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Full text of "Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde 49.1923-50.1924"

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ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

1. ABDERHALDEN-HALLE A. S., ST. ANGELOFF-SOFIA, M. CASPER-BRESLAU, 
LEBER-LEIPZIG, W.ELLENBERGER-DRESDEN, W.ERN8T-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH, K. HOBSTETTER-JENA, F. HUTYRA VON SZEPESHELY- 
BUDAPEST, H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK- 
BUDAPEST,H.MEESSNER-HANNOVER,K.NEUBIANN-BERLIN,A.OLT-GIESSEN 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜ RIO H 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON';' 

K. NEU MANN 
49. BAND 

MIT 64 TEXTABBILDUNGEN 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 

1923 



Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig 



vu. 

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Inhaltsverzeichnis. 

Seite 

Miessner, H. Weiheredc anläßlich der Enthüllung des Schützdenkmals am 

22. Oktober 1922. (Mit 1 Textabbildung). 1 

Neumann und Reinhardt. Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes ... 9 

Frosch, P. Die Morphologie des Lungenseucheerregers. (Eine mikrophoto¬ 
graphische Studie.) (Mit 10 Textabbildungen). 35 

Dahmen, Hans. Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs 49 
Zeller, H. Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des 

Rindes. 65 

Hock, R. Das Vorkommen von autogenem Pigment in den Milzen und Lebern 

gesunder und kranker Pferde. (Mit 2 Textabbildungen).117 

Bücherbesprechungen .134 

Kantorowicz, R. und F. H. Lewy. Neue parasitologisehe und pathologisch¬ 
anatomische Befunde bei der nervösen Staupe der Hunde. (Mit 

19 Textabbildungen).137 

Neumann, K. und E. Blankenburg. Ist die Hufkrebsbehandlung mit S0 2 - 
Ga9 durch eine solche mit Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? (Mit 

10 Textabbildungen).158 

Pataki, P. Zur Behandlung der Beschälseuche.180 

Quinlan, John. Die Übertragungsmöglichkeit von Ahortus-Bacillen auf 

Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefuttert werden . . 192 

Büeherbesprechungen .243 

Drahn, Fritz.- Zur Entstehung der Hyperdaktylic beim Schwein. Eine 

embryologisch-entwicklungsmechanische Studie (Mit 7 Textabbildungen) 245 
Reinhardt, Gurt. Eine Ersparnis und Verbesserung beim Hufverband. (Mit 

3 Textabbildungen).. . . . 261 

Brasch, Hans. Versuche über die klinische Verwendbarkeit des Oxydiphenyl- 

methans „Allegan-Bayer“ als Wurmmittel .264 

Frosch, P. Zur Morphologie des Lungenseucheerregers. n. Mitteilung. (Mit 

12 Textabbildungen).273 

Dahmen, Hans. Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 

H. Mitteilung.283 

Sehlegel, M. Mitteilungen aus dem Tierhygienischen Institut der Univer¬ 
sität Freiburg i. Br. im Jahre 1922 289 

Bücherbesprechungen ..304 

Autorenverzeichnis ..308 





















ARCHIV 


X 



FCR 


WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 


TIERHEILKUNDE 


HERAUSGEG EBEN'} 


vos 


E. ABDERHALDEN-HALLE A. 8., ST. ANGELOFF-SOFIA, SL CASPER-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. EBNST-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH, tu IIOB8TETTER-,) EN A, F. HÜTYBA VON SZEPE8HELT 
BUDAPEST, H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J.MAREK- 
BUDAPEST, II.MIESSNER-HANNOYER, K.N EUMANN-BERLIN, A.OLT-GIESSEN, 


A. STOSS-MÜNCIIEN, E. ZSCIIOKKE-ZÜRICH 


UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HO BST ETTER 


REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 

49. BAND. 1./3. HEFT 

MIT 13 TEXTABBILDUNGEN 
(AUSGEGEBEX AM 30, DEZEMBKU 1022) 



BERLIN 


VERLAG VON JULIUS SPRINGER 


1922 



II 


Archiv filr wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde. 4t). Band, Heft 1/8. 


Das „Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde“ 

erscheint in Bänden von je 6 Heften. Der Preis für den 49, Band beträgt M. 2400.— 
Der für diese Zeitschrift berechnete B&ndpreis bat seine Gültigkeit nur während der Dauer des 
Erscheinens. Der Verlag muß sich bei der Unsicherheit der Entwicklung der wirtschaftlichen Ver¬ 
hältnisse Vorbehalten, den zurzeit geltenden Preis nach Abschluß des Bande« zu erhöhen. 

Auf Bestellung erhält jeder Verfasser bis 30 Sonderabzüge seiner Arbeit un¬ 
entgeltlich. 

Einsendungen für das Archiv werden erbeten an: 

Herrn Professor Dr. Neu mann , Berlin NW, Luisenstraße 56 1 
Herrn Professor Dr JA i es $ ne r, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh . Reg.-Rat Professor Dr. Hobstetter, Jena, Veterinäranstalt . 

Es wird vorausgesetzt, daß die eingesandten Arbeiten dem „Archiv“ zum alleinigen 
Abdruck gegeben werden; Zweidrucke sind von der Aufnahme ausgeschlossen. 

Im Interesse der unbedingt gebotenen Sparsamkeit wollen die Herren Verfasser aut 
knappste Passung ihrer Arbeiten und Beschränkung des Abbildungsmaterials auf das 
unbedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Verlagsbuchhandlung Julius Springer 


49. Band. 


Inhaltsverzeichnis. 


L/3. Heft 

Seite 

Miessner, H* Weihered« anläßlich der Enthüllung des Schützdenkmals am 

22. Oktober 1922. (Mit 1 Textabbildung).„ . 1 

Neuinami und Reinhardt. Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 9 

Frosch, P. Die Morphologie des Lungenseucheerregers. (Eine mikrophotogra- 

phiache Studie). (Mit 10 Textabbildungen) . . , ..35 

Dahnieu, Hans. Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs .... 49 

Zeller, H* Weitere Untersuchungen über das seuehenhafte Verwerfen des Rindes 65 
Hock, B. Das Vorkommen von autogenem Pigment in den Milzen und Lebern 

gesunder und kranker Pferde. (Mit 2 Textabbildungen).. 117 

Bücher bcsprechunyen .... 134 



Das bewährte ISTIZIN vet. 

ist jetzt erhältlich 
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Weiherede anläßlich der Enthüllung des Schützdenkmals 

am 22. Oktober 1922. 

Von 

H. Miessner, Hannover. 

Hochverehrte Gattin sowie weitere Angehörige des Verstorbenen, 
Eure Magnifizenz, sehr verehrte Anwesende, liebe Kollegen und Kommi¬ 
litonen! Wir befinden uns auf einem geweihten Boden, auf dem ein 
Denkmal des Mannes entstanden ist, der fast 50 Jahre hindurch an 
dieser Hochschule in aufopfernder und selbstloser Hingabe gewirkt 
hat. Mir ist die hohe Ehre zuteil geworden, am heutigen Weihetage 
der Arbeit des großen Meisters, meines hochgeschätzten Lehrers, zu 
gedenken. Dabei soll nicht verschwiegen werden, daß von manchen 
Seiten Zweifel geäußert wurden über die Zweckmäßigkeit der Errich¬ 
tung von Denkmälern in der jetzigen Zeit der schwersten wirtschaft¬ 
lichen Sorgen. Ich persönlich stehe auf einem anderen Standpunkte. 
Mag die Zukunft noch so düster vor uns liegen und das Leben wenig 
lebenswert erscheinen lassen, so bedarf der Mensch doch erst recht 
der Lichtpunkte und Ruhestätten, die ihn von dem bejammernswerten 
Erdenleben ablenken und Gelegenheit zur Erbauung geben, um neue 
Kraft für den mühseligen Pilgerweg auf dieser Erde zu sammeln. Einem 
solchen Zwecke sei auch unser Denkmal geweiht; es soll uns aus der 
materialistischen Gegenwart herausreißen, uns jeden Augenblick wieder 
vergegenwärtigen, daß wir in dieser hastigen, nur nach irdischen Gütern 
strebenden Zeit nicht vergessen, was durch eisernen Willen und rück¬ 
sichtslose Pflichterfüllung zu erreichen ist. Das Denkmal soll ferner 
erzieherisch auf unsere heranwachsende Jugend wirken und ihr stündlich 
und täglich beim Vorübergehen immer wieder unsere Geistesheroen 
zum Ansporn und zur Nacheiferung vor Augen führen. Von dem Stand¬ 
punkte betrachtet erscheint die Anschauung, in dieser Zeit schwerer 
Not von der Errichtung von Denkmälern abzusehen, kleinmütig. Daß 
die Mehrzahl der Freunde, Verehrer, Kollegen und Schüler des hohen 
Meisters anders dachte, ist heute durch die Tat bewiesen, wo es uns 
ermöglicht ist, nicht ganz 2 Jahre nach seinem Tode ein von Künstler¬ 
hand geschaffenes Denkmal einweihen zu können und die große Zahl 
der Erschienenen beweist mir, daß sie diesen Tag nicht ohne Ehrung 
des großen Toten vorübergehen lassen wollen. Es mag uns daher in 
Arch.LX1erheiIk.XLIX. 1 




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du fitr Stunde der Erbauung ein kürzer Rucküluk übe-r- dio Tätigkeit 
undBßWfen&kraft des 'Kntöehlftfenw gewährt «iti 5 :j- 

WilfiHlm Schütz wurde am 15. iX. IK3Ö io Berlin geboren und'hatte 
^etpiaa^dt bei «einem gm'7. XI ifföO ^bdik 

und rtensH d<vs. bfWwichv’’ Alter bei weitem- üljerÄcHritten. Wenn wir 
da« Leben des hervorragenden Mannes an unseivnt geistigen Auge 
vörijbersjieheri lasse«, s» kommen wir daß' wir es mit 


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einer gidchniäßigeii, ständig ansteigend;.-« Kurve *u tun hatte«. Der 
xikhiui, iwiartnädiiehen und aielbewuiJten Arbeitskraft, die ^ittliitjoreh 
kfcidw Eortsehritte 

ujul großen Erfolge GMelptvn $u verUiiijjke«.' Er h&tt« v«n* Anfang 
au eirie starke Keimung xur ttiÄ-iustOiaft licU*-R Bt täüguug und widmete 
Tasfc selii ganzes -^feeti^di^ser'Kichttirig. Der E»t&»h1afeiüs sprach selbst 
einmal von dem idealen <<vist.-. der jeden i rfülh,. weicher ihn Einfluß 
wahier NViasenseJudt. Rennen gelernt hat. Lös vUiiek kam ihr« dabei 
« weifdlos Kö Hilfe. Seine Tätigkeit ft» l in t me &>it de ! grdßivn ßrttwicik- 
lotlg der Veterinärmedizin. der tierarzt bellen Bildiingsanstaiteu und de.' 


Weiherede anläßlich der Enthüllung des Schutzdenkmals am 22. Okt. 1922. A 

tierärztlichen Standes. Durch die Vorarbeiten eines Virchow hatte 
sich die pathologische Anatomie die Existenzberechtigung unter den 
übrigen medizinischen Disziplinen erworben. Unserem Entschlafenen 
war ein ähnlicher Ausbau dieser Wissenschaft auf veterinärmedi¬ 
zinischem Gebiete Vorbehalten; man übertrug ihm am 1. IV. 1870 
die erste selbständige tierpathologisch-anatomische Dozentur. Der 
junge Lehrer konnte sich nun ganz seinen Lieblingsstudien widmen, 
ihm verdanken wir die Einführung der Zellenlehre Virchotos in die 
Veterinärmedizin, ferner eine Zerlegungstechnik, welche noch heute nach 
fast 50 Jahren unangetastet und imverändert als Muster besteht. Zahl¬ 
reiche klassische Einzelarbeiten über die Entwicklung der Lungen¬ 
entzündungen, des Rotzes u. a. legten schon damals den Grund zu der 
führenden Rolle, welche der Vater der tierpathologischen Anatomie 
bald einnehmen sollte. Seiner seltenen Begabung war es zu verdanken, 
daß er mit weitseherischem Blicke frühzeitig die Bedürfnisse der Zeit 
erkannt und die Spreu von dem Weizen zu trennen wußte. Daß auch 
dies eine beneidenswerte Gabe ist, lehren uns das alltägliche Leben 
und die Geschichte; Völker und Fürsten sind untergegangen, weil 
sie es nicht verstanden, den tüchtigsten Männern des Staates eine 
führende Rolle anzuweisen. Der Forscher erkannte weiterhin sofort 
die Bedeutung Robert Kochs für unsere Veterinärmedizin und er, der 
kaum den aufsehenerregenden Lehren Rudolf Virchows über die Cellular¬ 
pathologie entwachsen war, wandte sich damals mit gleichem Eifer 
dem Studium der Kleinlebewesen und ihrer Bekämpfung zu. Ein Vir¬ 
chow vermochte sich nicht mehr umzustellen, er war derartig durch 
seine Zellenlehre befangen, daß er sich nur schwer zur Erkenntnis 
der ätiologischen Bedeutung von Bakterien für die Entstehung von 
Krankheiten durchringen konnte. Mit großem Interesse habe ich die 
würdige Feier anläßlich des 40 jährigen Gedenktages der Bekanntgabe 
der Entdeckung des Tuberkelbacteriums von Robert Koch am 24. III. 
1882, welche wiederum am physiologischen Institute der Universität 
.stattfand, gelesen. Es versammelte sich damals ein auserlesener Kreis 
erster Naturwissenschaftler, wie Dubais-Reymond, Helmholtz, Ehrlich, 
Oaffky, Löffler u. a., nur Virchow wurde vermißt, er war femgeblieben 
und hatte heftige Kritik an den unreifen Arbeiten jener neuen Männer 
geübt. Muß man es bei dieser Sachlage nicht doppelt anerkennen, 
wenn ein Mann wie Schütz mit dem geringen wissenschaftlichen Rüst¬ 
zeug, welches ihm zu damaliger Zeit die Veterinärmedizin bieten konnte, 
und von jugendlichem Eifer völlig gefesselt in den Anschauungen seines 
Lehrers Virchow, sofort weit vorausschauend, die Bedeutung der Koch¬ 
sehen Entdeckung zu würdigen verstand? Hierin liegt nur einer der 
genialen Züge des Verstorbenen. Diejenigen tun großes Unrecht, welche 
sich damit abfinden wollen, daß Schütz nur die Lehren der Medizin 


1* 



4 


II. Miessner: 


in die Veterinärmedizin übertragen hätte! Nein, Schütz leistete schöpfe¬ 
rische Arbeit, bei der großen Verschiedenheit von Human- und Veterinär¬ 
medizin war es mit der einfachen Übertragung nicht getan! Glauben 
Sie wirklich, daß unsere Wissenschaft sich so explosionsartig entwickelt 
hätte, und daß das Ansehen des tierärztlichen Standes in gleichem 
Maße gewachsen wäre, wenn nicht unsere geistigen Führer rechtzeitig 
die Hebel angesetzt hätten ? Mit der Übernahme der Koch sehen Lehren 
und Technik beginnt nun ein zweiter Lebensabschnitt unseres Alt¬ 
meisters. Er versuchte mit Eifer in die biologischen Feinheiten der 
Kleinlebewesen einzudringen und es gelang ihm dabei, die Erreger 
verschiedener Seuchen zu ermitteln, Bekämpfungsmethoden anzugeben 
und vor allen Dingen Verfahren auszuarbeiten, welche für die Diagnose 
der Seuchen von unschätzbarem Werte sind. Er hat uns den Weg 
gewiesen und geebnet, indem er die Lehren eines Koch auf die Veterinär¬ 
medizin übertrug, ihm folgten später zahlreiche Forscher des In- und 
Auslandes. Seinen Anregungen verdanken wir die einzig dastehenden 
Erfolge, welche die Veterinärmedizin in der Rotzbekämpfung in Deutsch¬ 
land und vor allen Dingen während des großen Weltkrieges zu verzeichnen 
hatte. Trotzdem bei unseren ständig siegreich vorrückenden Heeren, 
durch Vermischen der Pferde bestände mit den stark verseuchten Vieh¬ 
beständen der östlichen Feinde bald die Rotzkrankheit überhand nahm, 
gelang es, ihrer in kurzer Frist Herr zu werden. Mit besonderer Genug¬ 
tuung hat sich Schütz dieser Erfolge erfreut, und das ihm seitens des 
Kriegsministeriums verliehene Eiserne Kreuz am weiß-schwarzen Bande, 
welches einem Nichtkriegsteilnehmer nur bei ganz hervorragenden 
Verdiensten zuteil wurde, war für ihn eine der schönsten Auszeich¬ 
nungen. Grundlegende Arbeiten über die Schweineseuchen, die Hämo¬ 
globinurie, die Menschen- und Rindertuberkulose, die Erkennung des 
Milzbrandes u. a. waren das Ergebnis emsiger Forschertätigkeit. 

Daß bei seinen umfangreichen Untersuchungen gelegentlich auch 
Fehlschlüsse unterliefen, die zu Preßfehden Anlaß gaben, ist leicht 
verständlich. Bei der peinlichen Gewissenhaftigkeit aber, mit der 
Schütz seine Publikationen anfertigte, gehörten solche irrtümlichen An¬ 
gaben indes zu den Seltenheiten. Vielfach beharrte Schütz lediglich 
aus didaktischen Gründen auf seiner vorgefaßten Meinung. Nur seinem 
zähen Durchhalten ist es zu verdanken, daß die serologischen Methoden 
zur Bekämpfung der Rotzkrankheit, welche bei der immerhin großen 
Unzuverlässigkeit der anfänglich benutzten Agglutination Gefahr liefen, 
gänzlich ausgeschaltet zu werden, doch weitergeführt wurden. Mit gleicher 
Energie verfocht er die Lehre von der Nichtverkalkung des Rotzknotens 
vorwiegend aus dem Grunde, um die praktischen Tierärzte bei der 
Schwierigkeit der Materie davon abzuhalten, den in den Lungen zahl¬ 
reich vorkommenden Knoten leichthin Rotzcharakter zuzusprechen. 



Weiherede anläßlich der Enthüllung des Schutzdenkmals am 22. Okt. 1922. 5 

Ebenso hervorragend wie auf dem Gebiete der experimentellen 
Forschung waren seine Fähigkeiten als Lehrer und Redner. Überall, 
wo Schütz sprach, wußte er die Zuhörer von Anfang bis zu Ende zu 
fesseln. Niemand hat seinen Vortrag verlassen, ohne erbaut gewesen 
zu sein von dem Inhalt und seiner Redeweise. Er war ein Meister 
der Sprache, und da er die Wissenschaft vollständig beherrschte, 
<o gewannen seine Vorträge, die stets glänzend vorbereitet waren, 
im In- und Auslande immer mehr an Ruf. Ausländer eilten in großer 
Zahl nach Berlin, um seinen Vorlesungen zu lauschen, in seinem 
Institute zu arbeiten. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm aus diesem 
Grunde zuteil. Seiner Vortragsweise und seinem Fleiß, den er für 
jede Vorlesung bis ins hohe Alter aufwandte, ist der große Einfluß 
zuzuschreiben, welchen Schütz auf die studierende Jugend ausübte. 
Der Mangel an Demonstrationen muß zwar zugegeben werden, trotz¬ 
dem verstand es jedoch Schütz durch die Klarheit seiner Rede, durch 
einige leicht hingeworfene schematische Zeichnungen das Verständnis 
für die Sache zu wecken und zu fördern. Berühmt ist seine Schlag¬ 
fertigkeit in der Gegenrede; die Leitung der Hundertjahrfeier der 
Tierärztlichen Hochschule in Berlin im Jahre 1890 und die Feier an¬ 
läßlich seines 50jährigen Berufsjubiläums im Jahre 1910 gehören zu 
seinen akademischen Glanzleistungen. Trotz der großen Zahl der Gratu¬ 
lanten aus den hohen und höchsten Behörden, aus allen Kreisen der 
Wissenschaft und Praxis, ließ Schütz keine Rede vorüber, ohne persön¬ 
lich in geistreicher und treffender Weise, unter dem Beifall der Menge 
zu antworten und zu danken. 

Nicht minder verdient als um die Wissenschaft hat sich unser Alt¬ 
meister auch um die Hebung des tierärztlichen Standes gemacht, indem 
er dauernd an der Verbesserung arbeitete. Er erstrebte sein Ziel nicht 
durch persönliche Teilnahme an Standesfragen in Vereinen zu erreichen, 
sondern vielmehr dadurch, daß er das Niveau der Ausbildung und die 
Qualität des einzelnen zu heben suchte. Es mußte dazu die Ausbildungs¬ 
stätte auf eine breitere, den Universitäten angepaßte Basis gestellt 
und dadurch der Veterinärmediziner dem Universitätsstudenten als 
Vollakademiker gleichwertig werden. Dies war nur möglich durch 
Erhebung der Tierarzneischulen zu Hochschulen mit dem Abiturienten- 
f mmen als Vorbedingung für die Aufnahme und durch die Verleihung 
des Promotionsrechtes. Diese drei Kleinodien, wie sie Schütz bei seiner 
Jubiläumsfeier nannte, tauschte das Ministerium gegen die wissen¬ 
schaftlichen Fortschritte auf dem gesamten Gebiete der Veterinär¬ 
medizin, besonders auch auf dem der Seuchenbekämpfung ein. Nur 
dem uneingeschränkten Wohlwollen unseres Landwirtschaftsministe¬ 
riums und dem vollen Verständnis für die volkswirtschaftliche Bedeutung 
der Veterinärmedizin ist diese Förderung unseres Standes zu verdanken. 



6 


H. Micssner: 


Männern wie dem leider zu früh verstorbenen Unterstaatssekretär 
Küster und Ministerialdirektor Schröter schuldet der tierärztliche Stand 
hierfür ewig Dank. Aber unsere führenden wissenschaftlichen Geister, 
an ihrer Spitze Schütz, hatten keinen geringeren Anteil, da sie der 
Veterinärmedizin durch ihre Person und ihre Tätigkeit erst die ihr 
zukommende Achtling verschafft hatten. Keine leichte Arbeit bei den 
teils berechtigten, teils ungerechten Vonurteilen, mit denen unser Stand 
zu kämpfen hatte. Die tierärztliche Wissenschaft war zu jung, sie 
hatte sich aus einfachen praktischen Verhältnissen heraus entwickelt, 
und erst das Ende des 19. Jahrhunderts brachte ihr den ihrer wirklichen 
Bedeutung entsprechenden und für das weitere Gedeihen unbedingt 
notwendigen Aufstieg und die äußere Anerkennung. Der große Einfluß 
von Schütz konnte nicht besser zum Ausdruck gebracht werden als in 
einer Ansprache des Obersten von Krane, Vertreters des Kriegsministe¬ 
riums, gelegentlich Schütz* Jubiläumsfeier: Als die Einführung der Uni¬ 
versitätsreife auf des Messers Schneide stand, hatte Schütz durch sein 
wundervoll begründetes Gutachten den Ausschlag gegeben. 

Wie manche seiner Zeitgenossen war auch Schütz nicht frei von 
einem gewissen Autokratismus, der dadurch zum Ausdruck kam, die 
Hochschule zu beherrschen. Trotzdem war der Verstorbene klug genug, 
sich nicht gegen die Rektoratsverfassung auszusprechen, wobei er es 
allerdings gern gesehen hätte, dauernd die Würde eines Rektors, die 
ihm in drei Amtsperioden übertragen wurde, zu führen. Teilweise 
war dabei der Gedanke maßgebend, daß er als einer der besten Kenner 
der Traditionen der Hochschule und infolge seiner ausgezeichneten 
persönlichen Beziehungen zu den Behörden und zu den Vertretern der 
Schwesterwissenschaft auch in dieser Stellung am meisten nützen zu 
können. 

Der Krieg stellte an den 75jährigen ungeahnte Anforderungen. Die 
gefährlichsten Seuchen bedrohten seit dem Einmarsch unserer Truppen 
in Rußland die Pferde bestände der Armee und die militärische Schlag¬ 
fertigkeit, sowie die Viehbestände der Heimat und damit unsere Volks¬ 
emährung. Alle Behörden, insbesondere die Militärverwaltung, deren 
Referent er seit Jahrzehnten war und mit der ihn ein besonders inniges 
Verhältnis verknüpfte, nahmen seine Hilfe in Anspruch. Er wurde 
zu Gutachten aufgefordert, ja er mußte teilweise noch Reisen in die 
Kampfgebiete machen. Dazu kam im Jahre 1916 die Übernahme des 
Rektorats zum dritten Male, wodurch bei den Schwierigkeiten der Fort¬ 
führung der Hochschule und des Unterrichts erneut große Anforderungen 
an seine Arbeitskraft gestellt wurden. Er, ein deutscher Patriot vom 
Scheitel bis zur Sohle, hatte an dem endgültigen Siege der deutschen 
Waffen nie gezweifelt und mußte nun doch im November 1918 den 
schweren Zusammenbruch erleben. Er war ein großer Verehrer des 



Weiherede anläßlich der Enthüllung des SchUtzdenkmals ain 22. Okt. 1922. 7 

alten deutschen Kaisers und in den altpreußischen Traditionen aufge¬ 
wachsen. Trotzdem fand er sich auch schnell in der neuen Zeit zurecht, 
da er selbst ein Sohn des Volkes für die sozialen und politischen Be¬ 
strebungen ein gewisses Verständnis hatte; er verachtete dagegen mit 
Recht die Anmaßung, mit der parteipolitische Dilettanten sich jetzt 
in die leitenden Stellen zu drängen versuchten. 

Im Frühjahr 1919 konnte er noch die Erfüllung seines Lieblings¬ 
wunsches, die Errichtung einer Veterinärabteilung im 'preußischen Land- 
wirtschaftsministerium erleben, dagegen erfüllte ihn die Auflösung der 
Müitärveterinärakademie mit tiefstem Schmerze, zumal er mit dem 
Kriegsministerium als Berater der Kavallerieabteilung stets in enger 
und freudiger Arbeitsgemeinschaft gelebt hatte. 

Am 15. IX. 1919 beging Schütz im Kreise seiner Familie in aller 
Stille seinen 80. Geburtstag, nachdem er noch im Sommer 1919 in 
geistiger und körperlicher Frische seine Vorlesungen und Übungen 
ohne Unterbrechung abgehalten hatte. Seine Freunde und Schüler 
ließen es sich nicht nehmen, ihm an diesem Tage, ähnlich wie beim 50 jäh¬ 
rigen Berufsjubiläum, eine Festschrift zu widmen. Im Winter 1919/20 
warf ihn eine schwere Grippe nieder, von der er sich dann leider nicht 
mehr erholen sollte. Er war ein ungeduldiger Patient und Optimist 
bis zum letzten Tage; er wollte nicht krank sein, und nur unter furcht¬ 
barster Selbstüberwindung, trotzdem ihm jede Bewegung Schmerzen 
bereitete, konnte er noch das Sommersemester 1920 durchhalten. Nach¬ 
dem er dann in einem Herzkurorte Heilung und Besserung gesucht 
hatte, bereitete er sich wieder mit seltener Energie auf den bevor¬ 
stehenden Fortbildungskursus für beamtete Tierärzte im Wintersemester 
1920/21 vor, denen er zum ersten Male das gesammelte gewaltige Material 
der Kriegszeit vorführen wollte. Er war trotzdem ein gebrochener 
Mann, aber der Gedanke des Abschiednehmens nach langer Wanderung, 
der Untätigkeit, des Abschiedes vom Institut und Amte war ihm noch 
immer unerträglich. Er fand nur unter großen Anstrengungen den Weg 
zu seinem geliebten Arbeitstisch, den er gegen den Wunsch des Arztes auf¬ 
suchte und von seinem Fenster ängstlich nach der Gartenpforte blickte, 
wo der Wagen seines treuen Arztes erscheinen sollte. Sobald das Gefährt 
in Sicht kam, suchte er schleunigst das Bett auf und empfing unbe¬ 
fangen den Arzt, als hätte er niemals das Lager verlassen. Als ihn 
ständig wiederkehrende Anfälle von Herzschwäche dauernd an das 
Krankenlager fesselten, arbeitete er noch mit seinem letzten Mit¬ 
arbeiter Dr. Hock zusammen, prüfte Examenskandidaten selbst am Tage 
vor seinem Tode, bis er am Sonntag, den 7. XI., morgens unvermutet am 
Bettrande zusammenbrach mit den Worten: „Ich kann nicht mehr.“ 
Er war der Gattin ein treuer Mann, den Kindern und Schwieger¬ 
kindern ein immer sorgender Vater. In seinen letzten Jahren trat die 



8 H. Miessner: Weiherede anläßlich der Enthüllung: des Schützdenkmals. 

Familie mehr und mehr in den Hintergrund. Es wurde ihm überaus 
schwer, mit zunehmendem Alter den ständig wachsenden Anforderungen 
des Berufes zu genügen. Nur mit Aufbietung größter Energie überwand 
er die Erscheinungen und Schwächen des Alters, er wollte nach außen 
hin ewig elastisch und jung erscheinen. Naturgemäß wurde dadurch 
das Familienleben des Verstorbenen beeinträchtigt, insbesondere mußte 
die treue Gattin hierdurch manches Familienglück entbehren. In stiller 
Entsagung teilte auch sie das Los mit den Frauen wohl der meisten 
großen Männer, denen der harte Lebenskampf nicht die Muße für das 
Glück am heimischen Herd läßt. Wir wollen auch ihr dankbar sein, 
daß sie trotzdem in SOjähriger Ehe im Verständnis für die Berufstätig¬ 
keit des Mannes unter selbstloser Entsagung alle Familiensorgen, soweit 
als möglich, von ihm ferngehalten und dadurch die volle Auswirkung 
seiner Schaffenskraft ermöglichte. Trotz der starken dienstlichen In¬ 
anspruchnahme ging doch seine Sorge um das Fortkommen seiner 
beiden Söhne über alles; er schätzte sich glücklich, etwas für sie erreicht 
zu haben, hing mit großer Liebe an seinen Schwiegertöchtern und hatte 
noch die Freude, im 81. Lebensjahre ein Enkelkind über die Taufe zu 
heben. Der unerbittliche Tod hatte aber auch nach ihm längst seine 
Finger ausgestreckt, um dem inhaltsreichen und von Erfolgen gekrönten 
Leben bald ein Ende zu bereiten. 

