalten des M? — hauptsächlich bei 
oberen und dem unteren zweiten Prämolaren vor und zwar ist der 
P* stets nach innen, P, und P3 dagegen nach außen geneigt. Beim 
Schimpansen kommt diese Anomalie am häufigsten vor. 

Dislokation — Verlagerung des gesamten Zahnes an eine 
andere Stelle ist ziemlich selten. Einige Male standen beim Schim- 
pansen die beiden oberen Prämolaren bei gleichzeitiger Torsion 
neben- statt hintereinander. Bei einem Orang war der linke C, 
bei normaler Einpflanzung weit nach vorn, neben den I, gerückt 
und hatte den I, aus seiner Lage nach hinten gedrängt. Der inter- 
essanteste Fall ist ein Schimpansenmännchen (B. Z. M.), bei dem 
der rechte obere Eckzahn zwischen rechter Nasenöffnung und 
rechter Orbita durchgebrochen war. Der Zahn lag annähernd 
horizontal, seine Spitze in Höhe des linken Foramen lacrymale. 
Die Form war wohl z. T. gestört, doch in den Hauptzügen noch 
wohl zu erkennen. 


11. Heft 


42 Adolf Remane: 


Anomalien der Zahnstellung treten also vorwiegend bei fol- 
genden Zähnen auf: M®; M,, P#, P®, P, I,. Beim M3 dürfte hierfür 
vorzeitig abgeschlossenes Kieferwachstum, beim P® und I, der 
Einfluß des Eckzahns verantwortlich sein; die zweiten Prämolaren 
müssen sich in der Regel zwischen die vor ihnen durchgebrochenen 
ersten Molaren und Prämolaren einzwängen, wobei Platzmangel 
leicht eine abnorme Lagerung hervorrufen kann. | 

Bemerkenswert ist, daß — besonders am P, und M, — ab- 
norme Lagerung Veränderung der Zahnform bewirken kann; 
diese Veränderungen stehen in der Regel in ganz deutlicher Be- 
ziehung zu den veränderten Druckverhältnissen. 


IV. Die Form der Zähne. 
1. Molaren und Prämolaren. 
a) Äußere Umrißform. 

Die oberen Molaren besitzen einen abgerundet quadratischen 
oder etwas breitrechteckigen bis trapezoiden oder rundlich drei- 
eckigen Grundriß. Der quadratischen Form ist der M! am meisten 
genähert, an M? und M? wandelt sich die Gestalt infolge zunehmen- 
der Verschmälerung des distalen Zahnteils in eine -- trapezoide 
Form um. 

Von den oberen Prämolaren ist der hintere bei Simiiden 
queroval oder eiförmig, wobei die zugespitzte Seite der Eiform 
nach außen zeigt. Diese letztere Form ist besonders häufig beim 
(sorilla ausgeprägt. Bei den Hylobatiden ist der P* oft gleichfalls 
dreieckig oder eiförmig, wobei jedoch die Spitze nach innen ge- 
richtet ist. 

Der P® ist bei den Hylobatiden und beim Orang im Grundriß 
dem P* nicht selten ähnlich, in der Regel (besonders bei Gorilla 
und Schimpanse) unterscheidet er sich jedoch von diesen durch 

starkes Vorrücken der labialen vorderen Kante, was ihm einen 
deutlich dreieckigen bis nierenförmigen Grundriß verleiht. In 
der Seitenansicht ist der P? fast stets höher als der P!, seine vordere 
Außenseite kann eine Ausdehnung des Schmelzbelages auf die 
Vorderwurzel aufweisen. 

Der Grundriß der unteren Molaren ist hochrechteckig, längs- 
oval oder rundlich dreieckig mit distal gerichteter Zuspitzung. 
Die Formen sind meist stark gerundet, nur die mesiale Kante 
verläuft = gerade. Eine Zuspitzung des distalen Zahnteils kommt 
besonders häufig am M, vor; der M, des Gorilla übertrifft hierin 
die anderen Anthropoiden. 

Der P, ist bei Hylobatiden und unter den Simiiden am häu- 
figsten beim Orang längsoval bis rundlich; bei Simiiden, selten 
auch bei Hylobatiden, tritt oft eine stärkere Entwicklung der 
hinteren Innenseite ein, so daß die Längsachse des Zahnes um 45° 
gegen die Medianlinie des Kieferastes geneigt ist. Bei extremer 
Ausbildung dieser hinteren lingualen Vorwölbung nimmt der 


lengebisses 


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ur Morphologie des Anthı 


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11. Heft 


44 Adolf Remane: 


Zahn einen rhombischen Grundriß in der eben angedeuteten 
Lagerung an, was besonders oft beim Gorilla zu beobachten ist. 

Der einspitzige P, ist länglich nierenförmig, höher als der P.. 
Auch er zeigt in wechselndem Maße eine Ausdehnung des Schmelz- 
belages der vorderen Außenseite auf die Vorderwurzel. 

Eine detaillierte Beschreibung aller Variationen der Umriß- 
form ist unmöglich. Die Abbildungen 4—13 sollen wenigstens 
einen Einblick in den Wechsel der Umrißform einiger Zähne geben. 

In den folgenden Tabellen (XXI u. XXII) sind die von mir 
gemessenen Maximal- und Minimalwerte des Breitenindex zu- 
sammengestellt. Über Ausschaltung von ganz abnormen Zähnen 
gilt das bereits bei Tab. V Gesagte. War einer der hier angeführten 
Werte nicht das Endelied einer fortlaufenden Kette, sondern von 
dem nächstfolgenden Wert durch einen großen Zwischenraum 
getrennt, so habe ich den nächstfolgenden Wert in eckigen Klam- 
mern hinzugefügt. In runden Klammern eingeschlossene Zahlen 
sind aus der Literatur entnommen. Der Index bedeutet 

labiolingualer Durchmesser x 100. 
mesiodistaler Durchm. 
Beim P# wurde dabei der Längsdurchmesser am Außenhöcker 
B x 100 
L’ 


zwei Indices gegeben und zwar a) 


. Für den P, Cer Simiiden habe ich 
x 100 B’ x 100 
L a Ar A 

Im Breitenindex sind demnach keine durchgreifenden 
Unterschiede zwischen den einzelnen Gattungen vorhanden. 
Dieser Index verdient also keineswegs die hohe Bedeutung für 
systematische Beurteilungen, die im bei Betrachtung fossiler 
Anthropoidenreste meist Fe wird. Über die vorhandenen 
graduellen Unterschiede gibt die Tabelle hinreichend Auskunft. 


DI, Dre-Höcker der Zähne. 


a) Größe, Form und Stellung der Höcker. Der Gorilla 
zeigt unter den Anthropoiden die beste Ausbildung der Höcker, 
die in der Regel Zapfen- oder Pyramidenform besitzen und eine 
relativ beträchtliche Höhe erreichen. Mit annähernder Konstanz 
besitzen die oberen Molaren 4 Höcker. 

Dabei übertreffen die Außenhöcker (Paraconus und Meta- 
conus) die Innenhöcker an Höhe. Diese beiden Höcker zeigen die 
Pyramidenform gut ausgeprägt und sind in ihrer Gestalt einander 
sehr ähnlich, nur fällt der Metaconus an seiner Vorder- und Hinter- 
seite steiler ab als der Paraconus. Am M! und M? überragt der 
Metaconus den Paraconus um ein geringes an Höhe, während er 
am M? stets hinter demselben zurückbleibt (oft beträchtlich). 
Diese Verringerung der Höhe des Metaconus tritt bisweilen bereits 
am M? auf und steht mit einer allgemeinen Verschiebung der gegen- 
seitigen Größenverhältnisse dieser beiden Höcker von M! zu M? 
zu Ungunsten des Metaconus im Zusammenhang; am M® kann der 


gewählt, also der Index - 


und b) 


a ne 


r 


en 
R 


> 
A 


+ 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 45 


Metaconus sogar ziemlich weitgehend reduziert sein. Über die 
Stellung der Außenhöcker wäre noch zu sagen, daß am M! der 
Metaconus direkt hinter dem Paraconus steht, am M? tritt bis- 
weilen eine Verschiebung des Metaconus nach innen ein, wie es 
z.B.inAbb.4k 
dargestellt ist, 
nochausgepräg- 
ter und bedeu- 
tendhäufigerist 
dies am. M? der 
Fall (Abb.4c,d). 

Der Proto- 
conus übertrifft 

die Außen - 

höcker zwar an 
Volumen, nicht Abb. 4. Beispiele zur Variation der Umrißform der oberen 
aber an Höhe; Molaren des Gorilla 
ist vielmehr be- a—f: M’; g-i: M?; k—m: M!. 2, nat. Gr. 
deutend niedri- e) E r Mg 12 ee eo: 5 a, 3 a 
ee a u 2 tz ME 5 Mbusu ; enekenb. s..2 1456; 
BeVal-Hiese (nik &) Senckenb, Mas. $ 304; HA. I.B 9 1912, 321: & und }) 
am MP? bisweilen 4 13254 @. beringei; h) A.J. B.Q 1912.32 L : 3) $ 1099 Alima, 
höher als der Congo Mus. ;k) A.1.B.2 1912,32 B :m) B.Z.M.3 A4409Bipindi. 
Metaconus). Er 
ist viel stumpfer, seine Gestalt länglich und nach der lingualen 
Seite vorgewölbt. Seine Spitze liegt am M! in der Regel in der 
Höhe des Intervalls zwischen den Außenhöckern, jedoch bedeutend 
näher am Paraconus. Am M? und M? kann nun eine fortschreitende 
Verschiebung des Protoconus nach vorn eintreten, die zu einer Lage 
direkt gegenüber dem Paraconus führen kann (vergl. Abb. 4a, g, ]). 
Andererseits kann 
aber auch, wie aus 
Abb. 4 i,m, c ersicht- 
lich ist, die Verschie- 
bung in entgegenge- 
setzter Richtung vor 
sich gehen, was zu 
einer stark alter- Abb. 5. Abnorme M® des Schimpansen. 1!3 nat. Gr. 
nierenden Lage der .) B.Z.M. 3 19071 Sangmelima; b)B. Z.M. e)B.Z.M. 
Höcker führt. 3 16969 Biffa Njoko. 

Der Hypoconus 
schließlich weist eine bedeutend stärkere Variabilität in Lage und 
Größe auf als es bei den drei Trigonhöckern der Fall ist. Seine Form 
ähnelt der des Protoconus, ist aber in der Längsrichtung weniger 
ausgedehnt, so daß er mehr kuppenförmig erscheint. Seine Größe 
ist nur selten an allen drei M gleich, meist ist sie am M? am be- 
deutendsten. Die Lage des Hypoconus ist am M! in der Regel 
annähernd gegenüber dem Metaconus; mitunter bewahrt er diese 
Stellung an allen dreiM (z. B. @. diehli), meist tritt aber zum M? 


11. Heft 


46 Adolf Remane: 


eine mehroder weniger starke Verlagerungnach hinten ein (Abb. 4i,k), 
die am M® noch stärker hervortritt und oft von einer geringen Ver- 
lagerung nach innen begleitet ist (Abb. 4e, d). In diesem Falle 
ist der Hypoconus am Ms gut entwickelt. Andrerseits kann er aber 
am M?® wieder näher an den Protoconus rücken, ein Vorgang, der 
meist mit engerer Anschmelzung an denselben und einer gewissen 
Größenreduktion verbunden ist. Eine v öllige Reduktion des Hypo- 
conus konnte nur ın zwei Fällen am M? beobachtet werden. 


Abb 6. Beispiele zur Variation der Umrißform oberer dritter Molaren des 
Schimpansen. 11, nat. Gr. 


)B 7. M.?Q 16 968 Bär: ı Njoko: b) B. Z. M. nördl. Momie; ce) B.Z M. Fan-Gebiet 7: 
d)B.Z.M.: e) B.Z.M. 3 27050. M? rechts, umgekehrt. A. schneideri: f) B.Z.M. 


Aus der Kombination der eben geschilderten Lage- und 
(‚rößenverhältnisse der Höcker resultieren nun die verschiedenen 
Formen der oberen Molaren, wie sie in Abb. 4 dargestellt sind. 
Zur Ergänzung sei noch auf den M?® von Gorilla beringei verwiesen, 
dem Adloff Taf. XVIII abgebildet hat. Dieser zeigt, besonders 
der linke, die in Abb. 4 a etwas angedeutete Einwärtsverschiebung 
des Hypoconus in deutlicher Weise. 

Der Schimpanse zeigt im Durchschnitt viel niedrigere 
Höcker, die voneinander weniger scharf durch Furchen getrennt 
sind, als es beim Gorilla der Fall ist. An den Außenhöckern tritt 
infolge geringerer Ausbildung der Hauptleisten eine Pyramiden- 
form viel weniger deutlich in Erscheinung, nur am Metaconus 
ist eine solche noch oft ausgeprägt. Der Paraconus dagegen nimmt 
eine mehr lateral kompresse Gestalt an. Der steilere Abfall der 
Vorder- und Hinterseite des Metaconus ist hier wenig ausgeprägt 
oder fehlt vollkommen. Auch das gegenseitige Größenverhältnis 
der Außenhöcker zeigt graduelleAbweichungen von dem des Gorilla. 
Es ist nämlich der Metaconus relativ kleiner und in der Regel 
schon am M?® niedriger als der Paraconus; selbst am M! ist dies 
bisweilen der Fall. Nur in seltenen Ausnahmefällen erreichen diese 
beiden Höcker am M? gleiche Höhe. Besonders auffallend ist die 
Girößenreduktion des Metaconus am M?, Eine Übereinstimmung 
mit Gorilla liegt in der Einwärtsverschiebung des Metaconus von 
M! bis M® vor, die beim Schimpansen noch einen stärkeren Grad — 
besonders von M? zu M® — erreichen kann. 

Der Protoconus läßt in seiner Form keine wesentlichen Dit- 
ferenzen von dem des Gorilla erkennen. Auch seine Lagebe- 
ziehungen zu den Außenhöckern sind — abgesehen von dem relativ 
größeren Abstand von denselben — die gleichen; die Variation 


LU 4 20 Su” u 2.2 2155 


ale 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 47 


ist allerdings in dieser Hinsicht noch weitergehend. Der Hypo- 
conus dagegen ist beim Schimpansen zum mindesten am M! 
relativ größer, seine (restalt etwas länglicher und so mehr der des 
Protoconus genähert. Seine Maximalgröße liegt vıel weniger oft 
am M?, sondern viel häufiger am M!; am M?# ist er oft weitgehend 
reduziert. Seine Lagebeziehungen zum Protoconus sind noch viel 
variabler als es beim Gorilla der Fall war. Oft geht er direkt in 
das Basalband über; im allgemeinen kann gesagt werden, daß er 
weniger direkt hinter dem Protoconus steht, als beim Gorilla, 
sondern mehr der hinteren Außenseite dieses Höckers ansitzt. 
Vom M! bis M®? rückt er näher an den Protoconus heran, mitunter 
ist er jedoch am M? am weitesten von diesem entfernt. 

Beim Orang sind die Höcker noch niedrigerer, doch kommt 
bisweilen — so bei einer kleinen Rasse von Sumatra — Höcker- 
bildung vor, die der normalen des Schimpansen in keiner Hinsicht 
nachsteht. Im anderen Extrem sind die Höcker so weitgehend 
reduziert, daß sie nur als geringe, wallartige Erhebung der starken, 
einheitlichen Randleisten vorhanden sind. Im übrigen entspricht 
die Form der Außenhöcker mehr der des Schimpansen, nur ist der 
Abfall der Ränder des Metaconus in Übereinstimmung mit dem 
Gorilla öfter etwas steiler als der des Paraconus. Ein Abnehmen 
der Höhe und Größe des Metaconus ist nahezu konstant; und führt 
am M® im Zusammenhang mit weitgehender Reduktion des hin- 
teren Zahnteils zu weitgehender Anschweißung an den Paraconus. 
Eine Einwärtsverlagerung von M!-bis M®? kommt dem Metaconus 
des Orangs gleichfalls in der Regel zu. 

Der Protoconus zeigt wiederum in seiner Form große Äbnlich- 
keit mit dem der anderen Simiiden; der Hypoconus erinnert 
durch seine relativ geringere Größe und seine Lage direkt hinter 
dem Protoconus mehr an Gorilla als Schimpanse. Doch ist bei ihm 
im Gegensatz zu ersterer Gattung eine nahezu konstante Volumen- 
abnahme verbunden mit Annäherung an den Protoconus von M! 
bis M® zu konstatieren. Überhaupt ist die Verbindung zwischen 
den beiden Innenhöckern durchschnittlich viel enger als bei den 
anderen Gattungen. Die Einwärtsverschiebung des Hypoconus 
von M! bis M®, die bei den beiden anderen Simiidengattungen 
zum Teil vorhanden ist, kann beim Orang sehr stark entwickelt 
sein, und bedingt zusammen mit den anderen Merkmalen der 
Höckerstellung eine Änderung der + rechteckigen Umrißform des 
M! in eine trapezförmige bis stumpf dreieckige am M?®. 

Die Hylobatiden zeigen deutlich voneinander gesonderte 
Hö:ker. Die Außenkö:ker sind stumpf pyramiden- bis kuppen- 
förmig. Die Lage- und Größenverhältnisse sind noch weniger 
konstant als bei den Simiidengattungen. Der Metaconus ist am 
M® höher, oder was häufiger der Fall ist, niedriger als am M!. 
Eine Einwärtsverlagerung des Metaconus findet häufig von M® 
zu M?® statt, selten dagegen — besonders bei Symphalangus — 
von M! bis M?, Allerdings ist mitunter schon am M! der Metaconus 


11, Heft 


48 Adolf Remane: 


der Medianlinie beträchtlich näher gelegen als der Paraconus. 
Von den Innenhöckern wäre zu erwahnen, daß der Protoconus 
etwas häufiger als bei den Simiiden zu den Außenhöckern alter- 
nierend steht und ebenfalls von M! bis M? weiter nach vorn rückt. 
Der Hypoconus von Hylobates erinnert in Form und Lage weit- 
gehend an den des Schimpansen, wohl eine Folge der ähnlichen 
Ausbildung des Basalbandes, während Symphalangus hierin etwas 
mehr dem Gorilla genähert erscheint. Bei beiden Gattungen ist 
seine Größe und Entfernung vom Protoconus am M? am beträcht- 
lichsten, nur in 5 Fällen war er bei Hylobates am M? kleiner als 
am M!, in einem Falle war eine Größenzunahme und Rückwärts- 
verlagerung von M! bis M® zu konstatieren. 

Die beiden Höcker der oberen Prämolaren entsprechen in 
ihrer Form dem Paraconus und Protoconus der Molaren, nur daß 
der Paraconus — mit Ausnahme der meisten P? der Simiiden — 
an den Prämolaren stärker entwickelt ist. besonders in der Längs- 
richtung, wodurch Vorder- und Hinterkante schärfer werden. 
Der Vorderrand des Paraconus bildet dann oft eine stark nach vorn 
vorspringende Ecke. Bei den Hylobatiden ist am P* der Para- 
conus im Verhältnis zum Protoconus oft stärker entwickelt als 
bei den Simiiden. 

Die Höhendifferenz zwischen Paraconus und Protoconus ist 
an den Prämolaren, besönders dem P® größer als an den Molaren. 
Hierin bestehen zwischen den einzelnen Gattungen einige graduelle 
Unterschiede, indem beim Schimpansen und Gibbon der Proto- 
conus relativ niedriger ist als bei den anderen Gattungen und mit- 
unter sich nur noch als basalbandartiger Wulst an der Innenseite 
des Paraconus hinzieht. 

An den Unterkiefermolaren übertreffen beim Gorilla die 
beiden vorderen Häcker — Protoconid und Metaconid — die 
hinteren an Größe und der innere auch an Höhe. Das Metaconid 
besitzt eine hohe, zugespitzte Gestalt, dessen spezielle Form durch 
die später zu beschreibenden Leisten bedingt wird. Das Proto- 
conid zeigt eine stumpfere, halbmondförmige Gestalt, wobei die 
konvexe Seite nach außen gekehrt ist; es liegt in der Regel am M, 
nicht genau dem Metaconid gegenüber, sondern etwas weiter vorn. 
Vom M, zum M, nimmt jedoch diese Lagendifferenz ab, so daß 
der M, meist direkt opponierte Vorderhöcker zeigt. 

Die drei hinteren Höcker sind von den vorderen scharf ge- 
trennt. Nicht selten verringert sich jedoch der Abstand der hinteren 
Höcker von den vorderen an der labialen Seite von M, bis M,. 
Der Funktion entsprechend ähnelt das Entoconid in seiner Gestalt 
dem Metaconid, während Hypoconid und Mesoconid eine An- 
näherung an die Form des Protoconids zeigen. Die drei Hinter- 
höcker sind oft von gleicher Größe, im Falle einer Ungleichheit 
zeigt das Hypoconid meist die größten Dimensionen. Das Meso- 
conid ist am M, vielfach am kleinsten, während es am M, meist 
stark entwickelt ist. -Das Entoconid wiederum ist am M, häufig 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 49 


klein (besonders bei den Rassen des französischen Kongogebietes) 
und war in einigen Fällen fast völlig eingeebnet. 

Besondere Beachtung verdient noch die Stellung zweier Höcker: 
des Entoconids und des Mesoconids. Die Lage des letzteren Höckers 
ist schon von mehreren Autoren — zuerst wohl von Gaudry (28) 
— erörtert worden. Das Entoconid zeigt vonM, bis M, eine fast 
konstant vorhandene, meist auff.llige starke Verschiebung nach 
hinten, wodurch es sich vom Metaconid entfernt und eine Verlän- 
gerung der dazwischen liegenden Randleiste bewirkt. Dadurch wird 
das Hypoconid, das am M, dem Intervall zwischen Metaconid 
und Entoconid gegenüberliegt, jedoch letzterem Höcker viel näher, 
am M, und M, 
scheinbar mehr 
nach der Mitte des 
Intervalls verla- 
gert. 

Das Mesoconid 
liegt amM, an der 
Hinterseite, etwas 
labial von der Me- 
dianlinie des Zah- 
nes. Am M, und 


Se er en. Abb. 7. Beispiele zur Variation der Umrißform unterer 
ee PARE Molaren des Gorilla 


eine Verlagerung a—f: M,; gi: Ma; k—1: M,. 2% nat. Gr. 
dieses Höckers „),B.2.M. 3 12789 G. diehli; b) B.Z.M. 26969 Gabun M, 
nach außen, die rechts, Spiegelbild; ce) B Z.M. $ 31277 Mbusu; d) B.Z.M. 
nahezu konstant 3 er une M. 6) Pi: a us 
. . Nur / . Ic) K« rıngei; on N\ . . 
auftritt und nur Kama DALB O1 32 L-MA.LB 31913320. 
ım Maße wechselt. l) A.I.B. $ 1912 Nr. 27. Yaunde. 

Diese Verlagerung 

und die dadurch bedingten verschiedenen Stellungen des Meso- 
conids (besonders am M,) resultieren aus zwei Komponenten. 
1. Einer Verschiebung von der Medianlinie labialwärts, 2. einer 
Verschiebung des Mesoconids distalwärts, wie sie z. B. Abb. 7c, e 
zeigt. Letztere tritt aber durchaus nicht immer ein, wie auch 
Abb. 7a, f beweist. Wirken beide Komponenten, so liegen die 
drei Außenhöcker am M, in einer Linie, wirkt die erstere allein, 
liegt das Mesoconid in wechselndem Maße einwärts vom Hypo- 
conid (Abb. 7 f). 

Für die übrigen Anthropoiden gilt in Bezug auf Höckerhöhe 
und -trennung dasselbe, wie für die Oberkiefermolaren. Dem 
Schimpansen und Orang ist ferner noch gemeinsam, daß der Ab- 
stand der Hinterhöcker von den Vorderhöckern durchschnittlich 
geringer ist als beim Gorilla. 

Wesentliche Unterschiede vom Gorilla zeigt der Schimpanse, 
und zwar in der gegenseitigen Stellung der Höcker (Abb. 13). 
Das Entoconid besitzt zwar am M, meist eine gleiche Lage wie 

Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 11. ' 11. Heft 


20 Adolf Remane: 


beim Gorilla (im Durchschnitt liegt es etwas näher am Meta- 
conid). Im Gegensatz zum Gorilla verschiebt es sich aber von 
M, bis M, nach vorn, so daß es am M, in der Regel, am M, 
häufig in Höhe des Hypoconids liegt. 2. Das Mesoconid liegt 
am M, etwas mehr labial als beim Gorilla, seine Lage fit 
jedoch zum Teil innerhalb des beim Gorilla 
beobachteten Variationskreises. Von M, 
bis M, bleibt das Mesoconid jedoch in 
derselben Lage oder wird sogar nach der 
lingualen Seite verlagert. Besonders von 
M, zu M, ist letzteres Verhalten in weit- 
aus der Mehrzahl der Fällezu beobachten!?), 
bisweilen ist das Mesoconid sogar dicht an 
das Entoconid herangerückt. Andrerseits 
findet mitunter am M,, selten am M, eine 
Verschiebung des Mesoconids nach vorn 
statt, die meist mit starker Größenreduk- 
tion des Höckers verbunden ist. Zu diesen 
beiden nahezu konstanten Unterschieden 
kommt als weiterer, jedoch weniger aus- 
geprägter die mehr rückwärtige Lage des 
Metaconids am M,, so daß die Verbin- 
dungslinie Metaconid-Protoconid meist 
starker gegen die Längsachse geneigt ist, 
als beim Gorilla. 

Der Orang nimmt in dieser Beziehung 
eine vermittelnde Stellung zwischen den 
Extremen Gorilla und Schimpanse ein. 
Das Entoconid liegt oft an allen M in 
gleicher Höhe, doch kann von M, bis M, 
eine geringe Verlagerung ebenso nach vorn 
wienach hinten eintreten. Auch kann z.B. 
von M, zu M, geringe Rückwärtsverlage- 
rung, von M, zu M, desselben Gebisses 
geringe Verschiebung nach vorn beobachtet 
werden. Die Lage des Mesoconids am M, 
ist variabel. Meist mehr an der labialen 
Seite liegend wie beim Schimpansen, ist in 
anderen Fällen eine Lage direkt in der 
Medianlinie des Zahnes zu konstatieren. 
Eine Veränderung der Lage von M, bis 
M, unterbleibt oft, bisweilen ist geringe 
Verschiebung nach außen, bisweilen eine 
solche nach innen zu beobachten, ohne daß dieselbe jedoch einen 
derartigen Grad erreichen kann wie die Extreme einerseits von 


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12) Bei starker Entwicklung des accessorischen Hinterhöckers wird 
las Mesoconid mitunter nach außen gedrängt, so daß dann eine minimale 
Auswärtsverlagerung von M, zuM,oder von M, zuM, vorhanden sein kann. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 51 


Gorilla, andrerseits von Schimpanse. Die Dimensionen des Meso- 
conids sind relativ geringer als beim Gorilla, auch ist eine Ver- 
lagerung nach hinten selten. 

Die Hylobatiden zeigen ebenso wie Orang eine von M, bis M, 
sich verringernde Entfernung der Hinterhöcker von den Vorder- 
höckern, die jedoch zum Teil gering ist. Das Überwiegen der Vorder- 
höcker über die Hinterhöcker hinsichtlich der Größe ist oft noch 
stärker ausgsprägt wie bei den Simiiden. Das Mesoconid ist relativ 
klein, seine Form oft breiter; bisweilen ist es an allen drei Molaren 
weifg:hend reduziert. Die g’genseitige Stellurg der H cker ver- 
ändert sich in der Regel von M, zum M, weniger ais es bei den 
‚Simiiden der Fall war. 

.. Das Entoconid liegt am M, bei Symphalangus weit hinten (nur 
in einem Falle in gleicher Höhe mit dem Hypoconid!), bei Hylo- 
bates durchschnittlich etwas weiter vorn und häufiger dem Hypo- 
conid opponiert. Seine Lage ist an allen drei M die gleiche, bis- 
weilen ist eine minimale Verschieburg nach vorn zu beobachten. 
Das Mesoconid liegt bei beiden Gattungen in der Regel an allen 
drei Molaren zentral. Am M, kann es bisweilen in die Nähe des 
Entoconids verlagert sein, bisweilen auch mehr an der labialen 
Seite liegen. Im letzteren Falle (fast nur bei Hylobates!?) tritt 
dann geringe Einwärtsverlagerung von M, bis M, ein. Auch ge- 
ringe Auswärtsverlagerung konnte beobachtet werden (Sympha- 


langus). In einem Falle lag das Mesoconid bei Hylobates an allen 
drei M labial, ohne jedoch mit Protoconid und Hypoconid in. einer 
Linie zu stehen. 

Die beiden Höcker der P, ähneln in ihrer Gestalt weitgebend 
den beiden Vorderhöckern der Molaren, nur zeigt das Protoconid 
ein Zunahme, das Metaconid eine 
Abnahme der Größe. Die Größen- e) 1 
differenz ist besonders groß beim 2 x 
Schimpansen und Gibbon, beidenen 
das Metaconid in manchen Fällen B d 
einer nahezu vollständigen Reduk- Abb. 9. Einige P, von Gorilla. 
tion unterliegt. Der hintere Teildes 24 nat. Gr. 

Zahnes wird von einem Talonid ein- a)BZ.M 3A 11906 Lomie;b  B.Z.M. 
genommen, das bei den Hyloba- d 13251 G beringei; c) B.Z.M. 8 
- tidendurchschnittlichausgedehnter 4 6013” ©, dehli; d) A.LB. 7 
ist als bei den Simiiden, und unter ar an erins 
den Simiiden beim Orang größer als beim Schimpansen und 
Gorilla. _ 

Der P, besteht nur noch aus dem stark vergrößerten pyra- 

midenförmigen Protoconid. Der Zahn kann besonders bei Gorilla 
% (Abb. 10) und Orang beträchtlicheHöhe erreichen, und zwar mehr 

bei den Männchen als bei den Weibchen. 

ö 13) Symphalangus zeigte nur in einen Falle Einwärtsverlagerung des 

Mesoconids, die mit Reduktion des Entoconids an M, und M, in Zusammen- 
hang stand. | 
% 
i 


4 7° et 


By Adolf Remane: 
Über das etwaige Auftreten eines Metaconids am P,, sowie 
andrer sonst nur bei Molaren vorkommender Höcker an Prämolaren 
wird bei den überzähligen Höckern berichtet werden. 
Überzählige Höckersind 
bei Anthropoiden schon von 
mehreren Autoren beschrieben 
worden. Selenka (79) ist hier 
an erster Stelle zu nennen, der 
für den Orang in dieser Hin- 
sicht eine erschöpfende Dar- 
stellung gegeben hat. Ferner 
diskutiert Bolk (14) derartige 
Hö:ker, aber fast nur hinsicht- 
lich ihrer Morphogenese im 
Rahmen seiner Theorie. 
Abb. 10. Einige P, des Gorilla. 24 nat. Gr. Die Häufigkeit der ein- 
a—e: von oben; f-i: von der Labialseite. zelnen accessorischen Höcker 
: he Be % Be Tele ist bei den einzelnen Gattungen 
DB ZM. 4 2806 Jar. Lrbo: 2) BZM. sehr verschieden. Auch ihre 
e und i) B.Z.M. $ 7157 Samakita. Größe ist starken Schwan- 
kungen unterworfen. Sie er- 
reichen mitunter die Größe eines normalen Höckers, sind in an- 
deren Fällen von ganz geringer Größe. Nach unten hin läßt sich 
eine Abgrenzung überhaupt nicht mit Sicherheit durchführen und 
so ist die Entscheidung, ob ein Gebilde bereits als überzähliger 
Höcker oder als 
bloße Schmelzwul- 
stung anzusehen 
ist, in manchen 
Fällen durchaus 
unsicher. Aus die- 
sem Grunde gebe 
ich die prozentu- 
alen Häufigkeits- 
werte nur in abge- 
/ rundeten Zahlen. 
f i Molaren. Die 
re Re größte Anzahl der 
Abb. 11. Einige P, des ‚Sehimpansen, 173 nat. Gr. überzähligen Hök- 
a—e: von oben; f—i: von der Labialseite. ker entfällt auf die 


a und f) B. Z. M. 5 19071 Saugmelima; b und g) B.Z.M. a -e Viel- 
A 23.10,67 Tschingogo; e und h) B. Z.M. 2 5800 Binindi; were kin 
d und i) Senckenb. Mus. 3039; e) B.Z.M. 2 4601 Dume, gestaltigkeit er- 

fordert hier eine 


Gruppierung, wobei sich Lage und Entstehung (die meist deutlich 
zu erkennen ist) als geeignet erweisen. Ich unterscheide 

1. Randleistenhöcker. Höcker auf den Randleisten der 
Zähne, bei deren Entstehung Vorwölbung der Leiste und Ab- 
schnürung durch Furchen in wechselnder Stärke beteiligt sind. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 5) 


2, Spalthöcker. Überzählige Hösker, die durch Spaltung 
eines Haupthöckers entstehen. 

3. Basalhöcker. Hö:ckerbildungen, an den Seitenflächen der 

Zahnkrone (meist durch das Basalband gebildet). 

4. Kauleistenhöcker. Überzählige Höcker, die sich auf 
den Leisten der Kaufläche gebildet haben, wobei "allerdings Ab- 
schnürung durch Furchen eine viel größere Rolle spielt als Vor- 
wölbung der Unterlage, so daß eine Beteiligung des Dentins an der 
Höckerbildung zum Teil fraglich ist. 

Randleistenhöcker. An den Oberkiefermolaren finden 
sich zu dieser Kategorie gehörende accessorische Höcker nicht 
selten auf der hinteren 
Randleiste (Tubercula ac- 

 cessoria posteriora Se- 
lenka) und zwar in wech- 
selnder Lage, bald in der 
Mitte, bald mehr der 
Außenseite genähert. Viel- 
fach treten zwei Höcker 
nebeneinander auf, in ei- 
nigen Fällen waren sogar 
3 und 4 vorhanden. Ihre 
Größe ist meist gering 
und bleibt fast stets weit 
hinter der der Haupt- 
höcker zurück, nur beim 
Schimpansen und selten d e f 
bei Symphalangus sind Abb. 12. Einige P? des Orang. 1! nat. Gr. 
sie bisweilen groß. Bei ee 
es 2; Ti auch. bei a—ce: von oben; d—f: von der L.abialseite. 
Hvlobatid end va und 0:34 M. 2 12670555 und e) B.Z.M. 
41ylo atıden werden sıe Sg 10481 Sumatra; ec) B.Z.M 2% 6955 Moalang, 
in der Regel von Furchen Borneo; f) B. Z.M. Pagel I, Borneo. 
begrenzt, die von der ; 
Fovea posterior aus die Randleiste durchbrechen. Die Häufig- 
keit ihres Vorkommens beträgt: Gorilla M®: 1 Höcker 14%, 
2 und mehr Höcker 5%, M?: 1 Hö:ker 5%, 2. Höcker 2%, M!: 
=1 Höcker £%,, z Höcker 0,5%; Schimpanse M?®: 1 Höcker 17%, 
#2 Höcker £%,, M?: 1 Höcker 8%, 2 Höcker 1%, M!: 1 Höcker 3%; 
Symphalangus: nur am M® beobachtet und zwar 1 Höcker in 
£a.10% ; Hylobates M?: 1 Hö:ker 9%, M? 1 Höcker2%, M!: 0%. 
Für den Orang zitiere ich folgende Angaben Selenkas (79): hinterer 
Zäußerer Nebenhö:ker M? 3 54%, 2 63%, M? 8 12%, 2 27%, M! 
= 0%, 2 3%, hinterer innerer Nebenhöcker M3 3 21%, 2 31%, 
MRS 3%, 20%, Mid 0%, 2 9%: 
| Derartige Höcker treten also beim Orang häufig, bei Schim- 
panse und Gorilla weniger oft, und bei den Hylobatiden selten auf; 
E: Häufigkeit nimmt innerhalb der Zahnreihe von M® zum m! 
in ab. 


11. Heft 


54 Adolf Remane: 


Diese Höcker entsprechen in Lage und Bau zum Teil voll- 
kommen den interstitiellen Höckern des Menschen im Sinne von 
M. de Terra (84), so daß ich nicht umhin kann, sie (z. T. mit später 
zu erwähnenden Kauleistenhöckern) als wesensgleiche Bildungen 
anzusprechen und die Berechtigung des Satzes dieses Autors: 

‚Jedenfalls steht fest, daß die Anthropoiden keine interstitiellen 
Hö-ker in dem Sinne haben, wie wir sie beim Menschen finden‘, 
zu bestreiten. 

Auf der vorderen Randleiste der oberen Molaren kann gleich- 
falls ein überzähliger Hö:ker auftreten. Er liegt vor dem Proto- 
conus an der Stelle, wo (wenn vorhanden) die Crista transversa 
anterior und das Basalband in die Randleiste münden und ent-. 
spricht also in seiner Lage dem Protoconulus eozäner Primaten. 
Ein solcher Hö-ker kom mt fast nur beim Orang vor, hier aber sehr‘ 
häufig und oft gut ausgebildet (vergl. Selenka 79, Fig. 93). Selenka' 
gibt als Häufigkeitswerte für diese Gattung an M3 g 100%, 2 3%: 
M2 & 100%, 2 94%; Mi & 60%, 2 76% und bezeichnet ihn als 
„fast konstant‘ auftretend. Ich fand diesen Höcker beim Orang 
zwar in nicht ebenso hohem Prozentsatz wie Selenka, doch war er’ 
gleichfalls in der Mehrzahl der Fälle vorhanden. Den anderen 
Anthropoidengatturgen fehlt dieser Höcker nahezu vollständig. 
\enn vorhanden, ist er von viel geringeren Dimensionen als es 
beim Orang die Regel ist; vielfach nur eine wulstige Erhebung 
der Randleiste. Ich beobachtete ihn beim Gorilla: M® in 4%, M?, 
3%, am M! nur in 2 Fällen (13%), beim Schimpansen: M? in 3%. 
der Fälle, am M2 fehlte er stets, am M! war er nur einmal gering‘ 
entwickelt. Unter den Hylobatiden scheint er bei Symphalangus"*) 
vollkommen zu fehlen, Hylobates zeigte in 5 Fällen an dieser 
Stelle eine wulstige Verdickung. 

Als ganz vereinzelter Fall muß noch das Auftreten eines’ 
Hö:kerchens vor dem Paraconus (Spitze 1 im Sinne Bolks) bei 
einem Orangmännchen erwähnt werden. 

An den Unterkiefermolaren treten gleichfalls accessorische 
Hö:ker am Hinterrande auf und zwar auf der Randleiste zwischen 
Mesoconid und Entoconid. Der Höcker erreicht viel öfter be- 
trächtliche Größe als es beim accessorischen Hinterhöcker der. 
oberen Molaren der Fall war; erreicht er die Größe eines Haupt- 
höckers, so besteht der Zahn aus 6 Höckern, drei äußeren und drei 
inneren. Die Entstehung dieses Höckers w ird nicht oder kaum durch 
Furchentrennung gefördert, vielmehr handelt es sich um eine 
vom Furchensystem unabhängige Bildung der Randleiste, die 
sich hauptsächlich nach innen ausdehnt und so zu einer mehr oder 
weniger starken Verdrängung der Fovea posterior führt. Selten 
treten 2 accessorische Hö.ker an dieser Stelle auf (viermal beim ' 
Gorilla beobachtet, zweimal beim Schimpansen und Orang). Einen 

14) An beiden M3 eines Symphalangus (B. 4. M.) war zwischen den _ 


Vorderhöckern hinter der Randleiste ein großer accessorischer Höcker 
vorhanden. 


Beiträge zur Morpholog’e des Anthropoidengebisses 55 


Höcker fand ich beim Gorilla: M, in 18%, M, in 13%, M, in 1%, 
beim Schimpansen am M, in 18%, am M, in 12% und am M, in 
4%,. Bei den Hylobatiden tritt dieser Höcker, wie ja accessorische 
Höcker überhaupt, viel seltener auf; bei Symphalangus sah ich 
ihn nur zweimal an einem M,, bei Hylobates am M, einmal, am 
M, zweimal, und am M, siebenmal = 4% (vergl. Adloft 6, Abb. 66) 
Bei letzterer Gattung kommt dieser Höc ker also häufiger am M, 
als am M, vor. Beim Orang unterscheidet auch hier Selenka einen 
hinteren äußeren und- einen hinteren inneren Nebenhöcker. En 
ersteren gibt er als Häufigkeitswerte an: M, oe 109 N 
#35%,720%:;:M, 0%, für letzteren M, 27%, 2 13%, Ma d 6%, 
245%, M 186%, 218%. Ich habe ihn SSlFEnER nase als Selahke: 
und nur am M, in höherem Prozentsatz als 


'bei Gorilla und Schimpanse. 


Ein weiterer Nebenhöcker befindet sich 
an der Innenseite zwischen Metaconid und 
Entoconid (Tuberculum accessorium inferius 
mediale internum Selenka). Er ist besonders 


häufig beim Gorilla, bei dem er am M, an- SC 
D 

deutungsweise fast stets vorhanden ist (vergl. 

Adloff 6, Abb. 68). Er liegt unmittelbar vor ”—e 


dem Durchbruch der Innenfurche durch die 
innere Randleiste und wird nach der Vorder- 
und Labialseite durch eine schräg auf das 
Metaconid hinaufziehende Furche begrenzt. 
Letztere Furche durchbricht jedoch nur aus- 
nahımsweise die Randleiste, während dies a h 
bei der Innenfurche stets der Fall ist und so A»b. 13. Schema zur 
erscheint, von der Lingualseite betrachtet, Veranschauliehung der 
besonders am M, das Höckerchen als Neben- _ Höckerverschiebung 
höcker des Metaconid. Diese scheinbare Zu- np ln Rn 
gehörigkeit zum Metaconid hat wohl Bolk (14) FRacb Inf Der ii 

} > F x a) beim Gorilla; b) beim 
verleitet, das Höckerchen als Beginn einer Schimpansen. 
Teilung des Deuteromers (Spitze D — Meta- 
conid) zu betrachten. In etwas weiterem Sinne sieht in ihm auch 
Schwalbe (78), der es als Tuberculum intermedium bezeichnet, ein 
Abschnürungsprodukt des Metaconids; in gleicher Weise äußert 


sich Selenka (79), doch fügt dieser Autor hinzu: ‚Selten erscheint 


Br. 


er als Teilstück des hinter") ihm liegenden Haupttuberkels, 
zeigt ausnahmsweise auch wohl gar keinen direkten Zusammenhang 
mehr mit den beiden benachbarten inneren Haupthöckern“. 

In der Tat ist dieser Nebenhöcker beim Gorilla am M, fast 
stets so weit nach hinten gerückt, daß er eher als Abspaltungs- 
produkt des Entoconids als des Metaconids bezeichnet werden 
könnte (vergl. Selenka 80, Abb. 119 B). Gerade dieser \\ echsel in 
der Bee beweist aber die Unabhängigkeit dieses Höckers von 


1) Von mir gesperrt. 
11, Heft 


56 Adolf Remane: 


Metaconid und Entoconid und rechtfertigt seine Stellung in der 
Kategorie der Randleistenhöcker. Beim Gorilla erreicht er nur 
selten die Größe eines Haupthöckers; er trat bei dieser Gattung 
in folgender Häufigkeit auf (deutlich ausgeprägt!) M, 35%; M; 
17%, M, 3%. In einem Falle befanden sich an dieser Stelle 3 
Höcker. 

Beim Schimpansen tritt das Tuberculum intermedium, wie 
ich diesen Nebenhöcker nach dem Vorgang Schwalbes bezeichne, 
weit seltener auf. Wenn vorhanden, zeigt er eine konstante Lage an 
allen drei Molaren. Es war an M, in 7%, am M, in 10% und am 
M, nur in zwei Fällen vorhanden. Ein wenig häufiger kommt der 
Höcker beim Orang vor, bei dem er im Gegensatz zum Schimpansen 
beträchtliche Größe erreichen kann. Selenka gibt für sein Vor- 
kommen beim Orang folgende Zahlen an: M, & 18%, 2 26%, 
M, & 36%, 2 30%, Mı d 12%, 2 6%. In deutlicher Ausprägung 
fand ich sie jedoch weit seltener, und, wie erwähnt, nur wenig 
häufiger als beim Schimpansen. Bezüglich seiner Stellung beim 
Orang verweise ich auf die oben angeführten Worte Selenkas 
(P- 595). 

Bei den Hylobatiden ist das Tuberculum intermedium seltener 
zu beobachten; doch tritt hier häufiger seine Unabhängigkeit 
vom Metaconid hervor, von dem es oft durch eine die Randleiste 
durchschneidende Furche getrennt ist; zudem ist es bisweilen 
schon am M, (sowohl bei Hyıobates wie bei Symphalangus) dicht 
vor dem Entoconid gelegen. Bei Symphalangus fand ich es drei- 
mal am M, und einmal am M,, bei Hylobates am M, einmal, am 
M, 8 mal und am M, viermal. Seine Größe ist — abgesehen von 
einem Fall bei Symphalangus — gering. Bolk (14) gibt in Fig. 48 
eine Abbildung dieses Höckers am M, von Symphalangus. 

Die verschiedene Häufigkeit des Tuberculum intermedium so- 
wohl innerhalb der Gattungen als auch besonders innerhalb der 
drei Molaren dürfte z. T. durch die Stellung des Entoconids be- 
dingt sein, indem von M, bis M, zunehmende Rückwärtsverlagerung 
des Entoconids wie beim Gorilla in gleicher Richtung eine zu- 
nehmende Häufigkeit des Nebenhöckers begünstigt. 

An der vorderen Randleiste der unteren Molaren treten ac- 
cessorische Höcker sehr selten auf, nur bei Gorilla und Schimpanse 
waren einige derartige Fälle zu konstatieren. Beim Gorilla lag ein 
solcher Höcker vor dem Metaconid und zwar am M, nur 3mal 
beim 3 und 2mal beim @. Gleichwohl muß diesem Vorkommnis 
große Bedeutung zugesprochen werden, da es sich hierbei, wie aus 
dem Verhalten des Leistensystems hervorgeht, um das Vorhanden- 
sein des Paraconids handelt, das sonst den Dauermolaren aller 
echten Affen fehlt: Am M, des Gorillas fand ich gleichfalls in zwei 
Fällen einen Höcker an dieser Stelle (besonders groß beim einen 
Schädel des ©. J. Bresl.), doch ist hier die Identifikation mit dem 
Paraconid unsicherer. Beim Schimpanse war es an einem M, und 
einem M, in ziemlicher Größe vorhanden: am M, 2mal als kleiner 


Banane 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 57T 


Höcker, an dem einen M, befindet sich noch ein weiterer Höcker 
auf der vorderen Randleiste und zwar an der Außenseite (ent- 
sprechend Bolks Spitze 1). Dieser Höcker ist auch bei einem 
Gorilla gleichzeitig mit dem Paraconid am M, beiderseits vor- 
handen. 

Als letzter Randleistenhöcker der Unterkiefermolaren kommt 
ein Höckerchen zwischen Hypoconid und Mesoconid in Betracht, 
dasich beim Schimpansen zweimal am M,, beim Orang zweimal am 
M, und einmal am M, fand. 

Spalthöcker. Die in dieser Kategorie aufgeführten Höcker 
umfassen alle Bildungen, bei denen die Vermehrung der Höckerzahl 
durch Spaltung eines Haupthöckers hervorgerufen wird. Die 
Spaltung ist oft sehr tief, gleichwohl ist die Zusammengehörigkeit 
der beiden Teilhö'ker meist zu erkennen, nur bei Spaltung des 
Metaconus ist mitunter Verwechslung mit einem accessorischen 
Hinterhöcker m öglich. In der Regel ist die Teilung eine ungleiche, 
indem ein Teil (meist der hintere) kleiner ist; daneben kommen 
auch Fälle mit gleichen Teilstücken vor. Einige Male kam Drei- 
teilung eines Höckers zur Beobachtung. 

Besonders häufig tritt eine Spaltung des Metaconus ein, was 
vielleicht mit dem Verlauf des Sulcus obliquus in Zusammenhang 
steht. Die Häufigkeitswerte hierfür sind: Gorilla M® 15%, M? 
1,5%, M! 0% , Schimpanse M? 1 %, M? 3%, M!0%, Orang M®?1 %, 
M2 4°%,, M! 1,5%. Doch ist beim Orang infolge der geringen Hö.ker- 
höhe die Entscheidung oft schwer. Selenka scheint derartige 
Spaltungen des Metaconus zu dem hinteren äußeren Nebenhöcker 
gezählt zu haben. Bei Hylobatiden wurde Spaltung des Metaconus 
nicht beobachtet. 

Spaltungen anderer Höcker kamen nur in vereinzelten Fällen 
vor und zwar: Hypoconus: Gorilla M® 1mal, M? und M! je 2mal; 
Schimpanse M3 Zmal, M? Y9mal (davon einmal dreigespalten). 
Orang M? 3mal; Gibbon M? 4mal — Protoconus Gorilla M# 
5mal; Schimpanse M?un1 M! je 1mal (in einem Falle se..r stark). 
— Paraconus nur beim Orang am M® 1mal und am M? 2mal. 

Im Unterkiefer wurde diese Anomalie nur an drei Höckern be- 
obachtet: Hypoconid (mal am M, bei Gorilla), Entoconid (beim 
Schimpansen 3mal am M,, beim Orang 5mal am M,, 1mal am 
M2 und 4mal am M,, beim Gibbon 1mal am M,) und Metaconid 
(beim Schimpansen am M, 2mal und am M, 3mal). 

An dieser Stelle möchte ich bemerken, daß bei Spaltung 
eines Höckers eine gleichzeitige Spaltung einer dazu gehörigen 
Leiste nicht beobachtet wurde, auch wenn die Teilstücke von 
gleicher Größe waren. Ich erwähne dies deshalb, weil Bolk das 
Leistensystem der Molaren durch Spaltung einer ursprünglichen, 
von P zu D ziehenden Leiste erklären will bei Spaltung des ersteren 
Höckers in Pa und Pp. 

Basalhöcker. Die Basalhöcker verdanken ihre Entstehung 
wohl mit Ausnahme der Tubereula paramolaria — dem Basalband 


11. Heft 


> Adolf Remane: 


des Zahnes. Der wichtigste derartige Höcker ist der Carabel- 
lische Höcker, dessen Vorhandensein bei Affen de Terra (84) 
bestritt, Adloff (4) jedoch für Hylobates einwandfrei nachwies’ 
(vergl. Adloff 4, Abb. 78a, b und 6, Abb. 54). Der Carabellische' 
Höcker ist hier am M! und M? vorhanden!*) am M? jedoch stärker 
entwickelt. In genau der gleichen Ausbildung fand ich es bei einem 
jüngeren Schädel des B. Z.M. (Siam). 

Unter den anderen Anthropoiden war er nur bei zwei Indi-' 
viduen von Gorilla vorhanden, seltsamerweise beide Male am M?, 
während er am M! nur durch ein stark entwickelte .Basalband 
vertreten wurde. 

Häufiger bildet das Basalband kleinere Höcker an der Außen- 
grube zwischen zwei Hö:kern, für die ich die Bezeichnung‘ 
Grübchenhöcker von de Terra (84) übernehme. Obwohl sie’ 
meist deutlich ausgeprägt sind, erreichen sie nur ausnahmsweise 
etwas größere Dimensionen, ohne jedoch je die Größe eines a 
höckers zu erlangen. 

An den Oberkiefermolaren ist es entweder an der Innenseite 
zwischen Protoconus und Hypoconus (Gorilla: M® und M!tje3mal), 
oder an der Außenseite des Zahnes zwischen Paraconus und Meta- 
conus vorhanden (Schimpanse M® 6mal, M! 3mal, Symphalangus 
M? und M! je 2mal, Gibbon M! 2mal). An den unteren Molaren 
kommen entsprechend der Lage des Basalbandes Grübchenhöcker 
nur an der Außenseite vor, und zwar fast ausschließlich zwischen 
Protoconid und Hypoconid (Gorilla: M, 1mal, M, 3mal, Schim- 
panse: M,3mal!?), M, und M, je % mal, Orang M, 1mal); zwischen 
Hypoconid und Mesoconid nur bisweilen andeutungsweise. 

Tubercula paramolaria nennt Bolk accessorische Höckeı 
direkt an der Labialseite des Paraconus bezw. Protoconids am M2 
und M3. Er schreibt ihnen als angeschmolzene Zähnchen, die der 
ersten Dentition uzurechnen seien, große Bedeutung zu. Bisher 
waren derartige Höcker nur beim Menschen bekannt; doch fand 
ich sie auch beim Schimpansen. Bei einem Schimpansen (B. Z. M.) 
waren sie in sehr starker Ausbildung mit eigener Wurzel an den 
beiden hinteren Molaren im Oberkiefer wie im Unterkiefer ein- 
seitig vorhanden, deutlich nur am M,. Geringere Spuren solcher‘ 
Tubercula paramolaria waren bei dieser Gattung mehrfach vor- 
handen. 

Kleine unregelmäßige Erhebungen auf dem Basalband, wie 
sie auch Selenka (80) in Fig. 118 A und 119 A abbildet, kann ich 


wohl hier übergehen, da diese kaum den Namen überzählige 
Höcker verdienen. 


1#, Die Bezeichnung als Pd* und M! in der Unterschrift zu Fig. 54 
scheint, soweit ich es nach der Abbildung beurteilen kann, auf einem Ir rtum 
zu beruhen. 

"") In anderen Fällen (Schimpanse) war an dieser Stelle ein größerer 
Höcker mit eigenem Wurzelpfeiler vorhanden, der demnach bis auf seine 


Lage zwischen den Außenhöckern mit einem Tubereulum paramolare über- 
einstimmt. 


Beiträge zur Morpholog:’e des Anthropoidengebisses 59 


Geringe Bedeutung besitzen auch die Kauflächenhöcker, 
die z. T. wohl nur durch tiefe Furchen abgeschnürte, höckerartige 
StückederLeisten darstellen. Sie kamen beim Gorilla in vereinzelten 
Fällen zwischen Protoconid und Metaconid und zwischen Hypoconid 
und Entoconid vor, beim Schimpansen auch zwischen Metaconus 
und Hypoconus. 

\vie bereits Selenka betont hat, treten die verschiedenartigen 
accessorischen Höcker oft gleichzeitig in ein- und demselben Gebiß 
auf. Das gilt hauptsächlich von den Randleistenhöckern. Dies 
führt in vereinzelten Fällen so weit, daß infolge der zahlreichen 
accessorischen Höcker die Festlegung der einzelnen Haupthöcker 
erschwert wird. Besonders der M,!®) des Gorilla zeigt mehrfach 
derartigextreme Höckervermehrung. Trotz aller Verschieden- 
heit in der. Einzelausbildung zeigen alle derartigen Zähne folgende 
gemeinsame Züge. 1. Der Trigonidteil des Zahnes bleibt von der 
Höckervermehrung unberührt. 2. Am inneren Talonidrand macht 
sich die Höckervermehrung im einfachsten Falle durch sehr starke 
Entwicklung des Tuberculum intermedium bemerkbar; bei stär- 
kerem Auftreten der Anomalie ist die ganze innere und hintere 
Seite des Zahnes in zahlreiche z. T. ziemlich große Höcker auf- 
gelöst, die das Entoconid nicht mehr erkennen lassen. 3. An der 
äußeren Talonidseite sind meist zwei starke accessorische Höcker 
vorhanden (Buccalhöcker?). Ob einer dieser Höcker dem Hypo- 
conid entspricht oder ob der weiter zentral gelegene Höcker diese 
Bezeichnung verdient, ist zweifelhaft, das letztere jedoch wahr- 
scheinlicher. 

Derartig verbildete M, konnte ich mit einer Ausnahme (G 
diehli) nur bei den ostafrikanischen Gorillaformen beobachten 
und zwar relativ sehr häufig!?) (mehr als 30% !). Dieser Umstand 
deutet ebenso wie das auffällig häufige Auftreten der Metaconus- 
spaltung bei G. diehli darauf hin, daß auch in der Häufigkeit 
accessorische Höcker, wenigstens bei Gorilla, Differenzen zwischen 
den einzelnen Rassen bestehen. Für den Orang bestreitet dies 
Selenka (79). 

Prämolaren. An den Prämolaren treten zwei Gruppen von 
Nebenhöckern auf: 1. Nebenhöcker, die Haupthöckern der Mo- 
laren entsprechen. 2. Nebenhöcker, die entweder accessorischen 
Höckern der Molaren entsprechen oder nur bei Prämolaren vor- 
kommen. 

Die erste Gruppe ist am hinteren Prämolaren stets häufiger 
und deutlicher als am vorderen. Am P* tritt oft, beim Orang an- 
deutungsweise fast stets, ein Metaconus auf, der als kleine Er- 
hebung an der Hinterseite des Paraconus erscheint, meist nicht 
allzu weit von dessen Spitze entfernt. Mitunter erreicht der Meta- 


18) Am oberen M® war in einem Falle geringe irreguläre Höckervermeh- 
rung zu beobachten (vgl. Elliot 24, Taf. XXIX). 

19) In der Beschreibung ostafrikanischer Gorillas durch Lorenz v. Li- 
burnau (51) und Lönnberg (50) fand ich derartige M, nicht erwähnt. 


11, Heft 


60 Adolf Remane: 


conus größere Dimensionen, ohne jedoch je dem Paraconus gleich- 
zukommen. In gleicher Weise ist oft an der Innenseite ein kleiner 
dem Hypoconus entsprechender Höcker vorhanden, der öfter 
beträchtliche Größe erreichen kann, besonders bei Simiiden. Meist 
tritt er gleichzeitig mit dem Metaconus auf, so daß der P4 dann 
einen mehr oder weniger molarenähnlichen Bau besitzt, wie es 
besonders beim Gorilla vorkommt. Adloff (4) bildet auf Taf. XX, 
Fig. 76 einen derartig molariformen P? eines Gorillaweibchens ab. 
Am P® kommen Metaconus und Hypoconus weit seltener zur Ent- 
wicklung und sind stets klein. 

An den Unterkieferprämolaren sind ausgeprägte Höcker- 
bildungen häufig. Bei Simiiden tritt im Zusammenhang mit der 
Form des Talonids am P, auf demselben ein Entoconid auf, das 
beträchtliche Größe erreichen kann und in einem Falle (Gorilla), 
das Metaconid an Größe übertraf. Häufig, doch weniger deutlich 
tritt auch ein Hypoconid auf. Das Mesoconid jedoch ist äußerst 
selten, beim Orang sah ich es nie, beim Gorilla nur in einigen Fällen 
ein Höckerchen am P,, das in seiner Lage dem Mesoconid entsprach, 
andeutungsweise ist es mitunter beim Gibbon vorhanden, deutlich 
ausgeprägt war es jedoch nur in einigen Fällen beim Schimpansen 
(vergl. Abb. 17). Es trat stets mit Hypoconid und Entoconid 
gleichzeitig auf, insgesamt 1: mal. Am P, hat das Vorhandensein 
oder Fehlen des Innenhöckers, des Metaconids, vielfach Beachtung 
gefunden. Ohne auf die verschiedenen Angaben einzelner 
Autoren einzugehen, mache ich folgende Angaben. Beim Schim- 
pansen ist das Metaconid am stärksten entwickelt, doch kann von 
einem konstanten Auftreten keine Rede sein. Es finden sich alle 
Übergänge von vollständigem Fehlen bis zu relativ starker Ent- 
wicklung (Abb. 18 e—g). Beim Orang ist es zwar als ganz geringe 
wulstige Erhebung meist vorhanden, tritt jedoch nur selten hervor. 
Noch stärker reduziert ist es beim Gorilla, bei dem es nur in 5 
Fällen derartig entwickelt war, daß man es als Höcker bezeichnen 
konnte; in einigen dieser Fälle war es jedoch kräftiger als es je 
beim Orang vorkommt. Ebenso stark reduziert ist das Metaconid 
bei den Hylobatiden?®), wo es nur bei zwei Individuen (hier jedoch 
beträchtlich) entwickelt war. — Ferner war beim Schimpansen mit- 
unter am P, das Hypoconid (Abb. 17) seltener das Entoconid 
vorhanden. 

weitere accessorische Höcker sind an Prämolaren selten. 
Beim Schimpansen sah ich am P* 11 mal, am P®? 1 mal einen über- 
zähligen Höcker in der Mitte des Hinterrandes, in seiner Lage 
also dem an Molaren oft vorhandenen hinteren Nebenhöcker ent- 
sprechend. Er kann beträchtliche Größe erreichen und besitzt oft 
einen eigenen Wurzelpfeiler. Einen derartigen Höcker — nur etwas 
nach der Mitte der Kaufläche verschoben — ist von Adloff (4) 
auf Taf. XII, Fig. 67 (rechter P*) abgebildet. Bei anderen Anthro- 

2°, Kohlbrügge (45) gibt für Symphalangus unter 21 Schädeln 2 mal 
das Vorhandensein eines Metaconids am P, an. („Spaltung der Spitze!‘) 


DH 


Beiträge zur Morpholog’e des Anthropoidengebisses 61 


poiden kam ein solcher Höcker noch bei Gorilla vor (G. diehli). 

Vereinzelt war beim Orang am P* die Andeutung eines Proto- 
conulus vorhanden. Bei derselben Gattung sah ich in einem Falle 
eine höckerartige Ausbildung der vorderen Außenkante des Zahnes, 
besonders stark am P®, die nach der Bolkschen Terminologie 
als Nebenspitze 1 zu bezeichnen wäre. 

Unsicher ist die Bedeutung eines häufigen, kleinen Höcker- 
chens am äußeren Hinterrande der oberen Prämolaren vom Gorilla. 
Einige Befunde am Leistensystem würden für eine Deutung als 
Metaconus sprechen, doch ist in einigen wenigen Fällen (besonders 
auch md?) ein Metaconus (etwas höher liegend) gleichzeitig mit 
diesem Hö.kerchen vorhanden. 

An dem unteren P, war beim Schimpanse am hinteren Talonid- 
rand neben Hypoconid, Mesoconid und Entoconid in zwei Fällen 
ein weiterer Hö:ker vorhanden, der vielleicht dem accessorischen 
hinteren Hı.cker entspricht. Wichtiger ist das Vorhandensein 
eines Paraconids am P, zweier Gorillaunterkiefer (Anthr. I. Bresl. 
und Z. M. Ha.). Von geringer Bedeutung sind einige höckerartige 
Erhebungen in der Talonidmulde des P,, wie sie vereinzelt beı 
Schimpanse und Gorilla beobachtet wurden. Am P, zeigt bisweilen, 
besonders bei Hylobates, die vordere Ecke der Krone eine geringe 
hö.kerartige Aufwulstung. % 

Im allgemeinen zeigt sich also eine gewisse Übereinstimmung 
auch in der Bildung der Nebenhöcker zwischen Prämolaren und 
Molaren, die sich besonders darin äußert, daß sich die meisten 
Nebenhöcker der Prämolaren auf konstante oder accessorische 
Molarenhöcker zurückführen lassen.?!) 

Reduktion der Höckerzahl. Die Reduktion eines Höckers 
kann sich auf folgende drei Arten vollziehen. 1. Durch Anschmel- 
zung an einen benachbarten Höcker, 2. durch Einebnung, entweder 
in die Randleiste des Zahnes oder in das Basalband, 3. durch Ver- 
lust des gesamten Höckermaterials. 

An den Oberkiefermolaren und zwar am M?# verfallen nicht 
selten die beiden Hinterhöcker einer mehr oder weniger starken 
Reduktion. Der Metaconus nähert sich dabei gleichzeitig deın 
Paraconus, während die Reduktion des Hypoconus durch Ein- 
ebnung in die Randleiste (Orang), oder in das Basalband (Schim- 
panse und Gibbon z. T.) erfolgt. Bisweilen fehlen die Höcker voll- 
kommen. Kirchner (44) bildet auf Taf. II, Fig. 8 mehrere derartige 
Fällevon Hylobates concolor ab, bei denen bald der Metaconus, bald 
der Hypoconus, bald beide Hinterhöcker vollkommen rückgebildet 
sind. Auch beim Schimpansen kann der M® wie erwähnt (p. 46) 
weitgehend reduziert sein. Die Rückbildung von Metaconus und 
Hypoconus tritt oft, doch nicht immer gleichzeitig auf. Die Stärke 


21) Anhangsweise sei noch das Tubereulum molare (Zuckerkanal) er- 
wähnt, das aber mehr als Vorwulstung der vorderen Außenseite denn als 
Höcker bezeichnet werden darf. Es tritt beim Schimpansen nicht selten 
an den Prämolaren, besonders jedoch an den Milchmolaren auf. 


11. Heft 


2 Adolf Remane: 


der Reduktion dieser beiden Höcker ist bei den einzelnen Gattungen 
verschieden. Dem Gorilla fehlt eine derartige Höckerreduktion 
so gut wie vollkommen und nur in einem Falle beobachtete ich 
Einebnung des Hypoconus in das Basalband, ebenfalls selten ist 
Reduktion bei Symphalangus (wurde beim Metaconus nie, beim 
Hypoconus ? mal beobachtet). Bei den übrigen Gattungen ist sie 
deutlich und führte in einigen Fällen zu vollkommenem Verlust 
eines oder beider Hinterhöcker (Schim:panse: M3 Metaconus 4 mal, 
Hypoconus 4mal, Orang M® Metaconus 2 mal, Hylobates: Meta- 
conus 5mal, Hypoconus 8mal). 

An den Unterkiefermolaren wird das Entoconid am M, bis- 
weilen in die Randleiste eingeebnet, entsprechend der Höhe der 
Höcker am häufigsten beim Orang, doch auch mehrere Male bei 
Gorilla, Symphalangus (1mal) und Hylobates, beim Schimpansen 
wurde Reduktion des Entoconids nicht beobachtet. — Größere 
3edeutung wird dem Fehlen des Mesoconids beigemessen, da diese 
Erscheinung beim Menschen besonders am M, häufig auftritt. 
3ei Anthropoiden berichtet darüber bereits Duvernoy (23) und 
zwar am M, des Schim pansen. 

Die Art der Reduktion ist bei den Anthropoiden meist voll- 
ständiges Verschwinden des Höckers, selten nur Einebnung in die 
Randleiste. Bei Gorilla, Symphalangus (S. s. continentis) und Orang 
wurde Fehlen des Mesoconids nur in je einem Falle am M, beob- 
achtet, beim Orang war an demselben Zahn gleichfalls das Ento- 
conid reduziert, so daß der Zahn nur drei Höcker besaß. Im Gegen- 
satz zu diesen Gattungen ist Reduktion des Mesoconids bei Schim- 
panse und Gibbon häufig. BeiSchimpansen fehlte es amM,in14% 
aller Fälle, am M, jedoch nur 2mal (= 0,3%) und am M, überhaupt 
nicht, bei Hylobates am M, in 20%, M,; 3% und am M, in zwei 
Fällen??) hier jedoch nicht vollkommen). Kirchner (44) fand in 
7 Fällen vierhöckerige untere M, (wohl gleichbedeutend mit 
Fehlen des Mesoconids), in einem Falle einen dreihöckerigen M, 
(Fehlen von Mesoconid und Entoconid ?). Es ergibt sich also, daß 
Schimpanse und Gibbon in dem häufigen Verlust des Mesoconids 
eine gewisse Übereinstimmung mit dem Menschen zeigen, im 
(segensatz zum Menschen fehlt das Mesoconid jedoch meist amM, 
und nicht am M,. \ 

Über die geringe Reduktion an dem oberen und dem unteren 
hinteren Prämolaren habe ich schon berichtet. Hier sei nur hinzu- 
gefügt, daß selbst beim Gorilla, der im Durchschnitt die geringste 
Reduktion zeigt, in einem Falle am P, das Metaconid (bei guter 
Entwicklung des Entoconids!) fehlte, in einem anderen Falle 
(Anthr. I. Bresl.) die ganze Innenhälfte des P*fehlte, so daß der P! 
beiderseits die Gestalt eines Zapfenzahns besaß. 

Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die Neigung zur 
Reduktion von Höckern in der Reihenfolge Gibbon, Schimpanse, 


22) Einen M von Hylobates concolor mit fehlendem Mesoconid bildet 
Selenka (80, Fig. 147, 148) ab. 


N SE m DU nl A 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 6:5 


Orang, Gorilla abnimmt und keineswegs in umgekehrten Verhält- 
nis zur Höckervermehrung steht, die bei Orang am stärksten, beim 
Gibbon am geringsten ist, während Gorilla und Schimpanse un- 
gefähr gleich große Neigung zur Höckervermehrung zeigen. Über 
Symphalangus kann ich infolge des geringen Materials noch kein 
Urteil in dieser Hinsicht fällen. 


c) Das Leistensystem. 


Dem Leistensystem wurde in den bisherigen Beschreibungen 
rezenter Anthropoidenzähne, gbgesehen vom Basalband, nicht die 
genügende Beachtung 
geschenkt, nur bei ‚den h;Rl. 
fossilen Formen ist es 
meist einer eingehenden h.Mnl ".. 
(leider zu wenig ver- r 
gleichenden) Darstellung 
gewürdigt worden und ‚me1 LM 
das mit vollem Recht, 
denn wie ich später zei- hPnl.. 
gen werde, ist gerade das (er 4 
Verhalten der Leisten PPru-f-f Wa 
für vergleichende und 
stammesgeschichtliche 
Betrachtungen von ho- vTrL 
hem Wert. Aus diesem Abb. 14. Schema des Leistensystems am M! des 
Grundewill ich hier dem I Gorilla. 

Leistensystem eine aus- v. Trl. vordere Trigon- h RI. hintere Rand- 


Hnl. 


führliche Besprechung _ leiste , leiste 
zuteil werden lassen. Da h Pnl. Paraconusneven- h. Prl. hintere Para- 
ee 5 nr. leiste * eonusrandleiste 
spp ke an Prnl. Protoconusneben- h. Prrl. hintere Proto- 
SIC 1e Klarsten Ver- leiste conusrandleiste 
hältnisse zeigt, soll er Ha). Hypoconusneben- v. Mrl. . Meta- 
zuerst beha “werde eisten conusrandleiste : 
2 ie ee h. Mnl. hintere Meta- v. Hrl. vordere Hypo- 
und zugleich als Grund- eonusnebenleisten eonusrandleiste 


lage für das Verständnis 
des Leistensystems der anderen Anthropoiden dienen (Abb. 14, 15). 
Gorilla. Bevor ich mit der Beschreibung beginne, muß ich 
eine genauere Umgrenzung des Begriffs: Leistensystem vornehmen. 
Ich verstehe darunter sämtliche leisten- oder wulstartig auf der 
Oberfläche der Zahnkrone hervorragende Gebilde ohne Einschrän- 
kung der Lage. Bei dieser weiten Fassung fällt auch das Basal- 
band, wie bereitssoben angedeutet, unter den Begriff Leiste. 
Aus den Lageverhältnissen der Leisten ergibt sich dann eine 
weitere Einteilung in 1. Kauflächenleisten = Leisten, die inner- 
halb der Kaufläche liegen. 2. Randleisten = Leisten, die die 
Kaufläche nach außen begrenzen. 3. Basalleisten = Leisten 
an den Seitenflächen der Krone. Die Umgrenzung des Begriffs 
Leiste sowie die Einteilung in die drei Kategorien dient natürlich 


11. Heft 


i 


64 Adolf Remane: 


lediglich zu descriptiven Zwecken und soll keinesfalls-irgendwelche 
morphologische oder genetische Zusammengehörigkeit der einzelnen 
Elemente ausdrücken. 


1. Kauflächenleisten. Die Kauflächenleisten kann man 


je nach ihrer Ausdehnung in Haupt- und Nebenleisten scheiden, 
wobei die Hauptleisten sich zwischen zwei Höckern erstrecken, 
während die Nebenleisten nur auf einem Höcker entlang ziehen, 
um dann blind zu endigen. Allerdings wird diese Definition bis- 
weilen durchbrochen, da Hauptleisten von Furchen zerschnitten und 


hRI 


so zu Nebenleisten de- 
gradiert werdea können, 
während andererseits 
zwei Nebenleisten sich 
zu einem hauptleisten- 


NIS 
SI 
u 
8 


d, 
d 


Hi 


ähnlichen Gebilde ver- 
einigen können. In die- 
sen Fällen ist die Her- 
kunft der Bildungen je- 
doch stets deutlich zu 
erkennen und so stößt 
die obige Einteilung in 


LT 
H 7 
W. 
% 
N % 
D DLALHITITERLERIIEEEETG, [2 


der Praxis auf sehr ge- 
ringe Schwierigkeiten. 

AndenOberkiefer- 
molaren sind in der 


Rx 
777, (a 
% ZALTITEIEELTT 


Abb. 15. Schema des Leistensystems am M, des 


rule Regel zwei Hauptleisten 
v.Trl. vordere Trigonid- Hnl. Hypoconidneben- 8 ee P E 
FR leiste vorhanden: die vordere 
h. Trl. hintere Trigonid- Enl. Entoconidneben- Trigonleiste (Crista 
leiste leiste transversa anterior) und 
h. Hl. hintere Haupt- h. Prl hintere Proto- dje hintere Trigonleiste 
leiste conidıandleiste CrstescBn 
v. Ri. vordere Rand- h. Mrl. hintere Meta- (Crista 0 iqua). 
leiste eonıdrandleiste Die vordere Trigon- 
h. Rl. hintere Rand- h. Hrl ee Hypo- leiste zieht vom Para- 
leıste eonidrandleiste R 
h. Mnl. hintere Meta- v. Hrl. vordere Hypo- conus zum Protoconus. 


Sie ist vielfach wenig 
scharf ausgeprägt und 
häufig von einer medianen Furche durchschnitten. Der genaue 
Verlauf ist folgender: Die Leiste zieht direkt von der Spitze des 
Paraconus nachinnen, verläuft in einem seichten nach vorne offenen 
Bogen und mündet in die Randleiste vor dem Protoconus 
und zwar meist halbwegs zwischen der Mitte des Vorderrandes 
und der Protoconusspitze (Abb. 14). Vom M! zum M?# verschiebt 
sich diese innere Mündungsstelle stets weiter nach vorn und kommt 
am M® mitunter direkt in die Medianlinie zu liegen, andererseits 
kann aber auch die Mündung näher am Protoconus liegen (beson- 
ders am M!), wobei jedoch nur einmal eine solche direkt in die 
Spitze des Protoconus beobachtet werden konnte. Auch auf dem 
Paraconus ist die Ursprungsstelle nicht ganz konstant; hier kann 


conidnebenleiste eonidrandleiste 


| 


4 


er * 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 65 


gleichfalls, wenn auch sehr selten, eine Verschiebung der Leiste 
nach vorn erfolgen, so daß diese dann als kurzer gebogener \ ulst 
hinter der Mitte der vorderen Randleiste liegt, ohne irgend welche 
Beziehungen zu den Spitzen der Höcker zu haben. Mitunter ist 
die Leiste reduziert und kann am M?® sogar vollkommen fehlen. 
Sie scheint ein in der Rückbildung begriffenes Gebilde zu sein. 

Die hintere Trigonleiste ist im Gegensatz hierzu stets sehr 
deutlich ausgeprägt und fehlt nur in ganz seltenen Ausnahmen 
am M3 (z. B. Typus @. diehli). Durchbrechung durch eine mediane 
Furche ist seltener und meist unvollständig. Die Leiste verläuft 
direkt von der Spitze des Protoconus zu der des Metaconus, bis- 
weilen liegt die Ursprungsstelle etwas hinter der Spitze des Proto- 
conus. Variationen wurden nur selten beobachtet: 1. An einem 
Exemplar von Gorilla diehli war die innere Ursprungsstelle so 
weit nach hinten gerückt, daß sie an den Vorderrand des Hypo- 
conus zu liegen kam. Die Leiste verlief infolgedessen fast senkrecht 
zur Medianebene (ähnlich aneinem deformiertenZahn). 2. Bei einem 
Exemplar von G. beringei war die Leiste am M? links verzweigt. 

Die Nebenleisten der Oberkiefermolaren sind ziemlich variabel 
und kommen auch nicht allen Rassen in gleichmäßiger Ausbildung 
zu. So fehlen sie z. B. manchen Rassen aus dem französischen 
Kongo fast vollständig und sind selbst an eben durchbrechenden 
Zähnen nur in geringen Spuren zu finden, während sie bei anderen 
Rassen, (G. mayema, ostkameruner und ostafrikanischer Formen) 
stark entwickelt sind. 

Es würde viel zu weit führen, all die einzelnen Modifikationen 
des Nebenleistensystems ausführlich zu beschreiben, es soll hier 
vielmehr nur versucht werden, aus diesen Modifikationen unter 
Andeutung des Variationskreises das Grundschema herauszu- 
schälen (vergl. Abb. 14). 

Die konstanteste und deutlichste Nebenleiste der Oberkiefer- 
molaren ist eine oben sehr scharfe Leiste, die von der Spitze des 
Paraconus schräg nach innen hinten zieht und in der Trigongrube 
blind endigt (Paraconusnebenleiste). Nur bei sehr stark 
gerunzelten Zähnen erfolgt eine Zerteilung dieser Leiste in ihrem 
unteren Teil und es gesellen sich noch einige kleine, von der hinteren 
Randleiste des Paraconus nach innen ziehende Leistchen hinzu. 

Auch von der Spitze des Protoconus zieht ziemlich konstant 
eine Nebenleiste nach innen (Protoconusnebenleiste), die 
jedoch nicht so scharf ist und häufiger zerteilt ist wie die vorige. 

Diese beiden Nebenleisten sind deshalb von Bedeutung, 
weil sie sich mit ihren basalen Teilen vereinigen und dadurch eine 
sekundäre Crista transversa anterior bilden können. Ununter- 
brochen fand ich diese accessorische Hauptleiste jedoch nur am M? 
eines $ adol. von Gorilla beringei; in den wenigen anderen Fällen, wo 
man von einersekundären Crista transversaanterior sprechen konnte 
(am häufigsten am M®), war sie mehr oder weniger von einer Furche 
durchtrennt (vergl. auch Adloff 4, Taf. XVIII, Fig. 75a, M? links). 

Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 11. 5 11. Heft 


66 Adolf Remane: 


Im Gebiete der hinteren Hauptgrube finden sich meist 
zwei vom Hypoconus und eine direkt vom Metaconus (oder etwas 
hinter ihm) nach innen ziehende Nebenleisten, denen noch eine 
weitere, von der Crista obliqua dicht vor der Spitze des Metaconus 
entspringende und nach innen verlaufende Nebenleiste hinzu- 
gefigt werden muß. Eine Vermehrung oder Verminderung dieser 
Nebenleisten tritt häufiger auf als an den vorderen; auch ist ihr 
Verlauf sehr variabel. Bisweilen biegt das hintere Paar nach hinten 
um und mündet in der Randleiste, wodurch eine Zerteilung der 
Fovea posterior herbeigeführt wird; andererseits treten sie nicht 
selten zur Bildung einer accessorischen Hauptleiste (Crista trans- 
versa posterior) zusammen, die aber entsprechend den verschie- 
denen kombinationen der hinteren Nebenleisten verschiedenen 
Ursprungs sein kann. 

Eine vordere Crista transversa posterior, gebildet von dem 
vorderen Paar der eben genannten Nebenleisten, ist sehr deutlich 
an zwei JS von G. beringei, wo sie von der Spitze des Hypoconus 
nach innen und etwas nach vorn verläuft und im hinteren Teil 
der Crista obliqua mündet. Sie zeigt demnach weitgehende Ähn- 
lichkeit mit den von G. Schwalbe (78) am M? und M? von Oreo- 
pithecus beschriebenen Crista posterior (md). Eine von dem hinteren 
Nebenleistenpaar gebildete Crista transversa posterior ist ziemlich 
häufig und tritt z. T. gleichzeitig mit der eben genannten vorderen 
auf. Sie ähnelt ihrerseits der von Branca (17) u. a. bei Dryopithecus 
beobachteten hinteren Ouerleiste. 

Das Leistensystem der oberen Prämolaren scheint auf den 
ersten Blick noch gıiößeren Schwankungen unterworfen zu sein 


SOBSR 


a b [0 d e 


Abb. 16. Schemata des Leistenverlaufs an oberen Praemolaren. 
a—c: P*Gorilla; d: P? Orang; e: P® Gorilla; links ist labial, rechts lingual. 


als das der Molaren; können doch einerseits fast alle Leisten fehlen, 
andererseits zahlreiche Leisten die Kaufläche bedecken. — Stets 
bleibt die Ausbildung der Leisten derart, daß sie als + deutlich 
abgesetzte Wülste in der zwischen den Höckern befindlichen Längs- 
grube entlang ziehen. — Bei genauerer Betrachtung erweisen sich 
jedoch alle die verschiedenen Leistenbildungen als leicht erkenn- 
bare Modifikationen eines Grundschen as, das sich in seinen wesent- 
lichen Zigen auf das der Molaren zurückführen läßt, wobei die 
Unterschiede lediglich aus der verschiedenen Ausbildung der 
einzelnen Hö:ker resultieren (Abb. 16). 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 67 


Von den Hauptleisten tritt die vordere Trigonleiste sehr kon- 
stant auf. Sie zieht sich in einem nach hinten offenen Bogen 
zwischen den beiden Haupthö.kern — Paraconus und Proto- 
conus — hin, mündet jedoch im Gegensatz zur vorderen Trigon- 
leiste der Molaren meist in der Spitze des Protoconus; doch wurde 
in mehreren Fällen auch eine Mündung vor der Spitze dieses 
Höckers beobachtet. Die hintere Trigonleiste (Crista obliqua) 
ist an den Prämolaren in der Regel stark reduziert; meist ist nur 
vorderer, seltener auch ihr hinterer Teil als Nebenleiste erhalten 
zudem kann die Ursprungsstelle des vorderen Teils + weit hinter 
der Spitze des Protoconus liegen. In einigen wenigen Fällen, 
besonders bei starker Ausbildung des ‚„Metaconus‘“ war auch die 
Crista obliqua noch in ihrer ganzen Länge erhalten (Abb. 16a). 

Unter den Nebenleisten nimmt die Paraconusnebenleiste eine 
dominierende Stellung ein, die als oben sehr scharfe, meist deutliche 
Leiste nach inten innen zieht. Ihre Länge ist oft beträchtlich; 
sie verschrilzt deshalb bisweilen mit dem vorderen Reste der 
hinteren Trigonleiste zu einer zweiten vollständigen Leiste zwischen 
Paraconus und Protoconus, andererseits kann sie mit einer kleinen, 
vom „Hypoconus‘ ausgehenden Leiste in Verbindung treten und 
dadurch eine sekundäre Crista obliqua schaffen, deren Verlauf 
aber senkrecht zu dem der vorhin erwähnten Crista obliqua steht 
(Abb. 16c). Bei starker Ausbildung des Leistensystems kann zu 
dieser Paraconusnebenleiste noch eine zweite, weiter vorn gelegene 
kommen, selten mehrere, ferner auch die Protoconusnebenleiste 
und die Hypoconusnebenleiste auftreten. 

Noch zwei weitere Nebenleisten muß ich erwähnen, bei denen 
mir aber die tatsächlichen Grundlagen noch nicht sicher genug 
erscheinen, um eine Identifizierung mit irgend einer Leiste der 
Molaren durchführen zu können. Gleichwohl dürfen die beiden 
Nebenleisten deshalb als noch nicht für die Prämolaren charakter- 
istisch angesehen werden. 1. Von der vorderen Trigonkiste zweigt 
sich mitunter (fast nur am P®) in Verlängerung der äußeren Hälfte 
derselben eine Leiste nach vorn ab, die in der vorderen Randleiste 
mündet und von der Fovea anterior einen äußeren Teil abtrennt 
(Abb. 16e). 2. In sehr wechselnder Höhe zweigt sich bisweilen von 
der äußeren Randleiste des Zahnes hinter dem Paraconus eine 
Nebenleiste ab,.die anfangs nach hinten gerichtet ist, bald aber 
nach innen umbiegt. Die Randleiste selbst biegt zuweilen an der 
Abzweigungsstelle dieser Leiste nach außen aus, während diese 
selbst alsdann als Verlängerung des oberen Teils der Randleiste 
erscheint. Vielleicht handelt es sich hierbei nur um den äußeren 
Teil der Crista obliqua. Ich habe diesen zwar schon erwähnt, 
meinte aber nur die Fälle, wo durch Richtung und gleichzeitige 
Andeutung des Metaconus die Natur der Leiste klar zu erkennen 
war. Für diese Identifizierung spräche die Tatsache, daß die Ir. g- 
liche Leiste nie beobachtet wurde, wenn der Metaconus deutlich 
ausgeprägt war; sie kam also nie gleichzeitig mit dem vorher als 


5* 11. Heft 


68 Adolf Remane: 


hinteren Rest der Crista obliqua bezeichneten Gebilde vor. Jeden- 
falls möchte ich mich vorläufig nur auf eine Vermutung beschränken. 
Übrigens zweigt sich vom Innenrand bisweilen eine ähnliche 
Leiste ab. 

Schimpanse. Das Leistensystem der oberen Backzähne des 
Schimpansen läßt,sich auf das des Gorilla vollkommen zurück- 
führen. Die Unterschiede resultieren hauptsächlich auf stärkerer 
Reduktion der Hauptleisten und starke Vermehrung der Neben- 
leisten beim Schimpansen. Über den Bau der Leisten wäre noch 
zu sagen, daß dieselben beim Schimpansen vielfach sehr scharf 
von der Unterlage abgesetzt sind, in ihrem Verlauf unregelmäßiger 
und mehr oder weniger gewunden, bisweilen in kleine hinterein- 
ander liegende Teilstücke aufgelöst sind. Die vordere Trigon- 
leiste der Molaren fehlt häufiger als beim Gorilla. Ihre linguale 
Mündungsstelle liegt durchschnittlich viel näher am 
Protoconus, mitunter auf dessen Spitze selbst. Doch kann ebenso 
wie beim Gorilla, allerdings viel seltener, die Mündung in der Mitte 
des Vorderrandes liegen. Ebenso kommt Loslösung von beiden 
Vorderhöckern vor. Die hintere Trigonleiste ist gleichfalls stärker 
reduziert; sie ist häufig in zwei Nebenleisten aufgelöst und fehlt 
nicht allzu selten vollkommen, besonders am M?, doch auch am 
M!. Ihr Verlauf ist bedeutend variabler. (Gewöhnlich verläuft 
sie in einem mehr oder weniger stark gekrümmten, nach dem 
Zentrum des Zahnes offenen Bogen; bei extremer Ausbildung dieser 
Biegung liegt der mittlere Teil der Leiste hart neben dem Hypo- 
conus und kann diesen sogarberühren; in mehreren Fällen trat dann 
andieser, demHypoconus nächstgelegenenStelle Höckerbildung auf. 
In der Regel (doch nicht immer) liegt die linguale Ursprungsstelle 
der hinteren Trigonleiste in wechselndem Maße hinter der Spitze 
des Protoconus, im Durchschnitt jedenfalls von diesem weiter 
entfernt als beim Gorilla. In 9 Fällen war am M? ihre linguale 
Mündung auf den Hypoconus verlagert (vergl. Selenka 80, Fig. 130), 
so daß aus der Crista ‚‚obliqua‘ eine Crista ‚‚transversa‘ geworden 
war. Bisweilen tritt eine derartige Verlagerung auch am M? ein. 
Außerst selten ist beim Schimpansen eine Verschiebung der labialen 
Ursprungsstelle dieser Leiste nach vorn, nur bei einem Q lag die- 
selbe am Hinterrand des Paraconus, so daß sich die hintere Trigon- 
leiste zwischen den Hinterrändern der beiden Vorderhöcker hinzog. 
Beim Gorilla konnte ich eine derartige Lagerung nicht beobachten. 

Die Komplizierung des Nebenleistensystems äußert sich in 
Spaltung bezw. Vermehrung der beim Gorilla geschilderten Neben- 
leisten und durch Hinzuireten feiner, von den Hauptleisten, 
sowie der vorderen und hinteren Randleiste fiederartig ab- 
strahlender Nebenleisten. Im Trigonteil des Zahnes ist auch hier 
häufig die hintere Paraconusnebenleiste besonders stark entwickelt. 
Vereinigungenvon Nebenleisten zusekundären Hauptleistenkommen 
hier gleichfalls vor, sind jedoch weniger deutlich als es beim Gorilla 
der Fall ist. Im Bereich des hinteren Zahnteils dagegen, der im 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 69 


allgemeinen gleichfalls dieselben Nebenleisten besitzt wie der des 
Gorilla, ist die Bildung sekundärer Hauptleisten, sowohl durch 
1 Hypoconusnebenleiste +1 Metaconusnebenleiste als auch durch 
eine der ersteren Leisten + dem hinteren Teil der Crista obliqua 
besser ausgeprägt. Auf die Art des Leistenverlaufs im hinteren 
Zahnteil wirken noch : wei Merkmale ein: 1. Die Verlagerung der 
hinteren Protoconusrandleiste in die Kaufläche. Da, wie erwähnt, 
der Hypoconus oft der hinteren Außenseite des Protoconus an- 
sitzt, kommt es vor, daß die hintere Protoconusrandleiste nicht, 
wie es bei Gorilla der Fall ist (siehe hinten p. 79—-80), mit einer vor- 
deren Hypoconusrandleiste in Verbindung tritt, sondern passiv 
in die Kaufläche verlagert wird. Hier ist sie dann als Nebenleiste 
von wechselnder Länge vorhanden, kann in die hintere Trigonleiste 
einmünden oder auch nach der Spitze des Hypoconus verlaufen. 
2. Der beim Schimpansen oft große accessorische Hinterhöcker 
entsendet vielfach eine Leiste nach vorn, die bald auf die hintere 
Trigonleiste trifft, bald sich mit einer der hinteren Nebenleisten 
(besonders Hypoconusnebenleiste) vereinigt. 

Auch beim Schimpansen nimmt die Variabilität des Leisten- 
verlaufs von M! nach M? zu. Die durch die Vermehrung der Neben- 
leisten bedingte Runzelung der Zähne ist von der des Gorilla nur 
graduell verschieden. 

An den oberen Prämolaren ist die Reduktion der Haupt- 
leisten noch weiter fortgeschritten, z. T. findet man noch zwei 
zwischen den Höckern hinziehende Hauptleisten (vordere Trigon- 
leiste und sekundäre Hauptleiste aus Paraconusnebenleiste und 
vorderen Teil der hinteren Trigonleiste oder verlagerte hintere 
Trigonleiste). Besonders am P* sind diese Leisten zu erkennen, 
doch fast stets in der Mitte durch eine Furche durchbrochen. 
An Nebenleisten ist eine größere Anzahl vorhanden, die von den 
seitlichen Randleisten nach der in der Medianebene des Zahnes 
verlaufenden Längsfurchen hinziehen. Nur ausna. msweise ist 
eine Hypoconusnebenleiste oder ein hinterer Teil der hinteren 
Trigonleiste herauszuerkennen. Am P, war in einigen Fällen die 
bei Gorilla beschriebene Verbindungsleiste zwischen vorderer 
Trigonleiste und vorderer Randleiste vorhanden. 

Die Molaren des Orangs lassen infolge der weitgehenden Zer- 
klüftung der Kaufläche die Hauptleisten nur noch z. T. deutlich 
erkennen. Die vordere Trigonleiste mündete, wenn vorhanden, 
vor dem Protoconus, oft sehr weit und war vielfach vollkommen 
von den Vorderhöckern losgelöst. Die hintere Trigonleiste verlief 
zwischen Protoconus und Metaconus, war nur in einem Falle 
zwischen E ypoconus und Metaconus (M®) in mehreren dagegen 
zwischen Protoconus und Hinterrand des Paraconus gelegen! 
Unter den Nebenleisten tritt bisweilen die hintere Paraconus- 
nebenleiste deutlich hervor. Im übrigen kann beim Orang kaum 
‚noch von einem Nebenleistensystem die Rede sein, da die zahl- 
reichen Furchen das mehr formbestimmende Element sind. Des- 


11, Heft 


70 Adolf Remane: 


halb läßt sich der Verlauf der den Nebenleisten entsprechenden 
\ ülste leicht aus dem Verlauf der Furchen ableiten und ich ver- 
weise deshalb auf die Beschreibung der Furchen. 

An den Prämolaren treten Hauptleisten noch relativ häufig 
und gut ausgeprägt auf. Es zeigen sich dabei ziemliche Unter- 
schiede gegenüber den beiden anderen Simiidengattungen. Die 
vordere Trigonleiste zeigte am P® häufig einen Verlauf von der 
Spitze des Paraconus zur Randleiste vor dem Protoconus. Am P! 
liegt ihre labiale Ursprungsstelle fast stets mehr oder weniger vor 
der Spitze des Protoconus, wie es der Orang auch schon häufig an . 
den Molaren zeigt (vergl. Selenka 79, Fig. 83), auch am P? ist dieser 
Verlauf mehrfach zu bemerken. Die lirguale Ursprungsstelle 
liegt dagegen meist auf dem Protoconus (Abb. 16d). — Die hintere 
Trigonleiste verläuft, wenn vorhanden, fast ausnahmslos vom 
Protoconus zu einer mehr oder weniger weit hinter dem Paraconus 
gelegenen Stelle, ein Verhalten, daß nur noch der Gorilla in ver- 
einzelten Fällen zeigt. Es bestehen also im Verlauf der Haupt- 
leisten beim Orarg zwischen Prämolaren und Molaren weit ge- 
ringere Differenzen als bei Gorilla und Schimpanse, 

Die Hylobatiden sind wiederum durch den Besitz eines gut 
entwickelten Hauptleistensystems ausgezeichnet, während die 
Nebenleisten nahezu vollkommen fehlen. Die vordere Trigonleiste 
der Molaren verläuft bei Symphalangus wie bei Gorilla am M! 
vom Paraconus zu einer Stelle vor der Spitze des Protoconus 
Diese linguale Mündungsstelle verschiebt sich von M! bis M? 
etwas nach vorn. Hylobates zeigt gleiches Verhalten, doch ver- 
läuft hier die Leiste öfter an allen drei M direkt von Paraconus 
zum Protoconus. Die hintere Trigonleiste verläuft in einem nach 
vorn offenen Bogen, der besonders stark bei Hylobates sein kann. 
Die Ursprungsstelle auf dem Protoconus liegt bisweilen etwas 
hinter dessen Spitze. Vollständige Reduktion der hinteren Trigon- 
leiste ist besonders am M® bei Hylobates zu beobachten, selten bei 
Symphalangus. Auffallend ist das häufige Auftreten einer hinteren 
Ouerleiste zwischen Hypoconus und Metaconus. Obwohl es sich 
hier wie bei den Sinıiden nur um eine sekundäre Hauptleiste 
handeln dürfte, ist sie doch oft viel einheitlicher und schärfer ays- 
geprägt als es bei den Sin.iiden der Fall ist. Besonders häufig ist 
sie bei Symphalangus (M! 0%, M? 4%, M? 7%). Bolk (14) gibt 
. in Fig. 26 Abbildurgen dieser Leiste und ihrer Entstehung aus 
Nebenleisten bei Syn phalangus. Bolks Fälle beziehen sich auf 
den M! (bei dem einen Zahn ist gleichzeitig die hintere Trigon- 
leiste reduziert). Bei Hylobates ist sie vorwiegend auf M® und M' 
vorhanden (da ja der hintere Teil des M? oft reduziert ist). (M! 

%, M® 10%). Auch hier fehlte in einigen Fällen gleichzeitig die 
hintere Trigonleiste. 

Das Nebenleistensystem fehlt wie erwähnt, in der Regel voll- 
kommen, doch kommen bei beiden Gattungen vereinzelt Individuen 
mit stark entwickelten Nebenleisten vor. Am häufigsten ist eine 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 71 


oder mehrere Protoconusnebenleisten vorhanden, auch Hypoconus- 
und Metaconusnebenleisten sind zuweilen in ähnlicher Ausbildung 
wie beim Gorilla ausgebildet. Dagegen fehlte im Gegensatz 
zu den Simiiden eine Paraconusnebenleiste nahezu 
vollkommen. 

Die Prämolaren zeigen in der Regel nur eine, aber sehr starke 
Leiste, die der vorderen Trigonleiste entspricht. Sie zieht bei beiden 
Gattungen von der Spitze des Paraconus zu einer halbwegs zwischen 
Protoconus und Mitte des Vorderrandes gelegenen Stelle. Nur an 
zwei P? verlief sie direkt von Hö:ker zu Hö.ker. Eine Verminde- 
rurg der Höhe dieser Leiste trat bei geringer Entwicklung des 
Protoconus ein. Spuren der hinteren Trigonleiste sind ebenso wie 
weitere Leisten nur selten und in ganz geringen Maße nachzu- 
weisen. Die Prämolaren der Hylobatiden zeigen also im Leisten- 
verlauf ziemlich deutliche Unterschiede von denen der Simiiden, 
besonders des Orang und Schimpansen. 

Untere Molaren. Gorilla. Am Leistensystem der un- 
teren Molaren fällt zunächst auf, daß die beiden Vorderhöcker — 
Protoconid und Metaconid — durch zwei Hauptleisten verbunden 
sind, die zwar am M, und M, in ihrer Ausbildung starken Modifi- 
kationen unterworfen sind, am M, aber in einer Konstanz in Lage, 
Verlauf und Ausbildung auftreten, wie es sonst nur wenigen Form- 
elementen des Zahnes zukommt. 

In der Literatur habe ich diese doppelte Leistenverbindung 
der Vorderhöcker nirgends erwähnt gefunden, obwohl sie auf zahl- 
reichen Abbildungen deutlich erkennbar ist (Selenka 80, Abb. 139, 
156, 157). 

Bei der Beschreibung sollen aus dem eben angeführten Grunde 
die Verhältnisse am M, zugrunde gelegt werden (Abb. 15). Die 
hintere der beiden Leisten zieht sich in einem schwachen, nach vorn 
offenen Bogen, zwischen den Spitzen der beiden Hö:ker hin, die 
vordere in einem stärker gekrümmten, nach hinten offenen Bogen. 
Der Abstand der beiden Leisten ist jedoch nicht in der Mitte am 
größten, sondern dicht vor dem Metaconid, die dazwischen liegende 
Grube besitzt also eine + birnenförnige Gestalt. Eine Durch- 
brechungeiner oder beider Leisten durch eine mediane Furche kommt 
nicht selten vor. In einigen Fällen lag die innere Mündung 
der vorderen Leiste nicht auf der Spitze des Protoconids, 
sondern weit vor dieser auf der Randleiste. Fehlen der vor- 
deren Leiste wurde am M, nur an drei Individuen beobachtet. 

Wie sind nun diese beiden Leisten zu deuten? Die eine ist 
sicher die hintere Trigonidleiste, die ja zwischen Protoconid und 
Metaconid zu erwarten ist. Welchen Ursprungs ist aber die andere ? 
Ist sie durch Spalturg der hinteren Trigonidleiste, durch Ver- 
einigung zweier Nebenleisten entstanden oder handelt es sich um 
eine verlagerte, andere Hauptleiste ? Auf diese Frage erteilen uns 
die Verhältnisse am unteren zweiten Milchmolar eine unzwei- 
deutige Antwort. An diesem Zahn ist, wie Adloff nachgewiesen 


11. Heft 


72 Adolf Remane: 


hat, noch das Paraconid und somit das vollständige Trigonid 
erhalten. Hierbei findet sich zwischen Protoconid und Metaconid 
nur eine Leiste (die hintere Trigonidleiste), während sich die vor- 
dere Trigonidleiste zwischen Paraconid und Metaconid hinzieht. 
In manchen Fällen tritt aber eine Verlagerung dieser vorderen 
Trigonidleiste vom Paraconid zum Metaconid ein, wodurch genau 
derselbe Leistenverlauf entsteht wie es am M, die Regel ist. Dem- 
nach wäre also die vordere der beiden Cristae transversae der 
Molaren, die vordere Trigonidleiste, die zweite die hintere Trigonid- 
leiste. Mit dieser Deutung stimmt auch der vor dem Metaconid 
erweiterte Abstand der beiden Leisten überein und gleichfalls 
die beobachteten Fälle einer Mündung der vorderen Leiste 
auf einem accessorischen Höckerchen (Paraconid) vor dem Meta- 
conid. In Erwägung aller in Betracht kommender Umstände 
scheint mir daher diese Deutung die einzig mögliche zu sein. 

Wie bereits erwähnt, variieren die beiden vorderen Leisten 
am M, und M, beträchtlich. Am M, ist der eben geschilderte 
Verlauf nur an einem Teil der Fälle zu beobachten. Die beiden 
Leisten sind näher aneinandergerückt, die vordere ist in ihrem 
mittleren Teil vielfach reduziert, so daß nur ihre äußeren Teile 
als Nebenleisten auf den Endhöckern vorhanden sind und zwar 
auf dem Metaconid deutlicher. Dasselbe kann, jedoch weniger 
oft, bei der hinteren Trigonidleiste eintreten. Selten fehlt die 
vordere Leiste vollkommen. Weitere Komplikationen können 
dadurch entstehen, daß vom Protoconid oder dessen hinterer 
Randleiste eine mitunter kräftig entwickelte Nebenleiste nach 
innen zieht und im Bogen verlaufend auf die hintere Trigonidleiste 
trifft. Dadurch wird also eine dritte Hauptleiste zwischen den Vor- 
derhöckern gebildet, die aber nur selten voll entwickelt ist. Aus 
der verschiedenen Ausbildung dieser drei Leisten ergeben sich 
mannigfache Variationen. 

Ebenfalls auf diese drei Leisten lassen sich die am M, beob- 
achteten Variationen zurückführen. Die vordere Leiste ist hier 
häufiger reduziert, bisweilen vollkommen. In einem Falle verlief 
sie nicht zwischen den Spitzen der Höcker, sondern lag als kurzer 
W.ulst hinter dem mittleren Teil der vorderen Randleiste, ähnlich 
dem bisweilen an der vorderen Trigonleiste beobachteten Verhalten. 
Zwei Leisten sind am M, oft vorhanden, doch muß stets erst durch 
genauere Betrachtung der Ursprungsstellen auf dem Protoconid 
festgestellt werden, um welche Leisten es sich dabei handelt, da 
auch die mittlere Leiste (hintere Trigonidleiste) bis auf einen kleinen 
Wulst am Protoconid reduziert sein kann. Nur die mittlere Leiste 
deutlich ausgeprägt, während von den .anderen kaum eine Spur 
vorhanden war, fand ich am linken M, eines @ von G. beringet, 
während am rechten M, desselben Gebisses nur geringe Reste der 
Leisten zu sehen waren, ohne daß überhaupt eine vollständige 
Leiste ausgebildet war. Die hinterste Leiste tritt meist als Neben- 
leiste von sehr wechselndem Verlauf in Erscheinung. 


ww 


“ Verdickung auf dem Basalband mündet. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengeb’sses 73 


Schließlich muß noch eine Hauptleiste der unteren Molaren 
erwähnt werden, die sich zwischen Entoconid und Hypoconulid 
in geradem Verlauf erstreckt, Dieselbe variiert in ihrer Ausbildung 
beträchtlich unf kann fast vollkommen fehlen, 


ist in ihrem Verlauf jedoch fast vollkommen 

konstant. Nur in einem Falle beobachtete ich %& 
eine Verbindung ihres Entoconidteils mit einer : / 
Nebenleiste des Hypoconid zu einer vom Ento- Abb. 17. 


conid zum Hypoconid ziehenden Leiste (M,). Untere Praemolaren 
Mitunter zweigt sich von ihr eine nach hinten des Schimpansen mit 


‚erlaufende Leiste ab, die mit einer wulstigen Starker Höckerbildung 
verl u r 5 (2 Anthr. 1. B.) Von 


: ; : der Lingualseite. 
Das Nebenleistensystem ist auf dem un- 5 


teren Molaren in der Regel gut entwickelt, es nimmt an Aus- 
dehnung vom M, zum M, zu, während das Hauptleistensystem 
in gleicher Richtung abnimmt. Von der Spitze des Protoconids 
gehen nur die beiden Haupt- und beiden Randleisten ab, doch 
entspringen von der hinteren Protoconidrandleiste 1, seltener 2 
Nebenleisten, deren eine, wie bereits erwähnt, bei starker Ent- 
wicklung zur Bildung einer dritten vorderen Hauptleiste führen 
kann. Vom Metaconid entspringen dagegen direkt von der Spitze 
1 oder 2 + stark entwickelte Nebenleisten, die nach der Mitte 
der Zentralgrube verlaufen und dort blind enden. Die drei hin- 
teren Höcker besitzen in der Regel je eine nach innen ziehende 
Nebenleiste, die meist verzweigt und aufgespalten ist. Selten geht 
eine der Metaconidnebenleisten mit der Hypoconidnebenleiste eine 
lose Verbindung ein, so daß eine Art Crista obliqua zwischen 
diesen beiden Höckern gebildet wird; doch kann von einer ein- 
heitlichen Leiste nie die Rede sein. 

Bevor ich die Beschreibung des Nebenleistensystems der 
Molaren abschließe, muß ich noch erwähnen, daß sowohl im Ober- 
kiefer wie im Unterkiefer bei weiterer Komplizierung des Kaureliefs 
von den Hauptleisten (besonders von der hinteren Trigon- und 
hinteren Trigonidleiste) fiederartig kleine Leistchen rechtwinklig 
abstrahlen. 

Die Leistensysteme der unteren Prämolaren erscheinen auf 
den ersten Blick ganz verschieden, so daß es vorteilhaft erscheint, 
jeden Prämolaren einzeln zu behandeln, obwohl eine genauere 
Untersuchung auch hier weitgehende Übereinstimmung darlegt. 

Die Leisten des zweiten Prämolaren lassen sich ohne Schwierig- 


keit und mit annähernder Sicherheit auf die Leisten der Molaren 


zurückführen. Zwischen den beiden Höckern — Protoconid und 
Metaconid — sind in derselben Lage wie am M, zwei Hauptleisten 
vorhanden, die sicher der vorderen und hinteren Trigonidleiste 
homolog sind. Ihr Auftreten ist nicht so konstant wie am M,, da 
die vordere vollkommen, die hintere teilweise reduziert sein kann. 

Auch das Nebenleistensystem ist nicht immer vorhanden, 
so daß das Leistensystem des P, stark in der Ausdehnung, jedoch 


11. He 


4 Adolf Remane: 


wenig in der Form schwankt. An Nebenleisten wurden beobachtet: 
1. Vom Protoconid oder von der Randleiste dicht hinter der Spitze 
desselben verlaufen 1—2 Nebenleisten nach innen hinten, die sich 
bald verlieren. Die vordere kann scgar schon von der hinteren 
Trigonidleiste ausgehen. Homolog den’Protoconidnebenleisten der 
Molaren. 2. Vom Metaconid verlaufen gleichfalls 1, seltener 

2 Nebenleisten nach 
innen hinten. Die äu- 
Bere ist vielfach stark 
entwickelt, verläuft 
direkt nach hinten 


selten in den hinteren 
Randwulst (vergl. 
Abb. 18a). Dadurch 
wird von der hinteren 
Grube ein schmaler 
innerer Randteil ab- 
getrennt. Diese bei- 


den Nebenleisten ent- 

I sprechen vollkommen 
Se den Metaconidneben- 

/ leisten der Molaren. 


3. Vom Entoconid 
zieht, falls dasselbe 
stark entwickelt ist, 
eine kurze wulstige 
Nebenleiste nach in- 
nen. Bisweilen (1 Fall 
undeutlich) verläuft 
diese nach hinten um- 
biegend zur Mitte der 
Abb. 18. Leistenbildangen unterer Praemolaren. hinteren Randleiste, 


a—d: Gorilla, a von oben mit starker, b mit einen ähnlichen Ver- 
schwacher Ausbildung der Leisten; e, d von der Jauf zeigte in drei 
Lingualseite (schematisch); e—g Schimpanse P,; Fällen (G. beringei 
h Orang P,; i—o: Gibbon P,; e-o von der ; 
Lingualseite. und graueri) ein vom 
Hypoconid ausgehen- 
des Leistchen. 4. Von der hinteren Trigonidleiste können wie an 
den M schwache Leistchen nach hinten verlaufen. 

Am unteren P, sind entsprechend der gewaltigen Ausbildung 
des einen Höckers, des Protoconids, die betreffenden Leisten sehr 
stark entwickelt und stellen daher einen Faktor dar, der bei den 
Forn abänderungen des P, eine große Rolle spielt. Drei Haupt- 
leisten sind stets vorhanden (vergl. Abb. 18b). 1. eine hintere 
von der Spitze gerade nach hinten (vielfach etwas nach außen, 
nach innen öfters bei ostkam.eruner Rassen) bis an den hinteren 
Rand verlaufend, wo sie meist wulstig verdickt ist. 2. Eine vordere, 


und mündet nicht‘ 


u Lie U 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 75 


gerade scharfe Leiste, die aber nur ausnahmsweise direkt nach vorn 
verläuft, meist + nach innen gerichtet ist. Auch sie ist in ihrem 
basalen Teil etwas verdickt. Diese beiden Hauptleisten variieren 
sehr wenig, anders dagegen die dritte Hauptleiste, die in ihrem 
Verlauf m.annigfache Variationen aufweist. Sie verläuft von der 
Spitze schräg nach innen hinten, wobei der \ inkel zwischen ihr 
und der hinteren Leiste nicht unbeträchtlich schwankt. Nur in 
wenigen Fällen setzt sie sich direkt bis zum basalen Randwulst 
fort, oft hört sie bereits auf oder, welcher Fall am häufigsten ein- 
tritt, sie biegt vorher ziemlich scharf nach innen um, so daß ihr 
unterster Teil eine Strecke larg fast parallel dem basalen Rand- 
wulst läuft, bevor er sich verliert oder im Randwulst nahe der 
Medianlinie nündet. Die Umbiegurgsstelle dieser Leiste ist oft 
wulstig verdickt, bisweilen sogar höckerartig hervorragend (siehe 
S. 60). 

Der Versuch, diese drei Hauptleisten des P, auf Leisten des 
P, zurückzuführen, stößt auf größere Schwierigkeiten, als es an 
den oberen Prän olaren der Fall war, immerhin läßt sich meiner 
Meinung nach eine Homologie der einzelnen Teile festlegen, ohne 
den tatsächlichen Befunden Zwang anzutun, besonders, wenn man 
den P, der anderen Sin iiden in den kreis der Betrachtungen zieht. 
Am sichersten ist die Deutung der hinteren Hauptleiste (1) als 
hintere Protoconidrandleiste und die der vorderen Hauptleiste (2) 
als vordere Protoconidrandleiste. Diese Deutung dürfte wohl kaum 
auf \ iderspruch stoßen. Die innere Hauptleiste ist meiner Meinung 
nach nicht einheitlich, sie entspricht vielmehr in ihrem größeren, 
oberen Teil der hinteren Trigonidleiste, jedoch nur bis zu der eben 
erwähnten wulstigen Verdickung. Diese stellt das reduzierte Meta- 
conid dar (siehe vorher). Deshalb kann der unterhalb der Um- 
knickung liegende Teil der Leiste nicht mehr der hinteren Trigonid- 
leiste argehören, sofern ein solcher vorhanden ist. Für ihn ergeben 
sich zwei Vergleichspunkte: 1. die hintere Metaconidrandleiste. 
9. Die hintere Metaconidnebenleiste. Die erstere kommt für einen 
näheren Vergleich deshalb nicht in Betracht, weil das fragliche 
Leistenstück innerhalb der hinteren Zahnfläche liegt und nur 
bisweilen hinten in den Randwulst mündet, ohne dessen Verlänge- 
rung darzustellen. Zudem ist die hintere Metaconidrandleiste in 
einer gleich zu erwähnenden Nebenleiste des P, an anderer Stelle 
vorhanden. Son it bleibt als Homologon des unteren Teils der 
inneren Hauptleiste nur die hintere Metaconidnebenleiste übrig, 
wofür auch die Gestalt des Gebildes noch weitere Anhaltspunkte 
bietet. 
Bevor ich auf die Nebenleisten eingehe, muß ich noch des sog. 
Basalwulstes kurz Erwägung tun. Dieser zieht sich um die Basis 
der Innenseite des P,, wechselt in seiner Ausbildung stark, ist aber 
an der hinteren Innenseite (oft nur hier allein) stets deutlich er- 
kennbar. Hier bildet er in der Regel einen talonidartigen ,‚.ulst, 
der auch in der Tat dem Talonid des P, homolog sein durfte. Von 


11, Heft 


76 Adolf Remane: 


diesem Basalwulst zieht häufig eine Nebenleiste direkt zum Meta- 
conidwulst empor, die nichts anderes als die hintere Metaconid- 
randleiste darstellt (Abb, 18a). 

Als weitere nicht konstante Nebenleiste zieht eine Leiste vom 
obersten Teil der vorderen Hauptleiste, seltener direkt von der 
Spitze nach innen. Vielleicht entspricht sie der vorderen Trigonid- 
leiste, die hier die sekundären Beziehungen zum Metaconid noch 
nicht besitzt oder wieder aufgegeben hat. — Eine ähnlich, nahezu 
parallet laufende Leiste findet sich weiter hinten. Sie nimmt in 
wechselnder Höhe von der inneren Hauptleiste ihren Ursprung 
und vereinigt sich in ihrem oberen Teil bisweilen mit der hinteren 
Metaconidrandleiste. Ich sehe in ihr die vordere Metaconidrand- 
leiste. Ganz vereinzelt wurden noch zwei weitere Nebenleisten 
beobachtet. 1. Eine weitere vom Metaconid nach innen hinten 
ziehende Leiste, die der zweiten Metaconidrandleiste entspricht, 
wie aus der starken Ausbildung derselben am P, desselben Ge- 

bisses hervorgeht. 2. Ein kurzes Leistchen, vom oberen Teil der 
_ hinteren Hauptleiste nach innen vorspringend (bintere Protoconid- 
nebenleiste). 

An den unteren Molaren des Schimpansen und des Orangs 
macht sich in gleicher \ eise wie an den oberen Molaren zunehmende 
Reduktion der Hauptleisten und Vermehrung der Nebenleisten 
geltend. Beim Schimpansen treten deshalb die beiden vorderen 
Hauptleisten seltener in vollständiger Ausbildung auf, doch sind 
sie noch in einer ganzen Anzahl von Fällen, besonders am M, in 
gleichem Verlauf wie beim Gorilla nachzuweisen, die vordere 
Trigonidleiste mündet mitunter vor dem Metaconid und bei Vor- 
handensein eines Paraconids auf diesem. Im allgemeinen ist die 
vordere Trigonidleiste einer weit stärkeren Rückbildung verfallen 
als die hintere. Die Beteiligung der hinteren Protoconidrandleiste 
bei der Bildung einer weiteren vorderen Hauptleiste konnte ich 
nicht beobachten. 

Die hintere, zwischen Entoconid und Mesoconid sich hin- 
ziehende Hauptleiste zeigt abgesehen von häufigerem Fehlen beim 
Schimpansen keine Unterschiede gegenüber dem Gorilla. 

Die von den Höckern, bezw. Haupt- und Randleisten herab- 
ziehenden Nebenleisten sind zahlreich, zeigen aber dieselbe Ver- 
laufsrichtung wie beim Gorilla. Nicht allzu selten gehen eine Ento- 
conidnebenleiste und eine Hypoconidnebenleiste mit ihren basalen 
. Teilen (eine meist lockere) Verbindung ein, so daß eine zwischen 
Hypoconid und Entoconid hinziehende sekundäre Hauptleiste 
(beim Gorilla nur in einem Fall) entsteht. Die Leiste ist besonders 
oft an den Molaren mit reduziertem Mesoconid zu beobachten. 

Die hinteren Prämolaren sind in ihrem Leistensytem wenig 
von denen des Gorillas verschieden. Die vordere Trigonleiste 
kommt bisweilen vor, wenn auch seltener. Die vom Metaconid 
direkt nach hinten ziehende Leiste ist mitunter stark entwickelt 
und mündet in.der hinteren Randleiste. Zu diesen Leisten treten 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 77 


in wechselnder Anzahl Nebenleisten, die von den Höckern, der 
hinteren Trigonleiste sowie der Randleiste radiär nach dem Zentrum 
der hinteren Grube verlaufen. 

Der vordere untere Prämolar liefert eine Bestä'isung der F eim 
Gorilla vorgenommenen Deutung der Leisten. Bei guter Ent- 
wicklung des Metaconids stimmt sein Leistensystem nahezu voll- 
kommen mit dem des hinteren Prämolaren überein (Abb. 18ef). 
Vordere und hintere Metaconidrandleiste sind dann deutlich ent- 
wickelt, ebenso mehrfach die hintere Metaconidnebenleiste. - Nicht 
allzu selten verlieren jedoch die Randleisten des Metaconids den 
Kontakt mit demselben, und umgeben dann als ein einheitliches 
Basalwulst die Innenseite des Zahnes. Natürlich treten auch hier 
im Bereich der hinteren Grube + zahlreiche Nebenleisten auf. Von 
diesem vollkommenen Typ finden sich alle Übergänge bis zu einem 
Typ, der in seinen Leisten vollkommen dem normalen Verhalten 
am P, des Gorilla entspricht (Abb. 188). 

Obwohl beim Orang die Reduktion der Hauptleisten ihr 
Maximum erreicht, waren doch in mehreren Fällen vordere wie 
hintere Trigonidleiste deutlich erkennbar, besonders am M,. Die 
vordere Trigonidleiste mündete in einigen Fällen vor der Spitze 
des Metaconids. Andeutungsweise sind diese beiden Leisten bei 
Selenka (79) Fig. 83, M,, sowie (80) Fig. 141 M, und Fig. 159b 
und c zu erkennen. Der Verlauf der Nebenleisten ergibt sich auch 
hier aus dem der Furchen (siehe hinten). 

Der hintere P zeigt beim Orang insofern Unterschiede gegen- 
über dem der anderen Simiiden, als hier stets nur eine Leiste 
(hintere Trigonidleiste) zwischen den beiden Höckern und außer 
dieser nur + radiär nach der Mitte der hinteren und vorderen 
Grube zustrahlenden Nebenleisten zu erkennen waren. 

Auch der P, ist insofern unterschieden, als die innere Haupt- 
leiste nicht blind endigt, sondern fast stets direkt. in den Hinterrand 
übergeht, also mit der hinteren Hauptleiste und der hinteren Rand- 
leiste eine vollkommen umgrenzte Grube bildet, in die sehr zahl- 
reiche Nebenleisten einstrahlen. Von der innersten Hauptleiste, 
zweigt sich meist nach vorn die vordere Metaconidrandleiste ab, 
so daß also die Lage des Metaconids in der Regel wenigstens ange- 
deutet ist (Abb. 18h). 

An den unteren Molaren der Hylobatiden fällt sofort auf, 
daß ihnen nur eine vordere Hauptleiste zukommt, die wohl als 
hintere Trigonidleiste zu bezeichnen ist. Von der vorderen Trigonid- 
leiste war nie irgend eine solche Spur nachzuweisen?). Dies ist 
um so auffallender, als das übrige Hauptleistensystem bei den 


3) Bei einem Exemplar (B. Z.M. A 34, 09) war nur auf dem rechten 
M, vor der hinteren Trigonleiste ein kleiner Wulst auf dem Protoconid vor- 
handen. Da diese Bildung aber nur einseitig vorkommt, und wie erwähnt 
bei Reduktion der vorderen Trigonidleiste sich Reste in erster Linie auf 
dem Metaconid erhalten, ist die Deutung dieses Wulstes als Rest der vor- 
deren '[rigonidleiste durchaus unwahrscheinlich. 


11. Heft 


78 Adolf Remane: 


Hylobatiden wenig Neigung zu Reduktion zeigt, während bei den 
Siniiden die Rückbildung der vorderen Trigonidleiste, die ja 
selten bis zu völligem Verlust der Leiste führt, n.it Rückbildung 
des gesamten Hauptleistensystems parallel läuft. 

Die Entoconid und Mesoconid verbindende Leiste fehlt nicht 
selten im Zusammenharg nit dem Fehlen der Fovea posterior. 

In dem nur selten (einige Fälle beiSymphalangus) ausgebildeten 
Nebenleistensystem tritt fast nur eine Hwypoconidnebenleiste 
hervor, die an dem M, eines Individuums das Entoconid erreichte 
und so eine sekundäre Hauptleiste zwischen Hypoconid und Ento- 
conid bildete. Die weiteren Komplikationen der k aufläche wurden 
dadurch hervorgerufen, daß die lakialen Randleisten nach innen 
umbegen und in die Kaufläche hineinreichten, wie es jain geringerem 
Maße auch beim Gorilla vorkommt. 

Die P, besitzen nur eine einzige Leiste zwischen den beiden 
Höckern, die von einer medianen Furche durchbrochen sein kann. 

An den P, sind dieselben drei Hauptleisten vorhanden wie bei 
den Siniiden. Zwischen Symphalangus und Hylobates bestehen 
in der Stärke der Leisten einige Unterschiede. 

Die innere Hauptleiste endigt bei Syn phalargus nur selten 
blind, meist geht sie direkt in den Basalwulst über. Es entsteht 
dadurch eine wie beim Orang allseitig un grenzte hintere Grube, 
die in der Regel deutliche dreieckige Gestalt besitzt. Die vordere 
Hauptleiste ist bisweilen schwach und scheint zur Rückbildung zu 
neigen. Eine vordere Metaconidrandleiste ist mitunter zu beob- 
achten; sie nimmt in wechselnder Höhe (z. T. sehr hoch) an der 
inneren Hauptleiste und zieht in einem nach oben offenen Bogen 
zur vorderen Hauptleiste. 

Bei Hylobates endet die innere Hauptleiste öfter blind und 
fehlt bisweilen vollständig. Die vordere Metaconidrandleiste ist 
in der Regel vorhanden, tritt aber vielfach nicht mit der inneren 
Hauptleiste in Verbindung. Dann ist ein an der ganzen Innenseite 
des Zahnes einheitlicher Basalwulst vorhanden, der in seinem vor- 
deren Teile ansteigt (Abb. 180) undan der Mündungsstellein die 
vordere Hauptleiste gerirge Hö.kerbildurg hervorrufen kann. 
Auf diesem einen Basalwulst ist oft (nicht immer) das Metaconid 
angedeutet, das verschieden hoch an der Innenseite emporsteigen 
kann. 

Im Gegensatz zu Symphalangus neigt bei Hylobates die innere 
Hauptleiste zur Rückbildung. 

. Randleisten. Die Randleisten umrahmen die gesamte 
Kaufläche und sind morphologisch von den k auflächenleisten 
lediglich dadurch unterschieden, daß ihre Außenwand von den 


Seitenflächen des Zahnes gebildet werden. Genetisch stellen die 


Randleisten kaum eine kinheit dar, denn während die seitlichen 
Randleisten nur als Nebenleisten der betreffenden Höcker zu be- 
werten sind, dürften vordere und hintere Randleisten wenigstens 


zum Teilals Basalbandderivate aufzufassen sein (sieheauch S. 123 ff.). 


% 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 79 


Obere Molaren und Prämolaren. Gorilla. An den 
Oberkiefermolaren bestehen die seitlichen Randleisten entsprechend 
der Höckerzahl aus je zwei Teilstücken. An der buccalen Seite 
entspringen diese (hintere Paraconus- und vordere Metaconusrand- 
leiste) ziemlich weit an der Außenseite der Höcker und verlaufen 
in medianer Richtung direkt aufeinander zu, so daß sie in der Hori- 
zontalebene einen Winkel von 180° bilden, während sich der inkel 
in der Vertikalebene 90° nähert. Die beiden Teile der lingualen 
Randleiste entspringen weiter innen und sind beide etwas nach 
innen gerichtet, so daß sie auch in der Horizontalebene einen deut- 
lichen winkel miteinander bilden. Die beiden Teilstücke sind hier 
meist von ungleicher Größe, indem die vordere Hypoconusrand- 
leiste gering entwickelt ist und sogar vollständig fehlen kann. 
Auch sind beide Teile mit wenigen Ausnahmen durch eine Furche 
getrennt. 

Die vordere Randleiste verläuft von der Spitze des Paraconus 
nach vorn und etwas nach innen, biegt aber bald mit einem + 
deutlichen Knick direkt nach innen um und zieht in einem flachen 
Bogen zur Vorderseite des Protoconus. Der kurze äußere Teil ist 
am M® am meisten nach innen gerichtet, um vom M?3 bis P? immer 
mehr nach außen zu rücken, bis er an den Prämolaren in medianer 
Richtung direkt nach vorn verläuft. In demselben Maße nimmt 
natürlich auch der eben erwähnte knick der vorderen Randleiste 
an Schärfe zu. Die Länge des äußeren Teils nimmt vom M?3 bis 
zum M! ab, um von hier bis zum P? rasch anzuwachsen. 

Die hintere Randleiste zeigt einen ganz ähnlichen Verlauf 
mit steilerem äußeren Teil, ohne daß hier aber von einer Knick- 
bildung die Rede sein könnte, auch ist der Bogen der Leiste meist 
flacher. Als Variationen komn taußer Durchbrechungen und Höcker- 
bildungen des \ echsel der Höhenlage in Betracht. Besonders am 
M3 liegt die Leiste mitunter auffallend tief an der Hinterseite des 
Zahnes (vergl. Selenka 79, Fig. 67). EigentünJich ist das Verhalten 
der hinteren Randleiste am M! und seltener M?. Hier fehlt nicht 
selten der Metaconusteil der Leiste, so daß diese an der Hinterseite 
des Metaconus herumzieht, ohne zu dessen Spitze in Beziehung zu 
treten, und direkt in das äußere Basalband übergeht, falls ein sol- 
ches vorhanden ist. 

Die Prämolaren zeigen ein starke Entwicklung der vorderen 
Randleiste, während die seitlichen und hinteren zu einer einheit- 
lichen Randleiste verschmolzen sind, die nur manchmal cie den 
Molaren entsprechenden Teilstücke erkennen läßt. 

Die vordere Randleiste des P, ist mehr der Basis der Zahn- 
krone genähert als die des P.. 

Schimpanse. Die Stärke der Randleisten ist beim Schim- 
pansen starkem \ echsel unterworfen. Doch kann ihre Entwick- 
lung viel stärker sein als beim Gorilla, so daß sie oft einen zien lich 
einheitlichen \ all (z. T. mit Ausnahme der Lingualseite) um die 
Kaufläche bilden. Die labialen Randleisten der oberen Molaren 


11. Heft 


so Adolf Rema.ne: 


sind denen des Gorillain ihrem Verlauf durchaus ähnlich, die lingu- 
alen jedoch nur zum Teil. Diese können sogar ganz fehlen, was 
besonders oft bei der vorderen Hypoconusrandleiste eintritt, 
andererseits kann Verdoppelung der Leisten eintreten. Sehr häufig 
tritt der Fall ein, daß hintere Metaconusrandleiste und vordere 
Protoconusrandleiste nicht direkt ineinander laufen, sondern unter 
einem rechten Winkel aufeinander treffen. In diesem Falle trifft 
die vordere Hypoconusrandleiste von außen auf die hintere Meta- 
conusrandleiste, so daß, wie erwähnt, deren Endteil innerhalb der 
Kaufläche zu liegen kommt und dort sich fortsetzt. Es kann auch 
die gesamte Metaconusrandleiste in die Kaufläche mit einbezogen 
werden. 

Die vordere Randleiste springt weniger weit nach vorn vor 
als bei Gorilla, sie ist der Verbindungslinie der Vorderhöcker mehr 
genähert und gerader. Die beim Gorilla in ihrem labialen Teil 
vorhandene Knickung ist durchschnittlich in weit geringerem 
Maße vorhanden (am deutlichsten noch am M!) oder fehlt voli- 
kommen. 

Die hintere Randleiste dagegen springt beim Schimpansen 
in der Regel weiter nach hinten vor als beim Gorilla und verläuft 
meist in einem weiter ausholenden Bogen. Ihre Verbindung mit 
dem Metaconus ist inniger, doch wurde auch hier eine Anzahl Fälle 
beobachtet (besonders M!), bei denen die hintere Randleiste an 
der Hinterwand des Metaconus blind endigte oder in das äußere 
Basalband überging. 

Die Randleisten der oberen Prämolaren zeigen geringere 
Unterschiede von denen des Gorilla. Am P? ist der Knick der vor- 
deren Randleiste undeutlicher oder fehlt, dasselbe kann am P? 
sein, doch kann die Knickung andererseits hier stark ausgeprägt 
sein. Die vordere Randleiste steigt am P? bisweilen an der Vorder- 
seite nicht so tief herab, wie es beim Gorilla die Regel ist. 

Orang. Beim Orang ist der Zusammenschluß der Randleisten 
zu einem einheitlichen, die Kaufläche umschließenden Wall noch 
weiter fortgeschritten und auch die linguale Seite macht hiervon 
keine Ausnahme. Der Verlauf der Randleiste, besonders der der 
vorderen und hinteren, entspricht fast vollkommen dem des Gorilla. 
Nur bringt die von M! bis M® zunehmende, oft zu beobachtende 
Verkürzung des hinteren Zahnteiles eine entsprechende Verkürzung 
der hinteren Randleiste mit sich. Die lingualen Randleisten sind 
viel stärker entwickelt als beim Gorilla und treten zu einer -- ein- 
heitlichen von Hypoconus zu Protoconus ziehenden Leiste zusam- 
men. Vordere Hypoconus- und hintere Metaconusrandleiste 
treffen demnach unter-einem Winkel von 180° aufeinander. Die 
hintere Randleiste steht stets mit dem Metaconus in enger Ver- 
bindung. 

Auch die Prämolaren verhalten sich vielfach ähnlich wie beim 
Gorilla, doch springt die vordere Randleiste bisweilen nicht so 
weit vor, andererseits kann gerade am P® dieses Vorspringen ver- 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses s1 


bunden mit einer starken Senkung der vorderen Randleiste gegen 
die Kronenbasis stärker ausgeprägt sein als beim Gorilla. 

Bei den Hylobatiden sind dagegen die Randleisten gering 
entwickelt, besonders die seitlichen, die vollkommen fehlen können. 
Deutliche Knickbildung ist an der vorderen Randleiste nicht zu 
beobachten; die hintere Randleiste verläuft besonders bei Hylo- 
bates nicht selten in starkem Bogen, wie es beim Schimpansen 
beschrieben wurde. 

Untere Molaren und Prämolaren. Gorilla. Das Rand- 
leistensystem der Unterkiefermolaren besteht gleichfalls aus einer 
vorderen und hinteren Randleiste, sowie aus einer aus zwei Teil- 
stücken zusammengesetzten lingualen Randleiste. Die labiale 
Randleiste wird jedoch entsprechend der größeren Höckerzahl 
aus vier Teilstücken gebildet, zwei zwischen Protoconid und Hypo- 
conid und zwei zwischen Hypoconid und Mesoconid. Die seitlichen 
Randleisten der unteren Molaren zeigen insofern das entgegen- 
gesetzte Verhalten als die oberen, als hier die lingualen Teilstücke 
direkt zusammentreffen, ohne einen Winkel (bezw. von 180°) in 
der Horizontalebene miteinander zu bilden, während die Teilstücke 
der labialen Randleiste stark nach innen gebogen sind und zwar 
in noch stärkerem Maße als es an der Lingualseite der oberen Mo- 
laren der Fall war. 

Eigentümlich ist die Ansatzstelle der lingualen Randleisten- 
stücke auf Metaconid und Entoconid. Diese liegen hier vollkommen 
an der lingualen Seite der Höcker, die Leisten ziehen zuerst an der 
lingualen Seite direkt nach unten, um erst dann einen mehr horizon- 
talen Verlauf einzunehmen (Abb. 15). Die labialen Randleisten- 
teile sind stets durch Furchen voneinander getrennt, die inneren 
meist. 

Vordere und hintere Randleiste ziehen in einem nach der 
Zahnmitte offenen Bogen von Protoconid zu Metaconid bezw. von 
Entoconid zu Mesoconid. Die vordere ist stärker gebogen; die 
hintere liegt in ihrem mittleren Teil in der Regel tief, mitunter so 
sehr, daß sie mehr einem Basalband als einer Randleiste entspricht. 

Am P, ist wie an den oberen Prämolaren außer der stark ge- 
krümmten vorderen Randleiste nur eine einheitliche ausgedehnte 
hintere Randleiste vorhanden. Die Randleistenbildungen des P, 
sind bereits erwähnt, soweit man hier überhaupt von einer Rand- 
leiste sprechen kann. 

Schimpanse. Auch an den unteren Molaren schließen die 
Teilstücke der seitlichen Randleisten enger zusammen als beim 
Gorilla; an der labialen Seite sind sie im Zusammenhang mit der 
wenig scharfen Trennung der Höcker mitunter undeutlich. Im 
übrigen zeigen die Randleisten folgende Unterschiede von denen 
des Gorilla: 1. Die labialen Teilstücke treffen durchschnittlich unter 
einem stumpfen Winkel aufeinander, der sogar 180° erreichen kann. 
2. Die Ursprungsstellen der lingualen Randleisten auf Metaconid 
und Entoconid liegen mehr der Vorder- bezw. Hinterseite dieser 


Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 11 6 11. Heft 


82 Adolf Remane: 


Höcker genähert oder an diesen selbst. 3. Die hintere Randleiste 
liegt durchschnittlich höher als beim Gorilla, so daß die Fovea 
posterior mehr in die übrige Kaufläche einbezogen ist. Nur der M, 
zeigt bisweilen ähnliche Tieflage der hinteren Randleiste. 4. Die 
hintere Randleiste ist oft umfangreicher und stärker nach außen 
vorgewölbt. 

Der P, zeigt durchaus ähnliche Randleisten wie der Gorilla, 
nur ist die hintere Randleiste durchschnittlich an der hinteren 
Innenseite nicht so stark vorgewölbt wie bei jener Gattung, ferner 
tritt infolge der oft relativ stark entwickelten Talonidhöcker beim 
Schimpansen öfter eine Zerteilung der hinteren Randleiste ein. 

Über die oft deutlichen Randleistenbildungen am P, siehe 
Seite 77. 

Orang. Die Randleisten sind meist stark und einheitlich. 
Die labialen Randleisten treffen fast stets unter einem Winkel 
von 180° aufeinander. Entsprechend verlaufen die Endteile der 
vorderen Randleiste mehr parallel der Medianlinie, so daß die Leiste 
sowohl an ihrem labialen wie an ihrem lingualen Teil vielfach + 
deutliche Knickbildung zeigt. Die hintere Randleiste liegt in 
gleicher Höhe wie die übrigen Randleisten. 

Am P, springt die hintere Randleiste entsprechend dem bis- 
weilen stärkerausgedehnten Talonidteil mitunter weiter nachhinten 
vor als bei Gorilla und Schimpanse. 

Die Hylobatiden besitzen an den Unterkiefermolaren gleich- 
falls oft sehr undeutliche Randleisten. Falls sie deutlich erkennbar 
sind, treffen sie an der Labialseite bei Hylobates unter einem stump- 
feren Winkel aufeinander als bei. Symphalangus. Die hintere Rand- 
leiste fehlt in der Regel vollkommen, bisweilen ist sie basalbandartig 
ausgebildet, in einigen Fällen jedoch sehr stark ausgedehnt und 
nahezu in gleicher Höhe liegend wie die Kaufläche. 

Am P, ist die vordere Randleiste oft. nach vorn stark zuge- 
spitzt, in manchen Fällen ist sie weitgehend reduziert. 

Im Anschluß an die Randleisten muß noch erwähnt werden, 
daß die Randleisten in einigen Fällen statt auf dem Höcker zu 
münden sich an der Außenseite desselben vereinigen, so daß der 
Höcker von den Randleisten losgelöst und in die Kaufläche ver- 
schoben erscheint. Bei Gorilla und Schimpanse kamen einige der- 
artige Fällezur Beobachtung undzwaram Metaconid und Paraconus; 
ganz allgemein verbreitet jedoch am P, des Schimpansen, weniger 
beim Gibbon (siehe vorher). 

3. Basalband. Das Basalband (Cingulum) umgibt die Basis 
der Zahnkrone als Leiste von wechselnder Stärke und Ausdehnung, 
es ist nur nach oben durch eine Furche scharf abgegrenzt. 

Obere Molaren und Prämolaren. Gorilla. An den Ober- 
kiefermolaren des Gorilla tritt das Basalband in sehr verschiedener 
Form und Ausbildung auf. In manchen Fällen fehlt es überhaupt 
vollkommen, meist ist es aber wenigstens in Spuren an der Innen- 
seite zu erkennen, während es an der Außenseite nur selten auftritt 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 83 


(z. B. G. beringei). In seiner größten Ausdehnung hat das Basal- 
band der oberen M folgenden Verlauf: Es entspringt an der vor- 
deren Räandleiste vor dem Protoconus, verläuft zuerst direkt nach 
unten, um sich dann im Bogen um Protöconus und Hypoconus 
herumzuziehen, wobei es zwischen beiden Höckern meist etwas 
ansteigt. Hinterdem Hypoconus steigt es wieder empor und mündet 
in der hinteren Randleiste. Diese weite Ausdehnung zeigtdasBasal- 
band jedoch nur in wenigen Fällen. Der um den Hypoconus herum- 
ziehende Teil fehlt häufig; das Basalband zieht dann an der vor- 
deren Außenseite des Hypoconus empor oder geht direkt in diesen 
über. Auch der vordere Teil ist vielfach so weit reduziert, daß nur 
ein kleiner Wulst zwischen den Höckern oder an der Vorderseite 
des Protoconus zu erkennen ist. An der labialen Seite tritt, wie 
erwähnt, das Basalband seltener und schwächer auf, zieht sich hier 
in einer ganz ähnlichen Art um die beiden Außenhöcker herum, 
wie es für den vollständigen Verlauf des lingualen Basalbandes 
geschildert wurde. is 

An den oberen Prämolaren ist ein Basalband seltener vor- 
handen, mitunter ist es an der Innenseite deutlich entwickelt, an 
der Außenseite zuweilen als kurzer, von der Hinterecke- herab- 
ziehender Wulst erkennbar (vergl. Selenka 80, Fig. 138). Als 
Anomalie sei noch erwähnt, daß an den M? eines Individuums das 
Basalband zwischen den Innenhöckern balkonartig vorgedacht war. 

Schimpanse. Die Schwankungen in der Stärke des Basal- 
bandes sind noch stärker als beim Gorilla, mitunter fehlt es gleich- 
falls vollkommen. Als wichtiger Unterschied ist zu bemerken, daß 
ein um den Hypoconus herumziehender Teil des Basalbandes nie 
beobachtet wurde. Stets mündete es an der Vorderseite des Hypo- 
conus, oder ging so vollkommen in den Hypoconus über, daß dieser 
nur als auf dem, Basalband sitzender Höcker erschien. Nur in 
wenigen Fällen erstreckte es sich bis an die Außenseite dieses 
‚Höckers, mündete aber auch dannstets inder Spitze dieses Höckers. 
Im vorderen Teil gleicht es dem des Gorilla. In einem Falle 
‚bog es an der lingualen Seite des Protoconus nach dessen Spitze 
empor, um dann von dort nach der Spitze des Hypoconus zu 
verlaufen. | 

An der labialen Seite tritt ein Basalband beim Schimpansen 
sehr selten auf, vollständig nur an zwei Individuen, in zwei anderen 
Fällen um den Paraconus herumziehend, mitunter zwischen den 
«beiden Höckern erkennbar. Die oberen Prämolaren zeigen nicht 
allzu selten Spuren. An der Lingualseite ziehen diese von der 
Hinterecke in Verlängerung der hinteren Randleiste + weit nach 
unten vorn (vergl. Selenka 80, Fig. 132). An der Labialseite kann 
ein ähnlicher W ulst in entsprechender Lage auftreten (oft stark); 
zu diesem gesellt sich mitunter, besonders am P* ein von der 
äußeren Vorderecke herabziehender Wulst, der sich in einigen 
Fällen mit dem hinteren Wulst zu einem einheitlichen labialen 
Basalwulst am P* vereinigte, 


6* 11, Heft 


84 Adolf Remane: 


Orang. Beim Orang ist das Basalband vollständig nie er- 
halten. An der Lingualseite scheint es überhaupt vollkommen zu 
fehlen. Ob die wenigen Fälle (z. B.B.Z. M. 2 6951), bei denen durch 
eine scharfe Furche ein an der Vorderseite des Protoconus ent- 
springender und an der Hinterseite dieses Höckers wieder ein- 
mündender Wulst abgesetzt war, hierher gerechnet werden dürfen, 
ist fraglich, doch möglich. Dagegen sind an der Labialseite mehr- 
fach winzige Spuren in Gestalt eines Grübchens zwischen Paraconus 
und Metaconus erhalten (vergl. Selenka 79, Fig. 104, M?, M!}). 

An den Prämolaren fehlten deutlich erkennbare Spuren voll- 
kommen. 

Hylobatiden. Bei Symphalangus fehlt das Basalband an 
den M vielfach vollständig; wenn vorhanden, ist es in der Regel 
lingual nur als kurzer vom vorderen Teil des Hypoconus nach vorn 
ziehender Wulst labial als geringe Vertiefung zwischen Paraconus 
und Metaconus (z. T. mit Bildung von Grübchenhöckern) vorhan- 
den. Ausnahmsweise ist das Basalband stark. Dies ist besonders 
bei dem Exemplar von S. s. continentis der Fall, wo es lingual um 
den Protoconus herumzieht und in den Hypoconus übergeht (M? 
und M? stark, M! schwächer), sowie auch an der Außenseite voll- 
ständig (M?) vorhanden ist, indem es vor dem Paraconus entspringt, 
an der ganzen Außenseite entlang verläuft und hinter dem Meta- 
conus mündet. An der Außenseite des P® ist es gleichfalls voll- 
ständig. 

Im Gegensatz zu Symphalangus fehlt bei Hylobates das Basal- 
band nur in wenigen Fällen vollständig, häufiger scheint dies bei 
Hylobates concolor vorzukommen. Lingual verläuft es von der 
vorderen Randleiste, mit der es oft in engem Konnex steht, um 
den Protoconus herum und geht in den Hypoconus über, der oft 
nur als wulstige Verdickung desselben erscheint. Der Protoconus- 
teil kann reduziert sein. Labial ist es nur selten und gleichfalls 
nur in geringer Ausbildung zwischen den beiden Höckern zu sehen. 

An den Prämolaren ist es bisweilen am hinteren Außenrand 
vorhanden, am P®? mehrfach auch an der vorderen Außenseite. 
An diesem Zahn kann es labial nahezu vollständig werden. 

Hylobates zeigt also im Bau und Verlauf des Basalbandes 
große Ähnlichkeit mit dem Schimpansen; und die vielfach ge- 
äußerte Ansicht, daß Hylobates des Basalbandes entbehre, ist 
durchaus unzutreffend. 

Untere Molaren und Prämolaren. Gorilla. Die 
Unterkiefermolaren weisen ein Basalband nur an der Labialseite 
auf, nie konnte ich bei irgend einem Anthropoiden lingual eine 
Spur erkennen. Bei Gorilla ist das Basalband meist in drei bogen- 
förmigen Teilabschnitten ausgebildet. Der vorderste Teil ent- 
springt an der vorderen Randleiste vor dem Protoconid, zieht nach 
unten und steigt an der Außenseite des Protoconid wieder empor. 
Die beiden anderen Teile verlaufen in ähnlichem Bogen von Proto- 
conid zu Hypoconid und von Hypoconid zu Mesoconid und be- 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 85 


grenzen so die zwischen diesen Höckern gelegenen Gruben. Nur 
selten vereinigen sich alle drei Teilstücke und bilden ein annähernd 
einheitliches äußeres Basalband. 

An den Prämolaren sind entsprechend der Ausbildung der 
Höcker nur die beiden sich an das Protoconid anlehnenden Teil- 
stücke zu erkennen, oft nur das hintere, was am P, bei Anwesenheit 
eines Basalbandes die Regel ist. 

Schimpanse. Bei dieser Gattung tritt das Basalband an 
den unteren M seltener auf und meist nicht so stark bogenförmig 
verlaufend, ist im übrigen durchaus ähnlich gestaltet auch an den 
P. Mitunter verlief esan den M vollkommen um die Außenseite des 
Protoconids herum, und zeigt an dieser Stelle deutliche Wulstbildung 

Beim Orang ist das Basalband noch geringer entwickelt und 
wird hier wie an der labialen Seite der oberen-M nur durch kleine, 
ziemlich hoch liegende Grübchen angedeutet, falls es überhaupt 
vorhanden ist (Selenka 79, Fig. 104). Selten ist es deutlicher aus- 
gebildet und tiefer herabziehend; an einem M, war es als einheit- 
licher von der Vorderseite des Protoconids nach der Hinterseite des 
Hypoconids ziehender Wulst vorhanden. 

An den P sind bisweilen an der hinteren Labialseite Andeu- 
tungen solcher Grübchen vorhanden. 

In ähnlich reduzierter Form kommt das Basalband an den 
unteren M der Hylobatiden vor. Auch hier fehlt es in der Mehrzahl 
der Fälle. Wenn vorhanden, ist es gleichfalls nur durch ein Grüb- 
chen zwischen Protoconid und Hypoconid angedeutet. 

Anhangsweise sei noch erwähnt, daß in einzelnen Fällen bei 
Gorilla und Schimpanse schwach leistenartige Bildungen an der 
Außenseite mancher Höcker vorhanden waren. 


d) Gruben und Furchen. 


Dieses Kapitel brauche ich nur kurz zu behandeln, da Furchen, 
und Gruben im großen und ganzen nur das Negativ der Höcker 
und Leisten darstellen. So ergeben sich fast alle Variationen aus 
denen des Leistensystems. Dies gilt besonders von den Gruben. 

Gruben der oberen Molaren und Prämolaren. 

Gorilla. An den oberen Molaren lassensich vier Gruben unter- 
scheiden, zwei Hauptmulden und zwei Randmulden. Die eine 
Hauptmulde (Trigonmulde) erstreckt sich zwischen den drei Trigon- 
höckern und wird durch die Crista obliqua von der zweiten Haupt- 
mulde, der Hypoconmulde, geschieden. Letztere liegt also hinten 
innen zur ersten und zwar zwischen Hypoconus, Metaconus und 
Protoconus. 

Die vordere Randmulde (Fovea anterior) befindet sich zwischen 
vorderer Trigonleiste und vorderer Randleiste, wobei sie dem Verlauf 
der Begrenzungslinien entsprechend, nach der labialen Seite be- 
sonders stark ausgedehnt ist. 

Die hintere Randmulde (Fovea posterior) ist schmaler, ihre 
Lage symmetrisch zur Medianebene des Zahnes, Nicht selten, 


11, Heft 


S6 Adolf Remane: 


besonders am M® tritt sie mit der Hypoconusmulde in Verbindung, 
die zu einer völligen Vereinigung beider Gruben führen kann. 
Am M3 rückt sie weit in die Hinterfläche des Zahnes. 


Die Prämolaren weisen nur eine große talartige Vertiefung 
zwischen den beiden Haupthöckern auf. Doch lassen sich in den 
durch die wulstartigen Leisten abgetrennten Bezirken Homologe 
der Molarengruben erkennen. 

Beim Schimpansen und besonders beim‘ Orang sind die 
Gruben der Molaren flacher als beim Gorilla, doch nach den Seiten- 
flächen besser abgegrenzt und einheitlicher. Entsprechend der 
Reduktion der Hauptleisten fließen die Gruben häufiger ineinander, 
Bei der Hypoconusmulde und der hinteren Randmulde ist dies 
in der Regel der Fall. Die Fovea anterior ist beim Schimpansen 
schmaler und annähernd symmetrisch zur Medianebene des Zahnes 
gelagert. Beim Orang ist sie selten von der Trigonmulde abge- 
grenzt, in ihrer Form der des Gorilla durchaus ähnlich. 


Die Grube der Prämolaren weist bei diesen beiden Gattungen 
keine wesentlichen Unterschiede von der des Gorilla auf. 

Die Hylobatiden zeigen an den Molaren in dieser Hinsicht 
durchaus ähnliches Verhalten wie der Gorilla. Die Fovea anterior 
wechselt in-Ausdehnung und Lage, besonders bei Hylobates, und 
zeigt bald Ähnlichkeit mit der des Gorilla, bald mit der des Schim- 
pansen. 

Die oberen Prämolaren besitzen jedoch fast stets zwei durch 
die Ouerleiste scharf geschiedene Gruben, von denen die hintere 
durchschnittlich größer ist als der entsprechende Teil bei den 
Simiiden. 

Gruben der unteren Molaren und Prämolaren. 

Gorilla. Den unteren Molaren kann man, sofern man die 
Einteilung nach der Größe vornimmt, nur eine. Hauptgrube ZUET- 
kennen: die zentrale Depression (Schwalbe 78) oder Talonidmulde. 
Sie erstreckt sich zwischen allen fünf Höckern, ist aber nicht in 
der Mitte am tiefsten, sondern an der lingualen Seite zwischen Ento- 
conid und Metaconid. Zu dieser Hauptmulde kommen noch eine 
vordere und eine hintere Randmulde (vergl. Abb..20) ; die hintere — 
zwischen Entoconid und Mesoconid — ist deshalb von Interesse, 
weil sie nicht selten ziemlich tief liegt und so den Übergang zu 
den vom Basalband an der Außenseite begrenzten Seitenmulden 
bildet. Als Trigonidmulde muß bei Vorhandensein der beiden vor- 
deren Hauptleisten der ‘Raum zwischen denselben bezeichnet 
werden. 

Der P, unterscheidet sich-von den Molaren durch Fehlen der 
hinteren Randm ulde, geringere Ausdehnung der scharf umgrenzten 
Talonidmulde und relativ große vordere Randmulde, der P, be- 
sitzt nur ein grubenartiges Gebilde, das sich zwischen der hinteren 
und inneren Hauptleiste erstreckt und entsprechend der Bewertung 
der Höcker und ‚Leisten als Talonidmulde angesehen werden muß. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 87 


Schimpanse und Orang besitzen auch an den unteren Mo- 
laren eine seichtere Hauptmulde, deren Vertiefung an der lingualen 
Seite gering ist oder vollkommen fehlt. Die Fovea posterior liegt 
beim Schimpansen durchschnittlich höher als beim Gorilla, beim 
Orang ist dies noch in stärkerem Maße der Fall, so daß die Fovea 
posterior vollkommen in der Ebene der übrigen Kaufläche liegt. 
Ihre Ausdehnung ist bei beiden Gattungen meist etwas größer. 

Die Hylobatiden unterscheiden sich vornehmlich durch die 
mehr schwankende Ausdehnung der Fovea anterior, die relativ 
größeren Umfang erreichen kann als bei den Simiiden und durch 
das meist vollständige Fehlen der Fovea posterior. Ist eine solche 
vorhanden, so ist sie in der Regel von sehr geringer Größe und tief- 
liegend, ausnahmsweise kann sie jedoch große Dimensionen an- 
nehmen (einige Fälle bei Symphalangus). Eine Fovea posterior 
war vorhanden: Symphalangus M, 22%, Ma; 31%, M; 24% ; Hylo- 
bates M, 18,3%; Ms 35,7%;: Ms 222%. | 

Am P, ist die Talonidmulde relativ groß, die vordere Rand- 
mulde mehr dreieckig, vorn zugespitzt. 

Furchen der oberen Molaren und Prämolaren. 

Gorilla. Über den normalen Verlauf der Furchen an den 
oberen Molaren gibt das Schema (Abb. 19) hinreichend Auskunft. 
Im Anschluß daran ist noch folgendes zu erwähnen: Der Sulcus 


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Abb. 19. Schema der Furchen am M! Abb.20. Schema der Furchen am M, 
des Gorilla. des Gorilla. 


obliquus (Abb. 19 gbec) ist + stark gebogen, bisweilen aus deut- 
lich geschiedenen Teilstücken zusammengesetzt. Von Nebenfurchen 
erlangen beim Gorilla folgende eine kräftigere Ausbildung: die 
beiderseits der Crista obliqua auf den Protoconus heraufziehenden 
Furchen (fh und nm). Ähnliche aber kleinere Furchen sind oft 
auch auf dem Metaconus vorhanden, die hintere desselben ruft 
bei starker Entwicklung Spaltung des Metaconus hervor. Ferner 
ist auch eine zwischen Paraconusnebenleiste und hinterer Paraconus- 
randleiste hinziehende Furche stark entwickelt. Die Hauptfurche 


11. Heft 


S8 Adolf Remane: 


f-g durchbricht mit ganz wenigen Ausnahmen (am M?) den Innen- 
rand der Kaufläche zwischen Hypoconus und Protoconus und setzt 
sich in die das Basalband nach oben abgrenzende Furche fort. 
Die in der Furchung der oberen Molaren zu beobachtenden Varia- 
tionen bestehen hauptsächlich in wechselnder Ausbildung oder 
völligem Fehlen einiger Furchen. Sogar Teile der Hauptfurchen 
können reduziert sein. Doch kann auch Vermehrung der Neben- 
furchen eintreten. An dem M? eines Männchens strahlen von der 
Mitte der vereinigten Hypocongrube und hinterer Randmulde 
zahlreiche Leisten radiär aus. 

Den oberen Prämolaren fehlt ein deutlich ausgeprägtes 
Furchensystem. Bisweilen tritt eine schwache, mediane Längsfurche 
auf (entsprechend cbai). Auch die an der Hinterseite des Para- 
conus emporziehende Nebenfurche kann hervortreten, bisweilen 
auch andeutungsweise eine hintere und vordere Randfurche (d-e 
und k-]). Weitere Furchen treten ganz inkonstant auf und sind 
von dem ausführlicher beschriebenen Leistensystem abzuleiten. 


Das Furchensystem der oberen Molaren des Schimpansen 
zeigt genau denselben Grundriß wie das des Gorilla. Die Strecke 
a-b ist allerdings mitunter etwas länger, ebenso die vordere Rand- 
furche k-l (vergl. Selenka 80, Fig. 149, 159). Doch ist parallel der 
Entwicklung des Leistensystems Reduktion der Hauptfurchen und 
Vermehrung der Nebenfurchen zu konstatieren, so daß die Haupt- 
furchen vielfach nicht mehr festzustellen sind; am deutlichsten ist 
meist noch die Furche a-o zu erkennen. Bei Verlagerung der 
Crista obliqua zwischen die Hinterleisten kann es vorkommen, 
daß die Punkte a und b zusammenfallen, so daß eine einheitliche 
quere Hauptleiste vorhanden ist, auf der eine mediane Längsfurche 
senkrecht steht (Kreuzfurchung). 


An den Prämolaren ist die mediane Längsfurche meist viel 
deutlicher als beim Gorilla. Von ihr strahlen seitlich eine wech- 
selnd&e Anzahl von Nebenfurchen ab. 


Der Orang zeigt extrem starke . Entwicklung der Neben- 
furchen, die + gewunden sind und anastomisieren. Bisweilen sind 
noch Hauptfurchen zu erkennen, die dann entsprechend Abb. 19 
verlaufen (vergl. Selenka &0, Fig. 159). Die zahlreichen Neben- 
furchen strahlen dann von diesen Hauptfurchen allseitig nach den 
Spitzen der Höcker und den Kämmen der Crista obliqua ab. Bei 
Vorhandensein einer Fovea anterior zweigen von der Furche k-l 
nach beiden Seiten kleine Furchen ab, ebenso von der hinteren Fur- 
che d-e auf die hintere Randleiste, Im extremen Fall lassen sich 
zwei Zentren erkennen, (den Punkten a und b entsprechend) von 
denen radiär verlaufend ein dichtes Netz von dendritenartigen 
Furchen ausstrahlt. Zwischen Hypoconus und Protoconus bricht 
nur selten eine Furche auf die Seitenfläche des Zahnes hindurch. 


Die oberen Prämolaren lassen in der Regel die mediane Längs- 
furche, oft auch vordere und hintere Randfurche erkennen. Von 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 89 


ersterer gehen zahlreiche Furchen nach den beiden Höckern ab, 
von der letzteren nach der vorderen, bezw. hinteren Randleiste. 

Die Hylobatiden zeigen sehr geringe Furchung der oberen M. 
Sogar die Hauptfurchen fehlen nicht selten nahezu vollständig. 
Sind sie vorhanden, so entsprechen sie gleichfalls dem Schema: 
vordere und hintere Randfurche können gleichfalls ausgebildet 
sein. Entwicklung der Nebenfurchen ist selten. Kreuzfurchung 
kommt bisweilen vor.*®) 

Die oberen P entbehren größtenteils vollkommen der Furchung, 
bisweilen sind mediane Längsfurchen und Randfurchen angedeutet. 

Furchen der unteren Molaren und Prämolaren. 

Für die unteren Molaren läßt sich in gleicher Weise wie bei 
den oberen ein Grundschema des Furchensystems für alle Anthro- 
poiden festlegen. Am nächsten kommt diesem Grundschema 
wiederum der Gorilla, dessen Furchen in Abb. 20 abgebildet sind. 
Eigentümlichkeiten des Gorilla sind dabei vor allen Dingen die 
starke Ausbildung der hinteren Metaconidnebenfurchen (np.). 
Die Hauptfurchen c-g und b-h setzen sich stets, die Hauptfurche 
a-o fast stets auf die Seitenfläche der Zahnkrone fort. Weitere 
Nebenleisten können nach den Spitzen der Höcker von den Haupt- 
leisten ziehen, auch von a-o. Variationen der Hauptleisten sind 
abgesehen von Reduktionen sehr selten. In zwei Fällen mündeten 
f-c und g-c getrennt in a-o bezw. a-b. 

Der hintere Prämolar zeigt einen den Trigonidteil der Molaren 
entsprechenden Furchenverlauf. 

Am P, tritt am häufigsten eine in der Mitte der hinteren 
Grube (Talonidgrube) verlaufende Furche hin. Ferner tritt lingual 
von der oberen Hauptleiste nicht selten eine vertikale Furche auf, 
die vielleicht der vorderen Randfurche an Molaren und P, homolog 
ist. Schließlich müssen noch zwei seltenere, accessorische Furchen 
genannt werden, die im unteren Teil der Krone an der labialen 
Seite neben vorderer und hinterer Hauptleiste liegen. Diese beiden 
Leisten finden keinerlei Vergleichsobjekt an P, und den M, wohl 
aber am unteren C (siehe hinten). 

Im Furchenbau der Molaren kommt wiederum der Schim- 
panse dem Gorilla am nächsten. Die Unterschiede beruhen auf 
geringer bis fehlender Ausbildung der Nebenfurche n-p, weniger 
konstantem Durchbrechen der beiden labialen und der lingualen 
Hauptfurche nach außen. Die Nebenfurchen können natürlich 
beträchtlich vermehrt sein. Beim Schimpansen kommen jedoch 
öfter Abweichungen von der Norm vor. So werden zusammen mit 
dem Mesoconid mehrfach die Furchen b-h und b-d reduziert, 
weiterhin waren die Punkte a, b und c in einigen Fällen zusammen- 
gerückt, so daß sich die Hauptfurchen sternförmig in einem Punkte 
vereinigen. Mehrfach fielen a und c zusammen, so daß Kreuz- 


24) Eine accessorische Furche tritt gelegentlich die Mitte der vorderen 
Randleiste durchschneidend und ein Stück in medianer Richtung nach 
hinten reichend auf (vgl. Oeropithecus). 


11. Heft 


90 Adolf Remane: 


furchung entstand, indem eine mediane und eine labial-linguale 
Hauptfurche hervorgerufen wurden. Dieses war bei sehr starker 
Entwicklung eines hinteren Nebenhöckers oder bei Verlust des 
Mesoconids besonders oft der Fall. Die beim Gorilla am P, er- 
wähnten accessorischen Furchen wurden beini Schimpansen “und 
den übrigen Anthropoiden nicht beobachtet. 

Orang. Die. Hauptfurchen sind nur noch selten vollständig 
zu erkennen, die innere Hauptfurche (a-o) meist schwach und nur 
ausnahmsweise die Randfläche durchbrechend. Die hinteren Haupt- 
furchen sind im Verhältnis zu den vorderen oft kürzer als beim 
Gorilla.. Mitunter ist eine annähernd gerade, den ganzen Molar 
median durchziehende Hauptfurche vorhanden. Der Verlauf der 
zahlreichen Nebenfurchen zeigt an der lingualen Seite nicht selten 
ein von den anderen Simiiden abweichendes Verhalten. Während 
bei jenen auch hier die Nebenfurchen nach der Spitze der Höcker 
zogen, zum Teil von der inneren Hauptfurche (a-o) ausgehend, 
laufen beim Orang vielfach zahlreiche Nebenleisten dieser Haupt- 
leiste (a-o) parallel und treffen senkrecht auf die linguale Randleiste 
(vergl. SelenKa 80, Fig. 159b). Wenn auch bei guter Ausbildung 
der Höcker auch beim Orang ein Verlauf wie bei den übrigen 
Simiiden vorkommen kann, so ist dieses Merkmaldoch von Wichtig- 
keit, weil es nur beim Orang und zwar häufig beobachtet wurde. 

Von den unteren P des Orang soll erwähnt werden, daß der 
P, nur in der Talonidgrube zahlreiche + radiär verlaufende 
Furchen zeigt. 

Die Stärke der Furchen entspricht an den unteren Molaren 
der Hylobatiden der der oberen M. Die hinteren Hauptfurchen 
sind gleichfalls oft relativ kürzer als bei Gorilla. Variationen sind 
nicht allzu selten. Kreuzfurchung kommt mitunter vor. In gleicher 
Lage wie an den oberen M tritt bisweilen eine den Vorderrand durch- 
schneidende mediane accessorische Furche auf.?°) 

Der P, trägt mitunter die Andeutung einer medianen Längs- 
furche, dem P, fehlen Furchen. 


e) Das Wurzelsystem. 


Die Wurzeln der Zähne konnten eingehend nur an einem ge- 
ringen Teil der Zähne untersucht werden, da die meisten Zähne in 
den Kiefern befestigt waren. Doch konnte in diesem Falle wenig- 
stens die Zahl der Wurzeln sowie ihr Querschnitt in Höhe des 
Kieferrandes in der Regel festgestellt werden. Aus diesem Grunde 
kann nur Zahl und Querschnitt der Wurzeln im folgenden erörtert 
werden, während Länge und Verlaufsrichtung weitgehend unbe- 
rücksichtigt bleiben muß. 

Wurzeln der oberen Molaren und Prämolaren. 

Gorilla. Die oberen Molaren besitzen drei Wurzeln, zwei 
labiale und eine linguale. Letztere übertrifft die beiden andern 


2) In geringer Ausbildung war eine derartige Furche auch einmal bei 
Gorilla zu konstatieren. 


u u 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 91 


beträchtlich an Größe und ist mesiodistaler Richtung stark aus- 
gedehnt.. An ihrer Lingualseite zieht sich eine breite Längsfurche 
entlang, welche die Wurzel in einen vorderen und einen hinteren 
Pfeiler spaltet, und ihr einen nierenförmigen Querschnitt verleiht: 
Die Pfeiler sind am weitesten am M? (selten M3) voneinander ent- 
fernt, am wenigsten am M!, was eine Verflachung der Furche und 
eine geringere Längenausdehnung der W urzel am M! zur Folge hat. 
Die beiden labialen Wurzeln sind ungefähr gleichgroß, die hintere 
mitunter etwas kleiner (besonders am M?°). Ihr Querschnitt ist 
queroval, er kann bisweilen verbunden mit Ausbildung einer Längs- 
furche stark in labio-lingualer Richtung ausgedehnt sein. 

Verschmelzungen einzelner Wurzeln treten häufig am M?3 ein, 
indem die hintere Außenwurzel mit der Innenwurzel verschmilzt. 
Ein ähnliches Verhalten zeigt in seltenen Fällen auch der M?, nie 
der M!, 

Die oberen Prämolaren besitzen stets drei Wurzeln. Ihr Bau 
ähnelt sehr. den Molarenwurzeln und zeigt nur geringe Abweichungen 
in Größe und Anordnung. Die Innenwurzel ist einheitlich, ihr 
Querschnitt fast kreisförmig und nur in vereinzelten Fällen ließ 
sich eine linguale Längsfurche am P? erkennen. Die beiden Außen- 
wurzeln des P* sind sowohl absolut als auch im Verhältnis zur 
Innenwurzel kleiner als an den M und sehr nahe aneinander gerückt. 
Bisweilen konvergieren die Längsachsen ihrer Ouerschnitte ein 
wenig nach der Labialseite. Am P® tritt jedoch Divergenz dieser 
Längsachsen ein, indem die der vorderen Außenwurzel schräg von 
außen vorn nach innen hinten verläuft. Die vordere Außenwurzel 
ist im Verhältnis zur hinteren am P® größer als am P*, auch diver- 
gieren die Außenwurzeln des P® in der Vertikalebene stärker als 
am P%, 

. Schimpanse, Die oberen Molaren besitzen in gleicher Weise 
drei Wurzeln wie der Gorilla. Als Unterschied ist zu bemerken, 
daß die Längsfurche an der Labialseite der Innenwurzel an allen 
drei M häufig fehlt. Die hintere Außenwurzel ist viel häufiger 
(besonders am M® und M?) kleiner als die vordere Außenwurzel, 
ein Merkmal, daß mit der häufig zu beobachtenden fortschreitenden 
Reduktion des distalen Zahnteils von M! zu M? in Zusammenhang 
steht. Eine vordere Längsfurche an der vorderen Außenwurzel 
kam in einzelnen Fällen zur Beobachtung. Verschmelzungen von 
Wurzeln sind am M? häufig, seltener am M®? und zwar können am M? 
alle möglichen Kombinationen auftreten; auch Verschmelzung 
sämtlicher drei Wurzeln. 

Bedeutender sind die Unterschiede im Wurzelsystem der 
oberen Prämolaren. So ist der Pt in der Regel nur zweiwurzelig; 
die beiden äußeren Wurzeln sind verschmolzen. Mitunter ist die 
ursprüngliche Teilung ‚der Wurzel noch durch eine Längsfurche 
angedeutet, und bei 8 männlichen und 8 weiblichen Individuen 
war entweder ein- oder beiderseitig noch vollkommene Dreiwurzelig- 
keit vorhanden. Andererseits kann aber noch die Innenwurzel 


11. Heft 


99 Adolf Remane: 


mit den vereinigten Außenwurzeln verschmelzen, so daß in einigen 
Fällen der P? nur eine einzige einheitliche Wurzel besaß. 

In ähnlicher Richtung machen sich am P®, der in der Regel 
noch drei Wurzeln besitzt, Verschmelzungsprozesse geltend. Auch 
hier kann Zweiwurzeligkeit durch vollkommenes Verschmelzen 
der Außenwurzeln entstehen (beim Männchen in 14, beim Weibchen 
in 12 Fällen beobachtet) andererseits kann auch Reduktion der 
Wurzelzahl durch + weitgehende Verschmelzung der Innenwurzel 
mit der hinteren Außenwurzel entstehen. Schließlich besaß auch 
der P3 bei zwei Männchen nur eine Wurzel, die nur noch durch 
seichte Rinnen die ursprüngliche Teilung verriet. 

Der Grad der Verschmelzung bei den beiden Prämolaren zeigt 
eine gegenseitige Abhängigkeit, indem er am P® stets stärker ist 
als am _P3, 

An der hinteren Lingualseite der Innenwurzel tritt bisweilen 
eine Längsfurche auf, die aber keineswegs immer mit derselben 
Furche der inneren Molarenwurzel gleichzeitig auftritt. 

Orang. Die Wurzeln der Molaren erinnern in ihrem gegen- 
seitigen Verhalten an den Schimpansen. An der Innenwurzel tritt 
häufiger eine linguale Längsfurche auf. Nicht selten ist auch an der 
hinteren Außenwurzel und zwar an der äußeren Hinterseite eine 
Längsfurche vorhanden. Sie findet sich oft an allen drei M und 
kann am M? eine weitgehende Sonderung der hinteren Außenwurzel 
in zwei Pfeiler hervorrufen. 

Die Prämolaren besitzen in der Regel drei Wurzeln, doch kom- 
men auch hier Verschmelzungen vor, die aber im Gegensatz zum 
Schimpansen hauptsächlich den P® betreffen. In vier Fällen waren 
hier die Außenwurzeln verschmolzen, während ich derartiges am 
P* nie beobachten konnte. Verschmelzung der hinteren Außen- 
wurzel mit der Innenwurzel kommt an beiden P vor, an P® jedoch 
häufiger. 

Die hintere Außenwurzel des P? kann eine ähnliche Längsfurche 
aufweisen wie sie bei den M erwähnt wurde. 

Die Wurzeln der Hylobatiden unterscheiden sich äußerlich 
von denen der Simiiden durch ihre gedrungene Gestalt. Ihr Quer- 
schnitt ist viel rundlicher, besonders der der Innenwurzel, die keine 
linguale Längsfurche erkennen läßt. Die Wurzeln neigen zur Ver- 
schmelzung besonders in ihrem oberen Teil. Die Ausdehnung der 
Verschmelzung dürfte von einer entsprechenden Ausdehnung cer 
Pulpahöhle begleitet sein, und so kommen schließlich Formen mit 
derartig großer Pulpahöhle zustande, wie sie beim diluvialen 
Menschen von Krapina häufig angetroffen werden. Unter den 
Molaren zeigt wiederum der M3 am häufigsten ausgedehnte W urzel- 
verschmelzung, unter den Prämolaren der P? und zwar wiederum 
durch Verschmelzung der labialen Wurzeln. Doch finden sich hier 
derartige Abstufungen zwischen Drei- und Zweiwurzeligkeit, daß 
eine zahlenmäßige Angabe der Häufigkeit dieser Bildungen un- 
möglich ist, und Zweiwurzeligkeit eben nur als häufig bezeichnet 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 93 


werden kann, und zwar bei Hylobates in höherem Grade als bei 
Symphalangus. 
Wurzeln der unteren Molaren und Prämolaren. 


Gorilla. Sämtliche unteren Molaren und Prämolaren be- 
sitzen zwei Wurzeln. An den Molaren sind diese seitlich zusammen- 
gedrückt, ihre größte Ausdehnung liegt in labio-lingualer Richtung. 
In der Mitte jeder Seite der einzelnen Wurzel findet sich eine Längs- 
rinne, die der Wurzel einen hantelförmigen Querschnitt verleiht 
und im untersten Teil der Wurzel zu entsprechender Zweiteilung 
in einen lingualen und labialen Zapfen führen kann. An den zwei 
vorderen Molaren sind die beiden Wurzeln von annähernd gleicher 
Größe und Gestalt, am M, besitzt die hintere Wurzel eine geringere 
Breite, ihre distale Seite ist stark gerundet ohne Längsrinne, die 
Wurzel besitzt also einen nierenförmigen Querschnitt. Sie ist meist 
stark entwickelt und schräg nach hinten geneigt.) Doch kann 
andererseits sogar eine weitgehende Verschmelzung ihres vorderen 
lingualen Pfeilers der Vorderwurzel stattfinden. 

An den Prämolaren ist die Vorderwurzel zu labiolingualer 
Wurzel stark verschmälert und zwar wird der Innenpfeiler von P, 
nach P, fortschreitend reduziert bis er schließlich durch seichte 
Furchen gesondert nur als Anhängsel an der Lingualseite des 
Außenpfeilers erscheint. Letzterer behält seine Lage bei. Gleich- 
zeitig findet eine in ähnlicher Weise fortschreitende Verbreiterung 
des Innenpfeilers der Hinterwurzel statt. 

Die vordere Wurzel des P, ist oft stark gekrümmt und kommt 
z. T. + labial zum Eckzahn zu liegen. 

Schimpanse und Orang zeigen in den allgemeinen Zügen 
denselben Wurzelbau. Unterschiede zeigen sich im Verhalten der 
Hinterwurzel des M,. Diese ist bei Orang und besonders bei 
Schimpanse durchschnittlich geringer entwickelt und divergiert 
weniger stark vor der Vorderwurzel. Adloff (4) hat in Fig. 4 das 
Verhalten der Hinterwurzel des M, bei den einzelnen Simiiden dar- 
gestellt; ich möchte jedoch hinzufügen, daß diese Darstellung nur 
das durchschnittliche Verhalten der einzelnen Gattungen 
wiedergibt und nicht zu diagnostischen Zwecken gebracht werden 
kann, da auch in diesem Merkmal vermittelnde Variationen vor- 
kommen. 

Das Wurzelsystem der Prämolaren weicht beim Schimpansen 
insofern von dem des Gorilla ab, als die Verschmälerung der Vorder- 
wurzel geringer ist, und die Wurzeln der Prämolaren denen der 
Molaren etwas ähnlicher sind. Wichtig ist jedoch, daß auch an den 
unteren Prämolaren mehrfach Verschmelzung der beiden Wurzeln 
zu einer einheitlichen Wurzel beobachtet wurde. 


Die unteren Prämolaren des Orang zeigen ähnliche Wurzeln 
wie die des Gorilla. Meist sind sie auch wie die Molarenwurzeln 

*) Eine ähnliche Gestaltung der Hinterwurzel kann auch der M, 
aufweisen. 


11. Heft 


94 Adolf Remane: 


unten schärfer zugespitzt. Am P, kann die Vorderwurzel sehr 
stark entwickelt sein. In einem Falle beobachtete ich am P, Ver- 
schmelzung der beiden Wurzeln bis über die Hälfte ihrer Länge. 
Hylobatiden. Wie im Oberkiefer, so sind auch im Unter- 
kiefer die Wurzeln der Hylobatidenzähne rundlicher, besonders 
bei Hylobates. Ihr Querschnitt ist queroval bis rundlich, nicht 
selten ist der untere Teil der Molarenwurzeln distalwärts gebogen. 
Der Querschnitt der Vorder- und Hinterwurzel ist am M, in der 
Regel gleichgroß, mitunter der der Hinterwurzel etwas kleiner. 
Das ist am M, stets der Fall, wo die Hinterwurzel oft sehr klein 
und stark abgerundet ist. Am M, dagegen ist meist die Vorder- 
wurzel von geringerer Ausdehnung, wenn auch in bescheidenem 
Maße. Am P, und P, ist die Abrundung und Verkleinerung des 
Durchmessers der Vorderwurzel sehr stark. Doch liegt diese im 
Gegensatz zu den Simiiden meist vor der Mitte der Hinterwurzel 
und zeigt höchstens eine geringe labiale Verlagerung. 
Wurzelverschmelzungen waren in wechselndem Maße amP, zu 
beobachten, vollkommene Einwurzeligkeit jedoch nur in einem Falle. 


2. Eckzähne. 


Alle Anthropoiden zeichnen sich durch starke Entwicklung 
der Eckzähne aus, die in der Regel alle übrigen Zähne weit über- 
ragen. Nur bei den Weibchen der Simiiden kann es vorkommen, 
daßder untere Eckzahn die Schneidezähne wenig an Höhe überragt. 

Die Eckzähne bestehen "nur aus einem stark zugespitzten 
Höcker, der dem vorderen Außenhöcker der postcaninen Zähne 
entspricht, also im Oberkiefer dem Paraconus, im Unterkiefer dem 
Protoconid. 

Oberer Eckzahn. 

Gorilla. Beim Männchen besitzt der Zahn eine hohe kegel- 
förmige Gestalt mit länglichem . Querschnitt; die vordere Seite 
ist etwas konvex gekrümmt, so daß die Spitze hinter die Mitte 
der Basis zu liegen kommt. Der Hinterrand bildet eine sehr scharfe 
Schneide, der Vorderrand ist mehr abgerundet. Der untere Rand 
der Krone verläuft außen wie innen in einem sanften Bogen; vorn 
ist der Abfall dieses Bogens steiler, besonders an der Innenseite, 
nach hinten steigt er ganz ällmählich wieder an. Infolgedessen 
entsteht an der Vorderseite, wo diese beiden Bogen zusammientreffen, 
eine + deutliche Einbuchtung des Schmelzbelages. Außer der 
hinteren scharfen Leiste (= hintere Paraconusrandleiste) zieht 
eine schwächere an der Vorderseite des Zahnes entlang (= vordere 
Paraconusrandleiste) die an ihrer Basis einen dreieckigen direkt 
über der eben erwähnten Einbuchtung gelegenen Wulst bildet. 
Dieser Wulst geht mitunter beiderseits in einen undeutlichen 
Basalwulst über. 

Dicht lingual der vorderen Leiste zieht eine tiefe Furche in 
gleicher Richtung von der Spitze des Zahnes herab. An der hin- 
teren Innenseite befindet sich eine ausgedehnte Grube (fehlt an 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 95 


dem Typusschädel von G. graueri). Am Vorderrand dieser Grube 
* verläuft vielfach eine vertikale, tiefe Furche, die auf die Wurzel des 
Zahnes übergreifen kann. Eine weitere schwächere Furche kann 
hinter dieser liegen. Durch diese Vertiefungen (vordere Furche und 
Grube) wird an der vorderen Innenseite ein meist weit vorspringen- 
der Wulst abgegrenzt, der von der Spitze sich stark verbreiternd 
nach der Basis verläuft. 

Die Wurzel des Zahnes stellt eine nicht schmelzbedeckte 
Verlängerung der Krone dar. Sie verjüngt sich allmählich nach 
unten und ist deutlich nach hinten gebogen. An der Lingualseite 
tritt, wie erwähnt, eine tiefe Furche auf der Wurzel auf. 


Der Eckzahn der Weibchen unterscheidet sich durch viel 
geringere Größe von dem der Männchen. Dabei ist die Differenz 
in der Höhe bedeutend größer, als in der Länge, so daß die Gestalt 
des weiblichen Eckzahns mehr stumpfkegelförmigist, als beim Männ- 
chen. Im übrigen ist der Zahn der Weibchen in gleicher Weise 
lateral kompreß. Die vordere Seite ist mitunter (nicht immer) etwas 
konvex gekrümmt, die Spitze liegt in oder vor der Mitte der Basis. 
Der Verlauf der unteren Kronengrenze zeigt beim Weibchen stär- 
kere Variabilität. Mitunter (besonders bei den Rassen aus dem 
_ französischen Kongogebiet) verläuft sie um den ganzen Zahn in 
annähernd gleicher Höhe und sogar die Einbuchtung an der Vorder- 
seite kann fehlen. Die labiale Schmelzgrenze kann stark bogen- 
förmig nach unten verlaufen andererseits in der Mitte wieder nach 
oben gebogen sein, so daß ein wellenförmiger Verlauf der Grenz- 
linie entsteht Die linguale Grenze ist in der Regel in wechselndem 
Maße nach unten gebogen, doch liegt die tiefste Stelle des Bogens 
nicht wie beim Männchen in der vorderen Hälfte der Lingualseite, 
sondern in der Mitte oder der hinteren Hälfte. Letzteres ist ver- 
bunden mit starker Biegung besonders bei G. diehli der Fall. Der 
Grundriß des Zahnes gewinnt dadurch ein mehr parallelogramm- 
ähnliches Aussehen, wobei zwei gegenüberliegende Spitzen in der 
Längsachse des Zahnes und die längeren Seiten des Parallelogramms 
vorn innen und hinten außen liegen. Bei den Männchen wurde 
ein derartiger Grundriß nie beobachtet. Die Einbuchtung an 
‚der Vorderseite wechselt in ihrer Ausdehnung stark, ist im Durch- 
schnitt jedoch relativ größer als beim Männchen. 


Vorder- und Hinterleiste sind in gleicher Weise vorhanden. 
Der dreieckige Wulst an der Basis der Vorderseite ist oft deutlicher; 
einen deutlichen, aber sehr niedrigen Basalwulst fand ich in voll- 
ständiger Entwicklung an beiden Seiten des Zahnes bei G. grauer', 
an der Labialseite war er schärfer abgesetzt als an der Lingual- 
seite Andeutung eines niedrigen Basalwulstes ist häufig. Der zwi- 
schen vorderer Furche und hinterer Grube liegende vertikale W ulst 
an der Innenseite ist beim Weibchen viel geringer entwickelt als 
beim Männchen, in manchen Fällen tritt eine auffallend plötz- 
liche Verbreiterung seines basalen Teiles ein. 


11. Heft 


96 Adolf Remane: 


Schimpanse. Bis auf die durchschnittlich geringe Größe 
stimmt der Eckzahn des männlichen Schimpansen mit dem des 
Gorillamännchens weitgehend überein, es kann sogar völlige 
Gleichheit der Formen vorhanden sein. Im allgemeinen unter- 
scheidet sich der Schimpanse jedoch durch geringere Ausprägung 
der Oberflächenformen. So ist die hintere Grube flacher, meist 
ohne Furche, häutiger als beim Gorilla fehlt sie vollkommen. Auch 
die vordere Furche kann fehlen, so daß am Zahn überhaupt keine 
Furchen vorhanden sind. Andererseits wurde eine accessorische, 
tiefe Furche an der vorderen Innenseite beobachtet. Im übrigen 
muß noch erwähnt werden, daß der Eckzahn der Schimpansen 
mitunter schlanker ist als der des Gorilla und daß die hintere 
Kronengrenze nach hinten stärker ansteigen kann. 

Die Größe des weiblichen Eckzahns ist ziemlich großen Schwan- 
kungen unterworfen, in seiner Form ähnelt er gleichfalls sehr dem 
des Gorillaweibchens. Im Durchschnitt ist er etwas stärker zu- 
gespitzt als dieser, die untere Kronengrenze verläuft gleichmäßiger 
in einer Ebene, nur labial kann sie bogenförmig sein und tief herab- 
steigen, lingual kommt eine Vorwölbung nach unten, wie sie beim 
Gorilla @ z. T. stark entwickelt ist, höchstens andeutungsweise 
vor. Der basale dreieckige Wulst an der Vorderseite ist oft sehr 
deutlich abgesetzt, seine Höhenlage schwankt etwas. Ein labialer 
und besonders lingualer Basalwulst ist mitunter vorhanden und 
kann stärker entwickelt sein als beim Gorilla. Die vordere Furche 
ist meist tief, in der hinteren Grube können z. T. weitere Furchen 
auftreten, doch fehlt auch beim Weibchen bisweilen das Furchen- 
system vollkommen. 

Orang. Auch der obere Eckzahn des Orang zeigt im männ- 
lichen Geschlechte nur geringfügige Unterschiede von dem des 
Gorilla. Die untere Kronengrenze ist oft undeutlich, ihr Verlauf 
ist an der Innenseite durchschnittlich weniger gebogen, die tiefste 
Stelle des Bogens liegt etwas weiter hinten als beim Gorilla. 
Vordere und innere Furche sind meist nur in der Mitte ihres Ver- 
laufs zu erkennen, der zwischen ihnen liegende Längswulst weniger 
vorspringend als beim Gorilla. Ferner können an der Innenseite 
noch -+ zahlreiche, unregelmäßige Furchen auftreten (vergl. 
Selenka 79, Fig. 83). Ein Basalband ist höchstens in minimalen 
Spuren zu erkennen, und fehlt meist vollständig. 

Der weibliche Eckzahn zeigt deutlichere Unterschiede. 
Im Gegensatz zum Männchen ist die Krone von der Wurzel meist 
deutlich abgesetzt, deutlicher als beim Gorilla. Die labiale Seite 
ist vielfach stärker konvex, die linguale Seite stärker konkav ge- 
krümmt, als bei jener Gattung. Die untere Kronengrenze verläuft 
in ähnlichen, doch viel weniger starken Biegungen; die vordere 
Einbuchtung ist gering oder fehlt, die labiale Kronengrenze liegt 
im Verhältnis zur lingualen durchschnittlich etwas tiefer als beim 
Gorilla. Auffallend ist die oft sehr starke, buckelartige Ausbildung 
des Wulstes an der Basis der Vorderleiste und der vielfach sehr 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 97 


starke und hohe Basalwulst an der Labialseite Auf letzterem 
können deutliche Höckerbildungen auftreten. Ob diese Höcker 
als Homologa der Innenhöcker der postcaninen Zähne betrachtet 
werden dürfen, oder nicht, wage ich nicht zu entscheiden. An 
Stelle der vorderen Furche tritt oft eine rinnenartige Grube, die 
ebenso wie die hintere vielfach deutlich ist. Accessorische Furchen 
können gleichfalls vorhanden sein. 


Der obere Eckzahn der Hylobatiden ist von dem aller 
Simiiden durch die relativ viel bedeutendere Höhe deutlich unter- 
schieden. Der Zahn besitzt eine mehr säbelartige Form, die vordere 
Seite ist stärker konvex, die hintere stärker konkav gekrümmt, 
als bei den Simiiden. An der mehr abgeplatteten Vorderseite ist 
eine tiefe Längsrinne vorhanden, eine weitere kann an der hinteren 
Lingualseite vorhanden sein; in dieser Hinsicht bestehen also 
ähnliche Verhältnisse wie bei den Simiiden. Die Hinterkante ist 
in gleicher Weise schneidend Die sexuellen Differenzen in Größe 
und Form der Eckzähne sind wie erwähnt, sehr gering. 


Untere Eckzähne. 


Die unteren Eckzähne variieren in ihrer Form stärker als die 
oberen; weisen aber andererseits auch deutlichere Unterschiede 
zwischen den einzelnen Gattungen auf. Ihr Bau zeigt weitgehende 
Ähnlichkeit mit dem des P,, so daß die Unterschiede in Leisten- 
und Furchenverlauf zwischen P, und C, in der Regel weit geringer 
“sind als zwischen P, und P.. 


Gorilla. Männchen. Der Grundriß des Zahnes ist eiförmig, 
die Spitze ist in wechselndem Maße nach innen oder hinten ge- 
richtet. Die Form nähert sich mehr der Kegelform als es an den 
oberen Eckzähnen der Fall war. Von der Spitze ziehen drei Haupt- 
leisten zur Basis, die sicher den drei Hauptleisten des P, ent- 
sprechen. Zwei dieser Leisten verlaufen dicht nebeneinander an 
der Hinterseite des Zahnes. Beide gehen an ihrer Basis in einen 
Wulst über (Basalhöcker de Terra), der an der äußeren Leiste 
(= hintere Hauptleiste) schärfer abgesetzt höckerartig, an der 
inneren (= innere Hauptleiste) breit wulstartig ist. Diese beiden 
Leisten können in wechselndem Maße der Reduktion verfallen. 
Die dritte Leiste ist stets vorhanden. Sie zieht, mit den hinteren 
Leisten in der Horizontalebene einen Winkel von ca. 90° (oft 
weniger, selten mehr) bildend, direkt lingualwärts (= vordere 
Hauptleiste) und geht in ihrem basalen Teil in einen dreieckigen 
Wulst über, der beiderseits in einem + undeutlichen Basalwulst 
ausläuft. "An der Lingualseite läßt sich dieser Basalwulst in seltenen 
Fällen bis zur Basis der inneren Hauptleiste verfolgen. Zu diesen 
Hauptleisten kommt in manchen Fällen noch eine weitere Leiste 
hinzu, die an der Ligualseite vom obersten Teil der vorderen 
Hauptleiste nach unten zieht; sie ist der am P, beschriebenen, 
dort mit einigem Zweifel als vordere Trigonidleiste bezeichneten 
Nebenleiste vergleichbar. 

Archiv a a psehichte 7 11. Heft 


98 Adolf Remane: 


Zwischen hinterer und innerer Hauptleiste verläuft wie am 
P, eine tiefe Furche. Außerdem kann noch dicht labialwärts der 
hinteren Hauptleiste und in eben solcher Lage neben der vorderen 
Hauptleiste eine Furche auftreten, die aber fast stetsnur im unteren 
Teil der Zahnkrone deutlich ist. Die labiale, neben der vorderen 
Hauptleiste liegende Furche dürfte mit derjenigen identisch sein, 
die Harl& (34) anläßlich seiner Beschreibung von Dryopithecus 
auch für den Gorilla erwähnt. Sie kam fast ausschließlich an Unter- 
kiefern aus dem französischen Kongogebiet zur Beobachtung. 
Beide zuletzt erwähnten Furchen kommen auch als seltene ac- 
cessorische Furchen am P, vor. 

Die untere Kronengrenze zeigt unterhalb der Basis der vor- 
deren Hauptleiste eine geringe Einbuchtung nach oben; eine 
ähnliche, jedoch viel seichtere kann ihr gegenüber neben der hin- 
teren Hauptleiste angedeutet sein. 

Die Wurzel kann sowohl an der Labial- wie an der Lingualseite 
eine Längsfurche besitzen. 

Weibchen. Der untere Eckzahn des Weibchens weicht, ab- 
gesehen von den Dimensionen nur wenig von dem des Männchens 
ab. Er ist sehr niedrig, die Schneidezähne an Höhe oft nur wenig 
überragend. Die vordere Einbuchtung der unteren Kronengrenze 
ist ausgedehnter (nur in einigen Fällen sehr seicht). Durch dieses 
Merkmal sowie die geringere Höhe des Zahns ist die vordere Haupt- 
leiste im Verhältnis zu der hinteren und inneren kürzer als beim 
Männchen. Ferner fehlen die Furchen beim Weibchen nicht selten, 
die Hinterleisten sind vielfach schwach. Der erwähnte Winkel 
zwischen hinterer und vorderer Hauptleiste ist durchschnittlich 
etwas größer. 

Schimpanse. Männchen. Auch der untere Eckzahn ist 
bisweilen schlanker als beim Gorilla. Im Durchschnitt sind folgende 
Unterschiede von dem entsprechenden Zahn des Gorilla zu er- 
kennen. Die vordere Einbuchtung der unteren Kronengrenze ist 
ausgedehnter (jedoch nicht immer) als beim Gorilla $ und stimmt 
in dieser Hinsicht mit Gorilla @ überein. Die gegenüber liegende 
Einbuchtung ist öfter erkennbar. Der Wechsel in der Höhenlage 
der labialen und lingualen Kronenbasis ist größer als beim Gorilla, 
meist liegt die labiale tiefer als die linguale, selten ist ein umge- 
kehrtes Verhalten zu beobachten. Die Leisten sind durchschnittlich 
stärker reduziert, bald die hintere, bald die innere Hauptleiste. 
Oft sind diese nur in ihrem basalen Teile zu erkennen und können 
schließlich vollkommen fehlen. Der Winkel zwischen hinterer 
und vorderer Hauptleiste ist größer als beim Gorilla, mitunter 
180° genähert, doch scheinen sich auch in diesem Merkmal die 
beiden Variationskreise zu berühren. 

Die accessorische Leiste an der vorderen Lingualseite tritt 
seltener auf. Die Furchen sind durchschnittlich stärker reduziert, 
besonders die beiden Furchen an der Labialseite, von denen die 
vordere nur in einem einzigen Falle beobachtet wurde. 


"U TE 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 99 


Weibchen. Der untere Eckzahn des Schimpansenweibchens 
besitzt vielfach gleichfalls geringe Höhe und überragt die Schneide- 
zähne nur wenig, obwohl die durchschnittliche Höhe relativ größer 
ist als beim Gorilla. Die Ausdehnung der vorderen Ausbuchtung 
ist durchschnittlich ebensogroß wie beim Männchen, in vereinzelten 
Fällen jedoch bedeutend größer. Die labiale Kronengrenze liegt 
meist sehr tief. Durch die Art der Reduktion der Hinterleisten 
werden zwei verschiedene Eckzahntypen hervorgerufen, die als 
Extreme einer Variationsreihe zu betrachten sind. 

Typ. 1: Die hintere Hauptleiste ist reduziert, an ihrer Stelle 
weitgehende Abplattung, so daß die hintere Außenseite des Zahnes 
relativ stark konkav gewölbt ist. Die innere Hauptleiste ist stark 
entwickelt. Häufigere Form. Beispiel B.Z.M. © 2104. 

Typ. 2: Die innere Hauptleiste ist eingeebnet, die hintere 
deutlich. Die Fläche zwischen hinterer und vorderer Hauptleiste 
ist abgeplattet, so dal der Zahn in seiner Gestalt Annäherung an 
den I, zeigt, besonders wenn die vordere Hauptleiste kurz ist. 
Beispiel B.Z.M. 2 A 5800. 

Die diese Typen bestimmenden Variationen sind zwar auch 
beim Männchen und beim Gorilla vorhanden, treten jedoch nicht 
in derartig formbestimmendem Maße hervor. Nur Typ 1 ist auch 
bei den & deutlich ausgebildet. 

Schließlich können beim 9 beide Leisten reduziert sein. 

Orang. Beim Orang erreicht die Ausdehnung der vorderen 
Ausbuchtung und besonders die Verkürzung der vorderen Haupt- 
leiste ihr Extrem, und zwar bei beiden Geschlechtern. Nur ein 
beschränkter Teil der Individuen fällt in dieser Hinsicht innerhalb 
der Variationsbreite des Schimpansen. Die Länge der vorderen 
Hauptleiste ist beim Männchen in der Regel ebenso lang oder 
kürzer als die Entfernung ihrer Basis vom Hinterrand der Zahn- 
krone. Es steigt also an der Lingualseite der Kronenrand nach vorn 
sehr stark empor, was dem Zahn, verbunden mit der unscharfen 
Abgrenzung der Krone einer griffelförmige Gestalt verleiht. 
Auch die Reduktion der Leisten ist noch weiter vorgeschritten als 
bei den anderen Simiiden. Die hintere und innere Hauptleiste 
sowie deren Basalwülste fehlen in der Regel und sind z. T. an- 
deutungsweise vorhanden. In diesen Fällen ist aber der Abstand 
der inneren Hauptleiste von der hinteren viel größer als bei den 
anderen Simiiden, meist liegt sie in der Mitte zwischen hinterer 
und vorderer Hauptleiste. Vom Furchensystem ist bisweilen die 
hintere Furche, besonders in ihrem oberen Teil vorhanden, eine 
weitere, deutliche Furche wurde mehrfach direkt lingual neben 
der vorderen Hauptleiste beobachtet. Ferner können noch zahl- 
reiche, unregelmäßige Furchen auftreten. Der Winkel zwischen 
hinterer und vorderer Hauptleiste liegt durchschnittlich in der 
Mitte zwischen dem bei Gorilla und Schimpansen genannten Werten. 

Der untere Eckzahn des Weibchens unterscheidet sich von 
dem des Männchens oft nur dureh geringe Höhe. Mitunter tritt 


7% 11. Heft 


100 Adolf Remane: 


jedoch auch hier entsprechend dem Typ 2 des Schimpansen An- 
näherung an die Gestalt des I, ein, die, wenn sie mit gleichzeitiger 
Anlehnung der mesialen Fläche an den I, verbunden ist, zu einer 
weitgehenden morphologischen und funktionellen Assimilation 
des C, an die unteren I führt. 

Hylobatiden. Der untere. Eckzahn verschmälert sich aus 
einer breiten Basis rasch in eine schlanke hohe Spitze. Die Vorder- 
seite ist durchschnittlich stärker konvex gekrümmt als bei den 
Simiiden. Die Basis der Hinterseite ist in einen starken, breiten 
Talonidwulst verlängert, der im extremen Falle als deutlicher 
Höcker abgesetzt ist. Infolgedessen ist die Hinterseite des Zahnes 
stark konkav ausgehöhlt, besonders über dem labialen Teil des 
Talonidwulstes. Die hintere und innere Hauptleiste fehlt in der 
Regel vollständig, in den Fällen, wo ihre Lage noch zu erkennen 
ist, ist diese mehr durch die zwischen ihnen befindliche seichte 
Rinne als durch wirkliche Leistenbildungen angedeutet. Die vor- 
dere Leiste ist lang, meist schwach, ebenso der Wulst an ihrer 
Basis, der sich lingualwärts in einen bis zum Talonid reichenden 
Basalwulst fortsetzen kann. In einem Falle wurde dieser Basal- 
wulst von einer an der Lingualseite senkrecht verlaufenden, tiefen 
Furche durchschnitten. Die untere Kronengrenze liegt an allen 
Seiten in annähernd derselben Höhe, nur die vordere Einbuchtung 
unterhalb der vorderen Hauptleiste kommt auch den Hylobatiden 
zu, wenn auch nur in geringer Ausbildung. 

Der Habitus des Zahnes ist von dem der Simiiden deutlich unter- 
schieden, ‚die meiste Annäherung zeigt Typ 1 des Schimpansen. 


3. Schneidezähne. 


Während von den Molaren bis zu den Eckzähnen eine Homo- 
logisierung der einzelnen Bauteile der Zähne ohne allzu große 
Schwierigkeiten möglich war, ist eine gleiche Erklärung der Form- 
elemente der Schneidezähne nicht möglich. \\ ohl sind auch hier 
einige Anhaltspunkte für eine solche Homologisierung vorhanden, 
doch ruht diese meist auf weit unsicherer Grundlage. Nur daß der 
Hauptteil der Schneidezähne im Oberkiefer dem Paraconus, im 
Unterkiefer dem Protoconid entspricht, sei hier erwähnt, näheres 
wird später gesagt werden (vergl. p. 140). 

Obere Schneidezähne. 

Gorilla. Eine Brücke zwischen den eigentlichen Schneide- 
zähnen und den einspitzigen Höckerzähnen bildet der äußere 
obere Schneidezahn (I?), der allein von allen Schneidezähnen 
eine Spitze besitzt, wobei allerdings die beiden Seitenränder 
bereits schneideartig zugeschärft sind (Abb. 22). Infolgedessen 
besitzt die Kaufläche des Zahnes eine rhombische oder rhomboide 
Umrißform, variiert aber innerhalb dieser Grundform stark. Die 
rein rhombische Form ist besonders an Schädeln von Akonolinga 
ausgeprägt, annähernd ist sie bei Individuen von Jaunde und 
Bipindi vorhanden (Abb. 23a, b). Das andere Extrem zeichnet 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 101 


sich durch starke Ausdehnung der unteren mesialen und oberen 
distalen Kante aus unter gleichzeitiger Abstumpfung des innen 
gelegenen \Winkels (Abb. 23c), eine Form, welche z. B. die ost- 
afrikanischen Rassen zeigen. 

Die labiale Fläche der Krone zeigt eine ähnliche Form wie 
die Kaufläche, nur ist sie konvex gewölbt und ihr unterer Teil 
mehr abgerundet. Die beiden seitlichen Flächen sind nur zum Teil 
mit Schmelz bedeckt, die mesiale oft nur in ihrem obersten Teil, 
während die distale vielfach einen nahezu vollständigen Schmelz- 
belag zeigt. 

Die äußere obere Kante zeigt an ihrem unteren Ende bisweilen 
eine wulstige Verdickung, die mitunter die Gestalt eines kleinen 


Abb. 21. Mittlere Schneidezähne (I!) des Oberkiefers. 1'/, nat. Gr. 


a—c: Gorilla. a und b) A. I.B. & 1912 Nr. 27. Jaunde; e)B.Z.M. $ A 4809,? 

Wabembe; d—e: Schimpanse. d) B.Z. M. A 9609,*” Bamenda; e) B.Z.M. 

A 4809,12?; f—g: Orang. f) B. Z. M. 7537; g) B. Z. M. 30946; h—k:Gibbon. 
h) B.Z.M. 7831; i) B. Z.M. 7806; k) B. Z.M. 

a von der Labial-, alle übrigen von der Lingualseite. 


. 


Höckerchens besitzen kann. An Leisten sind vielfach mehrere 
schwache Längsleisten auf der Kaufläche zu beobachten, ohne daß 
ich aber irgend eine Gesetzmäßigkeit in ihrem Verlauf finden konnte. 
Nur von der Spitze läßt sich häufiger eine mittlere Leiste eine 
Strecke verfolgen, die oben sehr scharf sein kann und durch dieses 
Verhalten vollkommen an die Paraconusnebenleiste der Prämolaren 
erinnert. Der den unteren Teil der Kaufläche umrahmende Rand- 
wulst (meist Cingulum genannt) ist nur gering entwickelt und kann 
vollkommen fehlen. Erwähnung verdienen noch zwei tiefe und 
sich auf die Wurzel fortsetzende Längsfurchen, von denen aber 
stets nur eine vorhanden war; auch können beide fehlen. Die eine 
durchschneidet den äußeren Teil der Kaufläche, die andere den 
inneren. Vermutlich sind diese Furchen mit den beiden Längs- 
furchen des oberen Eckzahns zu vergleichen. 


© 11. Heft 


102 Adolf Remane: 


Der viel größere und breitere innere Schneidezahn des Ober- 
kiefers (Abb. 21) vertritt fast vollkommen den Schneidezahntypus, 
da er eine breite, horizontale Schneidekante besitzt. Ein ent- 
fernter Hinweis auf einen Spitzenzahn ist jedoch noch in einer 
plötzlichen Abschrägung des äußeren Teils zu erblicken. Von dieser 
Abschrägung abgesehen besitzt die labiale wie linguale Fläche die 
Form eines sphärischen Dreiecks, oder eines Halbkreises, wobei 
die Schneidekante der Grundlinie des Halbkreises entspricht. 
Die Kaufläche ist + konkav gewölbt, das Maß der Wölbung hängt 
von der wechselnden Ausbildung des Basalwulstes (Tuberculum 
dentale) ab. Meist liegt dieses als breiter, durch Furchen zerteilter 
Wulst der Innenseite der unteren Kaufläche an, ohne sich jedoch 


Abb. 22. Äußere Schneidezähne (I?) des Oberkiefers. 1'/, nat. Gr. 
a—c: Gorilla. a und b) A.I.B. 5 1912 Nr.27; c) B.Z.M. 3 31624 Wabembe; 


d—e. Schimpanse. d)B.Z.M. 3 A "7 Ukalla; e)B.Z.M. 2308472 Akonolinga; 
f—g: Orang. f) B. Z.M. 7537; g) B. Z. M. 3 6947 Moalang (Borneo); 
h—-i: Gibbon. k) Symphalangus. 


a von der Labial-, h von der Distal, alle übrigen von der Lingualseite. 


als Höcker abzusetzen. Dies ist aber der Fall bei einem Exemplar 
von Jaunde (Abb. 21b) und besonders bei Gorilla beringei, wo er 
sehr stark entwickelt ist und sogar eine ziemlich scharfe Kante 
besitzt. Diese Kante trägt oft Höcker, denen aber kaum irgend 
welche Bedeutung zuerkannt werden kann, da sie sogar an den 
beiden I! eines Gebisses ganz verschiedene Ausbildung zeigen 
können. Vom Tuberculum dentale ziehen über die Kaufläche nach 
der Mitte der Schneidekante einige Leisten. An der Mündungs- 
stelle derselben trägt die Schneidekante ein sehr kleines aber deut- 
liches Höckerchen, das an noch ungebrauchten Zähnen stets wahr- 
nehimbar ist. An dieses Hö:kerchen können sich seitlich noch je 
ein oder mehrere undeutliche Höckerchen anschließen. 

Die mesiale Seitenfläche zeigt am I! ebenso wie am I? einen 
unvollkommenen Schmelzbelag (vergleichbar der vorderen Ein- 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 103 


buchtung der unteren Kronengrenze des C’), während derselbe 
die distale Fläche der Krone vollkommen ausfüllt. 

Die beiden oberen Schneidezähne besitzen nur eine Wurzel 
von zapfenförmiger Gestalt. Der Wurzelquerschnitt des I! ist 
dreieckig mit lingual gerichteter Spitze. Die labiale Seite zeigt 
nicht selten eine breite Längsrinne, die auch auf die Zahnkrone 
übergreifen kann. Weiterhin kann an der mesialen wie an der 
distalen Seite gleichfalls eine Längsfurche vorhanden sein. Da- 
durch erfolgt eine deutliche Zergliederung der Wurzel in drei 
Pfeiler, worauf bereits Adloff (4) hingewiesen hat. 

Die Wurzel des I? zeigt einen ovalen bis eiförmigen Quer- 
schnitt, dessen größter Durchmesser in labio-lingualer Richtung 
liegt. Auch hier kann an der mesialen und distalen Seite eine Längs- 
rinne vorhanden sein, an der distalen sind es mitunter zwei, so 
daß auch an diesem Zahn drei Wurzelpfeiler angedeutet sein können. 

Schimpanse. Die oberen Schneidezähne des Schimpansen 
sind in ihrer Form von denen des Gorilla deutlich und konstant 
unterschieden, so daß die Form der Schneidezähne großen diagnos- 
tischen Wert besitzt. 

Der I? besitzteine Schneidekante, worauf auch Schwalbe 
(78) hinweist. Dadurch ähnelt er bis auf die viel schmalere Krone 
mehr dem I! des Gorilla. Eine Abschrägung der distalen oberen 
Kronenseite ist in ziemlich starkem Maße vorhanden. Die Schneide- 
kante besitzt drei, selten zwei relativ große, spitze Höcker, die 
allerdings sehr schnell durch Abkauung eingeebnet werden. Diese 
drei Höcker sind entweder gleichgroß, oder der mittlere übertrifft 
die seitlichen um ein Geringes an Größe (Abb. 22d, e). 

Dem I! fehlt die distale Abschrägung der Schneidekante, an 
ihrer Stelle findet sich höchstens eine Abrundung der distalen 
Ecke Der Grundriß der Kaufläche zeigt nur zum Teil Ähnlichkeit 
mit dem I! des Gorilla. Im Durchschnitt ist die Krone höher, 
mitunter sogar beträchtlich, die basale Kronengrenze ist labial 
wie lingual stumpfer gerundet, die Gesamtform der Kaufläche 
nähert sich also mehr der eines Rechtecks. Die Schneide trägt 
keine konstanten Höckerbildungen, sondern nur eine unregelmäßige 
Körnelung. Das Tuberculum dentale ist ein + deutlicher Wulst, 
erreicht aber nie eine derartige Ausbildung, wie sie bei Gorilla 
beringei vorhanden ist. Nach oben verschmälert es sich in einen 
medianen Längswulst, der in der Mitte der Schneidekante mündet. 
Die durch diesen Wulst abgegrenzten Seitenflächen des Zahnes 
sind etwas tiefer ausgehöhlt als beim Gorilla, besonders die distale 
Hälfte zeigt in der Regel eine sich nach der Basis vertiefende Grube, 
die bisweilen das Cingulum durchbricht. An einem Individuum 
war beiderseits am I? an der distalen Hälfte der Kaufläche eine 
die Krone und z. T. die Wurzel durchschneidende Längsfurche vor- 
handen, am I! eine solche mehr mesial gelegen. 

Orang. Der I? des Orang ist wie der des Gorilla einspitzig 
(Abb. 22f, g). Er unterscheidet sich von diesem durch in der Regel 


11. Heft 


wi 


od 


104 Adolf Remane: 


gerundete Seitenränder, häufig deutlich abgesetztes Cingulum, 
sowie den Besitz zahlreicher Längsrunzeln. Mitunter findet jedoch 
ein Ansatz zur Bildung einer Schneidekante statt, indem an der 
mesialen oberen Seite ein weiterer, oft großer gerundeter Höcker 
auftritt (vergl. Selenka 79, Fig. 102). 

Der I! entspricht in seinem Grundriß weitgehend dem I! des 
Gorilla, nur sind die Seiten gerundeter. In vereinzelten Fällen 
kann jedoch die Krone bedeutend höher werden als beim Gorilla. 
Als weitere Unterschiede wären noch zu erwähnen: die wulstigen 
Seitenränder der Kaufläche, die zahlreichen und tiefen Längs- 
runzeln auf derselben, sowie das Vorhandensein eines größeren 
meist spitzen Zackens in der Mitte der Schneidekante, der jedoch 
bisweilen nur undeutlich ausgprägt ist; in andern Fällen sind drei 
Höcker vor- 
handen. An 
derLabialseite 
kann ebenso 
wie beim Go- 
rilla eine me- 
diane Längs- 


vertiefung 
Abb. 23. Innere Schneidezähne (I,) des Unterkiefers. auftreten. j 
1!/, nat. Größe. Das Wur- 


a) Gorilla B.Z.M. A 48,10 Mvlumdu; b) Schimpanse zelsystem der 
B.Z.M. 8 A” Ukalla; c) Orang B. Z. M. 6950; Schneide- 
d-f; Gibbon; d) B. Z.M. 1767; e) B. Z.M. 30954; Zähne weist 
f) B.Z.M. beim  Orang 
und beiSchim- 
panse nur unbedeutende Differenzen von dem des Gorilla auf, die 
beim Orang in einer bisweilen größeren Breite der Wurzel des I!, 
beim Schimpansen in einem meist rundlicheren Querschnitt der 
Wurzeln bestehen. 

Hylobatiden. Die oberen Schneidezähne der Hylobatiden 
unterscheiden sich von denen der Simiiden durch ihre sehr tief 
ausgehöhlte Kaufläche. Von den Simiiden sind ihnen also die Zähne 
mit stark entwickeltem Tuberculum dentale, also besonders Gorilla 
beringei wenigstens etwas ähnlich, da sie eine ähnliche Aushöhlung 
der Kaufläche aufweisen. 

Der I! ist einspitzig, seine Spitze jedoch sehr stumpf. Die 
Kaufläche ist relativ breiter als bei Gorilla, das Cingulum ist fast 
stets sehr deutlich und scharf. Die Aushöhlung der Kaufläche 
setzt sich z. T. auf die distale Seitenfläche des Zahnes fort, so daß 
die distale Begrenzung der Kaufläche (mitunter undeutlich) der 
Basis der Zahnkrone naherückt (vergl. Abb. 21 h-k). 

Der I! besitzt einen ähnlichen Grundriß wie der I! des Gorilla; 
doch ist der Zahn im Durchschnitt relativ breiter, die mesiale Seite 
kann stärker schräg gestellt, die distale stärker gerundet sein. 
Das Cingulum ist hoch, als scharfer vorspringender .Kamm ohne 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 105 


Höckerbildungen ausgebildet und verläuft an der lingualen Basis 
der Zahnkrone, mesialwärts + stark mit der Schneidekante kon- 
vergierend. Die tiefe Einsenkung der Kaufläche ist meist glatt, 
selten sind Längsleisten angedeutet. Die Ausbildung der Schneide- 
kante unterliegt mannigfachen Schwankungen. Mitunter sind 
selbst im ungebrauchten Zustand keinerlei Höckerbildungen zu 
erkennen, häufig tritt in der Mitte ein rundliches Höckerchen auf, 
dessen seitliche Begrenzungsfurchen sich sowohl auf die linguale 
als auch auf die labiale Seite der Krone fortsetzen können, ferner 
kann die Schneidekante deutlich dreilappig sein, in andern Fällen 
sind in der Mitte zwei Höckerchen vorhanden oder schließlich 
unregelmäßige Körnelung der Schneidekante. Der mittlere Teil 
der Schneidekante ist dabei mitunter etwas eingesenkt. 

Tiefe Teile derKrone und Wurzeldurchschneidende Furchen, wie 
sie bei Gorilla und Schimpanse erwähnt wurden, kommen nicht vor. 

Die Wurzeln zeigen nicht selten deutliche Spuren einer Drei- 
oder Zweiteilung, wie sie beim Gorilla beschrieben wurden. 

Untere Schneidezähne. 

Gorilla. Die unteren Schneidezähne (Abb. 23a) sind in 
ihrer Gestalt einander viel ähnlicher als es bei den oberen der Fall 
ist und der einzige konstante Unterschied besteht darin, daß der 
äußere Teil der Schneidekante am I, abgeschrägt ist, während am 
I, die gesamte Schneidekante horizontal und gerade ist. Die labiale 
und linguale Fläche der Krone haben die Umrißform eines gleich- 
schenkeligen Dreiecks, mit abgerundeter Spitze und kleiner Basis, 
wobei letztere der Schneidekante entspricht. Am I, ist dabei na- 
türlich die eben erwähnte Abweichung der Schneidekante zu berück- 
sichtigen. 

Ein basaler Wulst ist in wechselnder Ausbildung vorhanden, 
ohne jedoch je als Höcker ausgebildet zu sein. Über die Kaufläche 
verlaufen nur schwache Längsleisten, bisweilen sind die Seiten der 
Kauflächen von einem deutlichen Randwulst eingerahmt.. Die 
Schneidekante trägt ebenso wie am I! in ihrer Mitte ein kleines, 
scharf angesetztes Höckerchen, zu dem an jeder Seite noch ein 
weiteres von ähnlicher Gestalt treten kann. Die scharfen Kerben, 
die das mittlere Höckerchen begrenzen, setzen sich auf die Kau- 
fläche als Rinnen fort. Das Höckerchen selbst liegt bisweilen 
etwas tiefer als die übrigen Teile der Schneidekante. 

Bemerkenswert ist ferner, daß der distale Teil der Kaufläche 
des I, mitunter eine Grube trägt, die nach unten an Tiefe zunimmt 
und den Rand der Kaufläche als Furche durchbrechen kann. 
Diese Furche ist vielleicht der hinteren Hauptfurche der Eckzähne 
homolog. 

Die dreieckigen Seitenflächen sind auch an den unteren 
Schneidezähnen nur zum Teil mit Schmelz Bedeckt und zwar zeigt 
die distale Fläche eine stärkere Ausbuchtung als die mesiale. 
Diese Ausbuchtungen erinnern in ihrer Form gleichfalls an die beim 
C, beschriebenen Ausbuchtungen. 


11. Heft 


106 Adolf Remane: 


Die unteren I sind einwurzelig, ihre Wurzel besitzt einen 
länglich ovalen Querschnitt. Die distale Seite des I, kann eine + 
breite Längsrinne tragen, der I, eine solche an der mesialen und 
zwei an der distalen Seite, so daß auch hier eine Dreiteilung der 
Wurzel in Spuren zu erkennen ist. 

Schimpanse. Die unteren Schneidezähne des Schimpansen 
sind relativ breiter als die des Gorilla, besonders der untere Teil der 
Kaufläche, so daß deren Basis eine durchschnittlich stumpfere 
Rundung aufweist. Das Tuberculum dentale ist zum Teil besser 
entwickelt und bisweilen deutlich höckerartig abgesetzt, ebenso 
ist eine mediane Längsleiste meist stärker hervortretend. Die seit- 
lichen Gruben der Kaufläche sind bis auf die durch die breitere 
Basis bedingten Unterschiede denen des Gorilla ähnlich. 

Die Schneidekante zeigt deutliche Unterschiede von der des 
Gorilla (Abb. 23b). Am I, trägt sie drei relativ große, scharfe 
Zacken, von denen die mittelste am größten oder alle drei gleich- 
groß sind. Am I, sind diese drei Zacken gleichfalls vorhanden, 
doch liegt die distale Zacke (entsprechend der Abschrägung beim 
Gorilla) meist viel tiefer als die anderen und fehlt nicht selten voll- 
kommen. Als seltenere Variationen kommen noch in Betracht, 
1. das Vorhandensein von vier Zacken am I,, das wohl durch Spal- 
tung der Mittelzacke hervorgerufen wird. 2. Fast vollkommen un- 
regelmäßige Körnelung der Schneidekante. Nie konnte jedoch 
eine mit der des Gorilla übereinstimmende Form der Schneidekante 
beobachtet werden, wobei allerdings hinzugefügt werden muß, 
daß nur relativ sehr wenige Zähne die genaue Struktur der Schneide- 
kante erkennen lassen, da diese sehr schnell durch die Abkauung 
vollkommen geglättet wird. 

Orang. Die Grundform der unteren Schneidezähne des Orang 
schwankt zwischen denen des Schimpanse und des Gorilla, nähert 
sich durchschnittlich wohl der letzteren Gattung. Das Tuberculum 
dentale ist meist nur als Wulst entwickelt, der sich nach oben in 
einem medianen, zur Mitte der Schneidekante ziehenden Wulst 
verschmälert. Weiterhin ist das Auftreten + zahlreicher Längs- 
runzeln auf der Kaufläche bemerkenswert. Die Schneidekante trägt 
am I drei deutliche Zacken, von denen oft die mittlere etwas größer 
ist als die seitlichen, nicht selten sind fünf Zacken vorhanden 
(vergl. auch Selenka 79, Fig. 83 und 80, Fig. 141, Adloff 4, Abb. 32). 
Am I, sind fast stets nur 3 Zacken vorhanden, von denen die mitt- 
lere die beiden äußeren beträchtlich an Größe übertrifft, die mesialen 
Zacken liegen tiefer (selten in gleicher Höhe) und bei den distalen ist 
dies noch in stärkerem Maße der Fall. Die seitlichen Spitzen können 
+ reduziert sein, so daß der I, des Orang sich am weitesten unter 
allen Anthropoiden in seiner Form einem einspitzigen Zahn nähert. 
Diese Form war in emem Falle vollkommen erreicht, der I, des- 
selben Gebisses zeigte einen etwas herabgerückten distalen Höcker. 

Hylobatiden. Noch größer als bei den oberen Schneide- 
zähnen ist die Formenmannigfaltigkeit an den unteren. Inwieweit 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 107 


diese auf Artmerkmale zurückzuführen sind, kann ich infolge zu 
weniger intakter Zähne nicht sagen, doch beruht zum mindesten 
ein großer Teil der beobachteten Unterschiede auf individueller 
Variation. Die auffälligsten Formentypen habe ich in Abb. 24 
dargestellt, bemerkenswert ist die bisweilen sehr starke, konkave 
Krümmung der mesialen und die konvexe Krümmung der distalen 
Seite des I,, die weit über das bei den Simiiden beobachtete Maß 
hinausgehen kann. Ein Cingulum ist mitunter deutlich abge- 
setzt, in einem Falle die Kauflächen beider I napfartig ausgehöhlt. 
Am I, trägt die Schneidekante drei Höcker bezw. einen deutlich 
abgesetzten etwas versenkten 
Mittelhöcker, der jedoch redu- 
ziert und durch eine Furche er- 
setzt werden kann. In anderen 
Fällen fehlt der Schneidekante 
jegliche Höckerbildung oder die- 
selbe ist durch unregelmäßige 
Körnelung ersetzt. Auch am |], 
kann die Schneidekante J°8" Schneidezähne desGibbon. 1?/,nat.Gr. 
licher Höckerbildung entbehren, z 

- F ö : a) B. Z. M. 7867; b) B. Z. M. 7803; 
vielfach sind jedoch drei deut- '.)B.2.M. 30954; d)B. Z.M. 
lich abgesetzte, oben rundliche 
Höckerchen vorhanden, deren gegenseitige Lagebeziehungen stark 
wechseln. An tiefsten liegt stets der distale Höcker, doch ist seine 
- Stellung keineswegs konstant. Der mittlere Höcker ragt mitunter 
am höchsten empor, wobei er meist größer als die seitlichen ist, 
in anderen Fällen liegt jedoch der mesiale Höcker am höchsten, 
während der mittlere und der distale Höcker in steigendem Maße 
der Kronenbasis genähert sind (Abb. 24). 

Die Wurzeln entsprechen im großen und ganzen denen der 

Simiiden, eine Zweiteilung in einen labialen und einen lingualen 
Wurzelpfeiler tritt nicht selten auf. 


Abb. 24. Einige äußere, untere 


4. Das Milchgebiß. 


Dem Milchgebiß der Säugetiere ist in den letzten Jahrzehnten 
größere Aufmerksamkeit gewidmet worden, seit Leche an Hand 
zahlreicher Beispiele nachgewiesen hat, daß das Milchgebiß in 
vielen Fällen primitivere Merkmale bewahrt hat als das Dauer- 
gebiß und so wertvolle Fingerzeige bei phylogenetischen Unter- 
suchungen geben kann. Inwieweit eine derartige Betrachtungs- 
weise auch für die Anthropoiden Berechtigung hat, soll in einem 
der nächsten Kapitel auseinander gesetzt werden. 

Das Milchgebiß der Anthropoiden besteht wie das sämtlicher 
Katarrhinen aus zwei Milchmolaren, einem Eckzahn und zwei 
Schneidezähnen in jeder Kieferhälfte. Die Beschreibungsmethode 
der Milchzähne ist insofern gegenüber der des Dauergebisses ab- 
geändert, als jeder Zahn einzeln betrachtet wird. 


11. Heft 


108 Adolf Remane: 


Hinterer oberer Milchmolar. 

Gorilla. Für den md* des Gorilla fand ich folgende Größen- 
maße: Länge 11,1—13,3 mm; Breite 10,4—14 mm, der Breiten- 
index beträgt 94,5—111,6. In seiner Form stimmt der md? nahezu 
vollkommen mit dem M! des Dauergebisses überein, während er 
seinem Nachfolger durchaus unähnlich ist. Vom M! unterscheidet 
er sich nur durch folgende Merkmale: 1. Die Größe ist stets geringer, 
2. Der Protoconus ist im Verhältnis zu den Außenhöckern durch- 
schnittlich etwas weiter nach hinten gerückt. 3. Der Hypoconus 
ist in der Regel kleiner, dicht hinter dem Protoconus in gleicher 
Höhe mit dem Metaconus stehend. Nur in einem Falle war der 
Hypoconus stark entwickelt, auch an die Hinterseite gerückt, 
so daß sämtliche Höcker stark alternierend standen. Zur weiteren 
Charakterisierung des Zahnes sei noch hinzugefügt, daß die hintere 
Randleiste in der Regel tief liegt und blind hinter dem Metaconus 
endigt. Die Fovea anterior ist groß, die vordere Randleiste in 
ihrem labialen Teile mit scharfem Knick. Vordere Hypoconus- 
und hintere Metaconusrandleiste treffen meist in einem spitzeren 
Winkel aufeinander, als am M!. Das Basalband tritt in gleicher 
Mannigfaltigkeit wie an den M auf, mitunter ist lingual auch der 
den Hypoconus umgebende Teil vorhanden (vergl. auch Duvernoy 
23, Taf. XVI, Fig. 3 A). Die Hauptleisten sind deutlich, die Neben- 
leisten gering ausgeprägt. 

Überzählige Höcker waren in einem Falle beiderseits hinter 
dem Hypoconus vorhanden (gleichzeitig am M!), in geringerer 
Ausdehnung bisweilen auf der vorderen Randleiste als Proto- 
conulus sowie unmittelbar vor dem Paraconus. 

Die md? der übrigen Anthropoiden sind in ganz ähnlicher 
Weise dem M! ähnlich; aus diesem Grunde gelten für die md? 
der einzelnen Gattungen für Höckerhöhe, Runzelung usw. die- 
selben Unterschiede wie für die M des Dauergebisses. 

Der md? des Schimpansen unterscheidet sich dabei vom 
M! durch ganz dieselben Merkmale, wie sie beim Gorilla aufgeführt 
wurden. Hervorgehoben sei noch, daß die rückwärtige Lage des 
Protoconus mitunter eine weitgehende Schrägstellung der mesialen 
Seite hervorruft und daß der.oft kleine Hypoconus der hinteren 
Lingualseite des Protoconus ansitzt, wobei nur eine vordere Hypo- 
conusrandleiste vorhanden ist. Diese trifft in der Regel unter einem 
stumpfen Winkel auf die Crista obliqua. Auch beim Schim:pansen 
ist ammd® dasHauptleistensystem deutlich, die Nebenleisten gering. 

Ein accessorischer Höcker trat bei zwei Individuen auf der 
Randleiste zwischen Paraconus und Metaconus auf, ein Neben- 
höcker, für den kein Analogon an den M beobachtet wurde. 

Die Maße des Zahnes sind: Länge 7,1—9,2 mm (6,5— 9,4 mm 
de Terra); Breite 8—9,9 mm (6,7 de Terra). Der Breitenindex 
102,2—120,7. ; 

Beim Orang erreicht die Formenähnlichkeit zwischen md? 
und M! den höchsten Grad, da Hypoconus und Protoconus keine 


4 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 109 


erkennbaren Lage- und Größendifferenzen aufweisen. Die Haupt- 
leisten sind auch am md? dieser Gattung deutlicher, die Runzeln 
weniger deutlich und in ihrem Verlauf mehr mit dem allgemeinen 
Anthropoiden-Schema übereinstimmend als es bei den M der 
Fall ist. 

Die Länge des Zahnes beträgt 8,4—11,7 mm, die Breite 9,7 


ö (9,2 de Terra) —12,4 mm und der Breitenindex 100-125. 


Die Hylobatiden wiederum zeigen am md? stark alternie- 
rende Stellung der Trigonidhöcker. Der Hypoconus ist (besonders 
bei Hylobates) durchschnittlich kleiner als bei den Simiiden, 
mehrfach mitsamt der hinteren Randleiste tief gelagert und direkt 
mit dem Basalband im Zusammenhang; bei derartigen Zähnen tritt 


‘das Trigon des Zahnes scharf hervor. 


Maße: Symphalangus Länge 6,1—7 mm, Breite 6,1—7 mm. 
Breitenindex 94,1—100. 
Hylobates Länge 4,9—5,4 mm, Breite 4,7—5,9 mm. 
Breitenindex 95,9—113,5. 

Die Variationskreise der Länge und Breite greifen bei den 
beiden Hylobatiden also nicht ineinander, was aber nur darauf 
zurückzuführen sein dürfte, daß mir von den kleinzähnigen Sym- 
phalangusformen (5. s. continentis und S. klossi) kein Schädel mit 
Milchgebiß zur Verfügung standen. 

Vorderer oberer Milchmolar. 

Gorilla. Der md? zeigt in seinem Aufbau eine merkwürdige 
Mischung des Molaren und des Prämolarentyps. Seine Umrißform 
ähnelt zum Teil der des md, doch ist die vordere Außenseite weit 
nach vorn ausgedehnt und die Vorderkante des Zahnes demnach 
schräg zur Medianlinie gestellt. Die Höckerzahl beträgt nahezu 
konstant fünf, doch ist deren Größe derart verschieden, daß man 
zwei Höcker und drei Nebenhöcker unterscheiden muß. Die beiden 
Haupthöcker sind der Paraconus und der Protoconus, von denen 
besonders der erstere sehr umfangreich ist: Der Protoconus steht 
zu ihm in wechselndem Maße alternierend. Auf der hinteren Kante 
des Paraconus erhebt sich in etwas variierender Entfernung von 
der hinteren Außenecke als kleiner, jedoch meist deutlicher Neben- 
höcker der Metaconus, am hinteren Innenrand liegt ein weiterer 
sStumpfer Nebenhöcker, der Hypoconus. Der dritte Nebenhöcker 
liegt an der vorderen Außenkante, die ja deutlich zugespitzt ist 
und der labialen Knickung der vorderen Randleiste am md* und 
M! entspricht. Das Höckerchen ist spitz und deutlich abgesetzt 
und muß nach der Osbornschen Terminologie als Parastyl (nach 
Bolk Nebenspitze 1) bezeichnet werden. Es ist eine Besonderheit 
des md?, am md? kann es als Anomalie in geringer Ausprägung 
auftreten. 

Das Leistensystem des Zahns besteht aus-zwei Hauptleisten, 
der vorderen und der hinteren Trigonleiste, erstere in nach hinten 
offenem Bogen zwischen den Haupthöckern hin, letztere in geradem 
Verlauf vom Protoconus zum Metaconus. Nebenleisten sind selten. 


11. Heft 


110 Adolf Remane: 


Es wurden beobachtet: 1. eine hintere Metaconusnebenleiste, 
9. eine vom labialen Teil der vorderen Trigonidleiste zur Mitte 
der vorderen Randleiste ziehende Nebenleiste, wie sie nicht selten 
auch am P® vorkommt. 

Das Basalband ist meist nur in geringen Spuren in der Nähe 
des Hypoconus vorhanden, in einem Falle an der lingualen Seite 
voll entwickelt. Labial kommt es bisweilen als ausgedehnter und 
deutlicher vom Parastyl herabziehender Wulst vor. 

Ein accessorischer Höcker wurde am md? mehrfach beobachtet 
undzwaran derhinteren Außenecke hinter dem Metaconus. Vielleicht 
ist ein Teil der an den P? in gleicher Lage häufig beobachteten 
Höckerchen mit diesem und nicht mit dem Metaconus identisch. 

Reduktion von Höckern kommt sehr selten vor; die beiden ° 
hinteren Nebenhöcker können ausnahmsweise nahezu vollkommen 
fehlen, wodurch dann der Zahn mehr dem Prämolarentyp genähert 
erscheint. 

Maße des Zahnes: Länge (L’) 8,3—12,1, Breite (B) 9—12,7, 

sy, Wr 

Schimpanse. Der md? des Schimpansen ist genau aus den- 
selben Formenelementen aufgebaut wie der md? des Gorilla. In 
gleicher Weise sind zwei Haupt- und drei Nebenhöcker vorhanden. 
Im durchschnittlichen Verhalten lassen sich jedoch einige geringe 
Unterschiede zwischen den beiden Gattungen erkennen. Der. 
Protoconus liegt im Verhältnis zum Paraconus bisweilen weiter 
hinten, wodurch nicht nur eine noch stärkere Abschrägung des 
Vorderrandes, sondern auch eine Schrägstellung des Hinterrandes 
des Zahnes bewirkt wird, und sein Grundriß nierenförmig wird, 
Die beiden hinteren Nebenhöcker fehlen häufiger als beim Gorilla, 
auch das Parastyl ist zuweilen undeutlicher, oft nur als Aufwulstung 
der vorderen Außenecke ausgebildet. Der Metaconus kann anderer- 
seits groß werden. Bei extremer Rückb’'ldung der Nebenhöcker 
wird der md? weitgehend den Prämolaren des Dauergebisses 
ähnlich (bis auf die geringere Höhe) in weit stärkerem Maße, als 
dies je bei Gorilla der Fall ist. 

Im Leistensystem sind folgende Unterschiede zu beobachten: 
1. Die hintere Trigonleiste ist in der Regel nicht mehr vollständig 
erhalten, sondern meist nur ihr lingualer Teil zu erkennen. Nicht 
selten tritt dieser Teil mit der hinteren Paraconusnebenleiste zu 
einer zweiten, die Haupthöcker verbindenden Nebenleiste zu- 
sammen. Nebenleisten kommen öfter vor. Die vordere Randleiste 
ist in manchen Fällen unvollständig, indem ihr lingualer, zum Proto- 
conus hinaufziehender Teil fehlen kann. 

Maße: Länge (L’) 5,5—7,3 (8 de Terra) mm; Breite (B) 5,7 

Br) 821241. 

Orang. Der md? des Orang gleicht einem Prämolaren des 

Dauergebisses weit mehr als es bei den andern Simiiden der Fall 


Breitenindex (Index 


bis 8 mm; Breitenindex (Index: 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 111 


ist; im Durchschnitt ist diese Ähnlichkeit so groß wie bei den dies- 
bezüglichen extremen Fällen des Schimpansen. Der Grundriß des 
Zahnes ist also queroval oder eiförmig (die spitzere Seite liegt 
lingual), die Abschrägung der Vorderkante ist gering. Die beiden 
Haupthöcker sind oft die einzigen Höcker des Zahnes, von den 
Nebenhöckern tritt am häufigsten der Metaconus auf, der dann 
als ganz kleines Höckerchen dicht hinter der Spitze des Paraconus 
liegt. Das Parastyl fehlt als deutlich abgesetztes Höckerchen ; 
seine Lage wird durch den mehrfach erwähnten Knick an der 
vorderen Außenseite angedeutet. Der Hypoconus fehlt gleichfalls 
in der Regel, bei etwas angekauten Zähnen tritt jedoch öfter ein 
rundlicher Dentinfleck an dieser Stelle zu Tage, so daß er wenigstens 
als geringe Dentinvorwölbung unter der Schmelzlage vorhanden 
ist. Vordere wie hintere Trigonleiste sind meist erkennbar, die 
Kaufläche zeigt starke Schmelzfältelung. Die hintere Randleiste 
zeigt an der hinteren Außenecke einen ähnlichen, doch weniger 
scharfen Knick wie die vordere an der vorderen Außenecke. 
Maße: Länge (L’) 6,3—9,5 mm, Breite (B) 8,5 (de Terra 8,2) 
> nn 109,5—125,327. 
Hylobatiden. Die Hylobatiden zeigen in gleicher Weise 
weitgehende Übereinstimmung des md? mit dem Ersatzzahn. 
Oft beruhen die Unterschiede lediglich auf geringerer Größe und 
relativ viel geringerer Höhe. Variationen in der Richtung der bei 
Gorilla und Schimpansen normalen Umrißform kommen auch hier 
vor, sind jedoch gering. Hypoconus und Parastyl fehlen stets, 
der Metaconus tritt bisweilen auf (vergl. Duvernoy 23), kann aber 
relativ bedeutendere Dimensionen erreichen als bei den Simiiden 
und z. T. dem Paraconus an Größe gleich kommen, so daß der 
md? in diesem Falle aus dem gesamten Trigon besteht. Derartige 
md? habe ich jedoch nur bei Hylobatiden beobachten können. 
Die Kaufläche trägt nur eine Leiste, die vordere Trigonleiste; 
sie verläuft in der Regel direkt zwischen beiden Höckern. Der Proto- 
conus ist in manchen Fällen sehr niedrig und umgibt nur in cin- 
gulumähnlicher Ausbildung die linguale Basis des Paraconus. 


Maße: Symphalangus: Länge (L’) 4,6—4,9 mm, Breite (B) 


bis 11 mm; Breitenindex (Index 


4,75,2 mm, Breitenindex (Index ®X,.) 102 
bis 106,1. 

Hylobates: Länge (L’) 3,5—4,2 mm, Breite (B) 3,7 
bis 4,4 mm, Breitenindex (Index 7,10%) 88,1 


bis 116,7. 
Bei allen Anthropoiden besitzen die oberen Milchmolaren drei 
stark divergierende Wurzeln, zwei labiale und eine linguale. 


2”) Selenka (79) bildet in Fig. 82 den md? eines Orang ab, dessen Index 
an der Abbildung gemessen 95,6 beträgt. 


11. Heft 


4 2 Adolf Remane: 


Obere Milcheckzähne. Bekanntlich besitzen die Anthro- 
poiden in ihrem Milchgebiß auffallend kleine Eckzähne, auch die 
Hylobatiden machen hiervon keine Ausnahme. Gleichzeitig sind 
die Zähne auch relativ niedriger, besonders beim Orang und den 
Hylobatiden, bei denen die Höhe des cd’ in der Regel viel geringer 
ist als ihre Länge. - Bemerkenswert sind noch folgende Merkmale: 
Während die .Hinterkante fast stets scharf ist, ist die Vorderkante 
abgerundet und entbehrt einer vorderen Hauptleiste. Das Innen- 
relief fehlt oft, mitunter ist lingual ein ähnlicher Längswulst vor- 
handen, wie im Dauereckzahn. Oft jedoch zieht bei Simiiden 
(besonders bei Orang) eine Längsfurche in der Mitte der Lingualseite 
entlang, die beiderseits von + deutlichen Längswulsten begleitet 
wird. Ein Basalwulst ist lingual oft vorhanden, unter den Simiiden 
beim Orang oft dickwulstig. Im Gegensatz zum Dauereckzahn 
kommt ein Basalwulst auch an den cd’ der Hylobatiden vor, wo 
er noch schärfer abgesetzt sein kann als bei den Simiiden. An der 
Basis der Vorderseite tritt eine wulstige Vorwölbung in wechselnder 
Stärke auf, sie kann größere Ausdehnung erreichen als am Dauer- 
eckzahn. 

Eigentümlich ist die Wurzel, da sie häufig eine Spaltung in 
zwei hintereinanderliegende Pfeiler aufweist. Besonders bei Hylo- 
batiden ist diese Spaltung der Wurzel häufig und oft so scharf, 
daß man von einer Zweiwurzeligkeit des cd’ sprechen könnte. 
Bei den Simiiden tritt nicht selten eine tiefe Längsfurche an der 
Labialseite der Wurzel auf, die beim Gorilla die Regel ist. An der 
Lingualseite ist bei dieser Gattung jedoch keine Furche, sondern 
mitunter ein Längswulst .erkennbar, wodurch drei Wurzelpfeiler 
angedeutet werden. 


Maße der oberen Milcheckzähne: 


Länge Breite Höhe 
Gorilla 8,3—11,7 mm 6,4—8,9 mm 9,7—14,7 mm. 
Schimpanse 6,4—8,7 mm 4,7—6,2 mm 8,1 (7d.T.)-10,7 
(13,6 de Terra) (7 de Terra) 
Orang 8,2(8d. T.)-11,1 6,3(6 d.T.)-8,2 7,5—11,4 mm. 
Symphalangus 5—5,7 mm 3,9—4,4 mm 5,2—5,6 mm. 
Gibbon  .8,8—5 mm 3—3,5 mm 3,2—5,6 mm. 


Obere Milchschneidezähne. 


Alle Anthropoiden besitzen im Milchgebiß relativ . breitere 
und niedrigere Kronen der Schneidezähne als im Dauergebiß, 
das Cingulum und Tuberculum dentale ist geringer ausgebildet, 
die Höckerbildung auf der Schneidekante fehlt und ist nur aus- 
nahmsweise angedeutet 


Im übrigen ist die Form der id analog den derbleibendenI. Bei 
Gorilla besitzt die Kaufläche des id! eine gerundete Basis, die 
Abschrägung der distalen Schneidekantenseite ist vorhanden, 
doch stark variierend. Der Schimpanse zeigt eine rechteckige 
Grundform der Kaufläche am id!, die erwähnte Abschrägung fehlt. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 113 


Häufig ist bei ihm ein medianer Längsw ulst vorhanden. Der Orang 
ähnelt in der Form seines id! dem Gorilla, doch ist die Abschrägung 
geringer und die Kaufläche mit + zahlreichen Runzeln bedeckt. 

Der id? des Gorilla ist einspitzig wie sein Ersatzzahn, doch 
unterliegt die Ausbildung der Spitze starken Schwankungen. 
Die Umrißform der Krone des id? beim Schimpansen ist eiförmig, 
wobei die Spitze der Eiform der distalen Ecke der Schneidekante 
des id! anliegt. Der id? des Orang ist wiederum stumpf einspitzig. 
Er zeigt ziemlich konstant die bei Adloff (4) Abb. 71a dargestellte 
Form. Ein Cingulum ist meist erkennbar, ebenso eine + starke 
Längsrunzelung. Die sehr kleinen oberen id der Hylobatiden 
ließen keine genaueren Formstudien zu, sie stimmen nach Kirch- 
ner (44) weitgehend mit den Dauerschneidezähnen überein. 


Interessant ist das gegenseitige Breitenverhältnis der beiden 


id. Ich erhielt für den Index Pe X 100 folgende Werte: 
reite id 


Gorilla 65— 77,5; Schimpanse 67,4—90,4; Orang 63,7—77,5 
(67); Hylobates 96,7—107. 

Vergleicht man diese Werte mit den entsprechenden Indices 
des Dauergebisses, so ergibt sich, daß bei sämtlichen Gattungen 
das Milchgebiß höhere Werte aufweist, der id? also im Verhältnis 
zum id! breiter ist als I? zu I!. Am geringsten sind diese Breiten- 
differenzen beim Gorilla, etwas größer beim Orang und Schim- 
pansen, ganz auffallend bei Hylobates. Bei dieser Gattung kann 
sogar der Fall eintreten, daß der id? breiter ist als der id!. 


Die Wurzeln der oberen Milchschneidezähne sind, abgesehen 
von den Größenverhältnissen, den Wurzeln der entsprechenden 
Dauerzähne ähnlich. Nur kann auch die dort angedeutete Auf- 
lösung der Wurzel einen viel höheren Grad erreichen. Für den 
Schimpansen (id!) bildet Adloff (4) auf Tafel XIV Fig. 69 einen 
derartigen extremen Fall ab; ganz ähnliche Bildungen fand ich 
auch beim Gorilla, während beim Orang nur starke Verbreiterung, 
aber nicht deutliche Spaltung der Wurzel des id! eintreten kann. 


Breite der Schneidezähne. 

Gorilla: id! 6,8—9; id? 4,8-—6,6 mm. 

Schimpanse: id! 7,3 (7 d. T.)—9,4 (9,9d. T.); id? 5—7,2 (8 

d. T.) mm. 

Orang: id! 7,5 (8,7)—10,9; id? 5,2—8,1 mm. 

Symphalangus: —; id? 3,6 mm. 

Gibbon: id! 2,4—3,1; id? 2,9—3,1 mm. 

Unterer hinterer Milchmolar. 
Gorilla. Der hintere Milchmolar des Unterkiefers ist in 
gleicher Weise wie der des Oberkiefers vollkommen molariform. 
In der äußeren Form ergeben sich gegenüber dem M, folgende 
Unterschiede: 1. Der Hinterrand des md, ist mehr abgestumpft. 
2. Der Talonidteil ist stark in die Breite gezogen, der Trigonidteil 
verschmälert. Besonders das letztere Merkmal verleiht, wenn in 

Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 11. 8 11. Heft 


114 Adolf Remane: 


starker Ausbildung vorhanden, dem md, ein eigentümliches Aus- 
sehen. Im Zusammenhang damit liegt die größte Breite des Zahnes 
in der Regel am Talonidteil, wie es am M, nur in der Minderzahl 
der Fälle vorkommt. Vereinzelt ist jedoch auch am md, das 
Trigonid noch breiter als das Talonid. 

Der Trigonidteil weist noch als höchst bemerkenswertes Merk- 
mal Besitz des Paraconids auf, das Adloff 1908 (4) beim Gorilla 
nachweisen konnte. Es liegt vor dem Metaconid, ist in der Regel 
deutlich erkennbar, doch ist seine Größe geringer als die der 
übrigen Trigonidhöcker. Mit dem Protoconid steht es in Leisten- 
verbindung (vordere Trigonidleiste); in vereinzelten Fällen tritt 
eine Moditikation im Verlauf dieser Leiste ein, indem dieselbe 
direkt vom Protoconid zum Metaconid hinzieht und so das an den 
M, normale Verhalten aufweist. Gleichzeitig kann das Paraconid 
reduziert sein. Im Vorhandensein des Paraconids waren keine 
Rassendifferenzen nachweisbar. Das Metaconid ist am md, 
weiter hinten gelegen als am M,. Mitunter tritt als accessorisches 
Höckerchen ein ‚Protostylid‘‘ = Nebenspitze 1 im Sinne Bolks 
auf der Randleiste vor dem Protoconid auf. 

Die Talonidhöcker stehen dichter beisammen als an den M,, 
das Entoconid liegt in gleicher Höhe wie das Hypoconid oder etwas 
weiter hinten; demnach ist die Strecke Entoconid—Metaconid in 
der Regel (nicht immer) kürzer als die Strecke Hypoconid—Proto- 
conid. Die Größenverhältnisse der Talonidhöcker sind gleichfalls 
etwas von denen der M verschieden. Das Mesoconid ist der kleinste 
Höcker, vielfach ist seine Größe sehr gering, das Entoconid ist 
meist der größte Talonidhöcker, selten ist das Hypoconid ebenso 
groß. i 

Die Lage des Mesoconids zur Medianebene ist ähnlich wie amM,.. 

In einem Falle war ein accessorischer Hinterhöcker vorhanden. 

Maße: Länge 11,5—14,7 mm; Breite 8,6—12,5 mm, Breiten- 
index 72,3—89,6. 

Schimpanse. Die oben angeführten Unterschiede zwischen 
md, und M, gelten mutatis mutandis in gleicher Weise für den 
Schimpansen. Nur in folgenden Punkten sind noch nähere An- 


gaben erforderlich. 1. Das Paraconid tritt zwar noch häufig, doch 
bei weitem nicht so regelmäßig auf wie beim Gorilla. Dafür treten 


die beim Gorilla erwähnten Modifikationen im Verlauf der vorderen 
Trigonidleiste häufiger auf. 2. Das Entoconid liegt weiter hinten, 
so daß die Strecke Entoconid— Metaconid größer ist als die Strecke 
Hypoconid— Protoconid. Dieses Merkmal ist jedoch nicht konstant. 
3. Das Mesoconid liegt mehr labial als beim Gorilla. Es ist häufiger 
reduziert und fehlt in mehreren Fällen vollkommen. Andererseits 
tritt nicht selten ein kleiner accessorischer Hinterhöcker auf 
(Spaltung des Mesoconids ?), selten liegen drei kleine Höcker am 
Hinterrand zwischen Entoconid und Hypoconid. 

Maße: Länge 7,9—10,1 (10,5 d. T.) mm; Breite 6,2—8,1 mm; 
Breitenindex 75,2—86. 


ee u An 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 115 


Orang. Der md, des Orang ist durchschnittlich dem M, 
ähnlicher als der md, der anderen Simiiden, gleichwohl kommen 
nicht allzu selten ähnliche Umrißformen vor, wie sie bei Gorilla 
und Schimpanse die Norm sind. Das Entoconid liegt weit hinten, 
das Metaconid ist durchschnittlich dem Protoconid mehr opponiert. 
Ein deutliches Paraconid ist nicht nachzuweisen, was bei der 
geringen Höhe der Höcker im allgemeinen nicht verwunderlich 
ist. Doch ist in der Regel sowohl vordere wie hintere Trigonidleiste 
vorhanden, erstere in wechselndem Maße vor oder auf dem Meta- 
conid mündend. 
Maße: Länge 9,7 (9 d. T.,—13,2 mm; Breite 7,7 (7,3 d. T.) 
bis 10,5 mm; Breitenindex 72,5—85. 
Hylobatiden. Trigonid und Talonid zeigen ähnliche Form- 
verhältnisse wie bei Gorilla und Schimpanse; doch kommen ja 
bei den Hylobatiden schom am M, häufiger ähnliche Umrißformen 
vor. Das Mesoconid liegt median, verfällt mitunter der Reduktion; 
das Metaconid variiert in seiner Stellung stark, bald liegt es in 
gleicher Höhe mit dem Protoconid, bald weit hinter demselben. 
Das auffälligste Kennzeichen ist jedoch das vollkommene Fehlen 
des Paraconids und der vorderen Trigonidleiste. An drei 
Zähnen waren wohl auf dem Protoconid kurze Wülstchen zu er- 
kennen, nie aber waren sie in derartiger Ausbildung vorhanden, 
daß man sie auch nur mit einiger Sicherheit als Reste der vorderen 
Trigonidleiste ansprechen konnte. Es muß also für die Hylo- 
batiden im Gegensatz zu den Simiiden ein vollstän- 
diges Fehlen der vorderen Trigonidleiste angenommen 
werden. 
Maße: Symphalangus: Länge 6,5—7,6 mm; Breite 5,5 —7 mm. 
Breitenindex 70,4—79,4. 