Das Leben des Verstorbenen, dessen Denkmal heute enthüllt ist, 
war ein wundervolles Beispiel aufopfernder und selbstloser Hingabe. 
Jugendfrische des Geistes und eine unermüdliche Arbeitskraft erhielten 
seine Spannkraft bis zum letzten Atemzuge. Er vereinigte in sich 
ein feuriges Temperament, das Erbteil einer halbfranzösischen Mutter 
und peinlichste Pflichterfüllung, die Mitgift eines unermüdlichen fleißigen 
Vaters. Ehrgeizig, nicht für sich, sondern weit mehr für seine Wissen¬ 
schaft und seine Hochschule, war er hart gegen andere, am härtesten 
aber gegen sich selbst. Das mag auch in dem letzten Wunsche des 
Verstorbenen seinen Ausdruck finden, alle Manuskripte, ohne Ausnahme 
zu verbrennen. Er war zu gewissenhaft und zu peinlich, um Dinge 
in die Öffentlichkeit gehen zu lassen, die er selbst noch nicht für reif 
hielt, und so sind uns leider damit viele wertvolle schriftliche Urkunden 
entrissen. Trotzdem wird aber der Geist dieses Mannes, welcher fast 
ein halbes Jahrhundert lang eine führende Rolle in der Veterinärmedizin 
der ganzen Welt gespielt hat, unverrückt weiterleben aere perennius, 
selbst wenn auch dieses Denkmal, das äußere Zeichen der Verehrung 
und Hochschätzung der jetzigen Generation für ihren Altmeister nicht 
mehr bestehen sollte. 



(Aas der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.) 

Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 

Von 

Prof. Dr. Neumann und Dr. Reinhardt 

Direktor Oberes« latent 

des Instituts. 

(Eingegangen am 8. September 1922J 

Im Jahre 1920 wurden der Poliklinik für große Haustiere von dem 
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 6 Jungrinder 
zur Verfügung gestellt, an denen Fütterungsversuche mit Meliorations¬ 
moorwiesenheu ausgeführt wurden. 

Aus äußeren Gründen mußte leider davon abgesehen werden, 
genaue Stoffwechselversuche durchzuführen. Dagegen wurden die 
Versuchstiere während der ganzen Versuchsdauer genau klinisch unter¬ 
sucht; insbesondere stellten wir uns die Aufgabe, durch Erhebung 
genauer Blut- und Hambefunde zur Klärung der Ätiologie der Leck¬ 
sucht beizutragen. 


A. Heuanalyse. 

Das aus Schmolsin in Pommern gelieferte Heu, das nach lang¬ 
jähriger Erfahrung Lecksucht zu erzeugen imstande sein sollte, wurde 
in Ballen gepreßt bezogen. Es wurden nach den Vorschriften der 
Moorversuchsstation Bremen Durchschnittsproben entnommen und 
an Geheimrat Tacke in Bremen zur Analyse gesandt. Dieser kam zu 
folgendem Ergebnis: 

»Heu sehr stark gebleicht, hellbräunlichgelb, strohig, stellenweise etwas 
rerac himmelt. Hauptmasse: Dactylis glomerata, Festuca pratensis, Poa pratensis, 
dazwischen ziemlich reichlich: Aira caespitosa, Aira flexuosa, Festuca rubra, 
untergeordnet: Glyceria spectabilis, Phalaris arundinacea, Anthoxanthum odo- 
ratum, Phleum pratense, Juncus effusus, Luzula campestris, Cirsium loeraceum. 
Päpilionaceen fehlen. Die Untersuchung der gewonnenen Asche ergab: 


Reinasche.4,51 Teile 

In Salzsäure Unlösliches.0,53 „ 

Davon Sand.0,09 „ 

Lösliche Kieselsäure.0,44 „ 

Phosphorsäure.0,50 „ 

Schwefelsäure.0,33 „ 

Chlor.0,78 ,, 










10 


Neumann und Reinhardt: 


Eisenoxyd und Tonerde. 0,08 Teile 

Mang&noxyduloxyd (MnO).0,03 „ 

Kalk.0,64 „ 

Magnesia.0,25 „ 

Natron.0,21 „ 

Kali.1,57 „ 

in 100 Teilen des völlig trocken gedachten Heues. An Nährstoffen war in dieser 
Menge enthalten: 

Roheiweiß.8,00 Teile 

Reineiweiß.7,36 „ 

Unverdauliches Eiweiß.' . . 3,63 „ 

Verdauliches Eiweiß.4,37 „ 

Rohfett.1,90 „ 

Rohfaser.36,12 „ 

Stickstofffreie Extraktstoffe. 49,47 „ 


Der Gehalt des Heues an Rohfaser ist verhältnismäßig hoch und deutet auf 
die Überständigkeit des Grases hin und müßte, wenn der Rohfaser für das Auf¬ 
treten der Lecksucht eine Bedeutung zukommt, dasselbe begünstigen. Wird nach 
dem Vorschlag von Ibele die Alkalescenz der Heuasche aus vorstehender Analyse 
berechnet, so ergibt sich für 100 Teile völlig trocken gedachten Heues eine 

Erdalkalialkalescenz von.10,54 mg äquival. 

Alkalialkalescenz von.9,86 mg „ 

Gesamtalkalescenz von. 20,40 mg äquival. 

Die lösliche Kieselsäure ist hierbei nicht in Betracht gezogen. Alkali- und 
Erdalkalialkalescenz der Heuasche sind recht gering, ebenso der Gehalt an Kalk. 
Kommt diesen Eigenschaften für die Erzeugung der Lecksucht eine ausschlag¬ 
gebende Bedeutung zu, so ist das Heu in dieser Richtung jedenfalls als verdächtig 
anzusprechen. Die botanische Zusammensetzung kennzeichnet die Probe als ein 
gutes Heu.“ 

.Für die Beurteilung einer Heuanalyse kommt nach Ibele in erster 
Linie ein Alkaliüberschuß in der Gruppe der Erdalkalien gegenüber 
der Phosphorsäure in Frage. Diesen Überschuß an Alkalien bezeichnet 
Ibele als Alkalialkalescenz bzw. Erdalkalialkalescenz und berechnet 
ihn aus den Milligrammäquivalenten der Heuanalyse. Je nachdem 
der Bedarf eines Tieres an Basen gegenüber den Säuren größer oder 
geringer ist, werden die Anforderungen an den Grad der beiden Alkales- 
cenzarten verschieden sein. Ein Tier wird in der Jugend, in der Trächtig¬ 
keit und Laktation mehr Basen benötigen als ein ausgewachsenes Tier 
im Gleichgewichtszustand. Die Alkalialkalescenz muß höher sein bei 
einem Heu, das reich an Rohfaser ist und somit mehr Hippursäure 
liefert. In der ersten Gruppe der alkalischen Mineralbestandteile ist 
der Gehalt an Chlor und Schwefelsäure ziemlich gleichgültig, wenn nur 
genügende Alkalescenz vorhanden ist; der Schwefelsäuregehalt wechselt 
mit dem Proteingehalt des Heus, ist aber immer ausreichend vorhanden, 
wenn dieser an sich genügt. Mangel an Chlor der allerdings schwere 
Störungen hervorrufen kann — ist leicht durch Kochsalzgaben aus¬ 
zugleichen. Die Phosphorsäure dagegen in der Gruppe der Erdalkalien 



















Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


11 


ist ein wesentlicher Bestandteil zum Aufbau des Skeletts und daher 
für ein wachsendes, trächtiges oder milchendes Tier von Belang. Es 
ist deshalb ein Mindestmaß an Phosphorsäure zu verlangen, das mit 
V,% der Trockensubstanz als ausreichend erachtet wird. Von den 
Säuren ist also nur die Phosphorsäure an ein bestimmtes Maß gebunden, 
während die Säuren der Alkaligruppe untereinander in keinem be¬ 
stimmten Verhältnis zu stehen brauchen. Das Verhältnis von Kali 
zu Natron spielt nicht eine so große Bolle, als man anzunehmen geneigt 
ist, sind doch beispielsweise gute Heuarten — Alpenheu, Marschheu — 
arm an Natron. Da jedoch die Schwefelsäure kalkentziehend wirkt, 
ist die 2—3fache Menge Kalk als Mindestmaß erforderlich. 

Betrachtet man nach diesen Gesichtspunkten die Analyse des 
Versuchsheus, so fällt auf, daß: 

1. Alkali- und Erdalkalialkalescenz sehr niedrig sind (9,86 bzw. 
10,54 mg äquival.); 

2. bei niedriger Alkalialkalescenz ein hoher Rohfasergehalt (36,12%) 
vorhanden ist; 

3. der Phosphorsäuregehalt mit 0,5% ein ausreichender ist. 

Unter Zugrundelegung der Ibele sehen Ansichten waren somit in 

der Zusammensetzung des zur Verfütterung gekommenen Heus jene 
Bedingungen erfüllt, die zu einer Erkrankung an Lecksucht führen 
können. Die von Tacke in seinem Analysenergebnis ausgesprochene 
Vermutung wäre in diesem Sinne zu bejahen. 

B. Klinische Beobachtungen an den Versuchstieren 

elnschl. der Zerlegung«- und Schlachtbefunde. 

Die 6 "Versuchstiere (Jonathan, Rebekka, Judith, Esther, Goliath 
und Saul) wurden im Dezember 1920 eingestellt. Der Nährzustand 
war schlecht, Haarkleid rauh; zahlreiche Läuse und Nisse. Bei 5 Tieren 
Schuppen an Hals und Rücken. Innentemperatur normal, Futterauf¬ 
nahme gut. Sonstiger Befund negativ. Die am 21./22. I. vorgenommene 
Opbthalmotuberkulinprobe und die am 20./21. IV. erfolgte palpebrale 
Tuberkulinisation (nach Schmidt und Haupt) verliefen negativ. Kot¬ 
untersuchung auf Parasiten und deren Eier bei einem Tier (Judith) 
positiv (Fase, hepat.). 

Da die Tiere sehr entkräftet waren, erhielten sie zunächst als Bei¬ 
gabe zum Moorwiesenheu Roborin und Melassemischfutter in reich¬ 
licher Menge. Die reine Heufütterung (der eigentliche Fütterungs¬ 
versuch) begann am 10. I. 1921. Es wurde den Tieren so viel Heu 
vorgelegt, wie sie fressen wollten. Aus den beigegebenen 6 Tabellen 
(Spalte 3) geht hervor, daß die Jungrinder Jonathan und Rebekka 
bis Mitte Februar, die anderen 4 Tiere bis Mitte März in jeder 
Woche mehr Heu aufnahmen. Von diesem Zeitpunkt an wurden 



12 


Xe um an n und Keinhardt: 


die aufgenommenen Mengen wieder geringer. Das Tränkwasser war 
Leitungswasser. Der Versuchsstall war hygienisch einwandfrei, Zen¬ 
tralheizung sorgte während der ganzen Versuchsdauer für eine 
gleichmäßige Temperatur von 16—18° bei Schwankungen der Außen¬ 
temperatur von —1 bis 22°. Die Körpertemperatur, Pulszahl, 
Atmung und Pansenbewegung wurden fortlaufend festgestellt 
(8. Spalte 6—9 der Tabelle). Wesentliche Schwankungen wurden 
nicht beobachtet; die Pansenbewegung erfolgte bei allen Tieren durch¬ 
schnittlich 2—3 mal in der Minute. Die Anfangs- und Endkörper¬ 
gewichte waren folgende: 


Gewicht am 10. Jan.: Gewicht am 15. Juli: 

Jonathan.159,5 kg 190,0 kg 

Rebekka.166,0 kg 195,0 kg 

Judith.215,0 kg 220,0 kg 

Esther. 232,5 kg 177,0 kg (8 Tg. ant. 

exit.)6. VI. 

Goliath. 252,0 kg 267,0 kg 

Saul. 244,5 kg 250,0 kg 


(siehe auch Spalte 2 der Tabellen). 

Die beiden kleinsten Tiere haben mithin etwa 1 / 2 Zentner zu¬ 
genommen, 3 andere Tiere hielten sich auf annähernd der gleichen 
Höhe, während das vor Abschluß der Versuche gestorbene Tier Esther 
über 1 Zentner abnahm. An sonstigen klinischen Erscheinungen wären 
noch zu erwähnen: 

Jonathan: Das juckende squamöse Ekzem heilte unter Behandlung im März 
ab. Im März und Mai traten etwa 30 Daaselbeulen auf. Schlachtbefund ohne 
pathologisch-anatomische Veränderungen. 

Rebekka: Abheilen des Ekzems im April, von März bis Mai mit zahlreichen 
Dasselbeulen behaftet. Schlachtbefund: Abmagerung, Fettarmut* blasse Mus¬ 
kulatur, Hepatitis chronica interst. (Fase, hepat.). Lebergewicht 3,5 kg. Sonst 
ohne Befund. 

Judith: Die Behandlung des Ekzems zieht sich bis in den Mai hin. Im März 
werden 10 Dasselbeulen, späterhin noch einige weitere geöffnet. Schlachtbefund: 
Abmagerung, Fettarmut, zahlreiche Fasciolae hepaticae im Lumen der verdickten 
Gallengänge, Hepatitis interst. chron. indurat. Lebergewicht 3,7 kg. 

Esther: Das Hautekzem heilt im Mai ab. Im März finden sich die ersten 
Dassel beulen in der Haut, die bis zum Mai an Zahl zunehmen. Am 6. VI. werden 
50 Dasselbeulen gezählt. Die Innentemperatur erreicht am 21. III. ihren höchsten 
Stand mit 39,8°, sie hält sich immer um etwa 39,1° herum und sinkt kurz vor 
dem Tode am 13. VI. plötzlich auf 36,0 C . Anfang Mai fällt die Blässe der Con- 
junctivalschleimhaut auf. Im Juni sind die äußerlich sichtbaren Schleimhäute völlig 
anämisch. Seit Anfang Februar wird schlechter Appetit, unregelmäßige und ver¬ 
langsamte Pansenbewegungen und Enteritis catarrhalis beobachtet. Der Kot ist 
von vornherein dünn und wird später übelriechend. Seine Reaktion ist alkalisch. 
Der Tod tritt am 13. VI. unter den Erscheinungen völliger Anämie und Kachexie 
ein. Pathologisch-anatomischer Befund: Parasitäre, inkrustierende Hepatitis 
chronica interstitialis, katarrhalische Entzündung der Gallenblase und der Gallen- 
ausführungsgänge, Gallestauung, umschriebene Hepatisation der Lunge. 









Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


13 


Goliath: Im Mai werden 10 Daeselbeulen eröffnet, sonst ohne Befund. Schlacht* 
befund: Abmagerung, Fettarmut, blasse Muskulatur, Leber erheblich vergrößert, 
Gewicht 6,8 kg. Leberparenchym in großem Umfange geschwunden und durch 
Bindegewebe ersetzt, Gallengangswandungen verdickt und kalkig inkrustiert. In 
der Lunge zahlreiche Knoten, aus denen beim Aufschneiden Leberegel hervorquellen. 

Saul: Versuchstier zeigt seit Anfang Februar erhöhte Atemfrequenz, es werden 
24—48, meistens 30 oberflächliche Atemzüge in der Minute gezählt, Appetit 
immer mäßig, über dem Pansen zeitweilig tympanitischer Schall bei der Perkussion. 
.Schlachtbefund: Starke Abmagerung. Im rechten Zw’erchfellappen der Lunge 
ein hiihnereigroßer, abgekapselter Absceß. Die bronchialen, die oberen und 
unteren mediastinalen Lymphknoten sind ohne Veränderungen. Das Brust- und 
Bauchfell zeigt ausgedehnte blumenkohlartige Auflagerungen. An allen vier 
Mägen liegen zahlreiche, gänBeeigroße Abscesse. Es bestehen umfangreiche Ver¬ 
wachsungen mit dem Bauchfell. Lebergewicht 3,2 kg. Traumatische Gastritis, 
Tuberkulose des Brust- und Bauchfells. 

Es bestanden mithin bei den Versuchstieren einige Krankheits¬ 
zustände, die einen Einfluß auf die nachstehend aufgeführten Unter¬ 
suchungen haben konnten. Das gilt besonders für das Versuchstier 
Saul (Perigastritis traumatica chronica). Bis zu einem gewissen Grade 
für das verendete Versuchstier Esther (hochgradige Distomatose, 
Gallestauung, Darmkatarrh). Bei den anderen 4 Tieren lagen keine 
oder unbedeutende Veränderungen vor (squamöse Ekzeme, Dassel¬ 
beulen, geringgradige Distomatose). Aus diesem Grunde sind bei der 
Bewertung der Blut- und Hamuntersuchungsergebnisse nur diejenigen 
berücksichtigt, welche sich auf die Heufütterung zurückführen ließen. 

C. Blutantersuchung. 

a) Rotes Blvlbild. 

Technik: Bürher-Türck sehe Zählkammer, Hirschfelds Mischpipetten. 
Nach den Untersuchungen von Turowsky beträgt der Mittelwert der 
Zahl der roten Blutkörperchen bei gesunden Rindern vom Alter unserer 
Versuchstiere etwa 7 Millionen im Kubikmillimeter. Bei unseren 
Jungrmdem wurden folgende Zahlen gefunden: 

(Millionen Erythrocyten in 1 emm Blut) 

16./1I. 28./II. 16./m. l./IV. 16./1V. 16./V. 18./VI. 30. VI. 


Jonathan. 6,05 6,41 7,86 7,64 6,41 6,22 — 6,09 

Rebekka. 6,61 6,06 5,96 7,51 6,24 5,47 — 5,26 

Jndith. 5,92 6,02 6,51 6,28 6,27 5,88 — 5,46 

kther. 5J2 5,31 4,09 4,03 4,04 4,13 3,46 — 

Goliath. 5,35 6,84 7,16 5,34 5,15 4,95 — 4,66 

. 5,39 5,59 6,21 5,69 5,01 4,55 — 4,44 


Bei Betrachtung der Zählungsergebnisse an roten Blutkörpern in 
der Gesamtheit ihres Kurven Verlaufs ergibt sich bei 4 Tieren (Goliath, 
Judith, Saul, Jonathan) eine Zunahme bis Mitte März, von diesem 
Zeitpunkt ab eine allmähliche Abnahme der Erythrocytenwerte. Ab¬ 
weichend macht sich bei Rebekka zuerst eine Abnahme geltend, bis 









14 


Xeumann und Reinhardt: 


dann auch bei diesem Tier Anfang April ein maximaler Anstieg zu 
verzeichnen ist, von dem ab ein stetes Sinken der Kurve statthat. 
Eine weitere Abweichung ist bei Esther festzustellen, die dadurch 
gekennzeichnet ist, daß vom Tage der ersten Untersuchung an die 
Erythrocytenwerte in ständiger Abnahme begriffen sind. 

Wenn man die ermittelten Werte nach ihrer absoluten Höhe be¬ 
trachtet, so ergibt sich, daß für die ersterwähnten 4 Tiere die beob¬ 
achteten Zahlen nur kurz vor, während und unmittelbar nach dem 
Anstieg in der bei gesunden Tieren gefundenen Höhe liegen, zu Beginn 
und während der zweiten Hälfte der Untersuchungen jedoch als er¬ 
niedrigt anzusehen sind. Bei Rebekka halten sich die gefundenen 
Werte trotz der oben beschriebenen Schwankungen bis zur ersten 
Hälfte der Untersuchungszeit in den gewöhnlichen Grenzen, um von 
da ab gleichfalls erniedrigt zu sein. Die bei Esther ermittelten Zahlen 
der roten Blutkörper sind vom ersten Untersuchungstage an als unter¬ 
halb der Norm liegend anzusehen. 

Gefärbte Blutausstriche ergaben bei allen Versuchstieren: 

1. Anisocytose während der ganzen Versuchsdauer; 

2. vereinzelt heller gefärbte Erythrocyten in der gleichen Zeit; 

3. vereinzelt diffus basophil gefärbte rote Blutkörperchen, ebenfalls 
in der gleichen Zeit. 

Die Ergebnisse der Untersuchung des roten Blutbildes sind dahin 
zu bewerten, daß 

a) bei allen Tieren (mit Ausnahme von Rebekka) zu Beginn der 
Versuche bereits Anämie vorhanden war; 

b) bei allen Tieren (mit Ausnahme von Esther) innerhalb der 
ersten 6 Wochen der Versuchsfütterung eine Zunahme der roten Blut¬ 
körper festzustellen war, die jedoch einer fortschreitenden Anämie 
Platz machte, wie sie bei Esther von vornherein zu beobachten war; 

c) bei allen Tieren während der ganzen Beobachtungsdauer Um¬ 
bildungsformen aus den blutbildenden Organen in das kreisende Blut 
ausgeschwemmt wurden, bzw. sich noch darin befanden. 

b) Hämoglobinbestimmung. 

1. Technik: Hämometer nach FleiscM-Miescher. 

Es wurden folgende Hämoglobin werte gefunden (Gewichtsteile Hb 
in 100 Gewichtsteilen Blut): 

1921 ix. m. iv. y. vi. vii. 

Jonathan. 13,74 13,46 13,06 11,71 10,29 11,12 11,49 10,92 10,94 11,0 10,72 

Rebekka . 14,1 14,1 13,86 12,62 11,6 12,4 13,29 12,46 12,4 11,93 10,96 

Judith . . 11,42 11,45 11,4 11,52 11,1 11,17 11,98 12,04 11,89 11,68 11,24 

Esther . . 11,74 10,66 9,91 7,34 6,02 5,59 5,56 4,47 5,09 — _ 

Goliath . 9,86 9,8 9,82 9,96 9,74 9,74 9,96 9,74 9,88 9,86 9 4 

Saul . . .11,98 12,02 11,8 10,75 10,08 11,06 10,79 10,57 10,5 10,3 9*87 



Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 15 

Nach Abderhalden enthält das Rinderblut 10,31% Hämoglobin, 
während Oslertag bei gesunden Kälbern und Jungrindem im Durch- 
schnitt 14% Hb gefunden hat. 

Das Ergebnis unserer Untersuchungen ist dahin zusammenzufassen, 
daß 

a) bei allen Tieren eine Abnahme des Hämoglobingehalts statthat, 
die bei Esther am stärksten ausgeprägt, bei Judith und Goliath da¬ 
gegen ganz geringgradig ist; 

b) nur die für Esther ermittelten Werte wesentlich unter der Norm 
liegen. 

2. Diese zweite Hämoglobinbestimmung nach Autenrieth-Königs¬ 
berger mit Heiliges Colorimeter ergab folgende Werte: 


i. n. m. rv. v. vi. vii. 1921 

Jonathan. 68 79 74 74 70 64 72 \ 

Rebekka. 89 90 86 85 76 56 56 

Judith. 95 86 84 82 82 70 68 I Einheiten 

Esther. 71 70 45 40 45 — — f Hämoglobin 

•Joliath. 64 62 60 65 64 63 58 

. 76 74 74 68 66 54 60 ' 


In ihrer Gesamtheit zeigen auch hier die Hämoglobinwerte eine 
ständige Abnahme, die wiederum bei Esther am stärksten ausgeprägt 
ist. Daß der Verlauf der Wertekurven ein anderer ist als bei der Hämo¬ 
globinbestimmung mit Fleischl- Mieschers Hämometer erklärt sich 
sowohl aus der Verschiedenheit des Prinzips der beiden Methoden, als 
auch aus dem Umstande, daß die Untersuchungstage nicht übereinstim- 
nien. Jedenfalls ist auch bei dieser Methode das Ergebnis eine Abnahme 
des Hämoglobingehaltes bei allen Versuchstieren (mit Ausnahme von 
•Jonathan). 

c) Eisengehalt des Blutes. 

Gleichzeitig mit den vorstehend aufgeführten Hämoglobinbestim- 
mungen wurden mittels des gleichen Apparates der Eisengehalt des 
Blutes bestimmt. 



(Gramm Fe 

in 1 1 

Blut): 




IL 

m. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

■Jonathan . . . . 

. . . .0,516 

0,466 

0,464 

0,436 

0,444 

0,392 

Hebeklca . . . . 

. . . .0,444 

0,400 

0,404 

0,384 

0,312 

0,300 

■Judith. 

. . . .0,408 

0,360 

0,336 

0,324 

0,384 

0,272 

Esther. 

. . . .0,404 

0,316 

0,312 

0,304 

— 

— 

Goliath. 

. . . .0,528 

0,548 

0,528 

0,516 

0,528 

0,480 

Saul 

. . . .0,504 

0,444 

0,420 

0,384 

0,376 

0,336 


Es ergibt sich hieraus, daß — obgleich die eisenhaltige Komponente 
des Blutfarbstoffes nicht so erheblichen Schwankungen unterworfen zu 
sein pflegt — bei allen Versuchstieren eine Abnahme des Eisengehaltes 
iin Blute festzustellen war, die bei Esther am stärksten ausgeprägt war. 














16 


Neumann und Reinhardt: 


d) Weißes Blutbild. 

Technik: Bürlcer-Türk sehe Zählkammer, Hirschfelds Mischpipetten. 

Sowohl die Zählung der weißen Zellelemente des Blutes der Ver¬ 
suchstiere, als auch die Differentialzählung der Leukocyten ergaben 
mannigfaltige Schwankungen, bedingt durch interkurrente Erkran¬ 
kungen (Eosinophilie infolge Distomatose: Goliath, Rebekka, Esther, 
Judith; neutrophile Leukocytose infolge traumatischer Gastritis: Saul; 
Leukopenie infolge Kachexie: Esther), aber keine gemeinsamen Merk¬ 
male, aus denen sich hätte ein Einfluß einseitiger Fütterung erkennen 
lassen. Insbesondere waren keine Anzeichen für eine Leukämie vor¬ 
handen. Die beobachteten Zellvermehrungen betrafen ausschließlich 
Zellen des myeloischen Systems (vgl. auch die Spalten 14—19 der 
Tabelle). 

e) Traubenzucker im Blut. 

Technik: Heiliges Colorimeter. 

Der Zuckergehalt des Blutes wurde colorimetrisch nach der von 
Autenrieth-Montigny angegebenen Arbeitsweise bestimmt und ergab 




Gramm 

Zucker 

in 100 

ccm 

Blut: 




mi 

] 

[. 

II. 

III. 

IV. 

VII. 

Jonathan . . . 

0,136 

0,141 

0,136 

0,144 

0,150 

0,146 

0,144 

0,141 

0,142 

Rebekka . . 

0,126 

0,129 

0,130 

0,144 

0,146 

0,141 

0,136 

0,141 

0,141 

Judith . . . 

0,136 

0,141 

0,141 

0,141 

0,152 

0,155 

0,146 

0,141 

0,136 

Esther . . . 

0,130 

0,131 

0,136 

0,146 

0,152 

0,157 

0,160 

0,175 

— 

Goliath . . . 

0,129 

0,130 

0,150 

0,152 

0,157 

0,146 

0,141 

0,142 

0,141 

Saul .... 

0,126 

0,126 

0,130 

0,130 

0,156 

0,144 

0,129 

0,136 

0,146 


Der Blutzuckerspiegel zeigt bei allen Versuchstieren (außer Esther) 
im März einen Anstieg (zeitweise Hyperglykämie) gegenüber den 
Anfangswerten, sinkt dann jedoch alsbald wieder und hält sich während 
der ganzen Versuchsdauer in normalen Grenzen. Nur bei Esther war 
ein stetes Ansteigen des Blutzuckerspiegels bis zum Tode festzustellen, 
der auf die erhebliche Lebererkrankung zurückzuführen sein wird. 

/) Harnsäure im Blute. 

Technik: Heiliges Colorimeter. 

Der Harnsäuregehalt des Blutes wurde nach den Angaben von 
Autenrieth und Funk ermittelt: 


(Milligramm Harnsäure in 100 ccm Blut) 


1921 

18./I. 

25./I. 

l./H. 

8. II. 

16./IL 

22./II. 

5./IV. 

12. IV. 

19./IV. 

6.,/VII. 

Jonathan . 

. 2,0 

2,0 

— 

2,1 

— 

1,65 

2,0 

— 

2,0 

1,85 

Rebekka . 

. 1,75 

1,85 

1,85 

— 

1,65 

— 

— 

1,85 

— 

1,65 

Judith . . 

. 2,1 

2,0 

2,0 

— 

2,0 

— 

— 

1,85 

— 

2,0 

Esther . . 

. 1,85 

2,3 

2,3 

— 

2,1 

— 

— 

2,75 

— 

— 

Goliath . . 

. 1,85 

2,1 

— 

1,75 

— 

2,1 

2,1 

— 

1,85 

1,85 

Saul . . . 

. 2,65 

2,1 

— 

2,4 

— 

2,55 

2,3 

— 

2,4 

2,3 







Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


17 


Der Harnsäuregehalt war somit nur geringen Schwankungen unter¬ 
worfen. Der bei Esther beobachtete Wert von 2,75 mg dürfte als 
erhöht im pathologischen Sinne anzusehen sein, während alle sonst 
gefundenen Zahlen sich innerhalb der gewöhnlichen Grenzen bewegen. 
Eine Beeinflussung der Harnsäureausscheidung durch die einseitige 
Fütterung lag nicht vor. 

g) Viscosität des Blutes. 

Technik: Heß-Determanns Viscosimeter. 

Die Viscosität des Gesamtblutes ergab eine relative Viscosität: 

\m 26 .fi. io./n. 2 a/n. 2 Zfln. ao./iv. so./v. z/vit. 