Gibbon: Länge 4,9—6,1 mm; Breite 3,7—4,8 mm. 
Breitenindex 69,6— 78,7. 
Vorderer unterer Milchmolar. 


Gorilla. Wie der obere md? zeigt der md, Anklänge an den 
Molarentypus unter gleichzeitiger Annäherung an den Bau seines 
Ersatzzahnes. Der Zahn besitzt einen verkehrt eiförmigen Grund- 
riß, seine Längsachse fällt mit der Medianebene des Kieferastes 
zusammen. Wie der P, besitzt er nur eine Hauptspitze, das Proto- 
conid, von diesem zieht die hintere Hauptleiste in einem nach außen 
offenen Bogen nach hinten, um nahe dem Hinterrande eine + 
deutliche Aufwulstung, das Hypoconid, zu bilden. Die innere 
Hauptleiste verläuft zuerst nach innen, bildet nicht weit von der 
Spitze des Protoconids ein + deutlich abgesetztes Metaconid, 
biegt dann im Bogen nach hinten, um nahe dem Hinterrand in eine 
schwächere Aufwulstung, das Entoconid, einzulaufen. Der Unter- 
schied vom P, beruht also in der reicheren Ausbildung der Neben- 
höcker und dem Fehlen eines deutlich abgesetzten hinteren Basal- 
wulstes. Eine weitere scharfe Nebenspitze liegt am Vorderrande 


gr 11. Heft 


116 Adolf Remane: 


des Zahnes nahe der Kronenbasis, sie kann als Protostylid bezw. 
Nebenspitze 1 bezeichnet werden, Mit dem Protoconid steht sie 
nicht in Verbindung. Doch geht sie nach beiden Seiten in + lange 
Wülste über, die als Reste des Basalbandes bezw. der vorderen 
Randleiste gedeutet werden müssen. Die vordere Metaconid- 
randleiste fehlt, nur ausnahmsweise sind geringe Spuren sichtbar. 
Wie am P, kommt eine ‚vordere Trigonidleiste (?) “ vor. 

Der Zahn insgesamt ist bedeutend niedriger als sein Ersatz- 
zahn, er kann diesem durch vollständiges Fehlen von Entoconid, 
Hypoconid und Metaconid ähnlich werden. 

Maße: Länge 9,3—12,5 mm; Breite 6,9—8,5 mm; Breiten- 
index 62,3— 74,2. 

Schimpanse. Der md, des Schimpansen ist oft etwas läng- 
licher, die Labialseite zeigt zwischen Protoconid und Hypoconid 
eine meist tiefe Einbuchtung, die das Hypoconid deutlicher her- 
vortreten läßt. Eine derartige Einbuchtung kommt bisweilen auch 
beim Gorilla vor, so z. B. bei den ostafrikanischen Rassen; auch 
Duvernoy (23) bildet einen derartigen md, von Gorilla ab (Pl. XVI, 
Fig. 3B). Beim Schimpansen tritt diese Einbuchtung jedoch viel 
häufiger und meist stärker auf. Das Metaconid ist deutlicher als 
beim Gorilla, gleichfalls dicht neben dem Protoconid gelegen. 
Das Entoconid fehlt in der Regel. Vielfach entspringt die hintere 
Hauptleiste nicht direkt von der Spitze des Protoconid, sondern 
weit entfernt von derselben auf der inneren Hauptleiste, ein Befund, 
dem ich stammesgeschichtliche Bedeutung zuerkenne (siehe hinten). 
Im Gegensatz zum Gorilla ist die vordere Metaconidrandleiste 
stets vorhanden und zieht meist (nicht immer) zu dem ‚‚Proto- 
stylid‘‘, also die vordere Randleiste bildend. Das Protostylid zeigt 
insofern einige Besonderheiten, als es labialwärts nicht in einen 
Wulst ausläuft, etwas geringer entwickelt ist als beim Gorilla 
und vielfach etwas weiter innen liegt als bei dieser Gattung. Eine 
„vordere Trigonidleiste‘‘ kommt bisweilen vor. Schließlich sei 
noch erwähnt, daß der Vorderrand des Zahnes (unterhalb des 
Protostylids) in der Vertikalebene im oberen Teil schräg nach 
hinten geneigt ist, während derselbe bei den anderen Simiiden 
schräg nach vorn geneigt ist oder höchstens senkrecht steht. 

Maße: Länge 6,4—9,4 mm; Breite 4,5—6 mm. Breiten- 
index 56,2—89,1. 

Orang. Der md, des Orang ist durchschnittlich viel breiter 
und gerundeter als der des Schimpansen. Eine labiale Einbuchtung 
kommt in manchen Fällen vor, ist aber gering. Das Metaconid 
ist meist gut zu erkennen, doch während dasselbe beim Gorilla 
und besonders beim Schimpansen schräg hinter dem Protoconid 
liegt, befindet es sich beim Orang mehr einwärts von diesem. Vom 
Metaconid gehen beim Orang nach vorn wie hinten wulstige Rand- 
leisten aus, von denen die vordere wie beim Schimpansen bis zur 
Vorderecke reicht, bisweilen aber in der Mitte reduziert ist. Die 
durch die Leisten umgrenzten Gruben sind beim Orang deutlich, 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 117 


‚. die hintere mit zahlreichen Runzeln bedeckt. Das Hypoconid ist 
gering, Entoconid und deutliches Protostylid fehlen, letzterem 
entspricht ein Knick an der Vorderseite. Eine vordere Trigonid- 
leiste wurde auch beim Orang beobachtet, in einem Falle lief sie 
basalwärts in ein wulstiges Höckerchen aus, das demnach als 
Analogon (oder Homologon ?) des Paraconids betrachtet werden 
muß. 

Maße: Länge 8,3 (8d. T.)—11,1 mm; Breite 6,6 (6,2d.T.) 
bis 8,4 mm; Breitenindex 72,1—80 2. 

Hylobatiden. Die Hauptspitze des md, liegt bei den Hylo- 
batiden in der Mitte des Zahnes, während sie bei den Simiiden in 
wechselndem Maße vor derselben liegt. Das Metaconid liegt als 
+ deutlich abgesetzter Wulst dicht neben der Spitze des Proto- 
conids, oft etwas nach hinten gerückt. Diese Lage verleiht dem Zahn 
das Aussehen eines ‚‚cöne bifide‘‘ (Duvernoy). Bisweilen ist das 
Metaconid reduziert, wie es das von Selenka (80) in Fig. 127 dar- 
gestellte Milchgebiß (Hylobates concolor) zeigt. Dieses Merkmal 
darf jedoch nicht etwa als Artcharakter von Hylobates concolor 
betrachtet werden. Von den übrigen Höckern sind die Hinter- 
höcker, besonders das Hypoconid öfter zu erkennen. Eine Ein- 
buchtung der Labialseite vor dem Hypoconid fehlt. Das Proto- 
stylid fehlt oft als abgesetzter Höcker. Vom Metaconid zieht nach 
der Vorderecke des Zahnes öfter eine Randleiste (häufiger als beim 
Gorilla, seltener als beim Schimpansen), die in ihrem mittleren Teil 
reduziert sein kann. Bei einem md, von Symphalangus zog von 
der Spitze des Protoconid eine kurze Leiste nach innen vorn, die 
in ihrer Lage vollkommen der ‚vorderen Trigonidleiste‘‘ der md, 
der Simiiden entsprach. 

Maße: Symphalangus: Länge 5,2—5,8 mm; Breite 3,6 bis 

4,1 mm; Breitenindex 67,2—75,9. 
Gibbon: Länge 3,9—4,6 mm; Breite 2,7 (2,5 d. T.) 
bis 3,2 mm; Breitenindex 63—82,1. 

Die unteren Milchmolaren aller Anthropoiden besitzen zwei 
Wurzeln, die sich in ihrer Gestalt viel ähnlicher sind als die Wurzeln 
der bleibenden unteren Prämolaren und nach unten stärker diver- 
gieren. 


Unterer Milcheckzahn. Der untere Milcheckzahn weist 
dieselben Größendifferenzen von seinem Ersatzzahn auf, wie es 
im Oberkiefer der Fall ist. Bemerkenswert ist ferner, daß der hin- 
tere basale Teil deutlicher abgesetzt ist als am C, und bei den Hylo- 
batiden + deutlich höckerartig vorspringt. Im übrigen sind die 
Unterschiede zwischen den einzelnen Gattungen am cd, bedeutend 

geringer als am C, bewegen sich jedoch (mit Ausnahme der Höhe 
bei Hylobatiden) in derselben Richtung. Sind Leisten auf dem cd, 
vorhanden, so treten sie in ähnlicher Form wie am C, auf, nur liegt 
die innere Hauptleiste oft weiter von der hinteren entfernt. Wie 
bei den oberen cd’ ist auch an den unteren nicht selten noch eine 


11. Heft 


118 Adolf Remane: 


basalwärts deutlicher werdende Hauptleiste vor der inneren Haupt- ° 
leiste vorhanden. Interessant ist das Verhalten der hinteren und 
inneren Hauptleiste beim Schimpansen. Die erstere entspringt 
meist nicht auf der Spitze des Zahns, sondern zweigt + weit ent- 
fernt von der inneren Hauptleiste ab, und zwar bisweilen vor der 
Mitte derselben. Eine auffällige Übereinstimm ung mit dem Verlauf 
dieser beiden Leisten am md,! Ein lingualer Basalwulst ist oft 
erkennbar besonders beim Orang und den Hylobatiden. 


Maße: Länge Breite Höhe 
Gorilla: 7—10,4 mm 5,7—8,6 mm 9,2—13,1 mm 
Schimpanse: 5,8—8 mm 5—7,9 mm  8(7 d.T.)—10,6 
Orang: 6,7(6,2d.T.)-9,6 5,6—7,8 mm 7,3—11,1 mm 
Symphalangus: 4,8—4,9 mm 4,35—4,4 mm 4,9 mm 
Gibbon: 3,1—4 mm 2,7—3,2 mm 93,4-5,3 mm 


Untere Milchschneidezähne. Die Krone: der unteren id 
ist im Verhältnis zu ihrer Höhe breiter als die unteren I, nur der 
id, macht hiervon bisweilen eine Ausnahme. Eine Höckerung der 
Schneidekante ist ‚bisweilen zu erkennen. Die Unterschiede 
der Kauflächenform zwischen den einzelnen Gattungen sind parallel 
denen der Dauerschneidezähne. Interessant sind die Formvaria- 
tionen des id,. Beim Gorilla besitzt er mitunter eine deutliche 
Schneidekante, in anderen Fällen ist er als vollkommener Spitzen- 
zahn mit verlängerter Kaufläche ausgebildet. Ähnliche, doch 
weniger markante Annäherungen an einen Spitzenzahn zeigt 
bisweilen der Schimpanse. 

Der Index ne ax 100 peträgt beim Gorilla 111,1—120,3 

reite des id, 
beim Schimpansen 100—112,7, beim Orang 95,5—110,2 und beim 
Gibbon 121,1—123,8. Es besitzt also der Orang, weniger der 
Gorilla, im Milchgebiß relativ breitere seitliche untere Schneide- 
zähne. Wardoch beim Orang nur iin einem Falle der innere Schneide- 
zahn des Unterkiefers breiter als der äußere, während dies im 
Dauergebiß die Regel ist. 

Breite der unteren Schneidezähne: 

Gorilla: id, 4,1—5,9 mm, id, 5,1—6,6 mm. 

Schimpanse: id, 4,6—6,2 (7,5 d. T.) mm, id, 5—6,4 (7,5 d.T.) 

Orang: id, 4,7—6,9 mm, id, 4,7—7 mm. 

Symphalangus: — 

Gibbon: id, 1,9 (1,7 d. T.) —2,1 mm, id, 1,9—2,1 mm. 

Die wesentlichen Differenzen der Milchzähne von ihren Er- 
satzzähnen sind also folgende: Der md, ist vollkommen molariform, 
die Mehrzahl seiner Unterschiede von den Molaren stellt eine Ver- 
längerung der sich innerhalb der Molarenreihe von M,—M, geltend 
machenden Unterschiede über den M, hinaus dar. Der md, zeigt 
eine schwankende Mittelstellung zwischen der Form seines Ersatz- 
zahnes und dem Molarentypus und besitzt durch das Auftreten 
des Parastyls (bezw. Protostylids) eine Besonderheit. Die Eck- 
zähne sind bedeutend kleiner als im Dauergebiß und zwar ist die 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 119 


Verringerung der Höhe relativ beträchtlicher als die der Länge. 
Ob sexuelle Differenzen in der Größe der cd vorhanden sind, 
konnte ich wegen der unsicheren Geschlechtsbestimmung jugend- 
licher Schädel nicht prüfen. Falls solche vorhanden sind, sind sie 
beträchtlich geringer als im Dauergebiß. Die Schneidezähne zeich- 
nen sich durch relativ größere Breite aus, sowie größere Dimensionen 
der äußeren Schneidezähne im Verhältnis zu den mittleren. 
Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß ich der ver- 
breiteten Ansicht, die Sonderstellung des Menschen offenbare sich 
am besten in der Gestalt seiner vorderen Milchmolaren, durchaus 
nicht zustimmen kann. Die vorderen Milchmolaren des Menschen 
besitzen genau die gleichen Bauelemente wie die der Anthropoiden, 
nur daß beim Menschen die Nebenhöcker stärker entwickelt sind 
und nahezu den Haupthöckern gleichen können. Doch finden sich 
einerseits beim Schimpansen Andeutungen einer solchen stärkeren 
Ausbildung der Nebenhöcker und bei den Cynopitheciiden ist 
es in annähernd gleichem Maße wie beim Menschen der Fall. 


5. Kurze Zusammenfassung. 


Das Ergebnis der vorhergehenden Darstellung ist kurz folgen- 
des: 1. Der Variationskreis sämtlicher Anthropoidengattungen ist 
sehr beträchtlich. 2. Die Variationskreise der einzelnen Gattungen 
greifen in fast allen Merkmalen ineinander. Diese letztere Tatsache 
erschwert eine vergleichende Betrachtung in hohem Maße, so daß 
bei allen Merkmalen, deren Variation sich nicht metrisch festlegen 
läßt, in der Darstellung häufig die Beiwörter ‚‚meist, in der Regel, 
durchschnittlich“ gebraucht werden mußten. Da aber die wirklich 
konstanten Unterschiede sehr wenig zahlreich sind, können diese 
durchschnittlichen Unterschiede keineswegs aus einer vergleichen- 
den Betrachtung ausgeschaltet werden. | 

Die Feststellung des Variationskreises erwies die diagnostische 
Unbrauchbarkeit fast aller bisher aufgestellten Unterschiede 
zwischen den einzelnen Gattungen. Ich erinnere nur an den Nach- 
weis, daß die Größenwerte der Zähne von Gorilla und Schimpanse 
einschließlich der Eckzähne ineinander greifen und daß selbst 
zwischen Simiiden und Hylobatiden in der Molarengröße keine 
Kluft besteht. Doch bleibt dadurch der Wert der meisten (jedoch 
nicht aller) bisher in der Literatur aufgeführten Unterschiede für 
einen Vergleich im Sinne eines allgemeinen Durchschnitts bestehen. 

Im folgenden sei noch einmal auf die wichtigsten Unterschei- 
dungsmerkmale hingewiesen. Hohen diagnostischen Wert besitzen 
1. die Schneidezähne, besonders der I?, 2. die unteren Eckzähne, 
3. die Stellung des Mesoconids und Entoconids bei Gorilla-Schim- 
panse, weniger bei Gorilla-Hylobates, 4. die Größe zwischen Gorilla 
und Orang und den Hylobatiden, 5. die fast konstante Zwei- 
wurzeligkeit des P* beim Schimpansen unter den Simiiden. Vom 
geringem diagnostischen Wert, doch von großem Einfluß auf den 
Habitus der Zähne sind 1. Schmelzrunzelung, 2. Höckerhöhe, 


11. Heft 


120 Adolf Remane: 


3. Ausbildung der Gruben und Randleisten, 4. Verschmälerung des 
M, im distalen Teile. 

Hohe stammesgeschichtliche Bedeutung besitzt die vordere 
Trigonidleiste, die bei allen Simiiden in großer Häufigkeit und 
Deutlichkeit nachzuweisen ist, den Hylobatiden aber konstant 
fehlt. 

Das Vorhandensein von Rassenmerkmalen sowohl in Größe 


wie auch in Zahnform ist beim Gorilla wenigstens unbestreitbar.° 


Wenn auch die Möglichkeit, daß die Zahl der Rassenmerkmale 
mit der Zeit noch eine beträchtliche Vermehrung erfährt, zugegeben 
werden muß, bleibt andererseits das Vorhandensein zahlreicher, 
rein individueller Variationen unantastbar. Der Sexualdimorphis- 
mus im Gebiß beschränkt sich fast ausschließlich auf die Eckzähne. 
Geringe Differenzen sind noch in der durchschnittlichen Zahngröße, 
vielleicht auch in Form und Stellung des P, erkennbar. Den von 
Hartmann (37) angeführten Geschlechtsunterschied in der Höcker- 
stellung der Gorillamolaren (bei den 92 stärker alternierend als 
bei den JS) kann ich nicht bestätigen. j 


D. Morphogenetische Betrachtungen. 


Wenn man den Versuch machen will, die Phylogenie eines 
Stammes zu erforschen, so muß man sich vorher über den Ent- 
wicklungsgang der einzelnen Organsysteme klar zu werden ver- 
suchen, da erst durch solche Erwägungen die Beurteilung der 
einzelnen Merkmale, ob primitiv oder spezialisiert, ermöglicht 
wird. Für das Zahnsystem der Primaten liegt bereits eine ganze 
Anzahl Studien vor, die in mehr oder weniger weiten Kreisen seine 
Morphogenese behandeln. Aber die Darstellungen der einzelnen 
Autoren weisen derartige Meinungsverschiedenheiten auf — ich 
erinnere nur an den Gegensatz zwischen Bolk und Adloff — daß 
von einer allgemein anerkannten Anschauung in dieser Hinsicht 
keine Rede sein kann. Aus diesem Grunde wäre es durchaus un- 
angebracht, wenn ich mich im voraus zu einer dieser verschiedenen 
Hypothesen bekennen würde und nach deren Postulaten die Be- 
wertung der Formen vornehmen wollte. Viel zweckentsprechender 
ist es, unabhängig von all jenen Theorien durch möglichst weit- 
gehende Verwertung der gegebenen Daten die Entstehung der 
einzelnen Formen der Zähne feststellen zu wollen und höchstens 
nachher die gewonnenen Ergebnisse im Rahmen jener Theorien 
zu betrachten. 


Auf dreierlei Weise kann man zu einer Vorstellung der Morpho- 
genese des Anthropoidengebisses gelangen. 1. Durch vergleichende 
Betrachtung der Zähne innerhalb einer Gattung, und zwar sowohl 
der Variationen jedes einzelnen Zahnes für sich als auch durch 
‚Vergleich der einzelnen Zahngattungen. 2. Durch vergleichende 
Betrachtung des Gebisses verschiedener Primatengruppen. 3. Durch 
Verwertung des Fossilmateriales. Das Hauptgewicht muß dabei 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 121 


entschieden auf die dritte Betrachtungsweise gelegt werden, da 
das Fossilmaterial allein Bruchstücke aus dem tatsächlichen Ent- 
wicklungsgang bieten kann. Allerdings wird an Fossilien innerhalb 
des Anthropoidenstammes selbst sehr wenig geboten, doch be- 
sitzen wir von eozänen Primaten schon ziemlich beträchtliche 
Materialien. Es ist sogar gelungen, für einige Zweige dieser eozänen 
Primaten wenigstens für kurze Perioden ziemlich vollständige 
Entwicklungsreihen zusammenzustellen. Ich erwähne hier das 
ganz vorzügliche Werk Stehlins (82, 83) über die Primaten des 
schweizerischen Eozäns, dessen morphologische Ergebnisse des- 
halb so wichtig sind, weil sie eben auf solchen, wenn auch kurzen, 
so doch ziemlich zusammenhängenden Entwicklungsreihen fußen 
können. 


Die erste der oben angeführten Methoden, die vergleichende 
Betrachtung innerhalb einer Gattung, kann für sich allein keine 
sicheren Resultate bringen; sie wird nur im Zusammenhang mit 
der dritten Methode wertvoll, da sie bei den oft großen Sprüngen, 
die uns die Unvollständigkeit der fossilen Funde aufzwingt, durch 
manche Einzelheiten des Baues die Entscheidung gestattet, ob 
irgend ein Formmerkmal eines fossilen Zahnes in die Entwicklungs- 
reihe eingeschaltet werden darf. Die zweite Betrachtungsweise 
endlich kann insofern zur Erkenntnis der Morphogenie beitragen, 
als durch den Nachweis homologer Bildungen bei relativ entfernten 
Gruppen die Primitivität dieses Merkmals wahrscheinlich gemacht 


. werden kann. 


Die Entwicklung der einzelnen Zahnteile soll nur innerhalb 
der Primaten verfolgt werden. Bei dieser Begrenzung kann nach 
dem augenblicklichen Stand die Ontogenie der Zähne nur wenig 
Anhaltspunkte bieten und ist deshalb nicht unter die Betrachtungs- 
methoden aufgenommen worden. Es fällt ferner die vielumstrittene 
Frage der Entstehung des trigonodonten Zahnes, sowie der Säuge- 
tierzähne überhaupt, ob durch Konkreszenz oder lediglich durch 
Differenzierung außerhalb der Grenze. Das einzige, was in dieser 


‘ Hinsicht geboten werden konnte, war, daß durch einige neue Fälle 


von Zahnverwachsungen die prinzipielle Möglichkeit einer Kon- 
kreszenz auch hintereinander stehender Zähne aufs neue dargetan 
wurde. In dem in Frage kommenden Entwicklungsabschnitt 
haben wir es lediglich mit Differenzierung der Einzelzähne zu tun. 


Molaren des Oberkiefers. 


Als Ausgangspunkt für die Oberkiefermolaren muß das 
trigonodonte Stadium dienen, das unter den rezenten Primaten 
in annähernd reiner Form noch bei Tarsius, weniger deutlich bei 
einigen Lemuren und Hapaliden erhalten ist. Daß der trigonodonte 
Typus tatsächlich als Ausgangspunkt betrachtet werden darf, 
„bedarf keiner umständlichen Nachweise‘‘ (Stehlin). Es muß also 
gleiche Größe des Paraconus und Metaconus, sowie die Lege des 
Protoconus in Höhe des Intervalls zwischen Paraconus und 


11. Heft 


122 Adolf Remane: 
Metaconus als primitiv, differente Größe der beiden ge- 
nannten Außenhöcker sowie Verschiebung des Protoconus aus 
der erwähnten Lage als Spezialisation angesehen werden. Die 
Anthropoiden zeigen das Trigon innerhalb der Molaren noch deut- 
lich abgesetzt, geringfügige Verwischung der ursprünglichen 
Höckerlagerung ist durch geringe Verlagerung des Protoconus 
nach vorn eingetreten. Dabei zeigen die einzelnen Anthropoiden- 
gattungen in der Stärke der Verlagerung nur schwache Unterschiede, 
im groben Durchschnitt ist der Gibbon in dieser Hinsicht am 
meisten, der Orang am wenigsten primitiv. Innerhalb der molari- 
formen Zähne ist der md? am ursprünglichsten, nach ihm der 
M! usw. 

Spezialisation infolge verschiedener Größe der Außenhöcker 
(geringere Ausbildung des Metaconus) ist sowohl beim Orang, als 
auch beim Schimpansen und den Hylobatiden zu beobachten, 
primitiv verhält sich der Gorilla. Innerhalb der Zahnreihe zeigt 
wiederum der md* die ursprünglichsten Verhältnisse, von ihm 
aus bis zum M® nimmt die Spezialisation durch Verringerung der 
Größe des Metaconus in wachsendem Maße zu. 

Von größerem Interesse ist die Frage der Entstehung des 
vierten Molarenhöckers, des Hypoconus. Dieser entstand in der 
Reihe der Primaten nach Stehlin auf zweierlei Weise. 1. Aus dem 
Basalband an der hinteren Innenseite (echter Hypoconus). 2. Aus 
der Hinterseite des Protoconus (Pseudypoconus). Daß der Hypo- 
conus der Anthropoiden der ersten Bildungsart seine Entstehung 
verdankt, kann auf Grund der Bauverhältnisse kaum zweifelhaft 
sein und ist von der Mehrzahl der Autoren betont worden. Geht 
doch (besonders beim Schimpansen und Hylobates) der Hypoconus 
häufig noch direkt in das linguale Basalband über und ist mitunter 
(md? von Hylobates) nur als wulstige Verdickung desselben aus- 
gebildet; anderseits spricht die hintere Schrägfurche, die den 
Hypoconus scharf vom Protoconus trennt, ganz entschieden gegen 
die zweite Möglichkeit. 

Doch darf an dieser Stelle ein Befund nicht verschwiegen 
werden, der gegen die Deutung des Hypoconus als Basalband- 
höcker angeführt werden könnte. Ich meine die Fälle, bei denen an 
den M oder am md* das Basalband sich noch deutlich abgesetzt 
um den Hypoconus herumzieht und hinter ihm in die Randleiste 
mündet. Hier scheint der Hypoconus mit dem Bäsalband in gar 
keinem Zusammenhang zu stehen. Doch muß gleichzeitig erwähnt 
werden, daß ein derartiger Verlauf nur beim Gorilla und bei diesem 
nur in einem Teil der Fälle beobachtet werden konnte, was den 
Verdacht einer Neubildung berechtigt erscheinen läßt. Dieser 
Verdacht wird noch durch das Verhalten eines derartigen Basal- 
bandes im Raume zwischen Protoconus und Hypoconus bestärkt. 
Dort bildet nämlich dieses Basalband ganz im Gegensatz zu seinem 
sonstigen Verhalten zwischen zwei Höckern meist eine kleine nach 


oben ragende Zunge, die eine Entstehung dieses Basalbandes 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 123 


aus zwei Teilen, dem vorderen eigentlichen Basalband und dem 
hinteren, neuerworbenen Hypoconusbasalband, vermuten läßt. 
Jedenfalls scheinen mir aber diese Befunde keineswegs imstande 
zu sein, die gewichtigen Argumente, die für die Entstehung des 
Hypoconus aus dem Basalband sprechen, zu widerlegen. 

Demnach ist also als primitiv zu bezeichnen: 1. geringe Größe 
des Hypoconus; 2. enge Verbindung des Hypoconus mit dem 
lingualen Basalband; 3. Fehlen der vorderen Hypoconus- und der 
hinteren Protoconusrandleiste, welche Bildungen ja als Beginn 
einer engeren Verbindung zwischen Protoconus und Hypoconus 
aufzufassen sind. 

Unter den Anthropoidengattungen stehen im Durchschnitt 
dem ursprünglichen Stadium der Schimpanse und Gibbon am 
nächsten, der Gorilla (besonders G. diehli) zeigt bereits häufig 
eine etwas stärkere Anlehnung des Hypoconus an den Protoconus, 
während der Orang am höchsten spezialisiert ist, da bei ihm unter 
gleichzeitiger Reduktion des lingualen Basalbandes der Hypoconus 
in engen Konnex mit dem Protoconus getreten ist. 

Innerhalb der Zahnreihe kann sowohl der md® als auch der . 
M® am meisten den oben aufgestellten primitiven Merkmalen nahe- 
kommen. Doch scheint wirklich primitives Verhalten nur dem 
md* zuzukommen. Am M3 spricht vieles dafür, daß eine Überein- 
stimmung des Hypoconus mit den oben aufgestellten Forderungen 
oder gar ein vollständiges Fehlen desselben auf sekundäre Reduktion 
zurückzuführen ist, wie es z. B. für den Menschen in derartigen 
Fällen jetzt wohl allgemein angenommen wird. Ich führe als 
Argumente für diese Ansicht an: 1. Die starke Variabilität des 
Hypaconus am M®, die nur in einem Teil der Fälle der Lage den 
geforderten ursprünglichen Verhältnissen entspricht, während in 
vielen Fällen der Hypoconus trotz geringer Ausbildung ganz andere, 
sicher sekundäre Lagerung zeigt 2. Die geringe Ausbildung des 
Hypoconus geht mit der sicherlich durch Reduktion entstandenen 
geringeren Ausbildung des Paraconus meist Hand in Hand (be- 
sonders beim Orang und Schimpansen). 

Es läßt sich also auch für den Hypoconus die Ansicht einer 
fortschreitenden Spezialisierung von md? bis M? aufrecht erhalten, 
wenn auch nicht mit gleichgroßer Sicherheit wie bisher. 

Da der Gorilla am M® durchschnittlich einen größeren Hypo- 
conus besitzt als die anderen Anthropomorphen, kann für den M? 
- dem Gorilla die größte Primitivität eingeräumt werden, was auch 
nach der durchschnittlich viel größeren Übereinstimmung dieses 
Zahnes mit dem vorderen Molaren wahrscheinlich ist. 

Im engsten Zusammenhange mit der Entstehung des Hypo- 
conus steht die Bildung der hinteren Randleiste mitsamt der Fovea 
posterior, die beide dem ursprünglichen Trigon an der Distalseite 
angelagert sind. Sie bilden eigentlich nur eine Verschmälerung des 
Hypoconus nach der Labialseite hin und müssen demnach gleich- 
falls als Basalbandderivate aufgefaßt werden. Dafür bietet der 


11. Heft 


194 Adolf Remane: 


Verlauf der Randleiste mitunter deutliche Anhaltspunkte. Wie 
erwähnt, tritt diese an den vorderen Molaren (besonders bei Go- 
rilla) oft nicht mit der Spitze des Metaconus in Verbindung, sondern 
endigt an seiner Hinterseite blind oder geht direkt in das 
äußere Basalband über, falls ein solches vorhanden ist. In 
letzterem Falle besteht also tatsächlich noch ein direkter Zusammen- 
hang zwischen hinterer Randleiste und Basalband. 

In Abb. 25 habe ich den eben geschilderten Entwicklungsgang 
von Hypoconus und hinterer Randleiste schematisch dargestellt. 
Abb. 25a ist Tarsius entnommen, doch hätten an seiner Stelle 
eine ganze Reihe eozäner Primaten angeführt werden können 
mit der geringen Modifikation, daß bei diesen von der Spitze des 
Metaconus eine stärkere Randleiste herabzieht, die unter einem 
rechten Winkel auf das Basalband trifft und dort ein kleines Höcker- 


a b c 


Abb. 25. Obere Molaren von der Distalseite. 
a) Tarsius; b) M! Gorilla; ce) M! Orang. 


chen bildet; das Stadium b ist beim Gorilla noch bisweilen zu 
beobachten, c entspricht den Befunden beim Orang. 

Nach diesem Entwicklungsgang zeigt unter den rezenten 
Anthropoiden der Gorilla das primitivste Verhalten, der Orang ist 
am weitesten spezialisiert. e 

Innerhalb der Zahnreihe sind an den vorderen M in der Regel 
primitivere Stadien zu beobachten als an den hinteren M. In 
vereinzelten Fällen zeichnet sich jedoch die hintere Randleiste am 
M® in ihrem mittleren Teil durch abnorme Tieflage aus, doch muß 
in diesem Falle die Möglichkeit eines sekundären Verhaltens zu- 
gegeben werden. 

* Weit unübersichtlicher ist dieMorphogenese des vorderen Zahn- 
teils. Hier entstanden Komplikationen des Trigons weniger durch 
Bildung neuer Höcker als durch Verschiebungen des Leisten- 
systems. Vorausschicken möchte ich noch, daß die direkte Leisten- 
verbindung zwischen Protoconus und Metaconus, also die Crista 
obliqua, als ursprünglicher Bestandteil des Trigons betrachtet 
werden muß und dieser Verlauf der Leiste sowie ihr Besitz über- 
haupt entschieden primitiv ist. 

Zwischen Protoconus und Paraconus besteht jedoch, wie vor- 
her beschrieben, meist keine direkte Leistenverbindung, sondern 
die vordere Trigonleiste mündet in der Regel + weit vor dem Proto- 
conus. Nun sind ja Verschiebungen von Leisten durchaus nicht 
allzu selten und kann ja auch der labiale Teil der vorderen Trigon- 
leiste vor den Paraconus verlagert werden; so könnte also dieses 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 125 


Verhalten der vorderen Trigonleiste einfach als neuerliche Ver- 
lagerung gedeutet werden, wobei durchschnittlich der Schimpanse 
am primitivsten, der Gorilla am weitesten entwickelt wäre. Die 
Verlagerung selbst müßte dann erst vor kurzem im Anthropoiden- 
stamme eingetreten sein, beim Schimpansen würde sie sich sogar 
erst jetzt in den Anfängen befinden. 

Was mich veranlaßt, diese scheinbar einfachste Deutung ab- 
zulehnen, ist, daß sich dieselbe Lagerung der Leisten wie beim 
Gorilla bei einer großen Anzahl anderer Primatengenera, besonders 
auch bei zahlreichen eozänen Formen findet, ganz abgesehen von 
der Verbreitung bei anderen Säugetierstämmen. Zudem bliebe 
sowieso noch die Herkunft der vorderen Randleiste zu erklären. 

Ich habe mir über den Entwicklungsgang dieser Leisten 
folgende Anschauung gebildet. Als Ausgangsstadium nehme ich 
nach Analogie 
der hinteren 

Trigonleiste 
eine direkte 
Leistenverbin- 
dung zwischen 
den Spitzen 
von Protoco- 
nus und Para- 
conus an. An 
der mesialen 
Seite des Tri- 


en aN Abb. 26. Obere Molaren von der Mesial- (oben) und 
er Dasıs eın Okklusal- (unten) Seite. 


einheitliches, a) Lemur varius; b) eozäner Primale; e) M! Gorilla. 
sowohl lingual 


wie labial sich fortsetzendes Basalband hin, auf das eine vom 
Paraconus herabziehende vordere Paraconusrandleiste unter einem 
rechten Winkel auftrifft (Abb. 26). Ich mußaber gleich bekennen, 
daß es mir vorläufig unmöglich ist, diesen hypothetischen Aus- 
gangstyp durch eine große Anzahl fossiler Formen zu belegen. 
Unter den rezenten Primaten fand ich ihn am besten bei Lemur 
varıus ausgeprägt, dessen Molarenbau dem Schema auch zugrunde 
gelegt ist. Ob es sich dabei um wirklich primäres Verhalten han- 
delt, wage ich dabei nicht zu entscheiden. Betrachtet man aller- 
dings Bolks Schemata oberer Primatenmolaren, so scheint dieser 
Typ verbreiteter zu sein und z. B. auch Tarsius hierzu zu gehören, 
doch sind diese Schemata zum Teil irreführend und unvollständig. 

Veränderungen dieses Bauplanes werden durch Hinzutreten 
eines neuen Höckers zwischen den vorderen Trigonhöcker, den 
Protoconulus, hervorgerufen (Abb. £6b). Durch diesen Höcker 
wird eine Verbindung des mittleren Teils der Vorderleiste des 
Trigons mit dem mesialen Basalband zustande gebracht. Ob dabei 
der Protoconulus zuerst auf der vorderen Leiste des Trigons ent- 


11. Heft 


126 Adolf Remane: 


standen ist, oder ob der Bildung des Höckers die Verbindung dieser 
Leiste mit dem Basalband vorausging, sind hier nebensächliche 
Fragen. Vielleicht verhalten sich auch die einzelnen Stämme in 
dieser Hinsicht verschieden. Jedenfalls steht der Protoconulus 
in der Regel mit dem Basalband in Verbindung, und zwar meist 
mit dem äußeren Teil des mesialen Basalbandes bezw. dem Parastyl, 
jenem Höckerchen, das dem Basalband an der Stelle aufsitzt, wo 
die vordere Paraconusrandleiste in dasselbe einmündet. Dieses 
Stadium ist bei den eozänen und größtenteils auch bei den rezenten 
Prosimiern weit verbreitet. Modifikationen können insofern ein- 
treten, als die Leistenverbindung zwischen Protoconulus und Para- 
conus reduziert wird, so daß eine einheitliche vom Protoconus zum 
Parastyl verlaufende Leiste entsteht: die vordere Trigonumkante 
Stehlins, die also keineswegs meiner vorderen Trigonleiste 
entspricht. Derartige Modifikationen kommen aber für die 
Entwicklungsstadien der Anthropoiden nicht in Betracht, da ja 
bei ihnen jene Verbindungsleiste zwischen Paraconus und Proto- 
conulus in der vorderen Trigonleiste erhalten ist. 

Von diesem Stadium ist es nur noch ein geringer Schritt 
bis zu den Anthropoiden (besonders Gorilla). Neben einem Auf- 
wärtsrücken des Basalbandes der mesialen Seite, das nunmehr zu 
der bekannten vorderen Randleiste wird, ist die Reduktion des 
Protoconulus die einzige Veränderung (Abb. 26 c). 

An dieser Stelle muß ich kurz einen anderen, von Gidley (31) 
an Hand der Dryolestesmolaren aufgestellten Entwicklungsgang 
besprechen. Gidley hält die direkte Leistenverbindung zwischen 
Protoconus und Parastyl (also die vordere Trigonumkante Stehlins) 
für das ursprüngliche Verhalten. Das Parastyl stellt nach ihm die 
Vorderspitze des trikonodonten Zahnes dar, ist also dem Paraconus 
und Metaconus ebenbürtig. Auf.dieser Vorderleiste entstand dann 
der Protoconulus, der sekundär mit der Spitze des Paraconus in 
Leistenverbindung trat; diese sekundäre Leiste entspricht meiner 
vorderen Trigonleiste. 

Für Dryolestes bin ich in dieser Frage zu keiner Kritik be- 
rechtigt. Für das im Endstadium ganz ähnliche Leistensystem 
der Primaten erscheint mir jedoch ein derartiger Entwicklungsgang 
wenig plausibel, und zwar aus folgenden Gründen. 1. Das Parastyl 
ist durchaus dem Metastyl analog, beide sitzen dem Basalband auf 
und sind durch das labiale Basalband miteinander verbunden. 
Von einer Ebenbürtigkeit des Parastyls mit Paraconus und Meta- 
conus kann also hier keine Rede sein. 2. Nimmt man die vordere 
Trigonumkante als primäres Verhalten an, so hat man ihre Verlänge- 
rung über das Parastyl hinaus in dem labialen Basalrand zu suchen 
und gelangt im weiteren Verfolg dieser Linie in einer Spiraltour 
an die Basis des Protoconus zurück. Ich kann mir ein derartiges 
Verhalten gegenüber einem einheitlichen, die ganze Basis des 
Zahnes umgebenden Basalband nicht ursprünglich denken. 3. Das 
hohe geologische Alter von Dryolestes (Oberer Jura) kann deshalb 


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Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 127 


nicht als Beweis der Ursprünglichkeit dieses Baues gelten, weil das 
gleichaltrige Kurtodon, soweit ich es an den Abbildungen erkenne, 
direkte Leistenverbindung zwischen Protoconus und Paraconus 
besitzt. Wichtig ist aber, daß auch Gidley den Protoconulus ein- 
schaltet, um zu einem Leistenverlauf vom Paraconus zur Mitte 
des Vorderrandes (vordere Trigonleiste) zu kommen. 

Das Ergebnis dieser Betrachtungen ist also, daß in dem 
Verlauf der vorderen Trigonleiste zur vorderen Rand: 
leiste, wie ihn der Gorilla am klarsten zeigt, ein Hin- 
weis auf das ehemalige Vorhandensein eines Proto- 
conulus zu erblicken ist, dessen Lage annähernd durch die 
Mündungsstelle der Leiste bestimmt wird. Ob der beim Orang 
an dieser Stelle so häufig auftretende accessorische Höcker noch 
diesen ursprünglichen Protoconulus repräsentiert, ist nicht sicher, 
liegt aber durchaus im Bereiche der Möglichkeit. Die Verlagerung 
der Mündung der Leiste in die Nähe oder auf die Spitze des Proto- 
conus beim Schimpansen muß demnach als sekundär erworben 
betrachtet werden. 

Es bleiben noch einige Worte über die vordere Randleiste zu 
sagen. Wenn die eben entwickelte Anschauung richtig ist, muß 
die jetzige vordere Randleiste der oberen Anthropoidenmolaren 
aus drei Teilstücken entstanden sein: 1. Aus der vom Paraconus 
zum Parastyl hinziehenden vorderen Paraconusrandleiste. ?. Aus 
einem mittleren Stück, das aus dem mesialen Basalband hervor- 
gegangen ist. 3. Aus dem lingualen vom Protoconus herabziehen- 
den Teil der ursprünglichen Leistenverbindung Proto- 
conus—Paraconus. Lassen sich nun in dem jetzigen Bau der 
vorderen Randleiste noch Spuren dieser heterogenen Entstehung 
nachweisen? Das ist in der Tat der Fall, besonders beim Gorilla 
ist sie oft in denkbar bester Klarheit zu erkennen. Die Trennung 
zwischen vorderer Paraconusrandleiste und dem mittleren Teil 
wird durch den im beschreibenden Teil oft erwähnten ‚‚labiälen 
Knick der vorderen Randleiste‘“ dargestellt. Dieser Knick ent- 
spricht der Lage des Parastyls bei eozänen Primaten. In der Tat 
ist es auch diese Stelle, von der das äußere Basalband seinen Ur- 
sprung nimmt, falls es vorhanden ist; eine weitere Bestätigung 
dieser Deutung des Knicks. 

Das mittlere Stück entspricht der Strecke zwischen den Ur- 
sprungsstellen des labialen und des lingualen Basalbandes. Es ist 
mitunter scharf gesondert und kann noch in sehr engen Beziehungen 
zum Basalband stehen, dessen mesiales Stück es ja darstellt. 

Das letzte Stück reicht von der Ursprungstelle des lingualen 
Basalbands bis zur Spitze des Protoconus. 

Im Bau der vorderen Randleiste zeigt der Gorilla entschieden 
das ursprünglichste Verhalten, bei den anderen Anthropoiden 
treten geringe Verwischungen der Dreiteilung auf, doch ist auch 
bei ihnen, wie ja im beschreibenden Teil erwähnt wurde, der Knick 
an der Labialseite + deutlich zu erkennen. 


11. Heft 


128 Adolf Remane: 


Auf die Frage, ob auch ein hinterer Zwischenhügel, ein Meta- 
conulus, in den Entwicklungsgang der Anthropoidenmolaren ein- 
geschaltet werden darf, bleiben uns die Strukturverhältnisse der 
Zähne jede Antwort schuldig.?®) Stehlin hält jedoch auch diesen 
Höcker für einen ‚‚integrierenden Bestandteil des Urplanes‘“ der 
oberen Primatenmolaren. Ich bin nicht in der Lage, hierüber ein 
weiteres Urteil abzugeben. 

Schließlich muß hinsichtlich des Leistensystems der oberen M 
noch eine Frage von geringerer Bedeutung erörtert werden. Sind 
die bei den einzelnen Anthropoidengattungen bisweilen vollständigen 
Leistenverbindungen zwischen Hypoconus und Metaconus oder 
Hypoconus und hinterer Trigonleiste als Merkmal des gemeinsamen 
Anthropoidenzahnes zu betrachten, und also bei den verschiedenen 
Gattungen homologe Gebilde? Diese Frage muß deshalb disku- 
tiert werden, weil die erstere der genannten Leistenverbindungen 
bei der fossilen Gattung Dryopithecus nahezu konstant zu sein 
scheint, die andere für die gleichfalls fossile Gattung Oreopithecus 
angegeben wird. Da nun sich diese hinteren Leisten in Reduktion 
und Auftreten ganz ähnlich wie die übrigen Nebenleisten verhalten, 
glaube ich eine Homologie unter den einzelnen Gattungen nur in 
dem Sinne annehmen zu dürfen, daß das Material dieser Leisten, 
nämlich die hinteren Nebenleisten, gemeinsames Erbteil ist, die 
Verbindung zu sekundären Hauptleisten jedoch sich bei jeder 
Gattung selbständig vollzieht. 


Molaren des Unterkiefers. 

In einer morphogenetischen Betrachtung der Unterkiefer- 
molaren empfiehlt es sich, die beiden Vorderhöcker, den Trigonid- 
teil, von dem hinteren, dem Talonidteil, getrennt zu besprechen. 

Der Trigonidteil der Anthropoiden, sowie der Affen über- 
haupt, unterscheidet sich von der Mehrzahl der eozänen und einem 
Teil der rezenten Halbaffen auffällig durch den Besitz von nur zwei 
Höckern, während jene noch einen weiteren, vorderen Höcker, 
das Paraconid, besitzen. 

Es erhebt sich nun die Frage, ob die unteren Anthropoiden- 
molaren in ihrem Entwicklungsgang ein derartiges Paraconid be- 
sessen haben. Die Frage muß ganz entschieden bejaht werden 
(wie es ja schon von mehreren Autoren geschehen ist), da der md, 
bei Simiiden noch sehr häufig im Besitz eines Paraconids ist und 
dasselbe auch an den Dauermolaren dieser Familie als gelegentliches 
Vorkommnis auftritt. Bei Hylobatiden konnte jedoch in keiner 
Weise eine Spur des Paraconids aufgefunden werden, doch wäre 
es gleichwohl infolge der weitgehenden anatomischen Überein- 


28) Nur falls man annehmen wollte, die hintere Trigonleiste gehöre 
nieht zum ursprünglichen T'rigon, sondern sei eine spätere Zutat, müßte 
man einen Metaconulus zur Erklärung des Besitzes dieser Leiste heran- 
ziehen. Da aber mit großer Wahrscheinlichkeit die hintere Trigonleiste dio 
ursprünglich hintere Randleiste des Trigons darstellt, schalte ich eine der- 
artige Erklärung aus. 


N 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 129 


stimmungen zwischen Hylobatiden und Simiiden unzulässig, 
es etwa aus den Entwicklungsgang der ersteren auszuschalten, 
für die Simiiden jedoch einzugestehen. Jedenfalls sind vielmehr 
in dieser Hinsicht die Hylobatiden viel stärker spezialisiert als 
die Simiiden, unter denen wiederum der Gorilla die primitive 
Grattung ist. 

Aus dem Zugeständnis des ehemaligen Besitzes eines Para- 
conids ergibt sich als weiteres primitives Merkmal eine Schräg- 
stellung der Verbindungslinie zwischen Metaconid und Protoconid, 
die durch mehr rückwärtige Lage des Metaconids verursacht wird 
(vergl. auch Werth 89). Die einzelnen Anthropoidengattungen 
sind in dieser Hinsicht sehr variabel, ohne daß sich im Durchschnitt 
wesentliche Differenzen zwi- 
schen den Gattungen er- 
kennen lassen; innerhalb der ° 
Zahnreihe ist jedoch vonM, 
bis md, ein zunehmend pri- 
mitives Verhalten zu kon- 


auf welche Art sich die Re- 
duktion des Paraconids voll- 
zog, von großer W ichtigkeit. 
Stehlin gibt für die eozänen 
Primaten zwei Modi der Re- 
duktion an: 1. durch An- 
schmelzung an das Meta- 
conid; 2. durch Atrophie. 
Auch über diesen Punkt 


geben die Lageverhältnisse , 
des Paraconid am md, der Abb. 27. Ableitungsmöglichkeiten der 
Simiiden eine ganz I vorderen Trigonid- und vorderen Rand- 


leiste unterer Molaren. 

deutige Antwort und zwar 
zugunsten des ersten Modus: der Anschmelzung an das Metaconid. 

Größere Schwierigkeiten bereitet der Versuch, die Entstehung 
der vorderen Trigonidleiste und der vorderen Randleiste aufzu- 
klären. Die fossilen Funde von Anthropoiden geben uns in dieser 
Frage nicht den geringsten Fingerzeig, vielmehr ist der oligozäne 
Parapithecus in dieser Hinsicht ebenso terminal entwickelt als 
die rezenten Hylobatiden und wahrscheinlich noch spezialisierter 
als die rezenten Simiiden. 


Zwischen den Molaren der Simiiden und denen der eozänen 
Primaten®®) mit vollständigem Trigonid klafft aber eine beträcht- 
liche Lücke, deren hypothetische Überbrückung auf zwei ganz 
verschiedene Arten möglich ist. 


statieren. >) 
Weiterhin ist die Frage, 
o 
o 
YZ 
d 


2°, Leider war mir die neuere Arbeit von Matthew und Granger (59) 
über die eozänen Primaten Nordamerikas nicht zugänglich, 
Archiv für Naturgeschichte 11. Heft 
1921. A. 11. 9 e 


130 Adolf Remane: 


Die eine dieser Möglichkeiten ist in Abb. 27 a—c dargestellt. 
In diesem Falle wäre die ursprüngliche Verbindungsleiste zwischen 
Protoconid und Paraconid bei der Reduktion des letzteren Höckers 
zur vorderen Randleiste der Anthropoidenmolarem geworden. 
Dann müßte die vordere Trigonidleiste der Simiiden eine Neu- 
bildung sein, die aus vereinigten Nebenleisten des Protoconid und 
Paraconid herzuleiten wäre. 

Die zweite Möglichkeit (Abb. 27 d—f) ist folgende. Die Ver- 
bindungsleiste zwischen Protoconid und Paraconid würde bei der 
Reduktion des Paraconid zur.vorderen Trigonidleiste, wie sie sich 
an den Simiidenmolaren findet. Dann müßte die vordere Randleiste 
ein Basalbandderivat sein, das erst nachträglich zur Höhe der Kau- 
fläche emporstieg und mit einer vorderen Protoconidrandleiste 
in Verbindung trat. 

Für die erste Möglichkeit würde sprechen, daß wir unter den 
eozänen Primaten kein Analogon für die Umwandlung des mesialen 
Basalbandes zu einer vorderen Randleiste haben, wohl aber für 
die Neubildung einer vorderen Trigonidleiste. Ich denke dabei an 
die Necrolemuriden. Hier sehen wir bei Necrolemur zitteli, ganz un- 
deutlich auch bei Necrolemur antiguus und Microchoerus erinaceus 
aus Nebenleisten ein Gebilde entstehen, das der vorderen Trigonid- 
leiste der Simiiden in hohem Grade ähnelt. Es unterscheidet sich 
jedoch dadurch, daß es am M,, der hier das Paraconid in größter 
Entwicklung zeigt, undeutlicher ist als am M, und M, oder auch 
ganz fehlt. 

Sehen wir uns anderseits außerhalb der Primaten um, so 
finden wir z. B. unter Osborns (65) Abbildungen kretazeischer 
Säugetiermolaren unter Fig. 47El einen Zahn (,,Didelphodon ?“), 
der durch seinen vor dem Trigonid liegenden Vorbau sehr gut ein 
Analogon für den in der zweiten Ansicht geforderten, hypothe- 
tischen Übergangszustand darstellt. Weiterhin ist ja bisweilen 
an den M, der Anthropoiden ein direktes Übergehen der vorderen 
Randleiste in das labiale Basalband zu beobachten, was gleichfalls 
für eine Deutung der vorderen Randleiste als Basalbandderivat 
im Sinne der zweiten Ansicht sprechen würde. j 

Ich muß mich vorläufig für unfähig erklären, ein entscheidendes 
Urteil in dieser Frage zu fällen. Vielleicht könnte ein genaues Stu- 
dium des Basalbandsverlaufs an der Vorderseite der Molaren 
“ eozäner Primaten hierüber nähere Aufklärung bringen. 

In diesem Zusammenhange muß ich aber eine weitere Tat- 
sache anführen, die zwar kein Licht auf die Entstehungsart der 
vorderen Trigonidleiste wirft, aber doch entschieden für ihre Be- 
wertung als primitives Merkmal spricht. Außer bei den Simiiden 
kommt die vordere Trigonidleiste nämlich noch bei einigen Plathyr- 
rhinengenera vor (Callicebus, manche Cebusarten, undeutlich bei 
Chrysothrix und einigen Mycetesarten). Nun ist ja in diesem Falle 
Konvergenz von vornherein durchaus nicht auszuschließen. Doch 
kommt z. B. bei Cebus (Cebus fatuellus) die Leiste nicht nur in 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 131 


gleicher Lage und relativ gleicher Häufigkeit innerhalb der Molaren- 
reihe wie beim Gorilla vor, sondern zeigt am md,, der in gleicher 
Weise wie bei Gorilla ein Paraconid besitzt®), genaudieselben Be- 
ziehungen zu diesem Höcker wie am md, von Gorilla. Derartige 
Übereinstimmungen machen ein bloße Analogie dieser Leiste bei 
beiden Primatengruppen durchaus unwahrscheinlich und fordern 
die Annahme einer Homologie. 

Da nun aber die Annahme, diese Platyrrhinengenera und die 
Simiiden könnten ein gemeinsamer, derartig spezialisierter Zweig 
der Primäten sein, durch die anatomischen Unterschiede dieser 
Gruppe unmöglich gemacht wird, folgt aus der Homologie die 
Primitivität der vorderen Trigonidleiste. 

Als schwächere Argumente für diese Bewertung kämen noch 
hinzu: 1. Die größere Häufigkeit und Deutlichkeit der vorderen 
Trigonidleiste am md, und M,. 2. Ihre unverkennbar innigen Be- 
ziehungen zu dem sicher als primitiv aufzufassenden Paraconid. 

Ich ziehe aus diesen Betrachtungen das Fazit, daß die vor- 
dere Trigonidleiste als primitives Merkmal anzusehen 
ist, dessen Entstehung mindestens in die Periode zu- 
rückverlegt werden muß, in der die unteren Molaren 
noch im Besitze des Paraconıds waren. 

Daraus folgt (wie es ja auch schon bei Betrachtung des Para- 

conids geschah), daß die Hylobatidenmolaren in ihrem Trigonid- 
teil durch die vollständige Reduktion der vorderen Trigonidleiste 
viel spezialisierter sind als die Simiidenmolaren und daß letztere 
keinesfalls von ersterer abgeleitet werden können, wie es besonders 
Schwalbe (78) tun wollte. 

Unter den Simiiden ist wiederum der Gorilla am primitivsten, 
der Orang am spezialisiertesten. 

Über den Talonidteil der unteren Molaren ist wenig zu 
sagen; seine Entstehung und die seiner drei Höcker fällt außerhalb 
der Primatenordnung und kommt also hier nicht in Betracht. 
Doch lassen sich aus dem Vergleich mit den eozänen Primaten 
folgende Merkmale mit annähernder Sicherheit als ursprünglich 
aussprechen: 1. geringe Größe des Mesoconids am M, und zu- 
nehmende Größe dieses Höckers bis zum M,; 2. niedrige Lage des 
Talonidteils gegenüber dem Trigonidteil; 3. gleichmäßige Lage des 
Mesoconids in der Medianlinie der Molaren an allen drei M. 

In den ersten beiden Merkmalen lassen sich zwischen den 
einzelnen Anthropoidengattungen keine wesentlichen Differenzen 
erkennen; nur muß demnach das besonders beim Schimpansen und 
Gibbon vorkommende Fehlen des Mesoconids als Reduktion — 
bezw. Spezialisation — betrachtet werden. HinsichtlichderLage des 
Mesoconids sind aber die Hylobatiden entschieden primitiver 
als die Simiiden, die in der Verlagerung des Mesoconids ganz 


30) Ein Paraconid am md, von Cebus wurde zuerst von Adloff nach- 
gewiesen (6, Abb. 67). 


g* 11. Heft 


132 Adolf Remane: 


divergente Entwicklungsrichtungen eingeschlagen haben (vergl. 
Gorilla und Schimpanse). 

Der Talonidteil der Anthropoidenmolaren hat nun aber noch 
eine sekundäre Zutat in der hinteren Randleiste samt Fovea 
posterior erhalten. Deren Entstehung ist bei den rezenten Gat- 
tungen (Hylobatiden und Gorilla) noch ‚deutlich wahrnehmbar. 
Bei den Hylobatiden fehlt die hintere Randleiste in der Regel 
noch vollkommen, bisweilen ist sie zwischen Entoconid und 
Mesoconid als tiefliegender schwacher Wulst zu erkennen, in ganz 
derselben Form wie das labiale Basalband zwischen zwei Höckern. 
Diese Übereinstimmung mit dem Basalband ist so weitgehende 
daß eine Identifizierung der hinteren Randleiste als Basalbandtei% 
nicht zweifelhaft erscheinen kann. Von diesem Stadium aus finden 
sich alle Übergänge bis zu einer in Kauflächenhöhe gelagerten Rand- 
leiste. In ähnlicher Weise läßt sich die Entstehung beim Gorilla 
verfolgen. 

Hinsichtlich der hinteren Randleiste sind die Hylobatiden 
primitiver als die Simiiden; unter den Simiiden ist der Gorilla 
am meisten, der Orang am wenigsten primitiv. 

Zum Schlusse muß noch auf einen Unterschied zwischen 
eozänen Primaten und den Anthropoiden in der labialen Verbindung 
des Talonidteils mit dem Trigonidteil hingewiesen werden. Bei 
ersteren, sowie auch bei rezenten Halbaffen, bildet die vordere 
Hypoconidrandleiste einen ausgedehnten Kamm, der vorn auf 
die hintere Trigonidleiste (oft sogar in der Nähe des Meta- 
conids) trifft. Dadurch wird an der Labialseite eine ausgedehnte 
dreieckige Grube zwischen Trigonid- und Talonidteil gebildet 
(vergl. Abb. 29), für die Schwalbe den irreführenden Namen 
‚‚ [rigonid‘“ gewählt hatte. Bei den Anthropoiden dagegen verläuft 
die vordere Hypoconidrandleiste nicht bis zur hinteren Trigonid- 
leiste, dafür ist hier eine hintere Protoconidrandleiste vorhanden, 
die den Halbaffen fehlt. Dürfen nun Zähne mit derartig ausge- 
dehnter vorderer Hypoconidrandleiste (,‚Crista obliqua‘‘ Schwalbe), 
wie sie die Halbaffen zeigen, in den Entwicklungsgang der Anthro- 
poidenmolaren aufgenommen werden ? 

Diese Frage hat schon Schwalbe (78) in bejahendem Sinne 
beantwortet, da er bei der miozänen Anthropoidengattung Oreo- 
pithecus an dieser Stelle einen ganz ähnlichen Leistenverlauf antraf 
wie bei den Halbaffen. Doch auch die rezenten Anthropoiden 
bieten uns noch einige Anhaltspunkte für ein derartiges Stadium 
im Verlaufe der Morphogenese. So entspringt, wie beschrieben, 
am md, des Schimpansen die hintere Hauptleiste (= vordere 
Hypoconusrandleiste) nicht von der Spitze des Proto- 
conids, sondern von der inneren Hauptleiste, die ja 
der hinteren Trigonidleiste der Molaren entspricht (vergl. Abb. 28). 
Dasselbe Verhalten ist noch deutlicher am cd des Schimpansen 
zu beobachten, beim Gibbon bisweilen am md, angedeutet und 
in besonderer Übereinstimmung mit den Halbaffenmolaren am 


aa As 


— 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 133 


md, von Dryopithecus (cf Schlosser 75) vorhanden. Das beige- 
gebene Schema zeigt die Ähnlichkeit dieser Leisten bei einem 
Halbaffenmolar (Lemur macaco) und dem md, des Schimpansen 
(Abb. 28). 

Damit will ich die Besprechung der Molaren beschließen und 
will im Anschluß nur noch zwei Bildungen erörtern: 1. das Basal- 
band, 2. das Nebenleistensystem. 

Die Entstehung des Basalbands fällt außerhalb der Primaten- 
ordnung, sein Besitz muß zweifellos als primitiv bewertet werden. 
Doch zeigt die starke Variabilität des Basal- 
bandes bei den rezenten Gattungen, daß es 
nicht ohne weiteres angängig ist, eine geo- 
logischältere Formwegengeringerentwickelten 
Basalbands von der Aszendenz einer geologisch 
jüngeren auszuschließen, falls von beiden For- 
men nur vereinzelte Belegstücke vorhanden a b 
sind. Abb, 28. 

Das Nebenleistensystem darf wohl den a) Schema des M! von 
Ahnen der Simiiden zuerkannt werden, und Zemur macaca (nach 
zwar in einer Ausbildung, wie sie heute un- web Schema 

2 Sr j RE 52 es md, eines Schim- 
gefähr der Gorilla zeigt, da sich ja die Neben- Pansen. 
leisten der anderen Simiiden auf die des Go- 
rilla zurückführen lassen, nicht aber umgekehrt. 

Ob der Ahne der gesamten Anthropoiden ein derartiges 
Nebenleistensystem besessen hat, ist sehr zweifelhaft. Ich halte 
es für unwahrscheinlich, da die Nebenleisten der Hylobatiden, 
falls solche vorhanden sind, doch manche Differenzen von denen 
der Simiiden erkennen lassen. 


Prämolaren. 


Im beschreibenden Teil habe ich dargetan, daß sich die Bau- 
elemente der Prämolaren in fast allen Einzelheiten mit denjenigen 
der Molaren homologisieren lassen. Die Übereinstimmung zwingt 
uns für die Differenzierung der Prämolaren einen in den Grund- 
zügen gleichen Entwicklungsgang anzunehmen wie für die Molaren, 
wie es ja heute wohl allgemein getan wird. Die Frage nach der ur- 
sprünglichen Zusammensetzung der Prämolaren und Molaren kommt 
dabei hier nicht in Betracht. 

Aus dem Zugeständnis eines gleichen Entwicklungsganges 
entsteht die weitere Frage, ob der einfachere Bau der Prämolaren 
als phylogenetische Vorstufe zu dem der Molaren zu betrachten 
ist oder ob er durch Reduktion aus einem molarenähnlichen 
Stadium abgeleitet werden darf. 

Die erste dieser Möglichkeiten ist von Leche vertreten worden, 
doch in dem Sinne, daß die vorderen Zähne über die Differenzierung 
der hinteren Aufschluß geben können. Weiter geht in dieser Hin- 
sicht Bolk (14) in seiner Morphogenie der Primatenzähne, wohl 
weniger in Worten als in der praktischen Verwendung; denn eine 


11. Heft 


134 Adolf Remane: 


Nachprüfung der Bolkschen Theorien an Hand des Materials 
ergibt, daß diese auf der Voraussetzung beruhen, daß die Prä- 
molaren eine phylogenetische Vorstufe für die Molaren vorstellen. 
Adloff (6) weist eine derartig extreme Anschauung zurück, in- 
dem er den Unterkiefer von Tragulus anführt, dessen Prämolaren- 
bildung eine Annahme vom phylogenetischen Vorstadium der 
Prämolaren unmöglich mache. Natürlich ließen sich noch sehr 
zahlreiche weitere Beispiele hierfür anführen; ich erinnere nur an 
die ganz eigentümlich spezialisierten P4 der Plagiaulaciden oder 
von Bettongia. 

Hier interessiert uns die Frage nur im Hinblick auf die Anthro- 
poiden. Ich werde im folgenden einige Beispiele anführen, daß 
selbst für einzelne Merkmale für sich die Annahme einer phylo- 
genetischen Entwicklungsreihe parallel der Entwicklungsreihe 
innerhalb des Gebisses abzulehnen ist. 1. Die Simiiden besitzen 
an den oberen Backenzähnen drei Wurzeln, nur der P? des Schim- 
pansen besitzt zwei. Nach obiger Anschauung müßten demnach 
die Molaren des Schimpansen im Gegensatz zu den anderen Simiiden 
erst ein dreiwurzeliges Stadium durchlaufen haben entsprechend 
der Dreiwurzeligkeit des P®, dann ein zweiwurzeliges entsprechend 
P* und schließlich wieder drei Wurzeln erlangt haben. Eine un- 
mögliche Annahme! 2. Das Metaconid müßte bei Betrachtung 
der Dauerprämolaren an derBasis des noch einspitzigen, nuraus dem 
Protoconid bestehenden Zahnes aus einem Cingulum entstanden 
sein; eine Betrachtung der Milchmolaren würde jedoch eine Ent- 
stehung nahe der Spitze des Protoconids oder durch Spaltung 
desselben (cöne bifide Duvernoy!) fordern. Ähnliche Disharmonien 
zwischen den beiden Zahngenerationen ergeben sich für die Ent- 
stehung der Talonidhöcker. 3. Am P* ist oft die hintere Trigon- 
leiste vorhanden, ohne daß ein Metaconus entwickelt ist. Dem- 
nach müßte diese Kauflächenleiste eher entstanden sein als der 
eine zu ihr gehörige Höcker. Schließlich ist jaauch die Unmöglich- 
kcit, die Runzeln am P, des Orangs als Vorstufe für die Runzeln 
der Molaren zu betrachten, ganz offensichtlich. 

Diese Beispiele zeigen, daß bei einem Teil der Merkmale die 
Prämolaren keine phylogenetische Vorstufe der Molaren seinkönnen. 
Wenn daher die Prämolaren dennoch in diesem Sinne verwandt 
werden sollen, <co muß zuvor die Berechtigung hierfür bei jedem 
einzelnen Merkmal nachgewiesen werden. Als derartiger Berech- 
tigungsnachweis kann aber Bolks Annahme einer Grundform aus 
zwei verschmolzenen ‚‚triconodonten‘‘ Zähnen, sowie die ‚„Reakti- 
vierung latenter Potenzen‘‘ nicht gelten. 

Es muß also eine Erklärung des einfacheren Baues der Prä- 
molaren als Vorstufe des Molarenbaues für die Anthropoiden 
abgelehnt werden. 

Die andere Möglichkeit, die Prämolaren seien reduzierte 
Molaren, ist wohl in wörtlichem Sinne von keinem Autoren er- 
wogen worden, da sie zu der unmöglichen Annahme ursprünglich 


> 
zu . 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 135 


homoiodonter Backzahnreihen mit molariformen Zähnen führt. 
Doch kann in diesem Zusammenhange Adloff (6) genannt werden, 
der den Umwandlungsprozess ‚‚von einem Punkte in dem Über- 
gangsgebiet aus nach hinten und nach vorne‘ vor sich gehen lassen 
will. „Nach hinten wäre wohl eine zunehmende Kompliziertheit 
der Zähne eingetreten, nach vorne zu würde es sich aber um eine 
Vereinfachung, um eine Art Rückbildung handeln.‘“ Hierbei 
würden also die Prämolaren-in gewissem Sinne als rückgebildet 
zu betrachten sein. Morphologische Gründe gegen diese Ansicht 
kann ich nicht anführen, dagegen läßt sie sich nicht mit den palaeon- 
tologischen Befunden in Einklang bringen. 

Vergebens sucht man unter den eozänen Primaten nach einer 
Gattung, die am P? einen gleich hohen Protoconus zeigt wie z. B. 
der Gorilla, ebenso vergebens sucht man einen fünfhöckerigen P, 
und P,, wie er ja bisweilen beim Schimpansen eintritt. 

Dies veranlaßt mich, Reduktion höchstens als einen Teil- 
faktor, nicht aber als alleinige Ursache für den einfacheren Bau 
der Prämolaren anzuerkennen. 

Ich habe mir über den Vorgang der Differenzierung im Gebiß 
eine Anschauung gebildet, die die eben erwähnten Schwierigkeiten, 
soweit ich sehe, beseitigt. Ich weiß allerdings nicht, ob dieselbe 
Ansicht etwa an irgendeiner Stelle der weitverzweigten odonto- 
logischen Literatur geäußert wurde. 

Ich stelle mir den Differenzierungsgang folgendermaßen vor: 
Jedes neu auftretende Merkmal tritt über einen + aus- 
gedehnten Bezirk der Zahnreihe auf. Seine Form und 
Größe ist aber bei jedem Zahn entsprechend dem Bau 
und der Funktion desselben eine mehr oder weniger 
andere. So ist das Merkmal wohl an allen in Betracht 
kommenden Zähnen homolog, ohne daß jedoch seine 
Verschiedenheite 'ı innerhalb der Zahnreihe als phylo- 
genetische Reihe betrachtet werden dürfen. 

Ich will hierfür einige konkrete Beispiele anführen. An den 
unteren Molaren von Gorilla tritt oft an allen drei M gleichzeitig 
ein accessorischer Hinterhöcker auf. Durch die verschiedene Lage 
des Mesoconids an den drei M zeigt er an dem einzelnen M gewisse 
Unterschiede in Größe und zum Teil auch in der Lage. Hier sehen. 
wir also, daß Verschiedenheiten eines neuen Höckers durch Ver- 
schiedenheit der Zähne, an denen er auftritt, bedingt werden, ohne 
daß etwa der Höcker am M, die am M, und M, vorhandenen 
Stadien durchlaufen hat. 

Ein noch besseres Beispiel liefert das Tuberculum intermedium. 
Auch dieses tritt an allen M vielfach gleichzeitig auf, doch an den 
drei M (z.B. bei Gorilla) in ganz verschiedener Lage, am M, dicht am 

Metaconid, am M, dicht am Entoconid. Dieser Lageunterschied 
wird ihm durch die an den einzelnen M ganz verschieden gelegene 
Durchbruchstelle der inneren Hauptfurche, sowie die von M, zum 
M, hin zunehmende Entfernung des Entoconid von Metaconid auf- 


11. Heft 


136 Adolf Remane: 


gezwungen. Nie besaß und besitzt es jedoch am M, eine Lage wie 
am M,! 

Als weitere Beispiele ließen sich die den Furchen des C’ ent- 
sprechenden, bisweilen an denIzubeobachtenden Furchen anführen, 
ebenso das vereinzelte Auftreten von Furchen am P,, die in typi- 
scher Ausbildung nur dem C, zukommen. 

Auf dieselbe Weise ist wohl auch das Auftreten eines Hypo- 
conus und eines Metaconus an den P? zu bewerten, deren Lage 
dann keineswegs für die Molaren auf Entstehung an gleicher Stelle 
schließen läßt. | 

Jedenfalls geht aus dieser Auffassung das eine hervor, daß 
an den Prämolaren noch viel weniger wie an den Molaren eine rein 
morphologische Betrachtung die Entscheidung auf die Frage, ob 
primitiv oder nicht, gestattet. Bei den meisten Einzelheiten kann 
ich eine Beantwortung dieser Frage überhaupt nicht vornehmen, 
und nur in manchen Fällen gibt uns die ganz offensichtlich 
funktionelle Bedeutung eines Merkmals oder die fossilen Funde eine 
Handhabe in dieser Hinsicht. 


So zeigt der P, eine deutliche Korrelation zur Eckzahngröße. 
Er dient dem oberen Eckzahn als Widerlager; die Anpassungen an 
diese Funktion lassen sich klar erkennen; sie bestehen 1. in Ver- 
größerung des Zahnes, sowohl im gesamten, als auch besonders 
in Verlängerung. 2. Verstärkung und Schrägstellung der Vorder- 
wurzel. 3. Ausdehnung des Schmelzbelages der vorderen Außen- 
seite auf die Vorderwurzel, verbunden mit Schrägstellung des 
Vorderrandes. 4. Vereinfachung des Reliefs, Verstärkung der 
Hauptspitze. 

Starke Ausbildung dieser Merkmale muß als Spezialisierung 
betrachtet werden.- Damit stimmen die Befunde am Fossilmaterial 
durchaus überein. Parapithecus mit kleinen Eckzähnen besitzt 
kleine rundliche P, ohne Andeutungder oben genannten Merkmale, 
dasselbe ist auch bei Propliopithecus der Fall, während Pliopi- 
thecus sich schon mehr den rezenten Formen nähert. 


Unter den jetzigen Anthropoiden zeigt der Schimpanse durch- 
schnittlich die ursprünglichsten Verhältnisse. Die Hylobatiden 
‚scheinen eine etwas andere Anpassungsrichtung einzuschlagen 
als die Simiiden, besonders Orang, da sich bei ihnen eine stärkere 
Verlängerung des Zahnes, dafür aber geringere Verstärkung und 
Schrägstellung der Vorderwurzel bemerkbar macht. 


Diese Veränderung des P,, besonders seine Größenzunahme, 
bringen nun gewisse analoge Veränderungen an seinem Antago- 
nisten hervor. Diese funktionellen Anpassungen des P® sind: 
1. Vergrößerung und Verlängerung (an der vorderen Außenecke) 
des Paraconus. 2. Stärkere Ausdehnung und Senkung (Steiler- 
stellung) der Fovea anterior und der vorderen Randleiste. 3. Ver- 
stärkung der labialen Vorderwurzel. 4. Ausdehnung des Schmelz- 
belages an der vorderen Außenseite. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 137 


In all den eben genannten Merkmalen bestehen zwischen den 
einzelnen Gattungen nur geringe Unterschiede. Im Durchschnitt 
sind die Hylobatiden am meisten, der Orang am wenigsten primitiv. 

Die Einwirkungen dieser Umgestaltungen des P? machen sich 
auch am P? bemerkbar. Die starke Ausdehnung des Paraconus 
an der Labialseite bringt infolge der Raumverhältnisse eine relativ 
geringere Entwicklung dieses Teils am P? mit sich, dagegen dehnt 
sich der linguale Teil dieses Zahnes stärker aus, da ihm hier ge- 
nügend Platz zur Verfügung steht. Dies ist am besten beim Gorilla 
und zum Teil beim Schimpansen, weniger beim Orang und gar nicht 
bei den Hylobatiden zu beobachten. 

In Wechselwirkung mit dieser lingualen Ausdehnung des P? 
dürfte eine gleiche am P, (mehr an der hinteren Lingualseite) 
stehen. Der durchschnittliche Grad ihrer Ausdehnung ist bei den 
einzelnen Gattungen in genau derselben Reihenfolge wie am P! 
vorhanden. 

Damit ist die Zahl der Merkmale, bei denen ich infolge ihrer 
offensichtlich funktionellen Bedeutung eine Bewertung vornehmen 
konnte, erschöpft. 

Anschließend soll noch kurz die Frage gestreift werden, ob 
der Besitz eines Innenhöckers (Metaconids) am P, als primitiv 
bezeichnet werden darf oder nicht. Diesem Merkmal wurde ja 
bisher oft große stammesgeschichtliche Bedeutung zugemessen 
(Adloff 3). 

Für die Hylobatiden bietet uns die Palaeontologie folgende 
Anhaltspunkte. Der oligozäne Parapithecus besitzt am P, ebenso 
wie am P, nur ein sehr kleines Metaconid. Daß es sich hierbei um 
einen ursprünglichen und nicht um einen Reduktionszustand 
handelt, wird durch einen Vergleich mit den zeitlich und morpho- 
logisch nahestehenden Anaptomorphiden überaus wahrscheinlich 
gemacht. Propliopithecus besitzt ebenfalls nur ein sehr kleines 
Metaconid am P,, bei Phiopithecus läßt es sich nicht nachweisen 
und bei den rezenten Hylobatiden kommt es nur in den beschrie- 
benen geringen Spuren vor. Es scheint also, daß die Hylobatiden 
nie ein großes Metaconid am P, besessen haben. 

Anders scheinen die Verhältnisse bei den Simiiden zu liegen. 
Hier zeigt die Größe des Metaconids am P,einegewisse Abhängigkeit 
von dem Grad der Spezialisation dieses Zahnes. Der Schimpanse, 
der die primitivsten P, besitzt, weist durchschnittlich das größte 
Metaconid auf. Dies könnte auf ein ehemalig größeres Metaconid 
deuten. In dieser Hinsicht ist bemerkenswert, daß von den wenigen 
Stücken der miozänen Gattung Dryopithecus das eine Exemplar 
ein deutliches Metaconid am P, zeigt und daß ein solches ebenfalls 
bei Sivapithecus, der einzigen anderen fossilen Simiidengattung, 
deren P, noch bekannt sind, deutlich erkennbar ist. 

Dies alles deutet darauf hin, daß den Simiiden früher vielleicht 
allgemein ein größeres Metaconid am P, zukam, wie es ja auch 
Oreopithecus zeigt. Doch sind die Anhaltspunkte wohl noch etwas 


11. Heft 


138 Adolf Remane: 


zu gering, um an dieses Merkmal weitgehende phylogenetische 
Schlüsse knüpfen zu können. 


Eckzähne. 


Im Vordergebiß läßt uns ein Teil des bisherigen fossilen Ver- 
gleichsmaterials nahezu vollkommen im Stich, nämlich die eozänen 
Primaten und die rezenten Halbaffen. Mußte doch Stehlin (83) 
zu dem Anthropoiden Parapithecus greifen, um ein Vordergebiß 
zu finden, daß seinen Vorstellungen vom Urzustand des Primaten- 
vordergebisses am besten entsprach. 

Da sowohl Zarapithecus als auch Oreopithecus kleine Eck- 
zähne besaßen, kann 'geringe Größe des Eckzahnes unbedenklich 
als primitives Merkmal bezeichnet werden, was wohl auch all- 
gemein anerkannt ist. Demnach zeigt unter den Anthropoiden das 
Milchgebiß sehr primitive Zustände, im Dauergebiß sind die Weib- 
chen (besonders bei Gorilla und Orang) primitiver als die Männchen. 

Im Zusammenhang mit geringer Größe tritt an den C stets 
ein deutlich abgesetzter, lingualer Basalwulst auf, der dem Zahn 
eine + prämolariforme Gestalt verleiht (besonders Parapithecus 
und Propliopithecus). Bei starker Größenzunahme tritt der Basal- 
wulst zurück und es treten die beschriebenen Rinnen und Gruben 
deutlicher in Erscheinung. ; 

Diesen Basalwulst betrachte ich am oberen € als Homologon 
des Protoconus samt seinen Randleisten, am unteren C als Homo- 
logon des Metaconid und seinen Randleisten. Am besten läßt sich 
diese Identifizierung an den unteren Eckzähnen beweisen. Hier 
besitzen wir in Parapithecus und Propliopithecus Gattungen, bei 
denen am P, ein ganz gleicher lingualer Basalwulst zukommt wie 
dem C, nur daß am P noch ein kleines Metaconid aufsitzt und so 
seine Entstehung aus Metaconid und den lingualen Teilen der vor- 
deren und hinteren Randleiste dokumentiert. Bei den rezenten 
Anthropoiden würde die basale Verdickung der inneren Hauptleiste 
der Anschmelzungsstelle des Metaconids entsprechen. Für die 
oberen Eckzähne besitzen wir keine derartigen Beispiele, doch zeigt 
besonders der C des Orangweibchens noch oft eine Annäherung 
an den Bautypus eines oberen Prämolaren. BF 

Demnach ist der € lediglich als Paraconus bezw. Protoconid 
zu betrachten, dessen lingualer Basis der Protoconus- bezw. 
Metaconidanteil angeschmolzen ist und bisweilen noch in Gestalt 
eines Basalwulstes hervortritt. Die auf dem Eckzahn auftretenden 
Lücken und Furchen entsprechen solchen des Paraconus bezw. 
Protoconids, besonders am unteren C ist die Übereinstimmung im 
Leistenverlauf mit dem P nahezu vollständig. 

Spezialisierungen im Leistensystem der C sind 1. Reduktion 
der Leisten; 2. Verschiebung der Leisten des unteren C nach der 
Lingualseite; 3. Verkürzung der vorderen Hauptleiste verbunden 
mit Ausdehnung der vorderen Schmelzrandausbuchtung. Während 
im ersten Merkmal der Gorilla am primitivsten ist, ist er im zweiten 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 139 


am stärksten spezialisiert. Im dritten Merkmal ist der Orang am 
weitesten vorgeschritten. 

Ich muß auf die oben erörterte Zusammensetzung des Anthro- 
poideneckzahns noch kurz zurückkommen, da Bolk (14) eine ganz 
verschiedene Ansicht vertreten hat. Nur für die kleinen Eckzähne 
mit deutlich abgesetztem Basalwulst (= Deuteromer) erkennt 
er eine ähnliche Zusammensetzung an, allerdings ohne hier die 
Furchen und Leisten zu berücksichtigen. Die großen Eckzähne, 
also auch die der Anthropoiden, sollen aus einem in der ganzen 
Länge verschmolzenen ‚‚Protomer und Deuteromer‘‘ bestehen, 
die ursprüngliche Trennung soll noch durch die lingualen Längs- 
furchen gekennzeichnet sein. Mutatis mutandis würde also der 
besonders bei den Anthropoidenmännchen am oberen C so deut- 
lich ausgeprägte linguale Längswulst (nicht Basalwulst) dem Proto- 
conus homolog sein. 

Bolk nimmt nur den letzteren Typ für die Anthropoiden an 
' und statuiert eine „differente morphologische Zusammensetzung“ 
zwischen diesem und dem Menschen, dem der erstere Typ des Eck- 
zahns zukommt. 

Gegen diese Ansicht ist einzuwenden: 1. Am unteren C kommt 
in der Regel nur eine Längsfurche vor, am oberen C bisweilen 
nur eine. Es können auch mehrere Längsfurchen auftreten. (Dieses 
Merkmal verwandte bereits Adloff 6 zur Widerlegung der Ansicht 
Bolks.) 2. Es kommen auch bei den Anthropoiden Eckzähne mit 
deutlich abgesetztem lingualen Wulst, also der erste Typ vor 
(Weibchen, Orang). Dies würde zu der Annahme morphologisch 
differenter Eckzähne innerhalb einer Gattungführen. 3. Inmanchen 
Fällen (Orang- und Gorillaweibchen) sind selbst an den oberen 
Eckzähnen sowohl der Basalwulst als auch die Längsfurchen 
(wenn auch schwächer) vorhanden. Welcher Teil entspricht hier 
dem Deuteromer ? 

Diese Gründe genügen, um die Unhaltbarkeit der Ansicht 
Bolks über die Zusammensetzung der Eckzähne aufs neue darzutun. 

Es bleiben für die Eckzähne noch zwei Fragen zu erörtern. 
1. Ist die Größe der Eckzähne als einem gemeinsamen Ahnen ererbt 
oder in den einzelnen Gattungen unabhängig erworben ? 2. Ist die 
geringe sexuelle Differenz der Eckzahngröße bei den Hylobatiden 
primär oder sekundär? 

Die erste Frage muß dahin beantwortet werden, daß zum 
mindesten für Simiiden und Hylobatiden eine getrennte Entstehung 
großer Eckzähne angenommen werden muß. Die Hylobatiden 
besitzen im Oligozän ganz geringe Eckzähne und erst bei dem 
miozänen Pliopithecus macht sich eine teilweise Vergrößerung der 
Eckzähne bemerkbar, während die gleichaltrigen Simiiden bereits 
Eckzähne von ähnlicher Größe wie die rezenten Gattungen be- 
sitzen. Die unabhängige Eckzahnvergrößerung bei beiden Familien 
wird auch durch die ganz verschiedene Form ihrer Eckzähne be- 
fürwortet. Als Folgerung ergibt sich, daß die Übereinstimmungen 


11. Heft 


140 Adolf Remane: 


im Bau des P, zwischen rezenten Simiiden und Hylobatiden infolge 
der Abhängigkeit des P, vom C‘ zum Teil als Konvergenzerschei- 
nungen gedeutet werden dürfen. 

Hinsichtlich der zweiten Frage bin ich der Meinung, daß die 
geringe sexuelle Differenz der Eckzahngröße bei Hylobatiden als 
sekundär bewertet werden muß. Die mit großer Wahrscheinlichkeit 
zu den Hylobatiden zu rechnende miozäne Gattung Pliopithecus 
zeigt so verschieden große Eckzähne, daß wohl stark ausgeprägter 
Sexualdimorphismus angenommen werden darf und bisher auch 
angenommen wurde (Hofmann 42). Es ergeben sich also die drei 
Stadien: 1. Keine sexuelle Differenz. Eckzähne klein. 2. Starke 
Differenz. Eckzähne beim 3 groß, beim 2 klein. 3. Verminderte 
sexuelle Differenz. Eckzähne beim 3 groß, beim 2 annähernd 
ebenso groß. 

Ein Ausgleich der verschiedenen Eckzahngröße findet auch 
beim Schimpansen statt. Auch hier ist dieser sekundär, wofür die 
starke Variation der Eckzahngröße beim Weibchen spricht. 


Schneidezähne. 


Aus der Beschreibung der Schneidezähne läßt sich ersehen, 
daß noch alle Schneidezähne + deutliche Hinweise auf eine ur- 
sprüngliche Spitzen- 


zahnform besitzen, wie 
sie noch im I? (außer 
Schimpanse) verwirk- 
licht ist. Diesem ge- 
a b c d e 


forderten Urzustand 
entspricht im Unter- 
kiefer vollkommen Pa- 
rapithecus. Der Ober- 
kiefer dieser Gattung ist nicht bekannt, doch dürfen wir hier 
wohl analoge Verhältnisse annehmen. 


Wie sich aberdie Umformung der Spitzenzähnein „Schneide‘“- 
zähne vollzogen hat, wird durch keinen Fossilfund dargetan und 
auch bei anderen Primatenstämmen läßt sich keine analoge Ent- 
wicklungsreihe beobachten. Wir sind also hier lediglich auf die 
etwas unsichere, rein morphologische Betrachtungsweise ange- 
wiesen, die aber in diesem Falle reiches Material liefert. 

Der Spitzenzahntypus ist in reinster Form noch im I? 
des Gorilla vertreten. Wie ich mir die Umwandlung in einen 
Schneidezahn vorstelle, zeigt das Schema (Abb. 29), wobei sich 
jedes Stadium durch zahlreiche Zähne belegen läßt. Meine An- 
schauung nähert sich also insofern derjenigen Bolks, als ich die 
oft deutlich abgesetzte Mittelspitze medialer Schneidezähne der 
Paraconusspitze bezw. Protoconidspitze homolog erachte. Doch 
entsprechen die Seitenlappen keineswegs den Spitzen 1 und 3, 
sondern den vorgewölbten Seitenkanten des Paraconus, wobei ein 


Abb. 29, Umbildung eines Spitzenzahnes in 
einen „Schneide‘“zahn. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 141 


zurückbleiben ihrer inneren Teile die Kerben beiderseits der Mittel- 
spitze verursacht. Diese Seitenlappen können selbst höckerartig 
ausgebildet sein (Orang, Schimpanse z. T.) eine unregelmäßige 
Körnelung tragen oder in mehrere der Mittelspitze ähnliche Spitzen 
zerfallen. Ein scheinbares Verschwinden der Mittelspitze, das aber 
nicht als Reduktion des Paraconus oder Protoconid gedeutet 
werden darf, wie Bolk es tut, kann dadurch hervorgerufen werden, 
daß die Vorwölbung der Seitenlappen über die Mittelspitze hinweg- 
greift, so daß sie über derselben mit einer deutlichen Rinne zu- 
sammenstoßen®!). Nahezu vollständig belegen läßt sich dieser 
Entwicklungsgang nur für die I?, während die ursprünglichen 
Stadien des I! dem Stadium (Abb. 29 d) entsprechen. Eine Ein- 
schaltung der am I? beobachteten Stadien in diese Lücke in der 
Reihe der I’ ist nicht ohne weiteres statthaft, doch lassen die 
weitgehenden Übereinstimmungen einen ähnlichen Umbildungs- 
vorgang vermuten. 

Bemerkenswert ist, daß die Milchschneidezähne jene Höcker- 
bildungen und Umwandlungsstadien nicht oder kaum erkennen 
lassen. 

Gleichwohl ist wohl der einspitzige I? des Gorilla sicher als 
primitiver, der komplizierte I? des Schimpansen als spezialisiert 
zu betrachten. Für die anderen Schneidezähne ergibt sich gleich- 
falls in folgender Reihe abnehmende Primitivität: Gorilla, Gibbon, 
Orang, Schimpanse, wobei allerdings durch relative Größenver- 
hältnisse und Runzelung Spezialisationskreuzungen eintreten, da 
hierin der Orang spezialisierter als der Schimpanse ist. 


Eine Eigentümlichkeit besitzen noch die I? der Hylobatiden 
in dem Übergreifen der ausgehöhlten Kauflächen auf die distale 
Seitenfläche des Zahnes. Ganz dasselbe Merkmal ist an den I? 
mancher Platyrrhinengenera vorhanden. Dochliegt hier entschieden 
Konvergenz vor, da dieses Merkmal funktionell bedingt ist. Es 
findet sich nämlich dort, wo der I? im Aktionsbereich des unteren 
Eckzahns liegt, ähnelt also der am P® infolge Vergrößerung des 
P, wahrzunehmenden Ausdehnung der Fovea anterior und muß 
als Spezialisation betrachtet werden. 


Den lingualen Basalwulst identifiziere ich in Übereinstimmung 
mit Bolk mit dem Protoconus bezw. Metaconid, in demselben Sinne, 
wie ich es bereits an den Eckzähnen getan habe. Gegen eine Homo- 
logisierung mit dem Cingulum (Basalband) der Molaren, wie sie 
Adloff vertritt, ist folgendes einzuwenden: 1. Basalwulst und Tuber- 
culum dentale treten an den unteren Schneidezähnen lingual auf, 
während das Basalband im Unterkiefer nur labial, nie lingual vor- 


1) Die Fälle, bei denen die Spaltung des Zahnes bis über die Hälfte 
zu beobachten ist, dürfen, soweit ich esan Anthropoiden beurteilen kann, 
nicht auf jene medianen Furchen zurückgeführt werden, da hier unter 
- gleichzeitiger Verbreiterung des Zahns auch Spaltung des Mittelteils er- 
folgt (vergl. p. 14). 


11. Heft 


142 Adolf Remane: 


handen ist??). Im Oberkiefer macht sich selbst bei Formen mit so 
starker Basalbandbildung wie Callicebus eine Abnahme des Basal- 
bands in der Prämolarenregion bemerkbar; schon der vordere Prämo- 
lar besitzt kein linguales Basalband mehr. 3. Die Stärke des Basal- 
wulstes der Schneidezähne ist innerhalb der Gattungen oft unab- 
hängig von der des Basalbands der Molaren und umgekehrt. 

Zum Schlusse sei noch hinzugefügt, daß nach den Fössilfunden 
relativ geringe Länge der Schneidezahnreihen als primitiv angesehen 
werden muß (Gorilla primitiv, Schimpanse stark spezialisiert) und 
innerhalb der unteren Schneidezähne geringere Größe der I, als 
der I, (Gorilla primitiv, Orang spezialisiert). 

Die Hauptergebnisse dieser Betrachtungen sind kurz folgende: 
1. Für die Anthropoiden würden die Beobachtungen, daß innerhalb 
der Molarenreihe von M, bis M, in der Regel eine zunehmende 
Spezialisation vorhanden ist und daß das Milchgebiß in vielen 
Merkmalen primitiver ist als das Dauergebiß, bestätigt. 

2. Bei einer Abwägung aller primitiven Merkmale ergibt sich 
das überraschende Resultat, daß im Bau des Gebisses der Gorilla 
die primitivste Gattung ist. Bisher wurde er als besonders speziali- 
siert betrachtet. zum Teil wohl, weil er im augenfälligsten Merkmal, 
der Zahngröße, stark spezialisiert ist. 

3) Hylobatiden und Simiiden haben in vielen Merkmalen 
einen differenten Etnwicklungsgang aufzuweisen, so an den unteren 
Molaren, die bei den Hylobatiden im Trigonidteil spezialisiert, im 
Talonidteil primitiv, bei den Simiiden im Trigonidteil primitiv 
und im Talonidteil spezialisiert sind. Ferner deuten die Eckzähne 
auf lange getrennte Entwicklung; vielleicht auch die P,. Ich kann 
also hier am Gebiß das Ergebnis bestätigen, zudem Kohlbrügge (45) 
an Hand ausgedehnter anatomischer Untersuchungen gelangt war, 
nämlich: ‚‚Anthropoiden und Hylobatiden sind keine einander 
folgenden Rangstufen, sondern Parallelbildungen‘“. 

4. Bolks Theorie der Morphogenie der Primatenzähne muß 
in fast allen Teilfragen abgelehnt werden. Dies ist zwar schon 1916 
durch Adloff (6) geschehen, doch fühlte ich mich bewogen, Adloffs 
Ergebnisse zu bestätigen und neue Argumente gegen diese Theorie 
vorzubringen, da sie trotz Adloffs Widerlegung noch neuerdings 
als Basis für weitere Spekulationen benutzt wird. 


E. Das Gebiß der fossilen Anthropoiden und phylo- 
genetische Betrachtungen. 


Die Reste der fossilen Anthropoiden bestehen fast nur aus 
Kieferteilen und Zähnen. Andere Skeletteile sind so vereinzelt 
gefunden worden, daß sie nur eine untergeordnete Rolle in phylo- 
genetischen Untersuchungen spielen können, zumal da in manchen 


2) Schwalbe (73) glaubte an einem Gipsabguß von unteren Adapis- 
molaren ein linguales Basalband wahrnehmen zu können. Diese Angabe 
ist viel zu unsicher, um hier verwendet werden zu hönnen, 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 143 


Fällen ihre Identität mit einer auf Zähnen basierten Gattung nicht 
nachzuweisen ist. Diese Tatsache gibt uns vorläufig die Berechti- 
gung, an die Untersuchung eines einzigen Organsystems phylo- 
genetische Betrachtungen zu knüpfen. 

Die starke Variation der rezenten Gattungen wirkt natürlich 
sehr erschwerend auf die Beurteilung der fossilen Formen; be- 
sonders da die Gattungen, die uns in mehreren Resten erhalten 
sind, die Annahme einer ähnlichen Variationsbreite für die fossilen 
Formen rechtfertigen. Deshalb ist es keineswegs von vornherein 
anzunehmen, daß die meist sehr dürftigen Reste fossiler Anthro- 
poiden den Normaltypus der Gattung repräsentieren und dürfen 
aus diesem Grunde nicht nur mit den Normaltypen der rezenten 
Gattungen, sondern müssen mit dem ganzen Variationskreis der- 
selben verglichen werden. 

Auf Vernachlässigung dieses Punktes sowie Unterschätzung 
des Variationskreises ist es wohl in erster Linie zurückzuführen, 
daß über die systematische Stellung und phylogenetische Be- 
deutung mancher fossilen Gattungen, wie Pliopithecus, Sivapıthe- 
cus, Palaeopithecus so große Meinungsverschiedenheiten herrschen. 
Adloff (4) hat allerdings schon auf die Schwierigkeiten, die sich 
für die Betrachtung des Fossilmaterials aus der Variation ergeben, 
hingewiesen, ohne jedoch die letzten Konsequenzen aus dieser 
Tatsache zu ziehen. 

Ich will in den folgenden Zeilen eine Darstellung der fossilen 
Anthropoiden unter diesem Gesichtspunkte versuchen. Rein 
äußerlich ergab sich dabei als Notwendigkeit, vier der bisher auf- 
gestellten Gattungen (Neopithecus, Griphoßithecus, Sivapithecus, 
Palaeosimia) einzuziehen und als Synonyme zu anderen Gattungen 
zu stellen. 

Pithecanthropus und Eoanthropus sind hier nicht berücksichtigt 
worden. Dies soll in der Arbeit über das menschliche Gebiß nach- 
geholt werden. 

Parapitheeus Schlosser. 

Diese Gattung wurde 1911 von Schlosser (77) für einen gut 
erhaltenen Unterkiefer mit vollständiger Bezahnung aufgestellt, 
der bis jetzt den einzigen Rest dieser Gattung darstellt. Er stammt 
aus dem Oligozän (etwa Sannoisien Stehlin) von Fajum (Ägypten). 
Schlosser selbst errichtete für die Gattung die neue Familie der 
Parapithecidae und schrieb die Zahnformel 1.1.3.3.Stehlin (83), 
Gregory (33), Schwalbe (78) und Werth (89), denen ich mich durch- 

aus anschließe, treten für die Deutung des zweiten Zahnes als ]J, 
ein, so daß die Zahnformel 2.1.2.3.zu schreiben und er 
den Anthropoiden einzureihen wäre. 

Größe der Zähne (Maße nach Schlosser). 


e M, M, M, P, P, C, Ja 

Länge 4,4 5 4 3,9 3 2,8 

Breite "12 De ° 8:7 3 2,8 2.2 

Höhe 25 3,2 3,4 3,3 3,8 4,5 
11. Heft 


144 Adolf Remane: 


Diese Maße fallen etwas unterhalb der bei den rezenten Anthro- 
poiden gemessenen Minimalwerte; ganz auffallend sind die Diffe- 
renzen in der Eckzahngröße, dessen Höhe weniger als 1, des 
kleinsten Hylobatideneckzahns beträgt, doch liegen die Maße des 
Eckzahns bis auf die etwas geringere Länge innerhalb der für den 
unteren Milcheckzahn von Hylobates beobachteten Dimensionen. 

Bei Betrachtung der relativen Zahngrößen fällt die im Ver- 
hältnis zum J, sehr beträchtliche Größe des ]J, auf, die jedoch 
wiederum im Milchgebiß rezenter Anthropoiden ein Analogon 
besitzt. Im Gegensatz zu allen rezenten Anthropoiden ist der P, 
kleiner als der P,, innerhalb der Molaren ist der M, am größten, 
also das für Anthropoiden normale Verhalten zu konstatieren. 


Stellung. Die beiden Zahnreihen des Unterkiefers konver- 
gieren sehr stark nach vorn, wohl in noch stärkerem Maße, als es beim 
Gibbon je der Fall ist. Werth gibt hierfür einen Winkel von 33° an. 
Die Eckzähne springen nicht labialwärts vor. Die Zahnreihe ist 
geschlossen. 

Form. Die Form der Zähne ist von Schlosser sehr eingehend 
beschrieben worden. Ich entnehme dieser Beschreibung oder den 
beigegebenen Abbildungen die wesentlichsten Züge, um sie im 
Rahmen der rezenten Anthropoiden zu betrachten. 

Die Umrißform der Zähne und Ausbildung der Höcker fällt 
nicht außerhalb der bei den rezenten Anthropoiden zu beobach- 
tenden Formen. Der Trigonidteil ist etwas höher als der Talonid- 
teil. Ersterer besteht nur aus zwei Höckern, ein Paraconid 
fehlt vollkommen. Zwischen diesen beiden Höckern befindet 
sich nur eine Leiste (=hintere Trigonidleiste), wie bei den Hylo- 
batiden, die nach den Angaben von Werth (89) sehr schwach aus- 
gebildet ist. Die vordere Randleiste ist mäßig gerundet. 

Das Metaconid liegt am M, etwas weiter hinten als das Proto- 
conid (jedoch nicht stärker, als es bei den rezenten Anthropoiden 
der Fall sein kann). Vom M, bis zum M, gleicht sich diese Differenz 
allmählich aus, so daß der M, vollkommen opponierte Vorderhöcker 
besitzt. Ganz dieselben gegenseitigen Lagebeziehungen zeigen 
Entoconid und Hypoconid, nur scheint ersteres am M, sogar etwas 
weiter vorn zu liegen als das Hypoconid. 


Das Mesoconid liegt an allen drei M in der Medianlinie des 
Zahnes, seine Größe ist am M, gering, am M, beträchtlich. 


Ein ‚‚äußeres Basalband ist nur an der Vorderseite und hinter 
dem zweiten Außenhöcker deutlich entwickelt‘ (Schlosser). 


Die beiden Prämolaren sind einander viel ähnlicher, als es je 
bei den rezenten Anthropoiden der Fall ist. Sie bestehen beide 
nur aus einem Haupthöcker, an dessen innerer Basis schräg hinter 
der Spitze als Nebenhöcker noch das Metaconid vorhanden ist. 
Vom Metaconid gehen nach beiden Seiten kräftige, vollständige 
Leisten aus. Außerdem kommt am Hinterrande des P, noch ein- 
wulstiges Höckerchen hinzu. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 145 


In der Umrißform unterscheiden sich P, und P, von denen 
aller rezenten Anthropoiden dadurch, daß ersterer viel rundlicher 
ist und keine Ausdehnung des Schmelzbelages der vorderen Außen- 
seite nach unten erkennen läßt, letzterer ein geringer entwickeltes 
Talonid besitzt. 

Der Eckzahn ist niedriger als der J,, seine Form stimmt im 
äußeren Umriß weitgehend mit dem P, überein, nur fehlt das 
Metaconid vollkommen, so daß die inneren Randleisten zu einem 
einheitlichen kräftigen und deutlich abgesetzten Basalwulst zu- 
sammenfließen. 

Sämtliche Schneidezähne sind Spitzenzähne 
ohne Schneidekante. Die Spitze selbst ist allerdings ab- 
gestumpft, die Kaufläche besitzt die Form eines länglichen Ovals. 

Der Eckzahn und die Schneidezähne sind einwurzlig. Die 
Vorderwurzel der Prämolaren ist etwas labial gelagert. 

Systematische und phylogenetische Stellung. Es 
ist wohl hier überflüssig, die Gründe, die von den einzelnen Autoren 
(besonders Gregory) für die Schreibweise der Zahnformel mit 
2.1.2.3. angeführt wurden, nochmals zu rekapitulieren. War doch 
Schlosser selbst in seiner Deutung des zweiten Zahnes als C und 
des dritten als P, unsicher. 

Ein weiteres Argument für die Natur des zweiten Zahnes als 
J; habe ich durch den Nachweis ähnlicher Größendifferenzen der 
Vorderzähne im Milchgebiß rezenter Anthropoiden (Gorilla) bei- 
bringen können. 

Innerhalb der Anthropoiden besitzt Parapithecus eine große 
Anzahl primitiver Merkmale. Als solchesind zu nennen: 1. geringe 
Größe, 2. stark konvergierende Zahnreihen, 3. die Spitzenzahnform 
sämtlicher Schneidezähne, 4. die geringe Größe und Gestalt des 
Eckzahns, 5. die relativ geringe Größe des P,. Als weiteres primi- 
tives Merkmal muß wahrscheinlich auch die geringe Größe des 
Metaconids an dem P, betrachtet werden. 

Gleichwohl kann ich Parapithecus nicht als Ahnen des ge- 
samten Anthropoidenstammes ansprechen, wie Gregory es tut 
(„Accordingly Parapithecus appears to stand structurally ancestral 
to the whole anthropoid-man series“). Der vordere Trigonidteil 
besitzt nämlich keine vordere Trigonidleiste mehr, ist also bereits 
stärker reduziert als bei den Simiiden. Mit den Hylobatiden 
stimmt jedoch Parapithecus in dieser Hinsicht durchaus überein, 
und aus diesem Grunde stelleich Parapithecus zu den Hylobatiden. 
Weitere Gründe dafür wären: die starke Konvergenz der Back- 
zahnreihen und die an allen drei M mediane Lage des Mesoconids. 


Moeripithecus. | 


Durch die Einreihung der Gattung Parapithecus in die Anthro- 
poiden wird auch die Zugehörigkeit der Gattung Moeripithecus 
zu den Anthropoiden wahrscheinlich. Um ein sicheres Urteil 
abgeben zu können, ist der einzige erhaltene Rest, ein kleines 

Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 11. 10 11. Heft 


146 Adolf Remane: 


Unterkieferbruchstück mit M, und M, viel zu gering. Fundort 
und Fundschicht sind dieselben wie bei Parapithecus. Art: Moerı- 
pithecus Markgrafi Schlosser (77). 

Die Dimensionen der Zähne — M, Länge 5 mm, Breite 5 mm; 
M, Länge 5,5 mm, Breite 5,5 mm — sind also etwas größer als bei 
Parapithecus. Auffallend groß ist der Breitenindex, 100; die 
Zähne besitzen demnach einen gerundet quadratischen Grundriß. 
Als weitere Unterschiede von Parapithecus wären zu nennen: 
1. Stärker opponierte Höcker. ?. Mehr einwärtsgerückte Höcker. 
3. Sehr geringe Größe des Mesoconids, das an beiden M näher am 
Entoconid als am Hypoconid liegt. 4. Die allein vorhandene hin- 
tere Trigonidleiste ist schärfer. 5. Der Talonidteil ist im Ver- 
hältnis zum Trigonidteil (besonders am M,) geringer entwickelt. 
6. „Basalband nur durch einen kräftigen Wulst zwischen den beiden 
Außenhöckern vertreten“. 7. „Schmelzoberfläche ziemlich stark 
gerunzelt.‘ 

Systematische Stellung. DurchdasVorhandensein einer 
hinteren Protoconidrandleiste ist die Zugehörigkeit dieses Restes 
zu den echten Affen überaus wahrscheinlich, wohin die Gattung 
ja schon von ihrem Autor gestellt wurde. Eine Zugehörigkeit zu 
den Platyrrhinen ist aber aus tiergeographischen Gründen kaum an- 
zunehmen; unter den Katarrhinen zeigt die Gattung aber morpho- 
logisch und geologisch weit größere Annäherung an die Anthro- 
poiden alsan dieCynopitheciden. Danunaber, wie Schlosser darge- 
tan hat, die nächsten Beziehungen zu Paraßıthecus bestehen, soll die 
Gattung hier provisorisch zu den Hylobatiden gestellt werden, inner- 
halb deren sie als spezialisierter Seitenzweig zu gelten hat. 


Propliopithecus. 

Auch diese Gattung stammt aus dem Oligozän von Fajum und 
wurde von Schlosser beschrieben (77). Erhalten sind zwei Unter- 
kieferäste, ein rechter und ein linker, ersterer mit C—M, sowie 
einem Rest der Schneidezahnalveolen, letzerer mit P;—M.. 
Doch ist Schlosser „nicht ganz sicher, ob diese Kiefer wirklich 
einem und demselben Individuum angehören“. Art: Propliopithecus 
Haeckeli Schlosser. 


Größe der Zähne (nach Schlosser). 


EM M, P, P, C 
Länge 5,3 5,5 5,2 4 4 4 
Breite 4,5 5 5 AD oA = 
Höhe SR 3,2 3,5 4 5? 


Propliopithecus fällt also in den Größenmaßen der M und 


des P, bereits innerhalb der Variationsbreite von Hylobates (die 
um 0,1 mm unter dem Minimum von Hylobates liegende Breite des 
M, ist wohl belanglos). Fühlbare Differenzen zwischen beiden 
Genera bestehen jedoch in der Länge des P, und besonders in der 
Eckzahngröße, die wohl über Parapithecus hinausgeht, jedoch 
noch weit hinter Hylobates zurückbleibt. 


ER 


"TO Fer BE 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 147 


Die Breitenindices M, 84,9, M, 90,9, M, 96,1, P, 105,0, P, 100 
weichen gleichfalls nur imP,, weniger imP, von denen derrezenten 
Gattungen ab. 

Weiterhin bestehen, abgesehen von der großen Höhe des 
Ramus horizontalis, noch folgende Unterschiede von Parapithecus. 
Der Eckzahn ist höher als der I,, seine Vorderseite senkrecht ge- 
stellt. Er überragt die Prämolaren etwas mehr. Seine Gestalt 
ist gleichfalls prämolarenähnlich mit deutlich abgesetztem lin- 
gualen Basalwulst. Der P, ist gleichfalls einspitzig, mit gering 
entwickeltem Metaconid (Schwalbe 78). Am P, ist jedoch das 
Metaconid sehr groß, so daß der vordere Teil des P, dem der rezenten 
Anthropoiden ähnelt. Der Talonidteil ist dagegen wie bei Para- 
pithecus gering und mit unpaarem hinteren Höcker versehen. 


Die Molaren besitzen nur die hintere Trigonidleiste, die 
vordere sowie ein Paraconid fehlen vollkommen. Propliopithecus 
besitzt also einen gleichreduzierten Trigonidteil wie Parapithecus 
und die rezenten Hylobatiden. Das Mesoconid liegt an allen 
drei M in der Medianlinie, ist am M, klein, am M, und besonders 
M, beträchtlich größer: am M, noch größer als bei Parapithecus, 
so daß dieser Zahn einen dreieckigen Umriß erhält. Zu erwähnen 
wäre noch, daß das labiale Basalband stärker entwickelt ist als bei 
Parapithecus. 


Systematische und phylogenetische Stellung. 


Das Fehlen der vorderen Trigonidleiste, ferner die an allen 
drei M zentrale Lage des Mesoconids verweist Propliopithecus 
ebenfalls in die Familie der Hylobatiden. Das erste dieser Merkmale 
macht auch für Propliopithecus die Annahme als Ahne der Simiiden 
unmöglich. 

Innerhalb der Hylobatiden steht er der Gattung Paraßithecus 
nahe; Fortentwicklung gegenüber Parapithecus macht sich in 
der stärkeren Ausbildung des Eckzahns, sowie der Verstärkung des 
Metaconids zu einem zweiten Haupthöcker am P, bemerkbar. 
Schwerwiegende morphologische Gründe gegen eine Ableitung von 
Parapithecus bestehen, soweit ich sehe, nicht, doch macht das 
gleiche geologische Alter eine direkte Verbindung Parapithecus — 
Propliopithecus unmöglich. 


Von den rezenten Hylobatidengattungen ist Propliopithecus, 
abgesehen von der Höhe des horizontalen Kieferastes, durch die 
geringe Größe und Gestalt des C und P, deutlich unterschieden. 
Die parallele Stellung der Zahnreihen, die Schlosser für Proplio- 
pithecus angibt, ist noch zu unsicher, um als weiteres Merkmal 
angeführt zu werden. Betont doch Schlosser selbst, daß beide 
Kieferäste vielleicht nicht zu einem Individuum gehören, jedenfalls 
keine vollkommene Zusammenfügung gestatten, so daß also die 
Schlüsse auf den gegenseitigen Verlauf der Zahnreihen ganz un- 
sicher bleiben müssen. 


10* 11. Heft 


148 Adolf Remane: 


Pliopitheeus. 
Art: P. antiquus. 

Synonyme: Pithecus fossilis Blainville 1839 (11), Protopi- 
thecus antigquus Lartet 1851, Pliopithecus Platyodon Biedermann 
1863 (10), Hylobates antigquus Hofmann 1893 (42). 

Diese Gattung ist durchrelativ sehr zahlreiche Reste vertreten. 
Lagen doch der Beschreibung Hofmanns (41,42) Reste von nicht 
weniger als 11 Individuen vor. 

Folgende Fundorte sind bisher bekannt: Frankreich: Sansan 
(Dep. du Gers), La Grive-Saint-Alban (Isere), Artenay (Loiret), 
Pontlevoy (Loire-et-Cher), Manthelan (Touraine). Schweiz: Elgg. 
Steiermark: Göriach. Deutschland: Stätzling (bei Augsburg), 
Diessen (am Ammersee), Kgl. Neudorf (bei Oppeln). 

Zahlreiche Reste hat jedoch nur Göriach geliefert, von Sausan 
(Lartet 47,48), La Grive-Saint-Alban (Deperet 18, 19), Manthelan 
(Mayet 61), Stätzling (Roger 70) ist nur je ein + vollständiges 
Unterkieferfragment, von Oppeln (Wegener 88) und Pontlevoy 
(Mayet 61) nur einzelne Zähne bekannt. Von Elgg (Biedermann 00) 
stammt ein Oberkiefer, von Artenay (Mayet 60) nur der obere Teil 
eines Humerus. 

Die Fundschichten gehören dem Mittel- und Ober-Miozän an. 

Da die einzelnen Reste von den oben angeführten Autoren, 
denen noch Blainville (1) und Gervais .(29) hinzuzufügen wären, 
eine eingehende Besprechung erfahren haben, soll hier die Gattung 
nur hinsichtlich ihrer Variation und im Vergleich mit den übrigen 
Anthropoiden behandelt werden. 


Größe der Zähne. OÖberkiefer. 


| M24 7 M8) Mi] PA. PpE | NG’ PR 
i Länge 6 4,5 5,5 4 6 
‚Elgg: J Breite 7,5%)|7 |6%) |5 
n. Biedermann \ Höhe 6 
[Länge | 65 | 7 62 |45 145 REIS 
Görlach J . 6,8 
nach Hoffmann | Breite 7,5 8 17,4 7 6 4 
Höhe vr 
Neudorf { Länge 5 
nach Wegener Breite 7 


Die angegebenen Zahlen zeigen, daß Pliopithecus in der 
Zahngröße keineswegs konstant ist. Die Größenwerte der Molaren 

8) Zitiert nach Wegener (88). 

%), Hofmann gibt für dieses Exemplar 7,8 mm an. 

3) Hofmann gibt 7 mm an. 


Beiträge zur Morphologie des Anihropoidengebisses 149 


Unterkiefer. 


u 00 7 De Be RE De ER 37) 1 6 


| Länge (7,689) 6,8:1:6,2. 1,5 6 6 
Sansan Breite It6.5) 6 5,5 a en 4,2| 
Höhe | 9 
La Grive Länge [7,5 /j 6 | 
nach Deperet Breite |6 6 5,5 
Manthelan Länge |7 7 
nach Mayet Breite 5 6 
Göriach f Länge 17,5 1,3 | 62 5 6 6 3 | 3 
nach Hofmann? Breite 6 6 5,5 5 4.5103,8 
Höhe | 6,6 
Göriach Länge |8,2 1,5: 46,9 5,1.176:6;1 
eigene Maße Breite 6,7 62° 1.653 B;1| 4,6 
Neudorf Länge 6,5 | 
nach Wegener \ Breite | 5,3 
Stätzling Länge 7 6 82 925,5 
nach Roger Breite | 6 | 5,5 4 4 


entsprechen denen der Hylobatiden und zwar bis auf M, M, 
und P, mehr der Gattung Symphalangus als Hylobates. Die Eck- 
zähne fallen jedoch bis auf Länge und Breite eines oberen C weit 
unterhalb des Minimums rezenter Hylobatiden, dasselbe gilt von 
der Länge des P,. 

Interessanter sind die relativen Größenverhältnisse: Im 
Oberkiefer ergibt sich allerdings, abgesehen von der geringen Größe 
des C und der relativ geringen Größe des |]? nichts Besonderes. 
Im Unterkiefer fällt jedoch auf, daß der M, in der Regel der größte 
Molar ist, doch beweist das Exemplar von Manthelan, daß dieses 
Merkmal für Pliopithecus nicht konstant ist. Hinsichtlich der 
gegenseitigen Größenunterschiede zwischen P, und P, nimmt 
Pliopithecus eine Mittelstellung zwischen den oligozänen und den 
rezenten Anthropoiden ein, da P, zwar größer als P, ist, jedoch be- 
deutend weniger als bei den rezenten Gattungen. Doch bestehen 
hierin einige individuelle Schwankungen. So besitzt z. B. das von 
Hofmann auf Taf. I, Fig. 6 d dargestellte Exemplar einen relativ 
etwas größeren P, als das von mir untersuchte Exemplar und auch 
als der Kiefer von Sansan. An Höhe scheint jedoch der P, den P, 
stets zu übertreffen. 

Die Eckzahngröße wurde schon erwähnt, an dem Schneide- 
zähnen fällt die gleiche Größe der unteren J auf, wie sie bei den 
Hylobatiden nur sehr selten auftritt, beim Orang jedoch die 
Regel ist. 

Stellung. So viel sich an den einigen, wenig verdrückten 
Stücken erkennen läßt, konvergierten die Backzahnreihen des 


») Die in Klammern hinzugefügten Maße nach Mayet. 
11. Heft 


150 Adolf Remane: 


Unterkiefers stark nach vorn, und zwar in einem Maße, das un- 
gefähr dem bei Hylobatiden zu beobachtenden Extrem entspricht. 


Für die Schneidezähne des Phiopithecus glaubte Hofmann eine 
steilere Stellung als bei den rezenten Hylobatiden annehmen zu 
müssen, da nur die Schneidekante abgenutzt war. Das ist jedoch 
auch bei den rezenten Hylobatiden meist der Fall, so daß dieses 
Argument hinfällig ist. Zudem zeigt der Originalunterkiefer von 
Sansan eine schräge Stellung der unteren J, und zwar in stärkerem 
Maße als durchschnittlich Hylobates. 


Form. Für den Breitenindex der Zähne ergaben sich folgende 
Zahlen: 

M®: 115,4 M2: 114,3 M!: 119,4—125 (130); 

M,: 714-855 Ms: 322—92,3 M,: 815-917; 

P®: 140—155,6 P?:133,3—150 (170). 
P,: 80—100  P;: 72,7—833. 

Die Indices der meisten Zähne liegen innerhalb der Variations- 
breite der rezenten Gattungen; der Maximalwert des M! ist je- 
doch nur noch beim Schimpansen vorhanden, die des P? greifen 
über die Maximalwerte des P? der Hylobatiden hinaus; die des P, 
über alle Anthropoiden, jedoch weniger über Simiiden als über 
Hylobatiden. 

Im Unterkiefer kann der M, sehr tiefe Werte erreichen, die 
noch tiefer als die Minimalwerte der Hylobatiden liegen; sehr 
hohe Werte zeigt der P,, doch liegen seine Minima sogar noch 
innerhalb der Variationsbreite der Gattung Hylobates. 


Die oberen Molaren sind breit, zeigen in ihrem Bau keine 
erkennbaren Unterschiede von denen der Gattung Hylobates, nur 
daß ein sehr starkes linguales und z. T. auch labiales Basalband 
konstant vorzukommen scheint. 

Die oberen Prämolaren sind von breitem, querovalem Grund- 
rißB, der Außenhöcker überragt den Innenhöcker, besonders am 
P,, wo letzterer nur noch als basaler \\ ulst vorhanden sein soll. 
Lingual besitzt der P, ein starkes Basalband, labial treten an 
beiden P vorn und hinten Spuren desselben auf. In der Mitte der 
Kaufläche sind einige Querleisten vorhanden, besonders der von 
Wegener abgebildete P, zeigt zahlreiche Nebenleisten. Im all- 
gemeinen stimmen auch die oberen P am besten mit den ent- 
sprechenden Zähnen von Hylobates überein. 

Die oberen C besitzen einen lingualen, deutlich abgesetzten 
Basalwulst. 

Von den beiden Schneidezähnen zeigen die beiden mittleren 
in ihrer Umrißform (starke Schrägstellung der mesialen Seite) 
und der tiefen Aushöhlung der Kaufläche eine ganz auffallende 
Übereinstimmung mit den Hylobatiden. Dasselbe gilt von den 
äußeren J, die, wenn ich die Abbildungen recht beurteile, sogar die 
distale Ausbuchtung der Kaufläche besitzen, die unter den rezenten 
Anthropoiden nur bei den Hylobatiden vorkommt. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 151 


Unterkiefer. Der M, zeigt häufig eine starke Verschmälerung 
seines distalen Teils, deren Maß jedoch wechselt. Er nähert sich in 
dieser Hinsicht am meisten dem Gorilla. Das Metaconid steht am 
M, etwas weiter hinten als das Protoconid, bisweilen jedoch nur 
sehr wenig (vergl. Hofmann Taf. I, Fig. 5c). Am M, und M, 
stehen diese beiden Höcker direkt opponiert oder nähern sich 
dieser Stellung. Pliopithecus entspricht in dieser Hinsicht also 
vollkommen den übrigen Anthropoiden. 

Für den Trigonidteil der Molaren erwähnt Hofmann noch 
einen „unpaaren Zacken in der vorderen Hälfte‘‘, der ‚entwickelter 
als bei Hylobates‘‘ ist. Schlosser (71) hat diesen Zacken mit dem 
Paraconid identifiziert. An dem von mir untersuchten Exemplar, 
sowie an allen Abbildungen konnte ich ein solches Paraconid 
nicht entdecken. Auch war stets, wie bei den Hylobatiden, nur 
die hintere Trigonidleiste vorhanden, nie die vordere. Aus 
diesem Grunde zweifle ich an dem Vorhandensein eines Para- 
conids bei Pliopithecus, und glaube vielmehr, daß der ‚‚unpaare 
Zacken‘“ Hofmanns ein Protostylid war. Dies stimmt mit der 
starken Entwicklung des Basalbandes durchaus überein. Zudem 
nimmt ja auch Hofmann nach den oben zitierten Worten eine 
geringe Entwicklung für Hylobates an, was höchstens für das Proto- 
stylid zutrifft. Eine definitive Entscheidung dieser Frage kann 
jedoch erst eine Nachuntersuchung des von Hofmann bearbeiteten 
Materials bringen. 

Der Talonidteil des Zahnes ist am M, bedeutend größer als 
an den vorderen Molaren. Das Entoconid zeigt nur selten an allen 
drei M einen gleichen Abstand vom Metaconid, meist nimmt 
dieser Abstand vom M, zum M, zu. Das Mesoconid liegt am M, in 
oder nahe der Medianlinie. Seine Größe ist am M, sehr schwankend. 
Während esz. B. an dem M, von Neudorf nahezu fehlt (Wegener 
bezeichnet es als winzig), ist es an dem von mir untersuchten 
Exemplar sehr deutlich,’ allerdings auch kleiner als die anderen 
Talonidhöcker. Vom M, zum M, hin nimmt die Größe des Meso- 
conids rasch zu und ist am M, meist sehr stark, talonartig ent- 
wickelt. Gleichzeitig rückt das Mesoconid vom M, bis M, nach 
außen, so daß es am M, mit den Außenhöckern in einer Linie liegt. 

In der Lage des Entoconids und Mesoconids zeigt also Plio- 
pithecus ein Verhalten, wie es unter den rezenten Formen nur 
beim Gorilla vorkommt. Unter den Hylobatiden kommen bisweilen 
bei Syhmphalangus ähnliche, doch viel geringere Höckerver- 
schiebungen vor. 

Die M des Unterkiefers von Sansan besitzen ein accessorisches 
Höckerchen am Hinterrand zwischen Mesoconid und Entoconid. 
Das äußere Basalband ist an den unteren M von Plopithecus 
extrem stark entwickelt, viel stärker als bei den rezenten Anthro- 
poiden. Dies gilt besonders vom M,, wo es als breiter einheitlicher 
Wulst vom Vorderrand zum Hypoconid zieht. AmM, und M, ist es 
häufig schwächer, am M, zum Teil nur der vordere Teil erkennbar. 


11. Heft 


152 Adolf Remane: 


Eine Fovea posterior tritt, soweit ich es beurteilen kann, 
konstant auf, meist in relativ beträchtlicher Ausdehnung mit hoch- 
liegender hinterer Randleiste. 

Der P, besitzt eine viel rundlichere Umrißform als die rezenten 
Hylobatiden. Sein Talonidteil ist gering entwickelt, bisweilen 
ähnlich höckerartig abgesetzt wie bei Propliopithecus und Para- 
pithecus. Das Metaconid ist in der Regel gut entwickelt, so daß 
der P, zwei Haupthöcker besitzt. Der P, des von mir untersuchten 
Exemplars zeigt jedoch eine nahezu vollständige Reduktion des 
Metaconids, so daß er einspitzig und dem von Parapithecus ähnlich 
ist. Labial sind vorn und hinten Teile des Basalbandes erkenn- 
bar. (Abb. 30). 

Der P, zeigt bisweilen noch eine ähnliche Umrißform wie 
der P,, kann andrerseits bedeutend länglicher (Hofmann Taf. I, 
Fig. 6d) und mehr dem der rezenten Hylo- 
batiden genähert sein. Er ist einspitzig, ohne 
Andeutung eines Metaconids, trägt die drei 
Hauptleisten und einen lingualen Basalwulst, 
Sein Vorderrand fällt steil ab, die vordere 
Außenseite des Schmelzbelages ist nicht basal- 
wärts ausgedehnt (dies dürfte aber, nach den 
Abbildungen zu urteilen, bei dem Kiefer von 
Sansan der Fall sein). 

Der Eckzahn ähnelt dem der Hylobatiden 
und scheint auch in seiner Größe (z. B. Unter- 


b kiefer von Sansan) an diese heranzureichen, 
Abb. 30. Untere Prae. an der Lingualseite mit starkem Basalwulst. 
molaren von Pliopithe- Die unteren Schneidezähne sind schlank, 


cus antigquus (Exem- und besonders der J, durch die Krümmung 
plar des B. Pal. Mus. „oiner mesialen Seite an Hylobatiden undnicht 
von Göriach). 5% ; 
; an Simiiden erinnernd. 
a) von oben; } } rt 
b) von außen. Hier sei nochmals auf die interessante 
Tatsache hingewiesen, daß bei Pliopithecus 
„Schmelzfaltung‘““ auftreten kann, die aber nicht, wie Wegener 
meint, das bei den rezenten Hylobatiden zu beobachtende Maß 
übersteigt. Auf Fig. 3 der Abhandlung Hofmanns glaube ich am 
M, eine hintere Hauptleiste zwischen Hypoconus und Metaconus, 
am M?® eine sekundäre Hauptleiste zwischen Protoconus und Para- 
conus zu erkennen. 

Von Hofmann wurde auch das Milchgebiß des Unterkiefers in 
zwei Exemplaren beschrieben, das sich nach diesem Autor von dem 
des Gibbons nicht unterscheidet. Für die Feststellung, ob der 
„unpaare Zacken Hofmanns‘ ein Paraconid darstellt oder ob 
eine vordere Trigonidleiste vorhanden ist, wäre eine Nachunter- 
suchung des Milchgebisses sehr wichtig. An den Abbildungen ist 
davon nichts zu erkennen. 

Systematische und phylogenetische Stellung. Wäh- 
rend von den meisten Autoren Plioßithecus in die Nähe der Hylo- 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 153 


batiden gestellt oder sogar der Gattung Hylobates eingeordnet 
wurde, bestritten Dubois (22) und Pilgrim (69) nähere Beziehungen 
zudenHylobatiden undnäherten ihrerseits PliopithecusdenSimiiden. 

In der Tat sind die Merkmale von Pliopithecus, wie schon bei 
der Beschreibung dargetan wurde, nicht ganz eindeutig. Für 
engere Beziehungen zu den Simiiden könnten folgende Argumente 
angeführt werden: 1. die hohen Breitenindices von M!, P#, P3 und 
P,; 2. die Verschmälerung des distalen Teils des M, (cf. Gorilla) ; 
3. die starke Verschiebung des Mesoconids von M, bis M, nach 
außen (cf. Gorilla); 4. der stark ausgeprägte Sexualdimorphismus 
in der Eckzahngröße (?); 5. das konstante Auftreten einer Fovea 
posterior an demM;; für eine Einreihung in dieHylobatiden sprechen: 
1. die Form der Schneidezähne; 2. die Form des unteren Eckzahns, 
3. die stark konvergierenden Zahnreihen; 4. der Mangel einer 
vorderen Trigonidleiste; 5. der Breitenindex des M,; 6. die Größe. 

Von den angegebenen Eigentümlichkeiten des Kiefers soll 
hier nicht die Rede sein, nur möchte ich erwähnen, daß Phopi- 
thecus sich hierin keineswegs so weit von den Hylobatiden entfernt, 
wie Dubois meint. Besonders Symphalangus läßt in Symphysen- 
länge und Kieferast manche Ähnlichkeit mit Pliopithecus erkennen. 

Bei einer Abwägung der oben angeführten Merkmale müssen 
Größe und Breitenindex als völlig belanglos ausscheiden: Die 
unter 2 und 3 zu Gunsten der Simiiden angeführten Punkte ver- 
lieren dadurch an Bedeutung, daß Andeutungen derartiger Form- 
eigentümlichkeiten auch bei Hylobatiden (Symphalangus) vor- 
kommen, dagegen muß den zugunsten der Hylobatiden sprechenden 
Merkmalen 1—4 systematische Bedeutung zuerkannt werden. 
Demnach wäre also Pliopithecus in die Hylobatiden 
einzureihen. Eine’ Entscheidung in dieser Frage könnte durch 
den Nachweis des Fehlens oder Vorhandenseins einer vorderen 
Trigonidleiste an dem md, herbeigeführt werden. Bis dahin ist 
aber Pliopithecus in die Hylobatiden aufzunehmen. 

Daß innerhalb der Hylobatiden Pliopithecus den Rang einer 
besonderen Gattung beansprucht, braucht wohl nicht mehr be- 
gründet zu werden. Mayet (69) hat die meisten der zu konstatieren- 
den Unterschiede zwischen Hylobates und Pliopithecus zusammen- 
gestellt. 

Phylogenetisch betrachtet stellt Pliopithecus in mancher 
Hinsicht ein Bindeglied zwischen den oligozänen und den rezenten 
Hylobatiden dar, so z. B. in Form und Größe des Eckzahns und 
vorderen Prämolaren, ferner in der Form der unteren J. Gleichwohl 
sind einige Merkmale vorhanden, die mich davon abhalten, Plio- 
pithecus als direkten Ahnen von Symphalangus und Hylobates zu 
erklären. Diese Merkmale sind: Konstantes Auftreten der Fovea 
posterior an den unteren M, sowie die mehrfach erwähnte starke 
Verschiebung des Mesoconids von M, bis M,. Vielleicht haben wir 
diesen direkten Ahnen in einer asiatischen Vikariante von 
Pliopithecus antiguus zu suchen, 


11. Heft 


154 Adolf Remane: 


Die Frage nach der Herkunft von Pliopithecus ist von Schlosser 
(77) dahin beantwortet worden, daß Proplioßithecus sicher als der 
Ahne von Pliopithecus anzusehen sei. In der Tat ist, soweit ich 
sehe, kein Merkmal vorhanden, das gegen diese Ansicht spricht. 
Das etwas geringere Basalband von Propliopithecus hat in dieser 
Hinsicht kaum irgendwelche Bedeutung; der größere Breitenindex 
des P, muß als primitiv bezeichnet werden. 

Schließlich sei noch erwähnt, daß Deperet (18, 19) die Reste 
aus dem Rhonetal als P. antiquus race chantrei abgetrennt hat. 
Wenn auch das Vorhandensein verschiedener Rassen bei einer 
derartig weiten Verbreitung sehr wahrscheinlich ist, so sind die 
von Deperet angeführten Merkmale jedoch kaum als Rassenmerk- 
male zu bewerten. Der von diesem Autor (19) zu dieser Rasse ge- 
stellte Zwischenkiefer mit J ist schon von Wegener (88) als nicht zu 
einem Anthropoiden gehörig bezeichnet worden. Ich schließe mich 
durchaus der Ansicht Wegeners an. 


Dryopithecus. 


Die Gattung Dryopithecus wurde 1856 von Lartet (49) für die 
Reste eines Anthropoidenunterkiefers errichtet. Später wurden 
weitere Stücke gefunden und mehrere Arten dieser Gattung be- 
schrieben. Es empfiehlt sich, jede dieser Art gesondert zu be- 
trachten. 


Dryopithecus fontani Lartet 1856. 


Von dieser Art sind vier vollständige Unterkiefer bekannt. 
Der erste (I) besteht aus den beiden Kieferästen mit P,—M,, 
sowie einem Symphysenfragment ohne Zähne. Von den M,, die 
sich wahrscheinlich im Durchbruch befanden, sind nur die Alveolen 
erkennbar, vom linken C ist die Wurzel samt dem unteren Teil der 
Krone. Dieser Kiefer ist der Typus der Art und Gattung. Er 
stammt aus dem Ober-Miozän von St. Gaudeus. 


Der zweite Kiefer (Il), der von Gaudry (27) bearbeitet wurde, 
besitzt das vollständige Gebiß mit Ausnahme des rechten M,. 
Er stammt von demselben Ort wie der erste und ebenso der dritte 
(III), von dem ein Unterkieferast mit C—M, erhalten ist (Harle 
34, 35). Weiterhin wurde ein Kieferbruchstück (IV) dieser Art im 
ÖOber-Miozän von Lerida in Spanien gefunden, das ich aber nur 
nach der Abbildung Gregorys (33), nicht nach der Originalbe- 
schreibung kenne. 

Als vereinzelte Fundstücke kommen, abgesehen von dem einen 
Humerus, noch je ein M, und M, (V), Harle (35) von St. Gaudens 
sowie ein von De£peret (20) hierher gestellter oberer M® von La 
Grive St. Albain, der etwas älter ist (Mittel-Miozän, Tortonien) 
als die Reste von St. Gaudens. 

In der Beschreibung sind die einzelnen Kieferstücke mit den 
oben hinzugefügten römischen Ziffern bezeichnet. 


u 
ar 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 155 


Größe der Zähne. ÖOberkiefer. 


M® 


Länge | — 
Breite ı 10mm | 


Unterk'efer. 


Deperet 


| | | \ | 
I. (an der Abbildung (Länge ee | 
Lartets gemessen) ] L 93 1.88 
ai r. 11,9 7.9 
II. (an der Abbildung [Länge ‚12 11,7 19,6 1 
Gaudrys gemessen) \Breite |9,4 10 8,6 
.. 9R > 
III. (nach Harle) ee Er: - : 
Ss Länge|ll,5 11 10 
ern) Breite 9,5 (2) 9,5 (2) 9 | 
V. (nach Harl6) > 10, 5 ar | | 


Diese Übersicht zeigt, daß schon an so wenigen Exemplaren 
sich ein Schwanken der Zahngröße bemerkbar macht. Daß diese 
Unterschiede nicht auf Differenzen in der Meßmethode der ein- 
zelnen Autoren zurückzuführen sind, beweist die Länge der beiden 
von Harl& beschriebenen und gemessenen M,. 

Die Größe der Zähne ist also ungefähr dieselbe wie beim 
Schimpansen, der Durchschnitt dürfte bei Dryopithecus fontani 
etwas höher liegen. 

Der Eckzahn ist an allen Exemplaren so groß wie beim männ- 
lichen Schimpansen. Harl&e (34) war aus diesem Grunde geneigt, 
gleiche Eckzahngröße für beide Geschlechter bei Dryopithecus 
anzunehmen. Ich halte dies für unwahrscheinlich. 

Die Schneidezähne, die nur bei II erhalten sind, sind von 
sehr geringer Größe, entschieden relativ kleiner als bei den rezenten 
Anthropoiden. 

Die gegenseitigen Größenverhältnisse der beiden Prämolaren 
sind dieselben wie bei den rezenten Anthropciden; innerhalb 
der Molaren scheint der M, häufiger der größte Zahn zu sein als bei 
den lebenden Gattungen. 

Form. Die nach den gegebenen Maßen festzustellenden Brei- 
tenindices sind: 

M® (an der Abbildung Deperets gemessen): 124,6; 
M;,: 78,3—84; M,;: 85,5—100; M,: 88—90.. 
»), Pilgrim gibt unter D. fontani (St. Gaudens) für einen M, Länge 10, 


Breite 10,5 mm an; auf welchen Zahn sich diese Maße beziehen sollen, ist 
mir unbekannt. 


— 11. Heft 


156 Adolf Remane: 


Auffallend ist, daß der M, sehr niedrige Indices aufweisen 
kann, der M, dagegen einen sehr hohen (100) erreichen kann. 
Jedoch ist es keineswegs nötig, bis zum Menschen gehen zu müssen 
(Harl&), um ebenso breite wie lange M zu finden, vielmehr finden 
sich derartige Breitenverhältnisse auch beim Orang und Schim- 
pansen. Jedenfalls lassen aber diese wenigen Reste auf eine sehr 
starke Variation des Längenbreitenverhältnisses schließen. 

Eine nähere Beschreibung der Form der einzelnen Zähne er- 
übrigt sich, da Dryopithecus fontani in dieser Hinsicht auffallend 
dem Gorilla gleicht. Nicht nur die Lage des Mesoconids und 
Entoconids, sondern auch feinere Einzelheiten, wie die starke 
Entwicklung einer hinteren Metaconidfurche oder das Vorhanden- 
sein einer Furche am labialen Vorderrand der Eckzähne (vergl. 
Harl&e) sind bei beiden Gattungen übereinstimmend vorhanden. 
Ferner spricht die an II M, zu beobachtende Reduktion des Ento- 
conids, das Vorhandensein deutlicher Tubercula intermedia bei II 
vielmehr für einen engeren Zusammenhang mit dem Gorilla als 
mit dem Schimpansen. 

Immerhin lassen sich außer den oben geschilderten Größen- 
unterschieden sowie dem größeren Breitenindex von V M, noch 
einige graduelle Unterschiede zwischen Dryopithecus fontani und 
Gorilla konstatieren. Hier wären zu nennen: 1. niedrigere Höcker 
bei Dryopithecus fontanı; 2. stärkere Reduktion des Hauptleisten- 
systems. So ist z. B. die vordere Trigonidleiste auf den meisten 
Abbildungen nicht zu erkennen, höchstens am M, links und M, von 
I (Lartet 49) einige Spuren davon; 3. relativ geringere Größe der 
Schneidezähne; 4. die stark reduzierte Form des M®, von dem 
allerdings nur ein Stück vorhanden ist. 

Schließlich sei noch erwähnt, daß das Basalband wie beim 
(Gorilla wechselnde Stärke und Ausdehnung besitzt, auch ganz 
fehlen kann (V M,), daß ferner am P, von I ein geringes Metaconid 
vorhanden ist und an der Labialseite der M oft Grübchenhöcker zu 
erkennen sind. 

Der von Dep£ret zu dieser Art gestellte obere M? zeigt weniger 
auffallende Übereinstimmung mit dem M? des Gorilla, gleicht 
vielmehr vollkommen dem eines Schimpansen, besonders in 
Umrißform, Verlauf der vorderen Randleiste und Stellung des 
Hypoconus. Gleichwohl liegt vorläufig kein Grund vor, aus 
diesem Grunde die Zugehörigkeit dieses Zahnes zu D. fontani zu 
bezweifeln. 

Bevor ich an die Erörterung der systematischen Stellung 
gehe, muß ich noch einige Worte über die von Schlosser (75) 
aufgestellten und von Abel (1) u. a. übernommenen beiden ‚‚Typen 
von D. fontani‘ sagen. Pilgrim (69) sagt von diesen Typen sogar: 
„+. . there are two distinct types of tooth referred to D. fontani, 
which in my opinion cannot be regarded as belonging to the same 
species, if even the same genus‘. Diese beiden Typen sind: Typ. 1: 
„Molaren weniger breit als lang, Mesoconid weiter nach hinten 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 157 


und innen gerückt als Hypoconid und Protoconid. Typ 2: Molaren 
bedeutend länger als breit, Mesoconid steht fast ebenso weit außen 
wie Hypoconid und Protoconid. 

Sucht man aber unter den Resten von D. fontani nach. diesen 
beiden Typen, so ist man erstaunt, sie nicht zu finden. Für Typ1i1 
kämen nach dem Längenbreitenverhältnisse nur zwei Zähne in 
Betracht: V M, und IM, rechts. Aber der zu dem ersteren dieser 
Zähne gehörige M, desselben Gebisses ist viel länger als breit 
und muß entschieden zu Typ 2 gerechnet werden. Also die beiden 
Typen von D. fontani treten in ein und demselben Gebiß auf. 
Dasselbe ist bei IM, der Fall, wo der rechte M, zu Typ 1 gerechnet 
werden könnte, der linke M, zu Typ 2. Die Lage des Mesoconids 
ist aber zu solcher Einteilung vollkommen unbrauchbar, da sie 
sich ja, wie erwähnt, in jedem Gebiß von M, bis M, entsprechend 
Typ 1 bis Typ 2 verändert. Diese beiden Typen von D. fontani 
sind also zum mindesten sehr irreführend, wie die oben zitierten 
Worte Pilgrims zeigen. 

Systematische und phylogenetische Stellung. Daß 
D. fontani zu den Simiiden gehört, wird durch den Bau des Eck- 
zahns dargetan. Innerhalb der Simiiden zeigt diese Art ganz nahe 
Beziehungen zum Gorilla, so daß ein enger Zusammenhang zwischen 
beiden Formen überaus wahrscheinlich ist. Doch ist auch hier ein 
Merkmal vorhanden, das eine direkte Deszendenz des Gorilla von 
D. fontani nicht zuläßt. Das Hauptleistensystem ist bereits zu 
stark reduziert und das Nebenleistensystem zu kompliziert, als 
daß die heutigen Gorillaformen von D. fontani abgeleitet werden 
könnten. Diese Stammform des Gorilla muß jedoch D. fontani 
sehr nahegestanden haben. Eine direkte Beziehung zwischen D. 
fontani einerseits und Schimpanse und Orang anderseits, worauf 
ja die Komplikation des Nebenleistensystems (besonders der M) 
hindeuten könnte, ist wegen der Stellung des Mesoconids und Ento- 
conids nicht anzunehmen. 

Drypopitheceus rhenanus®®). 

Die isolierten Zähne, die unter diesem Namen zusammen- 
gefaßt werden, sind von Branca (17) und Schlosser (72, 73, 75) 
eingehend beschrieben worden; es handelt sich um zwei obere, 
mehrere untere Molaren, sowie um einen zweiten unteren Milch- 
molar (Schlosser 75). Sie stammen aus den Bohnerzen der schwä- 
bischen Alb und sind wahrscheinlich unterpliozänen Alters. 


Größe der Zähne. 


M,0d. M,0d, 
Länge | 13,1) 11 Jı,sfıı |ı2 |JıLlı 
nach Branca dr 11 9,3| 98192 1981| 9 . 
Fi 13,0| 10,6 10 9,5 | 112 
nach Schlosser Br 10:5 9,2 8,4 | 88 9,5 


#8) Dieser Nameist von Abel (2) 1919 in D. germanicus um geändert worden. 
11. Heft 


158 Adolf Remane: 


Die beiden Oberkiefermolaren besitzen nach Branca folgende 
Dimensionen: 

1. Länge 9 mm; Breite" 10,9’mm; "2. Länge: 10,72; 

3reite 11,3 mm. 

Auf eine eingehende Beschreibung der Zähne kann ich hier ver- 
zichten, da solche bereits von Branca und Schlosser vorliegen. Ich 
möchte nur auf einige mir wesentlich erscheinende Punkte hinweisen. 

Die oberen Molaren (Breitenindex 105,6 und 121,1) zeigen 
eine gleichmäßig gebogene vordere Randleiste ohne Knickbildung, 
worin sie sich denen des Schimpansen nähern. Die vordere Trigon- 
leiste mündet in der Mitte der Vorderseite. Zwischen Hypoconus 
und Metaconus ist bei beiden Zähnen eine sekundäre Hauptleiste 
vorhanden, der Hypoconus ist durch Randleisten mit dem Proto- 
conus ziemlich eng verbunden. Basalband lingual wie labial gering. 
Der eine Zahn weist starke Ausbildung des Nebenleistensystems 
auf, der der Schimpansenmolaren am meisten entsprechend. Die 
oberen Molaren entsprechen also nahezu vollkommen dem M?® von 
D. fontani. 

Der Breitenindex der unteren Molaren beträgt 80,8—92,6; 
demnach würden die Breitenverhältnisse ungefähr denen des 
Gorillas oder Gibbons entsprechen; bemerkenswert ist jedoch, 
daß der Index 92,6 wahrscheinlich einem M, angehört, der sich 
durch Reduktion des Mesoconids auszeichnet (Branca 17, Taf. II, 
4). Im übrigen ist das Mesoconid gut entwickelt. Über seine 
Lageveränderungen innerhalb der Molarenreihe kann wenig aus- 
gesagt werden. Es liegt bei fast allen Zähnen in ähnlicher Weise 
etwas labial der Medianlinie, so daß die Lage an allen drei M an- 
nähernd die gleiche gewesen sein dürfte, oder höchstens eine ge- 
ringe Verschiebung nach außen aufwies. An einigen Zähnen 
(Branca 17, Taf. II, 1, 2, 7) fällt die starke Entwicklung des Hypo- 
conids auf. 

Die Höcker waren niedrig, das Hauptleistensystem stärker 
reduziert und die Nebenleisten besser entwickelt als bei Dryopi- 
thecus fontani. Sichere Spuren der vorderen Trigonidleiste lassen 
sich auf den Abbildungen nicht nachweisen, doch lassen die Ab- 
bildungen von Branca (17, Taf. II, 6) und Abel (1, Fig. 4) ihr 
Vorhandensein wenigstens in Resten auf dem Metaconid vermuten. 


Die hintere Metaconidnebenfurche ist zwar noch deutlich er- - 


kennbar, doch geringer als bei Dryopithecus fontani und Gorilla. 
Die Fovea posterior ist von wechselnder Größe. Das Basalband 
fehlt in der Regel. 

Von Interesse ist noch der von Schlosser (75) beschriebene 
und zu D. rhenanus gestellte md,. Abgesehen von dem bereits er- 
wähnten Verhalten der vorderen Hypoconidrandleiste ist das Vor- 
handensein einer deutlichen vorderen Trigonidleiste be- 
merkenswert, das D. rhenanus mit Bestimmtheit unter die Simiiden 
verweist. Das Paraconid fehlt, das Basalband ist relativ stark. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 159 


Zusammenfassend kann von Dryopithecus rhenanus gesagt 
werden, daß die bisher vorhandenen Reste die Einordnung in die 
Gattung Dryopithecus zwar nicht mit absoluter Sicherheit ge- 
statten, daß diese aber dem augenblicklichen Stande unseres 
Wissens die einzige angemessene ist. Von Dryopithecus fontani 
unterscheidet sich D. rhenanus durch einige geringe, nur graduell 
verschiedene Merkmale, wie stärkere Komplizierung des Neben- 
leistensystems, geringere Ausbildung der hinteren Metaconid- 
nebenfurche, geringere Entwicklung des Basalbandes und wahr- 
scheinlich konstantere Lage des Mesoconids und Entoconids 
innerhalb der Molarenreihe. In all diesen Merkmalen nähert sich 
D. rhenanus stärker dem Schimpansen. 

Im Anschluß an D. rhenanus muß ich die Gattung Neo- 
pithecus Abel (= Anthropodus Schlosser) mit der Art N. brancai 
Schlosser besprechen. Die Gattung wurde von Schlosser (75) auf 
einen einzigen Zahn begründet, der wie die Zähne von D. rhenanus 
aus den Bohnerzen Schwabens stammt. Branca (17) hatte diesen 
Zahn als md, gedeutet, Schlosser wies nach, daß es sich um einen 
M, handeln könne. Letzterer Autor knüpfte an diesen Zahn noch 
sehr weitgehende Vermutungen über die Eigenschaften seines 
Trägers, wie geringe Eckzahngröße und Fehlen des Scheitel- 
kamms. 

Ich kann jedoch die Gattung Neopithecus keines- 
falls anerkennen und betrachte diesen Zahn lediglich 
als einen etwas abweichenden M, von Dryopithecus 
rhenanus. Meine Gründe sind folgende: 

1. Die Unterschiede zwischen Neopithecus und Dryopithecus 
rhenanus sind bedeutend geringer, als sie die unteren Molaren 
innerhalb jeder der rezenten Gattungen aufweisen. 

2. Daß der Gattung Dryopithecus eine ziemlich beträchtliche 
Variation zuerkannt werden muß, beweisen die Funde von D. 
fontani ebenso wie die Abbildungen Brancas der Molaren von 
D. rhenanus. 

3. Unter den Molaren von D. rhenanus zeigt ein Zahn (M,), 
der von Branca (17) auf Taf. II, 6 dargestellt ist, unverkennbare 
Annäherung an den als Neopithecus abgetrennten Zahn (Branca, 
Taf. II, 11), worauf bereits Gregory (33) hingewiesen hat. 

Die von Schlosser erwähnten Unterschiede, wie spärlichere 
Nebenleisten, starke talonartige Ausbildung des Mesoconids, 
müssen im Verhältnis zur Variation der Anthropoiden geradezu 
als minimal bezeichnet werden und rechtfertigen keinesfalls eine 
Sonderstellung des Zahnes. Dasselbe gilt vom Fehlen des Basal- 
bands, dem Vorhandensein eines geringen Tuberculum intermedium 
und accessorischen Hinterhöckers, der wohl die etwas mehr labiale 
Lage des Mesoconids bedingt. Die Länge des Zahnes (10,3 mm) 
fällt innerhalb der Maße von Dryopithecus rhenanus, die Breite 
(7,8 mm) liegt nur 0,6 mm unterhalb der Minimalbreite der Molaren 
von D. rhenanus, der Breitenindex (75,7 nach Schlosser, 79,4 


11. Heft 


160 « Adolf Remane: 


nach Branca) ist nur wenig kleiner als der Minimalwert von D. 
rhenanus (80,8 Schlosser, 81 Branca). Ein Blick auf die dies- 
bezüglichen Variationstabellen der rezenten Anthropoiden sowie 
die Tatsache, daß der Abstand des angeblichen Neopithecus von 
D. rhenanus weit geringer ist als dessen schon an so geringem 
Material zu beobachtende Variation, beweist aufs neue die Un- 
haltbarkeit einer Trennung. Es ist also Neopithecus (Anthropodus) 
brancai als Synonym zu Dryopithecus rhenanus zu stellen. 


Dryopithecus Darwini Abel. 


Diese Art wurde von Abel (1) auf einen einzigen M, aus dem 
Obermiozän von Sandberg bei Neudorf an der March (Ungarn) 
begründet. Die Dimensionen dieses Zahnes (Länge 13,5 mm, 
Breite 11,35 mm) sind etwas größer als die der anderen bisher er- 
wähnten Dryopithecusmolaren, der Breitenindex 87,4 liegt inner- 
halb der Indices der D.-rhenanus-Molaren und nur wenig über dem 
Maximum (84) der M, von D. fontani. 


Der Talonidteil ist relativ kurz, die Höcker stark gerundet 
die Furchen tief. Das Basalband ist deutlich. Belanglos ist das 
Vorhandensein zweier Tubercula intermedia sowie eines geringen 
accessorischen Hinterhöckers. 


Zu D. darwini rechne ich weiterhin den vom selben Fundort 
stammenden oberen Molar (M?, vielleicht auch M?®), den Abel (1) 
als neue Gattung und Art: Griphopithecus suessi beschrieb. Die 
Form sowie seine Dimensionen (Länge 8,5mm, Breite 10 mm) und 
Breitenindex (117,6) erinnern lebhaft an den gleichartigen M? 
von D. fontani, was schon Deperet (20) betont hat. Die relativ 
große Breite, sowie das Vorhandensein eines Basalbands stimmen 
durchaus mit dem M, von D. darwini überein. Die einzige Be- 
gründung, die Abel für die Sonderstellung seiner Gattung Gripho- 
pithecus gegenüber Dryopithecus darwini anführen kann, ist die 
Verschiedenheit der Größe beider Zähne, die derart sei, ‚daß wohl 
nicht von einer Zusammengehörigkeit derselben zu einer Art die 
Rede sein kann.‘ Die Längendifferenz beider Zähne beträgt 5 mm, 
die Breitendifferenz 1,8 mm. 


Die Messungen an den rezenten Simiidengattungen ergaben 
aber folgende Werte. Längendifferenz M,/M?® Schimpanse: 5,2, 
Gorilla: 6,9, Orang 8,6; Breitendifferenz M,/M? Schimpanse: 1,6 
(2,0), Gorilla 4,2, Orang 4,5; Längendifferenz M,/M® Schimpanse 
5,3, Gorilla 7,7, Orang 10,1; Breitendifferenz M,/M® Schimpanse 
1,6 (2,0), Gorilla 7,4, Orang 6,4. Diese Zahlen beweisen zur Genüge, 
daß der von Abel angeführte Unterschied nicht stichhaltig ist. 
Deshalb muß, solange nicht andere, triftigere Gründe für die Auf- 
rechterhaltung der Gattung Griphopilhecus angeführt werden 
können, diese als Synonym zu Dryopithecus darwini gestellt 
werden. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 161 


Dryopithecus punjabieus. 

Diese Art ist, wie die folgenden, in Indien gefunden und von 
Pilgrim (67—69) beschrieben worden. Synonym: D. indicus 
Pilgrim, Palaeopithecus sp. Pilgrim. 

Die Typusstücke bestehen in zwei Bruchstücken eines und 
desselben Unterkiefers, an denen der rechte M, und linke M, voll- 
kommen, der linke M, und rechte M, in geringen Bruchstücken er- 
halten sind. Der Fundort ist Chinji (Siwaliks), die Schicht wahr- 
scheinlich obere Chinjizone, die nach der stratigraphischen Identi- 
fizierung Pilgrims dem oberen Sarmatian oder unteren Pontian 
(Ob. Miozän) entspricht. 

Später wurden von Pilgrim (69) noch ein Oberkiefer mit 
beiden Prämolaren und den zwei vorderen Molaren, sowie zwei 
isolierte obere Molaren (M? und M3) zu derselben Art gezogen. 
Die letzteren stammen aus Chinji, der Oberkiefer aus Haritalyangar 
(Belaspur). 


Größe der Zähne. Oberkiefer. 


| | 
| M3 | M: | M! a 
\ 
| | 
a ir u Ehrige | 110,6 10,4 6,6 7,0 
nach Pilgrim | Breite 2,.21,4 11.3 9,7 9,5 
A cr Länge Kr 10,0 
nach Pilgrim | Breite | 113 10,9 | 
Unterkiefer. 
nach Pilgrim { Länge 12,5 | 11,6 | 
Breite 10,4 | 9,9 | 


Die Größe der Zähne ist also ungefähr dieselbe wie die der 
europäischen Dryopithecusarten. 

Form. Für den Breitenindex der Zähne gibt Pilgrim (69) 
folgende Werte an: 

M® 117,7, M2 107,5, M! 108,6 und 109, P* 146,9, P® 135,7, 
M, 83,2, M, 85,3. 

Auch diese Werte entsprechen denen der anderen Dryopithecus- 
arten, fallen aber gleichzeitig in die Variationsbreite sämtlicher 
rezenten Simiidengattungen. 

Die Oberkieferzähne weisen in ihren Grundzügen eine weit- 
gehende Ähnlichkeit mit denen des Gorillas auf. Als solche Ähnlich- 
keiten sind zu nennen: 1. Starke Ausdehnung der Fovea anterior 
nach vorn; 2. Lage des Hypoconus; 3. die gegenseitigen Größen- 
verhältnisse und die Leisten der Prämolaren; 4. Dreiwurzelig- 
keit der P%. 


Archiv N a a 11 11. Heft 


162 Adolf Remane: 


Die Anklänge an den Schimpansen sind weit vagerer Natur. 
Als solche könnten genannt werden: 1. Die niedrigen Höcker; 
2. geringere Größe des Metaconus als des Paraconus am M?; 
3. die reduzierte Form des M?; 4. die wenig scharfe Einbuchtung 
der Labialseite zwischen Paraconus und Metaconus. 

Zur Charakterisierung der Zähne sei noch folgendes hinzu- 
gefügt. Die hintere Trigonleiste verläuft in einem geringen 
Bogen. Am M! ist Hypoconus und Metaconus durch eine sekundäre 
Hauptleiste verbunden, wie sie ja auch D. rhenanus und darwini, 
sowie nicht allzu selten den rezenten Gattungen zukommt. Die 
Prämolaren besitzen zwei Hauptleisten zwischen den Höckern. 
Ein Protoconulus scheint an den Molaren ziemlich konstant auf- 
zutreten (vergl. Orang). Die äußeren Höcker sind durch Furchen 
zerschnitten, so daß die Labialseite ‚‚gesägt‘ erscheint. An den P, 
besonders an der vorderen Außenseite des P®, sind deutliche Spuren 
eines labialen Basalbandes in Gestalt dicker Wülste erhalten. 

. Die unteren Molaren sind vorn und hinten ziemlich gleich 
breit, nur der M, ist hinten ganz gleichmäßig abgerundet, so daß 
der Zahn einen eigentümlichen längsovalen Grundriß mit ab- 
geplatteter Vorderseite erhält. Die Höcker sind niedrig, gleichfalls 
durch Furchen in mehrere Teilstücke zerspalten, so daß auch 
hier die Seiten ein gesägtes Aussehen erhalten. Dieses Merkmal 
war für Pilgrim auch ausschlaggebend, als er den Oberkiefer zur 
selben Art wie die Unterkieferbruchstücke stellte. Diese Zerteilung 
der Höcker ist am M, schärfer als am M,. Ein starkes äußeres 
Basalband ist vorhanden. Wie aus dieser kurzen Darstellung 
ersichtlich, lassen sich an den Unterkiefermolaren nicht im gleichen 
Maße Ähnlichkeiten mit Gorilla nachweisen. Höchstens könnten 
als solche die ziemlich labiale Lage des flachen, breiten Mesoconids, 
sowie die Tatsache, daß die hintere Metaconidnebenleiste eine 
wesentliche Rolle bei der Höckerzerspaltung spielt, angeführt 
werden. Im übrigen besitzen aber diese Zähne ein von den rezenten 
Anthropoidenmolaren ganz abweichendes Aussehen (besonders 
M,), und von den fossilen könnte höchstens D. darwini zum Ver- 
gleich herangezogen werden. 

Sollte sich diese Höckerzerteilung als konstantes Merkmal 
von D. punjabicus erweisen, so hätten wir hier eine gut definierte, 
eigentümlich spezialisierte Art der Gattung Dryopithecus vor uns, 
die sicherlich für keine der rezenten Gattungen als Ahne in Be- 
tracht kommen kann. 

Zu D. punjabicus möchte ich provisorisch noch einen weiteren 
Zahn, einen M?®, stellen, den Pilgrim (69) unter dem Namen Palaeo- 
simia rugosidens als eigene Gattung und Art beschrieb und in die 
direkte Aszendenz des Orangs einschaltete. 

Mir scheint dieser Zahn aber so weitgehende Ähnlichkeit mit 
dem zu Dryopithecus punjabicus gestellten M® zu besitzen, daß 
ich eine Abtrennung als neues Genus nicht anerkennen kann. Wenn 
es schon sehr mißlich ist, auf einen einzigen Zahn eine neue Gattung 


en 


a 
ar e. 


Beiträge zur Morphologie des Antlıropoidengebisses 163 


zu errichten, so gilt dies in noch verstärktem Maße für den oberen 


M®, der ja den stärksten Schwankungen unterliegt. Zudem handelt 
es sich in diesem Falle noch um einen Zahn, dessen hinterer Teil 
Reduktion erkennen läßt. 

Pilgrim führt allerdings nicht weniger als fünf Unterscheidungs- 
merkmale zwischen diesen beiden Zähnen an. Der eine ist der so 
beliebte Breitenindex (110,1: 117,7). Zwei weitere beziehen sich 
auf den Verlauf der Umrißlinie, der vierte betont das Fehlen des 
Basalbands bei Palaeosimia, während dasselbe bei D. Punjabicus 
am M? in geringer Ausbildung vorhanden sei. Der letzte besteht 
in der verhältnismäßig beträchtlichen Größe des Protoconus und 
geringerer Reduktion des Metaconus. 

Wie wenig derlei Unterschiede bei einem, noch zum Teil 
reduzierten M® zu bedeuten haben, brauche ich wohl nicht mehr zu 
erwähnen. Vorher hatte Pilgrim noch die Runzelung des M® von 
Palaeosimia angegeben, die ja auch den Namen rugosidens sowie 
die Ahnenschaft für den Orang bedingte. Aber auch dieses Merkmal 
scheint mir nicht in derartigem Maße hervorzutreten, daß die Auf- 
stellung einer neuen Gattung nötig wäre, ebensowenig wie der 
sehr scharfe labiale Knick der vorderen Randleiste. 

Beweisen läßt sich natürlich eine Zusammengehörigkeit von 
Palaeosimia rugosidens und Dryopithecus punjabicus nicht, aber 
bei derartig geringen Resten ist es doch eher die Pflicht des Autors, 
bei Aufstellung einer neuen Gattung Merkmale anzugeben, deren 
systematischer Wert an umfangreichem Material erprobt ist, und 
nicht die eines späteren Bearbeiters, die Zugehörigkeit zu einer 
anderen Gattung zu „beweisen“. Am besten wäre dieser Zahn als 
spec. indet. bezeichnet worden. 

Palaeosimia rugosidens stammt wie Dryopithecus punjabicus 
aus der Chinjizone von Chinji, die Länge des Zahnes beträgt 
10,8 mm, die Breite 11,9 mm. 


Dryopitheeus ehinjiensis (?). 


Diese durchaus problematische Art ist gleichfalls von Pilgrim 
(69) aufgestellt und stammt wiederum aus den unteren Siwaliks 
(Chinjizone) von Chinji. Sie ist nur durch drei Unterkiefermolaren 
belegt, von denen der eine zudem stark abgekaut ist. 

Die Dimensionen dieser Zähne sind nach Pilgrim folgende: 


M, . M, ? ; 
Länge 14,7 11,4 11,7 
Breite 12,7 10 10,2 


Der M, (ob es wirklich ein solcher ist, bleibt unsicher) über- 
trifft also die bisher erwähnten Dryopithecusmolaren etwas an 
Größe und greift auch über die Maximalwerte des Schimpansen 
hinaus. | 

Die Breitenindices sind M, 86,4, M, 87,3, M 87,1. 

Die Gestalt der Zähne bietet nichts Auffälliges, höchstens 
daß an dem von Pilgrim als M, bezeichneten und abgebildeten 


11* 11. Heft 


164 Adolf Remane: 


Zahn der Talonidteil, besonders das Hypoconid, sehr stark ent- 
wickelt ist (vergl. D.rhenanus). Ein accessorisches Hinterhöckerchen 
ist am M, vorhanden, ein Tuberculum intermedium angedeutet. 
Das Entoconid steht im Gegensatz zu dem des Gorilla nahe am 
Metaconid, doch zweifle ich, wie erwähnt, daß es sich hier wirklich 
um einen M, handelt. An Leisten ist nur eine Trigonidleiste auf 
den Abbildungen zu erkennen, doch macht Pilgrims Angabe über 
kleinere Falten auf dem Metaconid wenigstens das teilweise Vor- 
handensein einer zweiten wahrscheinlich. Das Basalband fehlt am 
M,, ist jedoch am M, in geringer Ausbildung vorhanden. 

Die Höcker sind höher (vergl. D. fontanı) als bei D. punjabicus, 
und dieses Merkmal bewog wohl Pilgrim, D. chiniensis mit Gorilla 
in phylogenetische Beziehungen zu bringen (,,D. Chinjiensis .. 
might even be the direct ancestor of the Gorilla“). Ähnlich äußert 
sich Gregory (33). Die Begründung erscheint mir jedoch voll- 
kommen unzureichend, die weitgehende Reduktion einer Trigonid- 
leiste, sowie das stark entwickelte Hypoconid des einen Zahnes 
sprechen meiner Meinung nach sogar gegen direkte Beziehungen 
zum Gorilla. 

Im übrigen sind die Reste viel zu dürftig, um über Artselb- 
ständigkeit oder Zuweisung zu einem der anderen indischen Anthro- 
poiden, geschweige denn über phylogenetische Bezieh' ngen disku- 
tieren zu können. Pilgrim selbst stellt ja die Reste mit einigem 
Zweifel zu Dryopithecus. 


Dryopithecus (?) giganteus. 


Die letzte der indischen Dryopithecusarten, D. giganteus 
Pilgrim, ist wiederum nur durch einen einzigen Zahn bekannt 
(M,), der von der Nähe von Alipur, östliche Salt-Range (73° 14 L.), 
wahrscheinlich aus der Nagrischicht (mittl. Siwaliks) stammt. 

Trotz des so überaus dürftigen Materials sind die Unterschiede 
dieses Zahnes von denen der anderen Anthropoiden so auffällig, 
daß über die Arteigenheit des Fossils kein Zweifel bestehen kann. 

Zuächst muß ich erwähnen, daß ich den betreffenden Zahn 
nicht für einen M,, wie Pilgrim meint, sondern für einen M, halte. 
Das Fehlen einer hinteren Abnutzungsfläche hat in diesem Falle 
keine Bedeutung, da der Zahn so wenig abgenutzt ist, daß der 
entsprechende M, wahrscheinlich noch nicht in die Zahnreihe ein- 
gerückt war. 

Die Dimensionen des. Zahnes sind beträchtlich. Die Länge 
beträgt nach Pilgrim nicht weniger als 19,1 mm, die Breite 15,3; 
der Breitenindex 80,1. Untere Molaren von derartiger Größe 
kommen unter allen rezenten und fossilen Anthropoiden nur noch 
beim Gorilla vor. 

Die Höcker sind nur mäßig hoch, kuppenförmig, die Seiten- 
wände ziemlich stark gewölbt. Die Entfernung der beiden Innen- 
höcker ist dieselbe wie beimGorilla und zumTeil auch beim Orang. 
Wenn ich die gegebenen Abbildungen richtig beurteile, ist sowohl 


u u 


u Pi) 2 #2 d 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 165 


vordere wie hintere Trigonidleiste vorhanden, allerdings von einer 
Längsfurche durchschnitten. Hinter diesen liegt die hintere Proto- 
conidrandleiste nach innen, wie es ja auch beim Gorilla und D. 
rhenanus vorkommen kann. Die ziemlich zahlreichen Furchen er- 
innern an den Orang, besonders der Verlauf der lingual gerichteten 
Furchen. Hier trifft die hintere Metaconidnebenfurche senkrecht 
auf den lingualen Rand der Kaufläche, denselben Verlauf zeigen 
noch einige weiter hinten liegende Furchen, eine Eigentümlichkeit, 
die nur dem Orang zukommt. 

In gleichem Sinne deutet auch der vollständige Mangel eines 
Basalbandes, sowie die Ausdehnung und weitgehende Einverleibung 
der Fovea posterior in die Kaufläche. Alle diese Merkmale sprechen 
aber gegen eine Zugehörigkeit zur Gattung Dryopithecus; wahr- 
scheinlich gehört dieser Zahn einer eigenen Gattung an, die nahe 
Beziehungen zum Orang zeigt, vielleicht handelt es sich sogar um 
einen miozänen Vertreter der Gattung Simia selbst. Von dieser 
unterscheidet sich D. giganteus, soweit ich sehe, nur durch be- 
deutendere Größe, deutlich markierte Höcker, sowie etwas ge- 
ringere Runzelung und undeutlichere seitliche Randleisten. 

Fragt man nun nach einer Diagnosc der Gattung Dryopithecus, 
so muß ich mich unfähig erklären, eine solche geben zu können. 
Es ıst unmöglich, diese Gattung in irgendeiner Weise von den 
rezenten Simiidengattungen abzugrenzen. Am meisten Ähnlichkeit 
weist sie im Zahnbau mit dem Gorilla auf, die besonders deutlich 
bei D. fontani, ferner im Oberkiefer von D. punjabicus, zum Teil 
auch bei D. chinjiensis hervortritt. Anderseits zeigt D. rhenanus 
einige Annäherung an den Schimpansen, während die Unter- 
kiefermolaren von D. punjabicus ganz abseits stehen. 

Hieraus ist ersichtlich, daß Dryopithecus nur als eine Sammel- 
gattung zu betrachten und durchaus nicht einer der rezenten 
Gattungen gleichwertig ist. Wenn später einmal vollständigere 
Reste gefunden werden, wird sich wahrscheinlich eine Aufspaltung 
der Gattung als notwendig erweisen 

Was die phylogenetische Bedeutung der Dryopithecusarten 
anbetrifft, so läßt sich vorläufig nur sagen, daß D. fontani in 
unverkennbar nahen Beziehungen zum Gorilla steht, ohne jedoch 
dessen direkter Ahne zu sein; D. punjabicus ist eine einseitig 
spezialisierte Art, falls sich die erwähnten Merkmale als konstant 
erweisen. Die Möglichkeit irgendwelcher Beziehungen zwischen 
D. rhenanus und dem Schimpansen muß zugegeben werden, ohne 
jedoch behauptet werden zu können. 


Palaeopithecus. 


Palaeopithecus wurde bereits 1879 von Lydekker (52) be- 
schrieben. Später (53) betrachtete er ihn als fossile Schimpansen- 
art. Dubois (22) stellte den ursprünglichen Gattungsnamen 
wieder her und wollte die Gattung in die Nähe von Plopithecus 
rücken. Hierin folgte ihm Pilgrim (69), während Gregory (33) 


11. Heft 


166 Adolf Remane: 


ihn als nahen Verwandten von Gorilla betrachtete. Palaeopithecus 
stammt aus den Dhok-Pathan-Schichten (Pontische Stufe, Unter- 
Pliozän) von’ Jobi in Indien. Art: P. sivalensis Lyd. 

Die Reste dieser Gattung bestehen aus großen Bruchstücken 
eines Oberkiefers, die auf der rechten Seite C—M? sowie Teile 
des ]J? enthalten, links MI—M?®. 

Größe: Die folgenden Größenangaben sind Pilgrim (69) 
entnommen, die von Dubois angegebenen Werte sind in runden 
Klammern hinzugefügt. 


M3 M? M! Par EPs 4 eg 
Länge 10,4 (10,5) 12 (12,7) 109(115) 75 75 3 
Breite 11,4 13,1(13) 195 11,8 


Form. Die Breitenindices der Zähne sind: M® 109,6; M?2 109,1; 
M! 114,7; P* 157,3; sie liegen durchaus in der Variationsbreite 
aller rezenten Gattungen, nur der P? ist breiter, als es je bei Hylo- 
batiden vorkommt ; stimmtaber hierin mit dem aller Simiidenüberein. 

. Die feinere Struktur der Zähne läßt sich leider nicht mehr 
erkennen, da die Zähne weitgehend abgekaut sind. Die noch vor- 
handenen Reste lassen nach Pilgrim auf etwas höhere Höcker und 
geringere Runzelung als bei den Dryopithecusarten schließen. 
Der Eckzahn ist groß, ähnelt dem der Schimpansen. Die Schneide- 
zähne sind relativ klein. Beide Prämolaren besitzen drei Wurzeln. 
Das Basalband fehlt oder ist nur in minimalen Spuren vorhanden. 

Systematische Stellung. Die Zugehörigkeit zu den Simii- 
den zeigt sich deutlich im Bau des Eckzahns. Durch die geringe 
Größe der Schneidezähne, die Dreiwurzeligkeit beider Prämolaren 
und den schmäleren Gaumen unterscheidet sich Palaeopithecus 
vom Schimpansen. Pilsrim führt zwar noch acht weitere Unter- 
scheidungsmerkmale an, die jedoch keine Berechtigung haben. In 
den oben genannten Merkmalen nähert sich Palaeopithecus dem 
Gorilla, doch genügen diese Merkmale nicht, um eine besonders 
nahe Verwandtschaft zwischen diesen beiden Gattungen zu sta- 
tuieren, da es sich lediglich um primitive Merkmale handelt. 
Schwierig ist eine Abgrenzung dieser Gattung gegen Dryopithecus, 
was jedoch an Oberkieferzähnen nicht verwunderlich ist. Pilgrim 
(69) führt zwar drei Unterschiede an, größeren Breitenindex, 
geringere Reduktion des M® und höhere Höcker und geringere 
Schnielzrunzelung. Keiner dieser drei Unterscheidungsmerkmale 
besitzt diagnostischen Weit. 

Im Anschluß an Palaeopithecus muß noch ein weiterer Siwalik- 
Anthropoide, Sivapithecus indicus Pilgrim, besprochen werden. 
Diese wiederum von Pilgrim (67) aufgestellte Art und Gattung 
beansprucht von allen Siwalikprimaten das größte Interesse, da 
Pilgrim sie zum Stammbaum des Menschen in Beziehung bringt 
und der Familie der Hominidae einreiht. 

Ursprünglich (67) wurde die Gattung auf einen einzigen M, 
begründet, an dem Pilgrim Ähnlichkeit mit dem betreffenden 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 167 


Zahn des Gorilla zu erkennen glaubte. Später (69) wurde noch 
ein Unterkieferbruchstück mit vollständig erhaltenem P,, M, und 
M,, sowie Resten des P, und M,, ferner ein isolierter P, und M 
(wahrscheinlich M,), sowie ein Symphysenbruchstück mit voll- 
ständigem Eckzahn und zwei abgebrochenen Schneidezähnen zu 
dieser (rattung gezogen. Außerdem wurde noch ein Oberkiefer- 
bruchstück mit zwei stark abgekauten Molaren und ein isolierter 
oberer (?) Eckzahn hierhergestellt. In der Tat dürften alle diese 
Reste zu einem und demselben Genus gehören. 
Die Stücke stammen aus der Chinjizone von Chinji und aus 
der Nagrizone von Haritalyangar. (Ob. Miozän.) 
Größe der Zähne. Oberkiefer. 


M: M! 
AFAR- Länge 12,5 10,5 
nach Pilgrim { Be | 14 13,5 (?) 
Unterkiefer. 
M, | M, M, | > RB, © 
nach Pilgim (Länge | 163 
Länge es 11,5 8,5 13,9 
alte > € 
nach Pilgrim Breite 12,3 In (10%) en 
Höhe | 19 
nach Pilgrim { ner j 103 


Die Zahngröße ist also nur unwesentlich von Dryopithecus 
(exl. giganteus) verschieden, im Durchschnitt etwas größer. 

Form. Für den Breitenindex gibt Pilgrim folgende Zahlen an: 

M, 93,7; M, 94,6; M, 92,1; P, 116,5; M? 112,0; M! 128,5 (?); 
den Index des P, (110,1) muß Pilgrim auf eine andere Weise ge- 
messen haben. ; 

Aus den obigen Zahlen geht hervor, daß die Indices am ehesten 
denen des Orangs und Schimpansen entsprechen, aber noch sämt- 
lich innerhalb der Variationsbreite des Gorillas liegen, mit Aus- 
nahme des sehr unsicheren Wertes des M!. Die Angabe Pilgrims, 
daß der Index der M alle Anthropoiden außer Mensch und Gibbon 
übertreffe, entspricht also keineswegs den Tatsachen. Gerade 
der Gibbon kommt bei einem Vergleich der Breitenindices am 
wenigsten in Betracht (M,, P,). 

Die Höcker der Zähne sind mäßig hoch, accessorische Höcker 
fehlen. Die Leisten sind gering an Zahl; Schmelzrunzelung ist 
nicht vorhanden. Die Seitenflächen der Molaren sind ziemlich 
stark gewölbt. Ein Basalband fehlt vollkommen. 


11. Heft 


168 Adolf Remane: 


Der M, fällt durch seinen rundlichen Umriß auf, wie er bis- 
weilen beim Orang, seltener beim Schimpansen zu beobachten ist. 
Die Höcker sind deutlich durch Furchen getrennt, die sich im 
Zentrum der Kaufläche nahezu in einem Punkt vereinigen. 

Das Hypoconid ist stark entwickelt und springt etwas nach 
außen vor, so daß die größte Breite des Zahnes zwischen Hypo- 
conid und Entoconid liegt. Das Mesoconid ist deutlich, liegt etwas 
außerhalb der Medianlinie und ist nicht weit von der Verbindungs- 
linie Entoconid—Hypoconid entfernt. 

Der M, ist, obwohl er einem anderen Fundstück angehört, 
dem M, auffallend ähnlich, nur ragt das Hypoconid nicht so weit 
nach außen vor, so daß dıe Breite des hinteren Zahnteils relativ 
geringer ist. Die Fovea posterior, von der ich an Pilgrims Ab- 
bildung des M, nichts erkennen kann, scheint am M, klein und 
vollkommen in die Kaufläche einbezogen zu sein. Das Mesoconid 
liegt etwas mehr labial als am M,, ragt gleichfalls nicht weit nach 
hinten vor, sondern liegt fast in gleicher Höhe wie das Entoconid. 
Dadurch erhält der Zahn eine abgeplattete Hinterseite, wie sie 
in ähnlicher Weise an den Molaren von Moeripithecus zu erkennen 
ist. Auf dem am wenigsten abgekauten Metaconid lassen sich 
einige Leisten erkennen, wonach sowohl vordere als auch hintere 
Trigonidleiste (wenn vielleicht auch nicht vollständig) vorhanden 
war. Die Fovea anterior ist schmal, schmäler als bei Dryoprthecus. 

Der M, ist bedeutend länglicher, mit weiter abgerücktem 
Talonidteil. In seiner Form bietet er sonst nichts Außergewöhn- 
liches. Das Mesoconid liegt ungefähr an derselben Stelle wie am 
M,, ist nur etwas weiter nach hinten gerückt: Die Fovea posterior 
ist deutlich. Dieser Zahn (nicht M, und M,) erinnert am meisten 
an denselben Zahn von Gorilla diehli, doch kommen auch bei 
Örang und Schimpanse ähnliche Formen vor. 

Demnach wechselt also die Lage des Mesoconids an allen 3 M 
sehr wenig, eine Rückwärtsverlagerung von M, bis M, wie. bei 
Gorilla und Dryoßithecus tritt nicht ein. Der Abstand Protoconid — 
Entoconid verringert sich von M, zu M,, wiederum im Gegensatz 
zu Gorilla und den meisten Dryopithecusarten. 

Die beiden unteren Prämolaren besitzen ihre nächsten Analoga 
unter den Schimpansenformen. Der Talonidteil des P, ist nämlich 
etwas nach innen verschoben und kurz, wie es häufig beim Schim- 
pansen, selten beim Gorilla vorkommt. Der isolierte P, ähnelt 
von außen betrachtet dem P, mancher Schimpansen (z. B. A. 
castanomale Mtsch), da der vordere Außenteil seiner Krone sich nicht 
auf die Vorderwurzel herabzieht (primitives Merkmal). Ebenfalls 
entspricht das deutlich abgesetzte Metaconid am besten den beim 
Schimpansen zu beobachtenden Verhältnissen, doch handelt es 
sich hier möglicherweise gleichfalls um ein primitives Merkmal. 

Ganz eigentümlich ist jedoch die lang ausgezogene, zuge- 
spitzte hintere Innenseite des Zahnes, die in solcher Form nie bei 
irgendeinem anderen Anthropoiden beobachtet werden konnte. 


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92 a Zu 


EEE EEE 


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Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 169 


Der untere Eckzahn gehörte wahrscheinlich einem Weibchen 
an. Pilgrim glaubt ihn am ehesten mit dem des Gibbons vergleichen 
zu können, was ich für vollkommen verfehlt halte. Die Ausbildung 
eines Talonidwulstes greift keineswegs über die der unteren Orang- 
eckzähne hinaus; die stumpfe, gedrungene Gestalt sowie die Leisten 
sprechen ganz entschieden für einen Simiiden, wobei der Eckzahn 
des Orangs die größte Ähnlichkeit zeigt. Diese macht sich vor 
allem ın der schr kurzen vorderen Hauptleiste, starkem Ausbiegen 
des inneren Basalwulstes an der Vorderseite, verbunden mit starker 
vorderer Einbuchtung der Kronengrenze bemerkbar. Derartige 
Eckzähne kommen nur beim Orang vor, höchstens der Schimpanse 
zeigt in seltenen Fällen eine Annäherung an diesen Bau. 

Die Schneidezähne waren klein, die oberen Molaren sind so 
stark ausgebildet, daß sich keine Einzelheiten erkennen lassen. 
Umrißform und Trennung der Höcker ist ähnlich wie bei Palaeofi- 
thecus. Den mir als ‚oberer‘ Eckzahn sehr befremdend erscheinen- 
den isolierten C will ich hier beiseitelassen. 

Bevor ich an die Erörterung der systematischen Stellung von 
Sivapıthecus gehe, muß ich noch der Pilgrimschen Rekonstruktion 
des Unterkiefers Erwähnung tun. Dieser soll nach diesem Autor 
eine gerundete Zahnreihe besessen haben, ganz ähnlich der des 
Menschen (vergl. Pilgrims Abb., die auch in R. Martins (56) Be- 
richt über die Siwalikprimaten reproduziert sind). Gegen die 
Rekonstruktion ist Gregory (33) mit aller Entschiedenheit auf- 
getreten, der seinerseits den Unterkiefer nach dem Vorbild eines 
weiblichen Orangunterkiefers rekonstruiert. Die Gründe, die 
Gregory für seine Ansicht anführt, sind durchaus triftig, besonders 
die Unvereinbarkeit derartig ausgebildeter Eckzähne und Prä- 
molaren mit einem stark gerundeten Zahnbogen. In der Tat 
dürfte vom mechanischen Standpunkt betrachtet die Pilgrimsche 
Rekonstruktion unmöglich sein. Der untere große C und P, 
fordern unbedingt einen großen oberen C, der entsprechend dem 
der Simiiden lateral kompreß und hinten schneidend sein müßte. 
Ein solcher Eckzahn kann aber nur in sagittaler Richtung wirken, 
entsprechend der Ausbildung des P, als Widerlager. In der Pil- 
grimschen Rekonstruktion ist der große C, aber soweit nach innen 
gerückt, daß die erforderliche Wirkungsweise des oberen C un- 
möglich wird. Weiterhin ist die Lage der Vorderwurzel des P, 
an der Außenseite des €. wohl bei vielen Gorilla- und Orangweib- 
chen anzutreffen, steht aber im Gegensatz zu den einwurzeligen 
P, des Menschen. Alle diese Umstände bewegen mich, Gregorys 
Rekonstruktion anzuerkennen, wobei der etwas zu große und nach 
außen gerückte P, in der Abbildung dieses Autors lediglich darauf 
zurückzuführen ist, daß die einzelnen Stücke von verschiedenen 
Individuen stammen. Dabei dürfte die Symphyse einem 9, der 
P, dagegen einem & angehört haben. 

Mit der Pilgrimschen Rekonstruktion wird aber auch die Be- 
rechtigung, Sivapithecus den Hominiden einzureihen, hinfällig, 


11. Heft 


170 Adolf Remane: 


und so hat denn auch bereits Gregory diese Gattung zu den 
Simiiden gestellt, mit denen allein auch der Bau des Eckzahns und 
der Prämölaren übereinstimmt. 

Gleichzeitig ist dann aber auch die Vermutung berechtigt, 
daß diese Unterkieferreste zu derselben Gattung gehören wie der 
als Palaeopithecus beschriebene Oberkiefer, da die von Pilgrim 
angeführten Unterschiede lediglich auf seiner falschen Rekon- 
struktion beruhen. Was den Bau der Zähne anbetrifft, so schreibt 
Pilgrim selbst: ‚Since, however, I am disposed to believe, that 
the height of the cusps and the amount and character of the 
wrinkling did not materially differ in these twogenera... (nämlich 
Palaeopithecus und Sivapithecus) ... and since in Palaeopithecus 
we find an exceptionally high breadth index for the upper molars 
just as we do in Sivapithecus für the lower ones...‘ (es folgen 
die angeblichen Differenzen im Zahnbogen). Die auffallende Ähnlich- 
keit der Sivapithecus zugeschriebenen oberen Molaren mit den ent- 
prechenden von Palaeopithecus wurde schon vorher erwähnt. 

Nach alledem ist also die Identität der beiden Genera Sıva- 
pithecus und Palaeopithecus überaus wahrscheinlieh. Wie ich 
Gregory entnehme, soll sich Lydekker in einer Arbeit, die mir un- 
bekannt ist, ähnlich geäußert haben. Auch Schlosser bemerkt in 
der neuesten Auflage von Zittels Grundzügen der Palaeontologie 
(91) bei Sivapithecus: „Möglicherweise mit voriger Gattung (= Palae- 
opithecus) identisch.“ 

Ein Grund gegen die Vereinigung dieser beiden Gattungen ist, 
soweit ich sehe, nicht vorhanden. Ich halte es demnach für ge- 
geben, Sivapıthecus als Synonym zu Palaeopithecus zu stellen. 
Wenn weiterhin noch der Name Sivapıthecus gebraucht wird, so 
geschieht es lediglich zur Bezeichnung der Unterkieferteile. 

Systematische und phylogenetische Stellung. Schon 
aus der Beschreibung geht die Schwierigkeit, die Beziehungen 
dieser Gattung zu den anderen Simiiden aufzuhellen, hervor. 
Das eine steht jedoch fest, daß sie von Gorilla am weitesten ent- 
fernt ist. Dies wird durch die Lage des Entoconids, Lage und 
Größenverhältnisse des Mesoconids, Breite und Rundung des 
hinteren Teils des M, und besonders durch den Eckzahn dargetan. 
Wie Pilgrim in seiner ersten Notiz (67), der wohl Arldt (7) und Heck 
(38) folgen, eine Ähnlichkeit des M, mit dem des Gorilla behaupten 
konnte, ist mir vollkommen unverständlich. 

In der gegenseitigen Lage der Molarenhöcker ähnelt also 
Sivapithecus sowohl Orang als auch Schimpansen. Eine größere 
Ähnlichkeit mit dem Schimpansen mußte an den Prämolaren 
konstatiert werden, doch sei nochmals bemerkt, daß es sich hierbei 
lediglich um primitive Merkmale handeln kann. Für wichtiger 
halte ich die Beziehungen, die sich zum Orang erkennen lassen, 
besonders in der Form des unteren Eckzahns, ferner in der weit- 
gehenden Einbeziehung der Fovea posterior in die Kaufläche. 
Der’ Mangel an Runzeln ist natürlich primitiv. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 171 


Ich glaube also, am ehesten nähere Beziehungen dieser Gattung 
zum ÖOrangstamm annehmen zu dürfen, wobei die Gattung durch 
die eigentümliche Form des P, jedoch nicht in die direkte Aszendenz 
des Orangs aufgenommen werden darf. 

Hier sei noch hinzugefügt, daß mir, soweit ich es nach den 
Abbildungen beurteilen kann, der eine zu Dryopithecus chinjiensis 
gestellte Molar durch seim ausgedehntes Hypoconid und den 
breiten Talonidteil einige Ähnlichkeit mit den hinteren Molaren 
von Sivapithecus zu besitzen scheint. 


Nicht sicher bestimmbare Reste von Anthropoiden. 


Hier seien noch einige fossile Anthropoiden erwähnt, die 
größtenteils auf andere Skeletteile als die bisherigen basiert sind 
und deshalb nicht ohne weiteres mit diesen verglichen werden 
können oder die für nähere Bestimmung zu unvollständig sind. 

Anthropodus Rouvillei. Diese ‚‚Gattung(!)“ wurde von La- 
pouge (46) auf einen J? und ein Jugale errichtet, also auf sehr 
dürftigen Resten. Die Originalarbeit war mir leider nicht zugänglich. 

Paidopithex rhenanus Pohlig = Pliohylobates eppelsheimensis 
Dubois (22). Diese Gattung ist durch ein Femur überliefert, das 
von Schlosser (75) zu Dryopithecus rhenanus gestellt wurde. Miozän 
von Eppelsheim. 

Ein Molar eines Menschen oder Anthropoiden aus China, 
dessen abgenutzter Zustand keine nähere Identifizierung gestattet, 
wurde von Schlosser (74) beschrieben. 

Wichtiger als diese Reste scheint mir ein oberer Eckzahn aus 
den Siwaliks zu sein, der 1837 von Falconer & Cautley (25) erwähnt 
wird und als Simia fossilis bezeichnet wurde. Lydekker (53) 
schreibt über diesen Zahn: „It is fully equal in size to the corre- 
sponding tooth of a large male of S. satyrus, the resemblance 
being stated to be so close, that is was impossible to distinguish 
between the two.‘ Seitdem wurde das Vorhandensein des Orangs 
in den Siwaliks angenommen. 

Mir scheint dieser Fund durch die Entdeckung von ‚Dryo- 
pithecus‘‘ giganteus neue Bedeutung erlangt zu haben. Wie ich 
vorhin auseinandersetzte, hat D. giganteus kaum etwas mit der 
Gattung Dryopithecus zu tun, sondern zeigt auffällige Ähnlichkeit 
mit dem Orang. Nun würden der Größe nach wie auch in ihrer 
Ähnlichkeit mit dem Orang der Eckzahn (Simia fossilis) und der M, 
von Dryopithecus giganteus vorzüglich zusammenpassen, so daß eine 
Zusammengehörigkeit dieser Reste ernsthaft erwogen werden muß. 
Es wäre denn D. giganteus als Synonym zu Simia fossilis zu stellen 


 odereventuelleinneuerGattungsnamezu wählen. Dochmüssen zwecks 


TREU 


% endgültiger Entscheidung noch neue Funde abgewartet werden. 


Die Gattung Oreopithecus aus dem Miozän Europas kann ich wohl 
hier übergehen, da über sie eine neuere Monographie von G. Schwalbe 
(78) vorliegt, in der dieser Autor mit vollem Recht den Rang einer 
eigenen Familie neben Simiiden und Hylobatiden zuerkennt. 


11. Heft 


172 Adolf Remane: 


Das System der Anthropoiden ist nach meiner Meinung also 

folgendermaßen zu scl reiben: 

Fam. 7 Oreopithecidae 
7 Oreopithecus. 

Fam. Hylokatidae 
t Parapıthecus, } Moeripithecus, } Propliopithecus, } Plio- 
pithecus, Symphalangus, Hylobates. 

Fam. Simiidae 
T Dryopithecus mit den Arten: D. fontani, D. rhenanus 
(= Neoßithecus brancoı), D. darwini (= Griphopithecus 
suessı), D. Punjabicus (= ? Palaeosimia rugosidens) ; 

T Palaeopithecus (= Sivapıthecus), Gorilla, Anthropopithecus, 
Simia. 

Als wahrscheinlich eigene Gattung kommt hinzu f Dryo- 
pithecus giganteus (= Simia fossilıs) ;, ganz unsicher in seiner 
Stellung ist Dryopithecus chinjiensis 

Anhang: Anthropoiden-,, Gattungen“, die mit den Resten der 
anderen fossilen Gattungen nicht direkt verglichen werden 
können: Anthropodus Lapouge, Paidopithex (= Pliohylobates). 

Wie ich mir die gegenseitigen Beziehungen dieser Gattungen 

vorstelle, soll nachstehender Stammbaum veranschaulichen. Es 
bestehen zwar schon eine Fülle verschiedenartigster Stammbäume, 
die z. T. recht abenteuerlich anmuten, wie z. B. derjenige Arldts 
(7), doch glaube ich trotzdem nach den vorstehenden Erörterungen 
zur Konstruktion eines neuen Stammbaumes schreiten zu dürfen, 
dem natürlich alle die Schwächen anhaften, die eine auf ein einziges 
Organsystem begründete Betrachtung mit sich bringt. Da aber 
vorläufig die wesentlichsten Reste fossiler Gattungen aus Zähnen 
bestehen, ist dies vorläufig der einzig gangbare Weg. 

Gorilla Schimpanse Orang Symphaleryus Hylobates 


1 


Dpunj36lcus Pligpiibecus 
' 


Dryopithecus Drgıganteus 


Fontani 


Moeripits /Perspilhecus Propliopiibecus 


WW 


Tarsididea 


een 


ki u a 


Fun Sc 02 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 173 


Daß die Anthropoiden in der Ordnung der Tarsioidea wurzeln, 
ist wohl heute nahezu allgemein anerkannt; und genügt doch schon 
die Tatsache, daß bei den Anthropoiden der Hypoconus aus dem 
Cingulum entsteht, während der Verlust des Paraconids, durch 
Anschmelzung an das Metaconid erfolgt, um auf diese Gruppe hin- 
zuweisen, ganz abgesehen von den Ähnlichkeiten in Placenta, 
Gehirn und Schnauze, die der rezente Tarsius mit den echten 
Affen erkennen läßt. 

Unter den Tarsioidea kommen in erster Linie die Familie der 
Anaptom orphidae und speziell die Omomyinae für einen näheren 
Vergleich mit den Anthropoidae in Betracht, doch entspricht, 
soweit ich sehe, keine der bekannten nordamerikanischen und 
europäischen Genera den Anforderungen, die man an einen Ahnen 
der Anthropoiden stellen muß. 

Dieser Umstand, verbunden mit dem Verschwinden der euro- 
päischen und nordamerikanischen Primaten im oberen Eozän und 
dem Auftreten der ersten Anthropoiden in Noıda! ıka, hat 
Stehlin veranlaßt, die Urheimat der Anthropoiden in ein weiteres 
eozänes asiatisch-nordafrikanisches Primatenzentrum zu verlegen. 
Obwohl dieses Zentrum vorläufig so gut wie gar nicht durch fossile 
Funde belegbar ist, halte ich doch die Annahme Stehlins für die 
augenblicklich gegebene. 

Arldts (7) Annahme einer Herkunft der Katarrhinen aus dem 
Nordwesten der Südatlantis, also aus Südamerika, muß entschieden 
zurückgewiesen werden, da ihr jegliche morphologische und geolo- 
gische Begründung fehlt. Die Homunculiden, die Arldt als Ahnen 
der Katarrhinen hinstellen möchte, sind nach den Untersuchungen 
Bluntschlis (13) schon ziemlich spezialisierte Cebiden und treten 
viel später (im Miozän) als die ersten Anthropoiden auf. 

Bei weiterer Betrachtung des Anthropoidenstammes ergibt 
sich die Notwendigkeit, die Spaltung in die beiden Familien der 
Hylobatiden und Simiiden schon ins oberste Eozän zu verlegen, 
da im unteren Oligozän bereits Hylobatiden vorhanden sind, 
deren Bau sie als Ahnen der Simiiden nicht zuläßt. Eine derartig 
weit zurückreichende Trennung zweier nahe stehender Familien 
mag vielleicht befremdend erscheinen; doch sehe ich keine andere 
Deutung der Tatsachen. Das Befremdende wird zudem dadurch 
verringert, daß die Primaten insgesamt als sehr alte Plazentalier- 
gruppe gelten müssen; sagt doch Stehlin: ‚Offenbar hat also die 
Primatenordnung, welche einst als besonders spätes Schöpfungs- 
produkt galt, im Eozän schon eine lange Geschichte hinter sich. 
Wir können dem Schlusse nicht mehr ausweichen, daß sie mit 
einer Mehrheit von Wurzeln ins Mesozoicum zurückreicht.“ 

Verfolgen wir zunächst die Familie der Hylobatiden in ihrer 
Entwicklung. Gegen eine Ableitung der Gattung Pliopithecus von 
Propliopithecus lassen sich keinerlei morphologische Gründe an- 
führen, die Differenzierung besteht lediglich in Vergrößerung des 
Eckzahns, besonders im männlichen Geschlecht und der damit 


11. Heft 


174 Adolf Remane: 


verbundenen Vergrößerung und Streckung des P,. Auch die geo- 
logischen Befunde sprechen nicht gegen eine derartige Ableitung. 
Zwar war im. Ober-Oligozän und Unter-Miozän Nordafrika und 
Europa durch das ziemlich ausgedehnte Tethysmeer getrennt, doch 
haben sicher Überbrückungen dieses Meeres stattgefunden. Dafür 
spricht auch das Auftreten einiger anderer Säugetierfamilien aus 
dem Oligozän Ägyptens, wie der Elephantiden und Saghatheriiden, 
in späteren Perioden Europas bezw. von Samos. 

Pliopithecus darf also als europäischer Nachkomme von 
Propliopithecus betrachtet werden, nicht aber gleichzeitig als Ahne 
der rezenten Hylobatiden. Diese dürften vielmehr von einer 
asiatischen Vikariante von Plhopithecus abzuleiten sein. Selt- 
samerweise sind in Asien bisher noch keine fossilen Hylobatiden 
gefunden worden, obwohl ihr Vorhandensein durch die Verbreitung 
der rezenten Hylobatiden außer Frage gestellt wird. Wann die 
Einwanderung der Gattung Hylobates auf die Inseln Borneo, Java 
und Sumatra stattgefunden hat, kann nicht ohne weiteres erklärt 
werden, da ja bei derartig extrem arborikolen Tieren nicht nur 
eine Landverbindung, sondern auch die Beschaffenheit der Land- 
verbindung eine große Rolle spielt. Für eine ziemlich späte Ein- 
wanderung könnte die sehr geringe Differenzierung zwischen den 
einzelnen Inselformen angeführt werden. Symphalangus scheint 
jedoch später eingewandert zu sein als Hylobates, da er Borneo 
und Java nicht erreicht hat, sondern außer Sumatra und einem 
Teil von Malaga nur noch die kleine Pageh-Insel im Süden 
Sumatras bewohnt. 

Unübersichtlicher ist der Entwicklungsgang der Simiiden. 
Sie treten an der Wende vom Mittel- zum Ober-Miozän in Europa 
und etwas später in Indien auf. Diese fossilen Formen stehen aber 
schon auf derselben Entwicklungshöhe wie die rezenten und bleiben 
uns auf die Frage nach den morphologischen Umbildungspro- 
zessen während der Tertiärs jede Antwort schuldig. Daß das. 
Entstehungszentrum der Simiiden irgendwo auf dem eurasiatischen 
Kontinent gelegen haben mag, wird durch diese Funde wahrschein- 
lich, eine exaktere Angabe des Ortes ist aber vorläufig unmöglich. 

Es bleibt nur noch die Frage zu erörtern, in welchem Zu- 
sammenhang die Verbreitungsgebiete der rezenten Simiiden zu 
denen der fossilen stehen. Besonders die zahlreichen neueren 
Funde in den Siwaliks haben zu der Ansicht geführt, daß Indien als 
das Ausstrahlungszentrum zu betrachten ist. Schon Lydekker 
glaubte ja den Schimpansen im Pliozän Indiens nachgewiesen zu 
haben; neuerdings wollen Pilgrim (69) und Gregory (33) den Ahnen 
des Gorillas unter den indischen Primaten suchen, ähnlich äußern 
sich Arldt (7) und Heck (38). i : 

Für den Orang muß eine derartige Annahme unbestritten 
bleiben, da ja sein heutiges Wohngebiet noch in.Südasien liegt und _ 
unter den fossilen Simiiden Dryopithecus giganteus deutliche, 
Sivapithecus entferntere Anklänge an den Orang zeigen. 


Beiträge zur Morphologie des Anthropoidengebisses 175 


Mit einer Herleitung der afrikanischen Gattungen von einem 
indischen Entwicklungsherd kann ich mich jedoch nicht einver- 
standen erklären. Die angebliche Schimpansennatur von Palaeo- 
pithecus ebenso wie die Ähnlichkeit des ‚Sivapithecus‘ mit dem 
Gorilla haben in keiner Hinsicht einer Kritik standhalten können. 
Dasselbe muß von Pilgrims und Gregorys Herleitung des Gorillas 
von Dryopithecus chinjiensis gelten, dessen Reste viel zu gering und 
vieldeutig sind, um derartig ‚weittragende Sehlüsse zu gestatten. 

Zudem ist bei der großen Anzahl primitiver Merkmale beim 
Gorilla die Gefahr vorhanden, gleichfalls primitive fossile Anthro- 
poiden für besonders nahe Verwandte des Gorillas zu erklären. 

Sehr weitgehende Ü bereinstimmungen, auch in feineren Einzel- 
heiten, bestehen jedoch zwischen dem europäischen Dryopithecus 
fontani und dem Gorilla, die nicht lediglich als gemeinsame primi- 
tive Merkmale gedeutet werden können, wie Harle (35) es tut. 
Jedenfalls scheint mir D. fontani unstreitig die nächsten Beziehungen 
zum Gorilla zu besitzen und deshalb leite ich den Gorilla nicht 
von indischen Formen her, sondern von europäischen bezw. medi- 
terranen. 

Für diese Ansicht bietet die Verbreitung des Gorillas eine 
weitere Stütze. Diese erstreckt sich vom Croßfluß durch Süd- 
kamerun und den nördlichen Kongöstaät bis zu der ostafrikanischen 
Vulkankette und das Westufer des Tanganjikasees. Nach Süden 
geht sie bis unmittelbar an den Kongo heran, ohne jedoch diesen 
zu überschreiten, obwohl die oekologischen Faktoren sehr wohl 
ein solches W eitergreifen des Verbreitungsbezirkes erlauben würden. 

Aus der Tatsache, daß der Unter- und Mittellauf des Kongo 
eine Grenze des Verbreitungsgebietes bildet, entnehme ich, daß 
der Gorilla erst zu einer Zeit in diese Gebiete eingewandert ist, 
als der Kongofluß bereits bestand. Dabei läßt sich eine solche 
Verbreitung wohl mit einer Einwanderung von: Nordwesten, also 
von Europa an der Westküste Afrikas entlang, in Einklang bringen, 
nicht aber mit einer solchen von Osten, also von Indien her; in 
diesem Falle wäre ein Fehlen des Gorillas in den mittelafrikanischen 
Urwäldern viel schwerer zu erklären. . 

Nicht so eindeutig ist die Herkunft des Schimpansen. Als 
fossile Formen mit ähnlichen Merkmalen kommen sowohl der 
europäische Dryopithecus rhenanus wie auch der indische Siva- 
pithecus in Betracht; daß die Anklänge an ersteren enger zu sein 
scheinen, kann lediglich auf dem geringeren Material dieser Art 
beruhen. Doch glaube ich auch hier eine Herkunft aus Europa 
annehmen zu dürfen, da der Schimpanse zu demselben Faunen- 
element gehört wie der Gorilla und auch einen ähnlichen Ver- 
breitungsbezirk besitzt, nur an der Westküste Afrikas noch bis 
Gambia hinaufgreift, sich allerdings auch im Nordosten Zentral- 
afrikas etwas weiter ausdehnt. 

Als Analoga für eine derartige Herkunft afrikanischer Urwald- 
Säugetiere aus Europa können die Anomaluriden angeführt 


11. Heft 


176 Adolf Remane: 


werden, deren nächste Verwandte wohl im Tertiär Europas, nicht 
aber in Indien zu finden sind; ferner auch die Myoxiden, deren 
afrikanische Vertreter (Graphiurius) den europäisch-mediterranen 
Formen viel näher stehen als den südostasiatischen Gattungen 
Tvphlomys und Plathacanthomys. 

Mithin nehme ich eine Herkunft der afrikanischen Simiiden- 
gattungen aus Europa an; die Ähnlichkeiten, die im Gebiß von 
Schimpanse und Orang aufzufinden sind, dürfen keineswegs für 
einen engeren Zusammenhang dieser Gattungen angeführt werden, 
da Schmelzrunzelung sowie niedrigere Höcker oft unabhängig er- 
worbene Eigenschaften sind und deshalb als Konvergenzerschei- 
nungen zu betrachten sind. 

Die fossilen Funde konnten also trotz ihrer relativ großen 
Reichhaltigkeit für die meisten Einzelheiten der Entwicklung 
des Anthropoidenstammes keine Auskunft geben, nur für die bis 
ins obere Eozän hinabreichende Trennung der beiden Familien, 
sowie für die ehemalig ausgedehnte Verbreitung auf dem eurasia- 
tischen Kontinent konnten sie Beweisstücke liefern. In der Be- 
antwortung vieler Fragen der Phylogenie innerhalb der Anthro- 


poiden bleiben wir vorläufig auf eine rein morphologische Be- 
trachtung angewiesen. 


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3. Aufl. 
92, Zuckerkandl. 1909 in Scheff, Handbuch der Zahnheilkunde, 2. Aufl, 


Nachtrag. 


Nachträglich erhielt ich die Arbeit von Ramström, Om Under- 
käken i Piltdown-Fyndet (,,Eo-Anthropus‘‘). Svenska Läkaresälls- 
kapets Hanclingar 1916, in der der Autor die Maße der M, 
und M, von 14 Schimpansenunterkiefern gibt. Die Zähne zweier 
Kiefer (R! und R?) zeigen auffallend große Dimensionen, die 
den von mir gemessenen Variationskreis zum Teil beträchtlich 
"überschreiten. Hier seien diese Maße angeführt: 


Unterkiefer R! M, rechts Länge 14,2 mm, Breite 11,3 mm, Index = 79,5 
(von Gabun) M, links nz Dres * ion fe 
M, rechts EE 15 ’ ” 13 » ., — 36,6 
M, links = 15 x eu 3 Be u. 86,6 
Unterkiefer R! M, rechts $, ia ha BE 2 10 ” a — ar (1365, 
(von Kamerun) M, links % 13348 3; Ir 10 er EHEN 
M, rechts ” 15,5 ” ”„ 12; ” ”„ —=80 
M, links ” 15,5 LE} Er 12,7 FE ER) => 82 


Da sich unter dem relativ geringen Material von 14 Kiefern 
zwei derartig aberrante Fälle befanden, kam ich auf die Ver- 
mutung, daß es sich hierbei vielleicht um Gorillaweibchen und 
nicht um Schimpansen handele. Herr Professor Lönnberg teilte 
mir jedoch auf eine briefliche Anfrage freundlichst mit, daß 
Prof. Ramström im Stockholmer Naturhist. Riksmuseum nur 
Schimpansenkiefer untersucht habe. Gleichwohl möchte ich 
vorläufig den Variationskreis des Schimpansen noch nicht diesen 
"Maßen entsprechend vergrößern, da sich Prof. Ramström vielleicht 
‚einer etwas anderen Meßmethode bedient hat. Ich hoffe, später 
durch eigene Messung der betreffenden Stücke diese Frage klären 
zu können. 


12* 11. Heft 


180 Th: Reuss: 


- art . . 
Eine Androconialiorm 


von „Argynnis‘“ niobe L., f. n., und durch entsprechende 53 

gekennzeichnete ostasiatische Formen oder Arten, die bisher zu 

„adippe“ L. (reet. eydippe L.)', gerechnet wurden, sich aber 

nunmehr durch Art und Verteilung der Androconien abtrennen lassen. 
Mit einer Revision des „Genus Argynnis F.“ 


Von 


Th. Reuss. 


„Argynnis“ niobe, f. n. 5; Type im Berliner Museum 
nebst mikroskopischem Präparat der Androconien (Plumulae peni- 
cillatae), sowieVergleichspräparaten. Fundort: Gegend von Biesental, 
Mark. Am 21.6. 14 gef. und f. cloppenburgi m. benannt?). 

a) Merkmale zur Kennzeichnung des Exemplars der variablen 
Art, die nicht mit dem neuen Formennamen verbunden sind: 

Die Costallänge jedes Vdflgls. beträgt 28 mm. Die Grundfarbe 
ist ein kräftiges Gelbrot, die schwarzen Zeichnungen sind verstärkt, 
besonders sind die Basalteile stärker verdunkelt als gewöhnlich. 
Unterseite der Htflgl. ohne die bekannte schwarze Pupille in der 
Zelle. Silberzeichnung gering auf grünl. Grunde; rote Flecken 
spärlich. Infolge des leichtgeschweiften Außensaumes der Vdilgl. 
erinnert die sonst etwas längliche Flügelform an die seit mehr als 
anderthalb Jahrhunderten gebräuchliche Vergleichsart cydıppe. 
Die Androconien (Plumulae, Federbuschschuppen) verteilen sich | 
über die geringste normale Zahl von fünf statt sechs Vorderflgl.- | 
Adern. | 

b) Hauptmerkmale der Type, welche die neue Form kenn- 
zeichnen: | 

Diese bestehen in steil aufgerichteten Ansammlungen von 
Federbuschschuppen auf den Oberseiten der bekannten zwei | 
‚Medianäste‘‘ (morphologisch bez. mit cu,, cu,), welche abermals 
an cydippe zunächst erinnern, indem sie jedesmal einen Wulstbilden, 
dessen Kamm zwar nicht wie bei cydippe ausbiegt, aber auf beiden 
Seiten einen weißlichen Glanz zeigt, wie er auch für cydıppe 
charakteristisch ist und von wenig pigmentierten Deckschuppen 
stammt. Die einzelnen Federbuschschuppen sind mindestens 
doppelt so lang und vielhundertmal zahlreicher als gewöhnlich, 
erscheinen haarartiger, und unterscheiden sich von den gleich- 


1) Vgl. „Ent. Record“, vol. 26. (1914) p. 170: „A note in Answer to 
Dr. Jordan’s, Mr. Bethune-Baker’s and the Rev. G. Wheeler’s Observations 
on my „ „Revision of the Linnean Types of Palaearct’c Rhopalocera“ “%, 
by er Verity M.D. 

2) Vgl. dıe Neubenennung der Form (und der Gattung Fabriciana, 
Type: niobe) in der „Internationalen Entomologischen Zeitschrift‘‘, Guben, 
1921, Nr. 1, p. 4. 


1 


Eine Androconialform 181 


langen cydippe-Schuppen wesentlich dadurch, daß sie durchweg 
braun pigmentiert sind, während die der anderen Art eine helle 
Basis und Spitze zeigen. 

Zugleich fanden sich die erwähnten Deckschuppen in relativ 
riesigen Ausmaßen, sowieincipiente Fächerschuppen mit fächer- oder 
(wie hier) keulenförmiger Spitzean dünnerem Stiele. Letzterekommen 
sonst nur bei ceydippe und besonders:bei Dryas-Arten vor. 

Ich versuche nun die Konsequenzen aus dieser Form mit 
mutierendem Duftapparat zu entwickeln. 

Durch mikroskopische Untersuchungen von Schuppenproben 
asiatischer sogen. ‚„adippe‘‘-Formen gelang es mir nun fest- 
zustellen, daß viele derselben alle Hauptmerkmale der niobe f. cloppen- 
burgi besitzen, und hier also als einzig passende Vergleichstiere, die 
europäische ceydippe endgültig verdrängen. Dies ist um so mehr der 
Fall, als die betr. Asiaten der Art niobe L. auch in den Nebenmerk- 
malen näher rücken, indem sie Plumulae auf 3—6 Vdflgl.-Adern 
(auf fast der ganzen Länge solcher Adern) m, —m,, Cu), CUg,, ax 
(Innenrandader) zeigen, während es mir bei europäischen ceydippe- 
Faltern bisher nicht gelang, Plumulae auf andern Adern als cu,, 
cu,, festzustellen. Bei der asiatischen vorax Btlr. entdeckte ich 
sie allerdings in einer sehr kurzen Form auch außerhalb der 
Wulstmassen auf den distalen Aderteilen. 

Um über die Bedeutung dieser Bildungen klar zu sein, muß man 
sich vergegenwärtigen, daß normaler Weise die Plumulae aller 
Lokalvarietäten von niobe den Adern flach anliegen und so gering 


an Zahl sind, daß sie dem bloßen Auge selbst wenig auffallen 


können. 

Die Typeder f. cloppenburgiist das einzige Exemplar unter Hun- 
derten von niobe-Faltern der verschiedensten Herkunft, die mir 
bisher zu Gesicht kamen, welches steil aufgerichtete, gedrängte 
Massen von Plumulae über den Medianadern zeigte. Was sonst 
von schwarzer Pigmentierung an den Adern der niobe 3& häufig 
zu sehen ist, kommt auch ähnlich bei den 22 vor und konnte wohl 
trotzdem eine „Verdickung der Adern‘ vortäuschen, solange über 
die wahre Natur der betreffenden Bildungen keine Klarheit 
herrschte. Tatsächlich sind die Duftschuppen bei nziobe nicht un- 


bedingt an das Auftreten schwarzer Begleitschuppen gebunden. 


Seitdem Elwes in ‚Revision of the genus Argynnis“, Tr. Ent. 


Soc. London, 1889, die Hoffnung aufgab, mit Hilfe der Plumulae 


zu einer besonderen Erkenntnis und bequemeren Einteilung der 
„Argynnis‘-Arten zu kommen (wie sie Moore in „Monograph of 
the Limnaina‘ etc., Proc. Zool. er London, 1883, doch an Hand 
der Duftorgane, die allerdings mit bloßem Auge sichtbar 
waren, bei der genannten Gruppe ermöglichte), ist in dieser Rich- 
tung nichts Neues mehr versucht worden. Gerade von den asia- 
tischen Formen wurden dann manche, die oft erst als Spezies be- 
schrieben waren, als Varietäten zu den in Europa bekannten Arten 
geschlagen, wobei besonders ‚adippe‘‘ reichlich Zuwachs erhielt, 


11. Heft 


182 Th. Reuss: 


da die ähnlichen Formen am zahlreichsten waren. Biologisch 
fällt nun die europäische ‚adippe‘‘ schon nach der Verteilung, 
Form und Pigmentierung der Plumulae, aber auch nach der mangeln 
den vorspringenden Kammspitze des Tegumenhakens?®), als am 
weitesten abgesprengte Art ganz heraus aus der großen biologischen 
Vorratskammer Asiens — speziell Ostasiens — davon Europa 
rein geographisch ja nichts anderes als ein kleines, zerklüftetes, 
westliches Anhängsel ist. Darum wird ein Verstehen der Arten erst 
ermöglicht, wenn man nur noch vom „asiatischen Standpunkt‘ 
aus urteilen lernt. Es kann unter diesen Umständen nicht anders 
sein, als daß in den Sammlungen unter den asiatischen ‚‚adippe“ 
biologisch ungleiche Formen unter gleichem Namen stecken — 
wobei außerdem die Beziehung auf ‚adippe‘“ falsch ist bei einem 
Teil der Formen. 

Ich’gebe nun einen Trennungsschlüssel nach Verbreitung und 
Art der Plumulae, sowie nach von mir entdeckten Eigenheiten 
der Sexualarmatur, und benenne ich einen entsprechenden Teil 
der neu herausspringenden Formen durch Anhängung von ‚‚ides‘“ 
(ähnlich sehend) an den ersten Namen, damit stets an die 
wichtigen äußeren Ähnlichkeiten und ihren Niederschlag in der 
Literatur erinnert wird. 

Die verschiedenen niobe-Plumulae, welche sich bei Berück- 
sichtigung jener derf. cloppenburgialsdiein Asien am meisten verbrei- 
teten Formen herausstellten, mögen B-Schuppen heißen; die an der 
Basis aufgehellten, durch ihr auf 2 Adern, cu,, cu,, beschränktes 
Vorkommen auffallenden eydidpe-Plumulae erhalten die Bezeich- 
nung B,. Massenansammlungen von Plumulae werden durch einen 
* oder zwei ** über der morphologischen Bezeichnung der betr. 
Ader angedeutet, wobei zwei Sterne besonders lange, große Duft- 
streifen kennzeichnen. Dann steht z. B. für A. niobe als Andro- 
conien-Schlüssel 5 B oder 6 B®), für f. cloppenburgi 5 B cu,* cu;*, 
für cydıppe 2 B, cu,* cw*. 

Wo Übergangsschuppen zu den pfeilförmigen, zweifarbigen 
Plumulae (= A-Schuppen) aller amerikanischen und vieler palae- 
arktischen ‚Argynnis‘‘-Arten vorkommen, schreibe ich Ba (= 
jainadeva mit f. elwesi, f.n.). 

Die folgenden untersuchten und teilweise neu bestimmten 
und benannten Falter gehören zu dem von mir bearbeiteten 
Material des Berliner Museums (= Bln. Mus.) und des Deutschen 


») Wie aus der unten folgenden Revision der Artgruppen hervorgeht, 


sind die Arten der hier besonders behandelten Gruppe (= Fabriciana m.) 
untereinander durch annähernd gleiche Sexualarmaturen verbunden. Die 
Abweichungen beziehen sich auf eine hornartig vorspringende Kamm- 
spitze des Tegumenhakens (Uneus) und auf eine verstärkte Valvenarmierung 
(in einem Falle nerippe) in den auffälligsten Beispielen. 


*) Die Zahlen (— hier 6 —) bezeichnen die Zahl der Vdflgl.-Adern 
ax (= Innenrandsader) cu,, cu,, m;, m,, m,, auf welchen Plumulae vor- 
kommen. Gezählt wird von ax aus und hat diese Ader also stets Plu- 


mulae, wo nichts anderes besonders vermerkt ist. 


re: 


Eine Androconialform 183 
Entomol. Museums, Bln.-Dahlem (= D.Mus.). Außerdem sind 
Stücke dabei aus meiner eigenen Sammlung (= Coll. m.), die ich 
in Verbindung mit den vorliegenden Untersuchungen aus Vor- 
räten von den Firmen Böttcher und Heyne erwarb. Nach Er- 
ledigung der begonnenen Arbeiten überweise ich mein Material 
samt den zugehörigen Präparaten den Museen. Die Schuppen- 
präparate enthalten von den einzelnen Exemplaren je 6 Proben 
von 6 Vdflgl.-Adern, gleichgültig ob diese alle immer Duftschuppen- 
träger sind oder nicht. Nur so konnte das nötige Vergleichsmaterial 
entstehen. Die Nummern der zugehörigen Präparate (= Pl. für 
„Plumulae‘‘ gekürzt) sind den Art- und Formennamen in der 
folgenden Zusammenstellung beigefügt, ebenso die der Sexual- 
armaturen (gekürzt: S. A. mit Nr.). Trägt die Nummer der S. A. 
einen *, so hat der Tegumen-Haken eine weit vorspringende horn- 
ähnliche Kammspitze, sonst hat der Haken nur einen schwach 
gezackten Kamm’). Zwei ** bedeuten außerdem Verschiedenheiten 
der Chitinisierung der Valvae. Infolge gründlicher Erkenntnis 
der Art und Verteilung der Androconien wird es hier zum ersten 
Mal möglich, Beziehungen zwischen den Formen der Armaturen 
und denen der Duftschuppen aufzudecken. 
Ich fand nun unter Serien von Formen der 


sogenannten ‚‚adippe‘ aus 
Östasien:“ 
f. ornatissima Leech; zuerst 
eigene Spez'es, dann zu ,‚adippe‘‘ 
gezogen ist = 


Alle Arten, welche in dieser 
linksseitigen Spalte unter fett- 
gedruckten Namen beschrieben 
werden, haben B,-Androconien 
und ein Horn auf dem Tegumen- 
haken; der äußere Silberfleck 
der Hitflgl.-Mittelzelle ist D- 
förmig und die Saumzeichnung 
der Unterseite nicht so scharf 
wie bei Arten der nebenstehen- 
den Sektion. 

In der Mitte zwischen beiden 
Sektionen steht die japanische 
pallescens Btlr, Cist. Ent. I 


die biologisch ganz verschiedene 
Form: 
ornatissima Leech. 

Als Vergleichsart dient die 
nächste Form voraxides m. 

Alle Arten, welche in dieser 
rechtsseitigen Spalte stehen, 
haben B-Androconien und ein 
Horn auf dem Tegumen fehlt. 

Von den folgenden For- 
men dieser Kategorie unter- 


scheidet sich die Leech’sche 
Originalform von ornalissima 
nur durch die (— nicht 


immer —) bedeutendere Größe 
und durch den außerordent- 
lichen Silberreichtum der Unter- 
seite. Leech weiß nichts von 
Androconien auf 4 (bis6) Vdflgl.- 
Adern, merkt aber, daß die 
sichtbaren Duftstreifen der 
Mediane ganz nahe rücken. 
In der Abbildung ist der äußere 
Silberfleck der Hitflgl.-Mittel- 


5) Übergangsbildungen zwischen den Extremen sollen mit }-bezeichnet 
werden. Das häufig gebrauchte Wort „bezeichnet‘‘ (,„etikettiert‘‘) wird 


im folgenden „bez.“ abgekürzt. 


11. Heft 


184 


p. 164, 1873. Beisehr bestän- 
diger Facies (vgl. die in Seitz 
‚„„Palaearkten‘‘, fälschlich unter 
‚„‚xanthodippe‘‘ abgebildete Un- 
terseite) variiert dieses Tier in 
der Art und in der Ver- 
teilung der Androconien, von 
2: Bicu, * cn, FR 
cu,*?). Das Tegunen hat einen 
intermediären Hornansatz oder 
nur einen Kamm. Es sindalso 
hierdiesekundären Sexual- 
charaktere so variabel wie 
bei der europäischen niobe 
Farbe und Silberfleckung. 
8 Exemplare, alle aus Jokohama 
(von Firma Böttcher) in Coll. m. 
Der bek. Silberfleck der Htilg.- 
Mittelzelle ist hier überall O- 
förmig und dieZeichnung scharf. 
— AuchimBerl.Mus.,Coll. Stdgr. 

vorax Btl, 2B,; cu,* cw*, 
Pl. 23, S. A. 81a* Coll. m. bez. 
Sotka Gora, B. v. Bodemeyer. 
Mit B,-Plumulae in der Größe 
(Länge) gewöhnlicher Flügel- 
schuppen auf den distalen 
Aderteilen von cu,, cu, als Aus- 
nahmefall. Der Name vorax in 
Trans. Ent. Soc. London, 1871, 
p. 403, hat Priorität vor allen 
anderen Namen ostasiatischer 
„adippe‘“‘-Formen. Er wurde als 
Spezies-Name erteilt. 

vorax Btlr. 2B, cu,* cus* Pl. 
49, S. A. 81b*, D. Mus., bez. 
„chrysodippe”, Ttjutjagi. DerNa- 
meistsynonymzuvorax. Die B,- 
Flumulae gerade dieses Exem- 
plars stehen den B-Androconien 
besonders nahe, indem die Basis 


Th. Reuss: 


zelle .O-förmig (statt D-förmig, 
wie bei der vorax-Gruppe), und 
ich fand dies ein gutes Unter- 
scheidungsmerkmal für die 
OÖstasiaten. 'In Westasien und 
Europa, wo niobe und adippe für 
voraxides und vorax auftreten, 
gibt es aber meist nur die vo- 
raxides*)-Form des betr. Silber- 
fleckes (dessen Umrahmung na- 
türlich auch bei eris u. cleodoxa 
kontrollierbar ist). Beschrieben 
und abgebildet wurde orna- 
tissima in Leech, ‚‚Butterflies of 
China‘, p. 234, :pl..22, 2g. 1-2, 
1893. 


yorazides‘ :M..-»6°,Br.cu,*, 
cu,**, Pl 49, -Dype;.ım.D; Mus: 

voraxids m. 6 B cu,*, 
cus** Plx«5, S:-A. '80a,,Boeigpz 
Coll. m. von Sotka Gora. 

voraxids m. 6 B cu,*, 
Cus**, Pl. 48, S. A. 80b, Cotype, 
D. Mus., v. Ussuri. 

Die drei Tiere sind ober- 
seits leuchtend gelbrot — die 
besonders grelle Farbe fiel Leech 
bei ornatissima auf — mit auf- 
fallend großen Vorderflügeln, 
deren Saum stark geschweitt ist. 
Unterseite der Htflgl. olivgrün, 
die Silberzeichnung erstreckt 
sich, ebenso wie bei niobe, nicht 
(oder selten) auf den Analrand 
der Htflgl., die Randzeichnung 
ist ebenfalls niobe-mäßig schart. 


6) Und auch meist nur noch den hornlosen Kamm auf dem Tegumen wie 
bei vorazides so daß ‚‚adippe” und voraz sich auch hierdurch unterscheiden. 
Bereits tianschanica gehört zu dem europäischen Formenkreis, wo ein 

ehörntes Tegumen nur als Ausnahme vorkommt. Bisher fand ich ein 
orn nur bei einem niobe-S, und zwar als Übergangsbildung. 

?) Vgl. weiter unten das über die gleichfalls japanisch-koreanische 
nerippe Gesagte. Nerippe ist allerdings nur in der Verteilung der Andro- 


conien stark variabel. 


Ar, 


Eine Androconialform 


fast ganz pigmentiert erscheint. 
Die Plumulae bleiben aber hier 
streng auf die Wülste der Me- 
dianadern beschränkt, während 
sie sich bei dem ausgesuchten 
Exemplar von vorax auch auf 
den distalen Aderteilen in reiner 
B,-Form zeigen. Bei europä- 
ischen cydippe sind solche Vari- 
anten entweder nicht oder rela- 
tiv äußerst selten vorhanden. 

voraz. ( Btleiı 72, Byti.cu,? 
Se 2 Ber | Mage a Per A 
D. Mus., bez. Tsingtau, war als 
„xanthodippe Fixs.‘“ bestimmt, 
ist aber bei schönem Silber- 
reichtum keinesfalls die von 
Fixsen ausdrücklich als die ‚,sil- 
berlose vorax‘‘ bezeichnete xan- 
thodippe Fixs. 
„Mem. Lep.‘, III, 1887, p.. 307). 
In der gegenwärtigen Auflage 
von Seitz ‚Palaearkten‘“ ist 
fälschlich leider gerade einer der 
silberreichsten Falter (= 
pallescens Btlr.) als ‚‚xantho- 
dippe‘‘ abgebildet. 

Eine echte, silberlose vorax- 
Form fand ich noch nicht. 

pallescens Butl. 2 B, cu,* 
cus,*, P1.70, S.A.79 bez Yoko- 
hama (zusammen in der Stdgr. 
S., Bln. Mus. mit nebenstehender 
Form und 92 f. locuples Btl.) 


f. coredippe Leech, erst als 
Spezies beschr., dann zu „adippe‘ 
gezogen, ist = 


(cf. Romanoff, 


185 


xanthodippides m. 5 B 

Er Feier Se AR 83 
Type aus der Stdgr. S., Bin. 
Mus., dabei eine Cotype, beide 
aus der Gegend von Peking, 
beide unter ‚„‚xanthodippe Fixs.“ 
Die sehr gleichartigen Falter 
unterscheiden sich von voraxides 
am augenfälligsten durch das 
Fehlen der Silberzeichnung; sie 
sind wohl nichts anderes als die 
silberlose Form von voraxides 
aus wärmerer (regend. 

xanthodippoides m. 6 B cu,* 
c1,**, Bl. 77.S.AB3a,bez’Korea, 
Stdgr. S., BIn. Mus., mit grün- 
lieher Oberseite, Cotype aus 
gleicher Serie wie obige. 

voraxids m. 5B cu,* 
cus**D1.77. SARA FBITaN 
king, Stdgr. S., Bln. Mus. Ganz 
wie xanthodippoides aus gleicher 
Lokalität nur mit Silberflecken 
unterseits. Wohl wegen der 
Silberflecke befand sich das 
Tier, trotz leuchtender Grund- 
farbe, unter der f. pallescens- 
Serie. 

eoredippe Leech, 6B cu;*, 
Pl. 76, S. A. 75, Bln. Mus., bez. 
„eleodippe H. S.‘‘, Amur. Leech 
beschrieb dasTier, welches offen- 
bar als konstante Form erbeutet 
wurde, in ‚ Butterflies of China‘, 
p. 233, pl. 22, fig. 24 $ 9, 189. 
Danach gliche der Falter 
„adippe‘“, das $ habe aber auf 


11. Heft 


186 


f. jainadeva Moore (1864), 
erst als Spezies beschr., dann zu 
„adippe‘‘ gezogen, ist = 


Unter A. aglaia L. aus 
Mittelasien befand sich 

f. vithatha Moore, 6 A, ax*, 
Pl. 71, bez. Stdgr. S., Bln. Mus. 
Diese Form, ebenso wie alle A- 
Schuppenträger, welche zugleich 
Silberflecken im Apex der 
Vaflgl.-U. führen, sind von B- 
Schuppenträgern leicht zu un- 
terscheiden, indem die Rand- 
monde selbst (meist 4—5) mit 
Silber gefüllt sind. Dann finden 
sich zwei Silberflecke erst wieder 
vor den (von der Oberseite her 
durchschimmernden) Submargi- 
nalflecken (also nicht vor den 
Randmonden) im Vdflgl. Apex. 
Aglaia, L., alexandra Men., clara 
Blanch. und alle Nordameri- 
kaner gehören hierher (außer 
Boloria-Arten natürlich). 


Th, Reuss: 


den Vdflgln. nur einen Duft- 
streifen. Richtig — soweit für 
das Auge sichtbare Wülste in 
Betracht kommen — aber wäh- 
rend nun ‚‚adippe‘‘ wirklich nur 
Androconien (von der B,-Sorte!) 
auf den zwei Adern hat, wo sie 
dem unbewaffneten Auge sicht- 
bar sind, besitzt coredippe An- 
droconien auf allen 6 Vdilgl.- 
Adern — also mehr und nicht, 
wie scheinbar der Fall, weniger 
als „adippe‘“! 

jainadeva Moore, 6 Ba, Pl. 
70, S. A. 58, Stdgr. S., Bln. Mus. 

jainadeva Moore, 5Ba, Pl. 
67, Stdgr. S., Bln. Mus. 


Von Kaschmir, Himalaya, 


- gekennzeichnet durch rote, sil- 


bergekernte Ocellen der Htflgl.- 
Unterseite. 


jainadeva f. elwesi m., 6 Ba, 
Pl. 73,::8:.-A, 92, Type, bez. 
Kulu, Punjab. 

jainadeva f. elwesi m.,6 Ba, 
Pl. 74, Cotype,. bez. Lahoul, 
beide im Bln. Mus., Stdgr. S., 
gekennzeichnet durch grüne, 
schwach silbergekernte Sub- 
marginalocellen der Htilgl. U. 
und zwei Silberflecken gerade 
vor den Randmonden im Apex 
der Vdflgl. U. — Letzteres Merk- 
mal im Gegensatz zu aglaia- 
Formen (samt allen Nordameri- 
kanern), ersteres im Gegensatz 
zu jainadeva. Unter den Andro- 
conien finden sich Formen, ähn- 
lich wie sie bei südlichen Falter- 
arten anderer Gattungen vor- 
kommen, z. B. bei Colaenis 
pherusa, julia. Der „Übergang zu 
aglaia“ ist nur auf der Htilgl.- 
Unterseite und nur ‚für das 
Auge“ da! 

Ich benenne das inte- 
ressante Tier zu Ehren des be- 


Eine Androconialform 


Eine ebenfalls unter ‚,vr- 
thata‘‘. gefundene, interessante 
„mniobe‘‘-Form aus dem Alai- 
Tal beschreibe ich als Form von 
Tienschanica Alpheraky, welche 
hierher und nicht zu cydıppe 
gehört = 


Zum Vergleich führe ich 
europäische Vertreter dieser For- 
men an: 


cydıbpe L. 2 B,cu,* cus*, 
Pl. 1, S. A. 5 (ohne Horn also 
auf dem Tegumen!) Coll. m. 
Königsberg i. Pr. 

chlorodippe S. H., 2 B, cu,* 
us, 21:18, 9. A. 8. Coll. m, 
Spanien. 

Schon in Turkestan kommt 
cydippe ohne Horn auf dem Te- 
gumen vor: 


f. tianschanica Stdgr. 2 B 
cur, cus?, Pl:50, 3: 1720 D: 
Mus., bez. ‚„Ii-Gebiet, Turkes- 
tan. Gerade dieses eine Exem- 
plar im Museum hat emen D- 
förmigen Silberflecken am Ran- 
de der Mittelzelle der Htflgl.- 
Unterseite, und es ist diese 
Form auch bei europäischen 
cydippe wenigstens relativ zu 
niobe häufiger vorhanden. 


187 


kannten Autors einer grund- 
legenden „Revisionofthe genus 
Argynnis”. 1889, Trans. Ent. 
Soc., London., 1. elwesi. 

alaiensis m., 6 Ba, Pl. 98, 
5. A. 228 +, Type aus dem Alai- 
Tal am Koksu, Coll. m. Der 
Falter hat die geringe Größe von 
vithata, die Unterseite hat nur 
olivgrüne bis bräunliche, zart- 
farbige Zeichnung, das für nzobe 
gewöhnliche rotbraun und 
schwarz fällt fort. Die Andro- 
conien bilden die besten bisher 
gefundenen Übergänge zu pfeil- 
förmigen, helldunklen A-Schup- 
pen, deren breite helle Spitze 
hier bereits imitiert wird. — Das 
Q© ist noch unbekannt. 

elisa God., 4B, Pl. 6, 21, 
24,35, 285 38,78: A; 20x.bez: 
Corsica, Coll. m. 

niobe L. mit v. eris Meigen, 
56 B, Pl. 2. u. 13, S. A. 10, 
Coll. m., manchmal auch mit 
Formel6 Ba, (Pl. 29!) 

Die eingangs beschriebene 
Androconialform ergab aber: 

niobe f. cloppenburgi m., 5 B 
cu,* cus*, S.A.53 (Bln/Mus.), — 
und das sonst normale Exemplar 
mit gehörntem Tegumen, das sich 
aber durch besondere Gestalt 
des Hornansatzes leicht von 
entspr. ostasiat. Bildungen un- 
terscheiden läßt: 

niobe f.cornutam.,f.nov., 5B, 

S. A.54t. Coll.m. DieletzteVarie- 
tät ist etwas weniger selten als die 
erstere, welche im Vorkommen 
unter 1°/,00 stehen dürfte. ‚‚Über- 
gänge“ zu A-Schuppen kommen 
manchmal auf m,—m, in ganz 
wenigen Exemplaren vor®). 


8) Die westasiatischen niobe-ähnlichen Formen tekkensis Christ., 
philistra Seitz, ornata Stdgr., taura Röber, orientalis Alpheraky, gigantea 
Stdgr. ergeben in ihren Androconien und Armaturen keine wesentlichen 
Unterschiede von europäischen niobe, nur ist der Ba-Charakter der Andro- 


- eonien häufiger. 


11. Heft 


188 Th. Reuss: 


Sehr variabel in der Zahl der Androconien (aber nicht in 
der hier besonderen Art der B-Androconien) ist die größte ost- 
asiatische sichere Spezies nerippe, schon oberseits leicht durch die 
gezackten Randmonde zu erkennen. Sie wird aber trotz ihrer 
relativ leichten Erkennbarkeit noch häufig mit adippe” verwechselt. 
Das Tegumen besitzt ein kleineres, mehr spitz nach vorn gerichtetes 
Horn, die Valven haben an der Basis einen stark chitinisierten, 
vorspringenden, rechts und links den Penis flankierenden Kamm, 
der bei keiner anderen asiatischen Form vorkommt. Die Präparate 
sind demgemäß mit zwei ** bezeichnet. Die Plumulae zeigen einen 
Unterschied gegenüber gewöhnlichen B-Schuppen, indem die 
Duftborsten von der Spitze bis zu etwa einem dritten Teil der 
ganzen Schuppenlänge herabreichen. 

nerippe 5 B cu,*, bez. ‚‚nerippe‘‘, Pl. 14, (S. A. 55 **) Bln.Mus. 

„  9Bcus*, bez. ‚„chlorodippe var. japonica‘“‘, Mützell, 
Bln. Mus. 
» 3 BaxzW, cu* „Bl. 14, bez. ‚‚eleodibbe”,, Frübst. 
(Bäumler) Bln. Mus. 
„ ..8Bcu,* bez. „nerippe‘‘ Pl. 69, Stdgr. S., Berl. Mus. 
„  2Bax(,cu,*, bez. ‚nerippina‘‘ Fruhst. Pl.47, D. Mus. 
nerippe f. coreana Btl., 5 Bcu,*, bez. ‚coreana‘“, Pl. 47, (S. A. 
122 ** von einem anderen Exemplar, bez. Pjöng-jang), beide 
im D. Mus. 
do. 4Bax(, cu,*, bez. ‚‚coreana“, Pl. 47, D. Mus. 

Nerippe Feld. hebt sich demnach als ganz scharf unter- 
schiedene Spezies heraus, die nur innerhalb ihrer eigenen Grenzen 
variiert. Auch die Grenzen ihres Verbeitungsgebietes sind eng 
gezogen, scheinbar fliegt sie nur auf Japan und Korea, also im 
äußersten Osten — fast als Inselform. Dagegen drängt sich bei 
den übrigen Formen, die über das ganze palaearktische Gebiet 
verbreitet sind und im äußersten Westen und äußersten Osten bei 
großen Unterschieden doch auch deutliche Zusammenhänge noch 
erkennen lassen, ein schier unübersehbares Material zu Studien über 
die Differenzierung der Arten auf. Tatsächlich sind die Unter- 
schiede zwischen den hier zum ersten Mäle deutlich herausgear- 
beiteten Gruppen, miobe—cydippe im Westen, voraxides—vorax 
im Osten weit größer, als sich nach den bisherigen Anschauungen 
annehmen ließ. 

Die Anwendung der neuen Vergleichsmerkmale, besonders 
der sich andeutenden Beziehungen zwischen Androconien und 
Genitalarmaturen auf die ganze, unter den gültigen Namen Dryas 
Hbn. (1805), Acidalia Hbn. (1816), Brenthis Hbn. (1816, wurde 
bis 1899 und später wieder falsch angewandt;) Semnopsyche, Scudder 
(1875), Speyeria Scudder (1872), Boloria Moore (1899), Rathora 
Moore (1899) und den ungültigen Namen Argynnis Fab.°) (n. Illiger 


.’) Als „Argynnis Fabrieius‘ ist der Name eigentlich nicht im Gebrauch, 
sondern als „Argynnis Ochsenheimer u. Felder“, vgl. weiter unten, „Syno. 
nyme“ Nr. 6. 


Eine Androconialform 189 


in Illigers Mag., 1807), Argyronome Hbn. (1816), Issoria Hbn. 
(1816) bekannt gewordene Artengruppe, ergibt unter Berück- 
sichtigung der historischen Daten und Namen folgendes Bild: 
1805. Dryades”) —- Dryas, Hübner, ‚Tentamen‘, IV, Type: paphra, 
(cotypisch mit Argynnis F. 1807 (siehe unten!). Nach den 
Nomenclaturregeln ist derjenige Name gültig, der mit einer 
„Kennzeichnung“ (englisch u. französisch ‚‚indieation, defi- 
nition, description‘!) veröffentlicht wurde, auch wenn 
nur ein Teil eines Tieres benannt wurde, Eine erkennbare 
Indication (= Hinweis) ist alleinige Voraussetzung. Die 
unverwechselbare Nymphales-Spezies ‚paphia‘ ist ohne 
weiteren Zusatz infolgedessen eine weit mehr als genügende 
Kennzeichnung. Die Gattung Dryas wird längst von 
Bethune-Baker, Moore (Lepindica, 1899), u. v.a.,anerkannt. 
Dryas Hübner hat 10 Hauptarten, für welche heute folgendes gilt: 
Die Costaläderung ist konstant, 10 (=r,) aus der Zelle, wie 
Felder 1861 angab. 
Androconialverhältnisse (diese zeigen eine luxusmäßige Mannig- 
faltigkeit wie bei keiner anderen Gruppe). 
1. Nur mit B-Androconien: anadyomene, 1 Bcu,;* oder selten 
2 Bcu,*cu,*; kamala 3B; maia 4B cu,*, cus*. 
2. Mit A- und B-Androconien: 
a) B-Schuppen-nur auf eu,. Laodice Aax, AB cu,*; Paphia 
mit f. dives Aax, AB cu,*, Acu, m, (=3 A, ABcuw*); 
sagana und ruslana5 A, AB cu;*; “hyperbius f.“ castetsı (? 
non-mimetisch!) ebenso: 5 A, AB cu,* (= die Armatur ist 
identisch mit hyperbius, Sect. 3, mit mimet. 2). 

b) B-Schuppen auf cu, eu, „Laodice £.“ japonica A ax, A Bcu,* 
cu,* (= Armatur identisch mit laodice); zenobia ebenso 
childreni AA, AB cu,* cu;*. 

3. Nur mit A-Androconien: Hyperbius 6 A; „laodice f.““ rudra 2A 

(= Armatur identisch mit laodice). 


Mimetische 92 finden sich bei sagana, hyperbius. 

Für die Sexualarmaturen sind sehr mannigfaltige Luxus- 
charaktere bezeichnend, wie sie sich bei keiner anderen Gattung 
finden. 

Tegumen. Dies ist bei allen Arten ein ungespaltener Haken 
mit Spitze, aber zuweilen sitzt die Spitze an einer Verbreiterung 
wie eine Vogel- oder Raubtierkralle am Fuße des entsprechenden 
Tieres, so bei zenobia Leech, sagana Dbldy.& W. Der ganze vor- 
springende Hakenteil ist mit einer Ausnahme, kamala Moore, 
welche einen Haken wie Rathora hat, oben verziert, z. B. mit 
einer doppelten Haarmähne (childreni Gray, zenobia Leech ;ruslana 
Motsch., mit S-fürmig gebogener Spitze; hyperbius Joh. und f. 
castetsi Obth., mit einem mehr geraden wagrecht vorbreiterten 


% ) Dryades Borkhausen, 1788. Bei Hübner wurde der Autor nicht 
angegeben. Modernisiert heißt es demnach Dryadinae. 


11. Heft 


190 Th. Reuss: 


Haken mit krummer Spitze wie ein Falkenschnabel), odermit einem 
chitinösen, hahnenkammähnlichen Gebilde, dessen Spitzenzahl 
variiert (maja Cr., sechs bis acht Spitzen, paphia L. mit vier bis 
sechs Spitzen, f. dives Obth. mit sechs Spitzen), oder mit einem 
Doppelkamm ohne Spitze, doch sitzen vor dem Kamm ca. zwei 
Dornen über dem Krallenende (sagana Dbldy. & W.). Oder der 
Tegumenfortsatz ist lang und dünn, leicht einwärts gebogen, 
das Ganze einem Wespen- oder Bienenstachel ähnelnd (ana- 
dyomene Feld). 

Valvae. Diese sind locker gerollt (= wie ein trockenes Blatt 
vom oberen und unteren Rande her, von der Basis bis zum Apex) 
und demgemäß dreieckig im Umriß wie bei Boloria Moore mit — 
ebenfalls wie bei Boloria — fast gar nicht entwickelter Armierung 
der inneren Valvenfläche (anadyomene Feld., übergehend auch 
hyperbius mit castetsi), oder ebenso eingerollt aber jetzt flacher 
ausgefaltet wie bei Rathora, Acıdalia und in diesen Fällen gut 
armiert mit Haken .(ruslana, childreni, laodice), Spießen, Gabeln 
(childreni, sagana), dicht bedornten chitinösen, Fortsätzen oder 
„Kissen“ (maja, anadyomene, paphia, zenobia, sagana, kamala, 
hyperbius), gezähnelten Harpen (= immer als Rand der oberen 
Falte nach innen und unten bis zur Basis verlaufend — dies gilt 
für alle Gattungen, welche Harpen haben) und chitinösen Vor- 
sprüngendes inneren Randes der unteren Falte (= fast immer ein 
bis zwei, die sich dort bilden, wo der obere gezähnelte Faltenrand 
dem Rande des unteren Einschlags innen in der oberen Valven- 
hälfte begegnet — dies gilt abermals für Tiere aller Gattungen, 
die solche Vorsprünge aufweisen). 

Ich benenne die hochbeweglichen armierten oder nicht armier- 
ten Apicalteile (Anhängsel) der Valven nach ihrer Funktion bei 
der Copula, wie ich sie durch eigene Beobachtung ermittelte, 
Valvenflagellen (Geißelfortsätze). 

Penis. Dieser ist teilweise mit einem Schuppenmantel ge- 
panzert, während bei anderen Gattungen nur dünne Chitinplatten 
eine unterseitige Stütze bilden. 

Raupen. Diese sind sich, soweit sie bekannt wurden, recht 
ähnlich bei den verschiedenen Arten. Erwachsen haben sie auf 
dem Rücken kein Haarkleid neben den Dornen, wie es in geringem 
Maße bei den sonst sehr ähnlichen, nächststehenden Brenthis- 
Raupen — noch mehr aber bei Boloria- und Rathora-Raupen der 
Fall ist. Die Bedornung erreicht hier die höchste Ausbildung. 

Puppen. Soweit bekannt stehen sie denen von Brenthis nahe, 
indem sie vorspringende Spitzen zeigen. Die Puppen anderer 
Gattungen scheinen alle stumpfe Verzierungen zu haben. 

Aus obigem ist zu ersehen, daß der ganze heterogene Luxus 
in dieser Gattung auf die sekundären Sexualcharaktere entfällt — 
Androconien, Panzerungen, Mimetik kommen so wie hier bei 
keiner anderen Gattung nebeneinander zur Wirkung — und doch 
fügen sich die Falter alle der Hübnerschen Definition für „Argyro- 


Eine Androconialform 191 


nome‘“‘, 1. c., 1816 (welche nur als nachträgliche Definition für 
Dryas Hübner, 1805, gelten kann, da Paphia als zugehörig erwähnt 
ist und geradezu beschrieben wird — besser noch als die Leitart 
„Lampetia‘‘: ‚Flügel ziemlich groß, unten glänzend wässerig 
gestreift‘. Durch das Wort ‚wässerig‘‘ paßt die glückliche Be- 
schreibung sogar noch auf hyperbius, welche Art unterseits Boden- 
anpassung treibt, ähnlich wie Pyrameis cardui, ohne doch die 
Dryas-Zeichnung zu verleugnen, dennnirgends werdenumgrenzte 
Silberflecken gebildet, das Silber ist vielmehr strichweise frei ein- 
gelagert, wodurch der Dryas-Habitus immer wieder gewahrt 
bleibt. 

Synonyme :1.ArgynnisFab.,n.llliger in ‚‚IlligersMag.‘,6,18071°). 
Type: Paphia: = palpi — articulo secundo ante apicem dilatato 
nach dem mir vom Stettiner Städt. Museum überlassenen einzigen 
gedruckten Bruchstück der ‚Syst. Glossaborum‘“ von Fabri- 
cius (im Original also). Illigerübersetzt aus dem nie publizierten Werke 
die paphia-Definition falsch: ‚‚Palpen — daszweite Glied vorderin- 
nerenSpitze erweitert!“ DasUmgekehrte istrichtig und paßt besser 
auf paphria als auf irgend eine andere europäische Art. Ebensowenig 
wie bei Hübner steht ein Autorname hinter daphia, aber die Art 
ist nicht verwechselbar und nach den Nomenklaturregeln ein 
Autorname als Zusatz nicht nötig. Somit wird die als Leitart 
genannte paphia gerade auch in der Definition beschrieben. 

2. Argynnis Fab., Ochsenheimer, ‚Schmett. von Europa‘. 
März 1816, Bd. IV, S. 14 (nicht 16, wie gewöhnlich angegeben 
w’rd); neu ist hier nur aphirape als Leitart. 

3. Argynnis (kein Autor), Hübner, ‚Verzeichnis‘, September 
1816, Type (= Leitart): aphirape Hbn. Selene, euphrosyne, freia, 
myrina, napaea, pales, frigga, amathusia, dia sind nachgenannt. 
Diese Arten wurden nachmalig auf Brenthis Hbn. (Type: hecate 
Schiff.) geworfen, wohin sie nicht gehören. Hecate hat variable 
Costaläderung, Androconien!!) und stark armierte Valven. 
4. Argynonome Hübner, 1.c., 181612), Type: Lampetia L., enthält 
paphia, ist also = Dryas, 1805. Die Definition beschreibt daphra. 

5. Argynnis Ochsenheimer, Doubleday& Westwood, ‚Gen. of 
Diurn. Lep.‘‘, 1846—50, macht zwei Abteilungen für die Arten; 
nimmt hecate, ino, daphne, polaris in die erste Abt. zu den 
„großen‘‘ Arten. 


10%) In Scudder’s „Nomenklator‘“ ist 1808 angegeben — ein offenbares 
Versehen! 

11) Hecate alaica Stdgr., Asien, hat manchmal primitive Androconien 
(= ohne Deckschuppen); bei europäischen hecate fand ich noch keine Andro- 
conien, die doch bei ino und daphne mit Deckschuppen überall vorkommen, 

12) Vgl. die in den „Procerdings‘“ des Kongresses zu Cambridge, 1899, 
über die Publikationsdaten des’berühmten Hübnerschen Werkes erschienenen 
Ausführungen. Das Werk erschien in „Signaturen“ und lag erst 1826 voll- 
ständig vor. Ich gebe hier das Datum des Titelblattes und des Geleitwortes, 
da die zitierten Namen ganz am Anfang stehen und zu den zuerst publizierten 
gehören. 


11. Heft 


192 Th. Reuss: 


Argynnis Ochsenheimer, Felder, ‚NeuesLepidopteron‘“,1861, 
gr ündei sich ausdrücklich auf letztgenanntes Werk, daher der 
rönlame Argynnis und Brenthis werden nach der Costal- 
äderung definiert. Dies ist die populär gewordene Fassung. 

(Brenthis Felder!) Felder merkt nicht, daß sein Genus Brenthis 
nicht mit Drenthis Hübner übereinstimmt, behält also den Namen 
bei, der bis auf Moore, 1899, „‚Lep. indica‘, falsche Anwendung 
fand. Elwes, 1. c., 1889, will ‚„Brenthis Felder‘ fallen lassen, 
gerade weil Hübners Type hecate sich ‚nicht einfügt!“ 

Argynnis (Fab.) Moore, Moore, ‚Lep. indica“, 1899, Type: 
„aglara L.‘‘. Moore nimmt die 4. Art aus Illigers Artikel als Typs, 
nachdem für-ihn Daphia die Type von Dryas ist. Diese Wieder- 
aufnabme des Namens Argynnis, der cotypisch mit Dryas ist, ist 
unzulässig. 


1816 Brenthis, Hübner, ‚Verzeichnis‘, Type: hecate Schiff. 3) 
Zugehörig nur: Daphne, ino. Hecate ist eine hochinteressante 
Über gangsform zu Tieren mit Androconien. Ich entdeckte 
Androconien nur in subsp. alaica (1 3, 1.-No. 48393, Berlin. Mus.), 
es sind primitivste A-Schuppen, deren Entstehung aus gewöhn- 
lichen Schuppen hier deutlich verfolgbar ist. Daphne und ino 
haben regelmäßig A-Androconien auf allen 6 Vorderflügeladern, 
doch sollte man meinen, es gäbe auch hier Ausnahmen, weil 
Aurivillius in seiner grundlegenden Arbeit „Über sekundäre Sexual- 
charaktere nord. Tagfalter“, 1880, Bihang Till K. Svenska Vet. 
Akad. Handlingar, Bd. 5, No. 25, so ausdrücklich für ino angibt, 
„die Art habe nimmer Duftschuppen — ebenso wie latonia‘“‘. Meine 
Krfahrung, seitdem ich die A-Schuppen auffand, geht dahin, daß 
sie stets und reichlich vorkommen, bei ino wie bei daphne. Das 
Tegumen ist dreispitzig gespalten (noch mehr wie bei allen Boloria- 
Arten), die Valven aber, die bei Boloria nur am Apex armiert 
sind, tragen Harpen und Vorsprünge, wie ich sie unten bei 
Rathora, allgem. Merkmale, beschreibe. 


Die Raupen sind den Dryas-Raupen in der Zeichnung ähn- 
lich, haben aber nur kurze Halsdornen, dafür, noch wenn er- 
wachsen, eine itückenbehaarung, die bei faphia (und offenbar 
allen „großen Arten“) nicht vorkommt. Die Puppen haben eben- 
falls größte Ähnlichkeit mit Dryas- Puppen infolge ausgebildeter 
Nücken- und Kopfspitzen. Schließlich sei daran erinnert, daß 
Hübners Definition ‚die Senken unten bunt gewölkt“ sehr 
charakteristisch ist für diese Arten, die unterseits der laodice 
nahekommen, und auch oberseits, wo die Randmondzeichnung 
durch Fleckung erfolgt ist, an Dryas erinnern. 


2) Als Tardh der Hübnerschen Coiti (Gattungen) nehme ich stets 
die erstgenannten Arten(— Leitarten), wie es schon 1899auf dem Kongress 
zu Cambridge von Staudinger vorgeschlagen wurde. Die sichere Be- 


stimmung aller einer Leitart zugehörigen Arten ist selbst heutenoch schwer | 


und war zu Hübners Zeiten selten möglich. 


Eine Androconialform 193 


Äußerst variabel ist die bei anderen Gattungen meist kon- 
stante Costaläderung, woraus sich die bisher unsichere Stellung 
der Tiere erklärt. b 

Variabel scheint auch das Überwinterungsstadium zu sein. 
Während ich für die Berliner Gegend für ino die Winterung der 
entwickelten Raupe in der Eischale — als Ei — sicher feststellte, 
lauten aus der Schweiz die Berichte anders. Bei Daphne bestehen 
gleiche Zweifel. Über hecate erfuhr ich bisher nichts. Verschiedene 
Überwinterungsstadien bei ein und derselben Art im Norden und 
im Süden wurden unter den Lycaeniden bei corydon bisher bekannt 
(Ent. Rekord, vol. 28, 29). 

Jedenfalls vereinigt Drenthis drei Arten, die gewisse Be- 
ziehungen zu Dryas autweisen und zugleich durch das gespaltene 
Tegumen an Boloria sich anlehnen. 

Brenthis Hbn., Moore, ‚„Lep. indica‘“ 1899, Type: hecate 
Schiff., ist tatsächlich Drenthis Hbn. und nicht Brenthis Felder. 
Die Felderschen Arten bringt Moore in folgendem Genus unter: 

1899 Boloria, Moore, ‚Lep. indica‘, Type: ?ales Schiff. 
Fine ungünstige Wahl. Pales hat große Eigenheiten; selene Schiff. 
hätte die Mehrzahl der Arten besser vertreten. 1#) 

Übrigens vereinigt Moore mit eugenia, gemmala, altissima noch 
Artenin der sonst homogenen Gattung, die besser zu Rathora Moore 
gestellt werden (s. u.), während clara Bl. zu Acıdalia gehört. 

Allgemeine Merkmale. Die zirkumpolaren Arten sind 
alle ohne Androconien (Pales hatte ich besonders im Verdacht, 
welche zu besitzen), alle haben ein zum Unterschied von Drenthis 
meist nur an der äußersten Spitze sichtbar gespgtenes (in 
Wirklichkeit manchmal sogar in getrennten Hälften bewegliches) 
Tegumen und biotechnisch sehr ursprünglich gebildete Valven. 
Letztere sind beiderseits, vom oberen wie unteren Rande her, 
einfach eingerollt — nicht richtig gefaltet — und nur am Apex 
— nicht auf den inneren Flächen — armiert. Es zeigt sich am 
Apex ein scharfer, feiner Haken und darüber ein daumenähnlich 
verbreiterter, chitinöser hohler Ansatz (eine Ausstilpung des 
oberen Randes). Costaläderung, 10 aus 7, konstant, — aber 
gerade pales macht eine Ausnahme bezüglich der Stellung cer 
Ader 10 (-näher der Zelle). 

Ich bilde 3 Abteilungen: 

1. Pales (Type!), dia, astarte, elatus (die Subsp. von palessind 
eingeschlossen). Der Apicalansatz ist hammerähnlich geformt; 


4, Vgl. den Nachtreg. Boloria wird auf die Type und ihre vielen geogr. 
Arten beschränkt, selene wird die Type von Olossiana m., zu welcher Gutt.1g 
alle hier noch bei Boloria belassenen Arten gehören. Bei der Schwierigkeit, 
die natürlıche Zusammergehörigkeit der wenig erforschten Arten zu be- 
Stimmen, kann die doppelte Besprechıng nır nützen, besonders da die mir 
inzwischen zugänglich gewordene morpholcgısche Harpterbeit von Herrn 
Dr. W. Petersen unerwartet viele Vergleichsmomente bietet, wobei sich 
der Nachweis für eine bisher ungeahnt große Variabilität der Armaturen 
ergibt, die auch von Petersen noch nicht bemerkt wurde. 


Archiv für Naturgeschichte 13 
„ Auıll - 


1921. A 11. Heft 


194 Th. Reuss: 


pales mit f. arsilache, f. generator etc. habenals einzige (also nicht 
gerade ‚typische‘‘) Ausnahmen keinen Haken am eigentlichen 
Valvenapex, und die Vdflgl.-Ader 10 (=r,) entspringt näher der 
Zelle. 

2. Selene Schiff. Enthält alle übrigen Arten nach den an- 
gegebenen allgemeinen Merkmalen bis auf die zwei der 3. Ab- 
teilung. Die bekannten Raupen mit den langen beweglichen Hals- 
dornen, die auch für die amerikanischen Arten typisch sind, über- 
wintern in den verschiedensten Wachstumsstadien und sind 
nach vierter Häutung erwachsen. Vgl. „Canadian Entom.‘‘, 1876, 
N0.9. W. H. Edwards hatte 1875 für die Raupen von myrina 
5 Häutungen angegeben. Er korrigiert sich selbst unter Bezug- 
nahme auf seine irrtümliche Angabe nach erneuter Aufzucht von 
myrina-Raupen, welche alle viermal häuteten. Die Raupen haben 
neben den sehr kurzen Dornen noch ein kürzeres Haarkleid. 
Puppen stumpf, einfach. 

3. Oscarus, angarensis. Diese beiden ostasiatischen Arten 
zeigen mehr als einen scharfen Haken am Valvenapex. 


1899 Rathora, Moore, 1. c., Type: latonia L.?) Moore be- 
schreibt die indische ‚issea”’. Issoria Hbn., Verzeichnis“, 1816, Type 
(= Leitart): egista (vgl. Zuträge exot. Schmett. IV, p. 32). Mit- 
genannt: anticha, latonia. Der Name scheidet für latonia aus und 
wird an Stelle von Atella Dbld. & W., 1848, für egista stehen 
bleiben. 

Außer den von Boloria Moore als nicht zugehörig getrennten 
3 Asiaten nehme ich noch zwei sichere afrikanische Arten mit 
herein und bilde 3 Abteilungen. 

Allgemeine Merkmale: Das Tegumen hat einen einfachen, 
gekrümmten Haken ohne abgesetzte Krallenspitze, die Valven sind 
besser gefaltet als in Boloria, mit ähnlich starker Armierung wie 
bei Brenthis, besonders der inneren Teile, wo der Rand der 
unteren Falte einen bis zwei scharfe chitinöse Vorsprünge bildet, 
welche mit der am Rande der oberen Falte nach innen und unten 
verlaufenden gezähnelten Harpe als Greifzange zusammenwirken. 
Costaläderung variabel. Die Raupen haben ein starkes Haar- 
kleid neben den Dornenreihen. Puppen wie bei Boloria, wenn 
eine Verallgemeinerung nach dem Beispiel von latonıa nicht zu 
gewagt wäre. — Androconien kommen nirgends vor. 

1. Latonia (Type). Spezialmerkmale: Der Valvenapex besitzt 
einen schmalen Einschlag mit kurzem, nach hinten gerichteten 
Doppelhaken. Costaläderung konstant, 10 aus der Zelle. 

Isaeea Doubleday (nec ‚issaea Gray‘‘ — vgl. Grays List 
of Lep. Ins. of Nepal, 1846), hat Sexualarmaturen, die denjenigen 
von lathonia ganz unähnlich sind, dafür aber denen von gemmata, 
Sect. 2, ganz nahestehen. (Vgl. Nachtrag.) 

15) Vgl. Nachtrag. Die unten folgenden Sektionen 2 und 3 werden in 
eine neue Gattung Kükenthaliella m., Type: gemmata Btlr. verlegt. 


/ 


Eine Androconialform 195 


2. Gemmata, eugenia (rhea), altissima. Valvenarmierung sehr 
schwach chitinisiert. Costaläderung sehr variabel, oft asymmetrisch 
sogar (rechter Vorderflügel wie Dryas, linker wie Boloria; ein 
solches Stück der Art gemmata befindet sich im Deutschen Ent. 
Museum, Dahlem. Larvae? Pupae? 

3. Hanningtoni, smaragdifera. Ausfällig in Facies und Flügel- 
form = hanningtoni. Ausfällig in der Armatur — smaragdijera. 
Das Tegumen endet in einer breiten stumpfen Spitze wie bei 
keinem andern Tier irgendeiner Gruppe. Die Valven sind die relativ 
längsten, die sich überhaupt fanden. Prinzipielle Unterschiede 
sind aber nicht vorhanden. Die Facies stimmt gut zur Type. 
Costaläderung 10 aus 7, ist aber variabel bei den mir bekannten 
Stücken beider Arten. 

1816 Acidalia!®%) Hübner, ‚Verzeichnis, Type (= Leitart): 
cybele F. Mitgenannt: aglaia, adippe, niobe, niphe. Acidalia, 
Moore, 1. c., 1899, Type: niphe L. (= hyperbius J.). Nur diese 
Art. Die Gattung hat nomenklatorisch keine Berechtigung. 
Hyperbius ist zwar die absonderlichste Dryas-Art, paßt aber 
noch gut unter die dort eingeordneten Arten; die Gattung hat 
weder eine historisch-nomenklatorische noch eine zwingende bio- 
logische Grundlage. 

Semnopsyche Scudder, ‚„‚Butterflies of Eastern U. States and 
Canada‘, 1889, Type: Diana Cr. Nur diese Art, welche nur in 
der Facies abweicht. Leto und nokomis haben aber Aberrationen 
und Lokalformen mit Q coerulescens Holland oder nigrocoerulea 
Cockerell, welche die scheinbare Kluft überbrücken. Armatur 
und Androconien sind bei allen hier erwähnten Formen im all- 
gemeinen typisch — also cybele-ähnlich — mit Ausnahme von 
nokomis, welche die einzige Acidalia-Art ist, die zuweilen fast 
gar keine Androconien? besitzt. Die Raupe ist nur durch ihr 
Größenwachstum im 6.-Stadium von der cybele-Raupe verschieden. 

Speyeria, Scudder, 1. c., 1889, Type: idalia Drury. Auch hier 
nur die eine Art und nur die besondere Facies ist als besonderes 
Merkmal da. 

Scwdder hatte nicht das Glück eines Hübner, der nur 
nach der Unterseite der Flügel zu einer Einteilung kam, die sich 
bei steigender Kenntnis der Formen besser beibehalten laßt als 
irgendeine andere. 

Bingham, der in „Fauna of British India“ die Genera von 
Moore und Hübner verwirft, macht zwei Abteilungen nach 
Felder mit nicht weniger als 11 Hilfstypen in der ersten und 
8 Hilfstypen in der zweiten Abteilung — das sind 19 Merktypen 
im ganzen! Wie Hübner arbeitet Bingham (aber innerhalb der 
Felderschen Geäder-Abteilungen) mit Unterseitenmerkmalen, 


— 


16) Acidalia Hbn. hat Priorität vor Acidalia Treitscke = Geometriden- 
gattung, 1828, 


13* 11. Heft 


196 Th. Reuss: 


kann aber nichts besser machen. Gemmata, infolge der variablen 
Äderung, findet sich bei ihm in der 1. Abteilung — Moore tat 
sie zu Boloria = Binghams 2. Abteilung! 

Hübners Definition für Acidalia lautet nun: ‚Gemeinförmig, 
die Senken unten perlglänzend, weißfleckig auf grünlichbraunem 
Grunde“ = cybele F. 

Mit der Type cybele lassen sich niobe und adıppe nicht ver- 
einigen — diese große palaearktische Formengruppe scheidet aus — 
dann scharen sich um cybele mindestens 46 benannte nearktische 
Formen, während sich im palaearktischen Gebiet nur 3 zugehörige 
Arten, aglaia, alexandra, clara (mit genia und clarina) finden. 
Clara ist bei geringer Größe und mit variabler Costaläderung ein 
Bindeglied nach Brenthis hin, aber die Ähnlichkeit geht nicht 
weiter, denn Tegumen und Valven sind von aglata und alexandra 
nicht wesentlich verschieden. Die, wenn erwachsen auf dem 
Rücken unbehaarten Raupen der Nearkten gleichen sich, soweit 
sie bekannt sind, sehr; sie häuten fünfmal. 


Allgemeine Merkmale. Sämtliche Arten besitzen A- 
Androconien auf 5—6 Vorderflügeladern ohne Ausnahme. Die 
Androconien variieren bei den verschiedenen Arten und bei 
Individuen gleicher Arten auf den verschiedenen Adern und 
Aderteilen in Form, Größe und Pigmentierung, ohne je den 
A-Typus zu verleugnen. Über die Facies wurde bereits eingangs 
unter ‚„vithatha‘‘ berichtet. Die Costaläderung ist konstant, außer 
bei clara — 10 aus der Zelle. Die Armaturen sind bei den 
amerikanischen Formen alle so ähnlich, daß man nach den Valven 
eine einzige Spezies in einem halben Hundert Lokalformen vor 
sich zu haben glaubt, während die Androconien bessere Unter- 
schiede zeigen. Das Tegumen ist überall ein einfacher, oft gerader, 
unverzierter Haken, der extra noch eine Krallenspitze (im Gegen- 
satz zu Rathora) bei allen Tieren hat; die Valven sind wie die- 
jenigen von Rathora und Brenthis eingeschlagen, aber noch 
schärfer gefaltet; die innere Armierung ist allgemein dieselbe, 
dagegen ist die obere Rand- und Apicalarmierung jetzt anders. 
Diese besteht in einer außen der Valve aufsitzenden Chitinplatte, 
die bis an den Apex reicht und hier an ihrem Vorderrande schwach 
gekerbt oder gezähnelt ist. Die palaearktischen Arten weichen 
insofern ab, als das Tegumen Spuren eines Kammes zeigt und fast 
rechtwinklig einbiegt, ferner die äußere Chitinplatte längs des 
oberen Randes gezähnelt ist und am Apex sich in einem haken- 
ähnlichen Vorsprung nach unten fortsetzt. Der armierte Haken- 
bogen liegt am Apex der Valve. Auf diese Weise zerfällt Acıdalta 
Hbn. in 2 Abteilungen, eine große nearktische und eine kleine 
palaearktische Section. 


Spezialcharaktere bei den Nearkten bestehen a) in einer 
senkrechten Verbreiterung des Tegumenhakens, an welchem dann 
die auch sonst vorhandene krallenähnliche Spitze hervorragt 


Eine Androconialform 197 


(etwa wie bei einem Raubvogelfuß die Kralle), und b) in einer 
Verschmälerung der äußeren Chitinplatte oder Valvenflagelle. 

Für ersteres Merkmal kommen cybele, aphrodite, alcestis, 
cornelia, nokomis, leto und (übergehend) diana in Betracht, für 
das zweite ‚edwardsii‘ aus Montana. Von diesen besonderen 
Formen aus Montana befinden sich zwei Exemplare aus der 
Weymer-Sammlung im Berliner Museum — äußerlich sind sie 
von den gewöhnlichen Formen mit grünlicher Unterseite nicht 
zu unterscheiden. Man hat geglaubt, in der grünen Unterseiten- 
färbung ein Annäherungszeichen an die palaearktische aglaia 
sehen zu dürfen auch ich suchte in diesem Sinne nach ent- 
sprechenden Übergangsmerkmalen — es sind aber solche nirgends 
vorhanden. Nokomis fällt, wie schon bemerkt, durch die geringe 
Zahl von Duftschuppen, (trotzdem auf allen 6 Vdflgl.-Adern) auf. 

Unter den Palaearkten änderten die Armaturen nicht ab, 
dafür fand sich ein Melanismus der A-Androconien bei aglaia 
und besonders bei aglata f. borealis Strand (E. Mus., Dahlem) 
und zwar bei der Type dieser Form. Diese f. borealis zeigte unter 
den normalen Androconien, die durch Zweifarbigkeit auffallen, 
in ungewöhnlicher Zahl ganz gleichmäßig graubraun ge- 
färbte Duftschuppen (die sonst die gewöhnliche Pfeilform 
aufwiesen). Über die variable Costaläderung bei clara wurde 
schon berichtet. Die Puppe von aglaia hat eine Sonderform, 
während die sonst nur von den Nearkten bekannten Puppen 
keine besonderen Merkmale bieten. 

Die letzte Gruppe der ‚großen Arten‘, die durch niobe und 
cydippe charakterisiert wird, ist rein palaearktisch. Die Haupt- 
entwicklung liegt in Ostasien. Die wesentlichsten Vertreter der 
Gruppe wurden eingangs nach den neugewonnenen Merkmalen 
unterschieden und geordnet. 

Da es unmöglich ist, die Gruppe mit irgendeiner der vor- 
genannten zu vereinigen, unterscheide ich dieselbe unter dem 
Namen Fabrieiana m. Type: niobe L., 5—6 B. 

Der Name Fabriciana ehrt das Andenken des unter dem 
Namen Fabricius berühmten ehemaligen Professors in Kiel. 

Allgemeine Merkmale. Es kommen nur B- und B;- 
Androconien vor. Ihre Verteilung ist oft eine sehr ungleich- 
mäßige (im Gegensatz zu Acidalia). Auf m,—m, (und auf den 
distalen Aderteilen überhaupt) der niobe-voraxides-Gruppe finden 
sich alle Übergänge von gewöhnlichen Schuppen zu Duftschuppen 
der B-Sorte, und es finden sich auch dabei Anklänge an andere 
Duftschuppenformen, während man die primitivsten Formen der 
A-Androconien, die bei Acidalia durchweg vorkamen, erst bei 
Brenthis hecate alaica finden kann. Die Costaläderung ist kon- 
stant: 10 aus der Zelle. Das Tegumen ist ein Haken mit Kralle, 
stets mit einem Kamm, manchmal auch mit hornartig vor- 
springender Spitze. Die Valven sind nicht lose gerollt oder ge- 


‚faltet wie bei anderen Gattungen, sondern die Einfaltung ist eine 
E 


11. Heft 


198 Th. Reuss: 


derartige, daß der untere Rand eine scharfe, nahtartige Kante 
bildet; außerdem sind die Doppelwände der Valven hier zum 
erstenmal miteinander verwachsen. Die Armierung ist fast die 
gleiche wie bei Rathora, Brenthis und unterscheidet sich von 
Acidalia hauptsächlich darin, daß der Valvenapex nicht durch 
eine breite Platte, sondern durch eine schmälere Platte, über- 
gehend in einen hohlen kurzbedornten Chitinfortsatz, armiert wird, 
der scheinbar aus einer ursprünglichen Platte entstand. Dieser 
Fortsatz findet sich aber ähnlich auch bei Boloria, wo er sicher 
nicht auf eine Platte zurückzuführen ist. Auf die Merkmale 
der Hinterflügelunterseiten mit den dieser Gattung eigentümlichen 
Submarginalocellen und der Verteilung des Silbers im Apex der 
Vorderflügel wurde schon bei der Gegenüberstellung von f. vithata 
und f. elwesi gesprochen. 

Die Gattung hat zwei Formengruppen, deren (Gegenüber- 
stellung das einleitende Thema bildete. Die bekannten Raupen 
von niobe und cydıppe sind, wenn erwachsen, auf dem Rücken 
unbehaart (wie bei Dryas und Acidalia), ihre Varietäten und 
deren Rolle in der Literatur seit ca. 170 Jahren habe ich in der 
Soc. Ent. 1919/20 geschildert.!”) 

Fs fehlen nun zu diesen Dryadinae zum Schluß nur noch die 
südamerikanischen Arten, die sonst zu „Argynnis‘‘ und „Brenthis 
Felder‘ gerechnet wurden. Die Nomenklatur der Spezies ist kaum 
mehr zu klären, doch lagen mir drei sichere Arten vor, die unter 
folgenden Namen bekannt wurden. 18) 

1. cytheris Drury, 1773, heißt noch anna Blanch., lathonto- 

ides (= 2!) Blanch., siga Hübner (D. E. Mus., Bln. Mus.). 

2. modesta Blanch., 1852, dexamene Bsd. sind beide vielleicht 

— darwini Stdgr. (Bln. Mus.). 

3. inca Stdgr. (Bln. Mus.). 

Es lagen mir weiter zwei Exemplare von ‚‚dioides Bsd.‘ vor, 
beide waren 22 und mit der Abbildung von modesta Blanch. in 
Gay’s „Fauna Chiliana“, Atlas Zool. I. 2, Fig. 3, 4, identisch. 
Ehe mir ein $ vorgelegen hat, ist es mir nicht möglich zu sagen. 
ob diese eine eigene Art oder nur die 2 von ‚‚darwini‘‘ vorstellen. 
„Hortensia Bl.“ und ‚‚thecla Stdgr.‘‘ gehören zu Euftoieta. Die 
Armaturen der drei sicheren Arten ergaben außer am Tegumen 
überraschende primitivste Merkmale: Tegumen in einer einfachen 
Hakenspitze auslaufend, Valven nicht doppelwandig (wie bei allen 
anderen Gattungen), sondern nur am unteren Rande ganz kurz 
eingerollt (also nur der untere Rand ist doppelt!). Nächst 


7), Dort machte ich in Fußnote 1 der betr. Arbeit die Bemerkung, daß 
diese Raupen nur 4 mal häuten. Es gelang mir inzwischen festzustellen, 
daß mindestens bei eydippe-Raupen die Häutungszahl auch 5 betragen kann 
— also variabel ist bei der gleichen Art. Letzterer Umstand war bisher 
unbekannt. 

183) Es ist jetzt ihre Zugehörigkeit zu den Dryadinae mit der Leitgattung 
Dryas zweifelhaft. Da die Tiere aber bisher sogar als gattungsgleich an- 
gesehen wurden, muß ich dieselben hier ganz besonders berücksichtigen. 


> 


Eine Androconialform 199 


dem Tegumen hat der obere Rand einen stärker chitinisierten 
Vorsprung (er ist nicht eingerollt und an der Basis befestigt wie 
sonst); kurz vor dem Apex ist der Rand dann wieder verstärkt 
und bildet einen kräftigen Doppelhaken, der nach innen, unten 
und außen gebogen ist, d. h. die distale Hakenspitze liegt über dem 
Einschlag des unteren Randes, die proximale ist als Greifspitze 
fast rechtwinklig abgedreht. Diese Armierung ist am stärksten 
(längste Haken und dornartigen Vorsprung) bei ‚‚darwini‘‘, mittel- 
mäßig bei cytheris, am schwächsten bei der Hochgebirgsform inca 
(Bolivien, 4000 m) ausgebildet. Bei inca sind die Haken nur mehr 
kurze Klauen, aber die vorliegende Beschreibung paßt 
auf alle 3 auf Südamerika beschränkte Arten. Nach 
Entdeckung von Dione-ähnlich gestalteten Duftschuppen, C-An- 
droconien bei cytheris — das erste untersuchte Exemplar befindet 
sich im Deutschen Entom. Museum — die auf 6 Vdflgl.-Adern 
vorkommen, und deren fein ausgezogener Hals eine löffelähnlich 
geformte durchsichtige Spitze mit einer noch zwei- bis dreimal brei- 
teren, schwach pigmentierten Basis verbindet — Merkmale, die 
ähnlich nur noch bei der ebenfalls südamerikanischen Gattung 
Dione vorkommen — kann ich die angegebenen Arten als einer 
eigenen Gattung angehörig zusammenstellen unter dem Namen 
Yramea, Type: cytheris Drury, (das 9 ist = lathonioides 
Blanchard). 

Die Arten bilden zwei Abteilungen: 

a) Mit Androconien: cytheris, 6C. Die Duftschuppen kommen 
außer in der oben beschriebenen längeren noch in einer 
um 1, kürzeren Form vor. Letztere unterscheidet sich 
außer durch einen etwas breiteren Hals auch durch die 
Gestalt der Basis, welche mit ihren um den Anheftungs- 
punkt herumgreifenden Spitzen sehr einer Pieris-Schuppe 
ähnelt. 

b) Ohne Androconien: ‚„darwinti‘, inca. 

Ein ganz eigenartiges Merkmal, das diese Gattung allein be- 
sitzt (nur Rathora latonia, bei der sich neben aller anderen Armie- 
rung auch noch ein schon erwähnter rudimentärer apicaler 
. Valvendoppelhaken findet, hat manchmal eine ganz geringe An- 
deutung davon), ist der bei allen nichtverkümmerten Exemplaren 
stark geschweifte Vorderrand der Hiflgl., den Elwes, 1889, 1. c., 
zus Unterscheidung von cytheris — die das Merkmal am stärksten 
besitzt — und ‚‚modesta‘‘ benutzte. Welche Form Elwes unter 
„modesta‘‘ vor sich hatte, konnte ich noch nicht feststellen — seine 
Angaben passen noch auf die beiden schon erwähnten ‚‚dioides‘“ 
des Bln. Museums, zu denen mir das & fehlt, und auch auf blasse 
männliche Formen von inca. Die größeren 29 von inca mit gelber, 
rotgebänderter Htflgl.-U. zeigen aber wieder die Schweifung, 
so daß deren Fehlen bei den kleinen $ der Hochgebirgsform mit 
stark abgerundetem Flügelschnitt eben nur eine relative Ver- 
kümmerungserscheinung sein kann. Außer von Elwes scheint die 


11. Heft 


E00 Th. Reuss: 


Eigenheit noch keine Beachtung gefunden zu haben und kommt 
auch in den vorhandenen Abbildungen nicht zum Ausdruck. 


Der sonstige Flügelschnitt bei cytheris ist schon oft mit lathonia 
(2 lathonioides!) verglichen worden, und ‚darwini‘, $, ist ganz 
ähnlich, während bei inca und ‚‚dioides‘‘ 2 die Flügel mehr ge- 
rundet sind — eine offenbare Verkümmerungserscheinung bei den 
in 4000 m Höhe vorkommenden Faltern. 


Die von nordischen Arten sehr verschiedene Faeies — eine 
Silberfleckung kommt gar nicht mehr vor — hat schon zu Ver- 
wechslungen mit Euptoita-Arten geführt — bezw. sind, wie er- 


wähnt wurde, Euptoieta-Arten als ‚„Argynnis“-Arten aus Süd- 
amerika beschrieben worden. 

Die Costaläderung ist offenbar konstant: 10 aus 7 nahe 
der Zelle. 

Aus Raupen sind die Falter noch nicht gezogen worden, die 
Entwicklungsstände sind also so gut wie unbekannt, wenn auch 
schon einmal eine Raupe gefunden wurde, die hierher gehören 
könnte. 

Wie zu ersehen war, haben sich gut unterschiedene Gattungen 
ergeben, welche die historischen Namen und Typen bewahren. 
Wer alle unter einem einzigen Namen vereinigen wollte, müßte 
Dryas wählen und wäre gezwungen, die hier definierten Gattungen 
unverändert als „Gruppen“ beizubehalten — ein Verfahren, das 
die Ausdrucksweise nicht verbessern würde. Die sehr zahlreichen 
Arten lassen sich eher unter Namen als unter Gruppenzeichen 
merken — eine Tatsache, die in den letzten Jahren immer wieder 
im „Entom. Record‘ und ‚Entom. News‘ — zum Beispiel nur — 
ausgiebige Würdigung fand. Zwei neue Teilungen mußten hier 
stattfinden und ist es möglich, daß bei steigender Erkenntnis 
wenigstens die Gattung Rathora noch einmal wird geteilt werden 
müssen, sobald die Afrikaner und Asiaten (die ich dort mit latonia 
vereinigte, weil sie nirgends anders möglich waren), besser erforscht 
sind.1®) Es ist von besonderem Interesse zu sehen, wie gutHübner 
von der Unterseitenfacies allein bei seinen Teilungen ge- 
leitet wurde. Zwar war seine Wahl der Type = Leitart für Drenthis 
per Zufall nicht glücklich — er traf gerade eine Übergangsform 
bezüglich der Androconienbildung und hätte ino wählen sollen 
(— etwas Ähnliches passierte Moore, 1899, mit pales für Boloria — 
selene wäre richtig gewesen), aber deswegen eine neue Gattung 
einzusetzen, ist nicht möglich. Die Fassung der Art. 21 und 25 
der Internationalen Nomenklaturgesetze, welche die Priorität 
eines Namens vonder Publikation in Begleitung einer „Indikation, 
Definition oder Deskription‘‘ abhängig macht (sehr irreführend 
war die Zusammenfassung dieser drei Worte in der deutschen 
Ausgabe allein unter „Kennzeichnung“, da hier der individuellen 


1) Vgl. Nachtrag, in welchem — wie schon vorgemerkt — Ratihora 
und Boloria geteilt werden. 


Eine Androconialform 201 


Auslegung Spielraum gelassen wird) macht die Gültigsprechung 
der Gattung Dryas in Hübners ‚Tentamen‘“ als Leitgattung an 
Stelle von ‚„Argynnis“ zur Notwendigkeit — es ist die Aner- 
kennung von Dryas überhaupt schon in einem Teil der führenden 
Literatur längst geschehen und gerade auch in England, trotz des 
Sonderbeschlusses der British Association, welche „Definition“ 
und Fublikation verlangte! Es ist überhaupt nicht recht erklärlich, 
warum das Tentamen, dessen Typen sich wohl auch auf damals 
schon publizierte Abbildungen beziehen, in den Ruf kam,tatsächlich 
ungültig zu sein. Ebensogut könnten die Felder’schen Heterocera 
verworfen werden. Eigenartig gestaltet sich das Schicksal der 
populärsten Namen Argynnis und Brenthis im Lichte der Tatsache, 
daß ersterer als cotypisch mit Dryas überhaupt unhaltbar 
wird (diese Konsequenz ist noch nirgends gezogen wor- 
den), während letzterer nur in falscher Anwendung populär 
wurde als ‚„Drenthis‘‘ Felder. Nach der vorliegenden Untersuchung 
gibt das Tegumen neben der biotechnischen Eigenart der Valven 
in Beziehung zu diesen und zu den Androconien sichere Bestim- 
mungsmerkmale für die palaearktischen Gattungen ab. 


Ein Überblick nur nach Tegumen und Androconien ergibt für 
die nordischen Dryadinae: 

Dryas Hbn. = verziertes Tegumen mit angesetzter Krallenspitze. 
Zweierlei Androconien, A und B.* Ausnahme: unverziertes 
Tegumen (einfacher Haken!) mit B-Androconien = kamala 
(die Zusammenstellung kommt nirgends wieder vor). 

Brenthis Hbn. = tiefgespaltenes Tegumen; primitive A-Andro- 
conien (variable Costaläderung!) 

Boloria Moore = gespaltenes Tegumen, beide Hälften manchmal be- 
weglich, ohnedaß die Spaltung außer an der Spitzeinder Ruhe- 
stellung sichtbar wird; keine Androconien. 

Rathora Moore = einfachen gekrümmten Haken als Tegumen, in 
einem Falle stumpfe breite Spitze (smaragdifera, Africa); 
keine Androconien. 

Acidalia Hbn. = a) Nearkten. Gerades oder gebogenes, unverzier- 
tes Tegumen mit Krallenspitze; A-Androconien. 

b) Palaeaäarkten. Gekrümmter Haken mit Kammansatz 
und Krallenspitze. A-Androconien 

Fabricana T. R. = Europa. a) B-Androconien. Gekrümmtes Te- 

gumen mit Kamm, der vorn et- 
was gezackt ist oder (selten) 
spitz vorspringt, Krallenspitze 
vorhanden. 


%) Wie ich bekannt gab, gibt es Dryas-Arten und Nebenformen mit 
nur entweder A- oder B-Androconien. In diesem Falle darf die fehlende 
Androconien-Art als latent angesehen werden. Den Beweis für die Latenz 
von B-Androconien erbringen die Formenpaare rudra (A) — laodice (AB), 
Bernie (A) — castetsi (AB) — denn die Sexualarmaturen sind dabei die 
gleichen. 


11. Heft 


902 Th. Reuss: 


b) B,-Androconien. Tegumen wie 
‚bei a. 

Asien. a,) B-Androconien. 1. Tegumen wie 
bei a. 2. Die östlichste Art 
nerippe coreana Btl. hat stets 
einen hornartigen Vorsprung. 

b,) B,-Androconien. Tegumen stets 
mit einem manchmal recht lan- 
gen Hornansatz. 

Japan. a,) B-Androconien (besonderer Art), 
Tegumen mit Horn. Das Horn 
und die Tegumenspitze (letztere 
relativ zu anderen Arten sehr 
verkürzt) sind parallel gerichtet 
und etwa gleichlang: nerippe Fel- 
der. Die Androconienverteilung 
ist sehr variabel. 

b,) B- und B,-Androconien, Tegu- 
men mit oder ohne Vorsprung: 
pallescens Btlr. Bei dieser einen 
Art mit variablen sekundären 
Sexualcharakteren sind Farbe 
und Zeichnung der Unterseite 
bei SS und ??fast gleich und auch 
sonst konstant im Charakter. 
Art und Verteilung der Andro- 
conien sehr variabel gleichzeitig. 

Nachtrag. Seit Übergabe des Manuskriptes dieser Arbeit an 
die Redaktion erschien im ‚„Entomologists Record and Journal 
of Variation‘, vol. XXXIII, No. 5—8 (Mai—August 1921), ‚An 
Essay on the systematic Study of Variation in the races of Zygaena 
fılipendulae‘‘ von Roger Verity. Die Ziele Veritys — in der Haupt- 
sache handelt es sich darum, die richtige Wertung von Formen zu 
ermöglichen, die bei äußerer Ähnlichkeit verschieden- und bei’ 
äußerer Verschiedenheit gleichwertig sein können — sind den 
meinen auf dem Gebiete der Dryadinae-Arten teilweise ähnlich 
genug, um eine Vergleichung der Ergebnisse für die Artbildung 
sowie der Wege, auf welchen sie erlangt wurden, notwendig zu 
machen, besonders da meine Untersuchungen mit Beobachtungen - 
in der Natur (des Freilebens der Tiere), Aufzucht der Raupen etc. 
verbunden waren, und sie also die Arbeiten Veritys, der haupt- 
sächlich nur das äußere der Falter verwertet, ergänzen oder kritisch 
beleuchten. Zugleich wird es mir möglich sein, meine morpho- 
logischen Funde zu denen von Herrn Dr. W. Petersen, Reval, 
in Beziehung zu setzen (cf. „Die Morphologie der Generations- 
organe der Schmetterlinge und ihre Bedeutung für die Artbildung‘, 
Memoires de 1’ Acad. des Sc.deSt. Petersburg, T. XIII, 8, 1904), 
wobei die Variabilität der Generationsorgane, die weit höher ist, 


Eine Androconialform 203 


als Petersen auf Grund des ihm vorliegenden Materials annehmen 
konnte, in ein neues Licht gerät. 

Was nun zunächst Veritys praktisch verwerteten Ergebnisse 
betreffs der Unterscheidbarkeit von ‚Zygaena‘‘ 2!)-Arten betrifft, 
so basiert dieser Autor außer auf eigener Erfahrung ‚,in the field‘ 
auch auf die ca. 40 jährige Erfahrung von O. Ouerci ‚im Felde“ 
(also an freilebenden Tieren) und besonders auf die Studien 
C. Oberthürs (welcher ca. 18000 Falter der schwierigen Gruppe 
sammelte und zur vorhandenen Literatur in Beziehung brachte), 
und er zeigt, daß eine wirkliche, gründliche Kenntnis schon der 
Abänderungsweise und des Abänderungsgrades äusserer Merkmale 
die Zahl der einzelnen nicht ohne weiteres bestimmbaren Tiere 
sehr beschränkt — und das will viel heißen, denn selbst Oberthür 
und der so gründliche Tutt bekannten sich ganzen Rassen gegen- 
über als hilflos (Heft 5, S. 84). 

Rasse anceps Obth. scheint ein Gemisch von 3 Arten zu sein, 
lonicerae, trifolii, filibendulae — nach Verity und Ouerci ist 
jedoch nur eine Art, filipendulae, beteiligt, welche ungewöhnlich 
zahlreich die Varietäten Zrifoliriformis und loniceraeformis Verity 
bildet. Nach Verity ergeben solche Varietäten bei der Zucht 
filibendulae (S. 87). Wir brauchen also bei anceps nicht mit Ober- 
thür an incipiente Arten zu denken, sondern stehen nach Verity 
vor der Tatsache: ‚‚different species can produce individuals to 
all external appearance exactly similar to each other!‘ Alles dies 
ist noch nicht durch tatsächlich ausgeführte Zuchten belegt, 
ich kann aber jetzt als indirekten Beweis die Verhältnisse bei den 
Dryadinae anführen, welche nach meinen Erfahrungenähnlich liegen. 

„AÄhnlich‘‘ — sage ich — denn die Dryadinae bieten eine größere 
Zahl variabler Merkmale, die zu Kontrollmerkmalen werden, 
indem eine Verschiebung aller solcher Komponenten in gleicher 
Richtung und gleichzeitig bei ein und demselben Tiere immer un- 
wahrscheinlicher wird. je mehr ihre Zahl wächst. Ein & von Fabr. 
niobe z. B. mag einem Sammler noch so cydippe-ähnlich aussehen, 
er wird das frisch gefangene Tier an seinen rein schieferblauen 
Augen?®) leicht als ‚‚nzobe‘‘ erkennen — und sollte wirklich einmal — 
wie ich es bisher nur bei den weniger fortschrittlichen niobe PR 
sah — doch das niobe-Blau in Grau abändern, so würden die 
Augen durch ihre Einfarbigkeit und relative Kleinheit sich als 
niobe-Augen ausweisen. Cydippe hat nämlich lebend (oder noch 
ein paar Stunden nach der Tötung) erstens relativ größere, zweitens 
abgetönte, zweifarbige Augen, die von obenher (in Anpassung an 


21) Der Gebrauch des Namens ‚„Zygaena“, der für eine Gattung der 
Hammerhaie preokkupiert ist, fällt in dieser sonst allgemein kritischen 
Arbeit auf —; auch macht Verity bei Erwähnung der „genitalia‘“ offenbar 
keinen schärferen Unterschied zwischen wirklichen Genitalien und Ar- 
maturen. 

22) Vgl. meine Mitteilung in der Int. Ent. Zeitschrift Guben, 1919, 
Nr. 10. Damals warich bei Entdeckung des Merkmals ohne Erfahrung über 
dessen mögliche Variabilität. 


11. Heft 


204 Th. Reuss: 


die goldbraune Behaarung des Leibes) goldbraun, von unten her 
(in Anpassung wieder an die helle Beschuppung der unterseitigen 
Körperteile) lichtgrau erscheinen! Bei diesem seit schon 170 
Jahren etwa umzweifelten und umkämpften Artenpaare bieten 
also allein die Augen drei verschiedene Merkmale, Farbe, Rein- 
farbigkeit und relative Größe, davon jedes einzeln genommen nur 
selten (beim $ am seltensten) variiert, so daß ein Abändern aller 
drei Komponenten im gleichen Sinne beim gleichen Tiere zu den 
unwahrscheinlichsten und bedeutsamsten Ereignissen gerechnet 
werden könnte. Leider sah ich die asiatischen und amerikanischen 
Arten nicht in lebendem Zustande, so daß ich niciıt weiß, ob sich 
dort ähnliche Unterschiede der Augenfarbe finden. Nur das Merk- 
mal der relativen Größe bleibt bei getrockneten Tieren erhalten, 
ist aber am besten bei ungespannten Vergleichstieren kon- 
trollierbar, da es sich um ‚‚Habitus‘“ handelt, während sonst erst 
zahlreiche, umständliche vergleichende Messungen ein Resultat 
vermitteln, das unter geigneten Umständen auf den ersten Blick 
zu gewinnen wäre. Acidalia aglaia hat die relativ kleineren Augen- 
maße der F. niobe, aber in der Farbe gleichen dieselben entweder 
sehr der F. cydippe oder sie sind — nur bei den d$ — so grün fast 
wie bei D. paphia. Dunkel violettgrau (Clossiana- Arten, s. unten) 
und bräunlich (Boloria, Rathora) scheinen ursprüngliche Augen- 
farben zu sein — eine Spezialentwicklung wie das schöne Schiefer- 
blau bei niobe SS sah ich bei europäischen Arten nicht wieder. 

Über die Verhältnisse bei asiatischen und amerikanischen 
(Acıdalia) Arten wären ergänzende Mitteilungen sehr erwünscht — 
wie auch von süd- und nordeuropäischen Formen. Wie wertvoll 
die Feststellung von unbekannten Spezialmerkmalen irgend welcher 
Art wäre, erhellt schon daraus, daß die nearktischen Acidalia- 
Arten als tote Sammlungstiere sicher so schwer zu werten sind 
als Veritys europäische ‚‚Zygaenen‘, selbst wenn man die sekun- 
dären Sexualcharaktere zu Hilfe nimmt. „Letztere schützen nur 
endgültig vor einer Verwechslung mit palaearktischen 
Gattungsvertretern, mit welchen die Nearkten tatsächlich sonst 
durch ihre Facies, Verteilung der Silberflecke (der Vdflgl. besonders, 


s. oben) etc. ganz eng verbunden sind. Man könnte meinen, die 


sekundären Sexualcharaktere müßten unter allen Umständen die 
Klärung auch innerhalb der Nearktengruppe ermöglichen, aber 
meine Untersuchungsresultate fordern mich geradezu auf, er- 
gänzende Studien an Ort und Stelle in Amerika zu machen, statt 
mich hier mit dem Gefundenen ‚zufrieden‘ zu geben! Wer je 
amerikanische Perlmutterfalter ordnete, wird in der großen, 


unterseits schön spangrünen edwardsi aufatmend eine leicht be- 


stimmbare Form gesehen haben, wenn er aber, wie ich, die schmalen, 
spezialisierten Flagellen einer ‚‚edwardsi‘“ aus Montana an deren 
Valven fand (s. oben), so dürfte seine Zuversicht über den günstigen 


Stand der Erkenntnis ins Wasser fallen! Nur Beobachtung in 


der Heimat der Falter in Verbindung mit Zucht- und Kreuzungs- 


Dans 


Eine Androconialform 205 


resultaten werden endgültig entscheiden — sehr wahrscheinlich 
dahin, daß viele Falter einer direkten Wertung stets entzogen 
bleiben, und nur auf solchem Umwege der Zucht in ihrem Wesen 
erkennbar werden. Ist einmal die besondere Aufmerksamkeit auf 
ein Tier gelenkt, so werden wohl meist auch äußere Kennzeichen 
für dasselbe aufgefunden werden, aber vielfach könnten diese 
in Lebensgewohnheiten bestehen, die am trockenen Sammlungs- 
tier extra vermerkt sein müßten — gehört ja sogar die eben be- 
sprochene Augenfarbe zu den vergänglichen Merkmalen! Aber 
während Ornithologen längst auf Augenfarben achten und diese 
auf den Vogelbälgen notiert vorzufinden gewohnt sind, haben erst 
sehr wenige Entomologen Augenfarben ernstlich berücksichtigt. 
Nirgends findet man Etiketten an Faltern mit dem Vermerk der 
Augenfarbe, um hierdurch einer etwaigen Variabilität der Farbe auf 
die Spur zu kommen. 

Daß Zucht- und Kreuzungsresultate als letzte ‚Prüfsteine“ 
für die physiologische Einheit selbst einer äußerlich gut sich 
abhebenden Art (z. B. A. edwardsi) in allen Lokalitäten 
ihres Verbreitungsgebietes (vgl. A. edwardsi im allgemeinen 
mit „edwardsi‘‘ gerade aus Montana, die sich durch ihre Armaturen 
als divergent ausweist) oft unentbehrlich sein werden, zeigen die 
Verhältnisse bei dem Spinner Lymantria dispar L., wie sie Herr 
Prof. Dr. R. Goldschmidt durch Paarung von Tieren aus der 
Mark bei Berlin mit solchen aus einer östlichen Gegend (beiSchneide- 
mühl) aufdeckte,-Die dispar aus diesen verschiedenen Gegenden 
sind äußerlich”zunächst nicht unterscheidbar, sie ergeben aber 
nach Paarung unter den Nachkommen viele Zwitter — und zwar 
in ganz ähnlicher Weise wie solche bei Paarungen von L. dispar 
v. jabonica Motsch. (aus Yokohama) mit europäischen dispar zu 
Tage treten. Die v. japonica ist bekanntlich besonders durch die 
Färbung der Raupe äußerlich von dispar gut unterschieden, ihre 
physiologische Entfremdung dürfte aber nach den Versuchen 
Goldschmidts mit deutschen dispar wenig größer sein alszwischen 
dispar von Berlin und ‚‚dispar‘‘ aus den östlicheren Gegenden 
Deutschlands, welche dem russisch-asiatischen Landrumpf ganz 
nahe liegen. Die Erklärung für diese Erscheinung gerade bei 
dispar liegt vielleicht in der relativen West-Ostlage der Lokali- 
täten, denen das Material Goldschmidts entstammte. Wir 
dürfen in dispar gewiß eine asiatische Art sehen und die Orte 
Schneidemühl — Berlin bezeichnen sozusagen Etappen auf einer 
Migrationsstraße. Nimmt man eine Weltkarte zur Hand, 
so wird ersichtlich, daß die westeuropäischen Staaten auf Halb- 
inseln des größten nordischen Landmassivs liegen, und daß der 
Halbinselcharakter gerade auf einer Linie beginnt, die nicht allzu 
weit östlich von Schneidemühl die Ostseeküste trifft und an dieser 
entlang führt. Die dispar des östlichsten Deutschlands bewahren 
also physiologisch den „asiatischen‘ Charakter, ohne sich 
äußerlich von dispar des Westens zu unterscheiden. 


11. Heft 


206 Th. Reuss: 


Wer mit Simroth und vielen anderen die Migrations- 
richtung umkehren wollte, würde doch an dem Vorgebrachten 
insofern nichts ändern als das Erklärungsprinzip das gleiche 
bliebe — auch würde die ostdeutsche dispar gerade dann wieder 
die phylogenetisch ältere Form sein! In Wahrheit dürften 
die Migrationsrichtungen im Laufe der Zeiten mehrmals ge- 
wechselt haben. Die Gegenden des Rheintales (dieses liegt im 
Verlaufe des Simrothschen Schwingungskreises, auf dem heute 
die fortschrittlichsten Formen leben) und Mittelasiens (heute das 
Land der ‚‚missing links‘, der Bindeglieder zwischen sonst weit 
geschiedenen Gruppen von Lebewesen) rivalisieren in ihrer Be- 
deutung für die Auffindung der Urwohnsitze der jeweilig inter- 
essierenden Arten. Vielleicht verhilft hier der Vergleich mit den 
Wanderungen der arischen Menschenrassen zu einer Vorstellung 
der Lösung: Die Arier seien tatsächlich asiatischen Ursprungs. 
Auf zwei Hauptwegen drangen sie in Europa ein — erstens von 
Sibirien durch das heutige Rußland nach der Ostseeküste und 
um deren Nordecke herum nach der skandinavischen Halbinsel. 
Das waren die späteren Germanen — wenigstens warendiese ‚mit 
dabei‘. Und lange, sehr lange haben sie dort oben gehaust, sonst 
würde der bekannte -germanische Sagenkreis nicht so oft auf ein 
offenbar hochnordisches Klima mit etwa neun Monate langem 
Winter anspielen. Als eine zweite Migrationsperiode über diese 
Völker kam, waren sie sicher von ihren Ahnen aus der ersten Periode 
bereits sehr verschieden, d. h. sie waren ‚in Europa‘ inzwischen 
„Europäer“ geworden. Als solche zogen sie südwärts und trafen 
auf halbem Wege — im heutigen Deutschland — mit den nord- 
wärts sich ausbreitenden Völkern der anderen Hauptmigrations- 
straße zusammen. Diese zweite Straße führte aus Asien an das 
Mittelmeer. Ringsum an dessen Küsten kamen die Völker zu 
den verschiedensten Zeiten nach- und nebeneinander zur Ansied- 
lung und wurden in Afrikaner oder in Europäer — sagen wir in 
Mittelmeervölker umgewandelt. Die meisten von ihnen sammelten 
gewaltige Kräfte des Körpers und des Geistes und warfen bald 
neue Migrationswellen nach allen Richtungen. Kühnen See- 
fahrern schien die Sonne den ganzen Tag von Norden her statt wie 
in Europa von Süden — sie fuhren also schon auf Meeren der 
südlichen Halbkugel. Bei hoher Vergeistigung verwandelte sich 
die Migration, die Massenwanderung, in Forschungs- und Er- 
oberungszüge. Es wurden ‚Kolonien‘ gegründet, diein Beziehung 
zum Mutterstaate blieben. So konnte es geschehen, daß gleich- 
zeitig mit dem noch wilden, urtümlichen Vordringen der blonden, 
blauäugigen Riesen aus dem Norden sich die Heere des erfolg- 
reichsten aller Mittelmeervölker gerade in Deutschland (Mittel- 
europa!) befanden. Arktisch-europäische Urkultur und ‚‚klassische‘“ 
Mittelmeerkultur durchfluteten und überfluteten einander — 
das beiderseitige Asiatentum war vergessen — die Resultate sind 
aus der Geschichte bekannt. Neue echte oder halbechte Migrations- 


Eine Androconialform 207 


wellen aus Asien konnten bis nach Spanien (von Afrika her), 
bis auf die ‚„catalaunischen Felder‘ (direkt von Asien kommend) 
und zuletzt im Mittelalter bis nach Österreich (vom südlichen Asien, 
Kleinasien, her — mit Stauungspause im alten Griechenland) 
vordringen — aber alle wurden abgeschlagen, und heute noch 
„ochsen‘‘ blonde Germanen das „römische Recht‘ in richtiger 
Wahrung des ursprünglichen, gegenseitigen Verhältnisses beider 
Völker beim ersten großen Zusammenprall um die Zeit ungefähr 


von Christi Geburt — gerade also als wieder unweit der blauen 
Wasser des warmen ‚‚Meeres der Mitte‘‘ der Keim einer neuen — 
diesmal geistigen — Migrationswelle heranwuchs. Längst ist 


jetzt auch diese letztere ‚‚asiatische‘‘ Welleüber uns hinweggegangen 
— sie hat unser Leben genässt und doch nicht genäßt, denn wir 
sind noch immer selbst nicht genesen, obgleich wir uns zuweilen 
einbilden, ‚‚das Heil‘ empfangen und sogar weitergegeben zu 
haben! 


Die Ereignisse der letzten 100 Jahre brachten die erfolgreiche 
Umflutung des Erdballs seitens des insularen, angelsächsischen 
Germanenstammes Asien wird von Süden her besiedelt —; 
eine Zeit der Explosion gestauter slavisch-germanisch-romanischer 
Massenkräfte in Europa liegt gerade hinter uns. Der Festlands- 
. germane, der südlich über die Länder am Euphrat und Tigris 
und nördlich über das Gebiet der Ostsee (— also auf beiden 
uralten Zugstraßen —) nach Asien zurückfluten ‚‚wollte‘“ und diese 
\ege verschlossen fand, richtet den Blick auf die mittlere Bahn, 
auf welcher vorzudringen er bereits einen Gelegenheitsanfang 
gemacht hatte, als der westwärts drängende Ansturm der Slaven 
scheiterte und das Russenreich in Trümmer ging —. 


Die vergleichende Skizze des Hin- und Herflutens von in 
steter Wandlung begriffenen Organismen — hier Menschenrassen — 
stimmt in den Grundzügen auch dann mit den Vorgängen überein, 
wenn wir Schmetterlinge an Stelle von Menschen setzen. Für die 
sogenannten „sibirischen Arten‘ unserer Fauna finden wir die- 
selben Zugstraßen (G. Warnecke, Hofmann) und wir können 
verstehen, wie Europa — die kleine asiatische Halbinsel — für 
sie zum sekundären Entwicklungsherd wurde (für einige Arten mehr 
als für andere — physiologisch ganz wie beim Menschen), von dem 
aus sie nach längerer oder kürzerer Pause zum Teil weiterwandern, 
zum Teil aber auch zurückfluten in die primäre Heimat). 


23) Sehr lehrreich sind die Schicksale von Chrysophanus rutilus dispar 
im englischen Inselreich — einer tertiären Heimat für rutilus. Das Tier 
stirbt dort aus — wird ausgerottet — man glaubt an den Untergang von 
‚dispar. Aber nur eine Besiedlungswelle von rutilus ging verloren, denn 
künstlich eingeführte rutilus verwandelten sich schon nach wenigen Jahren in 
„dispar‘‘, kenntlich an der Größe und an der blauen Unterseite der Hinter- 
flügel. Ginge die Chronik über Ausrottung und Wiedereinführung ver- 
loren, so könnte eine spätere Generation glauben, dieselben dispar zu sehen, 
die vom 19. Jahrhundert her in den Sammlungen stecken. 


11. Heft 


208 Th. Reuss: 


In diesem Zusammenhange gelangen wir zur Erkenntnis 
einer Pendulation — nicht mehr notwendigerweise der Pole wie 
Sıimroth — sondern der Wanderungsrichtungen zwischen pri- 
mären, sekundären usw. Entwieklungsherden.?*) Der Schwingungs- 
kreis Simroths, der durch das Rheintal geht, markiert den 
durchschnittlichen Pendelausschlag nach Westen hin. Alles, 
was die Pendulationstheorie der Pole an bestechenden Beweisen 
für das Vorkommen fortschrittlicher Formen aufdem Schwingungs- 
kreis vorbringt, ist zugleich gültig für die mittlere Ausschlags- 
grenze des Migrationspendels im sekundären Schöpfungsherd. 
Die Pendulation der Pole könnte ruhig nebenher noch extra statt- 
gefunden haben — nötig ist sie nieht zur Erklärung der Erschei- 
nungen — hierzu genügt die relative Lage und Gliederung der 
Länderteile. Die Wanderungen, die ebensogut einen unauffällig- 
allmählichen, wie auch einen inundationsartigen Verlauf nehmen 
können, vollziehen sich gut beobachtbar unausgesetzt vor unseren 
Augen, ohne daß besondere klimatische Schwankungen und andere 
auffällige äußere Anlässe nötig wären. 

Mir selbst war es noch nicht möglich, durch Paarung von 
äußerlich ‚‚artgleichen‘ Tagfaltern aus verschiedenen Gegenden 
deren Zusammengehörigkeit zu prüfen, dagegen gelang mir auf 
anderem Wege der Nachweis, daß Vanessa io L. bereits in der Neu- 
mark physiologisch verschieden sei von V. io westlicher Provenienz 
(vgl. ‚Über Naturformen der Dauerkälteform V. io ab. fischeri 
Stdfss. in der Neumark und im außereuropäischen Osten“, Int. 
Ent. Ztschrft, Guben, 1918, p. 44). Die Tiere fielen mir äußerlich 
schon durch ihre in den Jugendstadien gestreiften Raupen auf, 
und eine Massenzucht in normaler und in erhöhter Temperatur 
lieferte einen großen Prozentsatz von Faltern, welche der ab. 
fischeri Stdfss. nahe kamen, trotzdem die mehrwöchige Exposition 
auf Eis fortfiel. Diese Naturform ist die blaugefleckte f. mesordes 
m.2®) (vgl. „Entomologist’s Record and Journal of Variation‘, 
1911, No. 1: „Experiments an V. io“), die im Osten zur Subspecies 
wird, und schon in der Neumark physiologisch derart prevaliert, 
daß sie bei Aufzucht in hohen Temperaturen nur zu einem ge- 
ringen Prozentsatz das Äußere der westlichen, kontinentalen 
Formen annimmt (= f. teloides m.). In Nordpersien ist, wie mir 
Herr B. von Bodemeyer mitteilte, die gestreifte (atavistische) 
„10“-Raupe die Regel, und gehen die Falter mit ihrer orangegelben 


“) Nordamerika ist anthropologi;ch das glänzendste Beispiel eires 
tertiären Entwicklungsherdes für Europäer. 

») Als Falter ist das Tier auch in England die Regel — aberdie Raupe 
ist dort nicht gestreift in ihren ersten Stadien und bei Aufzucht in hoher 
Temperatur kommt die blavgebänderte Festlandsform des Westens aus- 
schließlich zam Vorschein. Ausnahmen sind selten — meine oben zitierte 
Arbeit im „Ent. Record“ bringt eine solche unter Zucht IV. Die sehr zahl- 
reich geschlüpften Falter hatten alle neben der Blaufleckung eine nach 
Orange hin aufgehellte Grundfarbe = mesoides-clara m. 1911; vgl. oben 
f. „persiae‘* Kleinschmidt, 1918. 


Eine Androconialform 909 


Oberseite und aufgehellten Unterseite noch über den fischeri- 
Habitus hinaus (dies kam —nur auf andere Weise — auch unter 
den Neumärker Faltern vor, indem die Blaufleckung sich bei 
einzelnen Tieren sogar auf den Hinterflügeln nach dem Anal- 
winkel hin vervollständigte). Nach Gräser in Romanoff ‚„Mem. 
Lepidopt.‘‘ fliegt :0 mit atavistischer orangegelber Grundfarbe in 
Östsibirien neben der Normalform (= mesoides-sibirica m, f.n., 
während OÖ. Kleinschmidt die nordpersischen Tiere nur nach 
der hellen Grundfarbe Persicae taufte, wcbei die helle Unter- 
seite und die Blaufleckung, von deren Vorhandensein ich mich 
überzeugen konnte, unerwähnt blieben = V. io mesoides Persicae). 
Ein anderer bekannter Falter, P. rapae L. gibt ein ähnliches Bei- 
spiel, indem P. A. Buxton im ‚Entom. Record, etc.‘ 1921, H. 2, 
„Butterflies of Gilan, N. W. Persia‘‘, mitteilt, daß er dort bei 
Enzeli die sonst nur aus China und Japan (welch letzteres Land 
im Osten annähernd die Rolle spielt, die im Westen der Rheintal- 
linie zukommt) bekannte rapae crucivora Btlr. fing (— die Tiere 
wurden von Dr. F. A. Dixey in Cambridge verglichen und ge- 
prüft). Buxton berichtet, er habe die Falter nicht vor dem 6. Juni 
erbeutet (sie flogen bis 30. Juni), und zwar liebten sie die Wälder 
mehr als die Gärten. Hiernach unterscheidet sich cerucivora schon 
durch ihr spätes Schlüpfen und durch ihre Vorliebe für Wälder 
von der westlichen rapae?®). Buxton fing P. brassicae L. bei 
Resht schon im Februar, bei Enzeli im Mai — er fing absichtlich 
jeden Weißling, den er sah, weil die Tiere nicht häufig, ja geradezu 
selten waren. Er glaubt daher nicht, daß ihm eine Frühjahrs- 
generation von rapae crucivora entgangen sein könnte. 


Wo liegt nun — nach diesen Erfahrungen Buxtons — die Ge- 
bietsgrenze für rapae und rapae crucivora? Der vorläufige „Sprung 
unserer Erkenntnis‘ von China bis Nordpersien ist gewiß nicht klein. 

Für Dyras paphia gibt Fruhstorfer an, daß sie schon in 
Ostpreußen asiatischen Charakter annähme — und dieses Urteil 
nach rein äußeren Merkmalen will jetzt in obigem Zusammenhang 
als recht wichtiges Ergänzungsmoment erscheinen — besonders 
da das reichlichere Auftreten der ‚„urtümlichen grünen‘ valesina- 
Form des paphia 2 im Osten ein weiteres Kriterium bietet. 

Vielleicht bringt uns jetzt diese — nach Tutt — urtümliche 
”valesina“ durch ihre Färbung (diese soll das urtümliche Merkmal 
an ihr sein) und ihre Übergänge zu den gelben, andromorphen $? 
(das Vorkommen solcher Übergänge wird zuweilen geleugnet) 
einen Schritt weiter in der näheren Kenntnis der Dryadinae. 


2) Bekanntlich hat sich rapae seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts 
in Nordamerika eing>bürgert, droht öiter zur Landplege zu werden und die 
einheimischen Weißlingsarten zu verdrängen. Gerade wie der Europäer, 
der len „Kulturfalter“ einschleppte, findet rapae in Amerika ein tertiäres 
Entwicklungsgebiet! Man vergleiche auch die Arctiide Rhyparia purpurata 
uralensis Spul. und Rhyp. purpurata marchica Closs von Berlin mit der 
gewöhnlichen Form dieser Art. 

Archiv ng rien 14 11. Heft 


210 Th. Reuss: 

Ich habe mich, seitdem ich auf "valesina‘‘ aufmerksam wurde, 
davon überzeugen können, daß unter diesem Namen eine ganze 
Reihe von Färbungsvarianten zusammengeworfen werden, die 
natürlich phylogenetisch nicht gleichwertig sein können. So ganz 
einfach ‚‚urtümlich‘ war "valesina‘“ denn doch nicht. Die Färbungs- 
varianten sind folgende für die sogenannte ‚Grundfarbe‘ aller 99: 
Weißlichgrau—weißlichgelb = valesina-alba m.?”) ; grau — valesina- 
griseam.; bräunlich = valesina-brunnea m.; grünlichockerfarbig — 
valesina (atroviridis)-virıdiochrea m.; leuchtend ockerfarbig, grün- 
lich längs der Äderung = viridescens m. (fällt also nicht mehr unter 
den Sammelbegriff ‚valesina‘‘) ; ockergelb — lutea m., orangebraun 
— rutila m. (das ‚normale‘ Saphia 2 steht zwischen lutea und 
rutila ähnlich wie valesina zwischen brunea und grisea, und hat auch 
etwas grünliche Beimischung). Auf rutıla 2 folgt das normale 3 
in zwei Formen, einer bis in den Vorderflügelapex hinein durch- 
gezeichneten Form Perfecta m., und einer nicht durchgezeichneten, 
ımperfecta m., bei welcher die schwarze Fleckung in verschiedenen 
Graden, aber immer zuerst am Vorderflügelapex schwindet und 
die leuchtende, rotgelbe Ultimagrundfarbe zur vollen Geltung 
kommen läßt. Ich habe die Tiere nach der Farbe (die 35 nach der 
Zeichnung) gleichzeitig in die richtige genetische Reihenfolge ge- 
bracht, so also daß valesina-alba 2 die urtümlichste (weibliche) 
und faphia imperfecta die fortschrittlichste (männliche) Form 
darstellen. Es gibt nun noch eine sehr schöne nach blau-schwarz 
hinzielende valesina-nigra m. (Type und Cotype aus Coll. m., 
gefangen bei Spandau am 15. und 20. Juli 1921), welche eine Spezial- 
entwicklung außerhalb der genetischen Reihe darstellt. Der 
Cotype fehlt sogar im Apex der Vorderflügel die helle primäre 
Färbung fast ganz. Unterseits sind die Vorderflügel von der Basis 
bis über die Flügelmitte braun angeflogen; die Hinterflügel zeigen 
eine glänzend violette statt weißsilberne Streifung. 


Abgesehen von dieser Spezialform hat also valesina vier, 
(primär-weiße, primär-graue etc.) Farbenstufen und nach diesen 
folgen, immer in allen Übergängen feststellbar, grünlich-gelbe 


7) Die Typen der ”valesina‘“‘-Formen, welche ich hier aufstelle, befinden 
sich im Berliner Museum, sıe sind sämtlich von mir bei Spandau und bei 
Biesental gefangen mit Ausnahme von viridiochracea von Korsika aus Coll, 
Adler (durch Firma Böttcher). Letzteres Tier erscheint unterseits ohne 
Silberstreifung, wie dies in Korsika meistens der Fall ist. Die Form wri- 
diochracea kommt natürlich nicht nur in Korsika vor, sondern Tutt, der 
nicht gewußt haben kann, daß die bei Esper abgebildete namenstypische 
Foım braun ist, mit grell-weißlichen Vdflgl.-Spitzenflecken, hat seine 
Ansicht über die Farbe von "valesina‘“ sicher nach den ostasiatischen 
Rassen gebildet (vielleicht auch nach englischen "valesina“ ?), die meist 
echte "grüne valesina“ 92 haben = valesinides-viridiochracea (Fruhst.) und 
paphieides-viridiochracea ım., 2 (vgl. Fußnote 28). 

Bei Berlin — und vielleicht überhayst in Mitteleuropa — ist valesina- 
grisea m. die gewöhnliche Form, neben der der Hauptform, von welcher 
valesina-brunnea m. das Extrem (ohne weißen Fleck) darstellt. Für Tutt 
(Ent, Record, ete. 1893) ist das normale 9 „braun“ ! 


Eine Androconialform 211 
bis orangegelbe 9%, also sekundär-grünliche bis sekundär-rotgelbe 
(andromorphe) Formen. Die primär-weißliche Färbung hält 
sich am längsten und zähesten im Vorderflügelapex und an den 
Flügelsäumen (Randmonde!), daher zeigen viele valesina-Formen 
die apicale Hälfte der Vdflgl. noch etwas aufgehellt, auch wenn sie 
nicht zu den primär hellsten, alba und grisea, gehören. Die f. 
valesina-grisea zeichnet sich meist durch starken blaugrünen 
Schiller in den Analteilen der Flügel aus, wo dieser fehlt, liegt ge- 
wöhnlich valesina-brunnea oder valesina-viridiochracea vor, wenn 
der betr. Falter nicht extrem hell (alba) erscheint. Von Nigrismen, 
bei denen das Schwarz der Zeichnung sich ausbreitet, war 
hier nirgends die Rede — auch valesina-nigra ist nicht eine solche 
Form, sondern die Grundfarbe wird dunkler bei ihr. Echte 
valesina-Formen im männlichen Geschlecht scheinen bei Paphra 
äußerst selten zu sein, ich konnte bisher keine zu sehen bekommen. 
Bekanntlich aber zeigen andere verwandte Arten wenigstens die 
primär-grünliche Färbung (also das vierte Stadium) im männlichen 
Geschlecht sogar als Regel, z. B. bei Dryas mara und (schwächer) 
bei kamala, nur fehlt den $$ dann die aufgehellte Vdflgl.-Spitze, 
die sich erst deutlich bei den zugehörigen $2 einstellt.Bei der fern- 
stehenden Yrameaincain den Hochgebirgen Bolivienshat ausnahms- 
weise gerade das $ valesina-Färbung und zwar dritten Grades, 
also brunnea, während das 9 etwa der rutıla-Form von Paphra 
entspricht, also dem '7. Färbungsgrade (dem vorletzten in der 
Reihe — es bleibtnurnoch die fortschrittlichste männliche Färbung). 
Im übrigen dürfte die Urfarbe bei allen Dryadınae wenigstens 
gelegentlich durchbrechen — .am leichtesten vielleicht doch wieder 
bei den 22 — jedenfalls besitzt das Berliner Museum in der Stau- 
dinger Sammlung unter den Asiaten je 1 großes $ von A. aglata 
fortuna und F. fallescens, welche genau der f. valesına-brunnea 
von paphia entsprechen und nicht etwa als sekundär verdunkelte 
Formen andromorpher 92 anzusehen sind. Unter den großen 
nordamerikanischen Acidalia-Arten sind es die 22 von leto und 
nokonis, die besonders deutlich in ihrer gelblich-weißen Grundfarbe 
das alba-Stadium festhalten, und ihre Varietäten coerulescens 
Holland und nigrocoerulea Cockerell schlagen die gleichen speziellen 
Seitenwege der Entwicklung ein, auf denen das $ von dıiana mit 
seiner reichlichen Schwarz- und Blaufärbung längst vorauseilte. 
Das diana 9 als ein Vorbild der Urtümlichkeit hinzustellen (Dixey), 
mußte unter diesen Umständen mißlingen (obgleich die weißliche 
Urfarbe in den Saumflecken erhalten blieb). Noch weniger durfte 
aber das Diana 2 als dem schwarzen, weißgebänderten asiatischen 
sagana 9 nahestehend gesetzt werden. Bei beiden Tieren ist die 
Urfärbung nach Blau und Schwarz hin verschoben (Konvergenz!), 
aber ganz verschieden, hier palaearktisch, dort nearktisch gestaltet 
sich die Zeichnungsverteilung. In letzterem Punkte herrscht 
also im Gegenteil wieder große Divergenz! 

Die hier aufgestellte genetische Farbenfolge an Hand der durch 


14* 11. Heft 


212 Th. Reuss: 


Vergleichung gefundenen valesina-Formen löst auch die Wider- 
sprüche, in welche mich die interessante Form früher brachte, 
als ich ihre Beziehungen zum Albinismus und Melanismus abzu- 
grenzen versuchte (1916 in der I. E. Z., Guben: ‚‚Über Tagfalter- 
melanismus‘, etc.). Als reinblütige valesina-grisea dürfen tat- 
sächlich die albinistisch anmutenden, aber aus ganz anderen Gründen 
hellsten Formen zwischen alba und brunnea angesehen werden 
(„namenstypisch“ sind braune Tiere mit gelbweißem. grellen 
Spitzenfleck, wie der Vergleich mit Espers ‚Typen‘ ergab). Und 
daher haben die weißgrauen Männchen, welche von Nolte in der 
Gubener Entom. Ztschrft., Jahrgang IX, S. 76 beschrieb — die 
ich aber noch nicht sah — gute Aussichten, keine Albinismen 
sondern eben ‚‚valesina-grisea‘‘ $S zu sein — Tiere also, bei denen 
das valesina-Merkmal äußerlich durchdringt! Ein solches $ wurde 
schon bei Esper abgeb’ldet (1877). 


Noch wichtiger als die Ergebnisse für die Farbengenetik 
könnten nun zweitens die durch ‚‚valesina‘“‘ möglichen Einblicke 
in Vererbungsfragen, in die „‚Zuchtwahl‘“ und in den relativen Wert 
von ‚Arten‘ und ‚Formen‘ werden. 


Seitdem erkannt wurde, daß faphia $$ und paphia valesina 
dd gewöhnlich äußerlich ununterscheidbar zu sein scheinen, haben 
wir uns daran gewöhnt, die — natürlich trotzdem verschiedenen — 
Tiere als sexuell etwa gleichwertig anzusehen. Aus Gelegen der 
valesına wurden andromorphe 22 und (— ohne Übergänge —) 
valesına gezogen, dazu normal aussehende $3. Ein Mendeln des 
valesina-Merkmals wurde für so gut wie erwiesen gehalten. Wir geben 
also zu, daß eine unbegrenzte Blutmischung zwischen den beteilig- 
ten Formen stattfindet — der Wahrscheinlichkeit gemäß, da ja 
jede Hemmung zu fehlen scheint. Wie reimt sich hierzu die Tat- 
sache, daß die beiden extremen Q-Formen äußerlich scharf ge- 
schieden nebeneinander bestehen bleiben und die Übergänge 
selten sind, während doch allgemein die Ansicht herrscht, daß, 
wenn verschiedene Arten unbegrenzt mischungsfähig wären, 
sie bald ihre Grenzen auch tatsächlich aufheben würden (vgl. 
Verity, 1. c., angesichts der von ihm selbst zahlreich in der Natur 
beobachteten Paarungen von verschiedenen Arten der „Zygaena“. 
Verity nimmt Unfruchtbarkeit für diese Fälle an — nicht weil 
er dieselbe durch Zucht direkt feststellte, sondern weil er trotz 
der vielen gemischten Paare alljährlich — dennoch verschie- 
dene Arten bestehen bleiben sah!). 


Wer jetzt darauf hinweisen wollte, daß ‚‚valesina‘‘ mendelt und 
sich aus diesem Grunde erhalte, würde damit in solchem Zu- 
sammenhange dem Mendelschen Merkmal eine größere Bestands- 
fähigkeit zusprechen als der aus einer Gesamtheit von Artcharak- 
teren zusammengesetzten Art! Tatsächlich zwingt uns jetzt schon 
die bloße Existenz der valesina unter den bekannt gegebenen Um- 
ständen dazu, zuzugeben, daß diese „Q-Form‘ sich unter Verhält- 


Eine Androconialform 913 


nissen erhält, die für unsere landläufige Vorstellung — eine 
„Art‘‘ vernichten würden! 

Wer dagegen einwerfen würde, daß valesina keine Dauer habe, 
da sie der Vernichtung (Verdrängung oder Überlagerung) durch 
andromorphe $9 entgegengehe, dem könnte geantwortet werden, 
daß, im Hinblick auf die lange Vergangenheit beider Q-Formen, 
dieses Ereignis, wenn es heute einträte, doch viel zu spät käme, 
um als Argument zu dienen in seinem Sinne. Das relative Ver- 
hältnis der andromorphen $2 und der valesina 92 entwickelte sich 
ganz offenbar nach einer ‚eigenen Uhr‘‘ — sonst müßte die an- 
genommene „unbegrenzte“ geschlechtliche Mischung ja längst 
überall eine oder die andere der beiden Formen ausgelöscht — 
oder beide nivelliert haben — sagen wir auf die mittleren Formen). 
valesina-viridiochracea und paphia viridescens 2 (vgl. die Exemplare 
in Coll. Wiskott, Breslauer Museum). Bei der schon zitierten 
Dryas maia (pandora) sehen wir ersteres Farbenstadium bei $ und 
Q fixiert (also — valesina-viridiochracea), während Dryas kamala 
dem virıdescens-Stadium ganz nahe steht und bei Kenntnis größerer 
Individuenzahlen sicher durch Variation weitere Aufschlüsse 
geben wird. Auch der Mendelianer könnte im Lichte der valesina 
seiner mathematischen Beweise für das Vorhandensein von Erb- 
körpern als Träger bestimmter Charaktere nicht froh werden, 
falls er für solche Erbkörper Unveränderlichkeit (und damit 
die unfehlbare Wiederkehr seiner Beobachtungsresultate) fordert. 
In Wirklichkeit nehmen die Erbkörper teil an der allgemeinen 
Variabilität — sie sind ja selber nichts Gegebenes, sondern sie 
entwickelten sich ursprünglich, Wenn einmal ein Mendelsches 
Merkmal ‚‚einwandfrei‘“ mendelt, d. h. ‚keine Übergänge“ 
bildet und in mathematisch bestimmbaren Zahlenverhältnissen 
auftritt, so heißt dies nur, daß zur Zeit das betreffende Merkmal 
seine — ich möchte sagen: Mendelsche Culmination erreicht 
hat. Nimmt man nureingenügend großes Material zur Prüfung, 
das auch den verschiedensten Lokalitäten entstammt, so 
wird man sicher selbst in der Gegenwart schon durch dennoch 
irgendwo auftretende Übergänge aut die Variabilität des betreffen- 
den Erbkörpers, vielleicht auch auf seine Entwicklungsrichtung 
aufmerksam. Dabei kann sich natürlich herausstellen, daß ein 
endentwickeltes Stadium vorliegt, so daß nur noch ein Ab- 
bröckeln, nicht mehr eine Umwandlung der Erbpotenz möglich ist. 

Bei "valesina‘“ könnte sich der zugehörige Erbkörper (Deter- 
minante)in andromorpher Richtung in Umwandlung befinden —; 
daß er zu irgend einer Zeit und irgendwo tatsächlich schon einmal 
erfolgreich in solcher Richtung eine Umwandlung durchgemacht 
hatte — eben nur bei einem Teil der Tiere in gewissen Lokalitäten 


=) Vgl. valesinides Fruhst. in Nordchina und 9 paphioides Btl., Japan. 
Es ist also wahrscheinlich, daß dieser Fall sich in einzelnen Lokalitäten 
des riesigen Verbreitungsgebietes verwirklicht hat, — wenigstens annähernd, 
in dem die besagte „Uhr“ bei den paphia dort anders ging. 


11. Heft 


214 Th. Reuss: 


— das wissen wir aus dem bloßen Vorhandensein der rotgelben 92 
mit Übergängen — inwieweit aber die Umwandlung weiter geht 
in der Gegenwart, läßt sich unmöglich auch nur für ein bestimmtes 
begrenztes Fluggebiet sagen. Übergangstiere aller Art — auch 
solche mit ungleichmäßiger Mischfärbung, die ohne Kenntnis 
der Elterntiere in unsern Besitz gelangen, könnten nach beiden 
Richtungen gedeutet werden — andererseits weist eine Beute wie 
valesina-nigra in zwei Exemplaren an derselben Stelle unzweifelhaft 
darauf hin, daß die valesina-Determinante auch anderen als 
andromorphen Entwicklungszielen zustrebt. Was aus valesina- 
nigra werden könnte, zeigt das 2 von D. sagana (ohne daß sich für 
die Einlagerung weißer Binden irgendein Zwang ergäbe). Schon 
in ihrem bestehenden Entwicklungsgrade sind die Tiere auf- 
fällige Erscheinungen, die sich unmöglich mit einer nur andro- 
morphen Entwicklungsrichtung von valesina in Einklang bringen 
lassen, auch ist ihr Auftreten mitten unter weit zahlreicheren, 
andromorphen 22 wieder ein Beweis dafür, daß die Möglichkeit 
der unbegrenzten Blutmischung nicht die zu erwartenden Folgen 
hat und nicht genügt, um aus ihr heraus den Gang der Entwick- 
lungsuhr bei paphia und paphia valesina zu verstehen. Dem 
Äußeren der Falter nach zu urteilen, scheint die valesina-Deter- 
minantesichalso nichtnur behaupten, sondernsich sogar noch nach 
mindestens einer Seitenrichtung hin entwickeln zu wollen.?®) 
Man könnte angesichts dieser Tatsachen doch auf eine sexuelle 
Scheidung irgend welcher Art zwischen daphia und paphra valesina 
schließen. Ich versuchte durch Beobachtung der Vorgänge vor 
und während der Copula einen näheren Einblick zu gewinnen 
und fand Verhältnisse vor, die auf eine mögliche Preferenz der 22 
für bestimmte 3& hinweisen, indem ich jedenfalls feststellte, 
daß nicht die 3& über das Zustandekommen einer Copula ent- 
scheiden, sondern nur die 99. Auf die Willfährigkeit letzterer 
kommt alles an, denn die engeren Vorgänge bei der Copula er- 
wiesen sich als so kompliziert, daß von einer wirksamen Vereinigung 
ohne volle Zusammenstimmung beider Partner nicht zu denken ist. 
Dies scheint freilich durchaus nicht der bisherigen ‚‚landläufigen“ 
Darstellung zu entsprechen, sogar die Schriften von Naturkennern 
wie Seitz (bei Gelegenheit einer Besprechung Brykscher Arbeiten 


”) Dabei ist in meinem nächsten Beobachtungsgebiet, in der Um- 
gegend von Berlin, wo es viele verschiedene, besonders bevorzugte Flug- 
stellen der D. paphia gibt in jedem einzelnen Flugzentrum das Verhältnis 
der valesina 99, der Übergänge, Varietäten und der andromorphen 92 ver- 
schieden. Da ferner die Art in manchen Jahren an einigen. Stellen in Menge, 
an anderen Stellen gleichzeitig selten fliegt und in anderen Jahren wieder 
die Verhältnisse sich umkehren, auch viele Exemplare hier und da auf 
offenbaren Wanderflügen beobachtet werden können, so dürften sich überall 
im engeren Verbreitungsgebjet in kleineren Perioden die Vorgänge und 
Zustände widerspiegeln, die in größeren Zeitabständen für große Ent- 
fernungen in Betracht kamen und sich durch Ab- und Zuwanderung und 
vorübergehendes Verweilen in primären, sekundären usw. Entwicklungs- 
herden charakterisieren ließen. 


Im Wei en & 


EEE EEE MUEEEEEN 


Eine Androconialform 215 


über Parnassier) und Bryk (,Keuschheitsgürtel‘‘ bei 22 von 
Parnassius-Arten) weisen darauf hin, daß der Glaube an eine 
entscheidende Rolle der $& allgemein ist — daß also mit anderen 
Worten eine ‚Vergewaltigung‘ der 92 etwas ganz Gewöhnliches 
sei. Diese Anschauung ist hier aber ein ganz unangebrachter, 
irreführender Anthropomorphismus. Man sollte meinen, es sei 
bekannt, daß fast im ganzen Tierreich im Gegensatz zum Menschen 
die sexuelle Unabhängigkeit des weiblichen gegenüber dem männ- 
lichen Geschlecht so groß ist, daß die Entscheidung über das Zu- 
standekommen der fruchtbaren Vereinigung immer auf Seiten 
des weiblichen Partners liegt. Das Schmetterlingsweibchen be- 
sonders ist jederzeit in der Lage, sich einem werbenden & zu ent- 
ziehen?®) und eine wirkliche Copula ist ohne seine Willfährigkeit 
einfach unmöglich, wie aus folgendem Beispiel (Dryas paphia) 
hervorgehen wird. 

Hätte ich erwartet, daß eine so luxuriös ausgestattete ‚‚Liebes‘- 
maschine wie das faphia $ feinsinnig im Erkennen der zugehörigen, 
jungfräulichen $2 und exklusiv in der Wahl eines solchen sein würde, 
so wäre ich bald vom Gegenteil überzeugt worden. Tatsächlich 
jagen, „wählen“ die $S durch das Gesicht — sie fliegen auf jedes 2 
los, sobald die Paarungszeit da ist, haben gar kein Unterscheidungs- 
vermögen für uncopulierte und copulierte 22, sondern umwerben 
letztere, die doch gar nicht mehr für sie in Betracht kommen, 
manchmal 20 Minuten lang, wobei sie ein paar Kilometer im Zick- 
zack zurücklegen und währenddessen andauernd das im mässig 
schnellen Schwirreflug davonstrebende @ in bekannter Weise 
umschleifen (von der Seite gesehen bewirkt das Umfliegen des 2 
von hinten nach vorn eine Schleifenbildung in der Flugbahn des 
3). Bisweilen pausiert das 2 im Fluge, und dann stoßen die Tier- 
chen in der Luft mit großem Nachdruck gegeneinander, bis das 2 
den vorwärtsstrebenden Flug wieder aufnimmt. Schließlich be- 
kommt das 3 die vergebliche Mühe satt und verläßt ganz unver- 
mittelt das 2. Auch die 92 fremder Arten werden gelegentlich 
umworben, besonders groß scheint das Amicalverhältnis zu cydıppe 
22 zu sein, denn solche versammelten bei ihrem Erscheinen 3—5 
paphia SS um sich, und es kam auch zum regulären Schleifen- 
fluge. Bei Willfährigkeit der ceydıippe 22 würde eine Copula zwischen 
den Arten häufig sein — aber bisher sah ich noch keinen Fall 
und finde auch nur eine Aufzeichnung einer solchen Copula im 


. „Ent. Record and Journal of Variation‘, wobei es auch 


nicht ersichtlich war, ob nur eine Scheincopula vorlag. Gerät ein 


%) Etwas anders liegen die Verhältnisse bei Acraea-Arten, indem 
Marshall beobachtete, daß hier die Männchen ihre Weibchen mit den 
Beinen packen — sie in der Luft überfallen, we Falken ihre Beute. Trotz- 
dem kann eine fruchtbare Copula auch hier nicht „durch Gewalt“ 
erzielt werden, sondern nur dıe Störung, welche die 92 erleiden, ist eine 
größere, besonders da auch die Acraea JS nach dem Gesicht jagen und be- 
fruchtete und jungfräuliche 22 nicht zu unterscheiden vermögen. 


11. Heft 


216 Th. Reuss: 


paphia 5 an ein jungfräuliches 9, das zudem sich als willfährig 
erweist, so ändert sich das Bild sofort. Es findet keine lange 
Werbung statt — sehr bald setzt sich das @ mit geschlossenen 
Flügeln an einen Zweig oder Grasstiel und streckt den Hinterleib 
aus der Tasche der Hinterflügel hervor. Nichtwillfährige 99 
setzen sich dagegen selten, solange ihnen 3S folgen, und wehren 
diese dann, ähnlich wie Pieriden, mit geöffneten Flügeln und 
emporgeworfenem Hinterleib ab. Das 3 folgt dem willfährigen 
Q nach, klammert sich ebenfalls an den Zweig — und nun sieht 
es gerade so aus, als seien zwei neue Tiere mit neuen Köpfen 
entstanden, denn die bisherigen Hinterleiber scheinen allein die 
Führung zu haben und zu ‚‚Vorderleibern mit Köpfen‘‘ geworden 
zu sein. Der weibliche Leib hat sich bedeutend verlängert, an 
der Spitze schiebt sich das letzte Segment teleskopartig hervor 
und zeigt eine nackte, chitinöse Fläche (die Copulationsfläche) 
über welche sich zwei Wülste wie Augen vorwölben (offenbar 
Sinnesorgane mit unbekannter Funktion?!). In halb S-förmiger 
Krümmung hin- und hernickend, hat das ganze im Ausdruck eine 
verzweifelte Ähnlichkeit mit einem Antilopenkopfe an schlankem 
Halse. Ganz entsprechend scheint, diesem Antilopenhalse jetzt 
ein löwenmähniges Raubtier mit scharfbewehrtem Rachen zu 
drohen (— dem dichtbebuschten Hinterleibsende des 3 mit den wie 
Raubtierkiefer auf und zu schnappenden Valven) — und im 
nächsten Augenblick schon verschwindet der braune Antilopen- 
kopf ganz und gar zwischen den buschigen ‚Kiefern‘. Das ist das 
„Bild‘“ einer fruchtbaren Copula von paphria in ihrem Zustande- 
kommen! Wie vollzieht sich dieselbe nun ? 


Bekanntlich (vgl. Petersen 1. c.) hat das Schmetterlingsweib- 
chen dieser Art drei Öffnungen am Hinterleibsende. An der Spitze 
befindet sich der Anus für die Abfallprodukte, darunter liegt der 
Gang für die ‚‚Geburt‘‘ der Eier, darauf folgt in einigem Abstand 
die Scheide, die nur zur Aufnahme des männlichen Samens dient”) 
und (meist?) nur einmal in Tätigkeit tritt. Es befindet sich 
nun bei Dryas paphia 2 über der Scheide ein 3—4 mm langer, 
gelblichweißer, quergeringelter Fortsatz, der in seiner .Beweglich-. 
keit und seinem ganzen Habitus eine große Ähnlichkeit mit einer 
Tachinenlarve hat. Dieser spitzzulaufende Fortsatz — ich nenne 
ihn hier kurz Vermicula — ist in der Ruhelage S-förmig zurück- 


31) W, Petersen in der schon erwähnten Arbeit, 1904, findet diese 
Anhänge und nennt sie Haftpolster. Sie haben aber keine entsprechende 
Funktion bei der Copula, wie mich die bisher von mir genau beobachteten 
Arten überzeugten. Im allgemeinen wurden die betreffenden Organe nicht 
einmal vorgestülpt und da sie auch bei androconienlosen Arten vorkommen, 
stehen sie jedenfalls nicht in Beziehung mit solchen Duitapparaten beim 
anderen Geschlecht. Dennoch vermitteln die auffällig plazierten Anhänge 
die verschiedene Bildung zeigen, offenbar irgendwelche Wahrnel mungen. 


2) Man vergleiche hiermit die viel weniger exklusive Organisation bei 
den sogenannten höheren Tieren bis herauf zum Menschen! 


Eine Androconialform 917 


gebogen und liegt als Verschluß in der Scheidenmündung®). Kurz 
vor der Copula wird die Vermicula ausgestülpt und bewegt sich 
am Hinterleibsende des £ (wie die Zunge am Antilopenkopf — 
um „im Bilde‘ zu bleiben —) dem Uncus am Tegumen des & 
entgegen. Dieser in senkrechter Richtung sehr bewegliche 
Haken packt die Spitze der Vermicula und verankert dieselbe, 
sich rechtwinklig herabbiegend, am Grunde der Valven über dem 
Penis. In dieser Lage verharrt der Uncus, der über den Anus des 
& herabgebogen ist und diesen schließt, mit krampfartiger Gewalt 
unbeweglich, solange die Copula dauert — also stundenlang (1 
Stunde 23 Minuten wurden direkt beobachtet, aber das Pärchen 
konnte nach der Zeit und den Verhältnissen, unter denen es bereits 
copuliert aufgefunden wurde, schon etwa eine halbe Stunde copuliert 
sein). Während Uncus und Vermicula das $ und das % fest ver- 
binden, so daß die Begattung unter der Vermicula möglich wird, 
greifen die Valven des $ außen über die Copulationsfläche des 2 — 
sie halten aber nicht still wie der Uncus, sondern sie befinden’sich 
in steter „‚kauender‘‘ Bewegung, wobei sie beim Öffnen und Schlie- 
Ben nie ganz los lassen. Außerdem erweisen sich die beiden Apical- 
anhänge der Valven als mit außerordentlicher Beweglichkeit 
begabt — sie prügeln, trommeln oder geißeln (weswegen ich sie 
Flagellen nannte), taktmäßig im Schlage wechselnd, unausgesetzt 
auf den oberen Teilen der schwach chitinösen Copulationsfläche 
des 2 herum. Der untere Apicalanhang (processus inferior nach 
#3) Diese Vermicula ist bei den Dryadinae sehr verschieden ausgebildet, 
sie kann statt frei und lang wie bei paphia auch kürzer und mit der Scheide 
verwachsen sein oder schließlich ganz fehlen. In letzterem Falle (bei selene, 
also in der Clossiana-Gruppe) geht ihre Funktion offenbar auf die Scheide 
selbst über, denn ich fand diese jetzt quergerieft (dabei von grüner 
Farbe — die verbreitetste Färbung scheint hellgelb zu sein), welche Quer- 
riefung sonst nur ein Merkmal der beweglichen Vermicula war. Bei niobe 
und cydippe ist die Vermicula frei vorhanden und bei beiden gleich, aber 
relativ zu paphia schwach ausgebildet; bei aglaia und lathonia gleicht sie 
sehr derjenigen von paphia ist aber jetzt teilweise mit der Scheide 
verwachsen und also in ihrem freien Ende viel kürzer (sonst im Ganzen 
etwa gleichlang) wie bei paphia. Ich wurde bei der Beobachtung einer 
Copula von aglaia Zeuge, wie sich die Tiere schließlich freiwillig trennten, 
wobei die Initiative vom 9 ausging. Fast zehn Minuten lang suchte es 
durch langsamen Zug sich abzulösen, dabei auch versuchend, die abrutschen- 
den, aber noch verzweifelt „kauenden‘ Valven des $ mit den Hinterbeinen 
von sich abzustreifen — ohne daß letztere Methode irgend Erfolg gehabt 
hätte. Schließlich gelang die vom 9 erstrebte Trennung mit einem Ruck 
und ich sah ein paar Sekunden lang die weit vorgestülpte, zur Röhre aus- 
geweitete und mit weißern Sperma erfüllte Scheide (bursa copulatrix)des 9, 
die erst allmählich eingezogen und von der Vermicula geschlossen wurde 
(letzteres war nicht mehr deutlich zu sehen). Ich erwähne den Vorgang 
besonders, weil Dr. Petersen in seiner „Morphologie ete.“ (l. e.) eine aus- 
gestülpte Bursa cop. von „Lycaena phyllis“ abbildet, welche der halb- 
verwachsenen Scheide und Vermicula von aglaia entsprechen würde, wenn 
ia die Geschlechtsöffnung nicht am Ende der Vermicula 
äge! So nämlich ist sie abgebildet. Ich kann vorläufig nur betonen, daß 
die natürlichen Vorgänge bei den Dryadinae der Darstellung in der Ab- 
bildung von L. phyllis widersprechen. 


11. Heft 


218 Th. Reuss: 


Petersen) ist bei paphia nicht armiert, nur lang behaart, der Ober- 
randsfortsatz (Petersens processus superior) gleicht andererseits 
genau einer kurzstieligen, mit Dornen besetzten mittelalterlichen 
lLandsknechtskeule. Da die paphia-Keule nicht drehbar ist, so 
kommen beim Zuschlagen nur wenige innere Spitzen zur Wirkung, 
die große Menge der Dornspitzen ragt dabei als Luxus in die Luft. 
Sehr stark müssen aber bei der Kaubewegung der ganzen Valven 
die inneren gezähnelten Harpen zur Wirkung gelangen — man 
könnte an Schlangenzähne und an Reitersporen denken — aber die 
Chitinspitzen müssen als sehr elastische Gebilde vorgestellt werden 
(beim lebenden Tiere!), so daß Verletzungen der Copulationsfläche 
wohl nicht vorkommen. Immerhin dürften die geschilderten Ver- 
hältnisse den Anthropologen viel Material zu interessanten Ver- 
gleichen bieten, und gewiß wird es manchem überraschend vor- 
kommen, wie etliche „dunkle Seiten” des menschlichen Sexual- 
lebens sich vielleicht als deplazierte Äußerungen eines Stück- 
chen Schmetterlingssinnes im Menschen erklären lassen! 

Wertet man sämtliche Vorgänge im Zusammenhang, so dürfte 
nunmehr als Ergebnis sicherstehen, daß das @ von paphla, 
das in Gestalt und Färbung schon relativ konservativ 
erscheint, tatsächlich auch den Gefühlstypus, Emp- 
findungstypus der Art bewahrt und behütet — und 
zwar. vermöge seiner sexuellen Unabhängigkeit, welche 
organisch begründet erscheint, und ihm erlaubt, sich 
jeder nicht zusagenden Werbung seitens der 38 aller 
Arten zu entziehen. Es ist nun nicht mehr unwahrscheinlich, 
daß meine Annahme einer Preferenz der f£. valesina für ein & seiner 
Art‘ durchaus der Wirklichkeit entspricht.?*) Daß seitens der dd 
keine derartige Preferenz wirksam ist, beweist die erwähnte große 
Anziehungskraft artfremder cydippe 7. Dabei zeigten die 
cvdippe-Falter durchaus den gleichen Konservatismus, wie die 
paphia 29 ihn offenbar besitzen, indem sie ihrerseits die paphia 33 
abweisen. 

Nun liegen allerdings Beobachtungen von mir vor, welche 
darauf hinweisen, daß die vielen Abweisungen der werbenden ds 
durch die 22 (arteigner wie fremder), die zu sehen sind, daher 
stammen, daß die d$ schon befruchtete 2% anflogen. Ich habe 
noch nicht einwandfrei feststellen können, daß jungfräuliche P2? 
sich abweisend verhielten. Dagegen fand ich — freilich weniger 


deutlich bei paphia als bei fernstehenden Arten — daß die von mir 


in Copula angetroffenen $? stets ganz frisch aus der Puppe, 
die 49 dagegen „geflogen“ (leicht beschädigt etc.) waren. In 


nicht wenigerals3 Fällen bei 3 verschiedenen-Arten (und Gattungen) | 


selene, ino, aglaia hatten die 92 den gg einen Tropfen roten 


#) Ich fing zwei valesina in cop. und jedesmal waren die $3 vom aus- 
gesprochenen perfecta Typus, der sonst gar nicht häufig flog. Dies mag 
Zufall sein — könnte aber auch auf eine Spur führen, denn, wie gesagt, 
iet der perfecta Typ der wenigst fortschrittliche beim &! 


a nn 


Eine Androconialform >19 


„Puppensaftes“, der bekannten ‚‚Reinigungsflüssigkeit‘‘ frisch- 
geschlüpfter Falter, bei der Copula zwischen die Hinterflügel 
gespritzt, so daß diese zusammenklebten. Zudem waren die Flügel 
des selene Q sogar noch weich. 

Bei paphia sah ich solche extreme Fälle nicht — aber nie fand 
ich ein frisches $ mit einem ‚„geflogenen‘“ @ in Copula, sondern 
immer war das Verhältnis umgekehrt. 

Nun liegt der Schluß nahe, daß die jungfräulichen 92 ihrer- 
seits nicht wählerisch sind, sondern einfach das erste J an- 
nehmen, das kommt. 

Da die 5S$ bekanntlich immer (ein paar Tage mindestens) 
eher auf dem Plan sind als die 29, ist die Wahrscheinlichkeit sehr 
groß, daß es immer nur arteigene Tiere sind, welche zur ersten 
\Werbung gelangen, besonders da offenbar nach Gesagtem die 
Suche der 3 nach den 22 eine so eifrige ist, daß sogar 92 mit 
noch weichen Flügeln — die also noch gar nicht zum Fluge gelangten 
— gepaart werden. 

An wolkenlosen Tagen sind bis 10% Uhr früh meist alle 
gerade vorhandenen jungfräulichen 22 gepaart — die Pärchen 
sitzen still und fallen nicht auf während die auffälligen lang- 

dauernden schließlich vergeblichen Werbungen zu dieser wie zur 
späteren Tageszeit durch schon befruchtete (vielleicht schon tage- 
lang befruchtete) 2? und durch diejenigen, scheinbar immer zahl- 
reichen SS bestritten werden, die keine frischen 92 rechtzeitig 
zu finden vermochten. Die unnütze Belästigung der ?? durch 
53 ist eine so große, daß ich die sicheren Beweise dafür habe, daß 
die befruchteten 22 oft zu mimetischen Künsten ihre Zuflucht 
nehmen, um den nur nach dem Gesicht jagenden 33 zu entgehen. 
(diese Verhältnisse dürften sich noch besser in den Tropen stu- 
dieren lassen — es wurden bereits in Südafrika Amauris echeria 
und Hypolimnas dubia im Paarungsfluge beobachtet. Mancher 
Mimicryfall dürfte gar nicht gegen äußere Feinde, sondern gegen 
arteigene SS gerichtet sein! Hierüber gebe ich an andere: Stelle 
ausführliches). 

Aus Vorstehendem wird ersichtlich, wie schwierig es ist, 
‚Einsicht in die feineren Amicalverhältnisse der Falter zu gewinnen. 
Einerseits findet man Zeichen, daß beide Geschlechter nicht 
wählen, sondern wo zuerst ein & ein jungfräuliches $ auf der 
Suche findet, da findet auch eine Paarung statt. Die Auslese 
begünstigt dann die eifrigsten, rücksichtslos jeden ‚‚verdächtigen“ 
Falter anfliegenden 53, woraus das scheinbar ‚‚unmoralisch-leicht- 
‚sinnige“ Verhalten der nicht zur Paarung gelangten SS seine 
'sinngemäße Erklärung fände! Andererseits fängt man Falter, 
‚wie walesina-nigra, deren Entstehung durchaus nicht den be- 
stehenden Verhältnissen entspricht. Die Wahrscheinlichkeits- 
‚ rechnung ist gegen solche Formen von valesina an Orten, wo nur 
‚etwa 5%, Falter dieser Form unter andromorphen 9% auftauchen! 
‚ Es müssen also besondere Faktoren eingegriffen haben, unddaich 


11. Heft 


920 Th. Reuss: 


nachweisen konnte, daß die Entscheidung über das Zustande- 
kommen der Paarung immer beim 2 liegt, so ist vor- 
läufig der Schluß auf eine seitens der 22 zuweilen mindestens 
ausgeübten Preferenz durchaus angebracht. Es handelt sich jetzt 
nur darum zu beobachten, ob nicht doch jungfräuliche, frisch- 
oeschlüpfte 9? auch einmal werbende 35 abweisen. Ich kam 
bisher zu keinem Resultat, obgleich ich frischgeschlüpfte gezogene 
29 aussetzte. Die Tiere wurden nicht beachtet von den dd — 
obgleich diese „‚wilde‘ 2? anflogen! Wenn dieses negative Resultat 
überhaupt gewertet werden kann, dann doch wohl nur in dem 
Sinne, daß auch die $$ zuweilen wählerisch sind, selbst ohne eine 
entscheidende Preferenz ausüben zu können — und daß die Amical- 
empfindungen bei den Faltern unter scheinbar gleichen Umständen 
variabel sein können, wie alle anderen ‚Merkmale‘ an ihnen! 
Damit kämen wir aber jetzt per Analogieschluß einem Verständnis 
der valesina-nigra sehr nahe, bei deren Entstehung ein variabler 
Erbkörper (valesina-Determinante) und eine variable Amical- 
empfindung zusammengewirkt hätten, indem beide Faktoren 
der andromorphen Tendenz entgegenspielten. So betrachtet, 
fiele die Form wieder in den Bereich der Wahrscheinlichkeits- 
rechnung. Eine exaktere Stellungnahme im Problem ist vorläufig 
nicht möglich, bis.direkte Beobachtungen vorliegen über die Paa- 
rungschancen von valesina gegenüber andromorphen 29 a) bei 
Anwesenheit von dS nur aus valesina, b) bei Anwesenheit von 
35 nur aus andromorphen $2, c) wenn 33 beiderlei ‚‚Arten‘“ vor- 
handen sind. Es haben schon Selzer bei P. napi bryoniae, Fischer” 
bei V. urlicae — ichnusa, Standfuss bei C. dominula — persona” 
zeigen können, daß diese Formenpaare durch sexuelle Preferenz 
geschieden sind (nicht aber durch Unfruchtbarkeit untereinander, 
sobald dennoch eine Vereinigung stattfand, wie der Fall dominula- 
persona zeigte). Es würde jedenfalls die sexuelle Preferenz eine 
der vielen möglichen Anklänge (oder Nachklänge) „physiologischer 
Divergenz onne räumliche Scheidung‘ (Petersen!) bezeichnen. 
Nachdem vorliegende Betrachtung den Wert der Kenntnis 
deutlich sichtbarer morphologisch-physiologischer Unterschiede 
vielleicht nur erhöht hat, indem an Hand dieser wenigstens die, 
gröberen Zusammenhänge im physiologischen Geschehen isoliert 
werden können — als Vorbereitung für die Erschließung der feineren 
Zusammenhänge -—— lege ich abschließend einige solcher Details 
bei den Dryadinae, welche den Grad von Gruppencharakteren 
annehmen, bisher aber nicht genügend hervorgehoben wurdegg 
namentlich fest. 4 
Es handelt sich um die Abgrenzung der neuen Untergattungen 
Eudaphne und Mimargyra bei Dryas, der Gattungen Kükenthalıella 
(Rathora Moore part.) und Clossiana (Boloria Moore part.). a 


Vergleichung mit den vorangehenden zugeh. Textstellen ergl 
den Grad der Neuerungen. 
Dryas Hbn., Type: paphia L., Leitgattung und Leittyp 


| 
| 


Eine Androconialform 91 


| vgl. Grundtext. Eudaphne, m. subgen. nov., Type: laodıce Pall. 


(Ostpreußen), zugehörig japonıca Men. (Japan), japonica ariana 
Fruhst. (Südjapan), samana Fruhst. (Westchina), rudrina Fruhst. 
(Tientsin), rudra Moore (Khasia Hills), samana melli m. (Süd- 
china, f. geogr. nov. 

Die von mir untersuchten japonica, samana, rudra waren in 
den durch eine zweizinkige Gabel am Valvenapex gekennzeichneten 
Armaturen (von der Größe abgesehen) der laodice gleich, in den 
Androconien aber sehr ungleich gebildet. Äußerlich unterscheiden 
sich die Falter in bekannter Weise. Wer etwa noch laodice f. 
saponica oder laodice f. rudra schreiben wollte, müßte auch un- 
bedingt Fabr. niobe f. cyvdippe und Brenthis ino f. daphne oder ino 
f. hecate schreiben — die Unterschiede sind hier wie dort gleich- 
wertig. Der größte Unterschied, der sich bei ino und hecate findet, 
entspricht etwa demjenigen zwischen laodice und rudra (vgl. die 
Androconienformeln etc. im Grundtext). Leider lag mir rudrina 
nicht zur Untersuchung vor, sie ist äußerlich eine Mittelform 
zwischen rudra und samana — es fehlt also die Entscheidung, ob 
der Androconialbefund hierzu stimmt. Ariana ist eine äußerlich 
gut unterschiedene Rasse der japonica Men. mit wuchtigen ver- 
größerten schwarzen Flecken. 

Augenblicklich kann ich nicht ganz sicher beurteilen, ob die 
laodice-ähnlich gezeichnete und armierte Riesenrasse von Süd- 
china (Kanton) unbenannt geblieben ist. Aber nach dem Text 
in Seitz ‚„Palaearkten‘ ist diese der rhildreni sakontala oft etwa 
gleichgroße Form richt identisch mit samana aus Westchina. 
Da der bekannte rührige Forscher aus Kanton, Herr Mell, derartig 
zahlreiches Material dieser Form mitbrachte, daß es mir möglich 
war, die Konstanz der Rassenmerkmale zu übersehen, unterscheide 
ich die geographische Art oder Rasse als subsp. melli m. zu Ehren 
des genannten Zoologen. 

Mimargyra m., subgen. nov., Type: hyperbius Joh., zugehörig 
hyperbius taprobana Moore, inconstans Btl. und castetsi Obth. 
(bisher nur aus Trichinopoly). 

Trotzdem die $S dieser Gruppe sich äußerlich so ähneln, daß 
meistens die Artgleichheit der benannten Formen angenommen 
wird (vgl. Seitz, ‚„Palaearkten‘), erwiesen sich die von den $2 
äußerlich besser markierten Unterschiede als morphologisch 
begründet. Die Armaturen der australischen inconstans Btl. 
(mit nur schwarzrandigem, nicht auch weißgeflecktem mimetischen 
©) sind von hyperbius-Armaturen bereits durch die einfachere Form 
des Uncus und die schwächer ausgebildete Armierung der Valven 
- zu unterscheiden (die Differenz ist etwa gleich derjenigen zwischen 
Fabr. jainadeva- und spallescens-Armaturen), während castetsı 
mit ganz normalem nichtmimetischen @ durch Bildung massen- 
hafter B-Androconien auf cu, im $ den Ausfall an sekundär-sexuellen 
 Luxuscharakteren im weiblichen Geschlecht kompensiert. Letztere, 
die mimetischen Einzelheiten, kulminieren bei dem prachtvoll 


11. Heft 


299 Th. Reuss: 


roten @ von hyperbius taprobana, Java, inNachahmung der dortigen 
gleichfalls roten Danais chrysippus bataviana. 

Damora Nordmann, den Formenkreis der sagana mit mime- 
tischen 92 deckend, wurde im Grundtext ebenfalls noch nicht be- 
rücksichtigt. Als Untergattung hat die Gruppe im Hinblick auf 
den sonst beispiellosen Aufwand an sekundär-sexuellen Luxus- 
bildungen aller Art gleichzeitig — zweierlei Androconien und 
stärkst verzierte Armaturen bei den 39, Mimetik bei den 2? — 
ihre volle Berechtigung. 

Rathora Moore, Type: lathonia L., zugehörig isaeea Doubl. 
(nec isaea Gray). Im Gegensatz zum Grundtext beschränke ich 
die Gattung auf diese beiden Arten. Die asiatische isaeca 
wies sich mir durch ihre gemmata-ähnlichen Armaturen 
als sichere, morphologisch geschiedene Art aus. Äußer- 
lich ist die Differenz zwischen lathonia und isaeea etwa gleich der- 
jenigen bei Dryas zenobia und childreni (welch letztere morpho- 
logisch ebensowohl geschieden sind). 

Die f. saturata Röber galt, so lange die morphologischen Unter- 
schiede zwischen lathonia und isaeea nicht bekannt waren, als 
Übergangsform. 

Es war mir unmöglich, bisher Tiere zur Untersuchung zu er- 
halten, und werde letztere bei erster Gelegenheit nachholen müssen. 

Gemeinsam nur mit der nächsten engverwandten Gattung? 
haben die Armaturen eine gnathus-ähnliche, aber rudimentäres 
chitinöse Bildung unter dem Anus — vielleicht kann ein Teil” 
dieser Masse auch Subscaphium heißen — keinesfalls aber liegt” 
hier ein Scaphium vor (wie Petersen, 1. c. annimmt). Jedermann 
kann sich bei dem gewöhnlichen P. machaon überzeugen, daß das 
Scaphium von Gosse (vgl. T. A. Chapman, „Ent. Record & 
Journal of Variation“, 1911, „On the Scaphium of Gosse‘) 
zwischen Anus und Uncus, also oberhalb des Anus liegt! Bei 
machaon dürfte das (paarige!) Scaphium zum „Aufnehmen 
der wohlausgebildeten weibl. ‚„Valven‘‘ während der C opula dienen, 
d. h., die letzteren dürften die ersteren packen. | 

Ganz isoliert steht die Gattung Rathora durch ihre eigenartige” 
sehr konstante Vorderrandsäderung der Vorderflügel, also der’ 
sogenannten „Costaläderung“. Die Ader r, entspringt aus der 
Zelle, und verläuft so, daß sie sich im gleichmässigen Bogen. 
vonr; abkehrt. Bei allen anderen Gattungen, welche das Merkma 
„Ta (— Ader 10) aus der Zelle‘ aufweisen, läuft r, an, (=1) ers@ 
ein Stück entlang, als wolle sie verschmelzen, und biegt dann erst 
plötzlich ab. | 

In der folgenden Gattung und bei Brenthis lassen sich di 
letzteren Verhältnisse in allen möglichen Variationen verfolgen 

Im Hinblick weiterhin auf die meist Vogelexkremente nach- 
ahmende, aber variable Puppe; die gleicherweise gutentwickelt 
Dornen und Haare tragende erwachsene Raupe, welche in der 
Zeichnung und Farbe im übrigen ebensogut eine Fabriciana- wie 


Eine Androconialform DDR 


eine Acıdalia-Raupe vortäuschen kann, wobei sie nur an der Be- 
haarung kenntlich bleibt; die relativ kleinsten Eier; die ausge- 
sprochene Neigung eine ununterbrochene Reihe von Generationen 
zu erzeugen; das Sonderbenehmen der auf Wegen ähnlich den 
Vanessa-Arten fliegenden Falter; die besondere Flügelform; die 
bekannte, nirgends sonst so stark ausgeprägte Silberfleckung der 
Unterseite; welche eine Verwechslung unmöglich macht — gehört 
die Gattung gewiß zu den interessantesten und wohlgeschiedensten 
Gruppen. Daß die Vermicula des $ mit der Scheide verbunden ist, 
wie bei Acıdalia-Arten, das hatte ich bereits im allgemeinen Teil 
erwähnt. Androconien sind bei den SS nicht vorhanden. Während 
die Valven mit Doppelhaken an der Apicaltlagelle bei lathonia 
eine einzigartig reiche Armierung besitzen (vgl. Grundtext) leiten 
die Valven der zsaeea mit unarmierter Lappentlagelle zur folgenden 
neuen Gattung über, deren asiatische Sektion genetisch ganz nahe 
steht, trotz der großen Differenzen in der Äderung. 

Kükenthaliella m., nov. gen., Type: gemmata Btl., zugehörig 
in der asiatischen Sektion: mackinnoni Nicev., altissima Elw., 
eugenia Ev. mit rhea Gr. Gr. und mehreren anderen geogr. Neben- 
formen. Die afrikanische Sektion wird gebildet aus: hannıngtoni 
Elwas (Kilimandscharo), baumanni Rebel und Rogenhofer 
(Massailand), excelsior Btl. (Ruwenzori), alle mit ganz ähnlichen 
Armaturen; smaragdifera Btl. (Nyassa-Land über Grasland auf 
den höchsten Bergesgipfeln gefangen) mit absonderlich langen Valven 
und kurzem stumpfen Uncus. ‚ 

Androconien sind nicht vorhanden. Die Vorderrandsäderung 
der Vdflgl. ist überall, aber in verschiedenem Grade variabel, am 
stärksten bei den Asiaten, am wenigsten bei den Afrikanern. 

Sehr zu Unrecht wurden smaragdifera Charakterzüge der 
Cl. euphrosine schon einmal angedichtet, daneben aber treffend 
solche der lathonia in Zeichnung und Silberfleckung. Die ganze 
Gattung steht der vorigen an Prachtfleckung am nächsten, sie 
stellt sich infolge der Ähnlichkeit des Tegumens und der rudimen- 
tären Armaturteile (Gnathus) sowie der Valven (wenn ?saeeca 
verglichen wird) überhaupt noch näher zu Rathora als Brenthis 
zu Dryas (über subg. Eudaphne), zwischen welch’ letzteren Gattungen 
ähnliche, aber viel fernere Beziehungen bestehen, da deren Arma- 
turen schroffe Unterschiede bewahren, während die Gleichheit 
in der Farbenverteilung zwischen daphne und laodice schon zu 
Ochsenheimers Zeiten auffiel.e. Ochsenheimer, der bekanntlich 
die „Argynnis‘-Arten in ‚eine Reihe‘ (vom heutigen Standpunkte 
ein vergebliches Bemühen!) brachte, wurde brieflich interpelliert, 
warum er nicht laodice (am Reihenende) und daphne (Reihenmitte) 
eng zusammengestellt habe. Darauf erwiderte Ochsenheimer, 
daß die erhabenen Aderwülste der laodice ihre Stellung am Reihen- 
ende bei paphia rechtfertige — daphne zeige nichts dergleichen! 
‚Angesichts der doch vorhandenen daphne-Androconien würde 
heute jener Kritiker des Ochsenheimer Recht bekommen —: 


11, Heft 


294 Th. Reuss: 


Ochsenheimer selbst müßte sich an die Armaturen halten (die 
damals noch ganz unbekannt waren) um nicht gezwungen zu sein, 
laodice und daphne für Varietäten ein und derselben Art anzu- 
sehen (ich denke dabei an die Ähnlichkeit der Raupen und Puppen 
__ diese Stadien verbinden die beiden Gattungen, während die 
morphologischen Befunde primitiver Geäder-, Armaturen- und 
Androconialeigenschaften in ausschlaggebender \ eise trennend 
wirken). Die Entwicklungsstadien der Kükenthaliella-Arten sind 
fast gänzlich unbekannt — die Beschreibung des Eies von smaragdı- 
fera ergab keine besonderen Merkmale. Daß die Raupen ein Haar- 
und Dornenkleid tragen, scheint mir sicher zu sein — es dürften 
aber auch neuartige Merkmale sich finden, deren Besonderheit heute 
noch niemand ahnen kann. Es sind zumal Aufklärungen über die 
untereinander engverwandten Afrikaner wünschenswert. 


Den Namen dieser Gruppe, deren vollständige Erforschung 
zu überraschenden Ergebnissen für die Phylogenie führen dürfte, 
wählte ich zu Ehren des vielseitigen Zoologen, Herrn Geh. Reg ..- 
Rat Prof. Dr. W. Kükenthal, zugleich in Dankespflicht. 


Boloria Moore, Type: pales Schiff. Ich beschränke die Gattung 
auf diese Art und ihren Formenkreis. Zugehörig sind: arsilache 
Knoch & Esper, generator Stdgr., sipora Moore, sifanica Gr. Gr. 
und 15 andere benannte Formen, die ich noch nicht erhalten konnte. 
Die Vaflgl.-Vorderrandsäderung entspricht Felders „Brenthis‘“, 
Sect. 2, r, entspringt näher der Zelle. Das Merkmal scheint sehr 
konstant zu sein. Androconien sind nicht vorhanden. Schon 
G. Standfuss und W. Petersen erkannten, daß die Armaturen 
einiger der oben genannten Formen (geogr. Arten) sich in keinen 
wesentlichen Punkten unterschieden. Das Tegumen ist an der 
Spitze gespalten aber nicht durchweg geteilt (wie bei selene) 
die Valven kommen mit ihrer breiten Greiffläche denen der 
primitivsten Form der folgenden Gattung nahe (aphirape), haben 
aber keinen Apicalhaken (der für jene Gattung typisch ist) und 
die Oberrandflagelle erinnert an die Flagellen von Acıidalia Hbas 
palaearkt. Sektion. 

Die Raupe hat dieselben Winterungsgewohnheiten wie die » 
Acidalia-Raupe, d.h. die frischgeschlüpfte Raupe (Juni, Anfang P 
Juli — ich gehe von arsilache aus) wintert nach eigenen wieder- 
holten Beobachtungen sofort ein, ohne Futter anzunehn.en, 
Zum Unterschied von allen anderen verwandten Raupen macht 
sie hierbei ein leichtesGespinst, mit dem sie auch die Blattränder 
über sich zusammenschlägt. Die Raupen sehen gelblich aus, 
etwa wie die Raupen von A. aglaia, sind aber fast zeichnungslos 
(cf. meine Arbeit über diese Raupenart in der I. E. Z., Guben, 
1919, Nr. 20, „Das Überwinterungsstadium der arsilache-Raupen — 
eine Neubeschreibung). Im Gegensatz hierzu haben im gleichen 
Stadium die mir bekannt gewordenen Clossiana-Raupen (cf. 
folgende Gattung) vier Gürtelflecke (auf dem5., 7., 9., 11. Körper- 


Eine Androconialform 295 


segment), die nur verschiedene Ausbildungsgrade zeigen bei den 
verschiedenen Arten. Bei selene sind die Flecke am unordent- 
lichsten, bei dia mittel, bei euphrosine am vollkommensten (zu 
vier Gürteln) ausgebildet. Diese Raupen sind in ihrem Winterungs- 
stadium sehr variabel —: euphrosine n. Buckler (England) und 
Vaudouer (Paris) nach 1. oder nach 3. Häutung (England), 
nach 3. Htg. (Paris und Berlin)?®) ; selene selten nach 1., meist nach 
2. Htg. (Berlin); dia nach 3. Htg. (Paris und Berlin). Dabei flogen 
von dia, 1921, infolge der Hitze 3 Generationen, Anfang Mai, 
Anfang Juli und Ende August, während bei Zimmerzucht Mitte 
September sogar eine volle(!) 4. Generation zustande kam, die 
auch im Freien fliegen dürfte, da die Juli- und Augustgenerationen 
genaugleichzeitigim Zimmer schlüpften als auchim Freien Faltern 
erschienen. Diese Verhältnisse bei dia sind um so merkwürdiger, 
als andere Arten keine beobachtbaren Änderungen in ihrem Ver- 
halten ergaben. 


Bei Boloria arsilache erwiesen sich dagegen die Winterungs- 
gewohnheiten als durchaus konstant — ich konnte auch durch 
Treiben der relativ sehr großen, orangefarbigen Eier in 30° Wärme 
die Tiere nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Ob die asiatischen 
Arten aus südlicheren Lagen eine Ausnahme bilden, war noch nicht 
zu erfahren — jedenfalls unterscheidet sich die europäische Bolorta- 
Raupe sowohl durch ihr Aussehen wie durch ihre Gewohnheiten 
mehr von Clossiana-Raupen als von den Raupen der Acıdalta- 
Arten. 

Die eigenartigeFarbenverteilung auf den Flügeln — besonders 
derHinterflügelunterseite — von Boloria-Formen (die beiarstlache 
in Norddeutschland ihre größte Schönheit erreicht, infolge be- 
sonderer Ausbildung von Rot und Violett) bleibt auch in Asien 
wo gelbliche und braune Töne vorherrschen, noch leicht kenntlich 
und unterscheidet die hierhergehörigen Falter schon auf den ersten 
Blick von der folgenden Gruppe. 


Clossiana m., nov. gen., Type: selene Schiff. 
Der Gattungsname ehrt den bekannten Entomologen Herrn 
A. Closs. 


Die Abtrennung dieser Gattung war bereits im Grundtext 
vorbereitet, da pales von selbst als ausfällig erschien. Ich zeige 
die in der Mehrzahl noch wenig erforschten Arten vorläufig in 
vier Sektionen: 


1. a) selene Schiff., erda Chr., selenis Ev., myrina Cram., 
hegemone Stdgr., euphrosyneL., polaris Bsd., frigga Thnbg., bellona 
Edw., epithore Edw., thore Hbn., freia Thnbg., eva Gr. Gr. (= gong 
Obth.). jerdoni Lang, iphigenia Gräser, chariclea Schneid. — alle 
mit ziemlich schmalem, zweispitzigen, manchmal sogar zwei- 


=) Der Kopf wird als Segment gezählt. 
%), Die Angaben für die Berliner Gegend wurden nach meinen eigenen 
Beobachtungen gemacht. 


Archiv a N Fu as 15 11. Heft 


226 Th. Reuss: 


spaltigem Uncus?”) (selene) und nur einem Apicalgreifhaken 
an jeder Valve; b) montinus Scudder, helena Edw., mit mehreren 
kurzen Chitinzähnen über dem Apicalgreifhaken und breiterem, 
sichtbar tiefer an der Spitze auseinander klaffendem Uncus; 
c) amathusia Esp., angarensis Erschoff mit einigen langen Chitin- 
zähnen über dem Greifhaken und noch breiterem Tegumen und 
Uncus. 

Nur erda und iphigenia untersuchte ich nicht selbst, son- 
dern stütze mich auf Petersens Angaben, 1. c. 

2. Oscarus Ev., mit Doppelhaken am Valvenapex, Uncus 
schmal. 

3. Astarte Dbldy., elatus Stdgr., (astarte) amphilochus Men., 
dia L. mit hammerförmiger statt wie bisher daumenförmiger 
Oberrandsflagelle und besonders langem Apicalfortsatz (mit 
nur einem Haken wieder!) der Valve. Unter 35 dia-Armaturen befand 
sich eine, welche die daumenförmige Flagellenform besaß. 

4. Aphirape Hbn. mit sehr schmalem Uncus (vgl. Petersen, 
l. c.), die Valven stehen in der Gestalt den greifhakenlosen Valven 
von Boloria und anderen Gattungen nahe, d. h. der untere Rand 
ist nicht abgeschrägt, sondern springt weitvor, um eine Greiffläche 
zu erzeugen, sie haben aber trotzdem einen wohlausgebildeten 
Greifhaken extra und darüber eine zweilappige Oberrandsflagelle 
(processus superior n. Petersen). Diese primitivste, generalisierte 
Form vereinigt also zwei Greifsysteme und ihre Variations- 
richtung gab mir erst Aufschluß über die sichere Zugehörigkeit 
zu Clossiana (mit Betonung des Greifhakens auf Kosten der 
Greiffläche). Die sehr erhebliche Variabilität offenbarte sich mir 
nicht bei aphirape aus Mitteleuropa, sondern bei ‚intermedia” 
(Lappland) und bei der geogr. Art triclaris Hbn. (N.-Amerika), 
welche ebenso wie die nordeuropäische ossianus Hbst. normaler- 
weise dieselben Armaturen wie aphirape besitzen. Dabei erwies 
sich ossianus als relativ sehr konstant. Die Abänderungen bei 
triclaris und intermedia ließen Armaturen der Sektion 1a, 1b, 
sowie urtümliche Details entstehen. Der Vergleich mit Petersens 
Arbeit, l. c., ergab, daß auch chariclea ähnlich variiert. 


Die in Anzahl vorhandenen übrigen asiatischen Nebenform.en 


der aphirape, welche meist von Mewes benannt wurden, konnte 


ich noch nicht untersuchen — sie könnten noch manche Über- 
raschung bringen, ohne doch die Mutationen der triclaris an Be- 
deutung zu übertreffen. Schon triclaris-Armaturen allein verbinden 
a) im normalen Zustande Gattungen, b)im aberrativen Zustande 


Arten, c) im atavistischen Zustande Gegenwartsformen mit 


Urformen. Das Wort ‚verbinden‘ ist natürlich hier sehr ‚cum 

»”) Der Uncus ist am lebenden Tier sehr beweglich und teilt sich bei 
selene in zwei getrennt bewegliche Hälften. In der Ruhestellung klaffen 
nur die Spitzen auseinander und der Uncus sieht nieht anders aus als ein 
unteilbarer. . 


ee 0 BER 


Eine Androconialform 997 
grano salis“‘ zu nehmen. Tatsächlich erweist sich Zriclaris durch 
die Art ihrer Variation als echte Clossiana. 

Bereits im Grundtext hatte ich unter Boloria Moore die all- 
gemeinen Charakterzüge der Armaturen dieser androconienlosen 
Gruppe dargelegt. Über die Raupen schrieb ich vergleichend 
abermals unter Boloria bei Beschränkung der Gattung auf Pales 
und zugehörige geographische Arten. 

- Die Vorderrandsäderung der Vdflgl. entspricht bei Clossiana 
überall und offenbar konstant derjenigen von Felders ‚Brenthis‘“ 
Sekt. 1, also Ader 10 (=r,) aus Ader 7 (= r,), weitab von der 
Zelle entspringend. 

Dies wäre nun die ‚‚echte‘“ Gruppe ‚kleiner Arten‘‘ — aber 
doch nur für den Arier von heute, sofern er aus seinem europa- 
zentrischen Denken nicht mehr herauszukönnen scheint! Denn 
in Asien im Armurgebiet, fliegt die ‚‚große‘ elatus Stdgr., welche 
schon im männlichen Geschlecht eine mittlere Fabr. nıobe oder 
cydıppe an Größe erreicht und sogar oft übertrifft. Ein elatus 3, 
das ich von Firma Kricheldorff erhielt und sich jetzt im Berliner 
Museum befindet, besitzt eine Costallänge jedes Vorderflügels 
von 29 mm! 

Nach der Arbeit von Edna Mosher, ‚‚Bull. of the Illinois 
State Laboratory of Nat. Hist.‘‘, März 1916, ‚‚A Classification of 
the Depidoptera based on the Characters of the Pupa‘‘ erweist 
sich die Puppe von Clossiana (die in Gestalt der ‚‚Brenthis‘“ myrina 
Cr. zur Untersuchung kommt), als besonders gegenüber derjenigen 
von „Argynnis‘“ (cybele F. wurde untersucht), welchenachMoscher 
einer anderen Kategorie angehört. Dagegen stellt E. Mosher 
die Puppe von Dione (Agraulis) vanillae L. ganz in die Nähe 
der myrina-Puppe, nämlich in die gerade vorhergehende Unter- 
abteilung gleicher Kategorie. 

Dieses Zusammentreffen der Puppen südamerikanisch spezali- 
sierter Tiere mit gerade dieser nordischen Gruppe könnte phylo- 
genetisch von besonderem Interesse werden, wenn auch obige 
Resultate auf die Puppenmerkmale einzelner Arten basiert 
würden (— ich erinnere an die im Grundtext abgehandelte süd- 
amerikanische Gattung Yramea m., welche früher bei ‚Brenthis’” 
Felder, Sub. 2, stand und sich als doch sehr verschieden erwies). 

Ich komme nun noch näher auf die bereits erwähnte Variabili- 
tät der Zriclaris Hbn.-Armaturen zurück, deren Bedeutung sich 
noch erhöhte, als der Vergleich mit Petersens Abbildungen, 1. c. 
ergab, daß auch chariclea Schneid. in gleichem Sinne variiere, 
wie friclaris — eine Tatsache, die Petersen aus Mangel an Ver- 
gleichmaterial verborgen bleiben mußte. 

Es fanden sich bisher schon unter 11 Armaturen der iriclaris 
(Labrador) und zwei Armaturen der nahestehenden ‚‚intermedia“ 
aus Lappland (letztere aus der dem Museum überwiesenen Sarmm- 
lung des Malers Herrn V. Stoetzner-Lund) bereits drei mutierende 
Armaturen. 1. Die intermedia-Armatur entspricht durchaus den- 


15* 11. Heft 


J98 Th. Reuss: 


jenigen von montinus und helena (Sect. 1b). 2. Triclaris, Labrador, 
Bln. Museum, ergibt eine Armatur, die derjenigen - von selene 
(Sect. 1a) gleicht.3) 3. Triclarıs, Labrador, zeigt Uncus und 
Valven wie selene etwa, hat aber eine ganz und gar aberrative, 
mit langen Haaren versehene Oberrandsflagelle. Solche Flagellen 
tragen sonst niemals Haare, höchstens eine Zähnelung, die hier 
fehlt. Die Flagelle entsteht deutlich aus einer Oberrandsfalte, 
welche noch ebenso behaart ist, wie die apicalwärts liegenden 
Valventeile — es liegt also eine urtümliche, generalisierte Bildung 
vor. Vergeblich suchte ich diese Flagelle bei anderen Tieren 
(— wie gesagt, fehlen mir noch viele asiatische Nebenformen der 
aphirape zur Untersuchung —) und war umsomehr überrascht, 
diese Flagelle bei Petersen, 1. c;,, sehr gut abgebildet zu finden, 
indem die Behaarung, die auf den Abbildungen sonst 
fehlt, gerade hier wiedergegeben wurde, ohne aber in 
der Beschreibung Erwähnung zu finden. Auch Stellung und Form 
der Faltenflagelle stimmte genau; — aber nach Petersen ent- 
stammte diese Armatur keiner triclaris-Form — war auch gar nicht 
aberrativ —sondernsollte einfach dieNormalarmaturenvon chariclea 
representieren! Nun besitze ich eine ganze Reihe von Armaturen 
der chariclea, darunter auch boisduvali Duponchel aus N.-Amerika, 
aber diese fallen durchaus in die selene-Kategorie! Da kaum anzu- 
nehmen ist, daß Petersen nur ein Exemplar von chariclea unter- 
suchte, so muß diese Art in gleichem primitiven Sinne wie triclaris 
öfter — wahrscheinlich an bestimmten Lokalitäten — 
abändern! Aber auch wenn nur ein Exemplar zur Untersuchung 
gelangte, so ist jetzt doch mindestens eine gelegentliche Parallel- 
variation zwischen chariclea und triclaris erwiesen. Daß Petersen 
Opfer einer Täuschung wurde, indem ihm geklebte Stücke mit 
falschen Leibern vorlagen, dürfte ausgeschlossen sein. Ich selbst 
habe mich gegen Täuschungen stets vorgesehen. Es wäreauch merk- 
würdig, wenn ein fehlender intermedia-Hinterleib etwa durch 
einen Hinterleib der im Handel seltenen und wertvollen montinus 
oder helena aus den White Mountains, Nordamerika, ersetzt wurde- 
was doch vorstehend, falls eine Täuschung vorliegen sollte, bei 
Fall 1 geschehen sein müßte! 

Für fernere Arbeiten läßt sich bereits folgender Leitsatz 
prägen: & 
Die Genitalarmaturen der Arten sind zu manchen Zeiten und 
in manchen Lokalitäten ebenso variabel wie die Facies (Farbe und 
Zeichnung ete.), auch in diesen morphologischen Merkmalen kann 
innerhalb verwandter Formenkreise eine Art die andere ea ; 

Vorausgesetzt ist hier der zu Anfang dieser engeren Aus- 
führungen zitierte Satz aus den Ergebnissen Veritys, 1. c., bezüglich 
der äußerlichen Variation von „Zygaena“ (Anthrocera) filipendulae: 


3%) Der Uneus fehlte. Bei Nr. 3 konnte ich nicht feststellen, ob der Uncus 
auch teilbar ist, wie bei selene. Dieses Merkmal läßt sich zuverlässig nur 
an lebenden Tieren sehen. 


Eine Androconialform 229 


„different species can produce individuals, to allexternalappearance 
exactly similar to each other‘ — der in solcher Prägnanz wohl sonst 
noch nicht ausgesprochen wurde. Hinter dem Worte ‚can‘ ist 
nach Veritys Text zu ergänzen: „je nach Art und Zeit.“ 

Damit schließen sich unsere Betrachtungen zur Spirale — 
aufsteigend — denn die morphologischen Befunde erlauben eine 
gleiche Formulierung, stellen uns aber nicht an, sondern über den 
Ausgangspunkt, von wo aus sich weitere Perspektiven eröffnen. 
Unsere Unterscheidungsfähigkeit ist nunmehr nicht geringer, 
sondern größer geworden —: ganz wie es Niceville in seinem 
Vorwort zu den „Indian Lycaenidae‘ forderte, werden die 
Gruppen auf die Kenntnis möglichst vieler Merkmale also auf 
einer Kombination von Merkmalen — aufgebaut. Bei Variation 
eines Teiles solcher Merkmale bleibt ein anderer Teil zur Kenn- 
zeichnung?®) (Kontrollmerkmale). Bei indifferenten Formen wird 
die Variationsrichtung irgend welcher sonst charakteristischer 
Teile selber zum entscheidenden ‚Merkmal‘, indem die Stellung 
zu spezialisierten Gruppen verraten wird (Beispiel: C. aphirape 
triclaris). 

Umgekehrt wird eine hochspezialisiertte Form manchmal 
durch ein relativ generalisiert gebliebenes, entscheidendes Detail 
in eine Reihe mit äußerlich unähnlichen Formen gebracht (Bei- 
spiel: Yramea cytheris mit einer Unterseite wie bei Euftoieta- 
Arten, einer Oberseite fast wie bei Rathora lathönia und mit Andro- 
conien von der typisch südamerikanischen Löffelform wird durch 
ihre charakteristischen Armaturen zusammengestellt mit 
Yramea inca, die androconienlos ist und eine Melitaea-ähnliche 
Unterseite mit einer ‚normal‘ gefleckten Oberseite verbindet. 
Außerdem hat inca — umgekehrt wie alle verwandten Arten — 
graue 3S und rotgelbe ?9, dazu auf der Unterseite erhaben weiß 
bestäubte Adern, wie etwa die nordische fernerstchende Araschnia 
evana — alle diese Unterschiede fallen durch die Armaturen unter 
einen Hut, das ist hier der Gruppenname (Yramea.) 

Zur Neuordnung der Gattungsübersicht am Ende des Grund- 
textes gebe ich noch die entsprechenden Hinweise. Die Differen- 
zierung ist nunmehr soweit gediehen, daß statt zwei Kontroll- 
merkmalen — Tegumen und Androconienbefund — deren drei 
notwendig werden. Clossiana wird von Boloria sehr leicht schon 
äußerlich im Falterstadium unterschieden, es steht aber auch noch 
folgende Auswahl von differenzierenden Merkmalen zur Verfügung: 
a) 1. Jugendstadium der Raupen, b) Greifhaken und entsprechend 
geformte Valven der Falter, c) Vorderrandsäderung der Vdflgl. 
Das unter Boloria im Grundtext erwähnte Detail des vollkommen 
teilbaren Tegumen entfällt zugunsten von Clossiana, istaber nicht 

\ 


”) Vgl. auch „Ent. Record & Journal of Variation“, Mai, 1921, „On 
the occeurrence of socalled type-specimens of Pieris napi in alpine regions“ 
von B. ©. S. Warren. Der Autor zeigt, daß dort nur P. bryoniae fliegt — 
dio weißen Tiere sind Aberrationen, nicht P. napi! 


11. Heft 


230 Th. Reuss: 


durchweg unterscheidend. Rathora und Kükenthaliella unter- 
scheiden sich an dritter Stelle durch das Geäder — die 
ausfälligen Details des Tegumen bei smaragdifera kommen letzterer 
Gattung natürlich zugute. Es könnten also entsprechend gelten 
(bezw. sind dort im Grundtext einzuschalten) : 

Boloria Moore = vorn gespaltenes Tegumen; keine Andro- 
conien; Vorderrandsäderung der Vdflgl. zeigt 1, aus r, 
näher der Zelle. 

Clossiana T. R. = vorn gekerbtes, gespaltenes, auch ganz 
teilbares Tegumen; keine Androconien; Ader r, aus T, 
weitab der Zelle. 

Rathora Moore = einfacher, gekrümmter Haken als Tegumen; 
keine Androconien; Vdflgl.-Ader r, aus der Zelle von Ader 
r, entfernt verlaufend. 

Kükenthaliella T. R. = einfacher gekrümmter Haken, auch 
mit stumpfer Spitze; keine Androconien; r, aus r, näher 
der Zelle, oder aus der Zelle, aber an r, angelehnt (oft 
verschmelzend) und sich erst sekundär von letzterer 
Ader abbiegend. Diese Details variieren oft sogar bei den 
gleichen Exemplaren auf verschiedenen Vorderflügeln 
(Asymmetrie). 

Die hier angebahnte natürliche Gruppierung dieser Falter 
dürfte unter gewissen Voraussetzungen einen neuen Artbegriff 
vorbereiten, unter welchem die heutigen Artnamen für Formen ver- 
schiedenen Wertes stehen bleiben, während der heutige Gattungs- 
nane die Sammelart vertritt. 


Die Formen von Papilio antimachus Drury 
im Berliner Museum. 


Eine monographische Skizze an Hand der bis- 
heriren Literatur mit biotechnischen Ausblicken. 


Von 
Th. Reuss. 


Im Berliner Museum befinden sich 21 männliche und ein 
weiblicher Falter der größten afrikanischen Papilio-Art, P. antı- 
machurs Drury. von welcher das erste bekannt gewordene 3 an der 
äußersten Nordwestgrenze des Verbreitungsgebietes bei Sierra Leone 
im Jahre 1775 gefangen wurde.!) Von Smeathman nach England 


En Die en sind nach Robert H. J. Rippon se Ornithopte-. 


rorum“, 1, 1898, gegeben. 


a a ee 


Die Formen von Papilio antimachus Drury im Berliner Museum 231 


gebracht, ließ dort Drury das außergewöhnliche Tier durch Jones, 
den entomologischen Maler Donovans’, und durch Moses Harris 
abbilden. Nach dem Original des letzteren (das nach Rippon 
nicht so gut gelungen sein sollte als die Jones’sche Zeichnung) 
wurde die farbige Abbildung in ‚‚Illustrations of Natural History“ 
von Drury, vol. III, 1782, gefertigt, und der Falter wurde im glei- 
chen Werke beschrieben und benannt. Das Exemplar wurde später 
vonMacleayangekauft (1805) und kamin das Museumnach Sidney. 
Alle einschlägige Literatur der nächsten 100 Jahre bezieht sich 
auf die Drury’sche Type, die schon für eine Fiktion, für die Aus- 
geburt der menschlichen Phantasie gehalten wurde, denn erst 1864 
kam ein zweites antimachus $ nach England, welches von Miß Dibbol, 
Missionärin in Creek Town, Old Calabar, gefangen worden war. 
Einige Jahre später fing Rogers, der für Hewitson bei Gabun 
sammelte, zwei männliche Falter (nach Staudinger im Monat März 
bei Fernando Po). Ein schönes 3, 9%/,, Zoll groß, fand Chapman, 
Glasgow, in einer Schachtel auf einem Handelsschiff aus der Gegend 
von Gabun, und Missionar T. W. Thompson, von der Nieder- 
lassung der Baptist-Mission, Ambas Bay, fing ein 8%, Zoll großes 
Stück ‚North of the Cameroons‘, sowie ein zweites J nördlich des 
Sherboro-River, welches in das Horniman Museum kam. Dann 
wurden männl. Falter von P. antimachus am Congo, etwas zahl- 
reicher gefangen. Erst 110 Jahre aber nach Veröffentlichung der 
Beschreibung von P. antimachus, $, konnte eine Darstellung des 
sogar bis heute überhaupt nur in 3 Exemplaren bekannten % 
folgen.?) Watkins erhielt das erste 2 zusammen mit- einem sehr 
dunklen 3 und beschreibt es in Ent. Monthly Magazine, II. Series, 
vol. 3 (= vol. 28), 1892, pl. V, unter Beigabe einer nicht farbigen 
Abbildung auf der genannten Tafel. Gegenüber dem & fällt die 
geringe Größe (bis 11 cm weniger Spannweite als beim $ größten 
Ausmaßes) und gar nicht mehr ungewöhnliche Flügelfoım auf. 
Deiselbe Autor beschrieb noch 1. c. vol. 35, p. 109, 1899, eine 
ö Aberration aus Gabun — vielleicht das mit dem 9 seinerzeit 
zusammen erhaltene als sehr dunkel bezeichnete S — als f. gigantea, 
“welche außer der stattlichen Größe von 9%/, Zoll (= 24,5 cm) 


®) Es kann nicht stark genug betont werden, daß die Seltenheit des 2 
keine tatsächliche ist in biologischem Sinne. Die weiblichen Falter sehr 
vieler Arten leben zurückgezogen — überhaupt anders — als die männ- 
lichen Tiere, zeigen sich nicht an der Tränke usw. Die Aufzucht aus Raupen 
— man denke an die Standfuß’schen Zuchten, die darüber aufgestellten 
Listen enthalten etwa 40 000 Falter in vielen Arten — ergab dann stets 
unter normalen Umständen eine annähernde Gleichheit der Zahlen 
für die beiden Geschlechter, und zwar in dem auch für den Menschen 
er en Verhältnis von etwa 106:100 — mit also nur geringer Überhöhung 
ür das männliche Element. Ein gutes Beispiel bieten die heimischen 
Apatura-Arten und mancher Entomologe, der im Freien noch nie ein 9 
sah, hat bei Aufzucht aus Raupen vielleicht via Zufallstücke nur weibliche 
Falter erhalten und in jedem Fall stets relativ mehr von diesen schiller- 
losen Tieren erzogen als ihm für seine Zwecke lieb war. Der Nutzanwendung 
dieser Verhältnisse auf den Fall antimachus stehen keine Bedenken entgegen. 


11. Heft 


2332 Th. Reuss: 


zusammengeflossene Zellllecken der Vdilgl. (= analog den be- 
kannten Vanessa-Aberrationen!) und stark vergrößerte aber nicht 
verbundene eckige Htflgl.-Flecken aufwies.?) 

Der beschreibende Name hätte besser Bezug auf die sehr 
interessanten Schwärzungen als auf die Größe gehabt, denn schon 
damals befand sich im Tring-Museum (nach Rippon, 1. c. pl. II, 
fig. 1) mindestens ein 3 von gleicher Größe, dessen Costalmaß der 
Vaflgl. mit 11,7 cm angegeben wurde, und unter den mir heute vor- 

iegenden Berliner Exemplaren sind 2 noch größer, nämlich 9°/, 
und 10 Zoll (= 26,2 cm). Unter diesen Umständen wird es zweck- 
mäßig sein, den außergewöhnlich großen Tieren einen besonderen 
Namen zu erteilen, der auf tatsächliche Riesenhaftigkeit hinweist. 
Jedenfalls kann allein hierdurch die Aufmerksamkeit dafür rege 
gehalten werden, daß bei gigantea die Größe nichts Absonderliches 
war. Ich unterscheide daher diejenigen sonst normalen Falter, 
deren Vdilgl.-Costalmaße zusammen mit dem Körperdurchmesser 
einen Viertelmeter und darüber betragen als f. herkules. Die 
Type im Museum aus dem ‚Kamerungebirge, Bonge“, mißt26,2cm, 
die Cotype aus „Ebea, Kamerun‘ (— Etikettebezeichnung) 25,2 cm. 
In ‚Die Papilioniden Kameruns“ von Herrn Dr. A. Schultze 
wird bei einer Erwähnung dieser Falter das Maß von 26,2 cm 
(= 12,6 cm Costallänge jedes Vdflgls. und 1 cm Körperdurch- 
messer) versehentlich auf das Tier aus Eb(d?)ea bezogen. Das 
kleinste vorliegende $ dagegen ist 21,4 cm groß und dürfte die 
normale Größe zwischen 22 und 24 cm liegen. Es mögen hier- 
nach sonst normale männliche Falter unter 21,5 cm „Spannweite“ 
(nicht im Staudinger’schen Sinne gemessen, vgl. ,,Exot. Schmett.“, 
1888, sondern wie schon oben angegeben, sind stets die Costal- 
ränder, nicht die Innenränder der Vdflgl. als senkrecht zum Körper 
gedacht, bezw. sind die Maße einzeln den schon gespannten Tieren 
entnommen) f. parvus heißen. Type: 21,4 cm groß, bez. Sierra 
Leone, Stdgr. Coll. 

Dieses kleine $ — nach Rippon soll schon ein Exemplar nur 
noch in der Größe der weibl. Falter, 15—17 cm „Spannweite“, 
nach England gekommen sein — erinnert am meisten an das 
kleinere 2 auch darin, daß die Htflgl. nicht so großfleckig sind als 
bei größeren männl. Faltern, insbesondere steht kein durchgehender 
schwarzer Streifen zwischen Flgl.-Wurzel und dem Vorderrands- 
flecken; es sind solche Merkmale zwar auch bei diesen kleinen 
Formen noch sehr der Variation unterworfen — immerhin ist 
der vorliegende Fall bemerkenswert. 


®) Dieser Aberration wird im Seitz’schen Werke gedacht und leider 
entsteht in der gegenwärtigen Auflage infolge Druckfehlers eine Unrichtig- 
keit in der Beschreibung wie folgt: „Bei ab. gigantea Watkins sind die beiden 
schwarzen Querflecke in der Mittelzelle der Htflgl. vereinigt, und die 
schwarzen Flecke in der Mitte der Htflgl. fast doppelt so groß wie bei der 
typischen Form und mehr eckig.‘‘ Hier muß man schon Watkins Original- 
version kennen, um sicher zu sein, daß es das erste Mal „Vordertlgl.“ 
statt Htflgl. heißen muß, 


s 


Die Formen von Papilio antimachus Drury im Berliner Museum 233 


Verglichen mit allen mir vorliegenden Museumsfaltern fallen 
die Abbildungen des ersten 3 von Drury, samt den danach ge- 
fertigten Kopien bei Esper ‚Ausländische Schmett.‘ (farbig) und 
Lucas in Dr. Chenu ‚„Encycel. d’histoire nat.‘ (schwarz und weiß), 
1791 und 1851/53, und des ersten $ von Watkins dadurch auf, 
daß die Vdflgl. von der Spitze längs der Costa bis zur Mittelgelle 
ganz geschwärzt erscheinen, während dies nur bei einem einzigen 
kleinen zerrissenen $-Exemplar im Museum wenigstens übergehend 
der Fall ist. Vielleicht ergab sich hieraus die Abtrennung der 
f. plagiata') Stichel im 20. Bande der ‚‚Insektenbörse‘, 1903, 
welche sich durch bandweise verbundene große gelbliche, dicht 
am Costalrand weißliche Flecke im Apex auszeichnet. Abgebildet 
wurde eine solche Form als ‚‚antimachus var.‘ zum ersten Mal im 
Rippon’schen Werke, 1. c., pl. III. Dieser extremen Form gehören 
6 männliche, sowie als erstes hiermit bestimmtes f. Plagiata 
(= Original der Beschr. von Staudinger ‚‚Die Weibchen von 
antimachus und zalmoxis‘‘, Iris, 5, 1892) der eine weibliche Falter 
des Museums an. Letzterer ist bezeichnet: Kamerun, Victoria, 
Staudgr.-Coll. 7 andere Falter sind Übergänge zu Plagiata, 6 Tiere 
zeigen die Flecke nur mäßig ausgebildet, und allein ein einziges 
schon erwähntes, lädiertes Exemplar kommt, wie erwähnt, dem 
Drury’schen Bilde nahe. Nach dieser Übersicht und unter Berück- 
sichtigung des Umstandes, daß Rippon, als er Tring’sche antı- 
machus in seinen ‚„lcones Ornithopterorum‘‘ 1898 abbildete, auch 
nur bis an den Costalrand -gefleckte Stücke erhielt, wovon das $ 
auf pl. III sogar Plagiata ist, können die am Costalrand ver- 
dunkelten Tiere als recht seltene, gut unterschiedene Formen 
gelten. Ich unterscheide dieselben als f. karschi, zu Ehren des 
Custos im Berliner Museum, Herrn Professor Karsch, und deckt 
der Name auch Stücke, deren Vdflgl.-Apicalteile vom ersten Quer- 
fleck der Mittelzelle ab in ganzer Breite geschwärzt sind, denn das 
Museumexemplar aus Togo, als das einzige hier vorhandene co- 
typische Exemplar, zeigt bereits eine deutliche Verdunkelung der 
in besagtem Felde liegenden rotgelben und ockergelben Flecken. 
Typisch sind die angeführten oftenbar naturgetreuen Bilder von 
Drury für das $ und von Watkins für das 9, beide überhaupt 
mit sehr verkleinerter Fleckenzeichnung in den distalen Flügel- 
tejlen. Es liegt hier nahe, nach der entgegengesetzten Aberrations- 
form zu fragen, bei welcher die rotgelbe Farbe an Stelle der 
schwarzen überhand nimmt. Das schwarze Apicalfeld ist gewiß 
nur eine Parallelbildung zu der gleichen Erscheinung bei so vielen 
Falterarten der verschiedensten Gattungen und muß sich also, 
wie z. B. schon bei unseren Pyrameis-Arten, auflösen lassen in 
rötlichgelbe oder bräunliche Grundfarbe. Ein Exemplar der ge- 
suchten Art findet sich nicht im Berliner Museum; zwar haben 


*) Es gibt auch einen Papilio plagiatus Aur. Die Namen sind trotz 
des nur in der Endung liegenden Unterschiedes, da nun einmal veröffent- 
licht, so wenig anfechtbar wie Gattungsnamen im Stile von Pieus, Pica u. a. 


11. Heft 


234 Th. Reuss: 


fast alle Falter Spuren von rötlichen Strahlen im Apex, und bei 
einem Tier sind einige solche Flecke schon recht deutlich ausge- 
bildet, aber es bleibt bei Andeutungen. Dagegen ist das Original 
der Rippon’schen Abbildung, 1. c. pl. II, fig. 1, sicher die gesuchte 
Form, welche sich also im Tring-Museum befindet. Hier wird die 
distale schwarze Einfassung der gelblichen, mittelmäßig ent- 
wickelten Apicalflecke zur schwarzen Bindenzeichnung und es 
folgt noch ein breites rotgelbes Feld, das nur durch schmale graue 
Strahlen, wie sie bei sehr vielen tropischen Faltern in der Mitte 
der Aderzwischenräume verlaufen, geteilt wird. Die immer noch 
dunkle, graue Flügelspitze selber, scheint doch bei diesem Exemplar 
heller zu sein als es normalerweise der Fall ist. Ich benenne diese 
Form im Hinblick auf die naturgetreue Abbildung nach dem 
Exemplar in Tring, f. rothsehildiana, zu Ehren des Besitzers, Lord 
W. von Rothschild. 

Die bei f. gigantea bereits berührte Aberrationsrichtung, die 
in dem radiär gerichteten Zusammenfluß tiefschwarzer Zeichnungs- 
merkmale besteht, wie sie bei europäischen Tagfaltern so gut 
bekannt wurde, ist bei fast allen Exemplaren von P. antimachus 
des Museums in geringem Grade wenigstens vorhanden, und zwar 
handelt es sich um die mehr oder weniger tiefschwarze Verbindung 
des schwarzen Vorderrandfleckens der Hitflgl. mit der Flügel- 
wurzel. Dieser Streifen fehlt nur dem 2 f. plagiata und dem 
f. parvus, dessen Q-Ähnlichkeit der Htflgl. schon erwähnt wurde. 
Nur eine schwache, schwärzliche Bestäubung ist bei f. farvus an 
Stelle des Streifens noch vorhanden. 

Interessanterweise zeigt ein Exemplar nun noch einen zweiten 
schwarzen Streifen in der Htflgl.-Mitte, und gerade dieser Falter 
ist das Original der Abbildung bei Staudinger ‚Exotische Schmet- 
terlinge‘“, Taf. XIII. Das aberrative Merkmal besteht — außer noch 
in einem Näherrücken aller schwarzen Discalflecke an die Mittel- 
zelle im oberseitigen Zusammenfluß des schwarzen Mittelzell- 
fleckens mit dem davor liegenden Discalflecke. Unterseits sind 
die Flecken durch einen bläulichen Schatten verbunden, wie ein 
solcher sich überall der schwarzen Unterseitenzeichnung ansetzt, 
wo dieselbe gegen die Oberseitenzeichnung an Größe zurücksteht. 
Einige eingesprengte tiefschwarze Schuppen verraten die Möglich- 
keit einer Verbindung der Flecke auch unterseits. Die Abbildung 
zeigt fast alle aberrativen Merkmale — sogar die in Häkchenform 
eingestreuten schwarzen Schuppen unterseits zwischen den beiden 
aberrativen Flecken — läßt aber an gleicher Stelle den durch- 
gehenden bläulichen Bindeschatten nur teilweise zur Dar- 
stellung kommen. Ich unterscheide das an so gut bekannter Stelle 
sehr naturgetreu abgebildete Tier in ehrendem Gedenken des ver- 
storbenen Autors als f. staudingeri, 3, Type aus Gabun. Ein zweites, 
leider beschi.digtes Exemplar — es fehlen die Fühler und ein Teil 
der Beschuppung des linken Vdflgls. und auch des l. Htflgls. — 
konnte ich zufällig bei A. Heyne, Berlin, erwerben. Diese Cotype 


Die Formen von Papilio antimachus Drury im Berliner Museum 235 
J Ze 


von f. staudingeri ist frischer in der Farbe (d. h. röter) und kleiner, 
nur 20,4 cm groß also von Parvus-Größe. Im übrigen — außer 
daß unterseits schwächere bläuliche Fleckenschatten zu sehen 
sind — gleicht das Tier der Type. 

Eine vergleichende Zusammenfassung noch der drei bekannt 
gewordenen weiblichen Falter mit Hilfe des Rippon'’schen 
Werkes ‚„Ieones Ornith.‘‘, 1898, in welchem das 9 aus Tring gut 
abgebildet und beschrieben -ist, ergibt, daß die 3 Falter 3 ver- 
schiedene Formen darstellen, die auch bei den männl. Faltern vor- 
kommen. Das Tringsche @ erweist sich als nur 15,4 cm groß 


gegenüber dem 17,2 cm messenden Berliner $ f. plagiata. Die 
Apicalflecke sind alle vorhanden, aber viel weniger entwickelt — 
sie bilden keine zusammenhängende Binde wie bei f. plagiata — 
andere Besonderheiten sind nicht vorhanden. Das Tier kann als 
Durchschnittsform gelten und steht der hellen f. flagiata näher 
als der dunklen f. karschi, wie sie von Watkins abgebildet wurde. 

Hiermit dürften die wesentlichsten Formen von P. antimachus, 
soweit sie mir erreichbar waren, eine Kennzeichnung erfahren haben, 
und zwar unter Charakterisierung auch der Beziehungen, welche die 
Abänderungen untereinander haben dürften. 

Eine Kette der dunkelsten bis hellsten Formen läßt sich vor- 
läufig durch die erteilten Namen wie folgt ausdrücken: Karschi — 
antimachus — plagiata — rothschildiana. In eine Klasse aberrativ 
geschwärzter Formen für sich gehören: staudingeri — gigantea. 
Besondere Kleinheit und besondere Größe — unter 21,5 cm oder 
andererseits 1 Viertelmeter und darüber — werden ausgedrückt 
durch: darvus — (antimachus) — herkules. Die 3 bekannten weib- 
lichen Falter bilden die ersterwähnte Kette ohne f. rothschildiana. 

Von größtem Interesse ist nun noch der Kampf um die Stellung 
von P. antimachus im System. Durch ein Mißverständnis gerät das 
Tier in eine selbständige Gattung Drurya, welche gar nicht existierte. 
Denn Aurivillius, der Autor des Namens, hatte denselben nur als 
Hilfe zur besseren Kennzeichnung seiner ‚Sectio‘“ für antimachus 
aufgestellt, und zwar in „Ent. Tidsk.‘ 2, 1881. Die Anregung 
dazu gaben die Gruppenteilungen Felders in „Spec. Lepid.“, 
Verhdl. der zool. botan. Ges., Wien, 1864. Staudinger griff 1888 
„Drurya‘ fälschlich als Gattungsnamen auf (=in „Exotische 
Schmett.‘‘) und Watkins und Rippon folgten, wobei Rippon 
noch P. zalmoxis Druce zu antimachus zog und beide unter Drurya 
ganz neu an die Spitze der Ornithopteren stellte. Wundervolle 
Abbildungen von 3 Tring’schen Exemplaren des P. antimachus 
und ausführliche Besprechung der Art mit Karten der geographi- 
schen Verbreitung waren die — sehr günstigen — direkten Folgen 
des „Fehlers‘‘! Obgleich „Drurya‘‘ nomenklatorisch außerhalb 
der Regeln stand, für letztere ganz ‚‚totgeborenes Kind“ war, und 
Aurivillius selber im Originalartikel in der „Ent. Tidskr.‘“ am 
Ende seiner Ausführungen über ‚Sectio drurya‘‘ wieder Paßilio 
antimachus schreibt, auch noch extra in Rhop. aethiopica‘, 


11. Heitz 


236 Th. Reuss: 


1889, darauf hinweist, daß er nur eine ‚‚Sectio‘ habe kennzeichnen 
wollen (wobei er jetzt im ausführlichen Werk P. antimachus als eine 
„Erste Gruppe“, P. zalmoxis als eine ‚Dritte Gruppe‘ behandelt), 


war doch via Staudinger eine Gattung Drurya plötzlich einge- 


führt, obgleich extra noch ‚‚unter Protest‘, so daß die Lage rein 

nomenklatorisch jene bekannte Sage von den ‚„Kilkenny cats“ 

parodierte. 

Nachdem Rippon 1906 im 2. Bande der ‚‚Icones Ornithop- 
terorum“ unter ‚„Chronological History of the tribe Troides‘‘ die 
„Gattung Drurya‘‘ mit Fortlassung des Namens Aurivillius direkt 
(1888 und 1892) auf ‚Staudinger und Schatz‘ als Autoren datierte, 
lag der Fall nomenklatorisch wie folgt: 

1881 „Ent. Tidskr.“, Papilio antimachus Drury, Sectio Drurya, 
von Aurivillius definiert. 

1888 „Exotische Schmett.“ v. Staudinger u. Schatz: Gattung 
Drurya Aur. (nach Staudinger u. Schatz ohne Wiedergabe 
der Definition). Drurya antimachus (Drury). 

1892 ‚Exotische Schmett.“ v. Stdgr. u. Schatz fortgesetzt v. 
iöber: Gattung Drurya Aur. mit Definition nach Aurivillius. 

Drurya antimachus (Drury). 

1898/1906 ‚‚Icones Ornith.‘“ v. Rippon: Gattung Drurya Stdgr u. 
Schatz (nach Rippon). 

Also: 

1888: Drurya antimachus (Drury), fälschlich v. Staudinger u. 
Schatz nach Aurivillius. 

1906: Drurya antimachus (Drury), fälschlich von Rippon nach 
Staudingeru.Schatzmit Unterdrückungvon Aurivillius 

Autorschaft des Namens Drurya überhaupt. 

Wer also heute Papilio antimachus Drury schreibt, ‚‚entschul- 
dige‘“ sich lieber nicht wegen Nichtanerkennung einer ‚Gattung 
Drurya Auriv.‘“ noch einer solchen von ‚Stdgr. u. Schatz‘. Die 
„Gattung Drurya‘‘ existierte einfach niemals nach dem Willen 
von Aurivillius! 

Für wie gegen die tatsächliche natürliche Berechtigung einer 
besonderen Gattung für P. antimachus wurden begreiflicherweise 
alle erreichbaren Details angeführt, besonders auch im Hinblick 
auf eine mögliche Zugehörigkeit des Falters zur Pharmacophagus- 
Gruppe. So sehr die Kenntnis des Tieres hierdurch gefördert worden 
sein mag, eine Entscheidung konnte rein biologisch bis heute nicht 
fallen, denn die Kenntnis der Entwicklungsstände fehlt noch ganz. 
(segen die Zugehörigkeit zu den Ornithopteren wurde besonders 
das Fehlen der Dufthaare oder sonstiger Duftorgane angeführt; 
unter den Umständen konnte aber auch dieser gewiß recht auf- 
fällige Punkt noch nicht entscheidend wirken. 

Die sekundären Sexualcharaktere sind überhaupt bei P. 
antimachus die einzigen Details, die eine Vernachlässigung als 
solche erfuhren — was eben dadurch besonders hervortritt, 
daß fehlenden einschlägigen Charakteren (den Duftorganen) be- 


Die Formen von Papilio antimachus Drury im Berliner Museum 237 


sondere Wichtigkeit zugemessen wurde. Von größter biologischer 
Wichtigkeit sind sie nun allerdings — denn gerade im Rahmen 
oder im Gefolge sekundärer Sexualcharaktere erscheinen nicht 
lebensnotwendige Bildungen Luxuscharaktere nenne 
ich sie kürzer — die nur erklärlich werden, wenn man sie auf 
eine entsprechende Psyche bezieht, welche aber inzwischen — auch 
unerklärt die aufdringlichsten Erscheinungen noch für jede 
lediglich beschreibende Literatur abgeben. Die Bedeutsamkeit 
solcher Details bei den zweifellos im Daseinskampf stehenden, 
von zahllosen feindlichen Einflüssen bedrohten Tieren kann nicht 
hoch genug angeschlagen werden. Gerade hier aber schließt man- 
cher berufene Forscher sozusagen gewaltsam die Augen. Und vor 
was denn? Vor nichts anderem, als der soeben angezogenen, in 
ihren Wirkungen drastisch erkennbaren, jenseits jeder Lebens- 
notwendigkeit gestaltenden Tierpsyche. Vielleicht fürchtet man 
sich, in den „Sumpf des Anthropomorphismus“ zu geraten — 
fürchtet sich tatsächlich mehr vor solcher ‚‚geistiger Vergiftung“ 
als vor den unheimlichsten schleichenden Tropengiften und 
anderen körperlichen Gefahrenquellen des Forscherlebens, die wie 
selbstverständlich hingenommen und schlecht und recht bekämpft 
werden! Aber die anthropomorphen Gleichnisse müssen mit 
offenen Augen und rücksichtsloser Konsequenz gezogen und ver- 
folgt werden, auch auf die andere Gefahr hin, daß der allerprimi- 
tivste eigene, sehr empfindliche, menschliche, sekundäre Sexual- 
charakter — Eitelkeit — hier und da ein bißchen beschämt würde — 
von Schmetterlingen! Jedenfalls wird es interessant sein, die auf- 
fallende Gestalt des männlichen P. antimachus von den neuen Ge- 
sichtspunkten aus zu vergleichen. War schon das Fehlen der Duft- 
organe als Unterschied von den indo-australischen Ornithopteren 
gewertet worden, so kann hier nun die Aufmerksamkeit darauf 
gelenkt werden, daß bei P. antimachus die Größenent- 
wicklung als sekundärer Sexualcharakter auf Seiten 
des $ Platz greift, während die Vogelflügler sich als sagenhaft 
prächtigschillernde ‚‚Zwerge‘““ neben so gewaltigen Weibern 
gefallen, daß letztere unter sich gewiß die größten Tagfalter 
der Erde aufweisen, wenn man den ganzen Falter und nicht nur 
die Spannweite in Betracht zieht. Dabei sehen diese weiblichen 
Tiere von jedem Farbenluxus ab, geraten sogar mit ihren rauch- 
braunen, schmutzig gelblich weiß gefleckten Kleide auch hier ins 
Extrem und fallen noch extra durch Ähnlichkeit der Arten 
untereinander auf. Bei den viel zahlreicheren Arten von 
Vogelflüglern, deren männl. Tiere sich mit goldgelber Fleckung 
auf schwarzem Grunde ‚begnügen‘, gleichen sich auch die Diffe- 
renzen zwisehen den Geschlechtern sehr weit aus. Gerade weil 
eine weitgehende Variation fast alle Übergänge herstellt, wird durch 
diese sich im Rahmen eines bestimmten Stils (im Anschluß an 
die Verhältnisse auch eines bestimmten Landes) bewegenden 
Gestalten die Erkenntnis biotechnischer Zusammenhänge geradezu 


11: Heitz 


238 Th. Reuss: 


aufgezwungen. Das Wort „Stil‘“ (Mode) sollte bereits andeuten, 
daß Methode, Ordnung, Gesetz sich bei den Bildungen offenbaren — 
wir Menschen selbst nennen die erzielten Eindrücke ‚schön‘, 
bilden sogar an ihnen unseren eigenen ‚Geschmack‘ .— aber von 
lebensnotwendigen Details und einem etwaigen ‚Bildungszwang‘ 
im Sinne einer mechanischen Ausmerzung etwa ‚unpassender‘ 
Formen verraten die so auffälligen Gestalten der Ornithopteren 
gerade in den charakteristischsten Merkmalen nichts. 

Die natürlichen Gestaltungsgrenzen sind auf der indo-austra- 
lischen Inselwelt denkbarst weit gesteckt, und die hierin begriffene 
Bildungsfreiheit wurde von der treibenden Tierpsyche überall dort, 


wo sie sich bei wenigen Arten über das Durchschnittsniveau 


erhob, gewiß gut ausgenutzt. 


In Afrika liegen die Verhältnisse wesentlich anders, vor allen 
Dingen ‚‚enger‘‘. Ein so augenscheinlicher Luxus, wie in Indoaustra- 
lien kam dort nirgends auf. Aber die besagte sehr auffällige Ver- 
größerung des & von P. antimachus gegenüber dem 9, die sich im 
Stil außergewöhnlich langer Flügelformen bewegt, ist sicher auch ein 
Luxus. Man merkt dies — außer an den runderen Flügeln der weibl. 
Falter — besonders gut daran, daß die Form parvus, $, die in der 
Größe dem ® nahe steht, auch — beginnend mit den Htflgln. — 
eine dem 2 ähnlichere, von Strahlschwärzungen freie Zeichnung 
aufweist. Das f. farvus $ im Berliner Museum ist der einzige 
männl. P. antimachus dort, der nur ganz schwach den schwarzen 
Streifen (= Strahlschwärzung) über der Zelle am Vorderrand 
der Htflgl. besitzt. Der einzige sonstige Farbenluxus, den sich das 
& leistet, besteht in den weißen Flecken der unterseitigen Vorder- 
flügelmitte, und auch sie dürften sich noch als der Variation nach 
gelb und rot hin unterworfen erweisen. Bei den vorliegenden Fal- 
tern war es noch nicht der Fall. Sehr auffällig wirkte immer schon 
dieses Farbenkleid des Riesenfalters im Gesamtbild — die mit 
dem afrikanischen Faunencharakter vertrauten Lepidopterologen 
nennen es kurz ‚‚acraeoid‘“. Steht dieses besondere Kleid vielleicht 
in irgend einem Zusammenhang mit dem luxusmäßigen Flugver- 
mögen dieser Falter gerade der westafrikanischen Gegenden ? 


Gibt es einen anderen Luxusflieger mit acraeoiden Farben — 
wenn nicht in derselben dann in einer anderen Gattung, aber im 
gleichen Fluggebiet mit P. antimachus ? 


Eine solche bisher selten erbeutete Falterart der schon aus 
lauter vorzüglichen Fliegern bestehenden Gattung Charaxes existiert 
. nun dort tatsächlich. Der Name ist bereits bezeichnend: Charaxes 
acraeoides Druce. 


Im Habitus wie im Einzeldetail dem P. antimachus vielleicht 
noch weit ähnlicher als einer Acraea, bringt dieses Tier den Luxus- 
charakter doch in ganz anderer Weise zum Ausdruck. Hier geht die 
Flugmuskulatur insakrobatische, herkulische — um anthropomorph 
zu sprechen — der Thorax erfährt zur Aufnahme solcher großer 


Die Formen von Papilio antimachus Drury im Berliner Museum 239 


Flugmotore eine gewaltige Ausdehnung und Verlängerung auf 
Kosten des von oben kaum mehr sichtbaren winzigen Hinterleibes. 

Herr Dr. A. Schultze in ‚Die Charaxiden und Apaturiden der 
Kolonie Kamerun‘, 1919, berichtet, wie er das bisher nie erbeutete 
Q von Char. acracoides im Regenwald um eine 25 m hohe Baumkrone 
fliegend beobachten konnte, und wie er das Tier zuerst für ein 9 
von P. antimachus hielt. Mittels eines scharfen Glases konnte er 
den Falter dann näher erkennen. 

Diese Ähnlichkeiten bei doch so großen Unterschieden können 
nicht zufällige sein — es liegen hier biotechnische Correlations- 
erscheinungen vor, die den Einfluß einer bestimmten Umgebung 
in Wechselwirkung mit einer höchst temperamentvollen Tierpsyche 
bereits erkennen lassen. Es ist dieselbe — tatsächlich ziel- 
strebige — Tierpsyche, die zuweilen unter anderen Umständen 
für manche sonst unerklärbare Mimikryerscheinung verantwortlich 
ist. Die hier zusammengestellten Tatsachen lassen sich noch leichter 
werten, wenn man die größten Falter der dritten, hier noch nicht be- 
sprochenen tropischen Urwaldregion der Erde zum Vergleich 
heranzieht. Ich meine die Morpho-Arten Brasiliens. Dann sieht 
man, wie jetzt ganz außergewöhnlich breite, umfangreiche Flügel 
mit auffallend kleinen Körpern kontrastieren. Diese Verhältnisse 
sind abermals nicht zufällig, sondern zur Schautragung von Prunk- 
farben wurden große Flächen benötigt — und die Umgebung, in 
der das Neue (die Frunkfarben sind ganz anderer Art als die 
der Indoaustralier !) geschieht, ist ja nicht ‚altweltlich‘“, weder 
indoaustralisch noch afrikanisch! 

Die auf Darbietung von ‚‚möglichst viel Platz‘ zugeschnittenen 
Flügel werden besonders bei den männl. Faltern oberseits zur Auf- 
nahme von blendenden, primär männlichen Strukturfarben gut 
ausgenützt, und wenn es sich gewiß auch hier um vorzügliche Flie- 
ger handelt, so ist es doch offenbar, daß die Sinnestätigkeit, das 
Temperament solcher Tiere auf die Prachtfarben ‚‚gerichtet‘“ ist, 
deren Erzeugung und Verteilung biotechnische Glanzleistungen 
im wahrsten Sinne des Wortes darstellen. Der Sinn der verschiede- 
nen Luxusbildungen, die fast im ganzen Tierreich in unerschöpf- 
licher Vielgestaltigkeit verbreitet sind, ist immer der gleiche: die 
durch keine Lebensnotwendigkeit begründbaren Erscheinungen 
sind der äußere Ausdruck dafür, auf welche Sinnestätigkeiten die 
Psyche des Tieres sich freiwillig außerhalb des Daseinskampfes 
unter Nutzung der sich bietenden Verhältnisse einstellt. Dement- 
sprechend kommt es bei sogenannten ‚Asyltieren‘ zuweilen zu 
Luxuserscheinungen, die unter schärferen Lebensbedingungen zur 
Vernichtung ihrer Träger führen müßten. Aber sowohl die warm- 
wie die kaltblütige ‚höhere‘ Tierwelt weiß teilweise auch den här- 
testen Lebensbedingungen ein Schnippchen zu schlagen, indem 
sie eine unerhörte Prachtentfaltung nur auf ganz kurze Zeit im 
Jahre inszeniert — wir sprechen besonders bei Vögeln, Reptilien 
und Fischen vom ‚„Hochzeitskleid‘‘ das bei letzteren Gruppen 


11. Heft 


240 Th. Reuss: Die Formen von Papilio antimachus Drury im Berl. Mus, 


oft sogar nur im Augenblick des Äffektes aufleuchtet und 
sofort wieder verlischt. In der Insektenwelt gelingt letzterer 
Trick nicht —; das geschlechtsreife Tier behält seine Merk- 
male dauernd — dafür wird aber im Notfall das gleiche Resultat 
auf andere Weise erreicht, indem z. B. Luxusfarben biotechnisch 
so verteilt werden, daß sie in der Ruhestellung nicht sichtbar sind, 
oder indem ‚Sport‘‘ ganz anderer Art, z. B. mit noch wenig er- 
forschten, ein- und ausstülpbaren eigenartigen „Duftapparaten“ 
getrieben wird und was der Ausflüchte mehr sind, in deren Anwen- 
dung extra neben einem ‚Hochzeitskleid““ die höhere Tierwelt 
übrigens auch nicht zurücksteht. P.antimachusund Char. acraeoides 
gehören aber noch gar nicht einmal zu einer Klasse, die ‚‚gefährliche 
Spiele‘ treibt. Ihre Luxuscharaktere, die, wie gesagt, auf ein großes 
Flugvermögen hinzielen, sind „praktischer“ Art und offenbaren 
sich eben als Luxus nur dadurch, daß sie jedes notwendige Maß in 
augenfälligster Weise überschreiten. 

Von P. antimachus wird in fast jedem Werk, das den Falter 
bespricht, wiederholt, daß er „einem Relikt aus längst vergangenes 
Urweltzeiten‘ gleiche in seiner Erscheinung — aber der Falter ist 
sicher nicht urweltsmäßiger als irgend ein anderer von derselben 
schwarz-gelb-roten Uniform, und der Eindruck ist nur in unserem 
anerzogenen Vorstellungskreis in Verbindung mit urweltlichen Tieren 
zu begründen. Was an Papılio antimachus Drury wirklich für be- 
sonders urtümliche Merkmale vorhanden sind, wird erst zu beur- 
teilen sein, wenn die noch unbekannten Entwicklungsstände des 
Falters entdeckt worden sind! Dann entscheiden sich auch end- 
gültig die Zugehörigkeitsfragen. Daß eigenartige Merkmale der 
Äderung z. B. vorhanden sind, hatte Aurivillius schon bei der 

)efinition seiner ‚‚Sectio“ für antimachus festgestelllt, aber die 
endgültige Wertung ist heute noch nicht recht möglich. 

Über die Verbreitung von P. antimachus in Afrika geht zum 
Schluß nun aus den vorliegenden Faltern des Berliner Museums allein 
schon soviel hervor, daß der Falter in verschiedenen Teilen Kame- 
runs, auch im Gebirge, an der Westküste entlang bis Sierra Leone 
und entgegengesetzt südlich am Congo sicher vorkommt. Im 
„Archiv für Biontologie“, Bd. IV, H. 2, 1917, schreibt Herr Dr. A. 
Schultze in seiner prachtvoll illustrierten Studie ‚Die Papilioniden 
Kameruns“, daß das rechte Nebenflußgebiet des Congo offenbar 
die eigentliche Heimat des Falters sei. Aber noch im nordwest- 
lichen Kamerun fällt der Falter den Eingeborenen dort, den Dualas, 
auf, die ihn ‚Tigerfalter‘‘ nennen. Wie eine interessante Notiz 
von W. Dannett in ‚Proc. Trans. Ent. Soc., London, 1889, p. 
XLIII, besagt, wurden 3 männl. antimachus 1300 Meilen (engl.) 
von der Mündung des Congo entfernt, bei den Stanley-Fällen ge- 
fangen, ebenso ein & bei Lukolda, 500 Meilen vor der Flußmündung. 
Nach den Ripponschen Karten wäre das Fluggebiet tatsächlich 
von großer Ausdehnung und würde sich, in Breiten- und Längen- 
graden ausgedrückt, nördlich wie auch südlich durch den 8. Breiten- 


Robert Stumper: Kritische Untersuch. über Ameisenpsychologie 241 


grad, östlich durch den 16. und westlich etwa durch den 34. Längen- 
grad (von Sierra Leone bis fast zum Victoria Nyanza) begrenzen 
lassen. Das Verbreitungsgebiet ist somit ein aequatorial-tro- 
pisches und beschränkt sich auf die waldreichen, feuchtheißen 
Teile von Afrika. 


Kritische Untersuchungen über 


Ameisenpsychologie. 
Von 
Dipl.-Ing. Robert Stumper, Luxemburg. 


Das Ameisenleben stellt mannigfache Probleme: physio- 
logische, ethologische, soziologische, psychologische und endlich 
als Synthese aller: die philosophische Fragestellung. Diese Viel- 
heit ıst eben durch die Mannigfaltigkeit der Ameisenbehavior 
bedingt. Am interessantesten, aber auch am schwierigsten ge- 
staltet sich zweifelsohne das Kampfproblem der psychologischen 
Bewertung dieser Hymenopteren. Kampfproblem deshalb, weil 
die Meinungen sehr geteilt sind: meinen doch die einen, die 
Ameisen besäßen alle Tugenden und Laster des Menschen, während 
andere behaupten, sie seien nur dumme Reflexautomaten. Zwi- 
schen beiden Anschauungen stehen die Fachmyrmekologen Forel, 
Wheeler, Emery, Escherich, Wasmann, Donisthorpe, 
Bouvier, Pieron, v. Buttel-Reepen, Brun u. v.a. Diese 
Autoren schreiben den Formiciden ein ausgeprägtes Instinkt- 
leben verbunden mit einem stark entwickelten Gedächtnis zu. 
(Artgedächtnis plus Individualgedächtnis.) 

Neuerdings glaubt nun der bekannte Frankfurter Geruchs- 
psychologe Hans Henning zu dem Schluß berechtigt zu sein, 
die Staatenbildung der Ameisen beruhe auf rein peripheren 
Prozessen. Zentrale, d. h. psychologische Vorgänge seien nicht 
nötig zur Erklärung der Staatenbildung- Das soziale Leben 
dieser Insekten sei bedingt einzig und allein durch eine positive 
Reaktion auf die Perzeption von Ameisensäuregeruch !!) 

Der PsychologN. Braunshausen resümiert die neue Theorie — 
die übrigens von sämtlichen Myrmekologen z. T. stillschweigend ab- 
gelehnt wird — folgendermaßen: ‚Auf eine merkwürdige Tatsache 
aus dem Gebiet der Reizschwelle hat Henning aufmerksam gemacht. 
Er erklärt die Entstehung der Ameisenfährten durch die Aus- 
scheidung von Ameisensäure. Während nun Henning selbst nach 
10—12 Überquerungen von Ameisen über ein Blatt Papier Ameisen- 


ı)H. Henning, Geruchsfährte u. Reaktionsstruktur der Ameise, 
Zeitschr. f. Psychologie, 1915, Heft 4. 

Archiv für Nat hicht 

are ee 16 11. Heft 


342 Robert Stumper: 


säure wahrnahm, brauchen die Ameisen 50—100 Überquerungen, 
ehe für sie eine Fährte ausgebildet ist. Das Geheimnis der Staaten- 
bildung bei den Ameisen wäre demnach darauf zurückzuführen, 
daß eine Überzahl von Individuen nötig ist, um die biologisch 
wichtigen Fährten zu erzeugen. Diejenigen Kolonien, deren Reiz- 
schwelle diesen Bedingungen nicht entspricht, gehen nach dem 
Gesetz der Auslese zugrunde.‘‘?) — Das wäre in knapper Form 
die Theorie Hennings. Ich habe nun im Laufe des Sommers 1919 
einige Versuchsserien angestellt, um die neue Theorie kritisch zu 
prüfen. Bevor ich zur experimentellen Kritik schreite, schicke 
ich einige unumgängliche Worte deduktiv-sachlicher Kritik voraus. 


I. Kritik der Schlußfolgerungen Hennings. 


Nachdem die erstaunliche Heimkehrfähigkeit der nest- 
beständigen Ameisen fast ein Jahrhundert lang als ein unentwirr- 
bares Rätsel gegolten hatte, ist es heutzutage wenigstens in seinen 
groben Umrissen gelöst. Jahrzehntelang arbeiteten Forscher, wie 
Lubbock, Forel, Wasmann, Brun, Pieron, Turner usw., an dieser 
Aufgabe, deren aktuelle Lösung wir in einer kombinierten Leistung 
der verschiedenen nachweisbaren Sinne, in Verbindung mit einem 
stark ausgeprägten Gedächtnis sehen. Der Schwerpunktdieser 
Erkenntnis liegt in der Tatsache, daß die verschieden- 
artigen Sinneseindrücke sich assoziieren und bei der 
Orientierung im biologischen Raum in Kraft treten 
können. Wirksam sind, wie gesagt, alle nachweisbaren Sinne 
(mit Ausnahme vom Geschmack): 

1. Liehtsinn: Perzeption der Qualität und der Gestalt. 

= SSR deren Kombination, resp. Komplikation ist der 

a - + topochemische Sinn, d.h.dieWahrnehmungvon 

3. Geruehsinn:| Geruchsformen vermittelst der bewegl. Fühler. 

Die Geruchsempfindungen der Formiciden nehmen in der 
biologischen Rolle den Hauptrang ein: es ist vor allem die Per- 
zeption von Geruchsqualitäten, welche die Ameisen über ihre 
Nestzusammengehörigkeit unterrichtet, auch bildet die Perzeption 
von Geruchsqualitäten und Geruchsformen die Basis der Heim- 
kehrfähigkeit. Diese Tatsachen stempeln die Ameisen zu vor 
wiegenden Geruchstieren. 

4. Muskelsinn: Perzeption von aktiven Drehungen und Ab- 
schätzung der abgegebenen Muskelenergie. 

Daß die Sinneseindrücke aber auch zentral. verarbeitet 
werden, ergibt sich aus folgenden zwei Tatsächen: 

1. Die Handlungen der Ameisen?) sind durch bekannte 
physiologische Faktoren nicht eindeutig bestimmt. Wir sind 
deshalb gezwungen, in der Kausalreihe der Handlung das Vor- 
handensein gewisser psychischer Zwicsche: glieder anzunehmen, 


?2) N. Braunshausen, Einführung in d. experiment. Psychologie, 1919. 
») Vgl. K. Escherich, Die Ameise, II. Aufl. 1917. — G. Kafka, 
Tierpsychologie, I. Bd. 1914. 


Kritische Untersuchungen über Ameisenpsychologie 243 


ohne aber dabei zu vergessen, daß der physiologische Verlauf keines- 
wegs gestört wird; daß wir mit anderen Worten das physiologische 
Korrelat der betreffenden psychischen Faktoren (z. B. Gedächtnis) 
eben noch nicht kennen. 

2. Eine weitere Stütze der obigen Erkenntnis bringt die 
Forschung des Ameisenhirnes?); dessen anatomisch-histologische 
Besonderheiten in folgenden Tatsachen gipfeln: 

a) Mächtige Entwicklung der pilzförmigen Körper 
(Corpora pedunculata). 

b) Faltung der Hirnoberfläche. 

c) Vorhandensein eines Filzes von zahllosen Asso- 
ziationsfasern, welche alle Hirnteile untereinander verbinden. 

d) Phylogenetisch späte Entwicklung der Corpora peduncu- 
lata und zwar maximale Entfaltung gerade bei den sozialen 
Hymenopteren. 

Diese Ergebnisse neuerer Forschung) 4) scheint Henning 
wesentlich unterschätzt, wenn nicht einfachhin ignoriert zu haben, 
wenn er von einem Überwiegen der peripheren Prozesse spr icht 
und die zentralen Leistungen herabzuwürdigen versucht. 

H. Henning behauptet des weiteren, alle künstlichen 
Zwingerversuche seien zum psychologischen Zwange eingeengt. 
Gewiß, man darf die Versuche im künstlichen Nest nicht über- 
schätzen, speziell bei biologischer Fragestellung; jedoch ist bei 
rein psychologischen Forschungen das Formicarium nicht nur 
vorteilhaft, sondern geradezu unumgänglich notwendig und be- 
sonders lehrreich. Die Aussage Hennings — womit er obige 
Behauptung stützt —, daß die Ameisen im künstlichen Nest nie 
weibliche Geschlechtstiere erzeugen, ist offenbar falsch und zeugt 
von einer ungründlichen Einsicht in die Literatur. Es sind bis 
heute folgende, wenn auch seltene Fälle bekannt gegeben: 

a) Lubbock erzielte 1883 Weibchenerziehung bei Formica fusca.°) 

b) Wasmann bringt zwei Fälle: Formica sanguinea und 
Formica truncicola.®) 

c) H. Donisthorpe berichtet neuerdings über Weibchen- 
erziehung bei Myrmecina graminicola.?) 

Pater G. Wasmann teilte mir über obige irrige Meinung 
Hennings brieflich folgendes mit: „Die Ansicht Hennings, daß 
deswegen, weil in künstlichen Beobachtungsnestern besonders bei 
Formica aus den befruchteten Eiern der Königin gewöhnlich nur 
Arbeiter, keine Weibchen erzogen werden, die aus künstlichen 
Nestern gewonnenen Beobachtungsresultate wertlos seien für die 
Kenntnis der Ameisenbiologie und -psychologie, ist schon in 


4) Siehe: H. Pietschker, Gehirn der Ameise. — H. F. Ziegler, 
Gehirn der Insekten. 

5) Lubbock, Ameisen, Bienen und Wespen, 1883. 

6) Wasmann, E., Ameisen u. Ameisengäste von ae 1908. 

NEL Donisthorpe, Myrmecophilous Notes for 1917. Entomol. 
Records. Vol. 31. 


16* 11. Heft 


244 Robert Stumper: 


sich falsch. Es handelt sich um eine Instinktregulation, die 
gerade für den Wert der künstlichen Nester für die Ameisen- 
psychologie spricht. In geschlossenen Beobachtungsnestern er- 
ziehen die Arbeiter aus den befruchteten Eiern deshalb keine 
Weibchen, 1. weil sie den Eindruck haben, daß den Geflügelten 
der Ausweg zum Paarungsflug unmöglich ist und 2. weil sie einer 
größeren Arbeiterzahl, nicht aber einer Vermehrung der Kolonie 
durch Geschlechtstiere unter diesen Umständen bedürfen.‘ — 
Diese Angaben Wasmanns werden bekräftigt durch den oft 
beobachteten Fall, wo weisellose Kolonien sekundär ergatoide 
Weibchen erzogen, indem die Arbeiterinnen eine ihrer Mitbürger- 
innen durch reichlichere Nahrung (vielleicht spielt auch die 
Qualität eine Rolle?) zur Königin umbildeten. Beispiel: Polyergus 
rufescens.®) Beide Erscheinungen, die Aufzucht von Ersatz- 
königinnen und die Nichterziehung von Weibchen, rechnet man 
zu den Instinktregulationen bzw. unter die sozial-psychologischen 
Korrektionen der Ameisen, deren Basis individuelle Erfahrungen 
sind, auf Grund welcher sie ihr instinktives Verhalten zweck- 
mäßig ändern. 

Wir haben schon gesehen, daß Henning in seiner grund- 
legenden Arbeit den Ameisen vorwiegend peripher ausgelöste 
Handlungen zuschreibt und der Ansicht huldigt, die zentralen 
Vorgänge seien bisher gewaltig überschätzt worden. Hiergegen 
ist nun manches einzuwenden. 

Zum ersten ist die Trennung zwischen peripheren und zentralen 
Prozessen keineswegs so strikt durchführbar, jene liefern diesen 
das nötige Aufbau- und Verarbeitungsmaterial. Die Unter- 
scheidung zwischen beiden mag wohl didaktischen Wert haben, 
besteht aber in Wirklichkeit nicht. Henning meint wohl, daß 
die Gedächtnis- und Assoziationsfunktionen, sowie der psycho- 
logische Antrieb der Handlungen bei der Ameise nicht so stark 
entwickelt seien, wie bisher allgemein angenommen wurde, daß mit- 
hin für das Behavior dieses Insektes fast ausschließlich die aktu- 
ellen peripheren Sinneserregungen ausschlaggebend seien. Das mag 
teilweise wahr sein, bedarf aber einer weitgehenden Untersuchung. 
Dagegen spricht ein beredtes Wort die Anatomie des Ameisen- 
hirnes und sodann speziell die unabsehbare Kette experimenteller 
Ergebnisse der Forschung über die Orientierung auf Einzelreisen. 
Wenn Henning behauptet: ‚‚Ich konnte die Mneme beim Tiere 
(Ameise) nicht vorfinden‘, so muß man dieses ‚Urteil äußerst 
kritisch aufnehmen. Was versteht man unter Mneme? R. Semon, 
der diesen Begriff, unter Anlehnung an Hering, gebildet und aus- 
gebaut hat, sieht in der Mneme jene Grundfunktion der lebenden 
Substanz, erlebte Erregungen latent zu behalten und unter be- 
stimmten Bedingungen wieder zu erleben (Assoziation!). En- 
gramme nennt er diese ÖOriginalerregungen und Ekphorien ihr 


») Wasmann, Die ergatogynen Formen bei den Ameisen u. ihre 
Erklärung. Biolog. Zentralblatt V, 15. 


Kritische Untersuchungen über Ameisenpsychologie 245 


sekundäres, späteres Wiederwachwerden. Die Gesamtheit aller 
Engramme nennt er Mneme. Semon führt alle reproduktiven 
Phänomene der organischen Welt auf die Mneme zurück: so das 
Gedächtnis der Tiere und Menschen, die rhythmischen Bewegungen 
der Strandwürmer, die Schlafbewegungen der Pflanzen und auch 
die Vererbung. Alle diese Erscheinungen sind nach Semon also 
verschiedene Formen einer Grundfunktion, der Mneme, dem 
erhaltenden Prinzip im Wechsel des organischen Geschehens. 
Henning wendet sich nun speziell gegen diese Begriffsbestimmung. 
Aus seinen Versuchen will er ableiten, daß der Standpunkt Semons 
verfehlt ist. Für ihn können obige heterogene Manifestationen 
keinen gemeinsamen funktionellen Untergrund haben. Und 
doch haben sie denselben organischen Untergrund, das 
Protoplasma!! In Anbetracht dieser Tatsache allein ist für mich 
die Synthese Semons eine wertvolle Gedankenarbeit, wenn auch die 
Kritik Hennings an sich berechtigt sein mag. Im engeren tier- 
psychologischen Sinne ist diese Kritik aber offenbar verfehlt. 
Unter Mneme in diesem spezielleren Sinne verstehen wir doch 
die Funktionen des individuellen und des erblichen Gedächtnisses 
(Instinkt); und diese Funktionen leugnet kein Forscher, nicht ein- 
mal Henning selbst, unlogischerweise! Die Ameisen besitzen tat- 
sächlich ein relativ hochentwickeltes Gedächtnis, ein vor- 
wiegend erbliches Sachgedächtnis und ein vorwiegend 
individuelles .Ortsgedächtnis, deren Gesamtheit eben die 
Mneme ausmacht. Ich sage: ein vorwiegend erbliches Sach- 
gedächtnis, weil im Sachgedächtnis (Instinkt) der Ameisen vor- 
wiegend Inhalte vorkommen, die die nähere Umgebung der 
Ameisen betreffen; so beruht das taktile Wiedererkennen von 
Artgenossen, das Erkennen von Brut, das olfaktiv-optisch-taktile 
Erkennen von Symphilen und die hieraus erfolgenden Hand- 
lungen auf dem erblichen Sachgedächtnis; ein vorwiegend 
individuelles Ortsgedächtnis will besagen, daß die weitere 
Umgebung jene Gedächtniseindrücke bildet, welche in der Raum- 
orientierung — neben anderen — verwertet werden und deren 
Komplex individuell erworben ist. Diese Unterscheidung soll aber 
keine reale Verschiedenheit zwischen Nah- und Fernreisen aus- 
drücken; sie gibt nur einer Verschiedenheit der verwerteten 
Elemente Ausdruck. 

Denn auch individuell erworbenes Sachgedächtnis besitzen 
die Ameisen, das sich beim Wiedererkennen von Nestgenossen 
auf Grund obfaktiver Reize äußert. Es liegt daher eine offene 
Inkonsequenz seitens Hennings vor, wenn er an einem Orte be- 
hauptet: ‚Ich konnte die Mneme nicht vorfinden‘ und an einer 
anderen Stelle schlußfolgert, die Ameise reagiere auf die Bekannt- 
heit bzw. auf die Unbekanntheit von Reizen. 

Die Versuchsanordnung dieses Forschers ist folgende: Werden 
mit einem Pinsel künstliche Geruchsspuren von Ameisensäure 
(Formel H. COOH e. Abkürz.) gezogen, so werden sie von Formica 


4 11. Heft 


246 Robert Stumper: 


rufa hin und her begangen. Ähnlich wirken die ameisensauren 
Salze, Formaldehyd, d. h. Stoffe, die im Geruchsbereich von 
H. COOH liegen. Außerdem bringt Henning einzelne mit 
H. COOH bepinselte F. rufae-Arbeiter auf ein natürliches Nest 
und konstatiert, daß diese nicht totgebissen werden. Mit anderen 
Geruchsstoffen bepinselte Tiere werden unweigerlich getötet. Aus 
diesen Experimenten, die sozusagen ausschließlich an Formica rufa 
angestellt worden waren, schlußfolgert Henning: 

„Jede Ameisenfährte, sowohl der Hinweg als der Rückweg, 
wird durch Ameisensäure gebildet.‘“ Das scheint denn doch zum 
mindesten eine sehr gewagte Verallgemeinerung zu sein, da nur 
die höheren Formiciden (die Subfamilie der Camponotinae) 
Ameisensäure ausscheiden. Außerdem kommen im Ameisenleben 
andere Gerüche vor als Ameisensäure! Doch hierüber weiter unten. 

Ein anderes Resultat, philosophisch und psychologisch un- 
streitbar das wichtigste, bringt Henning in folgender Form: 
„Die Staatenbildung entspricht keinem sozialen Instinkt oder gar 
einer Intelligenz, die für den Menschen vorbildlich sein könnte, 
sondern der einfachen sinnlichen Tatsache, daß hinsichtlich der 
Massenaktion nur solche peripheren Reizungen auf jedes Individuum 
Einfluß nehmen, die von der Mehrzahl der übrigen Individuen ver- 
ursacht sind. Der Grund der Staatenbildung liegt in einer relativ 
hohen Geruchsschwelle für selbstproduzierte Ameisensäure und 
einer positiven Reaktion des Geruchstieres auf diesen Riechstoff.“ 

Gegen solche extreme Behauptungen sind a priori folgende 
Objektionen zu erheben: 

Erstens wird Ameisensäure in genügender Quantität nur 
von den morphologisch und sozial höher organisierten, also auch 
phylogenetisch später entstandenen Formiciden hervorgebracht; 
die Arten der niederen Subfamilien der Ponerinae, M yrmicinae und 
Dolichoderinae erzeugen die Säure nicht oder nur in geringer Menge 
und scheiden dieselbe dann nicht aus (bzw. nur beim Stich), da sie 
keinen Spritzapparat besitzen. (Siehe hierzu meine Arbeiten über 
die Chemie des Ameisengiftes in den Comptes rendus de l’Acad&mie 
des Sciences, Paris. Januar und Februar 1922.) 

Zweitens überdecken vielfach andere starke, von den 
Geruchstieren selbst hervorgebrachte Gerüche den eventuell 
vorhanden sein könnenden Ameisensäuregeruch. Die tropische Art 
Paltothyreus tarsatus verbreitet einen starken Aasgeruch; Forelius 
foetidus, unsere einheimische Dolichoderinae Tapınoma erraticum, 
ihre südlichen Artgenossen, sowie die Bothriomyrmex-Arten 
riechen fruchtig-aromatisch nach Methylheptenon (vielleicht ein 
Ameisensäureester ?); Myrmica rubra erzeugt in minimaler Menge 
einen ähnlichen Geruch; ja sogar die Camponotinae-Arten Lasius 
fuliginosus und Lasius emarginatus verbreiten einen intensiven 
Geruch, der etwas an Trinitropseudobutyltoluol erinnert. Und 
damit ist die Geruchsskala der Ameisen noch gar nicht erschöpft. 
Diese Gerüche gehören, wie man leicht einsehen kann, keineswegs 


Kritische Untersuchungen über Ameisenpsychologie 247 


in den Bereich der Ameisensäure, und doch reagieren die be- 
treffenden Ameisen positiv auf dieselben. 

Drittens ist die chemische Natur der Ameisensekrete und 
-exkrete noch allzu wenig bekannt, um behaupten zu können, 
diese Stoffe enthielten alle Ameisensäure. ®) 

Viertens ist besonders hervorzuheben, daß die Lösung der 
Frage, was die Ameisenkolonie zusammenhält, nicht identisch ist 
mit dem Problem der Entstehung der Vergesellschaftung bei 
diesen Hymenopteren. Henning wirft beide Probleme in denselben 
Kasten. Kein Wunder, wenn seine Schlußfolgerungen dann falsch 
werden! Er spricht permanent von Staatenbildung und erklärt 
diese durch die anziehende Kraft des Ameisensäuregeruchs. 
Ebensowenig wie die Erkenntnis, daß Fensterrahmen und Glas 
durch Kitt zusammengehalten werden, uns die Herkunft und die 
Natur des Fensters zu erklären vermag, ebensowenig ist es mög- 
lich, den Ursprung und die Entwicklung der Ameisenkolonien zu 
erklären, wenn uns der ‚„Kitt‘“ auch bekannt wäre. Außer dem 
rein physiologischen Problem kommt noch die morphologische 
Fragestellung hinzu: die Basis der Ameisengesellschaft ist 
die polymorphe Aufspaltung des weiblichen Geschlech- 
tes in Arbeiterinnen und Weibchen. Der Koloniegeruch 
kann sich erst nach Entstehung der Gesellschaft gebildet haben, 
mithin ist die positive Reaktion auf diesen Geruch eine sekundare 
Frscheinung. Das Primäre, eben die Staatenbildung, vermag 
Henning keineswegs zu erklären. Wir müssen deshalb unter- 
scheiden zwischen der Staatenbildung und dem gegenseitigen Er- ' 
kennen der Ameisen; beide sind separat zu behandelnde Probleme, 
wenn auch die Beantwortung des ersten die Lösung des zweiten 
einschließt. Es liegt mithin ein innerer Widerspruch in dem 
Satz Hennings: ‚Hinsichtlich der Massenreaktion nehmen nur 
solche peripheren Reizungen auf jedes Individuum Einfluß, die 
von der Überzahl der übrigen Individuen verursacht sind.‘ 

Hiermit schließe ich die einleitende Kritik der Ausführungen 
Hennings und schreite zur Darlegung der experimentellen Ergebnisse. 


II. Experimentelle Kritik. 

Die beiden psychologisch wie erkenntnistheoretisch wichtigsten 
Forschungsergebnisse H. Hennings lassen sich in folgenden 
Sätzen zusammenfassen: 

1. Die Ameise orientiert sich auf Fährten ausschließlich nach 
‚dem spurbildenden H. COOH-Geruch. 

2. Die Staatenbildung der Ameise beruht auf einer positiven 
Reaktion auf Ameisensäure. 

Die Richtigkeit beider Ergebnisse voraussetzend, maehte ich 
im Laufe des vergangenen Sommers zwei Versuchsreihen, die den 
Wert beider Schlüsse prüfen sollten. Ich experimentierte an 
folgenden Arten: 


°?) OÖ. von Fürth, vgl. Chemische Physiologie d. niederen Tiere, 1903, 
11. Heft 


248 Robert Stumper: 


Formica rufa, Lasius niger, 
Formica sanguinea, Lasius fuliginosus, 
F ormica fusca, Myrmica rubra. 


Mitunter machte ich interessante, wenn auch nicht direkt be- 
zweckte Beobachtungen, die ich dann einschiebe. 


Erste Versuchsreihe. 
(Über künstliche Heerstraßen.) 


I. Versuche an Lasius fuliginosus. 

Neben dem Hüttenlaboratorium der Düdelinger Eisenwerke 
entdeckte ich ein Lasius fuliginosus-Nest, dessen Einwohner auf 
einer ca. 20 bis 30 Meter langen, lebhaft hin und her begangenen 
Fährte zu einem Kirschbaum zogen, um dort Blattläuse zu melken. 

)ie Fährte führte über eine Steintreppe, dann am Fuße einer 
Mauer entlang, überquerte danach eine 1 Meter hohe Hofmauer, 
um endlich am Ziele anzulangen. Die Versuche wurden an ver- 
schiedenen Stellen der Heerstraße gemacht: der Erfolg war stets 
mit wenigen quantitativen Abweichungen gleich. Ich erinnere 
daran, daß unsere Versuchsameise einen intensiven Geruch ver- 
breitet. Vorläufige chemische Untersuchungen ergaben, daß der 
Geruchstoff mit Wasserdampf überdestilliert und sich in kleinsten 
Tröpfchen auf der Oberfläche des Wassers ansammelt. Weitere 
diesbezügliche Untersuchungen werden nach Ausarbeitung exakter 
Mikromethoden folgen. Die Geruchsspur von Lasius fuliginosus 
wird, wie R. Brun feststellte, von diesem Stoffe gebildet. 


Eine erste Beobachtung zeigt, wie schwierig es ist, künst- 
liche Fährten dieser Ameisen herzustellen. Zerquetscht man einen 
L. fuliginosus-Arbeiter auf der Fährte, so bildet der so entstandene 
fuliginosus-Geruchfleck einen auffälligen Gegenstand der Flucht 
für diese Ameisen. Die Perzeption des eigenen Geruches 
löst also in diesem Falle eine ausgesprochene negative, 
fluchtartige Reaktion hervor. Die Erklärung dieser Er- 
scheinung dürfte in der zu großen Intensität des betreffenden 
Geruches liegen (ein Fall der Unterschiedsempfindlichkeit nach 
Loeb-Bohn). Anschließend an diese sonderbare Beobachtung 
stellte ich nun ‚‚Geruchstofflösungen“ her: 50 Arbeiterinnen 
wurden mit feinem Quarzsande zerrieben und mit 30 cm? Wasser 
ausgesogen. Mit der filtrierten Flüssigkeit versuchte ich nunmehr 
künstliche Fährten zu erzeugen. Das Resultat fiel ausschließlich 
negativ aus. Sowohl spitzwinklige wie auch stumpfwinklige Ab- 
zweigungen der natürlichen Fährte mit „künstlichem‘“ Produkte 
wurden nicht nur nicht begangen, sondern — wie vorhin — 
direkt fluchtartig gemieden. Pinselte ich mit der Lösung einen 


Querstrich durch die Fährte, so erfolgten temporäre Verkehrs- , 


stockungen, deren Dauer ich in Tabelle I und II notiert habe. 
Die Zeiten beziehen sich auf das Intervall zwischen Querstrigh 
und erster totaler Überquerung der Ameise. 


Kritische Untersuchungen über Ameisenpsychologie 249 


Tabelle 1 (Mauer) | T. belle 2 (Baumstamm) 
Nr. des Versuchs Zeit Nr. des Versuchs Zeit 
1 2.05” 1 | 0.09” 
2 020” 2 | 75” 
3 707 3 | 25 
4 2720” 4 | 15” 
Mittel 112” | Mittel 31” 


Die Ursache der Differenz beider Mittel 72—31=41 Sekunden 
schreibe ich teilweise dem Substratum zu: die en wird 
von der Baumrinde eher aufgesogen als vom Stein. Die Nässe 
wirkt an sich spurhemmend, wie ich nach Kontrollversuchen fest- 
stellte. Wir hätten also hier wiederum ein typisches Beispiel der 
Kombination taktiler und olfaktiver Erregungen zum topo- 
chemischen Sinne. 

Zur näheren Kontrolle Hennings experimentierte ich hierauf 
mit Ameisensäure und zwar mit der offizinellen 24—25% igen Ware. 
Drei verschiedene Konzentrationen, 12,5%, 5% und 2,5%, ergaben 
stets negative Resultate; auch hier wurden die Geruchsflächen 
fluchtartig gemieden. Die Dauer der Verkehrsstockungen wurde 
zahlenmäßig festgehalten und ist aus Tabelle 3 ersichtlich. 


Tabelle 3 (H. COOH). 


Konzentrationen || 12.5 % Zeit 1.5 0, Zeit 9,5 5% Zeit 
Versuch | 4 12” 1 35” { 15” 
| 2 15” 2 37” 9 20” 
E35, 390° 3 65” 3 25” 
| 4 20%, ||; 400) -09% 3... 17008 
I a Bar a a ER 


Mit Formaldehyd (40%) erzielte ich folgende Stockungen: 
Tabelle 4 (H. CHO). 


Versuch | Zeit | ehe | Zeit 


Mittel 12” 


250 Robert Stumper: 


Aus diesen Versuchen erhellt, daß die Ameisensäure den spur- 
bildenden Geruch der Lasius fuliginosus-Fährten nicht bilden 
kann, daß also Hennings Aussagen schon etwas eingeschränkt 
werden müssen. - 

Zur Ermittlung des adäquaten Reizes bzw. der adäquaten 
xonzentration des Lasius fuliginosus-Riechstoffs zur Bildung von 
künstlichen Geruchspuren machte ich neue Versuche: 50 Arbei- 
terinnen wurden mit 50 ccm Wasser wie oben ausgezogen. Ein 
Kubikzentimeter Lösung entsprach mithin dem Geruchstoffe 
einer Ameise. Auf diesem Maßstabe machte ich folgende Ver- 
dünnungen: 


Lösung 1 = Originalflüssigkeit 1 cm? = 1 Ameise. 
Lösung 2 entspricht der Konzentration 2 cm? = 1 Ameise. 
Lösung 3 s fr Le 4cm? = 1 Ameise. 
Lösung 4 a R A 8cm? = 1 Ameise. 
Lösung 5 N ir I? 16 cm? = 1 Ameise; 


Mit diesen verschiedenen Flüssigkeiten wurden Spursperrungen 
hervorgerufen; die schwächsten Stockungen ergaben die 
Lösungen 3 und 4. Somit scheint die adäquate Reizintensität 
im Bereich dieser Konzentrationen zu liegen. Es ist immerhin 
zu beachten, daß diese Versuche nicht fehlerfrei sind, da ja immer 
mit Nässe gearbeitet wird. Ich werde später diese Frage mit 
exakter Methode verfolgen; es genügt jetzt, dieselbe angeschnitten 
zu haben. 

Bei allen bisherigen Versuchen fällt ein Umstand auf, der 
dem exakten Forscher unbedingt mißfallen wird: es ist dei un- 
geheure Variation der zahlenmäßigen Werte der Verkehrs- 
stockungen. So erzielte ich z. B. mit 25% H. COOH folgende 
Zeiten: 


Tabelle 5. 
Versuch | Zeit Versuch | Zeit 
1 | 67” | 6 13” 
2 3a 7 10” 
3 107. bo) 50” 
4 507 9 65° 
5 107 10 15° 


Betrachten wir diese Zahlenreihe etwas näher. Als arith- 
metisches Mittel erhalten wir 30,5 Sekunden und als Abweichungen 
die Werte 

[+36,5, +4,5, —20,5, —5,5 —20,5, —17,5, —20,5, +19,5, 

+34,5 —18,5]. 

Als Streuung findet man +19,5. Dieser Wert ist bei einem Mittel 
von nur 30,5 viel zu hoch. Die große Variation der erhaltenen 


Kritische Unersuchungen über Ameisenpsychologie 951 


Zahlen. sowie die hohe Streuung zeigen einen großen Fehler 
an, der in der Natur des Versuchsobjekts liegt. Wir müssen 
bedenken, daß wir mit Lebewesen zu tun haben und daß in 
diesem Falle die mathematischen Sätze eine ganz andere 
Bedeutung haben wie in der anorganischen Natur. Es handelt 
sich hier um Individualreaktionen, und hierbei ist nicht zu ver- 
gessen, daß der jeweilig aktuelle Erregungsgrad, die psychische 
Disposition von Ameise zu Ameise variiert. Auch ist zu bedenken, 
daß eine Ameisenfährte nicht konstant begangen ist: bald ist sie 
dichter, bald lockerer, die ‚Stromstärke‘ ändert sich in jedem 
Moment. Um das individuelle Verhalten der Ameisen festzustellen, 
notierte ich folgende Reaktionen gegenüber einer H. COOH- 
Geruchsfläche. 

Ameise 1 stutzt und kehrt um. 

Ameise 2 läuft tastend den Rand der Geruchsfährte ab und 
kehrt um. 

Ameise 3 idem. 

Ameise 4 idem. 

Ameise 5 idem. 

Ameise 6 stutzt und überquert ruckweise die Fläche. 

Ameise 7 stutzt, läuft am Rand entlang und kehrt schließ- 
lich um. 

Ameise $ stutzt und überquert. 

Ameise 9 stutzt und kehrt um. 

Man erkennt hieraus 3 Reaktionsformen: 

1. Stutzen und Umkehren (1,9). 

2. Stutzen und Spursuchen (2, 3, 4, 5, 7). 

3. Stutzen und Überqueren (6, 8). 

Überquerungen ohne vorheriges Zaudern werden erst nach 
etlicher Zeit und nach öfteren Überquerungen (20—50) gemacht. 
Wichtig ist die zweite, häufigste Reaktionsform, da sie ein typisches 
Beispiel von der ‚„Versuchs- und Irrtums-Methode“ ist (Jenning, 
Morgan). 

Daß die individuellen Verschiedenheiten zum Teil auf dem 
aktuellen Erregungsgrade beruhen, bewies ich experimentell da- 
durch, daß ich die Ameisen künstlich in Aufregung brachte 
(durch Anblasen, heftige Handbewegungen, brennendes Streich- 
holz). In diesem Falle überquerten sie sogar frische, nasse Geruchs- 
flächen von H. COOH ohne Zeudern. Anthropomorphistisch aus- 
gedrückt: sie verloren den Kopf. Diese Versuche beweisen des 
weiteren, daß primäre Reaktionen durch verschiedene inter- 
kurrente Reize gehemmt bzw. ganz ausgeschaltet werden können. 
Ein Analogon findet beispielsweise bei den künstlichen Maisch- 
kolonien R. Bruns statt. 

An anderen Beobachtungen seien folgende angeführt: 

1. Putzreflexe. — Mit Ameisensäure benetzte Arbeiterinnen 
laufen mit weit gespreizten Beinen aufgeregt umher, kommen ganz 
von der Fährte ab und suchen den — offenbar unlustbetonten — 


11. Heft 


359 Robert Stumper: 


Fremdstoff durch Bauchrutschen und durch Reiben der Gula 
gegen das Substratum abzustreifen. An Individuen, denen ich 
die Antennen weggeschnitten hatte, bemerkte ich folgendes eigen- 
tümliche Verhalten: Sie waren komplett desorientiert und reagier- 
ten nicht mehr auf fremde Geruchstoffe. Außerdem versuchten 
sie öfters, besonders im Anfang, die nicht mehr vorhandenen 
Antennen mit dem tibio-tarsalen Putzapparat zu reinigen, wobei 
sie natürlich in die Leere griffen. Die Amputation der Fühler 
hebt die Putzreflexe also nicht auf; sie ruft sie sonderbarerweise 
gerade hervor. Dieses Verhalten wird uns durch die Arbeiten 
J. S. Szymanskis klar, der über die Putzreflexe der Insekten 
ausgedehnte vergleichende Untersuchungen angestellt hat. !0) 
Szymanski hat festgestellt, daß die Insekten im Anfangsstadium 
der Narkose und noch häufiger nach dem Erwachen aus der 
Narkose die Sinnesorgane häufig und sorgfältig putzen. Es erwies 
sich des weiteren, daß diese Tätigkeit nicht allein durch die Nar- 
kose, sondern durch jedes Versetzen des Tieres in den Zustand 
der erhöhten Erregbarkeit herbeigeführt werden kann. Als wirk- 
same Reize figurieren: Äthernarkose, Vakuum, Kältestarre. 
Speziell werden die Putzreflexe ausgelöst im Augenblicke des 
Übergangs von der Ruhe zur Motilität. Szymanski erklärt diese 
Tatsachen folgendermaßen: 

Im normalen Leben wird der Putzreflex durch die infolge 
der Verunreinigungen der Sinnesorgane mangelhaften Rezeptionen 
der Außenwelt ausgelöst. 

Im Zustand der Ruhe (Schlaf, Narkose usw.) ist die Rezep- 
tionsfähigkeit der Sinnesorgane herabgesetzt. 

Im Momente nun, in dem das Tier beginnt, wieder aktiv 
zu werden, d. h. im Momente der sich steigernden Motilität, 
empfängt es infolge der noch andauernden, teilweise herabgesetzten 
iXezeptionsfähigkeit die Reize der Außenwelt nur mangelhaft, 
d. h. so, als ob die Sinnesorgane ‚„‚verunreinigt wären“. ES 
putzt sich also die letzteren ohne etwaige periphere 
Reizung, bloß aus inneren Impulsen (loc. cit. p. 55—56). 

Die Amputation beider Antennen ruft bei der Ameise einen 
Zustand erhöhter Erregbarkeit hervor und setzt die Rezeptions- 
fähigkeit der antennalen Nervenendigungen gleich null. Beide 
Faktoren wirken so, als ob die Rezeptionen infolge Verunreinigung 
mangelhaft seien, rufen also die Butzreflexe gerade wach, nach 
dem Gesetz der exzentrischen Lokalisation, d. h. das Tier über- 
trägt seine mangelhaften zentralen Erregungen durch die gewöhn- 
lich stärkeren Reize der Außenwelt auf die peripheren Nerven- 
endpunkte. 

2. Fernwitterungsvermögen. — Es ist in wissenschaft- 
lichen Kreisen — im Gegensatz zur populären Meinung — ziem- 
lich allbekannt, daß die Ameisen kein stark entwickeltes 


2) J. S. Szymanski, Abhandl. zum Aufbau d. Lehre v. d. Hand- 
lungen der Tiere. Arch, f. d. gesamt. Physiol., 1918. 


Kritische Untersuchungen über Ameisenpsychologie 253 


Fernwitterungsvermögen besitzen. Zur Perzeption von 
Gerüchen ist eine möglichst große Nähe erforderlich, bei Lasius 
fuliginosus scheint sogar ein direkter Kontakt der Ameise mit 
dem Geruchsstoff notwendig zu sein. Die Geruchsflächen von 
zerquetschten Ameisen, Ameisensäure, Formaldehyd usw. werden 
in der Regel nur bei direktem Kontakt der Fühler mit dem 
Geruchsstoff wahrgenommen (nach dem objektiven Kennzeichen, 
der Reaktion, zu schließen). Oft war die Ameise schon ganz in 
den Geruchsfleck hineingewandert, bis sie plötzlich reagierte. 
Eine Reaktion auf mehr wie 5 Millimeter Entfernung konstatierte 
ich nie. 

3. Sogenannte Intelligenzprüfung. — Im Anfang der 
neueren experimentellen tierpsychologischen Periode bezeichnete 
man oft die Lernfähigkeit als Kriterium der Intelligenz. Als 
Maßstab galt dann die mehr oder minder große Geschwindigkeit, 
womit neue Reize assoziiert, neue Reaktionen gelernt wurden. 
Ließ ich einzelne Lasius fuliginosus-Arbeiter über eine erste 
Geruchsfläche marschieren und zog dann in etlicher Entfernung 
eine zweite, dritte, vierte bis sechste neue Geruchsfläche, so war 
die Reaktion stets dieselbe. Die Ameise lernte also aus der Er- 
fahrung den neuen Reiz nicht kennen, änderte also ihr 
starres Verhalten nicht um. Dieses Ergebnis ist nicht über- 
raschend. Bedenkt man, daß Yerkes erst bei 60 bis 70 Wieder- 
holungen den ‚Flußkrebs zu einer Umänderung seines normalen 
Verhaltens brachte, daß Szymanski bis zu 117 Wiederholungen 
brauchte, um den negativen Phototropismus der Küchenschabe 
umzuändern, so darf uns obiges Verhalten nicht wundernehmen. 

Erklären können wir uns diese Unzweckmäßigkeit aber in 
der Weise, daß wir mit Volkelt!!) den Tieren kein differenziertes 
Bewußtsein zuschreiben, sondern ein diffuses, primitives, in 
welchem dann neue mächtige Wahrnehmungen die Reaktions- 
form gewaltig beeinflussen. 

Gegen Volkelts Ausführungen sprechen in einem gewissen 
Sinne die Tatsachen der Raumorientierung; es leuchtet mir z. B. 
nicht sehr ein, wie eine Ameise sich außerhalb des Nestes nur 
auf die Wahrnehmung der Gesamtqualität hin zurecht finden 
kann. Hoffentlich wird Volkelt, mit dessen Darlegungen ich sehr 
sympathisiere, uns weitere Beiträge über das Thema der ‚‚Tier- 
seele‘‘ bringen. 


II. Versuche an Formica rufa. 


Nach den wenig ermutigenden Resultaten an Lasius /uli- 
ginosus versuchte ich mein Glück an dem Versuchstier Hennings. 
Ich stellte mir drei verschiedene Konzentrationen Ameisensäure 
her (25, 12,5 und 6% H. COOH) und experimentierte an einer 
großen, gut begangenen Heerstraße von Formica rufa. Das Nest 


1) H. Volkelt, Die Vorstellungen der Tiere, 1914. 
11. Heft 


954 Robert Stumper: 


liegt auf Fort Olizy bei Luxemburg. Spurabzweigungen er- 
gaben keineswegs die eindeutigen Resultate Hennings. 
Ab und zu folgten vereinzelte Individuen der künst- 
lichen Fährte, in der Regel erfolgt bei allen drei Kon- 
zentrationen keine positive Reaktion. Die große Mehr- 
zahl der Ameisen verhielt sich dem Reiz gegenüber indifferent, 
ließen sich also gar nicht stören. Manchmal erfolgten auch negative 
Reaktionen. Spursperrungsversuche ergaben nicht die schönen 
Resultate, die Lasius Juliginosus gezeitigt hatte. Größtenteils 
fand eine kurze Ansammlung der Arbeiter auf dem Geruchsfleck 
statt,-jedoch kümmerten sie sich weiter nicht darum. Dieselben 
Erscheinungen wiederholten sich stets, ob ich auf Tannenstämmen, 
Waldboden oder Waldweg experimentierte. Henning sagt zwar, 
die Konzentration spiele eine gewisse Rolle, gibt sie aber 
nicht an! Ich sehe mich daher in der Lage, die Resultate 
Hennings bis auf weiteres zu verwerfen. 


Ill. Versuche mit Formica fusca, Lasius niger, 
Myrmica rubra. 


Künstliche Spuren, die ich vor vereinzelten Tieren dieser 
Arten mit H. COOH und H. CHO machte, ergaben stets negative 
Reaktionen. 

Zweite Versuchsreihe. 
(Über Staatenbildung.) 


Aus den Versuchen über die Reizschwelle der Ameisensäure- 
perzeption bei den Ameisen und über Annahme von bepinselten 
Arbeitern schlußfolgert Henning, die Staatenbildung dieser Insekten 
beruhe auf einer relativ hohen Geruchsschwelle und auf einer 
positiven Reaktion auf Ameisensäure. Schon G. Bohn und 
Waxweiler sprachen sich für eine rein physiologische Erklärung 
der Ameisenvergesellschaftung aus: ‚„D’une fagon generale, les _ 
Colonies mixtes on simples de fourmis se presentent a nous 
comme des agglom£rations dans des endroits favorables au 
diveloppement de ces insectes et maintenues &galement par les 
attractions olfactives, genetiques on acquises.‘‘ (Bohn, p. 116). 
Henning spezifiziert diese attractions olfactives als Ameisen- 
säuregeruch. 

Bei den nachfolgenden Versuchen ging ich von der Voraus- 
setzung aus, die Staatenbildung und das gegenseitige Erkennen 
der Ameisen seien faktisch nur ein und dasselbe physiologische 
Problem. In diesem Falle mußten somit mit H. COOH bespritzte 
Ameisen jeder Art in den Versuchsnestern freundlich aufgenommen 
werden. Tritt dieses in Wirklichkeit ein, so ist der ‚Kitt‘‘ des 
Ameisenstaates tatsächlich Ameisensäure; wenn nicht, so büßt 
Hennings Theorie des weiteren an Wahrscheinlichkeit ein. 

Versuch I. — Im Juli 1919 wurde eine Formica sanguinea- 
Kolonie, die dem Sanguinea-Gebiete vom ‚„Bridel‘‘ entstammte, 
in ein Lubbock-Glasnest eingerichtet. Nachdem ich den Ameisen 


Kritische Untersuchungen über Ameisenpsychologie 955 


genügend Zeit gelassen hatte, sich an die neuen Verhältnisse 
anzupassen, gab ich am 29. Juli ins Vornest eine Anzahl Cocons 
von Lasius niger und Lasius flavus. Die Cocons waren vorher mit 
Ameisensäure vorbehandelt worden und zwar wie folgt: Die Brut 
wurde in eine Blechschachtel gelegt, sodann wurde mit einem 
Zerstäuber Ameisensäure-Lösung hineingespritzt. Darauf wurde 
die Schachtel geschlossen und während einiger Zeit unter Um- 
schütteln stehen gelassen, damit die Ameisensäure sich möglichst 
gleichmäßig verteile. 

Die so behandelten Cocons von Lasius flavus und L. niger 
wurden größtenteils eingeschleppt, bis auf etwa 1/,—!/,. Die 
Cocons werden jedoch offensichtlich vernachlässigt. 

Versuch H. Ich setzte zwei mit Ameisensäure bespritzte 
Formica pratensis-Weibchen in die weisellose Sanguinea-Kolonie. 
Die Massenreaktion war folgende: Beide Pratensis-Weibchen 
wurden aufgenommen, beleckt, gepflegt. Leider entwichen sie 
mir durch eine Öffnung, während die Sanguinea-Arbeiter hübsch 
im Neste blieben (20. VII.). 

Versuch III. — Am 2. VII. gebe ich der Kolonie vorbehan- 
delte Cocons von Lasius niger, Formica fusca und Myrmica rubra. 
Die Massenreaktion ist zuerst positiv für Lasius- und Formica- 
Brut, rein negativ für Myrmica. Teils wurden die nackten Nym- 
phen dieser Gattung ignoriert, teils zerstückelt uud aufgefressen. 
Die weiblichen Cocons von Lasius niger wurden nach einigen 
Tagen geöffnet und lagen von da an vernachlässigt und zerstreut 
im Neste umher. Andere solche halbentwickelte Ameisen werden 
ins Vornest geschleppt. Kein einziges Lasius niger-Individuum 
wird großgezogen. Sämtliche Fusca-Larven werden gepflegt und 


großgezogen. 

Versuch IV. — Unbehandelte Fusca-Larven werden ohne 
Vorbehandlung direkt definitiv aufgenommen. 

Versuch V. — Zwei Rufo pratensis-Weibchen werden ohne 


Ameisensäurevorbehandlung ins Nest gegeben. Beide werden 
a froid exekutiert. 

Versuch VI. — Am 28. VII. gebe ich neues Material ins 
Vornest: Etwa 20 Pratensis-Larven und ein Rufo pratensis- 
Weibchen nach vorhergehender Bespritzung mit H. COOH. Tags 
darauf liegt das Weibchen tot im Neste; es fehlen ihm 2 Beine 
und 1 Fühler; es ist also von den Sanguinea getötet worden; die 
Larven sind eingeschleppt. 

Versuch VII. — Ein Lasius niger-Weibchen wird trotz 
Ameisensäurevorbehandlung getötet. 

Versuch VIII. — Larven von Formica fusca und von Formica 
rufibarbis werden trotz Vorbehandlung aufgenommen und groß- 
gezogen. 

Versuch IX. — Larven und Cocons von fremden F. sanguinea- 
Kolonien mit und ohne Ameisensäurebehandlung werden aufge- 
nommen und gepflegt. 


11. Heft 


> 


956 W.Ulrich: Zur Synonymie palaearkt. Vertreter d. Gattung Cerceris 


Diese Versuche kann man folgendermaßen zusammenfassen: 
Fremde Weibchen werden trotz Ameisensäure, die nach Henning 
eine universelle, gleichmäßige Geruchsmaske hervorbringen soll, 
teils direkt, teils nach kurzer Zeit als Fremdlinge erkannt und 
getötet. Versuch II ist mir nicht klar; er beweist jedoch die 
Mannigfaltigkeit und die Komplexität des Reaktionsbereiches 
dieser Ameise, 

Larven und Cocons fremder Gattungen und Arten werden 
zuerst aufgenommen — mit Ausnahme von Myrmica-Larven —, 
jedoch vernachlässigt und so indirekt zugrunde gerichtet. Die 
Larven der normalen Sklaven werden jedoch definitivaufgenommen. 
Ist nun die kurze temporäre Adoption der fremden Brut auf die 
Ameisensäuremaske zurückzuführen ? 

Die Frage ist nicht zu entscheiden, da auch fremde Larven 
und Cocons ohne Maske temporär aufgenommen werden können 
(Wasmann). 

Wir können somit behaupten, daß das gegenseitige Erkennen, 
die Staatenbildung nach Henning, nicht auf einem den Ameisen 
universal geltenden Ameisensäuregeruch beruht, sondern auf dem 
bisher angenommenen und von Miß Fielde näher untersuchten 
Koloniegeruch. 

Die Ameisen reagieren auf die Bekanntheit bzw. Unbekannt- 
heit von Reizen. Die Bekanntheit setzt aber zwischen Reizung 
und Reaktion der Ameise das Dazwischentreten von Ge- 
dächtniselementen, also psychischer Qualitäten voraus, 
die wir in diesem Falle mit Herings ‚Residuen‘ und Semons 
‚„Mneme‘ anstandslos vereinbaren können. 


Luxemburg, Sommer 1920. 


Zur Synonymie palaearktischer Vertreter 


der Gattung Cerceris 
aus der Sammlung des Berliner Zoolog. Museums. 


Ven 


W. Ulrich, Berlin. 


Im Katalog der Hymenopteren von Dalla Torre sowohl 
als in der bekannten Monographie der Gattung Cerceris von 
Schletterer ist €. media Klug als synonym mit €. arenaria L. 
verzeichnet. C. media ist von Klug in: Waltl, Reise nach Spanien 
nach einem einzigen 9 aus Andalusien beschrieben worden, das 
sich, versehen mit der Originaletikette Klugs, als Type dieser Art 
im Besitz des Berliner Museums befindet und mit der Beschreibung 


W. Ulrich: Zur Synonymie palaearkt, Vertreter d. Gattung Cerceris 257 


Klugs genau übereinstimmt. Nach dieser Beschreibung, die ledig- 
lich Zeichnungscharaktere enthält, konnte die Art wohl als eine 
reichgezeichnete arenaria angesehen werden und somit zu der 
angeführten Synonymie Veranlassung geben; zu bemerken ist 
jedoch, daß keines der mir aus den verschiedensten Gebieten 
vorliegenden Exemplare von C. arenaria L. eine derartige Ver- 
teilung der Zeichnung aufweist. Ein genauer Vergleich der Type 
von media Klug ergibt, daß diese Spezies nicht zu arenaria L., 
sondern zu cafitata A. Costa gehört; ein sofort in die Augen 
springendes Kennzeichen ist besonders die für das 9 von capılata 
so charakteristische Ausbildung des Clypeus. Zwei ebenfalls von 
Waltl in Andalusien gesammelte Sg gehören auch zu capıtata 
A. Costa. Da der von Klug gegebene Name media der ältere ist, 
so muß nunmehr capitata in media umgetauft werden, und der 
Name capitata A. Costa ist als ein Synonym zu media Klug zu 
stellen. 

Eine andere Frage betrifft die Synonymie der €. rufo-nodis 
Rad. (Fedcenko, Reise nach Turkestan, Moskau 1877, Sphegiden 
p. 56, Taf. VIII, Fig. 1 9). Zunächst ist darauf hinzuweisen, 
daß Radoszkowsky die in Rede stehende Art als „rufo-nodis“ in 
die Literatur eingeführt hat und nicht als ‚„‚rufonodus‘, ‚„‚rufinoda‘/ 
oder „rufinodis“, wie in der späteren Literatur sowohl als unter 
einigen Stücken der Sammlung Radoszkowskys zu lesen ist. Da 
es keine andere C. rufo-nodis gibt, ist die von Radoszkowsky 
vorgenommene Umbenennung dieser Art inturkestanicaunbegründet 
und aus nomenklatorischen Rücksichten hat der Name rufo-nodis 
zu gelten. | 

Diese rufo-nodisistnun bisher als Synonym zu rubida Jur. gestellt 
worden. Aber wie schon Kohl eingehend auseinandersetzt (Arch. 
f. Naturg. 1915, Heft 7, p. 121), sind beide, allein unter Berück- 
EONENAE der Diagnose Radoszkowskys, voneinander verschiedene 
Arten. 

Im Besitz des Berliner Museums befinden sich zwei dd, die 
je durch ein von Radoszkowsky ausgefertigtes Zettelchen als 
rufo-nodis Rad. bezeichnet sind. Das eine bei weitem größere $ 
aus Saraks ist nicht rufo-nodis Rad. sondern supposita Kohl, 
die von Radoszkowsky ebenfalls als rufo-nodis bezeichnet wird, 
jedoch von Kohl, der ebenfalls solche $$ vor sich hatte, als be- 
sondere Art erkannt und eingehend beschrieben wurde. Das 
andere, kleinere $ ist aber die von Kohl gesuchte Type der von 
Radoszkowsky im oben genannten Reisewerk beschriebenen ru/o- 
nodis. Sie führt außer dem Namen die Bezeichnung nov. spec., 
trägt das im Reisewerk angegebene Originaldatum 6. VIII. und 
stammt von dem im russischen Teil der Beschreibung angegebenen 
Originalfundort Osch, der in der lateinischen Diagnose nur durch 
die Angabe der um Osch liegenden Landschaft Ferghana zum 
Ausdruck kommt. Dieses $ stimmt mit der Diagnose Radoszkows- 
kys überein, und ein Vergleich mit der supposita Kohl ergibt, daß 

Archiv für a ae = gerne 
1921. A. 11. 17 11. Heft 


258 Dr. P. Sack: H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 


in Übereinstimmung mit der Ansicht Kohls rufo-nodis Rad. Und 
supposita Kohl verschiedene Arten sind. 

Zur näheren Kenntnis der rufo-nodis Rad. erscheint mir an 
Hand des vorliegenden 3 eine kurze, ergänzende Beschreibung 

angebracht. 

Fühler im vorderen Teil dunkler als bei supposita Kohl. 
Auf den Mesopleuren finden sich zwei gelbe Flecken, von denen 
der untere, von länglicher Gestalt, mit seiner Längsrichtung 
schräg nach vorn gerichtet ist und etwas auf die Unterseite über- 
greift. Die Rinne, die den glatten herzförmigen Raum teilt, ist 
scharf ausgeprägt. Das 6. Sternit sowohl als das 6. Tergit zeigen 
keine zahnartigen Fortsätze, wie sie bei supposita ausgebildet sind. 
Auf der Unterseite des zweiten Hinterleibssegmentes findet sich 
eine deutliche plattenartige Erhebung, die gleich der übrigen 
Unterseite des 2. Segmentes einzelne große, muldenförmige Punkte 
aufweist. Die Punktierung der Oberseite des Abdomens ist außer- 
ordentlich dicht und tief, derart, daß die Zwischenräume nur 
scharfe unregelmäßige Leisten und Kanten bilden. Schließlich ist 
rufo-nodis viel kleiner als suPposita. Erstere schwankt den An- 
gaben nach in der Größe zwischen 6—8 mm (Type 7 mm), letztere 
hingegen zwischen 9—12 mm. 

Durch die Auffindung der Type der rufo-nodis Rad. ist also 
die ältere Synonymie der rubida Jur. dahin geklärt, daß wir drei 
getrennte Arten vor uns haben: rubida Jur., supposita Kohl und 
rufo-nodis Rad. 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: 
Sprphiden Il. (Dipt.) 


Von 


Dr. P. Sack, Frankfurt a. M. 
(Mit 21 Abbildungen im Text.) 


Der erste Teil dieser Arbeit!) enthält 13 Syrphidenarten aus 
Formosa. In der Zwischenzeit war es möglich, in weiteren 42 
Spezies mit Sicherheit Arten zu erkennen, die bereits beschrieben 
waren. Wenn sich darunter auch Arten der Gattung Baccha be- 
finden, so ist dies in erster Linie den Bemühungen des Herrn 
Dr. Kert&sz inBudapest zu verdanken, der die Tiere aus Formosa 
mit den Walkerschen Typen vergleichen konnte und das Ergebnis 
dieser Untersuchungen zusammen mit wertvollen Studien über 
andere Syrphidengattungen in den Annales Mus. Nat. Hung.?) 
veröffentlicht hat. 


1) Entom. Mitteil. II, 1, (1913), 
®) Ann. Mus. Nat. Hung. XI. 273 (1913); XI. 404 (1913); XII. 73 (1914.) 


Dr. P. Sack: H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 259 


Sechs Arten wurden im Folgenden als neu beschrieben, da 
keine der älteren Beschreibungen auf sie angewandt werden konnte. 
Sollte jedoch eine Art auch ein zweites Mal benannt werden, was 
infolge der gänzlich unzulänglichen älteren Beschreibungen, die in 
erster Linie Farbenunterschiede angeben, während oft sehr auf- 
fallende plastische Merkmale nicht berücksichtigt werden, immer- 
hin möglich ist, so dürfte dieses Vergehen dann nicht allzu schwer 
sein, wenn auf Grund der Neubeschreibung hin die Art in Zukunft 
jederzeit sicher erkannt werden kann. Um dies zu erreichen, 
wurden die folgenden Neubeschreibungen durch Heranziehung 
aller charakteristischen Eigenschaften möglichst sorgfältig aus- 
geführt und schwer zu beschreibende Formen durch Zeichnungen 
erläutert. 

14. Paragus politus Wied. 

Eine Anzahl $ und 2 aus Toa Tsui Kutsu, Tappani und Ma- 
cuyama. Die Tiere stimmen im allgemeinen mit der Wiedemann- 
schen Beschreibung gut überein, nur ist das dritte Fühlerglied 
zuweilen ausgedehnter rotgelb, so daß nur der Oberrand und die 
Spitze braun sind. Der Hinterleib der vorliegenden Weibchen ist 
ganz schwarz; bei einem Männchen ist der dritte Ring auf der Ober- 
und Bauchseite fast ganz rot, bei einem zweiten Männchen ist 
außerdem auch der After rot; der Hinterleib der übrigen Männ- 
chen ist ganz schwarz. Die Wulp’schen Tiere aus Ceylon (Termesze- 
trajzi Füzetek 1897) gehören wohl einer anderen Art an. 

15. Paragus tibialis Fall. 

Ein Männchen und drei Weibchen aus Macuyama sind von 
Stücken der Fallen’schen Art spezifisch nicht zu unterscheiden. 
Sie stimmen namentlich mit Tieren aus 
dem Süden Europas und aus Kleinasien 
so überein, daß ich kein Bedenken trage, 
die Stücke aus Formosa zu der genannten 
Art zu rechnen. Beim & ist der dritte 
und der letzte Ring ganz, der vierte teil- 
weise rot. Die Stirn des Weibchens ist 
auffallend breit (wie bei tZibialis), viel 
breiter als bei P. politus. 

16. Melanostoma mellinum L. aus Toa 

Tsui Kutsu. 

17. Melanostoma orientale Wied. (Fig. 1.) 

6 $ und 16 ? aus Chip Chip und Po- 
lisha. Die Art scheint im Süden und Osten 


Asiens häufig zu sein. Sie ist aus Öst- Fig. 1. 
indien, Madras und Sumatra bekannt. yelanostoma orientale Wd. 
Auf dem Untergesicht befindet sich ein (2 Kopf) 


deutlicher, knopfförmiger Höcker. Der 

Hinterleib des Weibchens ist ähnlich gezeichnet wie der des 
Weibchens von M. planifacies, der des Männchens besitzt fast 
, rechteckige Seitenflecken auf den einzelnen Ringen. 


17* 11. Heft 


260 Dr. P. Sack: 


18. Melanostoma planifacies Macq. (Fig. 2.) 

Die Art ist in beiden Geschlechtern durch das Fehlen des 
knopfförmigen Untergesichtshöckers charakterisiert; das bis jetzt 
noch unbeschriebene Männchen ist außerdem an dem fast ganz 
gelbroten Hinterleib zu erkennen. 

3 Die Augen stoßen auf einer ziemlich langen Strecke zu- 
sammen; das Scheiteldreieck ist daher sehr kurz, die Punktaugen 
bilden die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks. Fühler hell gelbrot, 
nur die äußerste Spitze des dritten Gliedes etwas gebräunt. Borsten 
an der verdickten Basalhälfte hellgelb, an der Spitzenhälfte braun. 
Stirn und Untergesicht dunkel bronzefarben, ohne Höcker; nicht 
sehr dicht weißlich bestäubt, zerstreut und kurz gelblich behaart. 
Rüssel und Taster braunrot. 

Thorax metallisch goldgrün, nicht sehr stark glänzend, mit 
bläulichen oder violetten Reflexen, zerstreut gelblich behaart. 

Schildchen ziemlich 
lang undschmal,gold- 
grün glänzend, mit 
zwei Quereindrücken 
auf der Fläche, zer- 
streut und kurz be- 
haart, am Hinter- 
rande mit langen 
feinen Haaren. Beine 
fast ganz rotgelb, die 
Mitte der Schienen 
und die Endglieder 


a Fig. 2. b z 
Melanostoma planifacies Macg. a. (3 Kopf) b. > ne a ge 
(2 Kopf) raunt; keinerlei Ver- 


breiterung oder Ver- 

zierung an den PBeinen. Flügel gebräunt wie beim Weibchen. 

Hinterleib rotgelb; erster Ring am Hinterrande und an den 
Seiten braun; zweiter mit sehr schmalem braunen Hinterrand 
und linienförmiger brauner Mittelstrieme; dritter und vierter gleich- 
falls mit äußerst schmalem braunen Hinterrand, in der Regel aber 
ohne Mittelstrieme; die Hinterrandbinden sind an den Seiten- 
rändern zu kleinen Dreiecken erweitert; fünfter Ring gleichfalls 
rotgelb mit braunem Hinterrand, unsymmetrisch: die linke Seite 
etwa halb so lang wie der vierte Ring, allmählich nach rechts 
schmäler werdend, den rechten Seitenrand des vorhergehenden 
Ringes kaum erreichend. Bauch rotgelb, die Hinterränder der 
Ringe leicht gebräunt. Genitalien groß, unsymmetrisch, schwarz- 
braun, glänzend; der erste Abschnitt des Hypopygs liegt links, 
der zweite rechts daneben; sie sind also gegen die Längsachse um 
90 Grad gedreht. Penis lang und dünn. 

2 3 aus Daitoriusho, 11 2 aus Chip Chip und Koshun. 
19. Asareina ericetorum Fabr. var. orientalis Bezzi N 

5 Stück aus dem Tai Hoku Distrikt und von Toa Tsui Kutsu. 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt,) 61 


°0. Asareina eurytaeniata Bezzi 

1 Männchen aus Tappani. 
21. Syrphus balteatus de Geer 

a) var. nectarinus Wd. 2 Stück aus dem Taiku-Distrikt. 

b) var. alternans Mg. einige Stücke aus Kankau. 

Diese beiden Varietäten unterscheiden sich deutlich von der 
in der ersten Aufzählung auf Seite 5 beschriebenen Form Formosae. 
Übergänge zwischen diesen einzelnen Varietäten konnten bei dem 
vorliegenden Material nicht gefunden werden. 


292. Baecha Amphithoe Walk. 
38 Stück aus Sokutsu und Kankau. 


23. Baecha maculata Walk. 

Einige Männchen und Weihkcehen aus Taihcinsho, Honzau 
und Shisha und Tappani. 

24. Baccha nubilipennis Walk. 

5 Exemplare aus Sokotsu. 
°5. Baecha pulehrifrons Aust. 

g und @ aus Kankau und Tappani. 

26. Baccha sapphirina Wied. 

Einige Stücke aus Tainan und Anping. 
<7. Baccha Sauteri Kertesz (l. c. Seite 275). 

Drei Stück aus Taihcrinsho und Taihoku. 
<8. Rhingia binotata Brun. (Records 'of the Indian Museum 

Vol. II, Part. 1, No. 9, pag. 59, 1908.) 

Diese Art ist nach einem einzelnen Männchen beschrieben. 
Ein Weibchen aus Taihcrinsho stimmt mit dieser Beschreibung so 
gut überein, daß es wohl sicher das fehlende Geschlecht ist. Die 
Differenzen sind im wesentlichen folgende. Die Stirn ist gleich- 
breit und nimmt etwa ein Sechstel der Kopfbreite ein; sie ist am 
Scheitel glänzend schwarz, auf der Mitte mattschwarz und un- 
mittelbar über den Fühlern glänzend braunschwarz. Ihre Behaarung 
ist kurz, bräunlich. Der sehr lange Rüssel ist an der Basalhälfte 
(bis ans Knie) braun, an der Spitzenhälfte glänzend schwarz. 

Die braunen Thoraxstriemen sind sehr wenig deutlich und 
verwaschen, die beiden mittleren sind nur durch eine feine Linie 
getrennt. Die Behaarung der Brustseiten ist fahlgelb, nicht ‚asch- 
grau‘. Die beiden orangeroten Flecken auf dem zweiten Hinter- 
leibsring reichen bis zum Seitenrande des Ringes. 

An den Mittel- und Hinterschenkeln ist nur das basale Drittel 
(nicht die Hälfte) schwarz. Die dunklere Färbung am Vorder- 
rand der Flügel erweitert sich an der Spitze und reicht dort bis zur 
vierten Längsader. Die Körperlänge beträgt ohne Schnabel 12 mm. 
£9. Volucella dimidiata nov. spec. (Fig. 3). 

Große, schlanke, nur kurz behaarte Art mit braunem Thorax 
und ganz schwarzem Hinterleib, die an den auf der vorderen 
schwarzbraunen, auf der hinteren Hälfte fast glashellen Flügeln 
sehr leicht zu erkennen ist. 


11. Heft 


262 Dr’ 2, Back: 

5 Kopf rostrot, wachsglänzend wie bei V. inanis L. 
Augen auf einer langen Strecke zusammenstoßend. Stirndreieck 
erhaben, fast gleichseitig; Ozellen granatrot, ein gleichseitiges 
Dreieck bildend. Die Fühler stehen auf einem deutlichen Stirn- 
höcker, sie sind rostrot, Borste weißlichgelb mit gleichfarbiger 
Befiederung. Untergesicht unter den Fühlern ausgehöhlt, dann 
buckelförmig ansteigend und nach dem Mundrande zu wieder 
zurückweichend; der Höcker selbst nur durch eine kleine knopf- 
förmige Erhöhung angedeutet. Vom untern Augenrande zieht 
nach den Mundecken eine schwarzbraune Strieme. Behaarung des 
Kopfes kurz und spärlich, hellgelb, die des hinteren Augenrandes 
oben sehr kurz, nach unten länger werdend, gleichfalls hellgelb, 
ein Backenbart, wie er z. B. bei V. bombylans L. vorhanden ist, 
fehlt. 

Thorax rotbraun, mit zwei breit getrennten schwarzen Strie- 
men, die vorn zusammen geflossen sind und hinten unmittelbar 
vor dem Schildchen durch einen schwarzen Querfleck verbunden 
werden. Auch der Seitenrand des Thorax zeigt eine schwarzbraune 
Strieme, die vorn und hinten erweitert ist und die Flügelbasis’ 
umschließt. Schildchen etwas aufgeblasen, rostrot, durchscheinend. 
Behaarung des Thorax und Schildchens kurz, nicht sehr dicht, rost- 
rot. Am Hinterrande des Thorax stehen seitlich einige schwarze 
Borsten, dagegen fehlen solche auf der Mitte des Hinterrandes 
unmittelbar vor dem Schildchen und am Hinterrande des Schild- 
chens; an diesem stehen seitlich einige rostrote Borsten. Beine 
ganz rostrot, gelb behaart. Flügel auf der hinteren Hälfte nahezu 
glashell, etwas gelblich tingiert, auf der vorderen Hälfte dagegen 
dunkelbraun; diese Färbung füllt nach hinten die beiden Basal- 
zellen ganz aus; ihre hintere Grenze läuft dann weiter etwa durch 
die Mitte der Diskoidalzelle und der ersten Hinterrandzelle. Die 
Randzelle ist honiggelb; in der Unterrandzelle liegt, nahe der Spitze 
ein schmaler heller Fleck; die Adern sind rostrot; die Schüppchen 
braun mit hellgelben Fransen; die Schwinger hellgelb. 


Hinterleib verhältnismäßig lang, etwa doppelt so lang wie 
der Thorax, fast ganz mattschwarz und sehr kurz schwarz behaart. 
Die äußerste Basis des zweiten Ringes zeigt eine elfenbeinfarbige 
schmale Querlinie, die am Seitenrande verbreitert ist und mit 
einer breiteren elfenbeinfarbigen Binde am Bauche, die etwa ein 
Drittel der Breite des zweiten Ringes an der Basis ausfüllt, ver- 
bunden. Im übrigen ist der Bauch ebenfalls schwarz und etwas 
glänzend. Länge 19 mm. 1 3 aus Taihcrinsho. 