Jonathan. 3,95 4,0 4,6 3,7 3,66 4,0 3,36 

Rebekka. 6,0 5,86 3,56 3,92 3,92 3,86 3,23 

Judith. 6,06 6,0 3,83 5,4 5,5 5,03 3,66 

Esther. 3,96 3,9 3,4 3,85 3,88 3,33 — 

Goliath. 4,6 4,45 4,53 4,26 4,33 4,4 3,43 

Saul. 3,9 4,0 4,03 4,8 4,78 4,73 4,6 


Es zeigte sich also bei 5 Tieren eine Abnahme der Viscosität um 
VVs des Anfangswertes, bei Saul dagegen eine Zunahme der Zäh¬ 
flüssigkeit des Blutes um 1 / < des Anfangswertes. Der Grund für die 
Viscositätssteigerung bei Saul kann nur gesucht werden in der mit 
häufigen Temperatursteigerungen und dauernd erhöhter Atmung ver¬ 
bundenen Perigastritis traumatica. Die Heufütterung hat jedenfalls 
eine Herabsetzung der Viscosität erzeugt. 


A) Oberflächenspannung des Blutes. 


Technik: Traubes Stalagmometer. 

Die Oberflächenspannung des Blutserums wurde mit einem Träube¬ 
ln Stalagmometer ermittelt und ergab folgende Normaltropfen- 

zahlen: 


1 . n. in. iv. v. vii. 1021 

Jonathan. . . . 106,63 108,31 109,64 108,58 108,42 108,27 

Rebekka .... 106,46 108,21 107,3 107,32 106,58 108,26 


Jodith. 106,42 108,21 107,84 107,12 108,21 108,45 

Esther. 104,63 107,87 106,28 106,49 107,72 — 

Goliath. 107,65 108,2 108,25 108,21 107,4 108,4 

Saul. 110,05 109,75 109,86 109,88 108,75 108,95 


Die Oberflächenspannung war mithin während der Versuchsdauer 
nur geringen Schwankungen ausgesetzt. Sie war am größten bei Esther, 
am geringsten bei Saul, bewegte sich jedocn innerhalb der gewöhnlichen 
Grenzen. 


i) Bestimmung des Kohlensäurebindungsvermögens im Blute . 

Zur Erkennung einer Säureanreicherung des Blutes der Versuchs¬ 
tiere wurde das klinisch unschwer durchführbare Verfahren von 


Aich. L HerheUk. XLIX. 


2 















18 


Neumann und Reinhardt: 


Rohoniy-Pesi angewendet . Es ergaben sich im Verlaufe der Untersuchung 
für die einzelnen Tiere folgende Carbonatzahlen: 

(i. e. = verbrauchte Kubikzentimeter */ioo N-Salzs&ure) 



n. 


m. 


IV. 

V 

• 

VI. 

Jonathan 

1,89 

1,68 

1,48 

1,43 

1,48 

1,52 

Tw 

1,65 

1,66 

1,28 

ßebekka 

1,96 

2,04 

1,74 

1,85 

1,73 

1,63 

1,40 

1,88 

1,52 

1,38 

Judith . 

1,96 

1,74 

1,58 

1,42 

1,28 

1,04 

1,17 

1,44 

1,02 

1,74 

Eether . 

1,90 

2,34 

1,72 

1,6 

1,42 

1,02 

1,19 

1,43 

1,15 

— 

Goliath . 

1,85 

1,98 

1,5 

1,49 

1,48 

1,4 

1,39 

1,42 

1,12 

1,28 

Saul . . 

1,85 

1,66 

1,3 

1,36 

1,33 

1,34 

1,24 

1,20 

1,08 

1,24 


Zone der Normalwerte (1,3—1,8)» die an gesunden Schlachtrindern 
ermittelt wurde. 

Wenn auch bei den einzelnen Tieren in verschiedenem Maße vor¬ 
handen, ist doch während der ganzen Versuchsdauer ein Abnehmen 
der Carbonatzahl wahrnehmbar, das 1 / s — 1 / a des Anfangswertes beträgt. 
Diese Abnahme des Kohlensäurebindungsvermögens ist in dem Sinne 
zu bewerten, daß bei allen Versuchstieren eine Anreicherung des Blutes 
mit Säuren stattgefunden hat oder, mit anderen Worten, bei allen 
Tieren Acidose vorhanden war. 

Die ermittelten Zahlenwerte bleiben bei den Versuchstieren ver¬ 
schieden lang innerhalb der Zone normaler Grenzwerte, liegen zu Beginn 
der Untersuchung jeweils über, bei Abschluß der Beobachtung sämtlich 
unterhalb dieser Zone. 

k) Zusammenfassung der Ergebnisse der Blutuntersuchung. 

Während der Versuchsdauer wurde bei der Untersuchung des Blutes 
an allen Tieren gemeinsam beobachtet: 

1. eine fortschreitende Abnahme in der Zahl der roten Formelemente; 

2 . eine gleichgerichtete Abnahme des Farbstoffgehaltes; 

3. eine Abnahme des Eisengehaltes; 

4. eine zeitweise Hyperglykämie im dritten Fütterungsmonat; 

5. gleichbleibender Harnsäuregehalt; 

6 . eine Abnahme der Zähflüssigkeit; 

7. gleichbleibende Oberflächenspannung des Serums; 

8 . Abnahme des Kohlensäurebindungsvermögens im Plasma. 

Die unter 1., 2., 3. und 6. angeführten Befunde sind als Anzeichen 
einer alimentären Anämie zu deuten. Eine beim roten Blutbild erwähnte 
zeitweilige Vermehrung der Erythrocyten und die zu gleicher Zeit 
beobachtete Hyperglykämie (4.) sind als eine Erholungsphase der in 
günstige hygienische Verhältnisse verbrachten Tiere anzusehen, die 
nur so lange vorhielt, als sich die schädliche Wirkung einseitiger Fütterung 
noch nicht bemerkbar machen konnte. Diese Erholungsphase kenn- 



Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


19 


zeichnet sich klinisch auch durch eine Zunahme des Körpergewichts 
auf Grund der größten, während der Versuchsdauer beobachteten Heu¬ 
aufnahme. Die Konstanz der Hamsäuremenge im Blute (ö.) und der 
Oberflächenspannung im Serum (7.) sind Ausdruck dafür, daß schwerste 
Erschütterungen des Stoffwechsels der Versuchstiere, wie sie sich 
hätten im klinischen Bilde bemerkbar machen müssen, noch nicht 
vorhanden waren 1 ). Das sich allmählich vermindernde Kohlensäure¬ 
bindungsvermögen beweist eine fortschreitende Säureanreicherung des 
Blutes (Acidose) und ist nach unseren Untersuchungen als wichtigstes 
Symptom einer durch einseitige Heufütterung bedingten Erkrankung 
zu bewerten. 

Da die bei allen Versuchstieren erhobenen Befunde der Blutunter¬ 
suchung auch für die klinis ch und nach Schlachtbefund gesunden 
Tiere gleichlautend sind, so können sie nur auf eine gemeinsame Ursache 
zurückgeführt werden, die in der ausschließlichen Fütterung von 
Meliorationsmoorwiesenheu zu erblicken ist. 

D. Harnuntersuchung. 

a) Harnanalysen. 

Da die Gewinnung des gesamten Harns auf mehrere Tage bei den 
weiblichen Tieren auf Schwierigkeiten stieß, wurden die Harnanalysen 
und colorimetrischen Harnbestimmungen nur an den Hamen der 
3 männlichen Versuchstiere vorgenommen. Bei den beiden Tieren 
Jonathan und Goliath sind weder durch klinische Untersuchungen 
noch durch Schlachtbefund Krankheitserscheinungen festgestellt worden, 
die das Bild der Harnanalysen hätten beeinflussen können. Diese 
Tiere sind mithin in diesem Sinne als völlig gesund zu betrachten, 
während das dritte Tier (Saul), wie oben schon erwähnt, an einer Peri¬ 
gastritis traumatica litt, deren Vorhandensein auf die Verdauung, den 
Stoffumsatz und somit auch auf die Zusammensetzung des Harns 
einen Einfluß gehabt haben mag. Deshalb haben die bei Saul gefun¬ 
denen Zahlen nicht dieselbe Beweiskraft wie die bei den beiden ande¬ 
ren Tieren erhobenen. 

Für die Untersuchung wurde eine Durchschnittsprobe des unter 
ständiger Aufsicht aufgefangenen 3 tägigen Mischhams verwendet. Da 
Stoffwechselversuche nicht angestellt werden konnten, so kann aus den 
H&mbefunden eine Stoffwechselbilanz nicht aufgestellt werden. Immer¬ 
hin lassen die gefundenen Werte deshalb Schlüsse zu, weil die Harn¬ 
ausscheidung während der ganzen Versuchsdauer in bestimmten Zeit- 

') Die Here konnten bis zum Auftreten offensichtlich lecksüchtiger Er¬ 
scheinungen, insbesondere bis zum Auftreten der eigentlichen Allotriophagie, nicht 
gehalten werden. 



20 


Neumann und Reinhardt: 


intervallen fortlaufend analysiert wurde. Die festgestellten Verände¬ 
rungen in der chemischen Zusammensetzung des Harns können mit¬ 
hin im wesentlichen auf die Verfütterung von Meliorationsmoor¬ 
wiesenheu zurückgeführt werden. Die Analysen beschränkten sich auf 
die Ausscheidung von Natrium, Kalium, Stickstoff, Phosphorsäure 
und Eisen; colorimetrisch wurde der Gehalt des Harns an Trauben¬ 
zucker, Kreatinin, Indican und Harnsäure festgestellt. 


1. Natrium und Kalium. 

Technik: Säuregemisch Veraschung nach A. Neumann. 

In 10 ccm Mischham wurden folgende Mengen in Milligramm 
gefunden: 


Jonathan 

HL IV. V. VI. VII. 1H21 

■Summe der Chloride.267,9 309,3 ' 279,6 322,7 314,7 

Summe der Oxyde. 166,1 190,6 176,7 199,9 196,9 

Kalium. 121,7 141,8 129,2 166,0 163,3 

Natrium. 13,7 14,7 14,9 9,8 9,1 

Na : K.1:9 1 : 10 1 : 9 1 : 16 1 : 17 

Goliath 

Summe der Chloride.207,2 237,8 198,4 319,7 244,8 

Summe der Oxyde. 128,9 147,9 122,6 187,8 163,4 

Kalium. 99,3 112,8 93,1 146,3 122,3 

Natrium. 6,9 8,9 7,7 9,6 4,6 

Na: K.1 : 14 1 : 13 1 : 12 1 : 15 1 : 27 

Saul 

Summe der Chloride. 177,4 204,3 246,0 243,9 201,2 

Summe der Oxyde. 109,5 126,1 153,5 153,9 126,7 

Kalium. 80,7 89,4 116,6 123,0 101,1 

Natrium. 9,2 12,9 10,1 4,3 2,9 

Na: K.1:9 1:7 1 : 12 1 : 28 1 : 36 


Zum Vergleich fügen wir analog berechnete Analysenergebnisse 
von 3 Versuchskälbem aus den Ostertag-Zuntz sehen Lecksuchtfütterungs¬ 
versuchen bei: 


Summe der Chloride 
Summe der Oxyde. 

Kalium. 

Natrium. 

Na:K. 


Kalb Kr. XI 

Kalb Kr. X 

Kalb Nr. Vül 

91,6 

59,4 

82,9 

67,3 

37,5 

62,5 

45,0 

30,7 

42,9 

2,3 

0,4 

0,4 

1 : 20 

1 : 77 

1 : 107. 


In der Zeit von März bis Juli nahm die prozentuale Kaliumaus¬ 
scheidung bei den 3 Tieren um 26 bzw. 23 bzw. 25% zu, während die 
prozentuale Natriumausscheidung um 41 bzw. 35 bzw. 68% abnahm. 
Dadurch verschob sich das Natrium-Kaliumverhältnis im Harn bei 
Jonathan von 1 : 9 auf 1 : 17, bei Goliath von 1 : 14 auf 1 : 27 und 























Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


21 


bei Saul von 1 : 9 auf 1 : 35. Die Fütterung hat mithin im Sinne einer 
Natrium Verarmung im Körpergewirkt. Die Ostertag sehen Kälber, die 
auch klinisch das Bild der Lecksucht zeigten, wiesen eine noch grö¬ 
ßere Natriumverarmung auf; denn bei ihnen kommen auf 1 Teil 
Natrium 20 bzw. 77 bzw. 107 Teile Kalium. 


2. Stickstoff. 

Technik: Bestimmung nach Kjeldahl. 

In 10 ccm frischen Harns wurden folgende Mengen Stickstoff in 
Milligramm ausgeschieden: 

i. n. I1L iv. v. VI. VII. 1021 
Jonathan .... 99,69 81,71 126,64 103,19 107,13 86,77 94,49 


Goliath. 85,36 87,05 102,48 94,63 83,40 121,73 91,54 

Sani. 61,64 62,34 75,40 87,75 72,87 52,23 68,66 


Die Stickstoffausscheidungen liegen im allgemeinen zwischen den 
Zahlen, die bei den Ostertag-Zuntz sehen Kälbern ermittelt wurden, 
äe sind aber 'während der Versuchsdauer so schwankend aufgetreten, 
daß sie einen eindeutigen Schluß nicht zulassen, zumal auch die Stick¬ 
stoffeinnahme und die Stickstoffausscheidung im Kot aus eingangs 
erwähnten Gründen nicht ermittelt wurde. 


3. Phosphorsäurt. 

Technik: Säuregemischveraschung nach A. Neumann. % 

In 10 ccm Ham wurden folgende Mengen P 2 0 6 in Milligramm 
ausgeschieden: 

L il m. iv. v. vi. vil itei 
Jonathan.0,760 0,760 0,532 0,760 0,786 0,608 0,608 


Goliath.0,584 0,836 0,634 0,736 — 0,608 0,508 

Sud. 1,750 1,394 1,242 1,850 1,624 1,268 0,938 


Zum Vergleich folgen zwei analog berechnete Analysenergebnisse 
r on Kälbern des Ostertag-Zuntz sehen Lecksuchtversuchs: 

Kalb VH.0,82 

Kalb X .1,30 

Die Phosphorsäureausscheidung im Ham bewegt sich während 
der Versuchsdauer in normalen Grenzen. Eine Beeinflussung dieser 
Harnkomponente durch die Fütterung konnte nicht festgestellt 
werden. 


4 . Eisen. 

Technik: Säuregemischveraschung nach A. Neumann. 
Durchschnittlich wurden täglich Milligramm Eisen im Harn aus¬ 
geschieden : 









22 


Xeumann und Reinhardt: 


I. II. UI. IV. V. VI. VII. JSttl 

Jonathan .... 18,3 14,2 14,06 14,17 16,7 8,36 4,8 


Goüath. 34,46 40,35 33,96 25,12 8,74 6,71 9,47 

Saul. 44,77 40,84 28,63 20,83 6,17 8,00 9,05 


Während der Versuchsdauer war somit ein wesentlicher Rückgang 
der täglich durchschnittlich ausgeschiedenen Eisenmenge im Ham zu 
verzeichnen, der in ursächlichen Zusammenhang mit der Fütterung 
von Meliorationsmoorwiesenheu zu bringen ist. 

b) Colorimetri8che Ha rnunte rsvchn ng. 

Technik: Heiliges Colorimeter. 

1 . Traubenzucker. 

In 10 ccm 10 fach verdünnten Harns wurden während der ganzen 
Versuchsdauer bei allen 3 Tieren durchschnittlich 9 mg Traubenzucker 
gefunden. Die Schwankungen zwischen den einzelnen Messungen 
waren gering. Ein Einfluß auf die Traubenzuckerausscheidung von 
seiten der Fütterung lag nicht vor. 

2 . Kreatinin. 

Die Kreatininmenge bewegte sich bei allen 3 Tieren zwischen 12 
und 21 mg in 10 ccm Harn; berechnet auf die täglich ausgeschiedene 
Hammenge war ein Rückgang der im Ham auBgeschiedenen Kreatinin - 
menge zu verzeichnen. 

3. Indican. 

Der Indicangehalt des Harns bewegte sich zwischen 0,12 und 0,16 mg 
in 10 ccm Ham. Auch bei Berücksichtigung der täglich ausgeschiedenen 
Indicanmengen ließ sich eine Beeinflussung durch die Fütterung nicht 
nach weisen. 

4. Harnsäure. 

Der Harnsäuregehalt des Harns hielt sich in den Grenzen zwischen 
0,01 und 0,13 mg Harnsäure in 10 ccm Harn. 

Zusammenfassung der Versnehsergebnisse. 

In einem Omonatigen Versuchsgang wurde an 6 Jungrindern ein 
Meliorationsmoorwiesenheu verfüttert, das in seiner analytischen Zu¬ 
sammensetzung durch eine geringe Alkalescenz und hohen Rohfaser¬ 
gehalt gekennzeichnet war, botanisch jedoch den Charakter guten 
Wiesenheus trug. 

Zwei der Versuchstiere waren an Perigastritis bzw. Distomatose 
erkrankt, aber auch an ihnen konnte die Wirkung einseitiger Heu¬ 
fütterung festgestellt werden. 





Zur Ätiologie der Lecksucht des Kindes. 


23 


Diese Wirkung kennzeichnete sich im Blute durch das Auftreten 
anämischer Anzeichen: Abnahme der Erythrocyten, Sinken des Hämo¬ 
globingehaltes, des Eisengehaltes und der Viscosität, Bowie durch ein 
vermindertes Kohlensäurebindungsvermögen des Plasmas. 

Die analytische Erfassung des Mineralstoffwechsels im Harn ließ 
eine Natriumverarmung im Organismus der Versuchstiere sowie eine 
Verminderung in der täglich ausgeschiedenen Eisenmenge erkennen, die 
gleichfalls auf die einseitige Fütterung zurückzuführen ist. Dieser 
letztere Befund ist um so bemerkenswerter, als manchenorts (Spree - 
wald, Emsmoor) der hohe Eisengehalt des Tränkwassers (Raseneisen¬ 
erze) als ursächliches Moment beschuldigt wird. Diese Annahme dürfte 
somit unrichtig sein. 

Wenn auch im klinischen Bilde Symptome der eigentlichen Allo- 
triophagie sich nicht bemerkbar machten, so sind die im Blute und 
Ham erhobenen Befunde als Prodromalsymptome der Lecksucht anzu- 
sehen. Die Gründe für das Nichtauftreten manifester Erscheinungen 
and wohl einerseits in den günstigen Stallverhältnissen beim Versuch 
und andererseits in dem Umstande zu erblicken, daß Kälber nicht 
schon nach 1 / 2 jähriger Fütterung, sondern in der Regel erst später 
izweiter Fütterungswinter) infolge Genuß des Moorwiesenheus erkranken. 

Auch aus unseren Versuchen geht hervor, daß die einseitige Moor- 
kufütterung nicht imstande ist, den Nährstoff bedarf des tierischen Organis¬ 
mus dauernd zu decken. 

Eine Rinderaufzucht ist im allgemeinen nur dann wirtschaftlich, wenn 
die Jungrinder nach dem Absetzen fast ausschließlich durch Heu ohne 
größere Mengen von Kraftfutter ernährt werden können. In manchen 
Moorgegenden ist das unmöglich, weil das Heu diesen Anforderungen 
der Wirtschaft nicht genügt. Eine Aufzucht und Haltung ist dort 
rar Zeit nur unter Beigabe geeigneten Zufutters möglich. Dadurch ver¬ 
teuert sich die Rinderhaltung wesentlich bis zur Unwirtschaftlichkeit. 
Bei der Siedlung in Moorgegenden wird darauf zu achten sein, daß die 
■Ansiedler in die Möglichkeit versetzt werden, geeignetes Kraftfutter mit- 
ffittem zu können. Dieser Forderung wird aber nur dort genügt werden 
können, wo den Ansiedlern außer dem Moor auch anderer Boden zur 
Bebauung zur Verfügung steht, oder wo sie durch andere Arbeit (Wald¬ 
arbeit, Industrie) in die Lage versetzt werden, das für ihre Tiere dringend 
notwendige Beifutter zu beschaffen. 



Neumann und Reinhardt: 


Oberflächensp. 
des Plasmas I w 


* ~ 
• S • * 


Vlscosit&t g 


| Bmo- v 
' phile - 

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73 Mono- 
c _ cyten SS 

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mg Eisen ^ 
im ccm Blut I — 


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Pansen- 

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Atmung 


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Körper¬ 

temperatur 

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Außen¬ 

temperatur 


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Heu in kg ?i 


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Körpergewicht ci 


£§§i§ggggggggggggggggggggggggg 
S K ' = li 55 *' l ' 2 5i' 5 ■' 2 ji ?S ^ = £ i * *' = 5 S - £ 3 S ’ = *i 
















Zur Ätiologie der Lecksucht des Kindes. 


25 


; spei. Gewicht ^ 
I des Harns 


Reaktion 
des Harns 


3 1 


1000 mg Indican ^ 
im Tag ^ 


1000 mg Krea- ^ 
tinin im Tag ( ^ 

mg Trauben- ^ 
locker in 1 ccm 

mg HarnsAure ^ 
in 20 ccm 


mg P.O, 1 
in 10 ccm ® 

mg Stickstoff 
in 10 ccm Ss 


mg Bisen ■ ^ 
im Tag ! * 


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K:Xa 

(Xa = 1) 


s 


3 


mg Xa 
ln lu ccm 

j* 

mg K in 

§? 

| 10 ccm 

-- — | 

— 

Summe der] 


1 Oxyde 

So 

Lumme der 


Chloride 

cc 

Sediment 

: 8 

Gallen - 

9 

Stoffe 

Blut- 

5 

farbstoffe 

Zucker 


(Tromm er) 

s 


e» 

8 


£ 


3 


Eiweiß ^ j 
(Essbach) ** |i 


+ 

+ 

+ 


Hammenge 

Tagesmittel 


8 


g • • - 2 


mg , 

Hamsture in ( rt 
100 ccm Blut ! I 

K 

Traubemucker « ; 
ln 100 g Blut I 




8 2 . S ^ # 3 

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Ol 

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Acldosezahl 


51 





















Spumanit- und Reinhariif 




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Hämoglobin 


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21. 11. 1921 W) 
2& M. 1921 m 
7. ill. 1921 im 
14 111. 1921 




Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


27 


tcka. 


? Leuko- 
fo, 

| Differentlalsihlung der Leukocyten 

Blut- 

vis- 

cosität 

1 M 2 

1 -g g g 

Aci- 

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Trauben- 
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Blut 1 

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20. 

21. 

22. 

28. 

24. 

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28 


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6. 

7. 

8. 

9. 

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11. 

11 

21. 

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1921 

220 

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28. 

III. 

1921 

220 

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4. 

IV. 

1921 

215 

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18 

2,2 

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— 

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11. 

IV. 

1921 

222 

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18 

2,4 


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18. 

IV. 

1921 

213 

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2,4 

11,17 

— 

- 

25. 

IV. 

1921 

230 

34 

7,9 

16 

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18 

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— 

— 

- 

2. 

V. 

1921 

213 

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9. 

V. 

1921 

221 

45 

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17 

39,2 

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2 

— 

82 

0J 

16. 

V. 

1921 

216 

45 

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17 

38,8 

54 

24 

2,4 

12,04 

— 

- 

23. 

V. 

1921 

217 

43 

19 

18 

38,8 

48 

1 24 

2,4 

— 

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- 

30. 

V. 

1921 

209 

40 

18 

18 

38,8 

48 

24 

2,2 

11,89 

— 


6. 

VI. 

1921 

213,5 

44 

20,9 

18 

38,8 

48 

18 

1,8 

— 

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13. 

VI. 

1921 

220 

35 

15 

18 

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24 

2,6 

— 

— 

- 

20. 

VI. 

1921 

216 

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16 

18 

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2,4 

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27. 

VI. 

1921 

221 

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15 

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4. 

vn. 

1921 

224 

40 

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66 

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11. 

VII. 

1921 

225 

45 

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18 

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24 

1,6 

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15. 

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1921 1 

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9. 

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17. 

I. 1921 

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24. 

I. 1921 

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35 

3,1 

18 

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48 

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1,6 

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31. 

I. 1921 

215 

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2,3 

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7. 

H. 1921 

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14. 

H. 1921 

225 

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18 

39,2 

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24 

2 

_ 

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21. 

n. 1921 

220 

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10,66 


28. 

II. 1921 

220 

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18 

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1,8 


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7. 

in. 1921 

225 

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in. 1921. 

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4. 

IV. 1921 

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11. 

IV. 1921 

197 

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18. 

IV. 1921 

178 

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17 

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5,59 



25. 

IV. 1921 

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2. 

V. 1921 

163 

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24 

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V. 1921 

173 

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2 


45 

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16. 

V. 1921: 

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15,2 

17 

39,4 1 

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22 

2,2 

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23. 

V. 1921 i 

\ 175 

33 

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18 

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30. 

V. 19211 

i 163 

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18 

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6. 

VI. 1921 ' 

177 

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18 

39,2 

54 

24 

2 




13. 

VI. 1921 i 

■ -- 

40 

15 

18 

36 

120 

10 

_ 

_ 

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4 







Zur Ätiologie der Leeksucht des Kindes 


29 


ung. 


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15. 

16. 

17. 

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20. 

21. 

22. 

28. 

24. 


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1 2,34 

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Neumann und Reinhardt: 


Oberfl&chensp. 
des Plasmas 

51 

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31 


Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


Reaktion ^ 

de» Harn» ^ 


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des Harns ^ 


1000mg Indican ^ 
im Tag ^ 


1000 mg Krea- 1 
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in 10 ccm 


mg Stickstoff 
in 10 ccm 


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im Tag 


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in 100 g Blut 

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0,180 

0,160 

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0,146 

0,141 

0,142 

0,141 

Acldosezahl 

I 

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32 


Neumami und Reinhardt 


Oberflftchensp. 
de» Plasma» w 


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Fortsetzung. 


Zur Ätiologie der Lecksucht des Rindes. 


33 


Reaktion 
de« Harns 

spez. Gewicht 
des Harn« 


' § * 


5 I •§ 


1000 mg Indican 
im Tag 




1000 mg Krea- £ 

tinin im Tag ^ j lo 


mg Trauben¬ 
zucker in 1 ccm 


, mg Harnsäure 
in 20 ccm 

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in 10 ccm 


mg Stickstoff 
in 10 ccm 


mg Eisen 
im Tag 




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Harnmenge \ ^ 
Tagesmittel 04 


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100 ccm Blut | 


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in 100 g Blut ' 


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§ • § 
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§ 


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;{4 Xeinnann und Reinhardt: Zur Ätiologie dor Lecksueht dos Rindes. 


Literatur. 

Bezüglich der einschlägigen Literatur vergleiche auch die aus dem gleichen 
Institut hervorgegangenen Veröffentlichungen: 

Zu B: Krüger, Hans. Klinische Beobachtungen an mit MWH. gefütterten 
Jungrindern. Inaug.-Diss Berlin 1922.— Zu C : Brantin, Gustav. Das rote Blutbild 
des Rindes bei Verfütterung von MWH. Inaug.-Diss. Berlin 1922. — Winter, Otto. 
('her den Hämoglobingehalt des Rinderblutes bei MWH.-Fütterung. Inaug.-Diss. 
Berlin 1921. — Bilk), Martin . Der Hb.- und Fe-Gehalt des Blutes von Jungrindern 
bei ausschließlicher Fütterung mit MWH., bestimmt mit dem Colorimeter nach 
A. K. Inaug.-Diss. Berlin 1921. — Reinhardt, Curl. Beitrag zur Kenntnis des 
l^eukocytenblutbildes bei Fütterung mit MWH. Inaug.-Diss. Berlin 1921. — 
Gotthardt , Kurt. Über den Zucker- und Harnsüuregehalt des Rinderblutes bei 
MWH.-Fütterung. Inaug.-Diss. Berlin 1921. — Loewe, Walter. Viscositat und 
Oberflächenspannung des Blutes bei mit MWH. gefütterten Rindern. Inaug.-Diss. 
Berlin 1922. Magnus, Herbert. Acidose bei Jungrindern infolge Fütterung mit 
MWH. Inaug.-Diss. Berlin 1922. — Zu Di Walter . Richard. Na und K im Harn 
von mit MWH. gefütterten Kälbern. Inaug.-Diss. Berlin 1921. — Müller, Hans. 
Stickstoff und P s O- im Harn von Jungrindern bei Fütterung mit MWH. (Erscheint 
demnächst.) — Schirmet , Georg. Fc im Harn bei mit MWH. gefütterten Jung- 
rindern. Inaug.-Diss. Berlin 1922. — Collier , Kurt. Harnsäure und Traubenzucker im 
Rinderharn bei Fütterung mit MWH. Inaug.-Diss. Berlin 1922. — Pikart , Hans. 
Der Kreatinin- und Indicangehalt im Harn von Jungrindern bei Fütterung mit 
MWH. Inaug.-Diss. Berlin 1922. 



Die Morphologie des Lungenseucheerregers. 

(Eine mikrophotographisch« Studie.) 

Von 

CJchcinirat Prof. Dr. P. Frosch, Berlin. 

Mit 10 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 10 . November 1922.) 

Die nachstehenden Untersuchungen sind ausgeführt mit dem vom 
Herrn Minister f. L., D. und F. zur Verfügung gestellten Mitteln zur 
Erforschung ultravisibler Krankheitserreger. Zu besonderem Dank bin 
ich dabei dem leider so früh dahingegangenen Geh.-Rat L. Nevermann 
verpflichtet für die Bewilligung der Anschaffung des Apparates für 
Mikrophotographie mit ultraviolettem Licht. 