30. Volucella nubeeulosa Big. (Fig. 4). 

1 @ aus Fuhosho. 


31. Graptomyza dolichocera Kertesz (Annal. Mus. Nat. Hung. ALTE; 
S. 79, 1914). 


1 Stück aus Toa Tsui Kutsu. 
32. Graptomyza faseipennis nov. spec. (Fig. 5—8.) 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 263 


Q Die beiden ersten Fühlerglieder sehr kurz, braunschwarz, 
das dritte etwas länger als die Hälfte des Untergesichts, braun, die 
untere Kante lichter: Borste lichtbraun, fein, aber sehr deutlich 
gefiedert. Stirn mit flachem Höcker, glänzend schwarz, am Augen- 
rande jederseits ein lichtgelber Fleck von der Form eines flachen 
Kreissegments; Untergssicht unter den Fühlern flach ausgehöhlt, 
mit stumpfem Höcker. stark nach unten verlängert, hellgelb mit 
glänzend schwarzbrıuner Mittelstrieme, die unter den Fühlern 
sehr breit ist, nach d:m Mundrande aber allmählich schmäler wird; 
auf den Backen jederseits eine schmälere braune Strieme, am Mund- 
rande keine Borsten. Rüssel etwa so lang wie der Kopf hoch ist. 
Behaarung von Stirn und Untergesicht weißlich, nicht sehr dicht. 


Fig. 3. Fig. 4. 
Volucella dimidiata n. sp. (3 Kopf) Volueella nubecwosa Big. (2 Kopf) 


Thorax glänzend metallisch schwarz mit violettem Schimmer ; 
Schulterecken und hintere Thoraxecken beinweiß (es fehlen die 
weißen Seitenstriemen und die weiße Einfassung des Hinterrandes, 
die verwandte Arten besitzen). Pleuren glänzend schwarz, mit 
einer kaum sichtbaren hellen Linie vor der Ansatzstelle der Flügel. 
Behaarung des Thorax hell, ziemlich sparsam, dichter auf der Mitte, 
wo sie eine doppelte helle Längsstrieme bildet, und an den Seiten 
und Rändern. 

Beine mit rotgelben Hüften, glänzend schwarzbraunen, an 
beiden Enden rötlichgelben Schenkeln und Schienen; Tarsen hell- 
gelb, Endglieder braun. 

Flügel glashell mit schmalen dunklen Ouerbinden, die ihm 
das Aussehen eines Trypetaflügels geben; die erste beginnt am 


11. Heft 


- 
- 


264 Dr. P. Sack: 


Ende der ersten Längsader und läuft über die hintere Querader 
zum Ende der fünften Längsader; die zweite erstreckt sich vom 
Ende der zweiten Längsader über die vordere Querader zum Ende 
der vierten Längsader. Außer- 
dem sind braun das basale und 
distale Drittel des Randmales 
(seine Mitte ist honiggelb), ein 
viereckiger brauner Fleck unter 
dem Ende der Hilfsader zwischen 
der 1. und 2. Längsader, ein un- 
regelmäßiger Fleck an der Basis 
der dritten Längsader, Säume 
an der kleinen Ouerader und an 
der die hintere Basalzelle be- 
grenzenden Querader. 
Hinterleib verhältnismäßig 
schlank, punktiert, rotbraun mit 
schwarzen Zeichnungen. Erster 
Ring bis auf einen gelben Fleck 
an der Basis ganz schwarz, 
zweiter mit fast trapezförmigem 
schwarzen Mittelfleck und Sei- 
tenrand, der auch auf allen fol- 
Fig. 5. genden Ringen schwarz ist; drit- 
Graptomyza fascipennisn.sp. (Kopf) ter und vierter Ring mit schmä- 
lerem Mittelfleck, der fast eine 
breite Mittelstrieme darstellt, der letztere (bei einem Stück auch 
der 3. R.) mit länglichrunden schwarzen Seitenflecken. Hinterrand 
des vierten Ringes glatt, ohne Zahn. Bauch rotbraun mit dunkler, 
durch die schwarzen Sternite gebildeter Mittelstrieme. Behaarung 
des Hinterleibes 
sehr kurz, weiß. 
Länge 8mm. 
2 Q aus dem 
Gebiet des Shi- 
shastammes. 


353. Graptomyza 
gibbula Walk. 
1 Stück aus 


Taihorin. 
Fig. 6. 34. Graptomyza 
Graptomyza fascipennis n. sp. (Flügel) obtusa Kert. (l. 
EAN NER 


Aus Toa Tsui Kutu (1 Stück). 
35. Eristalis tenax L. 


. Von dieser über die ganze Erde verbreiteten Art liegen 11 
Stück von Fuhosho vor, die, wie es scheint, nur durch einen etwas 


Ki AP Fr 2 A 


H. S: uter’s Formosa-Aısbeute: Syrphiden 11. (Dipt.) 265 


stärkeren Glanz des Hinterleibes von den europäischen Stücken zu 
unterscheiden sind. 
36. Eristalis orientalis Wied. 

Die bisher aus Java bekannte Art liegt in 19 Exemplaren aus 
Suisharyo und Tappanı vor. 

37. Eristalis quinquestriatus Fabr. 

Die Art ist in Formosa sehr gemein. 63 Stück aus Suisharyo. 
38. Eristalis obseuritarsis Meij. (l. c. S. 251). 

Sie ähnelt der vorhergehenden Spezies sehr, ist jedoch in 
Wirklichkeit eine ganz verschiedene Art, die sich nicht nur durch 
die dunklen Tarsen und die etwas verschiedene Zeichnung des 
Hinterleibes, sondern vor allem durch 
die viel schlankere und spitzere Form 
des Abdomens unterscheiden läßt. Sie 
wurde von Bombay und Singapur be- 
schrieben. 8 Stück aus Kankau und 
Tainan. 


Fig. 7. Fig.. 8. 
Graptomyza fascipennis n. sp. Graptomyza fascipennis n. sp. (Hinterleib 
(Hinterleib von oben) von der Seite) 


39. Lathyrophthalmus arvorum Fabr. 

Diese über den ganzen Südosten von Asien (Bengalen, Java, 
Sumatra, Borneo, Celebes, China) verbreitete Art scheint auch in 
Formosa häufig zu sein. Es liegen 37 Stücke von verschiedenen 
Fundorten vor. 

40. Eristalis Kobusi Meijere (Tijdsch. Entom. LI, 252 1908). 

Die aus Java beschriebene Art ist an den gebänderten Augen 
und den zu beiden Seiten des Gesichtshöckers stehenden großen 
schwarzen Flecken leicht zu erkennen. 16 Stück aus Kanshizei 
und Yamo. 

41. Eristalis violaceus Kert. (Annal. Mus. Nat. Hung. XI, 282, 1913). 

2 Männchen und 1 Weibchen dieser auffallenden blauen Art 
aus Kosempo. Das Männchen hat fast wasserklare, das Weibchen 
beinahe ganz braune Flügel. 


11. Heft 


266 Dr. P. Sack: 


42. Megaspis errans Fabr. 

Von dieser über den ganzen Malaiischen Archipel verbreiteten 
Art liegen 88 Tiere aus Suiphankyaku, Kankau, Yamo und Kau- 
shiri vor. Die Spezies ist demnach auf Formosa gemein. Sie ist bis 
jetzt in Bengalen, Hindostan, Java, Sumatra, auf den Philippinen 
und in China gefunden worden. 

Die Rückenzeichnung variiert sehr stark, und eine ganze An- 
zahl der vorliegenden Tiere zeigt die für den Brunettischen M. 
transversus (Records of the Indian Museum II, p. 72, 1908, Tabelle) 
charakteristische ‚‚well defined, quite black interrupted transverse 
band‘. Da aber die Hinterschenkel an der Basis hellbraun sind 
und an der Spitze ein scharf begrenztes schwarzes Band besitzen, 
so handelt es sich bei allen Tieren aus Formosa um M. errans F. 
43. Megaspis zonata Fabr. 

Die Art ist nur in 31 Stücken vertreten. Nach den Angaben 
von Dr. Kertesz (Annal. Mus. Nat. Hung. XI, 281, 1913) ist sie 
aber dort wohl ebenso gemein wie die vorhergehende Art. 

44. Tubifera albiceps Wulp 

Je ein Weibchen aus Paroe, nördlich Psiwan und Taihcrinsho. 

Die Spezies ist bekannt von Celebes und den Aruinseln. 


 Teuehomerus nov. gen. 


Aus dem Verwandtschaftskreis von Merodon, von dem sich 
die Gattung durch die nackten Augen und den Bau der Hinter- 
beine unterscheidet. Die Hinterschenkel sind nämlich an der 
basalen Hälfte in beiden Geschlechtern ausgeschnitten und tragen 
beim Männchen am proximalen Ende dieses Ausschnittes einen 
Dorn, gegen den sich ein am inneren Ende der Hinterschienen 
stehender Sporn anlegt; dieser Sporn ist auch beim Weibchen vor- 
handen. Das Hypopyg des Männchens ist sehr stark entwickelt 
und ballonettartig- aufgeblasen. 

Von Triodonta Will. und Polydonta Macq., denen die Gattung 
sehr nahe steht, ist sie durch die beim Männchen auf dem vorderen 
Drittel zusammenstoßenden Augen, die viel stärker verdickten 
Hinterschenkel, den Mangel eines Zahnes an den hinteren Trochan- 
teren und durch die auffallende Bildung des Hypopygs getrennt. 
Sollten diese Merkmale aber beim Bekanntwerden einer größeren 
Anzahl von Arten zur Abtrennung einer besonderen Gattung als 
nicht ausreichend erscheinen, so ist der neue Name doch kein 
synonymer Ballast, da die beiden vorerwähnten Namen bereits 
vergeben sind und deshalb geändert werden müssen. Typus: 
Polydonta orientalis Brunetti. 

45. Teuchomerus orientalis Brun. (Records Indian Museum, 

Vol. II, 1, 74, 1908). (Fig. 9—11.) 

Diese Art wurde von Brunetti l. c. nach einem einzelnen Männ- 
chen beschrieben. Da jetzt von Formosa eine große Anzahl von 
Tieren beider Geschlechter vorliegt, so dürfte eine Ergänzung der 
Brunettischen Diagnose nicht überflüssig erscheinen. 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 267 


32 Augenin beiden Geschlechtern nackt, beim Männchen im 
vorderen Drittel zusammenstoßend, beim Weibchen durch eine 
breite, hinten wenig verschmälerte Stirn getrennt. Diese ist dicht 
gelblich befilzt und lang und dicht messinggelb behaart; beim Weib- 
chen ist eine linienförmige Mittelstrieme nicht befilzt, auf der die 
Behaarung braun ist. Der braune Ozellenhöcker mit einem Büschel 
langer schwarzbrauner Haare. Fühler auf einem mäßigen schwärz- 
lichen Vorsprung der Stirn; drittes Fühlerglied fast kreisförmig, 
unten etwas abgeflacht, mit einer nackten, hellbraunen Rücken- 
borste. Untergesicht fast senkrecht, unter den Fühlern seicht aus- 
gehöhlt, mit wenig vorspringendem Gesichtshöcker, nicht weit 
unter die Augen herabgehend, mit Ausnahme einer linienförmigen 


Fig. 9. Fig. 10. 
Teuchomerus orientalis Brun. Teuchomerus orientalis Brun. 
(3 Hinterbein, Innenseite) ($ Hinterbein Außenseite) 


Mittelstrieme dicht messinggelb befilzt und behaart. Die nackten 
Backen und der Mundrand schwarzbraun. Hinterkopf silbergrau 
bestäubt, mit einem Kranze gelblichweißer Haare, die auf der Unter- 
seite besonders lang sind. 


Thorax schokoladebraun, ziemlich dicht, aber sehr kurz gelb 
behaart; zwischen die gelben Haare sind schwarze eingestreut, die 
auf einer Zone zwischen den Flügeln vorherrschen, so daß dort eine 
nicht sehr auffallende dunkle QOuerbinde auftritt. Das rostrote 
Schildchen ist mit dichter, abstehender, messinggelber Behaarung 
bedeckt. Die etwas gebräunten Flügel mit offener Randzelle und 
fußförmiger ersten Hinterrandzelle; in der Gegend der Gabelung 
der dritten Längsader läuft quer über die Flügelmitte eine leicht 
gebräunte bindenartige Trübung. An dem dunkelbraunen, hell 
gefleckten Hinterbeinen sind die Trochanteren verlängert; die 
ebenfalls verlängerten Schenkel sind außerordentlich stark ver- 


11. Heft 


268 Dr. P. Sack: 


dickt und auf der basalen Hälfte auf der Unterseite ausgeschnitten; 
die distale Hälfte trägt dort eine Leiste, die dicht mit kurzen Dornen 
besetzt ist. Die stark gekrümmten Hinterschienen enden in einen 
spitzen Dorn. Beim Männchen wird der Ausschnitt an den Hinter- 
schenkeln proximal von einem 
hakenförmigen, mit dichtem 
Haarbüschel besetzten Dorn be- 
grenzt, gegen den sich der Sporn 
der Hinterschienen anlegt. Die 
Färbung der Hinterbeine ist 
etwas veränderlich; immer fin- 
det sich auf der Mitte der Schen- 
kel ein dunkler Ring, von dem 
Fig. 11. basalwärts ein großer gelber 
Teuchomerus orientalıs Brun. Fleck, distalwärts eine haken- 
(3 letzte Hinterleibsringe) oder kommaförmige gelbe Zeich- 
nung liegt; an den schwarz- 
braunen Hinterschienen befindet sich auf der Mitte eine gelbe 
Halbbinde oder ein gelber Fleck. Die Vorderbeine sind gleichförmig 
dunkelbraun, alle Tarsen heller. Behaarung der Beine messing- 
gelb bis bräunlich. 

Hinterleib ziemlich lang, stark gewölbt und hinten einge- 
krümmt, hell kastanienbraun, die Hinterränder aller Ringe mit 
weißlichen Säumen, die Vorderwinkel hellbraun. Erster Ring 
schwarzbraun, zweiter an der Basis und hinter der Mitte mit je 
einer etwas erhabenen, geschwungenen, schwarzbraunen Quer- 
binde, die den Seitenrand nicht erreicht; beide Binden in der Regel 
durch eine sehr feine Längslinie auf der Mitte verbunden; dritter 
mit zwei dunklen Querbinden, die aber nicht durch eine Längs- 
linie verbunden sind; vierter Ring ebenfalls mit zwei erhabenen 
dunklen QOuerbinden, der vertiefte Raum zwischen ihnen ist aber 
in der Regel nicht hell, sondern dunkel- oder schwarzbraun wie 
die Binden selbst. Beim Weibchen sind die hellen Querbinden 
auf der Mitte breiter als beim Männchen, und der fünfte, spitz 
zulaufende Ring ist glänzend schwarzbraun. Beim Männchen ist 
vom fünften Rıng nur die linke Hälfte und der Bauchteil sichtbar, 
während die rechte Hälfte verdeckt ist. Die unsymmetrischen Geni- 
talien sind auffallend groß und sehr stark kolbenförmig aufge- 
trieben; sie lassen deutlich zwei kugelförmige Hälften, eine obere 
und eine untere erkennen. Am gelben Bauch Spuren von schwarzen 
OQuerbinden. Behaarung des Hinterleibes licht messinggelb, auf 
den dunklen Querbinden aber kurzgeschoren, schwarz. 

Länge 12—15 mm. Beide Geschlechter in zahlreichen Stücken 
aus Kankau. 

46. Zelima aeneomaculata Meij. (l.c. 5.227) = Z. cuprina Coqu.(?) 

Die Beschreibung Meijeres paßt auf die vorliegenden Stücke 
im allgemeinen so gut, daß ich keine Bedenken trage, die Tiere 
von Formosa zu dieser Art zu stellen, obgleich die typischen Stücke 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 269 


Meijeres aus Neuguinea stammen. Die sanduhrförmige Zeichnung 
auf dem 2. und 3. Hinterleibsring ist bei unseren Stücken nur von 
hinten gegen das Licht gesehen deutlich zu erkennen. Die größere 
oder geringere Sichtbarkeit solcher Zeichnungen hängt aber oft 
mit der Konservierung der Tiere zusammen. Vielleicht sind jedoch 
auch die Stücke aus der nördlicheren Heimat überhaupt düsterer 
gezeichnet. In diesem Falle besteht aber auch die Möglichkeit, 
ja Wahrscheinlichkeit, daß Coquillets Art aus Japan (Z. cuprina) 
die obige Spezies ist. Der von Meijere vorgeschlagene Name bleibt 
aber trotzdem zu recht bestehen, da vor Coquillet bereits Bigot 
eine Z. cuprina beschrieben hat. 
47. Zelima armipes nov. spec. (Fig. 12 u. 13). 

Große, hell und kupferfarbige Art, die durch den Bau der 


Fig. 12. Fig. 13. 
Zelima armipes n. Sp. Zelima armipes n. SP. 
(3 Hinterbein) ($ Mittelbein) 


Hinter- und Mittelbeine von allen ähnlichen Arten sich leicht unter- 
scheiden läßt. 

3 Die Augen stoßen auf einer kurzen Strecke zusammen, die 
glänzend schwarze Stirn erweitert sich nach oben allmählich und 
hat am Scheitel etwa !/, der Kopfbreite. Der vordere Teil der 
Stirn und das Gesicht sind glänzend schwarz, aber mit Ausnahme 
des an seinem Ende etwas rostroten Stirnhöckers ziemlich dicht 
weiß bestäubt. Fühler nebst Borste rostbraun, das sehr kurze 
erste Glied schwärzlich; drittes Glied oval. Die ziemlich lange und 
dichte Behaarung des hinteren Augenrandes ist oben goldgelb, 
unten glänzend weiß. 

Thoraxrücken stark kupferglänzend, mit vier purpurfarbigen 
Längsstriemen. Die kurze Behaarung des Thorax ist messinggelb, 
die Brustseiten sind dunkelmetallisch und tragen eine Strieme aus 
ziemlich langen goldgelben Haaren, die vor der Quernaht beginnt 
und bis zu den Mittelhüften zieht. — Das goldgrüne Schildchen 


11. Heft 


270 Dr. P. Sack: 


ist deutlich gerandet und trägt am Hinterrande einen Kranz 
fahlgelber Haare. Die Beine sind metallischschwarz, die Schenkel 
an der äußersten Spitze fahlgelb, ebenso die Vorder- und Mittel- 
schienen nebst deren Tarsen, an denen nur die beiden letzten Glie- 
der gebräunt sind; die Hinterbeine sind nur im basalen Viertel 
und an der äußersten Spitze gelb, sonst schwarzbraun. Die Hinter- 
hüften tragen einen langen, spitzen, nach hinten gerichteten Dorn; 
auf der Außenseite der Hinterschenkel steht etwas hinter der 
Mitte eine Gruppe (etwa 9) schwarzer Borsten und auf der Unter- 
seite auf der Mitte und am Spitzenviertel je eine Anzahl kräftiger 
Dornen. Die gekrümmten und auf der Mitte etwas höckerigen 
Hinterschienen besitzen an der Spitze vorn einen stumpfen Sporn 
und auf der Mitte an der Innenseite einen Büschel langer fahl- 
gelber Haare. Die Mittelschenkel tragen an der Basis unten einen 
pflugscharartigen Vorsprung und die Mittelschienen innen sehr 
lange, wollige, fahlgelbe Behaarung. An allen Schenkeln ist die 
Behaarung auf der Vorder- und Hinterseite recht lang, zottig, 
weißlichgelb. Auch die Tarsen sind, namentlich auf der Unterseite, 
ziemlich lang behaart. Flügel fast glashell, auf der vorderen Hälfte 
gelblich, was namentlich in der Vorderrandzelle sehr auffallend ist. 
Schwinger und Schüppchen weißlichgelb. 

Hinterleib sehr schlank und von der Basis bis zum Ende des 
zweiten Ringes etwas verschmälert, der dritte Ring wird dann nach 
hinten zu wieder etwas breiter, während der vierte sich wieder 
ein wenig verjüngt. Der zweite Ring ist der längste, etwa 11, mal 
so lang wie der dritte, der vierte etwa so lang wie der vorhergehende. 
Färbung des Hinterleibes hell kupfergrün und stark glänzend, auf 
dem zweiten und dritten Ring mit einer weinglasartigen dunkel- 
braunen Längsstrieme; von vorn besehen schimmern die Seiten 
dieser Ringe etwas durch. Vierter und fünfter Ring dunkelbraun, 
glänzend. Bauch rostbraun, nach hinten zu etwas dunkler. 

Länge 14 mm. 2 3 aus Sokutsu und Fuhosho. 


48. Syritta orientalis Macq. 

Eine Anzahl Tiere aus Kankau und Macuyama. Die Art ist 
nach der ausführlichen und treffenden Beschreibung Meijeres nicht 
mehr zu verkennen. 


49. Eumerus aurifrons Wied. 
Ein Pärchen aus Toa Tsui Kutsu. 


50. Eumerus flavieinetus Meij. (l. c. Seite 215). (Fig. 14.) 

Diese gedrungene Art ist nicht schwer an dem breitgerandeten 
Schildchen zu erkennen. Das sehr große Hypopyg des Männchens 
reicht fast bis zur Basis des vierten Ringes und zeigt am Rande zwei 
kleine Spitzen. Die sehr verdickten Hinterschenkel tragen an der 
Unterseite der Spitzenhälfte keine schwarzen Dornen, sondern nur 
lange weiße Haare, die sehr dicht stehen. 


12 Stück aus Kankau und Hoozan. Die Art ist von Sumatra 
und Bali bekannt. 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 271 


51. Eumerus nicobarensis Schin. 
3 Männchen und ein Weibchen aus Toa Tsui Kutsu. 
52. Eumerus niveipes Meij. (l. c. Seite 220) var. rufitibiis nov. var. 
Die Tiere aus Formosa stimmen mit der Beschreibung Meijeres 
gut überein. Bedenken über die Zugehörigkeit der Stücke könnten 
nur durch die Form des dritten Fühlergliedes verursacht werden, 
das nach Meijere eiförmig sein soll, bei den vorliegenden Tieren aber 
fast dreieckig ist, indem die Oberseite nach vorn stark abgeschrägt, 
die Unterseite aber fast gerade ist. (Fig. 15.) 

8 Die Augen sind durch die Stirn ziemlich breit getrennt. 
Der Bauch ist ‘bis zum vierten Ring matt graugelb, der vierte Ring 
glänzend braun. 

© Das noch unbeschriebene Weibchen hat eine breite, blau- 
schwarze, glänzende Stirn, die nach hinten zu nur wenig verschmä- 
lert ist; in der Mitte zwischen den vorderen Ozellen und der Fühler- 
basis stehen zwei weißbestäubte, fast dreieckige, auf der Mitte 


Fig. 14. Fig. 15. 
Eumerus flavieinetus Meij. Eumerus niveipes Meij. var. rufitibüis 
i (Hypopyg) ($ Kopf) 


zusammenstoßende Flecken, die aber leicht abgerieben werden; 
auf der Stirn dicht am Augenrande zwei weißbestäubte Linien. 
Ozellen ziemlich weit nach vorn gerückt; der vordere Ozellus hat 
von den beiden hinteren etwa den doppelten Abstand wie diese 
voneinander. Behaarung der Stirn vorn gelb, auf der Mitte dunkel 
und am Scheitel wieder hell. Das Untergesicht an den Seiten 
etwas bestäubt, nicht sehr dicht weißlichgelb behaart. Augen sehr 
kurz, aber sehr dicht hellgelb behaart. Fühler wie beim Männchen 
gebaut, hell rötlichgelb, drittes Glied an der Oberkante etwas ge- 
bräunt,; Borste an der Basis etwas gelb. 

Thorax und Schildchen wie beim &; die hellen Striemen 
aber etwas auffallender und die Behaarung fast weiß. Beine: 
Hüften metallisch schwarz, ihre Spitze, sowie die Trochanteren 
hell gelblichbraun. Die beiden vorderen Schenkelpaare metallisch 
schwarz mit gelbem Spitzendrittel, die Hinterschenkel ganz schwarz; 
die vorderen Schienenpaare gelb mit braunem Ring auf der Spitzen- 
hälfte, die etwas keulenförmigen Hinterschienen auf dem Basal- 
drittel und an der Spitze weißgelb; die vorderen Tarsen hellgelb, 


11. Heft 


272 Dr. P. Sack: 


weiß schimmernd; Hintertarsen dunkelbraun ; die einzelnen Glieder 
an den Gelenken breit weiß, etwas schimmernd, auf der Unterseite 
sind die hinteren überwiegend gelblichweiß. An den Flügeln ist 
die Spitze selbst nicht stark verdunkelt, zuweilen fast ganz hell, 
aber die Spitzenquerader stets auffallend schwärzlich gewölkt. 
Schüppchen und Schwinger weiß. 

Abdomen wie beim Männchen, die Flecken aber weißlich und 
das Fleckenpaar auf dem 4. Ringe viel breiter und auffallender 
als bei diesem. (Fig. 16.) 

Alles andere, auch die Größe, wie beim Männchen. Größe 7 mm. 
50 Stück aus Kankau. 

53. Milesia fissiformis Speiser (Jahrbuch Nass. Ver. Natur, 64, 

241, 1911). 

Die Art erinnert in ihrer Gestalt und Zeichnung sehr an M. 
crabroniformis Fab., ist aber dunkler mit scharf 
begrenzter Hinterleibszeichnung; der Dorn der 
Hinterschenkel ist länger und weniger behaart; die 
Flügel sind stark gebräunt, die lichte Strieme 
ist von veränderlicher Ausdehnung und Helligkeit 
und beim $ schwer zu sehen. 9 Stück aus Bau- 
shoryo. 

54. Mierodon aurieinetus Brun. (l. c. Seite 93). 

1 Stück aus Taihcrinsho. 

9. Mierodon bicolor nov. spec. 

Schlanke Art mit gedorntem Schildchen, 
schwarzviolettem Thorax und Schildchen und vor- 
wıegend ziegelrotem Hinterleib. 
© Stirn schwarz mit violettem ee 

Fig. 16. } etwas erhaben, über den Fühlern sehr stark ver- 
ra nwePpe8 engt, nach dem Scheitel zu auf das Doppelte ver- 
Meij. var. rufiti- 3 : : 
biis(3 Hinterleib) Preitert; die Punktaugen stehen auf einem erha- 

benen Dreieck, das durch zwei schieflaufende Fur- 
chen von zwei Wülsten neben den Augen getrennt ist. Die auf 
einem sehr kurzen Höcker stehenden Fühler sind schwarzbraun, 
das dritte Glied etwas grau schimmernd; erstes Glied sehr lang 
und schlank, zweites kurz, drittes 11, mal so lang wie das zweite 
und halb so lang wie das erste und zweite zusammen (I: IL: III 
= 47:21:34). Das Untergesicht fast gleichbreit und gleichförmig 
gewölbt, ohne Spur eines Höckers, schwarzviolett, glänzend mit 
ziemlich dichter anliegender Behaarung bedeckt. Rüssel rostrot. 
Der Hinterköpf tritt am Scheitel weit hinter die Augen zurück 
und bildet einen breiten Wulst, der aber sehr rasch an Breite ab- 
nimmt; seine Behaarung ist weißlichgelb. 

Thorax und Schildchen schwarz, mit schwachem violetten 
Schimmer, etwas punktiert, mit sparsamer gelber Behaarung 
die am Vorderrande, an der Quernaht, am Hinterrande und be- 
sonders auch auf dem Schildchen dichter ist; das letztere zeigt 
vor dem Hinterrande einen seichten Quereindruck und am Hinter- 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II, (Dipt.) 273 


rande selbst zwei kurze Dornen. Hüften schwarzbraun, die beiden 
vorderen Beinpaare rostrot, die Schenkel an der Basis, die Schienen 
und Tarsen außen etwas verdunkelt. Die Hinterbeine sind schwarz- 
braun mit rostroten Gelenken. Behaarung der Beine sehr fein, 
anliegend, weiß glänzend, auf der Unterseite der Hintertarsen 
aber goldgelb. Hinterer Meta- 
tarsus verdickt, etwa so lang wie 
die übrigen Tarsenglieder zusam- 
men. Flügel auf der ganzen Fläche 
rauchbraun, auf der vorderen 
Hälfte und um die Adern noch 
stärker verdunkelt. Der Aderan- 
hang in der ersten Hinterrandzelle 
steht der hinteren Querader gegen- 
über und reicht bis zur Mitte der 
Zelle. Die etwas zurücklaufende 
Spitzenquerader derviertenLängs- 
ader ist ganz gerade und ohneAder- 
anhang, die der fünften dagegen Fig. 17. 

etwas geschwungen. Schwinger Myzogaster variegata n. sp. (? Kopf) 
gelblichweiß. Schüppchen weiß. 

Der sehr schlanke Hinterleib ist fast zylindrisch, am Rücken 
und Bauch ziegelrot mit schwarzer Basis und ebensolcher Spitze, 
er ist mit sehr kurzer weißlicher Behaarung besetzt, die auf den 
einzelnen Ringen schmale, an den Seiten stark nach hinten gezogene, 
wenig auffallende Haarbinden bildet und auf der hinteren Hälfte 


Fig. 18. Myzxogaster variegata n. sp. (Flügel) 


des vierten Ringes dichter ist. Der 3. und 4. Ring erscheinen nahezu 
miteinander verschmolzen. 

Länge 8 mm. 1 2 aus Anping. 
56. Mierodon ruficaudus Brun. (l. c. Seite 93). 

Diese prächtige Art liegt in zwei ziemlich gut erhaltenen 
Stücken aus Toa Tsui Kutsu vor. 
57. Mierodon stilboides Walk. 

Je ein Stück dieser großen, auffallend grün und blau glänzenden 
Art aus Kosempo und dem Gebiet des Shishastammes. 


Archiv für Naturgeschichte 
11, 


1921. A. 18 11. Heft 


274 Dr. P. Sack: 


58. Myxogaster variegata nov. spec. (Fig. 17—19.) 

Hell ockerfarbige, am Hinterleib braun gezeichnete schlanke 
Art mit gewölbtem Gesicht und einem in die erste Hinterrandzelle 
hineinragenden Aderanhang an der dritten Längsader. 

Q Stirn sehr breit, etwa ein Drittel der Kopfbreite, gelb, 
kurz und dicht goldgelb behaart, der nicht vorstehende Ozellenfleck 
schwarzbraun; von diesem Dreieck zieht eine schwarzbraune, 
allmählich schmäler werdende Strieme nach dem Hinterkopf; bei- 
derseits der Fühlerbasis ein kleiner runder schwarzbrauner Fleck. 
Fühler rostbraun, drittes Glied nach der Spitze zu etwas verdunkelt; 


das erste Glied etwa so lang wie die halbe Stirnbreite, zweites kurz’ 


(!/; der Länge des ersten Gliedes), drittes Glied 
schlank, doppelt so lang wie das erste Glied; die 
cn gelbe Borste nahe der Basis eingefügt, etwa halb 
| so lang wie dieses. Untergesicht gleichmäßig ge- 
wölbt, ohne jeden Höcker (wie bei Microdon ge- 
baut), oben von Stirnbreite, nach unten ein wenig 
ep 


verschmälert, hellgelb, dicht und kurz goldgelb be- 
haart. Rüssel kurz, gelb. Taster gelb. Augen rot- 
braun bis schwarzbraun, nackt. Hinterkopf hell- 
gelb, goldgelb behaart. 

Thoraxrücken und Brustseiten hell ockergelb, 
mit dunkelbraunen Striemen und Binden; die erste 
beginnt hinter den Schulterbeulen und zieht senk- 
recht über die Brustseiten hinab, wo sie allmählich 
schmäler wird und verblaßt; die zweite beginnt 
hinter der Quernaht in der gleichen Entfernung 
von der Mitte wie die erste und zieht unmittelbar 
vor den Flügelwurzeln abwärts; von ihrer Ur- 


7 


Fig. 19. sprungstelle zieht eine braune Strieme nach hin- 
Myzogaster varie- ten, biegt dann nach innen zu um und bildet mit 
gata n. sp. der entsprechenden Strieme auf der anderen Seite 
(Hinterleib) ein U; endlich zieht von den Hinterhüften aufwärts 


eine mehr fleckenartige Binde. Schildchen ohne 
Zähnchen und Einbuchtung am Hinterrand, von der Farbe des 
Thorax, am Hinterrande schmal braun gesäumt. Hinterrücken ocker- 
gelb, auf der Mitte mehr oder weniger gebräunt. Behaarung des 
Thorax an den hellen Stellen goldgelb, auf den dunkleren schwarz- 
braun bis schwarz, überall nicht sehr lang. 

Beine ganz hell ockergelb, kurz und zart goldgelb behaart, 
alle Tarsen, besonders die der Vorder- und Hinterbeine etwas ver- 
breitert. Schüppchen und Schwinger hell ockergelb. Flügel groß 
und breit, auf der ganzen Fläche gelblich, die vorderen Adern gelb, 
die hinteren braun, die Queradern leicht braun gesäumt. Von der 
dritten Längsader ragt ein Aderanhang schief in die erste Hinter- 
randzelle; die beiden äußeren Queradern etwas nach innen geknickt, 
am Knie mit kleinem Aderanhang. 

Hinterleib schlank, keulenförmig, mehr als doppelt so lang 


She re rs 


Sn 2 ee ans 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Syrphiden II. (Dipt.) 275 


wie der Thorax, mit brauner Rückenlinie und drei braunen Bogen- 
binden, je eine am dritten, vierten und fünften Ring, und mit 
braunen Seitenstriemen am zweiten Ring. Diese Bogenbinden 
liegen auf der Mitte der Ringe am Vorderrand jedes Ringes und 
enden seitlich am Hinterrand des Ringes. Der ganze Hinterleib 
stark wachsglänzend, mit sehr kurzer Behaarung, die auf den 
helleren Teilen gelblich, auf den dunklen schwarzbraun bis 
schwarz ist. 

Körperlänge 10 mm, Flügellänge 10 mm, Flügelbreite 3 mm. 
2 © aus Toa Tsui Kutsu. 
59. Myxogaster nigripennis nov. spec. (Fig. 20 u. 21.) 

Auffallend schlanke Art vom Aussehen eines Ocyplamus, mit 
sehr kurzen Fühlern, ungezähntem Schildchen und ohne Ader- 
anhang in der 1. Hinterrandzelle. Sie paßt in keine der Gattungen 
hinein; der Einfachheit wegen aber mag sie vorläufig bei Myxo- 
gaster untergebracht werden, der sie wohl am nächsten steht. 


Fig. 20. Fig. 21. 
Myxogaster nigripennis n. Sp. Myzxogaster nigripennis 
(3 Flügel) n. sp. (3 Kopf) 


ö Kopf vorn sehr stark gewölbt, über halbkugelförmig, hinten 
fast eben. Stirn und Untergesicht in ihrem ganzen Verlauf nahezu 
gleichbreit, etwa ein Sechstel der Kopfbreite einnehmend, blau- 
schwarz, glänzend. Stirn mit aufrecht stehenden schwarzen Haaren 
dicht besetzt, unterhalb der Mitte etwas verschmälert und dort mit 
einem Quereindruck versehen. Über der Fühlerwurzel jederseits 
am Augenrande ein längliches, weißlich bestäubtes Fleckchen. 
Ozellen ziemlich weit vom Scheitel entfernt. Fühler sehr kurz; 
erstes und drittes Glied kaum länger als die halbe Stirnbreite, 
zweites halb so lang wie das erste; alle Glieder, sowie die Rücken- 
borste hell rostrot. Das stahlblaue, glänzende Untergesicht ist 
fahlbräunlich behaart. Die den kurzen braunen Rüssel bedecken- 


‚ den Taster sind hell rostrot. Hinterkopf sparsam und kurz hell- 
' braun behaart. 


Der metallischschwarze, etwas stahlblau oder grünlich schil- 
lernde Rückenschild ist dicht feinpunktiert und sehr kurz und 
sparsam fahl behaart. Die Schulterecken sind röstfarben. Von 


‚ ihnen läuft nach der Flügelwurzel eine scharfe Kante. Brustseiten 


18* > 11. Heft 


276 Malcolm Burr: H. Sauter’s Formosa-Ausbeute: Dermapteren H 


metallisch blauschwarz, stellenweise stark violett schimmernd, 
von der Flügelwurzel zieht nach den Mittelhüften eine aus stark- 
elänzenden hellgelben Haaren gebildete Strieme. Schildchen fast 
halbkreisförmig, stark gewölbt, ohne Dornen und ohne Einbuch- 
tung am Hinterrande. Schüppchen schmutzig weiß; Schwinger 
rostfarben. Die beiden vorderen Beinpaare mit Ausnahme der 
Hüften ganz rostrot, diese sowie die Hinterschenkel und die distalen 
zwei Drittel der Hinterschienen schwarzbraun oder schwarz. 
Hinterschenkel unten der ganzen Länge nach mit sehr feinen Haaren 
besetzt. Flügel den Hinterleib überragend, geschwärzt, besonders 
auf der vorderen Hälfte und um die Adern, infolgedessen etwas 
gewölkt erscheinend. Kleine Querader sehr nahe der Basis der 
Diskoidalzelle; dritte Längsader ohne Aderanhang über der ersten 
Hinterrandzelle. Die beiden äußeren Queradern münden fast senk- 
recht in die davorliegende Längsader und sind fast gerade, nur 
ganz wenig nach innen eingebogen. 

Hinterleib sehr schlank, keulenförmig; zweiter Ring verlängert 
mit zwei länglichen durchscheinenden Seitenflecken; sonst ist 
das Abdomen ganz metallisch braunschwarz, nur der Hinterrand 
der Ringe zuweilen etwas heller. Am Hinterrand des zweiten bis 
vierten Ringes stehen schmale, nach den Seiten stark erweiterte 
Binden aus kurzen seidenglänzenden weißen Haaren. Bauch am 
zweiten Ring hellbraun, durchscheinend, sonst dunkelbraun mit 
unscheinbaren weißen Haarbinden. 


Genitalien auffallend, halbkugelig, unsymmetrisch, dicht mit 
kurzen braunen Haaren besetzt. Länge 10 mm. 3 & aus Toa 
Tsui Kutsu. 


60. Cerioides annulata Kert. (Annal. Mus. Nat. Hung. XI, 106, 
1913). 
1 Männchen aus Sokutsu. 


61. Cerioides similis Kert. (l. c. Seite 405). 
Je 1 Männchen aus Kosempo und Sokustu. 


H. Sauter’s Formosa - Ausbeute: 
Dermapteren Il." 


Von 


Malcolm Burr. 


Diplatys flavicollis Shir. Kosempo, 1 & Sokutsu, Banshor yo- 
Distr. 7. vii. 228. 
Euborellia pallipes Shir. Viele Larven: 1 Q aus Taihorin. 


!) Dermaptera I siehe in Entomol. Mitteil. II, p. 65—70, 4 figg. 


E. Voß: H. Sauter’s Formosa-Ausbeute 


ID 
=] 
| 


Labidura riparia Pall. 3 Anping. 

Nala lividipes Duf. Pilam, 2 $, 1 2. Kankau, 3 2. Sokutsu d. 

Labia curvicauda Motsch. Viele aus Taihorin. 

Allodahlia scabriuscula Serv. Sokutsu, 2 $. Kosempo, 4, 3 8, 
2 Larven. 

Pimomenus aeris Shir. Zahlreiche Exemplare aus Sokutsu. 

Tyge sauteri Burr: Pilam, 1 9, Sokutsu, 1 Larve; Kankau, 1 
Larve. 

Labia lutea Borm.: Suisharyo, 1 8, 3 2. 

Chelisoches formosanus Burr: Sokutsu, 9. 

Elaunon bipartitus Kirby: Sokutsu, 1 9. 

Chaetospania sp. 1 2. Sokutsu. 

Proreus sp. 9. Sokutsu. 
Außerdem waren der Determinationssendung beigefügt: 

Diplatys sp. Larve, Trambocai. 

F. auricularia L., Nordafrika. 

Forficula tomis Verh., Kislovodsk. 

Anechura bipunctata Fabr., Kislovodsk. 


H. Sauter's Formosa - Ausbeute: 
Curculionidae: Rhynchitinae (Col.) 


(4. Beitrag zur Kenntnis der Curculioniden.) 
Von 
E. Voß, Spandau-Waldsiedlung. 
(Mit 3 Abbildungen im Text.) 


Die vorliegenden von H. Sauter auf Formosa gesammelten 
Rhynchitinen stammen zum weitaus größten Teil aus dem Material 
des Deutschen Ent. Museums zu Dahlem, doch hielt ich es im Inter- 
esse der Vollständigkeit dieses faunistischen Beitrags für geboten, 
die allerdings nur geringe Anzahl der im Besitz des Zoolog. Museums 
Berlin befindlichen Arten hier gleichzeitig mit zu berücksichtigen. 

Mit Ausnahme der in Einzahl gefundenen Tiere befinde 
sich auch typische Exer.plare in meiner Sammlung. 


Auletini. 


I. Auletobius uniformis Roel. formosanus subsp. n. 

Während ein von Sauter auf Japan (Moji) gesmmeltes Exem- 
plar die normale gleichmäßige, seidige, etwas gelbliche Behaarung 
trägt, sind die Tiere von Formosa auf den Flügeldecken länger weiß, 
wirrer und unregelmäßig behaart. Das Schildchen ist hier nicht 
dichter behaart, der Rüssel vor der Basis etwas tiefer eingebuchtet 
und die Fühler ein wenig kürzer, gedrungener gebaut. In der Größe 
wie Au. uniformis Roel. 


11. Heft 


278 E. Voß: 


3 Exemplare aus Kankau (Koshun). (D. Ent. Mus. Dahl.), 
>. Auletobius tubereulatus n. sp. 

Kopf so lang wie breit, hinter den Augen seicht eingeschnürt; 
Augen klein, schwach gewölbt ; Schläfen länger als der Augendurch- 
messer. Punktierung dicht und kräftig. Rüssel beim $ etwas kürzer, 
beim © so lang wie Kopf und Halsschild zusammen, gebogen, 
kräftig und’ dicht runzlig punktiert; an der Basis gekielt. Der 
Kiel teilt sich mehr oder weniger deutlich gabelförmig vor der Fühler- 
einlenkung. Mandibeln innen nicht gezähnt. Fühler in der Mitte 
des Rüssels eingelenkt. $ : Schaft- und erstes Geißelglied länglich 
oval, kräftig, gleichlang; 2. Glied schwächer, verkehrt kegelförmig 
und so lang wie die vorhergehenden Glieder; 3. Glied etwas kürzer; 
4. Glied auffallend kräftiger als das 3. und 5. Geißelglied und etwas 
länger als breit; auch das 5. Glied länger als breit,, während das 
6. so lang wie breit und das 7. schwach quer ist, beide aber so stark 
wie das 4. Glied sind. Keule kräftig, jedoch nicht ganz deutlich 
abgesetzt; 1. und 2. Glied quer, 3. nicht ganz so lang wie breit; 
Endglied deutlich abgesetzt, dreieckig mit abgerundeter Spitze. 
©: Fühler schlanker und zur Spitze gleichmäßig stärker. — Hals- 
schild so lang wie breit, seitlich schwach gerundet, kräftig und dicht 
punktiert. Beim 3 bleibt eine Mittellinie glänzend und punktfrei. — 
Schildchen schlecht sichtbar. — Flügeldecken länglich, hinter den 
kräftigen Schultern etwas eingezogen und kurz hinter der Mitte 
der Decken schwach verbreitert. Am Absturz der Flügeldecken, 
beiderseits der Naht, befindet sich beim & je ein kräftiger Schwielen- 
höcker. Punktierung kräftig, dicht und größtenteils reihig an- 
geordnet, ähnlich wie bei Au. uniformis Reol. — Beine schlank, 
Klauen gespalten. — Färbung des Tieres schwarz, schwach glänzend. 
— Behaarung dünn, fein und gleichmäßig. L. 3,5 mm (s. r.). 

Diese Art ist durch den eingeschnürten Kopf und die mehr 
reihige Punktierung dem untformis Roel. nahe verwandt, läßt 
sich von diesem aber leicht durch die längeren Schläfen unter- 
scheiden. Von longicollis Fst. (Indien!) ist das 2 ziemlich schwer 
zu trennen, doch sind bei ersterer Art die Mandibeln innen gezähnt, 
der Rüssel ist auf dem Rücken glatter und weniger runzlig punk- 
tiert. Von der nachfolgenden Art unterscheidet sie sich durch das 
längere Halsschild. 

Ein Pärchen wurde von Sauter am 7. III. 1912 bei Hokuto 
auf einer Rubus-Art gesammelt. (D. Ent. Mus. Dahl.) 

3. Auletobius subtubereulatus n. sp. 

Kopf schwach quer, hinter den Augen eingeschnürt, ziemlich 
dicht und kräftig punktiert. Rüssel etwas länger als das Hals- 
schild; Fühlerfurchen breit und tief, von oben sichtbar. Fühler 
etwas hinter der Mitte eingelenkt, gedrungen gebaut. Schaft- und 
1. Geißelglied kräftig, schwach länglich oval; 2. Glied erheblich 
schwächer, verkehrt kegelförmig, jedoch nur wenig länger als das 
1. Glied; 3.—5. Glied kürzer als das 2. Glied, untereinander etwa 
von gleicher Länge; 6. und 7. Glied kugelig. Keule kräftig, alle 


Dh A 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute 279 


Glieder schwach quer mit Ausnahme des 4. Gliedes, welches läng- 
lich zugespitzt und deutlich abgesetzt ist. Unterseits besitzt der 
Rüssel zwei Längsfurchen, die scharf kielig begrenzt sind. — Hals- 
schild etwas breiter als lang, ziemlich kräftig und dicht punktiert; 
seitlich schwach gerundet und zur Basis und Spitze nicht eingezogen. 
— Schildchen klein und nicht gut sichtbar. — Flügeldecken kurz, 
verkehrt eiförmig; Schulterbeule nur wenig ausgeprägt. Punk- 
tierung kräftig und dicht. — Beine schlank, Klauen gespalten. 
Färbung schwarz. — Behaarung dünn, greis und auf den Flügel- 
decken nicht gleichmäßig verteilt. L. 2 mm (s. r.). 

1 Exemplar aus Kankau (Koshun) Mai 1912. (D. Ent. Mus. 
Dahl.) 

Rhynechitini. 
4. Eugnamptus Sauteri n. sp. 

&: Kopf samt Augen breiter als das Halsschild, Stirn zwischen 
den Augen schmaler als der Rüssel an der Basis breit ist; Länge 
der Schläfen etwa 34 des Augendurchmessers (von oben gesehen). 
Punktierung des Kopfes dicht und ziemlich kräftig. Rüssel kürzer 
als das Halsschild, kaum gebogen, zur Spitze verbreitert, an der 
Basis stumpf gekielt; der Kiel läuft (nicht immer deutlich), auf 
der Stirn aus. Zwischen der Fühlereinlenkung befindet sich eine 
Grube. Punktierung dicht, kräftig, runzlig. Mandibeln wie bei den 
Auletes-Arten kräftig gezähnt. Fühler dünn, schlank; hinter der 
Mitte des Rüssels eingelenkt. Schaftglied länglich oval; 1# Geißel- 
glied ebenfalls, aber kürzer; die nächsten Glieder schwächer, nicht 
deutlich verkehrt kegelförmig, fast walzenförmig; alle Geißelglieder 
erheblich länger als breit. Glieder der Keule lang, lose gegliedert, 


dreieckig; Endglied in eine dünne Spitze ausgezogen. — Hals- 
schild schmal zylindrisch, länger als breit; seitlich nicht gerundet, 
zur Spitze etwas eingezogen, stark und dicht punktiert. — Flügel- 


decken viel breiter als das Halsschild, länglich, seitlich parallel, 
nach hinten kaum verbreitert, hinter dem Schildchen leicht ein- 
gedrückt; Schulterbeule kaum ausgeprägt. Punktstreifen kräftig 
und sehr dicht; hinter dem Schildchen ist ein kurzer Suturalstreif 
vorhanden. Zwischenräume nur sehr schmal; sie tragen einzelne 
feinere Punkte, die zwischen den groben Punkten der Streifen 
angeordnet sind. 

2: Kopf mit den Augen kaum breiter als das Halsschild; 
Stirn zwischen den Augen so breit wie der Rüssel an der Basis. 
Punktierung des Kopfes kräftig, jedoch nicht ganz so dicht wie 
beim 3. Rüssel länger als das Halsschild, kräftig gebogen; an der 
Spitze wohl doppelt so breit als an der schmalsten Stelle. Oben 
stumpf gekantet bezw. an der Basis gekielt, mit einem Grübchen 
zwischen der Fühlereinlenkung; auf dem Rücken glänzend, un- 
punktiert und nur seitlich mehr oder weniger dicht mit kräftigeren 
Punkten besetzt. Fühler wie beim $ gebildet und hinter der Mitte 
eingelenkt. — Halsschild etwas kräftiger gerundet als beim 3. — 
Flügeldecken etwas gedrungener gebaut und nach hinten schwach 


11. Heft 


280 E. Voß: 


verbreitert. — Färbung schwarzblau. Bei der Nominatform sind 
die Fühler und Beine gelb. Manchmal sind Schenkel und Schienen 
mehr oder weniger angedunkelt und bei der f. nigripes sind Schenkel 


und Schienen sowie Schaft- und 1. Geißelglied schwarz. — Be- 
haarung lang, abstehend, greis; auf Kopf und Halsschild vorwiegend 
dünner, anliegend. — L. 3,2—4 mm. 


3 dd, 3 22 (D. Ent. Mus. Dahl.). 

Die Nominatform aus ToaTsui Kutsu, Mai 1914; die f. nigripes 
aus Taihorinsho, Sept./Okt. 1909 und Kosempo, am 22. Mai 1912 
gesammelt. 

5. Eugnamptus taihorinensis n. sp. 

Kopf länger als breit, seicht eingeschnüit; Punktierung auf 
dem Scheitel feiner als hinten. Augen groß und flach gewölbt. 
Rüssel so lang wie der Kopf und schwach gebogen, zur Spitze 
verbreitert; Rücken stumpf gekielt, seitlich ziemlich kräftig 
runzlig punktiert. Fühler etwas hinter der Rüsselmitte einge- 
lenkt; Schaftglied kräftig keulenförmig, etwa dreimal so lang wie 
breit; 1. Geißelglied kaum halb so lang, oval; die nächsten 
Glieder verkehrt kegelförmig; 2. und 3. Glied gleich lang und 
etwa dreimal so lang wie breit; 4. bis 6. Glied wenig länger 
als das 1. und das 7. Glied so lanz wie dieses. Keule lose ge- 
gliedert, kräftig. — Halsschild wenig länger als breit, seitlich 
parallel, zur Basis und zun Vorderrand etwas eingezogen. Punk- 
tierung kräftig und dicht, stellenweise etwas runzlig. — Schild- 
chen viereckig. — Flügeldecken etwa doppelt so lang wie breit, 
nach hinten nur schwach verbreitert. Punktstreifen kräftig, 
Zwischenräume schm:l, etwas gewölbt und feiner entfernt stehend 
punktiert. — Eärbung stahlblau; Fühler, Rüssel und Schildchen 
schwarz. — Behaarung doppelt: lang abstehend und kürzer halb- 
aufgerichtet. — L. 5 mm. 

Ein Exemplar (anscheinend ein 2) bei Taihorin im Dezem- 
ber 1909 gefunden. — Typus im Zool. Mus. Berlin. 

6. Deporaus rufiventris n. sp. 

Kopf länger als breit, samt den Augen nicht ganz so breit wie 
das Halsschild an seiner breitesten Stelle. Stirn tief längsgefurcht, 
kräftig und runzlig punktiert; an den Seiten und zur Basis hin 
ist der Kopf flacher, feiner und zerstreuter punktiert. Schläfen 
nicht ganz so lang wie der Augendurchmesser groß ist. Der leicht 
gebogene Rüssel ist so lang wie das Halsschild, seitlich seicht ge- 
furcht, kräftig punktiert; auf dem Rücken glänzend, zur Spitze 
verbreitert. Fühler kurz hinter der Mitte eingelenkt. Schaft- und 
1. Geißelglied schwach länglich oval; kräftiger als die nächsten 
Geißelglieder, die verkehrt kegelförmig gebildet sind; 2. Glied wohl 
4 mal so lang wie breit; 3. und 4. nur halb so lang wie das 2. Glied 
und untereinander von gleicher Länge; 5.—7. Glied gleich lang 
und etwas kürzer als das 3. und 4. Glied. Keule schlank, wenig 
kräftig und nur lose gegliedert; 1. und 2. Glied von gleicher Länge 
und etwas länger als breit; 3. Glied so lang wie das 1. und 2. zu- 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute 91 
sammen, spindelförmig. — Halsschild nur wenig länger als breit; 
die größte Breiteliegtin der Nähe der Basis; zum Vorderrand schwach 
gerundet verschmälert; hier und an der Basis etwas eingezogen. 
Punktierung sehr kräftig und dicht. — Schildchen nur klein, schlecht 
sichtbar. — Die Flügeldecken lassen das Pygidium, das letzte und 
teilweise - das vorletzte Abdominalsegment frei. Dies Merkmal 
weist diese Art in die Gattung Deporaus. — Seitlich sind die 
Flügeldecken fast parallel, an der Spitze einzeln abgerundet; 
Schulterbeule schwach ausgeprägt. Punktstreifen regelmäßig und 
tief eingestochen; Zwischenräume nicht ganz so breit wie diese. 
Zwischen den großen Punkten befinden sich feine Porenpunkte, in 
denen ein einzelnes schwarzes Haar senkrecht aufsteht. Der ®. 
Punktstreifen ist in der Gegend der Mittelhüften in den 10. ein- 
gelenkt. — Beine ziemlich schlank Tibien schwach einwärts ge- 
bogen; Klauen gespalten. — Färbung des Tieres blauschwarz ; 
Flügeldecken schön stahlblau und das Abdomen gelbrot gefärbt. 
— Behaarung kurz aufstehend, schwarz, an den Beinen und Füh- 
lern länger abstehend, greis. — L. 4,5 mm. 

"2 92 aus Taihoriushu im November 1909 von Sauter ge- 
sammelt. (Zool. Mus. Berl.) 
7. Rhynchites (Involvulus) pilosi-tessellatus n. sp. 

Kopf so lang wie breit, gewölbt; hinter den Augen schwach, 
jedoch nicht halsförmig eingeschnürt. Augen schwach gewölbt und 
mäßig stark vorstehend. Punktierung bei einem Tier kräftig und 
runzlig, bei einem anderen weniger kräftig und zerstreuter. Rüssel 
nicht ganz so lang wie Kopf und Halsschild zusammen; gebogen; an 
der Basis bis zur Fühlereinlenkung, die ein wenig hinter der Mitte 
erfolgt, kräftig gekielt und beiderseits gefurcht. Im übrigen ist der 
Rüssel ziemlich stark und runzlig punktiert. Schaft- und 1. Geißel- 
glied von länglich ovaler Form, letzteres etwas länger als ersteres; 
die folgenden Geißelglieder verkehrt kegelförmig und zur Spitze 
allmählich stärker werdend; 2.—4. Glied wohl 2%,—3 mal so lang 
wie breit und untereinander etwa gleichlang; 5. und 6. Glied etwas’ 
länger als breit, 7. so lang wie breit. Keule kräftig, 1. Glied so 
lang wie breit, 2. schwach quer. — Halsschild so lang wie breit, 
an der Basis am breitesten, zur Spitze schwach gerundet verengt; 
mäßig kräftig und nicht ganz dicht punktiert. — Schildchen von 
viereckiger Form, dicht weiß anliegend behaart. — Flügeldecken 
länger als breit, nach hinten zu kaum verbreitert; Schulterbeule 
schwach ausgeprägt; Punktstreifen kräftig. — Klauen gespalten. 
Färbung schwarz, glänzend; Klauen rotgelb. Die langen weißen, 
schuppenförmigen Haare auf den Flügeldecken nicht ganz an- 
liegend, gruppenförmig — gewürfelt — verteilt. Auf Kopf, 
Halsschild, Rüssel und Unterseite sind die Haare feiner und an- 
liegender. Dazwischen stehen namentlich auf den Flügeldecken 
lange schwarze Haare senkrecht auf. — L. 2,5—3,5 mm (s. r.). 

2 Exemplare aus Kankau (Koshun) im Juni und August von 
Sauter gesammelt. (Ent. Mus. Dahl.) 


11. Heft 


282 E. Voß: 


Diese Art gehört des fehlenden Scutellarstreifs wegen zur Unter- 
gattung Involvulus. Der 9. Punktstreifen verbindet sich mit dem 
10. in der Nähe der Mitte. Das Tier gehört also in die Nähe von 
Rh. aethiops Bach. An der Behaarung der Flügeldecken ist es 
sofort kenntlich. 

Ss. Rhynchites (Involvulus) Schenklingi n. sp. 

Kopf ähnlich wie bei Byctiscus gebildet, die Augen treten aus 
der Kopfwölbung kaum hervor; Punktierung fein und zerstreut. 
Rüssel schwach gebogen und erheblich länger als Kopf und Hals- 
schild zusammen, zur Spitze verbreitert; der basale Teil führt 
zwei von scharfen Kielen begrenzte Längsrinnen, die bis zur Rüssel- 
spitze parallel dem Rande laufen. Der mittlere basale Kiel teilt 
sich an der Fühlereinlenkung, die hinter der Mitte erfolgt und um- 
schließt hier eine Längsfurche. Auf dem Rücken ist der Rüssel 
nur fein punktiert. Schaft- und 1. Geißelglied lang oval und von 
gleicher Länge; Glied 2—5 etwas schwächer und verkehrt kegel- 
förmig, untereinander ziemlich gleichlang und so lang wie das 
1. Glied; 6. und 7. Glied kräftiger und kaum kürzer als das 2.—5. 
Glied. Keule kräftig; 1. Glied länger, 2. Glied so lang wie breit. — 
Halsschild so lang wie breit, seitlich schwach gerundet; ziemlich 
kräftig runzlig punktiert. — Flügeldecken nur wenig länger als 
breit, seitlich parallel; Schulterbeule vorhanden. Punktstreifen 
kräftig, regelmäßig und tief eingestochen; ein Scutellarstreif ist 
nicht vorhanden, der 9. Punktstreifen fließt in der Gegend des 2. 
Abdominalsegments in den 10. Streifen über. Zwischenräume kaum 
breiter als die Punktstreifen und nur fein einreihig punktiert. — 
Beine schlank, Tibien gerade; erstes Tarsenglied der Vorderbeine 
länger als das 2. und 3. Glied zusammen; Klauen gespalten. — 
Färbung blauschwarz, glänzend. — Die dünne graue Behaarung 
halb aufstehend, kurz; dazwischen stehen lange schwarze Haare 
senkrecht auf. — L. 2,6 mm (s. r.). : 

Ein einzelnes Exemplar aus Kosempo vom 7. Juli 1911. (D. 
Ent. Mus. Dahl.) Ich widme diese Art Herrn Kustos Sigm. Schenk- 
ling am D. Ent. Mus. zu Dahlem. 

). Rhynchites (Involvulus) erythropterus n. sp. 

Kopf schwach quer, Augen mäßig stark vorgewölbt. Stirn 
seicht längsgefurcht und hier unpunktiert; im übrigen Teil kräftig 
und dicht punktiert. Rüssel gebogen, länger als Kopf und Hals- 
schild zusammen; an der Basis bis zur Fühlereinlenkung kräftig 
gekielt und beiderseits tief längsgerinnt; zur Spitze mäßig stark er- 
weitert, auf dem Rücken glatt, seitlich reihig punktiert. Fühler 
kurz hinter der Mitte eingelenkt. Schaftglied verkehrt kegel- 
förmig, glänzend, wohl dreimal so lang wie breit. 1. Geißelglied 
länglich oval und kürzer als das Schaftglied. Die nächsten Glieder 
verkehrt kegelförmig und etwas schwächer, äußerst fein punktiert; 
2. Geißelglied so lang wie das erste; 3. und 4. Glied länger als das 
1. und 2. Glied; 5. Glied ungefähr so lang wie das 1. und 2. Glied, 
6. und 7. Glied etwas kürzer. Glieder der Keule kräftig, scheinbar 


H Sauter’s Formosa- Ausbeute 283 


etwas flach gedrückt; 1. und 2. Glied dreieckig, länger als breit. — 
Halsschild kaum breiter als lang, seitlich gerundet, an der Spitze 
schmaler als an der Basis und ebenso an der Spitze kräftiger ein- 
geschnürt als an der Basis. Auf der Scheibe befindet sich eine 
seichte Längsgrube. Punktierung kräftig, Punkte zu Runzeln 
verflossen. Flügeldecken länger als breit, seitlich parallel. 
Schulterbeule schwach ausgedrückt. Punktstreifen regelmäßig 
tief eingestochen; Zwischenräume breiter als erstere, dicht und 
ziemlich kräftig punktiert. Schenkel kräftig, Klauen gespalten. — 
Färbung des Tieres karminrot. Rüssel, Fühler (Spitzen der Geißel- 
glieder ausgenommen), Schienen, Tarsen, Schildchen und Mittel- 
brustepimeren schwarz. — PBehaarung gelblich, ungleich lang, 
“ abstehend. — L. mm (s. r.). 

Ein Exemplar aus Kankau (Koshun) Juli 1912. (D.Ent.Mus.Dahl.) 
10. Rhynehites (Involvulus) bisuleatus n. sp. 

Kopf etwas breiter als lang, sehr kräftig und dicht punktiert; 
Stirn zwischen den mäßig stark vorstehenden Augen flach ein- 
gedrückt. Rüssel lang, gebogen, länger als Kopf und Halsschild 
zusammen und etwa so lang wie die Flügeldecken; an der Basis 
doppelt gerinnt; der stumpfe Mittelkiel bis zur Fühlereinlenkung 
glänzend und unpunktiert. Seitlich sind die Rinnen ebenfalls 
scharf kielig begrent, zur Fühlereinlenkung laufen letztere in eine 
kräftige Kettenpunktlinie aus. Zur Spitze ist der Rüssel mäßig 
verbreitert. Fühler in der Mitte des Rüssels eingelenkt; hier gabelt 
sich der Mittelkiel und umschließt eine Längsfurche. Schaft- und 
1. Geißelglied ungefähr gleichlang; letzteres sowie das längere 
zweite Geißelglied fast walzenförmig; die nächsten Glieder verkehrt 
kegelförmig; 2.—5. Glied weichen in der Länge wenig unter- 
einander ab; 6. Glied kürzer; 7. Glied noch deutlich länger als 
breit. Glieder der Keule kegelförmig; 1. Glied länger, 2. Glied so 
lang wie breit. — Halsschild quer, seitlich kräftig gerundet, an 
der Spitze viel schmaler als an der Basis; kräftig und dicht, teil- 
weise runzlig punktiert und einen punktfreien flachen Mittelkiel 
tragend, der jedoch nicht bis zum Vorderrand durchgeführt ist. — 
Flügeldecken etwas länger als breit, seitlich parallel; Punktstreifen 
kräftig und auch die Zwischenräume ziemlich kräftig runzlig punk- 
tiert. Der 9. Punktstreifen verbindet sich mit dem 10. Streifen etwa 
in der Mitte der Decken. — Beine kräftig, Klauen gespalten. — 
Färbung schwarz, Flügeldecken mit Ausnahme der geschwärzten 
Spitzen dunkelrot. — Behaarung ziemlich lang, fast anliegend, 
. weiß und kräftig. — L. 5 mm (s. r.). 

1 Exemplar vom Banshoryo-Distrikt — Sokutso, am 7. Juli 
1912 von Sauter gesammelt. 

11. Byetiseus patruelis n. sp. 

Die vorliegende Art muß noch als zur Gattung Byetiscus 

gehörig angesprochen werden, da das von Bedel!) als Hauptmerk- 


1) Bedel, Faune des Col. du Bass. de la Seine, 1888, t. VI, p. 24. 
| 11. Heft 


984 E. Voß: 


mal angeführte Gattungskriterium, die doppelt gelappte Basis 
des ersten Abdominal-Segments und die dadurch bedingte seit- 
liche Verkürzung der hinteren Hüftplatte, hier noch zutrifft; wenn 
auch, wie aus Abb. 3 ersichtlich, gerade nur noch eine Tangier ung 
des Metathorax an der äußersten Spitze zu verzeichnen ist. Der 
Lappen erhält dadurch eine mehr dreieckige Form. Es dürfte 
die Annahme berechtigt sein, daß wir es hier mit einer Übergangs- 
form von Byctiscus zur Rhynchites-Gruppe gagates-corvinus Pasc. 
aus dem indo malaiischen Archipel zu tun haben. Bemerkenswert 
ist noch, daß der Verlauf der Hinterhüftkonturen, wie sie bei 
Rhynchites zu verzeichnen ist, bei patruelis durch eine tiefe Punkt- 
reihe markiert ist, so daß der dreieckige Lappen dadurch scharf 
begrenzt ist. 

Kopf so lang wie breit, die Augen treten aus der Kopfwölbung 
nicht vor; Entfernung zwischen den Augen schmaler als der Rüssel 
breit ist. Punktierung mäßig stark, dicht; auf der Stirn flach runzlig. 
Rüssel schwach gebogen und so lang wie das Halsschild auf dem 
Rücken; Basis bis zur Fühlereinlenkung, die kurz hinter der Mitte 
erfolgt, gekielt und beiderseits gefurcht. Die Furchen werden durch 
große flache Punkte gebildet, die teilweise auch den Mittelkiel an- 
greifen. Im übrigen ist der Rüssel dicht und mäßig stark punktiert; 
zur Spitze schwach erweitert, unterseits dreifach längsgekielt; 
der Mittelkiel ist an der Basis gegabelt. Schaft- und 1. Geißelglied 
länglich oval und nicht ganz doppelt so lang wie breit; 2. Glied 
so lang, aber schwächer als das erste, außerdem wie die nächsten 
verkehrt kegelförmig; 3. Glied etwa so lang wie breit; 4. Glied 
wieder etwas länger als das 3., jedoch nicht ganz so lang wie das 
2. Glied; 5. Glied so lang wie das dritte; 6. und 7. Glied schwach 
quer. Keule kräftig; 1. Glied so lang wie breit; 2. Glied quer. — 
Halsschild so lang wie breit, seitlich mäßig stark gerundet, mäßig 
kräftig und dicht punktiert, vor der Basis gerandet. — Schildchen 
viereckig, quer. — Flügeldecken wenig länger als breit, nach hinten 
schwach erweitert; Schulterbeule ziemlich kräftig ausgebildet. 
Punktstreifen kräftig und regelmäßig; Punkte selbst im basalen 
Teil kräftiger und dichter gestellt als zur Spitze. — Unterseite 
glänzend, zerstreut flach punktiert. Klauen gespalten. Vorder- 
hüften lang und spitz bedornt. 

Färbung tief schwarz, glänzend. — Außer an den Fühlern und 
Beinen ist das Tier unbehaart. — L. 2 mm (s. r.). 

Ein einziges Exemplar aus Kosempo, Oktober 1911. (D. Ent. 
Mus. Dahl.) 

12. Byetiseus Paviei Auriv. 

Die Beschreibung, die Aurivillius gibt, trifft auf die mir vor- 
liegenden Tiere aus Formosa sehr gut zu, ist aber zu dürftig ge- 
halten, um einwandfrei die Tiere erkennen zu können. Schon die 
wenigen Stücke der Sauterschen Ausbeute weichen untereinander 
in einiger Hinsicht ab, ohne das es mir bei der geringen Anzahl _ 
vorläufig möglich wäre, scharfe Abgrenzungen vorzunehmen. 


H. Sauter’s Formosa-Ausbeute 285 


Bemerkenswert ist, daß sämtliche Tiere einen gut ausgebildeten 
Scutellarstreif besitzen. Ein $ fällt durch die Bildung der Fühler- 
keule auf. Diese besteht scheinbar nur aus zwei Gliedern, da das 
erste und zweite Glied zu einem verschmolzen und nur undeutlich 
getrennt sind. 

Zwei Tiere von blaugrüner Färbung lassen die Vermutung 
aufkommen, daß von dieser Art auch noch metallischgrüne Ex- 
emplare aufzufinden sein werden. Diese Übergangsform möge f. 
marina benannt sein. 

Taihorin (7. VII. 1911); Banshoryo-Distr. Sokutsu (7. VII. 
1912); Kosempo (7. VII. 1909). (D. Ent. Mus. Dahl.) 

Die f. marina aus Taihanroku (IV. 1908) (Berl. Zool. Mus.) und 
Kosempo (7. VII. 1909) (D. Ent. Mus. Dahl.) 

13. Byetiscus formosanus n. Sp. 

In der Sammlung des D. Ent. Mus. Dahl. befinden sich einige 
als Byctiscus congener Jek. formosanus Hell. i. 1. bezettelte Tiere, 
die als gute Art betrachtet werden müssen. Eine größere Anzahl 
aus dem Zool. Mus. Berl. gehört gleichfalls hierher. 

Während bei Byet. congener Jek. aus Japan die Punktierung 
auf den Flügeldecken dicht und mehr oder weniger unregelmäßig 
ist, sind die Zwischenräume bei formosanus breiter, die Decken 
überhaupt regelmäßiger gestreift punktiert, was namentlich bei der 
Schrägaufsicht auf den Absturz der Flügeldecken sehr gut sichtbar 
ist. Die Zwischenräume selbst sind bei letzterer Art sehr fein 
punktiert, bei congener ist nur vereinzelt ein feiner Punkt zwischen 
den Streifen erkennbar. — Der wichtigste Unterschied scheint mir 
jedoch in der Ausbildung des ersten Abdominalsegments zu liegen. 
Wie aus Abb. 1 und 2 ersichtlich, ist bei congener Jek. (Japan!) 
das gelappte 1. Ventralsegment erheblich schmaler als bei 


Fig. 1. Fig. 2 Fig. 3. 
Unterseite (Abdomen) von Byetiscus congener Jek. Byetiscus patruelis 
Byetiscus formosanusn. SP. n. Sp. 


formosanus, die Hinterhüften fallen steiler ab und berühren seitlich 
die Metapleuren, während bei unserer Art die Hüften erheblich 
weniger breit sind, da der vorspringende Lappen das Metasternum 


11. Heft 


286 Louis B. Prout: 


auf breiter Basis tangiert. — Färbung grün mit mehr oder weniger 
kupferigem Anflug. — L. 5—8 mm (s. r.). 

Sämtliche Tiere (ca. 40 Exemplare), stammen aus Taihorin, 
wo sie im Mai 1910, im Juni, August und November 1911 von Sauter 
gefangen wurden. 

Ein einzelnes Stück (ein $) aus Hoozan — November 1910 — 
weicht etwas ab, ohne daß es mir festzustellen möglich wäre, ob 
es sich hier um eine andere Art oder um eine Rasse der vorliegenden 
Art handelt. Die Deckenskulptur ist ähnlich der des congener Jek., 
die Fühler sind schlanker als bei formosanus und kurz vor der Mitte 
des Rüssels eingelenkt; Unterseite und Schildchen bläulich gefärbt. 


H. Sauter’s Formosa Gieometridae. 
Supplement. 


By 
Louis B. Prout, F.E. S. 


After I had worked out the major part of the Geometridae 
of this fine collection (see Ent. Mitt. (Deutsch. Ent. Mus.) III, 
pp. 236— 249, 259— 273), a small amount of further material was 
received by the Museum, of sufficient importance to call for a 
supplementary note. e 

With regard to my former articles, I must plead guilty to a 
complete ignorance of the local topography, and in publishing the 
lccalities I merely followed the labels on the specimens, without 
comment. According to my friend Mr. A. E. Wileman, however, 
Karapin (see N°', 7, 22, 28, 29, 46, 62, 114, 127, 144, 149, 154) 
and Punkio (not „Punkiko“, see N°, 5, 19, 46, 53, 55, 63, 69, 
110, 128, 139, 140, 151) belong to Formosa, not to Japan. 

A few synonymic notes and corrections are also desirable. 
In them and in all additional records cf previously recorded species 
I have conserved the sequence and numbering employed in my 
former articles. The additions are therefore registered as 14 bis, etc. 
They number 10 in all, bringing up the total for the ccllections 
to 172. 

Subfam. Oenochrominae. 

1. Heteralex aspersa formosana Matsumura. — Study of more 
extensive material convinced me that the light form of H. aspersa 
constituted a good local race on Hainan and Formosa and in 1916 
I named it subsp. albescens (Nov. Zool.XXIII, p. 2), with Hainan 
as type locality. Subsequently I found, however, that Matsumura 
(Thousand Insects of Japan [!], Supp. 3, p. 36, 1911) had anti- 
cipated me by naming the insect in question Loxaspilates (!) 


H. Sauter’s Formosa Geometridae, Supplement 987 


formosana, figuring it on pl. 33, fig. 3, as /ormosanus. The name- 
typical asdersa is only known to me from Burma and the Malay 
States; the type locality ‚„‚Padang‘“ should read ‚‚Padang Rengas, 
Malay Peninsula‘“ and ‚Sumatra‘ (see Lep. Cat. 8, p. 52) must 
be provisionally deleted. 

4. Derambila saponaria fragilis Butl. — 3, Kankau (Koshun), 
1912. 

Subfam. Hemitheinae. 

7. Pingasa ruginaria Guen. — 3, Chosokei, 1914. 

The face not dark, the wings beneath with very slight yellow 
proximally. These tendencies are perhaps racial on Formosa, 
or at least the latter, but the face is variable in W. Asia and Africa. 

9. Terpna taiwana Wileman. — 1 3, Chosokei, 1914. 

14 bis. Thalassodes quadraria Guen. — 1 8, Chosokei, 1 2 1914; 
Kosempo, Oktober 1911. 

Notwithstanding Oberthür’s valuable work, the elucidation 
of this name of Guenee’s remains as problematical as ever. His g, 
which was certainly his type, being first and most fully described, 
was very likely of a different species from his $, of which we only 
read: „Q semblable, mais a apex non falque.‘“ But the said & ıs 
lost (teste Oberthür in litt., 12 January 1917) and it was only 
possible to figure the 2 (Ch. Oberth., Et. Lep. XII, p. 82, 
t. CCCLXXXIV, f. 3222 — „g‘ on p. 82 is a misprint), which, 
moreover, is in bad condition. This may possibly represent the 
species which has been passing under Guenee’s name, though 
the bend in the distal margin of the hindwing is rather slight and 
the postmedian line is partially, the other markings wholly, obli- 
terated. To add to the uncertainties, both Guende’s examples 
lacked authentic locality. I continue to use the name for the 
species with non-dilated $ hindtibia, reddish face and subquadrate 
hindwing, the first of these points being brought out in the author’s 
generic diagnosis, which therefore cannot have been drawn up 
from his first three species (now referred to Prasinocyma), neither 
from hyraria nor marinaria (of which he only knew the 9), nor fronı 
pilaria (where he expressly indicates an exception) and must 
have referred to guadraria or veraria — probably to both. The 
smaller 9, previously (Ent. Mitt. III, p. 239) under falsaria, 
evidently belongs here also; the face, which I took to be disco- 
loured from green, was probably originally red-brown. The present 
species is distributed in India, Sumatra, Borneo, Celebes and is a 
very likely one to have been acquired by Guenee. Th. semihyalina 
Walk. (= viridicaput Warr.), with a similar range, is possibly 
merely a form of this quadraria, in general of a smaller size, with 
a weaker bend in the distal margin of the hindwing. But I fancy 
its Q has the 3" joint of the palpus slightly shorter still and perfect 
specimens generally show a whitish dorsal line on the abdomen, 
suggesting that rubellifrons Warr. (New Guinea) and grammonota 
Prout (Rook Island and Solomons) may be eastern races of it. 


11. Heft 


388 Louis B. Prout: 


16. Chlorissa ehlorissodes Prout. — 1 2%, Paroe, N. Paiwan 
district, August 1912. 

1S bıs. Pamphlebia rubrolimbraria Guen. (= perigrapta Turn., 
Proc. Roy.Soc. Oueensl. XXIX, p. 71, 1917, syn. nov.) — 1, 
Anping, 1912. Not previously recorded from Formosa, but appa- 
rently distributed nearly throughout the Indo-Australian Region, 
reaching eastward to N. Queensland and the Bismarck Archipelago. 


Subfam. Sterrhinae. 


29 bis. Scopula defectiseripta Prout. On the supersession of 
the name Acıdalia by Scopula, see Nov. Zool. XXIII, p. 17. As 
regards the kagiata group (Ent. Mitt. III, pp. 241, 242), I now 
regard the three forms as perfectly distinct species. In kagiata 
the $ hindtarsus is markedly more abbreviated than in the other 
two. The more deeply coloured Kosempo defectiscripta ab. (loc. 
cit.) is not truly ‚‚intermediate‘“. 

29 ter. Seopula emma Prout. — 1 d, 4 2, Chosokei, 1914. 

31 bis. Scopula propinquaria Leech. — 2 2, Chosokei, 1914. 
A new record for Formosa, but coll. Wileman already possesses 
it from Kanshirei. 

32. Scopula limbata Wileman. 3 &, Chosokei, 1914; 1 &, 
Paroe, N. Paiwan dist., August 1912. In erecting this species 
(The Ent. XLVIII, p. 81, 1915) Wileman only compares it with 
fluidaria Swinh., but it is still closer to sybillaria Swinh., if not, 
indeed, identical. In any case the material from Formosa (cfr. 
Ent.Mitt.III, p.242) can be registered as limbata until the question 
of the union of the two forms is definitely set at rest. 

32 bis. Scopula isomeriea sp. nov. — 3, 23 mm. Face black. 
Palpus black, the proximal half pale beneath. Vertex white. 
Antenna dentate-ciliate, neither the teeth nor the ciliation quite 
so long as in effrenata Walk.. Collar brown. Thorax and abdomen 
dirty white, the abdomen dorsally (except at the ends of the seg- 
ments) with moderately strong dark irroration. Fore femur and 
tibia strongly darkened on inner side. Hind tibia white, dilated 
but not greatly elongate, slightly fringed above, the inner pencil 
white, the shorter „Knee-pencil‘ tinged with brown; hind tarsus as 
long as tibia. Wings dirty white, with rather strong dark irroration, 
recalling e/frenata but not quite so dark. Both wings perhaps 
slightly narrower, the hindwing with the tooth at R ? slightly more 
prominent. Cell-dots small, black. Lines brownish, not so strong 
as in effrenata,; antemedian of forewing slightly more oblique, 
lacking the second strong angulation outward (i. e. the one behind 
the cell); subterminal not thickened into whitish spots at its 
proximal bends, on the other hand accompanied proximally by 
very noticeable dark shades in these positions (almost exactly as 
in the North American Plantagenaria Hulst), the. posterior one 


ee ia 15 5 


also suggested on the hindwing; the zigzag median shade of hind- 


H. Sauter's Formosa Geometridae. Supplement 289 


wing rather thick; terminal spots as in effrenata; fringes less 
irrorated, consequently showing more distinct dark dots at the 
vein-ends especially on hindwing. Unterside glossy as in 
effrenata, the pale hindwing with cell-dot and both lines present. 
Chosokei 1914. 

33. Seopula aetuaria Walk. 1 2, Kankau (Koshun) 1912, 
a good deal rubbed; 1 2, Chosokei, 1914. 


33 bis. Seopula sauteri sp. nov. — d, 25 mm. Face black. 
Palpus black, beneath white. Vertex white, with a faint tinge of 
brown, Antennal shaft with the joints scarcely projecting, cilia 
rather longer than its diameter; brownish white. Collar brown. 
Thorax whitish, with a tinge of brown in front. Abdomen above 
whitish, with scattered brown irroration; beneath clearer white. 
Fore coxa moderately infuscated; fore and middle legs more or 
less infuscated on inner side; hind leg white, the tibia rather 
elongate, strongly dilated, fringed above and with a strong whitish 
hair-pencil on inner side and shorter, rather browner ‚knee- 
pencil‘, the tarsus less than one-half as long as tibie, with second 
joint about ?/, as long as first joint. Forewing shaped nearly as in 
the nesciaria group (remotata Hampsn., Faun. Ind. Moths III, 
p. 433, fig. 200, nec Guen.) or very slightly narrcwer; white, with 
a very slight brownish tinge, imparted chiefly by a sparse irrc- 
ration of brown scales (sometimes grey-browa, nowhere black); 
area between median and postmedian lines, from R’ to hindmargin, 
clearer; cell-dot small, blackish; lines brown; antemedian strongly 
oblique and sinuous, feeble, traceable chiefly from M (just proximal 
to M?) to one-fourth hindmargin; median strongly oblique, thicker, 
moderately strong from R’ to middle of hindmargin, at R? nearly 
2 mm. distal to cell-dot, behind M? incurved; postmedian rather 
near termen, lunulate-dentate, rather fine and not strong; sub- 
terminal shades obsolescent; termen with black interneural dots; 
fringe unspotted. Hindwing with apex rather square, termen feebly 
bent at R®; Sc? well separate from R’; cell-dot and terminal dots 
as on forewing; median and postmedian lines continued, the 
former nearly straight, well proximal to cell-det, the latter mode- 
rately thick, lunulate, straighter than termen; subterminal shades 
present, though not very strong. Forewing beneath with base 
of costa blackish and with smoky proximal suffusions, though 
less sharply defined than in kagiata Bastelb.; cell-dot strong; 
median line fine and not strong, but reaching costa (oblique inward 
from R’); postmedian fine and weak, oblique inward from R’ to 
costa. Hindwing beneath whiter, cell-dot weak, other markings 
almost obsolete. Both wings with terminal dots. Chosokei, 1914. 
Also from Suishako, Central Formosa, 1 &, 2 29, in coll. Tring 
Mus. Recalls undersized kagiata, such as one from Punkio in 
coll. Wileman, but quite different in hindtarsus, etc. 


37 bis. Ptychopoda (Xenocentris) trisetata Prout. -- 1 8, 
Archiv für u 
1921. A. 11. 19 11. Heft 


290 LouisB. Prout: H. Sauter’s Formosa Geometridae. Supplement 


Chosokei, 1914. New for Formosa. I think Wileman has mixed 
it with his Zaiwana (The Ent. L, p. 56). 

42. Anisodes (Pisoraca) insitiva Prout (Nov. Zool. XXVII, 
p. 275, 1920). The worn specimen mentioned in Ent. Mitt. III, 
p. 244 evidently agrees with the S. Indian species which I have 
recently described under the above name. 


Subfam. Geometrinae. 


85. Nothomiza costalis flavieosta Prout. — The dark 9 aber- 
ration from Alikang was collected in October 1909 (not 1910 as 
misprinted in Ent. Mitt. III, p. 249). It ıs not quite so extreme 
as the Khasi form intensa Warr., but the almost uniform violet- 
grey suffusions (especially on the forewing) give it a characteristic 
appearance and it may be called ab. intensa ab. nov. 

99. Zanelopera ealidata Warr. — 1 9, Maruyama, June 1914. 
Slightly paler and more strongly marked than Warren’s originals 
from Hainan. 

99 bis. Macaria proximaria Leech. — 1 9, Chosokei, 1914. 
New for Formosa. 

108. Hyposidra talaca Walk. — 1 Q, Paroe, N. Paiwan dist., 
August 1912. 

111. Zethenia contiguaria Leech. — 1 2, Chosokei, 1914. 

117. Garaeus apieata violaria subsp. nov. — This form has 
already been partly described (Ent. Mitt. III, p. 263), but not 
named. Rather shorter and broader winged than a. apicata Moore 
frem India. Underside also more mixed with violaceous, the 
ferruginous distal shades of the hindwing less ext:nded. Shisha, 
May— June 1912, type and others in coll. Deuts: ... Ent. Mus. 

129. Eetropis bhurmitra Walk. — 1 9, Kankau (Koshun), 
September 1912. 

129 bis. Eetropis arizonensis Wileman. — 1 2, Chosokei, 1914. 
Very large, with the dark spot at R? just outside the postmedian 
very strong. Recalls the Palaearctic excellens Butl., but has a 
very long extruded ovipositor, the median and postmedian lines 
of the forewing posteriorly very oblique inward and approximated. 
The 1° subcostal cf the forewing arises from the cell, though close 
to the 3”, I think it must be referred to the species described by 
Wileman in 1915 (The Entom. XLVIII, p. 282) as arizanensıs 
and correctly differentiated by him from the Indian dentilineata 


Moore by the longer ciliation of the male antenna; but it is much _ 


larger than the male — the only sex hitherto known — and has 
the postmedian spot more strongly developed. Probably Bastel- 
berger’s dentilineata, which I earlier (Ent. Mitt. III, g. 266) 
suggested was a misidentified bhurmitra, was really this species. 
135. Cleora acaeiaria Bdv. — 1 3, Maruyama, June 1914. 
Of the same form (? species) as the Alikang and Kosempo examples 
(Ent. Mitt. III, p. 269), a rather heavily dusted specimen, the 
hindwing with the area between median and postmedian lines 


un 


Arthur Warda: Ein Brief Ferdinand Ochsenlieimers 291 


with strong dark suffusion from R’ to abdominal margin. The 
generic name Cleora has been aecorded priority over Alcis. 

145. Hemerophila subplagiata Walk. — 1 3, Chosokei, 1914, 
ofa rather dusky form. A common and moderately variable species, 
ranging from Kashmir to Japan. 


* * 
* 
Note: The proofs have been read by me, and I, thus, am responsible 
for misprints which may have been overlooked. Embrik Strand. 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers 
über seine „Schmetterlinge von Europa“. 


Mitgeteilt von 
Arthur Warda 


Das Werk von Ferd. Ochsenheimer ‚Die Schmetterlinge von 
Europa‘ (Band 1—4, 1807—16, fortgesetzt von Friedr. Treitschke, 
Band 5—10, 1825—35) ist durch seine zusammenfassende syste- 
matische Beschreibung der bis dahin bekannt gewordenen Arten, 
die sorgfältige kritische Prüfung der Synonymen damals von 
einer Bedeutung gewesen, die wir heute nicht mehr voll und 
ganz ermessen können, nachdem seit seinem Erscheinen unter 
dem Fortschritt von Wissenschaft und Technik andere Text- 
und Abbildungswerke die Schmetterlingskunde so wesentlich 
gefördert haben. Es gehört noch als eines der letzten Werke 
zu denen, die — mit Recht — ein Gewicht darauf legten, bei 
jedem Falter die über ihn vorhandene Literatur anzugeben — 
ein Umstand, in dem kein neueres deutsches Werk sich jenem 
auch nur annähernd an die Seite stellen könnte, und worin uns 
kein Staudingerscher Katalog einen vollgültigen Ersatz zu leisten 
imstande ist. Dies und die sorgfältige Beschreibung und Bio- 
graphie des Falters wird auch heute noch jedem Lepidoptero- 
logen. das Werk unentbehrlich machen. Mit welcher Genauig- 
keit Ochsenheimer, der doch, von Beruf Schauspieler, nicht 
über eine gründliche Kenntnis der Morphologie verfügte, bei 
seinem Werk arbeitete, wie sorgfältig er bei Aufstellung der 
Gattungen und Unterordnung der Arten verfuhr, das zeigt neben 
seinem Werke selbst auch ein Brief an einen Rezensenten seines 
Werkes, der — entweder ein vollständig fertiger Entwurf oder 
das abgesandte Original — hier vollständig veröffentlicht werden 
soll. 

j Der erste und zweite Band des Werkes war in der Jenaischen 
Allgemeinen Literatur-Zeitung von 1809, Nr. 239, von Laspeyres 
besprochen worden (vgl. Hagen bibl. ent. I. 451), während die 


19* 11. Heft 


292 Arthur Warda: 


Besprechung des dritten Bandes ebenda, 1813, Nr. 74, unter- 
zeichnet +d-+, nicht mehr von Laspeyres (der inzwischen ver- 
storben) herrühren konnte, wie man nach der Rezension des 
vierten Bandes, ebenda, 1817, Nr. 35, annehmen könnte. Diese 
Besprechung des vierten Bandes, unterzeichnet R.L., von der 
auch in dem Briefe Ochsenheimers die Rede ist, ist durchaus 
nicht ungünstig für Ochsenheimer, nur nehmen der oder die 
(selbst ©. anscheinend unbekannt gebliebenen) Rezensenten 
öfters Rückblicke auf Fabricius und seine Systematik, wodurch 
OÖ. anscheinend gegen sie eingenommen ist. Der vierte Band 
von ÖOchsenheimers Werk hat ferner in dem von Germar und 
Zincken gen. Sommer herausgegebenen Magazin der Entomologie, 
Band II (Halle 1817), S. 332—334, wegen des bereits zu weit 
vorgeschrittenen Drucks des Bandes ‚nur eine kurze Inhalts- 
Anzeige“ von Zincken erfahren. Zincken sagt hier insbesondere, 
die Bemerkungen des Verfassers am Schluß des Bandes seien 
„für den forschenden Entomologen ein wahrer Schatz von Er- 
fahrungen und interessanten Beobachtungen‘. Der Schluß dieser 
Anzeige sei hier als ein Memento allen Entomologie-Systematikern 
wiedergegeben: ‚Es mag leichter seyn, ein System auf die Gestalt 
einzelner bestimmter Theile zu gründen, die Natur aber ist in 
ihren Zwecken und den dahin abzielenden Formen und deren 
Vertheilung zu mannigfaltig, um so leicht enträthselt zu werden. 
Nicht mit einem und demselben Schlüssel dringt man durch 
alle Gremächer derselben bis zu ihrem Allerheiligsten ein.‘ Die 
eingehende Besprechung des vierten Bandes (nebst den drei 
früheren) durch Zincken erfolgte in der Hallischen Allgemeinen 
Literatur-Zeitung, 1817, Nr. 214—218. Daß Zincken der Ver- 
fasser dieser nicht unterschriebenen Rezension ist, kann bei 
mancher teilweise wörtlicher Übereinstimmung mit der Anzeige 
im Magazin auch angesichts des Ochsenheimerschen Briefes 
nicht zweifelhaft sein. Wenn bei Neustädt und Kornatzki, 
Abbildung und Beschreibung der Schmetterlinge Schlesiens, 
Teil I, Breslau 1842, S. 59 angeführt wird, daß diese Rezension 
von Oberlehrer Zeller in Glogau herrühre, so ist dies ein offen- 
barer Irrtum. Der Brief Ochsenheimers, der sich fast aus- 
schließlich auf diese Rezension bezieht, ist nicht unbekannt, 
es sind einzelne Stellen daraus (nach dem Entwurf) abgedruckt 
in Treitschkes Fortsetzung, so V. 1. 334, V. 2. 46, X. 1. 105. 
Der Brief lautet vollständig wie folgt: 


„Hochgeehrtester Herr Doctor! 


Ich kann es mir nicht vergeben, daß ich einen zuvorkommend 
freundschaftlichen Brief von Ihnen an mich, der mir beym Aus- 
ziehen verkramt wurde und noch nicht gefunden ist, nicht auf 
der Stelle beantwortet habe. Meine sehr lästigen Berufsgeschäfte 
erlauben mir oft in 8 oder 14 Tagen nicht, mein Lieblings- 
Studium der Insecten vorzunehmen, höchstens ein paar Stunden 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers 293 


auf den Raub. Ueberdies lebe ich gleichsam im literärischen 
Kamtschatka und wäre nicht Charpentier!) hier gewesen und 
hätte mir die Existenz von Germars Magazin verrathen, ich 
hätte mich zur Zeit noch nicht bey meinem Buchhändler in 
Leipzig auf Execution eingelegt, um alles neue, was in der 
Entomologie erschienen ist, von ihm einzutreiben. So habe ich 
erst vor 12 Tagen dieses vortreffliche Magazin, das dem 
Illiger'schen?) auf keinen Fall nachsteht, nebst Okens?) Lehr- 
buch der Zoologie erhalten. Die Rezension in der Jena’er Lit. 
Zeit. über mich habe ich schon im Juny d. J. eingesehen, und 
den Rezensenten, die ich nicht weiß, schriftlich geantwortet, 
jedoch mit der Erklärung, daß meine Antwort auf keinen Fall 
für das Publikum, sondern nur für sie bestimmt sey. Die Herren 
sind eingefleischte Fabrizianer, mit denen ich nicht gern in ein 
Horn blasen mögte. Ihre Beurtheilung in der Halle’schen Lit. 
Zeit., mit Germ. Magaz. zugleich erhalten, die ich in Succum 
et sanguinem zu vertiren trachte, ist gründlich und größten- 
theils wahr. Ich werde einiges zu meiner Rechtfertigung an- 
führen und sobald ich Germar’s Prodromus, den ich verschrieben, 
eingesehen habe, mein ganzes Eulen-System nach den mir ge- 
gebenen guten Lehren umändern und berichtigen. Ich bin mit 
meinem Versuche, — (mehr sollte und konnte es nicht seyn) 
weit weniger zufrieden, als meine Rezensenten; allein die Frucht 
einer dreyjährigen mühvollen Untersuchung, fast ohne Unter- 
stützung hiesiger Entomologen, kann ich nicht unbedingt auf- 
geben. Indessen wird eine wechselseitige Erklärung und Aus- 
einandersetzung zu viel Gutem und vielleicht auch zu einem 
iesultate führen, das wenigstens für zehn künftige Jahre halt- 
bar seyn dürfte. 

Es ist Schade, daß Ihre Rezens. mit vielen Fehlern ab- 
gedruckt ist; doch hat mich einer hoch erfreut, in dem S. 41*) 
statt: Schwickert — Zwickert steht; weil mich dieser liebe Herr 
um das Honorar für die Schm. Sachsens betrogen hat. 

Wahr ist es S.42°), daß die Metamorphosen nicht hin- 


!) Charpentier, Toussaint de (1780—1847); seine Sammlung mit Aus- 
nahme der Neuroptera im zoologischen Museum zu Königsberg i. Pr. 

°) Iliiger, Magazin für Insektenkunde, 6 Teile, Braunschweig 1802 — 07. 

») Oken, Lehrbuch der Naturgeschichte, Teil 3: Lehrbuch der Zoologie, 
2 Abt. Jena 1815—16 

*) Sp. 41 zitiert Rez. Ochsenheimers Werk: „Die Schmetterlinge Sachsens“ 
mit dem Vermerk: Leipzig, im Zwickertschen Verlage 1806. Es gibt vun dem 
Werk Exemplare mit verschiedenen Titelblättern, ein Teil trägt den Vermerk: 
Dresden und Leipzig 1805 bei Heinrich Gerlach in Kommission, ein anderer 
den Vermerk: Leipzig, im Schwickertschen Verlag 1%06. 

5) Sp. 42. Rez. ist der Ansicht, daß in einzelnen Fällen die früheren 
Stände den Formen nach in offenbarem Widerspruch mit dem vollkommenen 
Insekt ständen und man die Gattungsmerkmale nieht ansschließlich in einzelnen 
Teilen aufsuchen müsse, „der Grund der Verschiedenheiten drückt sich bald 
in diesem, bald in jenem Teile sichtbar aus, je nachdem der Zweck und die 
Bestimmung verschieden waren.“ 


11. Heft 


294 Arthur Warda: 


reichen, ausschließlich einen Eintheilungs-Grund darauf zu bauen; 
ich habe bey den Eulen hier und da vielleicht zu wenig Rück- 
sicht darauf genommen. 

Wegen Melit. Maturna und Cynthia®) habe ich eine wieder- 
holte Untersuchung angestellt und, mit aller Unbefangenheit, 
kein neues Resultat herausgebracht. Beyde Arten scheinen mir, 
nach meinen angegebenen Merkmahlen, wesentlich verschieden. 
Espers Trivia’) besitze ich ganz übereinstimmend und überhaupt 
Hübners Cynthia, die Sie vielleicht nicht haben, in einigen 
Uebergängen zu dessen f. 608. 609. in der ich, bey der ganz 
übereinstimmenden Unterseite, nur eine etwas kleinere Abart 
erkennen kann. Der Anblick meiner Sammlung würde Sie 
gewiß überzeugen, aber, leider!, kann ich Ihnen keine Bestätigung 
von einem hiesigen Entomologen, sondern nur meine ehrliche 
Ueberzeugung geben. 

S. 458) Pales, Arvsilache u. Isis. H. Arsilache Knoch, Esp. 
habe ich in allen Abänderungen von Wallner, aus Rußland 
(v. Klug.), und von einem Freunde bey Eger gefangen, erhalten. 
Auch in Steyermark wird Pales u. Arsilache untereinander ge- 
fangen, aber keine Isis. Ich muß mich hier wieder auf meine 
Sammlung beziehen, wo in 22 Exemplaren eine ganze Reihen- 
folge von Uibergängen zu sehen ist. 

S. 49.) Janira. Hispulla kommt auch in Böhmen, Mähren 
und der Wiener Gegend gleichzeitig mit Janira vor, auch hat 
sie Wallner in der südl. Schweiz gefunden. Ein hier von mir 
gefangenes männl. Exemplar kommt Espers Erymanthea nahe. 
Die portugiesische Artemis hat die Größe der Maturna und ist 
eben so hoch rothgelb gefärbt und dennoch ergiebt sich in der 
Zeichnung nicht der geringste Unterschied von der deutschen. 

S. 50.10) Leucomelas habe ich bey Leipzig in Begattung 
mit einem Galatea 3 gefangen. Procida fand Dahl häufig in 
Illyrien mit Galatea. 

S. 51.11) Espers Maurisius scheint mir eins mit Tauschers 


6) Maturna und Cynthia. Rez. bemängelt einzelne Unterschiede der 
beiden Arten, indem Ochs. Hübners fig 608 u. 609 als Abänderung zu Cynthia 
bezeichnet, vgl. IV. 101-03. 

?) Trivia vgl. I. 1. 21 £. I 2. 233. 

®) Sp. 45. Rez. ist der Ansicht, daß Arsilache und Isis besondere Arten, 
Pales Abänderung von Isis ist, während Ochs. alle drei als Abänderungen 
einer Art ansieht. I 1. 63 ff. Tatsächlich hat Treitschke Arsilache von Pales 
getrennt X. 1. 11 ff. — Wallner, Entomologe in Genf. 

°) Sp. 49. Ochs. hatte I. 1. 222 Hispulla nur als Abart von Janira ange- 
sehen. Erymanthea I. 1. 223 vgl. X. 1. 34. 

10) Sp. 50, Rez. würde die von Ochs. IV. 139 wieder eingezogene und als 
Abänderung der Procida bezeichnete Galene als Übergang zu Leucomelas 
ziehen. Vgl. X. 1. 38, 

1) Sp. 51. Maurisius Esp. habe Ochs. I. 1. 269 bei Pyrrha aufgeführt. 
Theano, wohl von Tauscher in Lepidopt. Russiae indigen. observ. sex (Mem. 
Soe. Nat. Moscou 1806 t. 1) aufgeführt. Medusa vgl. X. 1. 43. Rez. 'erwähnt 
eine männliche Abänderung, die er zu Oeme ziehen würde, wenn sie nicht unter 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers 295 


P. Theano, in den Memoires des Naturalistes de Moscou, und 
eigene Art zu seyn. Über die besten Abbildungen, ohne den 
Anblick der Originale, wage ich nicht, ein Urtheil auszu- 
sprechen. 

Die kleine Hip. Medusa, deren Sie erwähnen, hat Stentz 
im vergangenen Sommer auf den Gebirgen der Steyermark 
mehrmals gefangen, später als Medusa, wovon keine mehr zu 
sehen war, und doch zu früh für eine zweyte (Generation. 


Arachne, Hübn. Unter diesem Namen habe ich von ihm 
selbst Gorge $, aber etwas größer, als die gewöhnlichen, erhalten. 
Der Vereinigung des Hübner’schen Falters mit Medea stehen 
denn doch die weiß und schwarzbraun gescheckten Franzen 
der letzteren entgegen. 


NB. Lyeaen. Jolas habe ich bey meinem Aufenthalte in 
Pesth im July dieses Jahres in drey Sammlungen bey Alcon 
gefunden, aber nur ein Exempl. mitgenommen, damit dieser 
herrliche und nicht zu bezweifelnde neue Falter dort nicht ver- 
kannt, und im künftigen May dort in Menge für mich gefangen 
werde. Ich habe einige junge eifrige Botaniker, die sich zugleich 
mit der Entomologie beschäftigen, aufgemuntert und, da sie 
nicht bemittelt sind, Vorschuß und gute Bezahlung versprochen, . 
wenn sie fangen und an mich abliefern. Einen Aufsatz über 
meinen Aufenthalt in Ungarn, der sehr gefällt, habe ich in der 
Wiener Mode-Zeitung abdrucken laßen. (Den folgenden Satz 
hat Ochsenheimer!?) durch Durchstreichen unleserlich zu machen 
versucht.) Da dies Blatt wenig ins Ausland kommt, so könnten 
sie ihn vielleicht in Ihr Magazin.. 

S. 52.12) Von L. Alsus besitze ich eine 2 Var. welche oben 
ganz Alsus, unten Argiolus ist. Größe, wie Alsus. 

— Polysperchon dürfte doch wohl nur, da ich ihn nie später, 
als im ersten Frühjahr fieng, eine minder genährte, sich ver- 
spätete Herbstgeneration von Amyntas seyn, wie es bey mehreren 
Faltern, z. B. Daplidice der Fall ist. 


S. 53.14) Mit L. Rubi haben Sie vollkommen Recht. 


Ajax. Charpentier schrieb mir vor kurzem, daß er diesen 
Falter, — in der Provence gefangen, erhalten würde. Ist seine 
Ouelle zuverläßig, so können wir endlich in’s Reine kommen. 


Medusa geflogen wäre, Rez. widerspricht der Vereinigung von Pronoce. und 
Arachne, wie Ochs. sie I. 1. 291 Anm. angenommen hatte, während er auf die 
Ähnlichkeit der Flügelform von Arachne mit Medea hinweist, so wenig er sie 
auch sonst für diese ausgeben würde. Jolas ist von Ochs. IV. 144 zwischen 
Aleon und Euphemus eingeschoben. Vgl. X. 1. 58 f. 

12) Ochs. ers in der Wiener Moden - Zeitung war mir nieht zugänglich. 

13) Sp 52. Alsus, aus Anlaß der Anführung einer Abänderung im Besitz 
des Rez. iivsrerdien vgl. die X. 1. 72 abgedruckte Bemerkung des Rez. 

14) Sp. 53. Rubi, vgl. die X. 1. 77 abgedruckte Bemerkung des Rez. 
Ajax I. 2. 117. IV 149. Rez. bezweifelt das Vorkommen dieses (nordameri- 
kanischen) Falters in Europa, vgl. X. 1. 79. 

11. Heft 


296 Arthur Warda: 


S. 54.2) -Wegen Alexaner Esp. habe -ich nur eine Ver- 
muthung geäußert. 

NB. Ein hiesiger Entomologe,, — H. Rittmeister von 
Goldegg, — will die Erfahrung gemacht haben, daß von 


Apollo, Delius und Mnemosyne die Weiber im jungfräulichen 
Zustande den Anhang einer häutigen Schale, worinn die Eyer 
ausgebrütet werden sollen, (?) nicht haben, sondern erst nach 
der Begattung erhalten. Delius fliegt auch auf dem Schnee- 
berg. 

- Alveus. O. verdient allerdings eine genaue Abbildung, 
welche ich lieber von Ahrens, als Hübner veranstaltet wünschte. 
Ich habe nur zwey Exempl. von Wallner erhalten, sonst hat 
diesen Falter, wenigstens hier, Niemand. Überhaupt ist es sehr 
schwer, in dieser Gattung die Art von Abart oder Var. zu unter- 
scheiden. Meine Fritillum ex Lapponia, deren ich im vierten 
Bande erwähne, ist ein sehr zweifelhaftes Geschöpf; aber dazu 
gehört freylich der Anblick der Natur. Hübners f. 464. 465. 
ist allerdings Alveolus. 

S. 57.16) Z. Achilleae, kommt hier häufig mit und ohne 
weißen Halskragen vor; eins meiner Exempl. hat sogar den 
Anflug eines rothen Hinterleibringes. Mit schlankeren und mehr 
fadenförmigen Fühlern habe ich Uibergänge zu Triptolemus und 
Bellis Hübn. 

Z. Trifohi. Ein Zankapfel; hier aber glaube ich meiner 
Sache gewiß zu seyn. Lonicerae habe ich unter hunderten, die 
ich theils selbst gefangen, erzogen, oder verglichen habe, nie- 
mahls mit zusammengeflossenen Flecken gesehen. Trifolii, wozu 
nun auch Hübners Sph. Glycirrhiza f. 138. gehört, die ich ganz 
übereinstimmend besitze, kann nach der von mir im II. B. d. 
Schm. v. Eur. gelieferten genauen Beschreibung, mit Lonicerae 
nicht einmahl als minder genährte, spätere Generation, die im 
Frühling des folgenden Jahres vor Lonicerae erscheint, vereinigt 
werden. Die von mir angegebenen Merkmale sind zu auffallend. 
Wo ich Trifolii in einer Sumpfwiese bey Leipzig zahlreich fieng, 
ist niemals eine Lonicerae gesehen worden. Auch fand ich einmal 
im Herbste auf derselben Stelle zwey frisch ausgekrochene 
Z. Trijolüi. 


15) Sp. 54. Rez. bezweifelt die Richtigkeit der Bewertung von Ale- 
xanor als eines Bastards, vgl. X. 1. 80. Die Bemerkung über die Lege- 
tasche ist in Band X nicht aufgenommen, Ochs. scheint die ältere Lite- 
ratur darüber (Schäffer ete.) nicht gekannt zu haben. Delius, vgl. X. 1 
86. Alveus, vgl. die X. 1. 94 f. abgedruckte Bemerkung des Rez. und 
Treitschkes Ergänzung. 

gu 57. Achilleae. Rez. bemängelt die Heranziehung von Bork- 
hausens Bellis (II. 43. 112 u. Rhein. Mag.) zu dieser Art, da Bellis der 
Mangel des weißen Halskragens und die schlankeren Fühler von Achilleae 
unterscheiden, Trifolii, vgl. die X. 1. 105 abgedruckte Bemerkung des 
Rez., wo auch diese Stelle aus Ochs. Brief abgedruckt ist. 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheim ers 297 

S. 58.1”) Meine u. Mazzola's Exemplare der Z. transalpina 
unterscheiden sich wesentlich von Medicaginis, welche wahr- 
scheinlich Germar in Dalmatien gefangen hat, da Dahl sie häufig 
in Illyrien fand, durch die Lage des sechsten Flecks der Vorderfl., 
der bey ftransalpina standhaft dem 5ten näher steht und fast 
mit ihm zusammenfließt. 

G. Sesia.!) Uiber das oelichtwerden der Schmetterlinge 
findet Rec. den Grund in der Raupensäure; ich vermuthete ihn 
in der Saamenfeuchtigkeit: mag seyn, daß ich mich geirrt habe; 
aber S. Afiformis 3 et 9, die ich in Begattung gefangen habe, 
ist mir in beyden Geschlechtern seit 14. Jahren nicht ölicht 
geworden. Von Harp. Vinula werden es nür die Männer und 
ein Erminea 3, dem ich gleich nach der Entwickelung den Leib 
aufgeschnitten, alle Eingeweide herausgenommen und den leeren 
Raum mit Kork ausgefüllt habe, ist seit 13. Jahren noch gerade 
so, wie er aus der Puppe kam. Warum werden überdies 
Nonagria Ulvae, fulva, Phragmitidis und neurica niemals ölicht, 
obgleich sie wie Coss. Arundinis, Non. Cannae, Typhae, Sparganii 
im Rohre leben? Flavago u. micacea Esp. werden in beyden 
Geschlechtern ölicht. Warum wird es Arg. Pandora $ und 
Antoph. Communimacula, deren Raupe wahrscheinlich im Moose 
auf Hausdächern lebt, letztere nur beym aufweichen im warmen 
Wasserdampfe ? 


S. 59.19) Ses. Crabroniformis Lewin ist nicht meine u. .Espers 
Sireciformis, welche Lasp. in seiner Rezension gemeint hat. 
Laspeyres kannte nur unsere hiesige Sireciformis, welche be- 
ständig mit Apriformis in Begattung gefangen wird. Bembeci- 
jormis H. eins mit Crabroniformis Lewin, hat Lasp. nicht gekannt 
und mit unserer Ses. Sireciformis für eins gehalten. 


Ses. Hylaeiformis habe ich nicht aus der Raupe erzogen, 
sondern immer nur schon als vollkommenes Insect auf Himbeer- 
blättern gefunden. 

S. 60.2°°) Maerogl. Bombyliformis habe ich nie selbst er- 


1) Sp. 58. Transalpina. Rez. bemerkt, daß 4 Ex. von Medicaginis 
die Fleck n auf der Unterseite durch einen roten Überzug verbunden 
hätten, und daß alle Ex. von Transalpina aus Dalmatien in der Samm- 
lung Germars u. des Rez. keinen roten Überzug hätten und oben von 
dem sechsten Fleck nur eine geringe Spur hätten, vgl. X. 1. 106. 

15) G. Sesia. Ochs. suchte den Grund des Oelichtwerdens in der Samen- 
feuchtigkeit des Mannes. (11. 125 Anm.) Rez. vermutet sie in der Raupen- 
säure, vgl. X. 1. 115 Anm., wo die Bemerkung des Rez. teilweise wört- 
lich abgeschrieben ist. Vgl. die spätere Bemerkung des Rez. in Germar 
Magazin Bd. 11I S. 445 ff. 

1%) Sp. 59. Crabroniformis vgl. IV. 169f. Rez. sieht Bembeciformis 
Ochs. als identisch mit Crabroniformis Lewin und Sirecitormis Lasp. an. 
Hylaeiformis, nach Beobachtung des Rez. lebt die Raupe nicht in den 
Zweigen, sondern den Wurzeln der Himbeere, vgl. X. 1. 120. 

af er 60. Bombyliformis, Rez. kennt als einzige Futterpflanze der 
Art nur Lonicera, vgl. X. 1. 125. 


11. Heft 


298 Arthur Warda: 


zogen, mußte also Galium auf fremde Autorität als Futterpflanze 
aufnehmen. Dahl fand sie nur auf Scabiosa. 

S. 66.”1) Notod. Dictaea. Die Bemerkungen über Tremula 
Lin. sind scharfsinnig und haben hohe Wahrscheinlichkeit. Jetzt 
gebricht es mir an Zeit, eine genaue Untersuchung darüber an- 
zustellen. -Clerks angezogene Figur sollte doch etwas gelten. 

S. 67.2?) Crenata. Die Raupe findet Stentz alle Jahre; 
sie lebt zuverläßig nicht in zusammengesponnenen Blättern. 

S. 68.°?) Ihre Lurideola hat sich in meiner Sammlung mit 
der Bemerkung: — an Var. ? gefunden. Ich zweifle nicht an den 
Rechtender Art; woher ich sie habe, weiß ich nicht mehr, aber 
wahrscheinlich war sie in der Radda’schen??) Sammlung. 

S. 69.) Schiffermüller hat in seiner Sammlung Lith. ancilla 
zu Synt. Phegea gestellt. 


Psyche.) Was hier und in Germ. Magaz. über diese Gattung 
so vortrefflich gesagt ist, unterschreibe ich im Allgemeinen und 
erlaube mir nur einige Bemerkungen. Rossi’s Originalbrief an 
Mazzola liegt bey; den andern über das Nähere des Eyerlegens 
ohne Begattung haben wir bis jetzt noch nicht finden können. 
Die weiblichen Säcke von Ps. Viciella habe ich seit Jahren zur 
Verwandlung schon fest angesponnen gefunden, wenn die Raupen 
der männlichen noch herumliefen und bey mir fraßen. Der 
weibl. Sack ist beträchtlich größer. Auch der Mann von Ps. 
Viciella flattert sich, wenn man nicht acht giebt, binnen einer 
halben Stunde, wie Calvella und nudella, ab und stirbt noch vor 
Mitternacht. Auskriechzeit des Abends zwischen 7. u. 8 Uhr. — 
Sollte wohl meine glabrella Ihre Pseudobombycella seyn? Aus 
dem S.22. Germ. Magaz. 1. H. beschriebenen Sack habe ich 
stets graminella @ erhalten. Ihre zweyte Art muß ich erst kennen 
lernen. Ich verwahre in m. Samml. alle männl. u. weibl. Säcke 
der Arten, die ich selbst erzog. Ps. triquetrella kenne ich nicht 
in der Natur, gehört aber wegen des Weibes gewiß hieher. Alle 
mir bekannten Arten von Sackträgern, deren Weiber geflügelt 
sind, habe ich bey meiner G. Psyche ausgeschlossen. Hübners 
Tin. Vitrella hat H. v. Podevin kürzl. au dem südl. Frankreich 
erhalten; ich zweifle aber, ob sie Espers B. albida sey ? 


21) Sp. 66. Dietaea, vgl. über diese Streitfrage die X 1. 155 tf. ab- 
gedruckten Bemerkungen des Rez. 

=) Sp. 67. Crenata, Rez. gibt eine Beschreibung der Raupe nach einer 
Abbildung des Pastor Krutzsch, nach dessen Bericht sie zwischen zu - 
sarnmengesponnenen Blättern leben soll, vgl.die X. 1. 155 ungenau wieder - 
gegebene Bemerkung des Rez. 

=) Sp. 68. Lurideola, vgl. X. 1. 162f. 

“) Die Raddasche Sammlung in Ochs. Besitz vgl. Bd. IV. S. VI. 

®) Sp. 69. Ancilla, nach Meinung des Rez. müßte diese Art mit anderen 
ein eigenes Grenus bilden. 


2°) Psyche, Rez. spricht über Muscella und Graminella unter Bezugnahme 


auf Germars Magazin I. 1. 19 vgl. X.1. 169, 171-74 und Ochs. über die Psychiden 


III. 165-85. Albida, vgl. X. 1. 171ff. Timon, vgl. III. 225. IV. 202. X. 1.182, 


„w 


| 


3 
$ 
. 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers 299 


NB. Pygaera. Timon, wovon ich jetzt beyde Geschlechter, 
bestens erhalten, besitze, scheint mir hier nicht am rechten 
Platze, sondern besser bey Endrom. versicolora zu stehen. Über 
die früheren Stände ist bis jetzt noch nichts näheres entdeckt, 
aber gewiß lebt die Raupe nicht gesellig, sonst wäre sie von den 
Entomologen in Brünn, mit denen ich selbst ein Treibjagen 
anstellte, längst gefunden. 

S. 73.°°) Gattungsnamen sind bey einer allgemeinen Plünde- 
rung aller Sprachen, Wörterbücher und Mythologien schwer auf- 
zutreiben. Fabr. sagt darüber: Syst. Eleuth., T.I, p. VIlI 
„Optima sunt, quae omnine nihil significant. Characterem Generis 
essentialem generico nomine indicare impossibile, nec opus est.‘ 
Er hat bey den Tagschmetterlingen meistens Beynamen der Venus 
(conf. Hederich Lexic. mythol.) zu seinen Gattungen genommen, 
wobey manche Collision eingetreten ist, — ich habe bey manchen 
Eulen-Gattungen Namen alter, nicht mehr existirender, oder 
nicht mehr gebrauchter griechischer Städte aus Büschings Erd- 
beschreibung entlehnt. 

S. 74.°®) Das Allgemeine ist wahr und in möglichster Kürze, 
dennoch den Gegenstand erschöpfend, gesagt. 

S. 75.) Lucina entsteht aus keiner Schild-, sondern aus 
einer Schein-Dorn-Raupe und wird hier jährl. erzogen. Wie 
konnte Hübn. die ehrliche Natur eine solche Inconsequenz be- 
gehen lassen? Mit dem übrigen bin ich einverstanden. 

S. 76.?°) Gen. Acronieta. Ligustri kann bey Fam. A. unter- 
gebracht werden, obgleich sich die Raupe nicht, wie die übrigen, 
zur Verwandlung in’s Holz frißt. 


Gen. Colocasia. Coryli u. geographica stehen freylich nicht 
gut beysammen, aber die Raupe der geographica, häufig bey 
Pesth auf Wolfsmilch, ist eine Bärenraupe und ich weiß bis 
jetzt keinen schicklicheren Platz. Nur muß G. Colocasia vor 
Diphtera gesetzt werden. 


?”) Sp. 73. Gattungsverzeichnis bei Ochs. IV. 13-97 bis einschl. der Eulen. 
Rez. bemerkt, daß die Gattungen der Tagfalter größtenteils nach Fabrieius 
syst. glossat. benannt sind. 

2°) Sp. 74. Unter den allgemeinen Bemerkungen des Rez. findet sich auch 
folgende: „das System der Schöpfung ist gleichsam wie ein Kugelnetz, dessen 
einzelne Maschen, jede gewissermaßen in der Mitte steht, jede von allen 
Seiten mit anderen zusammenhängt, wo es daher immer gleich ist, bei welcher 
Masche wir anfangen, und auf welche Seite wir uns wenden wollen.“ 

2*) Sp. 75. Lucina, Rez. nimmt darauf Bezug, daß Hübner für diese Art 
eine abgebildet habe (Hüb. Larvae Lep. I. Pap. I. Nymph. A. d. 
fig. la b) vgl. X. 1. 76f. und meint, daß die Art nicht hierher gehöre. 

%) Sp. 76. Zu Gen. Acronieta zieht Ree. Ligustri aus der Gattung Hadena, 
vel. X. 1. 20 Anm. Das Genus Colocasia will Rez. besser zu Orgyia und No- 
todonta gestellt wissen, vgl. V. I. 47. Die Familie A. des Genus Tethea will 
Rez. bei Cosmia und Ochs. bei Xanthia untergebracht wissen, während die 
Stellung von Saliceti zweifelhaft sei, Thyatira will Rez. mit Tethea vereinigt 
wissen, vgl. V. I. 77ff. Pyrophila will Rez. zu Amphipyra gesetzt wissen. 
Ignicola vgl V. I. 204f Templi vgl. V. I. 198. V. 2. 23. 


11. Heft 


300 .„ Arthur Warda: 

Gen. Tethea. Hier habe ich vereiniget, wovon die Raupen 
in zusammengesponnenen Blättern leben, ambusia ausgenommen, 
welche höchst wahrscheinlich aus einer Flechtenraupe entsteht, 
und die Gattung Poeeilia schließen muß, dann reiht sich die 
Fam. A. von Thetea recht gut an, welche ohnehin wegen des 
abweichenden Flügelbaues bey Cosmia nicht gut steht. Xantho- 
ceros und Qo. sind sowohl im habitus, als den Fühlern und der 
Lebensart der Raupe nicht so weit auseinander. Saliceti steht 
doch wohl hier am rechten Platze. 

Gen. Agrotis -— bedarf noch einer scharfen Revision. Wenn 
pyrophila zu G. Amphipyra gesetzt wird, so müßen mehrere 
verwandte Arten, z. B. dilucida und latens, welche letztere mit 
ignicola, die Hübn. von mir abgebildet hat, eins zu seyn scheint, 
auch dahin. Hier verläßt uns bey vielen Arten die Kenntniß 
der Raupen und es bleibt blos der habitus und etwas Analogie 
zu beurtheilen. Templi weicht in allem zu viel ab, und ich 
möchte sie lieber zu G. Polia zwischen caesia und Polymita 
setzen. S. 67 meines 4ten Bandes ist nach Templi, die Lucipeta 
beym Abdrucke ausgelassen, was dem Correktor zu Schulden 
kommt. | 

Ss. 77.21) Tenebrosa ist bey G. Caradrina nicht unterzu- 
bringen; es scheint mir, daß hier ein wesentlicher Druckfehler 
in den ersten zwey Zeilen waltet. 

neglecta ist mit Augur nicht zu verbinden, steht aber recht 
gut bey Xanthographa, wenn nicht die Raupe das Gegentheil 
erweißt. 

Die Raupe der Orth. Ypsilon ist zu nahe mit munda und 
lota verwandt, als daß sie davon getrennt werden könnte, über- 
dies die Flügel in der Ruhe dachförmig. 

Plecta und musiva mögen wohl den Anfang der G. Amphipyra 
machen, aber porphyrea ist auf keinen Fall da unterzubringen. 
Lucipeta muß wohl, wegen der verwandten Arten birivia und 
dedecora mihi etc. bey Agrotis stehen bleiben. Renigera möchte 
ich lieber zu glauca setzen, auch habe ich letztere wirklich ein- 
mahl von Laspeyres als renigera erhalten. Von dieser kenne ich 


») Sp. 77. Tenebrosa soll nach Meinung des Rez. zu Caradrina gestellt 
werden, die Stelle lautet: „Aus diesen (Agrotis) hätte... A. Tenebrosa zur 
Gatt. Caradrina, dagegen aus letzterer die Arten Ravida und Polygona hierher, 
bey A. Fumosa, und Oubieularis bey Ag. Cursoria versetzt werden können.“ 
Mit Augur ist nach Ansicht des Rez. Neglecta aus Gatt. Mythimna zunächst 
verwandt, auch will Rez. Ypsilon aus Gatt. Orthosia hierher gestellt wissen. 
Plecta und musiva will Rez. zu Gatt. Amphipyra ziehen und ebendahin Lu- 
eipeta und Porphyrea. Lueipeta vgl. V. 1. 200. Renigera vgl. V. I. 198f. 
Pteridis will Rez. aus der Familie B. (Dianthoecia) der Gatt. Hadena entfernt 
wissen. Amethystina ist nach Ansicht des Rez. einstweilen am füglichsten 
in Gatt. Abrostola unterzubringen, vgl. V. 3. 136ff. Metieulosa, Seita und 
ee zieht Rez. in eine Gattung. Adulatrix vgl. V. I. 370. Flammula, 
vgl. V. I. 381 (:fovea). Valida sieht Rez. als eine von Satura wesentlich 
verschiedene Art an, vgl. V. 1. 334, wo die Stelle aus Ochs. Brief wiederge- 
geben ist. 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers »01 


nur ein einziges Exemplar in der Gundianschen Sammlung, 
welche nun für das kaiserl. Natur. Kabinet gekauft ist. Es ist 
das Original v. Hübn. Abbildung, welche zu hart gerathen. 

Gen. Hadena. Piteridis, vielleicht formosa Bork., steht hier 
nach der Raupe, die ich in Weingeist aus Ungarn mitbrachte, 
recht gut und kann allenfalls als eine besondere Familie 
gelten. 

Ihnen allein, als dem Entdecker der Raupe von Amethystina, 
kam es zu, diesem räthselhaften Geschöpfe, worüber wir hier 
nicht klug werden konnten, den rechten Platz anzuweisen. Nach 
Meticulosa gehört adulatrix. H., aus Ilyrien, die ich erst vor 
kurzem erhielt, der Außenrand der Vorderfl. ist aber in der 
Abbildung ganz verfehlt. Nach Lucipara kommt eine nov. Sp. 
flammula mihi, die ich aus Ungarn mitbrachte. 

Daß Satura H. und deßen valida eins sind, kann ich be- 
weisen. 1.) Hat mir Hübn. seine valida schon vor 15. Jahren 
als seine Satura geschickt. Dasselbe Exempl. habe ich an Char- 
pentier, als er neulich in Wien war, gegeben. 2.) Besitzen 
Mazzola und ich alle Uibergänge von valida zu Satura, in Gestalt 
und Zeichnung, besonders in Ansehung der helleren Hinterfl. 
und Unterseite, bey einem Exemplare m. Samml. sind die Hinterfl. 
schwarzbraun. 3.) Alle hier nicht selten gefangenen Satura’s 
sind mehr, oder weniger Valida. 

S. 72 meines 4ten Bandes sind zwey unrichtige Citate. 
f. 482 ist gemina®?), (Satura, Borkh.) aber nicht zum besten 
abgebildet. f. 483 gehört als 2 zu Achates $. f. 498 u. f. 610 2 
(Thalassina Bork.) Thalassina des W.V. ist die einzige Eule 
desselben, die ich nicht kenne, wenn sie nicht etwa, wie man 
vermuthen könnte, Hübners aeruginea ist. 

Daß Sie remissa Hüb. als var. zu gemina ziehen, kann ich 
nicht billigen; wenigstens nach den Exemplaren m. Sammlung 
mich nicht überzeugen. Beyde Arten kommen sich zwar sehr 
nahe, aber remissa hat zu abweichenden Flügelbau und Zeichnung. 

Wenn Sie Lithoriza®®) B. in der Natur vergleichen, so muß 
sie mit Hyperici zusammengestellt werden. Die Raupe ist mir 
nicht bekannt. 

Celsia®*) dürfte vielleicht in der Gatt. Abrostola am besten 
aufgehoben seyn. 

texta®) und prospicua gehören wegen Tragung der Flügel 
(dachförmig) nicht zu Triphaena; zu Anarta noch weniger, da 
alle Arten bey Tage fliegen. 


%) Nach Ansicht des Rez. hat Hübner als Gemina fig. 282 u. 283 zwei 
verschiedene Arten abgebildet, fig. 282 stellt Gemina, wovon Remissa Ab- 
änderung ist, dar (fig. 283 Thalasssina). vgl. V. 1. 343 u. 346. 

#) Lithoriza will Rez. aus Gatt. Xylena zwischen Miselia Oxyacanthae 
und Bimaculosa stellen. 

) Celsia will Rez. zu Gatt. Xylena stellen, vgl. V 2. 59. V. 3. 148. 

®) Die Stellung von Texta sieht Rez. als sehr zweifelhaft an, 


11. Heft 


E02 Arthur Warda: 


Ob tincta®®) Br. Linnee’s hepatica sey, ist nicht so leicht 
zu bestimmen. Linnee’s Diagnosis — alis glaucescentibus — 
widerspricht seiner Beschreibung, sowohl im Systeme, als in der 
Faun. Suec. — wo es heißt: — alae superiores supra hepatici 
coloris. — Alles übrige, bis auf die Hinterfl. — margine postico 
(die Franzen) — flavo — ist undeutlich und läßt sich zur Noth 
auf Zincta Br. und hepatica Bork. (Characterea Hüb.) anwenden. 
Was das Citat aus Clerk betrifft, so habe ich zwey Clerk’sche 
Exemplare verglichen und beyde sehr verschieden gefunden. 
Laspeyres und ich haben bey meinem Aufenthalt in Berlin eine 
Art Protokol darüber aufgenommen, welches also lautet: ‚‚Clerks 
„hepatica, Tab. 8. f. 3. ist Borkh. und Scriba’s hepatica. Zwar 
„ist bey Clerks Abbildung die Grundfarbe mehr bläulich, aber 
„die ganze Zeichnung der Flügel, besonders die weiße Punkt- 
„reihe auf den Flügeladern, der braune thorax, die gelbliche 
„Nierenmakel und der darüber stehende gelbe Punkt am Vorder- 
„rande, endlich die dunkelaschgrauen, gelbgesäumten Hinterfl. 
„lassen keinen Zweifel übrig.“ Nach Clerks Icon. bey Laspeyres.‘‘ 
Dagegen ist die Abbildung in einem Exempl. der Icon. in der 
Bibliothek des Grafen Frieß allhier abscheulich, — zinnoberroth 
und hellblau, die Größe, wie die der occulta und Linnee sagt 
doch ‚‚— rustica media, und bey occulta — inter Ph. rusticas 
nostras facile maxima est.‘ 


Trilinea?”) gehört nach der Raupe, die jetzt bey Dahl über- 
wintert und die Oelmann aus dem Ey erzogen hat, ohne Zweifel 
zu Caradrina, bilinea, deren Raupe noch unbekannt ist, wahr- 
scheinlich auch. Pulmonaris®) muß zu Xanthia, an ihre Stelle 
kommt Palustris®) H., die ich nun auch sehr schön, hier gefangen, 
besitze. abjecta*°) hat Hübner von mir abgebildet, sie ist gewiß 
nicht nigricans Esp. wohl aber Viewegs, von dem ich sie zuerst 
erhalten. 


— albicolon nach m. Ex. v. Hübn. abgebildet, stimmt nicht 
mit Borkh. Beschreibung seiner nigricans. Ich kann jetzt Sepp’s 
Tafeln nicht vergleichen, aber ich erinnere mich, bemerkt zu 
haben, daß er m. albicolon*!) als N. Brassicae abgebildet habe. 


disparilis!?) ist nach der Raupe, welche Stentz aus dem Ey 


#) Tineta sieht Rez. als synonym zu Hepatica Linn. et Clerck an, vgl. 
V. 2. 46. wo die Stelle aus Ochs. Brief abgedruckt ist. 

#”) Trilinea und Bilinea will Rez. mit Turca aus Gatt. Mythimna verbunden 
wissen. 

#) Pulmonaris vgl. V. 2. 342. 

39) Palustris vgl. V. 2. 255. 

#) Abiecta (Hübner Tab. 116 fig. 539) sieht Rez. als Nigricans Linn. 
Fabr. View. et Esp. an. vgl. V. 2. 141ff. 

#4) Albicolon (Hübner Tab. 117 fig. 542 u. 543) sieht Rez. als synonym 
zu Nigriecans Borkh an, vgl. V. 2. 148.ff. E 

#2) Disparilis aus Gatt. Mythimna zieht Rez. zu Gatt. Orthosia, vgl. V. 2. 
193 ff und Kubrieosa aus Gatt. Cerastis ebenfalls dahin, desgleichen Gothica 
aus Gatt. Episema vgl. V. 1. 234. 


Bi. 7. Dre 10 u Zu 


Ein Bricf Ferdinand Ochsenheim<rs 203 


erzogen und im Oktob. den Schm. geliefert hat, von den Arten, 
zu denen ich sie gestellt habe, nicht zu trennen. 

rubricosa hat, wie die ganze (ratt. Cerastis einen platt- 
gedrückten Hinterleib. 

Wenn gothica in ein anderes Genus verwiesen werden muß, 
so gehört sie zu Mamestra und zwar in die Nähe von oleracea. 

Von Serpylli#?) kenne ich nur @. Daß sie von laewis ver- 
schieden sey, muß mir bewiesen werden und zwar aus der Raupe. 
Kann auf keinen Fall zu Cerastis kommen. Auch der $ meiner 
laevis hat schwach gekämmte Fühler. Virens'!) gehört der Raupe 
nach, die ich erzog, zu Polyodon Lin. schreyt aber in dieser Reihe. 
Ochroleuca.*?) Die Raupe lebt, nach Dahls zuverlässigem Berichte, 
in Getreidefeldern von den Aehren. 

Die Fam. C. von Xylena'‘), wenn sie von hier verwiesen 
wird, müßte eine eigene Gattung hinter Notodonta bilden. 

S. 78.°) Illustris mag zu Plusia kommen; dann gehört 
aber sicher auch consona und modesta dahin. Am besten wäre 
es, beyde genera zusammenzuziehen und in Familien abzutheilen. 
Bestimmen Sie, wohin dann amethystina zu rechnen? Mit 
Urticae, Triplasia und Asclepiadis hat Hübner wieder ein Meister- 
stück von Unsinn aufgestellt. Die Raupe meiner Triplasia 
varürt wie die der Persicariae aus grün in bräunlich. Die Taster- 
Anbeter würden stutzen, wenn sie das in seiner Art einzig schöne 
Exempl. von N. deaurata Esp. sähen, das ich von Koy in Ofen 
zum Geschenk erhielt. Der Zeichnung nach schließt sich diese 
Eule an illustris an, die Taster sind von denen aller Arten der 
G. Abrostola und Plusia verschieden. 


Heliothis. armigera habe ich aus Portugall, auch Peltigera 
kommt im Auslande vor. Die Identität beyder beweißt meine 
Samml. in allen Uibergängen. 

S. 79.3) Nach marginata gehört: Purpurites mihi, von 
Esper, T. 116. f.2. als N. furpurina und von Hübn. Tab. 11i. 
f. 519. als N. Rutilago abgebildet. Diese ausgezeichnet schöne 


#) Serpylli u. Laevis aus Gatt. Orthosia sieht Rez. als 2 verschiedene 
Arten an und zieht sie zu Gatt. Cerastis, vgl. V. 2. 234, VI. 1. 409. 

#4) Virens zieht Rez. zu Gatt. Xylena, sie habe mit Polyodon Raupe und 
Verwandlungsgeschichte ähnlich, vgl. V. 2. 299. VI. I. 412. 

45) Ochroleuca will Rez. nach der ihm gegebenen Beschreibung der Raupe 
als Wurzelraupe zu Gatt. Xylena ziehen, vgl. V. 2, 346. 

#) Die Familie Ü aus Gatt. Xylena will Ree. zn Gatt. Notodonta ziehen 
oder neben ihr als eigene Gattung aufstellen. 

#) Sp. 78.. Rez. will die Gattungen Abrostola und Plusia durch den 
Unterschied trennen, daß die Raupen ersterer 16, letzterer 12 Füße haben, 
daher würden Illustris, Modesta und Consona zu Plusia gehören, vgl. V. 3. 135. 
Urticae ete. vgl. V. 3. 139ff. VI. 1. 413. Deaurata V. 3. 1öf, VI. 1. 413 
ie Arie eltigera sieht Rez. als 2 verschiedene Arten an, vgl. V. 3. 227-31, 

Ei 

2. B 79. Zu Marginata will Rez. Delphinii gestellt wissen, vgl. V. 3. 
232-236. VI. I. 415. — Delphinii vgl. V. 3. 84. Familie C aus Gatt. Ophiusa 
will Rez. zu Euelidia ziehen. 


11. Heft 


304 Arthur Warda: 


Eule habe ich aus Ungarn mitgebracht. Delphinii gehört nach 


allen Ständen nicht hieher: ich möchte sie lieber als num. 1. zu 


Cueullia setzen. Raupe u. Puppe widersprechen nicht, auch geht 
die Zeichnung der Flügel recht gut mit Spectabilis, die Hübner 
von mir abgebildet hat. 

(ren. Ophiusa. Daß aus der Fam. C. manche Art noch zu 
Euelidia kommen könnte, will ich wohl glauben; aber von 
Algira®”) L. hat Dahl die Raupe in Illyrien auf Hasel gefunden, 

Grestalt und Sitten der von Lunaris. Scapulosa dürfte wohl 
bey Euel. Mi, — wie Fortatilium H.°), die ich nun in Natur 
vergleiche, am besten stehen. 

NB. Gen. Anthophila. Meine infida°!), p. 93. hat Charpentier 
bey seinem Hierseyn für Hübners Caliginosa erklärt und mir 
seine, aus Braunschweig erhaltenen Exempl. zum Vergleichen 
geschickt. Seine caliginosa ist allerdings eins mit meiner infida, 
die ich, bey Tage fliegend, auf Wiesen gefangen, aber Hübn. 
Abbildung ist denn doch zu hart. 

Ich bin einverstanden, daß unseres ehrwürdigen Linnees 
Name: Noetua??) nicht aus dem Systeme verbannt werde, aber 
welcher (Grattung er mit größerem Rechte zukommen soll, muß 
noch ausgemacht werden. So gehört z. B. Bombyx für Mori, — 
damit dieser Name nicht untergehe. 

Möchten Sie geneigt seyn, diese Bemerkungen, die ich keines- 
wegs für Orakel ausgeben will, nicht als diktatorische Anmaßung, 
sondern als ein Vehikel, eine freundschaftlich-wissenschaftliche 
Verbindung zwischen uns zu eröffnen, aufzunehmen. Ich bin 
weit entfernt von der unseligen Kampflust unserer Zeit, in der 
auch die friedliche, ehrliche und consequente Natur gemeistert 
und durch beynahe lächerliche Deutungen und Beschreibungen 
herabgewürdigt wird. Ich hoffe indessen, daß meine Unter- 
suchungen, Beschreibungen und Aufklärungen schwieriger Gegen- 
stände, da ich an einer unversiegbaren Ouelle sitze, für die Mängel 
der systematischen Aufstellung, wozu ich fast allen Muth ver- 
loren habe, entschädigen werden. Ob der 5te Band, oder eine 
Abtheilung desselben, zur Ostermesse erscheinen wird, kann ich 
noch nicht bestimmen; ich verwende jeden freyen Augenblick 
zum arbeiten und habe seit Jahren Materialien gesammelt, dem 
ungeachtet komme ich nur langsam vorwärts und dieser Schnecken- 
gang verdrießt mich. Ein anderer bedeutender Umstand ist der 
Mangel an Abbildungen meiner neuen Arten; ich habe früher 
an Hübner manches geschickt, was ich sehr spät und nicht im 
besten Zustande zurückerhielt; auch sind seine Abbildungen im 
Nezgläiche mit meinen Originalen nur bey wenigen gerathen. 


“. Algira V. 3. 303 ff. 

®), Fortatilium Ermeg fig. 592. hat Treitschke nicht aufgenommen. 
%) Infida V. 3. 

52) Zum Namen Nochkos vgl. V. 1. 206. Anm. 


Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers 305 


Sendungen an ihn sind zu gewagt und k«stspielig. ein Mahler, 
der mit Kenntniß. des charakteristischen etwas brauchbares 
liefern könnte, ist hier nicht aufzutreiben. Mazzola hat Hübner°?) 
eingeladen hierherzukommen und unsere Schätze zu mahlen, 
mit dem Versprechen, daß wir ihm seinen hiesigen Aufenthalt 
auf alle nur mögliche Art erleichtern würden; ich bin begierig, 
ob er es thun wird? Er hätte die schönste Gelegenheit, wenig- 
stens 50. Blätter zu füllen, und ich könnte ihn vielleicht etwas 
bekehren. 


Angelockt durch Natterers Eroberungen, die,er nur flüchtig 
an den südlichen Küsten Spaniens machte, und reich an neuen 
Arten, 'hieher schickte, hat Dahl große Lust im Februar dahin 
zu reisen und zu fangen, was ihm nur vorkommt. Es fehlt ihm 
nur noch an der Hauptsache, — an Geld; ich hoffe es aber 
durchzusetzen, daß unser Kaiser ihn unterstützt, wie er schon 
einmahl bey der Reise nach Ungarn gethan hat. (Die folgenden 
zwei Sätze hat Ochsenheimer durch Durchstreichen unleserlich 
zu machen gesucht.) Ueber Ziegler (?), der die seltensten Käfer 
im K. Natur.-Kabinet hat zu Grunde gehen lassen, worüber ich 
Lärm geschlagen und den sackgroben (?) Mühlfeld, dessen 
Züchtigung in Germ. Magazin ich nicht genug preisen kann, 
wird Ihnen Charpentier schon das nähere berichtet haben. 
Wir sind über beyde Herren einverstanden. Dejean ist in 
diesen Tagen aus Dalmatien zurückgekommen, mit einem Schatz 
neuer Arten, die ich noch nicht gesehen habe. Er darf sich, als 
proscribirt, nicht lange hier aufhalten. Unter anderen soll er 
ein Exemplar von Espers Alexanor°*), das für Latreille bestimmt 
ist, mitgebracht haben. 


2 


Vor einigen Tagen hat ein hiesiger Entomolog von Zetter 
in Moskau eine Sendung erhalten, wobey sich 8. Stück von 
P. Timon, angeblich aus der Raupe gezogen, befinden, ferner 
3. Ex. einer neuen Sphinx — Tremulae’’) genannt. Wie 
Populi, aber die Flügel sind weniger gezackt und auf den 
hinteren fehlt der Kupferfleck; auch die Raupe soll ver- 
schieden seyn. 


5) Jae Hübner ist in Wien gewesen, vgl. Bd.V.S.XIV. — Natterer 
Johann, 1787—1843. — Dahl, Georg, Naturforscher und Insektenhändler in 
Wehring bei Wien, gest. 1832, auch der früher erwähnte Carl Stentz war 
Insektenhändler in Wien. — Joh. CarlMegerle von Mühlfeld (gest. 1832, 
Custos des Naturalien-Cabinetts in Wien) Bemerkungen etc. zu Illigers Zusätzen 
ete. zu Fabrieii Syst. Eleuther. Linz 1812 sind abfällig besprochen in Germar 
Magazin Bd. I. Heft 2, 8. 135—179. — Dejean Pierre Franzois Marie Au- 
guste (1780— 1845) 
%4) Zu Alessanor und Timon vgl. die früheren Anmerk. 


5) Tremulae X. 1. 140 f, vgl. auch II. 254. Es dürfte endlich an der Zeit 
sein, die von den verschiedenen Autoren mit dem Namen Tremulae bezeichneten 
Formen festzustellen und event. in einer Synonymik zu ordnen, vgl. dazu 
Speiser in Zeitschr. f. wissensch., Insektenbiologie 1905, S. 169 ff. 


Archiv Er 20 11. Heft 


306 Arthur Warda: Ein Brief Ferdinand Ochsenheimers 


Ich nähre die Hoffnung, daß Sie mich einer geneigten Antwort 
werth finden und habe die Ehre, mit der vollkommensten Hoch- 
achtung zu verbleiben 

Ewr. Wohlgebohrnen 
ganz ergebenster 
Ochsenheimer. 
Wien im Dez. 1817. 
und im Jänner 1818. 

N.S. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu bemerken, daß manches 
in diesen Blättern gesagte nicht zur Publizität geeignet ist.“ 

Bei dieser Gelegenheit sei noch ein anderes, ebenfalls in 
meinem Besitz befindliches Blatt von Ochsenheimers Hand mit- 
geteilt, dessen Inhalt Ochsenheimer indessen schon in seinem 
Werke verwertet hat, nämlich den ersten Teil in IV. 104 £., 
den zweiten Teil in II. 45 f. Das Blatt lautet: 

„Merkwürdige Abänderungen aus der Sammlung des H. Podevin 
in Wien. 

Pap. Cinxia. Lin. (Delia. Hübn.) 

Variet. a. EinMann, die Vorderfl. von der Wurzel bis gegen den 
Außenrand sammtschwarz mit einem rothgelben, schmalen Fleck- 
chen in der Mitte am Vorderrande, gegen die Wurzel steht ein roth- 
gelber, fast nierenförmiger Flecken, und unter ihm zwey gleich- 
färbige Punkte. Hinterflügel und Unterseite sind wie gewöhnlich. 

Variet. b. (mas.). Die Vorderfl. im Mittelraume rothgelb 
ohne Zeichnung und nur von schwarzen Adern durchzogen, die 
hinteren schwarzbraun gegen die Wurzel ein rothgelbes Mondchen, 
die Reihe rothgelber Flecken, mit schwarzen Punkten in der 
Mitte, ist übereinstimmend mit den gewöhnl. Exemplaren vor- 
handen und vor dem Außenrande steht eine Reihe rothgelber 
Monden, die ihre hohle Seite auswärts kehren. 

Auf der Unterseite sind die Vorderfl. wie gewöhnlich, die 
hinteren zeichnen sich durch sehr verstärkte, ee Punkte 
und Einfassungen der Binden aus. 

Variet. c. (foem.) Die Oberseite ganz schwarzbraun, im 
Mittelraume nur einige wenige rothgelbe Fleckchen und tief- 
schwarze Binden, vor dem Außenrande zwey Reihen rothgelber 
kleiner Flecken, die erste auf den Hinterfl. mit schwarzen Punkten, 
die 2te vor dem Außenrande besteht aus gleichfärbigen Mondchen, 
die ihre hohle Seite nach außen kehren, übrigens nicht verschieden. 

Zygaena Meliloti mas. Variet. 

Gestalt und alles übrige wie gewöhnlich nur ist auf den 


Vorderfl. ein sechster rother Punkt sehr deutlich, wozu ich den 


Uebergang besitze. Der stahlblaue Saum der Hinterfl. ist gegen 
den Innenrand breiter als gewöhnl. Der Hinterleib hat (nur) 
oben ein rothen Gürtel. Ich besitze ein Exempl. an dem der 
Gürtel nicht so deutlich ausgezeichnet ist.‘ 

Unter diesem Schriftstück ist von Treitschke ereke 
Ferdinand Ochsenheimers Handschrift. Bestätigt von Fr.Treitschke. 


ARCHIV 
NATURGESCHICHTE 


GEGRÜNDET VON A. F. A. WIEGMANN, 
FORTGESETZT VON 
W.F. ERICHSON, F.H. TROSCHEL, 
E. VON MARTENS, F. HILGENDORF, 
W. WELTNER UND E STRAND 


I 1 


SIEBENUNDACHTZIGSTER JAHRGANG 


1921 
Abteilung A 
12. Heft 


HERAUSGEGEBEN 
VON 


EMBRIK STRAND 


(BERLIN) 


0» 


NICOLAISCHE 
VERLAGS-BUCHHANDLUNG R.STRICKER 


Berlin 


Inhaltsverzeichnis. 


Jacobi. Kritische Bemerkungen über die Cercopidae (Rhynchota Ho- 
moptera) (Mit 7 Textfiguren). BE 


Benick. Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes . 


Bäumler. Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels 
unter deın Eivfluß der Domestikation. (Mit 1 Tafel) . 


Grimpe und Hoffmaun. Über die Postembryonalentwicklung von Histio- 
teuthis und über ihre sogenannten „Endorgane*. (Mit 9 Textfiguren) 


Kistler. Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes. (Mit 1 Textfigur).. 
Meyer. Apidae — Stelidinae II. Gatt. Euaspis Gerst. . 


Wilke. Beiträge zur Systematik und geographischen Verbreitung un- 
geflügelter Tenebrioniden (Unterfam. Asidinae). (Mit 4 Tafeln) . 


Weise. Einige neue Promecosoma-Arten ; 
Weise. Über die Lebensweise von Chrysoinela lichenis Richter 


Seite 


Kritische Bemerkungen über die Gercopidae. 
(Rhynchota Homoptera.) 


Von 
A. Jacobi. 


(Mit 7 Textfiguren.) 


In dem Riesenwerke der „‚Genera Insectorum“, dasP. Wytsman 
mit so viel Kraft und Wagemut herausbringt, ist 1912 ein Band über 
die Familie der Stirnzikaden (Cercopidae) aus der Feder von 
Dr. V. Lallemand in französischer Sprache erschienen. Noch kein 
Spezialist hat sich dazu kritisch geäußert, jedoch wird eine Dtirch- 
musterung des umfangreichen Bandes auch nach den bekannten 
neun Jahren nicht zu spät kommen, denn der eigentliche Gehalt 
einer Monographie pflegt sich dem Benutzer, er müßte sich denn aus- 
schließlich mit der behandelten Tiergruppe abgeben, erst nach langer 
Prüfung und Vergleich mit dem Material zu ergeben. Was dabei an 
neuen Ergebnissen und Berichtigungen abfällt, gehört zwar nicht 
streng in eine literarische Besprechung, aber es vermehrt das W issen 
über den Gegenstand überhaupt und fördert die, welche sich näher 
damit beschäftigen. Deshalb habe ich in den folgenden kritischen 
Auseinandersetzungen zwar die Stoffeinteilung und -reihenfolge des 
Lallemandschen Bandes unverändert gelassen, aber viele eigene Wahr- 
nehmungen und neue Beschreibungen hinzugefügt, ohne die im Titel 
ausgedrückte Aufgabe hintanzustellen. Andere Kenner des Gegen- 
standes werden noch met: zu bringen haben und damit hoffentlich 
hervortreten. 


Wenn man die naheliegende Voraussetzung macht, daß zum Ab- 
fassen einer Monographie — und solche stellen die ‚„„Genera Insectorum“ 
doch dar — an erster Stelle bewährte Kenner des Gebiets be- 
rufen seien, so ist in diesem Falle ziemlich das Gegenteil der Voraus- 
setzung eingetreten. Vor dem Erscheinen seines Bandes war der 
Verfasser erst mit zwei kurzen Aufsätzen an die Öffentlichkeit getreten, 
die von einigen für neu gehaltenen Cercopiden „‚Diagroses rapides“ 
brachten; der Nachprüfung hielt davon nicht viel Stand. Über eigene 
Kenntnisse des Gegenstandes und kritische Erfahrung verfügte Lalle- 
mand jedenfalls nur in bescheidenem Maße, sodaß seine Arbeit über- 
wiegend kompilatorisch gewesen ist, gestützt zumal auf Vorarbeiten 
von Distant, Fowler, E. Schmidt und Anderen. Eigene Arbeit 
größeren Umfangs scheinen nur die geschichtliche Einleitung und 
die synoptischen Gattungstabellen zu sein. Hierauf und auf die Arten- 

Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12, 1 12.1len 


9) A. Jacobi: 


listen hat der Verfasser großen Fleiß verwendet; er hat die vorhandene 
Literatur nach Möglichkeit zu erschöpfen gesucht, so daß ihm nur 
wenige Arbeiten entgangen sind. Das Zusammentragen dieses um- 
fangreichen Stoffs ist eine durchaus achtenswerte Leistung, und Lalle- 
mand hat mit ıhr den Hemipterenforschern einen großen Dienst er- 
wiesen, für den sie ihm danken müssen; sie wird bei jeder Beschäftigung 
mit der Familie der Cercopiden vorteilhaft zu Rate gezogen werden 
und die Behandlung von Einzelfragen sehr erleichtern. 

Dieses schuldige Lob muß freilich durch eine große Anzahl Mängel 
und Bedenken oft grundlegender Art stark eingeschränkt werden. 
Der empfindlichste Mangel ist der an Gründlichkeit, die Lallemand 
sowohl in der Wiedergabe und Übersetzung fremder Angaben wie in 
der Anführung von Schriftstellen durchgängig vermissen läßt. Er 
leitet nicht nur durch zahlreiche falsche Zitate den Benutzer irre, 
sondern hat augenscheinlich auch sehr viele erst aus zweiter Hand 
übernommen und diese wieder durch allerhand Flüchtigkeiten entstellt. 
Vielgebrauchte wissenschaftliche Namen werden in einer Weise ver- 
stümmelt, die in der neuzeitlichen Literatur ganz ungewöhnlich ist; 
ebenso läßt die Anführung des Vorkommens an Gewissenhaftigkeit 
und Ordnungssinn fehlen. Daß Text und Register von Druckfehlern 
gröbster Art geradezu wimmeln, kann nur dem Verfasser zur Last 
gelegt werden, und die Anordnung des Registers nötigt wieder ein- 
mal zu der Schlußfolgerung, daß das Alphabet den Schriftstellern 
und Setzern französischer Zunge unüberwindliche Schwierigkeiten 
bereiten muß.!) Hohes Lob gebührt dagegen den Figurentafeln, 
deren Fülle und Schönheit allerdings mehr dem Verleger und Zeichner 
zu danken ist; aber auch hier hat es Lallemand an Aufmerksamkeit 
fehlen lassen (vgl. Taf. 5, fig. 5; Taf. 6, fig. 4; die Verzeichnungen in 
Taf. 8, figg. 8, 10, 12 u.a. m.). 

Die folgenden Auseinandersetzungen schließen sich, da sie zu 
allermeist urmittelbare Verbesserungen und Nachträge zu der Mono- 
graphie bilden, der Folge des Textes genau an. Die Maße sind ı. A. 
mit angelegten Deckflügeln genommen. 


S.6. In der ‚Table des Sous-Familles“ ist die Bestimmung 2 
(Machaerotinae) zu eng gefaßt und irreführend, wenn man Angehörige 
der Tribus Enderleindini danach bestimmen soll, denn bei ihnen ist 
das Schildchen weder gewölbt, noch hat es jemals einen Apikaldorn. 


1. Subf. Machaerotinae. 
8.8. Neuromachaerota obscurior n. sp. 


Kopf und Rumpf sienabraun, auf dem Scheitel, der Scheibe des 
Pron. und des Schildcehens ins Schwärzliche verdunkelt; Stirn mit 
Ausnahme ihres Gipfels, Brustmitte und Apikalhälfte des Hinter- 
leibs schwarz. Deckfl. halbdurchsichtig, am Clavusrd. gelblich, Adern 


1) Vgl. z.B. Lethierry u. Severin, Catalogue des Hemipteres. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 3 


hellbraun, die Knötchen dunkler, nahe der Subeostalschwiele !) ein 
großer Fleck, vor dem Enddrittel eine Binde und — außen mit dieser 
verbunden — ein Apikalsaum dunkelbraun. 

Scheitel mit kielförmig ausgeprägtem Hinterrande, Pron. am 
Vorderrande mit 6—8 Gruben, von denen das äußere Paar am tiefsten 
ist, und einem feinen Mittelkiel. Schildchen hinter der Grube un- 
gefurcht. Auf der Mitte der Stirn ein breites glattes Feld. Fl. meık- 
lich kürzer als die Deckflügel. 

Long. cum tegm. 8,5 mm. 

Hab. — Deutsch Ostafrika: Tandala (1 9). 

Da diese Art trotz unzweifelhafter Zugehörigkeit zu der Gattung 
einen deutlichen Längskiel auf dem Pron. hat, und da Schmidt 
in der Diagnose sein Vorkommen bei der ty pischen Art nur unerwähnt 
läßt, aber nicht aussagt, daß er fehle, so war es nicht am Platze, 
daß Lallemand (S.7) das Fehlen oder Vorkommen zum Unter- 
schiede von Gattungen machte. 


S. 10. Pectinariophyes Kirk. 
Lallemand hat den Namen überall ohne Anlaß in Peetinarophyes 
verändert, 
Pectinariophyes antica n.sp. (Fig.1, la) 


Rötlichgelb; Scheitel und ein Vordersaum des Pron. trübrot; 
auch das Schildehen mehr rot überlaufen. Schnabelspitze, Klauen 
und die Spitzen aller Dornen der Hinterbeine schwarz. 


Fig. 1. Fig. 1a. 


Scheitel in der Mitte kaum länger als an den Augen, Hinterrand 
winklig eingeschnitten. Pron. gleichmäßig gewölbt, vordere Seiten- 
ränder kürzer als die Scheitellänge. Stirn sehr flach gewölbt, stumpf 
glänzend, ohne Seitenfurchen. 

Länge 5,5 mm. 

Hab. — "Deutsch-Neuguinea: Astrolabebay, Erima (Mus. Budap.: 
Biro e., 19). 


!) Breddins ‚„‚Apparatus plicatorius“. 
1? 12 IIen 


4 A, Jacobi: 


S. 15.' Grypomachaerota turbinata Schmidt 
Hab. — Insel Banggai bei Borneo (Dr. Platen: 2383). 


S. 16. Machaerota ensifera Burm. 
M. luzonensis Schmidt 


Bei Schmidt,!) Zeile 15 v. u., muß es statt „davor“ heißen 
„dahinter“. Die vom Autor der M.luzonensis angegebenen Unter- 
scheidungsmerkmale, die von nur einem Stück abgeleitet worden sind, 
gehen an meinem größeren Materiale in diejenigen von ensifera lücken- 
los über. 


Hab. — Luzon: Atimonan (Micholitz: 2 3&, 3 22). 


S. 18. 2. Subfam. Aphrophorinae.?) 


Die Bzmerkung, daß die Unterfamilie überwiegend im afrikanischen 
Tiergebiete vertreten sei, läßt sich schwerlich aufrecht erhalten. 

S. 19. Die Einreihung von Clovia unter 6 und 16 des Gattungs- 
schlüssels entspricht nicht den Bauverhältnissen dieser Gattung, 
denn sie enthält neben Arten, die unter 6 und 9 fallen, auch solche, 
die man unter 38 und 16 suchen würde. Z.B. ist der Scheitel kurz 
und breit, die Stirn hochgewölbt. bei ©. caput ranae, bigoti, callifera, 
conifera und punctum, dagegen parabolisch ausgezogen und die Stirn 
flach’ bei bipunectata, dechvis und proliza. Und was Poophilus und 
Cordia betrifft, sö ist die Stirn im Vergleich mit Cephisus gerade das 
Gegenteil von ‚assez fortement convexe‘“, nämlich geradezu platt. 
Der Verfasser scheint überhaupt, als er seine Gattungstabellen auf- 
stellte, in den meisten Fällen nur Beschreibungen benutzt zu haben. 

Nr. 17 ist zu streichen. 


S. 20. Unter 23 muß rechts 23 in 24, unter 24 aber 24 in 25 ge- 
ändert werden.’ 

Unter 26 kann hinter Zepyronia Am. & Serv. eingefügt werden 
Lepyroniella Me]. 

Unter 28, Jembrana betreffend, sind die Wörter ‚tete et . 
eine willkürliche Beifügung, denn Distant erwähnt nirgends etwas 
von Kielen auf dem Kopfe. 


S. 23, Nr.3. Clastoptera binotata. Einen Unternamen ‚Uhler, 
In litt.“ gibt es nicht. Die an nächster Stelle kommende Schriftstelle 
Gillette.& Baker sagt nur ‚‚Clastoptera. binotata Uhl.“ .Ob Ball 
1895 eine Diagnose bringt und demzufolge als Autor zu gelten hat, 
kann ich nicht entscheiden, weil ich die betreffende Abhandlung nicht 
zur Verfügung habe. 


S. 26, letzte Zeile. Lallemand stellt mit seiner Übersetzung 
„‚est plus convexe‘‘ meiner Worte die Erörterung auf den Kopf: Denn 


. %) ’07 in: Ent. Zeit. Stettin v. 68 p. 188. R 
2) Vgl. S.8 dieser Abhandlung. a = 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 5 


Spinolas Angabe, daß der Kopf oben stärker gewölbt sei als unten, 
zweifle ich gerade an. 


S. 27. Hemiapterus Jac. 

Distant hat zwei Arten unter diesem Gattungsnamen be- 
schrieben, die echte Lepyronia sind, Melichar zwei Sepullia. Ist es 
eigentlich so schwer, bei einer Cercopide nachzusehen, ob sie voll- 
ständige oder verkümmerte Hinterflügel hat? 


Hemiapterus decurtatus Jac. 


. „Die Heimatsangabe ‚‚Kaffa‘“ durfte in einem allgemeinen Werke 
nicht ohne nähere Bezeichnung der Lage (Nordostafrika) wiederholt 
werden. 


8.28, Nr. 2. Sepullia murrayi Sign. 


Hemiapterus viridıeollis Mel. 05 in: Wien. ent. Zeit., v. 24, p. 291; 
Jacobi 12 in: Wiss. Erg. D. Zentr.-Afr.-Exp., v. 4, p. 31. 
H. fuscus Mel. ıb. p. 29. 


S. 30, Nr. 9. Poophilus lafiusculus Stäl 

?P. latus Melichar 08 in: Acta Soc. entom. Bohemiae, v. 5, p. 10. 
S. 30. Ptyelus Lep. & Serv. 
es feblt: Plinthacrus Spinola 1852 in: Mem. Acc. Modena, v.25, I, 
p- 153. 


Weder Lepeletier & Serville, noch spätere Autoren haben 
einen Gattungstypus bestimmt; erst Distant!) wählte dafür ?. spu- 
marius L., Auct., worin ihm Lallemand gefolgt ist. Das ist nicht 
angängig, weil diese Art schon als Typus von Cercopis F. von Kirkaldy 
bestimmt worden ist. Durch Substitution ergibt sich dafür Plinthocrus 
Delegorguei Spin. = Tettigonia flavescens F., also Typus: Ptyelus 
flavescens F. 

In der Einbeziehung von Philaenus Stäl (= Cercopis F.) hat 
Lallemand einen schwer. begreiflichen Mißgriff Distants (I. c.) 
angenommen, denn beide Gattungen sind durch die Scheitelbildung 
wohl unterschieden, wenigstens ebensogut, wie viele andere neue 
Gattungen in dieser Homopterenfamilie. 


S.31, 2.6 v. o. und anderw. „Melichar, Membr. Cercop.“ ist 
keine benutzbare Verweisung, zumal der Nachweis in der Einleitung 
p- 3 fehlt. 

Bei den Gattungsmerkmalen veıweilt Verf. bei der Aderver- 
zweigung der Flügel und verwirft die von Stäl angeblich darauf 
gegründete Unterscheidung von Ptyelus und Philaenus, weil das 
Geäder unbeständig sei. Es ist schwer zu verstehen, wie Verf. Stäl dies 
unterstellen kann, denn dieser hat sich weder in der ersten Diagnose 
von Philaenus (1864 in: Ent. Zeit. Stettin, v. 25, p. 66) noch in Hem. 


1) ’07 Fauna Brit. India, Rhynch. v. 4, p. 87. 
12. Heft 


6 A. Jacobi: 


Afr., v. 4, p. 68 auf die Flügel bezogen, sondern die Scheitelbildung 
diagnostisch verwert t. Dadurch, daß Lallemand die Stälschen 
Diagnosen außer Acht gelassen hat, ist er zu der Vereinigung beider 
Gattungen gekommen, die sich vom Standpunkt der heutigen Syste- 
matik aus keinesfalls rechtfertigen läßt, oder aber, wie erwähnt, durch 
ungeprüfte Übernahme des in gleicher Art von Distant eingeschlagenen 
Verfahrens. 


Nr.2. Ptyelus aethiops Jac. 

Meine ursprüngliche Annahme, daß die Art auf die hohe Erhebung 
zwischen den obern Zuflüssen des Blauen Nil und dem Hauasch be- 
schränkt sei, läßt sich nicht aufrecht erhalten, denn ich habe seitdem 
Stücke von Massaua, dem Massailande, Kivusee und Schirati erhalten. 

Brust, Bauch und Beine sind manchmal ganz schwarz. 


Die wiederholte falsche Angabe ‚Afrique occidentale allemande“ 
statt ‚„‚orientale‘‘ ist eine schwer entschuldbare Flüchtigkeit. 


S.33, Nr.19. Statt Australien muß Neuseeland stehen, 


Nr.25. Ptyelus grossus F. 

Die Subspecies insularis Jac. habe ich s. Z. ausdrücklich als solche, 
nicht als Varietät bezeichnet. Der erhebliche Unterschied zwischen 
den Erscheinungsformen Subspecies (örtliche Unterart) und 
Varietät (Spielart) ist in der systematischen Zoologie längst fest- 
gelegt; es muß deshalb abgelehnt werden, daß L. beide Begriffe zu- 
sammenwirft. 


P. g. lateritius n. subsp. 


Von der Var. a St&1!) (Typical form Distant?]) in folgendem 
verschieden: Kopf bis auf zwei schwarze Punkte neben den Ozellen 
einfarbig; die hintere Zeichnung des Pron. in zwei große tiefschwarze 
Flächen zusammengeflossen, davor zwei ziegelrote Flecke; Deckfl. 
pechschwarz, die beiden Costalflecken ziegelrot in gleicher Tonstärke; 
Hinterleib oben pechschwarz mit schmalen, hellgrünen Hintersöumen, 
unten orangegelb; Beine orangerot mit der typischen schwarzen 
Zeichnung. Individuelle Abweichungen fehlen. 


Größe in den bekannten Grenzen. 


Hab. — Südliches Deutsch-Ostafrika: Kidugala (Mus. Dresden), 
Iringa (Mus. Berlin: Götze, Nigmann c., zahlreiche Stücke). 


Ptyelus immaculatus Schout. 


Ein Stück des Berliner Museums. von der Deutschen Zentr. Afr. 
Exped., ges. von Dr. A. Schultze (Belg. Kongo: Kiumenza) zeigt 
soviel Verschiedenheit von P. grossus, daß ich die Varietät zur eignen 
Art erheber möchte, zumal sie abgesondertes Vorkommen hat. 


1) Hem. Afr. p. 71. 
?) Ins. Transvaal,_ p. 220. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 7 


Nr. 37. Ptyelus nebulosus F. 


Distants Einreihung dieser Art unter Ptyelus ist ebenso wenig 
richtig wie die der anderen in der ‚Fauna of British India“ darunter 
angeführten Arten. Soweit ich sehe, gehört die Gattung, deren St älsche 
Diagnose allerdings beachtet sein will, nur dem afrikanischen und 
madagassischen Tiergebiete an. Auch Stäls Einreihung in COlovia 
ist nicht mehr haltbar, denn es sind beträchtliche Abweichungen da: 
Entfernung der Ocellen; Stirn und Brustsklerite in einer Ebene ohne 
vertiefte Trennungsfurchen; eine glatte Schwiele an der Spitze der 
Deckfl. Ganz dieselben Merkmale zeigt eine unbeschriebene Art von 
Java. 


S. 35, Nr. 50. Cercopis spumaria L. 

Die Art ist schon 1758 Syst. Nat. ed. 10., p. 437 aufgestellt worden. 

Sie ist der Genotypus von 
Cercopis Fabricius 1775, Latreille 1802. 

Über die Benennung der Gattung wie der Art sind vom Gesichts- 
punkte der Priorität manche Zweifel erwachsen, mit denen, soweit 
es den Speziesnamen betrifft, Schumachert) gründlich aufgeräumt 
hat. Hier wäre also nur die Bezeichnung der Gattung und ihres Typus 
zu begründen. St äl?) hatte für C’ercopis F. als Genotypus (©. carnifex F. 
aufgestellt, angeblich nach Fabricius®) selber, der sich aber gar nicht 
darüber äußert. Nach Kirkaldys) Feststellung ist vielmehr erst 
1802 von Latreille spumaria L. als Typus bestimmt worden. 

Da ich die Artbedeutung von spumaria L. nach Schumachers 
Ausführungen für festgelegt halte, so kann Cercopis F. nicht die bisher 
unter Aphrophora Germ. eingeschlossenen Arten wie almi Fall., 
salicina Goeze, cortica Germ. umfassen. 

Da Germar?) für Aphrophora keinen Typus namhaft gemacht 
hatte, wurde von Lepeletier & Serville 1825 dafür A. spumaria 
Germ. nee L. ausgewählt, worunter Germar nach seiner Synonymik 
Cercopis bifasciata Panz. (1809) — Cercopis alni Fall. versteht. 

Da es aber schon vor Panzers Benennung eine Zikade dieses 
Namens gab, nämlich Cercopis bifaseiata Fabrieius nec L.®) (= Aco- 
cephalus bifasciatus L.), so ist die Panzersche unverwendbar. Der 
nächstälteste Name ist wieder Cercopis alni Fall. 1829, demnach 
tritt in der Nomenklatur der beiden häufigsten europäischen 
Schaumzirpen wieder der richtige Brauch ein, wie er von 1861 an 
durch Flor eingesetzt, seit Kirkaldy 06?) aber unnötigerweise 
aufgegeben war. 


1) 19 in: Ent. Mitt. v. 8 p. 191. 
:) Hem. Fabr. p. 11. 
®, 1775 Syst. Ent. p. 688. 
*) 1900 in: Entomologist v. 33, p. 263. 
5) 1821 in: Mag. Ent. Germar, v. 4, p. 50. 
®) 1794 Ent. syst. v. 4, p. 56. 
?) Bull. Rep. Hawaiian Assoc. Div. Ent. no. 1, p. 380. 
12. Heft 


8 A. Jacobi: 


Die Synonymie beider Gattungen lautet dann: 

Cercopis F. 1775, Latr. 1802 nec Lep. Serv., Amyot Serv., 
Stäl, Kirkaldy 06, Lallemand 12. 

Philaenus Stäl 1864. 
Typus: Cicada spumaria L., Fall. 

Aphrophora Germ. 1818, Lep. & Serv. 1825. 

Typus: Cercopis alni Fall. 

Endlich eine Bemerkung zu den Namen der Unterfamilien! Unter 
Cercopinae hat man nach Stäls Vorgang von 1866 an die Gattungen 
Tomaspis, Rhinaulax, Cosmoscarta, Cercopis Stäl nee F. u.a. m. 
vereinigt, bis Kirkaldy!) jenen Subfamiliennamen auf die bisher 
Aphrophorinae genannte Gruppe übertrug, indem er die Ergebnisse 
seiner synomischen Erörterung auf die Nomenklatur der übergeordneten 
Kategorie anwandte. Da aber solche Übertragungen entgegengesetzten 
Sinnes eine bleibende Quelle der Verwechslung sind, da andererseits 
für die Benennung über die Gattung hinaus kein Prioritätszwang be- 
steht, da endlich Aphrophora als Gattung bestehen bleibt, so schlage 
ich vor, in diesem Falle den Usus plurimorum auctorum in der Be- 
zeichnung Aphrophorinae beizubehalten. 

Dagegen muß es bei dem Umtaufen von „Cercopinae“ ı. ä. 8. 
in Tomaspidinae bleiben. Mir ist nicht verständlich, warum Kirkaldy?) 
dafür ‚„Rhinaulacinae“ gesetzt hat, denn bei Amyot & Serville,?) 
die sowohl Tomaspis wie Rhinaulax aufgestellt haben, geht Tomaspis 
voran; es lag also kein Grund vor, den anderen Namen zu bevorzugen; 
außerdem ist Rh. eine kleine Gattung von beschränktem Vorkommen, 
Tomaspis aber weitverbreitet und artenreich. 


S. 38. Eoptyelus n. g. 

Die Unterschiede von Piyelus Lep. & Serv. ergeben sich aus der 
folgenden Gegenüberstellung: 
Ptyelus Eoptyelus 

Clipeus flach gewölbt. Clipeus im Profil deutlich ge- 

winkelt. 

Vorderhüften außen in einen | Vorderhüften außer kürzer als 
zungenförmigen Lappen ver-| an der Ipnenkante. 
längert, der bis zur Hälfte des 
Trochanters reicht. 

Der obere Dorn der Hinter-|Der untere Dorn der Hinter- 
schienen sehr kurz bis zur| schienen werig kleiner als der 
Verkümmerung. untere 

Im Flügel der vordere (äußere) |Im Flügel der vordere (äußere) 
Gabelast des R2 in den R1| Gabelast des R2 bis zur Um- 
mündend; infolgedessen ist die) fangader frei, die hintere (äußere) 
hintere (äußere) Zelle zwischen] elle zwischen R1 und R2 vier- 
R1 und R2 dreieckig. eckig. 

Deckflügel abgestumpft. Deckflügel zugespitzt. 


3) 106, p. 380. *) 106, p. 380. ®) 1843, p. 560. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 9 


Nach dem Geäder würde die Gattung nach Stäls!) Tabelle 
unter 15 gehören, aber die übrigen Merkmale geben ihr die Nachbar- 
schaft bei Ptyelus. 


Typus: Eoptyelus sordidus n. sp. (Fig. 2) 

Dunkelbraun, auf dem Scheitel und auf der Pronotumscheibe 
heller. Fl. braun, die Adern dunkel gesäumt. Die ganze Oberseite 
mit dicht anliegenden gelben Börstchen besetzt, die den Körper bei 
von vorn auffallendem Lichte mehr grau erscheinen lassen. 

Scheitel weniger als halb so 
lang wie breit, vorn mit parabo- 
lischem Umriß; ÖOzellen den 
Augen merklich näher als ein- 
ander; das basale Sklerit der 
Stirn wird seitlich von zungen- 
förmigen Ausläufern der Joch- 
stücke etwasumfaßt; Stirn mäßig 
gewölbt und bis zu den Wangen 
grob gefurcht; Schn. kürzer als 
das Mesosternum, sein drittes 
Glied distal deutlich ange- 
schwollen. Pron. ausgesprochen 
sechseckig, mit durchgehendem Kiel, vorn eine Reihe von vier 
Grübchen. Deckfl. hinter der Clavusspitze zungenförmig abgeschrägt, 
das Geäder im apikalen Teile ziemlich unregelmäßig; von der dis- 
talen Hälfte des R1 gehen 6—8 Queradern nach dem Costalrande. 

Long. cum tegm. 18—19 mm. 

Hab.: Deutsch Neuguinea: Bongu (Mus. Dresd., 2 22); Astrolabe- 
bay (Mus. Budap., Birö coll., 2 929). 


Eoptyelus australis n. sp. 

Hell lederbraun, mit sehr kurz anliegenden Härchen bedeckt. 
Ein Saum unter dem Vorderrand des Kopfes und der Innenrand der 
Deckfl. bis zur Schildchenspitze schwarzbraun. Fl. fast durch- 
sichtig, nach hinten etwas bräunlich getrübt. 3. Tarsenglied 
schwarz. 

Scheitel reichlich halb so lang wie breit, deshalb etwas spitzer 
parabolisch als bei der vorigen Art; die Stirnbasis tritt nicht unbeträcht- 
lich über den Scheitelrand vor; zwischen den Nebenaugen ein gruben- 
artiger Eindruck. Pron. ohne Kiel. | 

Long. cum tegm. 16 mm. > 

Hab. — Neu-Südwales (1 9). 


S. 40 u. 41. Mesoptyelus Matsum. 


Das Zitieren von Heften, parts u. s. f. ist überflüssig und störend, 
wenn sie keine eigenen | Seitenzahlen führen. 
1. M. nigrifrons Matsum. auch pl. 3, Fig. 1. 


“ 2) 1866, p. 66-67. 


Fig. 2, 


> 


12. Hefi 


10 A, Jacobi: 


Nesaphrestes Kirkaldy 


Unter den „Caractöres“, 4. Z,, muß es statt „‚nervures“ heißen: 
cellules. 


S. 42. Clovia Stäl 

Hier hat L. eine Abhandlung von Distant !) außer Acht gelassen, 
in der diese Gattung besonders berücksichtigt ist; infolgedessen sind 
eine Reihe dort behandelter Arten ausgefallen aber auch mehr als 
eine von noch anderer Herkunft. 

Mit Stäls Gattungen Clovia und Perinoia ist Distant (a. a. O., 
p- 175 u. f.) etwas willkürlich verfahren, indem er alle von Walker 
mit Recht unter letzterer Gattung beschriebenen Arten zu Clovia 
zog. Ich halte Perinoia für ein wohlberechtigtes Genus; wenn Distant 
anderer Meinung war, so wäre dafür eine Begründung, zum wenigsten 
aber eine Synonymie der beiden Gattungen erwünscht gewesen. 

Hierbei mochten zum Vorteil des wissenschaftlichen Sprach- 


gebrauchs die Herren Distant und Lallemand gefragt werden, 


warum sie Walkers grammatisch richtige Benennungen Pyelus 
conıfer und punctum einerseits in Olovia conifer, andererseits in Clovia 
puncta geändert haben? Wenn der lateinisch-griechische Wortschatz 
um die Adjektiva punctus, puncta, punctum und spectrus, -a, -um ?) 
bereichert werden darf, so mögen auch die Adjektiva schemus, -a, -um 
und nmonsensus, -a, -um in Betracht gezogen werden! 


Clovia dorsalis n. sp. 

Scheitel, Pron. und Schildchen fahlgelb mit vier wenig deutlichen 
blaßbraunen Längsstreifen; Deckfl. pechschwarz, Clavus bräunlich, 
nach außen fahlgelb, welche Farbe sich vom 2. Viertel an in einem 
ungleich breiten Streifen auf das Corium fortsetzt und im Enddrittel 
eine etwas gekrümmte Schrägbinde bildet. Unterseite und Beine wie 
bei (©. bigoti gezeichnet. 

Scheitel etwas kürzer els bei dieser Art, daher sein Rand mehr 
gerundet, Stirn und Clipeus stärker gewölbt. 

Long. 10 mm. 

Hab. — Französischer Kongo (] 9). 


Clovia bipars Walk. 
Olavia malaya Stäl (1865) 


Clovia bipunctata Kirby 
Hab. — Pondicherry; Formosa: Taihanroku (Sauter c.). 


Clovia boitardi Montrouz. 


Cercopis Boitardi Montrouzier 1855 in: Ann. Sci. phys. nat. 
I,yon, p. 112. 
Hab. — Salomoninseln: Woodlark. 


!) 109 in: Rec. Ind. Mus. v. 3, p. 163—181. 
?) Tettigoniella spectra Dist. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 11 


Clovia perdueta n. sp. 

Rötlichbraun, in der Apikalhälfte der Deckfl. in Graugelb über- 
gehend; vom Scheitel bis aufs Schildchen eine breite schwarzbraune 
Längsbinde, die hier die ganze Vorderhälfte einnimmt; auf den vorderen 
Seitenrändern des Pron. und auf die Deckflügelbasen fortgeseizt 
ein schwarzer Strich; hinter der Clavusspitze eine große, gestrackte 
schwarze Schwiele; vom Stirngipfel beiderseits rach den Flanken eine 
schwarze Binde; Oberseite des Abdomens gelbrot. 

Körperbau sebr ähnlich €. dechivis Jac., insbesondere durch die 
schmalen Deckfl., aber der Vorderkörper kaum nach unten geneigt. 

Long. 7,5 rm. 

Hab. — Togo: Sokod& Basari (Mus. Berlin: E. Schröder e., 1%). 


Clovia robust@ n. sp. 


Scheitel, Pron. und Schildehen ockergelb mit schokoladenbraunen 
Binden: zwei mittlere von ungleicher Breite durchlaufend, die übrigen 
unregelmäßig und unterbrochen. Deckfl. schokoladenbraun mit 
weißlich-ockergelber Zeichnung: zwei bis drei Schrägbinden aus 
zerstreuten kleineren Flecken über Clavus und Innenhälft: des Coriums; 
am Costalrand vor der Mitte ein großer, unregelmäßig viereckiger 
Fleck und eine bis zum Apex ausgedehnte breite Saumbinde; diese 
schließt einen dunklen Fleck ein und gibt nach innen eine geknickte 
schmNe Binde ab; außerdem mehrere helle Flecke im Apikalteile, 
besonders längs des Randes. Stirn und Brust kastanienbraun mit den 
gelben Längsbinden, Beine ebenso mit hellern Knien und Schienen- 
mitten. 

Statur sehr breit und kräftig; Scheitel elliptisch, ®/, so lang wie 
das Pror., beide uneben und mit Andeutung einer Längsfurche, die 
Erhebungen dicht grubig punktiert wie die Deckfl.; Hinterrand des 
Pron. winklig eingeschnitten; Deckfl. breit durch stark und gleichsinnig 
gekrümmten Costalrand, Suturalrand hinter der Clavusspitze grad- 
linig, sodaß der Apikalteil scharf keilförmig zuläuft; Geäder wenig 
deutlich. Stirn dick aufgetrieben, fast glatt mit einer basalen Mittel- 
schwiele, Clipeus von der Seite gesehen bucklig gewinkelt. Der Schn. 
überragt noch die mittleren Trochanteren. 

Long. 11,5 mm. 

Hab. — Kamerun (Mus. Berlin: Conradt c, 19) 


Clovia prolongata n.sp. 


Schwarz, eine Längsbinde am innerer Clavusrande und sine kurze 
Querbinde vor den Apikalzellen lohbraun;; außerdem folgende Zeichnung 
ockergelb: 4—5 Längsbinden auf Kopf und Pron,, die mittelste auf 
das Schildehen, die äußersten in den Clavus verlängert; ein großer 
keilförmiger Basalfleck und drei runde bis ovale im Cerium, diese ins 
Dreieck gestellt, hinter dem äußersten ein kleines Fleckchen am Rande; 
endlich drei Jang-k>ilförmige in den Apikalzellen Unterseite von der 
t ra Zeichnung, Schenkel und Schienen mit breiten ockergelben 

ätzen, 


12. left 


12 A. Jacobi: 


Kopf durch die schmal keilförmig ausgezogene Stirnbasis sehr 
lang, ®/, der Pronotumlänge, jener Teil noch oben gebogen; vordere 
Pronotumränder fast halb so lang wie die hinteren. Deckfl. gewölbt, 
in Breite und Zuschnitt wie C. robusta. Stirn mäßig gewölbt, fast 
glatt, Clipeus wenig erhaben, Schnabel nicht über die Mittelhüften 
verlängert. 


Long. 11 mm. 
Hab. — Kamerun: Jaunde-Station (Mus. Berlin; Zenker c., 19). 


Clovia callifera Stäl 
Ptyelus bipunctulatus Melichar: 03, Verh. Ges. Wien, v. 54, p. 36. 


Clovia eximia Kirby 
Kirby 1900 ir: Monogr. Christmas Island, p. 137, tab. 15, fig. 14. 
Hab. — Christmas Islana (Indischer Ozean). 8.43, Z.5 v. u. 
statt „Hem. Fabr.‘‘ lies: Hem. Afr. 


Clovia froggatti Dist. 
var. — Die Querbinde auf dem Elytron kann in zwei Fleckchen 
aufgelöst sein, die durch die Clavusnaht getrennt sind. 
Hab. — Isabel (Forma typica); Bougainville (Ver., 2 Ex.). 


Clovia lemniscata Stäl 


Stäl 1859 Fregatte Eugeniens Resa, p. 286! 
Hab. — Sumatra: Padang; Alahan. 


Clovia lineatocollis Motsch. 
In dieser Form, obwohl sprachwidrig gebildet, muß der Artname 
geführt werden, nicht lineotieollis. 
Clovia transversa Walk. 
Perinoia transversa Walk., Lallem. 
Clovia vitticeps Stäl 
In Stäls Diagnose, Zaile 3 vor „hac macula ... .“ sind die Worte 
einzuschieben: macula pone medium sita. 
Clovia vittifrons Stäl 
Hab. — Luzon: Atimonan (Micholitz c.). 


Clovia stält a.sp., 
Clovia vittifrons var. b. St&1.1870, p. 726. 


Von der ersteren Art nicht nur durch die — hier wie dort“ — sehr ° 


beständige Färbung, sondern auch durch den Bau deutlich verschieden; 


auch ist die stärker gewölbte Stirn unterhalb der Basis ohne den 
schwachen Eindruck der anderen Spezies. 


Hab. — Banggai (Dr. Platen c.). 


| 


4 


| 


N 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 13 


Clovıa peracuta n.sp. (Fig. 5). 

Oberseite blaß ockergelb, auf den Deckflügeln, besonders ıhren 
Aderstämmen, mehr ziegelrot; über Kopf und Pron. laufen secas, über 
das Schildchen zwei braune Längsstreifer. Die Deckfl. haben außer 
der typischen gewinkelten Bindenzeichnung noch eine 
Anzahl Binden, Str:ifen und Flecke, deren Lage aus 
der Figur ersichtlich wird. Fl. rauchbraun. In der 
typischen Zeichnung der Unterseite sind die beiden 
hellen Längsbinden elfenbeinw:iß, der Stirngipfel ist 
glänzendschwarz. Schenkel mit schwarzen Längs- 
streifen; Vorder- und Mittelschienen mit Ausnahme 
von Basis und Apex, Dornen der Hinterschienen und 
dritte Tarsenglieder schwarz. 

Kopf 1%/, mal so lang wie das Pron., von para- 
bolisch getrecktem Umriß, beide in eine wagerechte 
Ebene gebracht. Vorderrand der Stirnbasis etwas 
aufgewulstet, Stirngipfel und ein mittlerer Längsstreifen 
der Stirn glatt und glänzend, Seitenfurchen nur ange- 
deutet, Schn. nur biszum Anfang.der Mittelhüften reichend. Vorderrand 
des kaum gewölbten Pron. wenig gebogen, die vorderen Seitenränder 
halb so lang wie die hinteren. Schildchen wenig länger als breit. Deckfl. 
im Apikalteil keilförmig zugespitzt, ohne erhabnes Geäder wie bei 
Ü. varia und vitticeps. 

Long. 9—-10,5 mm. 

Hab. — Formosa: Hoozan, Fuhosho, Taihorinsho (Sauter e.: 


13, 3 2). 


Fig. 3. 


Clovia navigans n. Sp. 

Kopf, Brust, Pron., Schildehen und Beine rötlich ockergelb, 
die vorderen Stirnfurchen, Vorder- und Hinterrand des Pron., ein 
Längsstreifen auf den Epimeriten der Brust schwarz. Deckfl. schwarz; 
ockergelb sind eine distad verbreiterte Längsbinde am Costalrande 
bis zur Mitte und eine den größten Teil des Clavus einnehmende; 
ein eiförmiger Fleck im Corium nahe der Clavusspitze, eine 
Schrägbinde im Apikaldrittel, die vom Costalrande ausgeht und 
spitz zuläuft und mehrere Flecken von wechselnder Zahl in den Apikal- 
zellen weißlich hyalin. Fl. rauchgrau. Beindornen und Klauenglieder 
sch warz. 

Scheitel dreiseitig mit ‚stark abgestumpfter Spitze, Stirnbasis 
etwas eingedrückt; Stirn stark gewölbt, mit sehr seichten Furchen. 
Fläche des Pron. gewölbt, fein querrissig, Vorderrand stark gebogen, 
vordere Seitenränder */, so lang wie die hinteren. Schildehen erheblich 
länger als breit. Deckfl. lang und schmal, Costalrand auf ?/, Länge 
kaum gebogen, Apikalteil elliptisch zugerundet, das Geäder_ auf- 
getrieben. 

Long. 7—9 mm. 

rg — Samoa (Mus. Hamburg: Mus. Godeffroy, Nr. 2807, 
3 Ex.). 


1 12. Heft 


14 A.Jacobi: 


Clovia oceanica n. Sp. 


Pechschwarz; Vorderhälfte des Scheitels, Stirn, 1. und 2. Schnabel- 
glied, Brustmitte und Beine gelb bis gelbbraun. Stirnfurchen, letztes 
Schnabelglied und Tarsen schwarz. In den Deckfl. ein Costalsaum 
bis zur Mitte, der sich distad verbreitert, ein Querfleck auf der Clavus- 
spitze, der zur Hälfte ins Corium reicht und ein großer die Außenhälfte 
des Apikaldrittels einnehmender ovaler Fleck gelblich hyalın; ın 
letzterem sind die Adern in wechselnder Breite braun gesäumt. Fl. 
hyalın. 

var. Scheitel fast ganz gelbbraun; Deckflügel ohne hellen Costal- 
saum. | 

Körperbau ähnlich wie bei ©. navigans, aber der Kopfrand gleich- 
mäßig parabolisch, Vorderrand des Pron. gerader, vordere Seitenränder 
fast halb so lang wie die hinteren, Schildchen beinahe gleichseitig 
dreieckig, Spitze der Deckfl. weit mehr abgerundet. 

Long. 9—10,5 mm. 

Hab. — Tonga (2 22, Mus. Hamburg: Mus. Godeffroy, Nr. 2875); 
Samoa (var., 1 3, dgl.). 


Clovia resinosa n. sp. 


Kastanienbraun bis schwärzlich, Pron., Scutellum und die Mittel- 
fläche des Coriums nebst dem Clavus besonders dunkel; am Hinter- 
rande des Scheitels zwischen den Augen und Nebenaugen zwei große, 
ovale, lederbraune Flecke; Stirr oben mit breitem, ockergelbem 
Saum. Auf den Deckfl. zwei verkürzte schmutziggelbe Querbinden: 
die eine in der Mitte vom Clavusrande ins Corium, die andere hinter 
der Mitte ist kürzer und geht vom Costalrande ein Stück ins Corium, 
Fl. rauchbraun. 

Gestalt gedrungen, Scheitel erheblich kürzer als breit, fast ab- 
gerundet. Stirn stark gewölbt, auch der Clipeus aufgetrieben und im 
Profil flachwinklig; der Schn. überragt etwas die Mittelhüften. Costal- 
rand der Deckfl. stark gebogen, Apikalrand abgerundet. Dornen der 
Hinterschienen fast gleich lang. 

Long. 11,5 mm. 

Hab. — Celebes: aus Kopalharz (1 9). 


Clovia recta n. sp. 
Oberseite schwarz mit zitronengelbem Haarduft überzogen, Unter- 


seite strohgelb, Klauenglieder und die Dornen der Hinterschienen | 


schwarz. Der Scheitel erscheint gelb mit schwarzem Saum und zwei 


schwarzen Querbinden; die Vorderhälfte des Pron. hat eine gelbe 


Querbinde; auf den Deckfl. vereinigt sich ein breiter weißlichgelber 
Costalsaum mit einer breiten, geraden Querbinde in der Mitte und im 
Enddrittel mit einer sehr breiten Schrägbinde; der Apikalteil ist 
kastanienbraun gesäumt. 


> FA 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 15 


Der Körperbau erinnert sehr an Perinoia caput ranae, aber das 
Pron. hat den Vorderrand viel mehr gebogen und die vorderen Seiten- 
ränder sind sehr kurz; die Deckfl. enden abgerundet, nicht spitz. 

Long. 9,5 mm. 

Hab. — Salomoninseln: Bougainville, Kieta (Kurtz e.: I 9). 


Clovia maforensis .n. sp. 


Unterseite gelbbraun, die typische Bindenzeichnung reicht nach 
vorn (an dem einzigen Stück) nicht bis auf die Stirn; Vorderschienen 
und -tarsen schwärzlich; Hinterleib kastanienbraun, die Segmente 
hinten schwarz gesäumt. Oberseite sienabraun, auf dem Scheitel 
drei gelbe Qusrbinden, der Hinterrand schwarzbraun; auf dem Pron. 
ein : dunkel eingefaßte gelbe Querbinde. Deckfl. nur als breiter Apikal- 
saum bis zur Mitte des Clavus, ferner auf dessen Basis und in einem 
feinen Costalsaum braun, sonst pechschwarz; über die Clavusmitte 
etwas voı der Schildehenspitze und schräg nach hinten bis in die Nähe 
der Costa zieht sich eine nach außen schmäler werdende blaßgelbe 
Binde; die Binden beider Deckfl. vereinigen sich in der Mittellinie 
zu einer. Fl. rauchbraun. 


Scheitel fast so lang wie das Pron., mit parabolisch gekrümmtem 
Rande. Vorderrand des Pron. fast halbkreisförmig gebogen, vordere 
Seitenränder t/, so lang wie die bintern. Stirn mittelstark, d. h. etwa 
so wie bei (©. conifera, gewölbt.; Schn. nur bis zum Anfang der Mittel- 
hüften reichend. Costalrand mäßig geschwungen, weniger als bei 
Ü. bigoti, Apikalteil elliptisch-abgestumpft. 

Long. 10 mm. 


Hab. — Neuguinea: Insel Mafor (Mus. Budapest: 1 2). 


Clovia aruensis D. Sp. 


Ton und Zeichnung der Ob’rseite wie bei der vorigen Art, nur 
das Braun heller, die vordere Binde der Deckfl. ist von nahezu gleich- 
mäßiger Breite, liegt hinter der Schildchenspitze und ist bis an den 
Costalrand verlöngert. Stirn braun bis pechschwarz, die typischen 
gelben Seitenbinden vereinigen sich vor dem Stirnzipfel zu einem 
feinen Saume. Nur die Klauenglieder geschwärzt. Fl. sehr wenig 
angeraucht. 

Deckflügel im Apikalteil schmäler als bei maforensis. 

Long. 8—9,5 mm. 

Hab. — Key-Ins. (Kühn e.: 2 29); Aru-Inseln (S, 9). 

Die zwei Stücke von Key haben die Stirp schwarz, die von Aru 
lohbraun, sonst sind sie im Ganzen gleich gefärbt. 


Clovia strigata n. sp. 


Färbung und Zeichnungsmuster wie bei Perinoia disjuneta Walk., 
aber ein kräftiger gelber Mittelstreifen durchlöuft das Schildchen. 
Stirn und Beine pechschwarz, nur Kniee und Hinterschienen mehr 
braun. | 


12, Hett 


16 A. Jacobi: 


Scheitel etwas kürzer als das Pron., Stirn mittelstark gewölbt. 
Deckfl. breit, mit gleichmäßig gekrümmtem Costalrand und regel- 
recht‘ elliptiscb zugeschnittenem Apikalteil. 

Long. 8,5 mm. 

Hab. — Neuguinea: Astrolabebai, Huongolf (Mus. Budapest: 
Biro o., d, 2). 


Clovia flaviscutum n. sp. 


Grundfarbe sienabraur, Hinterleib und Beine heller, Zeichnung 
wie bei ©. transversa Walk., nur die Bänder der Deckfl. viel schmäler 
und das Scutellum zwischen den Ecken gelb. Vorder- und Mittel- 
schienen schwarz mit hellgelben Längsstreifen auf der Ober- und 
Unterkante. 

Wie’ die genannte Art gebaut, aber Apikalteil der Deckfl. erheblich 
schmäler. 

Long. 8 mm. 

Hab. — Neuguinea: Huongolf (Mus. Budapest: Biro c., 3, 9). 

Die Art ähnelt einer unbeschriebenen Art Perinoia (P. scutellaris 
Jac. i. ].), ist aber viel Leller und die Vorderbinde der Deckfl. erstrecku 
sich auf den Clavus. 


Clovia latiuscula n. sp. 


Pechschwarz; auf dem Scheitel, der Hirterhälfte des Pron., der 
Gegend der Clavusspitze und in einem schmalen Apikalsaume der 
Deckfl. in ledergelb bis kastanienbraun aufgehellt. Scheitel und 
Pron., die tiefschwarze Stirn und Vorderbrust mit der gewöhnlichen 
Bänderung. Schildchen wie bei C. disjuncta gefleckt. Auf den Deckfl. 
zwei schmale weißgelbe Binden: eine schräge, grade in der Vordsrhälfte, 
die auf keiner Seite den Rand erreicht und eine im Apikalteil, die vom 
Costalrand ausgeht und hinten nach der Tegmenspitze umgebogen 
ist, ohne sie zu erreichen. Beine und Hinterleib schwarz, dieser mit 
hellen Segmentsäumen. 

Statur breit und gedrung‘n. Scheitel ?/, der Pronotumlänge, 
breit elliptisch umgrenzt; Stirn mittelmäßig gewölbt, ganz glatt 
und spiegelglänzend. Costalrand stark gebogen, Apikalteil elliptisch 
zugerundet. 

Long. 6—7 mm. _ 

Hab. — Neuguinea: Astrolabebai, Huongolf (Mus. Budapest: 
Biro c., 4, Q).. 


Clovia suppressa n.sp. 


Grundfarbe wie bei C. latiuscula, aber alle Binden elfenbeinw:iß, 
auf dem Scheitel fast verloschen, auf Pronotum und Stirn bis Brust 
sehr schmal, auf dem Scutellum nur die Spitze hell. Im Corium nur ein 
Querfleck an der Clavusnaht und zwei kleine Flecke im Apikalteil: 
ein länglicher am Rande und ein runder in der Mitte. | 

Körperbau wie bei C. latiuscula. aber Scheitel länger, sehr ge- 
wölbt, da Geäder besonders apikal fast unsichtbar. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 17 


Long. 5—6,5 mm. 

Hab. — Neuguinea: Astrolabebai (Mus. Budapest: Biro c.,2 38, 
2 22). 

Clovia postica n.sp. 

Lederbraun bis schwarzbraun, Deckfl. an den bekannten Stellen 
aufgehellt; alle Binden schmutziggelb, auf dem Deckfl. nur eine hintere 
Binde, die hinter der Mitte am Costalrand beginnend schräg nach hinten 
zieht, nach dem Apex etwas umbiegt und sich in einige kurze Striche 
auflöst. 

Scheitel wenig kürzer als das Pron., Stira flach, Deckfl. mittel- 
breit mit schmal zungenförmigem Apikalteil. 

Long. 6,5—8 mm. 

Hab. — Neuguinea: Irs. Dsslacs (Mus. Budapest: Biro c. Ol, 


89. 3 
Clovia internigrans n. sp. 

Pechschwarz, Vorderrand des Scheitels und Apikalrand der 
Deckfl. etwas braun aufgehellt, die Stirm-Brustoinde gelb; im Apikal- 
teil der Deckfl. sin querovaler ockerg:lber Fleck. 

var. — Die Stirnbinde auf einen schmalen Saum vor der Stirn- 
basis beschränkt, der Fleck auf der Deckfl. durch ein» etwas hellere 
Stelle im Schwarz ersetzt. 

Scheitel wenig kürzer als das Pron., parabolisch geformt; Deckfl. 
schmal, schief zungenförmig auslaufend. 

Long. 8—9 mm. 

Hab. — Neuguinea: Astrolabebai, Bertrandinsel (Mus. Buda- 
pest: Biro c., 2 22). 


Clovia nigerrima n.sp. 


Pechschwarz mit ziemlicbem Glanze, Mitte des Clipeus und der 
Brust lederbraun. 

Scheitel so Jang wie das Pron., parabolisch ausgezogen. Vorder- 
rand des Pron. fast halbkreisiörmig. Stirn mäßig gewölbt, glatt. Deckfl. 
sehr schmal, hinten aufgetrieben. 

Long. 8 mm. 

Hab. — Neuguinea: Doreh (Mus. Budapest, 1 9). 


S. 45. Perinoia ornata Walk. 
Hab. — Neuguinea: Berlinhafen (Mus. Budapest (Biro c.). 


Perinoia scripta n. sp. (Fig. 4) 


| Scheitel, Pron., Scutellum und Augen strohgelb, ersterer mit drei, 
jenes mit vier Querlinien, das Scutellum mit zwei, die Augen mit drei 
Längsstrichen. Schläfe glänzend schwarz. Unterseite gelb, Stirn und 
Brust in der für die Gattung bekannten Weise gezeichnet. Beine beller 
lohbraun, die Schenkel mit schwarzen Längsstreifen, Vorder- und 
Mittelschienen oberseits schwarz, hintere Kniee ebenso. Bauch gelb, 
die Paratergite schwarz. Deckfl. gelb und schwarz gezeichnet, wegen 


Archiv für Natargeschichte 
1921. wet 2 12. Heft 


18 A. Jacobi: 


des Musters wird besser auf die Abbildung verwiesen. 
Fl. rauchgrau, der aderfreie Saum braun. 

Im Bau von (©. lemniscata verschieden durch die 
viel schmälern Deckfl., deren Costalrand wenig aus- 
gebogen und deren Spitze stumpf elliptischen, nicht 
keilförmigen Zuschnitt hat. Auch ist die Fläche von 
Stirn und Clipeus viel stärker gewölbt. 


Long. 8 mm. 


Hab. — Java: Surabaya (Mus. Dresden, 1 9); 
Tenggergeb. (Mus. Berlin: Frubstorfer ce., 2 22). 


Fig. 4. 


Perinoia cloviops n.sp. 


Pechschwarz, glänzend, das Pronotum hinten kastanienbraun, 
die Deckfl. hinten lohbraun gesäumt. Auf dem Scheitel drei, auf dem 
Pronotum eine hellgelbe Querbinde, die Unterseite von der typischen 
Zeichrung. Vorderrand des Scut. gelb. Deckfl. in der Vorderhälfte 
mit einem Quer- und hinten mit einem Schrägband wie bei P.caputranae, 
jedoch beide schmäler und den Costal-, bez. Apikalrand nicht erreichend. 

Scheitel ®/, so lang wie das Pron., Stirn mäßig gewölbt. Costal- 
rand gleichmäßig gebogen, Apikalteil der Deckfl. zungenförmig (nicht 
keilformig). Vorderschienen in der apikalen Hälfte etwas blattartig 
verbreitert. 

Long. 7,5 mm. 


Hab. — Neuguinea: Huongolf (Mus. Budapest: Biro c., 1 3). 


Perinoia expressa Walk. 
Perinoia erpressa Walkeı 1857, J. Linn. Soe., v. 1, p. 167. 


var. — Ptyeluscomma Walk. 1858, List Hom. Ins. Suppl. p. 190; 
09 Rec. Ind. Mus., v. 3, p. 178. 


Perinoia sondaica n. sp. 


Oberseite schwarzbraun mit staubartigem gelbem Flaum; Scheitel | 
+ ockergelb aufgehellt, Pron. vorn mit einer Reihe gelber Punkte; 
von der Deckflügelbasis zieht sich eine gelbe Längsbinde bis zur Mitte, 
die sich hinten in Clavus und Corium verbreitert und öfters in dieser 
Höhe mit einem großen ovalen Costalfleck verbindet; hinter der 
Mitte des Costalrandes zieht sich eine hakenförmige gelbweiße Binde 
zur Spitze, welche ebenfalls geneigt ist mit dem Costalfleck zu ver- 
schmelzen. Stirn schwarz, ihre Mitte und der Clipeus kastanienbraun, 
Mitte der Mittelbrust schwarz; das äußere Längsbindenpaar sehr 
breit. Beine ockergelb mit verdunkelten Schiener. Hinterleib schwärz- 
lich mit gelben Segmenträndern. 


Körperbau wie bei der nächstverwandten P. expressa Walk. 


{ 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 19 


Long. 9—10 mm. 
Hab. — Sumatra: Deli (Mus. Berlin: Martin, Hartert c.,$, 9); 
Borneo: Mindai (ebend., Grabowsky ce., 13). 


Perinoia caput ranae lie Guillou 
Clovia ec. r. auct. 
Hab. — Neu-Pommern, Neu-Lauenburg (Ribbe c.); Samoa. 


Perinoia imitans n. sp. 

Sehr ähnlich der vor'gen Art, aber der Schaitel mit drei, statt zwei, 
gelben Querbinden; die vordere Binde der Deckfl. weit stärker nach 
hinten gekrümmt; die apikale schräge Binde durch eine nach vorn 
offene V ähnliche Zeichnung ersetzt, neben der nach innen zu ein ovaler 
Fleck liegt. Schenkel und Schienen schwarzbraun gestreift. 

Costalrand weniger gebogen, Apikalteil viel stumpfer als bei 


©. caput ranae. - 
Long. 11,5 mm. 
Hab. — Salomonen: Bougainville (Kurtz c.,, 1“) 


Perinoia monticola n. sp. 

Öberssite pechschwarz, die Vorderhälfte des Scheitels und der 
Apikaltzil der Deckfl. einschließlich der Hinterhälfte des Clavus 
kastanienbraun. Auf d:m Scheitel drei schmale gelbe Qusrbinden, 
auf dem Deckfl. vor der Mitte ein gelb2s Querband, das über die ganze 
Breite des Clavus und die halbe des Coriums läuft, sowie ein kurzes 
von halber Breite des Coriums vor dem Apikalteil. Unterseite schwarz 
mit den typischen Längsbinden, Brustmitte und Beine lobbraun, 
Tarsen und Hinterleib schwarz. 

Scheitel */,; der Pronotumlänge, Rand elliptisch, scharfkantig. 
Vordere Seitenränder des Pron. kurz, nur V/, der Länge der hintern. 
Deckfl. schmal, Apikalrand elliptisch. Stirn ziemlich flach mit deut- 
lichen Querfurchen. 

Long. 9 mm. 

Hab. — Deutsch-Neuguinea: Torricelligebirge (Dr. Schlagin- 
haufen c., 18). 


Perinoia latipes n. sp. 


Oberseite lederbraun, Deckfl. nach außen zu schwarzbraun. Joch- 
stücke vor den Augen blaßgelb aufgehellt; über Scheitel, Pron. und 
Scut. läuft ein gelber Mittelstreifen, der in der Hinterhälfte des Pron. 
am schmalsten ist. Deckfl. wie bei P. furcata Walk. gezeichnet, nur 
ist die apikale Schrägbinde nicht gegabelt und gewöhnlich unter- 
brochen. Fl. fast glashell. Unterseite wie bei jener Art, die Mitte der 
Stirn aber hellbraun, der Clipeus gelb. Beine sehr bunt gezeichnet. 
Schenkel abwechselnd schwarz und braun längsgezeichnet, Oberseite 
der Vorderschienen in der Außenhälfte weißgelb, in der Innenhälfte 
schwarz, ihre Unterseite halb weiß, halb schwarz in schräger Angrenzung, 


2* 12, iHoft 


90 A. Jacobi: 


Mittelschienen hellbraun, Basen und Apices schwarz, Hinterschienen 
und alle Tarsen schwarzbraun. Abdomen lohbraun, die Paratergite 
schwärzlich. 

Bau von Scheitel, Stirn und Deckfl. wie bei P. ornata Walk. 
Vorderschienen stark verbreitert, mit zusammengedrückten Außen- 
kanten, ihre Unterseiten etwas ausgehöhlt. 

Long. 10 mm. 

Hab. — Neuguinea: Huongolf, Sattelberg (Mus. Budapest: 
Biro ec, 3dg). 

Perinoia disjuncta Walk. 
Hab. — Neuguinea: Astrolabebai (Mus. Dresden und Budapest). 


Perinora permaculata n. sp. 


Von der Zeichnung der P. humboldtiana (Dist.), aber in Folgendem 
vrschieden: die Längsbirde viel breiter, Jochstücke und Seiten- 
ecken des Pron. gelb, Flecke der Deckfl. viel größer, rundlich, be- 
sonders der hintere des Olavus nicht schräg, sondern längs gestellt. 
Beire lederbraun, Klauenglieder schwarz. 

Scheitelfläche eingedrückt, Stirn anscheinend gewölbter als bei 
der genannten Art. 

Long. 9—9,5 mm. 

Hab. — Neuguinea: Bongu (Wahnes c., 2 38, 1 2). 


Perinoia phalerata Stäl 
Clovia phalerata St ä&l 1866. 


Perinoia segregata n. sp. 


Ockergelb, Deckfl. in der Außenhälfte der Coriums — hinter der 
Mitte des Clavus keilförmig auf diesen verbreitert —, schwarz; apikales 
Geäder und eine quer durchlaufende Binde vor der Mitte rötlichgelb. 
Unterseite schwarz, Brustmitte, Hinterränder der Abdominalsegmente 
und Beine scherbengelb, letztere an Schenkeln und Schienen mit 
schwarzen Längsstreifen. 

Kopf länger als das Pron., oben völlig eben; Stirn kaum gewölbt, 
samt dem Clipeus glatt und glänzend; Costalrand hinter der Mitte 
stark gebogen, Apex spitz, Geäder des Apikalteils ganz unregelmäßig 
und etwas erhaben. 

Long. 7—7,5 mm. 

Hab. — Key-Ins. (3 Ex.). 

Eine in mehrerer Hinsicht besondres zeigende Art. 


Perinora sparsuta n. sp. 


Oberseite scherbengrau bis -gelb mit dicht anliegendem Flaum 
überzogen; auf dem Scheitel drei braune Querbinden, in der Vorder- 
hälfte des Pron. eine helle von zwei dunklen eingefaßte Querbinde; 
die übrige Oberseite mit groben schwarzbraunen Punktflecken über- 
säet; vom Costalrande ragen drei schwarzbraune Querbinden, öfters 


De en 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae, 21 


außen zusammenfließend, in verschiedener Ausdehnung in das Corium 
hinein. Unterseite schwarz mit drei gelben Längsbinden, Stirnscheibe 
kastanienbraun, Brustmitte gelblich, Beine schwarz, Kniegegend 
öfters in Braun aufgehellt. 

Figur gedrungen, aber Scheitel kaum kürzer als das Pron. Außen- 
rand der Deckfl. gleichmäßig geschwungen, Apikalteil elliptisch zu- 
laufend. Stirn wenig gewölbt, fast glatt. Vorderschienen deutlich ver- 
breitert. 

Long. 6 mm. 

Hab. — Neuguinea: Astrolabebai (Mus. Budapest: Biro c., 28). 

In der Färbung zeigt diese Aıt einen Übergang zu dn folgenden, 
nient aber im Bau. 


Perinoia specialis n. sp. 

Oberseite scherbergelb nis grünlich mit zablreichen schwarzen 
Punkten, die auf den Deckfl. größer werden; Mitte des Coriums rötlich- 
gelb. Vor der Scheitelspitze ein Paar schwarzer Flecke. Auf den Deckfl. 
mehrere unr:gelmäßige schwarze Quer- und Längsbinden, auch die 
Apikaladern schwarz gesäumt. Fl. glashell. Unterseite und Beine 
scherbengelb, Stirnapex und Clipeus, sowie die Querfurchen schwarz, 
ebenso einige Flecke auf den Flanken, das letzte Schnabelglied, 
Längsstreifen der Vorder- und Mittelbeine und die Tarsen. 


Kopf etwas länger als das Pron., hinter der Stirnbasis ein wenig 
gewölbt, letztere wenig länger als breit. Stirn flach-gewölbt, im Mittel- 
felde und vor dem Clipeus in ihrer ganzen Breite glatt und glänzend, 
die Seiten mit groben Querfurchen; Clipeus mit stumpfem Längs- 
kiel. Pron. hinten rundlich gebuchtet. Deckfl. im hintern Teile des 
Coriums stark gewölbt, Apex rundlich-zugespitzt. Im Fl. gabelt sich 
die M. weit hinter der Anastomose mit dem R2. Vorderbeine wie bei 
Perinoia. 

Long. 7 mm. 

Hab. — Salomonen: Shortland Isld. (Ribbe ce.. 2 99). 


Perinoia geminata n». sp. 


Sehr ähnlich der vorigen Art; die schwarze Punktierung gröber, 
auf dem Scheitel zwei Paar schwarzer Flecke und dahinter noch eine 
Querreihe von vier. Ölipeus nur in der Vorderhälfte schwarz. 

Kopf merklich (etwa ®/,) länger als das Pron., hyperbolisch be- 
grenzt, Scheitel nach den Seiten stark abschüssig. Stirnbasis um die 
Hälfte länger als breit. Deckfl. abgerundet ohne Spitze. 

Long. 5,5 mm. 

Hab. — Salomonen: New Georgia (1 $). 

Die beiden letzten Arten haben einige Merkmale mit der Gattung 
Nesaphrestes Kirk. gemeinsam, entbehren aber anderer derselben. 
Von Perinoia unterscheidet sie ebenfalle manches, aber bei dem über- 
ainstimmenden Bau der Vorderbeine zählt man sie besser noch zu ihr. 


12. Heft 


232 A. Jacobi: 


Perinoia biroi .n.sp. 

Oben ganz wie die vorige Art gefärbt, die Deckfl. jedoch mit drei 
dunkelbraunen, hinten welligen Querbinden, von denen die letzte 
unterbrochen ist. Auf dem Pron. eine Andeutung der Queıbinde. 
Stirn und Brust schokoladenbraun, jene mit gelben Wülsten, diese 
mit gelben Skleriträndern. Vorder- und Mittelbeine gelb mit braunen 
Längsstreifen. 

Scheitel fast so lang wie das Pron., hyperbolisch umrandet. Stirn 
ziemlich gewölbt, in der Mitte glatt und feinpunktiert, die Seiten 
tief gefurcht. Deckfl. gestreckt und zungenförmig auslaufend in 
etwas schiefer Richtung, mit Andeutung einer Spitze. 

Long. 9 mm. 

Hab. — Neuguinea: Huongolf (Mus. Budapest, Biro c., 1 9). 


Iophos: .n. g. 

Die Furche, welche die Stirnbasis hinten begrenzt, quer über den 
Scheitel bis zu den Augen verlängert, sodaß die Jochstücke von jenem 
völlig abgeschnürt sind. Stirn halbkuglig aufgetrieben, Übergang 
zur Basis nicht kantig, sondern abgerundet. Deckfl. dicht und tief 
punktiert, das Geäder in der Apikalhälfte verwischt. Sonst wie Perinoia 
Walk. | 

Typus: Perinoia speiseri (Dist.) 


Iophosa speiseri (Dist.) 

14 in: Sarasin & Roux, Nova Caledonia, Zool., v. 1, p. 389, 
tab. 11, fig. 3. 

Das Exemplar der biesigen Sammlung, von Staudinger erhalten, 
ist mit „Nepal, India“ bezeichnet; es stimmt aber bis in Einzelheiten 
mit der Abbildung von H. Knight überein, die genauer iss als Distants 
Beschreibung. Die Gattungsmerkmale, insbesondere die Absonderung 
der Jochstücke, treten im Bilde scharf hervor. 


S. 46. Eicissus tennifasciatus n. sp. 


Hell lederbraun, etwas glänzend, Vorderteil des Scheit ls uad Pron. 
etwas heller; zwischen den Augen ist der Kopf in zinem schmalen Bande 
glänzendschwarz, dann der Unterteil des Gesichts und die Vorderbrust 
elfenbeinweiß, der Clipeus wieder schwarz. Vorder- und Mittelbeine 
schwärzlich überlaufen. Über die Deckfl. etwas vor ihrer Mitte, 
läuft eine gradlinige, schmale Leiste von elfenbeinweißer Farbe. 

Im ganzen wie E.decipiens Fowler nach dessen Abbildung 
gebaut, aber das Geäder wenig erhaben, die Fläche dazwischen eben. 
Deckfl. beim © nur wenig breiter. 


&: Der Pygophor bildet ein weites, nach hinten verengtes Rohr, 


das auf der Dorsalfläche tief bis an den Basalrand eingeschnitten ist, 
die Ränder des Einschnitts sind zu einer Rinne aufgebogen, deren 
zentral gerichtetes Ende umgeknickt ist: hinten zweigen vom Fygo- 
phor ein Paar oblonger T,appen ab, die ventral in zwei schief rach 


Kritische Bemerkungen über die Uercopidae, 23 


unten und hinten gerichtete, zugleich mit ihren Spitzen medial ge- 
krümmte Dornen auslaufen. Gonapophysen kurz zungenförmig, 
dorso-vertral gestellt. Penisapex mit drei Paar Dornen bewaffnet: 
das oberste kleinste und das mittlere Paar nach vorn, das unterste 
nach hinten gerichtet. 

Long. 6— 7 mm. 

Hab. - Brasilien: Frov. Rio de Janeiro (Ohaus c.: 3 38, 4 99). 


S.47. Orthorapha, nicht Orthoraphia hat Westwood di: 
Gattung genannt, und so muß ihr Name weiter lauter. 


Orthorapha cassidioides Westw. 
Orthoraphia polita Stäl 1858. 


Die Grundfärbung der Deckfl., die Größe und Verteilung der 
hellen Flecke zeigt bei Exemplaren von derselben Fundstelle alle 
Übergänge; beide Arten fallen deshalb zusammen. 


Orthorapha laeta n. sp. 


Glänzend schwarz; Stirnmitte und Tarsen kastanienbraun, Basis 
und Apex der Deckfl. orangegelb. 

Stirn viel kürzer und stumpfer als bei O. cassidiordes, Pron. kürzer, 
Deckflügelapex nicht kantig, sondern abgerundet. 

Long. 5,5 mm. 

Hab. — Obidos? (1 8). 


S. 48. Thoodzata comes n.sp. 


Kopf und Rumpf kastanienbraun; Stirnfläche, Vorderrand des 
Scheitels und Pa re Keen hellbraun; Schnabel und Beine scherben- 
gelb. Deckfl. blaß lohbraun, in der Apikalhälfte gelblich hyalin; von 
der Basis bis zur Coriummitte eine kräftige Längsbinde, dann eine 
gebogene schmale und eine breite schräge Querbinde dunkelbraun, 
letztere entsendet eine Fortsetzung in den Apikalteil, die hauptsächlich 
aus breiten Säumen der Apikalzellen besteht. 

Kopf viel kürzer als bei Th. princeps, um die Hälfte breiter als 
lang, Vorderrand gleichmäßig gerundet, ohne Einkerbungen; Stirn 
mit tiefer Mittelfurche. Deckfl. schmäler, nach hinten kaum ver- 
breitert, in der Mitte eine runde Auftreibung, Apikaladern erhaben. 

Long. 5 mm. 

Hab. — Sıkkim (1 9). 


S. 52. Lepyronia fasciata Dist. Jae. 


Hemiapterus fasciatus Dist. 08. 

Hinterfl. im Verhältnis eben so groß und ebenso geadert 
wie bei der typischen L. grossa. Die Deckfl. haben am Costalrand 
hinter der Mitte regelmäßig zwei schiefe grauweiße Fleckchen. Da 
Distant solche nicht erwähnt, wohl aber von Z. variegata Dist. Jac. 
angibt ‚‚some spots on apical area greyish white‘, und da seine übrige 


12. Heft 


24 A. Jacobi: 


Beschreibung kaum besondre Merkmale erkennen läßt, so halte ich 
diese zweite Art für ein Synonym. 

Hab. — N.-Kamerun: Johann Albrechtshöhe (Mus. Berlin: 
Conradt c., 6 Ex.). 


Lepyronia concinna Stäl 


Das hiesige Stück hat in der Vorderhälfte des Pron. eine schmale, 
in der Mitte unterbrochene, aus unregelmäßigen Fleckchen gebildete 
und weißliche Querbinde. 

Hab. — Brasilien: Espirito Santo (1 2). 


Lepyronia obliqua n.sp. 


Ölivengrün, auf der Scheibe des Pron. ins Braune übergehend; 
Schildchen auf der Basis mit zwei schwarzen Flecken; Deckfl. in der 
Basalhälfte mit einer schrägen, durchgehenden, proximad verbreiterten 
ockergelben Binde und zwei vor dem Apikalteil gelegenen gelben 
Flecken, außerdem drei außen mebr oder weniger verschmolzenen 
schwarzen Schrägbinden; Basis kastanienbraun. Stirn unterhalb 
des Gipfels glänzend schwarz; Beine bräunlich, Vorderschenkel in der 
Mitte schwarz. 

Körperbau ähnlich Z. fusconotata, Kopf verhältnismäßig kürzer, 
Stirn gewölbter, Pron. hinten mehr winklig eingekerbt, Obeıfläche 
glänzender, Deckfl. erheblich schmäler zulaufend. 

Long. 6 mm. 


Hab. — Brasilien: Rio Grande do Sul (1 2). 


Lepyronia geminata n. sp. 


Schokoladenbraun; weißgelb sind die Stirnfurchen beiderseits 
eines breiten glänzenden Mittelstreifens und zwei ovale Flecke in der 
Basalhälfte des Coriums: einer am Costalrande, der andre an der 
Clavusnaht. 

Statur ganz wie bei L. v-nigrum. 

Long. 6 mm. 

Hab. — „Brasil“ (Alte Slg., 1 9). 


Lepyronia subfasciata Am. & Nerv. 
L. glabrata St &l 1862. 
S. 55. Avernus Stäl 
Wenn Lallemand im Bestimmungsschlüssel S. 17 unter 7—27 
und 8.55 Kopf und Pron. als kieltragend angibt, so ist das ein Wider- 


spruch zu St äls Gattungsdiagnose, die unter 17 (16) zusammenfassend 
sagt: „‚Vertice thoraceque carina destitutis.“ 


S. 57. Peuceptyelus extensus n. sp. 


Graubraun, Hinterhälfte des Pron. mehr kastanienbraun, Joch- 
stücke scherbengelb, Stirnseiten fast schwarz. Deckfl. mit zerstreuten 
helleren Stellen, in der Apikalhälfte längs des Costalrandes und ein 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 25 


ovaler Fleck hinter der Clavusspitze weißlich-subhyalin. Beine scherben- 
gelb mit breiten braunen Ringeln an allen Abschnitten. 

Kopf und Vorderkörper wie bei P. coriaceus, Deckfl. dagegen 
lang und schmal, mit länglich-zungenförmigem Apikalteil. 

Long. 12 mm. 

Hab. — China, Prov. Kansu: Lan-tschöu (Mus. Berlin: Filchner 


ol 2). 
Peuceptyelus sigilliferus Walk. 


Aphrophora sigillifera Walk. 1851 List Homopt., v.3, p. 700; 
Distant 07 Fauna Brit. Ind. Rhynch., v. 4, p. 103, fig. 78. 

Aphrophora facialis Kirby 1891 in: J. Linn. Soc., Zool., v. 24, 

161: 
2 Aphrophora deserta Melichar 03 Hom. Fauna Ceylon p. 132. 

Aphrophora auropilosa Matsumura 07 in: Annot. zool. Japon., 
v.6, p.113; ?Aphrophora albopilosa (err.) Mats. bei Schumacher 
15 in: Mitt. Zool. Mus. Berlin, v. 8, p. 88. 

Die Abstufungen von Hell und Dunkel sind auf Stirn, Scheitel 
und Pron. recht wandelbar, worauf die Neubeschreibungen zurück- 
gehen. Eine in Ost- und Südasien weit verbreitete Art. 

Hab. — Sikkim; „China“; Tongking (Fruhstorfer c.); Annam: 
Phuc-Son; Formosa: Chipchip, Fuhosho (Sauter e.); Ostjava: Tengger- 
geb. (Fruhstorfer c.); Borneo: Kinabalu (Mus. Hamburg, Berlin, 
Dresden). 


Peuceptyelus nigrocuneatus n. Sp. 


Oberfläche graugelb; auf dem Scheitel eine breite Längsbinde, 
und die Mitte des Schildehens schwarzbraun. Deckfl. mit kleinen 
weißlichgelben Schwielen gesprenkelt, die Längsadern schwärzlich, 
durch jene Schwielen unterbrochen: dicht vor der Mitte zieht eine 
schmale, nicht immer deutliche, helle Binde vom Costalrand bis gegen 
den Clavuswinkel, die hinten dunkel gesäumt ist; der Raum zwischen 
Media und Cubitus vor ihren Gabelungen ist durch einen gestreckt- 
keilförmigen schwarzen Fleck ausgefüllt; durch sehr verfeinerte 
Punktierung ist diese Stzlle glatt und glänzend. Scheitel- und Stirn- 
rand gelb, Stirn gelb und dunkelbraun gesprenkelt. Zügel, Brustmitte 
und -seiten schwarz. Vorder- und Mittelbeine schwarz und gelb ge- 
ringelt, Hinterbeine rein ledergelb. Hinterleib peim $ schwarz mit 
gelben Segmenträndern, beim Q lederbraun. 

Scheitel gegen den Vorderrand querüber tief eingedrückt. Hinter- 
hälfte des Pron. beiderseits der Mittellinie stark gewölbt. Deckfl. 
mäßig breit, das Geäder kaum erhaben. Stirn mäßig gewölbt, Schn. 
bis zur Mitt= des 2. Hinterleibsegments verlängert. 

Long. 6,5—7 mm. 

Hab. — Mongolei: Kuku-norgebirge (Mus. Hamburg, 4%, 9). 

Jong. 12 mm. 


12. left 


26 A, Jacobi: 


Peuceptyelus semiflavus n. sp. 

Scheitel und vordere ?/, des Pron. h :]l ockergelb, das letzte Drittel 
kastanienbraun, welche Farbe wellenförmig begrenzt ist und bisweilen 
Ausläufer nach vorn entsendet. Schildchen und Deckfl. kastanien- 
braun, hier und da aufgehellt, im Apikalteil ein großer gelb-hyaliner 
Fleck am Üostalrande und ein sehr kleiner hinter der Clavusspitze. 
Stirn- und Scheitelrand ockergelb, die Unterseite pechschwarz, Beine 
braun und schwarz gebändert. Hinterleib pechbraunr bis schwärzlich, der 
Seitenrand rötlich. ! 

Scheitel um die Nebenaugen vertieft, Hinterrand schiefwinklig 
ausgeschnitten. Pron. meist mit scharfem, durchlaufendem Mittel- 
kiel, beid rseits in der Hinterhälfte eine Schwiele. Schaitelränder 
breitkantig, schräge, wie abgeschliffen. Stirn flach, grobpunktiert. 
Der Schnabel reicht bis zu den hintern Trochanteren. 

Long. 9,5—10,5 mm. 

Hab. — Tenasserim: Tandong, 4000 ‘, Mai (Fruhstorfer c., 
1 8, 2 SP). 

Der Aphrophora (?) burmanica Dist. in der Farbe ähnlich. Diese 
Art, sowie A. bisignata Dist. und vielleicht noch andere dürften zu 
Peuceptyelus Sbg. gehören, einer Gattung, die demnach weit ins 
tropische Geniet hinein verbreitet ist. Zur Unterscheidung von Aphro- 
phora Germ. kann die erweiterte Diagnose von Matsumuraf) 
empfohlen werden. 


Peuceptyelus bufonius n. sp. 


Grundfarbe hell ockergelb; ein scharf ausgeprägter gelber Mittel- 
kiel auf dem Scheitel urd Pron., arsterer mit Hellbraun, letzteres 
mit Schwarzbraun bespritzt und bewölkt; im Vorderteil des Pron. 
ein Paar länglicher schwarzer Flecke. Deckfl. wie das Pron.; an der 
Clavusbasis hintereinander zwei schwarze Flecke, ein größerer dahinter 
im Corium; in und hinter der Mitte zwei unterbrochene schwarzbraune 
Querbinden; am Costalrand hinter der Mitte zwei große gelbhyaline 
Flecke; auf dem Schildchen ein paar seitliche Fleckchen und die 
Spitze gelb. Mittelbrust schwarz; Beine gelb und schwarz geringelt; 
Hinterleib schmutzigrot. 

Statur wie P. semiflavus;, Scheitelränder noch breiter abgeschliffen 
zu einer trapezoidalen Fläche; Schn. über die Mitte des Hinterleibs 
reichend. 

Long. 10. mm. 

Hab. — Tenasserim: Tandong, 4000‘, Mai (Fruhstorfer c., 
2.38). 


Peuceptyelus opacus n.sp. 


Pechschwarz; Scheitel und oberer Stirnrand rötlichbraun ge- 
fleckt; über das Pron. eine unregelmäßige gelbe Querbinde. Deckfl. 
mit undeutlichen rotbraunen Fleckchen, die am Costal- und inneren 


1) 03 in: Journ. Sapporo Agrie. Coll. v.2, p. 44. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 27 


Apikalrande aufgereiht sind; im letzten Drittel des Clavus ein bell- 
gelber Querfleck, im Apikalteil ein großer gelbhyaliner Costalfleck. 
Beine mit schmalen gelben Ringen. 

Bau wie bsi P. semiflavus Jac., aber die Adern der Deckfl. etwas 
schärfer hervortretend. 

Long. 9 mm. 


Hab. — ‚China (1 $). 


Aphrophora jalapae n.sp. 

Oberseite grünlichgrau mit bräunlicher Beimischung; auf dem 
Scheitelrande im Bereiche der Stirnbasis und auf der Hinterfläche 
des Pron. bisweilen verdunkelt; Deckfl. vor und hinter der Mitte 
mit einem großen hyalinen Costalfleck, der vordere rechteckig, der 
hintere gestreckt dreieckig; Adern im Corium und Olavus strecken- 
weise schwarzbraun, ebenso die glänzende Leiste zwischen den Stämmen 
der Media und des Cubitus, eine breite Halbkreisbinde um den hintern 
Cossalfleck, die sich in der Mitte nach der Clavusspitze hin ausdehnt, 
und das apikale Geäder. Fl. rauchgrau. Gesicht und Brust schwarz- 
braun, hier und da graugrün gesprenkelt. Beine hellbraun und schwarz 
gebändert. Hinterleib braun. 

Schaitel und Pron. flach, fast in einer, wenig geneigten Ebene, 
mit: durchgehendem Kiel; Stirn wenig gewölbt mit Querreihen grober 
Punkteindrücke und fast verstrichenem Mittelkiel. Ganze Oberseite 
bis zu den Deckflügelspitzen tiefpunktiert, in der Vorderhälfte etwas 
gröber. Kopf etwas mehr als halb so lang wie das Pron., Vorderrand 
schwach keilförmig bis fast gerundet. Schildchen gleichseitig dreieckig. 
Deckfl. sehr breit, fast halb so breit wie lang; Costalrand fast gleich- 
mäßig gerundet, Innenrand fast bis zur Spitze grade. 

Long. 6—-7 mm. 

Hab. — Mexiko: Jalapa (2 4, 3 Q2). 

Gehört zur Gruppe A bei Ball), also zur Verwandtschaft von 
A. quadrinotata Say, aber sie ist gedrungener gebaut, namentlich 
der Scheitel kürzer und viel schärfer gezeichnet. Von A. grisea Fowl. 
unterscheidet sie sich in der letztern Hinsicht und durch den geraden 
Hinterrand der Deckflügel. 


Aphrophora rugosipennis n. Sp. 


Öberseits gelblichbraun, auf dem Scheitel und der Vorderhälfte 
des Pron. grünlich angeflogen. Am Scheitelrand neben den Augen, 
beiderseits des Mittelkiels und von den Ozellen bis zum Hinterrande 
schwarze Flecke. Hinterhälfte des Pron. mehr oder weniger schwarz- 
braun. Unterseite grünlich, die Flecken des Scheitelrandes auf die 
Schläfe verlängert; Stirnfurchen und Clipeusmitte schwärzlich. Beine 
blaßbraun geringelt. Grundfarbe der Deckfl. gelbbraun bis braun, 
Adernstämme gelbweiß und schwarz gescheckt, zwei hyaline Costal- 


') 1898 in: Rep. Jowa Acad. Sc. v.6, p. 210. 
12. Heft 


28 A. Jacobi: 


flecke wie in der Artengruppe; vor, zwischen und hinter diesen ein 
schwarzbrauner Fleck; Apikalzellen ebenso umsäumt. 

Kopflänge weniger als die Hälfte der Pronotumlänge, der Vorder- 
rand flachbogig gerundet, die Fläche namentlich gegen die Jochstücke 
hin tief ausgehöhlt; über Scheitel und Pronot. ein durchgehender 
sehr scharfer Kiel, letzteres in der Hinterhälfte etwas aufgewölbt; 
Schildehen gleichseitig dreieckig; Stirn wenig gewölbt, den Scheitel 
in spitzem Winkel berührend, ihre Seitenfurchen tief und grob. Deckfl. 
gestreckt, ihre größte Breite ?/, der Länge, Costalrand sanft und gleich- 
mäßig gerundet, Innenrand bis nahe zur Spitze grade, die Adern scharf 
hervortretend, im Clavus fast leistenförmig. Die ganze Oberfläche des 
Tiers dicht und grob punktiert, nur im Enddrittel der Deckfl. feiner. 

3: Seitenplatten lang und zipfelförmig ausgezogen, bis zum End- 
drittel divergent, dann als nadelfeine Spitzen nach innen und oben 
gebogen. 

Long. 9—10 mm. 

Hab. — Mexiko: Jalapa (1 3, 2 Q2). 

Aus derselben Gruppe wie die vorige Art. Die kräftige Zeichnung, 
das Relief des Vorderkörpers, Umriß der Deckfl. und das scharfe 
Geäder, endlich die Größe unterscheiden sie sowohl von 4-notata wie 
von gqrisea. 


S. 59. Aphrophora bicolor Matsum. 
Aphrophora bizonalis Matsum. 


Der Fundort neißt Ogasawarajima und deckt sich mit den Bonin- 
inseln, was in einer Monographie nicht verschwiegen werden darf. 


S. 60. Aphrophora grisea Fowl. Taf. 12, fig. 8. 
Aphrophora maritima Mats. 
Hab. — „China“ (1 8). 


Aphrophora mazima n.sp. 


Von graugelber Grundfarbe, die aber durch dichte schwarzbraune 
Punktierung fast verdeckt wird, so daß nur einige helle Flecke be- 
sonders am Hinterrande des Scheitels, in der Vorderhälfte des Pron. 
und hier und da auf den Längsadern der Deckfl. heraustreten. Die 
ganze Oberseite mit feinem gelbem Haarflaum. Der Scheitelrand, 
Seitenränder des Pron. und ein subquadratischer Costalfleck hinter 
der Mitte scherbengelb. Unterseite von Kopf und Bıust graugelb 
und schwarzbraun gefleckt; die Beine in diesen Farben geringslt, 
auf den Bauchstreifen die Mitte schwarz, die Seitenkanten des Ab- 
domens lackrot. 

Scheitel kurz, nur ?/, der Pronotumlänge, nach abwärts geneigt, 
eben, vorn sehr stumpf-keilförmig begrenzt, der Rand der Joch- 
stücke dick, abgeflacht, von einer flachen Rinne durch- 
zogen. Pron. im Basalteil gewölbt, im Vorderteil unbedeutende 
Vertiefungen, der an der Scheitelspitze beginnende Kiel in der Basal- 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 29 


hälfte undeutlich, Schildchen länger als breit, kaum vertieft. Deckfl. 
2?/, mal so lang wie breit, Costalrand in der Basalhälfte stärker gebogen 
als in der apikalen, der Clavusrand zur Spitze schärfer abgebogen 
als der Costalrand. Stirn mäßig gewölbt, fast ohne Mittelkiel. Schn. 
genau bis zum Ende der Hinterhüften. 

5: Das 1. (sichtbare) Bauchsternit an der Mitte des Hinterrandes 
mit einer Erhebung, die sich in einem distal gerichteten Dorn ver- 
längert. 

Long. $: 15,5 mm. 

Hab. — Formosa: Hoozan (Sauter c., 1). 

Es fragt sich, ob die Bildung des Scheitelrandes und des 1. Ab- 
dominalsternits nicht die Bildung einer besonderen Gattung verlangt. 


Aphrophora ovalis n.sp. 

Oberseite unrein strohgelb, auf dem Scheitel (besonders der Stirn- 
basıs) und der Hinterhälfte des Pron. stellenweise in Schwarzbraun 
verdunkelt. Auf den Adern der Deckfl. fünf schwarze Punkte in eine 
schiefe Reihe gestellt, der äußerste auf dem Cubitus, der innerste nahe 
der Schildehenspitze; diese Punkte verschwinden gelegentlich. Unter- 
seite und Beine dunkelbraun, auf der Stirn und dem Abd. hier und da 
gelblich. | 

Scheitel weniger als halb so lang wie das Pron., mit schwach 
ovalem Vorderrande und deutlichem Kiel, zwischen Augen, Neben- 
augen und Vorderrand wenig eingedrückt. Pron. hinten etwas auf- 
gewölbt. Der Kiel dort meistens verstrichen. Schildchen etwas länger 
als breit. Deckfl. breit ausladend und sehr zugespitzt, Costalrand in 
der Hinterhälfte stärker gebogen, Clavusrand fast bis zur Spitze 
gerade wie bei der Gattung Poophilus. Stirn wenig gewölbt, in der 
Mitte öfters ein Eindruck, Kiel nur distal deutlich. Schn. noch etwas 
die Hinterhüften überragend. 

Long. 8—9,5 mm. 

Hab. — „China“ (233, 3 22). 

Erinnert an A. stietica Matsum., ist aber viel kleiner, die Deckfl. 
sind spitzer und haben nur eine Fleckenreihe. 


‘ 


S. 62. Aphrophora salicina Goeze (,„salicis‘ 
Unter den Synonymen fehlt lacrymans Ev. 


auct.) 


S. 67. Mandesa banksi a.n. 

Mandesa vittifrons Banks 10 in: J. Sci. Philipp., v.5, No.1l, 
p- 49, Tab. 3, fig. 7 nee Stäl. 

Die echte Clowa vittifrons Stäl, die nur in Stäls var. a besteht 
(s. 0.) hat kein Merkmal von Mandesa, Banks hat eine neue Aphro- 
phorine irrtümlich für die Stälsche Art gehalten. 


S. 69. Capnodistes Bredd. 
Daha Distant. 


12. Heft 


30 A. Jacobi: 


BZ: - Philagra Stäl 

In der Gattungsdiagnose sagt Stäl ‚fronte laevi“, Distant 
1907 aber „face centrally longitudinally carinate“. Bei der ältesten 
beschriebenen Art Ph. parva Don. hat die eigentliche Stirnfläche 
keinen Kiel, wohl aber die Unterseite des Fortsatzes. Distant gibt 
von Ph. fusiformis an: „facs strongly centrally carinate‘“, woraus sich 
aber nicht mit Sicherheit schließen läßt, ob der Kiel durchläuft, was 
bei Ph.tongoides Mel. der Fall zu sein scheint. Alle anderen mir be- 
kannten Arten haben gar keinen Stirnkiel. 

Zum Typus hat Distant 1907 C'halepus hastatus Walk. erhoben, 
obwohl diese Art unter einen vorbenutzten Genusnamen gestellt, 
unkenntlich beschrieben und ohne Fundortsangabe war. Die ältere 
Art Ph. parva Don., hatte Stäl dagegen ausreichend neubeschrieben, 
sodaß jeder Entomologe sie wiedererkennen kann. 


Philagra insularis n. sp. 


Pechbraun bis pechschwarz, mit anliegender, gelblichgrauer 
Behaarung, an den Seiten des Kopffortsatzes ein rotbrauner Streifen. 
Die Kiele vor und hinter den Augen und die Spitze des Schildchens 
scherbengelb» Auf den Deckfl. zahlreiche graugelbe Flecken und 
Spritzer, die zu mehreren undeutlichen Quer- und Schrägbinden 
zusammentreten. Fl. dunkel graubraun. Hinterbrust, Seiten- und 
Hinterränder der Abdominalsegmente gelegentlich scherbengelb. 


Kopffortsatz reichlich doppelt so lang wie das Pron. und bogig 
nach aufwärts gekrümmt wie bei P. parva, das Ende abgestumpft; 
Seitenkiele des eigentlichen Fortsatzes sehr klein, das obere Paar 
kaum angedeutet; Mittelkiele fehlen oben und unten. Stirn gewölbt 
und glatt, kaum noch quergerieft. Schn. kaum länger als die Mittel- 
hüften. Costalrand sehr gebogen, Apikalteil der Deckfl. hinter der 
Clavusspitze gleichmäßig keilförmig verschmälert mit abgestumpfter 
Spitze. 

f Long. 18—19 mm. 

Hab. — Formosa: Fuhosho, Koshun (Sauter c., 2 dd). 


Philagra subrecta n. sp. 


Lederbraun mit hellerer Marmorierung und denselben Abzeichen 
wie bei der vorigen Art. 

Kopf mit Fortsatz 11/, mal so lang wie das Pron., schwach auf- 
wärts gerichtet, aber kaum gebogen, abgestumpft, Ober- und Unter- 
seite des Fortsatzes gewölbt und oben fein quergerieft; die oberen 
Seitenkiele kaum noch angedeutet, die seitlichen des eigentlichen Fort- 
satzes (d. h. vor den scharfen Rändern der Jochstücke) ebenfalls 
schwach. Stirn ungekielt. Schn. kaum länger als die Mittelhüften. 
Deckfl. wie bei Ph. insularis geformt. 

Long. 11—12 mm. 

Hab. —- Formosa, von verschiedenen Orten (Sauter c., 4 99). 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 31 


Schumacher (15 in: Mt. Mus. Berlin, vol. 8, p. 89) nennt Ph. fusi- 
formis Walk. von Formosa, z. T. von demselben Fundorte wie die 
vorstehende Art. Ich versuchte letztere mit Distants Beschreibung 
(07 Fauna Br. Inst. Rhynch., v. 4, p. 108) und Abbildung in Ein- 
klang zu bringen, aber sie weichen ın der Ausstattung des Kopfes 
mit Kieler, in der Kürze des Schnabels und im Flügelgeäder so sehr 
ab, daß ich sie nicht für /usiformis halten kann. Letztere Art hat mir 
noch nicht aus Formosa vorgelegen. 


Philagra recta n. sp. 


Kastanienbraun bis pechbraun mit anliegender gelber Behaarung. 
Deckfl. scherbengelb mit. verstreuter schwarzer Marmorierung, die 
sich hinter der Mitte zu einer Schrägbinde und zwei anderen von 
entgegengesetzter Richtung ordnet. Seitenränder des Kopfes und 
Pror. scherbengelb. 

Kopffortsatz wenig länger als das Pron., abgestumpft, breit und 
oberseits wenig gewölbt; Kiele kaum angedeutet, auf der Stirnfläche 
ganz ausgefallen. Deckfl. wie bei insularis beschrieben. 

I.ong. 12 mm. 

Hab. — China: Kiautschou (1 2). 


S.73. Nr.6. Der Name heißt hyalinipennis, Nr.9 sorureula, 
Nr. 8 muß reticulata laut n. - 


3. Subfam. Tomaspidinae 


S. 74. In6sind die Gegensätze nicht prägnant, da z. B. Tomaspis 
s. str. weder unter den einsn noch unter den anderen Satz paßt. Unter 
8 sind die L.itsätze Stäls!) wörtlich benutzt, aber durcheinander- 
gebracht worden, indem der erste Satz die Gattung Loeris umfaßt, 
auf die sich aber gerade der zweite bezieht. ‚Bord posterieur du Pro- 
notum droit‘ trifft bei Zocris durchaus richt immer zu, z. B. areata. 
Die Hintertibien haben bei Tomaspis öfters zwei Dornen. 

In 12 hat der Verfasser wieder vollkommene Verwirrung gebracht; 
nicht einmal seine eigene Diagnose schreibt er richtig ab, denn es muß 
nach S. 102 unter Tropidorhinella gerade heißen ‚‚front renfl& faisant 
une saillie ... .“ 


8.75, Satz 22 möchte ersetzt werden durch 
22., Antennen mit doppelter Borste 25. Genus Pogonorhinella 


E. Schmidt 
—- Antennen mit einfacher Borste 27. Genus Rhinaulax 


Am.&Sarv. 


S. 76, Satz 27 „ecusson non creuse en une fossette“‘, Breddin 
sagt gerade das Gegenteil: „Scheibe eiıgedrückt‘““. 

Satz 33: „A pen pres...?“ Inden zweiten Satz läßt sich Ziterna 
kaum einfügen; sagt doch Stäl „basi subtruncatus‘“. 


!) 1866 Hem. Afr. v.4, p. 55—56, 8—9. 


12. Heft 


32 A. Jacobi: 


S. 77, Satz 40. „reduades“ für r&duviides und 41. statt 40. Genus 
sind Beispiele für die leichtfertige Drucküberwachung. Für Notoscarta 
Bredd. muß Aufidus Stäl stehen; dementsprechend fällt unter 41 
der zweite Satz fort. 

Satz 43. Lallemand hat Distants!) im wirklichen Sinne 
verkehrte Angaben abgeschrieben, der Länge und Breite vertauscht hat. 

Satz 44. Bei Surascarta, Megastethodon und Simeliria sind die 
Adern aber nur am Grunde getrennt, dann eine Strecke verschmolzen 
und wieder frei. 

Von Satz 45 an und ebenso hinten in den Gattungsbeschreibungen 
sagt der Verf. fortwährend „Bord anterieur‘“ statt posterieur, was den 
Tatsachen und den deutlichen Angaben Schmidts widerspricht 
und in 47 heißt es einmal ‚‚mesothorax‘‘, dann wieder ‚‚mesosternum‘‘. 

47: Hier beginnt die Verstümmelung von @ynopygoplax in Gyno- 
pygolax, die L. bezeichnenderweise durch das ganze Buch hindurch 
beibehält. 

S.78, 3.2. v.o. 47 statt 49!! 

Satz 52: eine ganz irreführende Angabe über das Geäder, statt 
deren es heißen muß ‚‚media et cubitus‘ — um so befremdlicher, als 
S. 144 und 145 die betreffenden Angaben Schmidts richtig wieder- 
gegeben werden. 

S.55. Einen Rand, der als Linie gedacht wird, sollte man nicht 
als konkav oder konvex bezeichnen. 

Satz 56. Die Flüchtigkeit, die den Verfasser einer Monographie 
zu solch einer Entstellung der Verhältnisse verführt — es muß heißen 
„bord posterieur du m&sosternum‘ —, ist schwer begreiflich, zumal er 
S. 147 und 149 wieder vorn und hinten vertauscht. 


8.29. Callitettix Stäl 
Das Schildchen hat eine tiefe, rautenförmige Grube. 


S. 80. Callitettix braconoides Walk. 

Hab. — China (Mus. Berlin). 

Callitettix fusca Mel. kann nicht in diese Gattung gehören, weil 
die Stirn gefurcht sein soll, sie ist ebenso wie ('. seminigra unter Eoscarta 
zu stellen. 


Abidama Dist. 
Das Schildchen ist erhaben-gewölbt, ohne Grube. 


Abidama producta Walk. 
Hab. — Annam: Phuc-Son. 
Tanuphis n.g. 
Scheitel mit scharf erhabenem durchgehenden Mittel- 


kiel, von dem die Fläche beiderseits dachförmig abfällt. Ozellen 
dicht neben dem Mittelkiel, also von den Augen möglichst weit ent- 


1) 07 Fauna Br. Ind. Rhynch. v.7, p. 110. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 33 


fernt. Stirn blasig aufgetrieben wie bei Tomaspis s. str., Glipeus 
ebenfalls gewölbt, Schn. gerade bis zu den Hinterhüften. Pron. mit 
scharfen Seitenwinkeln, vordere Seitenränder gerade, hintere etwas 
geschwungen, Hinterrand sehr sanft gebuchtet. Schildeben gleich- 
seitig dreieckig, die Scheibe eingedrückt. Vorder- und Mittelschenkel 
gleichlang, Hinterschienen mit zwei sehr kräftigen Dornen. 
Mesosternum flach. Deckfl. wie bei Caloscenta und verwandten 
Gattungen geformt, aber der Apikalteil nicht netzadrig, sondern 
mit 3—4 rechteckigen Zellen. Flügelgeäder typisch, nur die Quer- 
ader zwischen Subc. und R I sehr weit vorn, etwa bei /, 
der Länge,’ und sehr schief. 

Typus: 

Tanuphis rufifrons n. sp. 

Schwarz; Stirn und Clipeus, 1. Schnabelglied, Basalhälfte der 
Vorder- und Mittelschenkel, Metasternum und Hinterhüften, Hinter- 
ränder der Bauchsegmente und Basis der Deckfl. rot. Fl. grau- 
braun mit dunkleren Adern. 

Pron. vorn fast glatt, ohne Gruben, sonst fein querrunzlig mit 
eingestochenen Pünktchen zwischen den Runzeln. Deckfl. über und 
über punktiert. 

d: Gonapophysen kuız, etwas aufwärts gerichtet, rechteckig, 
hinten etwas auseinanderweichend. 

Long. 6—7 mm. 

Hab. — Assam: Nagaberge; China: Kiautschou (2 3, 2 29). 

Ob der zweiten Fundortangabe zu trauen, wage ich nicht zu 
behaupten. 


S. 82. Colsa Walk. 
Die Beschreibung der Stirn ist unzureichend. 


Trimerophrys n. g. 


Stirn in drei Fassetten geteilt (wie bei Colsa), die vordere 
nach der Stirnbasis zu ein wenig vertieft, die sie begrenzenden Seiten- 
kanten dort mehr flach und wulstig, nach dem Clipeus hin dagegen 
scharf; die Seitenfassetten mit tiefen Querfurchen. Scheitelteil 
gewölbt, nach hinten rundlich verschmälert, durch tiefe Furchen 
ringsherum vom Scheitel abgesetzt. Scheitel hinter der Stirn- 
basis ebenfalls erhaben und dachförmig, seitlich durch tiefe Furchen 
begrenzt; Ozellen unmittelbar neben einander. Schn. bis zu den 
Hintertrochanteren reichend. Pron. sechseckig, hinten gebuchtet, 
vordere Seitenränder gebogen, hinter den Augen zwei breite nieren- 
förmige Gruben, die namentlich vorn durch tiefe Furchen be- 
grenzt sind.t) Schildchen gleichseitig dreieckig, die Scheibe an- 
‚scheinend vertieft. Deckfl. sehr breit, besonders im Basaldrittel 


') Das Pron. des einzigen Exemplars der typischen Art ist etwas gedrückt, 

sodaß die weitere Oberflächenbildung nicht sicher zu schildern geht. 
Archir für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 3.18. Heft 


24 A. Jacobi: 


infolge des ausgedehnten Costalfelds, im ersten Drittel des Coriums 
ein Buckel, die übrige Fläche bis zur Spitze völlig eben, 
Adern nicht erhaben. Cubitus stark gebogen, Apikalteil weitmaschig 
genetzt, viel weniger als bei Cosmoscarta s.]., aber der Raum zwischen 
Costa und RI ın den apikalen °/, mit unregelmäßigen Queradern 
ausgefüllt. Geäder der Fl. normal, aber die Querader zwischen R1 
und R 2 unmittelbar an die Gabelungsstelle von R2 gerückt. Hinter- 
schienen mit einem Dorn. 

Typus: 

Trimerophrys binotata n.sp. (Fig. 5, 5a). 

Schokoladenbraun, Hinterleb mit etwas Metallglanz; Pron. 
elfenbeinfarben, hinten mehr rötlich, die vorderen Gruben schwarz. 
Deckfl. im Apikalteil mit einigen aufgehellten Flecken; Fl. grau- 
braun. — Kopf und Pron. mit sehr langer Behaarung von brauner 
Farbe. 


Fig. 5. Fig. 5a. 


d: Gonapophysen platt, hinter der Basis etwas eingedrückt, 
dann dornartig verschmälert, nach oben gebogen und die Enden 
gekreuzt. 

Long. 14 mm. 

Hab. — Neuguinea: Huongolf, Simbang Er, Budapest, Birö c. 
1899, 1 8). 


S. 82. Considia Stäl 

Die aus Schmidt übernommenen Angaben über Form und 
Aderung der Fl. sind nicht riebtig: sie sind verhältnismäßig viel 
schmäler als bei Phymatostetha, und R 2 ist erst in der Höhe der 1. Quer- 
ader oder hinter ihr gegabelt. 


8.83. Considia luteicollis Bredd. : 

Die Herren Schmidt und Lallemand hätten nicht unterdrücken 
dürfen, daß Breddin nur eine CO. pulverosula var. luteicollis benannt 
hatte. Da Iuteicollis außer der abweichenden Färbung noch ein be- 
deutend breiteres Pronotum besitzt — worauf Breddin und Schmidt 
nicht hingewiesen haben —, so scheint die artliche Abtrennung an 
sich berechtigt, aber es verdient wohl der Umstand eine Nachprüfung 
an weiterem Material, daß meine zwei pulverosula Männchen, meine 
zwei luteicollis Weibchen sind, alle aber Cotypen Breddins. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 35 


Considia unimaculata E. Schmidt 


Einem 9 von Sumatra feblt der Fleck an der Clavusspitze. 
Hab. — Borneo: Kinabalu, 1500 m (Waterstradt c., 1 9). 


Leptynis n.g. 

Form ı. A. wie Considia, Scheitel ı. V. zur Länge wesentlich breiter, 
unebener, i. b. vom Hinterrande gegen die Stirnbasıs konkav abschüssig, 
letztere mit einem winkelförmigen Eindruck. Ozellen einander näher 
als den Augen. Stirn wenig gewölbt, ganz glatt, obne Mittel- und Seiten- 
kiele. Clipeus stark gewölbt. 1. und 2. Fühlerglied zusammen dıeimal 
so lang wie bei Considia; der Schn. reicht vollständig bis zu den Mittel- 
hüften. Pron. mit scharfem Kiel und einer vorderen Querreihe tiefer 
Gruben, hinten flacher als bei jener Gattung, Hinterrand nur flach 
eingebuchtet. Schildchen etwas länger als breit, mit seichter Grube. 
Adern der Deckfl. scharf heraustretend, nur eine Reihe von Apikal- 
zellen. Im Fl. der R2 ein wesentliches Stück vor der 1. Querader 
gegabelt. Hinterschienen zweidornig. Die Bildung des Scheitels 
und der Stirn, Schnabellänge, Hinterrand des Pron. und des Geäders 
sind die wichtigsten Merkmale. 

Typus: 

Leptynis monticola n. sp. 

Dunkel kastanienbraun, auf Schaitel, Stirn und Pron. aufgehallt, 
ebenso Mittel- und Hinterschienen in der Mitte, Deckfl. mit drei großen 
elfenbeinweißen Costalflecken (der mittlere am größten) und einer 
wechselnden Anzahl bald größerer bald kleinerer von rötlichweißer 
Farbe im Corium und Clavus. Fl. grau, apikal bräunlich. 

Deckfl. sehr zart behaart, mit ziemlich starkem Glanze. 

Long. 12—13 mm. 


Hab. — Deutsch Neuguinea: Torteeliscbirge (Dr. Schlag- 
inhaufen c.. zahlreiche Stücke). 
S. 84 f. Locris Stäl 


Zur Subdivision II gehören: L.cardinalis Gerst.. L. similis 
Schout., Z. hieroglyphica Leth., L. ochroptera Jac.. L. undata Lall. 


Nr. 22a. Locris rubens Er. 
Locris amauroptera Jac. 


Mit der Zeit habe ich Material bekommen, namentlich aus der 
terra typica Senegambien, das mich von der Einheit beider Arten 
überzeugt hat, ebenso wie von der Selbständigkeit von ZL. rubens 
gegenüber L.rubra. Allerdings waren die Originale der ersteren aus 
dem Berliner Museum, die mir s. Z. vorlagen, ungewöhnlich hell und 
mit verloschener Zeichnung, aber unter einer Reihe von Stücken aus 
Nigeria sind einige von ebenso heller Grundfarbe aber scharfer 
Zeichnung; vielleicht bald nach dem Ausschlüpfen gefangen. Anderer- 
seits sind welche aus derselben Gegend und aus Senegambien (Mus, 
Dresd.) nicht von meinen abessyrischen amauroptera zu unterscheiden. 


3*+ 12. Ileft 


36 iq A. Jacobi: 


Auch ein altes Stück-aus dem Sudan, also der Mitte des Verbreitungs- 
gebiets, stimmt mit den letzteren überein. Die Art scheint also das 
ganze nördliche Zentralafrika zu bewohnen. 

Hab. — Abessynien; Bahr el ghasal: Seriba Djur Gattas 
(Schweinfurt c.); Kamerun: Garua (Mus. Berlin); Nord- und 
Südnigeria (Entom. Research Committee: T. T. Simpson c.); Sene- 
gambien, 

Locris hamulata n.n. 

Locris areata St&l 1866, p. 59 nec Walker. 

Locris areata Walk. var. Distant 08 in: Ann. Nat. Hist. (8), 
v.2, p. 319. 

De areata Walk. var. Distanti Lallemand 12 Gen. Ins., v. 143 
Homopt. p. 85, tab. 3, fig. 6, 6a. 

Die von Stäl zuerst beschriebene, mit L. areata Walk. vermengte 
Art ist in ihrer scharfen und beständigen Zeichnung. der Deckfl. sicher 
von der letzteren verschieden, bei der das Zimtrot (nicht Ockergelb) 
des Clavus in die anstoßende Fläche des im übrigen rosenroten Coriums 
verschwimmt. Auch scheinen beide Arten sich geographisch zu ver- 
treten: ich kenne L. hamulata nur aus Ostafrika von Mombas, Tanga, 
Usaramo (Mus. Berlin), Zanzibar, Quilimane, Tanganyika, se areata 
nur aus dem Nyassaland (Entom. Res. Comm.:‘Neave c.), Delagoa- 
bay und „Südafrika“. Die Angabe „Kamerun“ bei einer hamulata, 
die durch den Handel bezogen war, muß angezweifelt werden. 


Locris jugalis n. sp. 


Zimtrot mit feiner gelber Flaumbehaarung. Der Scheitel he 
den Augen und mehr od:r weniger die Stirnbasis, Schildchen, Meta- 
notum und Brust schwarz; beim Q auch die Stirnseiten größtenteils 
schwarz. Auf dem Pron. zwei große, etwas schräge Längsbinden, 
die den .Vorderrand nicht erreichen und dort jochförmig verbunden 
sind. Deckfl. im Apikalteil rosenrot. Vorder- und Mittelschenkel 
oben schwarz, unten rot, Hinterschenkel, Tibien .(Spitzen rot) und 
Tarsen schwarz. Hinterleib oben mit einer, unten mit zwei seitlichen 
Reihen großer schwarzer Flecke. Fl. wie gewöhnlich gefärbt. 

Stirn kurz, halbkuglig gewölbt, Kiel nur bis zur Mitte ausgedehnt. 

Long. 12—13,5, Ex. 25—28 mm. 

Hab. — Deutsch Ostafrika: Lindi; Bez. Langenburg: Manow 
(Mus, Dresden), Nyasaland: Blantyre (Ent. Res. Comm.: Neave c.). 


Nr. 14. Eoecris johannae Lallem. ! 


Locris unicolor Jacobi. 

Wie ich =. Z. ausgesprochen habe, erlaubte die unzulängliche 
Beschreibung Lallemands kein Wiedererkennen dieser Art. Erst 
durch die Untersuchung von Belegstücken kornte ich feststellen, 
daß meine etwas später veröffentlichte L. unzcolor synonym damit ist. 
Meine Beschreibung gibt die nötige Ergänzung. 


am 
’. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 87 


Nr. 16. Locris livida Jac. 
fig. B, pl. 1, fig. 33, 33a. 
S. 86 Locris rubens Erichs. 


Erichson 1859 in: Ent. Zeit. Stettin u. s. w. 


Nr. 23. Loeris severini Lall.=L. schmidti Jac. 
Locris ornatissima n. Sp. 

Schwarz; Jochstücke, Basis und Mittelfeld der Stirn, vordere 
Seitenränder des Pron. in Verbindung mit einer ungleich breiten mittleren 
Querbinde, Spitzen der Schenkel und Schienen und die Segmentränder 
des Hinterleibs blaß ziegelrot. Apikalteil der Deckfl. in braun auf- 
gehellt, der Costalrand bis dorthin, wo er sich verbreitert und eine 
gewundene Schrägbinde vor der Mitte, die den Costalsaum erreicht, 
weißlichgelb. ' 

Körperbau, insbes. Stirn und Pron. wie rubra F. 

Long. 12 mm. 

Hab. — Kamerun: Barombistation (Mus. Berlin: Zeuner c., 1 9). 


S.87. Nr.3. Locris apicalis Schout. (nec Hagl.) 

Die Unterseite der Stirn und der Clipeus sind wagerecht abge- 
flacht, eine bei Zoeris nicht vorkommende Bildung, die zu generischer 
Abtrennung auffordern könnte. 

d: Seitenplatten Iyraförmig gekrümmt. 

Hab. — Süd-Kamerun: Lolodorf (Mus. Berlin: L. Conradt c., 
1 8). 

Nr. 6. Locris n.n.? 

Locris distanti Lallem. nee Schout. 01. F 

Loeris apicalis Dist. 08 nee Schout. 10 =incarnata Walk.? 

Die von Distant benamnte Art unterscheidet sich in nichts von 
incarnata, als durch das Fehlen des schwarzen Basalflecks der Deckfl. 
Ob Distant eins oder mehrere Tiere als Unterlage hatte, verschweigt 


‚er wie gewöhnlich; wenn sich jenes Merkmal nicht als beständig er- 


weist, bleibt nur eine Aberration von incarnata übrig, im andern Falle 
ist ein neuer Name nötig. | 


Nr. 10. Locris junoti.trotz des -— übrigens an verkehrter Stelle 
stehenden —- Zitats zu schreiben, in dem der falsch geschriebene 
Eigenname ausdrücklich verbessert wurde, durfte in einer Monographie 
nicht vorkommen, ebensowenig wie 


Nr. 13 Locris „Neavi‘“‘ statt neavei Dist. 


Nr. 16. Locris rhodesiana Dist. 
ist in der Färbung der Deckfl. ziemlich veränderlich. Meine zwei Stücke 
aus Deutsch Ostafrika zeigen das rote Basaldrittel hinten durch eine 
schwarze, schräge Binde begrenzt. Die schwarzen Flecke im Apikal- 
drittel wechseln sehr an Zahl bis zum Verschwinden. L. hindei Dist. 


12. Heft 


38 A. Jacobi: 


scheint mir deshaln ein Synonym zu sein. — Hab.: Angola: Huilla- 
Humpata (Mus. Berlin: Nonfried, 1 8). 


Nr. 19. Locris schmidti Jaec. 
Locris severini Lallem. 


Nr. 22. Locris venosa Schout. 
Statt 1866 (!) muß 1901 stehen. 


Locris biformis n. sp. 


3: Körper rötlich ockergzlb bis schmutzigrot; 3. Schnabelglied 
Mesosternum, Tarsenspitzen und die Eirdrücke des Pron. schwärzlich. 
Bei den dunkleren Tieren werden auch zwei Grübchen am Hinterrande 
des Scheitels neben den Augen und die ganzen Tarsen schwarz. Deckfl. 
ockergelb, am Costalrande und im Apikalteile mehr oder weniger 
tief rosenrot überlaufen, bei den deunklen ein schwarzer Apikalsaum. 
Fl. von der gewöhnlichen Färbung. Ganze Oberseite mit ab- 
stehendem gelbem Flaum. 

©: Körper schwarz; Kopf, Pron. und Schildchen mit zottigem 
Haarflaum; Ränder der Jochstücke, Hüfter und Hinterrand des 
Metanotums trübrot; Hinterschienen ebenso überlaufen; Abdominal- 
sternite mit feinen roten Säumen. Deckfl. entweder scherhengelb 
mit schwarzem Apikalsaum und rötlichen Apikaladern oder lackrot 
mit schwarzem Saum, jedesmal mit aufliegenden gelben Härchen. 

Stirn beim 3 kurz, im Profil gerundet, mit scharfem Kiel, beim 9 
mittellang mit undeutlichem Kiel. Deckfl. des $ in der Mitte am 
breitesten, beim $ bis zum Apikalteile gleichbreit. 

Long. 9,5—11 mm. 

Hab. — Togo: Bismarekburg, IX—X (Mus. Berlin: Büttner 
u. Conradt coll., in beiden Geschlechtern zahlreich. 

Trotz der großen Verschiedenheit im Bau und in der Färbung, 
wie sie bei Zocris noch nicht bekannt, müssen die beiden Phasen den 
(Geschlechtern entsprechen, da sie zwischen $ und Q streng verteilt 
sind, alle Tiere aus einer Gegend und aus dem selben Monat stammen. 


Locris subvinacea n. sp. 


Körper schwarz; ein Fleck auf der Basis der Vorderhüften, die 
Coxo-Trochantergelenke und feine Säume der Hinterleibssegmente 
— oben und unten — karminrot. Deckfl. dunkel weinrot, mit feinem 
gelbem Flaumhaar in Braun übergehend, namentlich am Costalrand 
und im Apikalteile. Fl. rauchgrau mit dem gewöhnlichen dunklen 
Basalfleck und gegen den Apex hin allmählich braun. 

Stirn beträchtlich vorgewölbt und die Seiten neben der Mitte 
aufgetrieben, der Kiel wenig vortretend. Deckfl. langgestreckt, fast 
in der ganzen Länge gleichbreit. 

Long. 11, Exp. 20 mm. 

Hab. — Kamerun: Jaundestation, 800 m (Mus. Berlin: Zenker, 
v. Carnap c., 3, 9). 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 39 


Pisianazxn.g. 

Scheitel sehr uneben: die Seitenflächen zunächst den Augen 
ziemlich glatt, nach der Mitte hin in Wölbungen schroff abfallend 
und beiderseits in einer tiefen, scharfen Furche endigend, die beide 
ein wulstiges Mittelfeld begrenzer; dieses fällt steil gegen die Stirn- 
basis ab und trägt die Nebenaugen, deren Abstand von den Augen 
viermal so groß ist wie der eigene; Jochstücke in der Mitte über den 
Fühlergruben stark aufgebogen; Stirnbasis hinten durch eine tiefe 
Furche abgegrenzt, in der Mitte ein Längseindruck. Stirn steil nach 
unten gerichtet, im Profil spitzwinklig, von oben her nach dem Scheitel 
des Winkels stark verschmälert, jener quergestutzt und etwas ein- 
geschnitten; Oberfläche der Stirn oben glatt und glänzend. 2. Fühler- 
glied verlängert, größer als der Ozellenabstand (Borstenglieder fehlen). 
Vom Pron. die Seitenecken scharf, die Hinterecken und der Hinterrand 
sanft abgerundet; vordere Seitenkanten laistenartig aufgebogen, 
innen von einer tiefen Furche begleitet; nahe dem Vorderrande zwei 
sehr tiefe, schräge Findrücke; Scheibe stark gewölbt und spiegelglatt. 
Schildchea gleichseitig dreieckig, in der Mitte eine Grube. Deckfl. 
wie bei Pogonorhinell«a E. Schmidt. Hinterschienen eindornig. 

Von Pisidice Jac. durch den noch unebeneren Scheitel, Mangel 
der Ozellensockel, glatten Übergang der Stirnbasis in die Stirn und 
die große Länge der letztern, sowie durch die übrigen Merkmale ver- 
schieden, von Pogonorhinella durch die Kopfbildung. 


Typus: 
Pisianaz aenescens n.sp. (Fig. 6, 6a) 


Glänzend stahlblau, auf den Deckfl. mehr violett. 
Long. 11 mm. 
Hab. — Kamerun: Jaunde-Station (Mus. Berlin: Zenker c., 


800m, 19). 


Fig. 6. Fig. 6a. 


S. 88. Ischnorhina Stä! 

In seiner, geringe Vertrauthsit mit dem Gegenstande der Mono- 
graphie dartuenden Flüchtigkeit übergeht Lallf. die. wichtigste und 
gerade sehr merkwürdige Auszeichnung des Genus vollständig, ob- 
wohl Stäl sie deutlich hervorgekehi c hat. Statt dessen bringt L. 
eine wortreiche Aufzählung von Nebensachen. Infolgedessen ist auch 
die Gegenüberstellung 8.75, 14—15 weıtlos. 

12. left 


40 A. Jacobi: 


8.89.  Ischnorhina binotata Lall. = Tomaspis nox Bredd. 

Die Art hat nichts bei /schnorhina zu suchen, was d-m Beschr :iber 
bei seiner Ahnungslosigkeit über das Merkmal dieser Gattung aller- 
dings begegnen konnte. Außerdem ist sowohl die Beschreibung wie 
die Abbildung seiner vermeintlich neuen Art fehlerhaft. Die Flecken 
auf dem Pronotum sind nicht ‚‚blanchätres“, sondern stets ockergelb, 
was sogar seine Figur beweist; in dieser wieder ist der Umriß der 
Deckfl. nicht richtig getroffen, die Grurdfarbe ist pechschwarz, nicht 
fahlbraun und die weißen Flecken müssen schon am Costalrand oe- 
ginnen; an meinen vier Stücken gehen sie übrigens bis zum Sutural- 
rande durch. 

Ischnorhina [esta Germ. 

Cercopis fest« Ferm. 


Ischnorhina partita n. sp. 

Kopf, Rumpf, Ventralseite des Abdomens, Basaldrittel der Deckfl., 
Flügelbasis und Hinterschenkel ziegelrot; Scha. und distale ?/, der 
Deckfl. scharf gegen das Rot abgesetzt, Beine und Dorsalseite des 
Abdomens schwarz. Fl. dunkel rauchbraun. 

Im Bau, namentlich im Umriß der Deckfl., ganz wie I. grandis 
Dist. 

Long. 22—26 mm. 

Hab. - Ecuador: Pastazza; Llanos. 


S.90 T.andigena Jac. vgl. unter Nr. 52. 


S.93, Nr.52 Tomaspis erigenea Bredd. {nicht „erigenda‘!) = T. me- 
lanoptera Germ. 

T. andigena Jac. hat nicht das geringste mit dieser Art zu tun. 

Nr. 54. Tomaspis festa Germ. zu Ischnorhina Stäl. 

Nr. 61. Tomaspis fullia statt tullia an dieser alphabetischen Stelle 
ist eine unerfreuliche Flüchtigkeit. 


S. 94, Nr. 90. Tomaspis limbata Stäl 1864 (nicht 1884!). 


Monecphora limbata Fallou 189% in: Rev. Ent. franc., p. 351. 
Ein merkwürdiges Zusammenfallen von Synonym und Homonym. 


8.95, No. 97. Tomaspis melanoptera Germ. 
T. ereginea Breddin. 


S. 107, Nr. 2. Hyboscarta rubrica Jac. 


„Hyboscarta rubicunda Jac.“ Schmidt 09; 18, v. 79, p. 204. 
Nr. 110. Tomaspis nox Bredd. 
Ischnorhina binotata Lall. 


S. 97, Nr. 144. Tomaspis rhodopepla Bredd. (nicht ‚‚rodo- 
pepla“!) 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 41 


Tomaspis rubripennis Blanch. 

Cercopis rubripennis E. Blanchard 1735 (?) in: d’Orbigny Voy. 
Amer. merid., Insectes, p. 221. — Bolivia: Prov. Santa Cruz. 

Die Diagnose in dem schwer zugänglichen Werke lautet: ‚„Ruber; 
capite postice nigromaculato; elytris rubris, linea nigra; abdomine 
rubro, nigrofasciato, pedibus nigris. — Long. 18 mm, Exp. 42 mm.“ 

Der Größe und Zeichnung nach. vielleicht eine Sphenorhina. 


Tomaspis ruficollis Fallou 
Monecphora ruficollis Fallou, l.c., p. 351. — Ecuador. 


S. 98. Tomaspis tuberculicollis Blanch. 


Cercopis tuberculicollis E. Blanchard, ].c., p. 122. 

„Fuscus obscurus; prothorace tuberculo medio latissimo instructo; 
elytris fusco-lividis, bası flavis, apice nigro-maculatis. — Long. 18 mm, 
Exp. 38 mm.“ 

S. 98. Triecphora Am. Serv. 


Haematoloma Haupt 19 in: Kranchers Entom. Jahrb., v. 28, 
p- 158. 

Trispilaema Amyot (non bin.). Der ungültige, weil mononyme 
Name taucht noch hier und da auf, z. B. bei Melichar, Cie. Mitteleur., 


p-115 und Haupt, l.c., p 158, fig. 6. 


Eine deutlich zusammenhängende Formenkette wie T. dorsata 
— sanguinolenta in zwei Gattungen zu zeıtrennen, wie es Haupt 
tut, scheint mir in seinen möglichen Folgen bedenklich. 


S. 99. Meine briefliche, nicht für die Veröffentlichung geschriebene 
Äußerung an Lallemand ist hier im Druck grotesk entstellt worden. 

Nr. 1. Waterhouse,. Aid Ident. Ins., v.2, tab. 148, fig. 1, 
(1882 —90). 

Nr. 11. Die zweimalige Aufzählung von T. invenusta, hier an 
verkehrter Stelle, ist eine der Proben von ]..’s Verfahren. 

Nr. 15. Tomaspis karschi Dist. 

Distant bemängelt Karschs Angabe, daß die Stirn „robustly 


and convexly tumid‘“ sei. Erstens hat aber Karsch nur gesagt: ‚‚frons 


convexa“, wie sie denn nur mäßig gewölbt ist, zweitens ersetzt Distant 
diese Kennzeichnung nicht mit Recht durch „‚compressed“, denn 
der Typus und fünf andere, ihm ganz gleiche Stücke von Kamerun 
und Togo haben die Stirn gewölbt und keineswegs zusammengedrückt. 


Tomaspis clarissa n. sp. 


Stirn, Pron. und Schildchen ockergelb; Clipeus, Scheitel Ein- 
fassung der letzteren und eine Mittellinie des Pron., vorn verbreitert, 


 braunschwarz.. Brust und Genitalsegment blaßgelb; Hinterleib 


rot; Beine bräunlich, Apikalhälfte der Vorder- und die Hinterschenkel 
gelblich. Deckfl. schmutzig elfenbeinweiß, ein feiner Randsaum 
und das Geäder schwarzbraun. Fl. fast hyalin, Adern leicht gebräunt. 


12 Heft 


42 A. Jacobi: 


Kopf bedeutend breiter als lang; Ozellen mehr als doppelt so weit 
von den Augen als von einander; Stirn halbkugelig aufgetrieben, 
in der Mitte ein seichter Längseindiuck, die Seiten stark gerunzelt. 
Pron. wenig gewölbt, Hinterrand deutlich gebuchtet. Schildchen fast 
so breit wie Jang. Deckfl. fast gleichbreit, 21/, mal so lang wie breit; 
Radius und Costa von ?/;, der Länge an durch weitgestellte Queradern 
verbunden, die so gebildeten Zell.n gehen in die sparsamen großen 
Apikalzellen über. Fl. bedeutend breiter als die Deckfl., von normalem 
Geäder. Hinterschienen mit zwei kräftigen Dornen. 

d: Gonapophysen sehr groß, löffelförmig, distad etwas ver- 
schmälert, mit zwei tiefen Längseindrücken. 

Long. 10—11 mm. 

Hab. — Mexico: Jalapa (4 JG). 


Nr. 17. Waterhouse, Aid Ident. Ins., v.2, tab. 148, fig. 3 
(1882 — 90). 


Nr.18. Tomaspis monteironis Dist. 
Waterhouse, Aid Ident. Ins., v. 2, tab. 148, fig. 4 (1882—90). 


Tomaspis conspicua Dist. 
Waterhouse, ib., fig. 2. 
Distant 08 Ins. Transv., p. 226, tab. 21, fig. 3. 
T. subsanguinea Melichar, 05 in: Ent. Zeit.Wien, v. 24, p. 2%. 
Hab. — Deutsch Ostafrika. 


Tomaspis nigrofasciata Mel. 
Melichar, 08 in: Acta Soc. entom. Bohem., v.5, p. 70, fig. 5. 
Hab. — Usambaia. 


Nr. 24. Tomaspis vulnerata Germ. 

T. sanguinea Geoffr. (non bin.). 

Die von Royer (Lallemand macht p. 101, Z.12 v.o. daraus 
„Rey“) 06 gelieferte Synonymik ist durchaus anzunehmen, nur ist 
meinem Empfinden nach die Behauptung nicht haltbaı, daß Linn& 
1766 unter Cicada sanguinolenta die drei verbreitetsten Arten Europas 
zusammengeworfen hätte. Vielmehr führt L. das Zitat Scopoli 
richtig an und beschreibt die Zeichnung von deren var. mactatı Germ. 
Also ist Linnes Name sanguinolenta nur ein übernommenes Zitat 
oder, wenn man alle im ‚„Systema naturae‘‘ stehenden Artnamen 
ihm selber zuschreiben will, ein Synonym und Homonym zugleich 
von Scopolis Art. Es brauchte also keine T. sangwinolenta Linnaeus 
in Büchern aufgeführt zu werden wie dies Haupt !)tat und Royers 
.partim-Zitate von (ic. sanguinolenta L. sind entbehrlieh. 


Nr. 25. Tomaspis sanguinolenta Scop. 
Im Zitat muß es statt ‚„‚fig.‘“ sp. heißen! 


!) 1919 in: Entom. Jahrb. Krancher p. 16. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 43 


S. 102. Tropidorhinella inflata Jac. 

Da ich mehrere Färbungspbasen beschrieben hatte und den Hinter- 
leib den Geschlechtern nach ebenfalls verschieden gefärbt angab, 
glaubt E. Schmidt !) daß ich ‚‚mindestens vier Arten‘ vermengt 
hätte. Damals stand mir ein großes Material von Peru bis Bolivien 
herrührend zur Verfügung, jetzt nur noch 5 Sg und 3 99 dorther. 
Bei den Männchen sind trotz sehr verschiedener Färbung des Pron. 
und z. T. des Hinterleibs (bei einem ist er fast schwarz) die Geschlechts- 
anhänge von dem gleichen eigentümlichen Bau, sodaß ich mich von 
artlicher Verschiedenheit nicht überzeugen kann. Bei den Weibchen 
ist dieselbe Wandelbarkeit. Allenfalls könnten die Tiere von orarge- 
gelber Grundfarbe mit halb schwarzem, halb gelbem Pron. (15 19) 
etwas besonderes sein, aber die Genitalien sind nicht abweichend. 
Schmidts Anregung gern Folge leistend, will ich wenigstens die 
typische Färbung von inflata dahin festlegen, d.ß die Grundfarbe 
rot, das Pron. schwarz mit breiten roten Seitenstreifen, der Hinter- 
leib beim £ ı0t, beim Q schwarz sei. 


Ferner liegen mir aus Columbia, Öst-Kordillere 4 $$ und 2 29 
mit der Färbung von Schmidts T. montana vor. Diese Art unter- 
scheidet sich von inflata in der letzterwähnten Begrenzung nur durch 
den stets schwarzen Hinterleib der Männchen, während die Genitalien 
nichts abweichendes bieten. Danach muß ich anregen, in eine künftige 
Erörterung über die Veränderlichkeit von T. inflata auch montana 
Schmidt einzubeziehen. 


S. 104, Nr. 1. Makonaima lucifer Jac. 


Makonaima rivularıs Dist. 

Von zwei Stücken aus Ecuador (Maccas, Llanos), also der Terra 
typica vonDistants Art, entspricht das eine ganz dessen Beschreibung, 
bei dem anderen fließen die Flecken der Deckfl. schon zu der herum- 
laufenden Linie von lueifer zusammen. 


Telogmometopius n. g. 


Scheitel fast doppelt so breit wie lang, ziemlich eben, zwischen den 
Ozellen gekielt, diese unmittelbar bei einander, Stirnbasis kaum über 
den Scheitelrand vortretend; Stirn mäßig erhaben, keilförmig zusammen- 
gedrückt, mit scharfem Kiel, der sich unten, ein Stückchen vor dem 
Clipeus zu einer kurzen und schmalen Furche erweitert, dann wieder 
einheitl'ch wird, die Stirnseiten grob gefurcht. Pron. und Sceut. wie bei 
Bandusia, jedoch ersteres ohne Kiel. Schn. bis zu den mittleren 
Trochanteren. Hinterschienen eindornig. Deckfl. im Umriß wie dort, 
nur schmäler, alle Adern durch zahlreiche netzartige Querwülste 
verbnnden, Apikaladern undeutlich. Die zusammengedrückte, fast 
schneidend scharfe Stirn unterscheidet die Gattung außer anderem 
wesentlich von Bandusia. 


1) 1918 in: Ent. Zeitg. Stettin. v. 79, p. 204. 
12. Heft 


41 A. Jacobi: 


Telogmometopius obsoletus n. sp. 

Typus: 

Erdbraun, hier und da ins Schwärzliche verdunkelt, besonders 
in den Gruben des Pror., am oberen Gesichtsrande und auf den Deckfl.; 
auch die Apices und Tarsen der beiden ersten Beinpaare sind schwarz. 

Long. 6 mm. 

2: Äußere Genitalien senkrecht nach oben gestellt. 

Hab. — China: Prov. Kiangsi (3 92). 


Ss. 111. Bandusia(?) apicalis Hagl. 
Die Einreihung unter Bandusia durch Distant läßt sich nach 
der sehr abweichenden Stirnbildung kaum rechtfertigen. 


3: 112: Rhinaulax A. & S. 


Rh. assimilis Uhl. und zonalis Mats. gehören zu Eoscarta, Rh. br- 
maculatus Mats. zu Stenaulophrys Jac. 


Rh. sericans Stäl 
d: Gonapophysen verhältnismäßig kürzer und breiter als bei 
analis, erst das Enddrittel ist stärker verschmälert und zugespitzt 
(nach dem Typus). 


8. 113. Literna intermedia Hagl. 

Tab.6 (nicht 5), fig.3, 3a. Die apikalen schwarzen Flecken 
finden sich bei keinem der vielen Stücke des Berliner Museums, auch 
Haglund erwähnt sie nicht. Der Autor hat unter diesem Namen 
zwei sehr verschiedene Arten zusammengefaßt, von denen die zuerst 
genannte, für ‚‚individua juniora“ gehaltene, ihn weiter tragen möge.) 

d: Gonapophysen apikal abgestutzt, mit zwei seitlichen Zähnen: 
der äußere kurz, der äußere fast doppelt so lang und etwas schräg 
nach vorn gerichtet. 

Long. 7—8, Exp. 9—17 mm. 

Hab. -- Kamerun: Lolodorf, Barombistation; Togo: Bismarck- 
burg; Sierra Leone, Johann Albrechtshöhe, Bipindi, II—IV (Mus. 
Berlin: Zeuner, Conradt c., zahlreich). 


Literna maura Thbg. 
Literna nigra Degeer (non bin.). 


Literna unifasciata n. sp. 

Dunkel honiggelo, nach dem Außenrande der Deckfl. hin ins 
Rötliche übergehend, Klauen schwarz. Deckfl. mit abstehender gelber 
Behaarurg, außerdem in ?/, der Länge und gerade vor dem Buckel 
eine breite Querbinde aus silbergrauen Börstch:n, die besonders gut 
sichtbar ist, wenn das Licht von oben oder von vorn auffällt. 

Stirnrinne nur unterhalb der Mitte ausgebildet, glatt ohne eigene 
Querfurchen. In den Fl. die erste Querader stets vorhanden (gegen 
L. subfasciata Hagl., bei deren Typus sie beiderseits fehlt). 


1) Vgl. dazu Schmidt 19 in: Arch. Naturg. v. 85, Abt. A, Heft 7, $. 107. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 45 


Long. 8 mm. 

Hab. — Togo: Bismackburg, VI—IX (Mus. Berlin: Büttner, 
Conradt e., 11 Stücke). 

Die Merkmale sind völlig beständig und unterscheiden die Art 
scharf von der erwähnten aus Kamerun. 


S.115. Eocarta assimilis Uhl. 
Rhinaulax assimilis Uhl. 
Eoscarta bicolora(!) Schmidt. 

11 in: Ent. Zeit. Stettin v. 72, ,p. 2885. 

Eoscarta borealis Dist. 
Hab. — Philippinen. 
Die Männchen scheinen nicht häufig zu sein, da ich unter elf 

Tieren von drei verschiedenen Fundorten keins fand. 


Eoscarta eos Bredd. 


E. borealis Dist. part. 08 ın: Rec. Ind. Mus. v. 2, p. 132. 

Hab. — Perak. 

Von E. borealis unterschieden durch schmälern (‚auch an der 
Basis dachförmigen“, Breddin) Basalteil der Stirn, vie] stärker ge- 
bogenen Costalrand der Deckfl. und gelbe Tibien. Die Verschiedenheit 
beider Arten hat schon Schmidt (10 in: Ent. Zeit. Stettin, v. 71, 
p- 328) vermutet und dies 1918 (ib. v. 79, p. 203) wiederholt. 


Eoscarta [usca Mel. 
Cercopis (Callitettix) fusca Mel. 
Eoscarta seminigra Mel. 
Cercopis (Callitettix) seminiger (!) Mel. 


Eoscarta subdolens Walk. 


Die erste Beschreibung ist schlecht, die des Synonyms sub- 
pustulata Walk. gut. 


Eoscarta zonalis Matsum. 
Rhinaulax zonalis Matsum. 

Kopf, Brust, Hinterleib unten dunkelv:aun; Scheitelränder, 
Stirnfurchen, Schn., Hinterbrust, Hinterbeine und Abdominaltergite 
aufgehellt; Vorder- und Mittelbeine schwarz, Knie gelb. Pron., 
Schildehen und Deckfl. lederbraun: ein queres Vorderband des Pron. 
kastanienbraun, Apikalhälfte der Deckfl. trübe blutrot. Bei frisenen 
Stücken sind Pronotum und Vorderdrittel der Deckfl. dicht mit weißen 
Börstchen besetzt, sodaß diese Aisehen silbergrau erscheinen. Fl. 
grauhyalin. 

Gestalt schlank, etwa wie Break; Scheitel mit einem Mittelkiel, 
Entfernung der Ozellen von den Augen dreimal so weit als von ein- 
ander. Stirn niedrig, ihre Längsfurche sehr lang und schmal, mit 
' scharfen Rändern. Pron. punktisrt bis fein querrunzlig. Deckfl. 
mit 4 langen Apikalzellen, mehreren äußeren Maschengellan und stark 
verästelten Apikaladern. 


12, Heft 


46 A. Jacobi: 


&: Subgenitalplatte hinten gleichmäßig abgerundet; Gonopophysen 
mit ihrer Breite senkrecht gestellt und nach oben gerichtet, dann 
in zwei nadelfeine gekrümmte Zipfel verschmälert, die nach unten 
und vorn umgebogen sind und sich kreuzen. 

Long. 7—10 mm. 

Hab. — Formosa, an verschiedenen Orten (Sauter c., zahl- 
reiche Stücke). 


Eoscarta roseotinct@ n. sp. 


Blaß ockergelb; ein breiter Costalsaum, der Apikalteil der Deckfl. 
und ein schmaler Innensaum des Clavus blutrot, auch die Längsadern 
gelegentlich fein rot angedeutet. Fl. gelbgrau. Hintere Schienen- 
dornen und Klauenglieder schwarz. 


Stirn breit, nirgends dachförmig zusammengedrückt, mit zwei 
Gruben; die eine unterm Scheitelteil und von ihm durch eine Leiste 
getrennt ist kurz und breit, quer parallelogrammatisch, die andre 
nach unten gekehrte länglich wie bei Eoscarta überhaupt. ‘Deckfl. 
mehr a!s doppelt so lang wie breit, Apikalzellen nur 1?/, mal so lang 
wie breit. 

5: Subgenitalplatte nach hinten zungenförmig verschmälert; 
Gonapophysen zunächst nach außen gekehrt und verschmälert, dann 
in zwei dünne, nach innen gekrümmte und sich kreuzende Fäden 
verlängert. 

Long. 5,5—7 mm. 

Hab. — Deutsch Neuguinea: Huongolf (Mus. Budapest: Birö c. 
4 Ex., Typen dort u. Mus, Dresden). 


Eoscarta breviuscula n. sp. 


Scheitel schwarz, Jochstücke und zwei Fleckchen am Hinter- 
rande neben den Augen ockergelb. Stirn hell kastanienbraun, apikal 
rötlich gelb. Clavus, Schnabel, Mittel- und Hinterbrust, Beine scherben- 
gelb; Vorderbrust, Klauen und Spitzen der Schienendornen schwarz. 
Bauch braun; Pron., Schildehen und Deckfl. kastanienbraun; äußere 
Hälfte des Apikalrandes und Aderenden in diesem Bereiche gelb. 
Fl. braungrau. 

Form sehr breit, gedrungen. Stirn wie bei Z. roseotincta. Pron. 
fast doppelt so breit wie lang, vorn beiderseits mit drei schief 
gestellten Grübchen, die Fläche ziemlich grob querrunzlig und ebenso 
wie Schildcehen und Deckfl. mit abstehenden gelben Härchen besetzt. 
Schildchen fein querrissig. Deckfl. mehr als halb so breit wie lang; 
Costalrand stark und gleichmäßig gebogen; Apikalzellen kaum doppelt 
so lang wie breit. | 


5: Gonapophysen schwach gebogen, allmählich in zwei lange, 
vor ihren Spitzen sich kreuzende Dorne ausgezogen. 

Long. 5 mm. 

Hab. — Deutsch Neuguin>a: Astrolabebai, Erima (Mus. Buda- 
pest: Birö c., 1$., Typus) 


Kritische Bemerkungen iiber die Cercopidae. 47 


Stenaulophrys n.g. 

Stirn mäßig gewölbt, glatt, nur in der Hinterhälfte eine ganz 
seichte Furche ohne vortretende Ränder; Scheitelteil sehr kurz, 
höchstens von Y, der Scheitellänge dahinter, die Nähte wenig vertieft. 
Scheitel etwas breiter als lang, im hintern Teile ziemlich abschüssig, 
mit durchgehendem Mittelkiel, Ozellen dicht beieinander. Deckfl. 
wie bei Eoscarta, jedoch Media und Cubitus grade und die Apikal- 
zellen einfach: Fl.geäder normal. Mesosternum schwach gewölbt. 
Hinterschienen eindornig. — Durch Stirnbildung und Geäder von 
Eoscarta verschieden. Typus: Rhinaulax bimacnlatus Mats. 


Stenaulophrys bimaculata (Mats.). 
Rhinaulex bimaculatus Mats. 07 in: Annot. Zool. Japan. v. 6, 
. 106. 
R Außer den von Matsumura erwähnten Flecken auf den Deckfl. 
sind bisweilen noch solche in den Apikalzellen und auf der Olavus- 
spitze vorhanden. 
Euryaulax Kirk. 

Euryaulaxe Kirkaldy, 06 in: Bull. Rep. Hawaiian Ass., Div. 
Ent., v. Il, p. 380; 09 in: Ann. Soc. ent. Belgique v. 53, p. 183. 

Eoscarta Distant 08 in: Ann. Soc. ent. Belgique v. 52, p. 97 
nec Breddin. 

Cercopis E. Schmidt 10 in: Arch. Naturg. v. 76, Bd. I, p. 103; 
18 in: Ent. Zeit. Stettin v. 79, p. 203, nsc Fabricius. 

Kirkaldy hat 19004) darauf hingewiesen, daß Stäls?) Be- 
hauptung, Cercopis carnifex F. sei der Typus von Cercopis F., unhaltbar 
ist. Ebensowenig kann man Stäl das Recht zu dieser Typuswahl 
zuerkennen, denn er ist nicht der ‚‚erste revidierende Autor‘ von 
Cercopis (vgl. ober S.17). Schmidt ist 1910 Stäls Synonymik 
gefolgt und versprach 1918 die Begründung dafür. 


Euryaulax carnifex F. 


Bsi Lallemand tab. 6, fig. 4 ist die Art als ‚inconstans Walk.“ 
bezeichnet! 


S. 118. Trichoscarta Bredd. 
2.5 v.u. „ponctu&“ entstellt Breddins Angabe ‚eingedrückt“. 


Trichoscarta marmorata n.Sp. 


Pechschwarz, Beine schokoladenbraun; hell scherbengelb sind: 
Einfassung der Paratergite (etwas auf die Dorsalssite hinaufreichend) 
und Hinterränder der abdominalen Sternite; eine Mittelbinde der 
Stirn, die auf dem Scheitel des Winkels anfängt und sich unter Ver- 
breiterung bis an den Hinterrand des Kopfscheitels erstreckt; Joch- 


!) in: Entomologist p. 263 Anm. 9. 
®) 1869 in: Svenska Akad. Handl. v. 8, No.1, p. 11. 


12. Heft 


48 A. Jacobi: 


stücke, Pron. und ein rauienförmiges Mittelfeld des Schildchens; 
auf dem Pron. sind zwei große quadratische Flecke am Vorderrande 
und eine Marmorierung aus unregelmäßigen Flecken schwarz. Deckfl. 
dunkel weinrot, von ?/, der Länge an ein Costalsaum und ein schmaler 
Apikalsaum scherbengelb; dieser Saum und die ganze übrige Fläche 
der Deckfl. mit großen, rundlichen, schwarzen Flecken besäet, die oft 
zusammenfließen; Fl. graubraun. 

Beide Höcker am Stirnwinkel fast verschmolzen, sodaß die Furche 
zwischen ihnen ausgefüllt ist; von der Seite gesehen springt der Winkel 
zahnartig vor. Mitte des Scheitels in der Breite der Stirnbasis dach- 
föormig aufgewulstet, beiderseits durch eine tiefe Längsfurche von 
der übrigen Scheitelfläche getrennt, apikal rechtwinklig in die Stirn- 
basis einspringend. Pron. fast um die Hälfte breiter als lang, grob- 
runzlig, Ränder nirgends wulstig; Brusthöcker hoch und spitz, schief 
nach außen gerichtet. Schn. die Hinterhüften nicht immer erreichend. 
Deckfl. schmal, etwas zungenförmig auslaufend; das schuppenartige 
Haarkleid kaum angedeutet. 

Long. 22—23 mm. 

Hab. — Britisch Neuguinea: Aroafluß (Weiske c., 3, 9). 


Trichoscarta apicalis n. sp. 


Von T. marmorata in folgendem verschieden: Scheitel schwarz 
bis auf den Mittelstreifen, als Verlängerung der elfenbeinfarbenen 
Stirnbinde. Die Fleckung des Pron. läßt einen von Auge zu Auge 
herumlaufenden Saum frei. Schildchen ganz schwarz. Deckfl. er- 
heblich breiter, Apikalrand mehr gerundet. 

Long. 25 mm. 

Hab. — Britisch Neuguinea: Mailu (1 3, von Rosenberg er- 
halten). 

Diese beiden Arten weichen im Bau nicht unwesentlich von der 
Gattungsdiagnose ab, auch sind echte Trichoscart ı bisher nicht östlich 
von Celebes gefunden worden. Vielleicht wird man für die erstern 


und ihner gleichende weitere Arten eine neue Gattung zu gründen 
haben. 


S. 120, letzte Z. Hier gibt Lallemand coneinna Jac. richtig 
als Synonym von cavata Walk., auf der nächsten Seite aber von 
krügeri Schmidt! 


S. 121. Aufidus Stäl 
Notoscarta Breddin 02 in: Soc. ent., v. 17, p. 59. 


Stäl hat leider die bezeıchnende Schienengrube übersehen, 
die auch der Gattungstypus A. trifasciatus besitzt, während Breddin, 
dessen scharfem Auge sie nicht entging, wieder keinen Aufidus kennte. 


Distant, dem alles Material zur Verfügung stand, hätte scnon bei’ 
seiner Aufzählung 1910 die Gleichheit beider Gattungen finden müssen. 


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a A > 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 49 


Aufidus bicolor Fallou 
Sphenorhina bicolor Fallou 1890 in: Rev. ent. frarc., p. 35. 
Aufidus hyperion Kirk. 


Aufidus meunieri Lallem. 


Aufidus edmundin.n. 
Notoscarta trifasciata Schmidt nec Anfidus trifasciatus Stäl. 


Aufidus erebus Dist. 


Hab. — Astrolabebai; Friedr. Wilhelmshafen (Mus. Budapest: 
Birö c.). 

Aufidus furcatus n. sp. 

Blaßgelb, Hinterhälfte des Pron. und Deckfl.-Apices bernstein- 
gelb. Außenseite der Vordertibien bräunlich., Schwarz sind Fühler 
und Klauenglieder; eine breite Querbinde zwischen den Augen und 
eine schmälere mitten über das Pron.; Seitenränder des Schildchens; 
eine Fleckenreihe längs der Bauchseiten und folgende Zeichnung der 
Deckfl.: der innere Clavusrand und zwar nach der Basis verbreitert, 
M. und Cub. von ihrer gemeinsamen Wurzel an; eine Schrägbinde 
von dieser zum Üostalrande, eine breite subapikale Querbinde und 
ein schmaler, abgekürzter Apikalsaum. Fl. hyalin mit schwarzen 
Adern und graubrauner Spitze. 

Stirn sanft gewölbt, mit schwachem Eindruck, etwa wie bei 
A.trifasciatus Stäl; Deckfl. dreimal so lang wie breit, Costalrand 
mäßig gebogen; Cu, M und R stark gekrümmt, letzterer erst vor dem 
Enddrittel der Dfl. gegabelt, sodaß die so gebildete Zelle ebenso wie 
die Apikalzellen kurz sind; höchstens drei äußere Apikalzellen. Die 
Tibialfurche beginnt auf halber Länge und endigt deutlich subapikal. 

Long. 7,5—9 mm. 

Hab. — Deutsch Neuguinea: Astrolabebai; Huongolf: ‚Auf 
Bananenenblättern“ (Mus. Budapest: Birö c., 3 29, Typen). 


Aufidus hilarıs Walk. 


Notoscarta croceonigra Bredd. 

Notoscarta severini Schmidt. 

Schmidts Art ist nur eine wenig abweichende Spielart, bei der 
die hintere Gegend von Corium und Clavus etwas aufgehellt ist. 
Ein Stück von der Etnabai (Mus. Amsterdam) hält in dieser Hinsicht 
gerade die Mitte zwischen hilaris und severini. 


Hab. — Finschhafen (Mus. Budapest). 


Aufidus hyalinipennis Schmidt 


A. hyalipennis (!) bei Lallemand. 
Die von Schmidt bei dieser und anderen Arten ohne Vaterlands- 
bezeichnung gelieferten Ortsangaben ‚‚Fiume“ ‚t) „‚Purari‘ und ‚‚Pusari“ 


1) Lallemand macht noch ‚‚Fienne‘‘ daraus. 


Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 4 12. Heft 


50 A. Tacobi: 


dürfen nicht etwa auf dia vielgenannte dalmatinische Stadt und ihre 
Nachbarschaft bezogen w erden. sondern „‚fiume‘“ heißt im Italienischen 
Fluß und Purari It ein solcher im sclichen Neu Guinea. 


Aufidus kirkaldyin.n. 
Aufidus ptyeloides Kirk. (Aufiterna) 1906 nec Breddin 1902 
(Notoscarta). 
Aufidus kolleri Lallem. 
Hab. — Finschküste: Berlinhafen; Astrolabebai, Friedr. Wilhelms- 
hafen (Mus. Budapest (Bir6 c.). 


Aufidus papuanus Dist. 
Hab. — Huongolf (Mus. Budapest: Bir6 c.). 


8. 123. Haematoscarta Bredd. (Fig. 7). 


Ebenso wie S. 75, Satz 24 behauptet :L. 
„La surface du front... presentant un leger 
sillon median.““ Davon sagt Breddin kein 
Wort, wie denn auch die abgeplattete Stirn- 
scheibe keinerlei Furchen zeigt, sondern sie 
ist nur „in der Mitte leicht vertieft“. Dem- 
nach übertreibt L. die Tatsachen. 

d: Gonapophysen (von H. jacobii) so 
lang wie der Hinterleib, ganz schmal und 
zangenförmig gekrümmt, nadelfein auslaufend. 


8.125. Phymatostheta circumducta Walk. 

Ph. borneensis But]. 

Butlers Merkmal ist eine zufällige Ausartung, die auch auf 
Malakka (Stäl), Perak (Mus. Dresden) und Sumatra (Mus. Berlin) 
gefunden wird. | 


Phymatostetha melliflua Bredd. | 
Bei Lall. S. 134, Nr. 44 noch unter Cosmoscarta mit fehler- 
und lückenhaftem Zitat. 


Phymatostetha subliterata n. sp. 


Kopf, Pron. und oberer Rand des Prostethiums trübrot; das Pron. 
und der Scheitel zwischen den Augen dunkler, Gruben ‘des Pron. 
und Schn. schwärzlich. Brust und Beine bronzebraun mit dichtem 
goldgelbem Flaum. Hinterleib schwarz, oben stahlblau glänzend. 
Deckfl. olivengrün mit schwachem grünem Metallglanz und dicht 
anliegender gelber Behaarung, die den Grundton fast verdeckt; der 
Costalrand, eine undeutliche Zickzackbinde hinterm Basaldrittel, ein 
Costalfleck und ein Fleck im Corium vor dem Enddrittel, letzterer 
zwischen R und M, schmutzig blutrot, Apikalsaum braungelb. 
Fl. graubraun. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 51 


Der Schn. reicht fast bis ans Ende der Mittelhüften; Brustzapfen 
etwas zusammengedrückt und nach hinten, geneigt. Deckfl. schmal, 
mit geringer Krümmung des Costalrands, etwa wie bei semele geformt. 

3: Letztes Sternit hinten seicht ausgebuchtet; Gonapophysen 
senkrecht nach oben gerichtet, abgeplattet, dorsal etwas aufgeblasen 
und rückwärts gebogen, die Enden scharf abgeschrägt, so daß sie 
zusammen eine Spitze bilden. 

Long. 19 mm. 

Hab. — West Sumatra: Padong Pandjang (1 {). 


S. 126. Phymatostetha Iydia Stäl zu Leptataspis Schmidt 


S. 127, Nr. 36. Aus Burma macht L. ‚Sumba‘ und unter 
Nr. 42 im Zitat aus 165 ,„95*!! 


S.128 fehlt @ynopygoplax circe Stäl 
Die Bemerkungen Schmidts hierzu (11 in: Ent. Zeit. Stettin, 
v.72, p.277) hat L. übergangen. 


Gynopygoplax submaculata Walk. 


Die beide Äußerungen Schmidts über die generische Einreihung 
dieser Art widersprechen sich. 


S. 131. Cosmoscarta egens Walk. 

10 Schmidt, Ent. Zeit. Stettin, v. 72, p. 115; Arch. Naturg,, 
v.. 16, 1: P.0. 

Schmidt kommt zu dem Urteil, daß ich zu unrecht die Walker- 
sche Diagnose dieser Art und namentlich die Bezeichnung ‚‚rosenrot“ 
für die Deckflügelbinden bemängelt hätte; typische egens wären mir 
demnach garnicht bekannt gewesen. Mit zagender Feder, weil ich 
wieder eine Zurechtweisung für einen Zweifel an Herrn Schmidts 
Autorität befürchten muß, wage ich das Geständnis, seinem Gedanken- 
gange über diese Art urd die sechs andern, in die er sie auflöst, nicht 
folgen zu können; das liegt aber jederfalls an der geistigen Verblödung, 
die er schon vor Jabr und Tag über mir schweben sah.t) Es sei 
Andern überlassen, aus nachstehender Fesistellung die Folgerungen 
zu ziehen. 

Da Schmidt genaue Angaben über Bau und Färbung der egens 
macht (p. 115), muß er typische Exemplare aus dem Britischen Museum 
haben vergleichen können, was mir nach seiner Behauptung und auch 
tatsächlich nicht vergönnt war. An andrer Stelle meint er dagegen, 
daß nur an der Hand der Type des Br. Mus. festgestellt werden könnte, 
was eigentlich die wirkliche egens sei. Dazu sei bemerkt, daß von den 
beiden Walker’schen Stücken dasjenige als Typus gelten muß, welches 
die genaue terra typica ermitteln läßt, also das von Sikkim, wo Hooker 
gesammelt hat; das bestätigen auch Butlers und Distants An- 
gaben. Umsomehr muß es auffallen, daß ©. innota Schmidt, eine 


1) 1919 in: Ent. Zeit. Stettin, v. 80, p. 135. 
4* 12. Heft 


52 A. Jacobi: 


der mitegens „‚sehr nahe verwandten‘ Arten, auch aus Sikkim stammt.t) 
Ferner frage ich mich vergeblich, wie er aus einer Reihe von Stücken 
von ein und demselben Fundort, Zeitpunkt und Sammler (Tonking, 
Juli, Fruhstorfer), die in Stettin verwahrten teilweise als egens, teil- 
weise als eine neue, aber der ihm nach seinem Geständnis eigentlich 
unbekannten egens „sehr nahestehende‘ Art bestimmt, soweit sie aber 
in Dresden stecken, meine Bestimmung als egens für falsch erklärt, 
obwohl er die hiesigen Tiere meines Wissens nicht gesehen hat. Zur 
Ergänzung seines Urteils stelle ich fest, daß eben diese Stücke sowie 
vier andre aus den benachbarten obern Laosländern sich in nichts 
von der trefflichen Abbildung Distants von egens unterscheiden, 
der doch die Typen vor sich hatte; auch dieser Beschreiber nennt 
übrigens die Bindenzeichnung nicht ‚‚rosy red‘, sondern ‚„sanguineous 
testaceous“. 

Wenn ich mit dieser Erörterung das richtige getroffen haben 
sollte, so würde ich die Frage aufwerfen, ob die subtilen Merkmale 
der sechs neuen Arten Schmidts und zwar grade die Form der 
Geschlechtsanhänge, nicht vielleicht bloß in den Abänderungsspiel- 
raum von egens fallen? 


Cosmoscarta callirrhoe Bredd. 

In Schmidts Zitat muß es 117 statt 107 heißen und vor Jacobi 
muß stehen callizona nec Butl.; Lallemand schreibt diese Fehler 
getreulich ab, was wieder für seine Arbeit aus zweiter Hand be- 
zeichnend ist. 


Cosmoscarta callizona But]. 

Zu dem Zitat Jacobi gehört ein „‚partim“. Schmidts Zweifel, 
ob mir überhaupt diese Art vorgelegen habe, war vollkommen berechtigt; 
ich kannte damals callirrkoe noch gar nicht und mißdeutete dadurch 
Breddins gute Beschreibung. — Zu beiden Arten hätte auch Schmidt 
Ent. Zeit. v. 73, p. 170 genannt werden müssen. 


Cosmoscarta dimidiata Dall. 

Cosmoscarta imitata Haupt 18 in: Ent. Zeit. Stettin v. 79, p. W. 
Nach Vergleich eines Cotypus finde ich folgendes: die Zeichnung von 
Pron. und Deckfl. fällt ganz in den Spielraum der so veränderlichen 
dimidiata hinein, auch die Zeichnung der Unterseite und Form der 
männlichen Anhänge bieten keine Unterschiede, nur die überwiegend 
rauchbraunen Flügel sind eine kleine Abweichung. 


Cosmoscarta dorsimacula Walk. 
Cosmoscarta fietilis But. 


Distants Schlußworte treffen wohl das richtige. 


Cosmoscarta septempunctata Walk. 
Cosmoscarla jocosa Haupt 18 in: Ent. Zeit. Stettin v. 79, p. 91. 


!) Dazu auch Distant 14 in: Ann. Nat. Hist. (8), v. 14, p. 333. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 53 


Cosmoscarta uchidae Matsum. 

Beim Habitat fehlt: Riukiu Inseln. 

Warum Lallemand hier wieder eine neue Aufzählung beginnt, 
ist unerfindlich. 

Cosmoscarta femoralis Butl. zu Simeliria Schmidt. Das 
Habitat (Assam, Malakka) hat L. einfach ausgelassen; 8.152, wo 
die Art noch einmal nebst drei anderen zusammenhanglos auftaucht, 
gibt er es in verderbter Form, dafür ist wieder das Zitat verstümmelt. 

Cosmoscarta hecate Br edd. zu Simeliria Schmidt. 


Cosmoscarta hyalinipennis Dist. 


Diese Artbezeichnung verstümmelt L. gradezu gewohnheits- 
mäßig. 

Cosmoscarta inaurata Butl. zu Homalostethus Schmidt. 

Cosmoscarta incanescens Butl. zu Trichoscarta Bredd. Zitat 
der Abbildung (tab. 3, fig. 17) feblt. 

Cosmoscarta melliflua Bredd. zu G@ynopygoplaxz Schmidt. 
Auch hier hat L. die Abbildung (fig. 11) verschwiegen. 

(Cosmoscarta miranda But). zu Homalostethus Schmidt. 


Cosmoscarta nagasana Dist. 


Jacobi 05 in: Zool. Jahrb. Syst. v. 21, p. 441. 
Hab. — Tonking. 


Cosmoscarta herossa n.Sp. 


Wie heros, aber kleiner, Deckfl. schmäler infolge weniger gebogenen 
Costalrandes und mehr zugespitzt, von folgender Zeichnung: beide 
orangegelbe Binden breiter als bei jener; die basale ragt immer merklich 
über die Schildchenspitze nach hinten, die apikale ist absolut meist 
doppelt so breit wie bei heros, am Costalrande und in zwei Vorsprüngen 
verbreitert, deren oraler gegen die Gabelwurzel des R gerichtet ist, 
der apikale zwischen dem inneren R-ast und der M in den Apikalteil 
eindringt. Gonapophysen nicht abweichend gebildet. 

Long. 14—15,5 mm. 

Hab. — Nordchina, Tschili: Tschönnting (3 $8). 


Cosmoscarta hainanensis n.Sp. 


Stirnbasis, Scheitel, Schildchen, Pron. grünlichschwarz, letzteres 
mit schmaler roter Einfassung, den Vorderrand ausgenommen; 
Schildehenspitze rot. Deckfl. schwarz mit einem Stich ins Rötliche; 
Basis des Clavus und sein Schlußrand, eine Linie von der Basis zur 
Mitte des letztern und dort hakenförmig gebogen, die Clavusnaht, 
der Costalrand bis zum Apikalteil fein auslaufend, eine wellige Quer- 
binde vor diesem und im Corium eine Zeichnung ziegelrot, die 
etwa ein gestieltes O darstellt; der Stiel entspringt an der Basis und 
das Oval ist durch eine Querbinde mit dem Costalrand und der Olavus- 
naht verbunden. Fl. graubraun. Unterseite, Beine und Abd. schmutzig 


12. Heft 


54 A. Jacobi: 


hellrot; Schienen und Tarsen der vorderen Beinpaare und Klauenglied 
der Hinterbeine schwärzlich. 

Im Bau ähnlich (©. raja Dist., an die sie sich auch in der Zeichnung 
einigermaßen anlehnt. Basaldorn der Hinterschienen klein, aber 
deutlich. 

Long. 13—15 mm. 

Hab. — Insel Hainan III (Mus. Berlin u. Dresden: Schoede c., 
d, 2). 

Cosmoscarta indecisa n. sp. 

Körper tiefschwarz, oberseits und der Kopf von bläulichem Metall- 
glanze, Schnabel, Schenkel und Hinterräume der abdominalen Tergite 
rötlich. Deckfl. braunschwarz, oft durch dichten bräunlichen Flaum 
sehr aufgehellt, die Zeichnung nicht unähnlich ©. macgillivrayi Dist.; 
beiderseits der Clavusnaht und eine breite Strecke des Costalrands 
in dessen zweitem Drittel blaß scherbengelb; Basis von Corium-Clavus 
und Schlußrand des letzteın bis zur Mitte, eine mittlere Längsbinde 
des Coriums in dessen Basaldrittel und zwei Querbinden hinter diesem 
und vor dem Apikalteil hell blutrot; die erste Querbinde reicht 
von der Clavusnaht bis zum Ende der Längsbinde, die zweite von der 
Naht bis ans Ende jenes hellen Costalstreifens. Fl. grauhyalin, außen 
mehr bräunlich, die innerste Wurzel hell blutrot. 

Pronotum wie bei decisa, mit tief eingebuchtetem Hinterrande, 
aber die vordern Seitenränder scharf aufgebogen, die Vorderrand- 
gruben sehr vertieft, die Oberfläche gröber punktiert. Schildchen 
in der Mitte zu einer tiefen Grube eingedrückt. Brustzapfen unent- 
wickelt. Deckfl. schmal, parallelseitig, Costalrand sehr schwach ge- 
bogen, Netzaderung des Apikalteils scharf erhaben. Hinterschienen 
eindornig. Gonapophysen — wie bei den meisten Arten dieser Gattung 
— ohne besondere Merkmale. 

Long. 10—12 mm. 

Hab. — Mittelchina, Kiangsi: Kiukiang (7 Ex.). 


S. 138. Homalostethus Schmidt 
Die Gattung ist auch im papuanischen Gebiete gut vertreten. 


S. 139. Statt Pantunang lies: Patunuang, statt Boon: Roon. 


Die vier am Schluß angeführten Arten gehören zu Megaste- 
thodon. 


S.140. Das stärkste an flüchtiger und verständnisloser Wi. = 
gabe der Mitteilungen Anderer bietet wohl L.’s Übersetzung der 
Schmidt’schen Gruppeneinteilung von Eetemnonotum; daß L. Penis 
und Gonapophysen für dasselbe hölt, läßt seine Bekanntschaft mit 
der Morphologie der behandelten Insektenfamilie in besonderem 
Lichte erscheinen. In Gruppe III sind Schmidts E. bitaeniatum, 
moultoni und nitidicolle ausgelassen. 


Kritische Bemerkungen über die Oercopidae. bb) 


8. 142. E. eyaneiventre Walk. 

Die Grammatik sollte man auch in wissenschaftlichen Namen 
zu ihrem Rechte kommen lassen, statt offensichtliche Fehler dagegen 
zu wiederholen. 

S.143. Den Druckfehler Opistarsostethus in der Überschrift zu 
Schmidts, übrigens schon 1910 erschienener Gattungsdiagnose 
hat L. durch sein ganzes Buch getragen, während für die falschen 
Masculinendungen der Artnamen schon Schmidt verantwortlich war, 
denn stethos ist Neutrum. 


Opistharsostethus divergens Schmidt 
Zum Zitat gehört noch p. 228 ($), Bezeichnend ist es wiederum, 
daß L. die vorausgehende Art O. bimaculatum Schmidt (p. 226) 
vergessen hat. 


S. 144. Megastethodon Schmidt 
Die Unterschiede zwischen dieser Gattung und Leptataspis scheinen 
mir bei vielen papuanischen Arten zu verfließen, während sie an den 
Extremen der Verbreitung schärfer auftreten, z.B. M. rubrifer — 
L. stamensıis. 
Megastethodon zanthorrhinus Boisd. 
Cosmoscarta roberti Lall. 


Megastethodon hyphinoe Bredd. 
Das Zitat der Abbildung gehört zu mysolensis Schmidt. 


Megastethodon waterstradti Schmidt 

Aus dem Fundorte Waigeou — die gebräucnliche Schreibweise 
ist Waigiu — macht L. „Waigram‘“. 

Die nachstehend beschriebenen Arten gehören in Schmidts 
Gruppe 1. 

Megastethodon cunerfer n.sp. 

Pechschwarz mit schwach grünlichem Glanze, Kniee und Tarsen 
leuchtend ockergelb; Ozellen blaßgelb. Deckfl. schwarz, Hinterhälfte 
mehr graubraun; Basalbälfte großenteils von eirem dreieckigen Felde 
eingenommen, das elfenbeinfarben mit einem Stich ins grünliche 
ist und von der dunkel gesäumten Clavusnaht durchschnitten wird. 
Die Basis dieses Dreiecks ruht auf dem Suturalrande, die Spitze ist 
gegen die Mitte des Costalrandes gerichtet. Fl. an der Basis gelbgrau, 
nach hinten graubraun. 

Stirn wie gewöhnlich, Ozellen mäßig groß, näher den Augen als 
einander. Brustzapfen ansehnlich groß, senkrecht gestellt und zu- 
sammengedrückt, die Vorderfläche etwas eingekehlt. Pron. regelmäßig 
sechseckig mit gleichlangen vorderen und hinteren Seitenrändern 
und scharfen Seitenwinkeln, hintere Seitenränder ein wenig ein- 
gebogen; Fläche sehr grobrunzlig mit scharfem Mittelkiel. Deckfl. 
apikad sehr verschmälert, das apikale Adernetz sehr dicht und fast 
die Apikalhälfte des Coriums besetzend. 


12. Heft 


56 A. Jacobi: 


Long. 21 mm. 
Hab. — Kaiser-Wilhelmsland: Torricelligebirge 
(Dr. Schlaginhaufen, 18). 


Megastethodon torricellianus n. sp. 

Pechschwarz, etwas glänzend, Ozellen bernsteingelb; Deckfl. 
dunkel lackrot, Costalsaum und Apikalteil tintenschwarz, sein Geäder 
abgesehen vom Rande ockergelb. Fl. gelbgrau, nach hinten heller. 

Ozellen groß, ihr Durchmgsser gleich dem Abstande von den Augen, 
welcher dem zwischen ihnen selber gleich ist. Pron. wie bei cuneifer, 
Seitenecken etwas abgestumpft, Fläche weniger gewölbt und feiner 
gerunzelt, mit zartem Mittelkiel. Brustzapfen etwas nach vorn geneigt, 
Spitze beinahe knopfförmig abgesetzt. Costalrand an der Basis stark 
gebogen, Apikalteil zungenförmig verschmälert. Basaldorn der Hinter- 
schienen winzig. 

Long. 18—19 mm. 

Hab. — Torricelligebirge (Dr. Schlaginhaufen, 334, 19.) 


Megastethodon nummus n.sp. 

Pechschwarz, Oberseite von mäßigem Glanze, Kniee blutrot, 
Augen braun und schwarz marmoriert, Ozellen blaßgelb. Deckfl. 
dunkel blutrot, ein breiter Costalsaum und der Apikalteil grünlich- 
schwarz, in letzterem eine große ockergelbe Scheibe. 

Ozellen groß, fast doppelt so weit von den Augen wie von einander 
gestellt. Pron. mit rechtwinklig vorspringenden Seitenecken, hintere 
Seitenkanten erheblich länger als die vorderen, Hinterrand kurz, 
zugerundet, Fläche grobrunzlig, mit deutlichem Kiel. Brustzapfen 
stark zusammengedrückt, Spitzen etwas nach hinten gebogen. Costal- 
rand hinter der Basis mäßig gebogen, Apikalteil noch stärker verschmälert 
als bei torricellianus, sein Adernetz sehr reich entwickelt, mit einer 
herumlaufenden Reihe gestreckter Außenzellen. Oberer Schienendorn 
kräftig entwickelt. 

Long. 22 mm. 

Hab. — Britisch Neuguinea: Aroafluß (Weiske, 18). 


Megastethodon chrysops n. sp. 


Pechschwarz; Augen, Vorderbeine, Mittelbeine von den Schenkel- 
spitzen an und Hinterbeine von den Schienenenden an leuchtend 
ockergelb. Ein Längsstreifen in der Innenhälfte des Clavus von der 
Basis bis zur Mitte und ein anderer, hinten verlöschender in der Basal- 
hälfte des Coriums ockerfarben; beim $ auch das apikale Geäder 
bis nahe an den Rand ockergelb, beim 9 schwarz. Fl. graubraun mit 
verdunkelten Adern, an der Basis ockergelb. 

Ozellen klein, Abstand zwischen sich und von den Augen gleich. 
Schn. bis zum Hinterrande der Mittelhüften reichend. Pron. mäßig 
gewölbt, mit abgestumpften Seitenecken, Hinterrand etwas gerundet, 
Oberfläche kaum gerunzelt, glänzend, Mittelkiel nur in der Hinter- 
hälfte vorhanden. Brustzapfen etwas nach vorn geneigt. Deckfl. im 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 57 


Basaldrittel wenig breiter als vor dem Apikalteil, dessen Netzaderung 
beim $ viel lockerer und erhabener als beim 9. 

Long. 22—23 mm. 

Hab. — Torricelligebirge (Dr. Schlaginhaufen, 5, 9). 


Megastethodon flavolateralis n.sp. 


Jochstücke, Augen, sehr breite Seitenränder des Pron., Vorder- 
beine, Mittel- und Hinterbeine von den Schenkelspitzen an und zwei 
breite Längsbinden der Deckfl. ockergelb: die eine in der Außen- 
hälfte des Clavus von der Basis bis zur Mitte gleichbreit, die andere 
ungleich breit in der Basalhälfte des Coriums von der Clavusnaht 
nach dem Costalrand gerichtet. Fl. schmal, im Basaldritte] gelblich, 
dann dunkelbraun. 

Özellen mittelgroß, Abstand von einander erheblich größer als 
von den Augen. Pron. mit abgerundeten Seitenecken, die hinteren 
Seitenränder gehen gebogen in den Hinterrand über; Scheibe undeutlich 
punktiert, kaum gerunzelt, stark glänzend, der feine Kiel liegt mit seiner 
Hinterhälfte in einer Längsfurche. Schnabel bis ans Ende der Mittel- 
hüften reichend. Deckfl. wie bei rubrifer geformt; das Netzgeäder, 
sehr entwickelt und erhaben, reicht zwischen Media und Cubitus fast 
bis an deren Gabelstiel. Basaldorn der Hinterschienen deutlich. 

Long. 25 mm. 

Hab. — ‚Neuguinea“ (19). 


Megastethodon ochromelas n.sp. 


Vorderstirn, Schn., Beine, Hinterleib, Pron. einschließlich des 
ventral umgeschlagenen Lappens kräftig ockergelb; der Kopf im 
übrigen, die Pron.ränder und eine breite Querbinde am Vorderrande, 
Schildehen und Brust schwarz. Ozellen leuchtend bernsteiagelb. 
Deckfl. schwarz: ein großes ovales Feld, das gleich hinter der Basis 
beginnend Corium und Clavus bis zum Apikalteil einnimmt und 
von den schwarzen Aderstämmen durchzogen wird, sowie ein länglich r 
Fleck in der Subcostalschwiele glänzend ockergelb. Fl. nahe der Basis 
fast hyalin, dann bräunlichgelb, apikal dunkler. Stirn und Oberseite 
mit ganz feiner schwarzer, die Beine mit voller gelber Behaarung. 

Brustzapfen etwas nach vorn geneigt. Ozellen sehr groß, von 
den Augen etwas weiter als von einander entfernt. Pron. buckelartig 
gewölbt, mit Ausnahme der Grubengegend groh queriunzlig mit tiefen 
Punktgrübehen zwischen der Runzeln; Kiel verstrichen; hintere 
Seitenränder etwas eingebogen. Apikalgeäder dicht, aber nicht über 
das apikale Viertel und kaum in die Scheibenzelle zwischen M und € 
ausgedehnt. 

Long. 20—22 mm. 

Hab. — Torricelligebirge (Dr. Schlaginhauffen, viele 38). 


S. 149. Leptataspis alahana n.sp. 


Kopf, Pron., Schildehen, Vorder- und Mittelschienen kirschrot 
bis dunkel lackrot; Pronotumgruben bisweilen schwärzlich. Sonst 


12. Het 


58 A. Jacobi: 


schwarz, auf dem Hinterleib mit veilchenblauem Glanze; Deckfl. 
schwarz mit schwachem grünlichen Glanze, ein feiner, scharfer Costal- 
saum bis zum Apikalteil lackrot. Fl. graubraun, an der Basis vorn 
etwas aufgehellt. 

Aus der /ulviceps-Gruppe; Kopfbildung wie bei dieser, Seiten- 
winkel des Pron. spitzer, Deckfl. schmäler. 

Long. 16—17 mm. 

Hab. — Sumatra: Alahan (Micholitz: 3 99). 


Leptataspis lombokensis n.sp. 


Cosmoscarta fuscipennis Bredd. 1899 in: Mt. Mus. Hamburg 
v. 16, p. 186 nec Lep. u. Serv. 

Der L. fulvicollis sehr ähnlich und jedenfalls von ihr abgezweigt, 
mit folgenden Unterschieden: Pron. bei hell ziegelroter Grundfarbe 
und starkem Glanze in der Hinterhälfte immer ins Schwärzliche bis 
Pechschwarze verdunkelt, bisweilen auch der Vorderteil in der Gruben- 
gegend so; eine hinten schmälere Einfassung des Pronotums bleibt aber 
immer hell ziegelrot. Deckfl. von schwarzroter Grundfarbe, in der 
Hinterhälfte des Coriums bis zum Apikalteil ein mäßig breiter Costal- 
saum, die schwielig verdickte Basalstrecke des R und oft ein Fleck 
zwischen ihr und der Gabelungsstelle von M und Cu, endlich die 
Clavuswurzel ziegelrot. (Bei der ebenfalls nahverwandten fuscipennis 
fängt der helle Costalsaum schon an der Basis an und ist breiter). 
Pron. hinten mehr gewölbt und vorn stärker abschüssig als bei fulw- 
collis; Größe wie diese. 

Hab. — Lombok: Sambalun 1300 m, Sapit 700 m, IV (Fruh- 
storfer: 68, 2). 


Leptataspis fuscipennis Lep. u. Serv. 


Das von Schmidt und Lallemand aus Distant übernommene 
Zitat Stäl fällt besser weg, da dort nur der Name erwähnt wird. 


Leptataspis scabra Dist. 
var. Deckfl. rein sienabraun, ebenso das Geäder des glänzend- 
schwarzen Apikalteils; die Flecken im Corium fehlen ganz, nur dessen 
zimtrote Basis ist etwas kastanienbraun verdunkelt. 
Auch sonst können die Flecke auf den Deckfl. matter werden bis 


zum Verlöschen. 
Hab. — Sumatra: Alahan (Micholitz: 19). 


Leptataspis polyzena Bredd. 
var. major Schmidt 
Ein Tier von Westsumatra (Padang Pandjang), das ich zu dieser 
Varietät rechnen möchte, hat Beine und Hinterleib karminrot; um 
das purpurn (nicht grün) glänzende Pron. zieht sich ein feiner dunkel- 
roter Saum. Apikalgeäder sehr locker, insbes. in der Mitte zwei sehr 
große Zellen. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 59 


Q Long. 16,5 mm.!) 

Die var. major dürfte bei den nicht unbeträchtlichen Abweichungen 
und dem gesonderten Vorkommen wenigstens als Subspezies zu be- 
trachten sein; eher ist sie wohl eine eigene Art. 


Leptataspis briseis Bredd. 
Die terra typica Banguey läßt L. aus. 


Leptataspis euterpe n.sp. 

Kopf, Prosternum und Pron. schwarz, letzteres von blaugrünem 
Metallglanz. Übriger Körper und Beine ockergelb, Vorder- und Mittel- 
tarsen in der Apikalhälfte, hintere im Endgliede schwarz. Deckfl. 
lebhaft ockergelb mit folgender schwarzer Zeichnung: ein schmaler 
Costalsaum; Apikaldrittel ohne die Aderung, Clavusnaht (bisweilen 
auch der Schlußrand bis zur Schildchenspitze); ein sehr kleiner Querfleck 
außerhalb der Wurzel von M und Cu; eine schmale Einfassung der 
Subkostalschwiele. F]. rauchgrau, Vorderrand und innerste Basis 
leicht gelblich verfärbt. Ozellen blaßgelb. In der Zeichnung also 
ähnlich ophir, aber Deckfl. lebhafter gefärbt, Costalsaum schmäler 
und ohne Verbindung mit dem Fleck im Corium. 

Stirn im Profil nicht gewinkelt, ohne Höcker auf dem Winkel- 
scheitel, der glatte Mittelstreifen etwas eingedrückt; Ozellen klein, 
gleichweit von einander und von den Augen; Schn. nicht über die 
Mittelhüften hinaus. Deckfl. wie bei ophir gestaltet, die apikale Netz- 
aderung reicht außen von der M und zwischen M und Cu orad bis auf 
die Hälfte des Coriums. 

Long. 14—15 mm. 

Hab. — Mittelsumatra: Alahan (Micholitz: Z, 9). 


Leptataspis discolor Guer. 
Cosmoscarta Martha Lall. 11. 
Cosmoscarta Marthae (!!) Lall. 12. 
Hab. — Kaiser-Wilhelmsland: Torricelligebirge (Dr. Schlag- 
inhaufen: 7 Ex. einschließlich var. tetragona). 


Leptataspis horvdthi n.sp. 

Schwarzbraun; Stirn ohne die Seiten und einen dreieckigen 
Basalfleck, Jochstücke, vordere Seitenränder des Pron., 1. Schnabel- 
glied, Vorder- und Mittelbeine, Hinterschienen und -tarsen korallen- 
rot. ÖOzellen bernsteingelb. Deckfl. bis über die Hälfte korallenrot, 
dann tiefschwarz; ein basaler Längsstreifen entlang dem R und zwei 
gebogene Querreihen von je 7—8 Flecken schwarz. Fl. graubraun, 
an der Basis rötlich. 


1) Schmidt, der nur 11,5—12,5 mm angibt, hat sich vielleicht beim Ab- 
lesen am Maßstab versehen, wenigstens mißt nach Breddin die Stammform 
schon 14,5 mm. 


12 Heft 


60 A. Jacobi: 


Stirn vorn grob gefurcht, ein ziemlich breiter glatter Mittelstreifen; 
Ozellen groß, einander merklich näher als den Augen; Schn. bis zur 
Mitte der Mittelhüften; Brustzapfen niedrig, hinten wenig abschüssig, 
die Spitze mehr in Form eines scharfen Kiels; Hinterrand des Meso- 
sternums stark aufgebogen. Pron. an den hinteren Seitenrändern 
und dem Hinterrande nahezu gerade, Fläche ziemlich grobrunzlig 
mit tief eingedrückten Punktgrübchen und feinem, scharfem Längskiel; 
vorn eine glatte quere Fläche. Deckflügelumriß wie bei discolor. 

Long. 18—19 mm. 

Hab. — Kaiser-Wilhelmsland: Huongolf (Mus. Budapest: Bıirö, 
39). 

Die Zeichnung der Deckfl. ähnelt forna«. 


Leptataspis chlo& n.sp. 


Schwarz: vordere Stirnfläche, Schnabel und Beine mehr ins 
Lohbraune ziehend. Ozellen blaßgelb. Vordere Seitenränder des 
Pron. und die reichliche Basalhälfte der Deckfl. ziegelrot, darin je 
etwa 8 schwarze Flecke von verschiedener Größe und Deutlichkeit, 
2—3 davon im Clavus, die Grenze gegen die schwarze Apikalhälfte 
eine schräge Grade. Fl. graubraun, Basis rötlich. Bau wie bei der 
vorigen Art; der Schn. reicht jedoch merklich über die Mittelhüften 
hinaus, das Pron. ist weniger gewölbt und die Deckflügel sind schmäler. 

Long. 17 mm. 


Hab. — Kaiser-Wilhelmsland: Huangolf (Bir6: 2 22). 


No. 53. Leptataspis rubiana Jac. 

Schmidts!) Änderung meines Artnamens in ‚„‚rubrina“ (zweimal!) 
ist ebensowenig berechtigt wie die von Hyboscarta rubrica Jac. in 
„rubicunda“.2) Lallemand schreibt beides getreulich ab. 


Leptataspis semicrocea n. Sp. 


Schwarz, am Hinterleibe mit stahlblauem Glanze; Stirn, Scheitel, 
Augen, Pron. nebst dem Schulterlappen, Ecken des Mesonotums, 
Basaldrittel der Deckfl. und Flügelwurzel orangerot; Fl. sonst 
braun. 

Stirn im Profil halbkugelig gewölbt, die Furchen nur in der Nähe 
des glatten Mittelstreifens ausgebildet; der Schn. überragt nur wenig 
den Hinterrand des Mesost.; Brustzapfen niedrig, nach hinten flach 
abfallend, Hinterrand des Mesosternums zu einer kräftigen fast knopf- 
förmigen Falte aufgebogen. Ozellen etwas weiter von einander als 
von den Augen. Pron. breit mit ganz abgerundeten Seitenecken; 
vordere Seitenkanten deutlich gekrümmt, hintere etwas eingebuchtet, 
Hinterrand gerade. Deckfl. nach hinten mäßig verschmälert; das 
apikale Adernetz dringt nicht in die Scheibenzeile zwischen M und 
Ju ein. 


1) 1912 in: Ent. Zeit. Stettin v. 73, p. 169. 
:) 1909 in: ebend. v. 70, p. 242; 1918 v. 79, p. 204. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae, Al 


Long. 22 mm. 
Hab. — Ober Laos: Nam Hou (Micholitz: 1 9). 
Nach Erscheinung und Vorkommen an siamensis angeschlossen. 


Leptataspis quinqueguttata n.sp. 


Kohlschwarz und glänzend; Ozellen gelb, auf den Deckfl. zwei 
längliche Basalflecken (in Corium und Clavus) und drei Flecke zu 
einer etwas schiefen Mittelbinde gereiht, wovon zwei größere im Corium, 
der dritte kleinste im Clavus: diese Zeichnung ist ziegelrot oder ocker- 
gelb. Fl. braun mit graubrauner oder roter Basis. 

Stirn mäßig aufgetrieben, grob gefurcht neben dem Mittel- 
streifen, an den Seiten glatt und glänzend. ÖOzellen groß, doppelt 
so weit von den Augen wie von einander. Schn. bis zum Ende der 
Mittelhüften. Pron. breit sechseckig, Hinterrand mehr oder weniger 
gerade, Fläche kaum gerunzelt, glänzend, mit feinem durchgehenden 
Kiele. Deckfl. nach hinten wenig verschmälert. 

Long. 19—20 mm. 

Hab. — Kaiser Wilhelmsland: Huongolf (Mus. Dresden u. Buda- 
pest: 4 29). 

Leptataspis clio n.sp. 

Schwarz; vom Hinterleibe Spitze, Oberseite, Einfassung der 
Paratergite und eine Mittelreihe von Flecken auf der Unterseite karmin- 
rot. Ockergelb sind: Stirn (Seiten gegen die Wangenränder und den 
Apex hin schwärzlich), Vorderbeine, Schienen und Tarsen der anderen 
Beine, 3 subbasale Flecken im Corium, eine breite und lange Binde 
von Hakenform auf dem Clavus und im Anschluß an ihr apikales Ende 
eine wallige Querbinde hinter der Coriummitte. Fl. graubraun, gegen 
den Vorderrand aufgehellt, Basis gelblichrot. 

Stirn unten etwas abgestumpft; Ozellen mittelgroß, mit gleichem 
Abstande zwischen sich und den Augen. Pron. sechseckig mit spitzen 
Seitenecken; bintere Seitenränder etwas eingebogen, Hinterrand 
gerade. Fläche fein gerunzelt, Mittelkiel wenig deutlich. Schn. nur 
bis an die Mittelhüften. Brustzapfen hoch, nach vorn und hinten 
steil abschüssig. Deckfl. apikad mäßig verschmälert. 

Long. 18 mm. 

Hab. — Neuguirea: Milnebay (13). 


Leptataspis lateralis Walk. 


Cercopis lateralis Walker 1868 in: J. Linn. Soc., v. 10, p. 285. 
Hab. — Morty (= Morotai). 


Leptataspis schlaginhaufeni n. sp. 


Kopf und Augen, Seiten des Schildchens und Deckfl. orangegelb; 
Hinterrand des Scheitels und der übrige Körper pechschwarz. Pron. 
glänzend schwarz, mit breitem seitlichen Saum orange. Auf den 
Deckfl. eine subbasale, aus einem großen und einem kleineren Fleck 
bestehende Querbinde, eine wellenförmige Mittelbinde, die den Costal- 


"19. Heft 


62 A. Jacobi: 


rand nicht erreicht, und der Apikalteil schwarz, in letzterem wieder 
ein großer halbmondförmiger, dem Apikalrande sehr genäherter 
Fleck orange. Fl. graubraun. 

Körperbildung wie bei phiale, aber das Mesosternum hinten sehr 
stark aufgebogen, Deckfl. durch mehr gebogenen Costalrand breiter. 

Long. 18—19 mm. 

Hab. — Torricelligebirge (Dr. Schlaginhaufen: zahlreich). 

Var. — Grundfarbe zinnoberrot, der apikale Fleck der Deckfl. 
sehr verkleinert. 

Hab. — Niederländ. Neuguinea: ‚„Dentani‘ (Sentani?, Mus. 
Artis, Amsterdam: Nieuw Guinea-Expedition 1903); Finschhafen 
(Mus. Dresden, Kauf v. Fruhstorfer). 

Das Amsterdamer Stück scheint aus Alkohol zu stammen, «er ja 
Gelb in Rot zu verdunkeln pflegt, während das andere nicht diesen 
Eindruck macht. 

Leptataspis limonias n. sp. 

Kopf, Brust, Schildchen, Pron. schwarzbraun, letzteres stark 
glänzend; Augen, erste zwei Beinpaare von den Knieen an und Hinter- 
beine ockergelb. Deckfl. pechbraun, nach hinten dunkler; Basal- 
hälfte des Clavus (hinterwärts zugespitzt), ein großer subbasaler 
Fleck zwischen R und Naht und eine mittlere etwas schiefe Querbinde, 
die bis zur Naht reicht, trübe gelbrot; diese helle Zeichnung tritt 
wenig hervor. Fl. in der Basalhälfte gelblich hyalın, in der hinteren 
graubraun. 

Ozellen ziemlich klein, weiter von einander als von den Augen. 
Pron. mit feinen eingestochenen Grübchen, aber kaum gerunzelt; 
vordere Seitenkanten gradlinig, die Ecken dadurch deutlich gewinkelt, 
wenn auch abgestumpft; hintere Seitenkanten stark konvergent, 
sodaß der Hinterrand sehr kurz wird; statt des Mittelkiels eine glatte 
Schwiele. Brustzapfen wie bei Megastethodon. Deckfl. von der Mitte 
an gleichmäßig verschmälert. 

Long. 17 mm. 

Hab. — Torricelligebirge (Dr. Schlaginhaufen: 13). 

Leptataspis posteingulata n. sp. 

Kopf und Pron. hell lederbraun, Hinterhälfte des letzteren, 
Wangen und Clipeus mehr nußbraun. Mittelbrust und Schildchen 
schwärzlich, Hinterbrust hellbraun, ebenso die Beine, jedoch von den 
Schienen abwärts dunkler. Deckfl. rotbraun, eine mittlere gebogene 
Querbinde und eine breite Umsäumung des Apikalteils blauschwarz; 
Fl. grauhyalin. Hinterleib beim 5 blauschwarz, Genitalsegment 
rötlichbraun, beim @ von der Grundfarbe. 

Ozellen klein, mit gleichem Abstande zwischen sich und den Augen. 
Pron. wie bei discolor. Brustzapfen fast verkümmert. Deckfl. gestreckt, 
apikad wenig verschmälert. 

Long. 6,5—-7 mm. 


Hab. — Torricelligebirge (Dr. Schlaginhaufen: 14, 2 22). 
* * 


* 
Abgeschlossen im Dezember 1920. 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae, 63 


Zusatz Il. In einer Arbeit über außereuropäiscbe Zikaden }) 
hat E. Schmidt die Gattung Amberana Dist. behandelt und Zusätze, 
die ich früher der Gattungsdiagnose gegeben hatte, abgelehnt, ins- 
besondere das Vorhandensein einer 2. Fühlerborste. Um deren Dasein 
zu bestreiten, benennt Schmidt die Fühlerteile der Zikaden, ins- 
besondere der Tomaspidinen, and.:rs als es bisher der Brauch gewesen 
ist. Dem letzteren zufolge spricht man von 3 Gliedern, von denen 
das 3. apikale allmählich in eine feine Borste ausläuft. Schmidt 
behauptet dagegen, die Fühler der Cercopiden seien viergliedrig und 
die Fühlerborste sei das 4. Glied, . Glied 3 sei in einem feinen faden- 
förmigen Fortsatz verlängert von wechselnder Länge und Stärke. 
Ich wiederum bezweifle die Berechtigung, die apikale Strecke eines 
Fühlergliedes, die keinerlei proximale Abgrenzung hat, auf einmal 
für ein besonderes Glied zu erklären. Ich berufe mich dem- 
gegenüber auf H. J. Hansen, der bisher die Fühler der Homopteren 


am gründlichsten untersucht hat. Er sagt?): „Die Fühler 
aller Cicadarien besteben aus dem Schaft und der Geißel, aer 
Schaft immer aus zwei ansehnlichen Gliedern ... .; die Geißel ist samt 


ihrer Basis stets viel dünner als das zweite Glied des Schafts und 
besteht gewöhnlich aus mehreren Gliedern, verschmilzt aber bisweilen 
zu einem kurzen dicken Basalteil mit einer langen, dünn auslaufenden, 
ungegliederten Apikalborste.”“ Bei den Cercopidae „besteht die Geißel 
aus einem einzigen, sehr dicken Basalgliede und einer 
haarfeinen, ziemlich langen Borste, die bei Monecphora 
durch keinerlei Gelenke von dem Basalgliede getrennt ist.?) 

Hiernach darf wohl Schmidts Versuch, die Fühlerborste all- 
gemein zu einem selbständigen 4. Gliede zu erheben, abgelehnt 
werden. Wenn er aber selber hervorhebt, daß sie an verschiedenen 
Stellen des 3. Gliedes eingesetzt (!) sei, so sehe ich nicht ein, warum 
eine subapikale, ganz ähnlich wie die eigentliche Fühlerborste gebildete, 
wenn auch meistens kürzere Verlängerung jenes Gliedes, nicht die 
2. Borste genannt werden darf. Sie kommt sprungweise auch bei 
einzelnen Arten anderer Gattungen vor, z.B. bei Eoscarta und 
Literna; wenn sie aber allen Arten von Amberana eigen ist, so darf 
das Merkmal m.E. in einer Gattungsdiagnose nicht verschwiegen 
werden. Ebenso bedenklich ist die Anrufung Walkers, um dessen 
Entdeckung bei Pachacanthocnemis bella (an die blinde Henne er- 
innernd) gegen mich zu verwenden. Der Fühlerbau von Pachacantho- 
enemis bella ist nicht vergleichbar mit dem anderer Tomaspidinen, 
und ohne Beweiskraft ist Schmidts Behauptung, der lange 2. Anhang 
könne nicht als Fühlerborste gedeutet werden, weil er nicht abgesetzt 
sei: die Fühlerborste der anderen Tomaspidinen ist eben normalerweise 
auch nicht abgesetzt! 


1) 1919 in: Arch. Naturg. v. 85, Abt. A, Hft. 7, S. 100ff. 

®) 1890 in: Ent. Tidskr. v. 11, p. 35—36; auch ins Englische übersetzt 
von Kirkaldy 1900 in: Entomologist v. 33, p. 117. 

®) Von mir gesperrt. 


12. Heft 


64 A. Jacobi: 


Zusatz 2. Notoscarta biplagiata Schmidt = Aufidus erebus 
Dist. 


Zusatz 3. Pogonorhinella Schmidt (a. a. O. S. 108). Schmidts 
Verwahrung gegen meine Ausstellungen an der Begründung dieser 
Gattung — deren Namen ich leider zweimal falsch geschrieben habe — 
führt den Leser irre. Ich habe nicht mit einem Worte den Schein 
erweckt, als ob Schmidt sie mit Zocris verglichen hätte, sondern 
ım Gegenteil bedauert, daß er die äußerst nahe Verwandtschaft beider 
übergangen hatte. Ebenso grundlos ist die Unterstellung, daß ich 
ihn für die irreführende Figur und Textangabe bei Lallemand ver- 
antwortlich gemacht hätte: nichts davon steht bei mir, sondern ich 
behauptete nur und wiederhole es heute, daß die zeichnerische Wieder- 
gabe der Stirn von oben bei L. ebenso falsch ist wie Schmidts Be- 
schreibung. 

Noch ein Wort über den letzten Satz auf S. 108. Schmidt ver- 
langt darin, daß die anderen Entomologen aus seiner Namensbildung 
jener Gattung ihre systematische Verwandtschaft ersehen sollten, 
das heißt, weil sie auf -—-- rhinella endigt, müßte man auf die Verwandt- 
schaft mit Liorhinella Hagl. schließen, Pogonorhinella gehörte also 
einer anderen Tribus an als Zocris. Ich widerstehe der Versuchung, 
diese Beweisführung in derselben Form zu besprechen, wie sie 
Schmidt einst mir gegenüber beliebte,t) sondern werfe nur die Frage 
auf, ob dann die neotropische Gattung Tropidorhinella Schmidt 
auch zur Verwandtschaft der afrikanischen Ziorhinella gehört? Übrigens 
gab es 1910 noch keine Einteilung der Tomaspidinen in Tribus. Das 
führt mich zu der neuesten Arbeit von Schmidt ?) über diesen Gegen- 
stand. Er behauptet darin, daß seit Stäls Tode 1878 die Zikaden- 
familie der Öercopiden systematisch vernachlässigt worden sei, und 
spricht insbesondere Distant, Kirkaldy, Jacobi und Lallemand 
die Bewertung als gründliche Arbeiter ab, wobei nach dem Elimi- 
nationsverfahren eigentlich nur er selbst als ein solcher übrig bleibt. 
Selbst wenn man aus seiner nicht ganz klar gefaßten Darstellung ent- 
nehmen will, daß er unter systematischer Arbeit nur das Aufstellen von 
neuen Gattungen und Tribus meint, so dürfte doch wenigstens Lalle- 
mandsMonographie trotz ihrer vielen Mängel in Einzelheiten als Ganzes 
nicht so geringschätzig beiseite geschoben werden; er hat doch zum 
erstenmale den Stoff zusammengefaßt und systematisch gesichtet, 
und das war keine kleine Arbeit. Was dann Schmidt wieder vorzüglich 
bei mir tadelt, ist kurz gesagt, daß ich nicht nur unterlassen hätte, 
die alten Gattungen Triecphora, Monecphora und Sphenorhina weiter- 
zuführen, sondern mir auch selber klar zu machen, daß diese zu Recht 
bestünden. Insbesondere wirft er mir vor, daß ich trotzdem neue 
Gattungen beschrieben hätte.?) Wer unbefangen denkt, wird aus der 


1) Vgl. Ent. Zeit. Stett. v. 80 (1919), p. 384, Z.1 v.u. 

®) Tribus Ischnorhinini, ein Beitrag zur Kenntnis der Cercopiden. — 
1920 in: Ent. Zeit. Stettin v. 81, p. 65 f. 

3) 1908 in: S.B. Ges. naturf. Fr. Berlin p. 208—209. 


— ee Ks 


Kritische Bemerkungen über die Cercopidae. 65 


letzteren Tatsache folgern, daß sich diese neuen Gattungen eben von 
allen anderen bisher beschriebenen, also auch von jenen, unterscheiden 
müssen, und wenn ich auf ihre Verwandtschaft mit einer davon hin- 
gewiesen habe, so war das vielleicht noch gründlicher gearbeitet 
als es Schmidt im gleichen Falle tat,!) der gar nichts über die 
Verwandtschaft sagte. Weiterhin ist es eine Entstellung meiner 
Äußerung, daß ich erst „die Gattungen eingezogen, dann aber 
doch in der Gattung‘ (sc. Tomaspis) Gruppierungen vorgenommen 
und selbst neue Gattungen eingefügt hätte. Wie die Sache in W irklich- 
keit liegt, muß ich durch Wiederholung meiner damaligen Darstellung?) 
beweisen: 

„Gattung Tomaspis A. u. S. Mit Stäl und W. W. Fowler 
zweifle ich die Möglichkeit an, die von Amyot u. Serville auf- 
gestellten Gattungen Triecphora, Monecphora und Sphenorhina nach 
der Stirnbildung sicher auseinanderzuhalten, stelle daher die folgenden 
neuen Arten sämtlich unter Tomaspis, bis spätere Untersuchungen 
vielleicht weiteren Aufschluß geben. Nur der Übersicht 
wegen stelle ich jene in Gruppen zusammen, die mit den 
genannten Namen bezeichnet sein mögen.“ ?) Übrigins hatte schon 
auf genau demselben Gebiete der neotropischen Tomaspidinen Fowler‘) 
“ betont, daß es praktisch unmöglich sei, die Amyot u. Serville’schen 
Merkmale zu benutzen, und deshalb vorgezogen, alle Arten, we- 
nigstens vorläufig?), unter Tomaspis zu stellen. Und später ging 
Distant°) denselben Weg, indem er es zukünftiger?) Forschung 
überließ, auf Grund anderer, sicherer leitender Merkmale eine Gliederung 
zu finden. Daß Herr Schmidt erfolgreich daran geht, diese Aufgabe 
zu lösen, kann nur willkommen sein, aber seine Tadel gegen uns Andere, 
die sich ein Dutzend Jahre früher zunächst darin Vorsicht auferlegt 
hatten, muß rundweg zurückgewiesen werden. Unverdient ist 
auch sein Vorwurf, daß ich in die eingezogenen Gattungen sogar neue 
eingefügt hätte. Wenn ich Monecphora usw. als Gruppenbezeichnung 
oder wie man es nennen will, verwandte, so lag doch nichts näher, 
als ein neues Genus an diese oder jene Gruppe anzuschließen, damit 
Andere sich ein Bild von der Verwandtschaft machen konnten. Dies 
Verfahren ist, glaube ich, verdienstlicher, als neue Gattungen in die 
Welt zu setzen ohne durch ein Wort ihre systematischen Beziehungen 
anzudeuten. 


1) 1910 in: Ent. Zeit. Stettin, v. 71, p. 329—335. 
?) a.a.O. p. 204. 

®) Die Sperrung ist neu. 

4) 1897 Biolog. Centr.-Am. Homopt. v.2, p. 175. 
5) 1909 in: Ann. Nat. Hist. (8) v. 3, p. 193. 


Archiv für Natargeschichte 
1921 A. 12, 5 12. Heft 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen 
Gebietes. 


Von 
Ludwig Benick, Lübeck. 


Zur Käferfauna des nordelbischen Gebiets sind seit dem Erscheinen 
von W. Koltzes „Verzeichnis der in der Umgegend von Hampurg 
gefundenen Käfer“ 1901 zahlreiche weitere Beiträge veröffentlicht 
worden (s. untenfolgendes Literaturverzeichnis), sodaß Gusmann 
[36.%) p. 88] den Wunsch aussprich:, es möge baldigst eine Zusammen- 
fassung in einer Arbeit stattfinden. Dieser Wunsch ist gewiß berechtigt, 
aber mir will scheinen, daß eine andere Arbait, die vielleicht damit 
verbunden werden kann, ungleich notwendiger ist. die Sichtung des 
Materials. Die Zusammenstellung der bisher veröffentlichten Arten 
und Formen, wie die Hinzufügung einiger Fundorte und neuer Arten 
ist gewiß verdienstlich, aber gleich wertvoll ist die Aufklärung über 
ältere Angaben solcher Arten, deren hiesiges Vorkommen irgendwie 
Zweifel erwecken kann. Frühe; waren die Hilfsmittel für die Bestimmung 
weit unvollkommener als heute, Irrtümer also auch leichter möglich. 
Allerdings sind die Schwierigkeiten einer Nachprüfung oft unüber- 
windlich, oft werden sie aber auch überschätzt. Im Interesse eines 
klaren und wahren Bildes uns>rer Fauna müssen derartige Revisionen 
erstrebt und übernommen werden, so oft es möglich ist. 

Koltze hat einige Berichtigungen vornehmen können [25, p. 178], 
hat aber manche Arten, deren Vorkommen ihm zweifelhaft erschien, 
ohne Klärung wieder aufnehmen müssen. Er sagt ausdrücklich [p. 3]: 
„Es wäre daher schlecht angebracht, wollte ich alle nicht von mir 
nachgewiesenen Arten einfach als nicht vorkommend betrachten, 
und aus diesem Grunde habs ich auch alle jene mir zweifelhaften No- 
tizen aus den früheren Verzeichnissen wieder mit aufgenommen, 
jedoch mit den nötigen Anmerkungen und mit meinen Vermutungen 
versehen.“ Danach mußte angenommen werd:n, daß Koltzes Arbeit 
[25] sämtliche aus dam Faunengebist bis dahin verzeichnete Tiere 
enthielt; von dieser Annahme sind auch die nochfolgenden Beobachter 
und Sammler ausgegangen. v. Sydow ist es meines Wissens gewesen, 
der zuerst und wiederholt [28, p. 96, 100, 103] darauf aufmerksam 
machte, daß schon von Preller [5; 8] aufgeführte Arten von Koltze 
vergessen seien. Diese Tatsache veranlaßte mich, eine Vergleichung 
sämtlicher früher erschienenen Arbeiten mit derjenigen Koltzes vor- 
zunehmen, wobei sich herausst :]Ite, daß nicht nloß von ande.en Autoren 

!) Eine Ziffer in eckiger Klammer verweist auch weiterhin auf die Nummer 
des Literaturverzeichnisses, 


£ 
1 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes, 67 


gemeldete Tiere ohne Kommentar for:gelassen sind, sondern daß auch 
solche Arten fehlen, die Koltze selbst einige Jahre früheı aus der 
hamburgischen Fauna bekannt gegenen hatte. Di» Zabl dieser Ver- 
gessenen ist außerordentlich groß und beträgt mehr als hundert. 
Darunter werden gewiß manche sein, die nicht Bürger unserer Fauna 
sind und nur durch Bestimmungsfehler usw. aufgenommen wu.den. 
Aber gerade in allerletzter Zeit hat sich herausgestellt, daß hier Tiere 
vorkommen, deren Verbızitungsgebiet. nach dem bisherigen Wissen 
viel weiter südlich liegen mußte. [Vgl. Künnzmann, 37, p. 87]. So 
schien es mir richtiger, alle früher mitgeteilten Funds, die von Koltze 
vergessen oder aus unb>kannten Gründen fortgelassen wurden, wieder 
herauszustell>n, eineıl.i, ob ich vom hiesigen Vorkommen oder Fehlen 
überzeugt war. Dadurch möchte ich alle im Gebiet tätigen Sammler 
v:ranlassen, ihr Augenmerk auf diese Tiere zu richten, damit ihr 
Wiederauffinden ermöglicht oder ein negatives Ergebnis über kurz 
oder lang festgest2llt werden kann. Von einigen ‚‚Vergessenen‘‘ konnte 
ich ihr Vorkommen wieder nachweisen. 

Koltzes Käfersammlung ist laut testamentarischer Bestimmung 
dem Deutschen Entomologischen Museum in Berlin-Dahlem zuge- 
fallen. Durch freundliche Untsistützung der Herren Kustos 
S. Schenkling und H. Wagner konnte ich einige Spezies des 
Koltzeschen Verzeichnisses nachbestimmen. 

Sowohl bei Dr. Proller [5] als auch bei Koltze [25] ist als hervor- 
rag=nder ('oleopt-rologe Dr. Ape!in Pre>stz genannt. Seine Sammlung 
bsfindet sich jetzt im Besitze des Herrn K. Hänel in Dresden. Herr 
Hänel, der einer deı bester Kenner deutscher Käfer ist, erklärte sich 
auf meine Bitte »ereit, einige von mir namhaft gemachte Arten der 
Apelschen Sammlungen einer Revision zu unterziehen. Es handelt 
sich einerseits um solche Arten, die Preller als von Dr. A. gessammelt 
aufführt, Koltze aber fortlößt, andererseits um solche, die nach Koltze 
nur von Dı. A. bei Preetz gesammelt sind. 

Endlich habe ich die dem Naturhistorischen Museum in Lübeck 
überwiesene Sammlung von Koschitzkys durchgesehen, und die 
Zahl der Berichtigungen, die wegen der „Käfer Lübecks‘ [21] not- 
wendig wurde, ist leider nicht gering. Diese Nachuntersuchungen 
waren dadurch sehr erschwert, daß Fundortangaben entweder von 
vornherein fehlten, ode: nachträglich entfernt wurden; immerhin 
konnten die notwendigsten Richtigstellungen mit Sicherheit vorge- 
nommen werden. | 

Meine eigene Sammeltätigkeit begann etwa 1896 und ist his heute 
ohne größere Unterbrechungen [Ausnahme: einjähriger Studienauf- 
enthalt in Leipzig 1905] fortgesetzt worden. In den letzten Jahren 
wurde ich durch meinen Sohn Georg nach Kräften untarstützt. 
— Unter den aufgeführten Sammelorten spielt meire Heimatstadt 
Schönberg, Meckl., eine größere Rolle, die sonst verzeichreten Fund- 
orte liegen meist in der näheren Umgebung Lübecks und sind auf den 
betreffender Meßtischblättern zu firden. Die Bestimmung des Materials 
habe ich selbst vorgenommen: wenn Zweifel übrig blieben, wurde auf 


5* 12. Hoft 


68 Lndwig Benick: 


verschiedenen Vi; egen Klarheit zu schaffen gesucht. Entweder wurden 
Vergleichstiere einmgetauscht oder zur Ansicht erbeten, jedenfalls 
vor Durchführung des Vergleichs nochmals nachgeprüft; ode: es wurden 
Spezialisten um Bestätigung gebeten. Bei den betreffenden Arten 
ist die diesbezügliche Angabe allemal hinzugefügt. Ebenso sird die 
Namen derjenigen Herren, die mir ihre Sammelergebnisse zur Be- 
stimmung vorlegten oder gar zur Verfügung stellten, sowie auch die 
Namen meiner Schüler und Schülerinnen, vor denen ich manches 
gute Tier erhielt, gegebenen Ortes vermerkt. 

Artnamer und Reihenfolge der Gattungen entsprechen dem 
Catalogus Coleopterorum Europae etc. von v. Heyden, Reitter 
und Weise, II. Aufl., 1906, die Artenfolge ist alphabetisch; mir scheint 
der praktische Nutzen dieser voa der bisherigen Gepflogenheit ab- 
weichenden Ordnung so groß zu sein, daß sie sich schon dadurch recht- 
fertigt.!) Varietäten urd Aberrationen stehen vei den zugehörigen 
Arten; sie sird weitgehendst perücksichtigt, dagegen habe ich von 
Neubenennungen meinerseits, obgleicb mehrfach die Abweichungen 
beträchtlich waren [vgl. z. B. Acılius suleatus L. und Necrophorus 
vespilloides Hbst.] gänzlich abgesehen, und zwar hauptsächlich d:s- 
wegen, weil ich der Meirung pin, daß, wenn schon sine Namergepung 
in Frage kommt, die Entscheidung dem Spezialisten überlassen werden 
sollte. Doch möchte ich erwähner, daß ich mir stwaige Benennung 
aer ausführlich beschriebenen Farben- und Formabänderungen aus- 
drücklich vorbehalte. — Die bisherigen Veröffentlicbungen erfolgten 
meist zwei- oder mehrreihig: zunächst ‚‚Neue Art»n‘“, dann ‚Nach- 
träge und Anmerkungen zu den bei Koltze avfgeführten Arten“. 
Es ist lästig, beim Nachsuchen nach einer bestimmten Art immer 
doppelte Arpeit machen zu müssen. So wähle ich die einreihige Ordnung 
urd hene die nach sorgfältiger Durchsicht der gesamten mir bekannten 
Literatur ale Neuentdeckungen festgestellten Tiere durch einen * 
hervor. — Noch möchte ich auf die bislang kaum beacht :te Arbeit 
von Brauns [15] deswegen hinweisen, weil sie die Mitteilung vieler 
Seltenheiten aus der Gegend vor Schönberg, Meckl. [Konow] und 
Schwerin [Brauns, Friese] bringt; manche dr letzthin veröffentlichten 
„Neuheiten“ sind hier schor zu finden. 

Allen, die meine Arbeit irgendwie förderten, spreche ich meinen 
verbindlichsten Dank aus; es sind die Herren E. Albert, bier, Dr. 
M. Bernhauer-Horn (Niederosterreich), Lehrer W. Blohm, hier, 
Kaufmann H. Boy, hier, Prof. Dr. v. Brunn-Hamburg, Lehrer 
K. Burmester, bier, Prof. Dr. A. Fritze-Hannover, H. Gebien- 
Hamburg, Dr. med. Gusmann-Lübeck-Schlutup, K. Hänel- 
Dresden, Pfarrer W. Hubenthal-Buflenven, Kaufmann V. Knoch. 
hier, Gymn.-Dir. Künnemann-Eutin, Prof. Dr. Lehmann- Altona, 
Prof.: Dr. Lobmann-Hamburg, Semin.-Dir. Dr. Möbusz, hier, 
I,ehrer F. Otto, hier, Mittelschullehrer K. Petersen, hier, Kais. Rat 


1) Man vergleiche: L. Benick, Der ‚„‚Lokalsammler‘‘, Entomol. Jahrbuch 
XXVII, 1919, p.60. Fr 


Beiträge zur Käterfauna des nordelbischen Gebietes. 69 


E. Reitter-Paskau (Mähren), Lehrer H. Rusche-Gerstungen, 
Lehrer H. Saager, bier, Kustos S. Schenkling- Berlin-Dahlem, 
Mitzelschullehrer E. Schermer, hier, Rektor R. Scholz-Liegnitz, 
Prof. Y. Sjöstedt-Stockholm, Lehrer W. Stier, hier, Professor 
Dr. A. Thieremann-Plör, H. Wagner-Berlir-Dahlem, A. Zimmer- 
marn-Mürchen. 


Literatur.t) 


l. Clasen, F. W. Beiträge zur Käferfauna Mecklenburgs. I. Ab- 
teilung. Programm der großen Stadtschule zu Rostock 1845, p. 1-- 34. 

2. Derselbe. Übersicht der Käfer Mecklenburgs. Archiv des 
Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 7. Heft, 
1853, p. 100—188; 9. Heft, 1855, p. 116—157: 11. Jahr. 1857, p. 96 
— 118: 13. Jahr. 1859, p. 118-139; 15. Jahr. 1861, p. 151—196.?) 

3. Endrulat, B. und Tessin H. Zur Fauna der Niedsrelbe. Ver- 
zeichnis der bisber um Hamburg gefundenen Käfer. Hamburg 1854. 
VI + 46 pp. 

4. Endrulat, B. Nachträge zum Käferverzeichnis der Nieder- 
elbe. Stetiiner Entomologische Zeitung XVI, 1855. p. 185—187. 

5. Preller. Dr. €. H. Die Käfer von Hamburg und Umgegend. 
Ein Beitrag zur nordelbischen Insektenfauna. Hamburg 1862. XI 
+ 158 pp. 

6. Koltze, W. Sammelbericht aus Hamburg. Berliner FEntomo- 
logische Zeitschrift VII, 1863, p. 438. 

7. Derselbe. Sammelbericht. A. a. 0. X. 1866, p. 405-409. 

8. Preller, Dr. €. Di» Käfer von Hambuig und Umgegend [s. 5]. 
II. Aufl. Hamourg 1867. Anhang zur I. Aufl. p. 161-—227. 

9. Kraatz, Dr. 6. Beiträge zur Kerntnis der deutschen Käfer- 
fauna. Berliner Ertomologische Zeitschrift XII, 1868, p. 283—304. 

10. Preller, Dr. €. Weitere Nachträge zur nordalbingischen 
Insektenfauna. A. a. O., p. 310-311. 

Il. Koltze, W. Käfer-Notiz. Stettin. Ent. Ztg. XXXI, 1870, 
p- 144. 

12. Derselbe. Sammelbericht. Berlin. Ent. Ztschr. XVI, 1872, 
p- 161-162. 

13. Beuthin, Dr. H. Sammelbericht. Stettin. Ent. Ztg. XXXIV, 
1873, p. 117— 119. 


‘) Nur die hauptsächlichsten Veröffentlichungen und soweit sie das Gebiet 
‚nördlich der Elbe, westlich der Linie Wismar—Schwerin—Dömitz und südlich 
des Nord-Östsee-Kanals betreffen, sind verzeichnet; Ordnung in der Zeitfolge. 
?) Die unter 1. und 2. genannten Arbeiten, von denen die erste Fragment 
geblieben ist (nur Laufkäfer), bringen Funde aus West-Mecklenburg (Ludwigs- 
lust, Wismar usw.). 


12. Ilett 


70 Ludwig Benick: 


l4. Derselbe. Zweiter Nachtrag zum Verzeichnis der um Ham- 
burg gefangenen Käfer. Verbandlungen ds Versins für naturwissen- 
schaftliche Unterhaltung zu Hamburg, T, 1875, p. 127—129.t) 

15. Brauns, Gymrasiallehrer. Nachträge zum Verzeichnisse 
der Käfer Mecklenburgs von Clasen. Archiv des Vereins usw. [s. 2]. 
32. Jahr, 1879, p. 58—-74. 

16. Wiese. H. F. [Schönkirchen kei Kiel]. Vorkommen einiger 
seltenep Käfer. Schriften des Naturwissenscnaftlichen Vereins für 
Schleswig-Holstsin. «Bd. V, 1884, 2. H>ft, p. 120— 121. 

16a. Augustin, €. H. Wegweiser für Käfersammler. 2. verm. 
u. mit 360 Abb. bereicherte Aufl. von Dr. K. W. Augustin. Hamburg, 
1886. VIIIL+ 228 pp. 

17. Nissen, B. T., Wimmel, Th., Niemeyer, P. und Beuthin, Dr. H. 
Neue und seltere Käfer der Hamburger Gegend. Verkandlungen des 
Vereips usw. [s. 14], VJ, 1887, p. 7—9. 

18. Wimmel, Th. und Niemeyer, R. Beitrag zur Fauna der Nieder- 
elbgegend. Neue und seltene Kafer. A. a. O., VII, 1891, p. 4— 14. 

19. Timm, Dr. R. und Wimmel, Th. Neue und seltene Köfer 
der Hamburger G>gend. A. a. O., VIII 1894, p.1—11. 

19a. Zacharias, Dr. ©. Fauna des Gr. Plöner Sees. Forschungs- 
berichte aus der biologischen Station zu Plön, Teil 2, 1894, p. 63 
[Coleoptera). 

20. Lenz, Dr. H. Die Fauna der Umgegend Lübecks. In: Lübeck, 
Festschrift, den Teilnehmern der 67. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Ärzte gewidmet. 1895. Darin p. 319—323: Die Käfer 
von Major v. Koschitzky. 

21. Koschitzky, v. Die Käfer Lioecks. Mittzilungen der Geo- 
graphischen Gasellschaft und des Naturhistorischen Museums in Lübeck. 
II. Reihe, Heft VII/VIII, 1895, p. „2—-102; Heft X/XI. 1896, p. 81 
—89; Heft Xil/XIIL 1898, p. 88—104; Heft XIV. 1900, p. 3—91. 

22. Wimmel, Th. und Gebien, H. Neue und reltene Käfer der 


Hampurger Gegend. Verhandlungen usw. [s. 14], IX, 1896, p. 4—9. 


23. Greve, H. Über die Verbreitung von Calosoma sycophanta L. 
Die Heimat. Moratsschrift des Vereins zur Pflege der Natuı- und 
Landeskunde in Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck u. d. Füısten- 
tum Lüneck, VII, 1897, p. 26. 

23a. Gerhardt, Jul. |Liegnitz]. Zur Köferfaura der Gewässer der 
Umgegend vor Plön. Forschungsberichte usw. [s. 19a], Teil 6, 1898, 

.213— 214. 

, 24. Wimmel, Th. Neue und seltene Käfer der Hamburger Gegend. 
Verhandlungen usw. [s. 14], X, 1899, p. 77— 78. 

25. Koltze, W. Verzeichnis der in der Umgegend von Hamburg 
gefundenen Käfer. A. a. O., XI, 1901, p. 1— 194. 


!) Die unter 13. und 14. genannten Arbeiten sind nicht berücksichtigt; 
sie sind kritiklos. Vergl. Koltze u. Kraatz [,‚Über zweifelhafte Hamburger Käfer‘‘] 
Deutsche Entom. Zeitschr. XX, 1876, p. 184 und Beuthins Erwiderung: Ver- 
handlen. [s. 14] II, 1876, p. 222—224. 


N 


Beiträge zur Käferfauna (des nordelbischen Gebietes, 71 


26. Friederichs, K. [Wismar]. Neue mecklenburgische Käfer. 
Archiv des Vereins usw. [s. 2], 55. Jahrgg., 1901, p. 169— 172. 

27. Hagedorn, Dr. M. Neue Käfer der Niederelbfauna. Verhandl. 
usw. [s. 14], XII, 1904, p. 101— 102. Berichtigungen dazu: a. a. O. 
XIII, 1907, p. 150. 

28. Sydow, Dr. v. Nachträge und Ergänzungen zum Koltzeschen 
Verzeichnis Hamburger Käfer. A. a. OÖ. XIII, 1907, p. 94— 108. 

29. Wimmel, Th. Käfer von Ratzeburg. A. a. O., p. 84-89. 

30. Derselbe. Nachtrag zum Verzeichnis der Käfer von Ratze- 
burg. A.a. O., p. 149. 

31. Derselbe. Beitrag zur Käferfauna der Niederelbgegend. 
A. a. O., p. 90—-9. 

32. Schilsky, 0. Systematisches Verzeichnis der Käfer Deutsch- 
lands und Deutsch-Österreichs. Stuttgart 1909. XIX + 221 pp. 

33. Stern, €. Nachträge zum Koltzeschen Verzeichnis der Ham- 
burger Käfer. Verhandlungen usw. [s. 14], XIV, 1910, p. 177—-195. 

34. Künnemann, Gymnasialdirektor. Beiträge zur Käferfauna 
Östholsteins. Deutsche Entomol. Zeitschrift 1913, p. 643— 647. 

35. Stern, €. Neue und seltene Käfer des Niederelbgebiets. Ab- 
handlungen des Vereins usw. [s. 14], XV, 1914, p. 57— 84. 

36. Gusmann, Dr. P. Beiträge zur Käferfauna der Untertrave 
und ihrer Umgebung, ein Nachtrag zu dem Verzeichnis der in der 
Umgebung von Hamburg gefundenen Käfer von W. Koltze. Verhandl. 
usw. [s. 14], XV, 1914, p. 85—-193 und 362 [Nachtrag]. 

36a. Koltze, W. Nachträge und Berichtigungen zu Reitters Fauna 
germanica bezüglich der in der Umgebung Hamburgs vorkommenden 
Coleopteren. In: Reitter, Fauna germ., Bd. V, 1916, p. 310— 316. 

37. Künnemann, Gymn.-Dir. Zweiter Beitrag zur Käferfauna 
Öst-Holsteins. Deutsche Entom. Ztschr. 1918, p. 87— 92. 

38. Gusmann, Dr. P. Zweiter Beitrag zur Käferfauna der Unter- 
trave und ihrer Umgebung (ein Nachtrag zu dem Verzeichnis der in der 
Umgebung von Hamburg gefundenen Käfer von W. Koltze 1901). 
— Entom. Blätter XV, 1919, p. 55— 86. 

39. Künnemann, Gymn.-Dir. Dritter Beitrag zur Käferfauna 
Öst-Holsteins. (Mit 1 Abb.) Deutsche Entom. Zeitschr. 1921, p. 53— 58. 


*Ojcindela maritima ab. intermedia Lengerken [Entomol. Blätt. 1909’ 
p- 187] Herrenbrücke, Priwall Travemünde. Mit vom Autor 
erhaltenen Stücken verglichen. — *C. maritima ab. obscura 
Schilsky. 1 Stück am Priwallstrand [Frl. E. Steffens]. 


Calosoma sycophanta LI. In meiner Sammlung befinden sich fünf 
Stücke: eins in den neunziger Jahren hier gesammelt [W. Blohm], 
eins in einem Vorstadtgarten, 7. 1907 [F. Otto], ein drittes in einem 
Schrebergarten am Elb-Trave-Kanal, 26.5.1916 [School], das 
vierte im Lauerholz, 2.7.1918 [Frl. Ebinger], ein fünftes bei 
Grevesmühlen, 15.7.1919 [F. Grube]. Ein weiteres Stück bei 
Wesloe am Waldrand gesammelt [10.7. 1916, K. Saager], be- 


13. Haft 


-] 
1) 


Ludwig Benick: 


findet sich in der hiesigen Museumssammlung! *) — Die Ansicht 
v. Koschitzkys [21], daß das Tier bei Lübeck seine Nordgrenze 
erreiche, wurde schon von Greve [23] widerlegt. 


( RR clathratus I. S. Gusmann [36, p. 105]. Ein weiteres Stück, 
das bei Techau (Frstt. Lübeck), 7. 1908 am Rande eines Moores 
gefangen wurde [Grimm!], ist bei einem Brande vernichtet. — 
CO. glabratus Payk. ist in den Wäldern unmittelbar um Lübeck 
noch nicht gefunden, kommt aber in entfernteren Wäldern vor; 
Mölln, nicht selten: 5. 1914, 7. 1914 [Caven], 2. 6. 1918 [Benick]; 
Reinfeld!, 15. 8. 1911 [Brenke]; Kastorf! 1908 [F. Otto]; 
Schwartau, Riesebusch!, 28.7. 1914 [Jäde]. — Vgl. Ent. Blätter 
1912, Heft ], Verbreitungskarte. — *C. nitens ab. fennicus Geh. 
Scheint häufiger als die Art zu sein. Lübeck [Cordts], Grönau, 
Strecknitz, Lüchow ı. Lauenbg. [Scharsack]; Lübtheen [Möller]. 
— (. riolaceus L. Fehlt ebenfalls in unmittelbarer Nähs Lühecks, 
rückt jedoch südlich nahe heran: 3. Fischerbuden, 1916, 1 Stück 
|Eick]; Ratzeburg, 5. 1913 [E. Schermer]; Mustin i. Lauenbg.., 
25.7.1912, zahlreich [Hr. Boy]; Mölln, 4. 1914 [Caven f] u. 
1898 |Benick], dies letztgenannte Stück mit eyanblauem Flügel- 
deckenrand; Prinzenholz bei Eutin [H. Rusche]; Sielbeck am 
Kellersee, 4. 10. 1918. Die Halsschildform [Breite : Länge] ist 
sehr variabel. 

Nebria iberica d’Oliv. [Klinckowströmi Mjönperg: Ent. Tidskr. 1915, 
p. 285; Arkiv för Zoologi X, Hft. 4, Nr.27, p.5; Benick, Ent. 
Mitteil. VIII, 1919, p. 14—17 u. 124]. Zwei Ex. auf Baggermodde 
am Kanal, 8. 1903. Verglichen mit typischen S:ücken vom Reichs- 
museum in Stockholm. — Das Tier oürfte nicht halophil sein; 
G. Benick sammelte es zahlreich an einem hochgelegenen Wald- 
rand unter Steinen bei Dobbertin, Meckl., 7. 1919. 

Notiophilus pusillus Waterh. S. Gusmann [?6], p. 90, Anm. — Palinger 
Heide, 10. 1917: 2 Stücke Schwartau, 16. 4.08 ] Stück (Sammle. 
Boy)!. - N. hypoerita Putz. Travemünde, 20.7.1918, Schön- 
berg, 1.8.20, je 2 Stek. 

Dyschirius angustatus Ahr. Bei Vorwerk (sandiger Boden), je 1 Stck., 
5. u. 6. 1917 [G. Benick]. — *D. chalceus Er. Bei Travemünde 
am Strand der Siechenbucht 1 Stck. 25. 6. 1916. — D. digitatus 
Dej. S. Koschitzky [21]. Im Lübecker Museum ist 1 Stek. ohne 
Fundort. Da in der Sammlung Tiere aus verschiedenen Gegenden 
Europas vereinigt sind, bleibt die Art für Lübeck noch festzu- 
stellen. Bei Schilsky 132] ist die Angabe Lübeck zu streichen. —- 
D. intermedi ıs Putz. Herrenbrücke, 6. 1907; am Ufer der Wakenitz 
6.1915 [H. Wagner det.]; Schönberg 6. 1917, 2 Stek. — D. L’ dersi 
Wagner [Entomol. Mitteilungen 1915, p. 304]. Das Tier ist eben- 
so häufig wie D. aeneus Dej. Am Ufer der Untertrave und des 
Kanals, Fehmarn, Genin, Herrenbrücke, Mönckhof, Schönberg. 


!) ! bedeutet, daß das Tier mir vorgelegen hat. 


un 


> ee. 


ee VE 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 713 


Mit vom Autor erhaltenen Stücken verglichen. — D. Neresheimeri 
Wagner [Entom. Mitteilungen 1915, p. 241]. Infolge der Fest- 
stellung Wagners, daß sämtliche in der Koltzeschen Sammlung 
vorhandenen D. nitidus Dej. [Koltze, 25] = Neresheimeri Wagn. 
sind, muß diese neue Art als zur Fauna gehörig angeführt werden. 
Ob die Angabe Prellers [8, p. 162] sich nun ebenfalls auf diese 
Art bezieht, bleibt fraglich. —- D.nitidus Dej. Im Lüb. Mus. 
[v. Koschitzky, 21] befindet sich kein zweifellos hier gefangenes 
Stück. — Genin, auf Baggermodde 1 Stck., 27. 6. 1914 [Wagner 
vid.]. 

* Bembidion Doris ab. aquaticum Pz. Mönkhof, am Teichrand gesiebt, 
7.8.1911, 1 Stek. — *B. fumigatum Dft. Fehmarn bei Walnau, 
am Rand eives Fischteiches, ] Stck., 19. 5. 1912. — B. humerale 
Strm. ÖOstseestrand bei Timmendorf, 6. 19064, 1 Steck. — B. lunu- 
latum Fourer. Das von v. Koschitzky angegebene Stück habe 
ich im Lüb. Mus. vergeblich gesucht. —- Die Art ist bislang üver- 
sehen. Hier mehrfach im Frühjahr schwärmend gefangen [G. Be- 
nick], außerdem von Brandenbaum, Marli, Mönkhof, Schönberg 
[G. Benick] in meiner Sammlung. — B. nigricorne Gyll. Palinger 
Heide, unter einzeln stehenden Heidekrautbüschen am Rande 
des Moores, 7. u. 8. 1917, je 1 Stck. ; 24. 9. 19182 Stck. TG. Benick]. 
— B. octomaculatum Goeze. Scharbeutz a. O., am Strande, 24.7. 12 
I Stek. — B. pygmaeum F. [v. Koschitzky, 21]. Das einzige im 
Lüb. Mus. vorhandene Stück ohne Fundort gehört zu lampros 
Hbst.}) 

Trechus discus F. Scharbeutz a. O., am Strand, 7. 1912, Schönberg, 
am Öberteich, 7. 1908, 9. 1916. — T. mieres Host. Auf trockener 
Baggermodde unt.r faulenden Pflanzen, 8. 1905; selbst in der 
Vorstadt im Garten, 8. 1909. — T. palpalis Dej. [v. Koschitzky, 21, 
Nachtrag]. Im Lüb. Mus. sind keine Stücke dieser Art von hier. 

* Pogomus chalceus Marsh. Bei der Herrenbrücke auf trockener Bagger- 
modde 1902 1 Stck. 

* Panagaeus cruz major ab. Schaumi Gnglb. Lauerholz und Schell- 
bruch je 1 Stck., Schönberg 2. 

*Badister bipustulatus ab. binotatus Fisch. 1 Stek. ohne genauere 
Angabe, von hier. — B. unipustulatus Bon. v. Koschitzky sagt 
in der ersten Arbeit [20, p. 320]: „soll hier vorkommen“, später 
[21] heißt es: ‚Nur einmal von Mild> gefunden auf dem Stadt- 
walle“. Milde [f 1875] hat in einem ‚Catalogus Coleopt>rorum 
Europae‘ 7. Aufl. 1858 (Stettin) die Arten angemerkt; diese Art 
ist nicht als hier gefangen bezeichnet. Im Lüb. Mus. ist 1 Stck. 
ohne Fundortangabe. 


1) B.nigricolle Redt. [Endrulat, 4] ist in dem von Endr. benutzten Katalog 
als zweifelhafte Art mit B. Andreae F. zusammengestellt, bei Preller u. Koltze 
fortgelassen; an B.oblongum Dej., wozu nigricolle Redt. im neusten Katalog 
(1906) gestellt wird, darf nicht gedacht werden. — B. rufescens Dej. [Preller, 8] 
dürfte = Ocys rufescens Guer. = O. harpaloides Serv. sein. 

12. Ileit 


14 Ludwig Benick: 


Ophonus rufibarbis F. (brevicollis Serv.) Klein (6.5—-7 mm): Lübeck, 
5. 1903, 4 Stck., Schönberg 4. 1918, 1 Stck.; größer (7,8—8,8 mm): 
Scharbeutz 7. 1913, Schönberg 7. 1918, je 1 Stek. — Ed. Everts 
gibt [Tijdsschrift voor Entom. 1915, p. 165] an, daß Sharp 
[Entom. Monthl. Mag. XXIII, 1912] rufibarbis F. von brevicollis 
Serv. trenne; erstere Art sei größer (8—10 mm) und habe einen 
längeren Halsschild mit gröberer, dichterer Punktierung, le.ztere 
sei kleiner (6-8 mm) und besitze einen breiteren Halsschild 
mit schwächerer, zerstreuterer Punktierung. Tatsache is., daß 
rufibarbis-Stücke von stark verschiedener Größe sein können; 
aber die Angabe, daß der Halsschild länger und gröber punktiert 
sei im Gegensatz zu brevicollis Serv. scheint darauf hinzuweisen, 
daß Sharp und Everts zum Vergleich mit kleinen rufibarbis- 
Exempl. Stücke des puncticollis Payk. ohne Basalrandung des 
Halsschildes vorgelegen haben. [Vgl. Ganglbauer, Käf. Mitteleur. 
II, p. 343.] 

she luridus Dej. Vgl. Neresheimer u. Wagner, Entom. Mitt. 
1918, p.20. Brandenbaum 17.4. 1912, Deepenmoor 30. 5. 1916 
je 1 Steck. gesiebt. 

Anthracus consputus var. Wimmeli Reitt. Vgl. v. Wanka, Wien. 
Ent. Ztg. 1915, p. 121. Schönberg 31.5.1914 u. 9.5.1915, je 
1 Stck. am Rande eines Lehmtümpels. 

Bradycellus verbasci Dft. Palinger Heide, fliegend, 5. 6. 1909, 2 Stek. 
Besental in Lauenburg, 15.8.1915, 1 Stck. [Sammlg. Boy!). 

* Dichirotrichus pubescens Payk. An der Wakenitz, 4. 6. 1913 [v. Pein], 


aan 


EUER EEE | 


Priwall, unser Tang, 17.7. 19 [G. Benick], je 1 Stck. i 
Amara [usca Dej. Von Koltze 1866 [7, p. 406] angeführt, 1901 [25] 
weggelassen. Stern [>3]. — In meiner Sammlung I Stck. aus 


Wesloe, 26. 7. 1916, 3 Stek. aus Schönberg, 6. u. 7. 1917. Besen- 
tal. Lauenburg, 7. 6. 1914 (Sammlg. Boy!). — A. infima Dft. In 
der Palinger Heide unter Heidekrautbüscheln nicht selten. — 
A. montivaga Strm. Tümpelrand im Lauerholz, 5. 1969. 1 Stck. 
— A. munieipalis Dft. Im Lüb. Mus. ist 1 Steck. ohne Fundorts- 
angabe [v. Koschitzky, 21]. — 4. silvieola Zimm. Im Lüb. Mus. 
stecken 2 Stck. ohne Fundortangabe [v. Koschitzky, 21]. 

*Calathus fuscipes ab. flavipes Payk. Lübeck 1 Stek., Schwartau 
3.5.1908 ] Steck. (Sammlung Boy!). 

Agonum gqracilipes Dft.. Am Ostseestrand (Travemünde, Brothener 
Ufer, Scharbeutz) vereinzelt von Mai— Juli. — A.lvens Gyll. © 
Lauerholz, Moislinger Brook, Schönberg; im Frühjahr unter 7 
feuchten Baumrinden und Laub. I Stek. rotbraun, nur der Kopf 
schwarz (Moiel. Br. 15.4. 1912). 

Masoreus Wetterhali Gyll. Schönberg, auf sandigem Ödland 7. 1906 
u. 7. 1907 je 1 Stck. Scharbautz, am Strand 7. 1912 u. Palinger 
Heide 5.7. 1917, je ein Stück. 

Dromius longiceps Dei. Von Friedrichs [26] bei Wismar gefangen. 
Im Lüb. Mus. steckt ein Stück, dieser Art als linearis Ol., das von 
v. Koschitzky gesammelt ist. Es ist ein nicht ganz reifes Tier, 

L 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 75 


das aber morphologisch mit andııen Stücken des Lüb. Mus. von 
Wien gut übereinstimmt. 


Cymindis angularis Gyll. Von Endrulat und Tessin [3, p. 1] und 


Preller [5, p. 6] angegeben, von Ko!ize [25] ohne Kommentar 
ausg:lassen, s. jedoch die Bemerkung K.s in Reitters Fauna 
germ. V, p. 311. — *C. macularis ab. fenestrata Schilsky. Palinger 
Heide unter Heidekraut gleichzeitig mit der Art je in 1 Stck. 
gefangen *.8. 1917. 


Halipl.ıs apicalis Thoms. [Vgl. A. Zimmermann, Arch. f. Naturg. 83, 


1917, Abt. A, p. 68 u. f.] In den ostholsteinischen Seen (Floner 
und Schöhsee), doch auch im brackigen Wasser hei Howacht 
24.7.1919 und im Hemmelsdorfer See 1.9. 1918. — *H. confinis 
ab. pallens Fowler. Diese helle Form, di» bislang nur von Groß- 
Britannien bekannt war, fing Hr. E. Schermer 21.7.1913 im 
Ratzeburger See und 23.7. 1918 im Gr. Plöner See (6,5 m tief), 
sowohl vor der Einmündung der Schwentine, als auch beim Ruh- 
lebener Warder und in der Charazone in Anzahl, am letztge- 
nannten Orte 7.1919 auch von mir über hellem Sandgrund ge- 
fangen. — H.lineolatus Mnnh. Gr. Ratzeburger See 21.7.1913 
5 Ex. [E. Schermer], Edebergsee 12.7. 1919 6 Ex., Unter. Aus- 
grabensee 4. 8. 1918 [E. Schermer]) 2 Ex. — AH. varius Nic. 
v. Koschitzky [21]; die im Lüb. Mus. steckenden Stücke sind 
confinis Steph. Ich fing 7.8.1908 1 Stek. in der Wakenitz. 


Hygrotus decoratus Gyll. Tümpel bei Strecknitz 7.5.1907 1 Steck. 
Coelambus impressopunctatus var. Q lineellus Gyll. Pfütze auf Bagger- 


modde, Genin 9.10.1912, 1 Stek. — C. parallelogrammus Ahr. 
v. Koschitzky [21]; $ @ im Lüb. Mus. ohne Fundortangabe. In 
meiner Sammlung 3 44, 4 29, 1902 auf dem Priwall in einer Brack- 
wasserpfütze gefangen. In trackig:r Pfütze bei Howacht 24.7. 19 
] Steck. Bei den $S$ sind die angedeuteten Flügeldeckenfurchen 
ausgeprägter als bei der var. © lineellus der verwandten Art. 


Bidessus pumilus Redt. v. Koschitzky [21]; 2 Stck. des Lüb. Mus. 


ohne Fundortangabe = wnistriatus Ni. 


Hudroporus assimilis Payk. Preller [8, p. 164]: „Von Herrn Augustin 


sind, 


bei Lütjenburg gefangen.“ 1) Von Koltze ohne Begründung fort- 
gelassen. v. Koschitzky [21]: im Lüb. Mus. sind 4 Stck. ohne 
Fundort = Sanmarki Sahlbg. — H.bilineıtus ab. Hopffgarteni 
Schilsky. Mit der Art in einem Waldtümpel bei Schönberg 
31.3.1918 [mit dem Krebs Branchipus staanalis gemeinsam] 
in mehreren Stck. — H. brevis Strm. [v. Koschitzky, 21] ist nach 
Gemminger et Harold, Catal. Coleopt.?) II [1868], p. 432 = de- 
pressus F., der bei v. Kosch. nicht aufgeführt ist. Die Art ist hier 
in langsam fließenden Gewässern und größeren Seen nicht selten. 
-—- H. 12-pustulatus F. Im TLüb. Mus. befinde! sich ein fast völlig 


!) Bei Augustin [16], wo viele schleswig-holsteinische Funde verzeichnet 
ist jedoch das Tier nicht genannt. 
®) Nach diesem Katalog ist die Sammlung des Lüb. Mus. geordnet. 


12. Beft 


76 Ludwig Benick: 


schwarzes Tier [,,v. Koschitzky. Holstein‘ ], das nur an den Seiten 
und vor der Spitze jederseits je einen kleinen undeutlichen Fleck 
hat; der Halsschild ist schwarz mit breit rotgelbem Seitenrand, 
der Kopf ist seitlich und hinten dunkel. Vgl. Koltze 25, p. 25. 
— H. elegans Strm. Die von J. Gerhardt [23a] vom Gr. Plöner See 
schon erwähnte Art besitze ich von folg. Fundorten: Rotenhusen 
(Ausfluß der Wakenitz aus dem Ratzeburger See) 2.. 10. 1910 
1 Stek., Kellers»e 7. 8.18 [E. Schermer] 3 Steck. [R. Scholz vid.], 
Gr. Plöner See [E. Schermer], 1 Steck. — Das einzige bei Reitter 
(Fn. Germ. I, p. 293) angegebene Unterscheidungsmerkmal von 
depressus F., die Unterseitenfärbung, reicht nicht aus, da sie bei 
depressus v>ränderlich ist, vielmehr geben Halsschildform und 
Klauenbildung der 33 [vgl. Ganglbauer, Käf. Mitt. I, p. 463] 
gute Trennungsmerkmale. — H. Sanmarki Sahlbg. [v. Koschitzky, 
21]. Diese Art ist ohne Fundortangabe in inigen Stck. in der 
Sammlg. des Lüb. Mus. vorhanden, jedoch bes anderen Arten 
steckend. Ein Stek. ist von v. Kosch. präp., trotzdem muß das 
hiesige Vorkommen einstweil:n fraglich bleiben. — H. striola Gyll. 
[v. Koschitzky, 21] = vittula Er. Im Lüb Mus. zwei unreife 
Stücke ohne Fundort. — Die Art ist in Teichen nicht selten: 
Brandenbaum, Grönau, Schellbruch, Schönberg, Wesloe. — 
H. discretus Fairm. Im kalten Quellwasser am Ufer des Keller- und 
Dieksees, 10. 5. 1918, 1. 8. 1918 u. 29. 9. 1919, einzeln [A. Thi>ne- 
mann. 


Agabus Erichsoni Gemm. Nach Preller [10: nigroaeneus Er.] von Dr. 
Apel hei Preetz gesammelt, von Koltze ohne Begründung ausge- 
lassen. Das Ex. ist in der Apelschen Sammlung vorhanden. 
[K. Hän:l, briefl.: „Frühjahr 1861 im Graben in Vogelsang‘). — 
Gusmann [36] führt die Art wieder auf. —- 1 Stck. von hier, in 
früheren Jahren gefangen, in meiner Sammlung. Ein weiteres 
auf trockener Wiese im Wesloer Moor 25.5. 1920 gefangen. — 
A. fuseipennis Payk. Von Clasen [2] zuerst von Ludwigslust ge- 
meldet. — Ich fing 1 Stck. im Strandwasser der Ostsee am 
Brothener Ufer 6. 6. 1911. In einem jetzt ausgetrockneten Tümpel 
bei Schönberg war das Tier in den letzten Jahren nicht selten 
(13 Ex. daher in meiner Sammlung). — A, nebulosus Forst. Schön- 
berg 11.7.1906, Schönböken, 5. 1907 [F. Otto], Quellwasser 
am Ufer des Selenter Sees, 25.9. 1919 [A. Thienemann], einzeln. 
— A. striolatus Gyll. Vgl. Koltze [25, p. 27]. In der Apelschen 
Sammlung sind mehrere Stücke (,‚Mai 1857, April 1869 im fließend. 
Graben in Vogelsang“, K. Hänel, briefl.]). — 4. subtilis Er. ist 
ebenfalls in der Apelschen Sammlung vorhanden [K. Hänel, 
briefl.] und Gusmanns Vermutung [36, p. 91] demnach nicht zu- 
treffend. 


* Platambus maculatus ab. inaequalis Pz. Wesloer Moor 26. 4. 1916 
I Stck. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebiets. vg; 


* Rhantus exoletus ab. melanopterus Zeit. Lauerholz, Tümpel, 2.5. 1916 
l Stek. -— Rh. notatus var. 9 vermicularıs Fauv. Schellbruch 
24.4. 1912, Lauerholz, Fuchsteich 7.5.1918, je 1 Stek. 

Colymbetes striıtus L. ‚[v. Koschitzky, 21]. Ist im Handkatalog des 
Lüb. Mus. angemerkt [,,Lüb. (v.K.)'], fehlt aber in der Sammlung. 
Die Angabe bei Schilsky [32, p. 28] ist zu streichen. 

*/Tydatıcus transversalis ab. degeneratus Westh. Vgl. Scholz, Entom. 
Blätter 1915, p. 248. Schönberg 29.3.1916 ı Scck. 

Graphoderes austriacus Ntrm. 1 5 von hier [v. Koschitzky, Museums- 
sammlung!]. —- *@. cinereus ab. simulator Westh., Walnau auf 
Fehmarn in einem Fischteich 19.5.1912, 1 Steck. 

‚Aecilius sulcatus L. Von dieser häufigen Art fing ich am 31.5.1914 
bei Schönberg ein $, dem jegliche Behaarurg in den Halsschild- 
gruben und Flügeldeckenfurchen fehlt. Die Haare sind nicht 
etwa abgeriebsn, denn es sind auch bei guter Vergrößerung in 
den Punkten kein» Haarreste zu sehen. Das Tier ist 17 mm lang. 

Dytiscus lapponicus Gyll. Fuchs5eich bei Padelügge 25. 11.1911, 1 Stck. 

*Gyrinus Suffriani Seriba. Fischteich im Lauerholz 10. 1911, 1 Stck. 
— @. Thomsoni Zaitz. [Rev. Ru:s. d’Ent. 1907, p. 122]. Diese 
von @. marinus Gyll. nur wenig verschiedene Art ist hıer auf 
Flüssen und Seen häufiger als morinus: Wakenitz (Rotenhusen, 
l. Fischerbuden), Schwartau, Mawine b. Schönberg; Uglei-See 
[E. Schermer; Zimmermann vid.], Hemmelsdorfer See. 

Orectochilus villosus Müll. Schwartau, in der Au. 18. 6. 1916, 1 Stck. 
aus Kraut gekätschert. - -- 

Micropeplus caelatus Er. Schönberg 17. 4. 1920 1 Stek. am Oberteich 
gesiebt. —: M./ulvus Er. Lübeck 29.9.1906, 1 Stck. 

Megarthrus nitidulus Kr. Nach Preller [10] von Dr. Apel bei Preetz 
in Baumschwämmen gef. In Dr. Apels Aufzeichnungen findet 
sich zwar die Angabe ‚20. Nov. 1863“, in der Sammlung iss das 
Tier jedoch nicht [K. Hänel, briefl.]. Koltzes Fortlassung,: die 
allerdings unbegründet erfolgte, scheint demnach gerechifertigt 
zu sein. — M. sinuatocollis Lac. Schellbruch 14. 10. 1917. 2 Stck. 

Anthobium florale Pz. Schönberg, am Rand eines flachen Waldtümpels 
gesiebt, 31.3 1918, 1 Stck. Lauerholz, in den Blüten von Anemone 
nemo1osa, 25. 4. 1918, 2 Steck. — *A. lapponicum Mnnh. Wesloer 
Moor, 8.5.12, ] Stck. gesiebt [Künnemann vid.]. — *A. signatum 
Maerk. Lübeck 1904, 2 Stck. 

*Acrolocha sulculus Steph. Lbeck, im Frühjahr 1915 in der Straße 
schwärmend, 1 Stek. [G. Benick]. 

Phyliodrepa rufula Er. Von Preller [8, p. 178] &ls Omal. rufulum Er. 
von Preetz verzeichnet, von Keltze nur im Anhang [25, p. 179] 
genannt. Möglich, daß Reitter, der [Fn. germ. II, p. 194] Ham- 
burg als einzigen Fundort nennt, sich auf Preller stützt. — Das 
Tier fehlt in Dr. Apels Sammlung [K. Hänel, briefl.]. — Ph. trans- 
lucida Kr. ist zu streichen. Koltze gibt an [25. p. 61], daß er das 
Tier mehrfach von blühenden Kiefern geklopft Bar, Herr Wagner- 
Berlin-Dahlem sandte mir das einzige in der Sammlung Koltze 


12. Heft 


78 Ludwig Benick: 


vorhandene hamburgische Stück (,,19. V. 48“), das von Eppels- 
heim als translucida bestimmt ist, ein; es ist Ph. vihs Er. Herr 
Wagner, der das Stück mit Ex. der Kraatzschen Sammlung 
verglich, bestätigt meine Ansicht. So dürfte es verständlich sein, 
daß Koltze eigene Funde der Ph. vilis Er. nicht verzeichnet. — 
Ob Ph. translucida gute Art oder nur Varietät von Ph. nigra Grav. 
ist [vgl. Reitter, Fn.g. II, p. 193 und Gusmann, 38, p. 78], be- 
darf gründlicher Untersuchung. 


*Omalium caesum ab. apieicorne Solsky. Hier überall ebenso häufig 


wie die Art. 
Phloeonomus lapponicus Zett. Strecknitz, von beschädigtem, stark 
harzendem Kiefernstamm abgelesen, 4. u. 5. 1908. --- Ph. minimus 


Er. Nach Preller [10] von Dr. Apel bei Preetz geschöpft, von 
Koltze unbegriindet ausgelassen; ist in der Sammlung Dr. Apels 
vorhanden [K. Hänel, briefl.]. 

Acidota eruentata Mnnh. Lauerholz, im Frühjahr 1913, ] Stck. gesiebt. 


Lesteva longelytrata Goeze. Ein unausgefärbtes Stück von Schönberg 
(13.5.1913) mit kürzeren, erweiterten Flügeldecken ist von 
L. menticola Kıesw. (Brocken, Heinemann) kaum zu untar- 
scheiden. — L. pubescens Mnnh. In den Quellsumpfen der Ost- 
Holsteinischen Seen nicht sehr selten (Keller-, Diek-, Selenter See; 
Ratzeburger See), insgesamt 21 Stck. in meiner Sammlung. - 
L. punctata Er. \vie der vorige, aber viel häufiger. — 1. sieula Er. 
Schellbruch 1.4.1912, 16.1.1916; Genin, auf PBaggern.odde 
17.6. 1914, 14.6.1915, 27.6. 1916, 22.10.1916; Schönberg 
16. 6. 1917, einzeln. 

Anthophagus bicornis Block. Preller [8, p. 177] gibt die Art als A. ar- 
miger Grav. von Hampurg an; Koltze läßt sie fort. — A. caraboides 
I. Schönberg, unter Erlenrinde, 4.8.1916, 1 Stck., an einer 
Haustür, 8. 10.1917, 1 Stck. 

Coryphium angusticolle Steph., langdeckige Form. Auf der Straße 
schwärmend, 4. 1913, 1 Stck. |@. Benick]. Schönberg, unt:r der 
Rinde eines Pfahles, 31. 12. 1920, 1 Stck. 

Syntomium aeneum Müll. Wesloe, 5.8.1909, 1 Stck., 2. 10. 1915, 
2 Stek. aus Moos gesient. Schönberg, 22.7.1916, 1 Stck. ge- 
schöpft [G. Benick]. 


Deleaster dichrous Grav. Reinfeld (Zuschlag Buchenzweig), 15. 6. 1912, 


Art aus Nordwestdeutschland nachgewiesen. G. Benick siebte 
am 9. 10.1918 1 Stck. aus Moos am Rande einer ausgetrockneten 
Pfütze bei Schönberg, ein zweites wurde daselbst 21.5. 1919 
aus Lehm getreten, weitere 2 Stücke daselbst 24. 3. 1920[G. Benick]. 
Trogophloeus exiguus Er. Bei der Herrenbrücke auf Baggermodde, 
8.8.1911 u. 31.7. 1913. 3 Steck. — T. foveolatus Sahlbg. Schell- 
bruch, nach einer Überschwemmung 15 Stck. gesiebt. — T. gra- 
eilis Mnnh. Schönberg, 24.5. 1915, 1 Stek. gesiebt. — T. halo- 


‘ 
| 
1 Stck. [Brenke]. 
* Thinobius brevipennis Kiesw. Von dieser Gattung wurde bislang keine 


, r 
u 


BR 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 19 


philus var. curtipennis Rey. Schönberg, Aufbaggerungen am 
ÖOberteich, 19.5.1913, 3 Stck. 

Hanloderus caesus Er. Von Preller [8, p. 176] gemeldet, von Koltze 
fortgelassen. Gusmann [36, p. 95]. Schellbruch, 1.4. 1912 u. 
16. 1. 1916 aus Laub und angeschwemmtem Schilf gesiebt. Schön- 
perg, aus auf den Maurinewiesen zurückgebliebenen Heuhaufen 
gesiebt: 12. 1916, 4. 1917, 1.1918, insgesamt 11 Stck. 

Ozxytelus Perrisi Fauv. ist am Östseestrand unter halbtrockenem Tang 
nicht selten (Haffkrug, Scharbeutz, Brothener Ufer, Travemünde, 
Priwall). — O. rugi/rons Hochh. Schönberg, aus Laub in mehreren 
Ex. gesiebt, 20.3. 1918, von Lübeck 2 Stck. ohne genauere An- 
gave. — *O. rugosus ab. pulcher Grav. ist besonders am Östsee- 
strand (Scharbeutz, Brothener Ufer) häufig, findet sich jedoch 
auch landeinwärts (Schönberg, Mönkhof, Rothebek). -—- O. en 
frons Kr. Lübeck, auf der Straße schwärmend, 4. 1916, 4 Ex. 
'G. Benick]. 

* Bledius eribricollis Heer. Lübeck, auf einem Holzlagerplatz, 7. 1907, 
] Stck. [F. Otto]. Mit Bozener Stücken meiner Sammlung über- 
einstimmend. — *B. dissimilis ab. nigricans Er. Brothener en 
aus feuchten Lehmwänden zahlreich mit der Art getreten, 28. 7. 13. 
-- B. erraticus Er. Bei Schönberg, 7. 1908, 1 Stck. akute 
Strand, 19. 7.1918 I Steck. — *B. nanus Er.!) Am lehmigen Ufer 
ler Teerhofinsel 30. 8. 1910 zahlreich, ebenso bei Wnlfsdorf am 
Steilufer einer Lehmgrube 4. 5. 1915. Brothener Ufer 25. 8. 1918 
I Stek. —- *B. occidentalis Bondr. |Ann. Soc. ent. Belg. LI, 1907, 
p- 245). Schönberg, am lehmigen Flachufer eines Tümpels ge- 
treten 19.5.1915: 3 Sick., das. 11.6. 1916 1 Steck. [G. Benick]. 

. Die Art ist neu für Deutschland. — Unterscheidet sich 
von crassicollis Boisd. durch glänzenderen, gröber, unregeln äßiger 
und weitläufiger punktierten Halsschild und weniger spitze 
Ventraldornen des Männchens; von ceribricollis Heer durch weniger 
glänzenden, weniger stark aber dichter punktierten Thorax, 
der auch seitlich weniger gerundet ist. — B. pygqmaeus Er. Von 
Koltze 1870 [11] als agrieultor Heer mitgeteilt, 1901 unbegründet 
fortgelassen. — B. tibialis Heer. Bei Schönberg am Steilhang einer 
Sandgrube mehrere Stücke ausden Gängen der Tiere (mit B. pal- 
lipes Grav. und subterraneus Er.) gesammelt 23.7.1906. — 
B.tricornis Hbst. Die Art ist hier in den letzten Jahren häufig 
aufgetrsten. Sie schwärmt im Frühjahr hier in den Straßen Lü- 
becks wie auch in Schönberg, ich sammelte sie in Travemünde, 


!) Der Catalog. Coleopter. Europ. 1906, p. 144 stellt das Tier als Varietät 
zu africapillus Germ. Ganglbauer [Käf. Mitteleur. II, p. 620] trennt beide, ohne 
jedoch scharfe Trennungsmerkmale anzugeben. Erst Reitter [Fauna germ. II, 
p. 168] hebt die abweichende Halsschildform hervor. — Nach Vergleich meines 
Materials mit mehreren africapillus-Stücken, die ich vom verstorbenen v. Seidlitz 
[Eppelsheim det.] erhielt, kann ich ebenfalls der Meinung Ausdruck geben, daß 
zwei Arten vorliegen. 


12. left 


80 Ludwig Benick: 


bei der Herrenbrücke und Genin (aus Baggermodde getreten). 
— Stücke mit etwas weitläufiger punktiertem Halsschild werden 
B. spectabilis Kr. sehr ähnlich. 

Sten ıs aceris Steph. Koltze [25, p. 57] verzeichnet die Art von ‚„‚Berge- 
dorf, Friedrichsruh usw.“. Das einzige Stück der Sammlung 
Koltze von Hamburg (29. 4. 66, Seriba det.) ist = impressus 
Germ. Die Art dürfte hier nicht zu finden sein. — St. Argus ab. 
austriacus Bernh. Schönberg, 12. 1916 bis 3. 1917 zahlreich 
in Heuhaufen, aie auf größtenteils überschwemmten Wiesen 
lagen. Schenefeld 7. 4. 1918 1 Stck. [Sammilg. Zirk.]. -— St. bino- 
tatus ab. carens Rey [niveoides Gusmann: 38, p. 60]. Helkens Teich 
bei Trittau mehrere Ex. (Sammlg. Zirk.]. — St. calcaratus Seriba 
Itzehoe 13.4. 1918 4 Stck. [Sammlg. O. Hennings-Berlin]. — 
St. cautus Er. Schönberg, am Rande eines flachen Waldtümpels 
gesiebt 30.3.1918, 4 Stck. —- St. foraminosus Er. Stein hat 
[35, p. 72] die Art von Babrenfeld und dem Elbestrand gemeldet. 
] Stck. vom erstgenannten Fundort aus der Sammlung Dr. Lewek 
gehörte zu incrassatus Er. — St. glabellus Thoms. [Vgl. Benick, 
Entom. Blätt. 1916, p. 237—241]. Waltershof a. E., am Deich 
ein kräftiges © unter Anspülicht gesiebt [W. Zirk] 15. 4. 1916. 
Bei Pree.z 1917 1 Stck. [Hr. Schubartb]. —- St. guttula Müll. 
Sieiksdorf, Ostsee am Rande eines vom Steilufer herabrinnenden 
Baches mehrere Stck. 7. 1913. — St. longitarsis Thoms. Lübeck, 
in der Stıaße laufend 12.9.1912, 1 $ [G. Benick]. —- St. morio 
Grav. Koltze [25. p.56]: ‚Geesthacht, Eppendorf n.h.“ Mir 
lagen 7 Ex. aus der Sammlung Koltzes vor, zwei davon aus Preetz 
(Dr. Apel); vier gehören zu St. carbonar’us Gyll., drei zu Argus 
Grav. Nachdem d'e Herren Dr. Gusmann und Künnemann, 
sowie auch ich, die Art hier nicht auffinden konnten, muß sie 
vorläufig für das Faunengebiet gestrichen werden.!) — St. nitidius- 
culus Steph. Die sons5 rechö seltene Art ist in den Quellsümpfen 
am Keller-, Diek-, Selenter- und Ratzeburger See, auch beim 
Riesebusch (Schwartau) jederzeit in Anzahl zu sammeln. I Färchen 
26.5. 1919 bei Bellin am Selenter See in copula [A. Thienemann). 
— St. niveus Fauv. Waldhusener Moor 14.6.07, 1 Stck. — 
St. pieipennis Er. Brandenbaum, am Teichrand gesiebt 21. 4. 1912, 
1 Steck. An der Wakenitz 14.8.1916 1 Stck. gekätrcheit. — 
*St. piripes var. brevipennis Thoms. [= foveicollis Kr.]. Vgl. 
Benick, Coleopt. Rundschau 1917, p. 59. Schellbruch 2.5. 1916, 
1 Stck. gesiebt. Borstler Moor 4. 1907, 1 Stck. [Sammlung W. Zirk]. 


!) Infolge freundlichen Entgegenkommens der Herren Museumsleiter 
in Hamburg, Altona und Hannover konnte ich feststellen, daß die in den Muscen 
vorhandenen vermeintlichen Stücke dieser Art, die aus der Umgebung der Städte 
stammen, sämtlich nicht zu morio Grav. gehören. Für Altona bezog sich die Nach- 
prüfung nur auf die Sammlung Wüstnei, in der nach dem ‚‚Verzeichnis der 
in der näheren Umgebung Sonderburgs bisher aufgefundenen Käfer“ [Schul- 
programm 1886) die Art vorhanden sein sollte. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 81 


— St. providus Er. Koltze [25, p.55]. Von 8 Ex. der Sammlg. 
Koltze war nur 1 Stck. richtig; es stammt von Preetz (Dr. A.). 
In der Sammlung Dr. A.s ist das Tier auch vorhanden [K. Hänel]. 
16 Ex. des Hamburger Zoolog. Mus. = clavicornis Scop.t) Das 
zuverlössigete Unterscheidungsmerkmal dieser nach morpho- 
logischen Kennzeichen schwierig zu trennenden Arten ist der 
Bau der Peniskapsel. 55 aus unserem Faunengebiet würde ich 
gern untersuchen. — St. pumilio Er. Nach Preller [10] hat Dr. Apel 
die Art am Postseestrand gesammelt; sie ist von Koltz2 ohne Be- 
gründung weggelassen. In Dr. Apels Sammlung vorhanden 
(„Sept. 1867) [K. Hänel, priefl.]. — St. scrutator Er. Preller [8] 
meldet die Art von Boberg, Koltze läß5 sie unbegründet fort. 
Sie dürfte im Gebiet kaum vorkommen.?) — St. vafellus Er. 
Koltze [25, p.56]: „Wandsbeck, Geesthacht n. s.“ 8 Ex. aus 
Sammlung Koltze lagen mir vor: 7 = cautus Er., 1 = atratulus Er. 

Astenus angustatus var. neglectus Mörk. Mölln 30.3.1913 1 Stck. 
(Caven f). 

*Scopaeus svleicollis var. intermedius Rey. Scharbeutz 1.7.1913 
l Stck am Strand. 

Medon brunneus Er. Scharbeutz 19.7.1918 1 Steck. aus Buchen- 
laub gesiebt. — M. castıneus Grav. Schönberg 3. 1505, 3 Stck. 
unt. Stein, das. 4.4.1920 1 Steck. in eınem Maulwurfgang. — 
M. obsoletus Nordm. Von Endrulat u. Tessin [3, p. 14] und Preller 
[5, p. 43] angeführt, von Koltze unbegründet fortgelassen. (Gus- 
mann [36, p. 94]. — Strecknitz 29. 4. 1911 1 Stek. — M. obsoletus 
var. ohscurellus Er. Lübeck 4. 1914, ] Steck. Schönberg 8. 7. 1916, 
1 Stck. 

Lathrobium brunnipes var. luteipes Fauv. Am Riesebusch bei Schwartau 
in einem Quellsumpf 4.5.1919 1 Stck gesiebt. — L. *elongatum 
var. fraudulentum Gnglo. Strecknitz 17.5. 1911 [Hubenthal det.]; 
Genin auf Baggermodde 29. 4. 1914, je 1 Stck. — L. multipunctatum 
Grav. Wesloe und Schönberg, insges. 9 Stek. Unter Steinen in 
Maulwurfsgängen. — L. pallidum Nordm. Buodtener Ufer, am 
Fuße der Lehmwand 6.u.9.19]11, 3 Steck. — *L. terminatum 
var. atripalpe Ser. Mönkhof, am Teichrand gesiebt 14.5.1911, 
3 Stck. 

*C'ryptobium [racticorne var. brevipenne Rey. Wie die Art im Moos der 
Moore, Tümpel und Grabenränder nicht selten: Schlutup, Schön- 
berg, Waldhusen, Wesloe. 

Leptacinus formicetorum Märk. Vereinzelt auch außerhalb der Am 'isen- 
bauten, so Lübeck, in der Straße 4.1913 1 Stck. [G. Benick], 
Scharbeutz am Strand 11.7.1912, I Stek. — L. parumpunctatus 


1) Die providus-Stücke der Sammlung Wüstnei [Verzeichnis usw.] sind 
= Rogeri Kr. 
2) St. serutator Er. der Sammlung Wüstnei [Verzeichnis usw.) ist falsch 
bestimmt. 
Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 


6 12, Tleft 


82 Ludwig Benick: 


Gyll. Lübeck 8.1915, 1 Stck., Schönberg 8.1912 v. 8. 1917, 
je 1 Stck. 

Xantholinus distans Muls. et Rey. en Schweiz 18. 8. 1912, 
1 Stek.; das. im Buchenmulm 18.7. 1919, noch 1 Stck.— X. gla- 
bratus Grav. Bei Brandenbaum Kibee Kartoffelstroh 28. 10. 1916 
1 Stek. — X. linearis var. longiventris Heer. Travemünde 16. 6. 09, 
1 Stek. Mölln, unter Dung, 24. 3.1913, 1 Stck. [Caven f]. 

Gauropterus [ulgidus F. Lübeck, auf der Straße schwärmend 22. 5. 1909, 
1 Stck. 

Actobius signaticornis Rey. Vgl. Gusmann [36, p. 94, Anmerkg.]. 
Weitere Stücke wurden bei Brandenbaum 4. 1914 und Grönau 
4. 1916 an Teichrändern gesiebt. 

Neobisnius procerulus Grav. Lübeck, am sandigen Ufer des Elb- 
Trave-Kanals 5. 1912, 2 Stck. — N. procerulus vaı. prolix«s Er. 
Schönberg, 13.5.1913, 1 Steck. 

* Philonthus albipes an. alpinus Epp. Lübeck, auf der Straße fliegend 
4.1913, 1 Steck. [G. Benick]. — Ph. atratus ab. coerulescens Lac. 
Schönberg, 13.5.1913, 2 Steck. — *Ph. concinnus ab. ochropus 
Grav. Lauerholz 4. 1911 und Scbarbeutz 7. 1912, je 1 Steck. — 
Ph. corvinus Er. Strecknitz 21. 4. 1911, 1 Stck. — Ph. fuscus Grav. 
Lübeck, ın den Wakenitzanlagen an einer Weide mit Saftfluß 
7.1915, 1 Steck. — *Ph. nigritulus ab. suhnigritulus Reitt. Faun., 
germ. II, p. 132. Mit der Art nicht selten: Brandenbaum, Genin, 
Schönberg usw. — Ph. puella Nordm. Von Preller [8, p. 174] 
mitgeteilt, von Koltze ohne Grund fortgelassen. Künnemann 
[37, p. 88] beobachtete die Art wieder. — Ph. pullus Nordm. 
Sowohl von Preller [8, p. 173] als auch von Timm [19, p. 3] ge- 
meldet, Koltze [25, p. 179] führ, die Art als von Schilsky 
verzeichnet auf. — Ph. punctiventris Kr., von Preller [10, p. 310] 
mitgeteilt: Lreetz, in Baumschwämm:n. Die Art wird im Ca- 
talogus etc. 1891 zu temporalis Rey gest: lit, welchen Koltze fort- 
läßt. Die Tiere fehlen in Dr. Apels Sammlung. Herr Hänel be- 
merkt dazu: ‚Da in den Aufzeichnungen [Dr. Apels] Ph. varians 
Payk. nicht mit aufgeführt, sondern dieser Name in varians 
Fabr. (= ebeninvs Grav.] umgeändert wurde, so dürfte doch 
vielleicht eine Verwechslung mit vorians Payk. = punctiventris 
Steph. vorliegen.“ — *Ph. punctus ab. binotatus Grav. Walnau 
auf Fehmarn, am Rand: eines Fischteiches 19. 5. 1912, 2 Stck. 
[Bernhauer det.]. — Ph. quisquilicrius ab. inguinatus Steph. 
Am Östseestrand wenige Stücke (Priwall, Scharbeutz, Sierks- 
dorf}. — Ph. tenuis F. Schönberg, am Rande eines flachen Tümpels 
4. 1914 u. 4. 1915, 3 Steck. — Ph. varians ab. unicolor Steph. 
Lübeck, unter Unkrauthaufen 7. 1917, 3 Stek. — Ph. vernalis 
Grav. Lübeck 9.3.1903, 1 Stck. 

Staphylinus brunnipes F. Mölln 8. 8. 1911, 1 Stek. [Caven fl. — 
Staph. [ulvipes Scop.. Weslosr Moor 19.5.1915, 1 Stck. 

*Quedius ouricomus Kiesw. 1 Stck. aus überhängendem' Moos eines 
Wiesenbaches am ae bei Ratzeburg 23. 10. 1919 gesiebt. 


Beiträge zur_Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 83 


Die nördlichsten Fundorte in Deutschland waren bisher Düssel- 
dorf und Elberfeld. — *Qu.boops var. fallaciosus Kr. Palinger 
Heide unter Heidebraut 4.8.1917, 1 Stck. — Qu. brevis Er. 
Auch bei Lasius [uliginosus, Lauerholz 12.7.1918, ı Stck. Auch 
außerhalb der Ameisenbauten: Lübeck auf der Straße 4. 1913, 
Vorwerk 5.1918, je 1 Stek. — Qu. cruentus var. vi,ens Rottb. 
Brandenbaum, unter Kartoffelstroh, 28. 10.1916, 2 Stck. — 
Qu. fumatus Steph. Einzeln in Quellsümpfen: Kellersee 23. 4. 1919, 
Dieksee 24.4. 1919, Schwartau beim Riesebusch 5. 1919. — 
Qu. humeralis Steph. Wie vorige Art, etwas häufiger: Kellersee, 
Dieksee, Ratzeburger See, Riesebusch bei Schwartau. — Qu. in- 
fuscatus Er. Strecknitz, 26.2.1908, unter Stein, 1 Stck. — 
Qu. longicornis Kr. Von Preller [10] gemeldet, von Koltze ohne 
Begründung ausgelassen, jedoch als von Schilsky verzeichnet 
im Anhang vermerkt. — Das Tier ist im Winter in Maulwurfs- 
nestern außerordentlich häufig: Brandenbaum, Schönberg, Wesloe. 
I Stck. im Freien gefangen: Schönberg 1903. — Qu. maurus Sahlbg. 
Lübeck 10.10.1908, 1 Stck., Wesloer Moor 4.1912, 1 Stck. 
gesiebt. Lauerholz, in der Umgebung eines Nestes von Lasius 
juliginosus 2 Stck. gesiebt, 12.7.1918. — Qu. microps Grav. 
Am Kellersee in Buchenmulm 18.7.1919 10 Stck.; Lasius fuli- 
ginosus fehlte. — Qu. nigriceps Kr. In Quellsümpfen am Kellsr- 
see 15.12.1918 u. 2.6.1919 je I Stck. [A. Thienemann]. — 
Qu. ochripennis var. nigrocoeruleus Fauv. Im Winter in Maul- 
wurfsnestern fast so häufig wie longicornis Kr. Auch frei ge- 
fangen: Schönbarg 6. 1904 und Stecknitz 4. 1909, je 1 Stck. unter 
faulenden Pflanzen. Die Art habe ich noch nicht angetroffen. 
— Qu. praecow Grav. Preller [5, p. 38]; von Koltze im Anhang 
als von Schilsky angeführt vermerkt. Vielleicht ist praecox Er. 
— fumatus Steph. gemeint.!) — Qu. puncticollis Thoms.?2) In 
Maulwurfsnestern bei Schönberg 2. 12. 1916 bis 11.4. 1917, ins- 
gesamt 10 Stck., alle mit rotbraunen Decken. — Qu. scitus Grav. 
Lauerholz 6. 9. 1917, 1 Stck. — Qu. semiaeneus Steph. Branden- 
baum, einzeln an Teichrändern gesiebt 10. 1909, 4. 1912, 11. 1916 
[Künnemann vid.]. Lübeck 6.1914, 1 Stck. 


!) Denn Erichson stellt [Käfer d. Mark, p. 492] das von ihm beschriebene 
Tier = praecox Grav., welcher Name in dem von Preller benutzten Catalogus 
allein verzeichnet ist. 
2) Die Synonymie ist folgende: 
Q. puncticollis Thoms. [Cat. Col. Eur. 1906 als Syn. bei ochripennisMen.) 
verans Joy [non Eppelsh.], Ent. Monthl. Mag. 1906, p. 201. 
othiniensis Johannsen, Ent. Meddel. 1907, p. 170. 
talrarum Deville, Bull. soc. ent. France 1910, p. 458. 
Heidenreichi Heinemann [Bernhauer i.1.], Entomol. Blätter, 1910, 
p- 163. [Vgl. Hubenthal, Entom. Blätt. 1911, p. 163; Reitter, Wien. Ent. 
Ztg. 1913, p. 190; Neresheimer u. Wagner, Entom. Mitteilgn. 1916, p. 160.] 


6* 12. Heft 


84 Ludwig Benick: 


Hetherothops binotata Grav. Am Östseestrand (Priwall—-Sıierksdorf) 
unter fast trockenem Tang nicht selten. — H. dissimtlis Grav. 
Mit binotata zusammen, seltener; vereinzelt auch landeinwärts: 
Wesloe, Mönkhof, meist aus Moos an Teichrändern gesiebt. — 
H. praevia Er. Bislang nur die Form nigra Kr. gefangen; sie ist 
im Winter in Maulwurfsnestern häufig (Brandenbaum, Wesloer 
Moor, Schönberg). — H. quadrıpunctula Grav. Wesloe 5. 1909 
u. 4.1910, je 1 Stck. gesiebt. 

Euryporus pieipes Payk. Strecknitz 2€.2.1905 1 Stek. aus Moos 
im Kiefernwald gesiebt; Wesloer Moor 2.10.1915 I Stck. aus 
Moos gesiebt. 

Acylophorus Wagenschieberi Kiesw. Teschow, in klein. Moor aus 
Torfmoos 21.6.18 [Hr. Boy]. 

Mycetoporus angularis Rey. Preller [10] gibt die Art von Preetz an, 
bei Koltze fehlt sie. In Dr. Apels Sammlung ist das Tier vorhanden 
(„April 1868 am Postsee im Moose‘) [K. Hänel, briefl.). — M. 
Baudueri Rey. Schönberg 1903, Mönkhof 4.5. 1915 und Genin 
3.10.1915, je 1 Steck. — M. clavicornis Steph. Lübeck 1903, 
Strecknitz 4. 1908, Palirger Heide 4. 1915, Schönberg 12.1916, 
je 1 Stek. — M.rufescens Steph. Lauerholz 6. 9.1917 1 Stck. 
in einem Blätterpilz; Ratzeburg 23. 10.1919 1 Stck. gesiebt. 
— M.rufiornis Kr. Preller [10] nennt das Tier von Preetz, Koltze 
läßt es fort. In der Sammlung Dr. Apels ist das Stück falsch 
bestimmt [= longulus Mnnh., Hänel det.] [Hänel, briefl.]. 

Bryocharis eingulata Mnnh. Strecknitz, im Moos des Kiefernwaldes 
1903 1 Stek., Schönberg 4. 8.1917 1 Stck. — B. inclinans Grav. 
Scharbeutz, aus Buchenlaub 1 Stck. gesiebt 21.7.1918. 

Lamprinodes saginatus Grav. Schönberg 2.1.1918 1 Stck. aus einem 
Maulwurfsnest. 

Tachyporus transversalis Grav. ist nicht selten: Brandenbaum, Grönau, 
Moislinger Brook, Mönkhof, Lauerholz, Schellbruch. 

* Tachinus fimetarius av. Pecirkae Reitt. Faun. germ. II, p. 97. Branden- 
baum 3. 5. 1908 1 Stek., Mölln 7. 6. 1913 i Steck. — T. scapularıs 
Steph., den v. Koschitzky [20, p. 320] als an Eichensaft gefunden 
angibt, ist zu streichen. Die im Lüb. Mus. befindlichen, mit dem 
Fundort Genin bezeichneten Tiere gehören zu bipustulatus F. 
— T.subterraneus ab. bicolor Grav. Wesloer Moor 1.5.1917 
1 Stck. gesiebt. 

Hypocyptus discoideus Er. Schönberg 21.7. 1907, 2 Stck. — H.ru- 
fipes Kr., von Preller [8, p. 171] verzeichnet, fehlt bei Koltze. 
Da jedoch in dem von Koltze befolgten „Catalogus‘‘ (1891) diese 
Art als fragliches Synonym zu H.longicornis Payk. gestellt ist, 
wird Koltze sie dieserhalb ausgeschieden haben. Im neuesten 
„Catalogus‘‘ (1906) steht sie bei apicalis Bris. 

Myllaena elongata Kraatz und glauca Aub£, beide bei Preller [8, p. 171] 
genannt, finden bei Koltze nur anhangsweise [25, p. 179] unter 
anderen Namen (gracilicornis Fairm .bezw. elongata Matth.) Er- 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 85 


wähnung. M. elongata Kr. in Dr. A.s Sammlung ist = dubia Grav., 
glauca Aube = gracilicornis Fairm. [K. Hänel, briefl.]. 

Oligota apicata Fr. Moislinger Brook 15.4. 1912 ı Stck. gesiebt. — 
O. inflata Mnnh. [subtrlis Er.]. Nach Endrulat u. Tessin [3, p. 12] 
u. Preller [5, p. 35] ‚bei Niendorf, selten‘; fehlt bei Koltze. 

Diglossa mersa Halid. Travemünder Badestrand, ein nicht ganz 
reifes Stück an der Unterseite von angeschwemmtem und noch 
ziemlich frischem Tang, 25.8.1918 [G. Benick]. Gründliche 
Nachsuche an Ort und Stelle nach weiteren Stücken war ergebnis- 
los. Mit diesem Fund ist das Tier im Gebiet der Ostsee zuerst 
festgestellt. Noch Ganglbauer [Käf. Mitteleur. II, p. 314] 
nennt als Heimat die „Küsten von Holland, England, Schottland, 
Irland und des nördlichen und westlichen Frankreich“ und fügt 
hinzu: „Vielleicht auch an der deutschen Nordseeküste aufzu- 
finden.“ Inzwischen ist das Tier auf Texel [Kempers, 1897], 

‘ auf Borkum [Schneider, 1898], Sylt [Stock, 1912] und Föhr 
[Benick, 1914], an letztgenanntem Ort in groß .r Anzahl, gesammelt. 
Es dürfte sich an den dänischen Küsten und an der schwedischen 
Westküste ebenfalls finden. — Die T,ebensweise am Ostseestrand 
bedarf der genauen Beobachtung; denn da das Tier an der Nord- 
see zur Ebbezeit auf dem vorher von der Flut bedeckten Teil 
umherläuft [vgl. Benick, Entom. Blätter 1916, p. 203], so muß 
im Östseebecken eine Anpassung an das fast völlige Fehlen der 
Gezeiten stattgefunden haben. 

Gyrophaena gentilis Er. Nach Preller [8, p. 171] von Dr. Apsl bei Preetz 
gefangen; fehlt bei Koltze. Ist in der Sammlung Dr. A.s vor- 
handen: ‚Sept. 1869. Preetz, in Pilzen“. — @. lucidula Er. Schell- 
bruch 14. 10. 1917 1 Stck. in einem Pilz. — @. minima Er. Schell- 
bruch, 14. 10.1917 1 Stek. in einem Pilz. — @. Poweri Crotch: 
Scharbeutz, aus Pilzen und Buchenlaub zahlreich gesiebt 19. 7. 18. 

Encephalus complicans Westw. Schönberg 25.3.1920. 1 Steck. im 
Laubwald gesiebt. 

*Placusa complanata Er. Bei Wesloe unter Kiefernrinde 23. 4. 1910 
und 19.5.1915, je 1 Stck. 

Homolota plana Gyll. Kolize [25, p. 44] verzeichnet als einzigen Fund- 
ort Scharbeutz. In seiner Sammlung befindet sich’ kein Stück 
aus dem Faunengebiet [H. Wagner, briefl.). Preller [5, p. 34] 
gibt sie vom Sachsenwald an. 

Siluısa rubiginosa Er. Am Saftfluß verschiedener Bäume: Schönberg 
5.1915 und 7.1916 (Roßkastanie). Lübeck 9. 1909 (Ulme) und 
7. 1915 (Trauerweide). 

Phytosus balticus Kr. Am Östseestrand im feuchten Sand unter an- 
gespültem Tang, unweit der Wasserkanie. Scharbeutz 7. 1912 
u. 1913 ziemlich zahlreich, Haffkrug 7.1913, 1 Sick. Priwall 
20.7.1918 1 Stck. [G. Benick]. 

Autalia rivularis Grav. Auf sandigem Boden zwischen Pflanzenwurzeln. 
Genin, Vorwerk, Schönberg (mit Käserinden geködert). 


12. Heft 


86 Ludwig Benick: 


* Falagria thoracicı Curt. 17.7.1920 18 Ex. am Gr. Plöner See unter 
Anspülicht bei der Hydrobiolg. Station (zugleich mit roten Ameisen, 
G. Benick). 

Tachyusa constrieta Fr. Koltze meldet die Art 1866 [7, p. 406] als nicht 
selten, läßt sie 1901 [25] fort. Gusmann gibt sie wieder an [36, 
p. 93]. Lübeck, am Kanalufer, Schönberg am Flachufer der 
Maurine zahlreich. — T. leucopus March. Schöoberg 8.7. 1916, 
1 Steck. — T. umbraticc Er. Schönberg 13.5.1913, 1 Stck. 

Brachyusa concolor Er. Genin, auf Baggermodde 7. 10. 1912 1 Stck.‘ 
Marlı 24.7.1915 1 Steck. 

Atheta angusticoll’s Thoms. Scharbeutz; am Strand 7. 1913, Lübeck, 
schwärmend 4. 1914 [Hubenthal det.], Kannenbruch 5. 1915, 
Schönberg 7. 1917, je 1 Stek. — A. aquatica Thoms. Schönberg 
24.5.1915, 1 Steck. — A. aquıtilis Thoms. Im Quellgebiet am 
Keller- und Dieksee (Holsteinische Schweiz) 4. 10. 1918 zahlreich 
gesiebt, auch am Selenter und Ratzeburger See und am Riese- 
busch bei Schwartau, überall in Quellsümpfen häufig (mehr als 
200 Steck. gefangen). — A. aterrima Grav. Genin, auf Bagger- 
modde 10. 1916, 1 Stek., Schönberg 7. 1915 u. 3. 1917, je 1 Stck. 
— A. brunnea F. Schönberg 4. 1906, Laverholz 5. 1916, je 1 Sick. 
— A.celata Er. Genin 10.1916 1 Steck. Schönberg 7. 1917 in 
Anzahl. — A. clancula Er. Im Lauerholz zu v<rschiedenen Zeiten 
5 Steck. gefangen. — *A. coriaria Kr. Scharbeutz, am Seestrand 
7.1913, 3 Stek. Lübeck, Fenster anfliegend 8.1917 1 Stck. — 
— A. debilis Er. Scharbeutz, am Strand 7. 1912 [Hubenthal det.], 
Lauerholz 3. 1911 aus Laub gesiebt, je 1 Stck. — A. euryptera 
Steph. In den städtischen Anlagen am Saftfluß von Trauer- 
weiden im Frühjahr nicht selten. Auch im Lauerholz gesiebt 
5. 1904 [Hubenthal det.]. — A. fallax Kr. Bei der Herrenbrücke 
9.1912, 1] Steck. — *A. graminicola var. brunneipennis Thoms. 
Genin 10.1915 und Brandenbaum 11.1916, je 1 Stck. gesiebt. 
— 4A.@yllenhali Thoms. Von Preller [8, p. 168] verzeichnet (als 
terminalis Gyll.), fehlt bei Koltze. Schellbruch 1.4. 1912 1 Stck. 
gesiebt [Hubenthal det.]. — *4A. hypnorum Kiesw. Herrenbrücke 
10.3.1918 1 Stek., Schönberg 30. 3. 1918 2 Stek. gesiebt [Rünne- 
mann det.]. — A. incana Er. Brandenbaum am Teichrand gesiebt 
2 Steck. 4.1914, Wesloer Moor 5.1915 1 Stck. gesiebt, Marli 
7.1917 1 Stek. von Schilf geschöpft. — A. insecta Thoms. Schön- 
berg 24.5.1915 1 Stck. gesiebt [Hubenthal det.]. — *A. longi- 
collis Muls. et Rey. Kellersee 2.6. 19 [A. Thienemann], Selenter 
See 24. 7.1919, je 1 Stek. in Quellsüimpfen. Mit Stücken von 
Maltzsch bei Lieenitz [W. Kolbe leg.] verglichen. W.Kolbe hat 
[Jahreshbeft d. Ver. f. schles. Insektenkunde zu Breslau H. II 
1909, p. 25-28] die spezifische Selbständigkeit der A. longicollis, 
die bislang als Varietät zu langwda Er. gestellt wurde, nach- 
gewiesen. — *A.lonmula Heer. Scharbeutz 20.7.1912 1 Stck. 
am Strand gef. [Künnemann vid.], Brodtener Ufer 25. 8. 1918 
8 Stek., Gr. Plöner See, aus sandigem Ufer 7. 1919 zahlreich 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbisehen Gebietes. 87 


getreten. — A. luteipes Er. Bei Grönau, am Teichrand im Kiefern- 
wald 3 Steck. gesiebt 4. u.5. 1916. — *.4. marina Muls et Rey. 
Gothmund 7.5.16 1 am Ufer der Unter‘rave laufend, Mit den 
Stücken von Sylt [Stock. leg.] üvereinstimmend. — A. monticola 
Thoms. Schellbruch 27.8.1915, aus Laub 1 5 gesiebt [Huber- 
thal vid.], Lübeck 1 © schwärmend 4. 1913, b:i Reecke 1 5 am 
Grabenrand geschöpft 17.7.1918 [G. Benick]. — A. myrmecobia 
Kı. Wesloe, in einem Bau der Formica rufa 1.4.1918 9 Sick. 
— *A.nidicola Johannsen (wo Erstbeschreibung?). Aus einem 
größeren Nest. das sich in etwa 4 m Höhe über dem Boden befand, 
zahlreich gesiebt: Schönberg, 7.10.1917. Das Tier ist von Dr. 
Bernhauer, an den Künnemarn von mir erhaltene Tiere sandte, 
als zu dieser Art gehörig bestimmt. Es soll in Schweden in einem 
Eichhörnchennest gefunden sein, ist in Deutschland bislang un- 


bekannt. — A. nigella Er. An Teich- und Grabenrändern gesient: 
Branderbaum, Grönau, Schellbruch, von Schilf gekätschert: 
Wak.:nitzufer 6.1912. — A.nitidicollis Fairm. Nach Freller 


[8, p. 169: fungicola Thoms.] im Ssachsenwald in faulenden 
Schwämmen häufig, fehlt vei Koltze, von Gusmann [36, p. 92] 
neu aufgeführt. Schönberg, in Pilz 7. 10.1917 1 Stck. [Künne- 
mann vid.]. — A. occulta Er. Schwärmt hier im Frühjahr (4. u. 5.) 
zahlreich in den Straßen der Vorstadt, die an der Wakenitz ver- 
laufen. — A. orbata Er.t) Zuerst von Koltze [7, 406], dann von 
Preller [8, p. 170] gemeldet; daß Koltze die Art 1901 [25] aus- 
läß:, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß der Catalogus 1891 
sie unter den Synonymen bei fungi Grav. bringt. Erst Gusmann 
[36, p. 92] verzeichnet sie wieder. Scharbeutz 7.1912 u. 1913, 
Priwall 7. 1918 [G. Benick], nicht selten. — A. palleola Er. Nach 
Endrulat u. Tessin [3, p. 11] bei Bahrenfeld nicht häufig, Freller 
[5, p. 34] nennt sie sogar „verbreitet und häufig“ , fehlt bei Koltze. 
— 4. pallidicornis Thoms. Bei Scharbeutz 19.7.1918 3 Stck. 
aus feuchtem Laub gesiebt. — *A. paradoxa Rey. Bei Branden- 
baum ! Stck. in einem Maulwurfsnest 16. 1. 1916 daselb-t 26. 1. 18 
3 Stek. Mit Stücken von Dessau [Heymes leg.] und Braunschweig 
[Heinemann leg.] verglichen [Künnemann vid.]. — *A. Pertyi 
Heer. Scharbeutz, am Strand 28. 7. 1910, 1 Stck. [Hubenthal det.]. 
— A. puncticeps Thoms. ist am Östseestrand unter Algen häufig 
(Priwall bis Sierksdorf), dagegen habe ich /lavipes Thoms. (atri- 
eilla Er. bei Koltze) trotz vieler Bemühungen hislang vergeblich ge- 
sucht. — A.scapularis Sahlbg. Bei Wesloe 27.5.1908, 1 Stck. 
— A. subrugosa Kiesw. Preller [8, p. 169] nennt sie und gibt an, 


!) Der „Catalogus ete.‘‘ 1906 stellt orbata Er. als Varietät zu fungi Grav. 


Auch ich möchte sie wegen des verdickten ersten Fühlergliedes, des gewölbten, 
deutlicher punktierten Halsschildes und der schmäleren Flügeldecken als selbst- 
ständige Art ansprechen. Nach ihrem Vorkommen am Seestrand und brackigen 
Flußufern — im Binnenlande habe ich sie nicht gefunden; vgl. auch Gusmann — 
dürfte sie halophil sein. | 


12. Hoit 


88 Ludwig Benick: 


daß Thomson seine Stiicke selber anerkannt babe. Koltze führt 
sie nicht auf, weil der ‚„‚Catalogus‘‘ 189] sie als synonym zu pieci- 
pennis Mannh., die Koltze nennt, stellt. Gusmann [36, p. 92]. 
— * A. subsinuata Er. Scharbeutz, am Seestrand 1.7. 1913, 1 Stck. 
[Hubenthal det.]; Fischerbuden, 27.5. 1917 1 Steck. gekätschert 
[G. Benick]. — A. subterraneı Rey. Wesloe 8.8.1910, 1 Stck. 
— A.suleifrons Steph. Lübeck, schwärmend, 4.1913, 1 Stck. 
[G. Benick; Hubenthal det.]; Brandenbaum 28. 10. 1911, Quell- 
sumpf am Dieksee 4. 10. 1918, noch je I Stek. — A. vestita Grav. 
Die häufigste Atheta am Ostseestrand; am Ufer der unteren Trave 
habe ich sie noch nicht angetroffen, vgl. jedoch Gusmann [36, 
p. 122]. — A. zanthopus Thoms. Wesloe 30. 5. 1916 1 Ex. gesiebt. 

Sipalia caesula Er. Schönberg, auf trockenem Ödland am Wurzel- 
werk größerer Pflanzen (Melilotus, Verbascum) 7. 1916 u. 1917, 
5 Stek. Palinger Heide unter Heidekraut 28. 7. 1917, 1 Stck. 

Dadobia immersa Er. Wesloe, unter Kiefernrinde 4. 1913, 2 Stck. 
Deepenmoor 5.1916, 1 Stck. 

Schistoglossa viduata Er. Lauerholz, Grönau (zahlreich) u. Wesloe, 
im Frühjahr (4. 1916 u. 1917) an Teichrändern gesiebt. 

Callicerus obscurus Grav. Schönberg 13.4. 1917 1 Stck. gesiebt. 

Zyras funestus Grav. Lauerholz in der Nestumgebung der Lasıus 
fuliginosus in 3 Steck. gesiebt 12.7.1918. — Z. laticollis Märk. 
Daselbst in großer Anzahl. — Z. lugens Grav. Daselbst 6 Ex. 

Atemeles emarginatus Payk. Wesloer Kiefernholz, ein totes Tier, 
das von einer Ameise fortgeschleppt wurde 8. 6. 1912. — A. para- 
dozus Grav. nennt v. Kschitzky [20, p. 320] als hiesige Art. Die 
im Lüb. Mus. steckenden Stücke ohne Fundort gehören sämtlich 
zu emarginatus Payk. 

Phloeopora corticalis Grav. Schönberg 4. 1908 1 Sick. Wesloe 5. 1909 
1 Stek.; Deepenmoor, unter Eichenrinde 5. 1916 1 Stck. 
Tluobates nigricollis Payk. Schönberg 31.5. 1909, 2 Stek., Brodtener 

"Ufer 25. 6. 1916, 1 Stek. 

Calodera nigrita Mnnh. Schellbruch 4. 1912, Moislinger Brook 4. 1912, 
Lübeck 4. 1914, je 1 Stek. — (©. protensa Mnnh. Lauerholz 2. 5. 16, 
I Stek. Schönberg 24.3.1920 2 Stck. im Laubwald gesiebt. — 
C. riparia Er. Bei der Herrenbrücke 2 Stck. aus Moos am Teich- 
rand gesiebt 10. 3. 1918. 

Chilopera rubicunda Er. Schönberg 5.6. 1911, 1 Stck. 

*Ityocara rubens Er. In einem Feldgehölz bei Schönberg aus feuchtem 
Laub am 30. 3. 1918 2 Stücke gesiebt [G. Benick]. — Reitter gibt 
das Vorkommen in Norddeutschland an, nennt aber keinen Fund- 
ort. Aus dem in dieser Arbeit behandelten Faunengebiet ist das 
Tier noch nicht gemeldet. 

Amarochara Bonnairei Fauv. Kellerse,, am Rande der Domquellen 
18.6.1919 1 Stck. gesiebt, ein zweites am Ufer des Schöhsees 
bei Plön 9. 7. 1919. — A. forticornis Lac. Schönberg 31. 5. 1914 
i Stek. [Hubenthal vid.]. — A. umbrosa Er. Lübeck, im Früh- 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 89 


jahr (4. 1914, 1916, 1917) auf den Vorstadtstraßen schwärmend; 
Bahnhof Fenster anfliegend 8. 1 (insgesamt 9 Steck.). 

Ocalea rivularis Mill. Scharbeutz 11.7.1910 1 Steck. 

Deubelia picina Aube. Schönberg 5, 1915, 5.1916 u. 25.3. 1920, 
Grönau 4. 1916, immer an Teichrändern gesiebt. In einem Quell- 
sumpf am Ratzeburger See 11.5. 1919 8 Steck. Mit Thüringer 
Stücken [Hubenthal leg.] verglichen. 

Ocyusa incrassata Rey. In einem Quellsumpf am Kellersee aus Moos 
gesiebt 23.4. 1919 2 Stek.; unter denselben Umständen 1 Stck. 
bei Schwartau 4. 5. 1919. 

*Oxypoda abdominalis Mnnh. Marli, unter Kartoffelstroh 1. 10. 1917, 
l Stek. [Künnemann vid.]. — O.amoena Fairm. Travemünde 
25. 6. 1916, 1 Steck. — O. bicolor Muls. Palinger Heide 28. 7. 1917 
1 Stck. gesiebt. — *0. exiqua Er. Strecknitz, 21. 4. 1911, 1 Stck. 
am Teichrand gesiebt [Hubenthal det.]. — O. exoleta Er. Lübeck, 
4. 1910, Schanzenberg 4.1911 aus Moos gesiebt, Scharbeutz, 
am Seestrand 7 .191?, je 1 Stck., Haffkrug am Strana 4. 1913, 
4 Stek. [Die 3 Einzelstücke: Hubenthal det.]. —- ©. funebris Kr. 
Aus sehr feuchten Pflanzen im Quellgebiet des Kellersees (Holst. 
Schweiz) 5 Stek. gesiebt, 7. 10.1918. Auch aus Sumpfquellen 
am Dieksee, Selenter und Ratzeburger See, sowie am Riesebusch 
bei Schwartau, insgesamt 24 Stck. — O. haemorrhoa Mnnh. In 
den Bauten der roten Waldameise nicht selten: Wesloe, Palinger 
Heide. — O. lentula Er. Mönkhof 17. 5. 1911 1 Steck. am Teichrand 
gesiebt. —- O. longipes Rey. Im Winter in Maulwurfsnestern sehr 
zahlreich: Brandenbaum, Wesloe, Schönberg. — *O. recondita Kr. 
Schönberg 31.5.1914, 1 Stck. [Gusmann det.]; Branı enbaum 
23.4. 1917 1 Steck. im Sand laufend. — O.rufa Kr. Bei Genin 
4.4.1912 1 Stek. [K. Burmester]. — O. ruqulosa Kr. Branden- 
baum, im Maulwurfsnest 2. 12. 1916, Mönkhof 3. 6. 1917, je 1 Stck. 
— O.testacea Er. Die von Preller [10, p. 310] angeführte Art 
fehlt bei Koltze. — O. togata Er. Schönberg 3 Stck. [Mus. Lüb.]. 
Scharbeutz, am Seestrand 3. 1913 [Gusmann det.]; Priwall 6. 1915, 
I Stek. Palinger Heide, unter Heidekrautbüschen 2 Stek. 7. 1917. 
—O. vieina Kr. Preller [10, p. 310] bezeichnet sie [= humidula Kr.] 
als „verbreitet, nicht selten“; Koltze vermerkt sie anhangweise 
[25, p. 179] als von Schilsky verzeichnet. Auch in Dr. Apels 
Sammlung vorhanden [K. Hänel, briefl.. Mönkhof, am Teich- 
rand gesiebt 18.5. 1916, 1 Stek. — O. vittata Märk. Scharbeutz 
1.7.1912, 1 Steck. am Strand; Lauerholz, am Fuß einer alten 
Fiche, die von Lasius /uliginosus bewohnt war, 2 Stck. gesiebt, 
7.1918. 

Stichoglossa corticina Er. Wesloe, unter Eichenrinde 30. 5. 1916, 1 Stek. 
— St. prolixa Grav. Bei Sierksdorf a. ©. unter Pappelrinde 
7. 1910 [Bernhauer det.] u. 7. 1913; Lauerholz, unter Fichenrinde 
11.10.1917, 1 Stck. 

Orataraea suturalis Mnnh. Schönberg, 1 Stek. am Teichrand gesiebt, 
24.5. 1915. 


12. Heft 


90 Ludwig Benick: 


Miecrogloss« gentilis Märk. Überall bei der schwarzen Ameise in der 
Nestumgebung. Bei Rothebek sammelte ich am Fuße einer hohen 
Pappel (18. 7. 1918) ein kräftiges Stück, bei dem nur der äußerste 
Hinterrand der Decken schwach gerötet ist, und zwei völlig kahle, 
stark glänzende Tiere, alle drei machen einen fremdartigen Ein- 
druck. 

* Aleochara algarum Fauv. Unter den Arcen der Untergattg. Poly- 
stoma Steph. am spärlichsten, während obscurella Grav. gemein 
ist; alle unter halbtrockenem Tang am Strand. Scharbeutz 
7.1910, Sierksdorf 7.1913, Brodtener Ufer 7.1913 je 1 Stck. 
— *4. bipustulata var. pauzilla Rey. Mit der Art unier halb- 
trockenem Tang an der Küste von Priwall bis Sierksdorf beobachtet. 
— 4A.crassicornis Lac. Nach Endrulat u. Tessin [3, p. 11] ein- 
mal in Bahrenfeld gefangen, nach Preller [5, p. 32] unter Aas 
und Mist, fehlt bei Koltze. — A. diversa Sahlbg. Moislinger Brook, 
an toter Krähe 5. 1912, Lübeck 5. 1917, Schönberg 8. 1917, je 
1 Steck. — A. incorspicua Aube. Scharbeutz 7.1913 1 Stck., 
Brandenbaum 10. 1917 2 Steck. im Sande laufend [G. Benick]. 
— 4. laevigata Gyll. Nach Endrulat u. Tessin [3, p. 11] unter 
Dünger, nach Preller [5, p. 32] sogar häufig (von beiden als br- 
signata Er. verzeichnet): fehlt bei Koltze. Strecknitz 19. 6. 1904, 
1 Stck. [Künnemann det.]. — A. Iygaea Kr. Monkhof, 16. 5. 1911, 
1 Stek. am Teichrand gesiebt. — A. moesta Grav. Schönberg 
9.7.1916, 1 Stek. — A. ruficornis Grav. Das von v. Koschitzky 
[20, p. 320] verzeichnete Stück ist unreif; es befindet sich im Lüb. 
Mus. — A. rufitarsis Heer, die nach Preller [8, p. 167] bei Preetz 
von Dr. Apel gefangen sein soll, fehlt in Dr. A.s Sammlung 
[K. Hänel, briefl.] Vgl. Kolize [25, p. 38]. — A. spadicea Er. 
In jedem im Winter untersuchten Maulwurfsnest wenigstens in 
einigen Stücken vorhanden. Brandenbaum, Wesloe, Schönberg. 
— 4A.sparsa Heer Lübeck 8. 1910, 1 Stek. 7.1915, 3 Stck. 

Trimium brevieorne Reichb. Wesloer Moor 5. 1915 u. 4. 1916, 3 Stck. 
gesiebt. 

* Euplectus brunneus Grimm. Scharbeutz, Gehölz am Wennsee, aus 
feuchtem Buchenlaub 3 Stück gesiebt. Fehlt auch bei Clasen [2]. 
— Eu. nanus Reichb. v. Koschitzky [21] gibt die Art an; im 
Lüb. Mus. stecken 2 Ex. mit der Angabe ‚Lüb. v. Kosch.“, die 
zu sangwineus Denny gehören. — Eu. piceus Motsch. Israelsdorf, 
in einem Vogelnest 7. 1916 1 Stek. — Eu punctatus Muls. Lauer- 
holz 15. 10. 1917, Schellbruch 6. 12. 1917, je 1 Stek. unter der 
trockenen Rinde einer abegstorbenen Eiche. — A. sanguineus 
Denny. Lübeck 4. 1915 1 Stek. auf der Straße schwärmend gef. 
— Eu. signatus Reichb. Scharbeutz 7. 1913, Schönberg 7. 1916, 
je 1 Stek. schwärmend gefangen. 

Bibloporus bicolor Denny. Schönberg 10. 1904 unter Eichenrinde 
2 Stck., Lauerholz 9. 1913 1 Stck. 

Batrisodes venustus Reichb. Am Kellersee im Mulm eines Buchen- 
stumpfes 18.7.1919 19. — Ich verzeichne das Tier vorläufig 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 91 


unter diesem Namen, obgleich die Schulter nach hinten deutlich 
in ein Zähnchen ausläuft, wie es bei B. adnexus Hampe sein soll. 
Auch ist der ganze Habitus gedrungener als derjenige der in meinem 
Besitz befindlichen B. venustus aus der Pfalz (Iggelbach, Schaaff 
leg. ]. 

* Brachygluta fossulata var. aterrima Reitt. Scharbeutz 7. 1912, Wesloe 
5. 1915, Schönberg 6. 1916, mehrere Stücke aus Laub und Moos 
gesiebt. 

* Bythinus bulbifer var. extremitalis Reitt. Bei der Herrenbrücke 
an einem Teichrand: gesiebt 10.3.1918, 3 Stek. — B. macro- 
palpus Aube. Schönberg 3.1918 2 Stck. gesiebt. — B. puneti- 
collis Denny. Bei Schanzenberg 4. 1911 5 Stek. aus Moos gesiebt, 
Wesloer Moor 3 Stck. aus Moos gesiebt 4. 1911, Schellbruch 
10.1916 1 Stck. [E. Schermer]. — B. validus Aube Schönberg 
31.3.1918 1 Steck. aus Moos am Waldtümpel g»siebt. 

*Tychus niger var. dichrous Schm. 1 Stck. gemeinsam mit dem vorigen. 

Pselaphus dresdensis Hbst. Brandenbaum 17. 4. 1912 1 Stek. am Rand 
eines Teiches gesiebt. 

Neuraphes angulatu: Müll. Wesloer Moor 5.1908 1 Steck. gesiebt. 

.Stenichnus scutellaris Müll. Cleverbrück, Lauerholz, Wesloer Moor, 
Schönberg, einzeln gesiebt und geschöpft. 

Euconnus denticornis Müll. Wesloer Moor 5.1908, Schanzenbarg 
4.1911, je 1 Stck. gesiebt. — Eu. rutilipennis Müll. Bei Sörecknitz 
4. 1911 2 Steck. am Teichrand gesiebt; Waldhusener Moor 1. 6. 1916 
1 Stek. — Eu. Wetterhalli Gyll. Preller [5, p. 51] gibt das Tier 
vom Elbestrand an, Koltze [25, p. 65] bezweifelt sein Vorkommen. 
Ich siebte 1 5 13. 4. 1917 bei Schönberg. 

Seydmaenus tarsatus Müll. Schönberg, an einer alten Mauer 7. 1916, 
3 Stek., I Stek. mit Käserinden geködert, Lübeck 7. 1917 1 Stck. 

Choleva agilis Il. Einzeln unter faulenden Stoffen gefangen. Genin, 
Lübeck, Schönberg. — Ch. elongata Payk. Sehr häufig im Winter 
in Maulwurfsnestern (Brandenbaum, Wesloe, Schönberg); ein 
Nest (Schönberg 21. 12. 1916) enthielt beispielsweise 45 Ex. — 
Ch. oblongı Latr. Einzeln: Schönberg 7. 1907, 7.1916; Genin 
10. 1910; Lübeck 5. 1910. — Ch. spadicea Strm. Die von Preller 
[8, p. 180} angeführte Art erwähnt Koltze anhangsweise [25, p. 179]. 
— Oh. Sturmi Bris. Wesloer Moor, in einem Maulwurfsnest 4. 11. 16 


8% 

Nargus velosw Spence. Lauerholz 9. 1912, Genin 10.1912 je 1 Stck. 
Schellbruch 10.1917 2 Steck. aus Pilzen. 

Catops chrysomeloides Pz. Nach Preller [5, p. 52] hat Koltze [,,K.“] 
2 Ex. am Elbstrana gefangen; die Art steht beı Koltze im An- 
hang. Von Stern [33, p. 179] als neu gemeldet. — Wesloer Moor 
4.1911, Dummersdorf 6. 1915, je 1 Stek. — (. coraeinus Kelln. 
Schönberg 19.7. 1916, I Stek. — (€. Dorni Reitt. Coleopt. Rund- 

schau 1913, p. 128. In Maulwurfsnestern bei Brandenbaum 
(11. 1916, 1.1917), Wesloe (11. 1916) und Schönberg (12. 1916): 
in lockerem von Wühlmöusen durchfurchtem Boden nur bei 


12, Heft 


92 Ludwig Benick: 


Genin 10. 1915 u. 10. 1916, je 1 Stek. — Mit Ex. von Luxemburg 
[Heymes leg.] verglichen. -— C. Kirbyi Spence. Prellsr[8.5. p 180] 
„Bei Hamburg von Herrn Koltze gefunden.“ Fehlö in Koltzes 
Verzeichnis. Unter einer im Wesloer Gehölz liegenden Rehdecke 
fanden sich unser mehr als hundert Stücken der folgenden Art 
nur 3 Ex. dieses äußerst seltenen "i.res, 3. 10. 1918. — (©. neglectus 
Kr. Schönberg 10.6.1916, ! Stek. Weslo:r Holz unser einer 
Rehdecke, 3. u. 10.10.1918 sehr zahlreich. - (©. nigricans 
Spence Schellbruch 6. 12.1917, 1 Stck. 


Colon dentipes Sahlhg. Bei Travemünde 1 Stck. am C'hausseegraben 
geschöpft, 25. 6.1916; bei Wesloe 26.7.1916 noch 1 Stck. — 
C. viennense Hbst.. Lübeck, 5. 1916, 1 Stick. 


Necrophorus inierruptus Steph. Schönberg 8. 7. 1916, 1 Steck. — 
N. sepultor Charp. Blankensee 21.5.1914 2 Stck. (Dwinger, 
Süfke). — N. vespilloides Hbst. Von dieser wenig variablen Art 
besitze ich 1 9, dem auf der rechten Fli’geldecke der vordere rote 
Fleck bis auf einen schmalen Epipleuralsaum fehlt. [Moisling 
1. 8. 191 Cordts]. — *N. vespilloides ab. Altum: Westh. Zu dieser 
im Catal. Col. Eur. 1906 fehlenden, bei Kuhn;, Il. Best.-Tab., 
p- 335 angeführten Färbungsvarietät muß wohl ein großes, kräftiges 
g von 17,5 mm Länge, das von meiner Schüler H. Staat 5. 1915 
im Wesloer Moor an einem Rehkadaver erbeutet wurde, gestellt 
werden. Es stimms in Bau und Öberflächenstruktur völlig mit 
normal gefärbten 3 überein. Die Clypeus-Membran ist gelb- 
braun. Die Schwörzung der Deckenbasis ist fast normal, nur 
reicht sie seitlich nicht bis an den Rand, sondern greift oben auf 
die Epipleuren über, so daß die Basisrötung derselben mit dem 
roten Seitenteill verbunden ist. Die vordere rote Querbinde 
läßt an aer Naht eine schwache Trübung erkennen und reicht weit 
nach rückwärts. Sie steht mit dem hinteren roten Fleck, der 
ebenfalls vergrößert ist, durch drei schmale Kanäle in Verbindung, 
so daß zwei größere schwarze Flecke auf jeder Decke isoliert sind. 
Hinterrand sowie Hinterpartie von Seitenrand und Naht sind 
wenig breit geschwärzt, seitlich ist die Schwärzung nach innen 
hakenartig verbreitert, an der Naht ist links ein kleiner Fleck 
nicht völlig abgeschnürt, rechts steht neben den beiden großen 
der kleine dritte Fleck isoliert. Die Färbung entspricht also 
ungefähr derjenigen des N. vestigator ab. interruptus Brull. Vel. 
Reitter, Wiener Ent. Ztg. 1911, p. 106.] — *N. vestigator !) ab. 
reductor Reitt.?), Wien. Ent. Ztg. 1911, p. 106. Vorwerk, an einem 
Maulwurfskadaver 6. 1917 1 Steck. [G. Berick). Eın 1907 bei 


!) Vgl. Benick, L., Zur Biologie des Necrophorus vestigator Herschel, nebst 
Beschreibung der Larve und Nymphe. Entomol. Blätter 1912, p. 197—203 
(mit 8 Abb.). 

?) In der Wiener Ent. Ztg. 1912, p. 250 beschrieb Dr. Fleischer N. vestigator 
ab. postbimaculatus; sie ist gleich ab. reductor Reitt. 


Beiträge zur Käfertauna des nordelbischen Gebietes. 93 


Eutin gefangenes Tier bildet einen Übergang zu dieser Aberration, 
indem hinten auf jeder Decke zwei größere Flecke verhanden sind. 

Silpha carinatc Hbst. Strecknitz, in einer Sandgrube 6. 1903, 1 Stck. 
mit roten Decken, ein zweites Ex. ist 1903 hier ges. 

*H ydnobius multistriatus Gyll. Lübeck, auf der Moltkebrücke an einem 
warmen Herbstabend schwärmend 23.9.1903, 1 Steck. — H. 
punctatissimus Steph. v. Koschitzky [21]. In der Schausammlung 
des Lüb. Mus. ist ein Stück ohne Fundortangabe, das von v.K. 
präpariert ist; auf dieses Stück wird sich die Angabe im Verzeichnis 
beziehen. 

Liodis eiliaris schm. S. Gusmann [36, p. 96]. Am Strand von Schar- 
beutz flog die Art zahlreich in den Dünen von Sonnenuntergang 
bis zur völligen Dunkelbeit, immer in geringer Höhe (15—20 cm) 
über dem Boden (7. 1912). Versuche, das Tier am Tage auszu- 
graben, schlugen fehl. Bei Schönberg 23. 7. 1907 auf einer hoch- 
gelegenen sandigen Schafweide in Anzahl schwärmend. — 
L. cinnamomea Pz. 1 2% im Buchenhochwald an einer lichten 
Stelle bei Schwartau 9. 10. 1918, 44), Uhr nachm. schwärmend. 
— L.dubia ab. brunneicollis Sahlbg. Diese Form ist fast ebenso 
häufig wie die Art; Brandenbaum, Strecknitz, Wesloe, Schön- 
berg, Scharbeutz, Timmendorf, einzeln. — *L. dubia var. mixta 
Fleisch. Wesloer Moor, 1 Stck. geschöpft, 4. 9. 1908. — L. fla- 
vescens Schm., Verzeichn. v. Koschitzky [21] ist zu streichen; 
2 Stck. des Lüb. Mus. ohne Fundortangabe sind calcarata Er. SS, 
doch befindet sich 1 Stck. in meiner Sammlung: Lüb. 9. 1916. 
— L. ovalis Schm., Verz. v. Koschitzky [21]; 2 Stücke im Lüb. Mus. 
gehören wegen des nach hinten verengten Halsschildes nicht 

. zu dieser Art. — L. parvula Sahlbg. Strecknitz, 15. 8. 1909 1 Stck. 
von Gras geschöpft. — L. rotundata Er. Von Endrulat u. Tessin 
[3, p. 10] und Preller [5, p. 34] angeführt, von Koltze ausgelassen. 


Agaricophagus cephalotos var. conformis Er. Scharbeutz 11.7.1913, 
1 Steck. 


Cyrtusa minuta Ahr. Lübech 25. 6. 1909, 1 Stck. — C. pauzilla Schm- 
Schönberg 7. 1908, 2 Steck. geschöpft. Scharbeutz 7. 1912, 1 Stck. 
in den Dünen schwärmerd. Lübeck, 29. 8. 1917, 2 Stek., Bahn- 
hofsfenster anfliegend. ’ 


Amphieyllis globus F. Wesloer Moor, 2.10.1915 1 Stck. gesiebt. 


Agathidium haemorrhoum Er. Scharbeutz 4.7.1912, 1 Steck. — 
A.nigrinum Strm. Strecknitz, in einer Sandgrube, 6. 1904, 
1 Stek. — A. nigripenne F. Kremperholz bei Halendorf, 2 Stck. 
unter der Rinde eines Buchenstumpfes 17.4. 1904 [Teßmann, 
Lüb. Mus.!. Schönberg, unter der lockeren Rinde einer ge- 
fällten Eiche 3. 10. 1904, 3 Stek. — A. piceum Er. Nach Preller 
8. p. 182] bei Friedriebsruh gefangen; fehlt bei Koltze.. — 
A. varians Beck. Strecknitz, Sandgrube am Kiefernholz 5. 1904, 
Mönkhof 5. 1911, Lübeck, 5. 1917, Schönberg 30. 3. 1918 im Laub- 


12. Heft 


94 Ludwig Benick: 


wald gesiebt, je 1 Stck. — A. varians ab. pallidum Gyll.t) Schön- 
berg 21.7.1916 1 Steck. geschöpft. Diese Form ist auch in Dr. Apels 
Sammlung (7. Apr. 1878°) vorhanden [K. Hänel, briefl.]. 

COlambus minutus Stım. Israelsdorf, in einem Vogelnest 7. 1916, 1 Stck. 
— Cl. pubescens Redi. v. Koschitzky [21] verzeichnet die Art als 
selten. 1 Stück des Lüb. Mus. gehört zu armadıllo Deg., der häufig 
1st. 

Leptinus testaceus Müll. In Buchenmulm am Kellersee 18.7. 1919 
8 Steck. Bei Ratzeburg 4. 8.1920 am Küchensee unter Buchen- 
laub und beim Bahnhof (an beiden Stellen Mäusegönge), je 1 Stck. 

Sericoderus lateralis Gyll. Lübeck 7. 1917, Schönberg 7. 1917, immer 
unter faulenden Unkrauthaufen. 

Orthoperus atomus Gyll. Schönberg, 1 Stck 16.7.16 aus einem 
Holzpilz [G. Benick]. — 0. coriaceus Muls. Im Lüb. Museum 
stecken 3 Ex. von $:hönberg, wahrscheinlich von Konow ge- 
schenkt. Schon von Brauns |15, p. 74] gemeldet. 

Sphaerius acaroides Waltl. Verzeichn. v. Koschitzky [21]; im Lüb. 
Mus. ist 1 Steck. ohne Fundortangabe, das von v.K. präpariert 
wurde — In Dr. Apels Tagebuch findet sich die Notiz: 
„30. April 1859 am Postsee in angeschwemmtem Röhricht‘“ 
[K. Hänel, briefl., vgl. Koltze 25, p. 71]. 

Ptenidium punctatum Gyll. Am Ostseestrand (Priwall bis Sieıks- 
dorf) unter halbtrock:nem Tang nicht selten. 

Ptiliolum Kunzei H:>er. Schönberg, aus Unkrauthaufen gesiebt 7. 
u. 12.1917; Lübeck, Bahnhofsfenster anfliegend 8. 1917. — 
Pt. Spencei All. Schönberg, zahlreich aus Unkrauthaufen 7. 1917. 

Ptitium exaratum All. Schönberg 3. 1918 3 Steck. aus W aldlaub gesiebt. 

Ptinella aptera Guer. und var. pallida Er. Koltze gibv als einzigen 
Fundort dieser Art Preetz [Dr. Ap.] an. Die in der Sammlung 
Dr. A.s steckenden Stücke (‚in der Mulmerde im Astloch eines 
Apfelbaumes im Garten“) sind tenella Fr. [K. Hänel, briefl.]. 
Prellers Angabe [8, p. 183]: „Sachsenwald; unter morschen 
Rinden zuweilen in Menge‘ wäre noch zu prüfen. 

Pteryx suturalis Heer. . Scharbeutz, Wennseegehölz, aus feuchtem 
Buchenlaub einige Stck. gesient 21.7. 1918. 

Micrus filiformis Fairm. Schönberg, 7. 1917 zahlreich aus faulendem 
Unkrauthaufen gesiebt. 

*Trichopterys ambigua var. bovina Motsch.?) Schönberg, 5.8. 1917 
1 Stck. gesiebt. — Tr. dispar Matth. Vgl. Koltze [25, p. 73]. 
In Dr. Apels Sammlung ist das Tier nicht vorhanden [K. Hänel, 
briefl.]. — Tr. intermedia Gillm. fehlt bsi Koltze, dafür steht 


1) Der „‚Catalogus“ 1891 stellt (p. 283) varians Beck als Synonym zu pallidum 
Gyll.; deshalb bringt Koltze nur pallidum Gyll.; der „‚Catalogus‘‘ 1906 bringt 
(p. 284) varians als Art, pallidum als Syn. Reitter [Faun. germ. II, p. 258] nennt 
pallidum als Aberration bei varians. | 

®) Ganglbauer [Käf. Mitt. III, p. 330] und Reitter [Faun. germ. II, p. 275] 
stellen diese Varietät zu sericans Heer. 


=: 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 95 


lata Motsch. verzeichnet. Disse Art ist in dem von Koltze be- 
folgien Katalog (1891) fraglich = fascicularıs Herbst gesetzt, 
während lats Matth. [nec Motsch.] als Synonym zu intermedia 
Gillm. gestellt ist. Entweder ist Koltze in der Autorenangabe 
(Motsch. statt Matth.) ein Irrtum unterlaufen, oder ar folgte viel- 
leicht Seidlitz [Faun. baltica II, p. 294]; jedenfalls dürfte die 
obengenannte Art gemeint sein. Bei Lübeck ist sie allerdings 
nicht häufig. Israelsdorf, 1 Steck. in einem Vogelnest 7. 1916. 
Strecknitz, aus Laub gesiebt, 10. 1916 mebrere Stck. [E. Schermer]. 
-— Tr. pygmaea Er. |C'hevrolati All.) ist nach Preller [8, p. 183] 
von Dr. Apel bei Preetz gefunden. fehlt bei Koltze; in der Sammlg. 
Dr. A.s vorhanden: .,20. 11.63 Preetz‘ [K. Hänel, briefl.]. 

Scaphosoma assimile Er. Schellbruch 1. 10. 1917 1 Stck. in einem Pilz, 

Hister bimaculatus I. Schönberg, unter faulsnden Pflanzen 21.7. 1904; 
15. 5. 1918, je 1 Stck. — H. 12-striatus Schrnk. Lükeck, auf der 
Straße 4. 1913, Lauerholz 5.1913, je 1 Stck. -- H.12-striatus 
v. 14-striatus Gyll. Endrulat [4] und Preller [5, p. 57] verzeichnen 
diese Form; sie fehlt vei Koltze. — H. marginatus Er. Waldhusen 
5. 1912, 1 Stek. Kuhbrookmoor 4. 11.1916, 2 Stek. und Schön- 
berg 2. 12. 1916 4 Stck., die beiden letzten Funde in einem Manul- 
wurfsnest. — H. neglectus Germ. Schönberg 9. 1905, Lübeck 1906, 
Wesloe 5. 1912, Wulfsdorf 5. 1915, je 1 Stek. — H. sinuat.ıs Ml. 
Nach Endrulat u. Tessin [3, p. 16 uneinatus Il.] einzeln beim 
Bahrenfelder Gehölz, nach Preller [5 p.57] ‚nicht häufig“; 
fehlt bei Koltze. In der Sammlung des Lüb. Mus. [Verzeichnis 
v. Koschitzky 21] ist kein Stück, das zweilfelos hier gefangen ist. 
— H. striola Sahlbg. (succicola Thoms.) Deepenmoor 24. 8. 1916, 
1 Stek. — H.terricola Germ. Nach Preller [5, p. 57] im östlichen 
Holstein gefangen; fehlt bei Koltze. Lübeck Marli unter Dünger 
6.4.1915, ] Stck. [H. Staat]. 
Carcinops pumilio Er. Scharbeutz 24.7. u. 1.8.1912, je 1 Stck. unter 
angeschwemmtem Seegras. 
Hetaerius ferrugineus Ol. Strecknitz, in einer Sandgrube 8. 1910, 
l Stek. [G. Benıck]. 

Myımetes piceus Payk. Wesloe, in einer Sandgrube 5. 1908, 1 Stck. 

Saprinus aeneus F. Strecknitz 5. 1907, Lübeck 7. 1909, bei Schönberg 
5.1916, Vorwerk 5. 1917 auf Sandboden, je 1 Stck. — S$. me- 
tallieus Hbst. fand ich hier öfter als rugifrons Payk. Priwall, 
Wesloe, Scharbeutz, Cleverbrück, Vorwerk (Sandboden, zahlreich). 
— $. rubripes var. arenari.ıs Mars. v. Koschitzky [21]. Zwei 
im Lüb. Mus. befindliche, von v. K. präparierte Tiere ohne Fundort- 
angabe sind unreife metallicus Hbst. — 8. rugiceps Dft. Priwall 
1902, 1 Steck. — S. rugifrons Payk. Bisher nur an der Ostsee: 
Scharbeuiz, Timmendorf, Haffkrug, Sierksdorf. 

Acritus nigricornis Hoffm. Lübeck, Marli, unter faulenden Unkraut- 
haufen 25.7.1917, 2 Stck.‘ 

Helophorus affinis Mrsh. Scharbeutz 16. 7. 1912; Wulfsdorf 4. 5. 1915; 
Ausgrabensee bei Plön [E. Schermer] 4.8.1918, einzeln; bei 


12. Heft 


99 Ludwig Benick: 


Howacht zwischen Waterneversdorfer See und Ostsee in brackigen 
Pfützen 24. 7. 1919, zahlreich. — *H. arvernicus Muls. Bei Ho- 
wacht an der ebengenannten Stelle 1 Stck. 24. 7.1919. Das Tier 
ist an den kurzen Tarsen leicht kenntlich. — H.fallax Kuw. 
Scharbeutz 15.7.1912 1 Steck. — H.griseus Hbst. Lübeck, 
4. 1910, Fuchsteich im Lauerholz 17.5. 1918, je 1 Stek. Die Tiere 
sind beträchtlich länger als granularıs E., mit dem Kniz [Ent. Bl. 
1919, p. 13] sie vereinigt hat. Da mir Übergänge nicht vorliegen, 
behalte ich einstweilen den Namen bei. — H. pumilio Er. Lauer- 
holz 2.5.19)6 1 Stek. — *H. pumilio var. Redtenbacheri Kuw. 
Schönberg 13.5.1913 1 Stek. — H.strigifrons Thoms. Quell- 
sumpf am Ratzeburger See 18 4.1919 1 Stck. [A. Thienemann). 

Ochthebius bicolon Germ. Schellbruch 24. 4. 1912 1 Steck. — O. marınus 
Payk. Priwall 7. 1904; Scharbeutz 7. 1912, 3 Stck.; bei Howacht 
24.7.1919 zahlreich. 

*Hydraena nigrita G>rm. In Quellsümpfen am Dieksee 14.3. 1918 
(13 Stck), 6. 1918 (1), 2.4. 1919 (1) und Ratzeburger See 4. 10. 19 
8 Stck., alle A. Thienemann. — H.palustris Er. Schönberg 
14. 7. 1904 4 Sick.; Lauerholz 20.4 1911, Quellsumpf am Ratze- 
burger See 18.4. 1919 [A. Thienemann], je 1 Stck. 

Spercheus emarginatus Schall. In einer schlammigen Bucht der Wakenitz 
zwischen dichtem Lemna-Belag 6. 1906 u. 6. 1907 insgesamt 7 Stck. 

Berosus spinosus Stev. Bei Howacht zwischen Waterneversdorfer See 
und Ostsee in brackigen Pfützen 24.7.1919 10 Stck. 

Hydrous aterrimus Eschsch. Hier häufiger als piceus L. Rothebek, 
Rittbrook [F. Otto], Gr. Steinrade [Scheel]; 1 $ mit völlig hell- 
braunen Beinen von Gronenberg [Albers]. — *H. piceus var. 
Q plicifer Bed. Lauerholz 7. 1907, 1 Stek. [F. Otto]; Mori, 6. 1918, 
1 Steck [Tamm]. Nach Schilsky [32, p. 74] war diese Form in 
Deutschland noch nicht sicher nachgewiesen. 

*Hydrophilus caraboides var. intermedius Muls. v. Koschitzky [21] 
verzeichnet Hydrochares flavipes Stev.: „Selten, nur einmal bei 
Travemünde.‘ In der Sammlung des Lüb. Mus. steckt ein Stück 
mit dieser Bezeichnung, das aber zu der genannten Form des 
caraboides L. gehört, die = flavipes Thoms. (nec Stev.) ist. 

Hydrobius fussipes var. Rottenbergi Gerh. Einzeln zwischen der Art 
gefunden. Schönberg, 3 Stek. Scharbeutz 5. 1910, 1 Stek. — 
*H. fuscipes var. subrotundatus Steph. Tümpel am Moislinger 
Brook 5. 1912. Wasserpfützen auf Baggermodde bei Genin 4. 1914, 
zusammen 3 Stück. 

* Anacaena limbata ab. nitida Heer. In Quellsümpfen am Selenter See, 
Ratzeburger und Kellersee, insgesamt 6 Stck. [A. Thienemann]. 
— *A.limbata ab. ochraea Steph. Daselbst etwas zahlreicher. 
Taauerholz, Fuchsteich 9. 1912 1 Stck. 

Helochares lividus Forst. ist hier weit seltener als griseus F. — H. me- 
lanophthalmus Muls. v. Koschitzky [21] nennt diese Art. Nach 
Gemminger et Harold II, p. 481 ist sie gleich dilutus Er., diese 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 97 


steht aber im Catalogus 1906 bei ividus Forst. In der Sammlung 
des Lüb Mus. ist ein Stück von Angola. — Ist zu streichen. 

Laccobius alutaceus Thoms. Genin, auf Baggermodde 29. 4. 1914, 1 Stck. 
— L. minutus var. nanulus Rottbg. Koltze [25, p. 31] nennt als 
einzigen Fundort Preetz. In Dr. Apels Sammlung ist ein Stück 
dieser Form nicht vorhanden [K. Hänel, briefl.]. 

Limnebius aluta Bed. Teich bei Brandenbaum 15.4. 1911, 1 Stck. 
— L.erinifer Rey. Schellbruch 4.1912, 5 Stek., Schönberg 
6. 1914, 3. 1915, 6. 1917, zusammen 5 Stck. Wulfsdorf 4. 1915, 
1 Steck. Fast ausnahmslos in seichten Pfützen oder lehmigen 
Gräben gefangen, mehrere 33. — L. nitidus March. Scharbeutz 
7.1912, 3 Stek. — L. papposus Muls. Nicht so selten: Mönkhof, 
Palinger Heide, Schellbruch, Schönberg. — L. truncatulus 1homs. 
Schönberg 5. 1914, 1 Stek. Lauerholz (Fuchsteich) 5. 1918, 1 Stck. 

*Sphaeridium bipustulatum var. substriatum Fald. Wesloe 17.9. 1914, 
1 Stck. 

Cercyon flavipes ab. marginellus Payk. Lübeck 4.1913. 1 Steck. auf 
der Straße. — (©. haemorrhoidalıs ab. erythropterus Muls. Lübeck, 
Fenster des Bahnhofs anflı gend 8. 1917, 2 Stck. -— *C. hittoralis 
ab. ruficollis Schilsky. Vreinzelt zwischen der Art am Seestrand, 
Scharbeutz, auch bei Schlutup. — ©. pygmaeus ab. merdarius Str. 
Lübeck, Bahnhofsfenster anfliegend 8. 1917, 1 Stck. — *C. sub- 
sulcatus Rey. Schönberg 5. 1915, 2 Stck. Lauerholz, Fuchsteich, 
5.1916, 7 Steck. Diese Art scheint bis'ang mit convezxiusculus 
Steph. zusammengeworfen zu sein. 

Cryptopleurum cerenatum Pz. Quellsumpf am Ratzeburger See 14. 5. 19, 
l Stck. 

Pyropterus affinis Payk. Nach Endrulat u. Tessin [3, p. 24] und Preller 
[5, p. 88] bei Friedrichsruh gefangen. Fehlt bei Koltze 

* Phosphaenus hemipterus var. brachypterus Motsch. Lauerholz, am 
Weg kriechend 1.7.1908, 2 Stek. Scharbeutz 4.7.1912, 2 Stck. 
am lehmigen Abhang gesammelt, alles $4. Ich habe die Art hier 
überhaupt nicht gefunden. Da hier auf Varietäten nicht immer 
genügend geachtet wurde, so ist es möglich, daß die von Preller 
[8, p. 88], Koltze [25, p. 106] u. a. genannten Tiere auch der 
Varietät angehören und die Art (58) gänzlich fehlt. — Schönberg, 
zwei Larven am Öberteich gesiebt 17.4. 1920. 

*Podabrus alpinus var. Mocquerysi Reiche. Bei Wesloe 16. 6. 1914, 
1 Stek., Lauerholz 5. 1913 u. 6. 1913, 7 Ex. von niederen Hain- 
buchen- und Haselgebüsch geklopft. — *P. alpinus var. rubens F. 
In einem Gebölz bei Schönberg von niederem Gebüsch 2 Stck. 
geklopft. 

Cantharis discoides Ahr. v. Koschitzky [21], im Lüb. Mus. befindet 
sich kein zweifellos hier gefangenes Stück. — *C. discoidea ab. 
liturata Redt. Siehe C. lineata Kiesw. — *C. Erichsoni Bach. Mölln 
8.8.1913 [Caven f]. Das Stück befindet sich in meiner Sammlung 
[Künnemann vid.]. Die Art, die nach Reitter [Faun. germ. III, 

Archiv flir Naturgeschichte 
1921. A.12. 7? 12. Hert 


98 Ludwig Benick: 


p- 258] ın unseren höheren Gebirgen vorkommen soll, ist in Nord 
deutschland bislang nicht nachgewiesen. — Ü. figurata Mnnh. 
Kasdorf 5. 1908 [F. Otto]. Genin 5. 1908 [F. Otto], Waldhusen 
1903, Wesloe 16.6.1914, je 1 Stek. — *C. figurata ab. luteata 
Schilsky. Mönkhof 26. 6. 1915, 1 Stek. — C. fulvieollis ab. flavi- 
labris Fall. v.Koschitzky [21]. Im Lüb. Mus. befindet sich 
ein Stück ohne Fundort, ein anderes [,‚Kosch., Lüb.‘] gehört 
zur Art. — *C. fusca ab. conjuncta Schilsky. Einzelne Stücke 
von Scharbeutz 7. 1912, Schönberg 5. 1914, Dummersdorf 6. 1915, 
— C.lateralis L. Lübeck 1906, Herrenbrücke 6. 1915, 7. 1917, 
je 1 Stek. — (©. lineata Kiesw ist nach Preller [5, p 89] im öst- 
lichen Holstein gefangen Diese spanische Art ist sicherlich zu 
Unrecht in die Fauna gekommen und von Koltze deshalo fort- 
gelassen. Ein Stück mit diesem Namen in Dr. Apels Sammlung 
ist, wie Seidlitz [Faun. balt. I, p. 475, Fußn. 9] schon vermutete, 
— lineata Bach = discordea ab. irturata Redt. [,,Preetz“, K. Hänel, 
briefl.]. — *C. vida ab. scapularis Redt. 2 Stücke von hier. — 
*C. nigricans ab. immaculata Schilsky. Wız2 die Art nicht selten. 
Ringstedtenhof, Schönberg, Schwartau, Wesloe.. — *C. pallida 
ab. utsulata Kiesw. Schönberg, 6. u. 7. 1916, je 1 Steck. — (. puli- 
caria F. Diese von Freller [5, p. 89] verzeichnete Art fehlt bei 
Koltze. v. Koschitzky führt sie ebenfalls auf, hat sie aber nicht 
selbst gefunden. Im Lüb. Mus. ist ein Stück ohne Fundort. In 
Mildes (des Begründers der naturwissensch. Sammlung.n) Hand- 
katalog als hier gefunden angemerkt. — Ü. violacea Payk. Genin 
6. 1903 mehrere Stücke, Wesloe 5. 1908 und Moislinger Brook 
6.1917 [G. Benick], je 1 Stck., immer an unteren Zweigen von 
Laubbäumen jagend. 

Rhagonycha atra L. Mehrere Stücke im Lüb. Mus. [v. Koschitzky, 21] 
sind = Canth. paludosa Fall., eins ohne Fundortangabe richtig. 
Am Kellersee 2. 6. 1919 1 Steck. [A. Thienemann]. — Rh. elongata 
Fall. v. Koschitzky [21]. Fehlt in den Sammlungen des Lüb. Mus. 
— *Rh.lutee ab. Maerkeli Kiesw. Schönberg 9. 1905, 1 Sick. 

Malthinus glabellus Kiesw. Nach Preller [8, p. 195] von Beuthin gef., 
von Koltze fortgelassen. 

* Malthodes atomus Thoms. Bzsi Travemünde 25. 6. 1916, beim Behn- 
turm 1.7.1917, je 1 Steck. von niederem Kraut (unt:r Raum 
oder Busch) g2schöpft. Weslo:r Moor 29.5. 1920 zahlreich, 1 3. 
— M.dimidiatocollis Rosh. Von Endrulat u. Tessin |3, p. 24: 
palicarius Strm.] und Preller [5, p.90: pulicarius Redt] ver- 
zeichnet, fehlt bei Koltze — M. dispar Germ. Schönberg 10. 1905, 
7. 1906, 7. 1916, 4 Stck., alles $&%. — M. guttifer Kiesw. Schönberg 
7.1907, 7.1916, 3 Stek. — M. hexacanthus Kiesw. Scharbeutz 
7.1913, 2 Stek., Schönberg 7. 1916, 1 Stck. — M. spathiter Kiesw. 
Lauerholz 6.1.13, 3 Stek. von Bäumen geklopft (1 3), Schöon- 
berg, 5.1.17, 1 8. — M.trijurcatus Kiesw. Preller (8, p. 196] 
führt drei Fundorte an (,,im Mai nicht selten“), fehlt bei Koltze. 
Wenngleich der Oatal. Col. Evr. 1896 u. 1906 diese Art nur von 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 99 


Alpen und Karpathen, Ganglbauer [Faun. germ. III, p. 268] 
fast von ganz Südeuropa (Gebirge) nennt, ist doch zu beachten, 
daß sie nach Seidlitz [Faun. balt, II, p. 430] auch von Czwalina 
in Ostpreußen gefunden ist. 

Charopus concolor F. Preller [8, p. 196] nennt die Art von Flottbeck; 
fehlt bei Koltze. — C. pallipes Ol. Nach Preller [5, p. 91] in der 
Haacke, sehr selten, fehlt bei Koltze. Da C%. flavipes Layk. bei 
Preller fehlt, so dürfte eine Verwechslung mit Ch. pallipes Er. 
[nec Ol.] = flavipes Payk. vorliegen. [Vgl. Seidlitz Faun. balt. II, 
p. 486, Fußnote 7]. 

Ebaeus pedicularius Schrnk. Bei Reecke in einer Sandgrube 3 Stck. 
17.7.1918 [G. Benick]. 

Malachius bipustulatus ab. immaculatus Rey. Schönberg 5. 1914, 
Lübeck 6.1916, je 1 Stek. — *M.sardous Er. Travemünde 
6. 1909, 1 Stek. Brodi. Ufer 6. 1916, 2 Steck. auf niederen Pflanzen, 
davon 1 3. — Die Oberseite ist nicht ausgesprochen blau, wie 
Reitter [Faun. germ. Ill, p. 281] angibt, höchstens der Vorder- 
körper, meist ist das Grün dunkler als bei marginellus Ol. 

Anthocomus rufus Hbst. Lübeck 8. 1903, 8. 1909, 6. 1914, 8. 1918, 
je 1 Stck. auf der Straße gefangen, Brodtener Ufer 9. 1911, Hol- 
steinische Schweiz 8. 1912, je 1 Stck. 

Paratinus femoralis Er. Preller [8, p. 196] nennt die Art sehr selten, 
fehlt bei Koltze. Priwall 20.7.1918, 2 Steck. zwischen Dünen- 
gras [G. B.nick]. 

Dasytes fusculus Ill. v. Koschitzky [21]. Im Löb. Mus. oefindet sich 
ein einziges von v.K. pröpariertes Stück ohne Fundortangabe. 
Im Handkatalog ist der Vermerk „Lüb. v. Kosch.‘“ eigenhändig 
eingetragen. — D nigrocyaneus Muls. Die von Künnemann 
[34, p. 646] zu>rst beopachtete Art steckt in 4 Ex. als D. subaeneus 
Schönh. [Verzeichnis v. Koschitzky, 21] im Lüb. Mus. D. sub- 
aeneus Schönh. ist zu streichen. — Schönberg 20.5. 1918 1 Stck. 
— D. subaeneu: Schönh. s. D. nigrocyaneus Muls.! 

Haploenemus pini Redt. Weslo: 6.1908, 1 Steck. von blühendem 
Sorbus aucuparia geklopft, Lübeck 5. 1914, 1 Steck. in der Straße 
schwärmend [G. Benick]. 

*Trichoceble floralis Ol. Lübeck, in der Wallstraße, bei einem Holz- 
lager 7.1915, 1 Steck. — Haplocnemus floralis Gyll. [Preller, 8, 
p. 196] von d r Haacke ist jeaenfalls diese Art, der ‚Uatalogus“ 
von 1859 verzeichret H.floralis Oliv. (nec Gyll.). 

Phloeophilus Edwardsi Steph. Außer zwei von v. Koschitzky prä- 
pari:rter Stücken ohne Fundortangabe, die auf di» im Ver- 
zeichnis [21] von Wesloe genannt n Tiere zu beziehen sein werden, 
sind im Lüb. Mus. noch 2 Ex. aus Schönberg, vielleicht von 
Konow geschenkt, vorhanden. — In Dr. Apels Sammlung (vgl. 
Koltze, 25, p. 110) ist kein Tier vorhanden, auch jegliche Notiz 
darüber fehlt. 

Tillus elongatus L. Ahrensbo=:k [Schramm], 1 9. 


7* 12. Heft 


100 Ludwig Benick: 


Opilo mollis L. Schönberg 6. 1900, ] Stck. im Stallan der Ward kriech. , 
Liüteck [F. Otto], 1 Stck. 

Trichodes apiarius L. Lauerholz 7. J907, 1 Stck. [F. Otto). 

Necrobia rufıpes var. pilifera Reitt. Brodt:ner Ufer 7.1913, 1 Stck. 
in »inem angeschwemmten Pflaumenkistchen. Lübeck 6. 1914 
zahlreich ınis der Art in den Gemüseläden der Stadt. 

* Byturus tomentosus ab. flavescens Marsh. Fast so häufig wie die Art 
auf Brombeer- und Himbeerblüten: Lübeck, Schönberg, Teerhof- 
insel. 

Tenebroides mauritanieus L. Lübeck, 8. 1907 u. 6.1912, je 1 Stck. 
aus hiesiger Bäckreai. 

*Cateretes pedicularius ab. nigriventris Leinbg. — *C. pedicularius 
ab. pallens Rey und *C. pediceularius ab. scutellaris Leeinbg. sind 
wie die Art auf Blüten, besonders Spiraea ulmaria, häufig: Branden- 
baum, Duwnmersdorf, Schönberg, Wesloe. — C. rufilabris Latr. 


Dummaersdorf, 6.1915, 1 Stck., Lübeck, Marlı 7.1915, 2 Stck. 


von niederen Pflanzen geschöpft. 

Heterhelus scutellaris Heer. Von Preller[8, p. 185] als Cercus sambuci Er. 
angegeben, von Koltze fortgelassen, von Künnemann [37, p. 90] 
wieder gemeldet. — Lübeck, 5. 1918 an mehreren Stellen der An- 
lagen und in einem Privatgarten in den Blüten von Sambucus 
racemosus sehr zahlreich. 

Carpophilus hemipterus L. In angeschwemmten Pflaum.:nkistchen 
beim Brodtener Ufer 7. 1913 häufig. 

Soronia grisea L. Hier in den Anlagen an ausfließendem Baumsaft 
von 5. bis 8. zu find:n. — S. punctatissima Ill. Lübeck 1913, 
] Stck. am Saftfluß einer Weide in den Höxtertoranlagen. 

Epuraea deleta Er. Wesloe 7. 1903, Lauerholz $. 1913, je 1 Stck. — 
E. florea Er. Wesloe 6. 1919, 2 Sick. — E. rufomarginata Steph. 
Lübeck 4. 1915, 1 Stek. auf der Straße schwärmend [G. Benick]. 
— E.variegata Hbst. >Schonberg, 5. 1917, 2 Stck. 

Micrurula melanocephala Marsh. Bei Schlutup 5.5.1918 1 Stck. 
im Straßenbahnwagen, ein zweites von Schwarzdornblüten ge- 
klo pft. 

Dh limbata Ol. Schönberg 7. 1916, I Stck. in einem Holzpilz. 

Nitidula bipunctata L. Schönberg 5.1909, 3 Stck. an einem toten 
Maulwurf. — N.carnaria Schall. Schönberg 7.1904 1 Steck. 
in der Regentonne. — N.rufipes L. Schönberg, 2 Stck. wie 
bipunctata L. 

* Meligethes aeneus ab. semiaeneus Gnglb. Wesloer Moor, in den Blüten 
von Salix pentandra 5.1918, 1 Stek. — M.bidens Bris. Bei 
Clevelandwehr in den Blüten von Galeopsis versicolor 5. 1916, 
2 Stek. — M. bidentatus Bris. v. Koschitzky [21]. Fehlt in der 
Sammlung des Lüb. Mus. — *M. coeruleovirens av. rhenanus Rttr. 
Curauer Moor 9.6. 1918 1 Stek. geschöpft. — M. egenus Er. 
Bei Travemünde 1 Steck. im Chausseegrapen geschöpfs 25. 6. 1916. 
— M. exilis Strm. Nach Preller [5, p. 63] auf Compositen nicht 
häufig, fehlt bei Koltze. — M.hebes Fr. v. Koschitzky [21]. 


rg a u 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 101 


Im Lüb. Mus. sind 5 Ex. von Kragerö, Norwegen, keins von hier. 
-— M. lugubris Strmd. Brodtener Ufer 6. 1912, 1 Steck. — M. mo- 
rosus Er. Lübeck, Grabenrand, in den Blüten von Lamium album 
6.1916, 3 Stek. — M.nanus Er. Soll nach Preller [8, p. 186] 
von Koltze bei Borstel gefunden worden sein, fehlt bei Koltze. 
— M. ovatus Strm. Schönberg 4.8.1916 2 Stck. an Verbascum 
nigrum [Künnemann det. ]. — M. pedieularius Gyll. Wesloer Moor 
in den Blüten von Salıx pentandra 5. 1918. — M. planiusculus 
Hser wird von Preller [8, p. 186] als murinus Er. verzeichnet, 
von Koltze ausgelassen. — *M. Rosennaueri Reitt. Schönberg 
an zwei entf>rnten Stellen in den Blüten von Anchusa offieinalis 
5. 1915, 5.—8. 1916, 5.u.7.1917 u. 1918 sehr zahlreich. Hohemeile 
25.5.1916 [G. Benick]; Vorwerk 14.5.1918, an beiden Stellen 
unt>r denselben Verhältnissen. — M.  ıfipes Gyll. Bei Schwartau 
16. 8. 1907, 1 Stek. Vgl. Koltze [25, p. 82]. — M. subrugosus Gyll. 
lübeck, 1 Stek. ohne genauere Angabe. — *M. sulcatus Bris. 
Lübeck, in den Blüten von Lamium album am Rand: eines Grabens 
in der Vorstadt St. Jürgen 6. 1916, 3 Stck., darunter 1 2. 

Thalyera fervida Oliv. Wesloe 1908 u. 8. 1909, 3 Stck. von niederem 
Kraut im Kiefernwala geschöpft. 

@lischrochilus Olivier; Bed. v. Koschitzky [21: 4-punetatus Ol.]. In 
der Lüb. Museumssammlung sind mehrere hiesige Stücke (,,Kosch. 
Lüb.“). Vgl. Koltze [25, p. 84). 

*Rhizophagus aeneus Richter. Lübeck, Wakenitzufer-Anlagen, unter 
der Rinde einer Weide mit Saftfluß 7. 1915, 1 Steck. — Rh. ferru- 
gineus Payk. Herrenbrücke 8. 1909 1 Steck. unter Kiefernrinde. 
— Rh. nitidulus F. Wesloe, 4. 1913, 1 Stek. — Rh. parallelocollis 
Gyll. Lübeck, peim Friedhof schwärmend 27.5.1909, 2 Stck. 
— Rh. politus Hellw. Lauerholz 17.4. 1919 1 Stek. unter Eichen- 
rinde. 

Monotoma longicollis Gyll. Lübeck, auf der Straße schwärmend 
4.1914, 1 Stek., zahlreich die Fenster des Bahnhofes anfliegend 
8.1917. — M. pieipes var. cavieula Reitt. Lübeck, Bahnhofs- 
fenster anfliegend 8. 1917, 2 Steck. Wimmel [19, p.5] gibt eine 
M.subquadrifoveolata Wterh. an; Koltze setzt eine M.subquadri- 
foveolata Woll., die ‚in den Verhandlungen des Vereins f. natur- 
wiss. Unterhaltung‘ aufgeführt sein soll [vielleicht die von Wimmel 
genannte Art] = piceipes Hbst. [25, p. 178). Der „Catalogus“ 
1906 [p. 327] stellt M. subquadrifoveolata Reitt. als Synonym 
zu M. pieipes var. cavicula Reitt., hat daneben aber noch M. sub- 
quadrifoveolata Fowler. Mit der mir zur Verfügung stehenden 
Literatur vermochte ich nicht Klarheit zu gewinnen. 

Silvanus bidentatus F. Lübeck, Wäsche anfliegend 6. 1904, 1 Stck. 

Cathartus advena Waltl. Brodtener Ufer, in angeschwemmten Pflaumen- 
kistchen 7. 1913 zahlreich. 

Pediacus depressus Hbst. Lübeck 4.7. 1919 I Stck. fliegend. 

Laemophloeus ater Ol., L.ferrugineus Steph.. L. minutus Ol. und 
L. turcieus Grouv. [nicht „Grav.‘“, wie bei Koltze (25, p. 86) 


12. Heft 


102 Ludwig Benick: 


steht] waren sämtlich mit Silvanus surinamensis, (athartus advena 
u. a. in am Brodtener Ufer 7. 1913 angespülten Pflaumenkisten 
zahlreich, am wenigsten ZL.tureicus Grouv. 

Telmatophrlus an Gyll. Lüback, Teufelsinsel, 7. 1903, Schön- 
barg, Oberteich, 7. 1907, immer an Typha latifolia. — T. typF.ae 

Fall. Lübeck, wie > vorige Art. 