Seit der Entdeckung der filtrier baren Krankheitserreger 1 ) gelegent¬ 
lich der Erforschung der Maul- und Klauenseuche hat es nicht an Be¬ 
mühungen gefehlt, die Eigenart dieser Klasse von Infektionserregern 
näher zu bestimmen. Sowohl Löffler wie ich selbst haben, gemein¬ 
schaftlich und einzeln, unter Benutzung aller jeweils zu Gebote stehen¬ 
den Mittel der Technik immer wieder versucht, den Erreger der Maul- und 
Klauenseuche färberisch oder kulturell darzustellen. Wenn wir über diese 
Versuche nicht berichtet haben, so war der Grund ihre völlige Ergebnis¬ 
losigkeit. Als dann weiterhin mehr und mehr Krankheitserreger dieser 
Art bekannt wurden, sind die allerverschiedenßten Methoden von den 
Autoren benutzt worden 2 ). Auch diese Versuche sind meistens fehl- 
geschlagen. Große Hoffnung hat man auf die Dunkelfeldbeleuchtung 
gesetzt. Auch sie hat uns nicht weiter gebracht, wie übrigens leicht 
verständlich, angesichts der optischen Grundlage dieser Methode. 
Die Dunkelfeldbeleuchtung macht zwar kleinste Elemente sichtbar, 
die bei der üblichen Betrachtungsweise selbst die besten Immersionen 
nicht zeigen, sie gibt aber keine geometrische Abbildung von ihnen, 
sondern lediglich Beugungsfigun n, aus denen weder die wahre Gestalt 
noch die wahre Größe erkannt werden kann. Hinsichtlich des Auf¬ 
lösungsvermögens stehen aber die Objektivsysteme für die Dunkel¬ 
feldbeleuchtung wegen ihrer geringeren Apertur erheblich hinter den 
Apoehroinaten (num. Ap. 1,3—1,4) zurück. Deshall) schon sind die mit 
Dunkelfeldlicht an den ultravisibeln Krankheitserregern gewonnenen 
Resultate äußerst fragwürdig. Nur dann vielleicht brächte die Dunkel- 



36 


P. Frosch : 


feldbeleuchtung einen Nutzen, wenn es sich um ein mit echter Bewegung 
ausgestattetes ultravisibles Virus handeln würde. Denn aus der echten 
Beweglichkeit hätte man auf ein lebendes Virus schließen müssen. Leicht 
wäre aber auch diese Feststellung nicht, weil sich im Serum und in 
Körperflüssigkeiten außerordentlich viel derartige „Mikronen“ finden, 
die mit äußerst lebhafter Molekularbewegung ausgestattet sind. Je 
besser und empfindlicher die benutzte Dunkelfeldeinrichtung, um so zahl¬ 
reicher zeigt sie diese Gebilde. Wiederholt habe ich Material von Maul¬ 
und Klauenseuche, Hühnerpest, infektiöser Anämie und Lungenseuchc 
auf echt bewegliche Mikronen untersucht, unter Benutzung des Kardioid- 
kondensors (Zeiß) und Glycerinimmersion (V) ( Zeiß ). Diese Dunkel¬ 
feldeinrichtung ist so empfindlich, daß sich z. B. Serum nur verdünnt 
untersuchen läßt wegen der geradezu ungeheueren Menge lebhaftest 
molekularbeweglicher Mikronen. 

Einen zweifellos bedeutenden und aussichtsvollen Fortschritt ver¬ 
danken wir A. Köhlei*) durch die Konstruktion des Apparates für 
Photographie mit ultraviolettem Licht. Hiermit scheint die Sicht¬ 
barmachung ultravioletter Erreger greifbarer. Die Methode hat nichts 
mit der Dunkelfeldbeleuchtung zu tun. Sie erhöht das Auflösungsver¬ 
mögen der Objektive durch ausschließliche Benutzung des ultravioletten 
Lichtes von der Wellenlänge A — 0,275 — 0,280 fi. Diese Lichtart 
steigert das relative Auflösungsvermögen einer Objektivlinse auf nahe¬ 
zu das Doppelte oder anders ausgedrückt, sic könnte noch Objekte 
geometrisch abbilden, die etwa halb so klein sind als die kleinsten 
sonst durch unsere Immersionen darstellbaren Elemente. Da das 
menschliche Auge aber für Licht so kleiner Wellenlänge optisch un¬ 
empfindlich ist, lassen sich die Bilder nur auf dem Umwege der 
photographischen Abbildung sichtbar machen. Zwischen Objekt und 
Auge schiebt sich also die photographische Platte gewissermaßen als 
Dolmetscher. 

Mit diesem Apparate habe ich die mikroskopische Untersuchung 
ultravisiblcr Krankheitserreger wieder aufgenommen und versucht, 
den Erreger der Lungenseuche sichtbar zu machen. Ich wählte dieses 
Objekt, weil mir Lungenseuchematerial ausreichend zur Verfügung stand 
und die Kultur dieses Erregers sicher gelingt 3 ). 

Bei meinen ersten Versuchen habe ich die üblichen Serum-Martin- 
bouillonkulturen in der von Giesc 11 ) verbesserten Form benutzt. Ich 
übergehe die Bemühungen, die nötig waren bis zur Beherrschung der 
Technik, und die anfänglichen, sehr fragwürdigen Ergebnisse. Sehr 
bald ergab sich die Notwendigkeit unausgesetzter Kontrollen. Bei dem 
doppelt so starken Auflösungsvermögen werden unendlich viel mehr 
kleinste Gebilde sichtbar als sonst. Man muß, um mich so auszudrücken, 
mit diesem Verfahren erst arbeiten und sehen lernen, um Wesentliches 



Dip Morphologie des Lungensencheerregors. 


37 


und Unwesentliches zu unterscheiden. Eine große Zahl von Vorsichts¬ 
maßregeln sind unumgänglich. Die Quarzdeckgläschen und Quarz¬ 
objektträger müssen peinlichst gereinigt werden; die Platinöse darf nicht, 
wie üblich, immittelbar nach dem Gebrauch ausgeglüht werden, da ihr 
leicht Teilchen des verbrannten Materials anhaften, die in die Be¬ 
obachtungsflüssigkeit übergehen und sich mit abbilden. Fäserchen 
aus dem Wattepfropfen der Kulturröhrchen, minimalste Gerinnungs¬ 
produkte der Nährbodenflüssigkeit u. a., die der gewöhnlichen Be¬ 
trachtung entgehen, werden bei diesem Verfahren sichtbar und geben 
leicht zu Täuschung Veranlassung. Für die Empfindlichkeit des Ver¬ 
fahrens nur ein Beispiel: Ein für die gewöhnliche Betrachtung gut 
differenziertes, gefärbtes Präparat mit durchaus klarem Untergrund 
zeigt mit diesem Verfahren photopraphiert eine erstaunliche Menge 
eines feinsten körnigen Niederschlages. 

Nachdem ich bei einer großen Anzahl von Aufnahmen durchaus 
undefinierbare, spärliche oder inkonstante Befunde erhalten hatte, 
gab ich die Untersuchung flüssiger Kulturen auf; auch aus folgendem 
Grande: 

Bei dem Verfahren muß mit Fluorescenzlicht provisorisch einge¬ 
stellt werden. Aber auch mit diesem Lacht ist eine Scharfeinstellung 
unmöglich bei einer Flüssigkeit, die, wie die flüssige Kultur des Lungen¬ 
seucheerregers, mikroskopisch sichtbare corpusculäre Elemente nicht 
enthält . Ich habe mir zunächst geholfen durch Zusatz von sichtbaren 
kleinsten Körpern oder durch eine mit wasserunlöslichem Farbstoff 
oder mit Glasdiamant auf dem Objektträger oder Deckplättchen ange¬ 
brachte Marke. Beides gab aber unbefriedigende Resultate. Namentlich 
der anfänglich versuchte Zusatz von Bakterien, Hefe, Schmetterlings¬ 
schuppen, Diatomeenbruchstücken u. a. ist durchaus zu verwerfen. 
Mit allen diesen Materialien kommt eine ungeahnte Menge von Detritus 
in das Präparat, den erst die photographische Ultraaufnahme aufdeckt 
in Gestalt mannigfacher und zum Teil sehr merkwürdiger, feinster Ge¬ 
bilde. Am sichersten und einfachsten fand ich die Einstellung auf 
kleinste Luftbläschen, die entweder schon vorhanden sind oder durch 
eine gewisse Art des Deckglasauflegens leicht erzeugt werden können. 
Dadurch kommt nichts Fremdes in das Präparat, und in der so ge¬ 
wonnenen Einstellungsebene können verschiedene Gesichtsfelder pho¬ 
tographiert werden; auf gut Glück; denn das ohnehin schwache Fluores¬ 
cenzlicht zeigt die ultravisiblen Körperchen eben nicht, und ob sich an 
der jeweils aufgenommenen Stelle nun auch die gesuchten Erreger be¬ 
finden, ist Sache des Zufalls oder richtiger: des Verhältnisses, in der 
die Zahl der vorhandenen Erreger zu der jeweils untersuchten Flüssig¬ 
keitsmenge steht. Die für die jedesmalige Aufnahme in Betracht kom¬ 
mende Flüssigkeitsmenge der Kultur im Präparat ist aber, wie die 



38 


P. Frosch: 


Messung*) unmittelbar ergibt, außerordentlich gering. VVeim durch¬ 
schnittlich in jedem Gesichtsfeld nur ein einziges Exemplar des Erregers 
vorhanden wäre, so läßt sich rechnerisch zeigen, daß dann die Ge¬ 
samtzahl der Keime in 1 ecm Nährbodenflüssigkeit wenigstens 340 bis 
350 Millionen betragen müßte. Eine so große Zahl wäre an sich bei 
einem ultramikroskopisch kleinen Krankheitserreger nicht undenkbar, 
bliebe aber immerhin fraglich. Eine gut gewachsene Rotlauf- oder 
Hühnercholerabouillonkultur z. B. enthält, wie ich durch besondere 
Versuche festgestellt habe, kaum mehr als 40—50 Millionen Keime pro 
Kubikzentimeter. Haß nun tatsächlich die Zahl der Lungenseuche¬ 
erreger in der Bouillonkultur auch nicht über dieses Maß hinausgellt, 
hat sich später ergeben**). 

Ein aussichtsvollerer, dabei sehr einfacher Weg schien die Benutzung 
der Kultur des Lungenseucheerregers auf festem Nährboden, und zwar 
dem von Dujardün-Beaumetz 3 ) angegebenen Serumagar. Auf diesem 
Nährboden bildet der Lungenseucheerreger winzig kleine, mit bloßem 
Auge kaum sichtbare Kolonien. Es schien nun sehr einfach und un¬ 
mittelbar zum Ziele führend, den äußersten Rand einer solchen Kolonie 
in situ der photographischen Auflösung mit dem ultravioletten Licht 
zu unterwerfen. Dujardin-Beaumetz ist mit der gewöhnlichen Be¬ 
trachtung diese Auflösung nicht gelungen, auch mit stärksten Ver¬ 
größerungen (2000fach) nicht. Er sah nichts als ,,une poussiere". 

Fraglich war nur, ob die Züchtung des Lungenseucheerregers auf 
festen Nährböden gelingen würde. 

Auf meine Anregung unterzog sich mein Mitarbeiter Dahmen dieser 
Aufgabe und löste sie überraschend schnell, in äußerst befriedigender 
W T eise. Indem ich bezüglich der Einzelheiten auf die nachfolgende Arbeit 
Dakmens verweise, betone ich hier nur, daß, abgesehen von meinem 
speziellen Zweck, mit der stets wieder gelingenden Kultur auf festen 
Nährböden die Möglichkeit gegeben war, genau wie bei Bakterien, eine 
Reihe wichtiger Fragen zu lösen, so z. B. die zahlenmäßige Bestimmung 
der in der Kultur vorhandenen Keime wie auch ihr Anwachsen, ihre 
Vermehrung, ihr Absterben und den Übergang in den Bodensatz von 

*) Das photographisch (halbe Platte 9/12) nutzbare Gesichtsfeld der Quarz- 
immereion ist zu 35 ff bestimmt; die Höhe der Flüssigkeitsschicht zwischen Deck¬ 
glas und Objektträger, durch ein aufgesetztes kleines Gewicht bei der An¬ 
fertigung des Präparates stets konstant gehalten, ließ sich durch die Höhenein¬ 
teilung der linken Mikrometersehraube am großen Zeiß-Stativ in Verbindung 
mit dem Brechungsindex der Kulturflüssigkeit auf 13,6 f* feststellen. (Diesen 
Breehungsindex fand ich durchschnittlich — 1,34.) Daraus ergibt sich als 
Gesamt Volumen für den unter der Immersion liegenden Fl iissigkeitszy linder 
V - 1 : 57035000 ecm. Von diesem Flüssigkeitszylinder lassen sich mindestens 
6 in verschiedener Höhe liegende Einstellebenen gewinnen. 

**) Vgl. die nachfolgende Arbeit von Dahmen 53. 




Die Morphologie des Lungenseueheerregers. 


39 


Tag zu Tag. Auch die Widerstandsfähigkeit gegen physikalische und che¬ 
mische Schädigung ließ sich feststellen und der Einfluß gewisser 
Veränderungen des Nährbodens (Reaktion, Zusatz bestimmter Stoffe 
u. a. m.). 

So einfach es von vornherein schien, den Rand einer solchen Kolonie 
in situ, ohne Präparation, mit dem ultravioletten Licht photographisch 
aufzulösen, ebenso schwierig gestaltete sich die Ausführung in praxi 
und die Deutung des Befundes. Um diese Schwierigkeiten zu würdigen, 
muß berücksichtigt werden, daß eben eine scharfe Einstellung des 
Präparates unmöglich ist, und daß die Umrisse dieser feinen Kolonien 
sich sehr wenig von dem Nährboden abheben. Es bedurfte zahlreicher 
Aufnahmen, um zu erkennen, daß die Kolonien nicht scharf begrenzt 
sind, sondern selbst am Rande noch unter der Oberfläche sich diffus 
in die Tiefe verbreiten. Ferner darf, zur vollen Ausnutzung tler Ob¬ 
jekt ivapertur, nur wenig abgeblendet werden, so daß die Gewinnung 
einigermaßen deutlicher Bilder sehr viele Aufnahmen voraussetzt. Nur 
zur Erläuterung dieser Verhältnisse sei daran erinnert, daß Stempelt 7 ) für 
die Abbildung des Polfadens bei Nosema bombycis 80 Aufnahmen 
ein und derselben Stelle machen mußte. 

Die photographische Aufnahme der Kolonien auf festen Nährböden 
erfordert eine vorangehende Präparation. Dujardin-Beaumetz benutzte 
für die seiner Monographie beigegebenen Abbildungen dünne, mit der 
Hand hergestellte Rasiermesserschnitte. Ich habe mit dem Doppel- 
messer oder mit dem Gefriermikrotom gewonnene, dünne -Flach- oder 
Querschnitte benutzt, teils auch Zupf- oder — noch besser — Quetsch- 
praparatc angefertigt, als Einbettungsfiüssigkeit für die sehr kleinen, nur 
unter dem Präpariermikroskop zu behandelnden Schnitte physiologische 
Kochsalzlösung, Glyceringelatine, sehr vorteilhaft auch eine konz. 
I-iösung von K. acet. Daneben noch andere Zusatzflüssigkeiten, über 
deren teilweise sehr eigenartige Einwirkung auf diese Kolonien ich 
später berichten werde. 

Die sehr genauen, nicht zu übertreffenden Beobachtungen und 
.Schilderungen von Dujardin-Beaumetz 3 ) über Bau- und Eigenschaften 
dieser feinen Kolonien kann ich bestätigen, ebenso seine Angabe über 
ihr merkwürdiges Verhalten bei der Färbung. 

Es handelt sich um allerkleinste, glashelle, leicht ovale oder kreis¬ 
runde Kolonien, von anfänglich wenig über 1 / 3 mm Durchmesser; ältere 
Kolonien werden größer (bis zu 1 / i bezw. 2 / a mm) und zeigen dann oft 
eine schwach rosettenförmige Begrenzung. Dahmen ist wiederholt die 
Züchtung schon mit bloßem Auge gut sichtbarer Kolonien bis zu 2, 
selbst 3 mm Durchmesser gelungen, die, außerdem von gelbgrauer Farin* 
und opak, uns anfänglich den Verdacht auf Verunreinigung erweckten, 
bis die Uberinipfung ihre spezifische Natur erwies. Einmal wichen die 



40 


P. Frosch: 


Kolonien auch in ihren Umrissen von dem typischen Bau ab, sie waren 
doppelflügelförmig gestaltet. Allen Kolonien eigentümlich ist ein 
deutlich unterscheidbares Zentrum, das mitunter wie durch einen feinen 
Ring umschlossen erscheint und sowohl durch eine Erhöhung über die 
Oberfläche, mehr aber noch durch eine zapfenartige Fortsetzung unter 
die Oberfläche gebildet wird. Du jardin-Beaumetz nennt das Zentrum 
,,mamillon“ und vergleicht die Kolonie mit einem Reißnagel (punaise). 
Dieses Zentrum oder der „Nabel“ ist im Gegensatz zu den Randpartien 
für ultraviolettes Licht ganz undurchlässig (Phot. Nr. 5). Die Färbung 
der Kolonien in toto oder in Querschnitten gelingt leicht mit Häraa- 
toxylin oder mit Anilinfarben, wie Methylgrün, Methylviolett, Bismarck- 
braun, Carboifuchsin oder nach Giemsa*). Mit bloßem Auge und selbst 
mit schwacher Vergrößerung erhält man den Eindruck einer höchst 
intensiven Färbung. Stärkste Vergrößerungen mit voll ausgenutzter 
Apertur lassen dagegen eine Summationswirkung erkennen, d. h. die 
einzelnen Elemente selbst sind sehr schwach gefärbt, so daß sie bei voller 
Kondensorbeleuchtung vollständig verschwinden, im Gegensatz zu allen 
Bakterien, die, selbst die kleinsten**), gefärbt bekanntlich um so deut¬ 
licher werden, je weiter die Kondensorblende geöffnet wird. Hieran ändert 
auch die Fixierung oder Härtung in Alkohol usw. nichts. Nur ange¬ 
trocknete Präparate nehmen die Färbung besser an, doch zeigen 
sie die Eleraentarkörper deformiert. Am besten fand ich die Vorfärbung 
mit IFeigreri-Eisenhämatoxylin und intensive Nachfärbung mit Carbol- 
fuchsin. Die Kolonien haften dem Nährboden außerordentlich fest 
an und sind in sich sehr fest gefügt, so daß man, wie Dujardin - 
Beaumetz hervorhebt, mit dem Platindraht wahrnehmbare Partikel¬ 
chen nicht abstreift. Sie übertreffen in dieser Beziehung die Strepto- 
thrix- und verwandte Arten. Deshalb ist die Herstellung eines Zupf¬ 
oder Abklatschpräparates bzw. auch eines gefärbten Ausstriches 
nach bakteriologischer Technik sehr schwierig und fast unmöglich. 

Das Ergebnis meiner photographischen Untersuchung sind die bei« 
gegebenen Photogramine; eine Auswahl von mehreren hundert Auf¬ 
nahmen***). Nach zwei Richtungen glaube ich die bis jetzt in der Lite¬ 
ratur vorliegenden Beobachtungen verbessern oder vervollständigen 
zu können. Die Verlegung der Untersuchung von der flüssigen Kultur 
auf das Studium der auf festen Nährböden gewachsenen Kolonie be- 

*) Dujardin-Beaumetz verwirft die Färbung von Querschnitten mit Anilin¬ 
farben, weil der Nährboden sieh ebenso stark färbt wie die Kolonien. Diese Schwierig¬ 
keit lälit sich aber leicht durch geeignete Differenzierung beheben. 

**) Zum Vergleich standen mir Rickettsien zur Verfügung durch das freund¬ 
liche Entgegenkommen meines Kollegen Prof. W. Xöller. 

***) Die hier wegen der beträchtlichen Reproduktionskosten fort gefallenen Auf¬ 
nahmen, soweit von Wert, beabsichtige ich später in einem Bemoost rationsvortrftii 
Interessenten vorzuf(ihren. 



Die Morphologie des Lungcnseuchccrrugers. 


41 


deutet eine grundsätzlich wichtige Änderung. Die Untersuchung der 
flüssigen Kultur bzw. ihres Bodensatzes kann eindeutige Resultate 
nicht geben. Die Entscheidung, ob die gefundenen Elemente der Er¬ 
reger oder nicht vielmehr Bestandteile der durch ihn veränderten (Ei¬ 
weißsubstanz) Nährflüssigkeit — unlösliche Abbau- und Spaltpro¬ 
dukte — Gerinnsel usw. oder sogar zufällige Verunreinigung der auf 
S. 37 geschilderten Art sind, ist so lange bei einem seiner Art nach noch 
unbekannten Erreger nicht mit Sicherheit zu treffen, als nicht entweder 
unzweifelhafte Lebensäußerungen oder bekannte bez. eindeutige Formen¬ 
verhältnisse bei diesen Befunden vorliegen. Beides trifft für keine der 
bisher von den Autoren 4 ) 6 ) 9 ) als mutmaßlicher Erreger beschriebenen 
Formen zu, im besonderen nicht für die bekannten Ring-, Spirillen- 
und Y-Formen, den Asterococcus u. a., bei denen außerdem jeder gene¬ 
tische Zusammenhang fehlt. Die stärksten Bedenken erwecken Bordets 
Befunde auf einem Nährboden, der neben Agar noch Blut, Kartoffel¬ 
extrakt und Glycerin enthält und auf dem, wie Dujardin-Beaumetz*) 
zutreffend hervorhebt, ein sichtbares Wachstum kaum erfolgt, sondern 
aus der Verfärbung des Nährbodens geschlossen werden muß. 

Demgegenüber bietet die Untersuchung der Kolonie auf relativ ein¬ 
fach zusammengesetztem Nährboden sichere Verhältnisse. Wenn diese 
Gebilde tatsächlich Kolonien sind, müssen ihre Elemente auch den 
Erreger darstellen. Jedenfalls können erst aus den Befunden in der 
Kolonie diejenigen in flüssigen Nährböden identifiziert werden. 

Weiter habe ich zu bemerken: Dujardin-Beaumetz ist die Auflösung 
seiner Kolonien weder in Querschnitten noch Zupfpräparaten gelungen, 
wie er angibt, trotz starker Vergrößerung. Vielleicht, daß ihm Ob¬ 
jektivsysteme von stärkstem Auflösungsvermögen nicht zu Gebote 
gestanden haben. Er sagt im Schlußsatz seiner These: „Ce microbe 
est d’une tenuite extreme et les plus forts grossissements du microscopc 
ne permettent de döceler que des points mobiles et presque invisibles. 
Sur les pröparations colorees, on ne constate qu’une fine poussiöre dont 
il est impossible de distinguer les elements.“ Diese Resignation trifft 
zwar zu für die unmittelbare mikroskopische Beobachtung mit den 
für bakteriologische Zwecke üblichen Kombinationen von Immersions¬ 
linsen und Okularen, aber schon der Apochromat 1,4 Ap. Zeiß mit 
Komp.-Okular 12 oder 18 (Vergrößerung 1500—2250) läßt deutlich eine 
feine Körnung der Randpartien in monochrom-blauem Licht er¬ 
kennen*). Noch besser zeigt sic die mikrophotographische Auf¬ 
nahme. (Photogramm 2, 3 und 4.) Darüber hinaus gibt dann die 
Aufnahme mit ultraviolettem Licht eine Auflösung der Rand¬ 
partien in feinste Elemente, die bei wechselnder Größe (durchschnitt- 

*) Die Auflösung der Kolonien im Dunkelfcld mit dem vorerwähnten 
(S. 36) Kondensor ist mir nicht gelungen. 



42 


P. Frosch: 


lieh 0,2—0,8 /i) rundliche, ovale oder polygonale Gestalt besitzen. 
Diese Elemente, im Zentrum der Kolonien am dichtesten, treten unter 
geringer Größenzunahme nach dem Bande zu mehr auseinander. Sie 
begrenzen den Band nicht scharf, sondern setzen sich auch unter ihm 
in die Tiefe des Nährbodens fort. (Photogramm 8 und 9.) Eine Differen¬ 
zierung des Inhaltes dieser Elementargebilde habe ich nicht eindeutig 
feststellen können. An getrockneten Ausstrichpräparaten trat aller¬ 
dings mehrfach eine Sonderung in regellos gelagerte Körnchen und 
Grundsubstanz auf (wie auch in der lebend photographierten Kolonie 
zu sehen), doch könnte Jenes Kunstprodukt durch Eintrocknen, Dieses 
aber der Ausdruck unscharfer Einstellung der körperlich dimensio¬ 
nierten Gebilde sein. 

Mehrfach sind von den Autoren 4 ) 8 )*) im Lungenseuche material 
oder Kulturen gewisse Formelemente als Erreger gedeutet worden. 
Die von mir photographisch dargestellten Elemente sind wohl kaum 
identisch mit jenen Gebilden. Sie unterscheiden sich durch die ab¬ 
weichende Gestalt und, wenn man die betreffenden Vergrößerungen 
berücksichtigt, durch ihre bedeutendere Kleinheit. Lediglich den von 
Martzinovski 10 ) unmittelbar im Lungensaft nachgewiesenen Gebilden 
kommt eine gewisse Ähnlichkeit zu. 

Meine Untersuchung zeigt also, daß es sich zwar um sehr kleine, 
aber nicht ultravisible Körper im eigentlichen Sinne handelt. 
Schwierig scheint mir die Deutung dieser Befunde. Da die Kolonie 
ausschließlich aus diesen Elementen besteht, müßten sie die gesuchten 
Erreger darstellen. Nach ihrer Gestalt, noch mehr wegen ihres durch¬ 
aus abweichenden färberischen Verhaltens würden sie sich schwer unter 
die Bakterien einreihen lassen, wofür die Fähigkeit der Koloniebildung 
auf festen Nährböden hinwiederum spräche. Es könnten kapseltragende 
Bakterien sein, mit, wie üblich, schwer färbbarer Kapsel, die das innen 
liegende, vielleicht sehr feine Bacterium verdeckt. Dagegen spricht 
neben anderem die sehr variable Gestalt und Größe der Gebilde. In 
Betracht kämen auch noch Hefe- oder Fadenpilzformen. 

Die Frage nach der Natur der Elemente, aus denen die Kolonie 
des Lungenseucheerregers anscheinend besteht, möchte ich offen 
lassen bis zum Abschluß begonnener Untersuchungen, die mir nach 
einer bestimmten Bichtung Fingerzeige zu bieten scheinen. 

Erläuterung zu den Abbildungen. 

Vorbemerkungen : Für die meisten Aufnahmen empfiehlt sich zur Erkennung 
feinerer Einzelheiten die Betrachtung mit schwacher Lupe. 

Die Aufnahmen Nr. 1—4 sind mit der großen Zeiß-Camera, Apochromat 
(Ap. 1,4, Äquival. Brennweite 2 mm), Projektionsokular 2 bzw. 4 und wechselnder 
Gameralänge hergestellt. Kupferoxydammon-Filter. Bogenlicht. Alle übrigen 
mit dem Apparat von A. Köhler für ultraviolettes Licht. Quarzimmersion 



Dir Morphologie des Lungenseucheerregers. 43 

Ap. 1,25, Äq. Br. 1,7 mm. Quarzokular 10, 14 bzw. 20, Caraeralängc 31 cm, 
Cadmiumelektroden I = 0,275 /*. 

Die Bestimmung der jeweiligen Vergrößerung erfolgte am Negativ eines unter 
der gleichen optischen Bedingung aufgenommenen Objektmikrometers mit Vioo mm 
Teilung. 

Die Aufnahmen Nr. 5—7 sind je Doppelaufnahmen, Nr. 8 und 9 viermalige 
Aufnahmen derselben Stelle bei wechselnder Einstellung. Es wurde bereits im 
Text erwähnt, daß eine absolut scharfe Einstellung mit Fluorescenzlicht unmöglich 
ist. Eis sind daher unter geringer Hebung und Senkung des Tubus mehrere Auf¬ 
nahmen nötig. Die gegebenen Abbildungen zeigen deshalb verschiedene Schärfe. 

Der Vorschlag von Krui&), die Originalaufnahmen mit Ok. 7 zu machen und 
dann auf dem Umweg über das Diapositiv dreimal vergrößerte Negative her¬ 
zustellen, war für mich zu kostspielig. 

Xr. 1—3. (Vergrößerung 750 bzw. 1500 bzw. 3000.) Gefrierquerschnitt einer 
Kolonie bei jedesmaliger Verdoppelung der Vergrößerung. Bereits bei 1500- 
facher Vergrößerung (Nr. 2) ist am Rande die Auflösung in feine Körner 
erkennbar. 

Xr. 4. (Vergrößerung 2700.) Carboifuchsingefärbtes Quetschpräparat zeigt die 
Körner sehr deutlich. 

Xr. 5. (Vergrößerung 1700.) Ungefärbtes Präparat einer mäßig zerdrückten Ko¬ 
lonie in K. acet. eingebettet. Die Körnung am Rande (Lupe) deutlich. 
Die dunkle Stelle rechts der undurchsichtige Nabel der Kolonie. 

Xr. 6 u. 7. (Vergrößerung 1700 bzw. 3600.) Junge Kolonie in situ. Die in¬ 
tensiv schwarzen, scharf begrenzten Flecke auf Nr. 7 sind, wie Vergleichs¬ 
aufnahmen zeigten, Verunreinigungen am Deckglas, die sich trotz aller 
Mühe nicht entfernen ließen. Man sieht sie auch auf Nr. 6, nur kleiner, 
und kann an der Gruppierung leicht die Stelle auf Nr. 6 bestimmen, von 
der Nr. 7 das über doppelt so große Abbild ist. 

Nr. 8 u. 9. (Vergrößerung 3600.) 4 verschiedene Einstellungen derselben Stelle 
am scheinbaren Rande eine 8—10 Tage alte Kolonie. Von Nr. 8 linkes 
Bild nach Nr. 9 rechtes Bild um je 1,5 ^ nach der Tiefe fortschreitend. 
Auf Nr. 9 werden die auf Nr 8 nur schwach angedeuteten tief liegen¬ 
den Elemente sichtbar. 

Nr. 10. (Vergrößerung 3000fach.) Gefrierquerschnitt einer Kolonie, leicht ge¬ 
quetscht. Alkoholhärtung. Färbung mit Eisenhämatoxylin Weigert. 
Nachfärbung Carboifuchsin. 


Literatur. 