Henoticus serratus Gyl. Von Preller [8, p. 188] verzeichnet, fehlt vei 
Koltze; v. Koschitzky [21]. Im Lüb. Mus. befinden sich zw:i 
von v. Koschitzky präparierte Stücke ohne Fundortangabe. 

Mierambe vini Pz. Scharbeutz 7. 1913, Schönberg 7. 1917, je 1 Stck. 

Cryptophagus dorsalis Sahlbg. Palinger Heide 26.4.1918, 1 Stck. 
fliegend, am Dieksee 14.5.1919 1 Stck. [A. Thienemann]. — 
OÖ. fuseicornis Strm. v. Koschitzky [21]. Im Lüb. Mus. steckt 
1 Steck. ohne Fundortangabe, das zu badius Strm. gehört. — 
CO. pubessens Strm. Wesloer Kiefern, in einem Wespennest zahl- 
reich 10. 1917. — C. saginatus Strm. Brandenbaum 3. 1916, 
Lauerholz 1913, je 1 Stek.; Lübeck, im Keller 4. 1912 [K. Bur- 
mester]. — C. setulosus Strm. Schönberg 7. 1908, 2 Stck. ; Streck- 
nitz S. 1910, Wesloe, im Wespennest 10. 1917, je 1 Steck. — 
*O. subdepressus Gyll. Wesloe 16.6.1914. 1 Stek. Mit Stücken 
von Paskau [Dr. Graf leg.] verglichen. 

Antherophagus nigricornis F. Bei Schlutup 7. 1916, 1 Stck. auf Öd- 
land geschöpft. — A. pallens Ol. Bei Travemünde im Chaussee- 
graben geschöpf, 6.1916 1 Stek., Schönberg 6.1916 1 Stck. 
auf Anchusa offieinalis. — 4A. silaceus Hbst. Mölln 5.8.1911, 
1 Stck. [Caven f]. 

@Grobbenia fimetarii Hbst. Strecknitz 1906, Wesloe 3. 6. 1910, je 1 Stck., 
am letztgenannten Ort am Grabenrand geschöpft. — Endrulat 
u. Tessin [3, p. 19] und Freller [5, p. 67] hatten das Tier gemeldet, 
es wurde jedoch durch Koltze [25, p. 77], der irrige Bestimmung 
annahm, aus der Fauna verwiesen. Da K. nicht sagt, daß ihm 
die Tiere vorgelegen haben, ist: die Angabe seiner Vorgänger 
kaum in Zweifel zu ziehen, umsoweniger, als die Art unschwer 
erkennbar ist. 

Atomaria atra Hbst. Bei Grönau an einem Teichrand im halbwüchsigen 
Kiefernwald etwa ein Dutzend Stücke gesiebt 4. u. 5. 1916. — 
A. diluta Er. Am Chausseegrabenrand bei Travemünde 1 Steck. 
gestreift 25. 6.1916. Wurde schon von Konow bei Schönberg 
gefunden []5, p. 65]. — A. fuscipes Gyll. Preller [5, p. 67] hat die 
Art verzeichnet; fehlt bei Koltze. — A. gravidula Er. Preller 
[5, p. 67]: „Im Holsteinischen gefangen”; fehlt bei Koltze. In 
Dr. add Sammlung (,,Preetz‘‘) vorhanden [H. Hänel, oriefl.). 
Scharbeutz, am Strande 30. 6. u. 4.7.1913, 3 Stek. — 4. qutta 
Steph. Schönberg 22.7.1907, 1 Stek. — A. impressa Er. Nach 
Preller [8, p. 188] bei Borstel von Koltze gef., fehlt bei Koltze. 
— A. nigripennis Payk. Preller [5, p. 67] nennt sie von Harburg; 
fehlt bei Koltze. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. sind 5 Stck., 
eins von v,K. präpariert. — A. prolixa Er. v. Koschitzky [21]. 


Beiträge zur Kkferfauna des nordelbischen Gebietes. 103 


Ein Stück im Lüb. Kus. ist von v. K. präpariert. — 4A. turgid. Er. 
Schönberg, aus Heuhaufen, die auf den Maurinewiesen zurück- 
geblieben waren 1 Stck. gesiebt 2.12. 191€; 1 Stck. ebendort 
aus einem Komposthaufen [Unkraut] gesiebt 17. 7.917. Bereits 
von Konow bei Schönberg gefunden [15, p. 74]. — A. Zetterstedti 
Zett. Lübeck, 25.7.1917, 1 Steck. 

*Ephistemus exiguus Er. Schönberg, am Rande einer Jauchegrube 
6.7.1904, 1 Stck. 

Tritoma bipustulata F. Schellbruch 1 Stck. im Baumpilz 10. 1911. 

Triplar aenea Schall. In der Sammlung des Lüb. Mus. sind Stücke von 
Buntekuh 1890 und Tüschenbeck. — T. russica L. Beim 3. Fischer- 
buden 1916, 1 Steck. [Eick.]. 

*Dacne bipustulata ab. Jekeli Reitt. Bei Sierksdorf (Ostsee) unter 
Pappelrinde 23.7. 1913, mit der Art, 3 Stck. 

Phalacrus carieis Strm. Lauerholz 9. 1912, Genin 3.1913 gesiebt, 
Scharbeutz 7. 1913, am Strand, Herrenbrücke 7. 1913, Waldhusen 
5. 1917. — Ph. substriatus Gyll. Bei Strecknitz in einer Sandgrube 
von blühenden Carexpflanzen geschöpft 8. 1906. 

Olibrus bicolor F. v. Koschitzky [21]. In den Sammlungen des Lüb. 
Mus. ist kein Stück dieser Art. — O. corticalis Payk. Unter Ulmen- 
rinde in der Ratzeburger Allee 12. 12. 1913, 6 Steck. — O. pygmaeus 
Strm. Am Chausseegrabenrand bei Travemünde 6. 1916 2 Stck. 
geschopft. 

Lathridius alternans Mnnh. des Verzeichnisses v. Koschitzky [21] 
sind = angusticollis Gyll. Da die im Verzeichnis Koltze [25, p. 78] 
genannten Tiere zu Bergrothi Reitt. gehören [vgl. Wimmel, 19, 
p-5 u. 31, p. 91], so ist die Art im Faunengebiet nicht nachge- 
wiesen.!) — L. Bergrothi Reitt. Lübeck, in der Straße fliegend 
und im Zimmer 9. 1916, 6. 1917, je 1 Stek. — L. constrietus Gyll. 
v. Koschitzky [21]. Im Lüb. Mus. ist 1 Stek. ohne Fundort- 
angabe. — 7. rugicollis Ol. v. Koschitzky [21]. Im Löüh. Mus. 
ist die Art nicht verteten, im „Gemminger et Harold‘ ist die 
Anmerkung, daß sie hier gefunden ist, durchstrichen. E 

Eniemus brevicornis Mnnh. Preller [5, p. 68]; bei Koltze im Anhang 
erwähnt. — E. minutus var. anthracinus Mnnh. soll nach Preller 
[5, p. 69] von Beuthin gefangen sein; Koltze läßt sie fort. — 
E.rugosus Hbst. Tiüibeck 1.8.1906 1 Stck. an sinem Stekett. 

Cartodere elongata Curtis. v. Koschitzky [21]. Im Lüb. Mus. sind 
4 Stek., alle ohne Fundortanganoe. In meiner Sammlung befinden 
sich 5 Fx. aus der Koll. Dr. Apels [,.Holssein‘], die ich von Herrn 
Hänel erhielt. — CO. filiformis Gyll. v. Koschitzky [21]. Im 
Lüb. Mus. ist kein Stück vorhanden. — *C. filum Aube. In 
einer von Schimmelpilzen befallenen Insektensammlung aus 
Altona zahlreich, 1.1917. Im Parterre des Lüb. Mus. an grobem 
Leinen zahlreich 9.1919. — C.ruficollis March. Schönberg, 
an einer alten Mauer 22.7.1916, 1 Stek. 


1) Prellers Angabe [5, p. 68], daß Beuthin sie gefangen habe, wäre nach- 
zuprüfen. 
12. Heft 


104 Ludwig Benick: 


Corticaria erenulata Gyll. Scharbeutz u. Sierksdorf am Ostseestrand 
unter trockenem 'Tang nicht selten 7.1910 u. 1912. Bislang 
von der Ostsee nicht angegeben. — *C. ferruginea Mrsh. Lübeck, 
Bahnhofsfenster anfliegend 5. 1917, 7 Steck. [Künnemann det.]. 
— (. fulva Com. Scharbeutz 8. 1912 u. 7.1913, je 1 Stck. unter 
trockenem Tang. — CO. impressa Ol. Hier unter halbtrockenen 
Pflanzen usw. nicht selten: Herrenbrücke, Scharbeutz, Schön- 
berg, Waldhusen, Wesloe. — (©. longicollis Zett, Preller [5, p. 69: 
formicetorum Mnnh.] verzeichnet diese Art aus dem Eutinischen, 
wo sie unter Rinde gefunden sein soll; fehlt bei Koltze; — 
C. serrata tayk. Schönberg 8. 1916 u. 10. 1917, je 1 Stek., das 
zuletzt gefangene Stück ist nur 1,4 mm lang. 

Melanophthalma fuscula var. trifoveolata Redt. Scharbeutz 7.1912 
1 Stek. am Strand. — M.transversalis Gyll. Scharbeutz unter 
Yang 7.1912, 4 Stck. Vgl. Koltze [25, p. 79]. — ©. truncatella 
Mnnh. Sierksdorf 7. 1910, Scharbeutz 7. 1912, Priwall 7. 1913, 
überall unter fast trockenem Tang; mehrere Stck. 


Mycetophagus atomarius F. Scharbeutz, Wennsee-Gehölz, aus ver- 
pilztem Buchenlaub gesiebt 7.1918. — *M. piceus ab. histrio 
Sahlbg. und *M. piceus ab. punctulatus Schilsky. Beide Färbungs- 
abänderungen fanden sich in je 1 Stck. gemeinsam mit mehreren 
der ab. lunaris F. an einem Leberpilz (Fistulina hepatica), der 
aus einem Fichenstamm hervorwuchs, Lauerholz, 19. 8. 1917. 

Aspidiphorus orbiculatus Gyll. Scharbeutz, Wennsee-Gehölz, aus 
Buchenlaup 1 Stck. gesiebt 7. 1918. 

Cis alni Gyll. Schellbruch 8.9. 1904 an trockenen Zweigen 4 Stck. 
— 0. bidentatus Ol. Schönberg, zahlreich in einem Holzpilz 7. 1916. 
— (0. festivus Gyll. [= festivus Pz.] v. Koschitzky [21] ver- 
zeichnet die Art mit ?. Zwei in der Sammlung des Lüb. Mus. 
vorhandene Tiere sind bidentatus Ol. 22. Obgleich Koltze [25, 
p. 117] und Clasen [2] ebenfalls die Art nennen, soll darauf hin- 
gewiesen werden, daß der Catalogus von 1906 Alpen und Pyrenäen, 
Schilsky [32] nur die Alpen, Reitter [Faun. germ. III, p. 101] 
die gebirgigen Teile Ostdeutschlands als Fundorte angeben. — 
©. Jacquemarti Mell. Wesloe 5.1910, 1 Stek. — C. quadridens 
Mell. Lübeck, unter Eichenrinde 5. 1908, 1 Stck. 


Ennearthron affine Gyll. Schönberg, auf Eschenstubben unter voll- 
ständig zerfressenem Holzpilz zahlreich, 7.1903, 4.1908. — 
E. cornutum Gyll. Schönberg, Rupensdorfer Holz 4. 1903 zahl- 
reich an trockenen Zweigen unter der Rinde. Lübeck, Treidel- 
stieg an trockener Weide 5. 1910, 1 Stck. 

Octotemmus mandibularis Gyll. Preller [8, p. 200] nennt das Tier von 
Borstel und dem Sachsenwald (Birkenschwämme); es fehlt bei 
Koltze, der aber für O. glabriceulus Gyll. die gleichen Fundorte 
und dieselben Nahrungspflanzen angibt. — Im Lüb. Mus. sind 
4 Ex. ohne Fundortsangabe; v. Koschitzky [21] hat die Art 
nach Mildes Katalog verzeichnet, 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 105 


Cerylon ferrugineum Steph. Lauerholz, unter Eichenrinde .10. 1917, 
2 Stck. 


Sphaerosoma globosum Strm. Nach Preller [8, p. 221] im östlichen 
Holstein in Schwämmen gefunden; bei Koltze nur im Anhang 
[25, p. 179] erwähnt. In Dr. Apels Sammlung ist ein Stück, 
von „Preetz‘‘ vorhanden. [K. Hänel, briefl.]. — Sph. piliferum 
Müll. Koltze [25, p. 178] hat den von Wimmel [24, p. 77] ge- 
meldeten Fund berichtigt, nicht aber den von Preller [8, p. 221] 
verzeichneten. In Dr. Apels Aufzeichnungen steht: „3. 3. 62 1 Ex. 
im Fistelbusch auf einer Wiese‘; Das Stück fehlt jedoch in der 
Sammlung [K. Hänel, briefl.]. — Sph. pilosum Pz. Scharbeutz, 
Wennsee-Gehölz, aus verpilztem Buchlaub gesiebt 7. 1918, darunter 
mehrere rotbraune Stücke, bei denen die Deckenmitte ausgedehnt 
angedunkelt ist. 


Mycetaea hirta Marsh. Lübeck, in einem Keller in der Stadt zahlreich 
gesammelt [K. Burmester], ein Stück im Freien an einem Ein- 
friedigungspfahl gefangen. 

Endomychus coceineus L. Schönberg 6.05 1 Stek., an einem Bretter- 
zaun sitzend. 


Epilachna Argus Fourer. v. Koschitzky [21, ‚‚maculata F.‘] hat diese 
wie die folgende Art aufgenommen, weil in Mildes Handkatalog 
der Vermerk ist, daß die Art hier gefangen ist. Im Lüb. Mus. 
sind 2 Stek. ohne Fundortangabe, der Namenszettel trägt aber 
die Angabe „Italien“. — E. chrysomelina F. v. Koschitzky [21]. 
4 Ex. im Lüb. Mus. gehören der ab. reticulata Ol. an; der Namen- 
zettel hat die Angabe „Italien“. Beide Arten sind sicher durch 
Irrtum in die Fauna gekommen. 


Subeoccinella 24-punetata ab. limbata Moll.Y) ab. haemorrhordalis F., 
zahlreich, ab. quadrinotata F. 


Cymnegetis impunctata L. In einem Quellsumpf am Ratzeburger See 
11.5.1919 2 Ex. gesiebt. 


Hippodamia Lecontei Muls. v. Koschitzky [20, p. 322 u. 21]. Beide 
im Lüb. Mus. vorhandene Stücke gehören zu 7-maculata F., das 
Tier vom Schellbruch ist die ab. Paykulli Ws. Vgl. Hubenthal, 
Entomol. Blätter 1916, p. 66. Die Art ist auch bei Schilsky [32, 
p. 97] zu streichen. — H. septemmaculata Deg. ab. berulae Ws. 
Waldhusen 5. 1917 1 Steck. — H. septemmaculata ab. fontinalis Ws. 
Schellbruch 1. 1916, bei einer Überschwemmung 1 Stek. Die Art 
habe ich noch nicht angetroffen. — H. 13-punctata L. ab. e-nigrum 
Ws., *ab. spissa Ws. häufig. 

Ad onia variegata ab. carpini Geoffr., häufig, ab. constellata Laich., *ab. 
inhonesta Ws., ab. neglecta Ws., ab. 5-maculata F. 


!) Von den zahlreichen Farbenabänderungen der Coceinelliden nenne ich 
die mir von hier bekannt gewordenen und gebe nur über seltenere Aberrationen 
nähere Auskunft. 


‚12, Heft 


106 Ludwig Benick: 


* Aphidecta obliteratus ab. pallidus Thunbg. Wesloer Kiefern 5. 1910, 
2 Stck. — 4A. obliteratus ab. sexnotatas Thunbg. Daselbst 3 Stck. 
Bei Schlutup 7. 1916, 1 Steck. 

Adalia bipunctata L. *ab. annulata L., *ab. Herbsti Ws., 1 Stck., ab. 
lugubris Ws., ab. pantherina L., ab. 4-maculata Scop., gemein, 
ab. 6-pustulata L., häufig, ab. Stephensi Ws., 1 Stck., ab. uni- 
fasciata F. 

*Coccinella conglobata ab. gemella Hbst. Lübeck, an Alleen mit der Art 
auf Staketts. 4. 1913 usw. — (. 10-punctata *ab. bella Ws., *ab. 
bimaculata Pont., *ab. centromaculata Ws., *ab. consolida Ws., 

“ab. 10-pustulata L., ab. humeralis Schall., *ab. lateripunctata Gradl., 
ab. iutea Rossi, *ab. 8-punctata Müll., *ab. recurva L., *ab. 
semicruciata Gradl., *ab. semifasciata Ws., ab. 6-punctata L., 
*ab. subpunctata Schr., *ab. thoracica Schneid., *ab. 13-maculata 
Forst., *ab. triangularis Ws. — CO. hieroglyphica L. Brodtener Ufer 
10. 1908, Wesloer Moor 9. 1908, Lübeck, 5. 1907 u. 9. 1909. — 
— (. hieroglyphica ab. areata Pz. Lauerholz, 5. 1909, Lübeck, 
5. 1909, Scharbeutz 7. 1910. — (. hieroglyphica ab. sinuata Naez. 
Scharbeutz 7.1910, 1 Stek. — C. 5-punctata ab. simulatrix Ws. 
Lübeck 1906, 1 Stek. — CO. 11-punctata L. Am ÖOstseestrand an 
den Dünengräsern: Travemünde, Scharbeutz (Ins. Poel). — 
*C, 11-punctata ab. confluens Haw. Daselbst: Priwall, Scharbeutz. 
— *C. 11-punctata ab. 9-punctata L. Mönkhof 7. 8.1911, 1 Stck. 

Halyzia 16-guttata L. Scharbeutz 11.7.1913 1 Stck., bei dem der 
Spitzenfleck fehlt. 

*Thea 22-punctata ab. signifera Ws. Scharbeutz 3.8.1910, 1 Stck. 

Sospita 20-quttata ab. Linnei Ws. Lübeck [F. Otto], 1 Stck. 

Propylaea 14-punctata *ab. biflexuosa Ws., ab. conglomerata F., *ab. 
12-pustulata Pont., ab. fimbriata Sulz.. *ab. leopardina Ws., 
*ab. perlata Ws., ab. tetragonata Laich. [Die Färbungsabänderungen 
nach Ganglbauer, Käf. Mitt. III, p. 999.] 

Exochomus flavipes Thunbg. Palinger Heide, Wesloe, Herrenbrücke, 
Lübeck, einzeln. Brodtener Ufer, im Spätsommer 1911 zahl- 
reich auf den Findlingen am Strand angeflogen. — E. pubescens 
Küst. v. Koschitzky [21: flavilabris Mot.] ist zu streichen, fehlt 
in der Sammlung des Lüb. Mus. und ist jedenfalls durch ein Ver- 
sehen v. K.s beim Vergleichen von Mildes Katalog in das Ver- 
zeichnis gekommen. 

Pullus ater Kug. Strecknitz 8. 1906, 1 Steck. — P. auritus Thnbg. 
Bei Ratzeburg 5. 1914 1 Stek. geschöpft. 

Scymnus nigrinus Kug. Bei Brandenbaum 1903, Dummersdorf 9. 1904, 
Schönberg 5. 1915, Wesloe 7. 1916, einzeln. — Se. rubromaculatus 
Goeze. Genin 10. 1912, 1 Stek., Wesloe 7. 1916, 2 Stck. 

Nephus Redtenbacheri Muls. Wesloe 10.1915, 1 Stck., Schönberg 
7.1916, 12. 1916, zuletzt aus Heuhaufen auf feuchter Wiese ge- 
siebt, 2 Stck. 

Stethorus punctillum Ws. Lübeck, in den Vorstadtstraßen schwärmend 
9.1912, 6. 1914 [G. Benick]. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 107 


coccidula scutellata ab. arguata Ws. Lübeck, am Kanal 5 Stck., 9. 1906, 
7. 1907. 

Helodes minuta ab. laeta Pz. Schönberg 6. 1911. Sierksdorf 7. 1913, 
je 1 Stck. 

*Cyphon padi ab. discolor Pz. Ebenso häufig wie die Art: Genin, 
Schönberg, Wesloe, Marlı. — *C. padi ab. gratiosus Kolen. Schön- 
berg 5. 1915, 2 Stck. — C. variabilis ab. nigriceps Kiesw. Häufig 
wie die Art: Gothmund, Fischerbuden, Schellbruch, Schönberg 
usw. — *C. variabilis ab. pubescens F. Schellbruch, bei Über- 
schwemmung gesiebt 1.1916, 1 Stck. — *C. variabilis ab. rufi- 
pectus Rey. Bei Schönberg 6. u. 7. 1916, je 1 Stck. 

Seirtes orbicularıs Pz. Das von v. Koschitzky als fraglich verzeichnete 
Stück, nach dem Handkatalog des Lüb. Mus. bei Trems an So- 
lanum dulcamarae gefangen, ist richtig. 

Eueinetus haemorrhoidalis Dft. Scharbeutz, am Strand 7. 1910 u. 
7.1913, je 1 Stck. 

Dryops lutulentus Er. Lauerholz 1903, 1 Stek. — D. nitidulus Heer. 
Brandenbaum 6. 1913, 1 Stck. 

*Limnius troglodytes Gyll. Waldhusener Moor 6. 1915 zahlreich am 
flachen Ufer der Becken an Torfklößen, vereinzelt wuchs Chara 
spec. In den Plöner Seen wurde das 'Tier zahlreich von den Herren 
Mittelschullehrer E. Schermer und Prof. A. Thienemann-Plön 
mit der Dredge gefangen und war sowohl in der Charazone wie 
auch in der Potamogetonzone (Diek-, Gr. Plöner-, Schluen-, 
Suhrer-See 7. u. 8.1918). Das Material wurde mir freundlichst 
überlassen, wofür ich auch hier meinen Dank abzustatten nicht 
versäumen möchte. — Wahrscheinlich sind Stücke dieser Art 
als zur folgenden gehörig angesehen. Größe, Punktierung der 
Flügeldecken, Verlauf der Halsschildlinien und Färbung schwanken 
sehr; die Halsschildlänge scheint das verläßlichste Merkmal zu 
sein (Hlssch. kürzer u. breiter als bei der folgenden Art). — 
L.tuberculatus Müll. In den Plöner Seeen (Diek-, Ausgraben-, 
Plüß-, Suhrer-, Kl. Uglei-See) mit der vorigen Art 7. u. 8. 1918 
ebenso zahlreich. Quelle am Ratzeburger See 18. 4. 1919 1 Stck. 
[A. Thienemann). 

Georyssus erenulatus Rossi. Schönberg, am Rande eines Lehmtümpels 
zahlreich getreten 5. 1913—1917. Brandenbaum 4. 1911, Lübeck, 
Untertrave 5. 1913. 

Heterocerus flezuosus Steph. Bei der Herrenbrücke auf brackigen 
Aufbaggerungen 8. 1911 zahlreich. — H. fusculus Kiesw. Genin, 
aus Baggermodde getreten 4. 1914, Lübeck, am Kanalufer 5. 1912, 
Wulfsdorf, am Rand einer Lehmgrube 5. 1915, Schönberg 5. 1913 
unter denselben Verhältnissen, überall zahlreich. — H. intermedius 
Ksw. Lübeck, am Kanalufer 5. 1912, Genin, auf Baggermodde 
4. 1914 zahlreich, Mönkhof 8. 1911, 1 Stek. Die von v. Koschitzky 
[21] verzeichnete Art ist im Lüb. Mus. in ] Stek., das wohl von 
Milde stammt, vorhanden. — *H. obsoletus Curt. Insel Fehmarn 
5.1912, 1 Steck. Priwall 16. 8. 1914, zahlreich [H. Boy]. Die 


12. Nett 


108 Ludwig Benick: 


von Preller [5, p. 73] genannte Art ist von Koltze [25, p. 36] 
gestrichen worden. 

Dermestes atomarius Er. ıst am Östseestrand unter trockenem Tang 
nicht selten: Travemünde, Priwall, Brodtener Ufer, Scharbeutz; 
auch Gusmann [36, p. 152] nennt diese Art von denselben Fund- 
stellen. Demgegenüber muß es auffallen, daß Koltze [25, p. 88] 
mustelinus Er. von ‚Travemünde, Scharbeutz unter Seetang usw.‘ 
angibt, während atomarius Er. nur von Geesthacht gemeldet wird. 
Wahrscheinlich beruht die Angabe auf Fehlbestimmungen. — 
D. bicolor F. v. Koschitzky [21]. 1 Stck. des Lüb. Mus. ist Frischi 
Kug. — D. Frischi Kug. Lübeck 27. 9. 1999, 1 Steck. — D. mu- 
sinus L. Brandenbaum 6.1912, Hohemeilea 5. 1916, Wesloe 
5.1915, einzeln. — D.undulatus Brahm. v. Koschitzky [21]. 
Lüb. Mus.: 1 Stck. „VI, 50“ = murinus L., 2 Stek. ohne Fund- 
ortangabe sind richtig bestimmt. 

Megatoma undata L. Lübeck, an einer Mauer 5. 1911, Schönberg, 
Hauswand 7. 1918, je 1 Stck. 

@lobicornis corticalis Eichh. Schönberg 6. 1906 1 Stck. [Hubenthal det.] 

Trinodes hirtus F. Schönberg, an einer alten Mauer alljährlich im 
Juli; Efeu ist nicht in der Nähe. 

Anthrenus fuscus Ol. Schönberg, an blühenden Linden 7. 1904 u. 
1907. — A. pimpinellae F. Schönberg 7. 1907, 1 Stck. 

Limnichus pygmaeus Strm. Schönberg, am Rande eines Lehmtümpels 
zahlreich getreten 5. 1915, auch am Öberteich einige Stücke, 
6. 1916 aus Unkrauthaufen gesiebt. 

Byrrhus fasciatus ab. einctus Il. Palınger Heide 7.1917, 1 Stck. — 
*B.fasciatus ab. Dianae Kug. Lübeck, 1 Stek. — B. fasciatus 
ab. subornatus Reitt. Wie die Art nicht selten: Lübeck, Palinger 
Heide, Wesloe. 

* Porcinolus murinus ab. niger Fleisch.) Lübeck, Sandgrube bei der 
Arnimstraße 5. 1908, bei Schanzenberg in einer Sandgrube und 
Palinger Heide 7. 1917, zusammen 4 Stck. 

Syncalypta paleata Er. Schönberg, am Rand des Lehmtümpels mit 
Limnich. pygmaeus zahlreich getreten, alljährlich im 5. u. 6. — 
S. setigera Il. Lübeck, 1 Stek. Schönberg 6. 1916 2 Stck. gesiebt. 
— *S, spinosa Rossi. Schönberg, aus dem lehmigen Flachufer 
einer Pfütze zwei Stck. getreten. 7. 1906. 

Dascillus cervinus L. Kuhbrookmoor 16. 6.1914, 2 Steck. geschöpft. 

Corymbites castaneus L. Wesloer Kiefern 4. 1913, Trittau 5. 1910, 
je 1 Stek. — (©. pectinicornis L. Dummersdorf, Lauerholz, Kannen- 
bruch, Schönberg, Wesloe, im Juni nicht selten geschöpft. 

Selatosomus aeneus ab. coeruleus Schilsky. Lübeck, 1 Stek., Wesloe 
6.1910, 1 Steck. — *S. aeneus ab. cyaneus Schilsky. Schönberg 
5. 1913, Lübeck [F. Otto], je I Stek. — S. bipustulatus L. Lübeck, 


1) Diese Abänderung fehlt im „‚Catalogus‘“ von 1906, ist aber bei Kuhnt, 
Bestimmungstabelle der Käfer Deutschlands, p. 164, angegeben; ich weiß nicht, 
wo die Erstbeschreibung erfolgte. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 109 


in der Ratzeburger Allee unter Ulmenrinde überwinternd 11. 1910, 
3 Stek. — S. crueiatus L. Brandenbaum, Genin, Herrenbrücke, 
Lübeck, Mönkhof, Israelsdorf, Ratzeburg, Gothmund, einzeln. 
— S. impressus F. Wesloe 4. 1914, Mölln 6. 1918, je 1 Stck. — 
S. impressus a. rufipes Schilsky. Wesloe 6. 1912 1 Stck. an Kiefer 
kriechend. — S.nigricornis Pz. Lauerholz, beim Fuchsteich 
5.1918 1 Stek. geschöpft. 

Hypoganus cinetus Payk. Bei Israelsdorf 2 Steck. von Gebüsch ge- 
schöpft. 

* Agriotes obscurus ab. badius Müll. Wie die Art auf Wegen und an 
Buschwerk nicht selten: Brandenbaum, Herrenbrücke, Lauerholz, 
Wesloe. — *A. obscurus ab. cinnamomeus Buyss. Brodtener Ufer 
6.1914, 1 Steck. — *A. sputator ab. negatus Buyss. Schönberg, 
7.1916, 1 Stek. — *A. sputator ab. rufulus Lac. Wulfsdorf 5. 1915, 
l Stck. 

Adrastus rachifer Goeffr. Bei Grönau 6. 1915 1 Stek., Marlı 7. 1915 
2 Stck. 

Cıyptohypnus riparius F. Schönberg, 1 Ex., Vorwerk 5. 1917 1 Stck. 
zwischen Spargelbeeten [G. Benick]. 

Hypnoidus pulchellus *ab. laetus Friedr., 1 Stck., *ab. mzestus Friedr., 
*ab. modestus Friedr., *ab. Oliwieri Buyss., *ab. Panzeri Buyss., 
*ab. 4-lunatus Buyss., *ab. ripicola Friedr., ] Stek., alle mit der 
Art gemeinsam, besonders in der mit Strandgras bewachsenen 
Dünenregion des Östseestranaes: Priwall, Travemünde, Scharbeutz; 
am Ufer der Untertrave: Dummersdorf, Herrenbrücke; auch 
landeinwärts: Genin, Marli, Mönkhof auf Sandboden. — Reitter 
[Fn. germ. III, p. 234] gibt an, daß die Halsschildhinterwinkel 
beim © eingezogen, konvergierena sind (sabulicola Boh.). In 
meiner Sammlung sind zwei Stücke der Art, zwei der Aberration 
(Olimieri, ripicola) alle mit eingezogenen Hlssch.-Htrwinkeln, 
bei denen die Peniskapsel herausgetreten ist; die Bemerkung 
kann demnach nicht zutreffend sein. Mit Hilfe größeren Materials 
wird die Sachlage klarzustellen sein. — FH. 4-pustulatus L. Auf 
Getreidefeldern mit leichterem Boden: Scharbeutz und Schön- 
berg, Lübeck, am sandigen Kanalufer. — H.4-pustulatus ab. 
Höpfneri Germ. Scharbeutz, im Haferfeld 7.1912 u. 7. 1913, 
je 1 Steck. 

Cardiophorus asellus Er. Mönkbof 5.1912, Palinger Heide 4. 1916, 
je 1 Stek., Wesloe 5. 1903 u. 5. 1910 je 1 Stek., das erstgefangene 
mit breit rotgelber Deckenspitze. — *C. ebeninus Germ. v. Ko- 
schitzky [21] verzeichnet C. nigerrimus Er. Im Lüb. Mus. stecken 
bei diesem Namenszettel drei Stek. von Ü. ebeninus Germ., von 
denen eins die Bezeichnung ‚‚Kosch. Lüb.“ trägt. — (©. musculus 
Er., von v. Koschitzky [21] verzeichnet, ist zu streichen; das einzige 
in der Sammlung des Lüb. Mus. steekende Tier ist equiseti Hbst. 

Elater elongatulus F. v. Koschitzky [21]. Milde hat diese Art in seinem 
Handkatalog angemerkt, in der Sammlung des Lüb. Mus. ist ein 
Stück richtig best., zwei andere sind ferrugatus Lac., alle ohne 


12. Heft 


110 Ludwig Benick: 


Fundortangabe. — *E./ferrugatus ab. ferrugatulus Reitt. Bei 
Mölln 1 Stck., 1.6. 1913. — *E. ferrugatus ab. nigriventris Reitt. 
Lauerbolz 3.1908 [F. Otto], 1 Stek. — E.nigrojlavus Goeze. 
Lübeck, 2 Stek., Strecknitz 6. 1907, 1 Steck. — E. sanguinolentus 
Schrnk. Mölln 5. 1913, 1 Stck. [Caven f), Schellbruch 10. 1917, 
1 Stck. 
Limonius pilosus Leske. Schönberg 5. 1914, 1 Stck. 
5. 1903, 


* Athous haemorrhordalis ab. leucophaeus Lac. Travemünde ! 

1 Stek. — *A. haemorrhoidalis ab ruficaudis Gyll. Wesloe 5. 1916, 
l Stek. — A. vittatus ab. dimidiatus Drap. Lauerholz 5. 1913, 
l Steck. — 4. vittatus ab. Ocskayi Kiesw. Schonberg 5. 1909, 
Wesloe 6. 1914, zus. 4 Stek. — *A. vittatus ab. Stephensi Buyss. 
Schönberg 6. 1916, 1 Stck. 

* Dentrcollis linearis ab. varıabilis Deg. Schönberg 6. 1916, 2 Stck., 
Schellbruch 6. 1904 u. Ratzeburg 5. 1914, je 1 Stck. 

*Trixagus carinilrons Bonv. Schönberg 7.1906 u. 1907, Mönkhot 
5. 1909, Travemünde 9. 1909, Lauerholz ‘. 1913, Lübeck, beim 
Kaisertor 8. 1912, 9. 1915, einzeln an Einfriedigungspfählen und 
Hauswänden. Die Art dürfte in den Sammlungen unter T. der- 
mestoides L. stecken. 

Drapetes biguttatus Pill.}) Scharbeutz, Wennsee-Gehölz, auf einem 
faulenden Stubben 11.7.1913, 1 Stck. 

Chalcophora Mariana l.. Preller [8, p. 192] berichtet über den Fund eines 
Stückes; fehlt bei Koltze. Augustin [16a, p. 46] nennt das Tier 
auch von Kiel. 

Anthaxia 4-punctata L. Marlı 7.1915, 1 Stck. 

Agrilus biguttatus F. In meiner Sammlung befinden sich 4 Ex. aus dem 
Lauerholz, eins davon aus Eichenrinde ausgehauen. — A. lati- 
cornis Il. Lauerholz 7.1915, 1 Steck. — A. olivicolor Kiesw. 
v. Koschitzky [21]. Das einzige im Lüb. Mus. vorhandene Stck. 
ist angustulus Il. — A. viridis ab. linearis F. Waldhusen 6. 1905, 
2 Stck. 

Aphanisticus emarginatus Cl. Preller (8, p. 192) nennt die Art von 
Friedrichsruh; fehlt bei Koltze. 

Trachys troglodytos Gyll. In Dr. Apels Sammlung befindet sich 1 Stck.., 
k. Hänel, briefl.: „11. Mai 1859“. [Vgl. Koltze 25, p. 100.] Im 
Lüb. Mus. steckt ein von v. Koschitzky präpariertes Stück, das 
wohl das bei Brandenbaum gefangene [21] sein wird. 

Huylecoetus dermestoides L.. Lauerholz 5. 1°07 [F. Otto], Lübeck 5. 1909, 
fliegend, Wesloe 5. 1908, 3. Fischerbuden 5. 1917 je 1 9. 

Lymezxylon navale L. Lübeck, Holzlagerplatz an der Lachswehr 8. 1907, 
1 2 [F. Otto]. 


- 


!) Reitter [Faun. germ. III, p. 201] bezeichnet die Form mit zwei ovalen 
Flecken auf jeder Decke als Stammform. Diejenige mit gelbroter Binde als 
a. mordelloides Host., Kuhnt [Ill. Bestimm.-Tabellen d. Käfer Deutschlands, 
p- 644] gibt die Benennungen umgekehrt. — Mein Stück gehört zur Bindenform. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 1lil 


Niptus slobulus Ill. Preller [5, p. 198]. Koltze läßt die Art, die nach 
dem neuesten ‚„Uatalogus“ nur in Portugal [,,Lu.‘] vorkommen 
soll, aus, bemerkt aber bei Sphaericus gıbbiordes Boisd., dab 
er diese Art als N. globolus aus der v. Winthemschen Sammlg. 
erhalten habe [25, p. 112]. Wahrscheinlich, daß Prellers Angabe 
auf die Stücke v. W.s zurückzuführen ist. 

Prinus bieinetus Strm. Preller [8, p. 198], fehlt bei Koltze [25], ist 
in Dr. A.s Samml. vorhanden [,,Preetz 1863, 1864, aus Laub 
gesiebt“] [K. Hänel, briefl.]. — *P. brunneus ab. hirtellus Strm. 
Lübeck, 30. 12.1915, 1 Stck. [Asmussen f]. — P. brunneus ab. 
testaceus Boield. Preller [5, p. 94] nennt ‚‚testaceus Ol. (hirtellus 
Strm.)‘“, der mit dieser Aberration des brunneus identisch sein 
dürfte. Sie fehlt bei Koltze [25]. Schönberg 4. 1907, Lübeck 
12. 1908, je 1 Steck. — P. latro F. Schönberg 1907: 1 Stck. Koltze 
[25, p. 112] gibt die Art nur von der Haacke an. —- P. subpilosus 
Strm. Lauerholz, 1 Steck. aus Laub am Fuße eines von Lasius 
fuliginosus bewohnten Eichenstammes gesiebt 12.7.1918. Mit 
1 Stck. von Westerwald [leg. P. Heymes] übereinstimmend. — 
P. variegatus Rossi. Einige Stücke wurden 6. 1911 von Hrn. 
E. Albert in Blankensee im Bau einer Mauerbiene gesammelt. 

Priobium excavatum Kug. Preller [10, p. 311] nennt castaneum F., 
das nach dem von ihm benutzten ‚„Catalogus“ [1859] = excavatum 
Kug. ist. Bei Koltze [25] fehlt die Art. Im Lüb. Mus. [Koschitzky, 
21] befindet sich ein Stück ohne Fundort, das = Oligomerus 
brunneus Ol. ist. v. Sydow [28, S. 98] meldet sie von Timmen- 
dorf a. Ostsee. — P. tricolor Gyll. Schönberg 10. 1905, 1 Stck. 

Ernobius densicornis Muls. Bei Wesloe 16.6.1914, 1 Stck. Reitter 
(Fn. germ. III, p. 309] nennt Hamburg, in der sonsöigen Literatur 
nicht angegeben. — F. parvieollis Muls. Bei Wesloe 16. 6. 1914 
u. 20.7.1916, je 1 Stck., das erste mit feiner Halsschildmittel- 
furche am hinteren Drittel. 

Anobium denticolle Pz. Preller [5, p. 94], fehlt bei Koltze [25]. — 
* A. [ulvicorne ab. rubrum Reitt. Lükeck 7. 1906 mehrere Stck. 
an Kastanien. — A. fulvicorne ab. rufipenne Dit. Preller[8, p. 198], 
fehlt bei Koltze [25]. — A. pertinax L. ist hier bislang nicht ge- 
funden, die von v. Koschitzky [21] so bestimmten Ex. gehören 
zu striatum O!. 

Trypopitys carp'ni Hbst. Schönberg 7. 1904, 1 Stek. Lübeck 6. 1908 
u. 7.1915, je 1 Steck. 

Ptilinus fuscus Geoffr. Schönberg 7.04 an einer Hauswand 1 Stck. 
— P.pectinicornis L. Schönberg, im Haus 2 Stck., Lübeck 
1908 1 Steck. 

Xyletinus pectinatus F. v.Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. befindet 
sich ein Ex. ohne Fundangabe, das zu ater Pz. gehört. 

*Ochina ptinoides Marsh. Lübeck 6. 1918 an einer Haustür 2 Ex. 
(Hauswand mit Efeu berankt) [G. Benick]. Die Art war bisher 
in Norddeutschland nicht aufgefunden. 


12. Heft 


112 Ludwig Benick: 


*Üalopus serraticornis L. Bei Selmsdorf in einem Baumstumpf unter 
der Rinde 1 Stck. 3.11.1910 [Bruse f]. 

ER coerulea L. Lübeck 24.5.1907 1 Stck. an einer Platane 
sıtzend. 

Oedemera croceicollis Gyll. Bei def Herrenbrücke auf geschnittenem 
Schilf 6. 1903 7 Ex., bei Schönberg am Oberteich 7. 1907 u. 6. 1911 
je 2 Stek. an Schilf. — Oe. *podagrariae L. Bei Schlutup unweit 
des Behnturmes 1 2 von niederem Kraut geschöpft, 7. 1902. 

Pytho depressus ab. castaneus F. Unter Kiefernrinde bei Wesloe 1 Stck, 
7.6.1911 [Rusche]. 

*Lissodema cursor Gyll. Lübeck; Schönberg 9.7.1916, je 1 Stck. 
— L. quadripustulatum Mısh. Lübeck; Schönberg 15. 7. 1907, 
je 1 Stck., letzteres an einer Hauswand sitzend. 

Sphaeriestes ater Payk. Lübeck, am W akenitzufer 1 Stck. unter Weiden- 
rinde, 7.1916. — Sph. Reyi Ab. Vgl. Gusmann [36, p. 97]. Die 
Stücke sind in Größe und Halsschildbildung außerordentlich ver- 
änderlich, jedoch ist der Halsschild pur sehr wenig breiter als 
lang [vgl. Reitter, Fn. germ. III, p. 416]. 

Rhinosimus ruficollis L. Israelsdorf 5.1913, 1 Stck., Schellbruch, 
an Erlenzweigen, 1.9. 1911, 7 Stek.; Schönberg 6. 1915, 2 Stck. 
— Rh. virıdipennis Latr. Die bei Koltze [25, p. 126] angeführte 
Art fehlt in der im Deutsch. Entom. Mus. vorhandenen Sammlg. 
Koltze [H. Wagner, briefl.]. 

Pyrochroa pectinicornis L. Lauerholz 26. 5. 1913, 1 Stek. — P. serrati- 
cornis Scop. Bei Eutin 7. 1908 mehrere Stck. [Peters]. 

Anthicus ater Pz. Scharbeutz, in den Dünen unter trockenem See- 
gras 24.7.1913, ] Stck. — A. bimaculatus Il. Scharbeutz im 
Dünensand 7. 1912, 2 Stck. — *4A. bimaculatus ab. Schilskyi Pic. 
Daselbst, häufiger als die Art. — *A. flavipes ab. flavescens Pic. 
Mit der Art am Strand der Ostsee unter trockenem Seegras. 
— A. floralis var. formicarius Goeze. Überall in sandigen Gegenden 
mit der Art gemeinsam vorkommend. 

Meloe brevicollis Panz. Palinger Heide 1.5.1917 1 $ in einer Sand- 
grube; 1 2 das. [Hr. E. Albert]. — M. scabriusculus Brndt. v. Ko- 
schitzky [21]. Im Lüb. Mus. steckt ein völlig unreifes braunes 9 
von wiolaceus Mrsh. unter diesem Namen. — M. variegatus Donov. 
Kücknitz 5. 1910 [L. Marten] und Dummersdorf 5. 1914 
[K. Petersen], je 1 2. Bei Gronenberg 1 5 [Albers]. 

Scraptia fuscula Müll. Preller [8, p. 204]; felht bei Koltze [25]. 

Tomozia biquttata Gyll. Wealdhusen, an einem Wegweiser 1 Stck. 
23.6. 1901 [G. Teßmann], im Lüb. Mus.! 

Mordella aculeata L. Schönberg 6. 1917 u. 7. 1917 je Stck., 1. Fischer- 
buden 6. 191” 1 Steck. — M. bisignota Redt.b gibt v. Koschitzky 
als zweifelhaft an [21]; 2 Stücke des Lüb. Mus. = fasciata F. 
—*M. fasciata ab. briantea Com. Herrenbrücke 31. 7. 1913, 1 Stck. 

Mordellistena abdominalis F. Bei Strecknitz 1 Steck. von Eichen ge- 
klopft 21. 6. 1906. — M. lateralis Ol. Cleverbrück 8. 1907, Rothe- 
bek 8. 1909, Schönberg 7. 191”, je 1 Stck. 


2 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 113 


Anaspis brunnipes Muls. Schönberg 25. 7. 1907, 1 Stek. — A. @eoffroyi 
Müll. Schellbruch 31. 5. 1907, Schönberg 10. 6. 1916, je 1 Stck. 
Im Lüb. Mus. ist ein von v. Koschitzky präpar. Stück, das wie 
cruciata Costa gefärbt ist, jedoch ist die dunkle Querbinde in der 
Mitte breit gelb unterbrochen, so daß jederseits außen auf der 
Decke ein schwarzer Fleck steht. — *4A. @eoffroyi ab. discicollis 
Costa. Im Lüb. Mus. ist ein von v. Koschitzky präpar. Stück. 
— 4. maculata Geoffr. Schönberg 5. 6. 1906, 8.7.16 j 1 Stck., 
Travemünde 14.7.1909, 1 Steck. — 4A.ruficollis F. Lübeck, 
im Haus 21. 6. 1904, Lauerholz 6. 6. 1913, je 1 Stek. — 4. rufi- 
labris Gyll. Schönberg 10. 6. 1916 1 Stek., bei Schlutup 5. 1918, 
2 Stck. 

Tetratoma ancora F. Lübeck, in der Straße schwärmend 4. 1915 [G. Ba- 
nick]; Schönberg 5. 1917. 

Hallomenus binotatus Quens. Lübeck, Wäsche anfliegend 24. 6. 1904, 
ohne die Halsschildflecke; Waldhusen in Boletus subtomentosus 
13. 8.1917, j« 1 Stck. 

Abdera flexuosa Payk. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. sind vier hier 
von v. Kosch gesammelte Tiere. — A. triguttata Gyll. Schönberg, 
1 Steck. schwärmend 

Hypulus bifasciatus F. Bei Travemünde 1 Stck. von Haselgebüsch 
geklopft 21.5. 1912. 

Melandrye barbata F. (= flavicornis Dft.) v. Koschitzky [21]. Außer- 
dem bei Israelsdorf an einer Buche und Linde je I Stck. 6 1901 
[G. Teßmann!]. — M.caraboides L. Nicht so selten: Lübeck, 
Strecknitz, 3. Fischerbuden [2 Stck.], Lauerholz, Moislinger 
Brook. 

Conopalpus testaceus ab. flavicollis Gyll. Scharbeutz 15. 7.1910 1 Stck 

Allecula morio F  Grieben bei Schönberg, ar der ‚Törber Eiche“ 
29.7.1904 1 Stek. — A.rhenana Bach. Bei Plön, am Dieksee 
23.7.1918 1 Steck. [E Schermer]. Dies dürfte die nördlichste 
Fundstelle in Deutschland sein. Brauns [15, p. 69] hat das Tier 
vom Werderholz bei Schwerin gemeldet [Friese leg.]. 

Hymenalia rufipes F. Mölln 30.5.1912, 1 Stck. [Caven f]. 

Gonodera ceramboides L. Bei Mölln 2.6.1918, 1 Stck. [H. Vitense]. 
— @. luperus Hbst. Am Ufer der Ratzeburger Seen; 5. 1904 bei 
Farchau am Kl. Ratzeburger See, 5. 1914 am Gr. Ratzeburger See 
bei Campow, mehrere Stck. 

*Omophlus rufitarsis Leske. Bei Eldena, Meckl., auf trockenem Heide- 
boden 2 Stck. 7. 6. 1908. 

Mycetochara linearis Il. Lübeck 6. 1904 1 Stck. an einer alten Weide, 
daselbst ein zweites Stck. 7.09, Scharbeutz 7. 1912, Haffkrug 
7.1913, Lauerholz 7. 1913, je 1 Stck. 

* Phaleria cadaverina ab. Leegei Schneid. Brodtener Ufer, am sandigen 
Strand 28.7.1913, 1 Stck. 

Scaphidema metallicum var. bicolor F. Schönberg, Knickrand 21. 5. 08 


] Steck. Endrulat u. Tessin [3. p. 26], Preller [5, p. 97: aeneum 


Archiv für Naturgeschichte, 
1921. A. 12. 8 12. Heft 


114 Ludwig Benick: 


Payk. (bieolor F.)| und die folgenden Verzeichnisse bringen die Art, 
da aber Varietäten nicht abgetrennt sind, ist die Zugehörigkeit 
unklar. 

Platydema violacea F. Bei Schönberg unter Moos auf Eichenstubben 
1 Stek., 3. 1901. 

Hypophloeus fasciatus F. Unter Rinden trockener Eichen im Forst- 
orte Schwerin 11.10.1917, 5 Steck. Dort sind auch die Stücke 
v. Koschitzkys [21] gesammelt. — *H.pini Pz. Grönauer 
Heide 24. 4. 1908 2 Stek. unter Kiefernrinde. 

Gnathocerus cornutus F. Aus einer hiesigen Bäckerei mehrere Ex. 
8. 1907 [P. Hagen). 

Alphitobius piceus Ol. v. Koschitzky [21: diaperinus Pz.. Im Lüb. 
Mus. stecken 2 Ex. mit der Bezeichnung ‚Kosch. Lüb.‘“. 

*Tenebrio opacus Dft. Tannenberg bei Grevesmühlen 12 12. 8. 1919 
[F. Grube). 

Helops quisquilius Strm. Bei Mölln am Fuß eines Wachholderbusches 
2.6.1918, 1 Stck. 

Ergates faber L In meiner Sammlung befindet sich ein Stück, das um 
1890 hier gefangen ist [W. Blohm]. 

Rhagium bifasciatum ab. unifasciatum Muls. Beim Schellbruch 1 Stck. 
— Rh. sycophanta Schrk. Schönberg 31. 5. 1909. Wesloer Gehölz 
5.1911 [K. Burmester], je 1 Stck., Mölln! 16. 7. 1913 [Caven 7], 
Steinrade! 20.5. 1915 [Lindenberg]. 

Rhammusium bicolor Schrnk. In der Stadt 1 Stck. tot aufgefunden 
[Hr. Boy]. — Rh. bicolor a. glaucopterum Schall. Schönberg 
7.1908 1 Stck. an einem Abornstamm emporkriechend. 

Stenochorus meridianus L. Hemmelsdorf 17.6.1911, 1 3. Lauerholz 
1 5 12 [Hr. Boy]. Im Lüb. Mus. befindet sich ein 2: „Kosch. 
Lüb.‘“ — *St. meridianus ab. cantharinus Hbst. Schwartau 1901, 
1 2, Lauerholz I 2 [Hr. Boy]. — *St. meridianus ab. chrysogaster 
Schrnk. Im Lüb. Mus. ist 1 &: „Kosch. Lüb.‘“ — *$t. meridi mus 
ab. ruficrus Scop. Lübeck 1 3 [Hr. Boy]. 

Leptura arcuata Pz. [annularis F.]. Lreller [5, p. 130] nennt die Art vom 
Sachsenwald, Augustin [16a, p. 180] vom Sachsenwald und Ost- 
holstein; fehlt bei Koltze [25]. — L. cerambyeiformis Schrnk. 
Bei Ratzeburg 11.6. 1918 [Hr. Boy]: Mölln 6. 1904 [Dr. Möbusz; 
Samml. des Lehrerseminars. — *L. cerambyciformis Schrnk. 
ab. 10-punctata Ol. Bei Ratzeburg 11. 6.1918 [Hr. Boy. Am 
Hemmelsdorfer See 7.1917 [E. Albert]. — ZL. maculata Poda. 
Wotenitzer Eichen bei Grevesmühlen 1 Stck. [Böhme]. — L. san- 
quinolenta L. Lübeck 29. 6. 1910, 12 [K. Burmester]; Besental. 
Lauenburg 3.7. 1914, 2 $& [Hr. Boy]. — L. scutellata F. v. Ko- 
schitzky [21]; im Lüb. Mus. ist 1 @ mit der Bezeichnung ‚‚Kosch. 
Lüb.“. Ratzeburger See 1 2 [Dr. Möbusz; Sammlung des Lehrer- 
seminars!]; bei Ratzeburg 11. 6. 1918 1 @ [Hr. Boy], dessen Flügel- 
decken kurz schwarz, nicht gelb behaart sind, wie die Bestimmungs- 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 115 


bücher angeben.t) [Sammig. Boy!]. — L. virens L. v. Koschitzky 
[21]; im Lüb. Mus. fehlt das Tier. Bei Augustin [16a, p. 178—179] 
allein sind noch zwei Arten verzeichnet: dubia Scop. von Segeberg 
und /ulva Deg. von Ostholstein. 

Caenoptera minor L. Lübeck 6. 1901 in einem Garten der Oronsforder 
Allee zahlreich auf Spiraea ulmifolia anfliegend. 23.5. 1909 
1 Stck. in den Anlagen. Gr. Zecher.a. Schaalsee 13. 5. 1913 1 Stck. 
[|Caven f]. 

Gracilia minuta F. Lübeck 10.6.1910 1 Steck. an Himbeeren. Scharbeutz 
24.7.1913 1 Stck. 

Cerambyx cerdo L. In meiner Sammlung befinden sich 2 Stek. (S 9), 
die 7.1895 bei den Geniner Eichen gefangen sind [W. Blohm]. 
Lübeck, Jerusalemsberg 6. 1902 [W. Planthafer]; 1 $ erhielt 
ich 8. 1902 von einem Schüler. — C. Scopoli Füßl. Lübeck 7. 1898, 
1 5 fliegend [W. Blohm!|]. 

Oriocephalus polonicus Motsch. Lübeck 3.8.1904 an Hauswand 
kriechend, Mölln 1. 8. 1912 [Caven ], Lübeck 3. 9. 1915 [A. Rieck- 
mann], Lübeck 9. 10. 1915! [Köster], je 1 Stek. -— Im Lüb. Mus. 
befindet sich nur diese Art, C©. rusticus L. fehlt. 

Tetropium fuscum F. Bei Moorgarten 2.7.1912 1 Stck. [Bruse f]. 

Phymatodes alni L. Lübeck 8. 1902 u. 15. 6. 1909; Lauerholz 26. 5. 1911, 
je 1 Stck. 

Callidium aeneum Deg. Bei Wesloe 29. 6. 1909, 3 Stek. [H. Rusche]. 

*Hylotrupes bajulus ab. lividus Muls. Schönberg, unter der Rinde 
eines Pfahles 13. 7.1917 1 Stek. — *H. bajulus ab. puellus Villa. 
Lübeck, 1 Stck. 

Rhopalopus clavipes F. Bei Schönberg, 1894 1 Stck. Campow 3. 10. 18 
1 Steck. [Frl. Kruse). 

Anaglyptus mysticus L. Bei Schöoberg auf Brennholz, 1894 1 Stck. 

Monochamus sartor F. Lübeck 8.7.1914 1 Stck. [Cordts]. — M. sutor L. 
Preller [5, p. 128]: ‚Im östlichen Holstein gef. Sehr selten. P.“ 
In Dr. Apels Sammlung ist kein Tier dieser Art vorhanden. Au- 
gustin [16a, p. 174] nennt auch Segeberg. 

Acanthocinus reticulatus Raz. Preller [5, p. 128]; fehit in Dr. Apels 
Sammlung, im Tagebuch: ‚März 1867 v. Dr. Preller aus Öster- 
reich“. Wegen beider Arten könnte nur Dr. Prellers Sammlung 
Aufschluß geben. 

Pogonochaerus decoratus Fairm. Lübeck, einzeln 5 Ex., meist in der 
Nähe von Holzlagerplätzen; Strecknitz 3. 8. 1907, Herrenbrücke 
10.3.1918, je 1 Stek. — P. faseiculatus Deg. Lübeck 9. 1909, 
2 Stek. am Kanalhafen beim Holzlager. — P. hispidulus Piller. 
v. Koschitzky [21: bidentatus Thoms.]. Im Lüb. Mus. sind 2 Ex. 
ohne Fundortangabe. | 

Haplocnemia nebulosa F. Moislinger Brook 3.6. 1908 mit harter 
Schmutzkruste überzogen. an einem Rotbuchenstamm sitzend; 


1) Zwei Vergleichsstücke von .„‚Assig. B. K. Hänel‘ leg. haben ebenfalls 
schwarz behaarte Flügeldecken. 


3* 12. Heft 


116 Ludwig Benick: 


Campow am Ratzeburger See 17. 5. 1914; 1. Fischerbuden 22. 7. 16 
[Lilienthal], je 1 Stck. 

Agapanthia wiolacea F. Brandenbaum [G. Teßmann; Lüb. Mus.!], 
bei Israelsdorf 25. 6. 1911; bei Mönkhof 15. 5. 1914 2 Ex., 17. 6. 18 
3 Ex., alle von niederem Kraut. 

Saperda populnea L. (Generation zweijährig,!) Flugjahr 1914, 1916, 
1918 (Brandenbaum, Mönkhof, Ringstedtenhof, Wesloe, Schlutup, 
Schönberg): Aus den Gallen erzog ich die Schlupfwespe Zphialtes 
tuberculatus Fourer. [Schmiedeknecht det.] in 3Ex. 5. 1910 u. 
5. 1912. — 8. scalarıs L. Lauerholz 25. 6. 1912 mehre Stck. an 
Eichen [H. Boy]; Wesloer Moor 3.7.1917 1 Stek., fliegend. 
Israelsdorf 16. 7. 1918 [Frl. Timmermann). 

Phytoecia cylindrica L. Schönberg am Rande einer Eschen-Allee 
7.1899 mehrere Stck., 31.5. 1914 1 Stek. Lauerholz 2.7. 1903 
SQ in copula, 5. 1918, 2 Ex. 

Oberea oculata L. Lübeck [G. Teßmann], 1 Stek., Schönberg 7. 1902 
in einer Weidenanpflanzung ziemlich zahlreich; Grönauer Heide 
8.1902 1 Stck., das. 7. 6. 1915 2 Ex. [E. Albert]. 

Macroplea appendiculata Pz. Im Kl. Plöner See, Schwentinemündung 
19. 7.1918, 1 Stck., im Gr. Plöner See bei Fegetasche 23. 7. 1918, 
1 Stek., beim Ruhlebener Warder in der Potamogetonzone 
27.7.1918 $ 2 in copula [alle: E. Scherner ]; daselbst mehrere 
Stücke von mir gelangen 7.1919, 1 2 vom 9.7.—14. 11. 1919 
im Aquarium beobachtet. — M. mutica ab. Curtisii Lac. Lübeck, 
im Stadtpark 1 Stek. an Gebüsch [H. Ahlstedt]. 

Donacia antiqua Kz. v. Koschitzky [21]). Im Lüb. Mus. steckende 
Stücke ohne Fundortangabe sind sämtlich = Plateumaris discolor 
Hoppe; diese Art merkt auch Milde in seinem Katalog an. 
— Bei Schilsky [32, p. 139] ist „‚Lüb.‘ zu streichen. — D. cinerea 
Hbst. Schönberg 6. 1911 zahlreich, 5. 1913 1 Stek.; Waldhusen 
[K. Petersen]; Curauer Moor 6. 1918; Plön, Schwanensee 7. 1918 
[E. Schermer]. — D.crassipes F. Schönberg, Oberteich 5. 1909, 
Lübeck, Wakenitz alljährlich vom Juni bis August nicht selten; 
Curauer Moor 9. 6. 1918, 1 Stek. — D. dentata Hoppe. Schönberg, 
Oberteich, 5. 1909, 3 Steck. — D.fennica Payk. v. Koschitzky 
[21]; im Lüb. Mus. ist 1 Stek. = versicolorea Br. ,„Lüb.“ bei 
Schilsky [32, p. 139] ist zu streichen. — *D. marginata ab. viltata 
Pz. 1. Fischerbuden 23. 6. 1906; Schönberg 7. 1907; bei Schlutup 
16. 8. 1916, überall in mehreren Ex. — D. simplex F. Schönberg, 
an der Libeck, 3.7. 1906; Curauer Moor 9. 6. 1918, 2 Stek. — 
*D. simplex ab. aeruginosa Westh. Schönberg 3.7. 1906 1 Stck. 
— *D. simplex ab. aurichalcea Westh. Das. 2 Ex., Curauer Moor 
9.6.1918, 5 Stek. — D.spargandi Ahr. v. Koschitzky [21]; im 
Lüb. Mus. steckt unter diesem Namen 1 versicolorea Brahm und 


!) Vgl. Benick, Die Brutpflege des Espenbockkäfers. Mit 13 Abb. Nerthus, 
Illustr. Wochenschrift für Tier- und Pflanzenfreunde VI, 1904, p. 248—251; 
306—310. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelblscheu Gebietes. 117 


2 dentata Hoppe. Die Fundangabe „Lüb.“ ist bei Schilsky [32, 


p- 139] zu streichen. — D.thalassina Germ. Mönkhof, Teich- 
rand 17.5. 1911 mehrere Ex. Im Lüb. Mus. [v. Koschitzky, 21] 
steckt 1 bicolora Zsch. unter diesem Namen. — D. thalassina 
ab. porphyrogenita Westh, Durchgang zwischen Edeberg- und 
Höftsee 12.7.1919 1 Stck. — D.tomentosa Ahr. Strecknitz 


6. 1907, Wakenitz 6. 1909, Deepenmoor 30.5. 1916, Dieksee bei 
Plön 8. 1918 [E. Schermer], je 1 Stck. — D. vulgaris Zsch. Lübeck 
(ohne genaue Ang.) 1 Stck. 

Plateumaris affinis Kz. Schönberg 4. 6. 1911, 3 Stek., Müggenbusch 
a. d. Wakenitz 5. 1914, 1 Stek. — P. consimilis Schrnk. Mönkhof 
13.5. 1911, 1 Stek. — P. rustica Kz. Schönberg 1903, Strecknitz 
6. 1907, Müggenbusch 5. 1914, je 1 Stck. 1. Fischerbuden 10. 6. 17, 
4 Steck. — *P. rustica ab. planicollis Kz. Schönberg, am Ober- 
teich, 4. 6. 1916, 2 Stek. Müggenbusch 5, 1914 3 Stek., bei Mölln 
6. 1918, Curauer Moor 6. 1918, je 1 Stck. 

* Zeugophora flavicollis ab. australis Ws. Brandenbaum 6. 1906, Lübeck 
7.1909, Malente 7. 1918, je 1 Stck. 

Lema Erichsoni Suffr. Kastorf 5. 1908 [F. Otto], Lauerholz [F. Otto], 
Gr. Zecher am Schaalsee 27.5.1906, Travemünde 25. 6. 1916, 
Schönberg 11.7. 1917, einzeln. — L. punctieollis Curt. Schönberg 
5.6.1911, 1 Stck. 

Orioceris merdigera L. Lübeck [F. Otto]; Wesloe 10. 6. 1912; Lübeck 
21.6. 1918; Kücknitz 26. 9. 1918 [Frl. Oppermann], je 1 Stck. 

Labidostomis longimana L. Bei Schönberg, Schlutup, Travemünde 
auf trockenen Weiden nicht selten. 

Gynandrophthalma aurita L. Bei Schwartau 6. 1902 1 Stck. an Eichen. 
— @. cyanea F. Bei Halendorf in Holst. auf Haselblättern 16. 6. 04 
[G. Teßmann im Lüb. Mus. ]. 

*Ooptocephala unifasciata ab. 4-maculata Lac. Bei Selmsdorf 4. 7. 1915 
mehrere Stck. [H. Boy]. Auch die Art ist im Gebiet noch nicht 
gefunden. 

Oryptocephalus chrysopus Gmel. Preller [5, p. 134: Hübneri F.] gibt das 
Tier von Ostholstein an. v. Koschitzky [21] hat es an Echium 
gesammelt; im Lüb. Mus. ist I Stek., allerdings ohne Fundangabe, 
vorhanden. Bei Koltze [25] fehlt es. Ich schöpfte 1 Stck. bei 
Rothebek 10. 6. 1907. — C.coryli L. Auf dem Wesloer Moor 
im Juni 1907, 1914, 1916 von Birken geklopft, 3 33, 2 29. — 
C.10-maculatus L. Waldhusener Moor 16.6.1908, 1 Ex. — 
*O, distinguendus Schneid. Auf dem Wesloer Moor 28.5. 1907 
u. 26. 7. 1916 je 1 Stck. geschöpft. — Ü. exiguus Schneid. Schön- 
berg, auf einer Wiese amKnickrand geschöpft 3.7. 1906 u. 4.6.1911, 
insgesamt 3 Stek. — *C. frenatus ab. Fabrieii Ws. Blankensee 
3.8.1904 1 Stek. an Eichen. — *C. labiatus ab. diagrammus Suffr. 
Dummersdorf 20. 6. 1915 1 Stek. — CO. nitidus L. Wesloer Moor 
auf Eichen 4. 6. 1907, Waldhusener Moor 7. 6. 1907, einzeln. — 
C. parvulus Mill. Waldhusener Moor 16. 6. 1903, Wesloer Moor 
6. 1916, auf Birke, je 1 Stek. — CO. pini L. Palinger Heide, an 


12. Heft 


118 Ludwig Benick: 


den gelben Knospen junger Kiefern sitzend, vielfach in copula, 
zahlreich, 13.9. 1903. — CO. pygmaeus F. v.Koschitzky [21]. 
Im Lüb. Mus. ist kein zweifellos hier gefangenes Stück. — (. ru- 
fipes Goeze. Schönberg 25.7.1908, 3 Stck., 18.7.1916 1 Stck. 
von Weide geklopft. — C. 6-punctatus L. Waldhusener Moor 
7. 6. 1907, Mönkhof 4. 5. 1913, einzeln. — *C. vittatus ab. negligens 
Ws. Bei Schönberg auf einem sandigen Abhang in den Blüten 
von Hieracium pilosella 15. 7. 1907 u. 21.5. 1914, zahlreich. — 
Bei 5 Ex. von 1907 ist die gelbe Nahtbinde etwas vor der Mitte 
mehr oder weniger breit unterbrochen, so daß jede Flügeldecke 
neben dem gelben Seitenrand zwei hintereinanderstehende gelbe 
Flecke trägt. 

Bromius obscurus L. Cashagen bei Curau [Höppner f] zahlreich. 

Gastroidea viridula Deg. Aufbaggerungen bei der Badeanstalt St. Lorenz, 
1 Stek. auf Rumex 6. 1903. 

* Phytodecta olivacea ab. flavicans F. Bei Schlitup 7. 1916 mit der Art 
auf Sarothamnus scoparius in mehreren Stücken. — * Ph. 5-punctata 
ab. flavicollis Dft. Mit der Art gemeinsam auf Sorbus aucuparia, 
ebenso häufig wie diese: Schellbruch, Wesloe, Mönkhof, Schar- 
beutz. — Ph.rufipes Deg. Lübeck [ohne genauere Angabe]; 
Waldhusener Moor 31.5.1910, je 1 Stek. — Ph.rufipes ab. 
6-punctata F. Bei Mölln 1.6.1913, 1 Steck. — Ph. viminalis L. 
Lauerholz, 3. 3. 1908, 1 Steck. 

Chrysomela analis L. Lübeck 1904, 9. 1909; Wesloe 1902, 


10. 6. 1912 je 1 Steck. — Ch. brunsvicensis Grav. 29. 4. 
u. 14.5. 1916, 3 Ex. bei Grönau. — Oh. coerulans Secriba. 
Travemünder Chaussee 7. 1907 IF. Otto], 1 Steck. — Ch. 


graminis L. Timmendorf 30. 5. 1912, Schwartau 5. 7. 1913 
[Wagner], Waldhusen [K. Petersen], Brandenbaum 20. 6. 1914, 
Vorrade 19.5. 1915 [Haase f], je 1 Steck. — *Ch. graminis ab. 
fulgida F. Wesloer Gehölz, 7. 1919 [Frl. Beekmann]. — *Ch. 
qypsophilae Küst. Bei Eldena, Meckl. in einem Sandweg 23. 9. 05 
1 Stek.. Lübeck [ohne genauere Ang.] 2 Stck. [F. Otto]; Sieben- 
eichen in Lauenburg 17.7.1919 2 Stck. [H. Soltau] mit Tieren 
von Aachen [Schlegel leg.] verglichen. — Ch. hyperici Forst. 
v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. steckende Stücke dieser Art 
und der v. gemellata Gyll. gehören zu quadrigemina Suffr. [s. dort]. 
— (Ch. limbata F. Besental in Lauenbg. 17. 6. 1914 sehr zahlreich - 
[H. Boy]. — Ch. marginata L. Lübeck 17.8.1909, 1 Steck. — 
Ch. orichaleia var. lamina F. Lübeck 1899, 1 Stek. Die bei v. Ko- 
schitzky [21] genannten Tiere gehören ebenfalls zu dieser Form, 
nicht zur Art. — *Ch. quadrigemina ab. alternata Suffr. Im Lüb. 
Mus. steckt ein hiesiges Stück als hyperici Forst. — *Ch. quadri- 
gemina ab. indigena Ws. Herrenbrücke 4. 9. 1907, Wesloe 3. 6. 10, 
Grönauer Heide 20. 6. 1910, Scharbeutz 3.8.1910, je 1 Stck. 
— Im Lüb. Mus. sind zwei hiesige Stücke unter hyperici Forst. 
Phyllodeeta atrovirens Cornel. Priwall 4.7.1916 1 Stek. an Weide. 
== Ph. laticollis Suffr, Lübeck, Stadtpark 8, 6. 1904, 2 Stek. — 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 119 


* Ph. vulgatissima ab. obscura Ws. Bei Genin I Stck. auf Weide, 
17. 6. 1914. 

Phaedon armoraciae v. concinnus Steph. sammelte ich zahlreich am 
Strand von Scharbeutz im Juli [1910—1913]. 

Plagiodera versicolor Laich. Am Weg nach Wesloe fing ich ein kleines 
tief dunkelviolettes Stück auf Weide 3.7. 1916. 

*Melasoma aenea ab. haemorrhoidalis L. Mit der Stammform auf 
Erlen, besonders im südlichen Gebiet (Ratzeburg, Mölln) nicht’ 
selten. — *M. collaris ab. daurica Motsch. Lauerholz 19. 5. 1906, 
l Stek. — M. collaris ab. geniculata Dft. Wesloer Moor mit der 
Stammform zahlreich 7.5.1915 [H. Boy]. — *M. collaris ab. 
thoracica Ws. Wie vorige Form. — M.popuki L. Ein mäßig 
großes Stück meiner Sammlung behält auch nach Reinigung 
mit Benzin und Äther violette Flügeldecken; der Halsschild ist 
weitläufiger punktiert; Dassow, Meckl. 6.7.1911 [Dowe]. 

Luperus foveolatus Rosh. Preller [8, p. 218] gibt an, daß dieses Tier bei 
Geesthacht im Juni nicht selten sei; es kommt in Spanien vor 
und dürfte von Koltze [25] mit Recht fortgelassen sein. — L. zan- 
thopus Schrnk. Preller [5, p. 138: zanthopus Dft.!)]; v. Koschitzky 
[21: zanthopoda Schrnk. ist Druckfehler). Im Lüb. Mus. stecken 
unter diesem Namen longicornis F., welche Art im Verzeichnis 
fehlt. „Lüb.‘“ ist bei Schilsky [32, p. 149] zu streichen. 

*Lochmaea caprea ab. luctuosa Ws. Beim Deepenmoor an Weide 
30.5.1916, 1 Stek. — *L. crataegi ab. $ binotata Dft. Lübeck 
6. 1914, Lauerholz 1.5.1917, einzeln. — L. suturalis Thoms. 
Lübeck 4.1913, 1 Stck. 

Galerucella grisescens Jeann. Brandenbaum 17. 4. 1914, bei Schlutup 
16. 8. 1916, einzeln. — @. viburni Payk. Diese Art ist in den städt. 
Anlagen an Viburnum opulus sehr häufig, die Larve skelettiert 
die Blätter. 

*Galeruca Dahli Jeann. Bei Schönberg 29. 7. 1908, 1 Steck. Verglichen 
mit thüringischen Stücken der nahe verwandten @. laticollis 
Sahlbg. — @. interrupta Ol. Lübeck 5. 10. 1909 1 Stck., ein weiteres 
von F. Otto erhalten. — @. pomonae Scop. Scharbeutz 7. 1910 
u. 1913, Herrenbrücke 9. 1909, Schönberg 7. 1917 u. 10. 1918, 
zuletzt zahlreich; diese Stücke schwarzbraun. 

Sermyla halensis L. Sierksdorf 3. 1913, Brodtener Ufer 6. 1912, 
Holsteinische Schweiz, 8. 1912, überall zahlreich auf Galium, 
Inula und Cirsium arvense. Bei Gleschendorf 7. 1907 [H. Rusche]. 

Podagrica fuseicornis L. Preller [5, p. 140], fehlt bei Koltze [25]; v. Ko- 
schitzky [21]; im Lüb. Mus. sind keine zweifellos hier gesammelte 
Stücke. 

Derocrepis rufipes L. Schönberg 21. 5. 1904, bei Travemünde 25. 6. 16, 
beide Male am Chausseegrabenrand geschöpft, zahlreich. 


1) Sollte Euluperus zanthopus Dft. gemeint sein, so dürfte ein Bestimmungs- 
fehler vorliegen, denn diese Art ist bislang von Österreich-Ungarn angegeben. 


12. Heft 


120 Ludwig Benick: 


Crepidoderc impressa F. Prellers [5, p. 139] Angabe dürfte auf Fehl- 
bestimmung beruhen, vgl. Heikertingers Bemerkung in Reitter, 
Fn. germ. IV, p. 150. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. steckende 
Stücke dieser Art sind ferruginea Scop. 

Lythraria salicariae Payk. Schönberg, in einem sumpfigen Buschwald 
an Lysimachia vulgaris L. 6. u. 7. 1916, 5. 1917, zuletzt mehrere Ex. 

* Epithrix atropae ab. 4-maculata Ws. v. Koschitzky [21] gibt die 
Stammform vom Kannenbruch an: das einzige im Lüb. Mus. 
vorhandene, von v.K. präparierte Tier gehört dieser Form an. 
— E. pubescens Koch. Bei Schönberg in einem Sumpfwald und 
am ÖOberteich auf Solanum dulcamarae zahlreich. 

Chalcoides aurea Geoffr. Lübeck, 1 Stck. [ohne genauere Angabe]. — 
Ch. Plutus Latr. Schönberg 19.7.1907 1 Steck. an Weide. 

* Mantura ambigua Kutsch. Bei Genin 3. 10. 1915, 2 Steck. Verglichen 
mit M. obtusata Gyll.-Stücken von Grimma [Benick leg.]. Die 
Kennzeichen dieser Art: Habitus, Halsschild, Vordereckenbau, 
Stirnlinien, Farbe usw. sind vorzüglich ausgeprägt, so daß ich 
trotz Heikertingers Angaben [Reitters Faun. germ. IV, p. 162, 
Fußnote 2] nicht im Zweifel bin, die seltene Art vor mir zu haben. 
Nachträglich von Heikertinger bestätigt. — *M. chrysanthemi 
ab. C’rotchi All. Brandenbaum 1903, 1 Stek. — M.rustica L. 
Unter der Stammform, die hier, besonders am Seestrand oft zahl- 
reich auftritt (Brodtener Ufer, Scharbeutz), kommen Stücke 
vor, die den Spitzenfleck der Flügeldecken stark zurückgebildet 
zeigen. Ein hier 1913 gefangenes Tier hat völlig dunkle Decken. 

Ohaetocnema confusa Boh. Bei Wesloe 8.5. 1912 1 Stek. geschöpft. — 
Ch. Mannerheimi Gyll. Wesloer Moor 11.4.1908, 1 Stek. — 
Ch. Sahlbergi Gyll. Wesloer Moor 6. 5. 1912, Schönberg 10. 4. 17 
gesiebt, je 1 Steck. — Ch. tibialis Il. v. Koschitzky [21]; im Lüb. 
Mus. stecken unter diesem Namen Psylliodes eucullata Tl. — Bei 
Schilsky[32, p. 151]ist „Lüb.“ zu streichen. 

Psylliodes affinis Payk. kommt hier auf Solanum dulcamarae und auf 
Kartoffelfeldern, wo der Schaden jedoch nicht groß wird, nicht 
selten vor. — P. chrysocephala ab. anglica F.. Brodtener Ufer 
1. 10.1909, 1 Steck. — P.chrysocephala ab. nucea Il. Lübeck; 
Scharbeutz 6. 1911, 7.1912 einige Ex. — P.circumdata Redt. 
v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. vorhandene Tiere sind alle 
— chrysocephala ab. anglica F. ‚„‚Lüb.‘ ist bei Schilsky [32, p. 152] 
zu streichen. — P. cuprea Koch. v. Koschitzky [21]: im Lüb. Mus. 
ist ein Stück dieser Art. — P. cyanoptera N. v. Koschitzky [21]: 
v. K. hielt chrysocephala-Ex. für diese Art; bei Schilsky [32, p. 152] 
muß „Liüb.‘“ gestrichen werden. — P. dulcamarae Koch. Bislang 
nur an einer sumpfigen Waldstelle bei Schönberg zahlreich an 
Solan. duleamarae gesammelt 7. 1907—1917. — P. fusiformis I. 
v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. steckt 1 chrysocephala-Stück 
unter diesem Namen; bei Schilsky ist „Lübeck“ zu streichen. 
— P. hyoseyami v. chalcomera Il. v. Koschitzky [21] nennt die 
Stammform; das im Lüb. Mus, vorhandene Tier gehört dieser Ab- 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 121 


art an. — P.napi F. Schönberg, 7. 1903, 9. 1905 einige Ex. ge- 
schöpft, 27.12.1916 1 Stck. aus Heuhaufen an der Maurine 
gesiebt, Brandenbaum 20.1.1916 2 Steck. gesiebt. — P. pieina 
Marsh. Schönberg am Oberteich unter lagerndem Schilf 7: 1907, 
7.1916; Scharbeutz 7. 1910, Genin 6. 1916, Lübeck an der Wa- 
kenitz 7. 1916, meist mehrere Ex. 

Haltica Iythri Aub. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. stecken unter 
diesem Namen mehrere H.tamaricis Schr. und 1 pusilla Dft. 
„Lüb.“ ist bei Schilsky [32, p. 152] zu streichen. — *H. oleracea 
ab. /ugubris Ws. Strecknitz 21.4. 1901, 1 Steck. — *H. oleracea 
ab. nobilis Ws. Travemünde 7. 1904, 1 Steck. — H. pusilla Dft. 
Schönberg 10. 6. 1916, 1 Stck. — H.tamaricis Schr. bei Grönau 
4. 1916, Schönberg 5. u. 6. 1916, Genin 10. 1915, Schlutup 8. 1916, 


einzeln. 
*Phyllotreta exclamationis ab. viber Ws. Schönberg 25. 12. 1916 
1 Steck. aus Heuhaufen gesiebt. — *Ph. tetrastigma ab. dilatata 


Thoms. Mit der Stammform nicht selten: Genin, Lübeck, Schön- 
berg. — Ph. wittula Redt. Schönberg 9. 4. 1903, Lüb. 8. 10. 1906, 
einzeln. 

* Aphihona coerulea ab. aenescens Ws. Bei Brandenbaum 6. 1913, 1 Stck. 
— cyonella Redt. Preller [5, p. 139]; von Koltze [25] fortge- 
lassen. — A. renustula Kutsch. Schönberg, auf Ödland geschöpft 
6. u. 9. 1916 je 1 Stck. 

Longitarsus anchusae Payk. Schönberg 5. 1912, Hohemeile 5. 1916, 
je 1 Stek. — L. apicalis Beck. Preller [5, p. 140] gibt das Tier 
von der Haacke an; Koltze läßt es fort. — *L. brunneus ab. pi- 
cinus Ws. Schellbruch, bei Überschwemmung gesiebt 16. 1. 1916 
1 Stek. — *L. curtus All. Schönberg 7. 9. 1905, Lübeck 8. 9, 1912 
u. 8.1915, je 1 Steck. — L. exoletus L. Bei Schlutup 20.7. 1916, 
I Stek. — L. /usco-aeneus Redt. dürfte von Preller [8, p. 219] 
infolge irriger Bestimmung aufgenommen sein; es kommt in 
Österreich usw. vor. — L.jacobaeae Waterh. Schönberg 7. 1908 
u. 7.1917, zahlreich am Grabenrand geschöpft. — *L. luridus 
ab. nigricans Ws., L. luridus ab. A-signatus Dft, beide Ab- 
arten wenig seltener als die häufige Stammform — L. melano- 
cephalus ab. atrrceps Kutsch. Schönberg 3. 1904, 9. 1916; Sierks- 
dorf, 7. 1910, je 1 Stek. — L.nasturtii F. Lübeck, 10. 1910, 
4. 1913, Schönberg 6. u. 7. 1916, Lauerholz 5. 1918, je 1 Stck. 
— L. nigrojasciatus Goeze. Preller [5, p. 140: lateralis Il.]; fehlt 
bei Koltze [25]. — Z. ochroleuceus Marsh. Koltze [25, p. 172] 
nennt als Fundort Preetz; Dr. Apels Tagebuch enthält zwar die 
Bemerkung ‚‚Juli 1864 auf dem Hofe‘, aber in seiner Sammlung 
fehlt das Tier [K. Hänel, briefl.]. v. Koschitzky [21]: im Lüb. Mus. 
sind unter diesem Namen 9 Ex. von L. succeineus Foudr. Schön- 
berg 7.7.1917, 1 Stek., das mit den Beschreibungen gut über- 
einstimmt, nur ist die Naht bis auf die Enden schwach angedunkelt. 
— L. pellueidus Foudr. Schönberg 7. 1906, 7. 1908, Scharbeutz 
7,1913, je 1 Stek. — *L. pratensis ab. collaris Steph. Deepenmoor 


12. Heft 


122 Ludwig Benick: 


30.5.1916, Schönberg 2.9.1916 [G. Benick], je 1 Stück — 
L. suturalis Marsh. Brandenbaum 3.1912, Schellbruch 8. 1915, 
je 1 Steck. — *L. suturellus ab. paludosus Ws. Schönberg 31.5. 14, 
1 Stck. — Z. tabidus F. Schönberg. auf Verbascum 1 Steck. 8. 8. 16; 
8. 1918 häufig auf V. nigrum bei Brandenbaum. 

Apteropeda globosa Ill. Preller [8, p. 220]; fehlt bei Koltze [25]; v. Ko- 
schitzky [21]; im Lüb. Mus. ist das Tier nicht vorhanden, in den 
Katalogen auch nicht angemerkt. — A. orbiculata Marsh. v. Ko- 
schitzky [21]: im Lüb. Mus. ist ein Stück der folgenden Art unter 
diesem Namen. — A.splendida All. Lauerholz, am Fuchsteich 
2.5.1916, 1 Stek., 17.5.1918, 2 Stck. 

Mniophila muscorum Koch. Scharbeutz, im Wennseegehölz aus Moos 
l Stek. gesiebt 19.7.1918. — M. muscorum ab. Wroblewskii 
Wenk. Koltze [25, p. 172] gibt an, daß Dr. Apel diese Form 
mit der Art bei Preetz gefangen habe; in Dr. A.s Sammlung 
ist die Varietät nicht vorhanden IK. Hänel, briefl.]. 

*Sphaeroderma rubidum Gra&lls. Brodtener Ufer 1. 10.1909 1 Stck., 
Schönberg 9.7.1918, 1 Steck. geschöpft [G. Benick], verglichen 
mit Tieren aus der Pfalz [Schaaft leg.]. 

Hispella atra L. Hohemeile 5.5.1918 1 Sick. geschöpft, Schönberg 
19.5.1918 1 Steck. 

Huypocassida subferruginea Schrk. Lübeck [F. Otto]; Gothmund 
5. 1916, Marlı 6. 1916, =inzeln. — *J. subferruginea a. sobrina Ws. 
Wesloe 30. 5. 1916, 1 Stck. 

*Cassida flaveola ab. dorselis Desbr. Schönberg 5.6. 1911, 1 Stck. 
— *C, flaveola ab. httoralis Ws. Mönkhof 7.8.1911, 2 Stck. 
— Ü, margaritacea Schall. Strecknitz 4. 1904, 8.1906. Lübeck 
9.1917 [K. Petersen] je 1 Steck. — C. murraea L. Am Sierks- 
dorfer Steilufer auf Inula und “ıirsium arvense häufig 7. 1913. 
— (. murraea a. maculata L. Daselbst noch zahlreicher als die 
Stammform. [Vgl. Kleine, Entomol. Blätter 1917, p. 28 ff.] 
— (. sanguinosa Suffr. Bei Brandenbaum 4. 1914 u. 6. 1916, 
3 Steck. — CO. viber L. Bei Grönau 29.4.1916, 1 Stck. 

Spermophagus sericeus Geoffr. Schönberg 22.7.1905, 1 Stck. 

Laria rufimana Boh. Schönberg 9. 1906, Scharbeutz 7. 1913, einige 
S’ü=k. 

Bruchidius eisti F.t}) Auf Sarothamnus scoparius überall nicht selten: 
Herrnburg, bei Schlutup, Wesloe, Ratzeburg. 

Tropideres sepieola F. Lauerholz, 1 Stek. von Weißdorn geklopft 
8. 5. 1907, 


1) Bei v. Koschitzky [21] sind [nach dem Catalogus von 1891] angegeben: 
eisti F. (— canus Germ., unicolor Ol.) und villosus F. (= cisti Payk.); im Catalogus 


von 1906 heißt die erstgenannte Art unicolor Ol., die zweite eisti F. (bei Reitter, 


Fn. Germ. IV, p. 225: cisti Payk.). Im Lüb. Mus. gehört das Material beider 
Spezies zu eisti F. (des neuen Catalogus), so daß unicolor Ol. nicht aus unserem 
Gebiet nachgewiesen ist. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 123 


Platystomus albin s L. Ratzeburg, auf Buchen-Klafterholz 1 Stck. 
9.7.1918 [H. Boy]. 

Anthribus fasciatvs Forst. Lübeck 1902, 1 Stck. 

Choragus piceus Schaum. Preller [8, p. 205] und Koltze [25, p. 151]. 
Das in der Sammlung Dr. Apels vorhandene Stück trägt keinerlei 
Bezeichnung; im Tag:buch wird ein Stück genannt, das er von 
Koltze aus Schlssien erbielt. Nur Prellerss Sammlung könnte 
Aufschluß geben. 

Otiorıhynchus hungaricus Germ. 1 5 in einer Vorstadtstraße [Kahl- 
horst] auf dem Bürgerstsig kriechend 3.6. 1917 [Frl. Goeben]. 
— *O,. niger F. Mölln 10. 7. 1913 I Stck. [Caven f]. Die Aberration 
villoso-punctatus Gyll. ist nach Clasen [2, 1855, p. 141] einmal 
bei Ludwigslust gesammelt. — O. sulcatus F. In den Vorstädten 
nicht selten, doch auch anderswo: Lauerholz, Sierksdorf, Schön- 
berg. 

Phyllobius argentatus v. pineti Redt. Endrulat u. Tessin [3, p. 31] 
und Preller [5, p. 112] dürften diese Form infolge einer Fehl- 
bestimmung aufgenomren haben: Koltze [25] ließ sie fort. Im 
neuesten Catalogus ist sie von Österreich und Griechenland ge- 
nannt. — *Ph. argentatus ab. viridans Poh. Moislinger Brook 
15.5.1912. 1 Steck. — Ph. brevis Gyll. Endrulat u. Tessin [3, 
p. 31: dispar Redt.] und Preller [5. p. 112]; fehlt nei Koltze [25]. 
Kommt in Ungarn und Rußland vor. — *Ph. pomonae ab. cinereus 
Tourn. Bei Herrnourg 6. 1912 1 Stck. geschöpft. Nahrungs- 
pflanza der Stammform ist hauptsächlich Schafgarbe, Achillea 
millefolium. — Ph. viridineris Laich. v. Koschitzky [21]; sicher 
hier gefangene Stücke sind im Lüb. Mus. nicht nachweisbar. 
— Ph. viridicollis F. Bei Travemünde 25. 6. 1916 zahlreich am 
C'hausssegrabenrand geschopft. Auch im Lüb. Mus. [v. Rosch., 21] 
mehrere Stücke von hier. 

Polydrosus eonfluens Steph. Besental in Lauenburg 12. 6. 1915 zahl- 
reich [H. Boy]. — P. flavipes Deg. v. Koschitzky [21]: im Lüb. 
Mus. steckende Stücke sind — pterygomalis Boh. — P. impressi- 
frons ab. flavovirens Gyll. Preller [5, p. 109: flavovwirens Schh.]: 
kommt in Rußland vor. — *P. mollis ab. chlorophanus Westh. 
Lübeck, 1 Stek. — P. tereticollis Dee. Lauerholz an Eichentrieben 
im Frühjahr, 5. 1904, häufig, später daselbst einzeln bis in den 
Juli (1918). 

Bruchysomss echrmatus Bonsd. Schönberg 4. 1905 \gelbrot!). 7. !908, 
Genin 19. 6. 1907, Travemünde €. 1916, je 1 Stek. Brodtener Ufer 
am sandigen Strand 6. 19]4,5 Ex. — B. hirtus Boh. v. Koschitzky 
[21: setwlos»:s Poh.]: die Tiere im Lüb. Mus. sind = echinatus 
Bonsd. „Lüb.‘“ bei Schiisky [32, p. 163] ist zu streichen. 

Barypithes araneiformis Schrnk. v. Koschitzky [21]; die Stücke des 
Lüb. Mus. gehören zur folgenden Art. — B.pellucidus Boh. 
kommt hier selbst in den Vorstadtstraßen vor, findet sich auch 
in Baummulm (Lauerholz); Färbung vom Hellgelb bis Schwarz- 


12. Heft 


124 Ludwig Benick: 


braun. — *B. trichopterus Gaut. Schönberg 16. 7. 1907, 5. 1914. 
7.1916; Scharbeutz 7. 1912, insgesamt 6 Stck. 

Strophosomus curvipes Thoms. Palinger Heide unter Heidekraut 
7. u. 8.1917, 4 Ex. — Str. {aber Hbst. In Sandgruben einzeln: 
Lübeck, Mönkhof, Wesloe, Brandenbaum, Schönberg. 

Eusomus ovulum Germ. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. ist I Stck. 
des Phyllobius glaucus Scop. unter diesem Namen. 

Brachyderes incanus 1... Besental in Lauenbg. 31.5.1916 zahlreich 
[H. Boy). 

Sitona cylindricollis Fährs. Schönberg 31.5 1914, Herrenbrücke 
1.7.1917, einzeln. — S. hispidulus ab. tibiellus Gyll. Yreller 
[5, p. 109]; fehlt bei Keltze [25]. v. Koschitzky [21]. Im Lüb. 
Mus. ist ein Stück ohne Fundortangaba2. — S. kneatus an. geni- 
culatus Fährs. Genin 6. 1914. 1 Steck. - *S. Iineatus ab. stricti- 
collis Desbr. Schönberg 7. '907, Genin 4.1914, einzeln. — 
S. lineellus Bonsd. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. stecken 
Iineatus L. und crinitus :Hbst. unter diesem Namen. — S. su- 
turalis Steph. Genin 10.1913, Scharbeutz 7. 1912, einzeln. — 
S. suturalis ab. lateralis Gyll. Schönberg 5. 1909. 5. 1912; Lauer- 
holz 5. 1918, einzeln. — S. Waterho ısei Walt. v. Koschitzky [21]; 
ein v.K. präpariertes Stück des Lüb. Mus. ist erinıtus Hbst. 

Trachyphloeus alternans Gyll. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. be- 
findet sich kein hier gesammeltes Stck. — *T. aristatus Gyll. 
Schönberg 8. 1916, 7.1917, 5 Ex. 

Barynotus obscurus F. Untr Steinen und am Wege kriechend: Lübeck, 
Lausrholz, Schönberg. 

Chlorophanus gibbosus Payk. Wenn Freller [p. 109: 5, pollinosus F.) 
und Augustin [l16a, p. 154) Ostholstein angeben, so ist Dr. Apel 
nicht der Sammler: in seiner Sammlung fehlt das Tier [K. Hänel, 
briefl.]. Im Lüb. Mus. [v. Koschitzky, 21] sind fünf Stücke, laider 
ohne Fundortangabe, im Handkatalog steht allerdings die Notiz, 
daß das Tier hier gefangen ist. 

Tanymecus palliatıs F. Lübeck, Teuf:»Isinsel 7. 1907 [F. Otto]; am 
Weg nach dem Fischerbuden geschöpft 6. 1909; Brandenbaum 
6.1912; Wesloe 6.1913; Sierksdorf 7.1913; Brodtener Ufer 
6. 1916, insgesamt 9 Stck. 

Lepyr.ıs palustris Scop. Lübeck, 1 Stek. (aus der Zeit um 1890; 
W. Blohm). 

Coniocleonus glaucus F. Mölln 15.9.1914 [Caven f]; Hohemeile 
7. 1917 [Dr. Möbusz], einzeln. Die var. turbatus Fahrs. ist nicht 
selten. — CO. nebulosus L. besitze ich nur von der Palinger Heide, 
eins davon [6. 9. 1907) ist schön rot bestäubt. 

Chromoderus fasciatus Müll. Lübeck [W. Blohm]; Lauerholz 5. 1907 
[F. Otto]; Brodtener Ufer 1. 10. 1904, Timmendorf a. Osts. 7. 1906 
[Dr. Möbusz, Sammlung des Lehrerseminars], je 1 Stck. 

C'yphocleonus trisulcatus Hbst. Schönperg 24. 9. 1903, Lübeck 10. 5. 07, 
je 1 Stck. auf der Straße. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 125 


Lizus bardanae F. Lübeck [F. Otto]; Schönberg, am Obert.ich 31. 5. 09 
auf Rumex palustris $ 2 in copula; 1. Fischerbuden 2. 7. 1916 
I Stek. auf Rum. pal. — 2. iridis Ol. Mölln 6. 1900 5 9 auf Nessel; 
bei Vorwerk 21.5.03 auf Nessel: Teerhofinsel 5. 9. 1906, Schön- 
berg 7. 1907; Marli 5. 1916; Wesloer Moor 6. 1918 an Menyanthes 
trifoliata: Lübeck, im Keller 6. 1918 [Kater], einzeln. — L. para- 
plectieus 1.. Lübeck [F. Otto]; am Molchteich im Lauetholz 
1.6.1918 und in früheren Jahren einzeln [H. Boy]. Fuchsteich 
8.1909 1 Steck. [H. Rusche]. 

Larinus planus F. Bei Rotenhusen 18.6.1913 zahlreich [H. Boy]; 
von K. Höpel erhielt ich Stücke von Preetz cur Apel leg.]. 
Tropiphorus carınatus Müll. Lauerholz 20.4.1911, 1 Stck. — T. ob- 
tusus Bonsd. v. ee [21]; ım Lüb. Mus. sind drei hiesige 
Ex. der vorigen Art. — T. tomentosus Marsh. Bei Travemünde am 
Chausseegraben geschöpft 25.6.1916, 1 Stek. —- Von Brauns 
[15, p. 70] schon mitgeteilt von Schönberg und Schwerin (als 

T. cinercus Schh.). 

Gronops lunatus F. Schönberg 7. 1907, Mönkhof 4. 1910, Lübeck 
7.1910, einzeln. 

Hylobius pinastri Gyll. Lauerholz 12.6.1908, 1 Steck. — Koltze 
[25, p. 131] hat zwar die Art ges:richen, aber sie ist auch in Dr. 
Apels Sammlung vorhand:n [K. Hänal, briefl.], außerdem von 
Brauns [15, p. 70] aus Schwerin und Schönberg und von Au- 
gustin (16a, p. 150] aus Ahrensburg genannt. 

Liosom ı dejlexum Pz. Kastorf 5. 1908, 1 Stek. [F. Otto]. 

Hyperc ozalidis Hbst. Preller [8, p. 207] nennt die Art auch von 
„Preetz. A.“ 3 Stck. in der Sammlung Dr. Apels — Phytonomus 
pedestris Payk. [K. Hänel, briefl.]. 

 *Phytonomus adspersus ab. histrio Boh. Deepenmoor 30. 5. 1916, 1 Stck. 

— *Ph. adspersus ab. iqnotus Boh. Schönberg 13.5.1913, 1 Stck. 

— Ph. arundinis Payk. Lübeck, 1902, Travemünde 27.7.1915, 

einzeln. — Ph.elongatus Payk. Lübeck 5. 10. 1911, Mönkhof 

7.8. 1911, Mölln 24. 4. 1913, einzeln. — Ph. meles F. v. Koschitzky 

[21]; hier gef. Stücke des Lüb. Mus. gehören zu nigrirostris F. 

— Ph. murinus F. Preller [5, p. 112], v. Koschitzky [21]; im Lüb. 

Mus. stecken zwei hiesige elongatıs Payk. unter diesem Namen. 

Fehlt vei Koltze [25]. — In meiner Sammlung oefindet sich ein 

Stück, das ich in der Südostecke des Gebiets bei Eldena 7. 1903 

fand. —- * Ph. nigrirostris ab. Stierlini Cap. Häufig wie die Stamm- 

form. — Ph. plantoginis Deg. Schönberg 14.7.1908, Branden- 
baum 4. 1912, 4. 1914, bei Grönau 5. 19]€, je 1 Stek. — Ph. tri- 
lineatı s Marsh. Schönnerg, an trockenem Grase am Rande einer 

Sandgrube 7. 1908 zahlreich, 7. 1916 daselbst, Herrnburg 7. 1916, 

je 1 Stek. — *Ph. variabilis ab. parcus Gyll. 'Schellbruch 2. 5. Ie 

l Stck. — Ph. variabilis ab. postieus Gyll. Preller [5, p. 121: 

posticus Schh.]; fehlt bei Koltze [25]. — Ph. vieiae Gyll. Preller 

[8, p. 207: wieiae Schh.] sagt, daß die Art nicht selten sei: fehlt 

bei Koltze [25]. 


12 Heft 


126 Ludwig Benick: 


Limobius boreais Payk. Moisling 2.6.1908 [F. Otto]; Wesloe 
7.1916 [H. Boy], bei Schlutup 21.7.1916 [H. Boy], einzeln. 

Pissodes harcyniae Hbst. Auf einem Stakett beim Holzlager an der 
Wallstraße 7. u. 8.1906 zahlreich. — P. piniphilus Hbst. An 
derselben Stelle früher häufig, in den letzten Jahren s.ltener 
7.u.8. Schlutup 21.7.1915 1 Stck. 

Erirrhinus scirrhosus Gyll. Schönberg am Oberteich, 1 Stck. 

Dorytomus affinis Payk. Scharbeutz 7. 1912, 2 Stck. bei Hochwasser 
angeschwemmt. — D.dorsaliss L. Wesloe 5. 1909 Schönberg 
8. 1916, Lauerholz 5. 1918, immer auf verschiedenen Weiden- 
arten. — *D. dorsalis ab. Linne: Fst. Schönberg 1902, 1 Stck. 
— D. filirostris Gyll. Bei Brandenbaum am Zitterpappel 6. 1909, 
6.1911. — D. filirostris ab. Riehli Bach. Bei Brandenbaum 
mit der Stammform 6. 1909. Niendorf a. Osts. 7. 1912, 1 Stck. 
— D. flavipes Pz. Schönberg 7. 1909, Wesloe 10. 1915, je 1 Stck. 
— D.longimanı s an. macropus Redt. Brandenpaum 6. 1909 
l Steck. an Zitterpappel. — *D.longimanus ab. meridionalis 
Desbr. Hohenstiege 6. 1907, 1 Stck. [F. Otto]. — D. melano- 
phthalmus Payk. Lauerholz 25. 9. 1907. 1 Stek. — D. minutus 
Gyll. Bei Wesloe an Weidenkätzchen (Salıx fragilis) sehr zahl- 
reich 8.5.1912. — D. puberulus Boh. Preller [S, p. 209]; fehlt 
bei Koltze. Von Hubenthal [Ent. Blätt. 1916, p. 67] als deutsche 
Art gestrichen. — D.rufulus Bed. Wesloe 8.5.1912, 1 Steck. 
— D.tremulae Payk. Travemünde 28. 9. 1912, 1 Stek. — D. villo- 
sulıs Gyll. Preller [8, p. 209]; fehlt bei Koltze. Ist Süd-Europäer, 
hiesiges Vorkommen höchst unwahrscheinlich. Vgl. jedoch Gus- 
mann [38, p. 61]. 
Dieranthus elegans F. Bei Genin 5. 1917, 5 2 [Dr. Möbusz, Samml. des 
Lehrerseminars]!; Tremser Teich 28.6.1914 1 2 [H. Boy]. 
Bagous argillaceus Gyll. Koltze [25, p. 135] nennt als Fundort Trave- 
münde, in K.s Sammlung fehlt das Tier [H. Wagner, brieflich]. 
— D.binodulus Hbst. Brandenbaum 21.4.1912, 2 Stck. am 
Teichrand gesiebt; Wesloe 6.1913, 1 Steck. — D.brevis Gyll. 
Nach Koltze [25, p. 135] ist die Art bei }reetz von Dr. Apel ge- 
fangen; in seiner Sammlung ist sie nicht vorhanden [K. Hänel, 
brieflich]. — B. cylindrus Payk. Brandenbaum 21.4. 1912, zahl- 
reich am Teichrand gesiebt. — B. limosus Gyll. Lauerholz 25. 4. 11, 
3 Ex. — B.lutosus Gyll. Brandenbaum 11.5.1919 1 Stck. am 
Teichrand gesiebt. — B. nigritarsis Thoms. Deepenmoor 30. 5. 16; 
Schönberg 25. 12. 16 aus Heuhaufen gesiebt, je 1 Stck. — B. tem- 
pestivus Hbst. Lübeck 8. 1903, Genin 10. 1913, einzeln. 

Hydronom.us alismatis Marsh. Lauerholz, Fuchstsich 16. 5. 1918, 
1 Stek. geschöpft. Hiesige Stücke sind im Lüb. Mus. [s. Koschitzky, 
21] nicht nachweisbar. 

Cossonus linearis F. Lübeck, Anlagen, 1 Stck. in Pappelmulm, 12. 6.17. 

Eremotus ater L. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. sind keine hiesige 
Stücke. — Scharbeutz, Wennseeholz, 1 Stck. gesiebt 19. 7. 1918. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 127 


— E.re/lexus Bob. Im Lüb. Mus. stecken zwei Ex. von Schön- 
berg, wahrscheinlich von Konow geschenkt. 

Rhyneolus culinaris Germ. Preller [8, p. 2!4: culinaris Reich]; von 
Koltze ausgelassen. Stern meldet die Art wieder [35, p. 62]. — 
Rh. lignarius Marsh. Schönberg, 2 Stck. in der hiesig. Museums- 
sammlung. — Rh. truncorum Germ. Lübeck, an einer alten Weide 
6. 1904, 2 Stek.; Scharbeutz 14. 7.1913 1 Stck. 

Acalles ptinoides var. turbatus Boh. Preller [8, p. 212: A. turbatus 
Schh.] fehlt bei Koltze. v. Koschitzky [21: turbatus v. parvulus 
Boh.]; 1 Stek. im Lüb. Mus. 

*COoeliodes nigritarsis Hartm. Wesloe 30.5.1912, 1 Steck. — C. tri- 
fasciatus Bach Mönkhof 5. 1911, Schanzenberg 18. 4. 1911, einzeln. 

Stenocarus cardui Hbst. Preller [5, p. 119: Coeliodes guttula F.] nennt 
ihn von der Haacke; v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. befinden 
sich 2 Steck. Koltze läßt [25] die Art aus. — Marlı 11. 10. 1915, 
ı Stek. Schönberg 9.7.1918 1 Stck. geschöpft [G. Benick]. — 
St. fuliginosus Marsh. Lübeck 10. 1908, 1 Steck. 

Craponius epilobii Layk. v. Koschitzky [21]; 4 Stck. im Lüb. Mus. 
= (eutorıh. litura F. — Besental in Lauerbg. 22.7.1916 zahl- 
reich |H. Boy]. y 

*Ordnorrhinus 4-maculatus ab. gibbipennis Germ. Brandenbaum 
6. 1912, 1 Stek. geschöpft. — *C. 4-maculatus ab. rimulosus Germ. 
Lauerholz 6. 6. 1913, Schonberg 10. 6. 1916, einzeln. 

Coeliastes lamii F. Lübeck, Mönkhoferweg, alljährlich im Mai zahl- 
reich an der wzißen Taubnessel. 

Allodactylus exiquus Ol. Endrulat u. Tessin [3, p. 32: Coeliodes]; fehlt 
bei Koltze. 

Rhytidosoma globulus Hbst. Schönberg 24.7. 1907 ] Stek. Das Tier 
hat weiße Börstchen auf den Decken und Hinterschenkelzähnchen 
[vgl. Künnemann, 37, p. 90]. 

Amalus haemorrhous Hbst. strecknitz 6. 1904, Lübeck 25.7. 1909, 
zusammen 3 Stck. 

* Rhinoncus bruchoides ab. rufescens Steph. Lübeck, 1 Steck. — *Rh. 
castor ab. flavipes Steph. Mit der Stammform überall nicht selten. 
Marli, Travemünde, Wesloe, Schlutup, Herrnburg. — Rh. per- 
pendicularis Reich. Schönberg 10. 1905, 7. 1904, 5. 1914, 12. 1916 
(auf feuchter Wiese aus Heuhaufen gesiebt), Schwartau 8. 1911, 
Deepenmoor 5. 1916, Travemünde 6. 1916, einzeln. — *Rh. per- 
pendieularis ab. subfasciatus Gyll. Koltze gibt an, daß Rh. albi- 
cinetus Gyll. von Dr. Apel bei Preetz gefangen sei; das Stück, 
am 30. 7. 1870 gefangen, gehört zu dieser Form [K. Hänel, briefl.]. 

Phytobius caraliculatus Fährs. Schanzenberg 18. 4. 1911, aus Moos 
gesiebt; Schönberg 5.6. 1911, je 1 Stek. — Ph. comari Hobst. 
Bei Schlutup auf einer mit Comarum palustre reichlich bestandenen 
Wiese 16. 8. 1916 zahlreich; * chönberg, Maurinewiesen 8. 7. 1917 
1 Stek. — Ph. granatus Gyll. Von Endrulat [4, p. 187] und Preller 
[5, p. 117] angeführt, von Koltze [25] ausgelassen. — Ph. leuco- 
aaster Marsh. Wesloer Moor 19. 4. 1911, 1 Stek.; Lübeck, zwischen 


12 Heft 


128 Ludwig Benick: 


Fadenalgen ım Teich des Stadtparkes 5. 1919 8 Stck. — Ph. muri- 
catus Bris. Grönauer Heide 13.5.1908, 1 Steck. — Ph. quadri- 
cornis Gyll. Schönberg 26.7.1904, Marli 24.7.1915 einzeln. 
— Ph. quadrinodosus Gyll. Schönberg 19.5.1918 2 Stck. ge- 
schöpft. — Ph. Waltoni Boh. v. Koschitzky [21]; das einzige im 
Lüb. Mus. vorhandene Siück ist = canaliculatus Fahrs, In 
Dr. Apels Sammlung sind Stücke von Preetz [Koltze, 25, p. 138] 
vorhanden (,,Sept. 1867 Vogelsang“. K.Hänel, briefl.). 

Micrelus ericae Gyll. Grönauer Heide 12.6. 1911; Palinger Heide 
4.8.1917, 28.7.1917; Schönberg 8.7.1917, einzeln von Heide- 
kraut geschöpft. ; 

Ceutorrhynehus abbreviatulus F. Lübeck, am Elbe-Trave-Kanal 10. 7. 09, 
1 Stek. — CO. apicalis Gyll. Preller [8, p. 212]; fehlt bei Koltze 
[25]. In Dr. Ap.s Sammlung vorhanden (,‚Mai 1862, Preetz‘“, 
K. Hönel, briefl.). — ©. arguatus Hbst. Brandenbaum 15.4. 1911, 
17.4. 1914; bei Grönau 29.4.1916, einzeln an Teichrändern 
gesiebt. — (. asperifoliarum Gyll. Schönberg 6.—8. 1916 einzeln 
an Echium vulgare und Anchusa officinalis [5 Ex.]; Kücknitz 
22.8.1916 1 Stek. an Ech. vulg. — *C. barbareae Suffr. Koltze 
[25, p. 140] gibt für die Art suturellus Gyll. an, daß Dr. Apel das 
Tier bei Preetz gefangen habe. Das in Dr. A.s Sammlung steckende 
Tier ist aber barbareae Suffr., der von hier noch nicht gemeldet 
wurde [K. Hänel, briefl.]. Vgl. Künnemann, 37, p. 91: pervicax 
Ws.! —- ©. chalybaeus Germ. Genin 22. 10. 1916 1 Stck. aus Moos 
gesiebt. — Ü. denticulatus Schrnk. Preller [10, p. 311]; fehlt 
bei Koltze [25]. In Dr. A.s Sammlung steckt unter diesem Namen 
C. marginatus Payk. [K. Hänel, briefl.. v. Koschitzky [21]; im 
Lüb. Mus. 1 Steck. — quadridens Pz. — *Ü. erysimi ab. chloropterus 
Steph. Bei Wesloe 16. 6. 1914 1 Stck. geschöpft. — *C. erysimi 
ab. cyaneus Ws. Lübeck, Grasplatz 17.7.1909, Travemünde 
1. 10.1909; Marli 22.7.1915, einzeln. — C. Javeti Bris. Bei 
Schönberg 21.5.— 8.7.1916 u. 7.1917 zahlreich auf Anchusa 
officinalis, auf derselben Pflanze bei Cleverbrück 16.5. 1916 
und Hohemeile 25. 6. 1916 [G. Benick]. — Schilsky [32, p. 176] 
führt Hamburg als Fundort an. — C.ignitus Germ. Preller 
[8, p. 213] nennt nur Preetz als Fundort [Dr. Apel] Koltze [25] 
läßt die Art fort. Das in Dr. A.s Sammlung steckende Tier ist 
viridipennis Bris. (,Preetz“, K. Hänel, briefl.). — C. litura F. 
Lübeck, 19.7.1909, Marli 22.7.1915, einzeln. Siehe auch Crapon. 
epilobii Payk.! — C. melanarius Steph. Schönberg, am Chaussee- 
graben geschöpft 6. 1911 u. 5.1913. zahlreich. — C. millefolii 
Schultze. Schönberg, wie vorige Art 19. 5. 1918, 2 Stck. [Künne- 
mann det.]. — CO. nanus Gyll. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. 
5 Steck. = Ceutorrhynchidius florclis Payk. — Ü. nigrinus Marsh. 
Strecknitz 10. 5. 1908, 1 Stek. — (. pollinarius Forst. Schönberg 
7. 1906 u. 7. 1908, einzeln. — C. pulvinatus Gyll. Ringstedtenhof 
7.6. 1915 (gelbschuppig), 1 Stck. geschöpft; Mönkhof 17. 6. 1918 
an Sisymbrium sophiae 5 Ex. — (. punctiger Gyll. Scharbeutz, 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes, 129 


31. 7.1910, Genin 4. 1914, Brandenbaum 22.1.1916 (im Maul- 
wurfnest), Schönberg 7.1916 zahlreich am Chausseegraben ge- 
schöpft; Lauerholz 5. 1918, meist einzeln. — C. querceti Gyll. 
Lübeck 1904, Schönberg 6. 1911, Genin 10.1913, je 1 Stck. — 
C. quercicola Payk. Preller [10, p. 311: quercicola F.]; fehlt bei 
Koltze. v. Koschitzky [21]; Lüb. Mus. mehrere Ex. — Ooeliastes 
lamii F. — C. rapae Gyll. Lübeck, 1 Stek. — C. rugulosus Hbst. 
Kuhbrookmoor 10. 6. 1909; Schönberg 15.7.1916, einzeln. — 
©. suleicollis Payk. Nicht so selten: Lübeck, Mönkhof, Wesloe, 
Schönberg (Mährrettich, Cochlearia armoracia, Blattfraß). — 
C. suturellus Gyll. s. barbareae Suffr. — C. timidus Ws. Schanzen- 
berg 18. 4. 1911, 1 Stek. — C©. triangulum Boh. Besental in Lauen- 
burg, 1 Steck. geschöpft 31.7.1914 [H. Boy]! — C. trimaculatus 
F. Preller [8, p. 213]; fehlt bei Koltze. — CO. verrucatus ab. bi- 
quttatus Boh. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. 2 Stck. = qua- 
dridens Pz.; s. Koltze [25, p. 141!] — C. viduatus Gyll. Lübeck, 
am EIb-Trave-Kanal 9.5.1903; Moislinger Brook 4. 1912, 
Schönberg 5. 1918, je 1 Stck. 

Poophagus sisymbrii F., Lübeck, am Ufer der Wakenitz 5. 1916, Schön- 
berg, am Oberteich 5. 1909—1913 zahlreich auf Nasturtium spec. 

Tapinotus sellatus F. Lauerholz 21. 5. 1907 [H. Boy]; Wesloe 16. 6. 14 
Müggenbusch 5.1914; Schönberg 6. u. 7. 1916 zahlreich auf 
Lysimachia vulgaris (Blattfraß!); bei Mölln 2.6. 1918 meist 
einzeln geschöpft. 

Orobitis ceyaneus L. Wesloe 3. 8. 1909, 2 Stek., Ringstedtenhof 7. 6. 1915 
1 Stek. geschöpft; Besental in Lauenburg 12.5.1918, 2 Stck. 
[H. Boy]. 

Coryssomerus capucinus Beck. Bei Strecknitz in einer Sandgrube 
24.4.1904, 1 Steck. 

Baris artemisiae Hbst. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. 2 Stck. 
— laticollis Mrsh. — B. coerulescens ab. chloris F. Preller[5, p. 118], 
von der Haacke gemeldet, fehlt bei Koltze [25]. — B. laticollis 
Marsh. Lübeck, Ödlandplatz, 2.5. 1912, 1 Stek.; s. auch B. arte- 
misiae Hbst.! 


Limnobaris pilistriata Steph. ist hier ebenso häufig wie die folgende 
Art: Schönberg, Wesloe, Schlutup (10 Stek. insgesamt). — L. pusio 
Boh. ist hier häufig, T-album L. besitze ich nicht. 

Calendra oryzae L. trat 11.1906 (mit C. granaria L.] schädigend in 
Nudeln bei einem Schwartauer Kaufmann auf. 1 Stck. auf Pfahl 
am Mühlenteich 7. 1903. 

Balaninus villosus F. Bei d»r Herrenbrücke 17. 6. 1907, Moislinger 
Brook 15.4.1912, Lübeck 25.5.1913. einzeln. 


Anthonomus einctus Koll. Timm u. Wimmel [19, p. 8] melden die Art, 
die bei Koltze [25] fehlt. Ich schöpfte 1 Stck. bei Travemünde 
22.9.1909. — A.pruni Desbr. Lauerholz, auf Prunus padus 
23.4.1920, 1 Ex. — A. varians Payk. Wesloer Moor 8. 5. 1912, 
l Stck. 


Archir fir Naturgeschichte ; 
1921. A. 12. 9 12.Heft 


130 Ludwig Benick: 


Elieschus scanicus Payk. Lübeck, in den Anlagen auf einem Pfahl 
5.1904, 1 Stck. 

Tychius junceus Reich. Niendorf a.O., 20. 6. 1903, Lübeck, 16. 6. 1908, 
Schönberg 13. 7. 1908 u. 16. 5. 1914, je 1 Steck. — *T. lineatulus 
Steph. Koltze gibt [25, p. 143] an, daß T. Schneideri Hbst. von 
Dr. Apel bei Preetz zahlreich gesammelt sei. K. Hänel teilt mir 
indessen mit, daß die Tiere in Dr. A.s Sammlung — lineatulus 
Steph. sind. Möglicherweise liegt nur eine Verwechslung von 
seiten Dr. A.s vor; es ist nämlich Iineatulus Steph. = Schneideri 
Gyll. und Schneider! Hbst. — lineatulus Boh. [Catal. coleopt. usw. 
1906, p. 684]. Da T. Schneideri Hbst. von anderer Seite nicht 
gemeldet wurde, wird diese Art zu streichen sein. — T. melilotı 
Steph. klopfte ich zahlreich von Melilotus albus bei der Herren- 
brücke 1.7. 1917 und bei Schönberg 13. 7. 1917; einzelnes Stück 
von Scharbeutz 7.1913. — T. Schmidti Hbst. verzeichnet Fb: 
Wimmel [30] von Ratzeburg. Ich habe diesen Namen vergeblich 
gesucht und möchte annehmen, daß ein Schreibfehler des Ver- 
fassers (,‚Schneideri Hbst.‘‘) vorliegt. In diesem Falle wäre eine 
Nachprüfung erwünscht (s. Wneatulus Steph.). — T. Schneider! Hbst. 
s. lineatulus Steph. und „Schmidti Hbst.“ — *T. venustus ab. 
genistae Boh. \vesloe 28. 5. 1910 bei Mölln 5. 1914 immer auf 
Sarothamnus scoparius. 

Sibinia phalerata Stev. Bei Schönberg 3 Stek. von Melilotus albus 
geklopft 13. 7. 1917. — 8. signata Gyll.’ Lübeck 18. 9. 1903 1 Stek. 
auf Pfahl am Mühlenteich. — $. viscariae L. Grönauer Heide 
5. 6.1907, 1 Stck. 

Anoplus roboris Suffr. ist auch hier ebenso häufig wie plantaris Naez. ; 
diesen fing ich fast nur an Birkengebüsch, ersteren auch andernorts, 

Orchestes avellanae Donov. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. ist kein 
zweifellos hier gesammeltes Stück. — O. decoratus Germ. Kuh- 
brookmoor 20.5.1909, 1 Stek. — O. foliorum Müll. Schönberg 
7.1903, 2 Stck. Dürfte wegen der geringe Größe oft mit Rhamphus 
pulicarius Hbst. verwechselt werden. — O. pilosus F. Kuhbrook 
5. 1908; Wesloer Moor 5. 1908, 5. 1912, 4. 1913; Israelsdorf 5. 1908 
[F. Otto], einzeln auf Eichen. — O. rufitarsis Germ. Wesloer 
Moor 9. 1909, 5.1910; Scharbeutz 7. 1910, Schönberg 7. 1916, 
einzeln auf Weiden. — O.rufus Ol. v. Koschitzky [21], im Lüb. 
Mus. I Stek. = testaceus v. pubescens Stev. [kahl]. — O. testaceus 
v. pubescens Stev. Lauerholz 5. 1904, 8. 1909; Kuhbrook 5. 1908, 
Genin 10. 1911, einzeln von Eichen. 

Gymnetron asellus Gr. Koltze meldet die Art zuerst: 7, p. 408, dann 
auch Preller [8, p. 213]; in der Fauna [25] stellt Koltze sie in den 
Anhang [p. 179] und verweist auf Preller. — *@. beecabungae 
ab. nigrum Hardy. Schönberg 7. 1903, 2 Stek. — @. beecabungae 
ab. veronieae Germ. Meine Stücke, die ich von Schönberg, 7. 1903, 
6.1911 und Mönkhof 5. 1911 besitze, gehören zu dieser Form; 
die Stammform habe ich noch nicht gefangen. $. auch squamicolle 
Reitt. — 6. collinum Gyll. Mönkhof 15. 5. 1914, 1 Stek. — @. hı- 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 131 


spidum Brull. Preller [8, p. 214: pilosus Schönh.]; fehlt bei Koltze 
[25]. — @. linariae Pz. Preller [5, p. 123]; v. Koschitzky [21]; 
im Lüb. Mus. 1 von v.K. präpariertes Steck. Koltze läßt das Tier 
aus [25] Wesloe 3. 8. 1909 1 Steck. — @. netum Germ. Schönberg 
7.1903, 1 Stck. — @. pascuorum Gyll. v. Koschitzky [21]; im 
Lüb. Mus. 1 Stck. von v. K. präpariert = labile Hbst. Von 
Brauns [15, p. 71] von Schwerin gemeldet. Ich besitze das Tier 
von Wesloe 11.6. 1914; Kuhbrookmoor 10. 6. 1907, 10. 6. 1912; 
Deepenmoor 30.5.1916, insges. 8 Stck. — G@. rostellum Hbst. 
Wesloer Moor 12. 5. 1910, Mönkhof 21. 5. 1909, einzeln. — @. squa- 
micolle Reitt. Schönberg 21. 5. 1914 1 Stck. geschöpft; bei Grönau 
29.4. 1916 1 Stck. gesiebt. Im Lüb. Mus. gehören 4 Ex. „becca- 
bungae L.“ zu dieser Art. — @.tetrum F. v. Koschitzky [21]; 
im Lüb. Mus. 3 Stck. = antirrhini Payk. — @. thapsicola Germ. 
Wesloe 6.9.07 1 Stck. 

*Olonus frazxini ab. flavoguttatus Stierl. Schönberg 7. 1903 an Trauer- 
esche 1 Stck. — C. pulchellus Hbst. Schönberg auf einer Kuh- 
weide an Scrophularia alata 7.1903, 7.1908, 8.1916. Marli 
7.1915 auf Scroph. nodosa, zahlreich; Scharbeutz 7. 1910, 1 Stck. 
— (. thapsi F. ist bei v. Koschitzky [21] nicht verzeichnet, sondern 
similis Müll. = pulchellus Hbst.; thapsi F. = similis Gemm. 
(s. Gusmann, 36, p. 175). Trotzdem ist sehr wahrscheinlich thapsi 
F. gemeint, da in der Sammlung des Lüb. Mus. 4 Ex. dieser Art 
von hier vorhanden sind. 

*Nanophyes marmoratus ab. angustipennis Bach. Schönberg 7. 1903 
1 Stek. — *N. marmoratus ab. salicariae F. Mit der Stammform 
auf Lythrum salicariae häufig: Scharbeutz, Schönberg. — N. ulmi 
Germ. (hemisphaericus Ol. var.). Preller [8, p. 214] gibt das Tier 
von Preetz [Dr. A.] an; fehlt bei Koltze [25]. In Sammlung 
Dr. A. steckend. Steck. = Sahlbergi Sahlbg.; 30.6. 66 „Preetz“ 
[K. Hänel, briefl.]. 

Magdalis armigera Geoffr. [aterrima F.]. Lübeck, Wall 1906, Mönk- 
hof 6. 1906, einzeln; Lauerholz 17.5. 1918 mehrere Stück auf 
Ulmus campestris. — M.asphaltina Boh. v.Koschitzky [21], 
fehlt im Lüb. Mus. Koltze [25, p. 146] nennt den Sachsenwald 
als Fundort; in K.s Sammlung ist die Art nicht vorhanden 
[H. Wagner, briefl.]. Das Tier dürfte infolge Bestimmungsfehlers 
in die Fauna gekommen sein, da auch der Catalogus von 1906 
nur Süd :uropa angibt. — M. barbicornis Latr. v. Koschitzky [21]; 
1 Steck. des Lüb. Mus. — flavicornis Gyll. — M. carbonaria L. 
Wesloer Moor 6. 1917, 1 Stck. von Birke geklopft. — M. linearis 
Gyll. Bei Schlutup 7. 1916, 1 Stek. — M. memnonia Gyll. Wesloe 
7.1903, Brandenbaum 6. 1907, einzeln; Besental in Lauenburg 
12.6.1915 zahlreich [H. Boy]. — M.phlegmatica Hbst. Bei 
Schlutup 5. 5.1918 1 Stck. 

*Apion aestivum ab. rufierus Germ. Schönberg 7.1906, 1 Steck. — 
A.affine Kirb. Wesloer Moor 5. 1908; Deepenmoor 5. 1916; 
Waldhusener Moor 6. 1916. — A. astragali Payk. v. Koschitzky 


9% 12. Heft 


132 Ludwig Benick: 


|21]; sicher hier gesammelte Stücke sind ım Lüb. Mus. nicht 
nachweisbar. — 4A.atomarium Kirb. v.Koschitzky [21]; wie 
vorige Art. — A.carduorum Kirb. Schönberg 4. 1906, 4. 1908, 
8.1916; Brandenbaum 10.1916, einzeln. — A.cerdo v. con- 
sanguineum Desbr. Fast so häufig wie die Art: Lübeck, Trave- 
münde, Schönberg [H. Wagner det... — A. columbinum Germ. 
v. Koschitzky [21]; 1 Stck. des Lüb. Mus. = Spencei Kirb. — 
A. compactum Desbr. — genistae auct. (nec Kirby) und als genistae 
Kirb. ın den Verzeichnissen von Endrulat u. Tessin [3, p. 29], 
Preller [5, p. 106], Koltze [25, p. 147] und Gusmann [36, p. 176] 
aufgeführt; letztgenannte Art ist südlicher verbreitet. Wesloe | 
5. 1907. Schönberg 5. 1914, einzeln. — A. confluens Kırb. Schön- 
berg 10. 1904, 7.1908; Lübeck 1903, je 1 Stek. — A. difforme 
Germ. Preller [5, p. 106]; bei Koltze anhangweise [25, p. 179] 
erwähnt. — A.dispar Germ. Preller [8, p. 207); Koltze [25] 
läßt es aus, weil der Catalogus von 1891 es als Synonym zu 
Hookeri Kirby stellt; neuerdings (Catalogus 1906) wieder ge- 
trennt. Schönberg 23.7.1908, 1 Stek. — A. dissimile Germ. 
Strecknitz, in einer Sandgrube an ÖOnonis spinosa 8. 1906 und 
8. 1910 in Anzahl. — A. ebeninum Kırb. Schönberg 7. 1905, 
7.1908, 7.1916 u. 7.1917 an Grabenrändern geschöpft. — 
4A. @yllenhali Kirb. Schönberg 7. 1906, 9. 7. 1918; Brandenbaum 
6. 1968, einzeln. — A. Hookeri Kirb. Moislinger Brook 4. 1912; 
Mönkhof 5. 1916, Travemünde 6. 1916, je 1 Stck. — A. melloti 
Kirb. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. 2 Stck. = aethiops Hbst. 
— 4A. ononicola Bach. Strecknitz, Sandgrube, auf Ononis zahl- 
reich 8. 1906; Brandenbaum 4. 1912, 1 Stek. — A. onopordi Kirk. 
Schönberg 7. u. 9.1906, Lübeck, am ElIb-Trave-Kanal 7. 1909, 
an der Wakenitz 7. 1916 geschöpft [H. Wagner vid. ) — 4. pallipes 
Kirb. Preller [8, p. 206]; fehlt bei Koltze [25]). Am Riesebusch 
bei Schwartau 9 Ex. von Mercurialis perennis geschöpft 4 5. 1919; 
Schellbruch 22. 4. 1920. — A. pavidum Germ. v. Koschitzky [21]; 
im Lüb. Mus. kein hiesiges Stück. — A. penetrans Germ. v. Ko- 
schitzky [21]; im Lüb. Mus. 2 Stck. = punctigerum Payk. — 
A. punctigerum Payk. Scharbeutz 4 7.1912, 4 Steck. — A. 
punctirostre Gyll. Preller [8, p. 207] meldet es von Preetz (A.); 
fehlt bei Koltze. In Sammilg. Dr. A. steckt vorige Art unter diesem 
Namen [K. Hänel, briefl.. — A.radiolus Marsh. Schönberg 
4. 1906 1 Stcek., Lübeck, am Elbe-Trave-Kanal 10.7. 1909, 3 Stck. 
— 4A. simile Kirb. Wesloer Moor 7. 1916 1 Stck. [H. Wagner det.]. 
— 4. striatum Kirb. Bei Ratzeburg 17. 5. 1914, 2 Stck., 
[H. Wagner det.]. — 4. sulei/rons Hbst. Preller [8, p. 207]: 
Preetz (A.):; fehlt bei Koltze, ist in Sammlg. Dr. A. vorhanden 
[,,Holstein“, K. Hänel, briefl.]. — A. urticarium Hbst. fehlt im 
Lüb. Mus. [v. Koschitzky, 21]. — *A. virens ab. coeleste Schilsky. 
Mit der Stammform nicht selten: Genin, Lübeck, Schönberg. 
Rhynchites aeneovirens Marsh. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. ist 
ein hiesiges Stück. — *Rh. aequatus ab. Paykulli Schilsky. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 133 


Häufiger als die Stammform auf Weißdorn: Schönberg, Clever- 
brück. — Rh. cavifrons Gyll. (pubescens Hbst.). Padelügge 5. 1901; 
Kastorf 5. 1908 [F. Otto]; Lauerholz 5. 1904; Schellbruch 5. 1912; 
Wesloe 5. 1912; Schönberg 6. 1916, je 1 Stck. — Rh. coeruleo- 
cephalus Schall. Bei Eldena, Meckl. 28. 7. 1903 1 Stck. von Eiche » 
geklopft; Besental, in Lauenburg 17.6.1916, mehrere Stck. 
[H. Boy]. — Rh. coeruleus Deg. Preller [8, p. 205: conicus 1l.]; 
fehlt bei Koltze [25]. — Rh. interpunctatus Steph. Preller [8, 
p. 205: alliariae Payk.]; v. Koschitzky [21: alliariae Payk.]; 
im Lüb. Mus. 1 Stek.: Strecknitzer Gehölz, von Weißdorn ge- 
klopft 3. 5. 19011G. Teßmann]. Bei Koltze fehlt die Art. Grönauer 
Heide 5. 6. 1907, Kastorf 5. 1908 [F. Otto]. je I Stck. — Rh. 
Mannerheimi Humm. W pe Moor 26.7.1916 2 Stek. von 
Birken geklopft. — Rh. olivaceus Gyll. Schönberg 5. 6. 1911; 
Schönberg 14. 4. 1912; Lauerholz 1.5.1917, einzeln. — Rh. 
pauzillus Germ. ist im Lüb. Mus. in 3 Ex. [v. Koschitzky, 21]. 
Lauerholz [F. Otto]; Wesloe 27.5.1908, je 1 Stck. 


Byetiscus betulae ab. violaceus Scop. Ich fing bislang nur diese blaue 
Form: Lauerholz, Mönkhof, Seeretz, Scharbeutz, Lübeck, Mölln, 


Ratzeburg. 

Diodyrrhynchus austriacus Ol. Wesloer Moor 19.5. 1908 1 Stck. 
geschöpft. 

Eecoptog ıster intricatus Ratz. Lübeck 8. 1911 1 Stck. in der Straße 
schwärmend. 


Hylesinus crenatus F. Lauerholz 24. 6. 1916 1 Stek. unter Eschenrinde. 

Hylastes cunicularius Er. Wesloe 5. 1908, 2 Steck. — H. glabratus Zett. 
Endrulat u. Tessin [3, p. 33: decumamus Er. 1; fehlt bei Koltze [25]. 
— H.linearis Er. Lübeck 16. 10. 1906, 1 Stek. — H. opacus Er. 
Strecknitz 5. 1904, Schönberg 4. 1906, einzeln; Lübeck, im Früh- 
jahr in den Vorstadtstraßen schwärmend. 

Crypturgus einereus Hbst. Bei Mölln 2. 6. 1918 zahlreich unter Fichten- 
rinde. — C. pusillus Gyll. Mit vorigem: Deepenmoor 30. 5. 1916 
I Stck. geschöpft. 

COryphalus abietis Ratz. Schönberg 4. 1906, Streceknitz 5. 1908, W =sloe 
4. 1913, einzeln. 

Pityogenes chalcogrıphus L. Lübeck 1 Stck. fliegend. Schönberg 
28.3.1910 zahlreich unter Fichtenrinde. 

Ips acuminatus Gyll. v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. 4 Stck. — su- 
turalis Gyll. — I. curvidens Germ. Hiesige Ex. sind nicht im 
Lüb. Mus. [v. Koschitzky, 21]. — 7. typographus Z. ist hier außer- 
ordentlich selten: 1 Stek. unter Fichtenrinde bei der Herren- 
brücke 2. 5. 1909. 

Dryocoetes alni Georg: 1.9. 1911 unter Erlenrinde im Schellbruch zahl- 
reich. 

 Xyleborus cryptographus Ratz. Preller !5, p. 125]; fehlt bei Koltze. 

X. dispar T. Schönberg 9. 1904 unter der Rinde gefällter Eichen 

zahlreich, darunter I $; Lübeck 4. 1913, 1 Stek. schwärmend. —- 


12. Hoft 


134 Ludwig Benick: 


X. Sazeseni Ratz. Schönberg, mit d. vorigen; Schellbruch 5. 1907 
1 Stek. Lübeck, unter der Rinde gefällter Eichen zahlreich 7. 5. 10. 

Xyloterus domesticus L. Schönberg. mit den vorigen. Lauerholz 4. 1913 
1 Stck. schwärmend. 

‘ Dorcus parallelepipedus L. Schönberg 7.1903; Ratzeburg 5. 1904; 
Lübeck 1912 [K. Petersen]; Mölln 5.1914 [Cavenf], einzeln 
meist am Boden kriechend. 

Systenocerus caraboides L. Nicht so selten, doch einzeln: Schönberg, 
Lübeck, Ratzeburg, Mölln. 

Trox cadaverinus Il. Von Preller [5, p. 79] angeführt, von Koltze 
[25, p. 97] gestrichen. Die Art wurde bei Besental in Lauenburg 
an einem Fuchsfell in Anzahl 6. 8.1916 gefangen [H. Boy]. — 
T. hispidus Laich. Ebenfalls von Preller [5, p. 78] verzeichnet 


und von Koltze [25, p. 97] als falsch bestimmt gestrichen. H. Boy | 


sammelte unter denselben Umständen wie bei der vorigen Art 
5 Stek. 6. 8. 1916. — T. sabulosus L. Schlutuper Bucht 22. 6. 08, 
Wesloe 5. 5. 1909 [Albers], je 1 Stek. — T. scaber L. Schönberg 
17. 7.1907, 10.5.1910 u. 18.7.1917, je 1 Stck. 

Psammobius suleicollis Il. Strecknitz 6. 1903, Lübeck 8. 1909, 4. 1911, 
Clevelandwehr 5. 1912, insges. 9 Stck. 

Rhyssemus asper F. Brandenbaum 8.1903, Marli 8. 1906, Lübeck 
5.1910. Scharbeutz 7. 1913, einzeln, meist in Sandgruben. 
Diastictus vulneratus Strm. Preller [5, p. 77]; fehlt bei Koltze [25]. 
v. Koschitzky [21]; im Lüb. Mus. sind mehrere Stücke ohne Fund- 

ortangab>, eins mit der Angabe: „V. 25.“ 

Aphodius conspurcatus I. Lübeck 4. 1909 u. 5. 1915, je 1 Steck. in den 
Straßen schwärmenrd. — *4A. erraticus ab. fumigatus Muls. Wald- 
husen 4.5.1912, 1 Stek. — *A. granarius ab. brunnescens Reitt. 
Lübeck 5. 1909, Mönkhot 5. 1909, einzeln. — *4A. granarius ab. 


Raqusanus Reitt. Wie die Stammform häufig. — *4A.luridus 


ab. apicalis Muls. Lübeck, 1 Stck. — A. obliteratus Pz. Schön- 
berg 8.10.1917, 1 Steck. — A. plagiatus L. Scharbeutz 6. 1913, 


Lübeck 4. 1914, einzeln. — A. plagiatus ab. immaculatus Dalla Torre. 


Häufiger als die Art: Lübeck, Scharbeutz, Schönberg, Timmen- 


dorf, Genin (Baggermodde). — A. porcus F. v. Koschitzky [21]; 


im Lüb. Mus. sind mehrere hiesige Stücke. — A. pusillus ab. 
rufulus Muls. Schönberg 1901, Timmendorf 5. 1912, Gothmund 
5.1916, je 1 Steck. — A. rhododactylus Marsh. Strecknitz 1906, 
Lauerholz 6. 1913, einzeln; Schönberg 21.5.1916, 3 Steck. 
— A.serofa F. v.Koschitzky [21]; ein von v.K. präpariertes 
Stek. im Lüb. Mus. — A. scybalarius ab. conflagratus F. Häufig 
wie die Stammform: Lübeck, Brandenbaum, Waldhusen. Von 
Strecknitz 3. 5. 1908 besitze ich 1 Stek. mit ganz dunklen Flügel- 


decken. — A. sordidus ab. 4-punctatus Pz. Wesloe 13.9. 1903, 


1 Stck. 


Odontacus armiger Scop. Schönberg 15.7. 1907, 1 $ abends 10 Uhr. 
ins geöffnete Fenster fliegend. Gronenberg 25.7.1908 1 3! 


[O. Albers}. 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes, 135 


Ceratophyus Typhoeus ].. Palinger Hside, fast zu jeder Jahreszeit 
einzeln [24. 12.1912, 1 $]; die Gänge konnte ich in einzelnen 
Fällen bis 1,05 m tief verfolgen. E. Albert fing 5. 1916 ein kräftiges 
ö mit roten Flügeldecken. Travemünde 5. 1912, 18. 

Geotrupes stercorarius var. foveatus Mrsh. Wesloa 29. 8. 1909, 1 Stck. 

Copris lunaris L. Einzeln bei Mölln [Caven 7], Gr. Zecher, Seeretz, 
Lübeck. 

Amphimallus ruficornis F. In meiner Sammlung ist 1 Stck., das hier 
vor etwa 20 Jahren gesammelt wurde [W. Blohm). 

*Hoplia farinosa L. Lauerholz 6. 1907 [F. Otto]; Travemünde 26. 7. 15 
[Frl. Ch. Gercken], je 1 Stek. — H. graminicola F. Strecknitz, 
Sandgrube 11.6.1903, zahlreich; bei der Herrenfähre 6. 1902; 
Wesloe 6. 1913. — H. phrlanthus Füssl. Bei Schlutup an Rumex 
acetosa 28. 6. 1903 2 Stck., Hamberge 7. 1907 1 Stck. [F. Otto]. 

Anomala aenea ab. bicolor Schilsky. Lübeck [H. Boy]; Buntekuh 
13.7.1916 1 Stck. [Lilienthal]. — *4A. aenea ab. tricolor Dalla Torre. 
hier in Sandgegenden zahlreicher als die Art: Priwall, Wesloe. 
— 4. oblonga Er. v. Koschitzky [21]; das einzige im Lüb. Mus. 
vorhandene Stück ist eine «enea ab. virescens Schilsky. Die Art 
gehört unserer Fauna nicht an. 

* Phyllopertha horticola ab. macularis Muls. Lübeck 1903, 2 Stck. 

Oryctes nasicornis L. Lübeck, am Kanalhafen auf Holzlagerplatz 
9.1908 [F. Otto]; Grevesmühlen in Gerberei 1911 [K. Strunck]; 
das. in einer Sägerei 2.6. 19 [F. Grubel. 

Osmoderma eremita Scop. Schwartau 8. 1911 [Braesen]; 8. 1916 [Jäde]; 
7.1915 [Frl.M. Roß]; Gronenberg! [Albers]; Pansdorf 22.7. 18 
[Frl. Henck!], einzeln. 

Trichius fascietus Isa v. Koschitzky [21]: im Liüb. Mus. kein sicher 
hier gefangenes Stück. 

Liocola marmorata F. In meiner Sammlung befindet sich ein Stück, 
das W. Blohm hier um 1890 fing. — Die Exemplare des Lüb. Mus. 
[v. Koschitzky, 21] sind ohne Fundortangabe. 

Potosia cuprea var. metallica Hbst. ist die Form, die ich bisher nur im 
Freien fing und auch aus Puppen zog; die Stammform besitze 
ich nicht von hier. 


12. Heft 


136 


Abdera 
Acalles 
Acanthocinus. . . 
Acidota 
Acılius 
Aecritus 
Acrolocha . . - - 
Actobius ER, 
Acupalpus. . . . 
Acylophorus . . . 
Adalia 
Adonia 
Adrastus 
Agabus 
Agapanthia . . 
Agaricophagus . . 
Agathidium . . . 
Agonum 
Agrilus 
Agriotes 
Aleochara . . -. . 
Allecula 
Allodactylus . . - 
Alphitobius 
Amalus 
Amara 
Amarochara . . . 
Amphieyllis . . 
Amphimallus 
Anacaena . : . . 


a a 0 


Zr mE) 


Antherophagus . 
Anthieus Re 
Anthobium. . . .- 
Anthocomus . . . 
Anthonomus . . . 
Anthophaqus . . - 
Anthraaus . . - - 
Anthrenus . . - 
Anthribus . . . 


74 


. 108 
. 125 


7 | Aphidecta . 


Ludwig Benick: 


Gattungs-Register. 


Aphanistieus . . 


Aphodius . 
Aphthona . . . 
Aromen: 
Apteropeda 
Aspidiphorus 
Astenus 
Atemeles 
Atheta 
Athous 
Atomaria 
Autalia 
Badister 
Bagous 
Balaninus.. . . . 
Baris 
Barynotus . . . 
Barypithes. . 
Batrisodes . . . . 
Bembidion. . . . 
Berosus . 
Bibloporus 
Bidessus 
Bledius 
'Brachyderes . . 
Brachygluta . . 
Brachysomus. . 
Brachyusa. . - . 
Bradyceellus . . . 
Bromius 
Bruchidius 
Bryocharis 
Bychscus . . .”. 
Byrrhus 
Bythinus 
Byturus 
Caenoptera 
Calandra 
Calathus . . . 
Callicerus . . - . 
Callhidium . . 
Calodera 


Calopus 
Hk 


Bere ie 5 
Miet a% a. Te67) 
Br Anm 
BT Me N TE 


d » 


Pag. 


»130 
. 106 
. 134 
. 121 


131 


ir: 422 
. 104 


8 
88 
86 
110 
102 
85 
73 
126 
129 
129 


. 124 
.123 


I0 


. 124 
ni 
I 
86 |Cis 


74 
118 


. 122 
HE 


133 
108 
91 


18 
.115 
. 129 
PUTE 


88 


.115 


Cantharis . . . . 
Carabus 
Carcınop . . . - 
Cardiophorus 

Carpophilus . . 
'Cartodere . 

Cassida 
Cateretes 
Cathartus . . . 
Catops 
Cerambyz . . 
Ceratophyus . 
Cercyon 
Cerylon 
Ceutorrhynchus . . 
Chaetocnema . . . 
Chaleoides . . . - 
Chalcophora . . . 
Charopus . . . - 
Chilopora . 
Chlorophanus 
Choleva 
Choragus 
‚Chromoderus . . . 
Chrysomela . . 
‚Cieindela . . . 
Oidnorrhinus 
| Oiomus 


En 


Clambus Br 
Coceidula . . . . 
Coceinella . . . . 
Coelambus . . . . 
Coehiastes . . . . 
Coeliodes 
Colon 
Colymbetes 

Coniocleonus . . . 
Conopalpus . . . 
Copris 
Coptocephala. . . 
Corticaria . . 
Corymbites 

Coryphium 

Coryssomerus 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes, 


(ossonus 


Craponius . . 


Crataraea . . 


Crepidodera . | 
Criocephalus . . 


Crioceris 


Cryphalus . . | 
Oryptobium . . . 
Öryptocephalus . 


Oryptohypnus . 
Cryptophagus 


Cryptopleurum . . 
. 133 
. 75 
. 105 
. 124 


Orypturgus 
Cymindis . 
Uynegetis . - - 
C'yphocleonus 
O'yphon 
Oyrtusa 


Dasytes 
Deleaster 
Denticollis 


Dermestes . : '-.: 
Derocrepis. . . - 


Deubelia 
Diastietus . 


Dichirotrichus . . 


Dieranthus 
Diglossa 


Diodyrrhynchus | 
Donacia. . . . 


Dryocoetes. . . . 


Dryops 


Dyschirius. . . . 


Dytiscus 


Elleschus . . . 


Pag. 


. 126 


127 


. 89 
. 120 
.115 
Su8T 
. 133 


8 


447 
. 109 
. 102 


97 


107 
93 


Encephalus 


Endomychus . . 


Eniemus 


Ennearthron . . 


Ephistemus 


Epilachna . . - 


Epithrix 
Epuraea 
Eremotes 
Ergates 

Erirrhinus 


Ernobius 


Euryporus 
Eusomus 
Exochomus 


Falagria. . . - 


Galeruca 


Galerucella . 


Gastroidea . 


Gauropterus . . 
Georyssus . . - 
Geotrupes . - - 


Glischrochilus 
Globicornis 


Gnathocerus . . 


Gonodera 
Gracihia 


Graphoderes . ih 
Grobbenia . . . 


@ronops 


Gymnetron. . . 
Gynandrophthalma 
Gyrimus. . . 
Gyrophaena . . . 


. 5 


Hallomenus . | 133 


Haliplus 


Haltıica 


Halyzia. ... - 
Haplocnemia . . 


Haplocnemus 
Haploderus 


. „126 
art ch 
Eueinetus . . . . 107 
Euconnus . . . - 
Euluperus . . . 


Euplectus . . - - 


Pag. | 


. 85 
. 105 
. 103 
. 104 
. 103 
. 105 
. .120| 

. 100 


126 
114 


91 
119 
90 
84 


rl 
106 


86 


.119 
.119 
. 118 
. 82 
. 107 
. 135 
. 101 
. 108 
.114 
.113 
. 115 


77 


. 102 


125 


. 150 


117 
17 
85 


121 
106 


. 115 
.:99 
„79 


157 

| vag. 
Helochares. . . . % 
Bielodes: ..»zvalie: 107 
Helophorus . 9 
Belope. ... . alas 114 
|Henoticus . . . „102 
|Hetaerius . . . . 9% 
Heterhelus . . . . 100 
Heterocerus . 107 
Hetherothops . . . 84 
Hippodamia . . . 105 
Hispella. . . =» 122 
Hister. . "zen 95 
Homalota . . . . 85 
Bophig. 5 san 135 
Hydatieus . . 2.77 
H ydnobius ER. 
Hydraena . . . . % 
Hydrobius.. ... . 9% 
Hydronomus . . . 126 
Hydrophilus . . . 96 
Hydroporus . . . 75 
Hydrous 96 
Hygrotus 75 
Hylasis . . . ..133 
Hylecoetus.. . 110 
Hylesinus . . . .133 
Hylobius . 125 
Hylotrupes .115 
Hymenalia 418 
Hypaa 125 
H ypnordus ....109 
Hypocassida . . . 122 
Hypocyptus . . . 84 
H ypoganus . „109 
Hypophloeus. . . 114 
Hypulus . 113 
Ilyobates N 
2 DR 133 
Ischnomera 112 
Ityocara. . . . . 88 
Labidostomis 117 
Laccobius 97 
Laemophloeus . . 101 
Lamprinodes 84 
a = 12, 122 
Larmus . his 125 


138 


Lathridius . . . 


Lathrobium 
Lema 
Leptacinus 
Leptinus 
Leptura 


Lepyrus.. . 


Lesteva 


Limnebius . . 
Limnichus.. . . . 


Limnius 
Limnobaris 
Limobius 


Limonius . . 
Inocola - ..& 


Liodes 


Liosoma. . 


Lissodema . . . . 
Tabs: zn 


Lochmaea . ... . 


Longitarsus 


Luperus.. . ® 


Lymezylon 


Lythraria . ai 


Maeroplea. . . . 
Magdalis . . 
Malachius. . . . 
Malthinus . . . . 
Malthodes . . . 


Mantura 


Masoreus . . . . 


Medon 
Megarthrus 
Megatoma 

Melandrya 


M elanophthalma 5 
Melasoma . . . . 
Meligethes . . . . 


Micrelus 


Microglossa he, 
Mieropeplus . . . 
Mierurula. . . . 


Micrus . 


Mmophila. . . 


Pag. 


81 


73 
97 


I 


Ludwig Benick: 


. 105 | Monochamus . . 
R Monotoma . . 
117 | Mordella 
81 Mordellistena . 
. . 94 | Mycetaea . ... 
‚114 
. 124 


M ycetochara 


Mycetophagus . 
Mycetoporus . . 
Myllaena . . . 
ıMyrmetes . 


Nanophyes 


Nargus . .. - 


Nebria 
Necrobia 


Necrophorus . . . 


Neobisnius 


Nephus . - . | 
Neuraphes. . ‘. . 


Niptus 
Nitidula 
Notiophilus 


Ochina 


Oehthebius . . . . 


ODctotemnus 
Deyusa 


Odontaeus . . . 
Dedemera . . . 


Orectochilus 
Orobitis 


Orthoperus . . 


Oryctes . 
Osmoderma 


Otiorrhynchus 


Oxypoda 
Ozytelus 


Pag. | 


. 115 
. 101 
opt ME 

.112 
. 105 
. 115 
. 104 


84 


. 84 


Panagaeus 
Pärohmus . veiw 
Pediacus 
Phaedon 
Phalacrus RE 
Phaleria 
Philonthus 
Phloeonomus.. . . 
Phloeophilus . 
Phloeopora ol 
Phosphaenus. . . 
Phyllobius. . . 
Phyllodecta . . 
Phyllodrepa . - 
Phyllopertha.. . . 
Phyllotreta 
Phymatodes . . . 
Phytobius . . - . 
Phytodecta 
Phytoecia . . . 
Phytonomus . . . 
Phytosus 
Pissodes 
Pityogenes. . . - 
Placusa’.. NR 
Plagiodera. . . . 
Platambus.. . . 
Plateumaris . . . 
Platydema. . . . 
Platystomus . . . 
Podabrus ‚ul: 
Podagrica . 
Pogonochaerus . . 
Pogonus 
Polydrusus 
Poophagus 
Porcinolus. . . . 
Potosia 
Priobium . . 
Propylaea . . 
Psammobius . . . 


Pselaphus . . . 
Psylhodes . . . - 
Ptenidium . . 


Ptiliolum . . - 


Beiträge zur Käferfauna des nordelbischen Gebietes. 


Ptilvum 
Ptinella 
Ptinus 
Pullus 
Pyrochroa.. . . . 
Pyropterus 
Pytho. . 


Quedius . . . 


Rhagium 
Rhagonycha . . . 
Rhamnusium 
Rhantus. . . . 
Rhinoneus.. . . . 
Rhinosimus . . 
Rhizophagus . . 
Rhopalopus . . . 
Rhynchites 
Rhyneolus.. . . . 
Rhyssemus 
Rhytidosomus 


Saperda...... 
Saprinus Ir 
Scaphidema . . . 
Scaphosoma . . . 
Schistoglossa . . . 
Scirtes 

Scopaeus 
Scraptia 
Scydmaenus . . . 
Scymnus 
Selatosomus . . . 
Sericoderus 


)  Stlusa 


7 |Sipalia 


2 |Sospita . . 


7\Sphaerius . . 
Sphaeroderma . 
2|Sphaerosoma . . 


7 |Stenochorus 


Sermyla 
ıSıbinia 
Sılpha 


Stilvanus 
Sıtona 
Soronia . . 


Spercheus . . . 
Spermophagus . 
Sphaeridium . . . 
ıSphaeriestes . . 


Staphylinus . . . 
Stenichnus. . . . 
Stenocarus.. . . 


Stenus 
Stethorus 
Stichoglossa . . . 
'Strophosomus . 
‚Subeoceinella. . . 
‚Syncalypta 
Syntomium 
‚Systenocerus 


\Tachinus ..... . 
Tachyporus . . . 
Tachyusa . . . . 
Tanymecus . . 
Tapinotus. . . . 
‚ Telmatophilus . . 


119 
130 | Tenebroides . . 
93  Tetratoma . . . . 
... 85|Tetropium. . . . 
. 101 | Thalycera 


122 


. 127 | Triplax 
.114 | Tritoma . .» ... 


Pag. 
| Tenebrio 


88| Thea... . 


. „124 | Thinobius . 
- 100 
. 106 


'Tıllus 


Tomozia 


96 
Trachys 
'Trechus . . 


. . . 


97 


. 112 | Trichius 


94 | Trichoceble 


. „122 |Trichodes . . . 
. 105 | Triehoptery&. . . 


82 
9] 


Trimium 
Trinodes 


. . . 


86 | Trixagus . 


Trogophloeus 


Trox 


Xantholinus . . 


Xyleborus . 
Ayletinus . 


Zeugophora 
Zyras 


Trachyphloeus Ta 


Tropideres. . Er 
Tropiphorus . . . 


XÄyloterus . . = 


12. Heft 


Die morphologischen Veränderungen 
des Schweineschädels unter dem Einfluss 
der Domestikation. 


Von 


Hans Bäumler, 
Tierarzt in Berlin. 


Aus der naturwissenschaftlichen Abteilung des Märkischen Museums zu Berlin. 
Vorsteher: Dr. M. Hilzheimer. 


In der vorliegenden Abhandlung habe ich die bisherigen Ergebnisse 
der Forschung über den Einfluß der Domestikation auf den Schweine- 
schädel an dem mir zur Verfügung stehenden Material einer eingehenden 
Nachprüfung unterzogen, um auf diesem Wege zu weiteren Resultaten 
in dieser noch in so manchem Punkt der Klärung recht bedürftigen 
Frage zu gelangen. 

Im besondern aber bin ich, weil dies bisher von keiner Seite 
geschehen ist, auf die an den Schädeln zweier, in der Gefangenschaft 
aufgewachsener Wildschweine festgestellten Zähmungserscheinungen 
näher eingegangen, habe aber das, was an diesen Schädeln inter- 
essiert, nicht in Form einer zusammenhängenden Darstellung gebracht, 
sondern jeweilig an passender Stelle eingefügt. 

Gleichzeitig habe ich den Versuch gemacht, die bei meinen Unter- 
suchungen zutage tretenden Erscheinungen entwicklungs- und stammes- 
geschichtlich zu werten. 

Den Schluß bildet ein kurzer Vergleich mit einem in der Mark 
Brandenburg gefundenen subfossilen Schweineschädel. 

Zu meinen Messungen habe ich in erster Linie die von H. v. Na- 
thusius in seinen „‚Vorstudien für Geschichte und Zucht der Haus- 
tiere zunächst am Schweineschädel (9)“ in Anwendung gebrachten, 
mustergültigen Maße benutzt. Auch mehrere der von Pira (13) in 
seinen „Studien zur Geschichte der Schweinerassen insbesondere 
derjenigen Schwedens“ eingeführten Maße, und zwar solcher, die 
Nathusius in seine Maßtabellen nicht aufgenommen hat, habe ich, 
wo nötig, für meine Messungen herangezogen, wobei ich zur leichteren 
Orientierung vor die Maße von Nathusius ein N, vor diejenigen 
von Pira ein P gesetzt habe. Auch die Positionsnummern der Maß- 
tabellen beider Autoren habe ich aus demselben Grunde beibehalten. 

Was nun das von mir zu meinen Untersuchungen benutzte Material 
anlangt, so wurde mir von Herrn Prof. Heymons aus der Sammlung 
des zoologischen Instituts der hiesigen Landwirtschaftlichen Hoch- 
schule eine reichhaltige Zahl von Schweineschädeln in entgegen- 
kommendster Weise zur Verfügung gestellt. Von diesem reichen 
Material sind aber in dem hierunter folgenden Verzeichnis nur die- 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 141 


jenigen Schädel aufgenommen worden, die im Text meiner Ausführungen 
oder in einer der vergleichenden Zusammenstellungen Erwähnung 
gefunden haben. 


Verzeichnis der benutzten Schädel. 
I. Wildschweine (Sus serofa ferus). 


A. Jugendliche Tiere. 


Katalog-No. oder Zeichen 


4403 Q etwa 4 Wochen alt. 
3325 Q etwa 6 Wochen alt. 
4402 & etwa 12 Wochen alt. 
4450 Q etwa 4 Monat alt. 
4466 Q etwa 5 Monat alt. 
3116 g etwa 6 Monat alt. 
4395 & etwa 6 Monat alt. 
4419 ö etwa 9 Monat alt. 


B. Ältere Tiere. 
a) Mit vollendetem Zahnwechsel. 


497 & Molar 3 stark in Usur. 
5610 & Molar 3 stark in Usur. 
1615 & Molar 3 stark in Usur. 
4071 & Molar 3 in Usur. 

L S Molar 3 in Usur. 

4784 ®© Molar 3 in Usur. 


Dieses Tier ist im hiesigen Zoologischen Garten 
im März 1888 geboren, im Oktober desselben Jahres 
von der landwirtschaftlichen Versuchsanstalt an- 
gekauft und im März 1892, also gerade 4 Jahr alt, 
dort getötet worden. 


b) Mit noch nicht ganz beendetem Zahnwechsel. 


4389 & Molar 3 erst aus der Alveole hervorbrechend. 
1 Jahr 11 Monat alt. 


I. Gezähmte Schweine, 
a) Mit vollendetem Zahnwechsel. 


506 $ Reines bayerisches Landschwein. Molar 3 zum 
größten Teil in Usur. 
1636 © Reines polnisches Landschwein. Molar 3 zum 
Teil in Usur. 

© Indisches Hausschwein. Japan-Inseln. Molar 3 
teilweise in Usur. 
Mecklenburger. Kreuzung mit indischem Blut. 
Molar 3 zum größten Teil in Usur. 


4982 
544 


+0 


12. Heft 


142 Hans Bäumler: 


Katalog-No. oder Zeichen 


542 ö Ungar (Kreuzung mit indischem Blut). Molar 3 
stark in Usur. 

841 © Weißer Suffolk, 2—3 Jahr alt. Molar 3 teilweise 
in Usur. 

842 Q Berkshire. Molar 3 stark in Usur. 

1037 ö Weißer Suffolk, kleine Rasse. Molar 3 stark in 
Usur. 4—5 Jahr alt. 

3659 5 Jorkshire. Molar 3 zum größten Teil in Usur. 

5 d Suffolk. Molar 3 teilweise in Usur. 
1/lI 5 Subfossiler, gut erhaltener Schädel mit Unter- 


kiefer. Fundort unbekannt (Sandboden). Sämt- 
liche Molaren sehr stark abgenutzt. 


b) Mit noch nicht ganz beendetem Zahnwechsel. 


3657 Q Jorkshire. Molar 3 erst aus Alveole hervor- 
brechend. 
1008 S Veredelter schwarzer Suffolk. Molar 3 noch in 


Alveole. Etwa 1/, Jahr alt. 


Die Literatur über das zur Abhandlung stehende Thema ist 
verhältnismäßig gering. Die meisten der in Betracht kommenden 
Arbeiten und gerade die grundlegenden stammen sämtlich aus weiter 
zurückliegenden Jahren. 

Die ersten, die den Schweineschädel zum Gegenstand eingehender 
Studien machten, waren H. v. Nathusius und Rütimeyer. Und 
namentlich ersterer hat in seinen Vorstudien die Grundlage zu weiteren, 
erfolgreichen Forschungen auf diesem Gebiet gelegt, wenn auch manche 
seiner Anschauungen durch neuere Beobachtungen heute bereits 
als überholt angesehen werden können. 


Von Jüngeren sind es namentlich Nehring (11) und Pira (13), 
die diese Arbeiten nach längerer Pause wieder aufgriffen, um an Hand 
eingehender Untersuchungen zu weiteren, interessanten Resultaten 


zu gelangen. 

Die Formen des Skeletts und im besondern die des Schädels 
sind nicht als fertige und starre Gebilde, sondern als etwas Bewegliches, 
Werdendes und in steter Beziehung zu den umgebenden Verhältnissen 
Stehendes anzusehen. Wohl kann die Schädelform einer bestimmten 
Säugetierspezies Jahrtausende hindurch ohne merkliche Veränderung 
von Generation auf Generation vererbt werden, solange es sich um 
Individuen handelt, welche der freien Natur entstammen und die 
unter annähernd gleichen Lebensverhältnissen aufgewachsen sind (17). 
So ist auch mit dem deutschen Wildschwein seit mehreren tausend 
Jahren eine Veränderung nicht vorgegangen (9), sofern man das von 
der Kultur ganz unberührte Wildschwein im Auge hat, das in voller -» 
Freiheit und Ungebundenheit in großen Waldgebieten aufgewachsen 
ist. Sobald aber diese Lebensverhältnisse geändert werden, wie dies 
im besondern bei der Zähmung geschieht, treten auch sehr bald 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 143 


auffallende morphologische Veränderungen ein. Und hier ist es auch 
wieder das Wildschwein, das schon unter nur wenig geänderten Lebens- 
bedingungen (Halten in kleineren Revieren oder Sauparks) im Äußeren 
sowohl als auch am Schädel mancherlei Abänderungen erleidet (11). 
Natürlich gilt dies nicht von den Schädeln der ausgewachsenen, sondern 
nur von denjenigen der heranwachsenden Individuen. 

Nach der allgemeinen Ansicht bedarf es zur Ausbildung deutlicher 
Abänderungen der Schädelform meistens einer größeren Anzahl von 
Generationen. An meinen beiden halbdomestizierten Wildschweinen 
läßt sich aber zeigen, was übrigens auch Nehring (11) mit einigen 
Beispielen belegt, daß unter Umständen diese Modifikationen der 
Schädelform sich auch sehr schnell herausbilden können. 

Durch die Erfolge bei der Züchtung ist schon lange bekannt, 
wie leicht gerade das Schwein die bedeutendsten Abänderungen selbst 
in tieferen osteologischen Merkmalen eingeht. Das Schwein reagiert also 
äußerst leicht auf äußere Einflüsse (16).” Da nun noch dazu das Schwein 
ein Tier ist, das gleichzeitig im ursprünglich wilden Zustand als Wild- 
schwein und gezähnt als Hausschwein über unseren Kontinent ver- 
breitet ist, so lassen sich an ihm die Erfolge der Zähnung besonders 
leicht verfolgen. Eine scharfe Grenze zwischen dem gemeinen Haus- 
schwein und seiner wilden Stammart läßt sich jedoch nicht immer 
ziehen, da Wildschweine unter günstigeren Ernährungsbedingungen 
dem zahmen Typus sehr nahe kommen können, und umgekehrt Zahm- 
schweine bei rauher und karger Haltung wieder Wildschweintypus 
anzunehmen vermögen (11). 


Daß das gemeine wildschweinähnliche mittel- und nordeuropäische 
Hausschwein (Sus scrofa domesticus) vom europäischen Wildschwein 
abstammt, darüber bestehen wohl heutigen Tages keine Zweifel mehr. 

Die von Sanson (19. 20. 21) dagegen ins Feld geführten Gründe 
können als nicht stichhaltig angesehen werden. 

Aber auch für das sogenannte indische oder besser indochinesische 
Hausschwein (Sus indicus domesticus) glaubt man jetzt mit ziemlicher 
Bestimmtheit in einem Wildschwein aus der Vittatus-Gruppe die 
dazu gehörige wilde Stammfo_m gefunden zu haben, übrigens der 
einzigen asiatischen Wildschweinsgruppe, die als Stammrassen bildend 
für das zahme Schwein von asiatischem Typ in Betracht kommt (13). 


Forsyth Major (5) war nun der erste, der darauf hingewiesen hat, 
daß auch die wesentlichsten Schädelmerkmale der Vittatus-Gruppe 
mehr oder weniger solche sind, die sich schon am jugendlichen Schädel 
von Sus scrofa ferus finden. 


Der Schädel eines Wildschweins vom Vittatus-Typ wäre demzufolge 
gewissermaßen als ein auf einer jugendlichen Entwicklungsstufe 
stehengebliebenes Gebilde einer gemeinsamen Urform anzusehen, 
während der Sus scrofa ferus-Schädel sich über dieses Stadium weiter- 
entwickelt hat. 

Daß diese Verhältnisse in der Tat so liegen, hat neuerdings 
Schröter (22) speziell nachgewiesen, f 


12. Heft 


144 Hans Bäunuler: 


Schon H. v. Nathusius (9) hatte erkannt, daß auch das gemeine 
europäische Hausschwein im wesentlichen die Schädelform des 
jugendlichen Wildschweins beibehält. 

Im weiteren Verlauf meiner Ausführungen werde ich den Beweis 
dafür erbringen können, daß diese von Nathusius für das europäische 
Hausschwein gemachte Feststellung auch für Sus indicus domesticus 
zutrifft, was aus dem über das Verhältnis von Sus vittatus zu Sus 
indicus domesticus einerseits und Sus scrofa ferus anderseits eben 
Gesagten bisher nur gefolgert werden konnte. 

So bewahrt also allgemein das unter Zähmungseinflüssen auf- 
wachsende Schwein die Form des jugendlichen Schädels, wodurch 
auch verständlich wird, wenn sich letzten Endes gezähmte Ab- 
kömmlinge von Sus scrofa ferus wenigstens osteologisch nicht mehr 
von Sus indicus domesticus unterscheiden lassen. 

Zunächst möchte ich nun die Hauptvorgänge am wachsenden 
Zahnschweinschädel einer allgemeinen Besprechung unterziehen, was 
mir umso mehr am Platze erscheint, als diese selbst von Neueren 
wie Pira (13) noch so dargestellt werden, als komme es bei der Zähmung 
zu einer nachträglichen Verkürzung des Schädels, während nach unserer 
Anschauung, und wie Hilzheimer (1) zuerst betont hat, immer 
von den Verhältnissen am jugendlichen Schädel ausgegangen 
werden muß. 

Um nun ein richtiges Verständnis von diesen Vorgängen zu ge- 
winnen, ist es zunächst nötig, einen kurzen Blick auf die Entwicklung 
des jugendlichen Wildschweinschädels zu werfen. 

Diese Entwicklung ist nun fast ausschließlich von den äußeren 
Verhältnissen abhängig, in welche die jungen Tiere schon bald nach 
der Geburt versetzt werden. 

Ebenfalls war es schon Nathusius, der feststellte, daß der 
Schädel des jugendlichen Wildschweins in seinen relativen Aus- 
maßen wesentlich kürzer und breiter ist als der des ausgewachsenen 
wilden Tieres, was auch ich, wenigstens mit Bezug auf seine Breiten- 
verhältnisse, auf Grund eigener Messungen bestätigen kann (cf. Tab. I, 1 
unter b und Tab. IX, 1 unter a und b). 

Besonders auffallend ist aber an diesem Schädel noch die starke 
Hervorwölbung seiner Frontoparietalregion, wodurch auch die Auf- 
biegung seiner sonst ganz geradlinig aufsteigenden Profilkontur un- 
mittelbar vor der Stirnpartie bedingt wird. 

Aber auch die relative Höhe des Schädels, die durch die Länge der 
Höhenachse zwischen dem unteren Rande des Foramen magnum 
und der Mitte des Genickkammes ausgedrückt wird (eigentliche 
Schädelhöhe), ist beim jugendlichen Wildschwein größer als beim 
älteren wilden Tier (cf. Tab. I, 1 unter ce), wobei also die starke Wölbung 
der Frontoparietalregion des jugendlichen Schädels, die letzteren 
noch wesentlich höher erscheinen läßt, ganz unberücksichtigt bleibt. 

Dagegen sind aber die Maße (immer relativ), die die Länge der 
Hohenachse zwischen der Grundfläche und der Mitte des Genick- 
kammes (Schädel auf Unterkiefer) angeben (Totalhöhe des Schädels), 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 145 


beim jugendlichen wie älteren Wildschwein annähernd dieselben 
(cf. Tab. I, 1 unter a). 

Die kräftigen Kopfbewegungen, die das heranwachs.nde wilde 
Tier im besondern bei dem ununterbrochenen Wühlen auf der Suche 
nach der unter natürlichen Verhältnissen im allgemeinen nur knappen 
Nahrung, aber auch bei der Benutzung seiner Waffen bei der Abwehr 
von mancherlei Feinden machen muß, führen allmählich zu einer 
immer stärkeren Entwicklung seiner Nacken- und Rüsselmuskulatur. 
Der Rüssel kann zwar schon für sich allein tätig sein, wie dies beim 
leichten Wühlen der Fall ist. Die dabei stattfindenden, nach der Seite 
und nach oben gerichteten Bewegungen erfordern nur die Tätigkeit 
der eigentlichen Rüsselmuskulatur, die in der Grube an der lateralen 
Fläche des Lacrimale und der Maxilla sowie an dem oralen Ende der 
Gesichtsleiste ihren Ursprung (3) nimmt. Der Hinterkopf ruht dabei. 

Bei stärkerem Wühlen nimmt jedoch der ganze Kopf an diesen 
Bewegungen teil vermittelst der kräftigen, an die fächerförmige Schuppe 
des Hinterhaupts tretenden Nackenmuskeln, wobei die Rüsselmusku- 
latur in Spannung bleibt. Dadurch kommt es nun zu einem gleich- 
zeitigen Zug beider Muskelgruppen auf die wachsenden Knochen, 
und zwar der ersteren nach hinten und unten, der letzteren nach vorn 
und unten, wobei die Schuppe nach hinten, die Knochen des Gesichts- 
teils dagegen nach vorn gezogen werden. Durch die nach hinten 
gezogene Schuppe werden aber auch Stirn- und Scheitelbeine nach 
unten gedrückt (9). 

So nimmt nun unter der Wirkung dieses entgegengesetzten 
Muskelzuges der kurze, breite und stark gewölbte jugendliche Schädel 
allmählich die charakteristische langgestreckte, schmale und flache 
Form des ausgewachsenen Wildschweinschädels an. Damit ist aber 
auch eine Bedingung für die gerade Profillinie am Schädel des älteren 
Wildschweins gegeben. 

Wenn auch das Wühlen zweifellos ein Hauptmoment für die 
Streckung des jugendlichen Wildschweinschädels abgibt, so bestehen 
daneben aber noch andere Einflüsse, die ihre Wirkung auf die Schädel- 
form ebenfalls geltend machen. 

Schon H. v. Nathusius gab der Vermutung Ausdruck, daß 
eine reichlichere oder knappere Ernährung bezw. eine bessere oder 
schlechtere Verwertung der Nahrung einen solchen, nicht unwesentlichen 
Einfluß auf die Form des Schädels auszuüben vermöge. Erstere 
sollte einen kurzen und breiten, letztere einen langen und schmalen 
Schädel geben (9). 

Was aber H. v. Nathusius nur vermutungsweise ausgesprochen 
hat, hat S. v. Nathusius 50 Jahre später im Hallenser Haustiergarten 
in der Tat experimentell nachweisen können (1). 

Wie gestalten sich nun aber die geschilderten Verhältnisse bei 
Schweinen, die unter Zähmungseinflüssen aufwachsen? 

Dabei muß zunächst vorausgeschickt werden, daß sich, wie auch 
wieder H. v. Nathusius (9) festgestellt hat, zwischen dem Schädel 


Archiv für Naturgeschichte 
191. A. 12. 10 ı2.Hen 


146 Hans Bäumler: 


des ganz jungen, nur wenige Wochen alten Hausschweins (Sus serofa 
domesticus) und dem des gleichaltrigen wilden Tieres (Sus scrofa ferus) 
eine meßbare Differenz in keiner Beziehung ergibt. 


Daß diese Beobachtung auch für das junge asiatische Zahmschwein 
(Sus indicus domesticus) zutreffend ist, darf wohl aus den im Verlauf 
meiner weiteren Ausführungen gelieferten Beweisen für die Ähnlichkeit 
zwischen dem Schädel des ausgewachsenen Sus indicus domesticus 
und dem des jugendlichen Sus scrofa ferus ohne weiteres gefolgert werden, 


Diese Folgerung findet aber auch noch eine Stütze in der von 
Nehring (11) angeführten Tatsache, daß nur die Anlage zu einer 
bestimmten Schädelform von den Eltern auf die Kinder übertragen 
wird, das Zustandekommen der elterlichen Form bei den heranwach- 
wachsenden Kindern aber fast ausschließlich von den späteren äußeren 
Lebens- und besonders Ernährungsverhältnissen abhängig ist. 


Danach dürfte dann selbst die extremste Schädelform, wie man 
sie bei den englischen Kulturrassen findet, sich wenigstens im ganz 
frühen jugendlichen Alter auch kaum von der gewöhnlichen Form 
des jugendlichen Sus scrofa domesticus-Schädel unterscheiden. 

Das Domestikationseinflüssen unterworfene Tier wird nun, je 
mehr es dem natürlichen Leben im Freien entzogen wird, immer 
weniger zur Betätigung der für die Streckung seines Schädels so 
wichtigen Wühlaktion kommen. Es wird infolge reichlicher und 
gedeihlicher Fütterung gar keine Veranlassung dazu haben, sich seine 
Nahrung unter der Erde zu suchen; anderseits wird ihm aber auch 
durch gepflasterte Ställe und häufig, wie namentlich in England, 
durch Einziehen eines kleinen Ringes durch den Nasenknorpel jede 
Möglichkeit dazu genommen. 


Diese verminderte und endlich sogar ganz aufgehobene Tätigkeit 
wird nun zur Folge haben, daß Rüssel- und Nackenmuskulatur mehr 
oder weniger unentwickelt bleiben, sodaß sie schließlich überhaupt 
keine streckende Wirkung auf den Schädel mehr auszuüben vermögen. 

Und so kommt es denn dazu, daß der unter dem Einfluß der 
Rüsselmuskulatur stehende Gesichtsteil des Schädels, im besonderen 
aber die Gesichtspartie des Oberkiefers und das Tränenbein nicht 
zu der Länge sich auswachsen können wie beim wilden Tier. Dabei 
bleibt der Oberkiefer aber auch in seinem Höhenwachstum gegenüber 
dem Wildschwein zurück, das bei letzterem dadurch bedeutender ist, 
daß die Zugwirkung der tätigen Muskulatur auf das Periost zu Auf- 
Jagerungen auf den Knochen führt. 

Der Gesichtsteil des Schädels bleibt also beim Zahmschwein 
unter dem Ausfall der. Tätigkeit der Rüsselmuskulatur vorzeitig in 
seiner Entwicklung stehen, während sein Gehirmteil sich zu seiner 
normalen Größe auswächst. 

Hilzheimer (l) hat zuerst auf diese Verhältnisse hingewiesen, 
ohne jedoch eine Erklärung für dieses Zurückbleiben des Gesichtsteils 
gegenüber dem Gehirnteil zu finden. il 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 147 


Zur Herausbildung der endgültigen Form des Zahmschweinschädels 
trägt aber neben der Rüssel- und Nackenmuskulatur auch die Kau- 
muskulatur wesentlich bei. 

Während es also bei ersterer infolge der mangelnden Wühltätigkeit 
überhaupt zu keiner nennenswerten Entwicklung kommt, muß letztere 
beim zahmen wie wilden Schwein annähernd dieselbe Arbeit leisten. 

Um die Wirkung der Kaumuskeln verstehen zu können, soll 
zuerst eine kurze Angabe ihrer Ursprungs- und Ansatzpunkte (3) 
folgen. 

” Der M. masseter entspringt an der Gesichtsleiste, am ventralen 
Rand und an der medialen Fläche des Jochbogens bis zum Kiefer- 
gelenk und endet an der lateralen Fläche des Unterkieferastes bis zu 
dessen Kehlrand. 

Der M. pterygoideus entsteht mit seinem medialen Teil am Flügel- 
bein und an den Flügelfortsätzen des Keil- und Gaumenbeins und 
befestigt sich an der medialen Fläche und dem medialen Rand des 
Unterkieferastes. Der laterale Teil entspringt an denselben ı unkten, 
geht aber fast horizontal halswärts und endet medial am Unterkieferast, 
dicht unter dem Gelenkfortsatz des Unterkiefers. 

Der M. temporalis nimmt seinen Ursprung an der Stirn- und 
Scheitelgräte (Crista frontalis et sagıttalıs externa), dem Genick- 
kamm, dem Scheitel-, Hinterhaupts-, Keil- und Schläfenbein, soweit 
diese die Schläfengrube begrenzen, und medial am Jochfortsatz des 
Schläfenbeins. Seine Fasern verlaufen konvergierend zum Schnabel- 
fortsatz (proc. coronoideus) des Unterkiefers. 

Wahrscheinlich ist es nun der Masseter, und zwar mit seinem 
an der Gesichtsleiste ansetzenden Teil, der beim wilden wie zahmen 
Schwein auch auf die durch nennenswerte Muskulatur nicht fixierte 
eaudo-ventrale Partie des Oberkiefers, d.h. den Teil, in dem sich der 
letzte Molar entwickelt (Tuber maxillare) und der im frühjugendlichen 
Zustand dem Flügelfortsatz des Keilbeins lateral angelagert und 
demnach zu diesem Zeitpunkt noch erheblich hinter dem freien Rand 
des Gaumenbeins gelegen ist, einen gewissen Zug ausübt, unter dem 
diese Partie allmählich nach vorn rückt. Dabei wird diese letztere 
an der lateralen Fläche des Gaumenbeins gewissermaßen vorbeigezogen, 
da das Gaumenbein selbst durch den Zug der von hinten herantretenden 
lateralen Portion des M. pterygoideus in seiner ursprünglichen Lage 
zurückgehalten wird. 

So sehen wir beim ausgewachsenen Tier die in Rede stehende 
Öberkieferpartie schließlich so weit vorgerückt, daß der jetzt ihren 
hinteren Abschluß bildende Molar 3 bei der wilden wie zahmen Art 
immer vor dem freien Rand des Gaumenbeins seine Lage hat. 

Beim zahmen Schwein hat nun das Vorziehen der caudo-ventralen 
Oberkieferpartie zur Folge, daß diese letztere gegen den aus den bereits 
angeführten Gründen stehenbleibenden Gesichtsteil gepreßt wird. 
Dadurch kommt es zu Stauchungen, die darin in Erscheinung treten, 
daß einmal der vordere Abschnitt vom Alveolarfortsatz des Oberkiefers 
stärker sich aufbiegt, weiterhin, worauf noch später näher eingegangen 


10* 12 Heft 


148 a Hans Bäunmler: 


werden wird, der vordere Teil des harten Gaumens sich erweitert, 
und auch die Gaumenfläche selbst eine stärkere Exkavierung erfährt. 

Das schon erwähnte Zurückbleiben in der Höhenentwicklung des 
Oberkiefers gibt die Veranlassung dazu ab, daß der schon beim jugend- 
lichen Wildschwein vorhandene, dort durch die starke Hervorwölbung 
der Frontoparietalregion bedingte Knick der Profilkontur an den 
Frontalia kurz vor der Nasenwurzel bestehen bleibt. 

Verstärkt wird letzterer aber noch durch die Tätigkeit des 
M. temporaliıs. 

Dieser Muskel zieht nun, da die, wie bereits bemerkt, nur schwach 
entwickelte Nackenmuskulatur ihm nur wenig entgegenzuwirken 
vermag, den Gehirnteil des Schädels nach vorn und gleichzeitig nach 
unten. Dadurch wird dieser noch dazu zu seiner vollen Größe sich 
auswachsende Schädelteil gegen den schon feststehenden Gesichtsteil 
gepreßt und erleidet an diesem ebenfalls eine Stauchung, die ein 
Ausweichen des ersteren hinter letzterem nach oben und nach der Seite 
zur Folge hat; der gestauchte Schädelteil wird gewissermaßen aus- 
einandergepreßt, was umso leichter wird stattfinden können, wenn man 
die schon von Nathusius angenommene Erweichung der Schädel- 
knochen des Zahmschweins infolge Zufuhr einer zu reichlichen Nahrung 
gelten läßt (8). 

Das Ausweichen nach oben kennzeichnet sich nun in der Aufrichtung 
des Hinterhaupts, das Ausweichen nach der Seite in einer allgemeinen 
Breitenzunahme des ganzen hinter der Nasenwurzel gelegenen 
Schädelteils. 

Gleichzeitig mit der Aufrichtung des Hinterhaupts erfolgt aber 
noch eine Drehung der Hinterhauptsschuppe um eine zwischen Foramen 
magnum und Genickkamm gelegene Querachse, veranlaßt durch die 
an ihrem dorso-caudalen Rand sich ansetzende Muskelpartie des 
Temporalıs. 

Bei dieser Drehung nimmt die Hinterhauptsschuppe, die beim 
jugendlichen Wildschwein senkrecht gestellt ist — beim älteren wilden 
Tier läuft sie bekanntlich schräg von hinten-oben nach vorn-unten — 
eine mehr oder weniger schräg von vorn-oben nach hinten-unten 
verlaufende Richtung an (Schädel 506 und 4982) und kann so 
in extremen Fällen sogar einen Winkel von annähernd 45° mit der 
Grundfläche bilden (Schädel 841 und 1008). 

Da die Hinterhauptsschuppe die hintere obere Begrenzung der 
Schläfengrube bildet, muß ihre Drehung nach vorn auch die schon 
beim jugendlichen Schwein schräg von hinten-oben nach vorn-unten 
verlaufende Richtung der letzteren ändern. Diese stellt sich daher 
mit fortschreitender Vorwärtsdrehung der Schuppe immer senkrechter, 
um schließlich ebenfalls eine von vorn-oben nach hinten-unten gerichtete 
Lage einzunehmen (Schädel 1037, S). 

Mit der Vorwärtsdrehung der Hinterhauptsschuppe ist aber 
auch noch eine Hebung der Foramen-magnum-Region nach hinten 
und etwas nach oben verbunden, was wiederum zur Folge hat, daß die 
Vertikallinie durch den Mittelpunkt des Genickkammes, die bei allen 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 149 


Wildschweinen immer hinter dieser Region verläuft, mehr oder weniger 
weit vor diese fällt. Auch die schon beim jugendlichen Wildschwein 
schräg von hinten-oben nach vorn-unten verlaufenden processus 
jugulares erfahren dabei ebenfalls eine Aufrichtung, die aber niemals 
die Vertikale auffällig überschreitet. 

Schon die fast runde Orbita ganz junger Wildschweine zeigt trotz 
dieser Form wenigstens andeutungsweise das wilden wie zahmen 
Schweinen eigene Oval der Kontur sowie dementsprechend auch die 
beim älteren wilden Tier immer deutlich schräg von hinten-oben 
nach vorn-unten verlaufende Längsachse dieses (Schädel 3325). 

Durch die Pressung des Gehirnteils gegen den feststehenden 
Gesichtsteil gerät aber auch die Orbita unter diesen Druck und 
erfährt eine Aufrichtung in der Art, daß ihre schräg gestellte Längsachse 
nunmehr eine mehr oder weniger senkrechte Richtung annimmt, 
ja sogar eine solche von vorn-oben nach hinten-unten annehmen kann 
(Schädel 1037). In letzterem Falle folgt dann auch der sonst wie am 
jugendlichen Schädel fast immer senkrecht gestellte vordere Orbital- 
rand dieser Richtung. 

Daß bei dieser Aufrichtung der Orbita unter dem diese ver- 
anlassenden Druck auch ihr dorsaler Rand eine Zusammenpressung 
erleidet, geht aus den gegenseitigen Lagen des proc. zygomaticus 
vom Frontale und des ihm entsprechenden proc. frontalıs vom Zygo- 
maticum hervor. Beim wilden Tier liegt ersterer immer hinter letzterem, 
beim zahmen dagegen fast in derselben Vertikalebene oder selbst 
etwas weiter nach vorn. 

Die Stauchung des Gehirnteils vor dem Gesichtsteil findet auch 
noch darin ihren Ausdruck, daß die die ventrale und orale Begrenzung 
der Orbita bildenden Knochen (Jochbein und T’ränenbein) lateral- 
wärts gedrückt werden, wodurch der Orbita eine deutliche mehr 
oder weniger schräg nach außen gerichtete Lage gegeben wird, 
während die Orbita des jugendlichen Wildschweins fast senkrecht 
gestellt ist. 

Die Erklärung dafür, daß bei zahmen Schweinen die Vertikal- 
linie durch den vorderen Orbitalrand nicht wie bei ihren wilden Art- 
genossen hinter Molar 3 fällt, sondern die Backzahnreihe schon weiter 
nach vorn schneidet, liegt ebenfalls in dem durch Muskelzug veranlaßten 
Vorrücken des ganzen Gehirnteils des Schädels gegen seinen Gesichts- 
teil, nachdem dieser letztere bereits sein Längenwachstum eingestellt hat. 

Daß das Tränenbein unter der nicht zu ihrer vollen Entwicklung 
kommenden Rüsselmuskulatur in gleicher Weise wie der Oberkiefer 
in seinem Längenwachstum zurückbleibt, ist schon bemerkt worden, 
und zwar wird es umso kürzer bleiben, je weniger die sein Längen- 
wachstum beeinflussende Muskulatur sich entwickelt. 

Unter der verbreiternden Wirkung des geschilderten Stauchungs- 
vorganges wird aber nun auch noch, wie schon bei der Orbita erwöhnt 
worden ist, der freie hintere Rand des Tränenbeins mit nach außen 
gedrückt, was bei den hochkultivierten Zahmschweinen, bei denen 
es überhaupt zu keiner nennenswerten Streckung des Tränenbeins 


12. Heft 


150 Hans Bäunmler: 


über das frühjugendliche Stadium hinaus kommt,soweit geht, daß 
die Achse der Gesichtsfläche des Tränenbeins, die bei jungen wie alten 
Wilds hweinen stets in einer annähernd sagittalen Ebene liegt, hier 
in einer fast transversalen Ebene verläuft. 


Nach diesen mehr allgemeinen Betrachtungen beabsichtige ich 
nun im Folgendem noch eine Reihe von Erscheinungen am Zahm- 
schweinschädel einer Besprechung zu unterziehen, die eine solche 
meines Wissens nach bisher in der Literatur noch nicht gefunden 
haben. 

Dabei habe ich des besseren Verständnisses wegen mehrfach 
etwas weiter ausholen müssen. 

Am meisten fällt am Schädel des gezähmten Schweines seine 
dem Wildschwein gegenüber größere Breite und Höhe auf. Tabelle I 
soll dies bestätigen (unter 1b—5). 


Aus dieser Tabelle ist im besondern zu ersehen, wie die Höhen- 


und Breitenindices von den freilebenden Wildschweinen an über die 
in der Gefangenschaft aufgewachsenen Tiere und die noch wenig 
kultivierten Landrassen bis zu den hochkultivierten Zuchten (Sus 
indicus dom. und seinen Kreuzungen) ständig ansteigen. 

Sie läßt aber auch unter Maß b und c erkennen, daß die Anfangs- 
maße des jugendlichen Sus scrofa ferus-Schädels mit denen am Schädel 
des erwachsenen indischen Hausschweins und seiner Kreuzungen im 
wesentlichen übereinstimmen. 

Auch in den Breitenmaßen des Unterkiefers in Tabelle IX, be* 
sonders unter Maß a, findet sich eine Annäherung des ausgewachsenen 
Schädels von Sus indicus domesticus an den jugendlichen Schädel 
von Sus scrofa ferus. 

Daß aber der Schädel des Zahmschweines auch in longitudinaler 
Richtung in seiner Entwicklung zurückbleibt, läßt sich sehr häufig 
aus dem Verhalten seines Backzahngebisses nachweisen. 

Nach Pira (13) besteht zwischen der Ausdehnung der Backzahn- 
reihe des Oberkiefers und der Länge der Schädelbasis bei wilden wie 
zahmen Schweinen ein ziemlich konstantes und gleiches Verhältnis. 

Durch meine an den einzelnen Backzähnen selbst vorgenommenen 
Messungen konnte ich den Nachweis erbringen, daß auch zwischen 
der Länge der einzelnen Zähne und der Länge der Schädelbasis das 
von Pira beobachtete Verhältnis besteht, nicht aber nur an den 
Backzähnen des Oberkiefers, sondern auch an denen des Unterkiefers 
(cf. Tab. II und III). 

Dabei konnte ich aber noch die Feststellung machen, daß sogar 
in den absoluten Längenverhältnissen der einzelnen Backzähne sowohl 
des Ober- als auch des Unterkiefers eine gewisse Übereinstimmung 
beim wilden und zahmen Tier besteht (cf. Tab. IV und V). 

Da nun das danach zu derselben Länge wie beim wilden Tier 
sich auswachsende Backzahngebiß einen größeren Raum für sich 
beansprucht, als an dem in seinem Längenwachstum zurückgebliebenen 


Oberkiefer des Zahmschweins für dasselbe vorhanden ist, findet man 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 151 


hier die Prämolaren häufig mehr oder weniger schief, zuweilen sogar 
kulissenartig zueinander gestellt. 

Aber auch am Unterkiefer des ausgewachsenen zahmen Schweins 
vermochte ich ein durch dieselben Verhältnisse bedingtes, ähnliches 
Verhalten des Backzahngebisses zu konstatieren. Die Backzahnreihe 
zeigt nämlich hier eine mehr oder weniger deutliche S-förmige 
Krümmungsfigur (s. Fig. 1—5). 

Der am meisten ins Auge fallende Bestandteil dieser Figur liegt 
nun in ihrem aboralen Bogen, der durch den schräg nach hinten und 
außen gestellten letzten Molaren gebildet wird. 

Diese Stellung des Molar 3 findet sich zwar auch beim wilden Tier. 

Der Unterschied zwischen wildem und zahmem Schwein besteht 
aber hier darin, daß Molar 3 diese Stellung bei ersterem nur beim 
Durchbruch einnimmt, während sie bei letzterem zu einer dauernden 
geworden ist. 

Veranlaßt wird dieses ungleichmäßige Verhalten des letzteren 
Molaren dadurch, daß beim Durchbruch dieses Zahnes der Unter- 
kiefer beim zahmen Schwein bereits ebenfalls sein Längenwachstum 
abgeschlossen hat, während beim Wildschwein auch nach seinem 
Durchbruch noch eine weitere Streckung des Unterkiefers erfolgt, 
wodurch der schräg gestellte Zahn gewissermaßen mitgenommen und 
dadurch gerade gerichtet wird. 


Anatomisch findet dieses Verhalten des M.3 am Unterkiefer des 
Zahmschweins darin seine Erklärung, daß dieser Zahn gerade an der 
Übergangsstelle der pars molaris des Körpers vom Unterkiefer in den 
ramus mandibulae zum Durchbruch kommt, und dieser letztere 
gerade hier mehr oder weniger stark nach außen abgebogen ist. 

Diese Abbiegung macht sich auch deutlich am ventralen Kieferrand 
bemerkbar. Während dieser nämlich beim wilden Schwein eine fast 
ganz gerade Linie bildet, zeigt er beim zahmen Tier einen nach außen 
gerichteten, mehr oder weniger ausgesprochen bogenförmigen Verlauf 
(Schädel 4784, 506, 4982). 

Aber auch an den übrigen Backzähnen, die jeweilig an der oben 
näher bezeichneten Stelle, also derselben Stelle an der zum Schluß 
M.3 erscheint, vor diesem zum Durchbruch kommen, findet sich die 
geschilderte Schrägstellung, ist aber dort ähnlich wie am letzten 
Molar des Wildschweins und aus ganz demselben Grunde immer 
nur eine vorübergehende Erscheinung. 

Schon H. v. Nathusius stellte bei dem einen der von ihm in 
seinen Vorstudien beschriebenen beiden weiblichen indischen Haus- 
schweine mit vollständig entwickeltem Molar 3 an letzterem die in 
Rede stehende Schrägstellung als einfache anatomische Tatsache fest, 
ohne darauf weiter einzugehen. 

Bei dem mir zur Verfügung stehenden, ausgewachsenen indischen 
Hausschwein 4982 war diese schräge Dauerstellung des Molar 3 
ebenfalls deutlich ausgeprägt (s. Figur 4), noch deutlicher aber bei 
seinen englischen Kreuzungsrassen (Schädel 1037, 3659, 841 und 


12. Heft 


152 Hans Bäunmler: 


s. Figur 5), sämtlich Tiere mit vollständig abgeschlossenem Zahn- 
wechsel. 

Hier trat auch ausgesprochener der mittlere Teil der S-förmigen 
Biegung der Backzahnreihe in den beiden anderen, leicht nach außen 
verlaufenden Molaren (M.2 und M.]1) in die Erscheinung, während 
die 3 Prämolaren in ihrem wieder nach innen gerichteten Verlauf 
unschwer den abschließenden oralen Bogen erkennen ließen. .Jedoch 
läßt sich letzterer Verlauf des Prämolarteils der Backzahnreihe nicht 
selten auch bei älteren Wildschweinen beobachten, bekommt aber 
beim zahmen Tier in Verbindung mit der Schrägstellung des M.3 
als abschließender Teil der S-förmigen Figur der Backzahnreihe etwas 
Charakteristisches für diese. 

Ähnlich wie bei 4982 war, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, 
der Befund an den beiden, ebenfalls ausgewachsenen, primitiven 
Landrassen angehörenden Hausschweinen 506 und 1636 (s. Figur 3). 

Von besonderem Interesse aber dürfte sein, daß sich auch bereits 
bei dem in der Gefangenschaft aufgewachsenen Wildschwein 4784 
(4 Jahr alt!) sowohl die Abbiegung des letzten Molaren als auch die 
ganze Stauchungskrümmung der Backzahnreihe in deutlich erkennbarer 
Form nachweisen läßt (s. Figur 2). 

Schrägstellung des Molar 3 am Unterkiefer ‚in enger Verbindung 
stehend mit einer S-föürmigen Krümmung der Backzahnreihe, ist 
demnach bei Schweinen mit vollständig beendetem Zahnwechsel 
als charakteristisches Kennzeichen einer stattgefundenen Zähmung zu 
deuten; gleichzeitig aber hilft das Vorhandensein der Krümmung 
auch noch den Beweis dafür erbringen, daß der Unterkiefer gezähmter 
Schweine in seiner Längenausdehnung gegenüber dem Unterkiefer 
der wilden Tiere zurückgeblieben ist. 

Daß die größeren Breitenverhältnisse am Schädel des zahmen 
Schweins auch noch ihren Ausdruck in einer dem Wildschwein gegen- 
über stärkeren Verbreiterung der Gaumenfläche finden, läßt sich schon 
aus Tabelle VI ersehen; am ausgesprochensten auch wieder an den 
Schädeln der höher gezüchteten Schweine. 

Dabei erscheint aber die Gaumenfläche nicht gleichmäßig 
verbreitert sondern ihr oraler Teil ist daran mehr beteiligt als der 
aboral gelegene. 

Über die Entstehung dieser Erscheinung ist schon früher das 
Nähere gesagt worden. 

Gewöhnlich beginnt die in die Augen fallende Erweiterung ziemlich 
plötzlich bei Prämolar 1, erreicht bei Prämolar 3 ihre größte Breite 
und nimmt von dort an allmählich wieder ab. 

Mit dieser stärkeren Verbreiterung des vorderen Gaumenteils 
pflegt aber auch meist eine auffallende Divergenz der beiderseitigen 
Backzahnreihen einberzugehen, d.h. die letzteren biegen mit ihrer 
Prämolarpartie ebenfalls plötzlich nach außen ab. 

Diese bei den asiatischen Zahmschweinen besonders augenfälligen 
Erscheinungen ließen einige der älteren Autoren (9, 17) zu der Auf- 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 153 


fassung gelangen, daß es sich hier um charakteristische Merkmale 
für asiatische Schweine handle, die durch bloße Kultur nicht hervor- 
gerufen werden könnten. 

Dem ist aber einmal entgegenzuhalten, daß an den Schädeln 
der für diese Schweine in Betracht kommenden wilden Stammformen 
keine dieser Erscheinungen sich vorfindet. Die Backzahnreihen des 
Oberkiefers verlaufen hier ebenso wie beim europäischen Wildschwein 
ganz parallel. Die bei asiatischen wie europäischen Wildschweinen 
durch Messung festzustellende, geringgradige Zunahme in der Breite 
der Gaumenfläche (cf. Tab. XI 23, 24, 25 und Schröter (22) Ta- 
bellen) wird lediglich durch das Kleinerwerden der einzelnen Back- 
zähne bedingt. 

Sodann aber konnte ich selbst Beobachtungen an Schädeln 
zahmer und halbzahmer Abkömmlinge des europäischen Wildschweins 
machen, welche die heute wohl die meiste Geltung beanspruchende 
Annahme, daß Gaumenerweiterung und Backzahndivergenz nur 
Kennzeichen einer stattgefundenen Domestikation sind, zu stützen 
vermögen. 

So zeigte der bereits mehrfach erwähnte Schädel 506 nicht nur 
durch Messung (cf. Tab. VI), sondern auch durch Augenschein deutlich, 
wenn auch nur in mäßigem Grade, die in Rede stehende Gaumen- 
erweiterung und gleichzeitig, wenn auch ebenfalls nur in schwächerer 
Form, die damit in Verbindung stehende Backzahndivergenz. 

Beim Wildschwein findet sich nie eine Divergenz, eher eine leichte 
Konvergenz der Backzahnreihen (9) nach vorn. 

Bei dem in der Gefangenschaft aufgezogenen Wildschwein 4389 
waren beide Erscheinungen noch ausgesprochener vorhanden (cf. auch 
Tab. VI), während bei dem unter gleichen Verhältnissen aufgewachsenen 
Wildschwein 4784 sich zwar eine deutliche Erweiterung des Gaumens 
(ef. auch Tab. VI), nicht aber eine Divergenz der Backzahnreihen 
nachweisen ließ. Auffallend war jedoch hier die starke Aushöhlung 
des Gaumens in longitudinaler Richtung, — etwa 15 mm an tiefster 
Stelle, — während beim freilebenden älteren wilden Tier sich eine 
Konkavierung nur ganz schwach angedeutet findet, — etwa 10 mm 
an tiefster Stelle — sodaß die Gaumenflöche dort fast flach erscheint. 

Auf die Entstehung dieser letzteren Erscheinung ist ebenfalls 
schon früher näher eingegangen worden. 

Zu den interessantesten Knochen am Schweineschädel gehört 
nun zweifellos das Tränenbein. 

Da es seine äußere Gestalt mit viel größerer Zähigkeit äußeren 
Einflussen gegenüber aufrecht erhält als irgendein anderer osteologischer 
Bestandteil des Schweineschädels (13), hat es auch bis auf den heutigen 
Tag seinen Charakter als Artenkennzeichen noch nicht verloren. 

Seine äußere Gestalt ist unabhängig von den sonstigen Längen- 
verhältnissen des betreffenden Schädels, da erwiesenermaßen lange 
Schädel auch kurze Tränenbeine und umgekehrt kurze Schädel 
lange Tränenbeine haben können (9,13). 


12. Heft 


154 Hans Bäumler: 


H. v. Nathusius (9) war auch hier der erste, der die Bedeutung 
der Form der Gesichtsfläche des Tränenbeins für die Diagnostik 
der verschiedenen Sus-Arten hervorgehoben hat. 

Dieser stellte beim Vergleich ausgewachsener Schädel des 
europäischen Wildschweins und seiner zahmen Descendenten mit 
solchen indischer Hausschweine fest, daß bei jenen die Gesichts- 
fläche des Tränenbeins eine langgestreckte, niedrige, bei den indischen 
Schweinen dagegen eine mehr von hinten nach vorn zusammen- 
gedrückte und daher relativ kurze und höhere Form aufweist. 

Und in der Tat haben alle Schweine europäischer Herkunft 
Tränenbeine von langgestreckter Form, während sich bei indischen 
Schweinen, zahmen sowohl wie wilden, nur die kurze Form findet. 
Bezüglich der indischen Schweine muß jedoch dabei vorausgesetzt 
werden, daß man unter diesem Begriff nur Schweine vom Vittatus- 
Typ versteht. 

Während nun Nathusius das Tränenbein noch als etwas ganz 
Unveränderliches, durch Kultur nicht zu Beeinflussendes ansah, 
ist man sich heutigen Tages darüber einig, daß auch das Tränenbein 
bei der Zähmung des Schweins in gewissen Grenzen modifizierbar ist. 

Für das indische Schwein beweist dies schon die Tatsache, daß 
seine wilden Stammformen zwar auch ein kurzes Tränenbein besitzen, 
dieses aber dort nie eine solche Kürze aufweist, wie man beim ge- 
zähmten Tier findet. 

Die Frage ist nun, wie weit bei Schweinen mit langgestrecktem 
Tränenbein dieser Knochen in seiner Längenentwicklung zurück- 
zubleiben vermag, und ob er nicht schließlich sogar auf diese Weise 
zu einem solchen von indischem Typus werden kann. 

Meine Untersuchungen am Schädel des in der Gefangenschaft 
aufgewachsenen Wildschweins 4784 können vielleicht einen kleinen 
Beitrag zur Klärung dieser Frage liefern. 

Um einen Vergleich zu ermöglichen, zog ich den Schädel eines 
in voller Freiheit aufgewachsenen, mindestens gleichaltrigen Wild- 
schweins (497) heran, dessen Basilarlänge zur Profillänge in genau 
demselben Verhältnis stand wie bei dem Schädel 4784 (1 : 1,09). 
Beide Schädel waren also relativ gleich lang. Der Unterschied des 
Geschlechts — 497 gehörte einem männlichen, 4784 einem weiblichen 
Tier an — dürfte auf die in Rede stehende Untersuchung ohne Einfluß 
gewesen sein. 

Pira (13) ist nun durch Vergleich der Höhe des Tränenbeins 
im Orbitalrand mit der Länge seines unteren Randes — der Quotient 
aus den Maßen dieser beiden Längen ist der T'rönenbeinindex — bei 
wilden wie zahmen Schweinen vom Scrofa- und Vittatus-Typ zu dem 
Resultat gelangt, daß, wenn man die Höhe des Tränenbeins im 
Orbitalrand als Einheit (= 1) nimmt, die Länge des unteren Randes 
des Knochens d. h. der Tränenbeinindex 

bei den Schweinen vom Serofa-Typus größer als die Einheit, 

bei den Schweinen vom Vittatus-Typus dagegen kleiner als diese 
oder höchstens der Einheit gleich ist. 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 155 


Nun beträgt dieser Index bei 497, dem wildaufgewachsenen 
Wildschwein, 1,43, bei 4784, dem halbdomestizierten Tier, dagegen 
nur 1,04, kommt also bei letzterem den für den Vittatus-Typus 
geltenden Indices schon recht nahe. 

Darin nun, daß die Form des Trönenbeins eines Schweines 
vom Scrofa-Iypus durch Zähmung der Form des Tränenbeins von 
solchen des Vittatus-Typus fast gleich wird, liegt ein Hinweis auf 
den in einem anderen Zusammenhang bereits gebrauchten Satz, 
daß sich letzten Endes gezähmte Abkmmlinge von Sus scrofa ferus 
wenigstens osteologisch nicht mehr von Sus indieus domesticus 
unterscheiden lassen (vergl. S. 10). 

In dem, was bereits über Gaumenerweiterung und Backzahn- 
divergenz am Öberkiefer des Zahmschweins gesagt worden ist, 
findet dieser Satz eine weitergehende Bestätigung. 

Bei der Betrachtung der Tabelle über die Tränenbeinindices 
(Tab. VII) fällt aber noch die Übereinstimmung des Index von 
Wildschwein 4784 mit den Indices eines Hausschweins aus Ungarn 
(542) und eines ebensolchen aus Mecklenburg (544) auf. 

Es ist dies insofern interessant, als der Index des halbdomesti- 
zierten Wildschweins 4784 gerade mit denen solcher Schweine über- 
einstimmt, die zwar mit indischem Blut gekreuzt sind, bei denen 
aber der Anteil von Blut des europäischen gemeinen Hausschweins 
noch überwiegen soll (11, 17). 

Fernerhin bringt diese Tabelle auch eine Übereinstimmung des 
Tränenbeins des erwachsenen indischen Hausschweins und seiner 
englischen Kulturrassen mit dem des jugendlichen Sus scrofa /erus 
in dem in Rede stehenden und seine Gestalt im wesentlichen beein- 
flussenden Verhältnis zur Veranschaulichung, die einen weiteren 
Beweis für die Ähnlichkeit der Schädelform beider liefern hilft. 

Diese Ähnlichkeit tritt aber noch weiterhin hervor in dem 
Verhalten der beiden Löcher an dem der Orbita zugekehrten Teil 
des Tränenbeins. 

Diese stehen nämlich bei jungen Wildschweinen, das obere 
etwas im Innern der Augenhöhle, das untere im Orbitalrand selbst 
oder unmittelbar vor demselben, das letztere mehr oder weniger 
senkrecht unter dem ersteren (Schädel 4403 und 4450). 

Ganz dieselbe Stellung dieser Löcher war aber auch bei dem 
indischen Hausschwein 4982 und seinen englischen Kreuzungen 
nachzuweisen. 

Nathusius (9) schildert ebenfalls an den von ihm beschriebenen 
b>iden indischen Hausschweinschädeln ein ähnliche. Verhalten 
der beiden Tränenbeinlöcher. 

Am Tränenbein des älteren Wildschweins dagegen ist die Lage 
dieser eine andere, was Schröter (22) näher geschildert hat. 

Die Gesichtsfläche des Tränenbeins weist schon bei jungen 
Wildsehweinen eine deutliche Trennung in einen der Orbita zu- 
gekehrten, erhabenen und einen davorgelagerten, grubenartig aus- 
gehöhlten Teil auf, wobei der erstere sich in seiner dorsalen Hälfte 


12, Heft 


156 Hans Bäumler: 


spitzenartig nach vorn fortsetzt, während er in seiner ventralen 
Hälfte eine abgerundete Form zeigt und dadurch hier ein pfeiler- 
ähnliches Aussehen erhält. 

Diese bestimmt umschriebene Gestalt der ventralen Hälfte des 
der Orbita zugekehrten Teils bleibt auch beim wachsenden Wildschwein 
längere Zeit deutlich bestehen und verschwindet erst im höheren 
Alter des Tieres unter dem Einfluß der weitgehendsten Streckung 
des Schädels durch Verbreiterung und dadurch bedingte Abflachung 
dieses Teils. 

Bei zahmen Schweinen ist aber die pfeilerartige Gestalt des 
in Rede stehenden Tränenbeinteils auch noch im höheren Alter 
nachzuweisen, da es bei diesen Tieren unter den bereits eingehend 
geschilderten Verhältnissen überhaupt nicht zu einer solchen Streckung 
des Tränenbeins wie beim wilden Tier kommen kann. Sie tritt sogar 
hier noch deutlicher hervor als beim jüngeren Wildschwein, da das 
Tränenbein unter den bekannten Pressungsvorgängen auch eine 
mehr oder weniger starke Zusammenpressung von hinten her in 
horizontaler Richtung erfährt, wodurch auch der bereits genannte 
spitzenartige Fortsatz des Orbitalteils die Form eines, den gruben- 
artigen Teil überragenden Daches annımmt. 

Diese Dachbildung läßt sich schon bei dem wildschweinähnlichen 
Landschwein 506, in noch deutlicherer Form bei den beiden in der 
Gefangenschaft gehaltenen Wildschweinen 4389 und 4784 nachweisen, 
tritt aber am ausgesprochensten auch wieder an dem Schädel der 
höher kultivierten Schweine hervor, wo dieses Dach infolge der dort 
erfolgten noch stärkeren Zusammenpressung mehr die Form eines 
Höckers zeigt. 

Diese dachförmige Höckerbildung hat ebenfalls schon Nathusius 
an einem indischen Hausschwein aus der Sammlung der Tier- 
ärztlichen Hochschule in Stuttgart festgestellt (9). 

Schließlich möchte ich noch etwas ausführlicher auf eine Er- 
scheinung eingehen. die ich am Kiefergelenk höher gezüchteter 
Schweine (Sus indicus domesticus und seiner Kreuzungen) nach- 
weisen konnte. 

Betrachtet man nämlich den Schädel eines Wildschweins in 
seiner natürlichen Lage auf dem Unterkiefer im Profil, so ist der 
vordere, die eigentliche Gelenkfläche tragende Teil vom Condylus 
der Mandibula sowohl von oben als auch von außen her durch darüber 
liegende Partien vom Joch- und Schläfenbein so gut wie canz bedeckt 
und nur sein Bändern zum Ansatz dienender, rauher hinterer Ab- 
schnitt sichtbar. 

Die diesen vorderen Teil des Condylus bedeckenden Knochen 
treten nun beim indischen Hausschwein und noch mehr bei seinen 
höher gezüchteten englischen Kreuzungen so weit nach vorn zurück, 
daß auch dieser Teil ganz frei sichtbar wird (s. Figur 6). Dabei zeigt 
letzterer aber auch noch eine wesentlich kräftigere Entwi klung 
und seine Oberfläche eine viel stärker hervortretende Wölbung, 


Die morphologischen Veränderungen des $chweineschädels usw. 157 


als dies beim Wildschwein deı Fall ist, wobei sich diese Wölbung 
auch auf den beim wilden Tier fast flachen hinteren Teil fortsetzt. 

Das Freiwerden des Condylus des Unterkiefeıs beim hochge- 
gezüchteten Schwein findet nun seine Erklärung ebenfalls in der 
dort besonders starken Aufrichtung des Hinterhaupts und der damit 
einhergehenden entsprechenden Vorwärtsdrehung der squama 
occeipitalis. 

Namentlich durch diese Vorwärtsdrehung der squama wird 
der mit der Schuppe eng verbundene Jochfortsatz vom Schläfenbein, 
der im ursprünglichen Zustand, wie aus seinem Verhalten beim 
jugendlichen Wildschwein gefolgert werden kann, fast horizontal 
verläuft, und der ja auch die Gelenkfläche für den Unterkiefer trägt, 
gewissermaßen mit auf- und nach vorn gedreht, wodurch die Gelenk- 
fläche am Schläfenbein vom Condylus des Unterkiefers abgelöst wird. 

Ein so frei liegendes Gelenk kann natürlich nur bei Tieren 
vorhanden sein, die ihren Kopf nicht mehr zu einer so energischen 
Tätigkeit brauchen, wie im besondern beim Wühlen notwendig 
wird, da jede Knochenbedeckung nach oben und nach der Außen- 
seite hier fehlt, die dem Condylus die nötigen Stützpunkte für die 
Erhaltung seiner Lage bei dieser Tätigkeit bietet. 

Es gehört also die Ausbildung eines solchen Gel:nkes zweifellos 
zu den Kennzeichen einer weitgehendsten Zähmung. 

Interessant an diesem Gelenk ist aber auch noch das Verhalten 
der an die Gelenkrolle des Jochfortsatzes vom Schläfenbein nach 
hinten sich anschl'ießenden Gelenkgrube. Letztere zieht sich, von 
hinten betrachtet, bei wilden wie zahmen Schweinen in eine Fläche 
aus, die der Gestalt eines mit der Spitze nach hinten und oben ge- 
richteten Dreiecks ähnelt, dessen Basis von dem hinteren Rand 
der Rolle gebildet wird. 

Dieses Dreieck hat nun beim jugendlichen Wildschwein ent- 
sprechena den dort vorliegenden größ>ren Breitenverbältnissen 
eine fast gleichseitige, bei älteren wilden Tieren aber eine mehr 
gleichschenklige Form. 

Da nun bei gezähmten Schweinen die Breitenverhältnisse des 
Schädels annähernd dieselben bleiben wie beim jugendlichen Wild- 
schwein, wird auch dieses Dreieck dort wieder die gleichseitige Form 
des jugendlichen Tieres zeigen müssen. 

Daß dem so ist, läßt sich deutlich bei dem indischen Hausschwein 
4982 und seinen Kulturrassen, aber auch schon beim Landschwein 506 
und, wenn auch weniger ausgesprochen, bei den halbzahmen Wild- 
schweinen 4389 und 4784 feststellen. 

Besonders in die Augen fallend ber ist bei den zahmen Schweinen 
mit indischem Blut die bedeutende Flächenausdehnung dieses Dreiecks 
gegenüber der am Schädel älterer Wildschweine. 

Während sich nun die leicht konkave Grundlinie des in Rede 
stehenden Dreiecks beim Wildschwein und seinen zahmen Deszendenten 
fast horizontal und senkrecht zur Medianebene stellt, wird bei hoch- 
gezüchteten Hausschweinen diese Linie infolge der stärkeren Auf- 


12. Heft 


158 Hans Bäumler: 


und Vorwörtsbewegung des Jochfortsatzes vom Schläfenbein mehr 
zu einer von vorn, oben und au„en nach hinten, unten und innen 
verlaufe..den. 

Mit Bezug auf cie Durchmesser der Condylen des Unterkiefers 
ist die Beobachtung vielleicht nicht uninteressant, daß bei Wild- 
schweinen und ihren zahmen Abkömmlingen die Querdurchmesser 
nur wınig kleiner als die Längsdurcumesser sind, währ nd beim 
indischen Hausschwein und seinen Kreuzungen erstere immer größer 
als letztere erscheinen (cf. Tab. VIII). Zuaem stellen sich die Quer- 
durchmesser bei den erstgenannten mehr senkrecht, bei den letzt- 
genannten aber mehr schräg zur Medianebene. 

Der zuerst von Rütimeyer (16) am Backzahngebiß gezähmter 
Schweine, namentlich an den eigentlichen Molaren, festgestellte 
Zerfall der Haupthöcker in zahlreiche gekerbte Nebenhöcker und 
Warzen wird schon von diesem selbst der Zähmung zugeschrieben. 

Ich konnte diesen Zerfall bereits bei dem wildschweinähnlichen 
Landschwein 506 besonders an Molar 3 nachweisen, fand ihn aber 
am ausgeprägtesten auch wieder bei den Rassen, bei denen der 
Domestikationsvorgangam weitesten vorgeschritten ist, den englischen 
Kulturschweinen. 

Nun noch einige weitere Hinweise auf die Ähnlichkeit zwischen 
dem jugendlichen Wildschweinschädel und dem ausgewachsenen 
Schädel des zahmen, insbesondere aber indischen Schweins, die 
mit Bezug auf letzteres ebenfalls als Beweise gelten sollen für die 
zu Anfang dieser Abhandlung aufgestellte Behauptung, daß auch 
Sus indicus domesticus im wesentlichen die Schädelform des jugend- 
lichen Sus scrofa ferus beibehält. 

Zunächst gehört dazu das Nochvorhandensein der jugendlichen 
Schädel-, besonders aber Stirnwölbung am ausgewachsenen Zahm- 
schweinschädel. 

Beim wilden Tier verschwindet ja bekanntlich unter der 
geschilderten Zug- und Druckwirkung der Rüssel- und Nacken- 
muskulatur und der ebenfalls schon erwähnten Höhenzunahme des 
Oberkiefers diese Wölbung so gut wie ganz. 

Ich fand sie in schwacher Form schon bei meinem ausgewachsenen 
wildschweinähnlichen Landschwein 1636 und dem ebenfalls aus- 
gewachsenen halbdomestizierten Wildschwein 4784, ausgesprochen 
aber erst beim indischen Hausschwein (4982) und’ seinen 
Kreuzungen. 

Auch die zur Grundfläche steilere Stellung der Kontur der 
Kinnfläche am Körper der Mandibula des ganz jungen Wildschweins 
(Schädel 4403) findet sich bei zahmen Schweinen wieder. 

Während nämlich beim erwachsenen Wildschwein der Winkel, 
den diese Kontur mit der Grundfläche bildet, einem gestreckten 
Winkel schon sehr nahe kommt (9), erscheint ersterer namentlich 
bei den höher gezüchteten Zahmschweinen (Sus indicus domesticus 
und seinen Kreuzungen) ebenso wie beim jugendlichen Wildschwein 
wesentlich kleiner und bildet hier wie dort einen Winkel von etwa 45°. 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 159 


Der am jugendlichen Wildschweinschädel vorhandene, bogen- 
artige Verlauf dieser Kontur (Schädel 4402, 4466, 4395) läßt sich 
ebenfalls bei allen zahmen wie halbzahmen Schweinen mehr oder 


weniger deutlich nachweisen — am ausgesprochensten auch wieder 
bei Sus indicus domesticus und seinen Kreuzungen, — während 


beim älteren Wildschwein die Kontur des Kinns einen fast ganz 
geraden Verlauf nimmt. 

Ebenso ist die allen zahmen Schweinen eigene, dem älteren 
Wildschwein gegenüber steilere Richtung des aboralen Randes des 
Unterkieferastes auch schon am jugendlichen Wildschweinschädel 
vorhanden. Dagegen verläuft sein oraler Rand, der bei zahmen 
Schweinen annähernd dieselbe Richtung aufweist wie der aborale 
Rand — bei 506 fast, bei 4389 und 4784 sowie beim indischen Haus- 
schwein und seinen Kreuzungen direkt senkrecht stehend — beim 
jugendlichen Wildschwein weniger steil. 

Nach Schröter (22) ist der Gesichtsteil des Wildschweinschödels 
(Nasalia) in früher Jugend halb so lang wie der Gehirnteil desselben 
(Frontalia + Parietalia), erreicht mit 6 Monaten die gleiche Länge 
wie letzterer, um schließlich im höheren Alter in einem Verhältnis 
von 1:0,7—0,8 zum Gehirnteil stehen zu bleiben. 

Aus nachstehender Tabelle der absoluten Maße der Nasalia 
und Frontalia + Parietalia beim ausgewachsenen indischen Haus- 
schwein ist nun ersichtlich, daß der Gesichtsteil bei diesem Schwein 
annähernd ebenso lang ist wie der Gehirnteil, ja sogar gegen letzteren 
in seiner Längenausdehnung zurückbleiben kann. 


“ara [N Maß 7-48 
N. Maß 6 Länge der 
Länge der | „ E 
Nasalin | ont 
4982 Sus indie. dom. 134 139 
N. (9) Atlas No. XII Hundigsburg r 116 113 
No. XIV Plieciceps N 134 145 
No. XV Paris r 135 159 


Der Schädel des indischen Hausschweins stimmt also auch in 
diesem Verhältnis mit dem des jugendlichen Wildschweins überein. 

Ebenso fand sich auch die breite und flache Form der Nasenbeine 
des indischen Hausschweins bereits am jugendlichen Wildschwein- 
schädel angedeutet, ausgesprochener allerdings dort nur im ganz 
frühen Alter (Schädel 4403). 

Auch war der für den jugendlichen Wildschweinschädel charak- 
teristische geradlinige Verlauf der Sutura naso-frontalis ebenfalls 
beim indischen Hausschwein und vielfach auch bei seinen englischen 
Kreuzungsrassen mehr oder weniger deutlich nachweisbar. 

Endlich habe ich noch den, der zoologischen Sammlung des 
hiesigen Märkischen Museums entstammenden, alle Merkmale eines 
domestizierten Tieres tragenden subfossilen Schweineschädel 1/II 
zu einem Vergleich mit meinem übrigen Schädelmaterial herangezogen. 


e 12. Heft 


160 Hans Bäumler: 


Dabei konnte ich die Feststellung machen, daß dieser Schädel 
in den meisten seiner Maße mit denen am Schädel des wildschwein- 
ähnlichen primitiven Hausschweins 506 übereinstimmte, daneben 
aber noch in der breiten und flachen Nasenpartie, der stärkeren 
Aufrichtung des Hinterhaupts und der etwas mehr gewölbten Stirn- 
partie eine gewisse Annäherung an das Torfschwein zeigte (cf. Tab. X). 

Nun haben wir ja im Vorhergehenden gesehen, wie weit lediglich 
Zucht und Haltung auf den Schweineschädel einzuwirken im- 
stande sind. 

Wenn wir also zu Zeiten primitiver Kultur, wie wir sie für das 
prähistorische Zeitalter doch annehmen müssen, und die sicherlich 
über ganze Erdteile gleichmäßig primitiv war, überall Schweinerassen 
von demselben Typus vorfinden, wie das Torfschwein oder das 
wildschweinähnliche Hausschwein, so berechtigt uns das noch nicht 
zu dem Schluß, daß diese Schweine etwa nur einmal domestiziert 
seien und sich in dieser Domestikationsform ausgebreitet haben. 
Es kann vielmehr ebenso gut angenommen werden, daß diese Schweine 
in verschiedenen Ländern selbständig gewonnen wurden und infolge 
der gleichen äußeren Lebensbedingungen auch jedesmal die gleiche 
Körperform annahmen. 


Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Dr. M. 
Hilzheimer, Vorsteher der naturwissenschaftlichen Abteilung des 
hiesigen Märkischen Museums, für die Anregung zu dieser Arbeit 
und die mir bei ihrer Ausführung ständig erteilten Ratschläge sowie 
auch Herrn Prof. Dr. Heymons für die gütige Überlassung des 
zu meiner Arbeit notwendigen Schädelmaterials an dieser Stelle 
meinen herzlichsten Dank auszusprechen. 


Literaturverzeichnis. 


l. Brehm. Tierleben. Die Säugetiere. IV. Band 1916. 

2. Darwin. Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande 
der Domestikation. 1868. 

3. Ellenberger-Baum. Handbuch der vergleichenden Anatomie 
der Haustiere. 1915. 

4. Fitzinger. Über die Rassen des zahmen oder Hausschweines. 
S.B. Akad. Wiss. Wien mathem.-naturwiss. Cl. Band 29, 1858. 

5. Forsyth Major. Studien zur Geschichte des Wildschweines 
(Gen. Sus.). Zool. Anz. Jahrg. 6, 1883. 

6. Hoesch. Die Schweinezucht. 1. Band 1911. 

7. Knottnerus-Meyer. Über das Tränenbein der Huftiere, in: 
Archiv Naturgesch. Jg. 73, Band 1, 1907. 

8. Lucae. Der Schädel des japanischen Maskenschweins und 
der Einfluß der Muskulatur auf dessen Form, in: Abh. Senckenberg. 
naturf. Ges. Frankfurt, Band 7, 1870. ! 

9. H. v. Nathusins. Vorstudien für Geschichte und Zucht der 
Haustiere zunächst am Schweineschädel mit Atlas. 1864. 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 161 


10. Nehring. Über die Gebißentwicklung der Schweine, in: 
Landwirtschaftl. Jahrbücher, 1888. 

ll. Derselbe. Die Rassen des Schweins. Zool..Einleitung, 
in: Rohde’s Schweinezucht, 5. Auflage, 1906. 

12. Padelt. Skelettmessungen am Schwein. Dissertation, 1892. 

13. Pira.. Studien zur Geschichte der Schweinerassen ins- 
besondere derjenigen Schwedens. Zool. Jahrbücher, Suppl. 10, 
Heft 2, 1909. 


l4. Rickmann. Das norddeutsche frühhistorische Schwein und 
sein Verhältnis zum Schweizer Torfschwein (Sus scrofa palustris 
Rütimeyer), Dissertation 1920. 

15. Rütimeyer. Über lebende und fossile Schweine. Verh. 
naturf. Ges. Basel H. 4, 1857. 

16. Derselbe. Die Fauna der Pfahlbauten, in: Neue Denk- 
schrift allgem. schweiz. Ges. f. ges. Naturwiss. Band 19, 1862. 

17. Derselbe. Neue Beiträge zur Kenntnis des Torfschweins, 
1864. 

18. Derselbe. Einige weitere Beiträge über das zahme Schwein 
und das Hausrind. Verh. naturf. Ges. in Basel, Teil 6, Heft 3, 1878. 


19. Sanson. Sur la pretendue transformation du sanglier en 
cochon domestique, in: Compt. rendus de l’Acad. des Sc. Paris, 
Vol. 63, 1866. 

20. Derselbe. Trait& de Zootechnie. II. Aufl. Paris, Vol. V, 
1878. 

21. Derselbe. Sur l’origine des cochons domestiques, in: 
Journal de l’anatomie et de la physiologie. Paris Vol. 24, 1888. 

22. Schröter. Das Verhältnis des europäischen zu dem asiatischen 
Wildschwein auf Grund der postembryonalen Schädelentwicklung 
des europäischen Wildschweins. Dissertation, Berlin 1921. 


23. Spillner. Wissenschaftliche Ergebnisse der im Haustier- 
garten des landwirtschaftlichen Instituts angestellten Versuche der 
Kreuzung des bornesischen Wildschweins mit dem einheimischen 
Wild- bezw. Hausschwein. Halle 1894. 

24. Ulmansky. Studien über die Abstammung des N 
Zeitschr. f. das Jandwirtschaftliche Versuchswesen in Österreich, 1911. 

25. Derselbe. Untersuchungen über das Wild- und das Haus- 
schwein im Laibacher Moor. Mitteilungen der landwirtschaftlichen 
Lehrkanzeln der K. K. Hochschule f. Bodenkultur in Wien. Band 2, 
Heft 1, 1913, 


Tafelerklärung. 


Figur 1 zeigt den für das ausgewachsene Wildschwein charakteristischen 
parallelen Verlauf der Backzahnreihen des Unterkiefers. 


Die Figuren 2—5 veranschaulichen die bei allen ausgewachsenen Zahm- 
schweinen mehr oder weniger deutlich vorhandene S-förmige Stauchungs- 
krümmung am Unterkiefer und zwar: 

Archiv für Naturgeschichte, 

1921. A. 12, 11 12, Heft 


162 Hans Bäumler: 


Figur 2 bei einem halbdomestizierten Wildschwein, 


Figur 3 bei einem primitiven europäischen Hausschwein, 


Figur 4 bei einem indischen Hausschwein und 
Figur 5 bei einem englischen Kulturschwein. 


Figur 6 bringt den freiliegenden Gelenkfortsatz des Unterkiefers am Kiefer- 


gelenk hochkultivierter Schweine zur Ansicht. 


Tabelle I. 
Vergleichende reduzierte Maße') der Höhen- und Querdurchmesser des 
Schädels. 
a) b) e) 


N. Maß 29. Senkrechte 
Höhe von der Grund- | N. Maß 14. Querachse 
fläche bis Mitte des durch die Jochbeine. 


Oceipitalkammes. 


(Totalböhe des Schädels) | (Größte Schädelbreite) 


4402 55.5 | 3325 59.1 
1a) Jugendliche 4466 59.1 | 4403 58.8 
F 3116 60.4 | 4450 54.6 
hädel 

SEAN 10 63.9 | 4466 52.8 
Sus scrofa ferus 4395 51.6 
3116 47.4 
497 56.7 497 43.3 
b) Alte Schädel L 59.2 | 5610 43.8 
von 4071 60. 1615 439 
Bus scrofa ferue | 1615 62.5 | 4071 439 
5610 62.9 L 44.4 

2. Sus scrofa ferus | 4389 65.3 
halbdomestiziert | 4784 70. | 4784 46.6 

3. Bus scrofa 1636 67. 
domesticus 506 68.3 | 506 467 
4. Susindie. domestic| 4982 78.9 | 4982 57.8 
841 70,3 | 544 48.6 
3659 713 | 542 53.8 
5. Kreuzungen 1037 75.7 3659 54.1 
mit 842 76.9 | 3657 55.1 
er z 544 7A; 1037 56. 
Sus. indie. domestic. 3657 7791| 842 562 
Ss 772.9 Ss 57.8 
841 58.4 


N. Maß 28 Höhenachse 

zwischen unterem Rand 

des For. mag. und Mitte 
des Ocecipitalkammes, 


(Eigentliche Schädelhöhe) 


4403 
3325 
4450 
4466 
4395 
3116 


4071 
L 
1615 
497 
5610 


4389 
4784 


506 
1636 


4982 


544 
3659 
3657 

842 

841 

S 
1037 


44.3 
41.8 
40.8 
38. 

37.4 
36.1 


33.8 
34.7 
34.8 
35.2 
37.4 


39.7 
38.1 


32.3 
35.6 


44.3 


39. 

39.2 
40.2 
41.4 
42.7 
45.2 
46.3 


‘) In den Reduktionstabellen sind die absoluten Dimensionen auf eine ge- 
meinsame Einheit = 100 mm für die Basilarlänge (N. Maß 1) zurückgeführt. 


163 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 


Fe ——L—————— 


‘€ 18 |#8 6998 | LE 6498 
6% 6898 | $E ss IT9 &H8 
6% ZEIT | IF ars | 17 198 
2? Ss ITy Is |67 L£g01 
2 8 I5# LEOT | SP yrG 
26 ss |97 8 I77 Ss 
83 «867 | 6€E G86# | 68 sh 
66 9891 | 6°E 9E9T | CP 9E9T 
6% 909 | 57 90° |5# 904 
E$ 68 9 68er | IF v8L7 
0% FBLr | TH vr |Er 6887 

'c 1207 | 68€ a 1207 

‘€ 26 16€ 1208 | 6° 0198 
8% 0199 | 6€ 0794 | 6°8 L6F 
2G I TR gI9T | Ly ST9L 
I5 Go |aF ir Ir Ai 

+ [owarıg 'g '[oweRıg . '[0wewıd 
uoAa aduyr] 004 edugf uoA dung 
"L geugigeg "N ‘9 geugtgen "N 


‘6 gewgtaen "N 


(8 


(F 


6) 


‘qI pun vg aogum T opaqe, ur osuage zz) aaygayasg yaru Ja, umz ageg (j 


TE G#8 
gE prG 
LE 649€ 
68€ LEOL 
Ir 178 
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gE 86 
68 gEIT 
GE 90% 
LE 12:74 7 
LE 6887 
‘€ 1207 
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68 0198 
6% L6F 
j [owowsq 
uoAa odun] 


S geugtgan N 


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Gy 678 
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67 6498 
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Lg c86F 
67 904 
Tg 9891 

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‘9 6887 
67 GEIgT 

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TG 1207 
TG L6F 

‘9 At 

*T’IOR 
uoa odun] 
"8 gewugtqen "N 


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99 GH8 
99 6998 
69 rrG 
T2 ZE0T 
127 198 
GL Ss 
89 686 
89 9891 
GL 909 
29 68€E7 
69 12:74 7 
v9 GTg9L 
2'9 120# 
69 0194 
GL I 
GL L6P 
s ION 
uoA edur] 
"z geugtqad "N 


(q 


68 6998 
roL 198 
gGoLl Ss 

E or8 

25: LEOT 
“ll »rG 
6 c86r 

‘OT 9891 
rot 908 
stI palr 

‘Or 120F 
sol 0T9E 
EI 26# 
gII 8 
Gel EIT9T 

g IR 
uoa dur] 
"I geugtqeg "N 


(8 


Oysawop pur "ng 


ru uadunzuacy 


sHWuop opur sng 


Msawop nJo.us ng 


J1a1zısawopqley 
snda] wos ng 


(‚sn.a} nJoss sng 


"SIOJOTJA9IO SOP AuyzzyPugg uoujozur? A9p uOUuyT IOp Agum P40jznpoı opuoyagopF4aı 


‘II PTIOqEL 


Hans Bäumler 


164 


Vergleichende reduzierte Maße der Längen der einzelnen Backzähne des Unterkiefers. 


Sus scrofa ferus'!) 
Sus scrofa ferus 
halbdomestiziert 
Sus scrofa domestic. 
Sus indie. domestic. 


Kreuzungen mit 
Sus indte. domestic. 


') Vergleiche Anmerkung zu Tabelle II. 


N. Gebißmaß 18 


Länge von 


497 
1615 
L 
5610 
4071 


4754 


506 
1636 


4982 


544 
s4l 
842 
1037 
S 
3659 


11.5 
11.5 
11.4 
10.7 
10.5 

3.6 


Tabelle III. 


N. Gebißmaß 19 


Länge von 


5610 


1615 


4389 
4784 


506 
1636 


4952 


S 
544 
S41 
1037 
3659 
842 


N. Gebißmaß 20 


544 
3659 
1037 


N. Gebißmaß 22 


N. Gebißmaß 23 


N. Gebißmaß 24 


Länge von Länge von Länge von Länge von 
Praemol 1 Praemol 2 

4.8| 497 DRITT 4.5 | 5610 39 
48| L 4.8 | 4071 4.5 | 4071 3.9 
4.7 | 1615 46| 497 4,2 | 1615 3.8 
4,6 | 4071 4.5 | 5610 4.1| 497 3.6 
4.5 | 5610 4.1 | 1615 41| L 3.6 
5.7 | 4389 4.7 | 4389 4.7 | 4359 4. 

5. 1 4784 4.7 1 4784 4.4 | 4784 3.7 
5.5 | 506 491 506 4.2 | 506 3.9 
51 | 1636 4.5 | 1636 4.2 | 1636 3.5 
5.1 | 4982 4.3 | 4982 4.3 | 4982 3.9 
5.6| 841 4.8| 841 4.8| 841 4.1 
5.4| S 48| S 44| 842 4.1 
5.11 544 4.5 | 1037 421 S 4.1 
4.9 | 842 4.5 | 842 4.1] 544 3.6 
4.5 | 1037 4.5| 544 3.9 | 1037 3.5 
45 | 3659 4.3 | 5655 3.7 | 3659 34 


842 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 165 


Tabelle IV. 


Vergleichende absolute Maße der Längen der einzelnen Backzähne des 
Oberkiefers in mm. 


a) b) e) d) e) f) g) 


N. Zahn- N, Zahn- N, Zahn- N. Zahn- N. Zahn- N Zahn- | N. Zahn- 
maß 1 maß 2 maß 3 mal 5 maß 6 maß 7 maß 9 
Länge von | Länge von | Linge von | Länge von | Länge von | Linge von | Länge von 
Mol. 3 Mol. 2 Mol. 1 Praemol 1 Praemol.2 | Praemol.3 | Praemol. 4 


EN a ee ee re rer 1 Webae aaa,'e 
Susscrofa| . > Er | | 

ferus 3—43 | 2—25 | 17—20 | 10—14 | 13—14 | 13—14 | 9—11 
Sus scrofa 


ihren 36 20-22 | 16-18 | 11-12 13 12-13 | 8-10 


mestiziert 
Sus scrofa 
domesti- 31 21—22 15—16 12 13 12—13 9 
cus 
Sus indie. 
domesti- 26 19 16 10 11 11 8 
cus 
Kreuzun- 
gen mit 
Susindic.| 28—37 19—23 13—17 10—12 11—14 | 12—13 8—10 
domesti- 
cus 


Tabelle V. 


Vergleichende absolute Maße der Längen der einzelnen Backzähne des 
Unterkiefers in mm. 


a) b) c) d) e) f) 
N. Zaho- N. Zahn- N. Zahn- N. Zahp- N. Zahn- N. Zahn- 
maß 18 maß 19 maß 20 maß 22 maß 23 maß 24 
Länge von | Länge von | Länge von | Lünge von | Länge von | LAnge von 
Mol. 3 Mol. 2 Mol. 1 Praemol. 1 | Praemol, 2 | Praomol. 3 
Sus scrofa ferus | 34—43 21—23 15—17 15—17 14—15 12 —14 
Sus scrofa ferus 
= — 2 
halbdomestiziert 37 21 16—17 14-15 14 12 
Sus scrofa 4 
Zomesticun | 24 | 21 6 |4-5| 33 | u-ı2 
Sus indie. 
domesticus 31 18 14 12 12 11 


Kreuzungen mit 
Sus indicus 30—38 | 18—23 | 13—17 | 13—15 | 12—13 | 11—12 
domesticus 


12. Heft 


166 Hans Bäumler 


Tabelle VI. 


Vergleichende reduzierte Maße der &aumenbreite. 


a) b) e) 
N. Maß 23. Distanz N. Maß 24. Distanz N. Maß 25. Distanz 
der Alveolarränder am | der Alveolarränder am | der Alveolarränder am 


vord. Joch vr. Mol. 3 vord. Joch v. Mol. 1 | vord. Joch vr. Praemol. 3 

497 8. | L 91| 497 IE 

EI 3 : L 8.1 | 4071 OrARISAT, ıhlall 
Bus scrof. ferus‘) | 510 86| 497 9,5 | 5610 11.7 
4071 9.4 | 5610 10.8 | 4071 12.7 
Sus scrof. ferus 4389 10.7 | 4784 13.7 
halbdomestiziert | 4784 9.1 | 4784 11.2 | 4389 14.3 
. ; 506 8.31 506 10.7 | 1636 12.6 
Susscrofa domestic. 1636 10 1636 11 506 133 
Sus indic. domestic. | 4982 11.8 | 4982 14.6 | 4982 19.3 
544 971 544 971 544 15.4 
1037 -._ 0% DA2 10.9 | 841 15.6 
542 9838| 842 12.11 542 16.4 
Kreuzungen mit | S 10.2| S 12.2 | 3659 16.6 
Sus indic. domestic. 3659 10.6 | 3659 12.6 842 10.2 
842 10.7 | 841 13.4 | 3657 vr 
3657 11.6 | 1037 1391| 8 18.4 
841 11.9 | 3657 15.2 | 1037 19.7 


') Mabe zum ıveil nach Schröter (22). 


Die morpbologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 167 


1a)!) Jugendliche 
Schädel von 
Sus scrofa ferus 


b) Alte Schädel 
von 


Sus scrofa ferus 
2. Sus scrofa ferus 
halbdomestiziert 


3. Sus scrofa 
domesticus 


4. Susindie.domestic. 


4. Kreuzungen 
mit 
Sus indie, domestic. 


P. 70. 


Tränenbeins im 
Orbitalrand 


in mm 


4403 
3325 
4450 
4466 
4395 
4419 


4071 
497 

1615 

5610 
L 


4389 
4784 


506 
1636 


4982 


542 
544 
3659 
842 
S 
3657 
841 
1037 


Tabelle VII, 


Tränenbeinindices, 


a) b) 

P. 71. Länge des 

unteren Randes des 
Tränenbeins 


Höhe des 


in mm 


22 


c) Tg 


Tränenbeinindex 


0.4 

055 
0.73 
0.75 
0.83 
0.88 


2.05 
1.43 
1.42 
1.35 
1.14 


1.14 
1.04 


1.6 
1.3 


0.44 


1.05 
1.04 
1.04 
1.0 
0.9 
0.83 
0.75 
07 


') Mabe unter la nach Schröter (22), unter 1b z. Teil n. Sch. 


12. Heft 


168 Hans Bäumler: 


Tabelle VIL. 


Vergleichende absolute Maße der Durchmesser der Processus condyloidei 
des Unterkiefers in mm 


a) b) 
Querdurchmesser | Längsdurchmesser 
497 r. 28 T..29 
l. 28 l. 29 
5610 r. 29 r. 33 
1. 29 l. 32 
Sus scrofa ferus 1615 r. 31 r. 32 
1. 31 1. 32 
4071 r. 28 32 
1. 29 sl 
Sus serofa ferus 4784 r. 28 wa 
halbdomestiziert 1. 29 1. 32 
506 r. 29 ne] 
d r 1. 28 Ill 
Bus scrofa domestic, 1636 r. 28 3 
l. 29 1232 
MI "N 4982 r. 34 vl 
Sus indie. domestic. 1.36 1. 32 
1037 r. 42 r. 36 
l. 43 In 8® 
Kreuzungen mit 3659 r. 40 r. 36 
Sus indie. domestic l. 41 2327 
341 235 r. 22 
ererl l. 23 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 169 


Tabelle IX, 


Vergleichende reduzierte Maße der Breitendurchmesser des Unterkiefers. 


a) b) 


N. Mab 36. Größter N. Maß 37. Größter 
Abstand der Gelenkköpfe | Abstand außerhalb der 


von einander Gelenkköpfe 
4466 N 49.3 4466 42.2 
la)!) Jugendliche 4450 46.1 3116 412 
Schädel von 4395 44.5 4450 40. 
Sus scrofa ferus 4419 44.1 
4402 43.7 
4071 35.1 1615 35.5 
R L 35.3 4071 36.4 
b) Alte Schädel von 497 36, 497 37. 
EINE FOTOET MINE 5610 36 | 5610 37.1 
1615 36.9 L 37.5 
2.  Sus scrofa ferus 
halbdomestiziert ar a5 hr 47Bk ke 
j % 1636 37.2 1636 39.1 
3. Sus scrofa domestic. 506 39. 506 43 
4. Sus indie. domestic. 4982 49.6 | 4982 59.6 
544 41.1 542 41.4 
542 41.8 544 41.7 
3659 46.7 3657 46. 
5. Kreuzungen mit 3657 47.8 3659 49. 
Sus indie. domestic. 842 49. 842 53.1 
1037 52.7 841 55.4 
841 58. S 56.1 
Ss 58.5 1037 56.6 


!) Verg. Anmerkung zu Tabelle VII. 


12. Heft 


170 Hans Bäunmler: 


Tabelle X. 


Vergleichende absolute Schädelmaße zwischen Sus serofa domesticus 
(506) und 1/II (subfossil). 


|06 | [06 | ar 
1. N. Achse zw. Schnauzen- 18. N. Querachse d. Gesichts 
spitze u. unteren Rand des vor und über For. infra- 
Foramen magnum . . . 1306| 305 orbitale: |. 4. 1.2. 
2. N. Horizontale Achse zw. 19. N. Querachse zw. den 
Schnauzenspitze u. Mitte Intermaxillarnäbten im 
des Oceipitalkammes . . 12931325 Alveolarrand . . . . .1 40] 40 
6. N. Längenachse d. Nasen- 20. N. Nasenbreite an der 
beine bis z. Anfang der Vereinigung v. Stirnbein 
Stärnnaht . -- ...:. . 11661172 und Oberkiefer . . . . | 301 37 
8. N. Längenachse zwisch 21. N. Nasenbreite an der 
Stirnlinie und Rand des schmalsten Stelle . . . | 20] 24 
Occipitalkammes . . . .| 74| 69 192. N. Größte Breite der 
9. N. Längenachse zw. unt. Oceipitalschuppe . . . . | 66] 68 
Rand des For. mag. und 23. N. Gaumenbreite: 
Ausgang d. Vomer. . .| 53] 527 Distanz d. Alveolarränder 
10. N. Längenachse zw. unt. am vord. Joch v. Mol. 3.| 27| 29 
Rand des For. mag. und 24. N. Gaumenbreite: 
Mitted.Gaumenausschnitts | 90| 88 Distanz am vord. Joch v. 
11. N. Längenachse zwisch. 61.1. 21.7 - Ze art 
Gaumenausschnitt und 25. N. Gaumenbreite: 
Schnauzenspitze . . . . 1217 |211 Distanz am vord. Joch v. 
12. N. Längsachse d. Molar- Praemol 3.2», 2,2 2... A158 
partie des Gaumens. . . |156|151 |26. N. Gaumenbreite: 
13. N. Längsachse d. Ineisiv- Distanz der hint. Ecke d. 
partie des Gaumens. . . | 61| 61 Eckzahnalveole . . . . | 40] 48 
14. N. Größte Kopfbreite. 27. N. Gaumenbreite: 
(Querachse durch d. Joch- Distanz der Alveolarränder 
0 11) 3 SE 5 ES 5 =.) hint. Ineis. 2... °. = 1,361 35 
15. N. Stirnbreite (Querachse 28. N. Höhenachse zw. unt. 
durch die Jochfortsätze vom Rand d. For. mag. u. Mitte 
Frontale) . ». » » » „| 99100 | des Oeccipitalkammes . .| 99] 105 
16. N.Stirnbreite (Querachse 31. N. Unterkiefer :Senkrechte 
durch d. oberen Tränenbein- Höhe v. d. Grundfläche bis 
ränder inden Augenhöhlen- zur Horizontalen der Kau- 
1.2) WE 0 | 4 00. :' fläche der Backzähne . . | 57| 55 
17. N. Geringste Breite zw. 32. N. Unterkiefer: Höhe der 


den Scheitelleisten . . . | 19] 23 | horizontal.Astesb. Praemol.2| 48] 45 


') Maße zum größten Teil nach Rickmann (14). 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 171 
_ AEEERFERR 1.) REES lv | | 506 Inn 

33. N. Unterkiefer: Höhe d. 20. N. Unterkiefer. Länge 
horizontalen Astes unter von Mol. 1. 16| 14 
Mitte von Mol. 3. 47| 40 Io]. N. Gebiß. Unterkiefer. 

34. N. Länge der Kinn- Länge, von 18, 19, 20 zu- 
symphyse 80] 74 | sammen . . | 70| 62 
1. N. Gebiß. Oberkiefer 22. N. Gebiß, Unterkiefer. 

Länge von Mol. 3 31] 29] Länge von Praemol. 1 15| 12 
. N. Gebib. N in 23. N. Gebiß. Unterkiefer. 
E. von Mol. 22| 17 Er von Praemol. 2 13| 12 

3. N. Gebib. Oberkiefer. 24. N. Gebiß. Unterkiefer. 

Länge von Mol. 1 15| 13 Länge von Praemol. 3 12| 11 
f 
En = Ba Orr 68] 60 abs 0; (Gebib,) | Unferkiefer. 
5 2, Länge von 22, 23, 24 zu- 

5. N. Gebiß. Oberkiefer. N N 40| 34 
ea wen Eorpeal: I- PH 29. N. Gebiß. Unterkiefer. 

6. N. Gebiß. Oberkiefer. Größter Durchmesser der 
Länge von Praemol 2.. 13| 11] Eekzahnalveole 20| 14 
N: bib. b 
En men ae ee 30. N. Gebiß. Unterkiefer. 

änge von Praemol. 3 13| 10 
Lücke zwischen Eckzalhn 
8. N. Gebiß. Oberkiefer. und: Ineis. 3 2° 6 
or 6,7 ch 
BAnER v..B; Ran 1. FE 9 70. P. Höhe des Tränenbeins 

10. N. Gebiß. Oberkiefer. im Orbitalrand 19] 2 
Lücke zw. Praemol. 4 und 
Eckzahn . b g| ı6 [71. P. Länge des unteren Mn 

12. N. Gebiß, RENT Randes des Tränenbeins . | 30 
Größter Durchmesser der 72. P. Länge des oberen 
ehuaknalvanle „3seig Randes des Tränenbeins . | 53| 49 

16. N. Gebiß Oberkiefer. Tränenbeinindex .1 1,6|1,32 
Größte Breite von Mol. 3 | 20| 20 f73. P. Höhe der Orbita (Ver- 

17 N. Gebiß. Oberkiefer. tikal-Durchmesser) , 391 35 
Distanz zw. Vorderalveolar- 74. P. Länge der Orbita 
rand v. Praemol.3u. Hinter- (Horizontal-Durchmesser) | 38] 38 
alveolarrand v. Incis. 2 69| 66 [19 Rickmann, Distanz von 

18. N. Gebiß. Unterkiefer. d. Spitze d. process. zy- 

Länge von Mol. 3 34| 31 gomaticus v. Frontale bis 

19. N. Gebiß. Unterkiefer. zum hinteren Rand der 

Länge von Mol. 2 21| 17 | Schläfengrube . 84| 72 


12. Heft 


172 


Maße in 
Millimetern 


1. N. Achse zw. 
Schnauzenspitze 
u. unter. Rand d. 
Foramen magnum 


2. N. Horizontale 
Achse zwischen 
Schnauzenspitze 
und Mitte des 
Oceipitalkammes 


3. N. Horizontale 
Achse zwischen 
Schnauzenspitze 
und dem am wei- 
testen nach hint. 
hervorragenden 
Punkt der Flügel 
der Schuppe . 