J ) Löffler und Frosch , Bericht der Komm, zur Erforsch, der Maul- und Klauen¬ 
seuche. Zentralbl. f. Bakteriol. L Abt. 1898. — 2 ) Lipschütz, B., Handbuch Kolle- 
Waasermann, II. Auf!« 8. — s ) Dujardin-Beaumetz, E., These p. 1. doctorat en 
medecine, Paris 1900. — 4 ) Dujardin-Beaumetz, E., Handb. Kölle,Wassermann, 
II. Aufl. 8. — Ä ) Dujardin-Beaumetz, E ., Jeantel et Jouan, Ann. d. l’Institut Pasteur 
££. 1910. — •) Köhler, A ., Mikroskopische Untersuchung mit ultraviolettem Licht. 
Zeitachr. f. wiss. Mikroskopie u. med. Technik £1. 1904. — 7 ) Stempelt, W., Arcb. 
f. Protistenk. li. 1909. — 8 ) Kruis, K., Mikrophotographie der Struktur lebender 
Organe, insbesondere der Bakterien, mit ultraviolettem Licht. Bull, intern, de 
TAcad. d. Sc. d. Boheme. Prag 1913. — 9 ) Bordet , J ., Ann. d. l’Inst. Pasteur ££. 
1910. — 10 ) Martzinovski , E . J., Ann. d. l’Inst. Pasteur £5. 1911. — n ) Oiese, CL, 
Zur Züchtung des Erregers der Lungenseuche (Peripneumonie) des Rindes. Berl. 
tierärztl. Wochenschr. 1922, S. 25. 









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(Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Threktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Frosch].) 

Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Bindviehs. 

Von 

Br. Hans Dahmen, 

wissenschaftlichem Hilfsarbeiter. 

(Eingegangen am 5. November 1922.) 

Seitdem Nocard und Roux 1 ) die Züchtung des Lungenseuchevirus 
auf Martinbouillon mit Rinderserumzusatz gelungen war, haben in 
Deuschland Schmidt 2 ), Joseph 2 ), Poppet) und Titze-Oieset) mit diesem 
Nährboden gearbeitet. Schmidt wies nach, daß es keinesfalls notwendig 
sei, dem Nährboden Schweinemagenpepton zuzusetzen. Oieset) wandte 
seine Aufmerksamkeit dem Alkalitätsgrade der Nährflüssigkeit zu 
und stellte fest, daß eine p fl -Zahl von 7,8 —8,0 das Optimum für das 
Gedeihen des Lungenseucheerregers sei. Seine Züchtung auf Rindfleisch¬ 
wasser mit 8% Pferdeserum erlaubte ihm, diese Kultur als Antigen bei 
der Komplementablenkung zu verwenden. 

Dujardin-Beaumeiz 1 ) gelang es schon 1900, den Lungenseucheerreger 
auf festen Nährböden zu züchten. Er verwandte dazu Martin-Bouillon 
mit 1,5% Agarzusatz. Das Kondenswasser ersetzte er durch Serum 
und ließ die Röhrchen zur besseren Durchtränkung mit Serum 24 Stun¬ 
den liegen. Nach der Beimpfung zeigten die Röhrchen am 4. oder 5. Tage 
(im Brutschränke) die ersten Kolonien, die nur mit der Lupe erkennbar 
waren. 

Die Angaben der deutschen Literatur über die Züchtung des Lungen¬ 
seucheerregers auf festen Nährböden lassen nur bei Schmidt mit Sicher¬ 
heit erkennen, daß es sich dabei um eigene gelungene Versuche der Ver¬ 
fasser oder nur um ein Referat der Methode handelt. 

Das Studium des Erregers veranlaßte Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 
Frosch, mich mit der Erforschung der Lebensbedingungen des Virus 
und vor allem seiner Züchtung auf festen Nährböden zu beauftragen. 

Die nachfolgenden Ausführungen sollen über meine Versuche auf 
diesem Gebiete, insbesondere der Züchtungsversuche auf festen Nähr¬ 
böden und über das Studium der Antigenfrage Aufschluß geben. Es sei 
vorweg erwähnt, daß die Züchtung des Erregers auf festen Nährböden 
ohne Schwierigkeit mit den nachfolgend beschriebenen Methoden gelang. 

Arch. f. Tierlieilk. XLIX. 4 



50 


Hans D&hmen: 


L Züchtungsversuche. 

1. Martin-Bouillon auf 8,0 p H gebracht + 1,5% Agar werden bei 
115° C sterilisiert und in Röhrchen schräg zum Erstarren gebracht. Das 
Kondenswasser wird mittels Capillarpipette entfernt und durch 0,5 ccm 
Pferdeserum ersetzt. Die Röhrchen bleiben so präpariert 2 Tage flach 
im Brutschränke hegen, damit sich das Serum über die gesamte Agar¬ 
fläche ausbreitet und antrocknet. 

Die erste Impfung erfolgte am 20. III. 1922, die ersten Kolonien 
waren am 25. III. sichtbar. Die Kolonien sind kleine 1 J i — x / t mm 
große, mit dem unbewaffneten Auge kaum sichtbare Gebilde. Sie be¬ 
sitzen einen zentralen Nabel, der in das Nährsubstrat hineinwuchert, 
und einen flachen Rand. Bei lOOfacher Vergrößerung ist die Kolonie 
kaum mit Kolonien anderer Erreger zu verwechseln. 

Die Weiterimpfung gelang ohne Schwierigkeit. Bislang ist die 
13. Subkultur erreicht: 


1 

Subkultur: Impfung am 

28. III. 1922 

Kolonien 

am 

1. IV. 1922. 

2. 

» 

99 9 

1. IV. 1922 

99 

99 

6. IV. 1922. 

3 


•9 M 

9. IV. 1922 

99 

99 

11. IV. 1922. 

4. 

»» 

99 99 

17. IV. 1922 

99 

19 

20. IV. 1922. 

5. 

99 

99 99 

22. IV. 1922 

99 

19 

25. IV. 1922. 

6. 

»9 

99 99 

30. IV. 1922 

99 

99 

2. V. 1922. 

7. 

9» 

99 99 

10. V. 1922 

99 

99 

12. V. 1922. 

8. 

99 

99 99 

18. V. 1922 

99 

99 

23. V. 1922. 

9. 

99 

99 99 

24. V. 1922 

»• 

99 

29. V. 1922. 

10. 

99 

99 99 

2. VI. 1922 

99 

99 

9. VI. 1922. 

11. 

99 

99 99 

8. VIII. 1922 

99 

9 

12. VIII. 1922. 

12. 

99 

99 99 

26. VIII. 1922 

99 

99 

31. VIII. 1922. 

13. 

99 

99 99 

1. X. 1922 

•9 

»9 

4. X. 1922. 


Aus dieser Aufstellung geht hervor, daß schon nach 2 Tagen Bebrü¬ 
tung feinste, kleine Kolonien sichtbar sein können. Die Lebensfähigkeit 
des Erregers auf diesen Nährböden hat sich in den obigen Versuchen 
bis zu 2 Monaten nachweisen lassen. 

Zum Beweise, daß es sich tatsächlich um das sich vermehrende Virus 
handle, wurden folgende Rückimpfungen auf Martin-Bouillon und 
umgekehrt angestellt: 

2. Rückimpfungsversuche: 

a) Martin-Bouillon-Agar + Serum (wie oben). Impfung am 20. III. Kolonien 
am 25. III. 

b) Rückimpfung aus 2a auf Martin-Bouillon. Impfung am 28. III. Trübung 
und Opalescenz am 1. IV. verstärkt am 4. IV. 

c) Impfung aus 2b auf Serumagar (wie bei 2a) am 4. IV. Kolonien am 8. IV. 

d) Impfung von 2c auf Martin-Bouillon am 9. IV. Trübung und Opalescenz 
am 12. IV. 

e) Impfung aus 2d auf Serumagar am 12. IV. Kolonien am 15. IV. 

Es gelingt demnach leicht, das Virus von Serum-Agar in Bouillon 
und umgekehrt zum Wachstum zu bringen. 







Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


51 


3. Versuch. 

Die Kolonien auf den festen Nährböden wachsen nur im oberen 
Drittel des Röhrchens. Herr Geheimrat Frosch und ich waren der 
Meinung, daß dies durch das stärkere Austrocknen dieser verhältnis¬ 
mäßig dünnen Agarschicht bedingt sei. Um eine größere Trockenheit 
des Agars zu erhalten, wurde der Nährboden folgendermaßen behandelt 
und beschickt. 

■ Martin-Bouillonagar wird 2—5Tage im Brutschränke gehalten, 
um das Kondenswasser verdunsten zu lassen. Darauf wird die Agar¬ 
oberfläche mit 0,5 ccm Serum beschickt. Zum Antrocknen bzw. zum 
Imbibieren verbleiben die Röhrchen 2 weitere Tage im Brutschränke. 
Auch auf dem so vorbereiteten Nährboden gedeihen die Kolonien 
ausgezeichnet und ebenfalls nur im oberen Drittel der Agaroberfläche. 

Die Überimpfung auf frische Nährböden gelingt leicht. Beim Über¬ 
streichen bleibt genügend Material an der Öse haften, um eine erfolg¬ 
reiche Beschickung der Nährböden zu erzielen. 

Der Grund, daß die Kolonien nur im oberen Drittel der Agarober¬ 
fläche wachsen, ist m. E. in folgendem zu suchen: 

Nach der Beschickung der Röhrchen mit Serum bildet dieses bei der 
schrägen Lage an dem oberen Drittel der Agaroberfläche eine Adhäsions¬ 
kuppe. Dadurch bildet sich bei dem schnellen Eintrocknen hier eine 
verhältnismäßig dichte Schicht Serum. 

Diese Erscheinung ließ den Gedanken aufkommen, daß das Serum 
der Haupt-, wenn nicht der einzige Träger des Wachstums sei. Herr 
Geheimrat Frosch teilte mir mit, daß bei der Schnittuntersuchung 
solcher Kolonien diese nicht über die Serumschicht hinausgehen. 

Zur Klärung dieser Frage wurden folgende Versuche angestellt : 

4. Versuch. 

a) Rinderbouillon + 1.5 Agar auf eine p A -Zahl von 8,0 gebracht, sterilisiert 
und wie der obige Nährboden mit Serum behandelt. Impfung am 15. IV., Kolonien 
am 21. IV. 

b) Destilliertes Wasser -)- Agar auf 8,0 p a gebracht, sterilisiert und mit Serum 
wie oben behandelt. Impfung am 18. V., Kolonien am 25. V. 

c) 0,85 proz. Kochsalzlösung + Agar auf 8,0 Pu gebracht, sterilisiert und mit 
Serum wie oben behandelt. Impfung am 18. V., Kolonien am 26. V. 

d) Destilliertes Wasser auf 8,0 p a gebracht, mit 8% Serum versetzt und durch 
Filtrieren sterilisiert. 10 ccm wurden am 11. V. mit ca. 476 000 Keimen beschickt 
(über die Keimzählungen vgl. S. 53.), am 15. V. konnten durch Versuch auf 
festem Nährboden ca. 650 000 Keime pro ccm nachgewiesen werden. 

e) 0,85 proz. Kochsalzlösung auf 8,0 p H gebracht, mit 8% Serum versetzt 
und durch Filtrieren sterilisiert. lOccm wurden am 11. V. mit ca. 476000Keimen 
beschickt, am 15. V. wurden ca. 582 000 Keime pro Kubikzentimeter festgeBtellt. 

Diese Versuche zeigen, daß das Serum in der Tat der Hauptfaktor 
ist, der für die erfolgreiche Züchtung des Lungenseuchevirus in Frage 
kommt. 


4* 



52 


Hans Dahmen: 


5. Versuch. 

Ein zufälliger Befund bei der Züchtung mit anderen Bakterien 
auf einem geringprozentigen Agar hatte gezeigt, daß auch diese Keime 
ähnlich wie die Lungenseucheerreger in das Nährsubstrat hinein wachsen, 
so daß der Bakterienrasen sich nur schwer oder gar nicht vom Agar 
abheben ließ, während dies bei höherprozentigem Agar ohne weiteres geht. 

Diese Erscheinung und die Erkenntnis, daß das Serum der alleinige 
Träger des Wachstums ist, gab Veranlassung, für die Züchtung des 
Lungenseuchevirus einen höherprozentigen Agar, als Dujardin-Beau- 
metz angegeben hat, zu verwenden. 

Es wurden zu diesem Versuche folgende Nährböden verwandt: 

1. Martin-Bouillon und 3,0% Agar bei 115° sterilisiert, wurde zur Verdunstung 
des Kondenswassers mehrere Tage in schräger Lage im Brutschrank gehalten. 
Darauf wurde Serum auf der Oberfläche eingetrocknet. (Bezeichnung M. R. 30.) 

2. Rindfleischwasser mit 3,0% Agar in derselben Weise behandelt wie vorhin. 
(Bezeichnung R. A. 30.) 

3. Destilliertes Wasser mit 3,0% Agar auf 8,0 p H gebracht und wie bei 1 be- 
handelt. (Bezeichnung Qu 30.) 

4. Physiologische Kochsalzlösung mit 3,0% Agar auf 8,0 p H gebracht und wie 
bei 1 behandelt. (Bezeichnung Na 30.) 

5. Züchtungsversuche: 

a) M. R. 30 beimpft am 15. IV. Kolonien am 22. IV. 

b) R. A. 30 „ „ 15. IV. „ „ 21. IV. 

c) Qu 30 ., „ 18. V. „ „ 25. V. 

d) Na 30 „ „ 18. V., „ „ 20. V. 

Auch auf diesen agarreichen Nährböden war ein gutes Wachstum 
zu beobachten. Die Kolonien hatten sich nicht so tief in den Nährboden 
eingegraben. Bei vorsichtigem Abstreichen verschwinden die Konturen 
der Kolonien fast vollständig. Schwemmt man die Kolonien in Koch¬ 
salzlösung ab, so erhält man eine leicht trübe Flüssigkeit. 

Trotzdem die obigen Versuche dargetan haben, daß das Serum die 
einzig notwendige Substanz zur Vermehrung der Erreger ist, wurde 
geprüft, ob nicht doch noch Substanzen in dem Dujardin-Beaumeiz- 
schen Agar sind, die das Wachstum verstärken können. 

Zu diesem Zwecke wurden sämtliche bislang benutzten Nährböden 
verflüssigt und bei 45 0 C mit je 2,0 ccm sterilem Serum vermischt 
und schräg zur Erstarrung gebracht. 

1. Martin-Bouillonagar . . (1,5%) + 2,0 ccm Serum (P 15 + 45 S). 

2. Martin-Bouillonagar . . (3,0%) + 2,0 „ ,, (M 30 + 45 S). 

3. Rinderbouillonagar . . (1,5%) + 2,0 „ „ (R 15 + 45 S). 

4. Rinderbouillonagar . . (3,0%) + 2,0 „ „ (R 30 + 45 S). 

5. Dest. Wasseragar . . . (3,0%) + 2,0 ., „ (Q 30 + 45 S). 

6. Kochsalzlös. Agar . . (3,0%) + 2,0 „ „ (N 30 + 45 S). 

Nr. 1—6, beschickt am 15. IV., zeigten am 21.—23. IV. Kolonien. 
Diese Kolonien hatten dieselbe Form und Größe wie die auf den frühe¬ 
ren Nährböden gezüchteten. Ein Unterschied zeigte sich jedoch in 



Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


53 


der Bildung des Nabels der Kolonien. Er trat zunächst erst später auf 
und erreichte auch nie die Größe wie bei früheren Züchtungsversuchen. 
6. Versuch. 

Züchtungsversuche auf flüssigen Nährböden: 

Nachdem die obigen Versuche gezeigt hatten, daß der Lungenseuche¬ 
erreger aus flüssigen Kulturen auf feste und ebenfalls umgekehrt leicht 
zur Fortentwicklung zu bringen war, konnte mit Hilfe der festen Nähr¬ 
böden die Anzahl und Vermehrung der Erreger in den flüssigen fest- 
gestellt werden. Es wurden eine Reihe Röhrchen (Martin-Bouillon 
und Serum) beschickt, die 10 ccm Nährflüssigkeit enthielten: 

Die Ausgangsflüssigkeit enthielt 4 660 000 Keime in 1 ccm; davon wurde in 
die Röhrchen '/« ccm = 1 162 600 Keime mittels Capillarpipett« gebracht. 

Zur Zählung wurde jedesmal eine Öse, die 0,004 ccm enthielt, auf etwa 2 qcm 
der Agaroberfläche verstrichen. Die Vermehrung der Keime hatte nach diesen 
Zähl versuchen folgendes Ergebnis. (Die Keimzählung erfolgt ähnlich wie beim 
Platten verfahren zur Zählung von Bakterien.) 

1. Am 1. V. Impfung. 

„ 2. V. ca. 1 740 000 Keime pro ccm. 

„ 3. V. „ 2 860 000 „ ,. „ 

„ 4. V. „ 3 120 000 „ „ „ 

5. V. „ 3 136 000 „ „ 

6. V. „ 3 200 000 „ „ 

„ 7. V. „ 2 670 000 „ ., „ 

„ 8. V. „ 2 710 000 „ „ 

„ 9. V. „ 2 780 000 . 

10. V. „ 2 230 000 .. 

„ 11. V. „ 2 630 000 ,. „ ,. 

., 12. V. „ 2 320 000 „ ., „ 

., 14. V. „ 1960000 „ „ „ 

„ 17. V. „ 2 120 000 „ „ „ 

„ 20. V. „ 1930 000 „ „ „ 

Die Kulturen wurden auf diese Weise bis zum 31. V. verfolgt. Eine 
merkliche Änderung in ihrem Keimgehalt trat nicht mehr auf. 



99 







54 


Hans Dahinen: 


Auch bei diesen Kulturen hielt sich die Keimzahl bis zum 31. V. 
auf fast der gleichen Höhe. 

Die vorstehenden Zählversuche zeigen, daß schon am dritten Tage 
nach der Beimpfung das Optimum des Wachstums erreicht wird. Die 
Zahl der Keime hält sich dann bis etwa zum 10. Tage auf fast gleicher 
Höhe, um dann bis zum 17. Tage geringgradig abzufallen. Von diesem 
Zeitpunkt an bleibt die Keimzahl fast vollständig gleich. 

Nach etwa ö Tagen Bebrütung zeigen die meisten Böhrchen einen 
Bodensatz. Die vorhergehenden Keimzählungen wurden mit auf ge¬ 
schüttelten Kulturen angelegt. Legt man nun getrennt von Kultur¬ 
flüssigkeit und von Bodensatz feste Kulturausstriche an, so erhält man 
folgende Zahlen: 

Kultur Flüssigkeit Bodensatz 

ö Tage alt ... 870 000 4 230 000 Keime pro ccm 

10 „ „ ... 630 000 3 820 000 „ „ „ 

15 „ „ ... 450 000 3 670 000 „ „ „ 

Die Erreger sinken also zu Boden. Die überstehende Flüssigkeit 

enthält verhältnismäßig nur wenig Keime. 

Weiterhin wurde festzustellen versucht, ob die Erreger durch Zen¬ 
trifugieren auszuschleudem sind. Die Kulturflüssigkeit wurde unter 
sterilen Kautelen 30 Minuten bei 3000 Umdrehungen zentrifugiert . 


Alter der 



zentrifugiert 



Kultur 

geschüttelt 

obere Flüssigkeit 

Bodensatz 


49 Tage . 

. . 1420 000 

pro ccm, ohne Keime 2 900 000 

pro ccm 

38 „ . 

. . 1720 000 

>* 

99 99 

3 620 000 

>• • 9 

31 „ . 

. . 1760 000 

** 

99 99 

3 820 000 

•9 

27 „ . 

. . 2 100 000 

99 99 

99 99 

3 410 000 

99 99 

14 „ . 

. . 1 830 000 

99 99 

99 99 

3 870 000 

99 *9 

12 „ . 

. . 1910 000 

99 99 

99 99 

4 620 000 

•9 9 - 

5 „ 

. . 3440 000 

99 >9 

99 >» 

5 240000 

:9 '.9 


Bei diesen Versuchen hat sich gezeigt, daß der Erreger durch schar¬ 
fes Zentrifugieren vollständig ausgeschleudert werden kann. 

Die Züchtung des Erregers auf flüssigen Nährböden mit verschiedenen Zusätzen. 

1. 3% Traubenzuckerbouillon. Impfung am 27. V. Prüfung durch Verimpfung 
und Zählung auf festen Nährböden am 3. VI. war erfolglos. 

2. 3% Traubenzuckerbouillon mit 8% Serumzusatz. Impfung am 27. V. 
Prüfung durch Uberimpfung auf festen Nährboden am 29. V. Die Kultur enthielt 
4 380 000 Keime pro ccm. 

3. 3% Milchzuckerbouillon. Impfung am 27. V. Prüfung durch Verimpfung 
auf festen Nährboden am 3. VI. blieb erfolglos. 

4. 3% Milchzuckerbouiilon mit 8% Serumzusatz. Impfung am 27. V. Prüfung 
durch Überimpfen auf festen Nährboden am 30. V. Die Kultur enthielt 2 110 000 
Keime pro ccm. 

5. 2% Glycerinbouillon. Impfung am 27. V. Prüfung durch Verimpfung auf 
festen Nährboden am 7. VI. blieb erfolglos. 

6. 2% Glycerinbouillon mit 8% Serumzusatz. Impfung am 27. V. Prüfung 
durch Verimpfung auf festen Nährboden am 1. VI. Die Kultur enthielt 3 220 000 
Keime pro ccm. 








Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


55 


Bei diesen Versuchen hat sich der Traubenzucker als ein Wachstum- 
förderndes Mittel erwiesen. Die Säurebildung in diesem Nährboden 
ist jedoch so erheblich, daß dadurch die Entwicklung der Keime 
hintangehalten und die lebenden Keime abgetötet werden. So enthielt 
die oben unter Nr. 2 erwähnte 3 proz. Traubenzucker-Serum-Bouillon 
am 6. Tage nach der Beschickung nur noch 640 000 Keime und am 
10. Tage nur noch 3000 Keime. Spätere Impfprüfungen blieben erfolglos. 

Die Säuerung in dem Nährboden zeigte am 6. Tage 7,0 pa und am 
10. Tage 6,7 jv 

Über das Verhältnis der Trübung bzw. der Opalescenz zum Wachstum. 

Mannigfache Einsendungen von verdächtigen Lungen gaben Ge¬ 
legenheit die Veränderung der üblichen Martin-Bouillon bei der Be¬ 
schickung mit beliebigem Material zu untersuchen. So zeigte Material 
von 2 Lungen, deren Preßsaft mit Serumbouillon filtriert winde, nach 
2 Tagen Aufenthalt im Brutschrank eine deutliche Opalescenz. Die 
Nachprüfung verlief ergebnislos. 

Bei dem Zentrifugieren von Kulturen blieb, obschon, wie oben 
dargetan ist, die Erreger alle abgeschleudert werden, die Opalescenz 
vollständig bestehen. 

Die bisher von allen Autoren als charakteristisch bezeichnet^, auf¬ 
tretende Trübung bzw. Opalescenz kann demnach nicht als ein untrüg¬ 
liches Zeichen von Wachstum angesehen werden. Der Beweis, daß es sich 
wirklich um den Erreger der Lungenseuche handelt, kann meines 
Erachtens nur durch die Prüfung auf festen Nährböden erbracht werden. 

Zweckmäßig wird man nach den bisherigen Beobachtungen folgender¬ 
maßen vorgehen. 

Zur Anreicherung wird die Lungenseuchelymphe oder der Preßsaft 
des verdächtigen Materials mit Serumbouillon verdünnt und 3 Tage im 
Brutschrank gehalten. Dann erfolgt die Aussaat auf festen Nährboden. 
Man wird auf diese Weise stets in der Lage sein, nach 6 —10 Tagen 
eine pathologisch-anatomisch nicht mit Sicherheit zu stellende Diagnose 
nach der negativen oder positiven Seite hin entscheiden zu können. 

II. Die Antigenfrage. 

Seit Februar d. J. untersuche ich im Aufträge des Landwirtschafts- 
ministeriums die Blutproben von kranken, verdächtigen und ansteckungs¬ 
verdächtigen Tieren nach der Methode Titze-Oiese 1 ). Herr Heg.-Rat 
diese hatte mich in liebenswürdiger Weise in die beim Reichsgesund¬ 
heitsamte geübte Methode eingearbeitet. Als Antigen wurde zunächst 
die von diese angegebene Pferdeserum-Bouillonkultur benutzt und 
zwar 100%. Seit Juni verwandte ich auf Anraten von diese eine 0,6 proz. 
Traubenzucker-Pferdeserum-Bouillonkultur. Diese zeichnet sich gegen- 



56 


Hans Dahmen: 


über der einfachen Serumbouillonkultur dadurch aus, daß sie ein inten¬ 
siveres Wachstum ermöglicht, wodurch die Kulturen schon nach ca. 
5 Tagen verwandt werden können. Ihr antigener Wert hält sich 
meist bei 50%. Jedoch wurden auch Herstellungsnummern erzielt, 
die eine 20proz. Verwendung erlaubten. Obschon die Herstellung der 
einzelnen Kulturflüssigkeiten stets nach demselben Prinzip vor sich 
ging, lieferte die eine ein schwächeres Antigen als die andere. Selbst 
in den einzelnen Herstellungsreihen (durchschnittlich 10 Kölbchen) 
wurden deutliche Unterschiede des Antigengehaltes der einzelnen Kölb¬ 
chen beobachtet. 

Mit diesen Antigenen wurden bis zum 1. Oktober untersucht : 
insgesamt: 4342 Proben 

davon von lungenseuchekranken Tieren: 251 .. 

,, ,, lungenseuchefreien ,, 4091 ,, 

(Die Bezeichnung lungenseuchekrank oder frei ist das Ergebnis der 
amtlichen Zerlegung.) 


Es reagierten: 


StÄrke der 
Reaktion 


+ + 4- + 
+ + + 
-I + 
+ 
v 


Von 261 lungen- 
scucbekranken 
Tieren 


Von 4091 lungenseucbefrei befundenen 
Tieren 


davon in verseuch- 
insgesamt ten Beständen 


83 - 33,5% 
42 - 16,7% 
15= 6,0% 
22 — 8 , 8 % 
15= 6,0% 


16 = 0,39% 
! 20 = 0,49% 

47 = 1,15% 
104 = 2,54% 
I 113 = 2,76% 


15 = 93,8% 

16 = 80,0% 
11 = 23,4% 
25 = 24,0% 
18 = 16,0% 


Von den 251 Proben lungenseuchekranker Tiere reagierten 177 
= 70,5% positiv und 74 = 29,5% negativ. Von 63 Proben lungen¬ 
seuchekranker Tiere, die in der ersten Untersuchung negativ reagiert 
hatten, gelangten 19 Proben noch ein zweites Mal zur Untersuchung. 
Dabei wurden noch 8 Tiere ermittelt. 44 von diesen 63 Proben kamen 
nicht mehr zur zweiten Untersuchung, da die Tiere vorzeitig ab¬ 
geschlachtet wurden. Die Prozentzahl der ermittelten Tiere würde 
durch eine zweite Untersuchung sicherlich eine Erhöhung erfahren 
haben. 

Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß die im Reichsgesundheits¬ 
amte ausgearbeitete Methode mit unzentrifugierten Kulturen gutes 
erreicht. Die Ungleichheit der Antigene, die täglich wechseln, ist ihre 
größte Schwäche. Auch die Flüchtigkeit der Reaktion besonders in 
geringen Graden der Hemmung ist ein Mangel, der häufig für die Beur¬ 
teilung der Ergebnisse störend wirkt. 

Manche Antigene waren so gut, daß sie sämtliche erkrankten Tiere 
eines verseuchten Bestandes ermittelten, andere dagegen waren so 




Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


57 


schwach, daß sie auch nicht ein einziges Tier in derartigen Beständen 
erfaßten. Ein heute positiv reagierendes Serum zeigte morgen, wenn 
es mit einem anderen Antigen ahgesetzt wurde, überhaupt keinen Aus¬ 
schlag und umgekehrt. Ich kann dies nicht als eine Fehlarbeit bei der 
Herstellung meiner Antigene ansprechen; denn mehr als einmal habe 
ich mir vom Reichsgesundheitsamte Antigen entleihen müssen, sei es 
daß mein Antigen nicht gebrauchsfähig oder infolge plötzlicher, überaus 
starker Inanspruchnahme aufgebraucht worden war. Auch unter 
diesen mir vom Reichsgesundheitsamte überlassenen Antigenen waren 
solche, die absolut keinen Ausschlag gaben. Es bedarf keiner Betonung, 
daß die Antigene sorgsam unter allen möglichen Kontrollen eingestellt 
wurden. 

Das täglich wechselnde Antigen ist demnach ein Faktor, der immer 
zu Fehlergebnissen führen kann, selbst wenn Herstellung und Ein¬ 
stellung der Antigene auf das Sorgfältigste unter Berücksichtigung 
sämtlicher Fehlerquellen erfolgt. 

Es mußte daher versucht werden, das täglich wechselnde Antigen 
durch ein dauerndes und lange haltbares zu ersetzen, das in größeren 
Mengen hergestellt werden konnte und bei den Prüfungen mindestens 
das gleiche leistete wie das ötesesche Antigen. Es mußte auch Wert 
darauf gelegt werden, daß das Antigen möglichst rein d. h. nur aus 
Erregern bestehe. Diese Forderung muß als eine grundsätzliche gelten, 
da jede fremdartige Beimischung die Fehlerquellen erhöht. 

Dadurch, daß es mir gelungen ist, den Lungenseucheerreger so auf 
festen Nährböden zu züchten, daß das Kulturmaterial zu einem erheb¬ 
lichen Teile abgeschwemmt werden kann, ist man in der Lage diesen 
Anforderungen zu genügen. 

1. Versuch. 3proz. Rindfleischbouillonagar mit Serum überschichtet zeigte 
gutes Wachstum. Die Kolonien wurden mit physiologischer Kochsalzlösung so 
abgeschwemmt, daß von je 4 Röhrchen 2 ccm Kulturaufschwemmung erhalten 
wurden. 

Die Einstellung des Antigens erfolgte nach der von Schütz und Schubert an¬ 
gegebenen und beim Rotz gepflogenen Methode. Das Ergebnis dieser Einstellung 
war folgendes: 


Antigen 

ccm 

pos. Ser. 

+ + 

pos. Ser. 

+ + + + | 

0,1 

+ + + 

+ + + + ' 

0,06 

++ 

■ +++ + 

0,04 

+ + 

+ + + + 

0,02 

— 

+ + 


Das Antigen wurde 6proz. verwandt und vermochte 20 positiv 
(mit Antigen nach Oiese) reagierende Seren unter Kontrolle negativer 
Seren zu erfassen. 





58 


Hans Dahmen: 


2. Versuch. Antigen au8 flüssigen Kulturen. 

Ich habe im ersten Teile meiner Arbeit gezeigt, daß die Erreger in flüssigen 
Kulturen vollständig abzentrifugiert werden können. 

a) 3 Wochen alte Martin-Bouillonkulturen wurden zentrifugiert, der Boden¬ 
satz mit Alkohol aufgenommen und 6 Tage lang extrahiert. 

b) Die überstehende Flüssigkeit wurde bei 60° bis zur Trockene verdampft, 
im Mörser zu einem feinen Pulver verrieben und gleichfalls mit Alkohol extrahiert. 

Prüfung zu a): 

" =T '' ! 

Antigen pos. Ser. j neg. Ser. 

ccm + + + + I — 

_ ■ i 

0,1 + + + + - 

0,08 4 - 4 - 4- 4 - — 

0,06 + *1* + i • j — 

0,0;> -f —I—j 

0,04 M I 4- — 

0,02 4-+ 4-4- 

0,01 + 4- 4 - 

32 positiv reagierende Seren, die mit diesem Ext rakt geprüft wurden, reagierten 
zum Teil stärker als mit Oiese schem Antigen. 

Die Prüfung zu b) verlief ergebnislos. 

Hierdurch ist der Beweis erbracht, daß die antigene Wirkung der 
Martinschen Bouillon an den Erregern hängt, die, wie ich im ersten 
Teile meiner Abhandlung dargetan habe, abgeschleudert werden können. 

c) 3proz. Traubenzuckerbouillon mit Serumzusatz. 

1. 5 Tage alt: die antigene Wirkung war ziemlich gut. 

2. 10 Tage alt: die antigene Wirkung war gleich Null. 

Es zeigt sich hierbei, daß die durch das Wachstum erzeugte Säuerung 
des Nährbodens nicht nur die Erreger abtötet (cf. S. 55), sondern auch 
die antigene Wirkung auf hebt. Auch eine erneute Alkalisierung vermag 
nicht, die antigene Wirkung wiederherzustellen. 

d) Das ausgezeichnete Wachstum des Erregers auf Traubenzuckerbouillon 
während der ersten Tage der Bebrütung veranlaßten mich, das Zentrifugat solcher 
Kulturen zur Gewinnung von Extrakten zu verwenden. 

Erl Zunächst wurde eine 3tägige Kultur 30 Minuten bei 3000 Umdrehungen 
zentrifugiert; den Bodensatz nahm ich in Alkohol auf und ließ 10 Tage extrahieren. 

Das Gleiche wurde mit 10 Tagen alten Kulturen angesetzt. Die Extrakt¬ 
auswertung ergab folgendes Bild: 

1) Extrakt aus 3tägigen Kulturen: 


Antigen 

pos. Ser. 

neg . Ser. 

ccm 

+ + + + i 

- 

0,1 

4-4 4-4- 

+ 

0,08 

1 4- 4 4 

-- 

0,06 

• i 4 4- 


0,04 

4 4 ! 4- 

; 

0,02 

4 4*1 


0,01 

I f 4 1 





Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


59 


2) Extrakt aus 10 tägigen Kulturen : 


Antigen 1 

ccm 

_j 

pos. 8er. 1 

+ + + + 

neg. Ser. 

t 

0,1 

~b ~h + “b 

— 

0,08 

+ + + + 

— 

0,06 

++ + + 


0,04 

-1 +-M- 


0,02 

+ + + 

— 

0,01 

+ + 

— 


Hierbei zeigt sich, daß das Antigen aus 3tägigen Kulturen hergestellt 
eine bessere antigene Wirkung entfaltet, als das Antigen aus älteren 
Kulturen. Die bei dem Gieaeschen Antigen oft beobachtete Flüchtigkeit 
der Reaktion trat bei diesen reinen Antigenen nicht auf. Die einmal 
erzielten Hemmungen blieben bestehen. Die überstehende Flüssigkeit 
blieb bei vollständigen Hemmungen während einer Beobachtungszeit 
von 48 Stunden völlig klar. 

e) Aus einer 3 tägigen Traubenzuckerbouillonkultur und ebenfalls aus einer 
lOtägigen Kultur wurden die abgeschleuderten Erreger mit 0,5proz. Karbol- 
kochsalzlösung aufgenommen und 10 Tage extrahiert. 

Dabei lieferte das Extrakt aus den 3 tägigen Kulturen ein 4proz. und das 
aus den lOtägigen Kulturen ein 8proz. Antigen. 

Die mit den Extrakten unter d) und e) angestellten Prüfungen mit 
20 positiven und 10 negativen Seren erwiesen ihre Brauchbarkeit. 
Kontrollen mit Extrakt aus Bang- und Paratyphusbakterien waren 
negativ. Über vergleichende Untersuchungen dieser Antigene mit dem 
(riesesehen Antigen werde ich weiter unten berichten. 

f) Ich habe oben dargetan, daß eine antigene Wirkung einer lOtägigen Trauben¬ 
zuckerserumbouillonkultur nicht nachzuweisen gewesen sei, obschon das Wachstum 
in dieser Nährflüssigkeit das beste gewesen ist, das ich beobachten konnte. Wir 
wissen, daß durch Säuren Bakterien aufgelöst werden können. Diesem Gedanken 
bin ich nachgegangen und habe versucht, durch Fällungen, ähnlich wie bei der 
Malleinherstellung, das Antigen auszufällen. Man erhält dabei ein voluminöses 
Pulver, das Bich in destilliertem Wasser leicht auflöet. Aus 260 ccm Kultur¬ 
flüssigkeit konnte ich 60 ccm gelöste Masse erhalten. Ich bin mir dabei im 
klaren, daß in dieser Lösung auch beträchtliche Serumbestandteile enthalten 
sind, die aber, wie ich nachher zeigen werde, keinen wesentlich störenden Ein¬ 
fluß ausüben. 

Die ersten dieser Extrakte waren nur 10 prozentig zu verwenden. Als icli 
darauf dazu überging, die Masse mit Aqua destillata 2 Tage zu schütteln, 
gelang es mir regelmäßig, gute 2—4prozentig verwendbare Extrakte zu 
erzielen. 

Die Einstellung der einzelnen Extrakte dieser Art an positiven und 
negativen Seren hatte folgendes Ergebnis. 



60 


Hans Dahinen: 


1 

Antigen 1 
ccm I 

l 

I. 

pos. 1 neg. 

11. 

pos. 

neg. 

Extrakt Nr. 

m. 

pos. neg. 

IV. 

pos. 

V. 

neg. pos. | 

neg. 

0,1 

++-t— 

+ 4* + 4- 

— 

+ + + + ; _ 

'++++ 

— + + f; + 

— 

0,08 

+ +! - 

+ + + 1 

— 

+ + + + — 

-f + 4-4- 

— + + + + 

— 

0,06 

+: - 

+ 4- ! 

— 

4“ + + — 

+ + + + 

-- : + + + + 

_ _ 

0,04 

i __ 

— 

— ! 

4- — 

+ + + + ! 

— ! + + + + 

— 

0,02 

— : - j 

| — 

- i 

— 1 — 

4-4-4- 4- 

— + + 4- + 

_ 


Mit diesen Extrakten wurden je nach ihrer Wertigkeit 20 positive 
(mit der Methode Titze-diese ermittelt) und 20 negative Seren unter¬ 
sucht. Sie vermochten sämtliche positiven Seren als solche nachzuweisen; 
die negativen Seren, von gesunden Tieren stammend, reagierten nicht. 

Mit dem alkoholischen Extrakte (cf. dj S. 68) und dem obigen 
wässerigen Fällungsextrakte (f. IV und V) wurden folgende Versuche 
angestellt; die Ergebnisse, die bei diesen Seren mit dem Kulturantigen 
nach diese erzielt worden sind, werden vergleichsweise mit angeführt. 


1) Alkoholisches Extrakt d 1) 


Alkoh. Extrakt 1 


Kulturantigen nach Giesc 




Stärke der | 
Reaktion ' 

Zahl 

4 - 1 - 4 + 

+ + + 

I 

1 ++ ; 

+ 

V 


Krank 

+ + + 4- 

25 

7 

5 

3 

1 

4 

5 

25 

+++ 

2 

1 

— 


— 


1 

2 

+ 4- ! 

2 

— 

— 


— 

l 

1 

2 

4- ' 

3 

— 


1 

— 

- 

2 

3 

V 

t+j' • , 


1 - 

— 

. _ 

-- 

— 

— 

---! 

82 

-- 

1 

1 

(i 

li 

Hl 

- 


2. Wässeriges Extrakt f IV und V. 


W&88. Extrakt 

Kulturantigeu nach (fiese 



Stärke der I 





Krank 

Reaktion | Zahl 

+ + + + + 4 + 

| + + + 

V 

_ 


+ 4-4-4-1 15 

7 3“ 

1 1 

1 1 

i 2 ” 

15 

+ + + 5 

- 2 

1 

1 

i 

5 

+ + 2 

- - 

— 

— 

2 

2 

+ i 2 

i - 


2 

— 

2 

? 2 

— 

- 1 ' “ 

1 

1 j 

2 

— 212 

- 1 

■ 2 4 

3 

202 

— 


Aus diesen beiden Versuchsreihen geht hervor, daß die beiden 
Antigene entschieden mehr leisten wie das diese sehe Kulturantigen; 
dazu kommt noch, daß wir diese beiden Antigene mit Leichtigkeit 
in großen Mengen herstellen und konservieren können. Die geringe 
Konzentration (2% Gebrauchswert) schaltet zudem noch die vielen 
anderen Beimengungen, die in dem Kulturantigen enthalten sind, voll¬ 
ständig aus. 






Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


61 


Aus der Aufstellung (cf. S. 66) über die Ergebnisse, die ich mit dem 
Kulturantigen von Oiese erhalten habe, geht hervor, daß eine Reihe 
von Seren mit diesem Antigen unspezifisch reagieren, selbst wenn man 
die Reaktionen, die mit Seren aus verseuchten Beständen erzielt wur¬ 
den, als spezifisch abziehen will. 

Es lag daher der Gedanke nahe, daß die Komplementablenkung bei 
der Lungenseuche überhaupt eine unspezifische Reaktion sei. Um 
hierin klar zu sehen, wurde ein Serum, das aus einem tatsächlich unver- 
seuchten Bestände stammte, aber reagiert hatte, unter Kontrolle eines 
Serums von einem lungenseuchekranken Tiere und einem nicht reagie¬ 
renden Serum untersucht. 

Für diese Prüfung wurden folgende Extrakte verwendet: 

1. Extrakt aus einer Milz eines anämiekranken Pferdes: zuerst mit Äther, 
dann mit Alkohol extrahiert. 

2. Dasselbe, nur mit Alkohol extrahiert. 

3. Cholesteriniertes Rinderherzextrakt {Sachs-Oeorgi). 

4. Alkoholisches Cholesterinextrakt (gesättigt). 

5. Alkoholisches Pferdeherzextrakt ( Meinicke). 


Ergebnis dieBer Prüfungen: 

a) Lungenseuche-Serum, b) unspezifisches Serum, c) negatives Serum: 


T 

Extrakt i 

i 

10% 

8% 

6% 

! 

2% 

Serum¬ 

kontrolle 

1. Anäm.Extr. 

a 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

(Ath. Alkoh.) 

b 

4~ 4 1—b 

f + + + 

+ 1 ! + 

i-1 + + 

•1 1 (■ + 


c 

~1 + + 

1 4 

4- 


— 

— 

2. Anäm.Extr. 

a 

I- 

+ + + t 


— 


— 

(alkoh.) 

b 

-f -i + + 

++-1-+ 

I } i- I 

f- 1 + t 

— 

c 

-f 

— 


— 

— 


3. Cholester. 

a 

— 

— 

— 

_ 

_ 


Rinderherz- 

b 

-f + + + 

+ + + + 

4-4- t- 4- 

+ + + + 

; 4 -i- 4- + 

_ 

extrakt 

c 

— 


— 


1 

— 

4. Cholesterin - 
extrakt 

a 

b 

+ 4- 1-4- 

H—I—h 

, 4 4 4- 4 : 

+ + ■(- + 
+ •+ + + 

I 1 4-4- 
4- 4- 4- 4- 


c 

1 + 4‘ 4- 4- 

*4 + 4 + 

4 — h 4 4- 

t + -)--{ 

4- 1 4- 1- 

— 

5. Pferdeherz¬ 

a | 

> 


V 

— 

— 

-- 

extrakt 

b 

c | 

| + 

4 _ 4~ 4- -j- 
4- 

4-4-4- 4- ! 
? 

+ + + + 

4 — 4- 

— 


Bei dieser Prüfung hat sich die alkoholische Cholesterinlösung als 
nicht geeignet erwiesen, die Seren voneinander zu trennen, während die 
übrigen Extrakte dies mehr oder weniger gut vermochten. In der Folge 
wurde nun bei jedem Ablenkungsversuche eine Kontrolle mit 2proz. Pferde¬ 
herzextrakt eingeschoben. Es ist mir dadurch gelungen, eine Reihe 
unspezifischer Resultate, wie sie sowohl mit dem Oiese sehen Antigen 
wie mit meinen Antigenen Vorkommen, als solche darzutun. 




62 


Hans Dahmen: 


Die nachfolgenden Tabellen mögen darüber Aufschluß geben: 


Alkohol. Extr. 
StÄrke der 1 

Kulturantigen nach Gifte 

Pferdeherzextrakt 

Reaktion ] 

[ Zahl 

+ + + + 

+ + + I 

i ++ 

1 +? 

— 

++++I+++ 1 ++ i +? i — 

H—1—1—h 

i 

i 



' .— 

I 

— P - - fl" 

+++ 

i 

_ 

— 

i 

1 — 

1 

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4 

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1 

1 

i i i , - *2 i - 


Aus dieser Tabelle geht hervor, daß das Kontrollextrakt sämtliche 
unspezifischen Reaktionen als solche nachgewiesen hat, gleichviel ob sie 
mit beiden oder nur mit einem der Antigene zustande gekommen sind. 

2 ) 


Wäßr. Extrakt 1 

Kulturantigen nach Giese 

Pferdeherzextrakt 


Stärke der 
Reaktion 

Zahl 

+ + + + 

LP 

1 1 

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— 

+ + + + 

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1 

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1 

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2 

2 


— 

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5 


— 

11 

1 

1 

i 

1 

7 

4 

— 

1 

5 

1 


Auch bei diesen Untersuchungen hat das Kontrollextrakt sämtliche 
Reaktionen, die mit Seren von nicht lungenseuchekranken Tieren 
erzielt wurden, als unspezifisch dargetan, bis auf eine, die mit dem 
wäßrigen Extrakte negativ, dagegen mit dem Kulturantigen eine 
schwache Hemmung zeigte. 

Demnach ist jegliche Untersuchung stets mit einer Kontrolle anzu¬ 
setzen. Das alkoholische Pferdeherzextrakt leistet zu diesem Zwecke 
gute Dienste. 

Es sei mir gestattet, zwei Bestände, die ich in jüngster Zeit unter¬ 
suchte, anzuführen, um die tatsächliche Überlegenheit meiner Extrakte 
darzutun. 


Ls 210. 


i 

Nr. i 

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Krank? 

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Wäßr. 

Extrakt 

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Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 63 


Le. 266 (Fortsetzung). 


Nr. 

!| 

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Wäßr. 

Qie»e~ 

Extrakt 

Antigen 

10 

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1 

19 

frei 



20 

froi 

- - 

1 


Bei den laufenden Prüfungen wurden die Seren im Anfänge in Mengen 
von 0,2 und 0,1 ccm in den Versuch gebracht. Es hat sich jedoch gezeigt, 
daß bei 0,2 ccm Serum viel häufiger unspezifische Ergebnisse erzielt 
wurden als bei 0,1 ccm Serum. Andererseits waren die Hemmungen 
bei der Untersuchung von Seren tatsächlich kranker Tiere bei 0,1 ccm 
Serum häufiger als bei 0,2 ccm Serum. Ich untersuche aus diesem Grunde 
nunmehr sämtliche Seren mit 0,1 ccm. Der Erfolg dieser Versuchsan¬ 
stellung ist, wie ich oben dargetan habe, ein guter. 

Die Technik der Untersuchung richtet sich im allgemeinen nach der 
von Schütz und Schubert beim Rotz angegebenen Methode. Das Kom¬ 
plement wird jedoch im Beisein von 0,1 ccm inaktiviertem Rinderserum 
ausgewertet. Das Gesamtvolumen der Untersuchungsflüssigkeit beträgt 
3,0ccm, und zwar: 

inaktiviertes Serum . . . 0,1 ccm, 

NaCl-Löeung.0,6 „ 

Antigenverdünnung ... 1,0 „ 
Komplementverdünnung . 1,0 „ 
hämolytisches System .1,0 „ 

Die Blutkörperchenaufschwemmung wird 1,6% verwandt. 

Die Seren bleiben mit Komplement und Antigen beschickt 30 Minu¬ 
ten im Wasserbad bei 37 0 C; dann erfolgt die Zugabe von 1 ccm hämo¬ 
lytischen Systems. Nach weiteren 15 Minuten Aufenthalts im Wasser¬ 
nde wird die Reaktion abgelesen. 

III. Die Präcipitation. 

Das im vorigen Abschnitte beschriebene (cf. 2f) wässerige Antigen 
hatte eine gute Wirkung im Kompleiuentablenkungsversuche gezeigt. 
Das Extrakt stellt eine leicht opalescierende Flüssigkeit dar. Die gute 
untigene Wirkung veranlaßte mich, dasselbe auch bei der Präcipitation 
zu versuchen. 




64 Hans Dahmen: Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 

Zu diesem Zwecke wurde das Extrakt in 80%, 60%, 40%, 30%, 
20%, 10% und 5% Verdünnung über Seren von kranken und gesunden 
Rindern geschichtet. Bei dieser Prüfung erwies sich die 20proz. Ver¬ 
dünnung als brauchbar. 

Mit dieser Präcipitationsmethode sind bislang insgesamt 101 Proben 
untersucht worden. 

Davon reagierten: 

positiv (starker Ring) 27 Seren, davon 1 frei von Lungenseuche; 
fraglich (schwacher Ring) 8 „ „2 „ „ 

negativ (ohne Ring) 66 „ „ 2 lungenseuchekrank. 

Die Präcipitation vermochte in 8 Fällen eine schwache Komplement¬ 
ablenkung deutlich in positiver Richtung zu bestärken, so daß sie als 
brauchbare Ergänzungsreaktion zur Komplementablenkung in Frage 
kommt. . - 

Auch mit der Lipoidpräcipitation konnte ich bei 4% Verwendung 
alkoholischer Extrakte kranke Tiere als solche nach weisen. 

Insgesamt wurden bislang untersucht 74 Proben. 

Davon reagierten: 

positiv 17 Seren, davon 2 lungenseuchefrei, 
fraglich 6 „ „2 „ 

negativ 51 „ „ 3 lungenseuchekrank. 

Auch sie vermochte schwache Reaktionen, die mit der Komplement- 
ablenkung erzielt worden waren, zu bestärken. Ob sie mehr oder weniger 
leistet als die Präcipitation mit wässerigen Extrakten oder ob beide 
Methoden sich ergänzen können, muß weiteren Versuchen überlassen 
bleiben. 


Literatur. 

x ) Nocard und Roux: Le microbe de la peripneumonie. Annales de l’institut 
Pasteur. T. XII 1898, S. 240. 2 ) Schmidt , Uber Versuche, welche im Labora¬ 
torium und Impfstall der Lungenseuche-Lymphanstalt der Landwirtschafts¬ 
kammer für die Provinz Sachsen im Jahre 1898 angestellt wurden. D.T.W 1899, 
S. 265. 3 ) Josef , Zur Züchtung des Lungenseucheerregers. B.T.W. 1922, Nr. 9, 
S. 101. 4 ) Poppe , Untersuchungen über die experimentelle Diagnose der Lungen¬ 
seuche des Rindes. Arb. a. d. Kais. Ges.-Amte 45 , 1913, 8. 238. 6 ) Titze und 
Giene, Feststellung der Lungenseuche mit Hilfe der Komplemcptablcnkung. B.T.W. 
1919, S. 281. *) Giene , Zur Züchtung des Erregers der Lungenseuche. (Peripneu¬ 
monie) des Rindes. B.T.W. 1922, S. 25. 7 ) Dnjardin Beaumetz , Le microbe de 
la peripneumonie et sa culturre. These de Paris 1900. 



'Weiter© Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen 

des Rindes. 

Von 

H. Zeller. 

(Aus der Veterinärabteilung dea Reichsgesundheitsamtes.) 

(Eingegangen am 22. Juni 1922.) 

1. Verbreitung. 

Nachdem es den dänischen Forschern Bang und Stribolt im Jahre 
1896 gelungen war, als Erreger des seuchenhaften Verwerfens beim Rind 
den Abortusbacillus nachzuweisen, haben allenthalben Untersuchungen 
eingesetzt, um festzustellen, ob dieses weitverbreitete Leiden auch in 
anderen Ländern durch den Bang sehen Bacillus hervorgerufen würde. 
Heute wissen wir, daß dies tatsächlich der Fall ist. Nicht nur in allen 
Ländern Mitteleuropas konnte der Bang sehe Bacillus als Ursache des 
seuchenhaften Verwerfens beim Rind nachgewiesen werden, auch in 
Amerika (Nordamerika), Asien (Indien) und Australien winde er als 
solcher ermittelt. Neuere Mitteilungen von Bevan 1 ), Robinson 2 ) 3 ) u. a. 
aus Südafrika zeigen, daß dort (Kapprovinz, Oranjefreistaat, Transvaal, 
Rhodesia) der Bang sehe Abortusbacillus ebenfalls weitverbreitet ist 
und der Viehzucht schwere Verluste zufügt. Damit ist sein Vorkommen 
in allen 5 Erdteilen festgestellt. 

2. Ätiologie. 

Durch die bisherigen Untersuchungen ist in weitaus den meisten 
Fällen von seuchenhaftem Verwerfen beim Rind der Dänische Abortus¬ 
bacillus als dessen ursächlicher Erreger festgestellt worden. Die Zahl 
der Fälle, in denen andere Erreger gefunden wurden, war so gering, 
daß verschiedene Forscher das seuchenhafte Verwerfen beim Rind 
als ätiologisch einheitliches Leiden ansehen zu dürfen glaubten. Nach¬ 
dem nun die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, daß bei 
unseren übrigen Haustieren (Pferd, Schwein, Schaf, Ziege) das seuchen¬ 
hafte Verwerfen sicher nicht durch einen einzigen, sondern durch ver¬ 
schiedene Erreger hervorgerufen wird, ist auch die Frage, ob das seuchen¬ 
hafte Verwerfen des Rindes nur auf einen einzigen Erreger zurückzufüh¬ 
ren sei, Gegenstand erneuter Erörterung geworden. 


Arch. f. Tierheilk. XLIX. 



66 


II. Zeller: 


Was zunächst das Vorkommen des Bang'schen Bacillus bei unseren 
Haustieren, abgesehen vom Rind, betrifft, so wurde er als ein Erreger 
des seuchenhaften Verwerfens bei Schwein, Schaf und Ziege von ver¬ 
schiedenen Untersuchern ( Schlegel, Doyle und Spray, Hayes und Traum, 
Schroeder, Garcia und Izcara, Klimmer u. a.) festgestellt. Für das Pferd 
liegen sichere positive Befunde nach dieser Richtung bis heute noch 
nicht vor. Fontaine und Lütje 6 ) glauben, den Bangt sehen Bacillus 4 mal 
mikroskopisch in tiefsitzenden Widerristfisteln beim Pferd nachgewiesen 
zu haben. Aus 3 von diesen Fällen konnten sie Bakterien züchten, 
die mikroskopisch vom Abortusbacillus nicht zu unterscheiden waren 
imd die außerdem in hochgeschichteten Nährböden ein ringförmiges 
Wachstum unterhalb der Oberfläche zeigten. Da wir jedoch wissen, 
daß gelegentlich auch andere Bakterien, welche z. B. aus dem infizierten 
Uterus des Rindes nach Art des Abortusbacillus gezüchtet werden, ein 
ebenso typisches Zonen Wachstum wie dieser aufzuweisen vermögen, 
kann aus den Befunden der genannten Autoren nicht mit Sicherheit 
geschlossen werden, daß sie es t atsächlich mit dem Bang sehen Bacillus 
zu tun gehabt haben. Dafür spräche allerdings die Tatsache, daß die 
Sera der 3 Pferde, aus deren Widerristfisteln die zonenförmig wachsenden 
Bakterien isoliert wurden, Abortusbacillen in Verdünnungen von 1 :1000, 
1 : 1300 und 1 : 4000 agglutinierten und daß das Pferd mit dem höchsten 
Agglutinationswert auch im Komplementablenkungsversuch mit Abor- 
tusbacillenextrakten positive Werte aufwies. Außer diesen 3 Tieren 
haben Fontaine und Lütje bei der serologischen Durchprüfung von rund 
3400 Pferden noch 14 andere ermittelt, deren Sera Abortusbacillen in 
Verdünnungen von 1 : 800 bis 1 :4000 agglutinierten; über die Hälfte 
von ihnen litt an Widerristfisteln. Nach Stickdorn und Zeh 6 ) hat 
Sachweh 9 ) unter 54 serologisch geprüften Fällen von Stutenabort 
5 mal nur Agglutinationswerte für den Bangr sehen Abortusbacillus bis 
1: 10 000 gefunden. Die betreffenden Fohlenföten sind leider nicht 
zur bakteriologischen Untersuchung gelangt. Auch von Lerche 1 ) wurde 
einmal eine Agglutination von Bang sehen Bacillen durch Pferdeserum 
beobachtet. Fälle, in denen der Bang sehe Abortusbacillus als Erreger 
des seuchenhaften Verfohlens kulturell ermittelt worden wäre, sind bis 
heute noch nicht bekannt geworden. 

Beim Rind haben wir zu unterscheiden zwischen dem gewöhnlichen 
seuchenhaften und dem sporadischen Abort. Wenn letzterer auch lange 
nicht die Bedeutung des ereteren erreicht, so darf er doch nicht als 
unwesentlich betrachtet werden. Auch der sporadische Abort kann 
infektiöser Natur sein. Ich erinnere hier nur an die Mitteilungen von 
Bang 6 ) und Thomsen 9 ), die 6 und 2 Fälle von Abortus tuberkulösen 
Ursprungs beschrieben, sowie von Stickdom und Zeh 6 ), die über 6 Fälle 
von spontanem Paratyphusabort us beim Rind berichtet haben. Auch 



Weitere Untersuchungen Uber das seuchenhafte Verwerfen des Kindes. 67 

Lerche. 1 ) hat durch Paratyphusbacillen bedingtes Verkalben in einem 
Bestände beobachtet. Momsu™) sah sporadische Aborte infolge von 
Paracoli-Infektionen; Wall 11 ) konnte feststellen, daß Pyogenesbacillen, 
die auch wir in 1, Smith 12 ) in 2 Fällen als Abortuserreger beim Rind 
nachwiesen, und Streptokokken gelegentlich sporadische Aborte ver¬ 
ursachen. Erwähnt sei ferner noch ein Befund von Smith 13 ), der eine 
Mucorart aus dem krankhaft veränderten Chorion einer geschlachteten 
Kuh sowie aus den Lungen und dem Magendarminhalt ihres Foetus 
isolieren konnte. 

Im Jahre 1913 erschien der dritte Bericht des englischen Komitees 
zur Untersuchung des seuchenhaften Abortus der Haustiere, der den 
Abortus des Schafes zum Gegenstand hat. Mc Fadyean und Stockman 14 ) 
teilen in ihm als Ergebnis ihrer umfassenden Untersuchungen mit, 
daß der beim Schaf in England auftretende infektiöse Abortus nicht 
auf Bang sehe Abortusbacillen, sondern auf Vibrionen (Spirillen) zurück¬ 
zuführen ist, die bei infizierten Tieren in Uterus, Eihäuten und Föten 
nachweisbar sind. Es gelang ihnen, den Mikroben („Vibrio of sheep 
abortion“) reinzuzüchten, wobei in Serumgelatineagar-Schüttelkulturen 
dasselbe zonenförmige Wachstum beobachtet werden konnte wie beim 
Bang sehen Abort usbacillus, während auf schrägem Agar kein oder nur 
spärliches Wachstum zu erzielen war. Durch Verfütterung von Kulturen 
an trächtige Schafe war es ferner möglich, bei diesen Tieren Aborte 
hervorzurufen und die Vibrionen im Uterus und in den abortierten 
Föten wieder nachzuweisen. Besonders beachtenswert erscheinen die 
in dem genannten Bericht gemachten Angaben über das Vorkommen 
von Vibrionen beim Abortus des Rindes. Der erste Fall dieser Art 
wurde von Norrie 1911 in Irland beobachtet. Er übersandte den Magen¬ 
inhalt des betreffenden Foetus an Mc Fadyean und Stockman, die in 
demselben zahlreiche Vibrionen nachweisen konnten. Im Jahre 1912 
bot sich dann den genannten Forschem selbst Gelegenheit, das Auf¬ 
treten von Vibrionenabortus in einem Viehbestand in Wales festzustellen. 
Von Mai bis September 1911 hatten dort bereits 4 Kühe verworfen; 
im Februar und Dezember 1912 ereigneten sich 2 weitere Aborte, die 
bakteriologisch untersucht werden konnten. In beiden Fällen fehlten 
Abortusbacillen, während im Mageninhalt beider Föten Vibrionen in 
Reinkultur vorhanden waren. 