4. N. Achse zw. 
Nasenspitze und 
Mitte des Occi- 
pitalkammes . 


5. N. Bandmaß der 
Profilkontur zw. 
diesen Punkten . 


6. N. Längenachse 
der Nasenbeine 
bis zum Anfang 
der Stirnnaht 


7. N. Längenachse 
zw. Nasenwurze] 
und der Stirnlinie 
8. N. Längenachse 
zw. Stirnlinie u. 
Rand des Ocei- 
pitalkammes . 


9. N. Längenachse 
zw.unteremRand 
des Foramen mag. 
und Ausgang der 
Pflugschar 


Sus scrofa ferus 


497 | L 4389/4784] 506 | 


335 


367 


„1375 


385 


388 


. 1209 


82 


92 


55 


Hans Bäunler: 


Tabelle XI. 


Vergleichende absolute Schädelmaße. 


331 


378 


388 


367 


370 


186 


93 


85 


54 


300 | 320 | 306 


345 | 349 | 293 


343 | 361 | 307 


336 345 | 325 


343 | 353 | 328 


171 | 186 | 167 


79| 83| 85 


87| 761 71 


49| 55| 53 


Sus scrof. 
domestic. 


1636]49 


309 


340 


351 


325 


329 


178 


71 


77 


54 


= 
5 
© 
S 
S 


Sus indic, 


(ee) 


Sus indicus domesticus 


21544 | 542 | 842 |11037| 841 |3657|3659 


280 1331 275 


289 | 338 , 279 


298 | 355 | 260 


273|372 271 


278 |331 | 272 


134 |183 | 159 


62| 75 


BTarTl 


60| 62 


54 


51 


40 


Kreuzungen mit 


290 


300 


313 


285 


297 


159 


56 


75 | 


53 


309 


234 


305 


261 


282 


165 


43 


66 


56 


| | i 


269 | 276 


245 | 272 


270 | 290 


230 | 255 


243 | 265 


136 | 145 


45| 54 


51| 61 


52| 49 


349 


365 


320 


335 


184 


67 


77 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw. 


173 


Maße in 
Millimetern 


N. Längenachse 
', unteremRand 
For. mag. und 
tte des Gau- 
mausschnitts . 
N. Längenachse 
isch. Gaumen- 
sschnitt und 
hnauzenspitze. 
T, Längenachse 
Molarpartie 
i Gaumens. 
l, Längenachse 
* Ineisivpartie 
» Gaumens. 
U, Größte Kopf- 
ite: Querachse 
‘ch die Joch- 
ne 


T. Stirnbreite: 
'erachse durch 
- Jochfortsätze 
' Stirnbeins 


T. Stirnbreite: 
'erachse “durch 
oberen Tränen- 
ränder in den 
‚genhöhlenrän 

n. 


" Geringste 
Site zwisch.den 
ıeitelleisten 


» Querachse 
' Gesichts vor 
l über Foram. 
aorbitale . 


';  Querachse 2 
den Inter- 
sillarnähten 
‚Alveolarrand . 
BR 


Sus scrofa ferus 


96 


.[172 


[104 


80 


16 


34 


42 


100 | 


233 


168 


66 | 65 


147 


123 


110 


66 


149 


8 


40 


32 


44 


90 


217 


156 


143 


99 


Sus scrof. 
domestic, 
497 | L 1438914784] 506 |1636 


| 98 


210 


149 


59 


134 


104 


79 


39 


39 


4982| 544 


97 


193 | 23: 


141 


162 


108 


72 


41 


48 


63 


161 


85 


34 


39 


Kreuzungen 


mit 


Sus indicus domesticus 


| 542 


197 


2|140 


57 


148 


98 


25 


er 


42 


342 11037) 841 


218 |181 


146 | 161 | 138 


59 


163 | 173 | 157 


116/117 | 91 


86 | 80 


42| 25| 29 


39| 38| 31 


47| 56| 44 


365713659] S 


89/107 | 93 


150 


79 


54 


170 


104 


84| 90| 75 


37| 39| 13 


40| 43| 37 


49| 55| 52 


12. Haft 


174 


Haus Bäumler 


Maße in 
Millimetern 


Nasenbreite 
an der Vereini- 
gung von Stirn- 
bein u. Oberkiefer 

21. N. Nasenbreite 
an derschmalsten 
Stelle 

22, N.GrößteBreite 
der Oceipital- 
schuppe . 

23. N. Gaumen- 
breite: Distanz 
d. Alveolarränder 
am vord. Joch von 


Mol.'3. 
24. N. Gaumen- 
breite: Distanz 


d. Alveolarränder 
am vord. Joch von 


Mol 1. 
25. N. Gaumen- 
breite: Distanz 


d. Alveolarränder 
am vord. Joch von 
Praemol. 3 


26. N. Gaumen- 
breite: Distanz d. 
hinter. Ecke d.Al- 
veolend.Eckzähne 


27. N. Gaumen- 
breite: Distanz 
d. Alveolarränder 
hinter Incis. 2 

28. N. Höhenachse 
zw. unt. Rand des 
Foram. mag. und 
Mitte des Ocei- 
pitalkammes . 


29. N. Senkrechte 


Höhev.d. Grund: 
fläche bis Mitte d. 


Oceipitalkammes | 190 196 


.[118|115 


Sus scrofa ferus 


497 | L |4389/4784| 506 11636|4982]| 544 | 542 | 842 11037] 841 | 


107 


| 196 


49 


35 


122 


224 | 209 | 207 | 221 | 255 | 171 | 223 | 234 | 189 | 215 |2 


Sus scrof. 


domestic. 


Sus indic, 
domestic. 


40 


| 
| 
| 
| 


99 110] 124] 129 


Kreuzungen mit 
Sus indicus domesticus 
3657 365! 


36 


94 120 | 143/115 111 |1 


Die morphologischen Veränderungen des 


S-hweineschädels usw. 


-p 


A) 


Mabe in 
Millimetern 


N. Unterkiefer: 
senkrechte Höhe 
on d.Grundfläche 
‚is zum höchsten 
°?unkt der Condyli 
N. Unterkieter: 
jenkrechte Höhe 
, d. Grundfläche 
‚iszur Horizonta- 
an der Kaufläche 
ier Backzähne . 
"N. Unterkiefer: 
Jöhe des hori- 
‚ontalen Astes bei 
Praemol. 2 j 
"N. Unterkiefer: 
löhe des hori- 
ontalen Astes 
nt. Mitte v.Mol.3 
N. Unterkiefer: 
‚änge der Kinn- 
ympbysenachse . 
"N. Unterkiefer 
‚änge des hori- 
ontalen Astes . 
"N. Unterkiefer: 
trößter Abstand 
‚er Gelenkköpfe 
fon einander . 
ON. Unterkiefer: 
ößte Breite 

berhalb der Ge- 
enkfortsätz: . 


2 Gebib. Ober- 


Sus scrofa ferus 


98 | 107110 


64| 58] — 


49| 47 


0) 
[84] 


40| 44 — 


96) 90| 73 


125 |128| 122 


.[120|117|123 


.[123 | 124 | 124 


38| 38| — 


24| 24 


118 


67 


oO 
X 


50 


79 


122 


125 


123 


57 


48 


47 


80 


123 


118 


130 


3l 


22 


15 


Sus scrof.|' 
domestic. 


116 


63 


47 


49 


126 


115 


121 


3l 


16 


129 | 147 


70 


55 


60 


8l 


115 


139 


167 


26 


19 


16 


79, 


59 
96 


132 


136 


138 


37 


Kreuzungen mit 
Sus indicus domesticus 


497 | L 14389/4784] 506 11636 4082 544 | 542 | 842 |1037| 841 |3657|3659| S 


103 | 129 


60 | 64 


44| 51 


81| 71 


94 [120 | 129 | 110 | 109 


115 |142 


114 | 154 


30| 32 


76 


61 


53 


105 


110 |129 


42) 49 


76 78 


163 | 156 | 132 


175 | 149 | 137 


154 


79 


66 


62 


107 


140 


163 


171 


31 


23 


17 


133 


72 


57 


59 


8 


123 


172 


165 


31 


22 


17 


176 


Maße in 


Millimetern 


4. N. Gebiß. Ober- 
kiefer. Länge von 
1, 2, 3 zusammen 

5. N. Gebib. Ober- 
kiefer. Länge von 
Praemol.1 

6. N. Gebiß. Ober- 
kiefer. Länge von 
Praemol. 2. 

7. N. Gebib. Ober- 
kiefer. Länge von 
Praemol. 3. 

8. N. Gebib. Ober- 
kiefer. Länge von | 
5, 6, 7 zusammen 


9. N. Gebiß. Ober- 
kiefer. Länge von 
Praemol, 4, 

10. N. Gebiß. Ober- 
kiefer. Lücke zw. 
Praemol. 4 und 
Eckzahn 

11. N. Gebiß. Ober- 
kiefer. Durch- 
messer der Eck- 
zahnalveole in d. 
Richtung der 
Zahnreihe . 


12. N. Gebiß. Ober- 
kiefer, Größter 
Durchmesser der 
Eekzahnalveole . 


13. N. Gebiß. Ober- 
kiefer. Lücke zw. 
Eckzahn und In- 
eisiv.3 . 


14. N. Gebib. Ober- 
kiefer. Durch- 
ınesser d. Alvenle 
von Ineisiv.3. 


Hans Bäumler: 


Sus scrofa ferus 


497 | L 4389/4784] 506 


12 


13 


13 


13 


12 


18 


18 


8 
I 
- 
% 
a 
07 


1163549 


3 
: 
on 
& 
SS 
S 


61 h 58 
| 


10| 12| 12 
11} 14| 13 
114.131 12 
31| 38| 32 
81.293 79 
14| 16) 4 
17 | 14| 20 
22| 15| 20 
26| 17| 17 
1 Me a I 


Kreuzungen mit 
Sus indicus domesticus 


| 
82] 544 | 542 | 842 |1037| 841 |3657|3659] 


| 


64| 70 
ı0| ı2 
12| 13 
12| 13 
35 | 38 
s| 9 
Tr. 
6 
14| 30 
14| 30 
18) 19 
2/1 


61 


12 


12 


12 


37 


12 


10 


14 


10 


64 


13 


37 


Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels usw, 177 


i Sus serof.| 33 
Maße in Bus scrofa ferus scrof.| 3 Kreuzungen mit 


3 
Millimetern $ Sus indicus domesticus 


N. Gebiß. Ober- | 
defer. Lücke zw. 
meisiv.2u.3 .| 6| 7| 4| 12] 8| 8| 6| 14| 10) 8| A| 5| 8I 2 4 

N. Gebiß. Ober- 
iiefer. Größte 


N. Gebiß. Ober- 
iefer. Distanz 
"w. Vorderalveo- 
arrand von Prae- 
001.3 und Hinter- 
„lveolarrand von 


3reite v. Mol.3.| 23] 22) — | 21| 20| ı8| 17| 21) 19| 19) 18| 16| 19| 18| 18 
mein. 2. . . .| 75) 75| 77] 5a| @9| 58| @9| 7a 62| 58 1°47| az| 57| an]r-60 
"N. Gebiß. Un- | t 

verkiefer. Länge 

on Mol.3 . .| 43) 37| — | 37| 34| 32| 31] 38| 30| 33| 33| 311 — | 30| 31 
'N.Gebib. Un- 

erkiefer. Länge 

ion Mol.2 . .| 22| 22| 21] 21] 21| 21| 18| 23| 15| ı8| 20| ı8| 22] 22| 22 
N.Gebiß. Un- 

erkiefer. Länge 

ion Mol.1. . .| 16| 16) 17| 16| 16) 16] 14| 17| 11) 13] 14 | 15| 16| 17] 16 
"N. Gebiß. Un- 

erkiefer. Länge 

‘on 18, 19, 20 zu- 

ammen . . .| 80) 77| — | 73] 70| 69] 64] 76! 56| 65} 69| 63| 64| 67| 67 


N. Gebißb. Un- 
'erkiefer. Länge 
‘on Praemol.1 .| 17| 16) 14| 15| 15| 14| 12] 15| 14| 13| 14| 13) 14| 14| 14 
N. Gebiß. Un- 
'erkiefer. Länge 
von Praemol. 2 .| 14) 15] 14| 14| 13| 13| 12| 13) 12| ı2| ı3| 13] 13| 13] 13 
"N. Gebiß. Un- 
verkiefer. Länge 
on Praemol. 3 ..| 12| 12| 12| 12) ı2| ı1| 11| 12| 11] 12| 11! 11) 12] 12112 
"N. Gebiß. Un- 
erkiefer. Länge 
on 22, 23, 24 zu- 


Mmmen. . . .| 42| 43| 42| 42| 40| 38| 33| 38| 36| 37) 38| 365| 38) 40 
"N. Gebiß. Un- 

serkiefer. Lücke 

“w.Praemol.3u.4| 15| 14 13! 12] ı9| 161 — | 24| 7| 11) 14| 15| 16) 21) 15 


Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 12 12 Hat 


178 Hans Bäunler: 


1c 
ıc 


G Sus scrof.| 3 = Kreuzungen mit 
Mabe in Sus scrofa ferus of 58 De j 
er domestic | = 8 Sus indicus domesticus 

Millimetern ES 


Ne} 
[ee 


497 | L 43894784] 506 |1636]4982]| 544 | 542 | 842 |1037| 841 365713659] 


27. N. Gebiß. Un- | 
terkiefer. Länge | 
von Praemol. 4 .| 7| 8| 8 


28. N. Gebiß. Un- 
terkiefer. Lücke 
zw. Praemol. 4 u. | 
Eckzahn . . .| 9| 10 


29. N. Gebib. Un- 
terkiefer. Gröb- 
ter Durchmesser 
der Eckzahnal- 
veole. - . . „I 25| 23| 19! 151 201 131 16 


30. N, Gebib. Un- 
terkiefer. Lücke 
zw. Eckzahn und 
Inch: nr LIBRI RZ EZ Dez IE 


14. P.MedianeStirn- 
linie v. For.supra- 
orbitale bis Schei- 
telkamm . . .[142|128|124|121|112| 120] 117 

70, P. Höhe des 
Tränenbeins im 
Orbitalrand . .| 23| 27| 21|: 24| 19| 21|°34 

71. P. Länge des 
unteren Randes 
des Tränenbeins.| 33} 31| 24| 25| 30| 28| 15 

72. P. Länge des 
oberen Randes d. 
Tränenbeins . .| 66| 72| 56| 51| 53| 57I 31 

73.P.GrößterDurch- 
messer der Örbita| 51) 53| 48| 50| 49| 48| 49 

74. P. Horizontaler 
Durchmesser der 
Orbita . . . .| 39| 39| 36| 40| 38| 36 

12. Rickmann. (14) 
Breite d.Schläfen- 
grube zw. Spitze | 
vom Proc. zygo- | 

I 
| 


13| 22| 15| 24| 14| 13| 21 


101| 88/106! 93| 76| 94|111 


20| 22| 32 24| 28 
25| 21| 22| 22| 15| 20| 29 


55| 46| 40| 38| 25| 39| 46 


48| 44| 47| 40| 44 | 45| 5l 


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mat. vom Frontale 
u. äuberem Rand 


d. Genickkammes|100' 98| 94| 93| sa| 83! g9ı| 91| 75| 90| 77| 7a 85| 961° 


Über die Postembryonalentwicklung 
von Histioteuthis und über ihre 
sogenannten „Endorgane“. 


Von 
G. Grimpe -Leipzig und H. Hoffmann - Jena. 


(Aus dem Zoologischen Institut der Universität Leipzig.) 


Mit 9 Textfiguren. 


Inhalt. Pag. 
era ANTENNEN TE NL 179 
Zur Postembryonalentwicklung von Histioteuthis . . . ... . 181 
Histologischer Bau der „Endorgane® . . . ...2..2...... 201 
Streifenleuchtorgane und Laternen. . . .... 2222.20. 205 
Das Endorgan von Histioteuthis verglichen mit ähnlichen 
Bildungen bei anderen Ögopsiden . . . . . . Sol, 208 
Biologisch-physiologische Betrachtungen . .... . - u Hr ED 
Zusammenfassung eh a ER FU DIE 216 
Biyeraturveräsiehnis u. Maar, EN 218 


Vorbemerkung. 


Durch die glanzvollen Untersuchungen Chuns ist unsere Kenntnis 
von den Leuchtorganen der Gephalopoden beinahe vollständig. Des- 
halb stellt jeder Versuch, neue Beiträge zu diesem Thema zu liefern, 
lediglich eine Ergänzung des Uhunschen M>isterwerkes dar. Etwas 
anderes als eine Ergänzung soll vorliegende Studie auch nicht sein. 
Es kommt uns allein darauf an, die Aufmerksamkeit auf ein Leucht- 
organ zu lenken, das bisher kaum gebührend beachtet wurde. Dieses 
Organ findet sich an den Spitzen der Arme bei der Gattung Histio- 
teuthis und ist vereiös den älteren Autoren (Ferussac und Orbigny, 
Verany, Verrill) aufgefallen, die es allerdings kaum erwähnen, auf 
deren meist vorzüglichen Abbildungen es aber recht deutlich wahr- 
zunehmen ist. Der erste, der in neuerer Zeit kurz darauf verwiesen 
hat, ist Joubin. Bei seinen eingehenden Untersuchungen über die 
rundlichen Leuchtorgane, mit denen bei Histioteuthis und ihren Ver- 
wandten der ganze Körper, der Kopf und die Arme dicht besät sind, 
hat Joubin auch die dunklen, länglichen Endanschwellungen an den 
Armspitzen wahrgenommen, ohne sich jedoch näher mit ihnen zu 
befassen. Immerhin spricht er die Vermutung aus, daß es sich bei 
diesen merkwürdigen Körpern um Leuchtorgane handeln möchte. 


12* 12. Hcft 


180 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Ohne Gründe dafür anzugeben, behauptet er, diese Endorgane scien 
ein Verschmelzungsprodukt mehrerer rundlicher Leuchtorgane. Wir 
werden weiter unten s>hen, daß das nicht der Fall ist, die Endorgane 
vielmehr das Lrimäre sind, von denen sich die runden "Organe auf den 
Armen im Laufe der Individualentwicklung abschnüren. Nach Joubin 
hat dann Anne ]L. Massy die Endanschwellungen bei einem jugend- 
lichen Stück von nur 129 mm Gesamtlänge gefunden, sich aber nicht 
näher darüber ausgesprochen. Deutlich sind diese Organe auch auf 
der vorzüglichen Abbildung Chuns (1910, tab. XXI) zu sehen. Merk- 
würdig ist aber, daß er sie — wohl in Analogie zu den „Drüsenknöpfen“ 

an den Tentakeln bei Ohiroteuthis (vgl. p. 210) — für drüsige Organe 
erklärt. Genauer geht aber auch eı nicht darauf ein. Schließlich wäre 
noch der großen Pfefferschen Monographie zu gedenken, in der alle 
bisher bekannt geworaenen Stücke der Gattung berücksichtigt werden 
und mit kritischem Schaıfblick Ordnung in die teilweise sich wider- 
sprechenden Angaben der Autoren gebracht wira. Dabei ist von be- 
sonderer Wichtigkeit, daß Ffeffer den Endorganen eine hohe 
systematische Bedeutung beimißt. Er erklärt, daß erst nach genauer 
Kenntnis dieser Gebilde ein abschließenass Urteil über die Gattung 
Histioteuthis gefällt werden könne. Vor all.m meint er, aaß etwas 
definitives über die Postembryonalentwicklung dieser Form, von der 
wir bisher herzlich wenig wissen, erst dann ausgesagt werden könne, 
wenn der Zeitpunkt des Auftretens der Endorgane und des Segels 
feststände. 

Es soll hier nun der Versuch gemacht werden, Klarheiö in diese 
Angelegenheit zu bringen. Veranlaßt werden wir bierzu durch den 
glücklichen Umstand, daß sich im „Leipziger Museum drei noch sehr 
jugendliche H: istioteuthis b>finden. Sie gelangten 1913 in seinen Besitz 
und stammen von Messina, wo sie von Arena gesammelt wurden. 
Das jüngste dieser Stücke ist überhaupt das kleinste der bisher bekannt 
gewordenen Exemplare der Gattung, da es eine Gesamtlänge von pur 
48 mm besitzt. Der Rumpf dieses Stückes ist allerdings arg verletzt, 
der Kopf und der gesamte Armapparat dagegen in absolut tadelloser, 
vorbildlicher Verfassung. Auf dieses Stück gründet sich nun in der 
Hauptsache vorliegende Studie, da die zwei größeren Exemplare 
etwas stärker beschädigt sind. Der Konservierungszustand aller drei 
ist ganz vorzüglich, so daß histologische Untersuchungen der Leucht- 
organe ein voll befriedigendes Resultat ergaben. Daneben wurde das 
Hauptaug:nmerk auf das Segel gerichtet, daß bei dem noch sehr 
jugendlichen Stück bereits seine volle Entfaltung zeigt. Da gerade 
bezüglich dieses Punktes noch völlige Unklarheit herrscht, erschien 
es angebracht, hierüber genaue Angaben zu machen; denn erst eine 
sichere Kenntnis dieser Verhältnisse ermöglicht es, festzustellen, 
welche der bisher beschriebenen Histioteuthidenlarven wirklich in 
den Entwicklungskreis der Gattung Histioteuthis gehören. In den 
allermeisten Fällen sind, wie wir noch sehen werden, junge Cxl!teuthis 
für Histioteuthis-Larven ausgegeben worden. Auch die von Hoyle 
beschriebene Histiopsis gehört nicht hierher, sondern repräsentiert 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 181 


vermutlich die Jugendform eines selbständigen, südatlantischen 
Genus. 

Den Stoff verteilten die beiden Verfasser so unter sich, aaß der 
letztgenannte die histologischen Untersuchungen vornahm und die 
„Endorgane‘ (Streifenl_uchtorgane) mit den rundlichen Leucht- 
organen (Laternorganen) der Histioteuthiden im speziellen und der 
Ögopsid n im allgemeinen verglich, während der erstgenannte di» 
vergleichend-anatomische und systematische Auswertung des kost- 
baren Materials übernahm und beide gemeinsam den physiologischen 
Teil ausaroeiteten. 


Zur Postembryonalentwiceklung von Histioteuthis- 


Zuerst soll eine genaue Beschreibung des jüngsten der drei Leipziger 
Stücke erfolgen. Es hat eine Gesamtlänge von etwa 4J8 mm; davon 
entfallen rund 9 mm auf den Mantel, der arg beschädigt ist. Die Länge 
der wohl erhaltenen Arme beträgt: 

I. rechts 25,5, links 26,5 mm; 
II. rechts 28,0, links 29,2 mm; 
III. rechts 28,4, links 29,8 mm; 
IV. rechts 27,1, links 28,0 mm. 

Di Armformel ist also: 3, 2, 4, 1; die linken Arme sind durchweg 
l bis 1,5 mm länger als die recht:n, eine bei Histioteuthiden allgemein, 
aber auch bei anderen Cephalopoden zu beobachtende Erscheinung. 
Alle Arme sind von aeutlich trapezartigem Querschnitt, mit konvex 
zugerundeter, längerer Außenseit: (s. Fig. 5). Das ventrale Paar ist bei 
weitem das kröftigste. Während ein zweiter Arm außen an der Basis 
4,3, in der Mitte 2,6 und auf ®/, seiner Länge 2,1 mm breit ist, be- 
tragen die entsprechenden Maße bei einem vierten Arm: 5,1, 3,2, 2,7 mm. 
Die Saugnäpfe sind winzig, besonders di» proximalen, die weit 
auseinanderstehen. Etwa in der Höhe des Velumrandes werden sie 
ein wenig größer und engstehend. Im allgemeinen sind sie biserial 
angeordnet; nur an den äußersten Spitzen der Dorsalarıre stehen sie 
(bei mikroskopischer Prüfung) deutlich in vi:r Reihen, und zwar bei 
allen drei Stücken (vgl. Fig. 4 und p. 195). — An der Außenseite glänzen 
die Arme metallisch: innen sind sie dumpf-purpurn gefärbt und zwar 
um so dunklr, je näher man dem Munde kommt. An den Seiten er- 
scheinen sie hellrötlich pigmentiert. Dort, wo das Velum ansetzt, 
sind sie dicht mit Chroma:ophoren pedeckt. Diese greifen auf die Segel 
über, die nur gegen ihren Vorderrand hin fast farblos und durch- 
scheinend sind. — Die Tentakel fehlen bis auf kurze Stümpfe. 

Nur die sechs dorsalen Arme tragen die sogenannten „End- 
organe“, von denen jedes 3,9 mm lang ist. Sie nehmen fast die 
äußerste Spitze des Armes ein; denn 4 mm von ihr entfernt beginnen 
sie. An den Ventralarmen fehlen die Endanschwellungen vollständig, 
eine sehr beachtenswerte Tatsache, w:il bei den bekanntesten Ab- 
bildungen erwachsener Stücke sich solche auch auf den IV. Armen 
finden. Dagegen gibt Massy an, daß nur die drei dorsalen Paare diese 
Gebilde aufweisen (vgl. p. 183, 196). 


12. Heft 


182 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Jedes der sechs Endorgane stellt einen länglichen, sich nach 
der Armspitze hin nur wnig verjüngenden Körper dar, der einen 
nierenförmigen Querschnitt hat; die konvexe Seite weist nach außen 
(Fig. 1). — Dem unbewaffneten Auge erscheint dieser Körper als eine 
dunkle Auftrsibung des Armendes 
selbst. Es handelt sich aber, wie 
man bereits unter der Lupe leicht 
feststellen kann, um ein selbständi- 
ges, wohl begrenztes Organ, das 
dem Muskelrohr des Armes außen 
aufliegt. Durch sein2 dunkle, 
schwarzbraune bis -blaue Faıbe 
hebt es sich deutlich von den um- 
liegenden bleichen Geweben ab. 
Sieht man von außen auf den 
Körper, so nimmt man in seiner 
Mitte etwa einen schlitzartigen, 
helleren, grauen Streifen wahr. 
der unregelmäßig von dem an 
dieser Stelle offenen Pigmentmantel 
begrenzt wird. An einigen Stellen 
Fig. 1. Spitzen des III. und I. Arms liegen Chromatophoren in mehr 


links mit den „Endorganen“ von od veni - y 
as e J Rue oder weniger expandiertem Zu- 
Histioteuthis bonelliana Fer. juv. — 8 P . 


Vergr. 12:1. stand : lose darüber. Seitlich diases 
a III. Arm halbschräg von der Seite, Streifs, d. h. „wenig dorsal der 
b I. Arm von außen. Armmitte, verläuft der schwache 


Schwimmsaum des Armes. Da 
die Arme an der äußersten Spitze eingebogen sind, folgen die End- 
organe der Krümmung. — Über den feineren Aufbau oieser Gepilde 
una ihre physiologische Leistung vergleiche man die unten folgenden 
Erörterungen, aus denen deutlich hervorgehen wird, daß es sich hier 
um wohlentwiekelte Leuchtor gane von beträchtlicher 
Kapazität und; ganz spezifischer Funktion handelt. 

Außer diesen ‚„Streifenleuchtorganen‘, wie wir sie nennen 
wollen, trägt jeder Arm noch eine größere Anzahl rundlicher so- 
genannter Laternor gane von dem durch Joubin und Chun be- 
kannt gewordenen Typ. Auf dem ventralen Armpaar stehen sie bei 
Histioteuthis in je drei, auf den übrigen Armen in je zwei Reihen; 
und zwar unterscheidet man auf jenen eine dorsale, mediale und ven- 
trale Reihe. auf diesen deutlich nur eine dorsale und ventrale. Da 
die Anordnung dieser Organe von hohem systematischem und mor- 
phologischem Werte ist, sei auf sie hier etwas näher eingegangen. 
Was zunächst die IV. Arme betrifft, so ist zu sagen, daß sich die mediale 
Reihe von der Basis bis zur Spitze des Armes verfolgen läßt, die ventrale 
dagegen nur °/9, die dorsale sogar nur ®/, der Armlänge einnimmt. 
An der Armwurzel sind die Leuchtorgane aller drei Reihen gleich groß; 
erst gegen das Ende einer Reihe hin werden sie kleiner. Schwimmsäume 
fehlen den IV. Armen. — Wesentlich anders liegen die Verhältnisse 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 183 


auf den sechs dorsalen Armen, bei denen die Organe der Ventralreihe 
stets eıheblich größer sind, als die der Dorsalreihe. Diese endet bereits 
auf halber Armlänge oder früher, während die Ventralreihe bis zur 
Spitze läuft und in dem Endorgan gewissermaßen ausklingt. Man 
macht die Beobachtung, daß sich auch auf den sechs Dorsalarmen 
zwischen diesen Reihen ganz vereinzelt winzige Leuchtorgane be- 
finden, ein Hinweis darauf, daß früher offenbar auch bei ıhnen ur- 
sprünglich drei Reihen vorhanden gewesen sind. 


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Fig 2. Histioteuthis bonelliana Fer. juv. — Verteilung der 
Leuchtorgane auf den Armen. Vergr. genau 2:1, 


Wie wir noch sehen werden, ist auch die Zahl der einzelnen Leucht- 
organe nicht ohne Belang. Deshalb soll hier eine genaue Aufstellung 
gegeben werden. In ihr bedeutet ein (+) hinter der Zahl, daß ev. 
noch ein Organ mehr vorhanden ist, das seiner Kleinheit wegen 
möglicherweise dem Auge entgangen sein könnte. Eine I mit einem ! 
dahinter (+1!) besagt, daß auf die Laternorgane noch ein Streifen- 
leuchtorgan folgt. — Bei dem jüngsten Stück zählen wir links 

auf dem ersten Arm in der Dorsalreihe 4 (+), 

auf dem ersten Arm in der Ventralreihe 8(+1N), 

auf dem zweiten Arm in der Dorsalreihe 6(-+), 

auf dem zweiten Arm in der Ventralreihe 13 (+1), 

auf dem dritten Arm in der Dorsalreihe 7(+), 

auf dem dritten Arm in der Ventralreihe 14 (+1!), 

auf dem vierten Arm in der Dorsalreihe 15, 

auf dem vierten Arm in der Medialreihe 26(-+) une endlich 
auf dem vierten Arm in der Ventralreihe 22 Laternorgane. 


Am genauesten Aufschluß hierüber gibt obenstehende Fig. 2. — 


12. Heft 


184 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Die Abstände zwischen den einzelnen Organen sind verschieden 
groß. Mißt man die Entfernung zwischen den Zentren zweier sich 
folgender Laternen, so erhält man durchschnittlich 1,6 bis 2,0 mm 
(Organe der Ventralarme); je größer die Organe sind, desto näher 
liegen sie gewöhnlich hintereinander. Gegen die Armspitzen hin 
werden die Abstände im allgemeinen etwas größer. Auffällig bleibt 
dabei jedoch, daß die Entfernung zwischen dem distalsten Latern- 
organ und dem Endkörper kaum 1 mm beträgt (vgl. Fig. 8). 

Die Laternen erscheinen von außen betrachtet annähernd ei- 
förmig und haben bei dem jüngsten Stück einen Längsdurchmsesser 
von 0.4 bis 1,1 mm (auf den Ventralarmen; die kleinen Organe in den 
Dorsalreihen der anderen Arme messen noch weniger). Ihr spitzeres 
Ende weist überall nach hinten und ist ganz dunkel gefärbt; die vorderen 
zwei Drittel nimmt ein hellerer, fast kugelrunder Körper (die Linse) 
ein, der in eine halbkegelige Vertiefung, den Spiegel, paßt. Auf der 
Linse sieht man lose stets einige, gewöhnlich ausgebreitete Chromato- 
phoren liegen. — Laternorgane sind nicht nur auf den Armen an- 
zutreffen, sondern bedecken in großer Zahl und in absolut regelmäßiger 
Anordnung auch den Kopf und den Rumpf. Systematisch bedeutungs- 
voll ist, daß wesentliche Unterschiede bezüglich dieses Punktes zwischen 
meinen jugendlichen Stücken und allen erwachsenen, die ich aus 
eigener Anschauung oder aus Abbildungen kenne, nicht bestehen. 
Die Anordnung der Organe ist also für Histioteuthis charakteristisch; 
das gleiche läßt sich für Calliteuthis sagen, nur daß dort die Anordnung 
eine wesentlich andere ist. Es macht somit keine Schwierigkeit, 
Histioteuthidenlarven genau auseinander zu halten, schon auf Grund 
dieses Merkmals, natürlich erst von dem Zeitpunkte an, wo in der 
Postembryonalentwieklung die Leuchtorgane überhaupt vorhanden 
sind. Das ist aber schon sehr frühzeitig der Fall. 

Beachtenswert ist allerdings, daß Laternen nur auf der Ventral- 
seite des Tieres in größerer Zahl und in deutlichen Reihen, bezw. 
Mustern anzutreffen sind, während über den Rücken scheinbar regellos 
nur einige wenige Organe verstreut sind (über den Zweck dieser Er- 
scheinung vgl. p. 212). — Da die das Auge umsäumenden Laternen 
systematisch besonders wertvoll sind, seien sie hier an Hand neben- 
stehender Skizze etwas näher betrachtet. Es ist bekannt, daß die 
Augen bei allen Histioteuthiden eine asymmetrische Ausbildung 
zeigen; das linke ist stets wenig oder erheblich größer als das rechte. 
Diese Asymmetrie spricht sich auch noch in anderer Hinsicht aus, 
einmal in der verschiedenartigen Anordnung der sogenannten „Augen- 
organe“ {besser Palpebralorgane), d. h. der die Lidöffnung einrahmen- 
den Laternorgane (Pfeffers ‚‚Ciliarreihe‘; korrekter wohl ‚Palpebral- 
reihe“ zu bezeichnen), das andere Mal bezüglich der Lidbildung selbst 
(Fig. 3). Am rechten Auge zerfällt das Lid deutlich in drei wohl ab- 
gesetzte Teile, von denen der dorsale schwach konvex und glattrandig 
ist. Vorn bildet er mit dem zweiten, stark gefalteten, konkaven Lid- 
teile einen Winkel von annähernd 120 Grad, so daß es zu einer eigent- 
lichen Sinusbildung nicht kommt. Der Rand der einzelnen Falten 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 185 


dieses ‚‚vorderen‘“‘ Lides ist schwärzlich rot bis schwarz pigmentiert. 
Nach hinten zu wird die Lidöffnung ebenfalls von einer faltenreichen 
Hautduplikatur begrenzt, die aber pigmentlos ist und deren Rand an- 
nähernd gerade von unten nach oben zieht, um auf den oberen Lid- 
teil in einem Winkel von etwa 90 Grad zu stoßen. Am Lid des linken 
Auges läßt sich dagegen eine deutliche Scheidung in drei Abschnitte 
nicht vornehmen. Dorsal befindet sich zwar auch eine konvex zuge- 
rundete Hautklappe; im übrigen begrenzt die Lidöffnung aber eın 
ununterbrochener, glattrandiger und ringsum unpigmentierter Haut- 
saum. An dem vorderen Winkel, den er mit der genannten Klappe 
bildet, befindet sich beim linken Auge ein kleiner Sinus. 


Fig. 3. Histioteuthis bonelliana juv. Leuchtorgane des Kopfes, 

insbesondere der Palpebralreihe. — a Umgebung des rechten, 

b des linven Auges. (In a ist rechts, in b links = ventral; die Palpebral- 

organe sind numeriert und schraffiert dargestellt; die Laternen der 
Collarreihe mit a—h bezeichnet ) 


Besonders deutlich prägt sich die Asymmetrie der Augen in den 
die Lidöffnung umgebenden Laternorganen (Palpebralorganen) aus; 
doch sei gleich hier betont, daß bei der Gattung Calliteuthis diese 
Asymmetrie viel stärkere Formen annimmt. Bei unseren Histioteuthis- 
Larven stoßen wir auf folgende Verhältnisse: Das rechte Auge 
umsäumen 12 Organe, von denen die 9 größeren über, vor und 
unter demselben stehen. No. I bis 3 (in Fig. 3a) sind dorsal des Auges 
in einer fast geraden Längslinie angeordnet und etwa gleich weit 
voneinander entfernt; No. 4 bis 6 bilden die vorderen, No.7 bis 9 
die unteren Palpebralorgane. Die sechs letzteren umfassen ziemlich 
lose gereiht in einem nach hinten-oben offenen Halbkreise das Auge. 
Den Rest bilden drei kleine Organe (10 bis 12), die den Palpebralring 
nach hinten zu abschließen. Die beigegebene Abbildung vermag 
besser als eine weitschweifige Auseinandersetzung die charakteristische 
Anordnung dieser Laternen darzutun. — Wesentlich anders verhält 
sich nun das linke Auge. Wir unterscheiden hier zwar auch zunächst 
9 größere und 3 kleinere Organe, die aber eine wesentlich andere 


12. Heft 


186 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Gruppierung zeigen. Sie bilden zusammen keinen geschlossenen 
Ring, sondern die 9 größeren (1 bis 9) stehen in einem flachen 
Kreisbogen vor der Lidöffnung und sind einander stark genähert, 
während die 3 kleinen (10 bis 12) weit auseinander und ohne jeden 
festen Zusammenhang hinter ihr liegen. Das 4. Organ ist merklich 
kleiner als die vorangehenden und nachfolgenden; das 8. fällt etwas 
aus der Reihe, da das Lid an dieser Stelle ein wenig nach dem Augen- 
zentrum zu vorspringt. Außer diesen Laternen finden sich am linken 
Auge noch 4 kleine ‚„‚Interpalpebralorgane‘‘, welche die ventrale Aus- 
buchtung der Lidöffnung nach hinten zu umsäumen. Sie stehen 
ziemlich dicht nebeneinander, so daß sie nicht einmal die Hälfte des 
hinteren Lidrandes, den sie beinahe berühren, einnehmen, und er- 
scheinen als eine direkte Fortsetzung der Palpebralreihe, die sich beim 
3. Organ in einen inneren (Interpalpebralorgane) und äußeren Schenkel 
(No. 1 und 2) spaltet (vgl. Fig. 3b). Pfeffers Darstellung dieser Ver- 
hältnisse (1912, p. 308) beim erwachsenen Tier scheint bezüglich 
dieses Punktes von meinem Befunde abzuweichen. Doch vermute ich, 
daß durch eine Verwechslung der Bezeichnungen ‚‚hinten‘“ und ‚unten“ 
bei ıhm dieser Unterschied eine Erklärung findet. 

Die Anordnung der Leuchtorgane auf den übrigen Teilen des 
Kopfes stimmt bei meinen Stücken fast völlig mit dem von Pfeffer 
wiedergegebenen Befund überein. Man unterscheidet zwischen den 
beiden Palpebralreihen auf der Ventralseite des Kopfes deutlich 
vier Längsreihen von Organen, die Pfeffer Medial- und Brachialreihen 
nennt. Wenn diese Bezeichnungen auch dem morphologischen Ver- 
halten am besten gerecht werden, so sind sie doch nur schwer praktisch 
zu verwerten. Ich möchte deshalb lieber Pfeffers Medialreihe fallen 
lassen und statt von drei von vier Brachialreihen sprechen, da die 
vier Längsreihen des Kopfes, bei meinen Stücken wenigstens, eine 
direkte Fortsetzung der drei Reihen des linken Ventralarmes und 
der Ventralreihe des III. Armes links bilden. Die entsprechenden 
Reihen der rechten Arme enden blind zwischen der am weitesten 
rechts gelegenen Brachial- und der rechten Palpebralreihe. — Die 
Asymmetrie des Kopfes findet auch durch dieses Verhalten eine starke 


Ausprägung; oder präziser gesagt: Durch die einseitige Vergrößerung 


des linken Auges verschieben sich die Leuchtorgane auf der ventralen 


Kopfseite derart, daß der“Anschein erweckt wird, es seien überhaupt 


nur noch solche der linken Kopfhälfte vorhanden, diejenigen der rechten 
dagegen völlig unterdrückt (vgl. Fig. 3). — Die gleichzeitige Anordnung 
der Leuchtorgane des Kopfes im Quinkunx ist bei meinen jungen 
Histioteuthis nur ganz undeutlich, bei ähnlich alten und selbst noch 


jüngeren Calliteuthis der Leipziger Sammlung dagegen aufs deutlichste 


ausgeprägt. 

Auf der Dorsalseite des Kopfes ist zwischen den Augen eine 
deutliche Reihenbildung nicht festzustellen, da die Leuchtorgane 
hier sehr weit auseinanderstehen. Doch wäre falsch, eine völlige, 


bezw. ursprüngliche Regellosigkeit in ihrer Anordnung anzunehmen. 


Mein jüngstes Stück zeigt etwa in der Mittellinie des Kopfes & 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 187 


Organe, von denen jedoch allein das vorderste groß (halb so groß 
wie ein ventrales) ist und mit den beiden ersten Organen der Dorsal- 
reihe der I. Arme im Dreieck steht. Nach hinten schließen sich an 
dieses Organ drei kleinere an, die in einer etwas nach rechts aus- 
gebuchteten Längslinie stehen (Medialreihe). In gewissem Sinne 
lassen auch die außerhalb dieser Linie stehenden Organe eine be- 
stimmte Anordnung erkennen. Es ist so möglich, jederseits der Sa- 
gittalen 2 bis drei Brachialreihen festzustellen, wobei ‚Reihe‘ 
allerdings nur cum grano salis zu verstehen ist, insofern nämlich, 
als bei den weiten Entfernungen zwischen den einzelnen Organen vom 
Vorhandensein geschlossener Reihen überhaupt nicht die Rede sein 
kann. Auf der linken Kopfseite unserer Stücke befinden sich zwischen 
dorsaler Medial- und linker Palpebralreihe 5 Organe; davon 
stehen zwei mit dem 1. Organ der Ventralreihe des Dorsalarmes in 
einer Linie. Das am weitesten hinten gelegene dieser ‚‚inneren Brachial- 
reihe“ ist verhältnismäßig groß; bei dem zw eitältesten Stück (ventrale 
Mantellänge: 10,2 mm) kommt es an Größe einem Organ der Ventral- 
seite fast gleich. — Zwei andere, mittelgroße Organe der Kopfober- 
seite stehen mit dem ersten Organ der Ventralreihe des Laterodorsal- 
armes in einer Linie und bilden die sogenannte ‚äußere Brachialreihe‘“ 
die in sehr flachem, nach hinten-unten offenem Bogen um das Auge 
herum zieht (s. Fig.3b). Zwischen diesen beiden ‚Reihen‘ findet 
sich schließlich noch ein kleines Organ, das gewissermaßen als eine 
direkte Fortsetzung der Dorsalreihe des II. Armes und somit als 
letzter Rest einer ehemals vorhandenen (oder als erster Zeuge einer in 
Entstehung begriffenen) ‚‚mittleren Brachialreihe‘“ aufgefaßt werden 
kann. — Auf der rechten Hälfte der Kopfoberseite stoßen wir auf 
ganz ähnliche Verhältnisse; auch hier können wir — selbstverständlich 
mit Rücksicht auf oben gemachten Vorbehalt — eine innere und äußere 
Brachialreihe unterscheiden. Bei dem zweitgrößten der uns vorliegenden 
Stücke liegen die vier Laternen, aus denen sich diese ‚‚Reihen“ zu- 
sammensetzen, auf der rechten Kopfseite völlig symmetrisch zu denen 
derlinken: bei dem jüngsten machen sie rechts einen etwas zusammen- 
geschobenen Eindruck. Das kleine Organ, das wir als Platzhalter 
einer mittleren Brachialreihe auf der linken Kopfhälfte ansprachen, 
fehlt rechts bei beiden Stücken. 

Kurz wäre nun nur noch der Organe der sogenannten Collarreihe 
zu gedenken. Mit diesem Namen belegt Pfeffer die in querer Anordnung 
unmittelbar vor dem Hinterrande des Kopfes befindlichen Laternen. 
Wie hinreichend bekannt, ist der Kopf der meisten Ögopsiden durch 
eine gewöhnlich scharf ausgeprägte Kante von dem vorderen, vom 
Mantel umkleideten Rumpfteile abgesetzt. Ohne triftigen Grund 
nennt man diese Körperpartie „Hals“, ihre Begrenzung gegen den 
Kopf ‚‚Halskante‘“ und etwa hier vorhandene Hautleisten „Hals-“ 
oder ‚Nackenfalten“. Letztere fehlen bei Histioteuthiden gänzlich, 
auch bei unseren sehr jugendlichen Stücken. Die Halskante ist da- 
gegen aufs deutlichste ausgeprägt, namentlich an der Ventralseite 
des Kopfes. Unter jedem Auge springt sie in sanft geschweiftem 


12. Heft 


183 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Bogen etwas zurück und wird nach oben zu immer unschärfer. Ihre 
Lage ist aber auch hier überall leicht festzustellen, weil sich der stark 
pigmentierte, metallisch glänzende Kopf von dem bleicheren, dumpf- 
blaßrötlich gefärbten ‚Hals‘ merklich abhebt. Die Asymmetrie der 

Augen bleibt auch nicht ohne Einfluß auf den Verlauf der Halskante, 
insofern nämlich, als die erwähnte Bucht unter dem rechten Auge 
weniger sanft ausgeprägt erscheint. — Nur an ihrer Ventralseite 
trägt die Halskante Leuchtorgane (Collarreihe; s. Fig. 3). Diese sitzen 
mit ihrem Pigmentmantel ihr direkt auf; nur die am weitesten links 
stehenden (g und h) heben sich ein wenig von ihr ab: offenbar auch 
eine Folge der Vergrößerung des linken Auges. Man zählt in der Collar- 
reihe im ganzen 8 Organe. Sie beginnt rechts auf der Höhe des 
Winkels, den der ventrale und der hintere Lidteil dieses Auges mit- 
einander bilden. Das 1. (in Fig. 3 mit a bezeichnete) Organ liegt, 
schärfer präzisiert, auf der Tangente, die man von ihm aus an den 
Ring der Palpebralreihe zwischen den Organen 8 und 9 derselben 
gelegt denkt. Das 2. Organ der Collarreihe (b) bildet gewissermaßen 
den Beschluß der am weitesten rechts gelegenen Brachialreihe der 
Kopfunterseite, die, wie wir sahen, eine direkte Fortsetzung der Ventral- 
reihe des linken Ventralarms ist. Dasselbe gilt von dem 3. Organ (ec), 
das auf der Verlängerung der rechten inneren (der Mediane genäherten) 
Brachialreihe liegt, die wiederum die Fortsetzung der Medialreihe 
des linken Ventralarms ist. Das nun folgende, etwas kleinere Organ (d) 
liegt dem vorhergehenden nahe und tritt mit keiner der vorgenannten, 
über die Ventralseite des Kopfes ziehenden Längsreihen irgendwie 
in Beziehung. Dagegen bezeichnet das 5. Collarorgan (e) das Ende der 
linken inneren Brachialreihe (Fortsetzung der Dorsalreihe des linken 
Ventralarms) und das 6. (f) dasjenige der linken äußeren Brachial- 
reihe (Fortsetzung der. Ventralreihe des Lateroventralarms links). 
Es folgt dann eine 7. Laterne (g), die wieder mit keiner der vorgenannten 
Kardinalreihen irgendwie in Zusammenhang steht. Auffällig ist, 
daß vor ihr noch ein kleines Leuchtorgan liegt, das sich ebenfalls nicht 
einordnen läßt, sondern mit dem 7. der Collarreihe zusammen eine 
Reihe für sich bildet (eine ‚„‚Öcularreihe‘‘ Pf>ffers?). Den Beschluß 
macht schließlich ein 8. Organ (h), das in etwa 2,2 mm Entfernung 
schräg hinter der 1. Laterne der linken Palpebralreihe steht und da- 
mit — ähnlich wie rechts — ungefähr auf der Tangente liegt, die man 
sich von ihm aus an diese Reihe zwischen 1. und 2. Palpebralorgan 
gezogen zu denken hat. 


Bei dem jüngsten Stück ist der ManteFso beschädigt, daß man 
von der Anordnung seiner Laternen keine genaue Vorstellung ge- 
winnen kann. Die hier gemachten Angaben beziehen sich deshalb 
auf das zweitjüngste Exemplar, dessen Mantel gerade gut erhalten ist, 
während es am Armapparat schwere Schäden zeigt. 


Es besitzt eine Totallänge von etwa 56 mm; davon entfallen auf 
den Mantel ventral 10,2 mm. Die Flossen messen an der Basis 3,8 mm. 
Von den Armen sind nur der I. und IV. links vollständig erhalten; 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 189 


jener mißt 0,1, dieser 53,0 mm. Auf dem IV. zählt man in dr Ventral- 
reihe 24+, in der Medialreihe 23-+ und in der Dorsalreihe 16 Latern- 
organe. Die Organe des Mantels stehen auf der Ventralseite deut- 
lich in Querreihen. Der Rand der Mantelspalte wird zunächst von 
einer „‚Marginalreihe‘‘ dicht stehender Laternen eingerahmt. Diese 
ist sicher aus zwei ursprünglich getrennten, hintereinander gelegenen 
Reihen entstanden; denn 1. setzt sie sich aus mehr als der doppelten 
Zahl von Organen (26) als die nächstfolgende (erste) Querreihe zu- 
sammen; 2. stehen diese in einer stumpfen Zickzacklinie, in der immer 
ein kleineres, nach dem Mantelrande mehr vorspringendes Organ 
mit einem größeren, etwas weiter hinten gelegenen abwechselt. Nach 

en Körperseiten zu wird der Verband der Reihe etwas lockerer, d. h. 
die Entfernung der Organe voneinander nimmt zu, so daß die ur- 
sprüngliche Trennung der Marginalreihe in zwei Querreihen hier 
besonders gut sichtbar wird. Auf diese Randreihe folgen nun acht 
deutliche Querreiben gleich großer Laternen (,Pallealreihen‘): man 
zählt in ihnen von vorn nach hinten fortschreitend 11, 9, 8, 7, 6,5, 3,2 
Organe, die ziemlich rein im Quinkunx angeordnet sind. Die hinterste 
Reihe befindet sich unmittelbar am Körperende, eben vor der 
Insertion der Flossen. Auf der Rückseite trägt der Mantel fast 
ausschli.ßlich kleine Leuchtorgane von primitivem Bau. Reihen- 
bildung läßt sich hier im allgemeinen nicht erkennen; es existi>rt 
höchstens eine Art Marginalreihe. Dennoch scheinen die lose stehenden 
Rückenorgane nicht regellos angeordnet zu sein, sondern in den meisten 
Fällen auf der dorsalen Verlängerung der nur ventral scharf aus- 
geprägten Querreihen zu liegen. Das gilt insbesondere von den zwei 
einzigen großen Organen des Rückens, die im gegenseitigen Abstand 
von 2,3 mm unmittelbar vorn an den Flossenbasen (,.Öhren‘“ Naefs) 
sitzen. Sie gehören der fünften Pallealreihe an, die sich also ventral 
aus 7, und dorsal aus 2 Organen zusammensetzt. Die Entfernung 
zwischen dem am weitesten links gelegenen Ventralorgan ai:ser Reihe 
und dem linken Dorsalorgan beträgt etwa 5 mm. 


* Ei 
* 


Nächst den Leuchtorganen irt die Anordnung d s Segels (Velums) 

_ von grundlegender Bedeutung für die Morphologie und Postembryonal- 
entwicklung der Gattung Histioteuthis und ihrer Verwandten. Es 
_ bedarf zunächst kurz folgender Vorbemerkung: Zwischen je zwei 
Armen ist bei disser Form eine Art „Schwimmbaut“, besser Spann- 
haut, ausgebildet, die reichlich bis zur Hälfte oder sogar bis zum 
weiten Drittel derselben hinaufragt. Zwischen den Heftungssiellen 
"buchtet sich der Rand der Spannhäute nur verhältnismäßig wenig ein. 
Diese sind ziemlich derb und, wie Chun überzeugend nachgewiesen hat, 
aus den weithin verschmolzenen Schutzsäumen aer Arme entstanden. 
Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß nur die drei oberen Arm- 
‚paare in der geschilaerten Weise miteinander verbunden sind, während 
wir zwischen den III. und IV. und zwischen beiden IV. Armen auf eine 


12. Hett 


190 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


wesentlich andere Anordnung des Segels stoßen (vgl. p. 192). Bevor 
wir uns auf die morphologische Analyse dieser Verhältnisse einlassen, 
sei erwähnt, daß die an der Ventralseit » der Ill. Arme heftende Spann- | 
haut nicht, wie man ohne Kenntnis der Zusammenhänge erwarten 
sollte, eine Verbindung mit der Dorsalseite d>s Ventralarmes, bezw. 
mit dessen dorsalem Schutzsaum, herstellt, sondern mit derjenigen 
des III. Armes der entgegengesetzten Seite verschmilzt. Es kommt 
dab>i in der Sagittalebene des Tier.s zur Bildung einer Hohlkante 
(,„Firste‘“‘, Chun 1910, p. 154); denn aie beiden Spannhäutz fließen 
nicht direkt ineinander über, sondern bilden miteinander einen nach 
dem Zentrum des Armkranzes offenen Winkel von :twa 120 bis 150 Grad. 
Da sie sich nach den Armbasen zu rasch verjüngen, so hat jed: von 
ihnen die Gestalt eines Dreiecks, dem eine Spitze, die proximale, ab- 
geschnitten wurde. Die Hypothenusen dieser zwei Flächen fallen mit 
den Ventralseiten der III. Arme zusammen. Die eine Kathete der 
beiden Dreiecke bildet link: wie rechts den freien Rand der Spann- 
haut; die anderen Katheten verschmelzen miteinander zu der schon 
erwähnten Hohlkante, die proximal auf dem ventralen Pfeiler des Buccal- 
trichters ruht (vgl. p. 199). In dieser „Kante“ stoßen außen nun auch 
die Spannhäute zusammen, die an den Ventralseiten der IV. Arme 
heften. Sie sind ebenfalls etwa dreieckig, doch erheblich schmäler 
als ci. vorigen und bilden miteinanaer einen Winkel von ungefähr 
60 Grad. Da sich in dieser ‚Kante‘ also vier dreieckige Flächen mit 
einer ihrer Seiten berühren, so gewinnt cer ventrale Teil des Segels 
— grob schematisch ausgedrückt — eine gewisse Ähnlichkeit mit 
einem vierteiligen Quirl oder einer vieıschneidigen Harpunenspitze, 
deren Flügel allerdings ungleich groß sind. Zu bemerken ist dazu noch, 
daß die Kante, wi: Pfeffer (1912, p. 303) richtig angibt, „nicht 
eigentlich einen linienförmigen Strang darstellt, sondern ein schlankes 
Dreieck, dessen Spitze distal, dessen Basis proximal gelegen ist‘. 
(Dem Verständnis dieser komplizierten Verhältnisse dienen insbe- 
sondere Ffeffers instruktive fig. 10 auf tab. XXIII und sein: tab. 
XXIV, ferner die Abbildungen Orbignys [1839, tab. Cranchies II 
fig. 1, 3], Chuns Tafel XXI und dis unten folgende Fig. 4; außerdem 
vgl. p. 198.) 

Man war bisher der Meinung, daß sich das Segel bei Histioteuthis 
erst auf vorgerückteren Jugsndstadien entwickele, oder mit anderen 
Worten, daß junge Histioteuihis segellos und damit Calliteuthis-ähnlich 
seien. Veranlaßt wurde man zu dieser irrigen Auffassung durch die 
falsche Voraussetzung, daß die 1885 von Hoyle beschriebene Histiopsis 
atlantica in den Entwicklungskreis von Aestioteuthis gehöre (Pfeffer 
1900, p. 170; 1912). Von dieser Voraussetzung ausgebend sind nun 
von verschiedenster Seite segeilose Jugendstadien von Histioteuthiden 
als solche von Histioteuthis ausgegeben worden, während sie in den 
allermeisten Fallen sicher zu Calliteuthis oder einer ibrer nächsten Ver- 
wandten (Csolliteuthinae) gehören (vgl. hierüber die Ausführungen 
p. 192, 198). Erschüttert wurde die irrige Auffassung zum ersten Male 
durch Anne L. Massy, welche 1907 aus irischen Gewässern eine jugend- 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 191 


liche Histioteuthis beschrieb, die bei einer Totallänge von 129 mm 
bereits über ein vollentwickeltes Segel verfügt. War nun schon durch 
diesen Befund die Pfeffersche Ansicht über die Zugehörigkeit der 
Histiopsis im speziellen und über die Postembryonalentwicklung der 
Histioteuthis im allgemeinen arg ins Wanken geraten, so wird sie 
durch die nun folgenden Erörterungen ganz haltlos. 

Das Segel ist bei den drei jugendlichen Stücken des Leipziger 
Museums ebenfalls bereits in voller Entfaltung vorhanden, und zwar 
nicht nur zwischen den drei dorsalen Armpaaren, sondern ebenso 
ventral. Die Verwachsung der Schutzsäume zu Spannhäuten zeigt 
bei diesen jungen Tieren also genau die gleichen Verhältnisse wie 
bei den erwachsenen. Ein Vergleich untenstehender Fig. 4 mit den 
schon mehrfach zitierten Abbildungen älterer Histioteuthis lehrt das 


.. 
hei Ttirrrrrr; 
“onn0ne mens... 


PEPEETTT 


Fig. 4. Hislioteuthis bonelliana Fer. juv. Anordnung der Saugnäpfe, des 

Buccaltrichters und Segels. — Vergr. genau 1,64:1. (Die gebrochenen 

Linien mußten aus Gründen der graphischen Darstellung länger, als sie in 
Wirklichkeit sind, wiedergegeben werden.) 


auf den ersten Blick. Die Übereinstimmung geht sogar so weit, daß 
die relative Höhe des Velums und seiner Anheftungsstellen bei den 
Larven etwa die gleiche ist wie bei den geschlechtsreifen Tieren. Das 
Segel nimmt also mit zunehmendem Alter wohl absolut, aber nicht 
relativ an Längenausdehnung zu. Die Fig. 4 gibt die genauen Maße 
wieder, so daß wir hier darauf nicht einzugehen brauchen. Man er- 
sieht aus ihr, daß zwischen den Dorsal- und Laterodorsalarmen das 
Velum sechs Zehntel, zwischen den letzteren und den Lateroventral- 
armen sogar mehr als sieben Z&hntel (fast ?/,) der Armlänge einnimmt. 
Ganz ähnliche Proportionen erhält man, wenn man in Chuns und 
Pfeffers Abbildungen Arme und Velum nachmißt. Das Segel hält also 


12. Heft 


192 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


beim Wachtum mit den Armen gleichen Schritt, wächst nicht schneller, 
wie man bisher annahm. Das gilt nun nicht nur für die Spannhäute 
zwischen den sechs dorsalen Armen, sondern auch für die Segelbildung 
zwischen den zwei ventralen Armpaaren. An der Ventralseite des 
III. Armes rechts reicht es, bereits bei der jüngsten Larve, über die 
proximale Hälfte desselben hinaus (63%); viel tiefer heftet es an der 
Ventralseite der IV. Arme (37%), ein Verhalten, das auch für die 
Erwachsenen zutrifft; denn auf Chuns Tafel (1910, tab. XXI) liegt 
das Ende der Velarhaut an diesem Arm ebenfalls nur wenig distal 
des proximalen Drittels desselben (ähnlich bei Pfeffer 1912, tab. XXIV). 
Die ‚‚Kante‘, in der die vier ventralen Spannhäute aneinanderstoßen, 
mißt bei meinem jüngsten Stück 7,5, beim zweitjüngsten sogar 8,3 mm. 
Der freie Rand der ventralen Velarhaut ist 3,8, derjenige der latero- 
ventralen 11,0 mm lang. Da die linken Arme, wie wir sahen, je um 
etwa 1—1!/, mm länger sind als die rechten, so kann es nicht wunder- 
nehmen, daß die Spannhäute zwischen den letzteren etwas weniger 
weit hinaufreichen als zwischen den ersteren; das Verhältnis bleibt 
aber ungefähr das gleiche. 

Was lehren nun diese Feststellungen? Zunächst geht aus ihnen 
unzweideutig hervor, daß jugendliche Histioteuthis bereits bei einer 
Totallänge von 48 mm und bei einer ventralen Mantellänge von 9 mm 
ein vollentwickeltes Segel in typischer Anordnung besitzen. Dasselbe 
entfaltet sich also nicht, wie man bisher annahm, erst in vorgerückterem 
Alter und auch nicht schrittweise, indem zunächst nur die sechs dor- 
salen, viel später dann die vier ventralen Spannhäute entstehen sollen, 
sondern aus dem Vorangegangenen erhellt unzweideutig, daß schon 
in früher Jugend ein Velum vorhanden ist. Da dasselbe ferner auf 
späteren Stadien der postembryonalen Entwicklung bezüglich seiner 
Proportionen zu den Armen bereits völlig mit demjenigen erwachsener 
Histioteuthis übereinstimmt, so kann man weiter folgern: 1. daß auch 
noch wesentlich jüngere, bisher nicht bekannte Stadien dieser Form, 
höchst wahrscheinlich selbst die das Ei verlassenden Embryonen, 
ein wohlentwickeltes Segel besitzen, 2. daß alle Histioteuthiden- 
larven dann nicht zu Histioteuthis gehören, wenn ihnen das Velum 
fehlt. Nun wäre allerdings denkbar, daß etwa gerade bei einer Länge, 
wie sie das jüngste Leipziger Stück aufweist, die Ausbildung des ge- 
samten Segelapparates abgeschlossen sein könnte, noch jüngere 
Exemplare dagegen in seiner Entwicklung weiter zurück wären. Nun, 
dieser Einwand läßt sich leicht entkräften;; denn es ist selbstverständlich, 
daß ein so umfängliches Organ, wie das Segel von Histioteuthis nicht 


plötzlich entstehen kann. Da es bei recht jungen Stücken bereits in 


mächtiger Entfaltung vorhanden ist, kann es noch jüngeren nicht 


fehlen. Viel näher liegt also die Annahme, den Beginn der Segelbildung 
in der frühesten Jugend, d. h. aber im Embryonalleben, zu suchen. 

Wenn wir das bisher Behandelte überblicken und mit den Befunden 
bei anderen Gattungen der Familie vergleichen, so ergibt sich daraus 


folgendes für die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis im 


speziellen und für diejenige der Histioteuthiden im allgemeinen: 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 193 


I. Eigentliche Larvenstadien fehlen in der Postem- 
bryonalentwicklung der Histioteuthiden, selbst bei der 
Gattung Histioteuthis. Die Jungen zeigen also bereits frühzeitig die 
typischen Eigenschaften der Eltern. Diese Übereinstimmung geht oft 
bis ins kleinste und vielfach so weit, daß man, um- nur ein Beispiel 
herauszugreifen, Histioteuthis und Calliteuthis allein auf Grund der 
Anordnung der rechtsseitigen Palpebralorgane leicht auseinander 
halten kann, und zwar in jedem Alter. Zur Bekräftigung dieser Tat- 
sache möchte ich hier anführen, daß bei zwei recht verschieden großen 
Exemplaren der Calliteuthis meneghimi Pfeffer 1912 (reversa Verrill 
var. mediterranea Naef 1921) des Leipziger Museums bezüglich dieses 
Punktes völlige Übereinstimmung herrscht. Das kleine Stück mit 
9 mm ventraler Mantellänge trägt um das rechte Auge einen ringsum 
geschlossenen Kranz von 17 großen, sich gegenseitig berührenden 
Palpebralorganen; ein 18. liegt, gewissermaßen etwas aus der Reihe 
gedrängt, vorn-oben unmittelbar neben dem Kranze. Genau die gleiche 
Anzahl und dieselbe eigenartige Anordnung finden wir nun auch am 
rechten Auge des anderen, annähernd achtmal so großen, geschlechts- 
reifen Exemplares (ventr. Mantellge. 75 mm) wieder. Ungefähr das- 
selbe gilt auch vom linken Auge der beiden Stücke. Wir haben hier 
wie dort vor dem Auge 7 große Palpebralorgane, die dicht ge- 
drängt auf einer schwach ausgeprägten, leistenartigen Erhebung 
(‚„Augenbraue‘) stehen; nach hinten zu wird es von einer Anzahl 
lose stehender, kleiner Laternen ım Halbkreis umsäumt; man zählt 
bei dem jungen Stück 8, bei dem alten 9 solche Organe. Da 
wir bei der von Chun (1910, p. 177, tab. XIX, fig. 1) beschriebenen 
und abgebildeten Jugendform, die auf ähnlicher Entwicklungsstufe 
steht wie das eben behandelte, auch von Messina stammende Stück, 
auf absolut gleiche Verhältnisse stoßen, so gehört dieselbe, schon 
allein auf Grund dieses einen Merkmales, nicht zu Histiateuthis, wie 
Chun meint, sondern zu Calliteuthis. 


II. Wegen der Tatsache, daß jugendliche und erwachsene Indi- 
viduen der einzelnen Histioteuthidengattungen weitgehend mit- 
einander übereinstimmen, gilt des weiteren, daß sich die große 
Mehrzahl der unterscheidenden Merkmale, die man für 
die einzelnen Arten festgestellt hat, von den Er- 
wachsenen ohne weiteres auf die Jungen übertragen 
läßt. Um diese Unterschiede möglichst deutlich hervortreten zu 
lassen, seien hier die Befunde an jugendlichen Calliteuthis und Histio- 
teuthis einer vergleichenden Betrachtung unterzogen. Zu dieser Unter- 
suchung dienten neben den schon erwähnten Stücken mehrere Jugend- 
formen verschiedenen Alters von Calhteuthis. 


Damit hier lediglich das wesentlichste gebührende Beleuchtung 
erfährt, sollen zu dieser Gegenüberstellung nur einige besonders 
charakteristische Merkmale herangezogen werden. 


1. Die Körperproportionen. Die Länge des Mantels steht 

zu derjenigen der Arme bei den verschiedenen Gattungen unserer 
Archiv flir Natargeschichte 
1921 A. 12 13 12. Heft 


194 G. Grimpe ünd H. Hoffmann: 


Familie in einem ganz bestimmten, für das einzelne Genus ziemlich 
konstanten und damit charakteristischen Größenverhältnis. Es 
ist bekannt, daß alle Histioteuthiden bezüglich ihres Habitus eine 
gewisse Ähnlichkeit mit den Octopoden haben, d. h. die Arme sind 
bei ihnen länger, oft bedeutend länger, als der Rumpf, ganz im Gegen- 
satz zu den übrigen Decapoden, bei denen fast stets das Umgekehrte 
der Fall ist. Innerhalb unserer Familie lassen sich nun deutliche 
Stufen des fortschreitenden Überwiegens von Armapparat und Kopf 
über den Rumpf feststellen. Die Gattung Histioteuthis stellt insofern 
das Extrem dar, als bei ihr der Mantel an Länge noch nicht oder eben 
dem dritten Teile eines Armes gleichkommt. Ein Blick auf Chuns 
und Pfeffers Tafeln (XXI bezw. XXIV/XXV) genügt, um diesen Tat- 
bestand für die erwachsenen Tiere zu ermitteln. Ich kann hinzufügen, 
daß er auch für jugendliche Individuen zutrifft; denn stellt man bei 
den oben besprochenen Exemplaren die Mantellänge zur Länge eines 
Armes ın Proportion, so erhält man den Wert 0,3; d. h. aber, jeder 
Arm ist mehr als dreimal so lang als der Rumpf. Es mag dabei nicht 
unerwähnt bleiben, daß dieser Wert mit zunehmendem Alter eher 
größer als kleiner wird. — Ganz anders verhält sich nun Calliteuthis. 
Man stellt zwar auch bei ihr ein Überwiegen des Armapparates fest, 
aber längst nicht in so ausgesprochenem Maße. Bei dem großen Leip- 
ziger Stück, von dem wir bereits sprachen, mißt der Mantel ventral 
75 mm, der längste Arm (linker Lateroventralarm) 138 mm; er ist also 
noch nicht doppelt so lang wie der Rumpf (Proportion: 0,52). Auf- 
fälliger wird der Unterschied bei jugendlichen Calliteuthis. Die jüngste 
mir vorliegende Larve, die scheinbar überhaupt die jüngste bekannte 
ist, besitzt eine ventrale Mantellänge von nur 1,8 mm, der längste Arm 
(II.) ist 2,1 mm lang, so daß man als entsprechende Proportion 0,86 
erhält; bei einem anderen Stück von 9mm ventr. Mantellänge ist 
der längste Arm (II.) 11 mm lang, der Wert infolgedessen 0,82. Aus 
diesen Zahlen geht hervor, daß bei Calliteuthis mit fortschreitendem 
Wachstum die Arme nicht nur relativ, sondern auch absolut an Länge 
zunehmen. Calliteuthis verhält sich demnach bezüglich dieses Punktes 
gerade umgekehrt als Histioteuthis, bei der sich das Übergewicht 
der Arme ja mit zunehmendem Alter ein wenig verringert. Der Unter- 
schied in den Körperproportionen ist bei jugendlichen Stücken beider 
Gattungen also noch schärfer, als bei den Erwachsenen ausgeprägt. 
Dieser Unterschied verliert nicht an Deutlichkeit, wenn man statt 
der Armlänge die Gesamtlänge junger Histioteuthiden in Proportion 
zur Mantellänge setzt. Es sei z. B. nur darauf verwiesen, daß bei meiner 
jüngsten Histioteuthis und zweitjüngsten Calliteuthis die ventrale 
Mantellänge zufällig gleich ist, je 9mm mißt. Jene hat dabei eine 
Totallänge von 48, diese nur eine solche von 24,5 mm. Bei Stücken mit 
gleicher Gesamtlänge wären Histioteuthis demzufolge sofort an ihrem 
bedeutend kleineren Rumpfe zu erkennen. Seine Länge ist bei dieser 
mehr als fünfmal, bei Caliitexthis nur2®/, mal in der Totallänge enthalten. 
— Beiläufig sei erwähnt, daß die Gattung Meleagroteuthis eine Mittel- 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 195 


stellung zwischen Calliteuthis und Histioteuthis auch in dieser Hinsicht 
einzunehmen scheint. 

Aus obigen Feststellungen ergibt sich, daß Histioteuthidenlarven 
schon auf Grund ihrer Körperproportionen, selbst in frühester Jugend, 
leicht auseinander zu halten sind, ferner, daß alle zu Histioteuthis 
gezogenen Jugendformen dann zu Calliteuthis oder einer ihrer nächsten 
Verwandten gehören, wenn die Arme nicht mindestens dreimal so lang 
sind als der Rumpf. Schon aus diesem Grunde haben bestimmt nichts 
mit der Gattung Histioteuthis zu tun sämtliche von Chun als deren 
Jugendformen ausgegebenen Stücke (1910, p. 176—179, tab. XVIIL, 
fig. 6—7, XIX, fig. 1—4), ferner die Hoylesche Histiopsis atlantica, 
die Pfeffer (1900) für eine junge Hestioteuthis erklärte, das Exemplar 
Lo Biancos (1903) und vermutlich einige der von Massy (1909, p. 30; 
Maßtabelle) beschriebenen Stücke. 

2. Die Anordnung der Saugnäpfe auf den Armen ist ım 
allgemeinen ebenfalls sehr charakteristisch für die einzelnen Genera 
der Histioteuthiden. Um weitschweifige Auseinandersetzungen zu 
umgehen, sei kurz betont, daß die Näpfe bei der Gattung Calliteuthis, 
sowohl im jugendlichen wie vorgeschrittenenen Alter, auf allen Armen 
von der Basis bis zur Spitze deutlich in zwei Reihen stehen; sie sind 
ziemlich groß und in annähernd gleichen Abständen regelmäßig über 
die Oralfläche der Arme verteilt. — Anders bei Histioteuthis. Bei ıhr 
muß man zwischen einem proximalen und distalen Abschnitt des 
Arms unterscheiden, insofern nämlich, als proximal nur wenige winzige, 
fast rudimentäre Näpfchen auf verlängerten Stielen in weiten Ab- 
ständen voneinander der Oralfläche des Armes aufsitzen und gewöhnlich 
nur undeutlich biserial (in Schrägreihen) angeordnet sind (vgl. Fig. 4), 
auf den distalen drei Fünfteln sich dagegen etwas größere, überaus 
engstehende und distal der Velarhaut scheinbar unregelmäßig ge- 
häufte Sauger finden. Indeß lehrt die mikroskopische Untersuchung 
von Schnitten, daß auch hier die Näpfe in zwei Längsreihen angeordnet 
sind. Das gilt jedoch nur mit einer gewissen Einschränkung, indem 
sich nämlich an den äußersten Spitzen (distale 2 mm) der Dorsalarme 
— und zwar nur an ihnen — bei allen drei der uns vorliegenden jugend- 
lichen Stücke eine deutliche Vierreihigkeit nachweisen läßt. Chun 
(1906; 1910, p. 168) hat etwas ähnliches bei einem großen, geschlechts- 
reifen Männchen von Histioteuthis festgestellt und geglaubt, es in 
Beziehung zur Hectocotylisation setzen zu müssen. Da sich eine der- 
artige Napfanordnung bei unseren drei Stücken, die von der Ge- 
schlechtsreife doch noch sehr weit entfernt sind, in vollkommen gleicher 
Ausbildung wiederfindet, so erscheint es statthaft, hier die Vermutung 
auszusprechen, daß es sich in diesem Falle wohl kaum um einen be- 
sonderen Geschlechtscharakter des männlichen Tieres handeln dürfte. 
Denn abgesehen von der Jugend unserer Stücke, die an sich das Schon- 
vorhandensein sekundärer Geschlechtsunterschiede unwahrscheinlich 
macht, wäre es doch zum mindesten sehr merkwürdig, daß alle drei 
diesen Charakter gleichmäßig entwickelt zeigen, sie somit alle Männchen 
sein müßten. Es sei hier übrigens nicht unerwähnt gelassen, daß ich 


13* 12. Heft 


196 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


der Auffassung Chuns, es handele sich bei dieser Bildung um eine Art 
Hectocotylisierung, ziemlich skeptisch gegenüberstehe. Doch das nur 
nebenbei. Sicher ist dagegen, daß auch die gesamte Saugnapfanordnung 
ein gutes Merkmal abgibt, mit dessen Hilfe sich eine Unterscheidung 
jugendlicher Histioteuthiden gut durchführen läßt. Es wäre dabeı 
vielleicht noch zu erwähnen, daß sich Histiopsis bezüglich dieses Punktes 
an Histioteuthis anzulehnen scheint (vgl. Hoyle 1886, p. 181), sonst 
aber mit ihr nicht viel zu tun hat. 

3. Die Anordnung der Leuchtorgane ist bei Calliteuthis 
und HAestioteuthis ziemlich ähnlich. Bemerkenswerten Unterschieden 
begegnet man nur an den Armen, im Umkreise der Augen und auf 
dem Rumpfe. An den Armen von Calliteuthis fehlen zunächst die 
für Histioteuthis charakteristischen, länglichen Endorgane. An ihrer 
Stelle finden sich bei jener, und in verstärktem Maße bei 
Histiopsis, 3 bis4 (5?) rundliche Laternorgane, die etwas größer als die 
zahlreichen proximal gelegenen sind, und etwa das distale Sechstel 
des Armes einnehmen. Jugendliche Histioteuthis besitzen Endorgane 
schon bei einer Totallänge von 48 mm, aber nur an den sechs dorsalen 
Armen; erwachsene zeigen sie (stets?) auch an den Ventralarmen, 
doch dann in wesentlich schwächerer Ausbildung; bei jungen Call- 
teuthis findet man die oben erwähnten, endständigen, großen Lateral- 
organe ebenfalls nur an den sechs oberen Armen. — Bei Calliteuthis 
sowohl wie bei Histioteuthis sind die Organe der Ventralreihe auf den 
Armen stets größer als die der Dorsalreihe. Pfeffers Angabe (1912, 
p- 249, im Schlüssel!!; ferner p. 269), daß bei Histioteuthis im Gegen- 
satz zu Calliteuthis die großen Organe dorsal gelagert sein sollen, ist 
ganz unverständlich, da seine tab. XXV dem widerspricht, und er 
p. 309 das Gegenteil sagt. Wichtig ist dagegen, daß bei Calliteuthis 
jeden Alters die kleinen Organe der Dorsalreihe der sechs oberen 
Arme die größeren der Ventralreihe an Zahl erheblich übertreffen, 
ein Verhalten, das zu dem oben (p. 183) für Histioteuthis festgestellten 
das gerade Gegenteil ist. Dieses Merkmal erleichtert die Bestimmung 
sehr. — An den Ventralarmen finden sich keine Unterschiede zwischen 
Calliteuthis und Histioteuthis. Die Medialreihe führt bei beiden bis zur 
Spitze, die Ventralreihe endet auf ®/, bis %/,,, die Dorsalreihe auf ?/, 
des Ventralarmes. Pfeffers abweichende Angaben (p. 258, bezw. 308), 
denen zufolge sich bei Calliteuthis die Dorsalreihe, bei Histioteuthis 
die Ventralreihe bis zur Spitze verfolgen ließe, dürften nicht stimmen, 
einfach schon deshalb nicht, weil seine Tafeln (XX bezw. XXIV) mir 
Recht geben. 

Auch bezüglich der Palpebralorgane, also der die Augen 
umsäumenden Laternen, finden sich bemerkenswerte Unterschiede 
zwischen beiden Gattungen. Was zunächst das rechte Auge, bezw. 
dessen Lidöffnung, betrifft, so sei erwähnt, daß es bei Calkteuthis 
stets von einem Kranze dichtest stehender, sich gegenseitig drängender 
Organe, 18 bis 19 an Zahl, eingerahmt wird. Bei Histioteuthis dagegen 
stehen sie in einem lockeren Ring, berühren sich also nicht; man zählt 
bei jugendlichen Stücken 12 bis 13, bei erwachsenen. gewöhnlich 15 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 197 


rechte Palpebralorgane (Pfeffer 1912, p. 316). Aufälteren Abbildungen, 
z. B. derjenigen Orbignys (1839, fig. 1) sind 18, auf derjenigen Verrills 
16 Laternen im Umkreis des rechten Auges dargestellt. Daß auf solche 
Figuren jedoch nicht allzuviel zu geben ist, erhellt schon daraus, 
daß bei Verany, der nachweislich dasselbe Individuum wie Orbieny 
abbildet, nicht 18, sondern nur 15 Organe, also die gewöhnliche Zahl, 
eingezeichnet sind. Sicher hat der Künstler, der Orbignys Tafel ent- 
warf. willkürlich drei Organe eingefügt, offenbar in der Meinung, 
daß die regelmäßige Anordnung derselben zu einem geschlossenen Ring 
das normale sei. Das gleiche gilt vielleicht auch von Verrills Figur, 
die nach einem schwer beschädigten Stück entworfen wurde, und für 
Chuns Tafel XXI. Der Künstler Rübsaamen hat 17 Organe gezeichnet: 
15 sollen dagegen nach Chuns Angabe (fide Pfeffer 1912, p. 316) bei 
dem betreffenden Stück nur vorhanden gewesen sein. Wie dem auch 
sei, fest steht auf jeden Fall, daß die Zahl der Palpebralorgane ums 
rechte Auge bei Histioteuthis stets geringer als bei Calliteuthis (also 
geringer als 18) ist, daß sie bei letzterer ferner in einem enggeschlossenen 
Ring, bei ersterer in einer losen Reihe mit verschieden großen Abständen 
angeordnet sind. — Weniger auffällig sind die Unterschiede am Leucht- 
apparat des linken Auges; allerdings weiß man über diese Ver- 
hältnisse bei erwachsenen Histioteuthis bis jetzt so gut wie nichts. 
Meine jugendlichen Stücke setzen mich nun in den Stand, festzustellen, 
daß die Anordnung der Palpebralorgane ums linke Auge bei dieser 
Art ebenfalls von derjenigen bei Calliteuthis abweicht. Dazu ver- 
weise ich auf obenstehende Fig. 3b und wiederhole, daß bei Histio- 
teuthis vor und halbwegs unter dem Auge in unregelmäßiger Kurve 
9 größere Organe zu finden sind, während (wenigstens mediterrane) 
Calliteuthis jeden Alters, wie wir schon (p. 193) sahen, hier nur 7 
aufweisen, die auf einer Art ‚Braue‘“ direkt vor dem Auge liegen. 
Ist dieser Charakter somit systematisch auch nicht besonders wert- 
voll, so ist er es umsomehr in morphologischer und biologischer Hin- 
sicht. Es läßt sich nämlich ganz allgemein auf Grund dieses Tatbe- 
standes die interessante Feststellung machen, daß mit zunehmender 
Vergrößerung des linken Auges die Zahl der dasselbe umsäumenden 
Leuchtorgane abnimmt. Das hat zweifellos seinen Grund darin, daß 
das linke Auge anderen Zwecken dient als das rechte. Vielleicht ist 
es gestattet, hieran die Vermutung zu knüpfen, daß das größere linke 
Auge für das Fernsehen (fremder, leuchtender Objekte), das kleinere 
rechte für das Nahsehen (im Lichtkegel der eigenen Palpebralorgane 
usw.) eingerichtet ist: so ließe sich für die fortschreitende Reduktion der 
Laternen bei gleichzeitiger Vergrößerung des Auges eine wenigstens 
einigermaßen befriedigende Erklärung finden. Weniger plausibel 
erscheint mir dagegen eine andere Deutung, die im großen linken Auge 
ein Sehorgan für die dysphotische, im kleinen rechten ein solches 
für die aphotische Zone erbliekt. Höchstens der Umstand, daß die 
Histioteuthiden wahrscheinlich ebenso wie andere Tiefseecephalopoden 
vertikale Wanderungen, die sie bis in höhere, durchlichtete Wasser- 
schichten bringen, ausführen, würde für eine derartige Annahme 


12. Heft 


198 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


sprechen. — Ferner sei noch erwähnt, daß sich auch bezüglich der An- 
ordnung der Leuchtorgane auf der Ventralseite des Mantels Unter- 
schiede zwischen Calliteuthis und Histioteuthis finden, insofern nämlich, 
als bei ersterer die Zahl der quer über den Rumpf ziehenden Palleal- 
reihen stets größer als bei letzterer ist. — Endlich sei nicht vergessen, 
darauf hinzuweisen, daß feinere Abweichungen im histologischen Bau 
der Laternen wohl zwischen den Gattungen Histioteuthis, Calliteuthis 
und Histiopsis (vgl. Joubin 1893, 1893 A; 1895 A; Chun 1910; unsere 
Fig. 8), nicht aber, soweit wir wissen, zwischen jugendlichen und er- 
wachsenen Individuen einer dieser Gattungen bestehen (Joubins 
fig. 4, 1893 vgl. man mit unserer Fig. 8). 

4. Das Segel. Da wir bereits auf p. 189 eingehend der Bedeutung 
des Segels für die Postembryonalentwicklung der Histioteuthiden 
gedachten, können wir uns hier auf einige ganz kurze Ergänzungen 
beschränken. Da hätten wir insbesondere noch einmal auf die Gattung 
Histiopsis zu verweisen, bei der bekanntlich die sechs dorsalen Arme 
auf ein kurzes Stück (,,‚to some extent“; Hoyle 1886, p. 180, tab. XXX, 
fig. 10) durch spannhautartig verwachsene Schutzsäume mit- 
einander in Verbindung treten. Daß es sich hier sicher um ein dem 
dorsalen Teile des Histioteuthis-Segels homologes Organ handelt, 
läßt sich nicht bestreiten; im einzelnen bestehen aber zwischen beiden 
Bildungen dennoch erhebliche Unterschiede: a) sind die Spannhäute 
etwas andersartig geheftet, indem sie an der Dorsalseite der zweiten 
Arme wesentlich höher hinaufreichen als an der Ventralseite der ersten 
Arme, ein Verhalten, das weder für jugendliche noch für erwachsene 
Histioteuthis zutrifft (vgl. Hoyles fig. 10 mit Chun 1910, tab. XXI 
und mit unserer Fig.4):; b) sind die Velarhäute ganz schwach ent- 
wickelt, so daß man sie in der Ventralansicht des Tieres (Hoyles fig. 9) 
kaum wahrnehmen kann, und c) fehlt eben, was das wichtigste ist, 
zwischen den vier ventralen Armen jede Spur einer Segelbildung. 
Der Einwand. daß das Velum bei dieser Form noch nicht seine volle 
Entwicklung erreicht haben könnte, wird hinfällig, schon allein durch 
einen Hinweis darauf, daß meine Stücke um die Hälfte kleiner sind 
als das Hoylesche (48, bezw. 96 mm Totallänge), dabei aber ein bereits 
vollentwickeltes Segel tragen. Wir können also mit Bestimmtheit 
sagen, daß die Pfeffersche Annahme (1900, p. 170; 1912, p. 314/316), 
Histiopsis sei eine Jugendform von Histioteuthis, falsch ist. Gestützt 
wird diese Gewißheit noch durch weiter oben bereits herangezogene 
Tatsachen (Körperproportionen, Endorgane) und durch den Befund 
am Buccaltrichter, dem wir uns sogleich zuwenden werden. Vorher 
sei jedoch noch erwähnt, daß Histiopsis andererseits nicht mit Call- 
teuthis vereinigt werden kann, da sie bezüglich einiger Punkte (An- 
ordnung der Näpfe, teilweise auch Bau ihrer Hornringe; Hoyle 1886, 
p. 181; Pfeffer 1912, p. 315) erheblich von ihr abweicht. Sie hat viel- 
mehr den T'ypus eines selbständigen. Calliteuthis allerdings näher als 
Histioteuthis stehenden Genus zu bilden. 

5. Der” Buccaltrichter.” Da ich an anderer Stelle (1922) aus- 
führlich auf die morphologische Bedeutung des Buccaltrichtere bei 


Über die Postembry»malentwicklung von Histioteuthis usw. 199 


den Decapoden im allgemeinen eingegangen bin, kann ich mich hier 
ebenfalls sehr kurz fassen. Ich gestatte mir hier nur auf folgende 
Tatsachen hinzuweisen: a) Bei Histioteuthis tritt das Segel 
in nahe morphologische Beziehung zum Buccaltrichter 
(,,Mundmembran‘“), indem die ventralen Schutzsäume der III. und 
IV. Arme mit denen des ventralen Buccalpfeilers verschmelzen. Dieser 
ist, wie sich vergleichend-anatomisch leicht feststellen läßt, aus zwei 
ursprünglich getrennten Buccalpfeilern (rudimentären inneren Armen) 
entstanden. Denkt man sich den Buccaltrichter in diesen primitiven 
Zustand zurückversetzt, so ergibt sich für die morphologische Analyse 
des ventralen Segelapparates, daß die an der Ventralseite der beiden 
unteren Arme inserierenden Spannhäute, die jetzt in der oben erwähnten 
„Kante“ zusammenlaufen, ursprünglich getrennt blieben und jeder- 
seits eine Verbindung mit der Ventralseite, bezw. dem ventralen Schutz- 
saume, der beiden ventralen Buccalpfeiler herstellten. Ganz ähnlich 
verhielten sich die beiden anderen Teile des Velums, welche die Ventral- 
seiten der III. Arme jederseits mit der Dorsalseite, bezw. mit dem 
dorsalen Schutzsaume dieser beiden Buccalpfeiler verbanden. Die 
sekundäre Verschmelzung des ventralen Buccalpfeilerpaares ist nun 
(wie diejenige des dorsalen Paares) eine bei gewissen Decapoden (solchen 
m :ines „Nichtenoploteuthidentyps‘‘; 1922) weit verbreitete Er- 
scheinung, die sich, in der Familie Sepiolidae z. B., von Gattung zu 
Gattung schrittweise verfolgen läßt. Auch bei Histioteuthis fand im 
Laufe der Stammesentwicklung eine solche Verschmelzung statt, 
und damit wurden auch die beiden Teile des ventralen Segels, das zu 
diesem Zeitpunkte in gewisser Weise bereits vorhanden gewesen 
sein muß, miteinander verlötet. So entstand die ‚Kante‘, die dem- 
nach nichts anderes als eine Doppelnaht ist, und damit auch die eigen- 
artige (aber durchaus nicht schwer analysierbare) Anordnung der 
einzelnen Teile des ventralen Segels zueinander. Pfeffers Darstellung 
dieses Sachverhaltes (1912, p. 301) trifft nicht den moıphologischen 
Kern des Tatbestandes; doch kann darauf hier nicht näher eingegangen 
werden (vg]. Grimpe 1922). — b) Bei Calli'teuthis stoßen wir auf gänz- 
lich andere Verhältnisse am Buccaltrichter. Seine ventralen Zipfel sind | 
hier weit voneinander getrennt und durch häutige Brücken gegen 
die Dorsalseite der IV. Arme geheftet. Sie machen nirgends den 
Eindruck einer beginnenden Verschmelzung. — c) Aus dem Buceal- 
trichter, wie er bei Calliteuthis entwickelt ist, läßt sich 
derjenige von Histioteuthis nicht ableiten. Zum Verständnis 
dieser Tatsache bedarf es folgender Vorbemerkung: Wie namentlich 
Chun (1910, p. 18 ff.) gezeigt hat, kann man innerhalb der Gruppe 
Oegopsida deutlich zwei Typen des Buccaltrichters unterscheiden, 
einen, bei dem seine beiden ventralen Pfeiler dorsal der Oralfläche 
der IV. Arme heften, und einen anderen, bei dem sich diese Heftung 
an der Ventralseite derselben befindet. In der erwähnten Arbeit habe 
ich nun einerseits den Nachweis erbracht, daß sich der eine T'yp nach- 
träglich nicht in den anderen überführen läßt, andererseits unzwei- 
deutig dargelegt, daß im Falle des ersten Typs (Enoploteuthiden- 


12. Heft 


200 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


typus) eine Verschmelzung des ventralen Buccalpfeilerpaares undenkbar 
ist. — Der Tatbestand liegt innerhalb der Familie Histioteuthidae 
nun so, daß «) Calliteuthis (auch Histiopsis) ein Repräsentant dieses 
Enoploteuthidentyps ist, und $) bei Histioteuthis eine Verschmelzung 
des ventralen Pfeilerpaares vorliegt. Der Buccaltrichter der letzteren 
ist also nach einem völlig anderen Prinzip gebaut; er stellt sicb als eine 
besondere’ Form des zweiten Typs (Nichtenoploteuthidentypus) dar, 
wie man ihm ursprünglich, d. h. siebenteilig, z. B. auch bei Zoligo, 
Chiroteuthis usw., abgeleitet, d. h. sechsteilig, z. B. bei Rossia, Octo- 
podoteuthis usw. begegnet. Daß auch Histioteuthis in diese Kategorie 
gehört, geht einfach schon daraus hervor, daß bei ihr (in der Jugend 
sowohl wie im Alter) eine Verbindung zwischen dem ventralen Buccal- 
pfeiler und der Dorsalkante der IV. Arme fehlt, dagegen eine solche 
zwischen ihm und der Ventralseite besteht, eine Verbindung, die in 
zwei Schenkel sich gabelnd, links wie rechts gewissermaßen den proxi- 
malen Abschluß der beiden ventralen Spannhäute darstellt (vgl. Grimpe 
1922). — d) Ist somit der Nachweis erbracht, daß der Buccaltrichter von 
Histioteuthis morphologisch (zugleich phylogenetisch) nicht von dem- 
jenigen der Calliteuthis abzuleiten ist, so kann selbstverständlich auch 
nicht im Laufe der Ontogenese von Histioteuthis ein Stadium durch- 
laufen werden, das über einen Calliteuthis-ähnlichen Buccaltrichter 
verfügt. Das heißt aber mit anderen Worten: Jugendliche Histio- 
teuthiden mit siebenteiligem Buccaltrichter vom „Enoplo- 
teuthidentyp“ gehören keinesfalls zu  Histioteuthis, 
sondern zu Calliteuthis oder einem nächstverwandten' 
Genus. Damit wird auch die alte Ansicht (Pfeffer 1900, p. 170; 
Chun 1910, p. 156; Pfeffer 1912, p. 299), daß Histioteuthis in der Jugend 
einen siebenteiligen, im Alter dagegen einen sechsteiligen Buccal- 
trichter besitzen soll, hinfällig. Sie war entstanden in der irrtümlichen 
Voraussetzung, daß Histiopsis in den Entwicklungskreis von Histio- 
teuthis gehöre: das ist aber, wie wir sahen, nicht der Fall. Dieser An- 
nahme fehlt also jegliche morphologische Grundlage, ganz abgesehen 
davon, daß mein Befund an jungen Tieren ihr direkt widerspricht. 
— Für die Praxis der Bestimmung jugendlicher Histioteuthiden ge- 
winnen alle diese Feststellungen eine hohe Bedeutung. 

Die Auffassung, die ich mir auf Grund meiner Studien über die 
Verwandtschaftsverhältnisse der Histioteuthiden untereinander ge- 
macht habe, soll endlich noch in dem nun folgenden System der Familie 
einen prägnanten Ausdruck erfahren. 

Histioteuthidae (V.errill 1880, p. 195; sens. amplif.) Pfeffer 

1900 (p. 168). 

Bueealtrichter siebenteilig: Calliteuthinae n. subfam. 

Hierher: Calliteuthis Verrill 1880 (p. 295), Stigmatoteuthis Pfeffer 
1900 (p. 170), Meleagroteuthis Pfeffer 1900 (p. 170), Histiopsis Hoyle 
1885 (1886, p. 180), Histiochromius Pfeffer 1912 (p. 319). 

Bucealtrichter sechsteilig: Histioteuthinae n. subfam. 

(— Histioteuthidae Verrill 1880) 

Hierher: Mistioteuthis Orbigny 1839 (p. 327). 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 201 


Histologischer Bau der „Endorgane“. 

Die vorangehenden vergleichend-morphologischen Unter- 
suchungen haben schon die Annahme, daß das dunkle Endorgan an- 
den Spitzen der sechs Dorsalarme ein Leuchtorgan ist, ziemlich sicher 
gestellt. Es sollen nun hier die Ergebnisse der histologischen 
Untersuchung dieses Streifenorganes Darstellung finden, die diese 
Annahme voll bestätigen werden. Gleichzeitig habe ich die Be- 
funde, die Joubin (1893) an den runden Leuchtorganen der Arme, 
den Laternorganen, wie sie genannt werden, angestellt hat, nach- 
geprüft und konnte so die bisherigen Kenntnisse von diesen Leucht- 
organen jn einigen Punkten berichtigen und erweitern. 


BEL TI 
Y KANIS 
N NSS 


Histioteuthis bonelliana juv. 


Fig.5. Querschnitt durch die Spitze des 1. Arms links, wenig proximal 
der Mitte des „Endorgans“. — Vergr. 50:1. (Zeichenerklärung im Text.) 


Einen Querschnitt durch die Armspitze zeigt uns die oben- 
stehende Skizze (Fig. 5). An der oralen Seite des Armes, an der sich 
auch die Saugnäpfe (sn) befinden, läuft der Nerv (an), umgeben von 
dem Muskelrohr (am). An der entgegengesetzten Seite liegt das Streifen- 
organ. Das Gewebe des Armes ist ein schwammiges, gallertartiges 
Parenchym, zwischen dem die Muskulatur gänzlich fehlt. Streifen- 
organ und Muskelrohr berühren sich etwa im Zentrum des Armes, 
so daß die oralwärts gelegene Fläche des Organs eine leichte Ein- 


12, Heft 


202 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


buchtung zeigt. Der Schwimmsaum (s) zieht, als geringe Anschwellung 
kenntlich, etwas seitlich am Organ entlang. Die Form des Streifen- 
körpers ist zur oral-aboralen Mittellinie queroval. Sein Flächeninhalt 
verhält sich zu dem des Muskelrohres des Armes fast überall unge- 


so 


— 
_ 


mm sem‘ N m >, mn au \usm, 


Fig.6. „Endorgan“ von Histioteuthis. — Stark vergrößerter Ausschnitt der 
Fig.5 (550:1). Zeichenerklärung: rm Ringmuskulatur, Im Längsmuskulatur, 
dm Radiärmuskulatur des Arms; übrige Bezeichnungen im Text. 


fähr wie zwei zu eins, wobei sich dies Verhältnis nach dem distalen Ende 
hin etwas mehr zugunsten des Muskelrohres, proximalwärts aber 
zugunsten des Streifenorganes verschiebt. —- Es fallen sofort drei 
scharf geschiedene Zellschichten auf: Zentral ein Komplex großer 
Zellen, der Leuchtkörper (so). Von hinten her wird dieser schalen- 
lörmig von einer breiten Zellschicht umfaßt, dem Reflektor (r), der 
dann seinerseits noch von einer schwächeren, schwarzbraunen Schicht, 
einem Pigmentmantel (p), umgeben wird. Wie sich die einzelnen Zell- 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 203 


elemente dieser Schichten darstellen, mag ein stärker vergrößerter 
Ausschnitt der Fig.5 zeigen (Fig. 6). 

Beginnen wir mit der äußersten Schicht, dem Pigmentmantel 
(g). Er umfaßt in den mittleren Partien des Organs dieses fast zu drei 
Viertel; nur am distalen und proximalen Ende umschließt er es ganz. 
Wir finden so also an der Außenseite den Pigmentmantel in Form 
eines fast die ganze Länge des Organs einnehmenden Schlitzes 
(„‚Fensters‘‘) offen. In annähernd gleicher Stärke liegt er überall dem 
Reflektor dicht an. Am Ende der Reflektorschicht nimmt seine Dicke 
rasch ab, und an der Außenseite des Leuchtorganes finden sich nur 
einzelne, mehr oder weniger stark kontrahierte Chromatophoren 
(bl in Fig. 5). An der den Leuchtzellen abgekehrten Seite zeigt dieser 
Pigmentmantel keine scharfe Kontur. Die einzelnen Chromatophoren 
liegen vielmehr lose zwischen den Bindegewebszellen. Mehr nach dem 
Inneren zu werden die Chromatophoren immer dichter; es lassen sich 
nur undeutlich einzelne Pigmentbänder erkennen. Die dem Reflektor 
anliegende Seite erscheint schließlich fast als homogenes, schmales, 
schwarzes Band, in dem sich kaum die einzelnen Pigmentkörner unter- 
scheiden lassen. Daher finden wir auch den Pigmentmantel auf seiner 
Innenseite scharf konturiert. Zwischen den streifig angeordneten 
Chromatophoren liegen verstreut die Kerne derselben. 

Auf den Pigmentmantel folgt nach innen der Reflektor. Zwischen 
beiden zieht eine dünne Grenzschicht, die Limitans externa (f). 
_ Die sehr schmalen Zellen dieser Lamelle sind fast nur durch ihre vor- 
gebuchteten Kerne kenntlich. Zudem liegt diese Limitans der letzten, 
ziemlich flachzelligen Reflektorschicht oft so dicht an, daß es kaum 
möglich ist, zu entscheiden, ob es sich um Reflektor oder besondere 
Grenzschicht handelt. Trotzdem läßt sich auch dann aus Form und 
Anordnung der Kerne das Vorhandensein der Limitans feststellen. 

Der Reflektor (e) umfaßt im Querschnitt nur etwa zwei Drittel 
des Leuchtkörpers, und seine Breite nimmt nach den Seiten zu all- 
mählich ab. Er wird aus etwa 8 bis 10 Schichten spindelförmiger 
Zellen zusammengesetzt, die ich mit Chun als ‚„Schuppenzellen“ 
bezeichnen möchte. Die Anordnung dieser Schuppenzellen ist eine 
ganz bestimmte: Der Bauch ieder Zelle greift in den Raum ein, der. 
durch die sich verjüngenden Spitzen zweier Zellen der darüber- bezw. 
darunterliegenden Schicht gebildet wird. Man kann daher außer den 
Längsreihen noch sich krenzende Diagonalreihen von Zellen erkennen. 
Diese Anordnung wird peripherwärts!) undeutlicher, da die Schichten 
“in zentrifugaler Richtung aus immer kleineren, schmaleren Zellen 
gebildet werden. — Die einzelne Schuppenzelle zeigt zentral einen 
großen, dunklen, ovalen Kern, der von konzentrisch geschichteten 
Lamellen, Bindegewebslamellen, umlagert ist. 

Nach innen wird der Reflektor durch eine Grenzschicht, die Limi- 
tans interna (d), gegen den eigentlichen Leuchtkörper abgegrenzt. 


1) Die Ausdrücke „‚peripher“, „zentrifugal‘“, ‚‚distal‘“ usw. sind stets zur 
Axe des Leuchtorganes gedacht, nicht zur Axe des Armes. 


12. Heft 


204 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Auch diese ist sehr dünn und meist nur an den Vorbuchtungen ihrer 
Kerne kenntlich. 

Der Leuchtkörper (so), der den ganzen Innenraum des Streifen- 
organes einnimmt, läßt deutlich drei Zellelemen:e erkennen, die in 
konzentrischen Schichten gelagert sind. Zu äußerst eine meist ein- 
fache Lage von Nervenzellen (c). An den Eintrittsstellen der Nerven 
in den Leuchtkörper sind diese stark gehäuft, und es liegen dann 
dort oft zwei bis drei Zellen übereinander. Die Zellen sina ausge- 
sprochen bipolar und besitzen einen großen, kugligen Kern, deı zwischen 
sehr fein verteiltem Chromatin zwei bis drei große Nucleolen zeigt. 

Zwischen die Nervenzellen und nach innen bis zwischen die eigent- 
lichen Leuchtzellen reichend liegt eine, allerdings nicht scharf aus- 
geprägte, Schicht von Stützzellen (b). Es sind schmale, längliche, 
oft auch unregelmäßig gestaltete Bindegewebszellen mit einem 
chromatinreichen, länglich-ovalen Kern. Mit ihren dem Pigment- 
mantel zugekehrien distalen Enden liegen sie zwischen den Nerven- 
zellen, meist der Limitans interna an; mit ihren proximalen Enden 
reichen sie bis zu den peripheren Enden der Leuchtzellen, denen sie 
sich eng anlegen. 

Die Leuchtzellen (a) endlich sind lange, schmale Zellen, die rad)är 
angeordnet sind. Sie liegen in mehreren Schichter übereinander, 
und ihre rundlichen, chromatinreichen Kerne ruhen in kleinen Plasma- 
inseln, während der übrige Raum der Zellen völlig mit Leuchtsekret 
erfüllt ist. 

Die Zahl der Nerven (n), die zum Leuchtkörper führen, ist eine 
ziemlich große. Obwohl ihre Enden allseitig, also auch von außen her, 
an die Nervenzellen herantreten, so liegen gleichwohl die Eintritts- 
stellen der Nerven in das Organ in zwei zu beiden Seiten des Arm- 
nerven entlangführenden Reihen geordnet. Die Nerven, die von der 
Seite oder von außen an den Leuchtkörper herankommen, laufen dann 
zwischen den Chromatophoren des Pigmentmantels hindurch. Der 
Reflektor wird darauf annähernd geradlinig durchbrochen, wobei die 
Schuppenzellen oft direkt 
durchsetzt werden. Dieser 
meist geradlinige Verlauf des 


ET RERS hyalinen Nerven würde es 
od I? also möglich machen, daß 
19 E AN ( | Strahlen auch an der Rück- 


seite des Organes austreten 


2 = a 1 
Fig. 7. Histioteuthis bonelliana. (Querschnitt ae, [ Re ai Ne = 
durch den vorderen Teil des „Endorgans“ mit Mindern, wir er eTv 

vorgezogenen Blenden. Veırgr. 50:1 noch ein großes Stück nach 


dem Armnerv zu hülsenartig 
von dichtem Pigment umgeben, das an der Eintrittsstelle in das 
Organ direkt in den Pigmentmantel übergeht. Die Limitans externa 
läuft in zentripetaler Richtung ein Stück am Nerv entlang, während 
die Limitans interna gerade entgegengesetzt, also in zentrifugaler 
Richtung, den Nerv begleitet. 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 205 


Schließlich wird die für die Funktion des Leuchtkörpers nötige 
Blutzirkulation durch ein reichliches Kapillarnetz (v) zwischen 
den Leuchtzellen gesichert. 

Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß auf vielen Schnitten der 
Leuchtkörper auf der Außenseite durch eine mehrschichtige Lage 
expandierter Chromatophoren gegen die Außenwelt abgeschlossen 
erscheint (Fig. 7). An solchen Stellen sind die in Fig. 5 kontrahiert 
dargestellten Farbzellen ausgedehnt. Ich will mich mit diesem Hin- 
weis hier begnügen, da wir auf diese Fragen weiter unten nochmals 
ausführlicher zu sprechen kommen (p. 210). 


Streifenleuchtorgane und Laternen. 


Nachdem wir jetzt die einzelnen Elemente des Streifenleuchtorgans 
kennen gelernt haben, wird uns beim Vergleich mit einem Schnitt 
durch ein Laternorgan sofort die weitgehende Übereinstimmung 
im Aufbau beider Organe auffallen. Der histologische Bau eines solchen 
Laternorgans ist uns durch die Untersuchungen Joubins (1893) be- 
kannt. Dennoch dürfte es sich empfehlen, die teilweise unzulänglichen 
Deutungen Joubins durch eine eigene mikroskopische Untersuchung 
nachzuprüfen. Wir verweisen zu diesem Zwecke auf Fig. 8. Zu äußerst 
wird der Leuchtkörper schalenartig von einem hier allerdings weit 
schwächeren Pigmentmantel (p) umfaßt. Diesem folgt nach innen 
der Reflektor (r), der auch hier aus den typischen Schuppenzellen 
aufgebaut wird. Die zwischen beiden liegende Limitans externa hat 
Joubin nicht gesehen. Nach innen hin wird der Reflektor von einer 
Limitans interna begrenzt, welcher dann der Leuchtkörper (lo) dicht 
aufliegt. Er bestehö wieder aus den drei Zellelementen, Nervenzellen, 
Stützzellen und Leuchtzsllen, aie in der angeführten Reihenfolge 
von außen nach inn>n aufeinander folgen. Der Nerv dwchsetzt eben- 
falls die Zellen d.s Reflektors und wird von den beiden Grenzlamellen 
ein Stick in den Reflektor hinein begleitet. Charakteristisch fur das 
I aternorgan allein ist aber dann der aioptrische Apparat und die durch 
aessen Ausbildung hervorgerufene Abänderung des Leuchtkörpers, 
der hier nicht kugelig, sondern schalenförmig ist. Ehe ich kurz auf den 
Bau des Linsenapparates eingehe, möchte ich nochmals auf den 
Leuchtksrper zurückkommen. Joubin hatte bei seinen ersten 
Untersuchungen schon die cben angeführten dreı Zellelemente ge- 
funden. Chun aber vermochte an seinen hinsichtlich der histo- 
logischen Erhaltung allerdings durchaus nich, einwandfreien Objekten 
diese Unterschiede nieht festzustellen und glaubt Joubins Angaben, 
wie in manchen anderen Punkten mit Recht, berichtigen zu müssen. 
Er erklärt die Ne:venzellen für die spitz auslaufenden Enden der Leucht- 
zellen und die Stützzellen für Blutg füße. Dieser Erklärung muß sich dıe 
vorliegende Nachuntersuchung entgegensöellen, welche die soubinschen 
Ergebnisse in diesem Punkte bestitigt. Die starke Verschieoenheit 
der Kerne allein schon macht die Annalıme zweier Zellelemente not- 
wendig, selbst wenn keine Zellgrenzen zwischen Tseucht- und Nerven. 


12. Iloft 


206 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


zellen zu erkennen wären. Und wären die Stützzellen Gefäße, so 
würde eıne so starke Häufung der Kapillaren an der Peripherie zum 
mindesten verwunderlich erscheinen. Außerdem aber müßte die Zahl 
der schmalen, dunklen Gefäßkerne, die, wie ich zugeve, eine gewisse 
Ähnlichkeit haben mit den Kernen dieser Stützzellen, ungleich größer 
sein. Es muß also els sicher gelten, daß der Leuchtkörper aus den er- 
wähnten drei Zellarten aufgebaut ist. 


Fig. 8. Histioteuthis bonelliana juv. Annähernd sagittaler Längsschnitt durch 
das Hinterende des „Endorgans“ und das distalste Laternorgan (III. Arm links). 
Vergr. ca.35:1. Zeichenerklärung im Text. 


Kehren wir zurück zum dioptrischen Apparat des Laternorganes. 
Dieser besseht aus der Linse (}) und dem Spiegel (sp). Die erstere 
schließ: unmittelbar an die Leuchtzellenschicht an und läßt deutlich 
zwei Teile erkennen. Die hintere Hälfte (1) besteht aus einem Gerüst- 
werk langer, schmaler Zellen, mit rundlichen, chromatinreichen Kernen. 
Die Zellen lassen zahlreiche Lücken frei; auch sind sie an ihren Enden 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 207 


oft in einen oder zwei Zipfel ausgezogen. Die vordere halbkugelige 
Lartie «ler Linse (1‘) erscheint dagegen als eine fasö homogene, kern- 
lose Schicht. Bei sehr starker Vergroßerung lessen sich lange schmale 
Zellen erkennen, die überall dicht aneinander liegen. Zwischen dem 
ganz gleichmäßigen und nur schwach färbbaren Zellinbalte liegen 
sehr chromatinarme, runde Kerne, denen auch jeder Nucleolus feblt. 
Der innere Lin;enteil entspricht dem ‚‚Cöne cristallin““ Joubins. Eine 
weitere Trennung der vorderen Linsenhölfte in aie ‚‚lentille bi-convexe“ 
und die ‚lentille concavo-convexe‘“ habe ich, wie auch schon Chun, 
nicht feststellen können. Ich möchte annehmen, daß diese Scheidung 
Joubins eine völlig willkürliche war. Gan»z unverständlich aber ist 
mir die Joubinsche Abbildung des ‚Spiegels‘‘, des ‚„‚miroir superieur“, 
Meine Untersuchungen ergaben, daß der Reflektor an der der Ober- 
fläche des Armer zugekehrten Seite an der Linse ziemlich scharf ab- 
schneidet. An der gegenüberliegenden Seite dagegen s:tzt er sich 
noch weit über den Leuchtkörper hinaus fort. Die Schuppenzellen 
lösen sich allmählich auf, und die Bindegewebslamellen bilden zinen 
Faserstrang, der sich allmählich verjüngt. Dieser Strang aber ist 
eben der Spiegel (sp.). Von der Kuppe der Linse aus zieht dann ein 
pyramidenformiger Strang (ll) nach oben, der aus schmalen Lamellen 
aufgebaut ist. Er legt sich mit seiner Spitze etwa in der Mitte des 
Spiegels an diesen an. An seiner Außenseite trägt er einen bandförmigen 
Chromatophor (bl ‘). Über die Bedeutung dieses Zellstranges vermag 
ich nichts bestimmtes zu sagen. Ich möchte ihn für ein Aufhängeband 
der Linse ansehen. Darin einen Akkomodationsmuske] der Linse zu 
vermuten, erscheint bei der sonstigen recht weitgehenden Überein- 
stimmung im Bau mit einem Sehorgan zunächst nicht unwahrscheinlich. 
Aber die Zellelemente dieses Stranges besitzen gar keinen muskulösen 
Charakter. Außerdem ist vom rein physiologischen oder auch bio- 
logischen Standpunkte aus die, Notwendigkeit oder wenigstens Nütz- 
lichkeit einer „Akkomodation‘. absolut nicht einzusehen, wenn auch 
rein physikalisch durch :ine Änderung der Linsenwölbung durch Muskel- 
zug von vorn optische Effekte erzielt werden könnten. Nach Joubin 
nun ist dieser Zellstrang zusammen mit dem über ihn hinausgehenden 
Teil des Spiegels der ‚‚miroir supeiieur“, obgleich die Zellstruktur 
beider Teile durchaus verschieden ist. Allein die Annahme einer falschen 
Deutung, bezw. eines Übersehens der wahren Verhältnisse kann hier- 
für eine Erklärung geben. Eine zweite mögliche Vermutung, Joubin 
habe gar keine Histioteuthis untersucht, ist hinfällig, da an seinem 
Tier ‚a la pointe de chacun des bras se trouve un gros eylindre noir“, 
eben dieses Streifenleuchtorgan, das, wie im ersten Teil gezeigt wurde, 
für Histioteuthis charakteristisch ist. 

Nach diesem Vergleich eines gewöhnlichen Laternorganes mit 
unserem Endorgane kann bei der weitgehenden Übereinstimmung 
des histologischen Aufbaues keinerlei Zweifel mehr bestehen, daß 
dieses Streifenorgan ein Leuchtorgan ist. Da aber jeder dioptrische 
Apparat fehlt, haben wir in diesem Streifenleuchtorgan ohne Zweifel 
einen primitiveren Zustand vor uns. Wenn nun Joubin in bezug 


12. Heft 


208 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


auf das Endorgan (‚le gros eylindre noir“) schreibt, es sei ‚‚la coalescence 
de plusieurs organes lumineux‘ (Laternorganen), so müßte dieser 
primitivere Zustand etwas sekundäres sein und nicht, wie doch 
natürlicher, etwas primäres. Auch ist es ganz unverständlich, warum 
der für Leuchtorgane doch sicherlich sehr vorteilhafte dioptrische 
Apparat verloren gehen soll, wenn die Leuchtfunktion bestehen bleibt. 
Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich gerade das Gegenteil annehme: 
Das Streifenleuchtorgan ist nicht durch Fusion mehrerer 
Laternorgane entstanden, sondern es haben sich viel- 
mehr die letzteren davon abgespalten. Einmal liegt ja das 
embryonale Gew:be in den Spitzen der Arme. Es ist also durchaus 
natürlich, wenn Organe, die der Armbasis näher liegen, weiter ent- 
wickelt sind als die Spitzenorgane. Weiter aber läßt sich auch die 
Bildung der Linse ganz ohne Zwang erklären. Der Leuchtkörper des 
Endorganes ist im Querschnitt elliptisch, der des Laternorganes aber 
halbmondförmig. Hier haben sich eben die äußeren Leuchtzellen 
zu den Linsenzellenumgebildet, und tatsächlich zeigen ja auch 
die Zellen der inneren Linsenhälfte eine unverkennbare Ähnlichkeit 
in Form und Anordnung mit den Leuchtzellen. Schließlich findet bei 
dieser Annahme auch die Anordnung der Spiegel ein leichteres Ver- 
ständnis. Es reicht nämlich der Spiegel jedes Laternorganes (sp ‘) 
bis an das nächste, distalwärts gelegene und legt sich mit seinsm Ende 
diesem dicht an. DerSpiegel des distalsten Laternorganes (sp) liegt dann 
dem dem Endorgan an. Es besteht also so gewissermaßen ein letztes alle 
aus einem Ursprung entstandene Organe umfassendes Band. Wenn 
wir noch in Betracht ziehen, daß wir, wie im ersten Teil gezeigt wurde, 
Histioteuthiden kennen, die gewissermaßen Üb rgangsformen dar- 
stellen (Histiopsis, Calliteuthis, vgl. p. 196), so erscheint die An- 
nahme der Abspaltung als ziemlich gesichert im Gegensatz zu 
Joubins vager Annahme einer Fusion. 


Das Endorgan von Histioteuthis verglichen mit ähnlichen 
Bildungen bei anderen Ögopsiden. 


Da es nun auf Grund vorliegender Untersuchungen als sicher gelten 
muß, daß das Spitzenorgan ein Leuchtorgan ist, so kann also die Gattung 
Histioteuthis nicht mehr zu den Formen mit einerlei Leuchtorganen 
gestellt werden, wie es Chun (1910, p. 49) getan hat, da er ja in dem 
Endorgan ein Drüsenorgan und kein Leuchtorgan erblickte. Wir 
müssen somit also Histioteuthis zu den Formen mit zweierlei Leucht- 
organen zählen, wie etwa Enoploteuthis, Leachra usw. 

Es wirft sich nun die Frage auf, ob derartige Streifenleuchtorgane 
nur bei der Gattung Histioteuthis vorkommen, oder ob sich ähnliche 
Bildungen auch bei anderen Formen finden. Es können solche 
Organe höchstens in der Gruppe der Ögopsiden auftreten, da die 
Leuchtorgane der Sepioliden gänzlich anders gebaut sind. (Die erst 
neuerdings [Joubin 1912, Vampyroteuthidae] bei Octopoden ge- 
fundenen Leuchtorgane sind in ihrem Bau so wenig bekannt, daß sie 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 209 


nicht zu einem Vergleich herangezogen werden können.) Und tat- 
sächlich finden wir in einigen wenigen Fällen ganz äbnliche Bildungen. 
So besitzt die Gattung Octopodoteuthis an allen, also auch den Ventral- 
armen, spindelförmige -Endanschwellungen, die nach Beobachtungen‘ 
Veranys kräftig gefärbt sind. Pfeffer schreibt hierüber: „Die eigen- 
tüml'chen, an die Linse mancher Leuchtorgane erinnernden Struktur- 
verhältnisse, die man bei jüngeren Tieren wahrnimmt, dürften viel- 
leicht den Gedanken nahelegen, daß wir es hier mit einem mehr oder 
weniger rückgebildeten Leuchtorgan zu tun haben“ (1912,p.216). Wenn 
wir nun in Betracht ziehen, daß das ganz ähnliche Endorgan bei Histio- 
teuthis, wie gezeigt, ein primitives Leuchtorgan ist, von dem sich 
Leuchtorgane abgespalten haben, die durch Weiterentwicklung zu 
komplizierten Laternen werden, so neige ich mehr der Ansicht zu, daß 
die Endkörper bei Octopodoteuthis nicht rückgebildete, sondern im Gegen- 
teil primitive Leuchtorgane sind. Es hat hier nur keine Abspaltung 
stattgefunden, denn es fehlen ja diesen Formen jegliche Laternorgane 
an den Armen. Ich möchte also glauben, daß Octopodoteuthis erst am 
Anfang der Bildung von Leuchtorganen steht. Gestützt wird diese 
Annahme noch durch Chuns Untersuchung der beiden dem Tinten- 
beutel aufliegenden knopfförmigen Anschwellungen, in denen er 
sehr primitive Leuchtorgane vermuten möchte, „die“, falls es sich um 
solche handelt, „erst in der Entwicklung begriffen sind und einst- 
weilen weder Reflektoren, noch sonstige Nebeneinrichtungen zur 
Ausbildung brachten“ (Chun 1910, p. 141). Leider fehlen bis jetzt 
über diese Anschwellungen genauere Untersuchungen, die eine be- 
stimmtere Deutung ermöglichen würden. 

Besser bekannt sind dann solche Endorgane bei den Gattungen Abra- 
lkiopsis und Watasenia, die Bildungen dieser Art allerdings nur an den 
beiden Ventralarmen tragen. Diese Endanschwellung ist in drei kugel- 
förmige Abschnitte gegliedert, denen sich nach vorn zu zwei bis drei 
kleinere knopfartige Anschwellungen anschließen. Daß es sich bei diesem 
Endorgan um Leuchtorgane handelt, steht einwandfrei fest, nachdem 
Ishikawa das Leuchten an lebenden Tieren direkt beobachten konnte. 
Aber auch ohne diese Tatsache hätte man aus dem Aufbau dieser 
Organe, der uns durch die Untersuchungen von Joubin (1896) und 
Chun (1910) bekannt ist, auf die Leuchtfunktion dieser Endkörper 
schließen müssen. Folgen wir der Chunschen Darstellung, so wird dies 
Organ aus drei Schichten aufgebaut: Zentral ein etwa nierenförmiger 
Körper aus polyedrischen bis schlauchförmigen Zellen. Um diese nach 
hinten hin schalenartig eine dünne Schich. faseriger Zellen, die zur 
Axe des Örganes ringförmig laufen. Das ganze Organ wird nach außen 
hin von einem Pigmentmantel umgeben. Der zentrale Körper ist 
natürlich der Leuchtkörper; ob er aus nur einer, oder, wie Joubin 
fand, aus vier verschiedenen Zellarten aufgebaut wird, braucht hier 
nicht erörtert zu werden. Die dünne Hülle ist dann der Reflektor. 
Chun fand nun den Pigmentmantel allseitig um das Organ gelagert, 
ein Umstand, der ihm die Deutung dieses Endkörpers als ein Leucht- 


organ unmöglich erscheinen ließ. Betrachten wir jedoch seine Abbildung 
Archiv ftir Naturgeschichte 
1921. A. 12. 14 12. Heft 


210 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


eines Schnittes (tab. VIII, fig. 7) genauer. so zeigt sich, daß das Pigment 
an der Außenseite des Leuchtkörpers viel lockerer liegt. Wir haben 
ein Bild, das meiner Fig. 7 nicht unähnlich ist, wo die Chromatophoren 
als Blenden vorgeschaltet liegen. Das Tier vermag also, ebenso wie ich 
es schon für Histioteuthis aussprach, diese Blendehromatophoren will- 
kürlich, bezw. reflektorisch zu expandieren und kontrahieren. Tshi- 
kawas Abbildung läßt auch erkennen, daß tatsächlich beim lebenden Tier 
diese Blenden meist zurückgezogen sind (seine fig.5). Auch für 
Abraliopsis muß nun wieder die Annahme gelten, daß es sich um ein 
Leuchtorgan primärer Gestaltung handelt, denn es fehlt jeglicher 
dioptrische Apparat. Hier aber ist bereits der erste Anfang einer 
Abschnürung gemacht, da wir nicht mehr ein einheitliches Streifen- 
organ vor uns haben. 

Und schließlich finden wir noch bei einer dritten Art ähnliche 
Bildungen, bei C'hiroteuthis. Hier tritt an der Spitze der Tentakel- 
keule eine kolbige, intensiv violett pigmentierte Verdickung auf, 
die Chun als „„Endknopf‘“ bezeichnet. Auf seiner Außenfläche zeigt 
er eine lang-oval ausgezogene Mündung, die zwischen dem Pigment 
weiß erscheint. Die Schnitte durch dieses Organ haben auf den ersten 
Blick ein ganz anderes Ausseher wie solch : durch unser Streifenorgan. 
Vor allem sind sie nach außen offen. Und doch könnte man ohne Zwang 
die Teile eines Leuchtorganes feststellen: Zu äußeıst ein allerdings 
nur schwacher und loser Pıgmentmantel, auf den nach innen eine 
Streifenschicht, der Reflektor, folgt. Zentral ein lamellöser Leucht- 
körper. Der dioptrische Apparat fehlt wieder. Es würde sich also hier 
um ein offenes Leuchtorgan handeln, ein Drüsenorgan, das ein leuchten- 
des Sekret ausstößt, sofern man nicht annehmen will, — was zwar 
nicht ganz ausgeschlossen erscheint — daß das Material, welches 
Chun für seine Untersuchung hatte, etwas verletzt gewesen ist. Er 
hat nun selbst die Möglichkeit einer Leuchtfunktion nicht ganz in 
Abrede gestellt. Doch glaubt er mehr, ‚daß diese Drüsenknöpfe .... 
giftige Stoffe ausscheiden, die zur Betäubung der Beutetiere dienen“ 
(Chun 1910, p. 250). Er hat eine Begründung dieser Annahme nicht 
gegeben, und es ist auch kaum möglich, eine solche zu finden. Kann 
also für diesen Fall kein endgültiger Entscheid getroffen werden, 
so muß es aber als sicher gelten, daß die Endorgane bei den Gattungen 
Histioteuthis, Octopodoteuthis, Abraliopsis und Watasenia Leuchtorgane 
sind. 


Biologisch-physiologische Betrachtungen. 


Wenn wir die ansehnliche Größe unseres Streifenleuchtorganes 
in Betracht ziehen, so muß man eine recht bedeutende Leuchtkraft 
vermuten. Ishikawa, derja bei Watasenia scintillans Berry das Leuchten 
am lebenden Tier beobachtet hat, schreibt: ‚Die Endorgane sind, 
wie Watase angibt, Leuchtorgane erster Ordnung. - Diese leuchten 
so stark, daß, falls man die Tiere im dunklen Wasser beobachtet, man 
nur zwei leuchtende Körper im Wasser sich bewegen sieht“ (p. 168). 
Bei uns vorliegenden geschlechtsreifen Weibchen von Watasenia 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 211 


scintillans von etwa 45 mm ventraler Mantellänge messen die 
drei kugelförmigen Endorgane zusammen 3,5 mm, sind also noch 
ı/, mm kürzer, als das Endorgan bei unserer noch ganz jugendlichen 
Histioteuthis. Bei einer Abraliopsis morrisi Ver. von 10 mm ventraler 
Mantellänge maßen die drei Kugelorgane zusammen sogar nur 1,7 mm. 
Wenn man nun bedenkt, daß bei einer erwachsenen Histioteuthis 
die Endorgane an den III. Armen 105 mm lang sind (festgestellt 
nach Chun 1910, tab. XXI), so ergibt sich, daß die Lichtmenge dieser 
Organe, da sie diejenigen von Watasenia ja um das 30-fache an Länge 
übertreffen, auch mindestens das 30-fache betragen wird. 


Die Lichtintensität eines solchen Endorganes ist also auch ganz 
bedeutend größer als die eines Laternorganes. Es findet diese Differenz 
der Intensitäten schon einen Ausdruck in der verschiedenen Dicke 
des Pigmentmantels, der am Streifenorgan beträchtlich (5 bis 6-mal) 
stärker ist els am lJ.aternorgan (vgl. Fig. 8). 


Die Farbe des Lichtes möchte man, so lange keine direkten Gegen- 
beobachtungen vorliegen, als eine etwa bläulich-grüne annehmen. — 
Bei Watasenia scintiliars hat Ishikawa ein bellblaues Licht beobachtet. 
— Durch Vorschalten der Blendchromatophoıen als Farofilter kann 
diese Farbe vielleicht in verschiedener Weise abgeändert werden, 
sodaß man mancherlei Farbspiele außerhalb des Leuchtstreifens ver- 
muten könnte. Allerdings hat, wie wir gleich sehen werden, eine 
andere Deutung dieser Blenden für diesen Fall vielleicht mehr für sich. 
Wir müssen aber zunächst erst kurz auf die biologische Bedeutung der 
Leuchtorgane im allgemeinen eingehen, die zweifellos eine mehrfache ist, 

Die Leuchtorgane gelten nach den bisherigen Anschauungen 

1. als Lichtquellen, Lampen, mit dem Zwecke, die unmittelbare 
Umgebung des Tieres zu erleuchten, um dem Auge ein Sehen 
im Dunkel der Tiefsee zu ermöglichen (aktiver Leucht- 
zweck). 

2. als Arterkennungsmerkmale. Es sind von manchen Seiten 
dafür (aus Analogiegründen zu streifigen Farbkleidern der Licht- 
tiere) die in deutlichen Reihen oder Mustern angeordneten 
Leuchtorgane betrachtet worden, eine Vermutung, für die aller- 
dings nur schwer triftige Gründe beizubringen sind. 


3. als Lockorgane. Hier kommen zwei Momente in Frage. Ent- 
weder können sie im Dienste der Nahrungsaufnahme stehen 
oder sexuellen Zwecken dienen (2. und 3.: passiver Leucht- 
zweck). 


Welche dieser Aufgaben den einzelnen Leuchtorganen zufällt, ist 
in den meisten Fällen natürlich nur sehr schwer zu entscheiden. So 
werden dieLaternorgane auf den Armen reine „Lampen“ sein. Dafür 
spricht unter anderem, daß sie auf der Ventralseite der Arme und 
ganz besonders auf den Ventralarmen selbst die stärkste Entfaltung 
zeigen. Bei der normalen Haltung im Leben ist die Ventralseite des 
Tieres dem Boden zugekehrt. Da die jedes Laternorgan verlassenden 


14* 12. Dei: 


212 G. Grimpe und H. Hoffmann. 


Lichtstrahlen durch den vor der Linse angebrachten Spiegel ungefähr 
rechtwinklig abgelenkt werden, so wird der Raum unterhalb aes Tieres 
gleichmäßig beleuchtet. 

Eine ähnliche Aufgabe fällt vermutlich auch den die Augen um- 
säumenden Organen zu. Ihre Anordnung verrät, daß sie dazu bestimmt 
sind, den Raum in unmittelbarer Umgebung des Auges zu erhellen, 
also dem Auge ein besseres Sehen zu ermöglichen. Zweifellos ist nun 
die verschiedene Anordnung dieser Palpebralorgane noch von besonderer 
Bedeutung, die dann sicherlich auch mit der Asymmetrie der Augen 
in Zusammenhang steht. Um das kleinere rechte Auge sind die an- 
nähernd gleich großen Organe kreisförmig angeordnet. Das größere 
linke Auge dagegen zeigt nur an der nach vorn gelegenen Seite einen 
Bogen großer Organe, während die übrigen ganz rudimentär sind. 
Es bedarf hier noch eingehenderer Untersuchungen, bevor man etwas 
bestimmtes aussagen kann. Es erscheint uns indessen nicht undenkbar, 
daß das eine Auge für Nahsehen, das andere für Sehen. in die Ferne 
eingerichtet ist, zu welchen Aufgaben eben dann diese verschieden- 
artige Anordnung der Palpebralorgane besonders zweckmäßig sein 
könnte (vgl. p. 197). 

Bei allen Cephalopoden nun, die über ein Leuchtvermögen zu 
solchen Zwecken verfügen, ist die Gesamtheit des Licht produzierenden 
Apparates fast ausschließlich auf die Ventralseite des Körpers be- 
schränkt. Die Dorsalseite ist arın an Leuchtorganen oder entbehıt ihrer 
gewöhnlich ganz. Auch das ist leicht verständlich. Es wäre nicht ein- 
zusehen, welche Bedeutung eine Erleuchtung des über dem Tier be- 
findlichen, ungeheueren dunklen Raumes haben sollte. Erstens wäre 
der Effekt sicherlich etwa gleich Null, weil die aus solch ausgesprochenen 
Lampenorganen geschickten Lichtstrahlen dem Organismus doch nur 
dann nutzbar wären, wenn sie von einem anderen Körper zurück- 
geworfen würden; und das würde höchstens rein zufällig geschehen, 
wenn etwa ein anderes Tier in greifbarer Nähe über den Lichtspender 
hinwegschwömme. Zweitens aber könnten Laternen, die Strahlen 
nach oben aussenden, dem Organismus eher von Schaden sein als 
von Nutzen, da sie den Träger zu leicht für Räuber kenntlich machen 
würden. 

Der histologische Bau der Laternen legt aber nun des weiteren die 
Annahme nahe, daß das Licht dieser Organe abblendbar ist; und durch 
die Beobachtungen Ishikawas am lebenden Objekt wird diese An- 
nahme zur Gewißheit. Man hätte sich also vorzustellen, daß beim 
Herannahen einer Gefahr durch „willkürliche‘“ Expansion der vor- 
gelagerten Chromatophore die erzeugten Lichtstrahlen am Austreten 
aus dem Organ verhindert werden. Zur Klarstellung dieser Verhältnisse 
haben wir nebenstehende schematische Skizze (Fig. 9) entworfen, 
die einer weiteren Erläuterung nicht bedarf. 

Es besteht nun noch die Möglichkeit, daß die vorgeschalteten 
Chromatophören das Licht nicht ganz abblenden, sondern nach Art 
von Farbfiltern die Farbe des Lichtes beeinflussen. Es trifft dies sicher 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 213 
für einige Organe zu, wie etwa bei Zyroteuthis diadema, Mastigoteuthis - 
usw. Diese farbiges Licht ausstrahlenden Organe stehen dann viel- 
leieht mit der geschlechtlichen Betätigung in Zusammenhang. Im 
einzelnen müssen wir hier jedoch auf Chun verweisen. 


Wesentlich anders bezüglich 
der biologischen Bedeutung und 
der physiologischen Leistung ver- 
halten sich die Endorgane bei 
Histioteuthis und die ähnlichen 
Bildungen anderer Arten. Es 
handelt sich hierbei zweifellos 
nicht um Laternen im oben ge- 
dachten Sinne, sondern um Licht 
spendende Organe zum Anlocken 


von Beutetieren. Dies geht 
einmal aus ihrer topographischen 
Lage hervor: Sıe treten bei 


Histioteuthis verstärkt auf an den 
Dorsalarmen, die im allgemeinen 
Laternen, sofern sie nicht ganz 


fehlen, nur in schwacher Aus- 
bildung tragen. Dann aber geht 
diese Annahme aufs deutlichste 


hervor aus dem anatomischen Bau. 
Das Fehlen des Linsenapparates 
macht das Sammeln der erzeugten 
Lichtstrahlen in einem Brenn- 
punkte unmöglich. Das Licht 
kann also nicht nach Art einer 
Blendlaterne ausgestrahlt werden, 
sondern ist mehr oder weniger 
diffus. Demzufolge ist also dieses 
Organ nicht geeignet, einen be- 
stimmten Bezirk zu beleuchten, | 
um ein besseres Sehen zu ermög- 
lichen. Es hat vielmehr den 
Zweck, von anderen Tieren ge- 
sehen zu werden. Unschwer p-- 
ist einzusehen, daß der primitivere \ 
Bau und die daraus resultierende Fiy,9. Strahlengang und Ab. 
geringere physikalische Leistungs- plendung eines Laternorganes 
fähigkeit das ursprünglichere ist, yon Histioteuthis. (Das Organ ist durch 
während die optisch leistungs- Vorschalten [Expansion] der Blend- 
fähigeren Laternorgane das se- chromatophore für nach außen [u. innen] 


SI ) 
ti: ZZ 


kundäre sind. 


Die andersartige, einfachere, 
ursprünglichere Ausgestaltung 


dringende Lichtstrahlen geschlossen; Be- 
zeichnungen wie in Fig. 6 und 8.) 
Schematisch, etwa 50:1. 


12, Heft 


214 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


dieses Streifenorganes verlangt natürlich auch eine andere Funktion des 
Blendenapparates. Da die Lichtstrahlen den Organschlitz (Fenster) 
ungesammelt passieren, genügt natürlich nicht eine einzige Chromato- 
phore, um das diffus ausstrahlende Licht abzublenden. Soll hier ein 
Abschluß erreicht werden, so muß der ganze Schlitz mit Pigment über- 
lagert werden, wozu schon eine größere Chromatophorenzahl eT- 
forderlich ist. Da nun außerdem die Intensität des Lichtes eine bei 
weitem größere ist als die eines Laternorgans, so ist verständlich, 
daß nicht mit einer einfachen Schicht von Chromatophoren die 
völlige Abblendung erreicht werden kann, sondern deren mehrere 
erforderlich sind. Und wir haben ja auch tatsächlich auf den Schnitten 
mehrere Lagen expandierter Chromatophoren beobachten können 
(Fig. 7; Chun, tab. VIII, fig.7). Die Notwendigkeit einer solchen 
Abblendung ergibt sich ohne weiteres aus der Erwägung, daß es aem 
Tier beim Nahen eines Feindes möglich sein muß, sich durch völliges 
Löschen seiner Lichter unsichtbar zu machen. Diese Organe sind also 
imstande, intermittierend Licht zu entsenden, wodurch einerseits 
die Sicherheit des Tieres gegen seine Feinde erhöht, andererseits aber 
der Zweck, Beutetiere anzulocken, nicht verringert wird. Besonders 
hervorheben wollen wir noch, daß aus dieser Fähigkeit heraus nun nicht 
unbedingt die Annahme intermittierender Lichtsignale zur gegen- 
seitigen Verständigung gefolgert werden müßte. Immerhin eröffnet 
diese Feststellung dem Biologen eine weite Perspektive hinsichtlich 
des mannigfachen Nutzens, den der Organismus noch aus der Möglich- 
keit einer intermittierenden Lichtabgabe zu ziehen vermag (sexuelle 
Zwecke z.B.). 

Und endlich soll noch eine eigenartige physiologische Bedeutung 
der Leuchtorgane Erwähnung finden, auf die wir bei unseren Unter- 
suchungen gestoßen sind. Die reiche Versorgung der Leuchtorgane 
mit sehr kräftigen Nerven und vor allem die Ausbildung einer besonderen 
Nervenzellenschicht peripher im Leuchtkörper, hat uns zu der Über- 
zeugung gebracht, daß den Leuchtorganen dieser Bauart nicht allein 
eine lichtproduzierende Funktion zukommt. Vielmehr sehen wir in 
ihnen gleichzeitig eine Art Sinnesorgane. — Eine etwas ähnliche 
Vermutung hat bereits früher emmal Joubin (1893 B; 1895, p. 42/45) 
!ür gewisse Organe von Mastigoteuthis qrimaldii Joubin auf Grund 
ihres histologischen Baues geäußert, wobei er diese Vermutung aber 
für diesen speziellen Fall und nicht allgemein für die Leuchtorgane 
aussprach. Er kommt zu dem ganz merkwürdigen Schluß, daß es sich 
um ein „oeil thermoscopique‘ handele. Über die Funktion macht er 
sich kurz folgende Vorstellung: Ein linsenförmiger, großer Chromatophor 
absorbiert alle kurzwelligen Strahlen und läßt nur die Wärmestrahlen 
hindurch. Diese werden dann von hinter dem Chromatophor befind- 
lichen großen Zellen aufgenommen und auf zentral gelegene Nerven- 
zellen zum Zwecke der Perzeption reflektiert. Chun (1910, p. 51; 
p. 236/237) hat bereits nachgewiesen, daß ein solches „empfindliches 
Tiefseethermometer‘ für den betreffenden Organismus ganz zwecklos, 
die Joubinsche Hypothese schon deshalb völlig unhaltbar ist, — Es 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 215 


ist nun keineswegs unsere Absicht, hier eine neue Stütze für diese selt- 
same Theorie beizubringen. Unsere Auffassung der Sinnesleistung 
der Leuchtorgane weicht vielmehr beträchtlich von jener von Joubin 
angenommenen rätselhaften, ‚thermischen Sinnesfunktion“ ab. Wir 
erblicken darin Organe mit akzessorischer optischer Sinnes- 
funktion, Organe, denen also neben der Funktion der Licht- 
produktion in gewissem Maße auch eine solche der Lichtperzeption 
zukommt. Das gilt zunächst nur für die Leuchtorgane der Histioteu- 
thiden, während für diejenigen anderer Özgopsiden dieser Nach- 
weis in jedem Falle noch erbracht werden müßte. Zweifellos gibt es 
unter ihnen Arten, in deren Leuchtorganen sich keine so deutlich aus- 
geprägte Nervenzellenschicht findet wie bei unserer Form. Diese er- 
innert hier fast an eine Art Retina. Auch die sonstige weitgehende 
Ähnlichkeit des Baues mit demjenigen eines Auges kann zur Stütze 
dieser Auffassung dienen. Es wäre da insbesondere des Blendenapparates 
zu gedenken. Neben der schon oben angeführten Hauptaufgabe, 
das im Organ produzierte Licht gegebenenfalls nach außen hin ab- 
zublenden, kommt ihm, unter diesem neuen Gesichtspunkte betrachtet, 
noch eine andere Funktion, eine Art Adaption zu. Das Dunk ] der 
Tiefsee zwar würde eine Adaption an sich nicht notwendig machen. 
Da wir aber wissen, daß viele Cephalopoden bei ihren periodischen 
Vertikalwanderungen öfters bis dicht unter die Oberfläche, zum 
mindesten aber bis in Schichten kommen, bis zu welchen das Licht 
zu dringen vermag, so muß also die Fähigkeit einer Adaption durchaus 
zweckmäßig erscheinen. Es spricht hierfür auch, daß bei Tiefsee- 
cephalopoden, die bei Tage lebend gefischt und dann erst konserviert 
wurden, die Leuchtorgane stets ganz oder wenigstens zum größten Teil 
abgeblendet sind. (Dieser Umstand ist auch die Ursache. daß selbst 
so kritische Beobachter wie Chun über die wahre Funktion mancher 
dieser Organe [z. B. bei Abraliopsis] im unklaren blieben.) Das 
grelle Tageslicht bewirkte in diesen Fällen die hier als eine Art Adaption 
aufzufassende Abblendung. Zweck dieser Einrichtung ist also auch, 
die sicher hoch empfindlichen Leucht- und Nervenzellen dieser Organe 
gegen schädliche Lichtstrahlen von außen (Insolation) zu schützen.t) 
Wir sind also der Überzeugung, daß die hoch empfindliche Nerven- 
zellenschicht die von außen kommenden L.ichtstrahlen perzipieren kann, 
wodurch dann reflektorisch die Expansion der Blendehromatophoren. 
ausgelöst wird. 

Diese Deutungen ergeben also, daß es sich bei den Histioteuthiden 
nicht allein um Licht produzierende, sondern gleichzeitig auch um 
Licht in gewissem Grade perzipierende Organe handelt. 

Es ist nun natürlich klar, daß die Hypothesen über die Biologie 
und Physiologie der Organismen, die lediglich auf Grund des ana- 
tomisch-histologischen Baues aufgestellt wurden, durch experimertelle 
Untersuchungen und die direkte Beobachtung ihre Bestätigung finden 


!) Vgl. hierzu z.B. Beroö in: Bütschli, Vorles, üb, vgl. Anat. Vol, TI, 3; 
Berlin 1921, p. 902, 904. 
12. Heft 


216 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


müßten. Wenn man aber bedenkt, daß solche nur mit den größten 
Schwierigkeiten angestellt werden‘ können, ja für viele Fälle über- 
haupt unmöglich erscheinen müssen, so liegt es auf der Hand, daß 
man sich auf diesem Wege der Hypothesen ein, wenn eben auch nur 
bedingtes Bild von der Biologie solcher äußerst schwer zugänglicher 
Tiefseeorganismen macht. Derartige Deutungen haben die bisherigen 
Untersucher oft nicht gewagt, selbst wenn der anatomisch-histologische 
Bau fast keine Zweifel ließ (z. B. Chun: Das Endorgan bei Abraliops:s). 
— Es liegt uns natürlich vollkommen fern, damit solche Hypothesen 
gut zu heißen, die zwar in dem anatomischen Befund zur Not eine 
Stütze hätten, nicht aber auch in den ökologischen Verhältnissen, 
unter denen die Organismen leben. Solche Hypothesen (z. B. Joubins 
Annahme des ‚‚oeil thermoscopique‘“) sind für gedachte Absichten 
natürlich ganz zwecklos. Es kann sich allein um Hypothesen handeln, 
die dann durch Anatomie und Histologie fast bis zur Gewißheit ge- 
stützt sind und außerdem eine unbedingte Zweckmäßigkeit für den 
Organismus darlegen wollen, wie wir dies für die unsrigen in Anspruch 
nehmen zu dürfen glauben. 


Zusammenfassung. 


1. Histioteuthis bonelliana besitzt bereits in frühester Jugend 
ein wohlentwickeltes Segel zwischen den Armen in der 
für die Gattung charakteristischen Anordnung. 

2. Alle Jugendformen der Histioteuthiden, denen dieses Segel 
fehlt. gehören demnach nicht in den Entwicklungskreis von Histio- 
teuthis, sondern zu Calliteuthis oder einer ihrer nächsten Verwandten. 

3. Grundlegende Unterschiede zwischen jugendlichen und er- 
wachsenen Individuen der einzelnen Gattungen der Familie Hestio- 
teuthidae bestehen nicht; man kann deshalb von eigentlichen 
Larvenzuständen hier nicht sprechen. Die Postembryonal- 
entwicklung kann vielmehr bereits mit dem sehr frühzeitig beginnenden 
Erwerb der Leuchtorgane für abgeschlossen gelten. 

4. Merkmale, an denen außer der Ausbildung desSegels jugendliche 
Histioteuthis sofort erkannt und von ähnlich alten Calliteuthis unter- 
schieden werden können, sind die konstanten Körper- 
proportionen, die Anordnung der Saugnäpfe und Leucht- 
organe und schließlich die Gestalt des Bucecaltrichters. 

5. Auf Grund der an jugendlichen Histioteuthis gemachten Fest- 
stellungen hat sich ergeben, daß weder die von Chun noch die 
Mehrzahl der von anderen Autoren beschriebenen Jugend- 
formen, vor allem auch nicht die Hoylesche Histiopsis, 
in den Entwicklungskreis von Histioteuthis gehören. 
Die ersteren sind jugendliche Calliteuthis, die letztere ein selbständiges 
(zenus. 

6. Histioteuthis nimmt innerhalb der Familie Histioteuthidae eine 
Sonderstellung ein: es wird für sie deshalb die Unterfamilie Histio- 
teuthinae eingeführt. Alle anderen Gattungen der Familie (Calli- 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 217 


teuthis Verrill, Stiqmatoteuthis Pfeffer, Meleasroteuthis Pfeffer, H istiopsts 
Hoyvle und wahrscheinlich auch Histiochromins Pfeffer) bilden die Unter- 
familie Calliteuthinae. 

7. Die „Endorgane“ an den sechs Dorsalarmen bei 
Histieteuthis sind Leuchtorgane, sogenannte Streifenleucht- 
organe. 

8. Die histologischen Elemente der Laternorgane 
stimmen mit denen der Streifenleuchtorgane völlig über- 
ein. Es fehlt aber dem Streifenleuchtorgan der dioptrische 
Apparat, der in Form von Linse una Spiegel dem Laternorgan zu- 
kommt. Bei dem Streifenorgan kann die schlitzförmige Öffnung 
des Pigmentmantels durch mehrere Lagen von Blendehromatophoren 
abgeschlossen werden. Das Laternorgan wird in der optischen 
Axe durch eine einzige ('hromatophore abgeblendet. Beide Organe 
besitzen peripher im Leuchtkörper eine ausgeprägte 
Nervenzellenschicht. 

9. Das Streifenleuchtorgan ist nicht durch Fusion mehrerer 
Laternorgane entstanden, sondern es haben sich diese von dem 
Endorgan als dem primitiveren abgespalten. 

10. Histologisch ähnliche Organe wie das Endorgan von 
Histioteuthis, finden sich a) bei Ortopodoteuthis an den Spitzen aller 
Arme, b) bei Abraliopsis und Watasenia an den Spitzen der 
Ventralarme, ce) bei C'hiroteuthis an den Spitzen der Tentakel- 
keulen. 

ll. Das von.den Endorganen ausgestrahlte Licht ist höchst- 
wahrscheinlich diffus: eine Sammlung der Strablen in einem 
Brennpunkte findet zum mindesten nicht statt. Das Licht 
kann intermittierend ausgesandt werden. 

12. Die Streifenorgane sind Lockorgane, wie aus ihrer topo- 
graphischen Lage und ihrem anatomischen Bau zu schließen iss. 

13. Die Leuchtorgane der Histiotenthiden sind in 
gewisser Hinsicht gleichzeitig Sinnesorgane mit optischer 
Funktion. Die Nervenzellenschicht wäre dann auch als ein Licht 
perzipierendes Organ aufzufassen. Es käme dem Leuchtorgan 
also neben der Hauptfunktion der Lichtproduktion gleich- 
zeitig eine solche der Lichtperzeption zu. 

14. Dementsprechend dürfte die Bedeutung des Blenden- 
apparates eine doppelte sein. Er vermag einerseits das produzierte 
Licht nach außen hin abzublenden und andererseits käme ihm eine 
adaptive Funktion zu. 


Leipzig, Juli 1921. 


12, Heft 


218 G. Grimpe und H. Hoffmann: 


Literaturverzeichnis. 


I. Chun, €. 1906. Über die Geschlechtsverbältnisse der Cephalo- 
poden. Zool. Anz., Vol. XXIX, No. 25/26, 1906, p. 743—-153. 

3. Derselbe. 1910. Die Cephalopoden. Teil I: Oegopsida. Wiss. 
Erg. D. T. E.,. Vol. XVII, 1910, p. 147—205, tab. XVIU— XXI. 

3. Ferussae & Orbigny, A. 1839. Histoire naturelle des C£phalo- 
podes acetabuliferes vivants et fossiles. Paris 1835-1848, p. 327—328, 
tab. Cranchies I. 


4. Grimpe, 6. 1922. Zur Kenntnis der Cephalopodenfauna der» 


Nordsee. Wiss. Meeresunters. Abt. Helgoland 1922 (im Druck). 
5. Hoyle, W. E. 1886. Report on the Cephalopoda. Challenger 
Report, Vol. XVI, 1886, p. 180— 183, tab. XXX, fig. 9—15. 


6. Ishikawa, €. 1913. Einige Bemerkungen über den leuchtenden | 


Tintenfisch Watasea nov. gen. (Abraliopsis der Autoren) seintillans 


Berry aus Japan. Zool. Anz., Vol. XLIII, No. 4, 1913,:p. 162—172.2 


7. Joubin, L. 1893. Recherches sur l’appareil lumineux d’un 
Cephalopode: Histioteuthis Rüppellii Verany. Bull. Soc. Se. et Med. | 


de l’Ouest, Vol. II, Renres 1893, p. 49—78. 
8. Derselbe. 1893 A. Note complömentaire sur l’appareil 


lumineux d’un C&phalopode. Histioteuthis Rüppellü Verany. Ibidem, 


p. 161—169. 


9. Derselbe. 1893 B. Note sur une adaption partieuliere de 
certains chromatophores chez un Cephalopode (L’oeil thermoscopique 
de Chiroteuthis Bomplandi Verany?). Bull. Soc. Zool. France, Vol. 


XVIII, Paris 1893, p. 1—6 d. Sonderdr. 


10. Derselbe. 1894. Nouvelles recherches sur l’appareil lumineux 
des (6phalopodes du genre Histioteuthis. Bull. Soc. Se. et Möd. de 


l’Ouest. Vol. IIT, Rennes 1894, p. 166-178. (Vel. PP.» 


Il. Derselbe. 1895. Contribution a l’&tude des Ööphalopodes 


de l’Atlantique Nord. Res. Camp. Se. A. d. Monaco, Fasc. IX, 
Monaco 1895, p. 42—45, tab. V. | 

12. Derselbe. 1895 A. Note sur les appareils photogenes cutanes 
de deux Cephalopodes: Histiopsis atlantica Hoyle et Abralia Oweni 
(Verany) Hoyle. Mem. Soc. Zool. France, Vol. VIII, Paris 1905, p. 212 
— 228. | 

13. Derselbe. 1896. Observations sur divers Cephalopodes- 
I. Note: Abraliopsis Pfefferi (nov. gen. et spee.). Bull. Soc. Sc. eb 
Med. d. l’Ouest, Vol. V, No. 1, Rennes 1896, p. 19— 39. 

14. Derselbe. 1900. Cephalopodes provenant des Campagnes 
de la Princesse Alice (1891—1897). Res. Camp. Sc. A. de Monaco,’ 
Fasc. XVII, Monaco 1900, p. 100. | 

15. Derselbe. 1905. Note sur les organes lumineux de 
deux Ce&phalopodes. Bull. Soc. Zool. France, Vol. XXX, Paris 1905, 
p. 64-69. 


| 
| 


| 
| 


Über die Postembryonalentwicklung von Histioteuthis usw. 219 


16. Lo Biance, S. 1903. Le pesche abissalıi eseguite da F. A. Krupp 
col Yacht Puritan ete. Mitth. Zool. Stat. Neapel, Vol. XVI, 1903, 
p. 172, tab. VIII, fig. 22. 

17. Massy, A. L. 1907. Preliminary Notice of new and remarkable 
Cephalopods from the SW-Coast of Ireland. Ann. Mag. Nat. Hist. 
(7) Vol. XX, 1907, p. 377384. 

18. Dieselbe. 19060. The Cephalopoda Dibranchiata of the 
Coasts of Ireland. Fisheries Ireland, Sci. Invest. 1907, I, Dublin 
1909, p. 29—30. 

19. Pfeffer, 6. 1900. Synopsis der ögopsiden Cephalopoden. 
Mitt. Nat. Hist. Mus. Hamburg, Vol. XVII, 1900, p. 168— 171. 

20. Derselbe. 1912. Die Cephalopoden der Plankton-Expedition 
etc. Ergebn. Plankt.-Exp., Vol. II, F.a. 1912, p. 243—322, tab. XX 
—XXV 

21. Verany. J. B. 1851. Cephalopodes de la Mediterranee etc. 
Genua 1851, p. Il4ff., tab. XIX— XXI. 

22. Verrill. 4. E. 1880. The Cephalopods of the North-Eastern 
Coast of America. Trans. Connect. Acad., Vol. V, 1879—1881, p. 234 
—238, tab. XXII, XXVII, fig. 3—5. 


* * 
* 


P.S. — Erst während der Drucklegung dieser Arbeit konnten 
wir die uns bis dahin unzugängliche Schrift Joubins, betitelt „‚Nou- 
velles recherches etc.‘ (No. 10 vorstehender Liste) einsehen. Darin 
beschreibs er Leuchtorgane des Laterntyps, die sowohl eine Front-, 
als auch eine Transversallinse besitzen sollen, Licht also nach außen 
(ohne Spiegelablenkung) und nach vorn (mit Spiegelablenkung) aus- 
senden können. Wir vermochten eine ähnliche Bildung bei Heistio- 
teuthis bisher nicht festzustellen. Doch wäre denkbar, daß einen der- 
artigen Bau einzelne J.aternen aufweisen (vielleicht manche Palpeoral- 
organe), oder aber, daß das’ von Joubin abgebildete (fig. 5, p. 174) 
Organ verletzt war, was bei dem sehr schlechten Erhaltungszustande 
des Stückes sogar das wahrscheinlichere ist, zumal in seiner Figur 
die Frontlinse nackt zu Tage liegt. Die Möglichkeit des Vorkommens 
von „Doppelorganen“ Chun) bei HTistioteuthis soll damit keineswegs 
in Abrede gestellt werden, da solche ja auch von anderen Decapoden 
bekannt geworden sind (z. B. von Lyvoteuthis und Nematolamnas). 


12, Heft 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes. 


Von 
Emil Kistler. 


(Mit 1 Textfig.) 


Bekanntlich ist Wurmliteratur, die für deutsche Gegenden ein- 
schlägig ist, mit Ausnahme der Schriften Michaelsens nur sehr spärlich 
vorhanden, ganz im Gegensatz zur Schweiz, wo Forscher wie Fuhr- 
mann, van Hofsten u. a. sich gerade in dieser Hinsicht verdient machten. 
Und was insbesondere unsere engere Heimat Bayern betrifft. so sind 
wir durch Semper und Timm überhaupt über das Vorkommen von 
Würmern rings um Würzburg unterrichtet. Wenn ich es mir nun zur 
Aufgabe nehme, eine faunistische Arbeit über Würmer speziell im Ge- 
biet rings um Bernau am Chiemsee zu bringen, so dürfte das seinen 
Grund darin haben, daß seit Jahresfrist, seit November 1919, hier 
in Bernau eine Zweigstelle der biolog. Versuchsanstalt München 
unter Leitung des Herın Dr. Scheffelt besteht. 

Was das Material zu meinen folgenden faunistischen Angaben 
betrifft, so fand ich dasselbe auf meist in bestimmten Zeiträumen 
aufeinander folgenden Gängen in der Umgebung Bernaus, wobei ich 
die verschiedensten Gewässer usw. befischte. Da war es vor allem der 
Umkreis der Mooıkulturanstalt, wo Torfstiche, alte Moorgräben, 
Schlenken, Moortümpel, die durch keine menschlichen oder tierischen 
Fäkalien gedüngt sind, mein Hauptaugenmerk auf sich zogen. Ferner 
besuchte ich auch den bereits im Niedermoor gelegenen und daher 
wesentlich kalkreicheren Förchensee, bezw. dessen Zuflüsse aus dem 
Hochmoorgebiet, die bereits alle möglichen Abwässer beherbergen; 
desgleichen untersuchte ich seine Ausflüsse nahe der Einmündung 
in den Chiemsee... Außerdem stellte ich es mir zur Aufgabe, alle in der 
Nähe dieses Gebietes liegenden Bäche usw. einer gründlichen Durch- 
forschung zu unterziehen. Schließlich zog ich auch das noch weiter 
südlich des Chiemsees gelegene Gebiet um Aschau in den Kreis meiner 
Untersuchungen. Hier ist es in erster Linie der Bärensee mit seinen 
Zuflüssen, die ebenfalls aus dem in nächster Nähe liegenden Hochmoor, 
das aber bereits teilweise melioriert ist, in ihn hineinfließen. Auf jeden 
Fall aber dürfte der Bärensee wesentlich kalkärmer sein als der Förchen- 
see, der, wie schon erwähnt, alle möglichen Abwässer aufnimmt. 
Von den Ufern des Chiemsees wurden mehrere Proben aus verschiedenen 
Vegetationszonen entnommen. Eine Schlammprobe aus 16m Tiefe 
überließ mir Dr. Scheffelt zur Untersuchung. 

Meine Untersuchungen erstreckten sich auf die Zeit vom 1. Dez. 
1919 bis 15. April 1920; es ist anzunehmen, daß sich zur Sommer- 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes 221 


zeit eine reichere Ausbeute von Würmern gefunden hätte, doch ver- 
boten esdie Verhältnisse, meine Arbeiten in Bernau noch in die Sommer- 
monate auszudehnen. Die Anregung zu der vorliegenden Arbeit 
verdanke ich Herrn Prof. Dr. Demoll, Vorstand der biolog. Versuchs- 
anstalt für Fischerei, dem auch die Zweigstation Bernau untersteht. 
Zu ganz besonderem Danke fühle ich mich Herrn Dr. Scheffelt ver- 
pflichtet, der mit unermüdlichem Interesse meine Arbeit Schritt für 
Schritt verfolgte. 


Zunächst gebe ich eine Liste des von mir gesammelten und be- 
arbeiteten Materials getrennt nach Fundorten. 
a) Unberührtes Hochmoor (Bernau-Rottau) 


«) Schlenken (seichte Moorpfützen im Sphagnum) 


1. Turbellaria 2. Nematodes 
Stenostomum wunieolor O. Schm. Aphanolavmus aquaticus Daday 
Stenostomum leucops Ant. Dug. Tripyla spez. 

Stenostomum spez. Monohystera filhiformis Bastian 


Rhabdolaimus spez. 
Plectus spez. 


8) Waldmoor (an verschiedenen Örtlichkeiten) 


1. Stenostomum spez. 3. Aeolosoma variegatum Vejd. 
2. Marionina spez. 


b) Gräben, die der Entwässerung dienen und oft bis ins Grundwasser 
eingeschnitten sind. 


l. Turbellaria 3. Oligochaeta 
Rhynchoskolex Vejd. Sekera Aeolosoma Headleyi Beddard 
Polycelis nigra Ehrenb. - Ophidonais serpentina Müll. 

2. Nematodes Ophidonais spez. 
Monohystera filiformis Bastian Nais obtusa Gervais 
Monohystera similis Bütschli Nais variabilis Piquet 
Rhabditis spez. Laumbriculus spez. 
Mononchus spez. Unbestimmbarer Oligochaet. 


c) Torfstiche. 

I. Turbellaria 3. Oligochaeta 
Stenostomum leucops Ant. Dug. _ Marionina spez. 
Stenostomum spez. OÖ. Schm. 

2. Nematodes 
Rhabdolaimus spez. 
Monohystera filiformis Bast. 
Monohystera dispar Bast. 

12. Heft 


222 Emil Kistler: 
d) Bärensee (Strand usw.) — ein Moorsee, der seine Zuflüsse aus 
Hochmoor empfängt. 

1. Turbellaria 3. Oligochaeta 
Polycelis nigra Ehrenberg Nais variobilis Piquet 

2. Nematodes 4. Hirudinea 
Monohystera »ulgaris de Man Helobdella stagnalis Blanch. 
Monohystera filiformis Bast. Herpobdella atomaria Carena 


Trilobus pellucidus Bast. 
Mononchus spez. 
Uyatholaimus spez. 


e) Förchensee (Moorsee im Niedermoor, aber Zuflüsse nur aus Hoch- 
moor, ferner Abwässer aus Stallungen und Aborten der Moorkultur- 


anstalt). 
«) Zufluß. 

1. Turbellaria 3. Oligochaeta- 
Dendrocoelum lacteum Müll. Ophidonais serpentina Müller var. 
Planaria albissima Vejd. Stylarıa lacustris Lampert 
Planarie m. 3fach gelappt. Schwanz 4. Hirudinea 
Planarıa lugubris OÖ. Schm. Helobdella stagnalis Blanch. 
nm nigra Ehrenbg. Herpobdella nigricollis Brandes 


2. Nematodes 
Monohi ystera vulgaris de Man 
Prismatolaimus de Man (?) bezw. 
Monohystera dispar Bastian 


8) Ausfluß. 

1. Turbellaria 3. Oligochaeta 
Stenostom. leucops Ant. Dug. Chaetogaster diastrophus Gruith 
Olisthanella obtus ı M. Schultze Oph:donais serpentina Müller 
Planaria albissima Vejd. Stylaria lacustris Lampert 
Plan. torda M. Schultze Lumbricus spez. — Lumbr. varie- 
Polycelis nigra Ehrenbg. gatus? 

2. Nematodes 4. Hirudinea 
Monohystera filiformis Bastian Helobdelia stagnalis Blanch. 
Tylenchus dubius Bütschli Helobdella stagnalis var. 


(Glossosiphonia heteroclita Lampert 
(Glossosiphonia papillosa Braun 
Herpobdella octoculata Blain. 


f) Chiemsee. 
«) Streuwiese, die nur bei Hochwasser überschwemmt wird. 
Nematodes: Tripyla spez. 


8) Krustensteinzone an der Herreninsel, im Wellenschlag ausgehöhlte 
Steine; darin besonders viel Nematoden. Mi 
l. Turbellaria: Macrorhynchus lemanus? 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes. 223 


2. Nematoden: Rhabdolaimus aquaticus de Man, Rhabdıtis spez. 
Chromadora ratzeburgensis v. Linstow, Dorylaimus intermedius de Man, 
Übergangsform zwischen Dorylaimus filiformis Bast. und Dorylaimus 
Bastiani Bütschli. 

3. Oligochaeta: C'haetogaster Langi Bretscher. 

y) Schilf und Schlamm in der Schilfzone, 1—2 m tief. 
Turbellaria: Stenostomum leucops Ant. Dug. 


Nematodes: Tripyla spez., Chromadora ratzeburgensis v. Linst. 
Oligochaeta: Lumbriculidae spez. 


6) Tiefe, Schlamm aus 16 m Tiefe. 


Turbellaria: Otomesostoma auditioum Pleß. 
Gordiidae: Gordius aquaticus L. 


. . . 


Systematische Bemerkungen zu einzelnen Arten. 


Strudelwürmer. 


Stenostomum leucops. Die Wimpergrübchen sind länger als sonst 
und mit einem besonders deutlichen Cilienapparat ausgestattet. Die 
wenigen Tiere, die ich zu Gesicht bekam, maßen nicht mehr als 2,5 mm. 
Die Tierkette zählte 5 Zooide. Graff berichtet aber ın seiner „Mono- 
graphie der Turbellarien‘ von Tieren mit einer größten Länge von 3 mm. 
Doch sollen nach Ant. Dug auch solche bis zu 5mm vorkommen. 
Was einem an diesem Tier jedoch am meisten in die Augen springt, 
sind dessen schnelle Kontraktionen, worin sich besonders das Vorder- 
ende auszeichnet. Auf Grund dieser Eigenschaft könnte man daher 
auf den ersten Blick diesen Rhabdozoel leicht mit dem Infusorium 
Spirostomum verwechseln. 


Stenostomum spez. Es handelt sich hier um ein Exemplar von 
etwa 15mm Länge. Der Korper ist grünlich, durchschimmernd, 
die für die Gattung Stenostomum den Ausschlag gebenden licht- 
brechenden Organe sind in einem Paar vertreten und zwar sind es 
 schüsselförmige Organe, ähnlich denen von Sten. leucops. Während 

aber sonst bei letzterer Art der Körper in ein Schwänzchen mit Cilien 
besetzt ausgeht, fiel mir hier ein kürbisähnlicher Fortsatz auf. Bei 
‚len übrigen von mir als Stenost. spez. bezeichneten Exemplaren handelt 
es sich durchwegs um geringfügige Variationen von St. leucops. Hatte 
‚aber das Tier schon mit dem sonderbaren Fortsatz eine nähere Be- 
stimmung seiner Art unmöglich gemacht, so war das nicht minder 
‘der Fall bei einem Exemplar von einem Rhabdozoel, das Herr 
Dr. Scheffelt mir zu überlassen die Güte hatte (aus der Krustenstein- 
zone). Die Länge des Tieres betrug 620 u. der Körper ist vorne 
' stumpf zugespitzt, hinten etwas breiter. Der Rüssel erinnert besonders 
stark an eine Abbildung von Graffs ‚‚Monographie der Turbellarien“ 
(Figur 9, Tafel X, Atlas zur Monographie der Turbellarien), in der 
auch die beiden schwarzen, je eine Linse enthaltenden Augen zum 
Ausdruck gebracht sind. Auffallend ist auch die starke Wimperung 


12 Teit 


224 Emil Kistler: 


des vor den Augen gelegenen Teiles und eigentümlich sind die Stränge, 
die vom hinteren Körperdrittel in den Schwanz führen. Die meiste 
Ähnlichkeit zeigt das "Tier mit Macrorhynchus lemanus synon. Phono- 
rhynchus. 

Otomesostoma auditivum. Das Exemplar wurde mir von Dr. 
Scheffelt gütigst überlassen. Es ist somit der erste Fund dieses Tieres 
für deutschen Boden; stammt aus 16m Tiefe des Chiemsees. Ein 
Glazialrelikt! 

Polycelis nigra. Die Größe der ziemlich zahlreich gefangenen Tiere 
schwankte zwischen 0,4 bis fast 13 mm; nicht minder varlierte die 
Farbe vom hellen Grau bis zum tiefen Schwarz. Desgleichen war die 
Zahl der Augen sehr unterschiedlich und verteilten sich diese über die 
Hälfte des Tieres. Während die Augenreihe bei manchen Tieren ganz 
parallel dem Körperrand verläuft, ist sie bei anderen Exemplaren 
in einem Bogen nach innen gerichtet, der aber nach und nach 
wieder nach außen umbiegt. Die Augen übrigens fand ich nie von 
gleicher Gestalt; selten sind sie gleichmäßig rund, und wenn, dann 
nur am Kopfende. Meist nehmen vielmehr die Augen strichförmige, 
kommaförmige, ja sogar herzförmige Gestalt an. Die geringste von 
mir beobachtete Augenzahl belief sich auf 36, die höchste auf über 
80 Stück Augen. Das Hinterende ist nicht immer zugespitzt, sondern 
bisweilen stumpfgewinkelt. 

Planaria lugubris. Das kleinste aufgefundene Exemplar maß 
7 mm. Interessant dürfte auch eine bei dieser Art vorgefundene Miß- 
bildung sein, bestehend in einem dritten von keinem pigmentlosen 
Hof umgebenen Auge. 

Planaria albissima. Sämtliche Exemplare sind milchweiß, das 
- größte Exemplar maß ll mm, während L. Böhmig eine Länge von 
8-10 mm angibt. Bezüglich der Stellung der Augen herrscht großer 
Unterschied. Gibt es doch Exemplare, bei denen die Augen — und 
das ist sogar sebr oft der Fall — ziemlich weit von der Mittellinie 
entfernt stehen, während ich in selteneren Fällen diese nahe der Mittel- 
linie stehen sah. Nicht näher zu bestimmen gelang mir eine Planarie 
mit dreifach gelapptem Hinterende. 


Fadenwürmer. 


Aphanolaimus aquaticus. Es handelt sich um ein Weibchen 
von 0,825 mm Länge. Die Eierstöcke liegen auffallend weit vorne. 
Die Borsten sind aber nicht so grob, wie sie Daday fand, sondern er- 
innern an die einfachen Haarborsten. 

Tripyla spez. Es handelte sich bei diesen Tieren um durchwegs 
geschlechtslose Exemplare, deren größtes 0,735 mm Länge maß. 
Zu beiden Seiten des Kopfes finden sich Büsche] mit mehreren Borsten. 
Seitenorgan und Bulbus fehlen. 

Monohystera dispar. Bei dem einzig vorgefundenen Exemplar 
handelte es sich um ein Weibchen von 0,75 mm Länge. Bulbus nur 
geringgradig ausgeprägt, ohne jegliche Andeutung eines Zahnapparates. 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes. 225 


Keine Verschmälerung des Vorderendes, 6 Borsten, die Öffnung der 
Vulva fand sich bei 0,52 mm. 

Monohystera similis. {9 0,975 mm Länge, 0,027 mm Dicke. 
Bütschli hat auch bereits Tiere von 0,5 mm und 0,9 mm Länge und 
solche von einer Dicke von 0,030 mm erwähnt. Borsten sind aber bei 
unserem Exemplar nur vier zu finden, im Gegensatz zu den von Bütschli 
angegebenen sechs Borsten. Wäre unser Tier etwas schlanker, 
hätte es auch Ähnlichkeit mit M.dispar. Daß die Entfernung deı 
Vulva vom After größer gewesen wäre als die Schwanzlänge, wie das 
Bastian für jedes Exemplar von M. dıspa: behauptet, war hier nicht 
zu beweisen. 

Zweifel in der Bestimmung verschaffte auch ein Exemplar von 
einem Nematoden, den ich aus dem Förchensee herausfischte. Die 
Länge betrug 1,2 mm, die des Ösophagus 0,375 mm. Die Mundhöhle 
ist prismatisch, Seitenorgan deutlich zu sehen, Ösophagus deutlich 
sichtbar, konzentrische Leisten mit gegen das Ende beginnender 
Anschwellung. Spricht das Vorhandensein von Borsten, das Fehlen 
von Lippen und Papillen für Prismatolaimus de Man, so hindert doch 
das Fehlen der Ringelung der Haut, sich für letztere Art zu entscheiden. 
Vielmehr scheinen wir es mit einer Zwischenform von Monohystera 
dispar, wofür die kleine Mundhöhle und der plumpe Körper spricht, 
zu Prismatolaimus zu tun zu haben. 

Trilobus pellueidus. 9 2,3 mm Länge und schon mit bloßem 
Auge deutlich sichtbar. 

Plecetus Bastian spez. Es scheint sich um eine Varietät von Pl. 
parvus zu handeln. Seitenmembranen wurden bei dem vor- 
gefundenen Weibchen nicht gesehen. 

Rhabditis spez. Der Körper ist ziemlich plump und vom Kopf 
nicht abgesetzt, der Lippen an seinem Ende zu besitzen scheint. Die 
Mundhöble ist trichterförmig, Ösophagus besitzt erkennbaren Bulbus, 
in dem sich ein kräftiger dreifach gegabelter Zahnapparat befindet. 
Die Lippen besitzen an ibrer Innenseite drei gebogene, hackenförmige 
Zähne, welche die verdickte Chitinauskleidung der Mundhöhle bildet. 
Das weibliche Exemplar hatte eine Länge von 0,495 mm und eine 
Dicke von 0,03 mm. Ähnlichkeit dürfte schon auf Grund dieser Zahlen 
vielleicht mit Rhabditis frliformis vorhanden sein, wofür jedoch das 
Fehlen eines äußerst fein endenden Schwanzes wieder hinderlich ist. 

Mononchus spez. 0,975 mm Länge, 0,035 mm Dicke, Ösophagus- 
länge 0,3 mm. Kopfende leicht geringelt und zeigt bei starker Ver- 
größerung leichte Andeutung von Lippen. Dahinter beginnt eine Art 
Vestibulum mit daran sich anschließender ziemlich breiter und langer 
Mundhöhle, in deren erstem Drittel ein Zahn steckt. Das Tier ist 
noch nicht geschlechtsreif. 

Cyatholaimus spez. Es handelt sich um ein kleines @ Exemplar 
mit undeutlichen Borsten, Hautringelung war nicht zu sehen. 

Chromadora ratzeburgensis. Die Männchen sind selten, während 
die Weibchen stark vertreten sind. Kleinstes gefundenes Exemplar 


0,3 mm, größtes 0,8 mm. Bei den meisten Exemplaren tritt die rot- 
Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 15 12. Heft 


236 Emil Kistler: 


braune Farbe der Augen hervor, die fast immer in der Zweizahl zu 
finden sind; manchmal jedoch trifft man auch Tiere mit nur einem 
und dazu oft etwas verschwommenem Auge. 

Dorylaimus intermedius. Bei dieser Art hanen wir einen ziemlich 
langen Stachel mit Verdiekungsleisten. Bulbus fehlt, Darm ist bräun- 
lich. Männchen herrschen vor. 4 0,825-—1,2 mm. 

Dorylaimus filiformis bezw. Dorylaimus bastiani Bütschli: Dieses 
Tier wurde genau wie vorher erwähntes in der Krustensteinzone des 
Chiemsees gefunden. Der Körper ist fadenförmig, Kopf abgesetzt 
mit knopfförmigem Aufsatz. Lippen nicht scharf angedeutet, dafür 
aber Stachel gut ausgeprägt, Ösophagus allmählich nach hinten an- 
schwellend. Geschlechtsorgane des Weibchens beiderseits der etwas 
hinter der Körpermitte liegenden Vulva. Diese erscheint dreifach ge- 
teilt und von jedem dieser Abschnitte laufen deutlich sich dahin- 
windende Gefäße nach entsprechenden Teilen des Körpers. Der 
Schwanz verdünnt sich kurz nach dem After ganz plötzlich, verläuft 
allmählich in eine Spitze aus und hat große Ähnlichkeit mit .D. fül- 
formis. Die Tiere hatten eine Länge von 1,3 bezw. 1,427 mm, Schwanz- 
länge 0,09 oezw. 0,135 mm, Ösophaguslönge 0,27 bezw. 0,345 ura 
Dicke 0,027 bezw. 0,0375 mm. 

Tylenchus dubius. © 0,72 mm mit stark entwickeltem Mund- 
stachel, aber infolge der schwachen Ösophagusmuskulatur schlecht 
ausgebildetem Ösophagus. Darm reicht fast zur Schwanzspitze. 
Stachellänge 0,021 mm. 


Borstenwürmer. 


Chaetogaster diastrophus. Länge betrug 0,8 mm; der Kopf ist gut 
ausgeprägt und konnte auch in diesem Falle die Borste des 2. Segments 
länger als die der übrigen Segmente vorgefunden werden. Im übrigen 
waren die Borsten recht verschieden um den Körper verteilt. 

Chaetogaster Langi. 0,935 mm Länge, vollständig durchsichtig, 
Soplgnpen wenig ausgeprägt, Borsten zu fünf im Bündel, die des 
2. Segmentes länger als die der anderen. Diatomeen waren im Darm 
des Tieres deutlich zu schen. 

Ophidonais serpentina typ.: Manche Exemplare zeigten auch eine 
etwas rötere Färbung im Gegensatz zu der sonst üblichen grauweißen 
Farbe. 

Ophidonais serpentina var. Statt der vier Querbinden finden sich 
sieben dunkelbraune Pigmentreihen. Die Borsten dorsal standen 
zu zweien im Bündel und zeigten nicht den für Ophidon. serp. typ. 
erforderlichen schwalbenschwanzartigen Einschni‘t, sondern waren 
einfachspitzig; dagegen stimmte die ungleiche Gabelung der ventralen 
Borsten. Die Größe der Tiere bewegte sich zwischen 2 una 3,5 cm. 
Bei letzterem Exemplar reichten die Querbinden noch über das 7. Seg- 
ment bis zum 11. Segment zurück. (Fig. 1.) 

Stylaria lacustris. Diese Art weist sehr verschiedene Größe des 
ganzen Körpers und der Borsten auf und vermehrt sich ungeschlecht- 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes. 227 


lich durch Teilung. Auch die Länge wie die Dicke und den Verlauf des 
Tentakels fand ich verschieden. Letzterer macht in vereinzelten Fällen 
fast die Hälfte der länge des Tieres aus. Die Angenflecke sind gewöhn- 
lich heide vorhanden: bisweilen erscheint einer in mehreren Pigmet- 
stucke zerfallen oder ist überhaupt schwer zu sehen. Die geringste 
Segmentzahl betrug 25. Bei einem anderen Exemplar von 1,5 cm Länge 
zählte ich deren 55. Am 8. Segment beginnen die gemischten Borsten- 
bündel mit 1 Haar- und 4 Nadelborsten. Was schließlich die ver- 
schiedenen Längen von Siyl. lac. betrifft, so kam ich zu dem Ergepnis, 
daß kleine Exemplare von 3 mm selten sind. während Tiere mit einer 
Länge von 10 mm und darüber überwiegen. Auch die Zahl der Seg- 
mente überstieg die von Brauer auf 49 als Höchstmaß angegebene oft 
um ein Bedeutendes. Auffallenderweise wurde die untere Gabelzinke 
der ventralen Gabelborsten oft niebt gesehen; doch spricht Schuster 
schon von einer Verkümmerung der unteren Zinke. 


Fig. 1. 


Nais variabilis. Der Oligochäi zählte 23 Segmente pei einer Lange 
von etwa 3 mm. Haarborste mindestens 3— 5 mal so lang als die Nadel- 
borste. Nur der Kopflappen, der nach Piquet etwas länger als basal 
breit ist, war etwas plumper. 

Nais obtusa? Diese Art wurde von Dr. Scheffelt bestimmt und 
mir zur Verwertung überlassen. Die ventralen Borstenbündel bestanden 
aus fünf Hackenborsten, die ziemlich dick und ziemlich stark geschweift 
waren und sich durch ziemlich gleichlange Zinken auszeichneten. 
Die dorsalen Haarborsten erschienen etwas gefiedert zu sein. 

Marionina spez. Die von mir vorgefundenen Tiere bewegten sich 
zwischen 2 und 8mm Länge mit einer höchsten Segmentzahl von 32. 
Die Farbe war grauweiß und nahm ovei durchfallendem Licht mehr 
einen bräunlichen Ton an. An den einzelnen Segmenten fanden sich 
je vier Bündel mit zwei und manchmal auch drei Hackenpvorsten. 
Vielleicht hanaelt es sich um eine Abart von Mar. sphagqnetorum. 

Lumbriculus spez. Die beiden Tiere waren etwa 9 cm lang, die 
Dicke betrug mindestens | mm und die Segmentzahl überstieg in beiden 
Fällen die Zahl 130. Die Farbe war mehr rotbraun. Acht einfache 
Hackenhorsten fanden sich an jedem Segment der Tiere, deren 
schnellende Bewegung auffiel. 


15* 12, Hort 


998 Emil Kistler: 


Lumbrieulus variegatus? Hier handelt es sich um meist bis 4 cm 
lange Tiere, pei denen der Ösophagus mit plötzlicher Erweiterung 
des Darmes im 17. Segment in denselben übergeht. Haarborsten 
fehlen, die dorsalen und ventralen Hackenborsten zeigen keinen Unter- 
schied. In jedem der vier Bündel stehen je zwei Hackenborsten, deren 
untere Zinke stärker ist. Durchschnittliche Länge der Borsten 45—60 u 
Die Farbe der Tiere waı hell bis dunkelbraun, Pigment war wenig vor- 
handen, doch waren die Tiere vorn meist dunkelgrün. Keine An- 
haltspunkte für eine nähere Bestimmun®fand ich für einen etwa 3 cm 
langen Oligochäten, um dessen Kopf am basalen Teile ein manschetten- 
artiges Gebilde herumging. Am Kopfe selbst ist links und rechts eine 
Fiederborste im Verein mit einer Hackenborste, deren untere Zinke 
kleiner ist. Auf der ventralen Seite des Kopfes befinden sich mehr der 
Mitte zu gelegen zwei Hakenborsten, die auch im weiteren Verlauf 
des Tieres links und rechts gleichmäßig anzutreffen sind. Dorsal stehen 
in den ersten Segmenten beiderseits meist je zwei Haarborsten und eine 
Hakenborste; doch trägt die Mehrzahl der Segmente nur eine Haar- 
borste und eine Hakenborste, bis gegen Schluß üperhaupt nur 
Hackenborsten vorhanden sind. Der Kopflappen war bei diesem Tier 
ziemlich quer abgestutzt, während bei einem weiteren Exemplar 
anscheinend derselben Art dieser bedeutend spitzer und länger ver- 
lief. Die ‚„Halskrawatte‘“ aber ging hier nicht gleichmäßig über die 
ganze Körperoberfläche, sondern trat nur auf der linken Seite stärker 
hervor. Wahrscheinlicb muß, wie Dr. Scheffelt annimmt, in beiden 
Fällen an einen pathologischen Vorgang geaacht werden. 


Egel. 


Helobdelia stagnalis. 7 mm lang. Es handelt sich um eine kleine 
Abart, wobei außer der querovalen schwarzbraunen Platte sich — 
vier Ringel von der ersten entfernt — noch eine kleinere, etwas heller 
gefärbte vorfindet. 

Glossosiphonia heteroclita. 5 mm lang, hellgelb und durchsichtig. 

(lossosiphonia papillosa. 4 mm lang; das erste Augenpaar berührt 
sich hier nur nicht wie sonst, ist vielmehr verschmolzen. Außerdem 
kann ich nicht finden, daß die Augen des 3. Paares von einander 
mehr getrennt sind als die des 2. Paares. 

Herpobdella atomaria. Ein Exemplar mit auf der Bauchseite 
angeklebtem zerdrücktem Kokon, aus dem Eimasse floß. 


Herpobdella nigricollis. 1?/, cm lang, braune Färbung, das 3.. 


und 4. Augenpaar ist etwas näher an die proximal liegenden zwei 
Paar Augen gerückt. Das sogen. Halsband entspringt mit einem nach 
vorne offenen Bogen unmittelbar hinter den Augen und ist nur schwach 
angedeutet. Zwei deutlich dunkler gefärbte Längsstreifen verlaufen 
zu beiden Seiten. 


Herpobdella octoeulata. 15 mm lang, 1,5 mm breit. Längen von 


20-50 mm, wie sie Johannson angibt, fand ich bei Herpobdella orto- 
culata nie. 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes, 229 


Wenn es mir auch nicht gelang, alle einschlägigen Fragen 
zu lösen, namentlich die, ob es Arten gibt, die einzig und allein im 
unberührten Hochmoor leben, so war es mir im Laufe meiner Studien 
doch vergönnt, die bisher im Hochmoor bekannte Wurmwelt um 
etliche Vertreter zu bereichern. Früher glaubte man das Hochmoor, 
was die Würmer betrifft, nur von Nematoden besiedelt. Da war es 
aber schon Dr. Scheffelt, der in bayerischen Mooren jüngst auch kleine 
Strudelwürmer der Gattung Stenostomum entdeckte. Auch ich fand 
im unberührten Hochmoor außer Nematoden der Gattung Monohystera, 
Tripyla, Rhabdolaimus, Plectus und Aphanolaimus Turbellarien, 
die sämtlich der Gattung Stenostomum angehörten. Auch Oligochaeten, 
Marionina spez. (M. sphagquetorum?) una Aeolosoma variegatum fanden 
sich in unberührtem Waldmoor, während Tricladen fehlten. 

In der Krustensteinzone sowie im Schlamm des Chiemsees fehlen 
Strudelwürmer und Öligochaeten fast ganz. 

Polycelis nigra. eine der weitverbreitesten Trikiaden, kommt an- 
scheinend im unberührten Hochmoor nicht vor, wohl aber in Gräben 
und Seen des Moorgebietes. 

Stenostomum unicolor. von mir im Hochmoor gefunden, wurde 
früher schon von Schmidt in Gräben, von Fore]l am Strand des 
Genfer Sees und von Vejdovsky im Brunnenwasser von Prag und 
dessen Umgebung entdeckt. In Deutschland wurde es besonders in 
der Elbegegend beobachtet. 

Stenostomum leucops ebenfalls im Hochmoor vorkommend ist 
St. unicolor sehr nahe stehend und wurde in fließendem wie auch auch 
stehendem Wasser, besonders im Schlamm letzterer gefunden. 

Olisthanella obtusa wurde zuerst von Schultze in Regenpfützen 
entdeckt. 

Rhynchoseolex Vejd. wurde von diesem in der Schweiz und Böhmen 
gefunden.. 

Macrorhynchus lemanus? wurde bereits von Du Plessis im 
Genfer See gefunden, sodaß also sein Vorkommen in der Ühiemseer 
Kıustensteinzone nicht ausgeschlossen ist. 

Otomesostoma auditivum aus dem Schlamm des Chiemsees in 
16 m Tiefe zählt zur 3. Hauptgruppe der Rhabdozoelen; die hierher 
gehörigen Arten sind an den Boden größerer Gewässer gebunden, 
folglich Schlammbewohner und als solche nach Du Plessis Angaben 
von keiner Jahreszeit abhängig. Zschokke betrachtet Otom. auditiv. 
sogar als marin-glacialen Relikt, was van Hofsten zurückweist. 
Das Tier ist in den Koppenteichen des Riesengebirges und dem Ober- 
teich in Ostpreußen besonders aber häufig in fast allen Schweizer- 
und Hochgebirgsseen zu finden. 

Von den Nematoden waren im Moor am zahlreichsten Monohystera 
filiformis vertreten, schon vorher bekannt durch das Auftreten in 
anderen Gegenden Deutschlands an Wurzeln von Moos und sonstigen 
Pflanzen an feuchten Orten. Die anderen Arten im Hoochmor sind 
dagegen nedeutend in der Minderzahl, wie dies auch für die anderen 
Örtlichkeiten zutrifft mit Ausnahme der schon vorber erwähnten 


12, Heft 


2350 Emil Kistler: 


Krustersteinzone, die ein Tummelplatz für zahlreiche Individuen 
der Art Ohromadora ratzeburgensis zu sein scheint. Dazwischen fanden 
sich auch einige wenige Exemplare von Dorylaimus intermedius. 
Während aber bisher Chr. ratzehurg. in Deutschland nur am Ratze- 
burger See und außerhalb in Frankreich bekannt war, erfreute sich 
Dorylaimus intermedius nereits einer weit größeren Verbreitung in 
Deutschland, Holland, Ungarn, Schweiz und Frankreich. 

Bezüglich der Verbreitung von Öligochaeten dürfte interessant 
sein, daß 4eolosoma variegatum nur aus der Gegend um Hamburg 
bekannt war. 

Chaetogaster Langi Bretscher war bekannt aus der Züricher Gegend 
und ist für Deutschland neu. 

Nais variabilis wurde zuerst in Deutschland von Reinhold 
Schuster und zwar in vorwiegend stehen«en Gewässern in Sachsen 
und Böhmen gefunden. 

Nais obtusa fand sich nur ganz vereinzelt in einem Graben mit 
fast stehendem Wasser. Bretscher und Piquet sammelten sie in 
Seen und Flüssen der Schweiz, Vejdovsky und Michaelsen wurden 
ihrer in der Elve habhaft. 

Stylarıa lacustris gilt als die weitveıbreiteste Naide und belebt alle 
größeren und kleineren Teiche. Sogar das Moor (aber wohl nur Nieder- 
moor) beherbergt, wie Schuster berichtet, aiesen Wurm. Bretscher 
und Piquet überzeugten sich von dem regelmäßigen Vorkommen 
von Styl. lacustr. in den Schweizer Seen, Michaelsen fing sie in der 
Elbe. Fuhrmann holte das Tier sogar aus 78m Tiefe im Neuchateler 
See, Duplessis aus 150 m Tiefe im Genfer See. 

Ophidonais serpentina fand sich in großer Zahl in Gräben und im 
See. Schuster konnte jedoch nur einen Fundort um Wermsdorf 
angeben, Vejdowsky stieß auf sie in Hirschberg i. Sachsen. Sie 
ist ein regelmäßiger Bewohner größerer Teiche und Seen; fing sie doch 
Thallwitz im Moritzburger Großteich, Bretscher und Piquet in 
Schweizer Seen, Michaelsen in der Elbe und bei Hamburg. 

Aeolosoma Headleyi war bisher in Deutschland nicht bekannt, 
sondern nur in England, Rußland und Böhmen. 

Hirudineen wurden von mir im eigentlichen Moore und im Chiem- 
see nicht gefunden. Helobdella stagnalis war am zahlreichsten ver- 
treten und wurde häufig sowohl in fließendem als stehendem Gewässer 
an Wasserpflanzen und unter Steinen angetroffen. Die übrigen Arten 
wurden in bedeutend geringerer Menge vorgefunden. 

Die Wurmfauna des unberührten Hochmoores scheint nach 
diesen Feststellungen dürftig zu sein, nicht so artenarm zwar, wie man 
früher annahm, aber doch deutlich artenärmer als im meliorierten 
Hochmoor. 


Die Würmer des Chiemsee-Moorgebietes. 231 


Literaturverzeichnis. 


l. Brauer. Die Süßwasserfauna Deutschlands, Jena 1909, Heft 13, 
15 u. 19. | 

2. Breslau und Steinmann. Die Strudelwürmer (Turbellaria). 
Leipzig 1913. 

3. Bronn. Klassen und Ordnungen, 4. Band, Turbellaria, bearbeitet 
von L. v. Graff. 

4. Bütschli. Beiträge zur Kenntnis der freilebenden Nematoden. 
Nova Acta der Ksl. Leop. Carol. aeutschen Akademie der Natur- 
forscher, Band XXXVI, No.5, Dresden 1873. 

5. Bretscher. Über ein neues Enchytraeidengenus. Zool. Anzeiger, 
Bd. XXIX, 1906. r 

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Schweiz. Revue Suisse de Zoologie 1911. 

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der Binnenseen. International Revue der gesamten Hydrobiologie 
und Hydrographie, Bd. VIII, Mai 17. 

8. Derselbe. Die Bodenfauna des Vättern, qualitativ und quan- 
titativ untersucht. Bd. VII, 1915. 


9. Fuhrmann, ©. Die Turbellarien der Umgebung von Basel. 


Genf 1894. 

10. v. Graff. Monographie der Turbellarien. Bd.I. Leipzig 82. 

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12. v.Hofsten. Zur Synonymik und systematischen Stellung 
von Castrella truncata. Zool. Anz. Bd. XXXV, 1910. 

13. Derselbe. Zur Kenntnis der Tiefenfauna des Brienzer- 
und des Thuner Sees. Archiv für Hydrobiologie und Planktonkunde. 

Band VII, 1911 und 12. 

l4. Derselbe. Archiv für Hydrobiologie u. Planktonkunde, 
Bd. XI, 1916. 

15. Derselbe. Revision der schweizerischen Rhabdozoelen 
und Alloeozoelen. Revue Suisse de Zoologie. Genf 1912. 

16. Hämpel, ©. Zur Kenntnis einiger Alpenseen mit besonderer 
Berücksichtigung ihrer biologischen und Fischereiverhältnisse. 1. Der 
Hallstätter See. Internationale Revue der gesamt. Hydrobiologie 
und Hydrographie. Band VIII, 1918. 

17. Lehmann. Untersuchungen über die Fauna des Sigiswyl- 
grates. Revue Suisse de Zoologie. Genf 1911. 

18. Menzel. Über freilebende Nematoden aus der Umgebung 
von Triest. Revue Suisse de Zoologie. Genf 1911. 

19. Michaelsen. Oligochaeta. Berlin 1900. 

20. Micoletzky, H. Ökologie ostalpiner Süßwasser-Nematoden. 
Internationale Revue aer gesamten Hydrobiologie u. Hydrographie. 
Bd. VI, Leipzig 14. 

2]. Meoltschanov, L. Ein Beitrag zur Biologie der Ülepsinen. 
Zool. Anz., Bd. XXXVII. 


12, Heft 


232 Emil Kistler. 
22. Pointner. Beiträge zur Kenntnis der Oligochaetenfauna der 
Gewässer von Graz. Zeitschr. wissenschaftl. Zool., Bd. 98, 1911. 
23. Scheffelt. Die aquatile Tierwelt aes Nonnenmattweihers. 
(Ein Beitrag zur Moorforschung.) Mitteilungen des Bad. Landes- 
vereins für Naturkunde und Naturschutz, Dez. 19. 

24. Scheffelt. Die Fauna der Chiemsee-Moore. Z00l. Anzeiger, 
Bd. 52, 1921. 

25. Schlenker. Das Schwenninger Zwischenmoor und zwei 
Schwarzwaldhochmoore in Bezug auf ihre Entstehung, Pflanzen- 
und Tierwelt. Mitteilungen der Geolog. Abteilg. des k. Württem- 
berg. Statistischen Landesamts No. 5, 1908. 

26. Steche. Grundriß der Zoologie. Leipzig 1919. 

27. Steinmann. Die schweizerische Turbellarienliteratur. Revue 
Suisse de Zoologie, Genf 1911. 

98. Derselbe. Geographisches und Biologisches von Gebirgs- 
bachplanarien. Archiv f. Hydrobiologie u. Planktonkunde, Bad. II. 

29, Stöger, R. Einige Lumbrieidenfunde mit besonderer Berück- 
sichtigung des Standortes. Revue Suisse de Zoologie, Genf 1911. 

30. Schneider. 6. Zur Kenntnis der frei im finnischen Meerbusen 
vorkommenden Nematoden. Zool. Anz., Bd. XXIX, 1906. 

31. Derselbe. Süßwassernematoden aus Esthland. desgl. 

32. Schuster, R. Morpholog. u. biolog. Studien an Naiden in 
Sachsen und Böhmen. Internationale Revue der gesamt. Hydro- 
biologie u. Hydrographie. Bd. VIII, 1915. 

33. v. Voß. Die Bildung der Stäbchen bei Mesostomum Ehren- 
bergi. Zool. Anz., Band XXXIX, 1912. 

34. Volz. Über neue Turbellarien der Schweiz. Zool. Anzeig,, 
Bd. XXI, 1889. 

35. Wesenberg-Lund. Über eine eventuelle Brutpflege vei Gordius 
aquaticus. Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie und 
Hydrographie. Bd. III, 1910. 

36. Zschokke. Die Tierwelt der Hochgebirgsseen. Basel 1900. 


Apidae — Stelidinae II, 
Gatt. Euaspis Gerst. 


Von 


Dr. Reinhold Meyer, 
Landsberg a. W. 


Vorwort. 

Vorliegende Arbeit, die eine Fortsetzung meiner früheren Mono- 
graphien darstellt, stützt sich auf das zahlreiche Material, das mir 
von einer Anzahl Museen bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurde, 
besonders vom zoologischen Museum Berlin, dem ich hierdurch zu 
großem Dank verpflichtet bin. Die Bearbeitung umfaßt den zweiten 
Teil der Stelidinae, deren ersten die Gattung Stelis bildet. Ihre 
Bearbeitung bleibt einer späteren Monographie vorbehalten. 


Literaturkürzungen. 


Die Literatur wurde bis Juli 1921 berücksichtigt, soweit sie als 
Auslandsliteratur zur Verfügung stand. 

Allg. Zeitschr. f. Ent. — Allgemeine Zeitschrift f. Entomologıe. 
Berlin-Schöneberg 8. 

Ann. Mag. Nat. Hist. — The Annals and Magazine of natural 
History, including Zoology, Botany, and Geology. London 8. 


Ann. Mus. eiv. Genova. — Annali del Museo civico di storia 
naturale di Genova. 

Ann. Mus. hist. nat. — Annales de Musee d’histoire naturelle 
Paris 4°. 

Ann. Soc. ent. France. — Annales de la Societ& entomologique 
de France. Paris 8. 

Arch. entom. — Thomson Archives entomologiques ou recueil 


contenant des illustrations d’insectes nouveaux ou rares. Paris (Bailli&re) 
4. T.1, 1857, T. 2, 1858. 


Bull. Soc. ent. France. — Bulletin de la societ@ Entomologique 
de France Paris 8. 
Bull. Soc. ent. Ital. — Bulletina della Societa entomologica 


Italiana. Firence 8. 

Dalla Torre, Cat. Hym. — Catalogus Hymenopterorum hucusque 
descriptorum systematicus et synonymicus Auctore (€. G. de Dalla Torre 
Vol. 1—10 Lipsiae. 1892—1902. 8. - 

Fabricius, Ent. syst. — Joh. Christi Fabrieii Entomologia 
systematica emendata et aucta. Secundum Classes, Ordines, Genera 
Species adjeetis Synonimis, Locis, Observationibus, Deseriptionibus, 
ap 4 (Cum. Ind.) Index alphabeticus in J.C. Fabrieii Ento- 


12. Heft 


934 Dr. Reinhold Meyer: 


mologiam systematicam, emendatam et auctam, Ordines, Genera 
et Species Continens. 

(Cum Suppl.=) Joh. Christ. Fabrieii Supplementum Entomologiae 
systematicae. (Cum. Ind. Suppl.:) Index alphabeticus in J. ©. Fabrieii 
Supplementum Entomologiae systematicae, Ordines, Genera et Species 
continens. Hafniae. 1792, 93, 93!/94, 94; 96; 98; 99, 8. 

Fabricius, Syst. Piez. — Joh. Christ. Fabricii Systema Pie- 
zatorum, secundum ordines, Genera, Species adiectis Synonymis, 
Locis, Observationibus, Descriptionibus. Brunsvigae, 1804, 8. 

Fauna Brit. Ind. — The Fauna of British India, including Ceylon 
and Burma. Published under the Autority of the Secretary of State 
for India in Couneil. Edited by W.T. Blanford. Hymenoptera. 
Vol.1. Vasps and Bees by C. T. Bingham. London 1897. 8. 

Friese, Bienen Afrikas. — Die Bienen Afrikas nach dem Stande 
unserer heutigen Kenntnisse. Jena 1909. 

Journ. Proc. Linn. Soc. — The Journal of the Proceedings of the 
Linnean Society-Zoology. London 8. 

Lepeletier, Encycl. method. Insect. — La redaction des articles 
d’Insectes dans le vol. X de ’Eneyclopedie methodique avec Audinet 
Serville 1827. 

Lepeletier, Hist. nat. Inseet. — Histoire naturelle des Insectes. 
Suite & Buffon. Hymenopteres. Paris, Roret. 8. avee un Atlas 
renferment 48 pl. col. et pg. 16 texte. 1836—1847. 

Mag. Ent. Germar-Magazin der Entomologie, herausgegeben 
von Ernst Friedrich Germar (Band 2-4 von E. F. Germar und 
J. L. Th. F. Zinken, genannt Sommer). Halle 8. 

Mag. Insektenk. — Magazin für Insektenkunde, herausgegeben 
von Karl Illiger, Braunschweig 8. 

Mem. Acc. Bologna. — Memorie della R. Accademia delle science 
della Instituto dı Bologna. Bologna. 

Mem. Proc. Manchester Soc. — Memoirs and proceedings of the 
Manchester Literary and Philosophical Society. Manchester. 

Monatsber. Akad. Wiss. Berlin. — Monatsber. der Kgl. Preuß. 
Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin, F. Dümmlers Verl. 8°. 

Peters, Reise Mozambique. — Peters, W. Reise nach Mozambique. 
Berlin, Reimer. 1862, 4, T.2. 

Sichel, Reise d. Novara. — Reise der österreichischen Fregatte 
„Novara“ um die Erde in den Jahren 1857, 58, 59 usw. Zool. Teil, 
II. Bd. Wirbellose Tiere, 2. Hymenoptera, bearbeitet von Henri 
de Saussure. Mit 4 Taf. Nebst Suppl. von J. Stichel 1867. 4°. 

Smith, Cat. Hym. Brit. Museum. — Frederick Smith, Catalogue 
hymenopterous Insects in the Collection ofthe British Museum. London 
1879. 8. 

Suppl. Ent. — Supplementa Entomologica, herausgegeben vom 
Deutschen Entomologischen Museum. Berlin-Dahlem 8 

Tijdschr. Ent. — Tijdschrift voor Entomologie. Uitgegeven 
door de Nederlandsche entomologische Vereeniging. Leiden 8. 

Wien. Ent. Ztg. — Wiener entomologische Zeitung, Wien 8. 


Apidae — Stelidinae II. 235 


Systematischer Index. 
Subfam. Stelidinae D.T. u. Fr. 
Gen. Euaspis Gerst. 
1. Subg. Parevaspis Rits. 
Schildchen am Endrand gerundet, nicht in eine messer- 
scharfe Platte ausgezogen. 
l. carbonaria Sm. 
2. simillima n. spec. 
3. basalis Rits. 
4. strandi n. spec. 
5. polynesia Vach. 
2. Subg. Euaspis Gerst. 
Schildchen mit messerscharfem Rande, glatt und eben. 
6. abdominalis F. 
T. rufiventris Gerst. 
var. martini Vach. 
8. erythros Meun. 


Euaspis Gerst. 

1857 Euaspis Gerstäcker, Monatsber. Akad. Berlin p. 460. 

1858 Dilobopeltis Fairmaire, Arch. entom. II, p. 266. 

1874 Parevaspis Ritsema (Subg.), Tijdschr. voor Entom. XVII, 
p- LXXI. 

1903 Euaspis Vachal, Bull. Soc. ent. France XXIJ, p. 95. 

1904 Euaspis Friese, Zeitschr. f. Ent. IX, p. 137. 

Anthidium Latreille, Germar, Lepeletier, Sichel, Smith. 
Anthophora Illiger. 

Stelis Lepeletier, Smith. 

Thynnus Fabricius. 

1857. „Fuaspis nov. g. (Thynnus pars Fabr.) Ulypeus convexus, 
Q rotundatus, $ truncatus. Palpi maxillares exigui, biarticulatı. 
Ligula nuda, labio terminali lenticulari. Palpi labiales ligula longiores, 
articulo primo admodum elongato, basi incrassato, tertio quartoque 
brevissimis. Scutellum $ truncatum, © bilobum. Corpus fere nudum, 
5 breve, © elongatum. Tegulae Q dilatatae, alae elongatae (Typus: 
Th ımnus abdomina is Fabr.).“ 

1874. „Het geslacht Parevaspis verschilt van bet geslacht 
Stelis, doordien de eerste geleding van de labiaalpalpen ongeveer 
driemaal zoo lang is als de tweede; ook is bij de mannetjes van het 
geslacht Parevaspis de achterrand van het anaalsegment met 
3 tandjes gewapena, bij Stelis echter niet getand maar afgerond. 
— Van het geslacht Euaspis (in welks onmiddelijke nabijheid het 
everwel geplaatst moet worden) oderscheidt het zieh door den groveren 
bouw der monddeelen, door dien de tong (ligula) bijna geheel behaard 
en veel langer is daan de labjaalpalpen, terwijl zij ook de lensvormige 
verdikking aan het eind mist, als ook door den vorm van het scutellum, 
die bovendien bij het nieuwe genus voor beide sexen dezelfde is. — 


12, Heft 


230 Dr. Reinhold Meyer: 


Van het geslacht Anthidium onderscheidt het zich voorerst door 
het gemis van de tot het meevoeren van het stuifmeel dienerde vorstels 
aan de buikzijde van het achterlijf, waarmeede waarschijnlijk eene 
parasitische levenswijze in verband staat, en ten andere doordien 
de eerste geleding der labialpalpen ongeveer drie maal zoo lang is 
als de tweede, terwijl bij Anthidium de eerste een weinig korter 
is dan detweede. In het beloop der vleugeladeren bieden deze geslachten 
geene standvastige verschillen aan.“ 

Friese (Allg. Ztschr. Ent. IX (1904) p. 137—138) schreibt zu 
dieser Gattung: 

„Die Bienengattungen Euaspis (Gerstaecker 1857) und Parevaspis 
(Ritsema 1875) sind echte Schmarotzer, die sich ohne weiteres an 
Stelis anschließen und kaum generisch davon trennen lassen. Außer 
der ungewöhnlichen kärbung, die lebhaft an Sphecodes erinnert, zeigt 
nur das Seutellum auffallende Bildung, indem es wie bei vielen neo- 
tropischen Anthidium-Arten weit dachartig nach hinten vorspringt 
und bei Huasnis sogar als scharfe Platte weit vorrragt. Morphologisch 
(in der Form, Habitus, Flügelgeäder) gehören sie dem Genus Antkidium 
an und stimmen auch darin mit Stelis überein. 


Ich stelle daher Paravaspis als Subgenus zu Euaspis. das alsdann 
die bisher bekannten tropischen Arten des ‚Hauptgenus Stelis (Ste- 
lidinae) umfassen würde. Im ‚Catalog. Hym.“ von Dalla Torre, Vol. X, 
1896, ist Euaspis (p. 474) hinter Serapis (Anthidium) als Sammel- 
biene eingereiht und Parevaspis (p. 480) hinter Stelis als Schmarotzer- 
biene. Euaspis bat nach obigem seine systematische Stellung hinter 
Stehs (p. 480) einzunehmen.‘ 


Bestimmungstabelle der Gattung Euaspis. 


1. Schildehen am Endrand gerundet, nicht in eine messerscharfe 
Platte ausgezogen (Unterg. Paravaspis). Orient. Formen 2. 
—  Schildehenrand scharfkantig, Schildchen ganz flach (Unterg. 
Euaspis). Afrikanische Formen 6 


2. Hinterleib schwarz 3. 
—  Hinterleib zum Teil rot 4, 
3. Siepentes Bauchsegment mit vorstehendem Dom. Nur 

bekannt simillema. 


—  Siebentes Bauchsegment das $ ohne Dorn, mit 3 Zähnen am 
Endrande. Sechstes Bauchsegment des © mit Längskiel 


carbonaria. 
4. Erstes Hinterleibssegment schwarz basalıs. 
—  Hinterleib ganz rot 5. 


pe 


9 letztes Bauchsegment mit Längskiel: 3 fünftes Bauchsegment 
ohne Dorn, sechstes in der Mitte des Endrandes spitzig vorgezogen 

polynesia. 
Q letztes Bauchsegment mit flacher 3eckiger Platte: & fünftes 
Bauchsegment mit Dorn, sechstes in der Mitte ausgeschnitten, 
seitlich beiderseits ausgebuchtet strandi. 


Apidae — Stelidinae II, 237 


6:2 T. 
er 10. 
7. Letztes Bauchsegment nur mit herzförmigem Wulst er ythros. 
— letztes Bauchsegment mit breiter Platte 8. 
8. Flügel hyalin, nur am Rande grbräunt, lunktierung von Thorax 

und Schildchen fein rufiventris 
—- Flügel stark getrübt 9. 
9. Punktierung des Thorax und Schildchen grob; Behaarung der 

Hintertibien hellgelb abdominalis. 
— Punktierung des Thorax und Schildchens fein; Behaarung der 

Hintertibien dunkel rotbraun var. martin. 
10. Flügel hyalin, nur am Rande getrübt 11: 
— Flügel gleichmäßig stark getrübt 12. 
ll. Siebentes Bauchsegment mit 3 gleichlangen Zähnen; letztes 

Rückensegment am Endrand kaum ausgebuchtet erythros. 


—  S$iebentes Bauchsegment mit 3 Zähnen, deren mittlerer doppelt 
so lang und stark ist wie die äußeren; letztes Rückensegment 
deutlich ausgebuchtet rufiventris. 

12. Letztes Rückensegment am Endrand in 2 stumpfe Zähne aus- 

gezogen; Punktierung des Thorax und Schildehens fein, dieses 

ganz schwarz var. martini. 

Fornr der Bauchsegmente wie bei rwriventris. 

5 von abdominalis mir unbekannt. 


| 


t. Euaspis (Parevaspis) earbonaria Sm. 


1854 Stelis carb. Smith, Cat. Hym. Ins. Br. Mus. II, p. 275. 

1874 Parevasp. carb. Sm., Ritsema, Tidschr. voor Ent. XVII 
p- ,XX1 

1897. Parevasp. carb. Sm. Bingham, Fauna Br. Inaia p. 499. 

1903 Euasp. carb. Sm., Vachal, Bull. Soc. Ent. France, p. 97. 

1904 Euasp. carb. Sm., Friese, Allg. Ztschr. f. Ent. IX, p. 137—138. 

1909 Euasp. carb. Sm., Friese, Bienen Afrikas p. 440. 

1913 Parevasp. carb. Sm., Strand, Arch. Naturg. 1913, A 2, p. 149. 

„@ Length 4 lines. — Black, closely and strongly punctured, 
the head and thorax opake; the abdomen shining, more finely and 
distantly punetured, the face covered with white pubescence; wings 
dark fuscous, palest towards their base; the scutellum rounded, and 
roduced behind over the base of the abdomen and covered with 
E punctures; inthe middle ofthe posterior margin a deep depression. 
Abdomen curved, and having a scattered griseous pubescence, the 
apex rcunded. 

d. The male resembles the female, but has the apical segment 
of the abdomen tridentate. 


Hab. East Indies; N. Bengal; Ceylon.‘ 


Kopf, Thorax und Abdomen schwarz, Flügel etwa ein Drittel 
an der Basis hyalin, der Rest gebräunt. 


12. Heft 


938 Dr. Reinhold Meyer: 


Länge 8&—-12 cm, Gesicht dicht weiß behaart, Kopf auf dem 
Scheitel flach grubig, nicht dicht punktiert. 

Thorax feiner und dichter punktiert, Punkte um ibren Durch- 
messer von einander entfernt. Flügelschüppchen fein chagriniert, 
mit feinen, zerstreuten Punkten. Schildchen mit tiefen, großen, sehr 
dichten Punkten, die Zwischenräume der Punkte flach, deutlich. 
Hinterleib mäßig fein punktiert, die Punkte um den 2—3 flachen 
Durchmesser voneinander entfernt, einen breiten, glatten Endrand 
an den Segmenten frei lassend. Hinterleib fein weißlich behaart. 
6. Bauchsegment beim 9 mit 2 Seitenzähnchen und Mittelkiel. Dieser 
an der Basis etwas bauchig erhaben, das Segment mit deutlichen 
Punkten, die um ihren Durchmesser voneinarder entfernt sind. End- 
segment beim 3 flach, nur ein erhabener Punkt am Ende des Segmentes, 
Endrand spitz 3zähnig. 

Bombay, Ahmedabad. Punjab, Allahabad, Rangoon, Mandalay, 
Ceylon 2, $ (Bingham). Bengalen 9, Sikhim 2 ohne Fundort III., 98 
(Zoolog. Mus. Berlin). 


2%. Euaspis (Parevaspis) simillima n. spec. 


Diese Art, die der E. carbonaria äußerst ähnlich sieht, unter- 
scheidet sich von ihr in folgenden Punkten: 

Flügel an der Basis ausgedehnter hyalin, die Bräunung ungefähr 
erst von der Mitte ab. Schildchen mit äußerst groben, viel diebteren 
Punkten, die Punktzwischenräume nicht flach, sondern schmal gewölbt, 
die Punkte teilweise ineinander fließend. 6. Bauchsegment ohne 
Längskiel, sondern mit dornförmigem Fortsatz in der Mitte der Basis, 
die Seiten des Segmentes mit zwei Zähnen. 

Sonst in allen Punkten mit E. carbonaria übereinstimmend. | 

1 2 Saleyer J., S. Celebes XI, 1895 coll. Bingham, Type Zool. 


Museum Berlın. 


3. Euaspis (Parevaspis) basalis Rits. 


1874 Par. bas. Ritsema, Tijdschr. voor Ent. XVII, p. LXXII. 
1889 Stelis japonica Cameron, Mem. Proc. Manchester Soc. (4) 


12.19, | 

1903 Euasp. basalis Rits., Vachal, Bull. Soc. Ent. France p. 97 
%. 2: 172, 

1904 Euasp. basalis Rits., Friese, Allg. Ztschr. f. Ent. IX, 
p. 137—138. 

1909 Euasp. basalis Rits., Friese, Bienen Afıikas, p. 440. 

„9. Lengte 14, vleugelspanning 27 mm. — Kop en thorax zwart, 


zeer digt met grove puntjes bedekt; de voorrand van het kopschild 
en de zijden van het aangezigt wit behaart; tusschen de basis van de 
sprieten, die zwart zijn, een fijne kiel in den vorm van eene overeind 
staande stemvork. Het eenigszins over het eerste achterlijfssegment 
uitstekende schildje bedekt met puntjes grover dan die van kop en 
thorax, de achterrand ter wederzijde gebruind, op het midden flaauw 


Apidae — Stelidinae IL 239 


ingesneden; de tegulae zwart, langs de randen een weinig gebruind, 
digt mit fijne puntjes bedekt. De vleugels gebruind, aan den wortel 
bijna helder, met min of meer violetachtigen goudglans voorzien; 
de vleugeladeren zwart. De pooten zwart of donkerbruin; de tarsen 
aan de odnerzijde met korte roestbruine haartjes bedekt; de scheen- 
sporen lichtbruin; de klaauwtjes der tarsen aan den wortel licht, 

aan het eind donkerbruin, en op het midden van een tandje voorzien. 

Het achterlijf bijna onbehaarvd steenrood van kleur met uitzondering 
van de eers;e helft van heü eerste segment die zwart is; de segmenten 
met grove puntjes bedekt (met uitzondering van een smallen gladden 
zoom langs den achterrand der vijf eerste segmenten), welke bestippe- 

ling aan de zijden digter is dan op het midden en naar het eind van het 
achterlijf digter w ordt, zoodat het laatste segment ht digtst daarmede 
bedekt is. Het lastste segment is voorts breed afgerood, aan de 
zijden onregelmatig getand, de achterrand een weinig opgebogen 
en op het midden zeer flaauw ingesneden, welke inspijding zich over 
het midden van de rugvlakte als een bijna onmerkbare Jangskiel voortzet. 
De een weinig uitgeholde buikvlakte van het laatste segment is eenigs- 
zins toegespitst, met afgeronde zijden, aan wier basis een fijn tandje 
voorkomt; op het midden van de basis neemt men een naar achteren 
uitgebogen dwarskiel waar.“ 

Diese Art ist leicht kenntlich durch Größe, Punktierung und 
schwarze Färbung an der Basis des ersten Segmentes. 

Q Länge 15 mm. Kopf und Thorax schwarz, Abdomen rot, Seg- 
ment 1 fast ganz schwarz. Kopf besonders auf dem Scheitel, und 
Thorax, besonders auf dem Schildchen, äußerst grob und dicht punktiert. 
Hinterleib mit groben Punkten, die ungefähr um ihren Durchmesser 
von einander entfernt sind und einen glatten Endrand an den Seg- 
menten frei lassen. Gesicht weißlich, Mandibeln messinggelb behaaıt. 
Letztes Bauchsegment an der Basis mit dreieckiger Platte, die aber 
nicht besonders abgesetzt ist, ohne Mittelkiel. Flügel schwarzbraun 
getrübt, an der äußersten Basis heller, mit violettem Schimmer. 

ö wie 9, Länge 13 mm. Letztes Bauchsegment mit drei Zähnen, 
der mittlere spitzer als die beiden äußeren. 

Q und $ von Japan, Tokio 1897 Asaj. Oka (Zool. Museum Berlin), 
Die leicht kenntliche Art scheint nur in Japan vorzukommen. Alle 
anderen Angaben sind Verwechslungen mit Z. polynesia. 


4. Euaspis (Parevaspis) strandi n. spec. 


Diese Art, welche in ihrem Äußeren E. polynesia sehr ähnlich 
sieht, unterscheidet sich von ihr durch folgende Merkmale: 9 Länge 
13 mm. Punktierung des Kopfes sehr grob, besonders zwischen Ocellen 
und Fühlerbasis. Punktierung des Thorax gröber als bei polynesia, 
besonders auf dem Schildehen, wo die Punkte teilweise zusammen- 
fließen. Punktzwischenräume erhaben, Schildehen mit breitem gelben 
Rande. 6. Bauchsegment an der Basis mit fasö halbkreisformiger, 
sehr fein gerandeter Flaite ohne Kiel. 


12. Heft 


240 Dr. Reinhold Meyer: 


2 Punktierung wie beim @. Letztes Bauchsegment mit drei Zähnen, 
der mittlere fast doppelt so lang als die beiden äußeren; sechstes 
am Endrand wulstig erhaben, in der Mitte halbkreisförmig ausge- 
schnitten, an den Seiten flach ausgebuchtet, fünftes in der Mitte 
des Endrandes mit spitzem Zahn an jeder Seite. 

9, & Sıkhim, coll. Bingham. 

Typen Zool. Museum Berlin. 

Die Art ist durch die plastischen Merkmale gut unterschieder. 


5. Euaspis (Parevaspis) polynesia Vach. 


1858 Be abdominalis Smith, Journ. of Proc. Linn, Soc. Zool. 
11]; 2.7 2.4, 

1861 Siche gg Smitb, Journ. of Proc. Linn. Soc. Zool. V, 
Suppl., p. 132, n.1, 9. 

1874 Parevaspis abdominalis Ritsema, Tijdschr. v. Entom. 
XVII. Versl., p. LXX1. 

1884 Parevaspis abdominalis Gribode, Ann. mus. eiv. Genova 
XXI, p. 353, n.6, 92. 

1897 Parevasp. abdom. Sm., Bingham, Faun. Br. India, p. 499. 

1898 Parevasp. abdom. Sm., Bingham, Journ. Bomb. Nat. Hist. 
Soc., p. 587. 

1903 Euasp. polynesia Vachal, Bull. Soc. Ent. France, p. 97 u. 173. 

1904 Euasp. smithi Friese, Alle. Zeitschr. f. Entom. IX, p . 137/138. 

1904 Parevasp. basalıs Rits., Cockerell, Ann. Mag. Nat. Hist, ‚Pp- 207 

1909 Eucsp. polıymesia Vach., Friese, Bienen Afrikas, p. 440. 

1911 Parevaspis basalis Rits., Cockerell, Ann. Mag. Nat. Hist. 8, 
VII, p. 227. 

1913 Parevasp. basal's Rits., Strand, Suppl. Ent. II, p 65. 

1914 Parevasp. abdom. Sm., Friese, Tijdser. voor Ent., LVII, p. 10. 

1858. „S. dense punctata, capite thoraceque nigris, abdomine 
ferrugineo; alis nigro-fuscis violaceo iridescentibus. — Male. Length 
5 lines. Head and thorax black, abdomen ferrugineus; head and thorax 
strongly punctured, the scutellum very strongly so; the sides of the 
face and the anterior margin of the face fringed withe pubescence. 
The posterior margin of the scutellum rounded: wings dark brown 
with a violet iridescence. Abdomen ferruginous and closely punc- 
tured. — Hab. Celebes. 

1861. A single exemple of ibe female was taken by Mr. Wallace; 
this sex differs from the male only in being larger. I have not satisfied 
myself that this really belongs to the genus Stelis; it is however cer- 
tainly a parasitic insect, the female not possessing any pollenigerous 
organs, and is either a Stelis, or must constitute the type of a new 
allied genus.“ 

Länge: 8-15 mm. Kopf und Thorax schwarz, Abdomen rot. 
Kopf und Thorax deutlich punktiert, Punkte um ihren Durchmesser 
voneinand-r entfernt. Schildehen mit doppelt so großen Punkten 
und flachen Punktzwischenräumen. Abdomen deutlich, mäßig fein 


Apidae — Stelidinae II. 241 


punktiert, die Punkte um ihren doppelten Durchmesser von einander 
entfernt, einen glatten Endrand an den Segmenten freilassend. Letztes 
Bauchsegment beim © in der Mitte der Basis mit Tuberkel; von der 
aus sich ein feiner Mittelkiel zum Endrand hinzieht, an den Seiten 
mit je einem Zahne, beim $ mit drei Zähnen am Endrand, von denen 
der mittlere am längsten und spitzesten ist, sechstes an der Basis 
unterhalb des Mittelzahnes des siebenten mit punkt förmiger Tuberkel. 
Flügel bei beiden Geschlechtern »tark gebräunt, an der äußersten 
Basis hyalın. 

Eine häufige Art. Nach Bingham Schmarotzer von Megachile 
disjuncta, welche in Bambusstengeln baut. 

Burma, Tenasserim, Malayische Region bis Celebes eek 

Java: Samarang, Aug.; Medana, Mai; Gunung Ungaran, Dez. 
Selatiga, Buitenzorg. (Friese) 

Formosa: Kosempo, Sept., Juli, Juni; Hoozan, Sept.; Taihorin, 
Aug. (Strand) 

Sikhim: 1 3, 9 2%; Rangoon-Distr. 3 99, Febr. — April, 999. 
Juni— August; Pegu: 3 22 November; ÖOber-Burma 5, 2 Januar, 
2 22 Februar, 1 2 Juli, 15 August, 1 2 September, 1 3 Nov. 

Tenasserim: 1 2 Aug., 1 @ November. 

Sumatra (Deli) 2; Java 9; Amooina 9: Philippinen ‘Luzon) 
Mai: Formosa, Takao, 20.8.1907 (von CGockerell als basalis var. 
bestimmt); China, Tsingtau © (Zoolog. Mus. Berlin). 

Key-Inseln, Groß-Banda-Insel (meine Sammlung). 


6. Euaspis (Euaspis) abdominalis F.- 


1793 Thynnus abdominalis Fabrieius, @ in: Entom. syst., Vol. II, 
245. 

ü 1804 Thynnus abdominalis Fabrieius, 2 in: Syst. Piez., p. 281. 

1806 Anthophora gastrica Uliger, Mag. f. a; Yun: 118, n.5l 
S (s. deser.). 

1809 Anthidium rufiventre Latreille. @ in: Ann. Mus. Hist. nat., 
T. XIII, p. 49 änd 234, tabl. 1, fig. 7. 

1815 Anthidium rufiventre Germar, Magaz. f. Entom. I, P.2, p. 102. 

1825 Stelis rufiventris Lepeletier, 2 in: Encyel. method. Insect., 
T.X, p. 480, 

18H Stelis rufisentris Jepeletier, 5 in: Hist. nat. Inseet. Hymen., 
T. II, p. 530 (nicht 9, wie Friese angibt). 

1854 Anthidium abdominale Smith, @ in: Catal. Hymen. Brit. 
Mus., Vol. II, p. 209. 

1857 Euaspis abdominalis Gerstaecker, © in: Monatsber. Akad. 
Wiss., Berlin, 1857, np. 461. 

1858 Dilobop eltis fuseipennis Fairmaire, © in: Arch. entom., 
T.II, p. 262, n. 478, tabl. 10, fig. 5. 

1862 Euaspis abdominalis Gerstaecker, Peters, Reise nach 
Mossambique, Zool. V, 1862, p. 453, 9. 


Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 16 12, Heft 


242 Dr. Reinhold Meyer: 


1903 Euaspis abdominalis F., Vachal, Ann. Soc. Ent. France, 
). 376. 

1903 Euaspis abdominalis F., Vachal, Bull. Soc. Ent. France, p.98. 

1904 Euaspis abdominalis F., Friese, Allg. Ztschr. f. Ent. IX 

). 131—135. 
1909 Euaspis abdominalis F., Friese, Bienen Afrikas, p. 441. 

1912 Euaspis abdominalis F., Strand, Mitt. Zool. Mus. Berlin 6, 

sr, 
P 1912 Euaspis abdominalis F., Strand, Arch. Naturg., 1912 A 1,p. 129. 

1914 Euaspis abdominalıs F., Strand, Arch. Naturg., 1914 A. 2, p. 67. 

1793. „Niger, abdomine ferrugineo, scutello emarginato. — 

Africa aequinoctialı. 

Medius; caput nigrum, parum cinereo pubescens: thorax niger, 
scutello plano, emarginato; abdomen totum ferrugineum, immaculatum, 
ano integro; alae nigrae; pedes nigri.““ 

1841. „Sg. Caput nigrum, facie rufo pubescenti; thorax niger, 
dorso rufo pubescenti; scutellum nigrum, in medio profunde emargi- 
natum, lateribus obtuse subdentatum; abdomen fusce ferrugineum 
violaceo submicans, segmentum 6. utrinque emarginato-subdentatum; 
pedes nigri, rufo-villosi, tarsorum extremis articulis fusce ferrugineis; 
alae fuscae, violacae submicantes, nervuris punctoque marginali nigris 
L. & 7 lignes. 

Brasil. (?), Mus. Paris.‘ 

Von dieser nicht seltenen Art liegen mir nur Weibchen vor. Sämt- 
liche Daten und Fundortsangaben beziehen sich auf diese. 

9. Länge 15—18 mm. Kopf und Thorax schwarz, Abdomen 
rot, Schildehen- mit mehr oder weniger bleich-rotgelbem Rande. 

Kopf deutlich und stark punktiert, die Punkte um ihren Durch- 
messer von einander entfernt. Thorax und Schildchen gleichartig 
dicht und stark punktiert, die Punkte nach der Mitte zu fein werdend. 
Hinterleib, besonders auf den letzten Segmenten, Hinterschienen und 
Tarsen mit hell messinggelber Behaarung, Mittel- und Vorderschienep, 
ebenso Gesicht unterhalb der Fühler weißlich behaart. Letztes Bauch- 
segment mit halbkreisförmiger, glatter Platte. Flügel gänzlich stark 
gebräunt, mit violettem Schimmer. 

Westafrika: Franz. Guinea (Zool. Mus. Berlin); Sierra Leone; 
Liberia, Juli, Sept. ©; Togo: Misahöhe, Juni; Bismarckburg, Juli; 
Sansane-Mangu (Zool. Mus. Berlin); Nigeria, Wari (Zool. Mus. Berlin); 
West-Kamerun: Victoria, Juli, auf Blüten von Bidens pilosus; 
Albrechtshöhe, August; Lolodorf; Kribi, März; Barombi-Stat., 
Longji; Öst-Kamerun: Ngoko-Station, April (Zool. Mus. Berlin); 
Span. Guinea: Hinterland Makomo; Uelleburg; Alen - Benito- 
gebiet, Okt. (Zool. Mus. Berlin); Franz. Kongo: Batah, Sept.; Lam- 
barene, Okt.; Lastourville. Aug.— Sept. (Vachal); Belg. Kongo: 
Boma-Sundi; Boma; Banana-Boma; Kinschassa (Vachal\; Stanley- 
Pool (Zool. Mus. Berlin); Port. Kongo: Landana (Vachal). 

Ostafrika. Neuwied, Ukerewe; Viet. Nyansa; Delagoa-Bai 
(Zool. Mus. Berlin); Uganda und Sesse-Inseln (meine Sammlung). 


Apidae — Stelidinae II. 243 


7. Euaspis (Euaspis) rufiventris Gerst. 

1857 Euaspis rufiventris Gerstaecker, $ %, in: Monatsber. Akad. 
Wiss. Berlin, p. 461. 

1862 Euaspis rufiventris Gerstaecker, $ 9, in: Peters: Reise 
nach Mossambique, Zool. Bd. V, p. 453, tab. 29, fig. 7 (2) und 8 (8). 

1909 Euaspis rufineniris Gerst., Friese, Bienen Afrikas, p. 442. 

1911 Euaspis abdominalis var. claripennis Strand, Wien. Ent. 
Ztg. XXX, p. 157, Q und p.p. 

„Nigra, fere glabra, nitida, punctata, abdomine laete rufo, alıs 
apicem versus fuscis, eyaneo-micantibus. I. Q 7%/, lines. 

3.  Clypeo, mandibulis extus, genis, scutelli margine postico 
flavis, pedibus pro parte rufis; ano fortiter tridentato. L. 5 lines.“ 

Von abdominalis durch die nur auf der Außenhälfte gebräunten, 
an der Basis dagegen fast wasserhellen Flügel, im 2 außerdem durch 
das ganz schwarze Scutellum, im © durch die Zahnung des Anal- 
segmentes unterschieden. 

3. Kopf sehr grob und dicht runzlig-punktiert, Scheitel mit auf- 
recht stehenden, schwarzen, der Clypeus aber mit niederliegenden 
braunen Haaren, Clypeus mit erhabener, glatter Längslinie, die sich 
als scharfe Leiste auch auf der Stirn fortsetzt, jederseits davon eine 
kürzere, welche die Fühlergrube nach innen begrenzt; Fühler schwarz. 
Mesothorax und Scutellum seitlich mehr grob und gedrängt) punktiert, 
nach der Mitte zu aber feiner und spärlicher; dasselbe hat mit der 
kurzen, tiefschwarzen aufrechten Behaarung statt. Scutellumlappen 
ganz wie bei abdominalis geformt, jedoch einfarbig schwarz, ebenso 
der Außenrand der Tegulae. Abdomen mennigrot mit helleren, mehr 
gelblichen Einschnitten, mit hochroter, kupferglänzender Behaarung, 
die einzelnen Segmente von der Basis gegen die Spitze hin allmählich 
feiner punktiert; Segment I jederseits an der Basıs schwarz gefleckt; 
Analsegment sehr groß und dicht punktiert, von einem feinen Längs- 
kiel durchzogen, an der Spitze leicht ausgeschnitten. Obere Ventral- 
platte scharf dreieckig zugespitzt, die untere halbkreisförmig, sehr 
glatt, glänzend. Beine glänzend schwarzbraun, Schenkel schwarz be- 
haart, Tibien außen rotbraun, innen wie die Tarsen goldgelb behaart. 
Sporen hellgelb, letzte Tarsenglieder rotbraun. Flügel am Außen- 
rande gebräunt, stahlblau schimmernd, Basalhälfte fast durchscheinend, 
und nur die schwarzen Adern braun gesäumt. L. 7%), lines. 

3.  Clypeus, Wangen (= Nebengesicht) und Außenseite der 
Mandibel blaßgelb, ebenso behaart, Scutellumrand gerade abge- 
schnitten und ebenfalls blaßgelb. Segment 6 stärker als die vorher- 
gehenden punktiert und an der Spitze stumpf dreilappig, alle drei 
Lappen sanft gerundet mit gekerbtem Rande, der mittlere doppelt 
so breit und stärker hervortretend; Segment 7 stark dreizähnig, der 
mittlere abgestutzt, doppelt so breit und um die Hälfte länger als die 
seitlichen, diese hakenförmig nach innen gebogen. 

Vorderflügel nur am Außenrande und an der Spitze des Vorder- 
randes gebräunt, sonst fast ungefärbt, wasserhell. An den Vorder- 


16* 12. Heft 


244 Dr. Reinhold Meyer: 


beinen ist die Innenseite der Schenkel und Schienen, ein Längswisch 
auf der Außenseite der Schenkel und die Tarsen rostrot, Hinter- 
schienen außen mit rotem Fleck. L. 5 Linien. 

5 & von Mossambique. 

9. Länge 12—18mm. Ausgezeichnet durch die hellen, nur am 
Ende mehr oder weniger getrübten Flügel, die feine, dichte Punk- 
tierung des schwarzen Schildchens, im übrigen abdominalis sehr nahe- 
stehend. Das letzte Bauchsegment hat wie abdominalis eine ab- 
stehende, scharf gerandete halbkreisförmige Platte, die fast bis zu den 
Seitenrändern reicht. 

53. Länge 13—15 mm. Letztes Bauchsegment in der Mitte des 
Endrandes fast halbkreisförmig ausgeschnitten, die Ecken des Aus- | 
schnittes gerundet. Letztes Bauchsegment mit drei Zähnen, der mittlere 
am kräftigsten, fast doppelt so lang wie die beiden anderen (sechstes), 
am Endrande mit einer dreieckigen wulstig begrenzten Vertiefung 
in ihrer Mitte mit deutlicher Tuberkel, fünftes mit geradem, glatten 
Endrande, der nur den kleinen, gelben Haarbüschel trägt. Behaarung, 
Punktierung und Färbung wie beim 9. 

3 Kigonsera, D. O.-Afrika (Zool. Mus. Hamburg). 

Deutsch-Ost-Afrika, ©: Dar-es-salaam; Amani, Febr., März; 
Usambara; Kilimandscharo, Janura; Langenburg; Nyassa-See, Jan., 
November. 

3: Langenburg, Februar-März, Juli-August (Zool. Mus. Berlin). 


var. martini Vach. 


1903 Euaspis rufiventris Gerst., Vachal, Bull. Soc. Ent. France, 
p. 98 u. p. 173. | 

1910 Euaspis Martini Vachal, Ann. Soc. Ent. Belg., p. 317. 

1911 Euaspis abdom. ab. sobrina Strand, Wien. Ent. Ztg. XXX, 
p. 157. 

„Aile noiätre en entier ä reflets violäatres. Le saillie du segment 
ventral 6 est en arc de cerele atteignant presque le bord lateral vis a vis 
du denticule de ce bord. Ecusson entierement noir sans bordure pä- 
lissante. Les petits poils du dos du front, du vertex, du mesonotum, 
du milieu du scutellum, des hanches, des cuisses et des tibias sont 
noirs; la frange du calus hum£ral et les poils des tarses roux-brun. 
Cötes de l’&cusson plus finement et plus densement ponctues que les 
cötes du mesonotum. Longueur de l’aile 11 mill.“ 

Diese Variation steht zwischen abdominalis und rufiventris. Sie 
ist ausgezeichnet durch die ganz dunklen Flügel mit starkem violetten 
Schimmer, das ganz schwarze Schildchen, die sehr feine Punktierung 
ur diesem und die dunkel-rotbraune Behaarung der Schienen und 

arsen. 

Ich glaube nicht, daß es sich hier um eine eigene Art handelt. 
das vorliegende Material genügt nicht, um die Frage restlos zu klären. 

1 2 Capland (Drege). 1% Capkolonie (Bingham). Beide Stücke 
Zool. Mus. Berlin). 


Apidae — Stelidinae LI. 245 


S. Euaspis erythros Meun. 


1890 Parevaspis erythros Meunier, Bull. Soc. Ent. Ital. XXI, 
p. 115—117. 

1895 Euaspis modests Gribodo, Mem. Acc. Bologna V, p. 329. 

1903 Euaspis erythros Meun., Vachal, Bull. Soc. Ent. France 
173. 
R 1914 Euaspis rufiventris Gerst., Friese, Allg. Zeitschr. f. Ent. 
IX, p. 137—138. 

1909 Euaspis rufiventris Gerst., Friese, Bienen Afrikas, p. 440, 
Tabelle! 

1909 Euaspis modesta Grib., Friese, Bienen Afrikas, p. 443. 

1909 Euaspis erythros Meun., Friese, Bienen Afrikas, p. 441. 

1911 Euaspis rufiventris Gerst., Strand, Wien. ent. Ztg. XXX, 
p- 157, No. 9%. 


1890. „Cette espece appartient au genre Parevaspis decerit par 
Monsieur Ritsema dans Tijdschrift voor Entomologie, T. XVII. 

La forme curieuse, tres saillante et entierement aplatie de son 
scutellum permettrait de lu) assigner un nom generique; mais afın 
d’eviter la creation d’un genre nouveau, il me semble plus prudent 
de la reunir provisoirement ä ce dernier, ce charact&re faisant la tran- 
sition entre les Anthidium parmi les Megachilidae, les Stelis et les Pare- 
vaspis chez les Stelidae. D’un autre cöte, la nervulation des ailes, les 
caracteres extraits des mandibules, la presence d’epines ä la partie 
anterieure des pattes de devant et des medianes, et la sinuosite que 
presente l’avant dernier segment ä la partie posterieure, sont des 
signes irrecusables rangeant rigoureusement cette nouvelle espece 
dans le genre Parevaspis. 

@. Noir brillant; poils du dessous de la t&te cendres, ceux du vertex 
du thorax et des pattes noirs (brunätres aux articles tarsaux). Ab- 
domen rouge brique, metallique, la pubescence roux dore.  Ailes 
(hyalines), la cöte et le sommet enfumes. 20 mm. Afrique occidentale. 

J’ai capture deux femelles ae cette especes aux environ de la 
station de Lukungu, butinant sur les fleurs epanouies de l’Acacia 
horriaa. 

Töte noir. le dessous de Ja face couvert, pıincipalement aux cötes, 
de poils cendres. Ceux du vertex noirs: porctuation forte, enfoncee. 
Scape et flagellum antennaire noirs: les articles du flagellum egaux 
entre eux, ä l’exception du deuxieme et du troiseme plus petits que 
les precedents. Pres du point d’insertion de ces organes existent deux 
carenes legerement obliques. Milieu pourvu d’une troiseme carene 
plus &moussee ä la base et ä l’&xtremite, partant de l’ocelle medıan 
pour aboutir vers le centre du chaperon. Ce dernier grand, dentele 
anterieurement, marqu& de points confluents, de grandeur moyenne. 
Mandibules robustes, larges, ponetu6es, bidentees; les dents les dents 
emoussees, l’apicale plus forte. 

Abdomen rouge brique, metallique, en ovale allonge, depassant en 
longeur la töte et le thorax reunis. Points piliferes des segments 1-6, 


12. Heft 


246 Dr. Reinhold Meyer: 


de grandeur moyenne, assez confluents aux cötes, le milieu glabre, 
presque lisse. Milieu du premier segment ventral muni d’une carene 
tres forte, elevee, atteignant a pen pres la partie posterieure du segment. 
Sixieme segment echancre en round au sommet, pourvu d’une carene 
s’&moussant jusquw’& la hauteur basique. Cing premier segments ab- 
dominaux ä points enfonces, distants. Surface du dernier fortement 
points enfonces, distants. Surface du dernier fortement ponctuee, 
les bord releves en carenes. Üentre plus eleve et donnant naissance 
ä deux carenes tres distinctes, se reunissant aubout du cöte du sommet 
pour produire une sorte de fer ä cheval. 

Pattes noires, tibias anterieurs et medians pourvus de deux Epines, 
V’interne plus developpee, courbe. 


1895. Mediocris, depressa. elongata, modice nitida, nigra, ab- 
domine rufo-testaceo; alıs hyalinis, apice nonnihil fumatis; facie griseo-, 
thorace parce breviter fusco-, abdomine brevissime modice rufo-aureo- 
villosiusculis; labro elongato, rectangulo, medio longitudinaliter 
carinato; elypeo et facie inter antennas sutiliter verticaliter carinulatis 
(infra antennas tricarinulatis); carinula mediana ad basin clypei 
ramulum transversum horizontale emittente; antennarum flagellı 
articulis subaequalibus, 1. autem, 2. que brevissimis; facie et cJypeo 
dense punctulato suberibatis; thoracis dorso tenuiter (utrinque densius, 
meaio ev scutello modice et tenuissime) punctulato, sat nitieco; pleuris 
et sterno confertim ut caput punctulato-sukeribratis; seutello plano, 
producto, postice arcuato, medio emarginato, hinc subbilobo; pleuris 
verticaliter bicarinatis; abdomine elongato, capite thoraceque simul 
sumptis longiore, inflexo, sat dense tenuiter punctulato, dorso medio 
minus dense et minus crasse punctulaio, magis nitido; epipygio medio 
longitudinaliter carinulato, margine arcuato, nonnihil incrassatinseulo: 
hypopygio trigono, apice arcuato, medio tuberculo elevato, supra 
oblique (basin versus) truncato, in laminam obliquam, porrectam, 
trigonam. medio profunde depressam desinente. L. 14—15 mm. 

S-differt tantum dorso nonnihil densius ee segmento 
6. margine postico obsoletissime trisinuato; epipygie (7) margine 
dentieulis 3 minutis subaequalibus armato: hypopygio flexuoso, medio 
depresso- concavo, nitiao; margine postice transverso, nonnihil reflexo. 
L. 14—15 mm.“ 

65 2 von Lourenzo-Marquez (Afrika or.). 


©. Länge 12—15 mm. Die Art ist leicht kenntlich an der herz- 
förmigen scharfgeränderten Erhebung auf dem letzten Bauchsegment, 
der feinen Punktierung auf dem schwarzen Schildchen und den gelblich 
hyalinen, nur an der Außenkante und am Endsaum getrübten Flügeln. 
Die Behaarung der Tibien und Tarsen ist dunkel schwarzbraun. 


3. Länge 10—14mm. Beim 5 ist das letzte Rückensegment 
kaum ausgebuchtet; das letzte Bauchsegment endet in dreispitze, 
gleichlange Zähne, das sechste ist am Ende wulstig gerandet, der Rand 
in der Mitte eingebuchtet, in der Einbuchtung mit kleiner Tuoerkel. 
Die Seiten des wulstigen Randes sind ebenfalle schwach gebuchtet, 


Apidae — Stelidinae II. 247 


Das fünfte Bauchsegment ist am Endrand flach bogig ausgeschnitten. 


Färbung und Punktierung wie beim ©. Fliegt nach Meunier an Acacia 
horrida. 


2 


Q. (Type): Lukungu, Mai; 3 Congo; 5 Boma (Vachal). 
1 @ Okahandja, D.-S.-W.-Afrika, November (Zool. Mus. Hamburg). 
Il © Kitah, Guinea. 
D.-O.-Afrika 2: Mohora, Juni; Kilwa, September; Amani, Fehr. ; 
Langenburg, Nyassasee, März. 
gd: Tabora, Juli, Langenburg, Nyassasee, März (Zool. Mus. Berlin). 


Nachtrag. 


Die bei Dalla Torre als fragliche Synonyme aufgeführten ?An- 
thidium bicolor Lep. 1841 Q und A. africanum Sm. 1854 35 sind 
— Anthidium bicolor Lep. 9, $ und bei dieser Gattung als A. bicolor 
einzureihen. (Friese, Allg. Zeitschr. f. Ent. und Bienen Afrikas.) 


Alphabetisches Register. 


Seite Seite 
abdom’nale (Anthidium) . . . 241 Juscipennis (Dilobopeltis) . 241 
abdominalis (Euaspis) . . . . 241 gastrica (Anthophora). . . 241 
abdominalis (Parevaspis) . . . 249 vaponica (Stelis) . . . . . 238 
abdominalis (Stelis). . . . . . 249 mortini (Euaspis) . . . . 244 
abdominalis (Thynnus) . . . . 241 modesta (Euaspis) . . . . 245 
abdominalis var. claripenmis polynesia (Euaspis) . . . 240 
(Euaspis) ... » . 2... 0.243 rufientre (Antkidium) . . 241 
abdominalis ab. sobrina (Euaspis 244 rufiventris (Euaspis) . . . 243 
basalis (Euaspis). : . . . . . 233 rufiventris (Stelis) . .. . . 241 
basalis (Parevaspis). . . . . . 238 ruj/iventris v. martini 
carbonaria (Euaspis) . . . . . 237 (Euaspfis) . . . . .. ..244 
carbonaria (Parevaspis) . . . . 237 simillima n.spec. . . . . 238 
carbonaria (Stelis) . . . .. ..237 smithi (Euaspis) . . . . 240 
erythros (Euaspis) . . . . . . 245 strandin.sp. . .. . . . 23) 
erythros (Parevaspis) . . . . . 245 


12. Heft 


Beiträge zur Systematik und geographischen 
Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 
(Unterfam. Asidinae.) 


Von 
Siegfried Wilke, 


Berlin, 


Mit 4 Tafeln. 


Die Unterfamilie Asidinae der Tenebrioniden setzt sich heut- 
zutage aus ungefähr 500 Arten mit zahlreichen Rassen zusammen. 
Sie bildet einen an bizarren Formen reichen Zweig der heute etwa 
12 000 Arsen umfassenden Familie, die zwar nicht durch ihre für eine 
Käferfamilie noch relativ geringe "Zahl von Arten, wohl aber durch 
eine große Formenmannigfaltigkeit trotz aller deutlich erkennbaren 
stammesgeschichtlichen Einheitlichkeit ausgezeichnet ist. Wieder- 
holt diese Familie doch fast alle Formentypen der übrigen Käter- 
familien und ist doch so das Verhältnis zwischen den Tenebrioniden 
und den übrigen Käfern in morphologischer Hinsicht auffallend ähnlich 
jenem merkwürdigen Verhältnis zwischen den Beuteltieren und den 
übrigen Säugern. 


Folgende Sammlungen RT das meiner Arbeit zu Grunde 
liegende Asidinenmaterial: Zoologisches Museum, Berlin (B. M.); 
2. Deutsches Delhi Institut, Berlin - Dahlem iD 33; 
3. H. Gebien-Hamburg; 4. W. Höhne- Berlin. Die Gesamtziffer dieses 
umfangreichen, von mir einer genauen Durchsicht unterzogenen 
Materials beläuft sich auf etwa 4000 Individuen, wovon ungefähr 
1900 die ausgezeichnete paläarktische Asidinensammlung des Ento- 
mologischen Instituts, Berlin-Dahlem, bestehend in der Hauptsache 
aus den Sammlungen Kraatz und v. Heyden, ausmachen, die bereits 
schon von Reitter zur Aufstellung seiner Asidinen-Bestimmungs- 
tabelle systematisch durchgearbeitet wurde. Doch auch in der über- 
aus reichhaltigen Sammlung des Zoologischen Museums, Berlin, ist 
der mediterrane Formenkreis wenn auch nicht in der hohen 
Individuenzahl des D.I., infolge der durch Prof. Kolbe seinerzeit 
erfolgten Erwerbung zahlreichen, z. T. typischen Asidinenmaterials 
von dem spanischen Asidinenspezialisten Escalera und durch die 
kostbare, im Besitze des Berliner Museums befindliche Collectio Fiori 
sehr gut vertreten. Hinsichtlich des Formenrejehtums außerpalä- 
arktischer Asidinen steht das Berliner Museum bei weitem an der 
Spitze, seine reichhaltige Sammlung bildete also in erster Linie die 
Grundlage der vorliegenden Arbeit. Die Artenziffer des nord- 


Siegfried Wilke. 249 


amerikanischen Formenkreises wurde durch Casey 1912 
um ein beträchtliches vermehrt, die im B. M. und anderen Sammlungen 
keineswegs die Höhe der durch Casey bekannt gewordenen Formen 
erreicht. Das mag auch seinen Grund noch darin haben, daß in die 
deutschen Sammlungen relativ selten nordamerikanische Asidinen 
gelangten. Ein wesentlich günstigeres Verhältnis machte sich bei den 
mexikanischen Asıdinen des B.M. geltend, wo nicht nur nicht 
durch die im Besitze des B. M. befindliche Golleetio Flohr und infolge 
von Champion im Austausch erworbenen, umfangreichen, z. T. 
typischen Asidinenmaterials beinahe sämtliche bekannte Asidinen- 
arten Mexikos vertreten sind, sondern auch eine ganze Reihe neuer 
Formen zu beschreiben war. Ähnlich liegen die Verhältnisse nei den 
südafrikanischen und südamerikanischen Asidinenformen, 
von denen sich nicht nur die bekannten Arten fast vollständig, sondern 
auch zahlreiche neue Arten im B.M. vorfinden. Leider versagte in 
allen fällen das madagassische Asidinenmaterial, so daß 
mir dieser Formenkreis fast ganz unpekannt blieb. Aus den von 
Fairmaire, dem Begründer der Systematik der madagassischen 
Asidinen gegebenen Artdiagnosen geht oft hervor, daß er von jeder 
Spezies immer nur ein Exemplar sah, worauf man vielleicht auf ein 
relativ seltenes Vorkommen dieser Formen auf Madagaskar schließen 
dürfte, auch Chatanay schreibt von den madagassischen Asidinen, 
sie seien „tres rares dans les collections et encore mal connues“, 
Die Sammlungen der Herren Gebien-Hamburg und Höhne-Berlin 
lieferten mir in manchen Fällen wertvolle Unterstützungen bei der 
Erkennung von Arten. die dem Berliner Museum und dem Entomo- 
logischen Institut, Berlin- Dahlem, fehlten. 