Diese Beobachtungen der englischen Autoren gewannen erneute 
Bedeutung, als im Dezember 1918 Th. Smith 15 ) seine erste Veröffent¬ 
lichung über das Vorkommen von Spirillen bei Abortusfällen des Rindes 
in Nordamerika erscheinen ließ. Ihr folgten in den nächsten 2 Jahren 
4 weitere Mitteilungen 1# ) la ) 17 ) u ) über denselben Gegenstand, in denen 
Smith und seine Mitarbeiter Taylor und Little die in der ersten Arbeit 
mitgeteilten Untersuchungsergebnisse erweiterten und ergänzten. 1920 

5* 



68 


H. Zeller: 


konnte dann Thomson 19 ) unter 11 eingesandten Föten in 4 Fällen, 
die aus 3 verschiedenen Orten Dänemarks stammten, ebenfalls Spirillen 
nach weisen; in 2 Fällen gelang ihre Reinzüchtung. Antikörper für 
Barsche Bacillen waren im Blutserum der Kühe, von denen die Föten 
stammten, nicht vorhanden. In Deutschland war der Spirillenabort 
bei unseren Haustieren bisher unbekannt. Erst in allerjüngster Zeit 
ist sein Vorkommen in Württemberg von Ominder 19 •) festgestellt worden, 
der aus 2 zur Untersuchung eingesandten abortierten Kalbsföten 
Spirillen isolieren konnte. 

Um Gelegenheit zu haben, die Spirillen und ihre Eigenschaften 
wenigstens in Laboratoriumsversuchen kennenzulemen, habe ich mich 
seinerzeit an Herrn Professor C. 0. Jensen in Kopenhagen gewandt, 
der mir auf meine Bitte eine frisch isolierte Abortus-SpiriUenkultur 
in liebenswürdigster Weise überließ. Ich möchte ihm hierfür auch an 
dieser Stelle nochmals herzlichst danken. 

Über das morphologische und biologische Verhalten des Mikroben, 
für den Smith die Bezeichnung „Vibrio fetus“ vorgeschlagen hat, sei 
auf Grund der Untersuchungen der bereits genannten amerikanischen 
Autoren sowie meiner eigenen kurz folgendes erwähnt. 

a) Morphologisches Verhalten . 

In Ausstrichen aus Organmaterial erscheinen die Mikroben im allgemeinen 
als kurze kommaförmig gebogene oder auch S-förmig gewundene Gebilde mit 
1 bis höchstens 3 Windungen, in Kulturen wachsen sie dagegen regelmäßig zu 
längeren Spirillen mit 5—10 und mehr Windungen aus, ja man beobachtet hier 
gelegentlich sogar Formen, die sich über das halbe Gesichtsfeld hin erstrecken. 
Die Spirale der Mikroben ist weit und sehr offen; in Kulturen kann sie sich fast 
bis zur geraden Linie ausziehen. Segmentierungen sind bei längeren Formen nicht 
zu erkennen. Gute mikroskopische Bilder erhält man bei längerer Färbung mit 
alkalischem Methylenblau. Gentianaviolett und Fuchsin färben rascher und tiefer 
und lassen die Spirillen plumper erscheinen. Giemsalösung (nicht zu kurz färben!) 
gab mir stets schöne und klare Bilder, in denen Einzelheiten besonders gut zu er¬ 
kennen waren. Nach Gram färben sich die Spirillen nicht. Bei Anwendung von 
Spezialfärbungen erkennt man am einen Ende der Mikroben eine Geißel; an beiden 
Enden begeißelte Formen sind selten. Bei längeren Formen, die sich anscheinend 
bereits geteilt, aber noch nicht voneinander getrennt hatten, konnten Smith und 
Taylor verschiedene seitlich abgehende Geißeln feststellen. Dunkler gefärbte 
Körnchen im Spirillenkörper lassen sich gelegentlich bei längeren Formen ins¬ 
besondere in älteren Kulturen beobachten. Die in jungen Kulturen vorherrschenden 
kürzeren Formen erscheinen im hängenden Tropfen und im Dunkelfeld sehr leb¬ 
haft beweglich, sie schießen oft förmlich durch das Gesichtsfeld; bei weniger rasch 
sich bewegenden längeren Formen kann man öfters ein Sichdrehen um die Längs¬ 
achse beobachten; lange Formen bewegen sich nur langsam und unregelmäßig, 
öfters auch gar nicht. 

b) Kulturelles Verhalten. 

Bringt man Gewebsstückchen oder fötalen Mageninhalt, die Spirillen ent¬ 
halten, auf Schrägagar und verschließt hierauf die Röhrchen mit Siegellack oder 
Paraffin, so ist nach 3—4 Tagen entlang den Seitenrändern des Nährbodens eint* 



Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Rindes. (j9 


feine graue Linie erkennbar, die sich vom Kondenswasser aus einige Zentimeter 
nach oben zieht. Das weitere Wachstum erfolgt hauptsächlich zwischen Agar und 
Glaswand, seltener auf der Agaroberfläche selbst und dann nur unmittelbar über 
dem Kondenswasser. Dieses ist sehr schwach getrübt und enthält gewöhnlich 
bewegliche Spirillen in großer Zahl. Als bester Nährboden zur Züchtung der 
Spirillen hat sich gewöhnlicher Schrägagar bewährt, dessen Oberfläche und Kon¬ 
denswasser mit ein paar Tropfen defibrinierten Pferde-, Rinder- oder Kaninchen¬ 
blutes beschickt worden sind. Stämme, die länger auf diesem Nährboden fort¬ 
geimpft werden, zeigen kräftigeres Wachstum: auf den sedimentierten Blutkörper¬ 
chen im Kondenswasser bildet sich ein weißlicher fadenziehender Niederschlag; auch 
auf der blutbestrichenen Nährbodenoberfläche kommt es zur Entstehung grau¬ 
weißer Einzelkolonien oder eines mäßig starken grauweißen Kulturbelags. Ja 
man kann Stämme durch häufige Uberimpfung schließlich soweit bringen, daß 
sie ohne Blutzusatz und ohne Paraffinverschluß zu wachsen vermögen. Frisch 
aus dem Tierkörper in Serumagar-Schüttelkulturen eingeimpfte Spirillen wachsen 
ebenso wie der Bang sehe Abortusbacillus. Auf schräg erstarrtem Pferde- und 
Rinderserum erzielt man kein besseres Wachstum als auf gewöhnlichem oder 
Serum-Agar mit Blutzusatz oder auf Agar, der in flüssiger Form mit defibriniertem 
Blut versetzt und dann zum Erstarren gebracht worden ist. Auf Gelatine, Kartoffel 
und in Milch konnte bisher kein Wachstum beobachtet werden; dagegen vermehren 
sich die Spirillen kräftig in Bouillon nach Beigabe von einigen Tropfen defibrinierten 
Blutes. 

c) Biologische Eigenschaften . 

In Bouillon, der Trauben-, Milch- oder Rohrzucker zugesetzt ist, erfolgt 
keine Gasbildung. Schwefelwasserstoff- und Indolbildung fehlen. Aus Berkefeld- 
filtraten von Bouillonkulturen konnten die Mikroben nicht mehr gezüchtet werden. 
Die Lebensdauer der Spirillen in Kulturen ist sehr verschieden: sie können darin 
gelegentlich 8—10 Wochen vermehrungsfähig bleiben, andererseits auch nach 
14 Tagen bereits abgestorben sein. Es empfiehlt sich deshalb, die Stämme alle 
8—10 Tage umzustechen. Gegen Austrocknung sind die Spirillen sehr wenig resi¬ 
stent: in Leinenstückchen, die mit frischer Kultur getränkt und bei Zimmer¬ 
temperatur getrocknet waren, konnten bereits nach 3 Stunden keine lebenden 
Mikroben mehr nachgewiesen werden. Ähnlich gering ist die Widerstandsfähig¬ 
keit gegen Hitze: 5 Minuten lange Erwärmung auf 55—56,5° C wird noch ertragen, 
10 Minuten lange auf dieselben Temperaturen dagegen nimmer. Mäuse, Ratten, 
Meerschweinchen und Kaninchen haben sich bisher weder mit spirillenhaltigem 
Organmaterial noch mit Reinkulturen infizieren lassen 1 ); zur Gewinnung spezi¬ 
fischer agglutinierender Seren können dagegen Kaninchen wohl verwendet werden. 
Smith und Taylor prüften mit solchen Seren das agglutinatorische Verhalten von 
22 aus Föten und 2 aus Kälbern isolierten Spirillenstämmen. Sie konnten dabei 
feststellen, daß sich in serologischer Hinsicht zwischen ihren 22 Fötenstämmen und 
einem der Kälberstämme Unterschiede nicht feststellen ließen, während der andere 
Kälberstamm im Agglutinationsversuch ein stark abweichendes Verhalten zeigte; 
morphologisch, kulturell und biologisch verhielt er sich indessen ebenso wie die 
übrigen Spirillenstämme. 

Aus den Feststellungen von Smith scheint hervorzugehen, daß der 
Spirillenabort bei Kühen in Nordamerika keineswegs ein seltenes 

2 ) Nach Mitteilung von Ominder ist es ihm gelungen, durch subcutane Ver¬ 
impfung von 1—2 Ösen Spirillenkultur bei trächtigen Meerschweinchen Abortus 
hervorzurufen. 




70 


II. Zeller: 


Vorkommnis ist. Konnte dieser Forscher doch unter 109 während der 
Jahre 1917—1919 bakteriologisch geprüften Abortusfällen aus einem 
großen Milchviehbestand 62 mal Bang sehe Abortusbaeillen und 26 mal 
Spirillen nach weisen. 1920 berichtet er über 3 weitere Fälle von Spirillen¬ 
abort, die bei 3 vom Besitzer selbst gezüchteten Färsen beobachtet 
worden sind. Auch Thomsen glaubt, auf Grund seiner bisherigen Beob¬ 
achtungen in Dänemark annehmen zu dürfen, daß der Spirillenabort 
dort wahrscheinlich nicht selten sei und wohl mit seuchenhaftem Cha¬ 
rakter in den einzelnen Viehbeständen auftreten könne. Für diese 
letztere Vermutung spräche die Tatsache, daß sowohl in den von Smith 
und seinen Mitarbeitern, von McFadyean und Stockman sowie von 
Thomsen beobachtet en Spirillenabortfällen Bang sehe Bacillen nicht 
zugegen waren, wie andererseits in den Fällen von Bang schem Abort 
Spirillen fehlten. Nur einmal konnte Smith beide Mikroben zugleich 
aus demselben Foetus isolieren. In kultureller Beziehung zeigen die 
Spirillen sehr viel Ähnlichkeit mit den Bang sehen Abortusbaeillen. 
Auch die Veränderungen, die beide beim Foetus hervorrufen, sowie ihn* 
örtliche Verteilung in dessen inneren Organen weisen keinerlei Unter¬ 
schiede auf. Die Annahme, daß die Spirillen nicht etwa nur als gelegent¬ 
lich zu beobachtende Parasiten oder Saprophyten, sondern als wirkliche 
Abortuserreger anzusehen seien, scheint daher nicht unbegründet, 
um so weniger, als sie durch die Untersuchungen von Mc Fadyean und 
Stockman als ursächliche Erreger des seuchenhaften Aborts bei Schafen 
bereits sichergestellt sind. Die genannten englischen Forscher haben 
auch versucht, mit Abortusspirillen (Vibrionen) vom Schaf trächtige 
Rinder zu infizieren. Von 5 Fällen, in denen große Mengen infektiösen 
Materials vom Schaf intravenös, intravaginal und per os an trächtige 
Rinder einverleibt worden waren, verlief indessen nur einer positiv. 
Die betreffende Kuh (Nr. 46a), die 2 mal intravenös spirillenhaltige-s 
Uterusexsudat von 2 verschiedenen Abortusschafen eingespritzt erhalten 
hatte, stieß einen Foetus aus, in dessen Mageninhalt mikroskopisch 
spärliche Spirillen nachzuweisen waren; in den gelblichen anämisch 
erscheinenden Kotyledonen der manuell entfernten Nachgeburt fanden 
sich dagegen Spirillen in beträchtlicher Anzahl. Ein sechstes, trächtiges 
Rind, das mit spirillenhaltigem Organmaterial und gleichzeitig mit 
Spirillenkulturen intravenös infiziert worden war, gebar ein schwaches 
Kalb, das nach 6 Tagen einging. Im Uterusinhalt des Muttertieres waren 
Spirillen nicht nachzuweisen. Ein siebentes Rind endlich, das intra¬ 
venös mit Spirillenkulturen von einem Schaf und per os mit ebensolchen 
aus dem Foetus der obengenannten Kuh Nr. 46 a infiziert war, brachte 
zu richtiger Zeit ein gesundes kräftiges Kalb zur Welt. In den Kotyle¬ 
donen der alsbald abgenommenen Eihäute waren Spirillen nicht nach¬ 
zuweisen. Die künstlichen Infektionsversuche, die Smith an 4 tragenden 



Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Rindes. 71 

Kühen angestellt hat, um die ursächlichen Beziehungen der Spirillen 
zum Abort darzutun, haben ebenfalls zu einer endgültigen Entscheidung 
dieser Frage nicht geführt. Bei 2 von seinen 4 mit Spirillenkulturen 
intravenös infizierten Versuchskühen, die beide lebende Kälber brachten, 
konnten krankhafte Veränderungen nur an den Eihäuten festgestellt 
werden; die 2 anderen Infektionsversuche verliefen vollständig negativ. 
Ob diese negativen Ergebnisse vielleicht auf einer Virulenzminderung 
der Spirillen in den Kulturen oder auf einer besonderen Widerstands¬ 
fähigkeit der Versuchstiere beruhten, will Smith durch neue Unter¬ 
suchungen entscheiden. Aber auch wenn diese zu einem einwandfrei 
positiven Ergebnis führen und die Spirillen als wirkliche Abortus¬ 
erreger beim Rind bestätigen sollten, würde, nach wie vor der Bangache 
Bacillus für uns der wichtigste Erreger des seuchenhaften Verkalbens 
bleiben, demgegenüber alle übrigen Mikroben, die bisher gelegentlich als 
Abortuserreger beim Rind ermittelt wurden, weit in den Hintergrund zu 
treten hätten. 

3. Züchtung und Resistenz des Abortusbacillus. 

Die erste Reinzüchtung des Abortusbacillus gelang Bang und Stri- 
boU*>) in Serumgelatineagar-Schüttelkulturen, in denen die dänischen 
Forscher 1 / 2 —1 cm unter der Nährbodenoberfläche das bekannte zonen¬ 
förmige Wachstum auftreten sahen. Zwick und ich 21 ) haben dann an 
Stelle des Rinderserums Amnionflüssigkeit benützt, die den Vorteil 
besitzt, daß sie beim Sterilisieren nicht gerinnt, vielmehr dünnflüssiger 
wird und die infolge ihrer Klarheit nach Zusatz zu Gelatineagar den 
Nährboden nicht unwesentlich aufzuhellen vermag. In flüssigen Nähr¬ 
medien erzielten Bang und Stribolt zuerst eine Vermehrung des Abortus¬ 
bacillus bei Verwendung von Glycerinbouillon, der steriles Serum im 
Verhältnis 2 : 1 beigegeben war. Um die mit dem hohen Serumzusatz 
verbundenen Nachteile auszuschalten, verdünnten und alkalisierten 
Mc Fadyean und Stockman 22 ) das Serum und gaben dem Nährboden 
noch 1% Traubenzucker zu. Wir ersetzten dann wie in festen so auch 
in flüssigen Nährmedien das Serum durch Amnionflüssigkeit und konnten 
in Rindfleischbouillon, der auf 1 Liter 100 ccm Amnionflüssigkeit, 
50 ccm Glycerin und 10 g Traubenzucker beigegeben waren, sehr üppiges 
Wachstum erzielen. Indessen hat sich der Zusatz von Serum bzw. 
Amnionflüssigkeit zu den flüssigen Nährböden nicht als unbedingt 
notwendig für das Wachstum des Abortusbacillus erwiesen. Heute 
stellen wir unsere Abortusbouillon für Kulturen zu Impf zwecken ge¬ 
wöhnlich in folgender Weise her: 1 Pfund zerkleinertes Rindfleisch 
bleibt mit 11 Wasser über Nacht stehen; nach Zusatz von 3 g Kochsalz 
und 2 g Natriumbiphosphat wird gekocht, filtriert und neutralisiert 
(Lackmusneutralpunkt). Danach geben war auf 11 dieses Fleischwassers 



72 


H. Zeller: 


10 g Pepton Witte, 25 ccm Glycerin sowie 10 g Traubenzucker und stellen 
die fertige Bouillon auf p H = 7,3—7,5 ein. In diesem Nährboden wach¬ 
sen die Abortusbacillen rasch und gut. Eingehendere Untersuchungen 
über die für den Abortusbacillus geeignetste Wasserstoffionenkonzen¬ 
tration in festen und flüssigen Nährböden habe ich anläßlich der ver¬ 
gleichenden Prüfung des Abortusbacillus mit dem Erreger des Malta¬ 
fiebers angestellt. Meyer und Shaw* 3 ) fanden für das Wachstum der 
beiden genannten Mikroben am zuträglichsten ein p H von 7,2—7,4. 
Stickdom 31 ) ermittelte für den Abortusbacillus in Pferdefleischbouillon 
als Optimum p n = 7,2—7,3; bei p H = 8,2 sah er noch spärliches Wachs¬ 
tum, bei p u = 8,4 und andererseits bei p B = 6,8 war kein Wachstum 
mehr zu beobeichten. Die vergleichende Prüfung meiner Abortus- 
und Maltastämme auf Peptonagar und in Bouillon mit verschiedener 
Wasserstoffionenkonzentration hat als Optimum ergeben p n = 7,2—7,7. 
In Nährböden mit p n = 6,6 wuchsen noch sämtliche Stämme, wenn 
auch zum Teil bereits spärlich; andererseits konnten noch in Nährböden 
mit p n = 9,2 alle Stämme zu allerdings spärlicher Entwicklung gebracht 
werden. Jedenfalls erwiesen sich die Abortus- und Maltastämme in 
ungleich höherem Maße alkali- als säuretolerant, was bei der Nähr¬ 
bodenherstellung Beachtung verdient. Giltner 35 ) hat empfohlen, an 
Stelle von Rind- oder Pferdefleisch Uterus, Eihäute, Föten sowie 
Amnion- und fötale Ascitesflüssigkeit zur Herstellung von Nährböden 
für Abortusbacillen zu verwenden. Tüxeri 2< ), der den Abortusbacillus 
in zahlreichen Nährböden vergleichsweise züchtete, sah ihn in Uterus¬ 
extraktbouillon mit Glycerinzusatz am üppigsten gedeihen. Die von 
Giltner und Tüxen angegebenen Nährböden eignen sich auch nach 
unseren Erfahrungen sehr gut für die Züchtung des Abortusbacillus; 
leider steht jedoch das zu ihrer Herstellung notwendige Material in fri¬ 
schem Zustande und in genügender Menge nicht jederzeit zur Verfügung, 
so daß sie in der Laboratoriumspraxis nur in beschränktem Umfang 
verwendbar sind. Robinson 2 ) bediente sich mit bestem Erfolg des von 
Stockman angegebenen Glucose-Glycerin-Kartoffelagars; in gewöhn¬ 
lichem Agar, dem er eine dichte Emulsion von abgetöteten Abortus¬ 
bacillen im Verhältnis 1 : 10 zusetzte, war das Wachstum nicht üppiger 
als in solchem, dem dieser Zusatz fehlte. Stickel und Meyer 31 ) haben 
in Anlehnung an das Vorgehen von Martin 33 ) empfohlen, Rindfleisch, 
Leber oder Placenta in gehacktem Zustand zusammen mit zerkleinertem 
Schweinemagen unter Zusatz von Salzsäure 18—24 Stunden der Selbst¬ 
verdauung bei 50 0 C. auszusetzen und aus dem so gewonnenen Fleisch¬ 
wasser einen Nähragar herzustellen. Auf ihm wächst nach den Beobach¬ 
tungen von Meyer und Shaw 33 ) der Abortusbacillus vorzüglich. Ich 
kann dies bestätigen. Die umständliche Herstellung des Nährbodens 
steht jedoch seiner allgemeinen Anwendung hindernd im Wege. Diesem 



Weitere Untersuchungen Uber das semhenhafte Verwerfen des Itindes. 73 

Nährmedium mindestens gleichwertig ist nach meinen Erfahrungen 
der viel leichter herstellbare, von Stafseth 29 ) angegebene Leberagar, 
den ich in letzter Zeit viel verwendet habe. Auf ihm ist das Wachstum 
der Abortusbacillen besonders üppig. Auch auf Milzagar, dem 1% Stärke 
oder 1% Traubenzucker zugesetzt war, erfolgte gutes Wachstum. 
Auf Gehirnagar wachsen nach meinen Beobachtungen die Abortusbacillen 
kaum besser als auf gewöhnlichem. Glykogenagar (Zusatz von 1% Gly¬ 
kogen Kahlbaum zu Peptonagar) hat sich für die Züchtung des Abortus- 
bacillus nicht als geeignet erwiesen; dagegen wird sein Wachstum durch 
Beigabe von 1 % Traubenzucker zu gewöhnlichem Peptonagar wesentlich 
gefördert. 

Für die Isolierung des Abortusbacillus aus dem Tierkörper hat sich 
die von Nouxik 30 ) angegebene Subtilismethode bewährt. Ascoli 31 ) 
schlug vor, den Bac. subtilis durch den Milzbrandbacillus zu ersetzen, 
da ihm Fälle begegneten, in denen mit letzterem die Reinzüchtung 
der Abortusbacillen noch gelang, während der Bac. subtilis bereits 
versagt«. Wir konnten solche Fälle nie beobachten; sie dürften jeden¬ 
falls sehr selten sein und ein ständiges Arbeiten mit dem doch immer 
gefährlichen Milzbrandbacillus im Laboratorium kaum rechtfertigen. 
Nach unseren Erfahrungen genügt es, bei Züchtungsversuchen des 
Abortusbacillus aus dem Tierkörper einen Teil der Kulturen zusammen 
mit Bac. subtilis wachsen zu lassen, den anderen mit Paraffin zu ver¬ 
schließen. Das von Ascoli ebenfalls empfohlene Zuschmelzen der frisch 
angelegten Kulturen über der Stichflamme bietet gegenüber den beiden 
eben genannten Züchtungsmethoden keine Vorteile; es verbietet sich 
heute von selbst wegen des mit ihm verbundenen hohen Verlustes an 
dem gegenwärtig so teuren Glasmaterial. Fabyan 82 ) fand, daß das 
Wachstum des Abortusbacillus in ähnlicher Weise wie durch Bac. 
subtilis auch durch Bact. coli, Bact. megatherium und einen Staphylo¬ 
kokkus sowie in geringerem Grade durch einen Bacillus der Meerschwein¬ 
chenpneumonie gefördert wird. Einen Vorteil gegenüber dem Bac. 
subtilis sah er jedoch bei Verwendung der genannten Bakterien nicht, 
weshalb er bei der Nowak sehen Methode verblieben ist. Horton 33 ) hat 
zur Züchtung des Abortusbacillus weite Glasröhren empfohlen, die durch 
Einlegen eines Objektträgers in 2 voneinander getrennte Hälften geteilt, 
mit Agar beschickt und hierauf mit Gummistopfen verschlossen werden. 
Die eine Hälfte wird mit Bac. subtilis, die andere mit dem zu unter¬ 
suchenden Abortusmaterial beimpft. Bequemer wäre noch die Ver¬ 
wendung von Röhren, die eine gläserne Scheidewand eingeschmolzen 
enthalten. Huddleson 3 *) 3S ) glaubt, daß das Wachstum des Abortus¬ 
bacillus weniger von dem Vorhandensein einer geeigneten O-Spannung, 
als vielmehr von einer vergrößerten C0 2 -Spannung abhängig sei. Er 
empfiehlt deshalb, die mit abortusbacillenhaltigem Organmaterial be- 



74 


H. Zeller: 


impften Röhrchen in ein dicht verschließbares Glasgefäß zu bringen, 
in dem 10% der Luft durch C0 2 ersetzt werden können; Wachstum 
der Abortusbacillen soll dann bereits nach 24—48 Stunden zu beobachten 
sein. Stafseth w ) sah nach 3—4 Tagen Kolonien von Abortusbacillen 
aufgehen, wenn er die mit Organmaterial beschickten Röhrchen in ein 
Glasgefäß stellte, aus dem die Luft mittels Pumpe teilweise entfernt 
worden war. Er hält diese Züchtungsweise für einfacher und mindestens 
ebensogut wie die Subtilis- oder die Paraffinverschlußmethode. 

Bereits im Jahre 1912 hat Churchman 34 ) gezeigt, daß der Farbstoff 
Gentianaviolett, wenn er Nährböden im Verhältnis von 1 : 75 000 bis 
1 : 100 000 zugesetzt wird, gewisse Bakterien im Wachstum auffallend 
hemmt, andere dagegen in keiner Weise beeinträchtigt. Auffallend 
war bei seinen Versuchsergebnissen, daß die im Wachstum gehemmten 
Bakterien, die Churchman als violettpositiv bezeichnet, meist auch 
grampositiv waren, während die nichtgehemmten, violettnegativen 
Bakterien in der Hauptsache die gramnegativen Arten umfaßten. 
Von dieser Beobachtung Churchmans hat nun Hvddleson 38 ) mit Erfolg 
Gebrauch gemacht in Fällen, in denen es sich darum handelte, Abortus¬ 
bacillen aus bereits anderweitig infiziertem Organmaterial rein zu züchten. 
Er setzte seinen Nährböden Gentianaviolett in wässeriger Lösung im 
Verhältnis von 1 : 10 000 zu und konnte auf diese Weise die neben den 
Abortusbacillen im Untersuchungsmaterial vorhandenen Bakterien zu 
einem großen Teil am Auskeimen verhindern, während die Abortus¬ 
bacillen selbst in keiner Weise im Wachstum beeinträchtigt wurden. 
Ich habe diese Feststellungen der beiden amerikanischen Forscher bei 
Nachprüfung an einem größeren Material bestätigt gefunden. Gentiana¬ 
violett Grübler, dem Nähragar im Verhältnis 1 :10 000 zugesetzt, 
schädigte Abortusbacillen und 15 verschiedene andere gramnegative 
Bakterien in keiner Weise, während durch denselben Farbstoffzusatz 
das Wachstum zahlreicher grampositiver Bakterien (Milzbrand, Pseudo¬ 
milzbrand, Subtilis, Schweinerotlauf, Staphylokokken, Streptokokken, 
Sarcinen und Hefen) vollständig unterdrückt wurde. Bei einem Zusatz 
von Gentianaviolett im Verhältnis 1 : 5000 war auch das Wachstum 
der Abortusbacillen schon deutlich gehemmt, bei einem solchen von 
1 : 50 000 wuchsen andererseits bereits einige grampositive Bakterien 
(Schweinerotlauf und Streptokokken), während die übrigen (Milzbrand, 
Pseudomilzbrand, Subtilis, Staphylokokken, Sarcinen) noch bei einem 
solchen von 1 : 100 000 und darüber nicht zur Entwicklung gelangten. 
Ich habe daraufhin eine größere Anzahl weiterer Farbstoffe nach der¬ 
selben Richtung hin geprüft und dabei festgestellt, daß sich der Farb¬ 
stoff Dahlia Grübler genau ebenso verhält wie Gentianaviolett. Auch 
Bismarckbraun Kahlbaum wirkte leicht hemmend auf das Wachstum 
der grampositiven Bakterien ein, doch war diese Einwirkung lange nicht 



Weitere Untersuchungen über das seuehenhafte Verwerfen des Kindes. 75 


so starb, wie dies bei den beiden vorgenannten Farbstoffen der Fall 
gewesen ist. Für die Laboratoriumspraxis dürfte es sich daher empfehlen, 
sofern verunreinigtes Material (Milch, Uterusexsudat, fötaler Magen- 
und Darminhalt usw.) kulturell auf das Vorhandensein von Abortus- 
baciilen zu prüfen ist, dem Nähragar Gentianaviolett oder Dahlia im 
Verhältnis 1 :10 000 zuzusetzen. Es kann auf diese Weise zweifellos 
eine große Anzahl unangenehmer sekundärer Verunreinigungen des 
Untersuchungsmaterials auf einfache Weise ausgeschaltet werden. 
Ist das Material proteushaltig, so wird man zweckmäßiger weise der 
zuerst von JBraun 31 ) beobachteten und dann von Schaeffer 38 ) praktisch 
nutzbar gemachten Feststellung Rechnung tragen, daß sich das Schwär¬ 
men der Proteusbakterien durch geringen Carboisäurezusatz zum Nähr¬ 
boden verhindern läßt. Gibt man auf 100 ccm Agar 2 ccm einer 5 proz. 
Carboisäurelösung, so wachsen die meisten Proteusstämme nicht mehr 
in dem bekannten feinen, die festen Nährböden in kürzester Zeit über¬ 
ziehenden Rasen, sondern in Form von scharf umschriebenen Kolonien, 
wahrend andererseits dieser Carboisäurezusatz das Wachstum der 
Abortusbacillen meist nicht zu schädigen pflegt. Unter den zahlreichen 
frisch isolierten und älteren Abortusstämmen meiner Sammlung fand 
ich nur 2, die auf 0,1 proz. Carboisäureagar nicht mehr zu wachsen 
vermochten; von den übrigen Stämmen wurden durch diesen Carbol- 
säurezusatz einzelne geringgradig, die meisten jedoch nicht im Wachs¬ 
tum gehemmt. 

Zusammenfassung: Die optimale Wasserstoffionenlconzentralion für 
Nährböden zur Züchtung des Abortusbacillus liegt bei p n = 7,3—7,5. 
Auf Leberagar wächst er besonders gut. Zur Züchtung des Abortusbacillus 
atts dem Tierkörper sind die Nowaksche Subtilis- und die Paraffinverschluß- 
melhode gleichermaßen geeignet-, am besten werden beide nebeneinander 
angewandt. Bei der bakteriologischen Verarbeitung verunreinigten abortus- 
bacüknhaUigen Organmaterials empfiehlt es sich, dem Nähragar Gentiana- 
videU oder Dahlia im Verhältnis 1 :10 000 zuzusetzen; für proteushaltiges 
Untersuchungsmaterial wird zweckmäßig 0,1 proz. Carboisäureagar ver¬ 
wendet. 