Für meine besondere Pflicht halte ich es, dem Direktor des Zo- 
ologischen Museums, Berlin, Herrn Geh. Regierungsrat Frof.. Dr. 
W. Kükenthal, der mir die Durcharbeitung des reichen Materials 
des Berliner Museums anvertraute, ferner den Herren Professor 
A. ». Kolbe, dem ich zumal auch die Anregung dazu verdanke, 
daß ich mich mit den Asidinen beschäftigte, F. Schumacher, 
Dr. W. Horn, S. Schenkling, H. Gebien, W. Höhne, W. Ul- 
rich, die mir teils mit Material, besonders aber stets mit ihrer Kenntnis 
der faunistischen und zoogeographischen Literatur zur Seite standen, 
meinen ergebensten Dank auszusprechen. 

Besonders möchte ich aber Herrn Dr. H. Kuntzen für seine 
ständige Hilfsbereitschaft in allen Fragen, die für mich in Betracht 
kamen, meinen Dank abstatten. 


Systematischer Teil. 


Kritische Übersieht über die Entwicklung der systematischen Literatur 
iiber die Asidinen. 


Der erste, der die Asidinen aller Länder zusammenhängend be- 
arbeitete, war Solier im Jahre 1836. In seinem ‚.Essai sur les 
Collapterides‘“ teilt er die Asidinen in zwei große Abteilungen, eine 


12. lleit 


250 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Einteilung, die für die Formenkreise des paläarktischen Faunengeoietes 
von Allard und Reitter beibehalten wurde und später für dieselben 
Formenkreise zur Aufstellung der beiden Genera Alphasida Esc. und 
Asida Latr. führte. Die von ihm beschriebenen 42 Arten, von denen 
er oft die beiden Geschlechter einer Art unter besonderem Namen be- 
schrieb. bringt er inneun Gattungen unter, von denen Heteroscelis Latr. 
(jetzt Anomalipus Guer.) heute als nicht mehr zur Tribus Asidini, 
sondern als zu den ÖOpatrinen gehörig erkannt ist. Graf Castelnaus 
Arbeit (1840) stellt nur einen Auszug aus der Arbeit Soliers dar. 
In seinem groß angelegten klassischen Werke ‚‚Genera des Coleopteres“ 

faßt schließlich Lacordaire 1859 die Literatur seit Lirn& zu einem 
ersten großen Endergebnis zusammen, rangiert die Asidinen selbst 
an der Stelle in die Familie der Tenebrioniden ein, an die sie seinem 
großen Überblick über die damals schon überwältigend große Formen- 
menge der Käfer nach gehörten und verteilt die bisher bekannten 
Formen auf die teils schor früher teils von ihm selbst beschriebenen, 
aber alle erst von ihm im eigentlichen Sinne des Wortes begründeten 
Genera. Er unterscheidet zwei Gruppen von Gattungen: Machlides 
und Asidides, deren letztere die Masse der Gattungen, acht an Zahl, 
umfaßt. Wie bei allen anderen Käferfamilien bildet auch für die Ent- 
wicklung der Tenebrionidensystematik Lacordaires zusammen- 
fassende, zwölfbändige Arbeit, von der nur die Chrysomeliden nicht 
von ihm selbs: bearbeitet sind. einen ersten Schlußstein und eröffnet eine 
neue, für die meisten Käferfamilien bis heute noch fortdauernde 
Periode der Käfersystematik, die durch das sich in derselben Zeit 
entwickelnde und abgeschlossene große Katalogwerk von Gemminger 
und v. Harold noch ein weiteres großes Fundament erhielt. Vonda 
ab handelt es sich bei der unermeßlichen Menge noch unbeschriebener 
Formen in den Staatssammlungen der Kulturstaaten und in den 
Sammlungen Privater, die beide durch das Eindringen der europäischen 
Kulturträger in bisher noch unerforschte Gebiete der Erdoberfläche 
und durch rege Sammeltätigkeit gewaltigen Zuwachs erhielten, noch 
bis zum heutigen Tage, zunächst einmal darum, die noch unbekannten 
Formen wegzubeschreiben und dann möglichst stets den Versuch zu 
machen, die Systematik in ihren speziellen Teilen durch möglichst 
natürliche Unterbringung der neuen Formen oder auch durch Zu- 
sammenfassung der bisher beschriebenen Formen eines speziellen, 
kleineren Formenkreises in einer Revision von Gattungen, Unter- 
gattungen, Artengruppen, Arten und ihren Rassen im einzelnen weiter 
auszubauen. Bei den Asidinen wie bei den Tenebrioniden allgemein, 
nimmt die systematische Literatur den sehr verbreiteten Entwicklungs- 
gang, daß 1. die Erforscher eines besonderen Faunengebietes die 
Systematik der Formenkreise dieses speziellen Gebietes ausbauen 
und 2. daneben eine Menge von Formen oft wenig kritisch von den 
Vertretern der systematischen Wissenschaft beschrieben werden, 
die Ausbeuten aus bestimmten Gegenden erhalten haben oder bei der 
Durchbestimmung irgendwelchen Materials entdeckt zu haben glauben, 
oder auch tatsächlich entdeckt haben, daß sie eine noch unbeschriebene 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 251 


Form vor sich haben. Will man also die Literatur über die Systematik 
der Asidinen in ihrer Entwicklung weiter verfolgen. so kann man kaum 
anders verfahren, als daß man den Gang der Entwicklung für die 
Formenkreise der einzelnen Teilfaunengebiete getrennt betrachtet. 

Um den Typus der Gattung Asida, die von Latreille 1802 auf 
Opatrum griseum F. aufgestellt wurde. gruppieren sich alle 
mediterranen Formenkreise. Eine große Anzahl von Einzel- 
beschreibungen vermehrte die Ziffer der Arten dieser Gattung. 
Erst Allard faßte diese 1869 zu einer zusammenhängenden Mono- 
graphie zusammen. Neben einer Artenbestimmungstabelle gab er 
Einzelbeschreibungen sämtlicher bis dahin bekannter paläarktischer 
Asidinen. Nech Allard waren es besonders Kraatz 1874 und Seid- 
Jitz 1893, die sich mit der Gattung Asida Latr. befaßten, letzterer 
wiederholte die Allardschen Artengruppen, sprach sonst aber nur 
über A.sabulosa Fuessl. ausführlicher. Von Asidinepspezialisten 
einzelner Länder ist für Spanien vor allem Escalera zu nennen, der 
eine große Zahl neuer Subgenera und Arten der Gattung Asıda auf- 
stellte. Was Escalera für Spanien, ist Leoni für Italien. Dieser 
italienische Asidinenspezialist teilt in seiner Arbeit ‚‚Le Asida italiane“ 
die Gattung Asida Latr. in vier Gruppen ein, nach der Beschaffenheit 
des Halsschildhinterrandes. Außer einer Bestimmungstabelle für 
sämtliche italienische Asidinen gab er ausführliche Artbeschreibungen 
und vor allem genaue Fundangaben. Viele Arten und Rassen wurden 
von ihm neu beschrieben. Die letzte und neueste zusammenhängende 
Bearbeitung der paläarktischen Asidinen sehen wir in Reitters 
1917 erschienenen ‚‚Bestimmungstabelle der paläarktischen Arten 
der Tenebrioniderabteilung Asidin‘“. Reitter nahm die schon 
von Solier und Allard definierten zwei großen Abteilungen der 
Gattung AsidaLatr. wieder auf und zergliederte damit die paläarktischen 
Asidinen in die beiden Gattungen: Alphasida Esc. und Asıda Latr. 
In dem gleichen Jahre veröffentlichte Joseph Müller die Ergebnisse 
seiner Forschungen über die ost-adriatischen Asida-Arten. Dieser 
ausgezeichnete Kenner der ost-adriatischen Formen legt zum ersten 
Mal Wert auf die Vikarianz der Formen und macht daher genaue 
und zuverlässige Angaben über die Verbreitung einer jeden Form. 
Müllers Diagnosen seiner neuen Formen sind ebenso vorzüglich 
wie seine Bestimmungstabelle. 

Die Literatur über die Formenkreise, die in Süd- und Ost- 
afrıka zuhause sind, entwickelt sich in der primitivsten Form bis 
auf den heutigen Tag ohne kritische Monographie, überhaupt ohne 
eine zusammenfassende Arbeit. Die ersten Einzelbeschreibungen 
gaben schon im vorvorigen Jahrhundert, in dem aus dem ursprünglich 
von den Holländern besiedelten und kultivierten, jetzt englischen 
Gebiete der Kapkolonie bereits viele Käfer in die Sammlungen der 
damaligen Zeit zusammenflossen, Pallas 1781, Olivier 179, 
Fabricius 1798, Herbst 1799. Dieser sah in den eigentümlichen 
südafrikanischen Asidinen ein besonderes Genus und nannte es Machla. 
Er beschrieb damals vier neue Arten, deren Ziffer dann durch die 


12, Haft 


252 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Arbeiten von Fähraeus 1870, Fairmaire 1899 und Peringuey 
1899 vermehrt wurde. Die erste Beschreibung einer südafrikanischen 
Form, nicht von einem so terminalgebauten Typus, wie es Machla Hrbst. 
ist, sondern von einem Aussehen, das mehr dem der mediterranen 
Asiden entspricht, gab Wiedemann 1823. Von Solier, Fähraeus, 
Fairmaire und Peringuey wurden weitere zahlreiche neue süd- 
afrikanische Asidinen bekanntgegeben. Die beiden südafrikanischen 
Gattungen wurden von Fähraeus 1870 und Peringuey 1899 auch 
noch um zwei vermehrt: Machleida Fähr. und Machlomorpha Per. 


Die Systematik der madagassischen Asidinen geht auf Fair- 
maire zurück, der 1895 und in den folgenden Jahren zahlreiche 
Gattungen, darunter viele monotype, und zahlreiche Arten beschrieb. 
In letzter Zeit hat noch der im Weltkriege gefallene Chatanay über 
madagassische Asidinen gearbeitet und etliche neue Formen be- 
schrieben. 


Die Asidinen der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika 
fanden ihre erste umfassende Bearbeitung durch G. Horn im Jahre 1870. 
Er unterschied zwei Subtribus: Asidi und Astroti, erstere umfaßte die 
Gattungen Microschatia Sol. und Asida Latr., letztere die Gattungen 
Ologlyptus Lac. und Astrotus Lec. Zur Gattung Asida stellte er die 
schon von Solier, Lacordaire und Leconte gegründeten Gattungen 
synonym, die auf diese Weise zu einer polymorphen, die hetero- 
gensten Formen umfassenden Gattung wurde. In der „Olassif. Coleopt. 
ofN. Amerika“, 1883 von Leconte and G. Horn wurde die von Horn 
1870 gegebene generische Einteilung beibehalten. Diese noch un- 
zureichende Systematik verbesserte erst Casey 1912. Er setzte die 
schon vorhandenen sechs Gattungen wieder in ihre Rechte ein und 
vergrößerte die Zahl der Gattungen noch um 14. In seiner großen 
Arbeit werden 212 z. T. von ihm neubeschriebene Arten und Rassen 
aufgeführt, ausschließlich der zehn neuen mexikanischen Arten. Die 
zahlreichen Formenkreise, die das mexikanische Hochland und 
die Randgebirge Mexikos anschließend an die Union bis zum 
Siiden Mexikos beherbergten, hat Champion 1884 zusammengestellt 
und meist zum ersten Mal beschrieven. Bei ihm ist die Masse der 
Formen im Sinne der Arbeiten von Leconte und Horn noch unter 
der Gattung Asida zusammengefaßt. In seiner Arbeit nennt er 9 
Arten, deren Mehrzahl in Mexiko endemisch ist, und von denen 64 
von ihm neubeschrieben wurden. Außerdem stellt er noch 5 monotype 
mexikanische Gattungen auf. 


Die Begründer der Systematik der südamerikanischen 
Asidinen sind Kirby, der 1818 die brasilianische Gattung Scotinus 
aufstellt, von der Perty 1830, Eschscholtz 1831, Solier 1836 
und Fairmaire 1889 weitere neue Formen beschrieben und Solier, 
der 1836 die Gattung Cardigenius gründet, die im SW Südamerikas 
zuhause ist, und deren Artenziffer von Fairmaire 1873 und Bur- 
meister 1875 vergrößert wurde. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 253 


Neben zahlreichen oft wichtigen Faunenverzeichnissen für einzelne 
Provinzen und Staaten kommen für die Asidinen hauptsächlich folgende 
Kataloge in Betracht: 

Gemminger und Harold, Catal. Coleopt. VII, 1870, p. 1874 ff. 

Gebien, Tenebrioniden, in Coleopt.-Catal. von Junk-Schenkling, 
1910, p. 122 ff. 

v. Heyden, Reitter& Weise, Catal. Coleopt. Europae ete., 
1906, p. 474 ff. 

Schilsky, Syst. Verz. d. Käfer Deutschl., 1909, p. 127 ff. 

Henshaw, List of the Coleopt. of America, 1885, p. 117. 

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, daß die süd- 
australische Gattung Dysarchus Pasc. aus der Unterfamilie Asidinae 
zu entfernen ist, auf Grund folgender, für die Asidinen nicht zutreffender 
Merkmale: „Pedes validı, tıbiae anticae extus compressae, infra 
emarginatae, bidentatae, posticae et intermediae trigonatae, calcaratae; 
tarsı infra biseriatim ciliati, intermedii et postici art. ultimo breviore 
quam primus“ und weiter „The fore tibiae are those of Anomalipus 
(placed by Solier in this group); the tarsi, closely ceiliated on each 
side beneath, appear in consequence canaliculate‘“. 

Auch die Gattung Haemus Per. kann nicht länger in der Unter- 
familie Asidinae verbleiben. Sie weicht in folgenden Merkmalen er- 
heblich ab: sehr längliche Gestalt des Mentums, die langen Labial- 
palpen, die bedeutend über das Mentum vorragen, Beschaffenheit 
der Fühlerglieder, Fehlen eines Dormmes an der Außenseite der V.- 
Schienen. Späteren Forschungen mag vorbehalten bleiben, wo diese 
beiden Gattungen endgültig im System einzureihen sind. 


Ergänzungen zur Systematik der Asidinen. 
Der palaearktische Formenkreis. 


Eine ausführliche Kritik über die paläarktische Asidinen-Literatur 
gibt Reitter in der Einleitung seiner Bestimmungstabelle, so daß 
ich nur noch auf die Reittersche Tabelle selbst einzugehen brauche. 
Sie hat mir gute Dienste geleistet, doch hätte ich mir andere Angaben 
übe die Verbreitung der Arten und Rassen gewünscht. Abgesehen 
von den vielen ungenauen oder sogar falschen Verbreitungsdaten 
sind fast alle Angaben für die zahlreichen Formenkreise zu allgemein 
gehalten, die ja ausnahmslos streng lokalisiert sind, oft auf Areale 
von wenigen Quadratkilometern. In einer Bestimmungstabelle ist es 
oft sehr schwierig, die Unterschiede zwischen nahe verwandten Formen- 
kreisen. mit knappen Worten ohne Heranziehung relativer Merkmale 
treffend auszudrücken. Hat man also zuweilen in der Tabelle keinen 
genügenden Anhalt an den angegebenen Merkmalen, so hätte man 
sich dann wenigstens an genaue Fundangaben halten können, die jeden- 
falls die Feststellung ermöglicht hätten, was Reitter für eine Form 
vor sich gehabt hat. Einige Ergänzungen und Berichtigungen zu 
Stellen in Reitters Bestimmungstabelle, die mir besonders auffielen, 
erscheinen mir doch notwendig. 


12. Heft 


254 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Durasida silphoides L. wird auf p. 15 angegeben von „Algier, 
Oran, Azoren: St. Michel“. Letzterer Fundort ist sicherlich falsch. 
Reitter wird wahrscheinlich die Fundangabe ‚St. Michel“ ohne 
nähere Erklärung vor sich gehabt haben und glaubte daher, diesen 
Fundort mit Säo Miguel von den Azoren identifizieren zu können. 
(Der gleiche Fehler kommt noch einmal vor bei Melambasida interiecta 
Reitt., p. 22.) 


Auf p. 22, nota, ist bei dem Satze ‚‚Von der Firma Dr. Staudinger 
mit der Bezeichnung ‚‚Bougie“ als lapidaria erhalten“ zu bemerken, 
daß diese Bezeichnung ‚‚Bougie‘ ein bekannter Fundort in Algerien 
ist (G@ymnetasida tumida Reitt.). Unklarheiten bestehen auch bei 
@ymnetasida sermillei Sol. (p. 24). Reitter hält es nicht für wichtig, 
sowohl bei der Nominatform als auch bei seiner Rasse pseudotuberculi- 
/era genauere Fundangaben zu machen. Außerdem ist es recht be- 
denklich, bei dieser sehr variablen Spezies auf Grund des von Reitter 
angegebenen Merkmals Rassen aufzustellen, die meiner Meinung nach . 
keine lokalen Rassen, sondern nur mehr oder weniger individuelle 
Formen sind. Wenn man auf Reitters Merkmal Wert legen wollte, 
dann ist die pseudotuberculijera Reitt. synonym zu @. miharis Er. 
von Bona (Wagner), deren Typen auf den Zwischenräumen der Rippen 
die größten glänzenden, hinten regelmäßig gereihten Körner zeigen. 
Die Nominatform ist durch Exemplare aus Oran (Waltl), ib. (ex coll. 
Schilsky), die f. melillensis Esc. aus Bona (Wagner), Algerien (ex coll. 
L. W. Schaufuß), Algerien: zwischen Blidah und Medeah (Queden- 
feldt) vertreten. 


Unter 12° auf p. 26 fallen zwei neue Arten aus der Cyrenaica, die 
an den Seiten des Halsschildes neben dem aufgebogenen Seitenrand 
mit feinen Körnchen besetzt sind und zwar: 


Alph. bengasiana n. sp. Taf. 1, Fig. 1. 


In Gestalt und Aussehen der A. maroccana Alld. ähnlich oder 
besser vielleicht der A. eylindrica Reitt., da die Seiten des Halsschildes 
ziemlich schmal abgesetzt und mehr aufgebogen sind und die Scheibe 
sehr fein, wenig dicht punktiert ist. Die Kante des Seitenrandes des 
Halsschildes verdickt und gleich dem Seitenrande runzelig punktiert. 
Flügeldecken stark gewölbt, hinten steil abfallend mit zahlreichen 
kleinen Tuberkeln, drei Dorsalrippen sind angedeutet, von denen die 
beiden inneren an der Basis beginnen und flach, ein wenig erhaben, 
geglättet und hinten verkürzt sind und die äußere nur durch unier- 
brochene, angedeutete Längserhabenheiten erkennbar ist. Naht 
glatt und erhaben. Unterseite dicht raspelartig punktiert, mit feinen 
gelben Borsten in den Punktgruben. 


Länge: 16 mm; Breite: 1O mm. 1%. 


Fundangabe: Cyrenaica: Benghasi (Ruhmer). 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 25 


or 


Alph. mystica n. sp. Tafel 1, Fig. 2. 

Der vorigen Art sehr ähnlich, Halsschild und Flügeldecken weniger 
gewölnt, letztere hinten schräg abfallend. Die Vorderwinkel des Hals- 
schildes spitzer und mehr vorragend, Seitenrandkante scharf und 
glatt, die Seitenränder grob tuberkuliert und mehr aufgebogen, nach 
hinten zu gerade, nicht verengt wie bei deı vorigen Art verlaufend. 
Scheibe viel dichter und weniger fein punktiert. Flügeldecken überall 
und dichter fein tuberkuliert, die drei Dorsalrippen nur ganz schwach 
angedeutet. Die Naht nicht erhaben und glatt. Abdomen auf der 
Unterseite lackglänzend mit spärlichen feinen Raspelpunkten besetzt. 

Länge: 16 mm. Breite: 1O mm. 1%. 

Fundangabe: Derna (Klaptosch). 

Alphasida syriaca Alld. und Asıda anceyi Alld. werden beide 
von Allard aus Syrien angegeben. In beiden Fällen handelt es sich 
um eine falsche Fundangabe; denn über Ägypten hinaus kommt 
keine Asida mehr vor. Reitter, der in seiner Tabelle mit der A. syriaca 
Alld. nichts anzufangen weiß und von ihr nur sagt: „Von sicula kaum 
zu unterscheiden“, hat in der Arbeit von Baudi (D.E.2. 1875, p. 112 
— 113) dieAnmerkung übersehen: ‚Ad secundam hanc generis divisionem 
ab Allardio relata As. syriaca in insula Melita olim a Truqui reperta‘“. 
A.syriaca Alld. erbält also ein Synonym in A. melitana Rttr. (cf. 
auch Andres, Verzeichnis maltesischer Käfer in Ent. Rdsch. 33, 
12, 1916, p.58). Über die A. anceyi Alld. konnte ich nichts näheres 
in Erfahrung bringen, meiner Meinung nach ist sie eine Art, die zum 
weiteren Formenkreis der A.grisea F. gehört und ein Synonym zu 
einer der xorsisch-sardinischen Arten bildet. 

Daß Reitter oft darauf verzichtete, die Arbeiten der alten Autoren 
durchzusehen, zeigt eine ganze Reihe von Fällen. So setzt er die 
A.grossa Sol. synonym zu A. sicula Sol. anstatt umgekehrt; denn 
A. grossa Sol. ist vor A. sicula Sol. beschrieben. Das Synonym zu 
A. asperata Sol. heißt nicht ‚‚rugulosa Ramb.“. wie man auch bei 
Allard liest, sondern rugosula Ramb. (cf. Rambur, Faune de l’Andal., 
Taf. 19, Fig. 8). Auf p. 33 schreibt Reitter: „porcata Sol. non Fbr.‘“. 
Dennoch hat Fabricius zuerst diese Art als Opatrum porcatum in 
Syst. Eleuth. I, p. 116 beschrieben, so daß es heißen muß: poreata F. 
Auf p. 37 steht bei A. gaditana Ramb. „,‚i. 1.“ mit der Anmerkung: 
„Diese Art wurde von Rambur bloß abgebildet, nicht beschrieben.“ 
Nach dem Nomenklaturgesetz genügt eine Abbildung — die übrigens 
in diesem speziellen Falle durchaus brauchbar ist, was sie nicht zu sein 
braucht — vollkommen zur Erhaltung der Priorität. 

In die nächste Nähe von goudoti Sol. (p. 36) gehört A. dubia Ramb. 
aus Andalusien. die sich von der vorhergehenden Art hauptsächlich 
dadurch unterscheidet, daß der Halsschild weniger gedrängt punktiert 
ist und die Punkte rund, nicht länglich sind. 

Völlige Unklarheit herrschte bisher über die Namen ‚‚variolosa“ 
und ‚‚morbillosa‘‘ bei Asida, Namen, die von verschiedenen Autoren 
vergeben wurden. In erster Linie handelt es sich dabei um die 


12. Hoft 


150) 


56 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Fabriciusschen Namen ‚‚variolosa‘‘ und ‚‚morbillosa“‘. Durch die 
Liebenswürdigkeit von Geh.-Rat Brandt und Prof. Reibisch wurde 
es mir ermöglicht, die Typen des Fabricius aus dem Zoologischen 
Museum der Universität Kiel zu vergleichen. Asida granulata F. 
(Mant. Ins. 1787, p. 49) wurde bisher verkannt und stand als Synonym 
bei A. silphoides 1. Wie aber die Type zeigt, handelt es sich hierbei 
um nichts anderes als A. lethierryi Alld. Weitere Synonyme zu A. gra- 
n.ılata F. sind: Blaps variolosa F. (Ent. Syst. I, 1792, p. 108) und 
Platynotus varıolosus F. (Syst. Eleuch. I. 1801, p. 139), so daß sich für 
Alphasida granulataF. folgende Synonymie ergibt: Silpha granulata F. 
(pant. Is, 1787, p. 49), Blaps variolosa F. (Ent. Syst. I, 1792, p. 108), 

atynotus varıolosus F. (Syst. Eleuth. I, 1801, p. 139), Asida lethierryi 
Alld. (l’Abeille VI, 1869, p. 236). 

Wegen Blaps variolosa F. muß Blaps variolosa Faldermann aus 
Ostasien eingehen und neu benannt werden. Ich schlage für diese 
Species als neuen Namen Blaps tschiliana n.n. vor. 

Sılpha granulata Ol. (Ent. IL, 1790, No. Il, p.13) muß wegen 
Silpha (Alphasida) granulata F. den nächstsynonymen Namen vario- 
losa Herbst erhalten. 

Als Synonyme zu A. sabulosa Fuessl. galten bisher Pimelia va- 
riolosa F. (Ent. Syst. Suppl. 1798, p. 45), Platynotus morbillosus F. 
(Syst. Eleuth. T, 1801, p. 140) und Pimelia variolosa Panz. (Fn, Germ. 
74, 1801. Tafel 1), letztere von Fabricius zitiert bei Platynot us mor- 
billosus F. Auf Grund der Typen sind Pimelia variolosa F. und Platy- 
notus morbillosus F. nicht zu A. sabulosa Fuessl., sondern zu Opatrum 
griseum F. (Spec. Ins. I, 1781, p. 89) synonym, so daß sich für Asida 
grisea F. folgende Synonymie ergibt: Opatr.ım griseum F. (Spec. Ins. I, 
1781, p. 89), Opatrum griseum F. (Ent. Syst. I, 1792, p. 88), Opatrum 
griseum Rossi (Fn. Etruse. I, 1795, p. 60), Pimelia variolosa F. (Ent. 


Syst. Suppl. 1798, p. 45), Opatrum griseum F. (Syst. Eleuth. I, 1801, 


p. 115). Platynotus morbillosus F. (Syst. Eleuth. I, 1801. p. 140). 

Die von Fabricius bei Platynotus morbillosus als Synonym 
zitierte Pimelia variolosa Panz. ist keineswegs nach der guten Ab- 
bildung Panzers eine Asida grisea F., sondern gehört zum Formen- 
kreis von A. sabulosa Fuessl. Danach hat Panzer dem Fabricius, 
der die Pimelia varioloso (A. grisea F.) aus der Panzerschen Sammlung 
beschrieb, zur Beschreibung ein anderes Exemplar übersandt als er 
in seiner Fn. Germ., 74, 1801. Taf. 1 als Pimelia variolosa abbildet. 
Diese Pimelia variolosa Panz. stellt die Rasse der A. sabulosa Fuessl. 


aus der Triester Gegend dar, die sich von der Nominatform durch 
größeren, gedrungeneren Körper, überwiegend schwarze Färbung 


und andere von Allard in seiner Monographie p. 178 angegebenen 
Merkmale unterscheidet. Diese Rasse war bisher als @ Opatrum mor- 
billosum Duftschm. und $ Opatrum variolosum Duftschm. von Triest 
bekannt. Weder der Panzersche Name noch die Duftschmidtschen 
können bestehen bleiben, da sie bereits vergeben sind, so daß für die 
Triester Rasse der A. sabulosa Fuessl. der Name duftschmidti Gemming. 
eintritt, wie es schon Müller 1917 andeutet. Es ergibt sich demnach 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 257 


folgende Synonymie: subsp. duftschmidti Gemming. (Col. Hefte VI, 
1870, p. 122), Pimelia variolosa Panz. (Fn. Germ. 74, 1801, Taf. E]; 
2 Opatrum morbillosum Duftschm. (Fn.Austr. II, 1812, p.290), $ Opatrum 
varıolosum Duftschm. (l.c., p. 291). 

Die Asida faweri Fairm. aus Fez, die Reitter zur Gattung 
4sida Latr. stellt, und die bei ihm eine neue Untergattung Peltasida 
Reitt. repräsentiert, möchte ich als einen Terminalzweig der Unter- 
gattung Machlasida Esc. der Gattung Alphasida Esc. ansehen, deren 
Verbreitungsgebiet hauptsächlich zwischen Fez und Marokko (Hoher 
Atlas) liegt. 

Die Untergattung Polasida Reitt. bilden zwei Arten, nämlich: 
A.sericea Ol. und A.jurinei Sol. Von der letzteren sind zwei 
„Varietäten“ bekannt: v. pyrenaca Baudi von den Alpen Piemonts 
und v. marmottani Bris. aus den Pyrenäen, die ihrerseits wieder eine be- 
sondere langgestreckte ?Form in Piemont aufweisen soll und subeylindrica 
Leoni benannt ist. Ob die A. jurinei Sol. tatsächlich eine Rassenbildung 
erkennen läßt, ist noch keineswegs erwiesen. Bei dem reichen Material, 
das mir zur Verfügung stand, konnte ich zur Genüge die Unzuver- 
lässıgkeit der Merkmale, die Reitter zur Aufstellung der jurinei- 
Rassen benutzt, kennenlernen, so daß ich der Ansicht geworden bin, 
daß die A. jurinei Sol. analog der A. sericea Ol. und A. sabulosa Fuessl. 
s. str. einförmig über ein großes Verbreitungsgebiet verfügt und eine 
deutliche Lokalrassenbildung nicht erkennen läßt. Ich halte die be- 
schriebenen „Varietäten“ für Gelegenheitsformen, nicht für geo- 
graphische Rassen. Die rezente Verbreitung von A. jurinei Sol. er- 
streckt sich über Spanien einschließlich der Balearen und bestimmte 
Teile Frankreichs und Italiens. Nach Reitter soll diese Art sowohl 
wie A. sericea Ol. auch in Algerien vorkommen, was ich für nicht 
zutreffend halten möchte. Desgleichen handelt es sich um einen Irr- 
tum, wenn Reitter A.sericea Ol. für Italien angibt, eine Art, die 
nur in Spanien bis hinein in die Ostpyrenäen-Departements Frank- 
reichs verbreitet und Leoni, dem italienischen Asidinenspezialisten, 
aus Italien unbekannt geblieben ist. 


Die zum engeren Formenkreise der 4. sabulosa Fuessl. gehörigen 
Formen sind nicht selbständige Arten, als welche sie Reitter auf- 
faßt, sondern geographische Rassen. Ihre Verbreitung wird von 
Reitter in der Bestimmungstabelle in vielen Fällen falsch angegeben, 
ich verweise daher auf die von mir am Schluß meiner Arbeit gegebene 
Zusammenstellung der Verbreitungsdaten für 4.sabulosa Fuessl. 
mit ihren Rassen. 


A.dejeani Sol. ist nur aus Südfrankreich bekannt, Reitter 
gibt sie zwar noch von Dalmatien und Korsika an, jedoch sind 
beide Fundangaben oder aber die Bestimmungen falsch. Unter den 
15 Exemplaren des B.M. befinden sich zwei Tiere von der Insel 
S. Marguerite bei Cannes (Prof. Dr. Friederichs die sich 
von den übrigen durch größere Gestalt, rauhere Flügeldecken- 
skulptur und stärker aufgebogene Seitenränder des Halsschildes 


Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 5 17 12. Heft 


258 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


auszeichnen. Stücke von Riez und Nizza kommen dieser Form durch 
ihre Größe bereits nahe. Im Durchschnitt ist die A. dejeani Sol. viel 
kleiner und auf den Elytren glatter skulptiert als die Cannesstücke. 

Die Stellung der A.liqurica Baudı von San Remo, Bussana 
wurde bisher verkannt. Leoni faßt sie als Rasse der A. bayardi Sol., 
Reitter als Rasse der A. fiorii Leoni auf, die beide auf der südlichen (!) 
Hälfte Italiens ihre Verbreitung haben. A. liqurica Baudi stellt das 
Bindeglied zwischen A.dejeani Sol. und A.grisea F. dar. Letzt- 
genannte Art wurde von Leoni übersehen, A. luigionii Leoni ist ein 
Synonym zu A.grisea F. Die Art umfaßt eine Anzahl von Rassen, 
die Nominatform selbst ist über Toskana, Umbria, die Marche und 
Latium verbreitet. Subsp. tyrrhena Leoni und obliterata Leoni kommen 
auf der Insel Gorgona, subsp. insularis Leoni auf den Inseln Formiche 
di Grosseto und Pianosa, subsp. gestroi Leoniı auf der Insel Monte- 
cristo und subsp. doriae Leoni auf der Insel Giglio vor. 

A. genei Sol. unterscheidet sich hauptsächlich von A. corsica Cast. 
durch die Bildung der Halsschildbasis. Diese ist bei A. genei Sol. 
seitlich weniger tief eingebuchtet, die Hinterwinkel des Halsschildes 
sind kürzer als bei A. corsica Cast. — A.genei Sol. subsp. australis 
Baudi von Quarto ist mir unbekannt geblieben. Aller Wahrscheinlich- 
keit nach bildet eine von den Rassen dominula Reitt. und ignorata Reitt. 
ein Synonym dazu. Die subsp. dominula Reitt. ist im B.M. durch 
drei Exemplare von Cagliari (U. Lostia) vertreten. 

A. sardoa Leoni wird von Reitter (p. 57) von Sardinien: Caglıari 
angegeben. Leoni jedoch beschreibt diese Art aus Orune, das nördlich 
von Nuoro in der Landschaft. Sassari liegt. Wahrscheinlich handelt es 
sich bei den Reitterschen Exemplaren von Cagliari (cawfrons Reitt. 
\. 1.) um Tiere, die zum Formenkreis von A. genei Sol. gehören, keines- 
wegs aber zu A. sardoa Leoni. Auf die interessante Verbreitung der 
korsisch - sardinischen Asidinen wird von mir w. u. in dem Ab- 
schnitt über ‚Das Vikariieren der Formen‘ genauer eingegangen, 
an dieser Stelle möchte ich nur noch die von mir durch Typenvergleich 
festgestellte Synonymie der A.lostiae Alld. zur A. combae Gene be- 
kanntgegeben (cf. Reitters Tabelle, p. 54). 

Auf p. 58 der Tabelle nimmt die Untergattung Dolichasida Reitt. 
mit A. moraguesi Schauf. als Typus ihren Anfang. Alle ihre Formen 
haben nach Reitter in eine scharfe Spitze ausgezogene Schulterwinkel 
der Elytren. Im Gegensatz dazu steht die Untergattung Leptasida 
Reitt., bei der die Schulterwinkel der Elytren einfach, nicht zugespitzt 
sind. Reitter stellt in diese Untergattung die A. planipennis Schauf. 
Die typischen Exemplare der A. planipennis Schauf. zeigen nun aber 
eine scharfe Spitze an den Schulterwinkeln der Elytren, so daß A. »lanı- 
pennis Schauf. aus dem Subgenus Leptasida Reitt. entfernt und zur 
Untergattung Dolichasida Reitt. gestellt werden muß. Allerdings ent- 
hält die Sammlung des B. M. auch Exemplare dieser Art, die keinen 
spitzigen Humeralzahn an den Elytren zeigen: ich möchte solche Tiere 
als f. anodonta m. (— planipennis sensu Ritr.) bezeichnen. Die Fund- 
angaben lauten: Mallorca (Keitel), ib. (ex coll. Schaufuß). 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 259 


Die Untergattung Leptasida ist ein Synonym zu Gracilasida 
Esc., ebenso wie Trachasida Reitt. synonym zu Planasida Ese. ist. 
Reitter behauptet zwar von den Escaleraschen Namen, daß sie 
„nomina nuda“ seien; doch gibt Escalera für die Untergattung 
Planasida im Bol. Real. Soc. Esp. Hist. Nat. VII, 1907, p 338 aus- 
drücklich die Merkmale an, bei der Untergattung Gracilasida Ese. 
nennt er nur einige Arten, die diese repräsentieren sollen, was nach 
dem Nomenklaturgesetz durchaus genügt. Escalera zählt zur Unter- 
gattung Gracilasida Ese.: A. arvası Esc., A. confusa Kr. (= A. pygmaea 
Alld.) und A. pusillimaKr.; zur Untergattung Planasida Ese.: A. bereai 
Ese., A. marginicollis Rosh., A. pygmaea Ramb. (= 4A. paulinoi 
Alld.), A. crassicollis Fairm. (= A. morae Perez), A. inguinata Rosenh., 
A. vaucheri Esc. und A. candidoi Ese. Nacı Reitters Unter- 
suchungen wechseln A.confusa Kr. und A. pygmaea Ramb. ihre 
Stellung in den Untergattungen, so daß A. pygmaea Ramb. zur Unter- 
gattung Gracilasıda Esc. und A. confusa Kr. zur Untergattung Plana- 
sida Esc. gehört. Zur Untergattung Planasida Esc. (= Trachasida 
Reitt.) gehört noch folgende neue Art: 


A. latissima Esc. i.1. Tafel 1, Fig. 3—4. 

Die Art steht der A. ingwinata Rosenh. sehr nahe, unterscheidet 
sich aber von ihr durch größere Abflachung der Elytren in beiden 
Geschlechtern. Die Flügeldecken fallen auch hinten weniger steil ab, 
ihre erhabene und schmal abgesetzte Seitenrandkante ist in beiden 
Geschlechtern vorhanden, die Schulterwinkel sind abgeschrägt. Hals- 
schild mit breit abgesetzten und stark aufgebogenen Seitenrändern, 
die Hinterwinkel die abgerundete Mitte der Basis weit überragend. 
Die Schenkel wie bei A. inguinata Rosenh. skulptiert. Eine durch ihre 
Breite ausgezeichnete Art. 

Länge: 13—17 mm; Breite: 6-9 mm. 15,1%. 

Fundangabe: Südportugal (S. vacat). 

In der Untergattung @lobasida Ese. wird von Reitter A. mauritana 
Esc. von Melilla zu A. sinuaticollis Sol. von Oran ohne weiteres synonym 
gestellt, obwohl Escalera im Bol. Real. Soc. Esp. Hist. Nat. IX, 
1909, p. 135 ausdrücklich die Unterscheidungsmerkmale beider Arten 
angibt. Ferner gibt Reitter A. intermedia Ese. und A. oblonga Ramb. 
auch von Algier an — irrtümlicherweise, wie man aus der Arbeit von 
Escalera ersehen kann, der dieses Subgenus im Bol. Real. Soe. Esp. 
Bist. Nat. V, 1905, p. 130 u. f. monographisch behandelt. 


Der südafrikanische Formenkreis. 


Die generischen Verschiedenheiten der südafrikanischen Asidinen 
wurden bisher übersehen, man brachte die Formen entweder in der 
Gattung Machla Herbst oder in der Gattung Asida Latr. unter, wie 
es z.B. Peringuey und Gebien in senem Tenebrioniden-Katalog 
tun. Jedoch weichen die asidoiden Formen Südafrikas von denen der 
Gattung Asida Latr. erheblich ab, so daß ich diese zu einer neuen 


17* 12. eft 


260 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Gattung A/rasida m. vereinige, die in drei Subgenera: A/rasida s. str., 
Archasid« m. und Asidomachla m. zerfällt. Die bisherige Verteilung 
der südafrikanischen Formen auf die beiden Genera Machla Herbst 
und Asida Latr. war großenteils willkürlich, Peringuey sowohl wie 
Gebien stellen Arten in die Gattung Asida Latr., die zur Gattung 
Machla Herbst gehören, und umgekehit. Bei den machloiden Formen 
mußte ich zwei neue Untergattungen aufstellen, nämlich: Machlo- 
plasta m. und Pseudomachla s. str. Der bisher für die südafrikanische 
Asidinengattung geltende Name Machla muß an die Stelle von Ocnera 
Fisch. (Gattung der Pimeliinen) treten. Lichtenstein hat 1796 im 
3. Abschnitt seines Kataloges des Hamburger Zool. Museums auf p. 67 
vor Herbst 1799 eine Gattung Machla aufgestellt und zwar mit der 
Type: M.hispida F., denn er sagt ausdrücklich: ‚‚Genus Machla 
sub Pimelia hispida latens‘“, auch befindet sich unter den weiterhin 
von ihm aufgeführten Arten keine Machla sensu Herbst. Bei Fa- 
bricius in Ent. Syst. 1792, I, p. 100 wird bei P. hispida zitiert: 
T Be hispidus Forsk. Desecript. 79, 8 und Tenebrio setosus Pall. 
Icon. 1, Taf. 6, Fig. 7. Die Prmelia hispida F. ist dieselbe Art wie der 
Tenebrio hispidus” Forsk., der auch die typische Art der Gattung 
Ocnera Fisch. ist. Das zweite Zitat von Fabricius ist falsch, mit 
Machla setosa Pall. hat diese ägyptische Art nichts zu tun. Für die 
Gattung Machla Herbst schlage ich daher als neuen Namen 


Pseudomachla n.n. 
vor, 
Afrasida n. gen. 

Diese Gattung unterscheidet sich von Asida Latr. und Alphasıda 
Esc. hauptsächlich durch die fast vollständige Schließung der Höhlen 
der Mittelhüften und die Unsichtbarkeit der Trochantinen, die bei 
jenen Gattungen am Vorderrande der Mittelhüften vor dem Epi- 
sternum sichtbar sind. Von der Gattung Pseudomachla m. ist sie be- 
sonders dadurch verschieden, daß sie nicht wie jene Fühlerfurchen 
unter den Seitenrändern des Halsschildes besitzt. Sie läßt drei Unter- 
gattungen erkennen: Afrasida s. str., Archasıda.m. und Asidomachla m. 


Subgenus Afrasida s. str. Typ: A. caryophyllea Wiedem. 

Halsschild mit schwach verdickten, nach vorn zu stark konver- 
gierenden, nicht aufgebogenen und breit abgesetzten Seitenrändern, 
die nach der Basis zu fast gerade oder schwach konkav verlaufen. 
Basis des Halsschildes fast gerade, nicht seitlich ausgebuchtet, Hinter- 
winkel rechtwinklig. 

Zu diesem Subgenus wären zu rechnen: A. caryophyllea Wiedem., 
A. capensis Sol., A. unigena Per. und folgende neue Art: 


A. bergi n.sp. Tafel I, Fig.5. 
Die Art steht der A. unigena Per. am nächsten. Halsschild an den 
Seiten vom Vorderwinkel nach der Mitte zu wenig gerundet, nach der 
Basis zu fast gerade. Oberseite dicht und tief punktiert, in der Mitte 


| 


geographische Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 261 


mit einer Längsfurche, die nach vorn zu erlischt. Flügeldecken an der 
Basis etwas breiter als die Basis des Halsschildes, hinter der Mitte 
schwach erweitert. Oberseite mit zwei Längsreihen von dunkler 
gefärbten, kurzen Borsten, die innere, gut sichtbar, von der Basis nach 
der Spitze zu unter Annäherung an die Naht verlaufend, die zweite 
Längsreihe nur wenig erkennbar. Im übrigen sind Borstenbündel, 
die dunkler als der Untergrund gefärbt sind, über die Oberfläche ver- 
streut. Unterseite grob punktiert mit kurzen gelben Härchen in den 
Punktgruben. 

Länge: 9,5 mm: Breite: 4,5 mm. 1 Individuum, $? 

Fundangabe: Kap der Guten Hoffnung (Berg leg.) 

Die sich sehr ähnelnden Arten A.caryophyllea Wiedem. und 
A. unigena Per. unterscheiden sich hauptsächlich durch die Bildung 
der Rippen auf den Flügeldecken. Bei A. caryophyllea sind jeder- 
seits drei vorhanden, die dritte seitlich in der Mitte der Elytren sicht- 
bar; die Rippen bilden fast ununterbrochene, abgerundete Leisten. 
Dagegen besitzt A. unigena jederseits nur zwei Dorsalrippen, die in 
einzelne, zusammenhanglose Erhebungen aufgelöst sind. Die Färbung 
der Oberseite von A. caryophyllea ist aschgrau, die von A. unigena 
in der Regel schwärzlich. 


Subgenus Archasidam. Typ: A. innotata m. (= A. buqueti Br&me ı. ].) 


Halsschild an den Seiten vom Vorderwinkel nach der Mitte zu 
stark erweitert, zur Basis hin sehr verengt. Hinterrand des Hals- 
schildes in der Mitte gerade, an den Seiten ziemlich tief gebuchtet, 
Hinterwinkel spitz und die Basis der Elytren überragend. 

Die von mir als Typ für diese Untergattung angenommene Art 
A. innotata m. ist der größten Wahrscheinlichkeit nach identisch mit 
der von Lacordaire in der Anmerkung auf p. 156 (Genera des Üole&opt. 
V, 1) genannten, unbeschriebenen Machla buquetii; denn sowohl die 
beiden Exemplare aus der Hauptsammlung des B.M. als auch das 
eine aus der Sammlung von L. W. Schaufuß sind als ‚, Buquetii Br&me“ 
bezeichnet. 


A. innotata n. sp. (= A. buqueti Br&me i. 1.) Tafel 1, Fig. 7. 


Die ganze Körperoberseite -mit kurzen Borsten dicht besetzt 
und mit erdigem Toment überzogen. Kopf und Halsschild grob punk- 
tiert, Halsschildseitenränder bıeit abgesetzt und aufgebogen. Jeder- 
seits auf dem Prothorax mit einem schrägen Strich, der von der Gegend 
des Schildehens auswärts zur Mitte des Seitenrandes gerichtet ist. 
Flügeldecken jederseits mit drei ziemlich zahlreich unterbrochenen 
Längsrippen, von denen die beiden dorsalen sich vor der Spitze ver- 
einigen. Die Lateralrippe besonders stark in einzelne Höcker auf- 
gelöst. Die Fühler erreichen nicht die Mitte des Halsschildes. 

Länge: 10,5—11,5 mm; Breite 5,5—65,5 mm. 

Fundangabe: Kap der Guten Hoffnung (durch Buquet) 15, 19; 

_ sine patria (ex coll. Schaufuß) 14. 
12. Heft 


262 Siegtried Wilke: Beiträge zur Systematik und 

Ferner gehören zur Untergattung Archasida m. folgende Arten: 
A. rugosı Herbst, deren Type verloren gegangen ist, da sie nicht wie 
die übrigen im Besitze des B.M. ist, .4. fallaciosa Fairm., A. pau- 
perata Per., A. lutulenta Per., A. turbida Per. und wahrscheinlich 
auch A. namayua Per. Als neue Art kommt noch hinzu: 


A. propensa n. sp. Tafel 1, Fig. 6. 

Kopf vollkommen senkrecht nach unten gerichtet, Halsschild 
und Flügeldecken auf der Oberfläche dicht mit praungelben, langen 
Haaren bedeckt. Seitenränder des Halsschildes von den Vorder- 
winkeln bis zur Basis gleichmäßig sanft gerundet, oben breit abgesetzt, 
nicht aufgebogen. Scheibe stark erhaben mit einem runden. etwas 
queren Eindruck in der Mitte, Medianlinie vorn und hinten vorhanden. 
Die Basis des Halsschildes in der Mitte etwas bogenförmig vorgezogen, 
seitlich nicht tief gebuchtet. Hinterwinkel nur wenig die Basis der 
Elytren überragend. Diese breiter als die Halsschildbasis. Jederseits 
auf den Elytren mit einer kielförmigen, runzligen Rippe. die nahe der 
Naht und parallel zu ihr läuft. Seitenrand der Elytren scharf und 
fast die Naht hinten erreichend. Zwischen Naht und Dorsalrippe 
sreten nach der Spitze zu Queranastomosen auf. Die Gestalt des Tieres 
ist länglich viereckig, die Seiten der Flügeldecken fast parallel, nur 
hinter der Mitte sehr wenig erweitert. 

Länge: 10,5 mm: Breite: 6,5 mm. 

Fundangabe: Durban (durch Kraatz). 


Subgenus Asidomachla m. Typ: A. bicostata Fähr. 

Halsschild an der Basis bogenförmig gerundet, die Mitte der Basıs 
mehr oder weniger nach hinten vorgezogen. seitlich schwach ein- 
gebuchtet. Hinterwinkel wenig vorragend. Prothorax fast doppelt 
so breit wie lang, seitlich vom Vorderwinkel bis zum Hinterwinkel 
gleichmäßig stark gerundet, Seitenränder schmal abgesetzt und mehr 
oder weniger aufgebogen. Scheibe stark konvex, nach der Basis zu 
mehr erhaben. 

Hierher gehören: A. bicostata Fähr. (= A. trivialis Fähr.) mit 
einer Anzahl vorläufig ihrem systematischen Werte nach nicht genauer 
festlegbarer Formen. Peringuey beschreibt sie als seloständige 
Arten. Es sind dies: A. bicostata Fähr. f. transvaalensis Per., f. zula 
Per., f. consimilis Geb. (= A. consobrina Per.), f. zambesiana Per. und 


f. wilmsi m. Tafel 1, Fig. 8. 


Sie steht der f. zambesiana Per. nahe, unterscheidet sich aber von 
ihr durch die glatte schwarze Oberfläche, der jegliche Behaarung fehlt. 
Halsschild flach und sehr grob punktiert, die Punkte aber kleiner 
als die des Halsschildes, jederseits mit einer glänzenden, kielföormigen 
Dorsalrippe, die parallel zur Naht. an der Basis aber nach innen zu 
verläuft wie bei f. zambesiana Per. Elytren seitlich zwischen Marginal- 
und Dorsalleiste bis zu deren Ende grob quer gerunzelt, ebenso die 
falschen Epipleuren. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 263 

l.änge: 15,5 mm; Breite: 9,5 mm. 
Fundangabe: Nord-Natal: Pietermaritzburg bis Vaalfluß (Wilms). 
Zur Untergattung Asidomachlao m. gehören außer A. moss ımbica 
Per., A. umbrina Per., A. aberrans Per. noch folgende neue Arten: 


A. evanida n.sp. Tafel I, Fig. 11. 


Der A.aberrans Per. sehr ähnlich, aber bedeutend kleiner als 
diese. Halsschild auf der Scheibe stark konvex, Seitenränder weit 
mehr aufgesogen als bei aberrans Per. Desgleichen erhebt sich die 
Dorsalleiste jederseits auf den Flügeldecken viel höher als bei A. aberrans 
Per. und endet hinten vor der Spitze in einen Callus. 

Länge: 7—8 mm. Breite: 4—4,5 mm. 

Fundangabe: Port Natal (Poeppig). 


A. leia n.sp. Tafel 1, Fig. 9. 


Kurze, ziemlich breite und plumpe Art. Halsschild vom Vorder- 
rand nach der Basis zu sehr gewölbt, flach und fein punktiert, die Punkt- 
gruben mit ziemlich langen, gelben Haaren angefüllt. Seitenränder 
schmal abgesetzt und aufgebogen, ebenso wie der übrige Halsschild 
mit kurzen gelben Borsten versehen. Flügeldecken vollkommen glatt, 
auf der ganzen Oberfläche fein punktiert und mit ziemlich langen, 
braunen Borsten dicht besetzt. Oberseite der Elytren von der Basis 
nach der Spitze konvex, hinten steil abfallend. Auch die Unterseite 
mit kurzen Borsten in den Punktgruben. 

Länge: S— 10,5 mm: Breite: 5—6.5 mm. 

Fundangaben: Transvaal - I,ydenburg - (Wilms). Transvaal- 
Johannesburg (ex coll. Gebien). ’ 


Pseudomachla m. 
Machla Herbst 


Diese Gattung umfaßt zwei Untergattungen: Machloplasta m. 
und Pseudomachla s. str. 


Subgenus Machloplasta m. 


Typ: P. villosa Ol. (= P. villosa Herbst = P. pilosa Wıedem.) 

Halsschild auf der Oberseite sehr stark gewölbt, glatt, ohne irgend- 
welche Runzelbildung, höchstens mit mehr oder weniger starker 
Behaarung. Seitenränder schmal abgesetzt, wulstig verdickt und 
mehr oder weniger aufgebogen, vom Vorderwinkel zur Mitte bogen- 
förmig, von da zur Basis fast gerade verlaufend, so daß sie zwei bis 
- dreimal so breit als der Vorderrand des Halsschildes ist. Hinterrand 
geschweift, in der Mitte konvex, an den Seiten mehr oder weniger 
tief gebuchtet, die Hinterwinkel spitzig nach außen ziemlich weit 
abstehend. Halsschildbasis breiter als die Flügeldeckenbasis. 

Außer P. mllosa Ol., P.setosa Pall. (= P.carinata Herbst), - 
P. discoidalis Geb. gehören noch folgende neue Arten hierher: 


12. Heft 


264 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


P. hirsuta n. sp. Tafel 1, Fig. 12. 


Die Art steht der P. setosa Fall. nahe. Der ganze Körper auf 
der Oberseite spärlich mit sehr langen (3—4 mm), abstehenden. 
braunen Borsten besetzt, Halsschildvasis gegenüber dem Schildehen 
tief eingedrückt. Flügeldecken außer der warzigen Marginalleiste 
mit zwei Dorsalrippen, die gleichfalls aus zusammenhängenden Warzen 
bestehen, die innere von der Basıs bis fast zur Mitte kielförmig. Auf 
dem Zwischenraum von Naht und innerer Dorsalrippe mit Büscheln 
von dunklen, langen Borsten, die sich bis ans Ende der inneren Rippe 
erstrecken. Die übrigen Zwischenräume mehr oder weniger filzartig, 
borstig behaart. 


Länge: 16—19 mm; Breite: 9,5—llmm. 14, 19. 
Fundangabe: Kap der Guten Hoffnung (Krebs). 


P. deses n. sp. Tafel 2, Fig. 13. 


Ebenfalls der P. setosa Pall. verwandt ist diese Art auf der ganzen 
Oberfläche glatt und ohne jegliche Beborstung oder Behaarung, 
höchstens am Vorderrande und an den Seitenrändern des Halsschildes 
mit spärlichen Borsten. Halsschildoberseite außer an der Basis weit- 
läufig gekörnelt, stark gewölbt, sonst ganz glatt. Seitenränder wulstig 
und warzig mit scharfen, abstehenden Hinterwinkeln. Flügeldecken 
ganz kahl mit zwei total warzigen Dorsalrippen und ebensolcher 


Marginalleiste. Neben diesen in den Intervallen mit spärlichen, ver- 
streuten Warzen. 


Länge: 19,5 mm; Breite: 11 mm. 
Fundangabe: Kapland: Orlog River (Meier). 


Pseudomachla s. str. Typ: P. serrata F. 


Halsschild an den Seiten vom Vorderwinkel bis hinter die Mitte 
stark erweitert, von da zur Basis bedeutend verschmälert. Seiten- 
ränder in der Regel stark wulstig und aufgebogen, die Scheibe des 
Halsschildes mit wenigstens zwei Längsrunzeln, die bisweilen eine 
breite Ausdehnung annehmen können. Hinterrand in der Mitte etwas 
nach außen vorgezogen, an den Seiten mehr oder weniger gebuchtet. 
Hinterwinkel recht- oder stumpfwinklig, niemals seitwärts vorragend. 
Halsschildbasis ebenso breit wie die Flügeldeckenbasis. 


Außer P.serrata F. mit f. dunonti Sol., P.nodulosa Herbst, 
P. rauca Sol.. P. verrucosa Fähr., P.caffra Fähr., P. mendica Fähr. 
(= P.echinoderma Fairm. — P. natalis Per.), P. porcella Fähr., 
P. suleicollis Fähr., P. hamaticollis Gerst. (= P. cristata Fairm.), 
P. fuliginosa Fairm., P. interrupta Fairm., P. lita Per., P. agrestis Per. 


und wahrscheinlich ach P. dewia Per. gehören noch- folgende neue 
Arten hierher: 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 265 


P. caspari n. sp. Tafel 2, Fig. 14. 

Die. Art ist der P. porcella Fähr. verwandt. Oberseite von Hals- 
schild und Flügeldecken dunkelbraun, filzartig behaart, zwischen- 
durch mit verstreuten kräftigen Borsten, die nach der Spitze zu eine 
deutliche Verdickung zeigen, während die von porcella Fähr. gleich- 
mäßig nadelförmig sind. Halsschildseitenränder nicht so stark wulstig 
und aufgebogen wie bei porcella Fähr. Flügeldecken mit einer schwachen 
Dorsalrippe, die nicht in einen Callus endigt. Abfall der Elytren an 
der Spitze schräg, nicht steil. Körperform länglich oval, nicht ge- 
drungen wie bei porcella Fähr. 

Länge: 13 mm: Breite: 6,5 mm. 

Fundangabe: D.S.W.-Afrika: Otjosondu (Casper). 


P. portentosa n. sp. Tafel 2, Fig. 15. 

Der P.verrucosa Fähr. ähnlich, aber bedeutend größer. Hals- 
schildseitenränder vorn sehr stark beulenförmig gewulstet und auf- 
gebogen, grob punktiert, unbehaart. Die beiden breiten Längsrunzeln 
auf der Scheibe des Halsschildes glatt und kahl, nur wenig und flach 
punktiert. Flügeldecken mit zwei Dorsalrippen und einer warzigen 
Marginalleiste, die innere Dorsalrippe bis zum Abfall der Elytren 
kielförmig. Die drei Rippen enden hinten kurz vor der Spitze auf 
gleicher Höhe. Die Naht nach der Spitze zu erhaben. Die Zwischen- 
räume auf den Elytren zahlreich mit glatten, groben Runzeln und 
Warzen bedeckt. Der Abfall der Elytren hinten steil. 

Länge: 20—22 mm; Breite: 11,5—13 mm. 

Fundangaben: Kap der Guten Hoffnung (Lichtenstein); Kap- 
and: Cradock (ex coll. Gebien); ib. (le Doux, B. M.). 


P. pumila n. sp. Tafel 1, Fig. 10. 

In Gestalt der P. mendica Fähr. ähnlich. Halsschildseitenränder 
fast winklig erweitert, wenig verdickt und aufgebogen, mit kurzen 
spärlichen Borsten besetzt. Scheibe mit zwei kurzen Längsrunzeln 
an der Basis, ebenfalls kurz und spärlich behaart. Flügeldecken mit 
zwei Dorsal- und einer Marginalrippe, alle dreiaus zusammenhängenden, 
kurz filzig behaarten Warzen bestehend. Die innere Dorsalrippe 
die kürzeste, nach der Basis zu kielförmig, die äußere Dorsalrippe 
und die Marginalleiste an der Basis und an der Spitze kurz vor der Naht 
sich vereinigend. Die ganze Oberseite mit grauem Indument dicht 
bedeckt. Unterseite auf dem Prosternum und den Episternen der 
Vorderbrust grob und tief punktiert, die falschen Epipleuren feiner 
punktiert, Abdomen glatt und glänzend. 

Länge: 9mm: Breite: 5 mm. 

Fundangabe: Kaffrarien (Krebs). 


P. ochracea n. sp. Tafel 2, Fig. 16. 


Der vorigen Art ähnelnd, aber bedeutend größer. Halsschild- 
seitenränder in der Mitte fast winklig erweitert, wenig verdickt und 


12. Haft 


266 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


aufgebogen, nach der Basis zu stark verschmälert. Halsschildoberseite 
weitläufig grob punktiert, in der Mitte mit zwei Längsrunzeln, die 
vom Vorderrande bis zum Hinterrande reichen und auf der Mitte 
der Scheibe etwas konvergieren. Neben diesen Längsrunzeln jederseits 
mit einer kurzen Erhabenheit auf der Scheibe. Flügeldecken wie der 
Halsschild weitläufig grob punktiert mit zwei Dorsalrippen jeder- 
seits, die Marginalleiste in einzelne, unregelmäßige Höcker aufgelöst. 
Die innere Dorsalrippe bis fast zur Spitze kielförmig, die äußere warzig 
und ebenso lang. Neben den Rippen stehen gereiht jederseits kleine, 
glänzende Höcker, die Intervalle mit Querrunzeln versehen. Sämtliche 
Erhebungen auf Halsschild und Elytren glatt und unbehaart, nur die 
Seitenränder des Halsschildes mit kleinen und spärlichen Borsten 
besetzt. Flügeldeckennaht ihrer ganzen Länge nach erhaben, Abfall 
der Elytren hinten steil. 

Länge: 11—15 mm; Breite: 6—8 mm. 

Fundangabe: Transvaal: Johannesburg (ex coll. Gebien). 

Zur Gattung Machleida Fähr. gehören die Arten: M. nodulosa 
Fähr. (= M. lecta Per. = M. legitima Per.) und M. nossibeana Fairm. 

Die Gattung Machlomorpha Per. mit ihren beiden Arten M. alti- 
tudinis Per. und M. diversa Per. ist mir unbekannt geblieben. 


Der madagassische Formenkreis. 


Von den zahlreichen, meist nur monotypen Gattungen habe ich 
fast nichts kennengelernt, wohl aber Arten, die zum Formenkreis 
von Scotinesthes Fairm. und Parecatus Fairm. gehören. Unter ihnen 
befand sich auch folgende neue Art, die zur Gattung Parecatus Fairm. 
gehört: 

P. voeltzkowi n. sp. Tafel 2, Fig. 17. 

Der Art P. costnlatus Fairm. am nächsten, doch größer und breiter, 
Halsschild und Flügeldecken gewölbter, eine Längsfurche in der Mitte 
des Prothorax nicht vorhanden, höchstens ein seichter Eindruck 
an der Basis gegenüber dem Schildchen. Jederseits mit drei Dorsal- 
rippen auf den Elytren, die deutlicher als bei P. costulatus Fairm. 
ausgeprägt sind. Die erste hinter der Mitte abgekürzt, die zweite bis 
fast zum Abfall der Flügeldecken reichend, die dritte seitlich etwas 
vor der Mitte beginnend und etwas länger als die zweite. 

Länge: 13,5 mm; Breite: 8 mm. 

Fundangabe: NW.-Madagaskar. Insel Nossi-Be (Voeltzkow). 


Der nordamerikanische Formenkreis. 


Nach G. Horns erster Revision der Tenebrioniden Nordamerikas 
sind es vor allem Champion und Casey, die die Asidinen im Zu- 
sammenhange bearbeiteten. Die Diagnosen Champions und die 
Abbildungen in der Biologia Centrali-Americana sind vorzüglich, 
sonst aber ist die Anordnung seiner Arbeit wenig zufriedenstellend. 
Er stellt die alten, schon von Solier, Leconte und Lacordaire 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 267 


aufgestellten Gattungen synonym zur Gattung Asida Latr. mit dem 
Bemerken, daß es ihm unmöglich erscheine, sie genügend voneinander 
trennen zu können; Er beschreibt also die mexikanischen Formen 
nur unter vier Gattungen: Microschatia Sol., Astrotus Lee., Ologlyptus 
Lac. und Asıda Latr., dıe letztere wird daher zu einem wahren Sammel- 
surium der heterogensten Formen. 

Anders bei Casey, der die Asıdinen der Vereinigten Staaten 
monographisch behandeit. Er erkennt die generischen Verschieden- 
heiten der zahlreichen nordamerikanischen Formen und bringt sie in 
nicht weniger als 20 Gattungen unter. Seine vielen Artbeschreibungen 
wirken ermüdend, da sie fast stets die Merkmale der betreffenden 
(Gattung wiederholen und sehr lang sind.  Differential-Diagnosen 
wären hier besser am Platze gewesen, die sofort erkennen lassen, 
worauf es bei jeder Art ankommt. Ferner gibt zu denken, daß er von 
einzelnen Gegenden, z. B. Kalifornien und Arizona, so zahlreiche 
neue Formen beschreibt, die sich voneinander oft nur durch subtilste 
morphologische Merkmale unterscheiden, daß man den Eindruck einer 
Individuenbeschreibung erhält. Allerdings besteht die Möglichkeit, 
daß sich in den vielen Cafions im Westen der Vereinigten Staaten 
auch zahlreiche von einander verschiedene Formen ausgebildet haben, 
so daß fast jedes Cafion eine andere Art aufweisen mag. Leider gibt 
Casey darüber bei seinen Fundangaben nichts näheres an, im Gegen- 
teil, diese zeichnen sich durch eine große Allgemeinheit aus. Da Casey 
in seiner Monographie die von Champion i in der Biologia Centrali- 
Americana zusammengestellten "mexikanischen Asidinen kaum mit- 
berücksichtigt hat, habe ich es in folgendem versucht, diese in die 
Caseyschen Gattungen unterzubringen. Das hat sich so gut wie 
vollständig durchführen lassen, ein tadelloser Nachweis der Einheitlich- 
keit des großen Plateaugebiets im SW der Union, Kaliforniens und des 
Hochlandes von Mexiko. 


Zur Gattung Astrotus Lec. gehören folgende mexikanische Arten: 
A.debilis Champ., A.limosus Champ., A. seticornis Champ. mit f. 
humeralis Champ., A. undatus Champ., A. erosus Champ., A. noso- 
dermoides Champ., A. quanajuatensis Champ., A. fascieulatus Champ. 

Die monotype Gattung Sicharbas Champ. mit der Art S. lobatus 
Champ. stellt meiner Ansicht nach einen Terminalzweig der vorigen 
Gattung dar. 


Stenosides Sol. (= Ologlyptus Lac. — Pactostoma Lee.) 


Casey unterscheidet Stenosides Sol. (= Ologlyptus Lac.) von 
Pactostoma Lec. auf Grund unzuverlässiger Merkmale, die bei ge- 
nauerem Zusehen hinfällig werden. In erster Linie ist für ihn das Fehlen 
oder Vorhandensein des ‚gular pedestal“ oder Kehlsockels maßgebend. 
Darunter versteht er die mittlere Partie der Kehle, auf der das Kinn 
ruht. Die Bezeichnung ‚.Kehlsockel“ ist für unseren Begriff falsch, 
da wir den Sockel danach benennen, was auf ihm ruht und nicht, 
wie Casey danach, woher er stammt; wir sagen daher besser „‚Kinn- 


12. Ileft 


268 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


sockel“. Bewußter Kinnsockel soll bei der Gattung Stenosides Sol. 
fehlen und bei Pactostoma Lec. vorhanden sein. Das Vorhandensein 
dieses Sockels wird durch eine Linie jederseits der Mitte der Gula 
gekennzeichnet, die vom Vorderrande der Kehle schräg einwärts nach 
hinten verläuft. Diese Linie, die noch nicht einmal eine wirkliche 

Naht zu sein braucht, sondern nur ein oberflächliche sSkulpturmerkmal, 
ist zweifellos ein ganz unwichtiges sekundäres Merkmal, da ursprüng- 
lich die Kehle als Teil der Kopfkapsel angegliedert iet. Dieses Merkmal 
zur Aufstellung zweier Genera herbeizuziehen, ist meiner Ansicht 
nach unangebracht, da ich einerseits bei vielen Arten der Gattungen 
Astrotus Lee. und Stenosides Sol., sogar bei ihren Typen, wo der Kinn- 
sockel ganz fehlen soll, jederseits der Mitte der Kehle eine Abgrenzung 
durch eine Linie und damit den Kinnsockel wahrnehmen konnte, 
während bei Asida anastomosis Say, der Type von Pactostoma Lec., 
einer Gattung mit Kinnsockel, jederseits der Mitte der Kehle eine 
Abgrenzung durch eine Linie häufig nicht, mitunter nur angedeutet 
oder gar einseitig zu erkennen war. Diesen Kinnsockel zu erkennen, 
ist außerdem nicht so einfach und leicht, da die Tiere auch unter- 
seits mit einem dichten Überzug von abgesondertem Sekret mit an- 
haftender Erde bedeckt sind. Das zweite Unterscheidungsmerkmal 
bei Casey besteht in der Beschaffenheit des 'Prosternalfor:satzes, 
der bei Stenosides Sol. mit seinem hinteren Wall wirklich senkrecht 
zu dem unteren Rand und hinten nicht schräg abfallen soll und bei 
Pactostoma Lec. allmählich schräg zur Richtung des Mesosternums 
herabgebogen sein soll. Dieses Merkmal ist schon innerhalb einer Art 
so inkonstant, daß man es meiner Ansicht nach zur Trennung von 
Gattungen schon garnicht verwerten kann. Unsere zahlreichen Stücke 
der beiden Gattungstypen zeigen alle möglichen Übergänge innerhalb 
der Art vom senkrechten bis zum schägen Abfall des hinteren Pro- 
sternalfortsatzes, so daß also die Aufrechterhaltung der beiden 
Gattungen Stenosides Sol. und Pactostoma Lec. für mich hinfällig 
wird. Ich stelle daher Pactostoma Lec. synonym zu Stenosides Sol. 
In diese Gattung gehören: S. hebes Champ., S. canus Champ., S. si- 
nuaticollis Champ., S. bicarinatus Champ.. und S. planatus Champ. 


Pyenonotida Cas. 
Von Mexiko ist kein Vertreter dieser Gattung bekannt. 


Microschatia Sol. 


Außer der mexikanischen M. punctata Sol. kommt auch noch 
M. championi Horn (= M. punctata Horn) in Mexiko vor, wie die 
von A. v. Chamisso auf seiner Weltreise in Mexiko gesammelten 
Exemplare dieser Art in der Sammlung des B.M. zeigen. Die beiden 
Arten M. morata Horn und M. suleipennis Lec., zu denen als dritte 
noch M. robusta Horn hinzukommt, stellt Casey nur provisorisch zu 
dieser Gattung, sie repräsentieren zumindest eine eigene Untergattung, 
die ich 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 269 


Aeroschatia n. subgen. 


benenne, da sie von der Gattung Mieroschatia Sol. hauptsächlich durch 
die verlängerten, die Schulterwinkel des Halsschildes überragenden 
Hinterwinkel des Halsschildes abweicht. Als Typ dieser Untergattung 
betrachte ich M. robustı Horn, in der Sammlung des B.M. von Ca- 
nelas, Sierra de Durango (ex coll. Flohr). 


Glyptasida Gas. 
Hierher gehören: @. rugos?ssima Champ. und @. aegra l.ec. subsp. 
interrupta Champ. 


Pelecyphorus Sol. (= Phrlolithus Lac.). 


Außer P. mexicanus Sol. und P. morbillosus Lec. gehbrt folgende 
neue Art hierher: 


P. lugubris n. sp. Tafel 2, Fig. 18. 


In Gestalt und Aussehen dem P. mericanus Sol. ähnlich, das 
ganze Tier schwarz gefärbt mit schwachem Erzglanz auf den Elytren. 
Halsschild gewölbter als bei P. sordidus Sol. Oberseite des Halsschildes 
punktiert, Mittellinie angedeutet, jederseits davon auf der Scheibe 
mit ein bis zwei Vertiefungen. Hinterrand in der Mitte bogig bis 
spitzwinklig vorgezogen, Hinterwinkel des Halsschildes spitz und die 
Basis der Elytren überragend. Seitenränder ziemlich stark aufgebogen. 
Flügeldecken wie der Halsschild punktiert, mit runzeligen Längs- 
und Quererhabenheiten, auf der Scheibe jederseits mit zwei Längs- 
erhabenheiten, die äußere kürzer als die innere. Unterseite des Ab- 
domens fein chagriniert. 

Länge: 15— 16 mm; Breite: 8— 8,5 mm. 

Fundangabe: Mexiko: Minas de San Rafael (Purpus). 


Gonasida ÜCas. 


Diese Gattung ist hauptsächlich über Kansas und Neu-Mexiko 
verbreitet, ihr nahe: stehen die beiden mexikanischen Gattungen 
Tisamenes Champ. und Herthasida m. 

Die Gattung Tisamenes Champ. unterscheidet sich von G@onasıda 
Cas. hauptsächlich durch das aufffallende und eigentümliche Haar- 
kleid auf Halsschild und Flügeldecken, die steifen Borsten auf der 
Unterseite der Tarsen und die Flügeldeckenskulptur. 

Die Gattung Herthasida n. gen. wird repräsentiert durch die Art 
H.ingens Champ. Sie unterscheidet sich von Gonasida Cas. vornehm- 
lich durch das Vorhandensein von drei rohen, stark gewellten, 
alternierenden Längsrippen jederseits auf den Elytren, von Tisamenes 
Champ. durch Fehlen des Haarkleides und den vorn sehr stark bogen- 
förmig erweiterten Halsschild. 


Bothrasida (as. 


Diese ausgesprochen mexikanische Gattung umfaßt außer B. cla- 
thrata Champ., B. funesta Champ. und B.baroni Cas. noch folgende 


neue Arten: 
12. Heft 


270 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


B. mucorea n. sp. Tafel 2, Fig. 19. 

Ähnlich gestaltet wie B. clathrata Champ., aber ohne Erzglanz 
auf den Elytren wie bei B. baroni Cas. Halsschild nicht ganz so grob 
punktiert wie bei den vorher genannten Arten, auf der Scheibe jeder- 
seits mit zwei Punkten, von denen der hintere tiefer ist. Basis des 
Halsschildes an den Meiten nicht gebuchtet, sondern fast gerade. 
Flügeldecken jederseits mit zwei scharfen, alternierenden, stark ge- 
wellten Dorsalrippen, die viel feiner sind als bei B. clathrata Champ., 
die äußere nur etwas hinter der Mitte — nach vorn und hinten ver- 
kürzt — vorhanden. Seitenrand scharf, nur wenig gewellt, hinten 
vor der Spitze mit der inneren Dorsalrippe zusammenstoßend. Unter- 
seite dichter und gröber punktiert als bei B. clathrata Champ. 

Länge: 13 mm: Breite: 6,5 mm. 

Fundangabe: Mexiko: Chihuahua (ex coll. Flohr). 


B. sanctae-agnae n. sp. Tafel 2, Fig. 20. 


Sehr ähnlich der B. funesta Champ., doch von ihr, wie folgt, ver- 
schieden: Halsschild vorn an den Seiten nicht so stark erweitert, Ober- 
seite gewölbter mit einem Eindruck in der Mitte der Basis, nicht so 
grob punktiert wie bei /unesta Champ., auf der Scheibe jederseits 
mit einer Punktgrube. Elytren jederseits mit einer erhabenen Dorsal- 
rippe, von der zur erhabenen und punktierten Naht breite Querana- 
stomosen verlaufen, die zahlreicher sind als bei B. /unesta Champ. 
Unterseits nicht so stark gerunzelt wie bei letztgenannter Art. 

Länge: 17,5 mm; Breite: 8,5 mm. 

Fundangabe: Baja California, Rio de Santa Ines (Purpus). 


Notiasida ÜCas. 

Hierher gehören: N. abstrusa Üas., N. evertissima Cas., N. ge- 
minata Champ., N. intricata Champ.. N. suturalis Champ. und N. lata 
Champ. 

Parasıda Cas. 

Außer P.laciniata Cas., P. bibasalis Cas., P.lirata Lec., P. sex- 
costata Lee., P. scutellaris Champ., P.tolucana Cas. (vielleicht nur 
ein Synonym zu P. scutellaris Champ.), P. fallax Champ., P. laticollis 
Champ. (= P. planatula Cas.?), P. favosa Champ., P. similata Champ., 
P. dispar Champ. (= P. dissimilis Champ.), P. asidoides Sol., P. fo- 
veolata Sol., P.tristis Champ., P.tenebrosa Champ., P. spinimanus 
Champ., P.longipennis Champ., P.induta Champ. dürften noch 
folgende Arten hierher gehören: 


P. obliviosa n. sp. Tafel 3, Fig. 21. 


In Gestalt und Aussehen der P. fallaz Champ. gleichend, von ihr, 
wie folgt, verschieden: Halsschildseitenränder vorn nur wenig erweitert, 
in gerader Linie zur Basis verlaufend, daselbst nicht eingeschnürt, 
sie sind keineswegs abgesetzt und aufgebogen, die Oberseite des Pro- 
thorax nur wenig konvex, Skulptur feiner, auf der Scheibe jeder- 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 2a7l 


seits der angedeuteten Mittellinie mit zwei Spiegelflecken, deren 
vorderer größer ist. Basis ganz gerade, ohne seitliche Einbuchtungen, 
Hinterwinkel nicht so spitz, mehr gerundet oder lappenförmig. Die 
Naht und die Rippen der Elytren nicht so stark erhaben wie bei 
P. fallax Champ., sondern niedriger und weniger auffallend. Inter- 
valle fein gekörnelt. 

Länge: 18 mm; Breite: 8,5 mm. 

Fundangabe: Mexiko: Promontorio Durango (ex coll. Flohr). 


P. mixtecae n. sp. Tafel 3, Fig. 22. 


Die Spezies P. longipennis Champ., der diese Art am nächsten 
steht, ist von S. Antonio im Staat Chihuahua beschrieben, Exemplare 
aus dieser Gegend liegen mir nicht vor, sodaß ich mich beim Vergleich 
mit der Beschreibung und der Abbildung i in der „Biologia“ begnügen 
muß. Von P.longipennis Champ. sind die vorliegenden Exemplare 
aus dem Süden Mexikos dadurch verschieden, daß auf jeder Flügel- 
decke die mittlere Dorsalrippe an der Basis an derseihen Stelle, wo die 
innere Rippe ihren Anfang nimmt, entspringt, während bei P. longi- 
pennis Champ. die mittlere Rippe an der Basis verkürzt ist. 

Länge: 12,5—14 mm; Breite: 6—7 mm. 

Fundangabe: Sierra Mixteca: Rio de San Luis (Purpus). 


P. esperanzae n.sp. Tafel 3, Fig. 23. 


Von der vorigen Art durch längere und schlankere Gestalt ver- 
schieden, Flügeldecken hinter der Mitte sehr schwach erweitert, hinten 
an der Spitze schräg, nicht steil wie bei P. mictecae abfallend. Die 
mittlere Dorsalrippe erreicht nicht die Basis wie bei P. longipennis 
Champ., konvergiert aber nicht mit der inneren Dorsalrippe, sondern 
ist an der Basis nach außen gerichtet. 

Länge: 15 mm; Breite: 6,5 mm. 

Fundangabe: Puebla: Esperanza (Purpus). 


P. purpusi n. sp. Tafel 3, Fig. 24. 

Kürzer und gedrungener als die beiden vorigen Arten gebaut, 
Halsschild rauher skulptiert, Hinterrand seitlich ziemlich bedeutend 
gebuchtet, Scheibe jederseits der nur schwach angedeuteten Median- 
linie mit nur einer Punktgrube oder auch ohne solche. Flügeldecken 
mit feineren und schärferen drei Dorsalrippen, die hinsichtlich ihrer 
Vereinigung vor der Spitze abweichen von denen der P. longipennis 
Champ. Die erste (innere), ihrer ganzen Länge nach vorhanden, ver- 
einigt sich hinten mit der zweiten (mittleren), die sich zur Spitze 
hin fortsetzt und kurz vor derselben mit der Lateralrippe kommuniziert 
und dadurch die dritte (äußere und kürzeste) einschließt, die vorn und 
hinten verkürzt ist. Oberseite glatt und unbehaart von schwarzer 
Färbung. 

- Länge: 12—13,5 mm: Breite: 5,5 —6,5 mm. 

Fundangabe: Puebla: Esperanza (Purpus). 


12. left 


Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


ro 
7 
[2 


P. zacualpanicola n.sp. Tafel 3, Fig. 25. 

Diese Art steht der P. asidoides Sol. am nächsten. Halsschild 
auf der Oberseite gröber skulptiert, weniger konvex, Seitenränder 
mehr aufgebogen. Flügeldecken jederseits mit drei feineren, schärferen, 
gewellten und alternierenden Längsrippen. Die erste, niedrig, nach 
hinten zu undeutlich werdend, vereinigt sich an der Basis und vor der 
Spitze mit der zweiten, diese und die dritte erhaben und vor der Spitze 
gleichfalls vereinigt, schließlich kommuniziert auch die Lateralrippe 
ganz dicht vor der Spitze mit der aus der Vereinigung der übrigen 
Rippen resultierenden Rippe. Intervalle mit kurzen, gelben Borsten 
besetzt. Unterseite wie bei P. asidordes Sol. 

Länge: 14,5—16 mm; Breite: 7—8 mm. 

Fundangabe: S. Toluca: Zacualpan (Purpus). 


Stenomorpha Sol. (= Euschides Lec.). 


Casey behauptet auf p. 78 seiner Revision ohne nähere Begründung 
daß die Type Stenomorpha costata Sol. kein Euschides sei, obwohl 
Stenomorpha Sol. von Leconte nur in Euschides umgetauft wurde, 
weil es bereits bei den Carabiden eine Gattung Stenomorphus De;j. 
gab. Diese auch von Lacordaire noch geteilte Ansicht ıst für die 
moderne Nomenklatur ungültig; es besteht daher der ursprüngliche 
Name Stenomorpha Sol. wieder zu Recht. Diese weitaus größte und 
artenreichste Gattung Nordamerikas hat in Mexiko nur wenige Ver- 
treter: S. costata Sol., S. blapsoides Sol., 8. blanda Champ., S. sphaeri- 
collis Champ., $. umbrosa Champ.; von nordamerikanischen Arten 
sind aus den nördlichen Teilen Mexikos eine ganze Reihe von Arten 
bekannt, so z. B. S. rimata Lec. von Paso del Norte (ex coll. Flohr), 
S. angulata Lee. von Baja California (ex coll. Flohr), $. convexicollis 
Lee. von Chihuahua (ex coll. Flohr), S. obovata Lee. von Paso del Norte 
(Höge). Folgende neue Formen dürften noch zur Gattung Steno- 
morpha Sol. gehören: 


S. blapsoides Sol. subsp. alutacea m. Taf. 3, Fig. 26. 


In Gestalt und Aussehen der $. blapsoides Sol. gleichend, nur der 
Halsschild und die Flügeldecken sind grob punktiert und gerunzelt, 
während die von $. blapsoides glatt und mit sehr feinen, kaum an- 
gedeuteten queren Rissen bedeckt sind. 

Fundangaben: Mexiko (Ehrenberg); Valle de Mexico und Tenan- 
cingo (ex coll. Flohr). 


S. montezuma n.sp. Tafel 3, Fig. 27. 


Die Art steht sehr nahe der S. costata Sol. Halsschild jedoch gröber 
und weitläufiger punktiert, auf der Scheibe jederseits mit einer ziemlich 
großen Punktgrube und einer Furche, die sich in einem einwärts 
gerichteten Bogen zur Basis erstreckt. Diese gegenüber dem Schildchen 
mit einem Eindruck. Seitenränder quer gerunzelt. Flügeldecken jeder- 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 273 


seits mit drei Dorsalrippen, die schmaler und weniger ausgeprägt sind 
als bei S. costata Sol. | 

Länge: 21 mm: Breite: 10,5 mm. 

Fundangabe: Ciudad Durango (ex coll. Flohr). 


Ferner gehören noch zum Formenkreis von S. costata Sol.: 


S. orizabae n. sp. Tafel 3, Fig. 28. 

Halsschild viel feiner und weitläufiger punktiert als bei 8. rostal«a 
Sol., stärker gewölbt. Flügeldecken mit drei breiten und sehr flachen 
Dorsalrippen, die wenig deutlich und unscharf ausgeprägt sind. Unter- 
seite glatt mit einzelnen, kleinen Punkten. 

Länge: 19—23 mm; Breite: 9—12 mm. 

Fundangaben: Orizaba (Deppe), Acaxochitlan (ex coll. Flohr). 


S. musiva n. sp. Tafel 4, kig. 29. 


Halsschild auf der Scheibe fast glatt, nur wenig punktiert, größere 
Punkte finden sich nur an den Seiten vor den Röndern und an der Basis 
verstreut. Flügeldecken leicht und weitläufig punktiert mit scharfer 
Marginalleiste, die übrigen Dorsalrippen reduziert, die beiden äußeren 
schwach angedeutet. 

Länge: 19 mm: Breite: 9,5 mm. 

Fundangabe: Mexiko: Atlapango (ex coll. Flohr). 


S. uhdei n. sp. Tafel 4, Fig. 30. 


Der vorigen Art sehr ähnlich, nur viel feiner und noch spärlicher 
auf Halsschild und Flügeldecken punktiert. Halsschildseitenränder 
grob punktiert. Flügeldecken jederseits mit drei nur angedeuteten 
Dorsalrippen und einer Marginalleiste, die von der Basis bis fast zur 
Mitte ziemlich scharf, von da ab mehr gerundet ist und in größerer 
Entfernung von der Spitze endigt. 

Länge: 20 mm; Breite: 9 mm. 

Fundangabe: Mexiko (Uhde). 

In Gruppe III der Gattung Stenomorpha Sol. gehört folgende 
zierliche Art: 


S. clarissae n. sp. Tafel 4, Fig. 31. 


Im Aussehen einer kleinen 8. costipennis Lec. recht ähnlich. Kopf 
grob punktiert mit drei kleinen Längsrunzeln. Halsschild an den Seiten 
gerundet, zur Basis hin sehr stark verengt, so daß sie ebenso breit als 
der Vorderrand des Halsschildes ist. Auf der Oberseite stark konvex, 
an den Seiten und am Vorderrande mit groben, wenig zahlreichen 
Punkten. Scheibe mit zwei Funktgruben, sonst glatt. Flügeldecken 
länglich oval, an der, Basis nicht breiter als die Halsschildbasis, nach 
der Mitte zu erweitert, jederseits mit zwei Dorsalrippen, die ebenso 
wie die Naht und die Marginalleiste stark erhaben sind. Die innere 
Dorsalrippe vereinigt sich vor der Spitze mit der Marginalleiste und 
schließen die beiderseits verkürzte äußere Dorsalrippe ein. In den 


sehr schmalen Intervallen einreihig grob punktiert. Die falschen Epi- 
Archir für Natorgeschichte, 
1921. A.12. 18 12. IIen 


274 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


pleuren mit zwei Längsreihen grober Punkte. Unterseits weitläufig 
und ziemlich grob punktiert. Ober- und Unterseite einfarbig schwarz. 
Länge: 12,5 mm: Breite: 4,7 mm. 
Fundangabe: Mexiko: Toluca (ex coll. Flohr). 


Heterasida Cas. 
Von dieser südkalifornischen Gattung ist bisher kein Vertreter 
in Mexiko bekannt. 
Asidina Gas. 
Diese Gattung kommt nur mit einer Art in Mexiko vor: A. furcata 
Champ. aus Villa Lerdo in Durango (ex coll. Flohr). 


Trichiasida Cas. 
Hierher gehört außer T. villosa Champ., T. horrida Champ., 
T. subpilosa Champ., T. wunicostata Champ., T. palmeri Champ., 
T. pubescens Ghamp., T. difjieilis Champ., T.thoracica *‘'hamp. noch 
folgende neue Art: 


T. eremica n. sp. Tafel 4, Fig. 32. 


Der T. pubescens Champ. nahestehend. Halsschild seitlich sehr 
wenig gerundet, nahezu parallel und langgestreckt mit spitzig vor- 
ragenden Vorderwinkeln. Seitenränder sehr schmal abgesetzt und 
nicht aufgebogen, mit spärlichen, gelben Borsten und Querrunzeln. 
Oberseite stark konvex mit basalem Eindruck gegenüber dem 
Schildchen, weitläufig und fein punktiert. Basis gerundet mit stumpf- 
winkligea Hinterecken. Flügeldecken lang und schmal, nur wenig 
hinter der Mitte erweitert, Oberseite glatt mit zahlreichen, etwas 
stärkeren Punkten als der Halsschild. 


Länge: 25 mm: Breite: 10 mm. 


Fundangabe: Mexiko (Bau). 


Platasida (as. 
7u dieser nur zwei Arten aus Südkalifornien umfassenden Gattung 
dürfte nach Casey auch Stenosides planatus Champ. gehören. 
Die monotype Gattung Litasida Cas. mit ihrer Spezies L. town- 
sendi Gas. aus Nordmexiko ist mir unbekannt geblieben. 


Asidopsis Oas. 
Zur Gruppe II (Typ: A. polita Say) dürfte A. collaris Champ. 
(— A. marginicollis Champ.), zur Gruppe IV (Typ: A.opaca Say) 
A. durangoensis Cas. und A. ferreri Champ. gehören. 


Megasida Üas. 
Hierher gehören: M. ohliterata Champ., M. moricoides Champ., 
M. segregata Champ., M. foeda Champ., M.tarda Cbamp.. M. rufipes 
Champ. und M. latissima Champ. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 275 


Stethasida Cas. 


Zur Gruppe II (Typ: S. muricatula Lee.) dürfte S. /lohri Champ. 
von Zapotlan (ex coll. Flohr) gehören. 

Als besondere Genera sind folgende von Champion aufgestellte, 
monotype, mexikanische Gattungen zu betrachten: 

Ucalegon Champ. mit der Art U. pulchellus Champ. 

Poliorcetes Champ. mit der Art P. platesthoides Champ. 

Zaleucus Cas. (Zamolaıs Champ.) mit der Art Z. dilatatus Champ. 


Der südamerikanische Formenkreis. 


In Südamerika sind die Asidinen mit zwei Gattungen vertreten: 
Scotinus Kirby und Cardigenius Sol. Von der brasilianischen Gattung 
Scotinus Kirby habe ich folgende neue Arten kennen gelemt: 


S. gebieni n. sp. Tafel 4, Fig. 33. 

Körper ziemlich breit und fast parallel, Oberseite vom Kopf 
bis zur Spitze der Elytren gleichmäßig gewölbt, dicht mit braunem 
Haarfilz bedeckt. Protborax vorn breit bogig ausgerandet, Vorder- 
winkel breit und vorragend, die Seitenränder gerade nach hinten 
verlaufend, Hinterrand nach außen bogenförmig vorgezogen, seitlich 
ziemlich tief gebuchtet, Hinterwinkel spitz, aber nicht vorragend. 
Flügeldecken an der Basis nicht breiter als der Halsschild, ihre größte 
Breite weit hinter der Mitte gelegen. Hinten, kurz vor der Spitze, 
sind die Elytren seitlich fast rechtwinklig und tief eingebuchtet, daher 
endigen sie in eine ziemlich lange und scharfe Spitze. Seitenränder des 
Halsschildes und der Elytren scharf, ebenso die Dorsalrippe jeder- 
seits auf den Elytren, die von der Basis nach hinten höher wird, der 
Naht sich nähert und hinten in einen hohen und spitzen Callus endigt. 
Neben dem Schildchen jederseits mit einem braunen Tomentfleck. 
Unterseits punktiert mit kurzen, gelben Borsten in den Punktgruben, 
die falschen Epipleuren ganz glatt. 

Länge: 20—24 mm: Breite: 11-—14,5 mm. 

Fundangaben: Brasilien: Theresopolis (ex coll. Gebien); Brasilien 
(ex coll. Kraatz, D. 1.). 


S. teres n. sp. Tafel 4, Fig. 34. 


Der vorigen Art sehr ähnlich; Seitenränder des Halsschildes je- 
doch gerundet, Vorderwinkel weniger vorragend. Die Flügeldecken 
sind kurz vor der Spitze seitlich nicht scharfwinklig, sondern gleich- 
mäßig gerundet eingebuchtet. Die Dorsalrippe jederseits auf den 
Flügeldecken parallel zur Naht verlaufend und hinten in einen weniger 
hohen Höcker endigend. 

Länge: 22 mm; Breite: 12 mm. 

Fundangabe: Brasilien: Espirito Santo (Michaelis). 


18* 12.Heft 


276 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


S. ohausi n. sp. Tafel 4, Fig. 35. 


Der beschreibung nach steht diese Art dem brasilianischen 8. eru- 
ci/er Eschsch. nahe, dessen Diagnose lautet: „‚‚thoracis lateribus 
rotundatis, dorso gibbo linea cruciata impresso; elytris carina laterali 
inciso-verrucoso, dorso carınula basali tuberculoque postico, 41/, Linien 
(= etwa 9,7 mm), von Menetries erhalten.“ Die vorliegende Art 
unterscheidet sich wesentlich von Se. crucifer durch bedeutendere 
Größe, Halsschildseitenränder schmal abgesetzt und steil aufgebogen, 
Mittellinie auf dem quergebuckelten Halsschild vorhanden. Hinter- 
rand bogenförmig mit nach hinten gerichteten vorragenden Hinter- 
winkeln. Flügeldecken mit scharfen, erhabenen Seitenrändern, jeder- 
seits nebeı: dem Schildchen mit braunem Tomentfleck, ohne Carinula 
an der Basis, dagegen jederseits mit drei hintereinander gelegenen, 
tomentierten Tuberkeln, von denen die beiden vorderen sehr klein, 
die hinteren erhaben und spitz sind. Das Ende derFlügeldecken ähnlich 
wie bei S. gebieni gestaltet, Jedoch nicht so scharfwinklig und tiefan den 
Seiten eingeschnitten. Unterseite und falsche Epipleuren glatt mit 
spärlichen, kurzen, gelben Borsten. 


Länge: 16 mm: Breite: 8,5 mm. 
Fundangabe: Brasilien: Petropolis (Ohaus). 


S. retieulatus n. sp. Tafel 4, Fig. 36. 


Diese Art steht dem S$. biplicatus Fairm. sehr nahe, ich hätte sie 
mit der Fairmaireschen Art identifiziert, wenn sie nicht in folgenden 
Punkten von 8. biplicatus Fairm. abwiche: Sie ist vor allem bedeutend 
kleiner, Halsschild an den Hinterwinkeln nicht eingedrückt, die 
falschen F.pipleuren der Flügeldecken ganz glatt, nur mit sehr spärlichen, 
gelben Borsten und ohne die geringste Spur einer Fältelung. Im 
übrigen paßt die Fairmairesche Diagnose auf die vorliegende Art 
ganz gut. Sollte es sich herausstellen, daß S. biplicatus Fairm., der 
als 22 mm lang beschrieben ist, in der Größe sehr variabel ist, so könnte 
vielleicht diese Art mit S. biplicatus Fairm. von Minas Geraes identisch 
sein. 


Länge: 15,5—17 mm: Breite: 19—11,5 mm. 
Fundangabe: Brasilien: Rio de Janeiro (ex coll. Thieme). 


Die Gattung Cardigenius Sol. läßt zwei ganz verschiedene Unter- 
gattungen erkennen: Cardigenius s. str. und Ellidoneus m. Die Unter- 
gattung Cardigenius s. str. umfaßt argentinische Formen aus der Gegend 


von Buenos Aires, deren Halsschild wenig gewölbt und stark quer . 


decken sind länglich oval, nicht bauchig in der Mitte erweitert. 


ist, seine Seitenränder sind breit abgesetzt und verdickt, die Pur 
- IP 
dieser Untergattung ist (. latirollis Sol. | 


Die zweite Untergattung ist 


geographischen Verbreitung ungefiügelter Tenebrioniden, 277 


Ellidoneus n. subgen. Typ: C. granulatus Fairm. 


Sie umfaßt prasilianische und uruguaysche Formen. Diese unter- 
scheiden sich von den argentinischen Formen der Untergattung Cardı- 
genius s. str. durch den höher gewolbten Köryer, den stärker nach hinten 
verengten und fast kuglig gewölbten Halsschild, die kurz-ovalen Flügel- 
decken von relativ größerer Breite und die kürzeren Beine. Zu dieser 
Untergattung gehören Arten wie (©. crinifer Fairm., Ü. subcostatus 
Burm. und auch (. eicatrieosus Sol., die Fairmaire von Montevideo 
angibt mit dem Hinweis, daß die Soliersche Fundangabe „Chile“ 
irrtumlich zu sein scheint. | 


Allgemeiner Teil. 
Lebensweise der Asidinen. 


Über die Biologie der Asidinen ist so gut wie nichts bekannt, 
man findet nur hier und da einmal in der Literatur eine biologische 
Notiz. 

Holdhaus, der 1910 die Montanfauna der Karpathen bearbeitete, 
unterscheidet drei Gruppen für die Ooleopteren: 1. Die echten Gebirgs- 
tiere (petrophil-montanen), 2. die borealen und 3. die gesteins- 
indifferenten Formen, d. h. sie werden sowohl auf lockerem Gestein 
als auch auf dem an Ort und Stelle aus festem Felsgestein hervor- 
gegangenen Böden vorgefunden, während die echten Gebirgstiere 
ausschließlich auf festem Gestein leben. Obwohl es Holdhaus nicht 
ausspricht, so erkennt man doch, daß sich die von ihm genannten 
‚Gruppen nur auf zugleich hygrophile Formen beziehen, es bleiben 
also in seiner Ökologie der montanen Coleopterenfauna die xerophilen 
Arten unberücksichtigt. Und gerade mit letzteren haben wir es wie bei 
fast allen Tenebrioniden, so auch bei den Asidinen zu tun. Die für die 
nordamerikanischen und paläarktischen Asidinen bekannt gewordenen 
Fundorte weisen darauf hin, daß wir es mit montanen Tieren zu tun haben, 
die hauptsächlich trockene und warme Gegenden bewohnen. Über den 
montanen Charakter der südamerikanischen, südafrikanischen und 
madagassischen Formen weiß ich nichts näheres auszusagen. Als 
echte Gebirgstiere sensu Holdhaus, die ausschließlich auf festem 
Gestein leben, können wir die Asidinen kaum ansprechen, eine Reihe 
von Angaben läßt ihren Gesteinsindifferentismus erkennen. Die 
Tiere suchen in erster Linie die Wärme, und werden daher in der Regel 
auf jenen Böden zu finden sein, die die Wärme recht lange zu halten 
vermögen: so fand z. B. v. Heyden 1882 nach brieflicher Mitteilung 
an Seidlitz, Ins. Deutschl. I, 5, p. 336, die A. sabulosa Fuessl. ‚am 
alten Vulkan Bausenberg (zwischen Laacher See und Aartal) unter 
Lavastücken und Bimssteinen an der sonnigen Südseite des Berges,“ 
während das Vorkommen derselben Art im Elsaß von Wencker- 
Silbermann 1866 angegeben wird: ‚„‚commun dans les terrains calcaires 
des Vosges“‘ und nach Bourgeois 1906: „Terrains calcaires des 
collines sousvosgiennes, du Jura sundgovien et des cöteaux jurassiques 


12. Heft 


278 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


de la Lorraine, sous les pierres, assez commun. Nul sur les autres 
formations“. Wo aber die Tiere ständig von gleichmäßig hoher Wärme 
umgeben sind, geben sie ihren montanen und petrophilen Charakter 
gelegentlich auf. Das beweisen z. B. die Fundorte für die ostadriatischen 
Rassen, die größtenteils am Meere liegen. Auch Schumacher fand 
die subsp. fascieularis Germ. in Zara wenige Meter vom Meere auf der 
terra rossa. Die subsp. /utosa Sol. bewohnt in Südrußland 
Ebenen und Steppen, denn Krulikowsky (1897) sagt über das 
Vorkommen dieser Rasse: ‚Wird im März öfters angetroffen 
unter Steinen auf Feldern, Steppen, Triften und Brachen.‘“‘ Wir werden 
also die Asidinen am besten als mehr oder weniger gesteinsindifferente, 
montane, xerotherme Lokalitäten bewohnende Tiere ansprechen können. 

Über die vertikale Verbreitung finden sich gelegentlich bei einzelnen 
Arten Angaben. So sind durch Escalera Fundorte für Arten der 
Untergattung Machlasida Esc. aus dem Hohen Atlas bekannt geworden, 
die in beträchtlicher Höhe liegen, z. B. Tizin-Teluet, 2500 m und 
Dar el Glaui, 2000 m. Schreiber sagt in seinem Sammelbericht 
aus dem Karst (D. E. Z. 1885, p. 267) über das Vorkommen der sub- 
sp. duftschmidti Gemming.: „Im ganzen Karst bis 1000 m hoch, nicht 
selten.“ Herr Schumacher erbeutete in Nord-Montenegro die lineato- 
collis-Rasse auf der Südseite des Vojnik in 1000 m Höhe. Er sagt über 
diesen Fundort: ‚Das Brezovido besitzt an der Südseite des Vojnik 
eine sehr geschützte Lage und bot eine reiche Fundstelle xerothermer 
Formen. Der montane Charakter fehlt.“ Nach Halbherr findet 
man in Süd-Tirol A. sabulosa Fuessl. noch in einer Höhe von über 
2000 m. 

Von einigen wenigen Arten sind Entwicklungsstadien bekannt. 
So beschreibt zuerst Mulsant (1854) die Larve von A. sabulosa Fuess]., 
von der aber Perris (1877) feststellt, daß es eine Agriotes-Larve sei. 
Perris gibt die Larvenbeschreibungen von A.corsica Cast. und 
A. jurinei Sol., Rey (1867) die von A. dejeani Sol. und A. sericea Ol. 
Erst Xambeu (1893) unterrichtet uns von der Lebensweise der 
A. jurinei Sol.-Larve, der Puppe und des Käfers. Er schreibt von der 
Larve (in Übersetzung): Die Larve geht aus den Eiern hervor, die 
im Spätsommer abgelegt werden, und überwintert in der Erde, benagt 
alle Wurzeln, selbst die Knollen, die sich in ihrem Aktionsradius 
befinden. Der Weg ihrer Wanderung ist kein großer, weil die Mutter 
durch den natürlichen Instinkt, der alle Wesen so gut leitet, Sorge 
getroffen hat, ihre Eier im Umkreise von Bäumen oder Nährpflanzen 
abzulegen. Auch innerhalb ihres Milieus, in dem sie sich zu bewegen 
berufen ist, greift sie unterschiedslos Wurzeln von Weinstöcken, 
Oliven, Feigen. Kartoffelknollen oder andere Leguminosenpflanzen 
an, die Wurzeln werden schräg abgenagt und mitunter kreisrund; 
die Kartoffeln werden 1—-2 em tief durchbohrt. — Ende Juli formt sich 
die Larve, ans Ziel ihrer Entwicklung gelangt, im Boden in der Tiefe, 
in welcher sie ihr Dasein zubrachte, einen Kokon, der im Innern glatt 
ist; ist die Arbeit vollbracht, schickt sie sich zu ihrer neuen Meta- 
morphose an, die einige Tage später erfolgt. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 279 


Xambeu beschreibt im folgenden die Puppe und sagt dann 
weiter: 15 Tage genügen ihr, um ihre zweit'z Entwicklung zu vollenden; 
die Imago bekommit erst sehr spät die graue Farbe, die sie charakterisiert, 
sie behält sehr lange eine vollbraune Färbung. Der Käfer kommt 
erst aus dem Boden hervor, wenn die Regenfälle im Herbst den Boden 
locker gemacht haben, und wenn der Regen später kommt, muß ein 
Teil in der Puppenwiege selbst umkommen. Der Käfer ist in der Um- 
gebung von Rıa (Ost-Pyrenäen) nicht selten im Winter und im Früh- 
jahr; er hält sich unter Steinen und Baumrinde auf. 

Beobachtungen an Imagines von Asidinen in Spanien gibt de la 
Brulerie, 1866: Schon im Anfang April erschienen die Asida; wir 
fanden mehr tote als lebende Individuen und auch diese waren fast 
alle beschädigt. Wir machten für die Asida eine ähnliche Beobachtung 
in der Ebene und auf den wenig hohen Hügeln in der Umgegend von 
Malaga und Granada. Nur auf den hohen Gipfeln der Sierra Nevada 
und Guadarrama sahen wir einen Monat später zahlreiche Ver- 
treter dieser Gattung wohlbehalten, die nach ihrem ganzen Aussehen 
zu schließen frisch geschlüpft waren. Im Winter muß man die Asıda 
in den warmen und trockenen Gegenden suchen; ohne Zweifel schlüpfen 
sie dort Ende Herbst aus, um in den ersten Tagen des Frühlings zu 
Grunde zu gehen. Auf den Bergen entwickeln sie sich später und 
halten länger aus. 

Entwicklungsstadien habe ich von den Asidinen nicht kennen 
gelernt und die Beschreibungen, einige wenige gegenüber der Unmasse 
von Formen, lassen in ihrer Ungleichwertigkeit oder wenigstens Un- 
gleichartigkeit keinen Vergleich, geschweige denn Rückschlüsse 
über Verwandtschaftsverhältnisse zu. 

Im großen und ganzen wäre damit unsere Kenntnis von der 
Lebensweise der Asidinen erschöpft, wenn sie nicht infolge der Schäd- 
lichkeit gewisser Asidinenarten in der Landwirtschaft, speziell im Wein- 
bau, erweitert worden wäre. Von Asida-Arten waren bis in die neue 
Zeit keine Rebenfeinde bekannt, doch wohl schon aus der Familie der 
Tenebrioniden verschiedene Opatrum-Arten; erst durch die Be- 
obachtungen Xambeus und Sajös sind wir von der Schädlichkeit 
der Larven von A.jurinei Sol. und der Imagines von A. lutosa Sol. 
im Weinbau unterrichtet. Xambeu beobachtete im Jahre 1895, 
daß in seiner Rebschule zu Ria (O.-Pyr.) 200 Jacquez-Schnittreben 
nicht einmal im Juli treiben wollten. Als er der Ursache nachspürte, 
entdeckte er die Larven von Asiden, und zwar von A. jurinei Sol., 
die die Schnittreben unter der Erde ganz zu Grunde gerichtet hatten. 
Wie wir vorher schon sahen, beobachtete Xambeu die Larven dieser 
Art auch an den Wurzeln von Oliven, Feigen, Leguminosen, auch in 
den Kartoffelknollen, worin sie sich I—2 em tief ins Knollenfleisch 
hineingefressen hatten. Sajö berichtet über die Verwüstungen, ‚die 
die Imago von A. lutosa Sol. in der Weinanlage zu Sarata in Rumänien 
anrichtete, er sagt darüber folgendes: .‚Vor wenigen Wochen ver- 
öffentlichte Herr Prof. Alfred Giard einen Fall, der uns sehr stark 
an denjenigen von Otiorrhynchus populeti Boh. erinnert, von dem ich 


12. Heft 


280 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


im zweiten Teile meines Aufsatzes ‚„Missetäter aus Notdrang‘“ aus- 
führlicher gesprochen habe. Auch hier handelt es sich um einen sonst 
recht seltenen Käfer, der A. /ascicularis Germ. (wahrscheinlich identisch 
mit 4A. lutosa Sol.), welcher nach Angabe von H.Latiere, Direktor 
der Weinanlage zu Sarata in Rumänien, in Imagoform die noch zarten 
Weintriebe vollkommen abschneidet und auf diese Weise sehr großen 
Schaden anrichtet. Ganze Tafeln in der Weinanlage sind durch diesen 
Köfer, den sogar die Entomologen kaum kennen, im wahren Sinne 
des Wortes kahl gefressen. Die Panik, welche durch den Fraß ent- 
stand, bewog den Direktor der Weinanlage, sich an Prof. Giard 
um Rat zu wenden. — Nach dem zu urteilen, was wir durch Xambeu 
über A.jurinei wissen, kann uns kaum ein Zweifel darüber bleiben, 
daß auch die Larven der A. /ascicularis an den Wurzeln der Wein- 
stöcke ebenso wirtschaften wie die entwickelten Käfer. Da diese Art 
nicht nur in der Walachei, sondern auch in Dalmatien, ferner in der 
Dobrudscha und in der Krim vorkommt, dürfte jene Mitteilung süd- 
europäische Gegenden interessieren, um so mehr, da die Larven wahr- 
scheinlich nicht bloß die Weinstockwurzeln, sondern die unterirdischen 
Teile auch anderer Kulturpflanzen angreifen.“ 


Die in diesem Falle in Frage kommende Art ist die A. Iutosa Sol. 
aus Südrußland, die mit der von Sa]6 erwähnten A. fascicularis Germ. 
aus Dalmatien nichts zu tun hat. 


Das Bekanntwerden der Schädlichkeit hat bei der Untersuchung 
der speziellen Verbreitung mancher Asiden eine gewisse Bedeutung 
für mich. Denn bei einigen Fundorten, z. B. der A. sabulosa ist eine 
andere Erklärung für das Vorkommen als ein durch Einschleppung 
in rezenter Zeit bewirktes kaum auszudenken (cfr. p. 305). 


Zur Stammesgeschichte der Asidinen. 


Bei meinen morphologisch-phylogenetischen Untersuchungen war 
für mich nur eine Erkennung der stammesgeschichtlichen Einheit 
kleiner systematischer Gruppen möglich. Beim Vergleich größerer 
Gruppen miteinander versagte die Fülle der Merkmale kritisch voll- 
kommen: denn die Schwierigkeit der Feststellung der phylogenetischen 
Wertigkeit der Merkmale war zu groß. Ob eine Koordination oder 
Subordination der Merkmale vorlag, blieb mir zweifelhaft. Dieselbe 
Schwierigkeit machte sich aber auch oft geltend innerhalb eines kleinen 
Formenkreises beim Vergleich von Formen miteinander, die in naher 
Verwandtschaft zueinander stehen und sich morphologisch sebr ähnlich, 
also nur graduell verschieden sind. Um innerhalb eines solchen Formen- 
kreises, z. B. einer Untergattung, ein Bild der Stufenfolge zu erhalten, 
welche die einzelnen Formen durchlaufen haben, mußte ich versuchen, 
auf anderem Wege vorwärts zu kommen und zwar mit Hilfe eines sorg- 
fültigen Studiums der Verbreitung dieser Formenkreise. 

Die Paläontologie, die bei den Vertebraten so oft zur Klärung 
wesentlicher stammesgeschichtlicher Peziehungen geführt hat, 
versagt aus Mangel an fossilen Funden und infolge ihrer unzureichenden 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 981 


Kenntlichmaebung in unserem Falle vollkommen. Nur ein Spezialist, 
dem ein sehr großes rezentes Vergleichsmaterial zur Verfügung steht, 
wäre außerdem in der Lage, kritische Beschreibungen der Fossilien 
zu liefern und wissenschaftlich zuverlässige Rückschlüsse mit ihrer 
Hilfe zu ziehen. Eine Asidine ist von Wickham 1910 aus dem Miozän 
von Florissant (N.-Am., Colorado) beschrieben worden, drei Formen 
aus dem ÖOligozän von Aix in der Provence. Nach der Diagnose ist 
bei der nordamerikanischen Form, dem Ologlyptus primus Wickh., 
der Mittellappen der Halsschildbasis nach hinten über die Hinter- 
ecken des Prothorax hinaus vorgezogen, was sonst bei den rezenten 
Ologlyptus-Arten nicht der Fall ist. In dieser Hinsicht müßte sie am 
nächsten dem Sicharbas lobatus Champ. aus S.-Mexiko (Guerrero) 
kommen, bei dem der „rounded central lobe‘“ der Halsschildbasis 
beträchtlich nach hinten vorgezogen ist. Es wäre immerhin möglich, 
daß die fossile Ologlyptus-Form einen Übergang von der Gattung 
Qloglyptus Lac. zur Gattung Sicharbas Champ. darstellte, die heut- 
zutage nur noch in einer hochdifferenzierten Art, 8. lobatus Champ., 
vorkommt. Wenn das der Fall wäre, so hätten wir also eine Sicharbas- 
öhnliche Form vor der Eiszeit um die Mitte des Tertiärs viel weiter 
nördlicher verbreitet als heutzutage. Serres beschreibt 1829 seine 
Asidinenformen von Aix in der Provence mit den wenigen Worten: 
„Asida Dejean. Une espece fort rapprochee par sa taille et sa forme 
de l’Asida grisea. Une autre espece de la m&me taille, mais d’une 
forme tres-differente. Une espece d’ Asıda, a corps plus etroit et plus 
alonge que les deux Asida dejäa decrits.‘“ Wenn diese Tiere wirklich 
Asidinenformen sein sollten, so könnten wir wenigstens feststellen, 
daß bereits im unteren Oligozän im S8.-Europa Asidinenformen ver- 
breitet waren. 

Mit einer gewissen Bestimmtheit ließen sich jedoch innerhalb 
kleiner systematischer Gruppen Entwicklungstendenzen mannigfacher 
Art feststellen. Wenn wir mit dem nordamerikanischen Formenkreise 
beginnen, so tritt uns schon hier eine Fülle von Entwicklungstendenzen 
entgegen. Wir sehen, daß sich die Formen immer mehr von dem 
flachen und langgestreckten, opatroiden Typ, den wir noch in Gattungen 
wie Astrotus Lee., Sicharbas Champ., Stenosides Sol. vor uns haben, 
entfernen und einen gedrungeneren und gewölbteren Körperbau 
annehmen, daß die ersteren sekretreiche, die letzteren sekretlose 
Formen sind. Die Formen streben von der ursprünglichen Geflügeltheit 
der Vorfahren weg und entwickeln sich zu reinen Lauftieren. Hand in 
Hand damit geht natürlich eine große Abänderung vieler Merkmale. 
Der sonst kleme Halsschild erhält eine starke Massierung, damit wird 
die Lage des Schwerpunktes nach vorn verlegt, die kurzen Beine bilden 
sich zu langen Laufbeinen um, in Korrelation mit der Umbildung 
dieser Organe schließlich auch alle anderen Teile des Hautskeletts. 
Das Ziel solcher Entwieklungstendenzen sehen wir in den morpho- 
logischen Terminalsprossen, die sich von dem ursprünglichen l'yp 
am weitesten entfernt haben und ganz außergewöhnliche Merkmale 
zeigen. An solchen Terminalsprossen ist der nordamerikanische 


12. Heft 


282 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Formenkreis reich. Als Beispiele möchte ich da nur die Herthasida 
ingens Champ. anführen und dabei auf die Massierung des Halsschildes, 
die Körperwölbung, die hochen:wickelte Rippenbildung der Elytren, 
die langen Laufbeine u. a. hinweisen, ferner nenne ich die Gattung 
Tisamenes Champ., bei der die Seitenränder des Halsschildes in lange 
Fortsätze auslaufen und deren Halsschild und Elytren sich durch 
schön gefärbte Behaarung auszeichnen, letzteres Merkmal weist auch 
die Gattung Ucalegon Champ. auf. Die Gattung Mieroschatia Sol. 
dagegen zeigt im Vergleich zu den übrigen noch relativ primäre Merk- 
male, obwohl ihre Formen an und für sich auch schon wieder hoch- 
differenziert sind. Der Halsschild ist noch relativ klein und einfach 
gestaltet, die Elytren weisen die noch 11 typisch tenebrioniden Punkt- 
reihen auf, die wir sonst bei keinen nordamerikanischen Asidinen mehr 
antreffen. Die Korpergestalt ist flach und länglich. 

Bei den südafrikanischen Formen läßt sich die morphologische 
Entwicklung besonders gut erkennen. In Südafrika werden die Asi- 
dinen durch zwei Gattungen: Afrasida m. und Pseudomachla m. ver- 
treten. Bei der erstgenannten Gattung finden wir in den Untergattungen 
Airasida s. str. und Archasida m. noch den primären, asidoiden 
Charakter entwickelt, der sich hauptsächlich in der abgeflachten 
und langgestreckten Körpergestalt zeigt. Doch schon die Untergattung 
Asidomachla m. weicht nicht unerheblich in ihrem Körperbau von 
diesem asidoiden Typ ab. indem hier der Körper gedrungener und 
gewölbter wird, der für die Gattung Pseudomachla m. durchaus cha- 
rakteristisch ist. Die Untergattung Machloplasta m. von aer Gattung 
Pseudomachla m. stellt schließlich die höchst entwickelten Formen der 
Untergattung Asidomachla m. vor, nur der Besitz von Fühlergruben 
auf der Unterseite des Halsschildes bestimmte mich, die Untergattung 
Machloplasta m. zur Gattung Pseudomachla m. zu stellen, da dies ein 
typisches Merkmal dieser Gattung ist. Die so stark differenzierten 
Formen der Untergattung Pseudomachla s. str. können wir ebenfalls 
ableiten von Formen, die dem asidoiden Typ noch relativ nahe stehen. 
Es sind das Arten, die sich um P. agrestis Per., P. porcella Fähr. und 
P.casperi m. gruppieren. Von diesen relativ einfacheren Formen 
können wir dann zwei Entwicklungstendenzen wahrnehmen, die eine 
führt über Arten wie: P. nodulosa Herbst, P.lita Per., P. serrata F. 
zu den hochdifferenzierten Formen: P. verrucosa Fähr., P. portenlosa m. 
und P. rauca Sol., die sich durch ihre bizarre Gestalt mit den stark 
gewulsteten Halsschildseiten auszeichnen: die zweite Entwicklungs- 
richtung führt über Arten wie P. mendica Fähr., P. pumila m., P. 
ochracea m. zu Terminalsprossen wie P. hamaiicollis Gerst. und 
Machleida nodrlosa FAhr., bei denen die Halsschildseitenränder scharf- 
winkelig nach außen vorspringen und die Rippen der Elytren in einzelne 
stachlige Erhabenheiten aufgelöst sind. — Wenn daher Gebien 
in seiner letzten Arbeit über ‚Käfer aus der Familie Tenebrionidae“, 
Hamburg 1920, auf p. 82 von der ‚offenbar sehr alten Gattung Machla 
mit ihren so stark differenzierten Formen‘ spricht, so hat er über das 
Alter der so stark differenzierten Formen der Gattung Pseudomarhla m. 


geographischen Verbreitung ungeflügelte Tenebrioniden. 283 


eine irrige Ansicht. An sich können wir ja überhaupt nicht von einem 
absoluten Alter von Formen reden, von denen wir keine paläonto- 
logischen Reste kennen: denn ohne Paläontologie haben wir keinen 
Maßstab für die Geschwindigkeit der Entwicklung morphologischer 
Merkmale. Wir können also immer nur von einem relativen Alter 
bei den Asidinen reden. Aber gerade diese so stark differenzierten 
Formen, die nur die Terminalsprosse von Entwicklungsreihen dar- 
stellen und uns infolge ihrer außergewöhnlichen Merkmale durch ihr oft 
bizarres Aussehen altertümlich anmuten, sind in ihrem Alter die relativ 
jüngsten im Vergleich zu den übrigen. 

Der Zweig der mediterranen Asidinen spaltet sich nach 
zwei Richtungen auf, der eine stellt die Gattung Asida Latr., der andere 
die Gattung Alphasida Esc. dar. Die Formen der ersteren Gattung 
umfassen hauptsächlich flache, langgestreckte, opatroide Formen mit 
relativ kleinem Halsschild und Flügeldecken, die reihig angeordnete 
Unebenheiten oder dichte und mehr oder weniger abstehend behaarte 
Rippen zeigen. Es sind sekretreiche, erdfarbene Formen: denn das 
Sekret mischt sich mit der Erde, auf der die Tiere leben und bildet 
einen festen Überzug auf der Oberseite. So zeigen die Tiere häufig die 
Farbe des Untergrundes an, auf dem sie leben, wie z. B. die dalma- 
tinischen Rassen der A. sabrlosa Fuessl. typisch rotbraun gefärbt 
sind. Das kommt daher, daß diese Rassen in Dalmatien auf der Rot- 
erde (terra rossa), dem nach Schubert in den Küstenländern am 
weitesten verbreiteten Gebilde der Quartärformation, leben, wie ich 
den Mitteilungen von Herın Schumacher verdanke, und diese 
Roterde vermischt mit dem Sekret der Tiere einen rotbraunen Über- 
zug auf Halsschild und Elytren bildet. Die zweite Abteilung, die 
Gattung Alphasıda Ese., umfaßt sekretlose, kahle Formen, deren 
Körper in der Regel gedrungener und gewölbter ist und deren Flügel- 
decken Rippen oder gar keine aufweisen; im ersteren Falle sind die 
Rippen ganz glattrandig und unbehaart. Einen deutlich wahrnehm- 
baren Terminalsproß sehen wir in der Untergattung Alphasida s. str., 
wo die Körperoberseite mit feinen, anliegenden, sammetartigen, 
schwarzen oder weißen Streifen auf dem Halsschild oder den Elytren 
versehen ist, was wir sonst bei keiner anderen Untergattung dieser 
Gattung mehr antreffen. 

Von madagassischen Formen habe ich leider zu wenig gesehen, 
als daß ich darüber in morphologischer Hinsicht etwas aussagen könnte: 
ich will daher Chatanav heranziehen, der 1911 über die mada- 
gassischen Asidinen schreibt: “La faune malgache compte un grand 
nomore d’especes d’Asidides, pour la plupart tres localisees. tres rares 
dans les collections et encore mal connues. (es especes forment un 
ensemble des plus intöressants, en ce que l’on peut y suivre la 
differenciation de formes hautement specialisees, & partir de formes 
generales, de nombreux intermediaires 6tant conserves.“ 

Der südamerikanische Formenkreis stellt sich dar in den 
beiden Gattungen: Seotinus Kirby und Cardigenins Sol. Von veiden 
(Gattungen sind erst wenige Arten bekannt, sodaß man auch hier kein 


12. Heft 


284 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


einheitliches Bild von der Gestaltung der Tiere bekommen kann. 
Die Gattung Scofinus Kirby zeichnet sich durch eine gewisse Gleich- 
mäßigkeit im Aussehen ihrer Formen aus, was vielleicht darin seinen 
Grund haben mag, daß diese Formen im Laufe ihrer Entwicklung 
speziellen, wesentlichen Faktoren nicht besonders ausgesetzt waren. 
Bei der Gattung Cardigenius Sol. können wir dagegen bestimmte 
Entwicklungstendenzen wieder wahrnehmen. So stellt die Unter- 
gattung Cardigendbıs s. str. einen relativ primären Typus dar; denn 
ihre Formen zeigen ein breites, wenig gewölbtes Halsschild, ihre Flügel- 
decken sind langgestreckt oval und sehr wenig in der Mitte erweitert. 
Viel höher entwickelt sind die Formen der Untergattung Ellidoneus m., 
deren Körper gedrungener und gewölbter ist, besonders ist der Hals- 
schild fast kugelig gewölbt. Auch die Flügeldeckenskulptur ist bei 
diesen Formen höher entwickelt als bei denen der Untergattung Cardi- 
genius s. str. So zeigt CO. laticollis Sol. noch relativ glatte Flügel- 
decken, wo nur ein Paar Rippen jederseite angedeutet und wenig er- 
habene unregelmäßige Runzeln vorhanden sind. C. yranulatus Fairm. 
dagegen weist 2-3 deutliche Rippen jederseits auf den Elytren auf, 
zwischen denen zahlreiche, körnelige Erhabenheiten stehen, während 
die Flügeldecken von (‘. erinifer Fairm. lang absteherde Borsten tragen. 


Das Vikariieren der Formen. 


Da die wenigen mir aus der Literatur bekanntgewordenen palä- 
ontologischen Funde von Asidinen keinerlei Rückschlüsse stammes- 
geschichtlicher Art zuließen, so war ich gezwungen, mich bei der 
Feststellung stammesgeschichtlicher Zusammenhänge innerhalb 
eines Formenkreises auf die rezenten Formen zu beschränken und 
mußte vor allem darauf bedacht sein, mir Kriterien dafür zu be- 
schaffen, wie man möglichst unter Ausschaltung jedes subjektiven 
Elements in der Erkenntnis die Grade stammesgeschichtlicher Ver- 
wandtschaft feststellen kann. 


Das ist in der Entomologie bisher kaum versucht worden; denn die 
einzige Basis, die man bisher zur Erkennung der Verwandtschaft be- 
nutzte, war vergleichend morphologisch und der Niederschlag dieser 
vergleienend-morphologischen Methode war das System, die syste- 
matische Anordnung. Sobald über die einfache Aneinanderreihung 
der Formen hinausgegangen wurde zur Aufstellung von Stamm- 
baumschemata, hatte man sich stets nur auf ein Kriterium beschränkt, 
das in der vergleichenden Untersuchung der morphologischen Merk- 
male begründet war. Überlegt man sich aber, daß jede Eigenschaft 
eines Individuums (einer Form) mit jeder anderen Eigenschaft 
desselben Individuums (derselben Form) in untrennbarer Korrelation 
verknüpft ist, wodurch also schließlich ein Individuum (eine Form, 
eine Art) nicht in jedem Merkmale für sich, sondern nur als 
Einheit seiner Mermale betrachtet werden kann, so erscheint 
einem die bloße morphologische Grundlage als etwas sehr 
unsicheres. Die Unsicherheit der bloßen morphologischen Schluß- 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden, 285 


methode tritt besonders dann zu:age, wenn nicht nur die stets in ihrem 
Ergebnis nur sehr oberflächliche stammesgeschichtliche Beziehung 
einer Familie zu einer andern Familie, oder einer Gattung zu einer 
andern Gattung untersucht werden soll, sondern besonders, wenn es 
sich darum handelt, die stammesgeschichtlichen Zusammenhänge 
zwischen Arten, Rassen und sonst stark subordinierten Formen fest- 
zustellen. Wie ıch schon ın dem Kapitel über die morphologische 
Stammesgeschichte der Asidinen andeutete, müssen wir dann die 
seographisch-morphologische Methode anwenden, um zur Erkennung 
der wahren systematischen Verhältnisse zu gelangen, d. h. in der Ver- 
wertung der Erscheinung des Vikariierens bei rezenten Formen ein 
weiteres Kriterium zur Aufstellung eines Stammbaumes zu gewinnen 
suchen. 

Eine eingehende Erörterung dieser geographisch-moıphologischen 
Methode giot der Botaniker v. Wettstein in seiner Arbeit über die 
„Grundzüge der geographisch-morphologischen Methode der Pflanzen- 
systematik“, deren Resultate, wie Kuntzen in seiner „Skizze zur Ver- 
preitung einiger flugunfähiger Blattkäfer (Metallotimarcha)‘ schreibt, 
„vollstandig und noch viel allgemeiner auf die Insektensystematik 
und -verbreitung angewendet werden können als auf die Botanik!“ 

Die Anwendung der geographisch-morphologischen Methode bei 
aer Betrachtung polymorpher Formenkreise wird uns in die Lage ver- 
setzen, folgendes festzustellen: 

I. Wenn Formenkreise vikariieren, so ist im allgemeinen der 
Wahrscheinlichkeitsbeweis dafür gefunden, daß ihre Verbreitung 
nicht auf Verschleppung beruht. 

II. Wenn zwei ganz oder teilweise in dem gleichen Gebiete ver- 
preitete Formenkreise vorhanden sind, die in eine mehr oder weniger 
große Zahl von Rassen zerfallen und vor allem in ibren äußeren Eigen- 
schaften sehr ähnlich sind, so ermöglicht die genaue Untersuchung 
der Vikariationsareale die Erkennung der Zusammengehörigkeit 
der einzelnen Rassen der beiden Formenkreise und damit die Erkennung 
der stammesgeschichtlichen Einheit jeder der beiden Formenrkreise, 
d. h. unmittelbareren Verwandtschaft innerhalb der beiden Formen- 
kreise. Das gilt auch für mehr als zwei zugleich auftretende Formen- 
kreise. Immer ist die erste Voraussetzung die Erkennung der morpho- 
logischen Verwandtschaft bis zu dem Reste, daß das Vikariieren noch 
übrigbleibt. So wird der Grad der Verwandtschaft mit Hilfe des 
Vikariierens festgestellt. 

III. Allgemein ist die Feststellung der Erscheinung des Vikariierens 
innerhalb einer Reihe von Formen, deren nahe morphologisch-syste- 
matische Verwandtschaft einigermaßen gut erkennbar ist, ein weiterer 
Beweis für die Einheit der Stammesgeschichte dieses Formenkreises 
(er bildet einen Zweig für sich); das Vikariieren ist also ein Kriterium 
fur die Erkennung der stammesgeschichtlichen Zusammengehörigkeit 
von Formenkreisen, gefunden mit hilfe von Verbreitungstatsachen, 
das den äuf vergleichend systematisch-morphologischer Grundlage 
gewonnenen Kriterien parallel läuft. Zwei auf verschiedenen Grund. 


12, Heft 


I86 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


lagen basierenae Kriterien vereinigen sich also zu einer sicheren Schluß- 
folgerung für die stammesgeschichtliche Zusammengehörigkeit. 

v. Wettstein sagt hierzu: „Wir werden aus dem gegenseitigen 
Ausschluß der Sippenareale bei großer morphologischer Ähnlichkeit 
und der Existenz nicht hybrider Zwischenformen auf Sipppen schließen 
können, welche aus gemeinsamen Stammformen in jüngster 
Zeit (zumeist nach der Eiszeit) entstanden sind.“ (v. Wettstein 
spricht hier von europäischen Formenkreisen!) 

IV. Wenn zwei oder mehr, ganz oder teilweise in dem gleichen Areal 
verbreitete, in eine mehr oder weniger große Zahl von lokalisierten 
Rassen zerfallende, in ihren morphologisch-systematischen Eigen- 
schaften recht ähnliche Formenreihen vorkommen, so ist in der Mehr- 
zahl der Fälle, ja fast allgemein, eine unmittelbare Verwandtschaft 
dieser Formenkreise nicht vorhanden, sie gehören verschiedenen 
Vikariantenreihen an. v. Wettstein äußert darüber, daß alle mono- 
graphischen Bearbeitungen polymorpher Pflanzengruppen, welche 
tiefer in die Systematik der Spezies eindrangen, wenn sie auch nicht 
unter den von ihm vertretenen Gesichtspunkten ausgearbeitet wurden, 
deutlich gezeigt haben, daß ‚in fasö Jeder Gattung nicht wenige Sippen 
existieren, welche strenge gegenseitige Vertretung in benachbarten 
Gebieten mit großer morphologischer Ähnlichkeit verbinden, daber 
große Verwandtschaft mutmaßen lassen, daß ferner stets unter gleichen 
äußeren Standortsbedingungen in demselben Gebiete vorkommende 
Sippen auch morphologisch sich als weniger verwandt er- 
weisen.‘ Ist das nicht der Fall, so bleibt nur übrig, daß wir eine sehr 
junge Mischungszone an der Peripherie der Verbreitungsgebiete 
vor uns haben, oder sogar die Stelle der rezenten Aufspaltung von 
zwei Formen aus einer der beiden, die dann die phylogenetisch ältere ist. 
Als Kriterium, welche die ältere ist, versagt beim Fehlen des Experiments 
die vergleichend-morphologisch-systematische Erkenntnis bei un- 
mittelbar verwandten Formen stets, doch ist sehr oft die Kenntnis 
der Verbreitung ein Kriterium für die Feststellung des Alters der 
Formen. Dieses ist dann vorhanden, wenn bei einer stetigen Ver- 
breitung des gesamten, unmitlelbar zusammengehörigen Formen- 
kreises die eine der beiden Formen peripher zum Gesamtverbreitungs- 
gebiet verbreitet ist — sie ist fast allgemein die jüngere — oder wenn 
sich, falls die Eigenschaft der peripheren Verbreitung nicht deutlich 
erkennbar ist, nachweisen läßt, daß eines der beiden in Frage kommen- 
den Gebiete jünger besiedelt worden ist als das andere, das jünger 
besiedelte Gebiet enthält fast stets auch die jüngere Form. 

Nachdem ich im vorhergehenden die Prinzipien darzulegen ver- 
sucht habe, von denen die Verwertung der geographisch-morphologischen _ 
Methode für Zwecke der Systematik der Arten und Rassen ausgeht 
und die Resultate angegeben habe, welche in dieser Hinsicht überhaupt 
erreichbar sind, möchte ich aus der von mir genauer bearbeiteten 
Gruppe der Asidinen einige Beispiele anführen, um eine Vorstellung 
davon zu geben, wie sich in der Praxis die Verwertung der als richtig 
erkannten Prinzipien gestalten wird. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 287 


Der unter I. genannte Grundsatz bedarf wohl kaum eines Be- 
weises, da seine Selbstverständlichkeit ohne weiteres einleuchtet. 


Für den unter II. angeführten Grundsatz lassen sich eine große 
Anzahl Belege aus der Verbreitung der spanischen Arten erbringen: 
denn gerade Spanien birgt in ein und demselben Gebiete oft eine große 
Anzahl von Arten verschiedener Formenkreise, auch in Nordafrika 
liegen die Verhältnisse ähnlich, jedoch ermöglicht die mangelhafte 
Kenntnis der Verbreitung der einzelnen nordafrikanischen Arten 
noch keine genaue Erkennung der Vikariantenreihen. 


Durch die monographische Bearbeitung der Untergattung @lo- 
basida Esc. der Gattung Asıda Latr. durch Escalera sind wir über 
die Verbreitung der Arten und Rassen dieser Untergattung genau 
unterrichtet. Wir können mit Hilfe der vergleichenden Morphologie 
fünf Formenreihen erkennen, nämlich: 1. Formenreihe der A. sinuati- 
collis Sol., 2. Formenreihe der A.curvatipennis Esc., 3. Formen- 
reihe der A.oblonga Ramb., 4. Formenreihe der A.cincta Rosenh., 
5. Formenreihe der A. cartagenica Esc. 


Die 1. Formenreihe, die die Arten 4. sinuaticollis Sol, und 
4. mauritana Ese. umfaßt, ist über Nordafrika, die vier übrigen über 
die baetische Zone Spaniens verbreitet. In dem von Escalera für 
diese Untergattung aufgestellten Stammbaum werden die nord- 
afrikanischen Arten alstertiäre Arten von allen übrigen als posttertiären 
Arten abgetrennt, da sie einen primitiveren Halsschildbau als die 
übrigen spanischen Arten zeigen. Nur eine Art aus dem Formenkreise 
der A.cincta Rosenh.: A. deformis Esc. von Valencia hat diesen 
primitiveren Charakter noch bewahrt, sie steht morphologisch etwas 
abseits von den übrigen spanischen Arten. Die zu der 2. Formenreihe 
gehörigen Formen wurden von Escalera als selbständige Arten 
betrachtet, in Wahrheit sind es vikariierende Rassen einer einzigen 
Art, der A. curvatipennis Esc., deren Verbreitungsgebiet das der zu 
ihr gehörenden Rassen umfaßt. Die Verbreitung der A. curvatipennis 
Esc. und ihrer Rassen ist folgende: 2. A.c. subsp. curvatipennis Ese.: 
Cartagena, Mazzaıön, Murcia, Lorca, Velez Rubio, Huercal Overa, 
Garrucha. — subsp. schrammi Ese.: La Muela (Cartagena). — subsp. 
setigera Gebien: Mazzaıdn, Aguilas, Sierra Almagrera, Vera. —- subsp. 
dubiosa Ese.: Tijola. — subsp. yuadrata Esc.: Garrucha, Sierra Cabrera. 

Die 3. Formenreihe setzt sich ebenfalls aus vikariierenden 
Rassen einer einzigen Art, der A. oblonga Ramb. zusammen, ihre Ver- 
breitung ist folgende: 3. A.o. subsp. oblonga Ramb.: Granada, Huejar, 
Alfacar. — subsp. hacaresensis Esc.: Tetica de Bacares, Castril. — 
subsp. intermedia Esc.: Lorca, Velez Rubio, Sierra de Maria. — 
subsp. /rigida Ese.: Puerto de la Rägua, Cerro de Caballo, Sierra 
Nevada. — subsp. rotunda Ese.: Bobadille. — subsp. novissima Ese.: 
Pozuelo de Calatrava (Ciudad Real). Diese Rasse hat ein isoliertes 
Vorkommen insofern, als ihr Verbreitungsgebiet jenseits der baetischen 
Zoneliegt, ihr Anschluß könnte vielleicht auch innerhalb der 4. Formen- 
reihe gesucht werden, und zwar bei A. sequrensis Esec. 


12 Heft 


88 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Die 4. Formenreihe weist in sich eine nicht so geschlossene Ver- 
breitung wie bei der 2. und 3. auf, da sich zwischen die Areale ihrer 
Arten die Verbreitungsgebiete der 2. und 3. Formenreihe einschieben. 
Die 4. Formenreihe setzt sich aus folgenden Arten zusammen: 


A. mollicoma Reitt.: Algeciras. — A.cincta Rosenh.: Malaga, Mijas, 
Santopilar. — A.nerjensis Esc.: Nerja, Lanjarön, Brafuelas. — 


A. segurensis Esc.: Alcantarılla, Las Minas, Hellın, Jumilla, Ontur, 
Tobarra, Nerpio, Molinicos, Ayna, Pefüas de San Pedro, Casas de 
Läzaro. — A.delormis Esc.: Valencia, Alginet, Torrente, Burjasot, 
Carcagente, Alcoy. 

Zwischen die Verbreitungsgebiete der drei ersten und der beiden 
jetzten Arten schieben sich die 2. und 3. Formenreihe ein. 


Die 5. Formenreihe setzt sich aus den Arten A. almeriana Esc. 
von Almeria und A. cartagenica Esc. von Torrevieja, Murcia, Orihuela 
zusammen, deren Areale weit voneinander getrennt sind. Ihre 
Zwischenformen müssen unter den anderen Formen gesucht weıden. 


Das angeführte Beispiel soll uns zeigen, daß neben der Prüfung 
der morphologischen Verhältnisse, die uns zu der Einteilung in die 
fünf Formenreihen veranlaßt hat, die genaue Untersuchung der 
Vikariationsareale die Erkennung der Zusammengehörigkeit der 
einzelnen Formen innerhalb der fünf Formenkreise gewisser macht. 


Wie ich unter III. gesagt habe, kann man auch mit Hilfe von Ver- 
breitungstatsachen einen Beweis für die Einheit eines Formenkreises 
finden, vorausgesetzt natürlich, daß die zu diesem Formenkreise ge- 
horigen Formen als morphologisch miteinander verwandt erkennbar 
sind. 

Es ist ja für mich nur notwendig, das ausgeprägte Vikarlieren 
bei einigen Asiden einmal bis ins einzelne anzugeben. A. sabulosa 
Fuessl., die ich am Schluß meiner Arbeit ausführlicher bespreche, 
ist unstreitig das vollkommenste Beispiel. Das Gleiche gilt fast auch 
für den A. grisea-Formenkreis. Von den Rassen des Toscanischen 
Archipels habe ich bereits auf p. 258 gesprochen, auf Korsike tritt die 
Erscheinung der Vikarianz infolge mangelhafter Fundangaben trotz des 
„Catalogue critique des Coleopteres de la Corse‘“ von Sainte-Clair- 
Deville richt klar hervor, dafüraber können wir sehr gut auf Sardinien 
die vikariierenden Rassen der A. grisea F. erkennen. «Es sind dies in 
der Landschaft Sassarı: A. rustica Gene von Tempio—Sassari — 
S. Cosimo—Gonnos—Tissi mit f. piriensis Leoni v. Monte Piri, 
f. exculpta Baudi v. S. Cosimo, Sassarı, f. undulata Leoni v. Gonnos, 
A.doderoi Leoni v. Golfo Aranci, A. dorgaliensis Leoni v. Dorgali, 
A. sardoa Leoni v. Orune. In der Landschaft Cagliari schließen 
sich an: A.glacialis Gene v. M. Gennargentu-Aritzu mit f. solarii 
Leoni v. M.S. Antonio, A.combae Gene v. Tacquisare, Sanabus, 
Monte Selle-fratelli mit f. prorima Leoni v. Seui, A.genei Sol. v. 
Cagliari—Seui— Gonnos— -Sadali mit f. australis Baudi v. Porri— 
Quarto, f. dominula Reitt. v. Cagliari, f. iqnorata Reitt. von. Sardinien, 
A. solieri Gen& v. Monte Iglesias. Korsika und Sardinien gemeinsam 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 289 


ist A. corsica ÜCast., die auf Sardinien nur im Norden über die Land- 
schaft Sassari verbreitet ist, woraus wir vielleicht schließen dürfen, 
daß diese Art einst einem einzigen Abflußgebiet der ehemaligen „‚Tyrr- 
henis‘“ angehörte; die sizilianische Art Ar goryi Sol. von Messina, 
Palermo und den Madonie ist ebenfalls eine Vikariante des grisea- 
Formenkreises. 

Der IV. Grundsatz bildet eine Bestätigung des zweiten nach der 
negativen Seite hin. Wir haben zwar im Falle @lobasıda Ese. eine Zu- 
sammengehörigkeit der Formen dieser Untergattung unter sich fest- 
gestellt, doch steht dieser Formenkreis in weiterer Verwandtschaft 
mit Formenkreisen, die in demselben Gebiete verbreitet sind und deren 
Formen unter sicb wieder eng zusammengehören. So sind die Unter- 
gattungen Gracilasıda Ese. und Planasida Esc. der Gattung Asida Latr. 
zum großen Teil ebenfalls über die Landschaften Granada, Murcia 
und Valencia verbieitet, ihre Vertreter vikariieren gleichfalls für- 
einander, abeı jeder dieser Formenkreise bildet eine stammesgeschicht- 
liche Einheit für sich. Das Gleiche ist in dem Verbreitungsgebiete der 
Nominatrasse von A. sabulosa Fuessl. der Fall. Diese Rasse ist über 
Spanien, Frankreich, die Alpen, Italien verbreitet, in demselben 
Gebiete kommen noch fünf sabulosa-ähnliche Formen vor, die sich durch 
ihre Vikarianz als nahe miteinander verwandt zeigen. Es sind dies 
A. sericea Ol. aus Spanien (Meseta) und den Östpyrenäen, A. jurinei 
Sol. aus Spanien, Frankreich, Italien, A. dejeani Sol. aus der Pro- 
vence, A.ligurica Baudi von San Remo und Bussana, 4. qrisea F. 
aus Italien. Diese fünf Arten stehen in engerer Verwandtschaft zu- 
einander als zum sabulosa-Formenkreise. Trotzdem kann es vorkommen, 
daß Formen desselben Gebietes sehr eng miteinander verwandt sind. 
Wir haben dann entweder eine Mischungszone von Formen vor uns, 
wo die Grenzen der Vikariationsaraele noch nicht scharf ausgeprägt 
sind oder aber die Stelle der rezenten Aufspaltung von zwei Formen 
vor uns. Ein Beispiel für den erstgenannten Fall kann uns wieder die 
Untergattung @lobasida Ese. bieten, wo aus der zweiten Formenreihe 
die A. curvatipennis Esc. über das Gebiet drei ihrer Rassen verbreitet 
ist, die curvatipennis Esc. hat sich also noch nicht isoliert, sondern 
unterliegt der Mischung mit anderen Formen. 


Für den zweiten Fall könnte ich einen Fall aus dem sabulosa- 
Formenkreise erwähnen, wo sich die Verbreitungsgebiete der Nominat- 
rasse mit dem der pirazzolii-Rasse decken. Das hat seinen Grund 
offensichtlich darin, daß wir in dem Abruzzen ein rezehtes Aufspaltungs- 
gebiet vor uns haben, wo die Tiere der einen Rasse mit denen der 
anderen zusammenstoßen und erst im Begriffe sind, sich voneinander 
zu isolieren. 


Eine eigenartige Erscheinung ist es bei einer ganzen Reihe von 
Fällen in allen Verbreitungsgebieten der Asidinen, daß nach der Peri- 
pherie des Verbreitungsgebietes hin die Zahl der Reihen vikariierender 
Arten abnimmt. Im allgemeinen kann ich annehmen, daß diese peri- 
pheren Gebiete, in denen diese Erscheinung besonders deutlich auf- 


Archiv für Naturgeschichte 
1921. A. 12. 19 12. Heft 


290 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


tritt, — in der Weise, daß nur eine einzige Form vorhanden ist, — 
(Gebiete jüngster Besiedlung sind. Als Beispiele kommen hier in Frage: 
Osteuropa, Griechenland, Öyrenaica und Ägypten, S.-Marokko, Nord- 
und Mittel-Frankreich, Schweiz, Deutschland, Ostafrika, Süd-Mexiko 
und im Norden Kansas. 


Verwertung der Beiunde für die Paläogeographie. 


Auf Grund der Kenntnis von der rezenten Verbreitung der einzelnen 
Formenkreise der Subtribus Asidini können wir uns oft ein Bild der 
geologischen Vergangenheit rekonstruieren, das uns die jetzige, teil- 
weise recht zusammenhanglose Verbreitung der Formen innerhalb 
eines Formenkreises verständlich macht. Wie ich eben schon zeigte, 
begegnen wir ständig bei den Asidinen der Erscheinung des vollständigen 
geographischen Vikariierens der einen Form für die andere innerhalb 
der einzelnen Formenreihen. Besonders an Hand der Verbreitungs- 
daten der paläarktischen Asidinen, als einer der am besten durch- 
forschten Gruppen, kann man sich sehr deutlich über diese Tatsache 
orientieren. Diese Erscheinung des vollständigen geographischen 
Vikariierens der paläarktischen Formen läßt uns das Alter dieser 
Formen oft relativ sicher bestimmen. v. Wettstein sagt: „Im all- 
gemeinen werden sich also zwei Kategorien von Sippen der europäischen 
Flora unterscheiden lassen, einerseits Sippen, die in gleicher Form 
schon vor der Eiszeit existierten, die entweder dieselbe in Europa 
überdauerten oder nach Ablauf der Eiszeit in unveränderter Form 
hier einwanderten; es sind dies die älteren Sippen, andererseits Sippen, 
welche erst nach Eintritt oder Ablauf der Eiszeit hier entstanden sind, 
jüngere Sippen. In die letzte Kategorie werden alle zählen, deren heutige 
Verbreitung noch genau die Verhältnisse ihres Entstehens wider- 
spiegeln, da durch die Eiszeit notwendigerweise eine Störung dieser 
klaren Verhältnisse eingetreten wäre, wenn die Entstehung dieser 
Formen auf die Zeit vor Eintritt der ersten Glazialperiode zurück- 
zudatieren wäre. Wenn wir also Sippen finden, welche bei großer 
morphologischer Ähnlichkeit durch scharfen Ausschluß ihrer Areale 
und durch morphologische Zwischenformen sich nach dem früher Ge- 
sagten als jüngste Sippen erweisen, so können wir annehmen, daß es 
sich um Typen handelt, welche nach Ablauf der Eiszeit entstanden 
sind; ihre Stammformen, sowie ihr Entwicklungsgang werden sich 
mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Geschichte des betreffenden 
Gebietes während der Diluvialzeit im Zusammenhalte mit dem morpho- 
logischen Bau enträtseln lassen.“ Wir sind zwar der Überzeugung, 
daß vor der maximalen Vereisung bereits Asidinen in Europa ver- 
breitet waren, doch werden diese Formen im nördlichen und mittleren 
Europa durch die Hauptvereisung teils zum Aussterben, teils zum 
Abwandern nach dem Süden gebracht worden sein, wo sie in den 
Gebirgen Südeuropas in geschützter Lage und südlicher Exposition 
durchhalten konnten. Zur Ausbildung der rezenten Vikariantenreihen 
kann es jedoch, wie wir später bei Besprechung der Verbreitung von 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 291 


A. sabulosa Fuessl. sehen werden, erst nach der Hauptvereisung ge- 
kommen sein, da durch diese notwendigerweise eine Störung der 
klaren Verhältnisse, wie wir sie jetzt haben, eingetreten wäre. Das 
genaue Studium der rezenten Verbreitung der paläarktischen Formen 
wird uns also Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des mediterranen 
Gebietes zur Diluvialzeit ermöglichen. 

Zahlreich sind die Beziehungen, die zwischen nordafrikanischen 
und südspanischen Formen der Gattungen Alphasida Esc. 
und Asida Latr. bestehen. Es sind nicht nur Arten, die beiden Ländern 
gemeinsam sind, wie z. B. Alphasıda puncticollis Sol., Asida inquinata 
Rosenh., Asida ruficornis Sol. usw., sondern auch solche, die entweder 
nur in Nordafrika verbreitet sind und Vikarianten zu spanischen 
Formen darstellen, wie z. B. in den Untergattungen (rlobasida Esec. 
und Planasida Esc. oder umgekehrt, wie z. B. in der Untergattung 
Pedarasida Reitt. In Südspanien sind die Arten fast ausschließlich 
über die baetische Region verbreitet, in W.-Andalusien fehlen sie, 
da dort Alluvialboden vorherrscht, den die montanen Tiere meiden; 
in Nordafrika erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet von Ceuta über 
Oran bis Algier und weiter ostwärts. Aus den zwischen südspanischen 
und nordafrikanischen Formen bestehenden Zusammenhängen müssen 
wir auf eine ehemalige Landverbindung schließen, die den Formen- 
austausch zwischen Spanien und Afrika gestattete. Nach Douville 
müssen noch im Pleistozän nach Öffnung der Straße von Gibraltar, 
die Anfang des Pliozäns erfolgte, mehr oder weniger vorübergehende 
Verbindungen zwischen Europa und Afrika bestanden haben, auf 
Grund von Funden fossiler Wirbeltierreste lassen sich solche zumindest 
im zweiten und vierten Niveau des Felsens von Gibraltar nachweisen, 
die dem ersten und zweiten Interglazial entsprechen würden. Durch 
welchen Teil des Mittelmeeres zwischen der ıberischen Halbinsel und 
Nordwestafrika diese Verbindungen gingen, wissen wir noch nicht 
genau. 

Weitere Beziehungen sehen wir zwischen balearischen und 
spanischen Formen aus den Gegenden von Valencia und Murcia. 
Teils sind diese Formen beiden Ländern gemeinsam, wie z. B. Asida 
jurinei Sol., teils endemisch auf den Balearen, wie Asida barceloı 
Perez, A. moraquesi und planipennis Schauf., sowie A.reichei Alld. 
Letztere zeigen durchweg eine hohe Differenzierung gegenüber ihren 
Vikarianten auf dem Festlande, die entweder nur durch die Annahme 
besonderer biologischer Verhältnisse dieser Inselgruppe oder durch 
eine frühzeitig erfolgte Abtrennung vom Festlande erklärlich wird. 
Die Balearen, die nach Douvill& einen Teil der subbätischen Region 
darstellen, werden vom Festlande aus wahrscheinlich auf der Ebro- 
Jucar-Scheide besiedelt worden sein. Nach Arldt ist die Abtrennung 
vom Festlande kaum vor das Diluvium zu setzen. 

Die auf der Insel Korsika verbreiteten sechs Asida-Arten stehen 
in engster morphologischer Verwandtschaft mit der auf dem Fest- 
lande über Toscana, Umbria, Marche und Latium verbreiteten A. grisea 
F. Ein Bindeglied zwischen der Festlandsform und den korsikanischen 


19% 12. Hon 


292 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Formen stellen die auf den der Landschaft Toscana vorgelagerten 
Inseln verbreiteten Arten dar, nämlich: A. tyrrhena lLeoni und A. ob- 
literata leoni von der Insel Gorgora, A. insularıs Leoni von den Inseln 
Formiche di Grosseto und Pianosa, A.gestrov Leoni von der Insel 
Montecristo und A.doriae leori von der Insel Giglio. Sowohl die 
korsikanischen als auch die Formen des toskanischen Archipels sind 
Vikarianten der A. grisea F. des Festlandes. Weiter gehören zu dem 
Formenkreis der letztgenannten Art die neun sardinischen Arten, 
die sich einheitlich an die korsikanischen Arten anschließen, eine von 
ihnen, A.corsica Cast., ist beiden Inseln gemeinsam. 

Die relative Einheitlichkeit der korsikanisch-sardinischen, sowie 
der Formen des toskanischen Archipels, die nahe morpbologische 
Verwandtschaft dieses Formenkreises zur A. grisea F. des Festlandes 
lassen es als sehr wahrscheinlich erscheinen, daß ursprünglich eine 
Verbindung zwischen Toskana und Korsika bestanden hat, auf der die 
Besiedelung von der A. grisea F. recht nahe stehenden Formen von- 
statten ging. Nach Arldt erfolgte eine solche Verbindung erst in der 
Diluvialzeit, während einer Eiszeit, sodaß Aretomys nach den Inseln 
kam. Die Verbindung war nur von kurzer ‚Dauer, sie löste sich bald 
wieder. Die ganze Pliozänzeit hindurch wird die Insel isoliert gewesen 
sein. Wöährend einer Glazialperiode werden wohl kaum Asidinen 
nach Korsika gelangt sein, da die Besiedelung ja nur auf den Wasser- 
scheiden erfolgen konnte. Vielmehr ist anzunehmen, daß Asidinen 
kurz vor oder nach einem solchen Glazial vom Festlande nach Korsika 
vordrangen. Ferper können wir aus der außergewöbnlich hohen Arten- 
ziffer sowie der schon oben konstatierten, engen Zusammengehörig- 
keit der korsikanisch-sardinischen und der Formen des toskanischen 
Archipels schließen, daß die jeizigen Inseln Korsika und Sardinien 
früher eine einheitliche Insel von weit größerem Umfange bildeten, 
die wie oben erwähnt, mit Toscana im Zusammenhange stand. Auf 
diese Weise wird die relative Einheitlichkeit des korsikanisch- 
sardinischen Formenkreises verständlich, und eine Erklärung für 
die sehr hohe Artenzahl auf Korsika und Sardinien werden wir viel- 
leicht darin erblicken können, daß beim langsamen Zerfall der ‚‚Tyr- 
rhenis“, wo ein Stück Land nach dem andern ins Meer versank, die 
Tiere nach und nach auf die noch übrigbleibenden Reste zusammen- 
gedrängt wurden. Vikarianten der A. grisea F. lassen sich noch über 
Korsika— Sardinien hinaus auf Sizilien und in Nordafrika fest- 
stellen. Auf Sizilien finden wir die A. goryi Sol. von Palermo, Madonie 
und Messina, die in nächster Verwandtschaft mit A. genei Sol. von 
Sardinien steht und deutlich ihre Zugehörigkeit zum korsikanisch- 
sardinischen Formenkreise erkennen läßt. Aber auch bei den Arten 
A. minima Reitt. von der Insel Lampedusa und A. inaequalis Sol. 
und A. abrupta Fairm. von Algerien ist dies der Fall, so daß man aus 
der morphologischen Verwandtshaft dieser Formen schließen kann, 
daß ehedem eine Verbindung Korsika—-Sardinien— Sizilien— Nord- 
afrika bestanden haben mag. Einen weiteren Beweis für die Existenz 
dieser hypothetischen Landbrücke liefert die Verbreitung der Unter- 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 293 


gattung Pedarasıda Reitt. aus der Gattung Alphasida Esc. Diese 
Untergattung umfaßt außer südspanischen auch marokkanische und 
algerische Arten, ferner gehören in diese Untergattung: A. cossyrensis 
Reitt. von der Insel Pantelleria, A. syriaca Alld. von Malta und A. grossa 
Sol. von Sizilien, von der zwei Exemplare auch aus Sardinien in der 
Sammlung des B.M. stecken. Im Gegensatz zu der nord-südlichen 
Ausbreitung des grisea-Formenkreises ist die Untergattung Pedarasida 
Reitt. von Nordafrika nordwärts auf der hypothetischen Landbrücke 
vorgedrungen, die demnach auch die Inseln Pantelleria und Malta in 
sich schloß. Arldt schreibt über diese Landverbindung: ‚daß der 
Zusammenhang Siziliens mit Europa im Pliozän und wahrscheinlich 
im Diluvium noch bestanden hat, zeigt das Vorkommen von Lupus, 
Vulpes und Ursus arctos in den Knochenhöhlen von Palermo, die 
z. T. diluviale Reste enthalten. Dagegen muß Sizilien schon früher 
von Nordafrika getrennt worden sein, da der Wolf dieses nicht erreicht 
hat. (Ein sehr gewagter Schluß! D. Verf.) Diese Trennung muß auch 
nach der Verteilung der Mollusken noch im Pliozän, aber jedenfalls 
ganz an dessen Ende erfolgt sein, und zwar scheint die letzte Landbrücke 
nicht über die ägatischen Inseln gegangen zu sein, die sich selbständig 
von dem Hauptlande abgelöst haben.“ Die Frage über den Zeitpunkt 
der Existenz einer Landverbindung Nordafrika— Sizilien— Tyrrhenis 
offen lassend, kann ich noch weitere Fälle von nordafrikanischen 
und sizilianischen Beziehungen bei der Gattung Alphasida Ese. an- 
führen. Da kommt von der Untergattung Dwrasida Reitt., die aus- 
schließlich algerische Formen enthält, eine Art, A. himerera Reitt. 
auch auf Sizilien vor; die Verbreitung von A. punctieollis Sol. wird 
angegeben: Spanien, Algerien, Tunis, Sizilien; A. tuberculata Alld. 
ist sowohl in Algerien wie auf Sizilien verbreitet usw. Eine auffällige 
Tatsache ist es, daß weder Formen, die in nordsüdlicher Richtung, 
noch solche, die umgekehrt ihre Verbreitung über diese hypothetische 
Landverbindung nahmen, heutzutage in Kalabrien vorkommen, 
woraus man wohl schließen darf, daß zu jener Zeit bereits eine Meeres- 
straße östlich Sizilien existierte, die Kalabrien von Sizilien trennte. 

Durch die Arbeit von J. Müller über die ostadriatischen 
Asida Arten werden wir zu der Annahme einer weiteren hypothet'schen 
Landbrücke gebracht. Dr. Müller besitzt in seiner Sammlung einen 
Flügeldeckenüberrest einer Asida von der Insel Pomo (westl. von 
Lissa in Dalmatien), der, von Dr. Kammerer gefunden, in allen wesent- 
lichen Merkmalen mit A.sabulosa Fuessl. subsp. pubipennis Müll. 
von der Insel Cazza (südöstl. von Lissa) übereinstimmt, ‚nur ist die 
Grundbehaarung der Flügeldecken noch heller, weißlich gefärbt 
und daher sehr auffällig.‘‘ Er hält es demnach für sehr wahrscheinlich, 
daß ‚‚die Pomoform infolge der reichlichen, greisen Pubeszens der 
Flügeldecken mit der f. piligera Leoni von A. sabulosa Fuessl. subsp. 
bayardı Sol. von den Tremiti-Inseln zusammenfällt.“ Wir hätten 
damit cine italienische Rasse der A. sabulosa Fuessl. mit typisch 
transadriatischer Verbreitung, die die Annahme eines direkten 
Faunenaustausches zwischen Unteritalien und der Balkanhalbinsel 


12. Heft 


294 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


über die hypotaetische Adriatisbrücke hinweg nahelegt. Den mög- 
lichen Verlauf dieser Landverbindung gibt uns Lehrs in seinem Auf- 
satz „Eine zoologische Sammelreise nach der Insel Pelagosa und 
entlegeneren Küstengebieten der Adria“ in einer Skizze nach Groller 
v. Mildensee. Diese Skizze veranschaulicht uns den Verlauf des 
dalmatischen Küstengebirges, das in seinem Streichen fünf Systeme 
erkennen läßt, nämlich 1. System Veglia-Cherso, 2. System Grossa, 
3. System Brazza—Solte—Zirona, 4. System Lesina—Lissa— 
S. Andrea Pomo—Secca Pomo und schließlich 5. System Sabioncello, 
Meleda— Curzola, Lagosta - (azza — ‚Pelagosa — Pianosa — Tremiti — 
Mte.-Gargano — Apennin. Das 4. und 5. System gäben vielleicht 
den ehemaligen Verlauf der Landbrücke an. Über ihr Alter sind 
sich die Geologen keineswegs einig; denn R. Schubert sagt: ‚Die 
nördliche Adria lag (während des Diluviums) trocken, da das Meer erst 
postdiluvial vordrang; ob jedoch der „Einbruch“ der nördlichen 
Adria postdiluvial oder, wie A. Grund vertritt, vorpliozän erfolgte, 
ist noch nicht entschieden.“ Auch Holdhaus in seiner ‚„Coleopteren- 
und Molluskenfauna des Monte Gargano“ kommt zu dem Ergebnis, 
daß das Alter dieses Adriatisfestlandes fraglich bleibt. Er schreibt 
nämlich: ‚‚Auf Grund geologischer und biogeographischer Tatsachen 
wurde durch Stache, Neumayr, Suess, Kobelt, Beck v. Man- 
nagetta u. a. die Theorie vertreten, daß in junger geologischer Ver- 
gangenheit, vielleicht noch während der Quartärzeit, ein zusammen- 
hängendes Festland sich von Unteritalien quer über die Adria hinweg 
nach Dalmatien erstreckte. E. Suess nannte diese hypothetische 
Landbrücke ‚Adriatis“. Der Mte. Gargano an der Ostküste von 
Italien ist als ein stehengebliebener Pfeiler dieses Adriatisfestlandes 
aufzufassen. Das Alter dieses Adriatisfestlandes bleibt fraglich. Der 
vielfach vertretenen Anschauung, daß diese Landverbindung bis in 
die Quartärzeit andauerte, werden durch Tellini und A. Grund 
einige, wohl nicht zwingende Argumente entgegengehalten. Nach 
A. Grund mag während der Miozänzeit ein transadriatisches Fest- 
land bestanden haben, das aber bereits um die Wende von Miozän 
und Pliozän in die Brüche ging.“ 

Die in den Küstenländern Österreich-Ungarns verbreiteten ost- 
adriatischen Rassen der A. sabulosa Fuess]. finden sich fast durchweg 
auch auf den istrischen und dalmatinischen Inseln, wobei es auf 
den Da häufig zu selbständigen Rassenbildungen kommt 
(z. B. subsp. braltiensis, pubipennis und meledana Müll.). Die Ab- 
trennung dieser zahlreichen Inseln und Inselchen vom Festlande ist 
sicherlich sehr jungen Datums. R. Schubert sagt darüber: ‚Infolge 
des quartären Eindringes der Adria in ein in Senkung begriffenes 
in vielfache, langgestreckte Falven gelegtes Gebiet ist es leicht ver- 
ständlich, daß es dabei zu einer überaus reichen Küsten- und Insel- 
gliederung kam, bei der zahllose, meist der Streiebungsrichtung folgende 
Buchten, Halbinseln wie auch Inselzüge entstanden.“ 

Da die griechische fairmairei-Rasse der A. sabulosa mit einer 
besonderen Form (cephalonica Reitt.) auf der Insel Kephalonia vor- 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 295 


kommt, ist anzunehmen, daß der von Reitter in seiner Tabelle (p. 46) 
genannte Fundort ‚Korfu‘ gleichfalls eine besondere Rasse der A. sa- 
bulosa darstellt. Es wäre Jedoch nicht ausgeschlossen, daß auch auf 
Korfu die cephalonica-Rasse vorkommt, da nach Arldt Korfu hin- 
sichtlich der Molluskenfauna weniger Beziehungen zu Epirus als zu 
Kephalonia aufweist. Arldt nimmt daher an, daß trotz der weiten 
Entfernung zwischen beiden Inseln Korfu länger mit Kephalonia 
als mit dem Festlande verbunden war, eine Form des Beweises für eine 
Hypothese, der ich wegen ihrer mangelhaften Einseitigkeit nicht zu 
folgen in der Lage bin. Die Abtrennung der unmittelbar Griechenland 
vorgelagerten Inseln vom Festlande kann nach Aıldt eıst nach Ab- 
lauf der Tertiärzeit erfolgt sein. Weiter wird die /airmairei-Rasse 
noch von Euböa und den Kykladen gemeldet. Euböa ist gleichfalls 
eine Insel, die nach Arldt erst nach der Tertiärzeit abgetrennt sein 
kann, da sie mit Mittelgriechenland auch in der Molluskenfauna ganz 
übereinstimmt. Auch die Isolierung des Archipels der Kykladen, 
wo die fairmairei-Rasse noch gefunden sein soll, ist jungen Datums; 
denn de Lapparant sagt: ‚De fait, Ja mer Egee n’existait pas ä 
l’epoque pliocene, et probablement elle a pris naissance en m&me temps 
que la grande fente volcanique des Cyclades.‘ 


Die Isolation der rezenten Hauptareale, 


Nachdem die australische Gattung Dusarchus Pasc. aus dem Be- 
reich der Asidinen hinausgebracht ist (cf. Schluß des Kapitels „Über- 
sicht über die Entwicklung der systematischen Literatur über die 
Asidinen‘), umfaßt die Tribus Asıdini noch fünf in voneinander weit 
isolierten Hauptverbreitungsgebieten verbreitete Formenkreise: 

l. Die altweltlich-mediterranen Asidinen mit sehr vielen Formen 
im westlichen Mittelmeergebiet, von denen nur eine stark zur Auf- 
spaltung neigende Art, A. sabulosa Fuessl., die Ostgrenze dieses Ge- 
bietes nach Osten überschreitet (Banat, Rumänien bis zum Kaukasus 
und die Westhälfte der Balkanhalbinsel). 

2. Die neuweltlich-mediterranen Asidinen mit zahlreichen Formen 
(von den westlichen Unionsstaaten bis zur Hochfläche des südlichsten 
Mexiko). 

3. Die südamerikanischen Gattungen Scotinus Kirby (Brasilien) 
und Cardigenius Sol. (Brasilien, Uruguay und Argentinien). 

4. Die sich um die Gattungen Ajrasida m. und Pseudomachla m. 
gruppierenden südafrikanischen Formen, deren eine (Pseudomachla 
hamaticollis Gerst.) bis hoch hinauf nach Ostafrika ausstrahlt. 

5. Die in zahlreiche Gattungen aufgespaltenen Formen der stets 
sehr eigenartigen Insel Madagaskar. 

Es ist verlockend, auf Grund der morphologischen Eigenschaften 
nähere Verwandtschaften zwischen Formenkreise der jetzt so weıt 
getrennten Areale zu suchen und dann aus den Ergebnissen dieser 
Untersuchung des Verwandschaftsgrades die ehemaligen Verbindungen 
zwischen den Verbreitungsgebieten zu konstruieren. Auch ich habe 


12. Heft 


296 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


es versucht, dieser Frage näher zu treven, einmal durch Untersuchung 
der systematischen Verwandtschaft, das andere Mal unter Benutzung 
der zahlreichen Hypothesen, die über ehemalige Verbindungen der 
z. T. rezent geographisch-isolierten Verbreitungsgebiete oder auch 
über die ehemalige Beschaffenheit von Trennungsarealen aufgestellt 
sind, die heute gewaltige biologische Schranken bilden. 

Wie ich schon in dem Abschnit* über morphologische Stammes- 
geschichte der Asidinen erwähnte, war für mich nur eine Erkennung 
der stammesgeschichtlichen Einhei, kleiner systematischer Gruppen 
möglich; beim Vergleich größerer Gruppen miteinander versagte die 
Fülle der Merkmale kritisch vollkommen. In wenigen Fällen war für 
mich, wenn auch nieht aus eigener Anschauung, sondern nur aus der 
Literatur, eine deutliche Erkennung der Verwandtschaft unmittelbar 
möglich, und zwar zwischen dem madagassischen und südafrikanischen 
Formenkreise. Nicht nur, daß Ghatanay 1914 über die Verwandt- 
schaftsverhältnisse der madagassischen Formen schreibt, daß ‚‚leurs 
affinites les plus &troites sont avec les especes sud-africaines qui 
constituent la tribu Machlini“, so spricht auch Fairmaire 1895 
speziell von der madagassischen Gattung Pseudasida Fairm. aus, 
daß diese Gattung auf Madagaskar die Gattung Machla Herbst re- 
präsentiere. Sie stimmen mit ihr durch den dieken und ziemlich kurzen 
Körperbau, die kurzen Fühler undandere Merkmale überein. Wirhätten 
hier eine erste Möglichkeit, das geologische Mindestalter der Asidinen 
in Südafrika und Madagaskar festzulegen; denn es müssen machloide 
Formen schon zu der Zeit in Südafrika verbreitet gewesen sein, woMada- 
gaskar mit dem Festlande noch zusammenhing, so daß diese Formen 
dorthin gelangen konnten. Nach Lemoine ist diese Landverbindung nur 
noch im Anfang der Tertiärzeit vorhanden gewesen, wenn man von den 
ältesten Zeiten des hier nicht in Betracht kommenden Gondwana- 
kontinents absieht. Im Miozän bereits löste sich die Verbindung, 
und wenn auch die trennende Meeresstraße zunächst flach blieb, so hat 
sie für die flugunfähigen Asidinen bereits ein unüberwindliches Hindernis 
dargestellt. — Über die auffällige Tatsache, daß von Fairmaire 
eine madagassische Art von der Insel Nossi-Be (nossibrana Fairm.) 
in der südafrikanischen Gattung Machleida Fähr. beschrieben wurde, 
schreibt Chatany 1914: ‚Cependant une seule espece malgache 
appartenant de fagon incontestable ä cette derniere tribu (sc. Machlini!), 
Machleida nossibiana Fairm., a &t& jusqu’ici decrite, et encore n’est-il 
pas impossible, qu’il y ait transport aceidentel ou erreur sur la pro- 
venance, et que cette espe&ce soit reellement africaine.“ 

Eine morphologische Verwandtschaft scheint sich zum mindesten 
im ersten Moment zwischen den madagassischen Gattungen Scoti- 
nesthes Fairm. und Parecatus Fairm. einerseits und der brasilianischen 
Gattung Scotinus Kirby andererseits nachweisen zu lassen. Die Arten 
dieser beiden Formenkreise stimmen in mancherlei Merkmalen überein, 
so z. B. in dem zehngliedrigen Bau der Fühler (von denen das 11. Glied 
mit dem 10. verschmolzen ist), in den scharfen Halsschildseitenrändern, 
in der gleichen Gestaltung der Prosternalteile. Wenn wir auf Grund 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 297 


der übereinstimmenden morphologischen Merkmale eine unmittelbare 
Verwandtschaft zwischen den madagassischen und brasilianischen 
Formen annehmen wollten, wie es Kolbe 1887 tat, so könnten wir 
vielleicht die Verbreitung dieser Gattungen mit Hilfe der von Kolbe 
für die Käfer angewendeten Hypothese der Kontinentalverbindungen 
auf dem Wege über die erweiterte Antarktis erklären. Kolbe schreibt 
1907 über sie: „Wenn die geläufige Hypothese von einer kontinentalen 
Verbindung zwischen Südamerika und Australien herangezogen 
wird, so kann hierdurch die Erklärung der südamerikanisch-australischen 
Verwandtschaft gefördert werden. Ich halte jedoch dafür, daß diese 
kontinentale Verbindung durch den antarktischen Kontinent ver- 
mittelt wurde, dadurch, daß letzterer Ausläufer nach dem nahen 
Südamerika und nach Australien und Neuseeland entsandte. Auch 
die faunistischen Verhältnisse Südafrikas und Madagaskars fordern 
die Hypothese von einer Anteilnahme der Antarktis bezüglich Süd- 
afrıkas und Madagaskars. Die vergleichenden Untersuchungen geben 
indes der Schlußfolgerung Raum, daß der antarktische Kontinent 
in geologischer Vorzeit nähere und längere Beziehungen zu Archiplata 
und Australien (mit Neuseeland) hatte als zu Südafrika und Madagas- 
kar.“ Auf dieser Landbrücke, die nech Kolbe in einer älteren Epoche 
der Tertiärperiode bestanden haben soll, mag vielleicht ein Formen- 
austausch zwischen Südamerika und Madagaskar unter Umgehung 
von Südafrika stattgefunden haben, das mit dem antarktischen 
Kontinen: noch nicht oder n'cht mehr in Zusammenhang gestanden 
haben dürfte, so daß die scotinoiden Formen dorthin nicht gelangten. 
Es ist in der Tat auffällig, daß es eine ganze Reihe von Fällen der Art 
gibt, die entschieden zugunsten von Kolbes Hypothese sprechen, 
so z.B. unter den Brenthiden bei den Gattungen Taphroderes Schoenh., 
Ischnomerus Schoenh., ferner in der Subfamilie Ulocerinae und der 
Tribus Nematocephalini, wobei jedoch auf die Möglichkeit hingewiesen 
werden muß, daß einerseits unter den Brenthiden nach dem heutigen 
Stand der Erforschung noch Formen im tropischen Afrika gefunden 
werden könnten, die als Bindeglied zwischer südamerikanischen 
und madagassischen Formen zu betrachten wären. andererseits es nicht 
ausgeschlossen wäre, daß eine große Fauna in Afrika, die Südamerika 
und Madagaskar verband, heutzutage ausgestorben ist. 

Ich möchte vor allen Dingen aber darauf hinweisen, daß in diesem 
Falle Scotinus-Scotinesthes auch Kolbes Auffassung entgegengesetzte 
Meinungen geäußert worden sind und auch mir noch andere Möglich- 
keiten der Erklärung in kommender Zeit vorschweben. Fairmaire 
schreibt 1895 zu dem Falle Seotinus-Scotiresthes: “C'est ä lui que 
Kolbe fait allusion dans son expose de la Zoog6ographie de Mada- 
gascar comme relation avec la faune neotropicale; mais ce n’est en 
realit@ qu’une approximation.“* dann äußert Chatany 1914 darüber: 
„les Asidides malgaches on te plusieurs reprises rapproches des 
especes sudamericaines du m&me groupe, rapprochement consaere 
par le nom impose par Fairmaire ä l’un de leurs prineipaux genres, 
Scotinesthes, qui rappelle en effet plus ou moins les formes des Scotinus 


12. Heft 


298 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


bresiliens. Mais cette analogie est purement superficielle, et un caract&re 
d’une importance fondamentale, l’ocelusion presque complete des 
cavites cotyloides intermediaires et V’invisibilite des trochantines qui 
en est la cons@equence, montrent au contraire que leurs affinites les 
plus etroites sont avec les esp&ces sud-africaines, qui eonstituent la 
tribu des Machlini.“ Wenn also diese beiden ausgezeichneten Kenner 
madagassischer Käfer zu dem Urteil gelangt sind, daß es sich hier um 
eine bloße Konvergenzerscheinung handelt, so werden wir wohl besser 
annehmen dürfen, daß die madagassischen Formen eine einheitliche 
Gruppe für sich bilden und in keine nähere Verwandtschaft zu dem 
suidamerikanischen Formenkreise zu setzen sind, und daß die Ähnlich- 
keit der madagassischen mit den südamerikanischen Formen auf analoge 
oder analog wirkende Faktorensummen zurückzuführen ist. 

Sonst noch verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den 
einzelnen Formenkreisen der Asidinen, also zwischen nord- und 
südamerikanischen, paläarktischen und südafrikanischen, palä- 
arktischen und nordamerikanischen Formen festzulegen, erscheint 
mir unmöglich. Wir können auch nicht die Kolbesche Hypothese 
von der ‚‚Desertoaequatorialperiode“ zur Erklärung der Verbreitung 
der Asidinen in Afrika heranziehen. Kolbe schreibt 1901 darüner: 
„Es müssen aber in jener feuchteren Epoche des tropischen Afrika — 
die, wie er an anderer Stelle sagt, seiner Ansicht nach mit der Glazial- 
zeit der Nord- und Südhemisphäre zusammenfällt — auch schon 
Steppen, speziell Buschsteppen, im intertropikalen Afrika bestanden 
haben. Unter dieser Annahme erklärt sich nämlich die Verbreitung 
der Gattungen. ... ‚Asidas. in) oe 3at.,jiwelche 
jener Zeit das intertropikale Afrika bewohnt haben weıden, und bei 
Eintritt des trockenen heißen Klimas hier ausstarben oder sich nach 
Norden und Süden zurückzogen.“ Wie ich jedoch schon früher er- 
wähnte, sind der paläarktische Formenkreis una der südafrikanische 
generisch voneinander verschieden, von einer unmittelbaren Ver- 
wandtschaft dieser beiden Subtribus kann keine Rede sein. Mir er- 
scheint es jedenfalls vorläufig als ziemlich aussichtslos, nach einer 
Rekonstruktion einer Verpindung zwischen paläarktischen und kap- 
ländischen Asidinen zu suchen. Auch die Pseudomachla hamatizol!s 
Gerst., die inOstafrika vorkommt, läßt sich nicht als Bindeglied zwischen 
diesen beiden Surtribus betrachten, da sie sich von südafrikanischen 
Formen ableitet und nur am weitesten nach Norden bis über den Kili- 
mandjaro und Mombassa hinaus vorgestoßen ist. 

Die fünf großen Subtribus der Asidinen haben sich also in sich 
schon so stark differenziert, daß man eine unmittelbarere Verwandt- 
schaft irgendwelcher dieser Hauptformenkreise zueinander heut- 
zutage kaum noch feststellen kann. Doch bilden die Asidinen auf Grund 
der zahlreichen, von Lacordaire angegebenen Merkmale eine sehr 

natürliche und in sich abgeschlossene Gruppe. Die Annahme er- 
scheint wohl nicht unberechtigt, daß sich die Asidinen aus einem 
einzigen Stamm herleiten, der sich vielleicht schon in früher geo- 
logischer Zeit, jedenfalls sicher schon im Paläogen, in die heute be- 
kannten Zweige aufspaltete. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 299 


Verbreitung der Asida sabulosa Fueßl. .mit ihren Rassen. 

Zweierlei Gründe sind es hauptsächlich, die mich bewegen, die 
Verbreitung der A. sabulosa mit ihren Rassen als Abschluß meiner 
Arbeit ausführlicher zu behandeln. Einmal ist kaum ein Formenkreis 
besser dazu geeignet, die von mir in dem Kapitel üper das Vikariieren 
der Formen aufgestellten Grundsätze mit Tatsachen zu belegen als 
der sabulosa-Kreis, zweitens aber möchte ich zeigen, wie weit man 
heutzutage in der Coleopterologie überhaupt imstande ist, auf Grund 
eines Formenkreises, der eingehend durchforscht ist, und über den eine 
große Zahl von Verbreitungsdaten vorliegt, die Entwicklung seiner 
Verbreitung von der Jetztzeit bis in die geologische Vergangenheit 
hinein zu verfolgen. Ich stelle im folgenden zunächst die Ver- 
breitungstatsachen zusammen, die mir ein großes untersuchtes 
Material und eine, wie ich hoffe, so gut wie vollständige und 
auch kritische Berücksichtigung der zahlreichen, überaus zerstreuten 
Literatur hauptsächlich faunistischer Art geliefert haben. Ich habe 
übrigens darauf verzichtet, im Literaturverzeichnis die faunistischen 
Abhandlungen genauer zu zitieren. 


Fundangaben über die subsp. sabulousa s. str. 


a) Portugal, nur nördlich des Tajo: Serra da Estrella, S. do 
Gerez, S.d. Caramulo, Coimbra, Vizella, Bussaco (Oliveira 1895 litt.), 
Sabogueiro (ex coll. v. Heyden, D. 1.). 

b) Spanien: Ildefonso i. d. Sa. Guadarrama (ex coll. L.W.Schau- 
fuß, B.M.), Vigo i. d. Prov. Pontevedra (Chapman u. Champion 1907 
litt.), Reynosa i. d. Prov. Santander (Allard 1869 hitt.\, Moncayo (Naväs 
1904 litt.), Caril (Faganetti, ex coll. v. Heyden, D. 1.).t) 


!) Bei Solier 1836 findet sich die Angabe „‚Barcelona“. Der sehr eigenartige 
Charakter der katalonischen Biozönosen veranlaßt mich dazu, den Fundort 
entweder an sich als falsch oder als zu einer anderen Art gehörig zu betrachten, 
was schon deswegen nicht verwunderlich wäre, als der alte Autor bei seinem 
kümmerlichen Material noch garnicht hinreichend kritisch in der Scheidung 
seiner Arten verfahren konnte. Von echten Asida ist mir nur A. diecki Alld. 
und A. sericea Ol. aus Katalonien bekannt geworden. 

Betreffend Nordafrika liegen mir folgende höchst verdächtige Angaben 
vor: Marokko: Tetuan (ex coll. Schaum, D. I.), Marocco (Rolph, ex coll. Kraatz, 
D. I.); Algerien: Algerien (ex coll. Schaum, D. I.), ib. (Allurd 1869 litt.). Sollten 
sich diese Angaben späterhin wirklich teilweise oder ganz bewahrheiten, so würde 
sich jedenfalls das interessante Ergebnis folgern lassen, daß A. sabulosa unter 
dem Druck der Abkühlung des Pleistozäns nach Süden über die Sierra La Sagra 
und Sierra Nevada abwanderte und in einer Hebungsperiode die Straße von 
Gibraltar überschreiten konnte. 

Allards Angabe ist schon deshalb sehr zweifelhaft, weil von diesem Autor 
nicht nur in seiner Asidinen-Arbeit zahlreiche falsche Angaben über die Verbreitung 
von Formenkreisen gemacht worden sind. Die drei Angaben aus dem D. I. treffen 
dagegen so merkwürdig zusammen, daß wohl der Zwang vorliegt, eine definitive 


Klärung durch die tranzösischen Entomologen abzuwarten. 
12. left 


300 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


c. Frankreich: 1. westrhonische Departements: Dep. 
de la Lozere in den “'evennen (Mulsant 1854 litt.), Lioran ın 
Haute Auvergne (Fauvel 1887 Jitt.), ı. d. Dordogne (ex coll. 
Schaum, D.I.), Insel Noirmoutier, südl. d. Loiremündung (Solier 
1856 litt.), Vitry sur Marne (B. M.), }aris (Geoffroy 1762 litt.), 
ib. (Foureroy 1785 lıtt.), Champlitte ı. Dep. Haute Saöne (D.I.), 
Sulzbad, Türkheim, Sigolsheim, Pfirt, alle vier im Elsaß (Bourgeois- 
Scherdlin 1906 lıtt.), Zeinheim, Plateau d’Amance im Elsaß (Scherdlin 
1920 litt.), Nancy, Plateau de la Haye, beide in Lothringen (Bourgeois- 
Scherdlin 1906 litt.). — 2. ostrhonische Departements: Lyon 
(ex coll. Schilsky, B.M.), Briangon i. Dep. Hautes Alpes (Mulsant 
1854 Iitt.), Basses Alpes, speziell Faillefeu (id.), Riez (ex coll. Fiori, 
B.M.), Nizza (ex coll. v. Heyden, D.I.), Bargemont, Draguignan, 
l’Esterel, alle drei im Dep. Var (Rey 1887 litt.), Marseille (ex coll. 
v. Heyden, D. 1.). 

d) Rheingebiet im Deutschen Reiche: 1. Jinksrhbeinisch: 
«) links der Mosel: Koblenz, Laacher See (Bach 1856 litt.), Bausenberg 
i. d. Eifel (ex coll. v. Heyden, D.1I.), am Fuße des Brohltales, Fifel- 
höhe bei Kochem (Roettgen 1907 litt.). Kobern, Niedermendig (Le 
Roı 1913 litt.), 8) rechts der Mosel: zwischen Bingen und Bonn, 
Boppard (Bach 1856 Jıtt.), Marienburg bei Bullay, Trier (Roettgen 
1907 hit8.). — 2. rechtsrheinisch: Hönningen, gegenüber Ndr.- 
Breisig (ex coll. v. Heyden, D.I.), Kahl a. M., unterhalb Aschaffen- 
burg (Fröhlieb 1897 und Knörzer 1909 Iitt.). 


e) Schweiz: Waadt, Wallis, Genf, im Jura, Reculet. Fuß des 
Saleve (Stierlin- Gantard 1867 Iitt.). 

f} Tirol: M. Baldo (O. Thieme, B.M.). Mori (Verhoeff, B. M.), 
Trient (ex coll. Fiori, B.M.), Gardone (B.M.), Rovereto, Vallunga, 
Volano, Madonna del Monte, Porte, Borcola, Serrada, Monte Baldo, 
S. Giac mo, Pesna, Altissimo di Nago, Marco, Marano, Isera, Cima 
di Laste (Halbherr 1894 Jitt.), Bozen, Virgl, Girlan. Mende! b. Kaltern, 
Civezzano, Borgo di Valsugana, Lago verde auf der Montagna da Üles, 
Senale, Riva e Val di Ledro (Gredler 1863 litt.), Judicarien, Passeier 
an der Kellerlahn (id. ]ıtt.). 


g) Italien: Piemonte: Quassolo, Borgofranco d’Ivrea (T.eoni 
1909 litt.), Turin (ex coll. Fiori, B. M.), Voltaggio, Cuneo, Val Pesio 
(Leoni 1909 Nitt.), M. Anteroto (ex coll. Fiori, B.M.), S. Chiaffredo- 
M. Viso — (O. Thieme, B. M.), Brosolo (Leoni 1909 Iitt.), M. Rosa-Süd 
seite — (ex coll. Thieme, B. M.). — Como: Bellagio (ex coll. v. Heyd., 
D.1.). — Verona: Verona (Massalongo 1891 litt.). — Emilia: Sam- 
buca (Leoni 1909 litt.), Vallastro (ex coll. Fiori, B.M.), Casinalbo, 
Prov. Modena, (ex coll. Fiori, B.M.), Paderno (ex coll. Fiori, B. M.), 
M. Gibbio (ex coll. Fiori, B.M.). — Toscana: Pisa (Dahl, B. M.), 
Florenz (Leonri 1909 litt.), Vallombrosa (ex coll. Fiori, B.M.). — 
Umbrien: Rieti, Gubbio, Fossato (Leoni 1909 Nhitt.). M. Cucco(ex 
coll. Fiori, B. M.). — Molise: Campobasso (ex coll. Fiori, B.M.). — 
Abruzzen: M. Partenii (Costa 1858 litt.), Aquila, Goriano, Celano, 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 301 


G. Sasso (Leoni 1909 litt.), Cerchio (ex coll. Fiori, B. M.), S. Franco 
(ex coll. Fiori, B.M.), M. Aragno (ex coll. Fiori, B. M.). — Latium: 
S. Maria Cimino, Rom (Leoni 1909 litt.). 


subsp. pirazzolii Alld. 
Umbrien: Apennino piceno (Leoni 1909 litt.). — Abruzzen: 
M. Greco (ex coll. Schilsky, B.M.), G. Sasso (ex coll. Fiori, B. M.), 
Campo di Giove (ex coll. Fiori, B.M.), Maiella (Leoni 1909 Iitt.). — 
Molise: M. Mutria (Leoni 1909 litt.). - Apennino Napol.: M.Mi- 
letto (ex coll. Fiori, B. M.). 


f. sardiniensis Alld.t) (= f. baudir Leoni = intermedia Leoni). 

Abruzzen: Aquila (ex coll. Fiori, B.M.), Cerchio, Celano, Go- 
riano, Campo di Giove, Tagliacozzo (Leoni 1909 list.). — Latium: 
M. Viglio, M. Autore, Gappadocia (Leoni 1909 litt.). 


f. leosinii Leoni 

Abruzzen: G. Sasso (ex coll. Fiori, B.M.), C. Iramo (ex coll. 

Fiori, B. M.). 
subsp. bayardi Sol. 

Latium: Filettino (Leoni 1909 litt... — Kampanien: Neapel 
(Ceceoni 1908 litt.), ib. (Leoni 1909 litt.). — Terra dı Lavoro: Isola 
Liri (Leoni 1909 litt.). — Molise: Campobasso (ex coll. Fiori, B. M.), 
Torrente Cigno (Ururi), Biferno nahe Termoli (Leoni 1909 litt.). — 
Basilikata: Lagopesole (ex coll. Fiori, B.M.), Lavello (Leoni 1909 
litt.). 

f. piligera Leoni 

Insel Pianosa (ex coll. Fiori, B.M.), ib. (Gecconi 1908 litt.). 
Isole Tremiti (Leoni 1999 litt.), Tremiti-Inseln, San Domino, (Lec- 
coni 1908 litt.). 

f. blaptoides Teoni 

Basılikata: Lagopesole (ex coll. Fiori, B.M.). 


f. calahbra Tweoni 


Kalabrien: Alli (ex coll. Fiori, B. M.), Catanzaro (ex coll. Fiori 
B. M.), Tiriolo, Morano (Leoni 1909 litt.) 


subsp. fiorii Leon: 
Basilıkata: Lavello (ex coll. Fiori, B. M.). — Puglie: M. Gar- 
gano ıex coll. Fiori, B.M.), ib., S.-Angelo, (OÖ. Neumann, B.M.), 
Palagiano (Leoni 1909 litt.), Insel Pianosa (ex coll. Fiori, B. M.). 


subsp. dujtschmid'i Gemming. 
Venetien: Colli Euganei ‚ex coll. Fiori, B.M.), Col. Vicentin 


(Disconzi 1865 litt.). — Istrien, Karst: Tarnowaner Wald, Görz, 
illyr. Feistritz (Müller 1917 litt.), zw. Corgnale und Sesana, östlich 


1) Die Fundangabe ‚‚Sardinien‘“ bei Allard ist irrtümlich! 
12. Heft 


302 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Divalı, zw. St. Canzian und Dane, Jedenica (Schumacher-Spaney, 
B. M.), Triest (ex coll. Wehncke, B. M.). - Krain: Planina (Ramme, 
B. M.), Wippach (Müller 1917 litt. ); Tiefenbach b. Gottschee (ex coll. 
Schaum, D. I.). — Halbinsel Istrien: Be (P. Schulze, B. M.), 
l,upoglava (Schumacher-Spaney, B. M.), Abazzia-Veprinaz (Ramme, 
B. M.), Fiume (ex coll. Schilsky, B. M.), M. Maggiore, Insel Cherso, 
Malinska auf Veglia (Müller 1917 hitt.), Fivme, Buccari, Urkvenica 
(Fauna Reg. Hung. 1896 litt.), Modrus-Fiume: Gerovac (ex coll. Kraatz, 
D.1.), Fiume (Padewieth 1897 litt.). 


subsp. /ascicularis Germ. 

Istrien: Insel Lussin — Valle Martuasco — (Schumacher-Spaney, 
B. M.), Castelnuovo, Pola, Inseln Lussin und Veglia, Pisino (Müller 1917 
lıtt.), Parenzo (Müller 1920 litt.). — N.-Dalmatien: Zara (Germar, 
B. M.), zw. Zara und Cosino (Schumacher-Spaney, B. M.), Insel Arbe, 
Geranje, Pristeg, Zaravecchia, Insel Pago, Scoglio Gruizza und Canıdole 
bei Lussin, Insel Eso, Insel Rava (Müller 1917 litt.), Zara (Miller 1880 
litt.). 


subsp. ganglbauer? Müll. 

Kroatien: Zengg, Morlakkenkanal bis Obbrovazzo, Velebit- 
gebirge (Müller 1917 litt), Zengg, Carlopago (Fauna Reg. Hung. 
1896 litt.), Stinica (Hormuzacki 1901 Jitt.), Paklenica, Zaton, Pod- 
prag, Muskovei, Jasenice, sämtlich im Velebit (Müller 1920 litt.). — 
Dalmatien: Ljubad, Dinaragebirge, Kosora am Cetina-Ursprung, 
Frologgebirge a. d. bosnischen Grenze, Biokovogebirge (Müller 1917 
litt.), Kapnica (Müller 1920 litt.). 


subsp. acuticollis Alld.t) 


Kroatien: Lika Krbava: Perusi& (Müller 1917 litt.). — Dal- 
matien: nördlich der Kerka: Kistanje (Müller 1917 litt.), südl. der 
Kerka: Scoglio Svilan bei Rogosnica (Müller 1917 litt.), Trau (ex 
eoll. Fiori, B.M.), Insel Lesina (Reitter, B.M.), Spalato, Castella, 
Dugopolje, Konjsko, Te&evica, Siveri6-Mte. Promina, Sinj, Kozjak, 
Mosorgebirge (Müller 1917 litt.), Sebenico (Sahlberg 1913 litt.), Knin, 
Cannosa (Müller 1920 litt.). — Bosnien: Mokre poljane (Czerny, 
B.M.). — Herzegowina: Gvrstnica planina (Müller 1917 Nitt.). 


!) J. Müller stellt zu acuticollis Alld. synonym 4A. setulifera Küst. aus 
Montenegro; nach der Verbreitung von aeuticollis Alld., deren südlichster 
Fundort im NW. der Herzegowina liegt, scheint mir das Vorkommen dieser 
Rasse in Montenegro etwas zweifelhaft, ich möchte eher die setulifer« Küst. 
zu lineatocollis Küst. ziehen, doch spricht die Angabe in der Originalbeschreibung 
‚„thorace .... .. angulis postieis acutis, productis‘‘ dafür, daß es sich hier um 
eine Form der acuticollis handelt. Der kroatische Fundort in der Lika (PeruSit, 
Müller 1917 litt.) wird wohl schwerlich auf acuticollis zu beziehen sein, es dürfte 
sich hier wohl um eine Fundangabe für subsp. ganglbaueri Müll. oder um eine 
besondere Form handeln. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 303 


subsp. lineatocol!is Küst. 

Bosnien:-Majevica planına (Müller 1920 litt.). — Herzegowina: 
Nevssinje (Zoufal, B.M.), Trebinje, Gabela (Sahlberg 1915 litt.). — 
Montenegro:Süds.d. Vojnik-Brezovido—(Schumacher-Spaney, B.M.), 
Gebiet des Skutari-Sees (Wohlberedt 1908 Iitt.). — Dalmatien: Stagno 
(Apfelbeck, B. M.), Trebinje (id., B. M.), Krivosije (Paganetti, B. M.), 
Ragusa, Fort Opus b. Metkovich, Castelnuovo, Pudua, Insel Curzola 
(Müller 1917 litt.), Crkvice in der Krivosije (Müller 1920 Iitt.). 


subsp. brattiensis Müll. 


Inseln Brazza, Lesina, Lisza (Müller 1917 litt), Makarska am 
Fuße des Biokovo (Müller 1920 litt.). 


subsp. pubipennis Müll. 
Insel Cazza — südöstl. von Lissa —, Insel Pomo, westl. von 
Lissa ‚Müller 1917 lıtt.). 


subsp. meledana Müll. 
Insel Meleda (ex coll. Schilsky, B. M.). 


subsp. /airmaisei Alld. 

Mazedonien: Huma, nordw. von Gjewgjelü (ex coll. Ulrich), 
I Pärchen: $ Varesberg b. Prilep (18. VI. 1917), 2 Wodno (25. IV. 
1918), Dofleen und Müller colleg.; Andres 1921 Iitt. — 
Thessalien: Volo (ex coll. v. Heyden, D. I.), Olymp (ex coll. Thieme, 
B. M.). — Attika: (ex coll. Schilsky, B. M.), Parnaß (ex coll. Thieme, 
B.M.), Euböa (Allard 1869 litt... — Kykladen: (ex coll. Kraatz, 
2:42): 

subsp. cephalonica Reitt. 
Insel Kephalonia (Reitter 1917 litt.). 


subsp. banatira Friv. 

Banat: (Dahl, B.M.), ib. (ex coll. L. W. Schaufuß, B.M.), 
Mehadia (Allard 1869 litt.), Orsova, Herkulesbad (Fauna Regn. Hung. 
1896 litt... — Walachei: Bukarest, Comana, Sihlea b. Ramnicu 
(Fleck 1906 litt ), Comana (Montandon 1908 litt.), Sarata (Saj6 1896 
litt.). 

subsp. lutosa Sol. 

Moldau: Zorleni, Ester (Montandon 1908 litt.). — Podolien: 
ex coll. Rottenberg, D. I.), in. (ex coll. v. Heyden, D. I). — Cherson: 
Malom Bujalik, Sewerinowka, Tiligulskowa Liman, Chadjiveiskowa 
Liman, alle vier um Odessa (Krulikowsky 1897 Iitt.), Cherson (Ewert, 
B.M.), Falzfeinowo am Dnjepr (Ramme, B.M.). — Krim: (ex coll. 
Kraatz, D.I.), Taurien (Solier 1836 litt.). — Charkow: (Krynicki 
1822 litt.). — Kaukasus: Pjatigorsk (ex coll. v. Heyden, D. I.), 
Kislar (Baudi 1875 litt.), Derbent (ex coll. Kraatz, D. I.), Kaukasus 
(ex coll. Kraatz, D. I). — Dobrudscha: Tschnernavoda (Spaney, 
B.M.), Mangalia, Babadagh, Iglitza (Fleck 1906 litt.), Macin (Mon- 


12. Heft 


304 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


tandon 1908 litt.). -— Bulgarien: Rila Planina (Joakimow litt.), 
Rilo-Dagh (Reitter 1917 litt.) }) — Türkei: Rumelien (ex coll. Schaum, 
a Konstantinopel (Friv., ex coll. Kraatz, D. 1.). 

Die Entstehung des rezenten Verbreitungsgebietes. 

(seht man die oben angegebenen Fundortreihen im einzelnen 
durch, so erkennt man sofort, wo vollkommen im großen und ganzen 
die Vikarianz für die einzelnen Rassen der 4. sahulosa ausgeprägt ist 
mit wenigen Ausnahmen allerdings, die eine spezielle Erklärung er- 
forderlich machen, soweit diese gegeben werden kann und nicht ver- 
schiedene Möglichkeiten einer Erklärung vorhanden sind. v. Wett- 
stein kommt gelegentlich der Untersuchung der Vikarianz von einigen 
‘rentiano- und Euphrasia-Formen zu folgender Feststellung: ‚Wenn 
wir Sippen finden, welche bei großer morphologischer Ähnlichkeit 
durch scharfen Ausschluß ihrer Areale und durch morphologische 
Zwischenformen sich nach dem früher Gesagten als jüngste Sippen 
erweisen, so können wir annehmen, daß es sich um Typen handelt, 
welche nach Ablauf der Eiszeit entstanden sind, ihre Stammformen, 
sowie ihr Entwicklungsgang werden sich mit 'hoher Wahrscheinlich- 
keit aus der Geschichte des betreffenden Gebietes während der Diluvial- 
zeit im Zusammenhalte mis dem morphologischen Bau enträtseln 
lassen.“ Sie paßt für A. sabulosa ebenso gut wie für die botanischen 
Objekte, die sich der österreichiche Botaniker zu seinen Unter- 
suchungen ausgewählt hat. Nur ist gerade der Umstand recht bemerkens- 
wert, daß sich in den mich gerade interessierenden Formenkreisen 
der Tierwelt die Erscheinung noch viel großartiger ausprägt, als sie es 
bei den Gentianen und Euphrasien tut. Bei so kleinen oder faunistisch 
einheitlichen Arealen, wie sie die Rassen der A. sabulosa aufweisen, 
kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß schließlich alle Formen 
der A. sabulosa nur Kinder eines fast rezenten Milieus sind. Wir werden 
also für die Entstehung der vikariierenden Formen als Mindestalter 
die Zeiten nach der maximalen Vereisung anzusprechen haben, da sonst 
durch sie notwendigerweise eine Störung der klaren Vikarianzverhält- 
niess eingetreten wäre. Durch die Paläontologie wissen wir zwar, daß 
schon im Oligozän Asidinen in Europa existierten, doch werden wir in 
der Vermutung nicht fehlgehen, daß die praeglazialen Asidinen durch 
die Zeiten der maximalen Vereisung in Europa teils zum Aussterben, 
teils zum Abwandern in die Gebirge Südeuropas gebracht wurden, 
wo nach Holdhaus ‚‚in geschützter Lage und südlicher Exposition 
eine relativ wärmebedürftige Lebewelt persistieren konnte.“ Von 
diesen Horsten Südeuropas mit umfangreichen eisfreien Arealen 
werden die Stammformen der A.sabulosa über die Wasserscheiden 
in Zeiten nach der maximalen Vereisung in die Gebiete vorzudringen 
begonnen haben, in denen sie noch heute zu finden sind. 

Gehen wir näher auf die Besonderheiten in der Verbreitung der 
einzelnen sabulosa-Rassen ein, so können wir für die Nominatrasse 


1) Ob diese Fundorte sich wirklich auf Tutosa beziehen, könnte ich nur 
durch Belegstücke feststellen. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden, 305 


folgende Feststellungen machen: Die enge morphologische Ver- 
wandtschaft dieser Rasse mit der südwestrussischen lutosa-Rasse 
und, wenn auch nicht in dem Maße, mit der banatica-Rasse spricht da- 
für, daß ursprünglich in Zeiten mit kontinentalem, trockenem Steppen- 
klima die A. sabulosa in Deutschland viel verbreiteter gewesen ist als 
heute. Wir werden zur Erklärung der rezenten Verbreitung der Rassen 
sabulosa, banatica und lutosa, worauf ich später noch ausführlicher 
zurückkommen werde, zu der Annahme geführt, daß die A. sabulosa 
ehedem über fast alle mitteleuropäischen Gebirgszüge verbreitet ge- 
wesen sein muß, wo sie von Gebirgszug zu Gebirgszug in östlicher 
Richtung auf der Elb-Donau-Scheide bis ın die Karpathen und nach 
Südwest-Rußland vordrang. Heutzutage ist die A. sabulosa auf den 
deutschen Mittelgebirgen nicht mehr überall zu finden, sie ist ja eine 
Bewohnerin ausgesprochen xerothermer Lokalitäten, sondern nur noch 
an solchen Stellen in Deutschland, die sich einen xerothermen Charakter 
bewahrt haben, wie die Fundorte im Elsaß und Rheinland. Diese Orte 
stellen zugleich die Gegenden des Weinbaues in Deutschland dar, 
dem, wie ich schon früher zeigte, sowohl Asidinen-Larven als auch 
Imagines schädlich werden können. Es besteht infolgedessen die Mög- 
lichkeit einer Verschleppung der Formen durch Weinpflanzen, auf 
diese Weise können wir vielleicht das Vorkommen der sabulosa-Rasse 
rechts des Rheins, ebenfalls in Gegenden des Weinbaues, nämlich 
Hönningen am Rhein und Kahl am Main (unterhalb Aschaffenburg) 
erklären. Eine solche Verschleppung konnte frühestens Ende des 
3. Jahrhunderts erfolgt sein, da nach der Geschichte erst unter 
Kaiser Probus mit dem Weinbau am Rhein und an der Donau 
begonnen wurde. Es ließe sich auch eine zweite Erklärung des Vor- 
kommens der sabulosa-Rasse rechts des Rheins finden. Huber be- 
hauptet nämlich 1910, daß A.sabulosa „gegenwärtig das Maintal 
aufwärts dringt“. Wir können vielleicht annehmen, daß in Zeiten 
nach der maximalen Vereisung mit warmem, trockenem Steppenklima 
in Deutschland A. sabulosa nicht nur in östlicher Richtung über die 
deutschen Mittelgebirge, sondern auch nach Norden auf der Rhein- 
Weser-Scheide vordrang, wo sie sich in solchen Gegenden wie Hönningen 
und Aschaffenburg mit ausgesprochen xerothermem Charakter bis 
auf die Jetztzeit halten konnte. Sollte A. sabulosa auch noch 
in anderen Gegenden mit xerothermem Charakter, wie z. B. im Taunus 
oder auf dem Königsstuhl lebend oder in Form von paläontologischen 
Resten aus einer Zeit, die nicht so weit zurückliegt wie die maximale 
Vereisung, gefunden werden, dann würde ich der zweiten Erklärung 
den Vorzug geben, vorläufig jedoch möchte ich das Vorkommen der 
sabulosa-Rasse rechts des Rheins auf eine in rezenter Zeit bewirkte 
Einschleppung zurückführen. Keineswegs aber kann A. sabulosa im 
Rheinland als ‚Tertiärrelikt“ angesehen werden, wie Kolbe in seiner 
Arbeit über „Die tiergeographischen Verhältnisse von (arabus can- 
cellatus in Ungarn“ äußert. Er sagt an dieser Stelle: „Ein ähnliches 
merkwürdiges Relikt in Westdeutschland ist 4. sabulosa Fuessl.; 


welche am Rhein bei Boppard, Koblenz, Hönningen und am Laacher 
Archir fiir Naturgeschichte 
2, 


1921. A. 1 20 12. lien 


306 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


See gefunden wird. Sonst ist kein Vertreter der Gattung Asida nördlich 
von den Alpen beobachtet.“ Abgesehen davon, daß Kolbe die el- 
sässischen Fundangaben der sabulosa übersehen hat, ist es unerklärlich, 
wie ein Bewohner ausgesprochen xerothermer Lokalitäten wie A. sa- 
bulosa im Rheinland die maximale Vereisung überdauert haben soll. 
Wenn auch diese Ebene eisfrei war, die nach Neumayr ‚am besten 
mit den Tundren Sibiriens vergleichbar ist,‘“ so könnten wohl schwer- 
lich solche wärmebedürftigen Tiere wie die Asidinen in dieser Gegend 
nicht nur in der Nähe des nordischen Inlandeises, sondern auch der 
vergletscherten Vogesen und Alpen bei einer Jahrestemperatur- 
erniedrigung von 5 Grad die maximale Vereisung überstanden haben. 
Der früheste Termin einer Besiedelung des Rheinlands und des Elsaß 
durch A. sabulosa kann meiner Meinung nach nur die Zeit nach der 
maximalen Vereisung gewesen sein, und zwar lassen die Fundorte im 
Rheinland auf eine ehemalige Verbreitung über die Maas-Mosel-Scheide, 
diejenigen im Elsaß auf eine ehemalige Verbreitung über die Mosel- 
Rhein-Scheide schließen. 

Die sabulosa-Rasse ist, soweit zuverlässige Verbreitungsangaben!) 
vorliegen, auf der iberischen Halbinsel in ihrer Verbreitung auf die 
spanische Meseta beschränkt, während ich Beziehungen zwischen 
nordafrikanischen und spanischen Formen bei Asidinen nur kennen- 
lernte, wenn letztere über die bätische Region Spaniens verbreitet 
waren. 

Von den ostadriatischen Rassen der A. sabulosa sagt Joseph 
Müller: ‚Überhaupt kenne ich noch keinen dalmatinischen Fundort, 
an dem mehr als eine Asıda-Art mit Sicherheit nachgewiesen wäre.“ 
Müller hat zwar die hochinteressante, bisher fast gänzlich unbe- 
achtete geographische Verbreitung der Asidinen in diesem Gebiete 
auf Grund seines reichen Fundortsmaterials festgestellt, doch hat er 
nicht erkannt, daß es sich bei diesen Formen um vikariierende geo- 
graphische Rassen einer einzigen Art handelt. Überhaupt macht sich 
in den Küstenländern des ehemaligen Österreich-Ungarn oft eine 
starke Rassenaufspaltung bei woanders nicht auffallend varlierenden 
Formenkreisen bemerkbar. Bei genauerer Durchforschung dieser 
Gebiete werden sicherlich auch noch weitere Rassen der A. sabulosa 
entdeckt werden. Es ist schwer, eine genügende Erklärung dafür 
zu finden, daß die Nominatrasse einheitlich über ein sehr großes Ver- 
breitungsgebiet verfügt, während in so relativ kleinem Gebiet wie in den 
Küstenländern Österreich-Ungarns die A. sabulosa so stark aufspaltet. 
Es muß eine Reihe speziell wirkender äußerer Faktoren diese Er- 
scheinung verursacht haben oder verursachen. 

Im Zusammenhange mit den ostadriatischen Rassen steht die 
fairmairei-Rasse, die über den östlich und südöstlich anschließenden 


Teil der Balkanhalbinsel verbreitet ist. Der Mangel an Fundangaben: 


läßt zwar einen direkten Anschluß an die ostadriatischen Rassen nicht 
zu, doch ist wohl zu erwarten, daß bei genauerer Erforschung des 


!) cf. auch p. 299 unten. 


a a ee ee nn a. 5 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. 307 


Inneren der Balkanhalbinsel entweder noch weitere Fundorte der 
fairmairei-Rasse westlich und nordwestlich von Macedonien oder aber 
neue Zwischenformen bekannt werden. Eine wesentliche Stütze 
meiner Annahme, daß die sabulosa-Formen erst in den Zeiten nach der 
maximalen Vereisung in die rezenten Gebiete eingewandert sind, 
gibt die Verbreitung der fairmairei-Rasse. Dadurch nämlich, daß 
keine Asida in Kleinasien mehr vorkommt, können wir jedenfalls 
als am wahrscheinlichsten annehmen, daß die Übersiedlungsmöglichkeit 
von der Balkanhalbinsel nach Kleinasien für Asida bereits nicht 
mehr bestand, die von vielen anderen Käfern nachweisbar benutzt 
wurde. Asida wird zu einer Zeit zur Aegäis gelangt sein, wo diese 
nicht mehr eine kontinuierliche Landbrücke nach Kleinasien bildete. 
Nach de Lapparent soll das ägäische Meer aber erst im Pleistozän 
entstanden sein. Die Fundangabe ‚‚Cycladen“. vorausgesetzt, daß 
sie zuverlässig ist, ist insofern interessant, als sie den Zeitpunkt der 
Besiedelung der Ränder der Westägäis vielleicht noch weiter präzisieren 
könnte. Allerdings muß die Fundangabe dann spezieller sein und die 
Geologie bereits genauere Auskunft darüber geben können, wann die 
betreffenden Cykladen vom griechischen Festland definitiv gelöst 
worden sind. 

Nur eine Lücke in dem sonst in großen Zügen als stetig bezeichen- 
baren Verbreitungsgebiete des sabulosa-Formenkreises macht sich 
zwischen den Verbreitungsgebieten der Nominatrasse und der banatica- 
Rasse in den Transsilvanischen Alpen bemerkbar. Morphologisch 
nimmt diese Rasse ebenfalls eine Sonderstellung ein, ihr Körper ist 
wesentlich größer, länglich, parallel beim 5, länglich oval bei dem 9. 
Sie zeigt in ihrem Aussehen eine gewisse Ähnlichkeit mit der fairmairei- 
Rasse, die morphologische Differenzierung der banatica-Rasse wird 
vielleicht durch besondere biologische Verhältnisse in den Kalkgebirgen 
der Südkarpathen erklärt werden können. Viele Angaben in Holdhaus’ 
(1910) Arbeit gewähren uns die Möglichkeit, über die Art der Besiedlung 
des Karpathenzuges durch A. banatica Friv. Klarheit zu gewinnen. 
Eine Besiedelung der Karpathen von der Balkanhalbinsel aus, über 
die die fairmarei-Rasse verbreitet ist, halte ich für ausgeschlossen, 
obwohl Holdhaus den Donaudurchbruch am Eisernen Tor kaum 
als Faunenscheide gelten lassen will. Sagt er doch: ‚Schon zur pon- 
tischen Zeit ergoß sich ein mächtiger Strom durch das Eiserne Tor aus 
dem germanischen in das rumänische Becken, und dieser Zustand 
dauert bis in die Gegenwart an.“ Ebenso wie die Beschaffenheit 
der Timarcha metallica nach Kuntzen eine Überschreitung eines 
solchen mächtigen Stromes nicht zuläßt, muß auch für die banatica- 
Rasse der Donaustrom als Faunenscheide anerkannt werden. Die 
Besiedelung der Balkanhalbinsel kann also auch nicht von den Süd- 
karpathen aus erfolgt sein, obwohl man zu dieser Auffassung infolge 
der relativ großen Ähnlichkeit im Aussehen der banatica- und fairmairei- 
Rassen neigen möchte. Auch eine Übersiedelung über die Ebene 
zwischen Alpen und Karpathen kommt meiner Ansicht nach für die 
banatica-Rasse nicht in Frage. Einmal spricht dagegen folgende 

20° 12. Ilen 


308 Siegfried Wilke: Beiträge zur Systematik und 


Äußerung Holdhaus’: ‚Seit dem Ende der Tertiärzeit liegt die 
Ebene zwischen Alpen und Karpathen zwar größtenteils trocken, 
ohne aber dadurch ihren Charakter als Faunenscheide zu verlieren. 
Die lockeren Sedimente, die den Boden des Wiener Beckens und der 
pannonischen Niederung zusammensetzen, sind ein unüberschreitbares 
Verbreitungshindernis für die an kompaktes Gestein gebundenen 
montanen Tierformen.“ Andererseits gibt Kuthy in der ‚Fauna 
tegni Hung.“ keinen einzigen Fundort für die banatica Friv. aus 
Ungarn an, auch spricht das Fehlen einer Asida in Ober- Österreich, 
überhaupt in den Nordostalpen, gegen eine Übersiedelung über die 
Ebene zwischen Alpen und Karpathen. Dagegen weist Holdhaus 
auf den Übersiedlungsweg Sudeten und Karpathen und umgekehrt hin, 
mit den Worten: ‚Es scheint, daß seit dem Rückzuge des Meeres der 
zweiten Mediterranstufe ein ungehinderter Faunenaustausch zwischen 
Sudeten und Karpathen stattfinden konnte.“ Diesen Übersiedlungs- 
weg, der vielleicht für Sudeten und Karpathen ursprünglich gemeinsam 
gewesen ist, bildet die Elb-Donau-Scheide. Die natürlichste Annahme 
zur Erklärung der Verbreitung der banatica-Rasse wäre also eine 
Besiedelungslinie, die über die Rhein-Donau-Scheide, die deutschen 
Mittelgebirge, Elb-Donau-Scheide bis zu den Karpathen verläuft. 
Auf diesem Wege könnte die sabulosa-Rasse in Zeiten nach der 
maximalen Vereisung in die Karpathen gelangt sein, wo sie dann 
von den Westkarpathen aus, dem Zuge der Karpathen folgend, bis in 
ihr rezentes Gebiet, das Banater Gebirge, gelangte, gegenüber ihrer 
Stammutter schon unterwegs oder auch "erst in ihrer jetzigen Heimat 
zur banatica-Rasse verändert. Im der Zeit der Besiedelung stimme 
ich mit Kolbe nicht überein, der in seiner schon zitierten Arbeit 
von der banatica-Rasse schreibt: ‚Neben den neueren Besiedelungen 
im Karpathengebiete gab es aber auch eine ältere Fauna und Flora, 
welche seit der Tertiärzeit dort seßhaft waren. Als derartige Relikte 
sind wahrscheinlich SE 5 FE Asida banatica Friv........ anzu- 
sprechen.“ Es liegt keine Veranlassung für mich vor, für die banatica- 
Rasse in der Zeit der Besiedelung eine Ausnahme zu machen, nachdem 
alle Erscheinungen in der Verbreitung der übrigen sabrlosa-Rassen 
nur zu der größeren Wahrscheinlichkeit der Annahme der Besiedlung 
in Zeiten nach der maximalen Vereisung geführt haben. Die mir für 
A. banatiea Friv. bekannt gewordenen Fundorte aus der walachischen 
Ebene möchte ich nicht ohne weiteres als für diese Rasse zutreffend 
bezeichnen, obwohl nach Holdhaus bei einzelnen montanen kar- 
pa‘hischen Ooleopteren solche Transgression in das anschließende 
Flachland häufig zu beobachten ist. Es könnte sein, daß die 
walachischen Funaangaben zu einer besonderen Form gehören. 

Die Annahme einer ehemaligen Besiedelungslinie für A. sabulosa 
Fuessl., die über die Rhein-Donau-Scheide, die deutschen Mittel- 
gebirge und die EIb-Donau-Scheide zu den Karpathen verläuft, 
wird besonders noch durch das Vorkommen einer sabulosa- 
Rasse in Südwest-Rußland gestützt, der subsp. lutosa Sol.: denn 
diese Rasse kommt mit ihrem kleinen, kurz und gedrungen 


12. Heft 


geographischen Verbreitung ung: flügelter Tenebrioniden. 309 


gebauten Körper der Nominatrasse am nächsten. Die Einwanderung 
dieser Rasse wird wahrscheinlich nördlich von den Nordostkarpathen 
aus auf der Wasserscheide zwischen den Systemen der Zuflüsse zum 
baltischen una zum schwarzen Meer erfolgt sein. Für diese Besiedlung 
sprechen wenigstens die bereits sehr im Inneren gelegenen Fundorte 
„Podolien und Charkow. Da diese Rasse auch auf der Halbinsel 
Krim vorkommt, so wird die Besiedlung des Kaukasus wahrscheinlich 
von der Krim aus erfolgt sein, zu einer Zeit, wo die Straße von Kertsch 
geschlossen war. Die Besiedelung der Dobrudscha dürfte von Norden 
her auf der Pruth-Dnjestr- und Pruth-Sereth-Scheide zu einer Zeit 
erfolgt sein, wo der Unterlauf der Donau kurz vor der Mündung weiter 
südlich als heute verlief. Infolge der später eingetretenen Verlagerung 
der Donaumündung nordwärts wurden die Tiere im Norden abge- 
schnitten, sie konnten sich aber nunmehr in südwestlicher und süd- 
licher Richtung über Bulgarien und Rumelien ausbreiten. 


Literaturverzeichnis. 
Systematischer Teil. 


Die auf die Asidinen bezügliche Literatur bis zum Jahre 1910 
ist von Gebien, Tenebrionidae I in Coleopterorum Catalogus von 
Junk-Schenkling auf p. 122—140 angegeben. Vom Jahre 1910 ab 
sind in folgenden Arbeiten neue Asidinenformen beschrieben worden: 

Bedel. Diagnoses de Col&opt&res nouveaux du Maroc oriental. Bull. 
Soc. ent. Fr. 1917 (1918), p. 363. — Asida nitida nov. sp. 

Bolivar. Asida (Alphasida) merceti nov. sp. (Span., Albacete). 
Bol. R. Soc. Esp. Hist. Nat. 14, 1914, p. 237—238. 

Casey. A Revision of the American Genera of the Tenebrionid 
Tribe Asidini. Memoirs on the Coleoptera III, 1912, p. 70— 214. 

Chatanay. Nouveaux Asidides de Madagascar. Insecta (Rennes) 4, 
1914, p. 1—13. — Leptasida gen.n., L. tenuipes nov. sp., Oryge nov. 
gen.. OÖ. rugosa nov. sp., Scotinesthes elegans nov. Sp. 

Derselbe. Sur quelques genres de Coleopteres heteromeres 
appartenant ä la faune Malgache. Bull. Mus. Paris 20, 1914, p. 284. 
— (leteus bisulcatus nov.sp., Ü. grandis nov. sp. 

Escalera. Nuevos coleöpteros de Marruecos. Bol. Soc. esp. de 
Hist. Nat. X, 6, Madrid 1910, p. 283— 284. — Machlasida telueti nov. 
sp., M. hach-tamii nov. sp. ’ 

Derselbe. Especies nuevas de Marruecos. T.c., X. 9, Madrid 
1910, p. 408--416. — Glabrasida conspuata nov. sp., @. tuberculipenmis 
nov. sp., @. melillensis nov. sp., @. alobipennis nov. sp., @. mazaganıca 
nov. sp., @. rabatica nov. Sp. 1 

Derselbe. Dos nuevas especies espafiolas del genero Asida. 
T. e., XII, 3, Madrid 1912, p. 166-—168. - Glabrasida uhagoni nov. Sp., 
Planosida candidoi nov. sp. A 

Derselbe. Una campafi2 entomologica en el Sus y deseripe'ön 
de los Colcöpteros recogidos en ella. Trab. Mus. Ciene. Nat. Ser. zool. 8, 


12. Heft 


310 Siegfried Wilke: Beitiäge zur Systematik und 


Madrid 1913, p. 39—40. — Glabrasida rotundieollis nov. sp., Machla- 
sida secsaut NOV. Sp. 

Derselbe. Los Coleöpteros de Marruecos, T.c., 11, Madrid 1914, 
p- 300-304. —- Planasida lanceocollis nov. sp., Machlasida segonraci 
nov. sp., Glabrasida subgracilis nov. sp. 

Gebien. Käfer aus der Familie Tenebrionidae, gesammelt auf der 
„Hamburger deutsch-südwestafrikanischen Studienreise“. Ham- 
burgische Universität, Abhandlungen aus dem Gebiet der Auslands- 
kunde, Bd. 5, Reihe C. Naturwissenschaften, Band 2, Hamburg 1920, 
p- 81-82. — Machla disecidalis nov. sp. 

Müller. Die ostadriatischen Asida-Arten. Wiener Ent. Zeitung 
XXXVL 1--2, Wien 1917, p. 1—17. — Asida brattiensis nov. subsp., 
A. meledana nov.subsp., A. pubipennis nov. subsp., A. ganglbaueri 
nov. subsp. 

Derselbe. . Tenebrionidae Dalmatiae. Verhandl. zool.-bot. Ge- 
sellschaft Wien 1920, 3.—5. Heft, p. 132 u. f. 

Pic. Melanges exotico-entomologiques. Fasc. 12, 1915, p. 12. — 
Cleteus grandis nov. sp. 

Reitter. Bestimmungstabelle der paläöarktischen Arten der Tene- 
brioniden-Abteilung Asidini. 55. Band der Verhandlungen des naturw. 
Vereins in Brünn, 1917. 


Allgemeiner Teil. 


Arldt. Die Entwicklung der Kontinente und ihrer Lebewelt. 
Leipzig 1907. 

de la Brulerie. Rapport sur l’excursion faite en Espagne. Ann. 
Soc. ent. Fr. VI, 1866. 

Douville. La peninsule iberique. A. Espagne. III. Bd., 3. Abt., 
v. Handbuch der Reg. Geol., herausgegeben von Prof. Steinmann (Bonn) 
und Prof. Wilckens (Jena). Heidelberg 1911. 

Handlirsch. Die fossilen Insekten und die Phylogenie der rezenten 
Formen. Leipzig 1906—1908. 

Holdhaus. Über die Coleopteren- und Molluskenfauna des Monte 
Gargano (unter besonderer Berücksichtigung der Adriatisfrage). 
Denkschr. Akad. Wissensch. Wien 87, 1912. 

Holdhaus und Deubel. Untersuchungen über die Zoogeographie 
der Karpathen. Abh. der zool.-bot. Ges. Wien, VI, 1, Jena 1910. 

Hope. Öbservations on the Fossil Insects of Aix in Provence, 
with Descriptions and Figures of three Species. Transact. Ent. Soc, 
London IV, 1845-47. 

Kolbe. Die zoogeographischen Elemente in der Fauna Madagaskars. 
Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde Berlin, 1887. 

Derselbe. Über die Entstehung der zoogeographischen Regionen 
auf dem Kontinent Afrika. Naturw. Wochenschr., N. F., J. Bd., 
Heft 13, Jena 1901. 

Derselbe. Coleopteren der Hamburger Magalhaensischen Sammel- 
reise. Hamburg 1907. 


geographischen Verbreitung ungeflügelter Tenebrioniden. all 


Derselbe. Die tiergeographischen Verhältnisse von Carabus 
cancellatus in Ungarn und benachbarten Gegenden. Ent. Rdsch., 
30. Jhg., Nr. 7—12, Stuttgart 1913. 

Kuntzen. Skizze zur Verbreitung einiger flugunfähiger Blatt- 
käfer (Metallotimarcha). Sitzungsber. Ges. naturf. Freunde, Berlin, 
1919. 

de Lapparent. Traite de Geologie. Ill. Paris 1900. 

Lehrs. Eine zoologische Sammelreise nach der Insel Pelagosa 
und entlegeneren Küstengebieten der Adria. 43. Bericht d. Sencken- 
berg. Naturf. Ges., Frankfurt a. M. 1912. 

Lemoine. Madagaskar. VII. Bd. 4. Abt. v. Handbuch der Reg. 
Geologie, herausgegeben von Prof. Steinmann (Bonn) und Prof. Wilckens 
(Jena). Heidelberg 1911. 

Mulsant. Histoire naturelle des Coleopt&res de France, Lati- 
genes, Paris 1854. 

Neumayr. Erdgeschichte. II. Beschr. Geol. Leipzig und Wien 
1895. 

Perris. Larves de Gol&opteres. Paris 1877. 

Rey. Essai d’etudes sur certaines Larves de Col&opteres. Beaune 
1887. 

Riley. Reports of Observations and Experiments in practical 
Work of the Division (of Ertomology) made under the direction of the 
Entomologist, together with extracts from correspondence on miscella- 
neous Insects. Bull. U. S. Dep. Agriec. Div. Ent. 4, 1884, p. 90. 

Rupertsberger. Biologie der Käfer Europas. Linz a. D. 1880. 
Nachträge 1894. 

Said. Asida fascieularis Germ. als Rebenfeind. Ill. Wochen- 
schrift f. Ent. Neudamm 1896. 

Scharff. The History of the European Fauna. J,ondon 1899. 

Schubert. Balkanhalbinsel. A. Die Küstenländer Österreich- 
Ungarns. V. Pd., Abt. la v. Handb. der Reg. Geologie, herausgegeben 
von Prof. Steinmann (Bonn) und Prof. Wilckens (Jena). Heidelberg 
1911. 

Serres. G£ognosie des Terrains Tertiaires du Midi de la France. 
Montpellier 1829. 

v. Wettstein. Grundzüge der geographisch-morphologischen 
Methode der Pflanzensystematik. Jena 1898. 

Wickbam. New Fossil Coleoptera from Florissant, with Notes 
on some already descrivoed. Am. Journ. of Science, 4. Ser. 29, 1910. 

Xambeu. Moeurs et Metamorphoses d’Insectes. Ann. Soc. Linn. 
Lyon, n.s. 40, 1895. 


12. Heft 


312 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Dr. Siegfried Wilke. 


Tafel-Erklärung. 


Tafel 1. 


. Alphasida bengasiana. 
. Alphasida mystica. 

. Asida latissima 3. 

. Asida latissima 9. 

. Afrasida bergi. 

. Afrasida propensa. 

. Afrasida innotata. 

. AfrasidabicostataFähr.f.wilmsi. 
. Afrasida leia. 

. Pseudomachla pumila. 
. Afrasida evanida. 

. Pseudomachla hirsuta. 


Tafel I. 


. Pseudomachla deses. 
. Pseudomachla casperti. 
. Pseudomachla portentosa. 


Pseudomachla ochracea. 
Parecatus voeltzkowi. 


. Pelecyphorus lugubris. 
. Bothrasida mucorea. 
. Bothrasida sanciae-agnae. 


Fig. 
Fig. 


. 39. 


Taiel IH, 


Parasida obliviosa. 
Parasida mistecae. 
Parasida esperanzae. 
Parasida purpusi. 


Parasida zacualpanicola. 


Stenomorpha blapsoides 
subsp. w/utacea. 


Stenomorpha montezuma. 


Stenomorpha orizabae. 


Tafel IV. 


Stenomorpha musiva. 
Stenomorpha uhdei. 
Stenomorpha clarissae. 
Trichiasida eremica. 
Scotinus gebieni. 
Scotinus teres. 
Scotinus ohuusti. 
Sertinus reticulatus. 


Vergrößerung 2 X. 


Sol. 


Archiv für Nat 


At 
Unter 
Sus ser 


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Sus indic 


1 


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Archiv für Naturgeschichte, 87. Jahrg. 1921, Abt. A 


Abbildg. 1 
Unterkiefer v.L. 
Sus scrofa ferus 


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Abbildg. 4 
Unterkiefer v. 4982 
Sus indic, domesticus 


(Bäumler) 


Abbildg. 2 
Unterkiefer v. 4784 
Sus scrofa ferus % (Halbdomestiziert) 


Abbildg. 5 
Unterkiefer v. 1037 
Weißer Suffolk 


Abbildg. 3 
Unterkiefer v. 506 
Sus scrofa domesticus 


Abbildg. 6 
Schädel v. 4982 
$us indic. domesticus , 


Bäumler: Die morphologischen Veränderungen des Schweineschädels unter dem Einfluß der Domestikation 


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Eivige neue Promecosoma-Arten. 


Von 
J. Weise. 


Die rein mexikanische Gattung Promerosoma ist durch den Habitus 
und die ausgerandeten Mittelschienen gut charakterisiert, nur wiride 
Jac. bildet mit ihren einfachen Mittelschienen eine Ausnahme. Die 
Arten wurden zum größten Teile von Lefevre beschrieben, jedoch 
von ihm hauptsächlich durch die Farbe unterschieden, und Jacoby 
hätte deshalb in der Biol. Centr.-Americ. versuchen müssen, weitere 
Merkmale zu finden; aber er begnügte sich damit, die Tiere aufzu- 
zählen, ohne sie eingehend zu beschreiben, was doch eigentlich in einem 
so groß angelegten Werke selbstverständlich gewesen wäre. 

Meiner Meinung nach ist auf die Bildung der Naht und der Spitze 
der Flögeldecken das größte Gewicht zu legen, denn nur dadurch lassen 
sich die Arten gruppieren und sicher auseinander halten. In der ersten 
Abteilung, deren Repräsentanten mit P. abdominale Lef. nahe ver- 
wandt sind, entfernt sich die untere Nahtkante namentlich hinter der 
Mitte ein wenig von der oberen, aber auf dem hinteren, fast allmählichen 
Abfalle zur Spitze nähert sie sich ihr wieder geradlinig und stößt mit 
ihr in der spitzwinkeligen, am Ende abgerundeten Nahtecke zusammen. 
Bei der zweiten Gruppe, zu welcher elegantulum, fervidum und die drei 
unten beschriebenen Arten gehören, biegt die untere Kante der Naht 
auf dem ziemlich plötzlichen Abfalle zur Spitze allmählich von der 
oberen ab und es entsteht so eine sehr lange, schmal dreieckige untere 
Nahtfläche, welche pechbraun gefärbt, hinten am breitesten, sodann 
in einen dornförmigen Zahn ausgezogen. oder am Innenrande dorn- 
förmig verlängert ist. In beiden Fällen erscheint der Hinterrand 
der Flügeldecken mehr oder weniger ausgebuchtet. Zur dritten Ab- 
teilung, mit einfacher Naht, gehört nur wride Jac. 

Promecosoma acuminatum n. Sp. 

Oblongo-ovatum, parum convexum, subtus nigrum, abdomine 
flavo, antennis basi, capite prothoraceque obscure fulvis, fronte maxima 
parte vittisque tribus prothoraeis (una media antrorsum angustata, 
altera laterali) nigricantibus, scutello nigro, elytris viridi-aeneis, crebre 
subseriatim rugulosa-punctatis, angulo suturali spiniformi-producto. 
— Long. 6,5 mm. Mexico (Hoege). 

Dem Pr. dispar Lef. in Körperform und Färbung sehr ähnlich, 
aber in der Bildung der Flügeldeckenspitze völlig abweichend. Sehr 
lang oval, wenig gewölbt, fettig schimmernd, unten schwarz, nur der 
Bauch gelb, der Kopf, die beiden ersten Fühlerglieder und das Hals- 
schild dunkel rötlich-gelb, die Stirn jederseits, sowie drei Längsbinden 
des Halsschildes (eine gleichbreite jederseits am Seitenrande und eine 
nach vorn verengte in der Mitte) schwärzlich und von der rötlichen 
Grundfarbe nicht scharf abstechend, Flügeldecken etwas glänzender 


12. Iefı 


314 J. Weise: 


als der Vorderkörper, dunkel metallisch grün, mit einem messing- 
farbigen, an der Naht mehr kupfrigen Schimmer. Kopfschild unten 
fast glatt, oben sehr fein sparsam punktiert und ven der Stiin kaum 
deutlich geschieden. Letztere mäßig dicht, dazwischen feiner punktiert. 
Halsschild etwa doppelt so breit wie lang, hinter der Mitte am breitesten, 
nach vorn mehr allmählich, nach hinten schneller gerundet-verengt, 
ungleichmäßig ziemlich dicht punktiert. Schildchen fast glatt, breiter 
wie lang, hinten breit abgerundet. Flügeldecken sehr dicht runzelig 
in nicht ganz regelmäßigen Doppelreihen punktiert, welche durch 
wenig gewölbte, von den Punkten angegriffene feine Zwischenstreifen 
getrennt werden: an der fast gemeinschaftlich schmal abgerundeten 
Spitze verlängert sich dıe untere Nahtfläche in einen spitzen lang drei- 
eckigen Zahn. 


Promecosoma dentafum n. sp. 


Oblongo-ovatum, parum convexum, nigrum, antennis articulis 
tribus primis maxima parte testaceis, labro, interdum etiam clypeoque 
fulvis, elytris obseure viridi-aeneis, parum nitidis, crebre subseriatim 
ruguloso-punctatis, angulo suturali dentieulo spiniformi armatis. — 
Long. 5,5 mm. Mexico (Hoege). 

Kleiner wie die vorige Art, hinten breiter abgerundet, lang oval, 
schwarz, oben fast matt, die ersten drei Fühlerglieder größtenteils 
rötlich-gelbbraun, die Oberlippe stets, das Kopfschild und ein feiner 
verloschener Saum auf der Vorderrandkante und am Seitenrande des 
Halsschildes zuweilen rötlich gelb, die Flügeldecken schwärzlich 
metallisch grün, am Seitenrande bisweilen bläulich, und die Runzeln 
und Rippen düster kupferig. Kopf sparsam punktiert. Halsschild 
ähnlich gebaut wie beim vorigen, ziemlich dicht und etwas runzelig 
punktiert. Schildehen wenig länger als breit, annähernd fünfeckig, 
glatt. Flügeldecken sehr dicht, runzelig in unregelmäßigen Doppel- 
reihen punktiert, die durch angedeutete ($) oder deutliche (9) Rippen 
getrennt werden. Von diesen ist die zweite, vierte und sechste beim 
Weibehen ziemlich kräftig. Die untere Spitzenfläche der Naht ist 
hinten, an der Innenseite, in einen kurzen Dorn ausgezogen, der nach 
hinten und innen gerichtet ist. 


Promecosoma emarginatum n. sp. 


Oblongo-ovatum, modice convexum, supra obscure coeruleo- 
aeneum, crebre sat fortiter ruguloso-punctatum, parum nitidum, 
antennis nigris, basi sternoque obscure ferrugineis, labro fulvo, ab- 
domine flavo; margine suturali elytrorum  apice valde dilatato postice 
oblique rotundatim- emarginato. — Long. 5.5—6 mm. Mexico (Hoege). 

In der vorliegenden Art ist der untere Nahtrand der Flügeldecken 
vor der Spitze am stärksten erweitert und am Ende in einem bedeuten- 
den Bogen schräg ausgerandet, so daß die innere Ecke ein Stück vor 
der äußeren liegt. Beide bilden einen scharfen Zahn, und die äußere 
ist zugleich die spitze Hinterecke jeder Flügeldecke. 

Der Körper ist sehr lang oval und hinten etwas mehr verengt wie 
bei den vorigen Arten, oben mäßig gewölbt, sehr dunkel bläulich me- 


Einige neue Promecosoma-Arten. 315 


tallisch grün, dicht runzelig punktiert und wenig glänzend. Fühler 
schwarz, die drei ersten Glieder teilweise rostrot; Bauch gelb, Brust 
dunkel rostrot, in der Mitte heller als an den Seiten. Oberlippe rötlich- 
gelb, Beine pechschwarz, Schenkel mehr rötlich. Die untere Hälfte 
des Kopfschildes ist sparsam punktiert, glänzend, auf den Flügeldecken 
bilden die Punkte ganz verworrene Reihen, die beim © zum Teil von 
vier schmalen, leicht erhöhten, aber deutlichen Längsrippen getrennt 
werden. Diese Rippen sind nebst einigen Runzeln kupferig-messing- 
gelb überflogen. 
Die hier erwäbnten Arten lassen sich kurz auf folgende Art trennen: 
1. Mittelschienen ausgerandet 2 
i‘. Mittelschienen nicht ausgerandet, obere und untere Nahtkante 
der Flügeldecken parallel, dicht übereinander, Hinterrand der 
Flügeldecken mäßig breit, flach ausgerandet. Körper lebhaft 
metallisch grün, Basis der dunklen Fühler, Seiten des Bauches 
und die Beine rötlichgelb, Tarsen schwärzlich. das erste Glied 
derselben an den Vorderbeinen auffällig breit ($). L. 5 mm. 
viride Jac. 
Die obere Nahtkante liegt von der unteren etwas entfernt und 
begrenzt mit ihr eine schmale Fläche, die sich auf dem Abfalle 
zur Spitze allmählich verengt. Letztere ist sehr schmal, abge- 
rundet. L. 6—8 mm. 
a) Kopf, Thorax und Brust schwarz, Bauch gelb, Flügeldecken 
dunkel metallisch grün. abdominalis Lef. 
b) Kopf und Thorax größtenteils rostrot, Brust und Bauch 
rotlich-gelb, die vier Vorderschenkel ähnlich gefärbt. 
ab. dispar lief. 
2’. Die untere Nahtkante, welche vorn dicht neben der oberen liegt. 
entfernt sich auf dem Abfalle zur Spitze von derselben und be- 
grenzt dadurch mit ihr eine sehr lang-dreieckige Fläche, welche 
in einen oder zwei spitze Zöhne endet 3 
3. Die Spitzenfläche der Naht ist hinten in tiefem Bogen aus- 
geschnitten und endet in zwei Zähne, von denen der innere er- 
heblich vor dem äußeren liegt; dieser bildet zugleich die Hinter- 
ecke der Flügeldecken. L. 5,5—6 mm. emarginatum 


10) 


3°. Die Spitzenfläche der Nahlt bleibt von der stumpfwinkeligen 
oder abgerundeten hinteren Außenecke der Flügeldecken ent- 
fernt und endet in einen Zahn 4 

4. Dieser Zahn ist verhältnismäßig groß und vorn so breit wie die 
ganze Spitzenfläche der Naht. — L. 6,5 mm. acumınalum 

4°. Der Zahn ist klein und wird nur vom inneren Teile der Spitzen- 
fläche gebildet 5 

5. Hintere Außenecke der Flügeldecken stumpfwinkelig. — L. 6 
bis 7 mm. elegantulum Lef. 

5°. Hintere Augenecke der Flügeldecken breit abgerundet. — L. 5,5 mm 
dentatum 


— 0 — 


12. Heft 


Über die Lebensweise von Chrysomela 
lichenis Richter. 


Von 
J. Weise. 


Wer in der ersten Hälfte des Juni das Riesengebirge besucht, 
findet auf dem Kammwege, bei gutem Wetter, eine Anzahl von 
Käfern, die in unglaublicher Menge dort im Sande umherkriechen. 
Zwischen der Spindler- und Peterbaude sind es hauptsächlich einige 
der gewöhnlichen Byrrhus- und Flateriden-Arten, kleine Carahcinen, 
Staphylinen, Gastrordea viridula und .Plinthus Tischeri; nach der 
sroßen Sturmhaube hin gesellen sich zu ihnen ziemlich sparsam Ti- 
marcha metallica, Chrysomela rufa und sehr reichlich Chrysomela 
lichenis, die sich gerade in der Begattung befindet. Sie ist, wie alle 
echten Chrysomelen ein Nachttier, welches jetzt im Sonnenscheine 
an den Seiten des Weges entlangkriecht, um seinen Wohnort auf- 
zusuchen. Dieser befindet sich in den kurz berasten Wiesenflächen 
auf den dort zahlreich vorhandenen isolierten kleinen Hügeln oder 
Erhebungen, die aus Blaubeergebüsch (Vaceinium myrtillus L.) be- 
stehen, unter dem sich die Isländische Flechte (Isländisch Moos, 
Cetraria islandica Achar.) in dichten Polstern angesiedelt hat. Wenn 
man auf solchen Erhöhungen z. B. dieht über der Elbfallbaude 
am Wege nach dem Pantschefalle oder nach der Wosseckerbaude 
hin die Flechtenpolster auseinanderreißt, findet man immer sicher die 
Chrysomela lichenis nm Gesellschaft von Timarcha metallica. Beide nähren 
sich ausschließlich von Blaubeerblättern und ihr rötlichblaues Blut 
ähnelt ganz der Farbe einer dünnen Blaubeersuppe. An Stellen, wo 
die Isländische Flechte allein ganze Strecken überzieht, sucht man die 
Ohrysomela lichents vergeblich, da die Futterpflanze fehlt. Larven 
und Imagines fressen Löcher in die Blaubeerblätter. 

Ich habe natürlich das Tier in Menge lebend mit herunterge- 
nommen und lange Zeit gefüttert: aber das Aufziehen der larven 
ist mir nicht geglückt (und dürfte überhaupt niemand gelingen), weil 
sich die Futterpflanze wegen ihrer langen holzigen Wurzeln kaum 
unbeschädigt ausgraben und im Blumentopfe weiterziehen läßt, so 
daß unbedingt jeden Tag frisches Futter besorgt werden muß. Aber 
die Larven gehen nicht von selbst von den vertrocknenden Zweigen 
auf die frischen über und verhungern allmählich. Es machte mir ganz 
besonderes Vergnügen, gerade 100 Jahre nach der Beschreibung des 
Tieres das letzte Glied in der Kette seiner Entwicklung am Original- 
fundorte feststellen zu können. 


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FORTGESETZT VON 


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E. VON MARTENS, F. HILGENDORF, 
W. WELTNER UND E.STRAND 


| W.F. ERICHSON, F.H. TROSCHEL, 
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SIEBENUNDACHTZIGSTER JAHRGANG 
1921 


Abteilung A 
11. Heft 


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HERAUSGEGEBEN 
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NICOLAISCHE 


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R) | Jeder Jahrgang besteht aus 2 Abtellungen zu je 12. He 
| 92 (Abteilung A: Original-Arbeiten, Abteilung B: Jahres-Bi 
ir = De 52 Jede Abteilung ‚kapn, einzeln abonniert; worden. Ba 


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Das Archiv für. Naturgeschichte, ausschließlich zoologischen 
Inhalts, besteht aus 2 Abteilungen, 

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Jedes Heft hat besonderen Titel und Inhaltsverzeichnis, ist 
für sich paginiert und einzeln käuflich. 

Die Jahresberichte behandeln in je einem Jahrgange die im 
Laufe des vorhergehenden Kalenderjahres erschienene zoologische 
Literatur, 

Die mit * bezeichneten Arbeiten waren dem Referenten nicht 
zugänglich. 

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Inhalt der Jahresberichte. 


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1. I. Mammalia, j% 
| 2: II. Aves. Hr 


3. II. Roeptilia und Amphibia. RR 
4, IV. Pisces. FRE 
5. Va. Insecta. Allgemeines. 

52 b. Coleoptera. 

HR 0% c. Hymenoptera. ” 


File d. Lepidoptera. 
SER De: e. Diptera und Siphonaptera. 


® ey LEER f, Rhynchota. 
1 a 9 g. _ Orthoptera— Apterygogenea. 

I Re: 10% ER VI, Myriopoda. 

00.0. VI Arachnida. 


REEL, VII. Prototracheata. 
he IX, Orustacen: Malacosirace, Entomostraca, Gigantosten tra 
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 Mollusea. Anhang: Baenoguncn, Paiplaapo 


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Man wende sich an den Herausgeber 


Der Verlag: Der Herausgeber: 


Nicolaische Embrik Strand 
Verlags-Buchhandlung R. Stricker 
Berlin W 57, Potsdamer Str. 90 Berlin 3 DE: BEIUBRERN BR 


Entomologischer Jahresbericht 
Jahrgang: 
1838 — 1915 


Entomologische Zeitschrift ni 


Jahrgang: 
1838 — 1916 


Der Jahresbericht sowohl wie die Zeitschrift enthalten Arbeiten von 


Erichson, Schaum, Gerstaecker, F. Brauer, Bertkau, von Martens, Fowler, rs 
Hilgendorf. Kolbe, Stadelmann, Verhoeft, Wandolleck, R, Lucas, von Seidlitz, Na 


Kuhlgatz, Schouteden, Rühe, Strand, Ramme, La Baume, Hennings, Grabstein) 
Stobbe, Stendell, Nägler, Illig. 


Krelis Buchdruckerei, Berlin Sıa Er BAR 
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ARCHIV 
NATURGESCHICHTE 


GEGRÜNDET VON A. F. A. WIEGMANN, 
FORTGESETZT VON 
W.F. ERICHSON, F.H. TROSCHEL, 


E. VON MARTENS, F. HILGENDORF, 
W. WELTNER UND E.STRAND 


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SIEBENUNDACHTZIGSTER JAHRGANG 


1921 s 
Abteilung A : : 
12. Heft | : h; 
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EMBRIK STRAND 
(BERLIN) 


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‚der Jahrgang besteht aus 2 Abteilungen zu jo 12 Heften. 

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Jede | eilung "kann einzeln abonniert werden. PER } 


Dr. TH 
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Anordnung des Archivs. 


3 


Das Archiv für Naturgeschichte, ausschließlich zoologischen 
Inhalts, besteht aus 2 Abteilungen, 

Abteilung A: Original-Arbeiten 
Abteilung B: Jahres-Berichte 

Jede Abteilung erscheint in je 12 Heften jährlich. 

Jedes Heft hat besonderen Titel und Inhaltsverzeichnis, ist 
für sich paginiert und einzeln käuflich. 

Die Jahresberichte behandeln in je einem Jahrgange die im 
Laufe des vorhergehenden Kalenderjahres erschienene‘ zoologische 
Literatur, 

Die mit * bezeichneten Arbeiten waren dem Referenten nicht 2 i 
zugänglich. ” 

Die mit } bezeichneten Arbeiten behandeln fossile Formen. 


Honorar für Jahresberichte . 90,— M. pro Druckbogen, 
> „ Originalarbeiten . 60,— M. „ 
oder 30 Separata. 


Über. die eingesandten Rezensionsschriften erfolgt regelmäßig RL 
Besprechung nebst Lieferung von Belegen. Zusendung erbeten an 
den Verlag oder an den Herausgeber. Big ART 


Der Verlag: 


Nieolaische 


Verlags-Buchhandlung R. Stricker _ | I 
Berlin W, Potsdamerstr. 90. aan. 2 


‚Der Herausgeber: Me. 
Embrik Strand, 


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Inhalt der Jahresberichte. 


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Mammalia. 
Aves. 
Reptilia und Amphibia. 


Pisces. 


Insecta. Allgemeines, 


Coleoptera. 

Hymenoptera. 

Lepidoptera. 

Diptera und Siphonaptera. 
Rhynchota. 

Orthoptera— Apterygogenea. 
Myriopoda. 


 Arachnida. 


Prototracheata. 


Crustacea: Malacostraca, Entomostraca, Gigkütostsäcen 
Tunic ER | le 


Mollusca. Anhang: Solms Polyplacophora.. 


Nieolaisehe Verlags-Buchhandlung R. Strieker, 
Berlin W 57, Potsdamer Str. 90. ” 


Archiv für Naturgeschichte 


zahlt für 
Original-Arbeiten 1... Honorar von 60,— M. 
na 80 Separata. 


Man wende sich an den Herausgeber 


Der Verlag: Der Herausgeber: 


Nicolaische Embrik Strand 
Verlags-Buchhandlung R. Stricker Berlin N 54, Brunnenstr. 183 


Berlin W 57, Potsdamer Str. 90 


Entomologischer Jahresbericht 
Jahrgang: 
1838 — 1915 


Entomologische Zeitschrift 
Jahrgang: 
1838 — 1916 


Der Jahresbericht sowohl wie die Zeitschrift enthalten Arbeiten von: | 
Erichson, Schaum, Gerstaecker, F. Brauer,  Bertkau, von Martens, Fowler, Wi ei 
Hilgendorf, Kolbe, Stadelmann, Verhoeff, Wandolleck, R. Lucas, von Seidlitz, 4 
Kuhlgatz, Schouteden, Rihe, Strand, Ramme, La Baume, Hennings, Grünberg, ‘4 A R | 

Stobbe, Stendell, Nägler, Illig. be JeR, = Kin: 


Krolls Buchdruckerei, Berlin Si. iR Taf 


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