Was die Resistenz des Abortusbacillus betrifft, so hält er sich 
nach unserer Erfahrung in gut paraffinierten oder versiegelten Agar- 
schüttelkulturen bei Zimmertemperatur bis zu 2, nach Beobachtungen 
von Schroeder 39 ) unter denselben Verhältnissen bis zu 3 Jahren lebens¬ 
fähig. Aus Bouillonkulturen in Erlenmeyerkölbchen, deren Inhalt 
sich nach 5 monatigem Aufenthalt im Brutschrank bei 37 °C. a f 1 / 10 des 
ursprünglichen Volumens eingediokt hatte, konnten noch in etwa 50% 
der Fälle Abortusbacillen auf Schrägagar gezüchtet werden. In gut 
gewachsenen Bouillonkulturen (11-Kolben), die ebenfalls ohne Paraffin- 
verschluß ständig bei 37° C. gehalten wurden, starben die Abortusbacillen 



76 


II. Zeller: 


ausnahmsweise schon nach 4 Monaten ab; in der Regel hielten sie sich 
jedoch unter diesen Verhältnissen 1 —2 Jahre lang lebensfähig. Auch die 
Virulenz erhält sich bei künstlicher Fortzüchtung der Abortusbacillen 
jahrelang. So konnte Surface* 0 ) bei einer sicher abortusfreien tragenden 
Kuh, der er 20 ccm carbolisierte Abortusbacillenaufschwemmung eines 
über 2 Jahre im Laboratorium fortgezüchteten Stammes subcutan ein- 
spritzte, nach 52 Tagen typischen Abort auslösen (Reinzüchtung der 
Abortu8bacillen aus Nachgeburt und Foetus). 

In Material, das von infizierten Rindern per vaginam ausgeschieden 
wird, ist der Abortusbacillus im allgemeinen nach 3—4 Wochen ab¬ 
gestorben. Die Einwirkung von Sonnenlicht beschleunigt sein Absterben 
bedeutend. Nur unter besonders günstigen Umständen vermag er sich 
länger am Leben zu erhalten. So konnten Cotton* 1 ) und Schroeder **) 
in Placenten von Abortuskühen, die während der kälteren Jahreszeit 
unter Fliegengittern an schattigem Ort aufbewahrt wurden, in seltenen 
Fällen bis zu 4 Monaten lebende Abortusbacillen nachweisen. Nach 
Beobachtungen von Mc Fadyean und Stockman vermochten sich Abortus¬ 
bacillen in Uterusexsudat, das in steriler Bouillon im Laboratorium 
7 Monate lang aufbewahrt worden war, nicht nur lebensfähig, sondern 
auch virulent zu erhalten. Wir fanden in Magen- und Danninhalt 
von Abortusföten, der steril entnommen und im Eisschrank aufbewahrt 
wurde, die Abortusbacillen höchstens bis zu 6 Monaten lebensfähig. 

4. Diagnose. 

Ist in einem Viehbestand ein Fall von Verkalben vorgekommen, 
so ist es von größter Bedeutung, sobald als möglich einwandfrei fest¬ 
zustellen, ob er infektiösen Ursprungs ist oder nicht, damit gegebenen¬ 
falls sofort entsprechende Vorbeuge- und Abwehrmaßnahmen eingeleitet 
werden können, ehe durch weitere Abortusfälle der seuchenhafte Cha¬ 
rakter der Krankheit offen zutage tritt. 

Die vor dem Abort und im Anschluß an ihn zu beobachtenden 
klinischen Erscheinungen sind keineswegs so charakteristisch, daß aus 
ihnen im Einzelfall auf die etwaige infektiöse Natur des Prozesses 
geschlossen werden könnte. Ein kurze Zeit vor dem Abort auftretender, 
bräunlichgelber, schleimig-eitriger, geruchloser Scheidenausfluß, trübes 
mißfarbiges mit der Frucht abgehendes, öfters Eiterflocken führendes 
Fruchtwasser, sulzig gequollenes Aussehen der meist festsitzenden 
Nachgeburt, nekrotische Veränderungen an den schmutzig graugelb 
bis gelbbraun verfärbten Fruchtkuchen, eitrige und hämorrhagische 
Entzündung der Schleimhaut des fötalen Labmagens und Darmes, 
bräunlichgelber bis schokoladefarbener, schleimig-eitriger Ausfluß auch 
noch einige Zeit nach dem Abort weisen zwar mit großer Wahrschein¬ 
lichkeit auf seuchenhaftes Verkalben hin: die sichere Entscheidung. 



Weitere Untersuchungen über «las seuchenhafte Verwerfen des Kindes. 77 


ob dieses wirklich vorliegt, ist jedoch auf Grund der genannten Erschei¬ 
nungen, die übrigens kaum einmal alle am gleichen Fall beobachtet 
werden, nicht zu erbringen. Eine solche ist allein durch die bakterio¬ 
logische Untersuchung möglich. 

Für die bakteriologische Diagnostik des infektiösen Abortus lag es 
nahe, zunächst die mikroskopische Untersuchung heranzuziehen und zu 
versuchen, die Abortusbacillen in Ausstrichpräparaten (gewöhnliche 
und Gramfärbung) aus Scheidenausfluß, Fruchthüllen oder Labmagen¬ 
inhalt ausgestoßener Föten nachzuweisen. Beisinger* 2 ), der diese 
Methode viel anwandte, hält sie in den meisten Fällen für ausreichend, 
um in praxi mit einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit 
eine positive Diagnose zu stellen. Ich kann mich dieser Ansicht auf 
Grund unserer Erfahrungen nicht ganz anschließen. Gewiß halten auch 
wir einen positiven mikroskopischen Befund in diagnostischer Hinsicht 
für sehr wertvoll. Da jedoch die Abortusbacillen keineswegs so streng 
spezifische Merkmale zeigen, daß sie sich auf Grund ihrer morphologi¬ 
schen Eigenschaften mit Bestimmtheit identifizieren ließen, und da wir 
außerdem ein spezifisches Färbeverfahren für ihre Darstellung nicht 
besitzen, können auch bei positivem Befund gelegentlich Irrtümer 
Vorkommen: ich erinnere hier nur an die von Thomsen * 3 ) beschriebenen 
atypischen Bacillenhaufen“. Ist das Untersuchungsmaterial ver¬ 
unreinigt, so gestaltet sich die Beurteilung sehr schwierig. Bei negativem 
Befund läßt sich aus dem Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung 
überhaupt nichts Bestimmtes folgern. 

Zur Sicherung der bakteriologischen Diagnose ist die Beinzüchtung 
der Bacillen erforderlich. Sie gelingt am leichtesten aus einer aus¬ 
gestoßenen Frucht. Gelangt eine solche in möglichst frischem Zustande 
zur Untersuchung, so lassen sich aus dem Labmagen- und Darminhalt 
die Abortusbacillen meist in Reinkultur gewinnen (siehe Abschnitt 3). 

Stehen für die bakteriologische Prüfung lediglich Teile der veränder¬ 
ten Nachgeburt zur Verfügung, so gelingt eine Reinzüchtung der Abortus¬ 
bacillen nur ausnahmsweise. In solchen Fällen hat uns ebenso wie 
HoUh**) die sog. Nachgeburtsreaktion gute Dienste geleistet, bei der aus 
Teilen der veränderten Nachgeburt des abortusverdächtigen Tieres 
ein Extrakt bereitet und dieser als Antigen in den Komplementab- 
lenkungsversuch eingestellt ward. Spritzt man solchen Extrakt in die 
Blutbahn oder in die Bauchhöhle von Kaninchen, so erlangt ihr Blut¬ 
serum in positiven Fällen agglutinierende und komplementbindende Eigen¬ 
schaften, deren Nachweis ebenfalls die Diagnose sichert. Ferner läßt 
sich aus Uterusexsudat von Abortuskühen durch Zentrifugieren eine 
serumähnliche Flüssigkeit gewinnen, in der durch die serologischen 
Untersuchungsmethoden gleichfalls Abortus-Antikörper nachweisbar 
sind. 



78 


H. Zoller: 


Für die Untersuchung verunreinigten Materials, aus dem sich Abortus- 
bacillen nicht mehr reinzüchten lassen, steht uns eine weitere diagnosti¬ 
sche Methode zur Verfügung in der Meerschweinchenimpfung. Sie hat 
allerdings den nicht zu unterschätzenden Nachteil, daß auch bei er¬ 
folgreicher Infektion die Diagnose auf Grund der Organveränderungen 
bei den Impftieren erst nach mehreren Wochen möglich ist und daß 
ferner die geimpften Tiere bei Verimpfung sicheren Abortusmaterials 
gelegentlich einmal nicht angehen. Die Züchtung der Abortus- 
bacillen gelingt bei infizierten Meerschweinchen am sichersten aus der 
Milz etwa in der 4. Woche; Fabyan 46 ) konnte indessen aus diesem 
Organ bei Meerschweinchen noch 67 Wochen nach der Impfung, 
Cotton 4 *) noch 77 Wochen darnach Reinkulturen von Abortusbacillen ge¬ 
winnen. Legt man Wert auf das Vorhandensein spezifischer Organver¬ 
änderungen, so dürfen die Meerschweinchen, wie dies auch Smillie * 7 ) be¬ 
tont, nicht vor 7—8 Wochen getötet werden. Robinson 2 ) suchte die Ent¬ 
stehung der spezifischen Organveränderungen dadurch zu beschleunigen, 
daß er nach dem Vorgang von Morton 4 *) bei der Verimpfung tuberkel- 
bacillenhaltigen Harns X-Strahlen auf die Impf-Meerschweinchen ein¬ 
wirken ließ. Sein Vorgehen hat ihn jedoch nicht zu dem gewünschten 
Ziele geführt. Bei mit Erfolg geimpften Meerschweinchen läßt sich die 
Diagnose durch den Nachweis von Abortus-Antikörpem in ihrem Blute 
beschleunigen, eine Möglichkeit, auf die bereits von Ascoli 4# ) hingewiesen 
worden ist. 

Von besonderer Wichtigkeit ist es, auch bei Tieren, die nicht verkalbt 
haben, das Vorhandensein einer Abortusinfektion festzustellen. Zu 
diesem Zweck ist von McFadyean und Stocleman 22 ) durch Eindampfen 
von flüssigen Abortuskulturen auf 1 / 10 ihres Volumens das Abortin 
hergestellt worden, dessen subcutane Anwendung (Temperatursteige¬ 
rung !) sich jedoch für die Abortusdiagnose im allgemeinen nicht bewährt 
hat. Dasselbe gilt von abgetöteten Abortuskulturen und auf verschiedene 
Weise hergestellten Abortusbacillenextrakten: auch mit ihnen ließen 
sich bei infizierten Tieren nur in einem verhältnismäßig geringen Prozent¬ 
satz der Fälle positive thermische Reaktionen erzielen, während anderer¬ 
seits solche bei abortusfreien Tieren in erheblicher Anzahl festzustellen 
waren. Etwas bessere Ergebnisse erzielten Meyer und Hardenbergh 60 ) 
mit einem von ihnen selbst hergestellten „gereinigten präcipitierten 
Abortin“, das intravenös zur Anwendung gelangte. Die intraeutane 
Einverleibung des Abortins hat sich uns im Gegensatz zu Schuh 61 ) 
sowie Reichel und Harbins 62 ), die über ziemlich gute Ergebnisse berich¬ 
ten, als brauchbares Diagnosticum weder bei natürlich noch bei künst¬ 
lich mit Abortusbacillen infizierten Rindern bewährt, dagegen erhielten 
wir mit der Intracutanprobe stets gute Reaktionen bei künstlich mit 
Abortusbacillen infizierten Meerschweinchen, sofern diese Tiere während 



Weitere Untersuchungen Uber das seuchenhafte Verwerfen des Rindes. 79 

des Lebens hohe Blutwerte und nach dem Tode spezifische Organver¬ 
änderungen aufwiesen. Mit abgetöteten Abortuskulturen vorbehandelte 
Meerschweinchen reagieren nach Fleischner und Meyer M ) und Stafeeth 64 ) 
auf die intradermale Abortinprobe nicht. Umgekehrte Erfahrungen 
machten wir mit der Augenprobe (Einträufelung): während sie bei Meer¬ 
schweinchen vollkommen versagte, gelang es uns mit einzelnen, an¬ 
scheinend besonders geeigneten Abortinen, bei Rindern leidlich gute 
Ergebnisse zu erzielen: allerdings betrugen auch bei diesen Präparaten 
die Fehlresultate bei natürlich abortuskranken Tieren noch 15—20%; 
andere Abortine waren für die Augenprobe vollständig unbrauchbar. 
Ähnliche nur unvollkommen befriedigende Ergebnisse erhielten bei 
ihren Versuchen Hantsche M ) und Wirth 6 *) : während ersterer mit dem 
von ihm am geeignetsten befundenen Abortin unter sicher abortus- 
kranken Tieren durch die Augenprobe 52% als infiziert ermitteln konnte, 
gelang es Wirih ein „Präparat IV“ herzustellen, bei dessen Anwendung 
er nur 14,3% Fehlresultate aufzuweisen hatte. Es muß die Aufgabe 
weiterer Untersuchungen sein, festzustellen, worauf die verschiedene 
Wirkung der einzelnen Abortine beruht, da es von großer Wichtigkeit 
ist, ein konstantes Präparat herzustellen, das auch dem Tierarzt draußen 
in der Praxis als einfaches Diagnosticum brauchbare Dienste zu leisten 
vermag. Die Lidprobe (Intrapalpebralprobe) haben wir bisher nur in 
einer geringen Anzahl von Fällen anzuwenden Gelegenheit gehabt; 
ihre Ergebnisse entsprechen denen, die mit der Augenprobe erzielt 
worden sind. — Die von Wildbolz 51 ) zum Nachweis aktiver Tuberkulose¬ 
herde des menschlichen Körpers angegebene intracutane Eigenham- 
reaktion hat sich mir für die Abortusdiagnose als unbrauchbar erwiesen. 

Während die eben beschriebenen allergischen Methoden an Zuver¬ 
lässigkeit heute noch ziemlich viel zu wünschen übrig lassen, herrscht 
wohl allgemeine Übereinstimmung in der Bewertung der Agglutination 
und der Komplementablenkung für die Sicherung der Abortusdiagnose 
bei der Untersuchung von Blutseren verdächtiger Tiere. Von vielen 
Untersuchem wird der einfacheren Methodik wegen nur die Agglutination 
ausgeführt. Meist stimmen ihre Ergebnisse mit denjenigen der Komple¬ 
mentablenkung überein. Es gibt jedoch nicht selten Fälle, in denen 
der Agglutinationswert so niedrig ist, daß er weder als positiv noch als 
negativ bezeichnet werden kann: in solchen Fällen ist das Ergebnis der 
Komplementablenkung für die Entscheidung nicht zu entbehren. 
Wir prüfen deshalb von vornherein jedes zu untersuchende verdächtige 
Blutserum gleichzeitig mit beiden Methoden ( kombiniertes Verfahren ). 
Zeigt ein Serum positive Agglutination und Komplementablenkung, 
so darf aus diesem Ergebnis geschlossen werden, daß das serumliefernde 
Tier aus einem verseuchten Stalle stammt und daß es mit Abortus- 
bacillen infiziert ist oder war, sofern es nicht innerhalb der letzten 



80 


II. Zeller: 


2 Monate mit einem aus Abortusbacillen hergestellten Impfstoff behan¬ 
delt worden ist. Nach Stickdoms 68 ) Untersuchungen kann die sub- 
cutane Einverleibung von Abortin bei gesunden Kühen Agglutinations¬ 
werte von 1 :400 bis 1 : 800 hervorrufen. In prognostischer Hinsicht 
lassen sich aus einem positiven serologischen Befund keine Schlüsse 
ziehen: er gibt keinen Aufschluß darüber, ob die Infektion noch besteht 
und ob etwa ein trächtiges Tier verkalben wird oder nicht. Wissen wir 
doch, daß sich die Agglutinations- und Komplementbindungswerte 
nach erfolgter Ansteckung oder nach dem Verwerfen noch monate-, 
ja selbst jahrelang innerhalb der positiven Reaktionsgrenze zu halten 
vermögen und daß Tiere mit hohen Blutwerten sehr wohl lebende und 
gesunde Kälber zur Welt bringen können. So hat kürzlich (März 1922) 
eine unserer Versuchskühe, die 1921 verworfen hatte und seitdem nicht 
mehr mit Abortusbacillen oder mit Präparaten aus solchen behandelt 
■worden war, ein gesundes Kalb geboren. Ihr Blutserum, dessen Werte 
das ganze letzte Jahr hindurch stets zwischen 1 : 1000 und 1 :2000 
bei der Agglutination und zwischen 0,05 und 0,005 bei der Komplement¬ 
ablenkung gelegen waren, zeigte am Tage nach dem Abkalben einen 
Agglutinationswert von 1 : 7000 und einen Komplementablenkungs¬ 
wert von 0,001. Das Serum des Kalbes agglutinierte am 2. Lebenstage 
Abortusbacillen bis 1 :300; in der Folgezeit wurden die Agglutinations¬ 
werte allmählich geringer, bis gegen Ende der 3. Lebenswoche das 
Agglutinationsvermögen des Serums für Abortusbacillen vollständig 
geschwunden war. Bei einer gerichtlichen Entscheidung der Frage, 
ob eine Kuh zur Zeit des Aborts tatsächlich an einer Abortusinfektion 
litt oder nicht, wird daher ein positiver serologischer Untersuchungs¬ 
befund nichts zu beweisen vermögen: hier kann ein sicherer Entscheid 
einzig und allein auf den einwandfreien direkten Nachweis der Abortus¬ 
bacillen gegründet werden. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß Tiere, 
die sich frisch angesteckt haben, negative Blutwerte aufweisen können, 
da bei ihnen Antikörper im Blut in nachweisbarer Menge noch nicht 
gebildet sind; es läßt sich deshalb aus einem negativen serologischen 
Befund nicht mit Sicherheit schließen, daß das betreffende Tier wirklich 
frei von einer Infektion mit Abortusbacillen ist. Andererseits beobachtet 
man gelegentlich vorübergehend positive serologische Reaktionen bei 
Tieren, die einmal einer Abortusinfektion ausgesetzt waren, bei denen 
dieselbe aber nicht haften geblieben ist. Die Technik der Agglutination 
und der Komplementablenkung ist bereits viel beschrieben und hinläng¬ 
lich bekannt. Bezüglich der letzteren sei auf eine neuere Arbeit von Oibbs 
und Rettger 69 ) aufmerksam gemacht, in der einige immerhin beachtens¬ 
werte technische Winke für die Ausführung dieser Methode enthalten sind. 

Die Präcipitation eignet sich nach unseren Erfahrungen, die mit 
denen von Szymanowski 80 ), Hieronymi 61 ), Pfeiler 89 ), Fitch M ) u. a. 



Weitere Untersuchungen über das senchenhafte Verwerfen des Rindes. 81 

übereinstimmen, für die praktische Abortusdiagnose nicht, da die Reak¬ 
tion bei wirklich infizierten Tieren ziemlich häufig ausbleibt und anderer¬ 
seits bei sicher abortusfreien Tieren nicht selten deutlich positiv ausfällt. 
Nur Pohle 9 *) hat unter einer größeren Anzahl selbst hergestellter Anti¬ 
gene einige gefunden, mit denen er bei der Präcipitation so günstige 
Ergebnisse erzielen konnte, daß er diese Methode als brauchbares Hilfs¬ 
mittel für den Nachweis einer Abortusinfektion bezeichnen zu dürfen 
glaubt. Ob ein solcher dadurch zu führen versucht wurde, daß man 
Extrakte aus verdächtigen Nachgeburtsteilen und spezifische Immun¬ 
sera aufeinander einwirken ließ, ist mir bis heute nicht bekannt geworden. 

Dahmen 85 ) hat unlängst unter dem Namen „Fällungsphänomen“ 
ein neues serologisches Verfahren beschrieben, das sich ihm bei der 
Beschälseuchediagnose bewährt hat. Es beruht darauf, daß man durch 
ein mit spezifischem Extrakt beschicktes Röhrchen in einem dunklen 
Raum einen starken hellen Lichtstrahl schickt und hierauf in dieses 
Röhrchen vorsichtig einen Tropfen des zu untersuchenden Serums 
einbringt. Bei positiven Seren soll sofort ein schöner rauchblauer Ring 
entstehen, der sich abwärts bewegt und verbreitert, um dann schlieren¬ 
artig wieder zu steigen. Ich habe dieses Verfahren nach den Angaben 
von Dahmen auch für die Abortusdiagnose nutzbar zu machen versucht, 
befriedigende Ergebnisse mit ihm jedoch nicht zu erzielen vermocht. 

Ebenso hat sich mir, wie bereits Reeser"), die Konglutinationsmethode 
für die Abortusdiagnose nicht bewährt. 

Als Kontrollprobe für die Agglutination haben Sachweh und Rösner 97 ) 
die A usflochungsreaktion nach Sachs-Georgi geprüft und brauchbar 
befunden. Stickdom 99 ) und Lerche 7 ) kamen zu einem gegenteiligen 
Ergebnis: auf Grund ihrer Untersuchungen kann die Sachs-Georgi- 
Rmktion weder als spezifisch noch als charakteristisch für die Abortus¬ 
diagnose beim Rind bezeichnet werden. 

Von Katz") ist das Abderhaldenache Dialysieroerfohren geprüft 
und als wertvolles Abortusdiagnosticum befunden worden, das an 
Zuverlässigkeit der Agglutinationsprobe fast gleichkommen soll. Über 
Nachprüfungen dieses Verfahrens von anderer Seite ist nichts bekannt 
geworden. Praktisch dürfte es für die Abortusdiagnose wegen der 
Schwierigkeit seiner Ausführung nicht in Frage kommen. 

Abderhalden hat einigen mit Placentapepton vorbehandelten nicht- 
trächtigen Versuchstieren später Serum von trächtigen Tieren eingespritzt 
und danach allgemeine und Hautreaktionen auftreten sehen. In analoger 
Weise prüfte Heller 70 ) das Verhalten mehrerer, mit Abortusbacillen 
vorbehandelter Tiere gegenüber der Einspritzung von hochwertigem 
Abortus-Immunserum und fand, daß dieses Verfahren für die praktische 
Abortusdiagnose nicht verwertbar ist. Wir haben ähnliche Versuche 
an Rindern ausgeführt und sind zu demselben negativen Ergebnis gelangt. 

Arrti. f. Tlerheilk. XLIX. (> 



82 


II. Zoller: 


Zusammenfassung: Typische pathologisch-anatomische Veränderungen 
an Eihäuten und Föten in Verbindung mit positivem, mikroskopischem 
Bacillenbefund ermöglichen die Diagnose des infektiösen Abortus mit 
großer Wahrscheinlichkeit. Sichergestellt wird sie nur durch die Rein¬ 
züchtung der Abortusbacillen. Für die Untersuchung verunreinigten Ma¬ 
terials sind die Kaninchenimpfung und die Nachgeburtsreaktion wertvoll, 
dagegen kommt der Meerschweinchenversuch für die praktische Diagnostik 
wohl nur selten in Frage. Die allergischen Reaktionen (Subcutan-, Intra- 
culan-, Augen- und Lidprobe) erwiesen sich bisher als wenig zuverlässig. 
Von den serologischen Verfahren hat sich die Agglutination in Verbindung 
mit der Komplementablenkung am besten bewährt. Ihnen hat sich keine 
der übrigen bisher angewandten serologischen Untersuchungsmethoden an 
Einfachheit der Ausführung und Zuverlässigkeit des Ergebnisses überlegen 
oder auch nur gleichwertig erwiesen. 

5. Vorkommen und Nachweis der Abortusbacilien und ihrer Antikörper 

in der Milch. 

Bei Gelegenheit von Untersuchungen über den Tuberkelbacillen - 
gehalt der Milch, die Smith in den Jahren 1893—94 durch seinen Assisten¬ 
ten Schroeder 11 ) anstellen ließ, stieß er auf ein vor 3 Monaten intra- 
peritoneal mit zentrifugierter Milch geimpftes Meerschweinchen (Nr. 93), 
das auffallende Organ Veränderungen (um das 5 fache vergrößerte Milz, 
graugelbe unregelmäßige Herdchen in der Leber und Knötchen in den 
Nieren) zeigte, deren Ursache er damals nicht ermitteln konnte. Er 
vermutete als solche einen Keim, der zufällig in die verimpfte Milch¬ 
probe gekommen war und warnte in einer Fußnote zu Schroeders Arbeit 
vor Verwechslung dieser Impfkrankheit mit Tuberkulose. Während 
meiner Tätigkeit beim Gesundheitsamt der Landwirtschaftskammer 
für die Provinz Pommern in den Jahren 1906—1909 sind auch uns bei 
Meerschweinchen, die zwecks periodischer Untersuchung von Kühen 
auf Eutertuberkulose mit Gesamtmilchproben aus pommerschen Rinder¬ 
beständen geimpft worden waren, nicht selten tuberkuloseähnliche 
Gewebsveränderungen hauptsächlich an Milz, Lymphknoten, dann 
auch an Leber und Lungen begegnet, in denen trotz peinlichster mikro¬ 
skopischer Untersuchung nie Tuberkelbacillen nachzuweisen waren 
und die wir deshalb damals als „pseudotuberkulöse“ in unseren Proto¬ 
kollen vermerkten. Im November 1911 erschien dann eine Arbeit von 
Schroeder und Cotton 12 ), die ebenfalls bei der Sektion mit Milch intra- 
peritoneal geimpfter Meerschweinchen öfters auf tuberkuloseähnliche, 
durch subcutane Verimpfung auf weitere Meerschweinchen übertragbare 
Organveränderungen gestoßen waren, in denen sie jedoch säurefeste 
Stäbchen niemals nach weisen konnten. Wenige Monate später, im 
Februar 1912, ist es darauf Möhler in Verbindung mit Schroeder und 



Weitere Untersuchungen über des seuchenhafte Verwerfen des Rindes. 83 


Cotton' 13 ) gelungen, den sicheren Nachweis dafür zu erbringen, daß der 
Bang sehe Abortusbacillus als ursächlicher Erreger der fraglichen tuber¬ 
kuloseähnlichen Organveränderungen anzusehen sei, über deren Natur 
wir durch eine im selben Jahr erschienene Arbeit von Smith und Fabyan 74 ) 
eingehender unterrichtet worden sind. 

Zur Prüfung der Frage, ob die Abortusbacillen erst während des 
Melkens oder nach demselben in die Milch gelangen oder ob sie bereits 
im Euter natürlich infizierter Kühe vorhanden seien, haben Zunck und 
Krage 16 ) die steril entnommene, makroskopisch unveränderte Milch 
von 3 Kühen mit klinisch gesund erscheinenden Eutern, die vor 2 Wo¬ 
chen, 6 und 13 Monaten verkalbt hatten, auf das Vorhandensein von 
Abortusbacillen geprüft und in jedem Fall solche durch das Kultur- 
verfahren nachgewiesen. Es war dadurch festgestellt, daß die Abortus¬ 
bacillen mit der Milch ausgeschieden werden. Schroeder und Cotton * 6 ) 7# ) 
haben dann Fälle mitgeteilt, in denen sie Abortusbacillen nach dem 
Verkalben noch 2—4 Jahre, ja sogar noch 6—7 Jahre danach in der 
Milch auffinden konnten. Andererseits wiesen die genannten ameri¬ 
kanischen Forscher bereits daraufhin, daß Abortusbacillen von infizierten 
Kühen gelegentlich schon monatelang vor dem Abort ausgeschieden 
werden, ja daß sie sich sogar in der Milch von Kühen vorfinden können, 
die überhaupt noch nie abortiert haben. Von Steck 11 ) 78 ) sind solche 
Fälle ebenfalls beobachtet worden. 

über das Vorkommen von Abortusbacillen in der Marktmilch haben 
auf Grund umfangreicher Prüfungen zuerst Schroeder und Cotton 7# ) ®°) 
berichtet: unter 516 aus 90 verschiedenen Milchwirtschaften stammen¬ 
den, in den Jahren 1907—1912 untersuchten Milchproben ermittelten 
sie mit Hilfe der Meerschweinchenimpfung über 12% als abortus- 
bacillenhaltig. Miß Evans 31 ) fand Abortusbacillen häufig in Kontroll- 
milch [„certified milk“*)] aus der Umgegend von Washington und 
Chicago: unter den aus 2 Kontrollmilchwirtschaften bei Chicago 
bezogenen Milchproben wurden bei etwa 30% auf kulturellem Wege 
Abort usbacillen nachgewiesen. Die Zahl der in 1 ccm Milch vorhandenen 
Abortuskeime schwankte zwischen 110 und 4300; eine Milchprobe 
aus einer keine Kontrollmilch liefernden Herde enthielt in 1 ccm sogar 
50 000 Abortusbacillen. In einer späteren Veröffentlichung berichtete 
dann Evans 93 ) über abortusähnliche Bakterien, die sie in Kuhmilch 
feststellen konnte; besonders häufig war eine als „lipolyticus“ bezeich¬ 
net« Art, die bei Kühen, welche abortiert hatten, in 66,6% der Fälle 
aufgefunden wurde. Cooledge 9 *) ermittelte unter 118 Kühen von 7 Far¬ 
men 27% als Abortusbacillenträger. Fleischner und Meyer 96 ), die 

*) Nach Melvin **) wird in den Vereinigten Staaten als „certified milk“ solche 
Milch bezeichnet, deren Produktion unter der Leitung einer Milchkommission 
steht, die ihrerseits von einer medizinischen Körperschaft ernannt worden ist. 

6* 



84 


II. Zeller: 


zahlreiche Proben von „certified niilk“ aus der Umgegend von San 
Franzisko an Meerschweinchen verimpften, kamen zu dem Schluß, 
daß dort mit dem Vorkommen des Abortusbacillus fast in jeder Kontroll- 
milchprobe gerechnet werden müsse. In Deutschland hat Winkler 66 ) 
30 Marktmilchproben aus verschiedenen Molkereien der Umgebung von 
Dresden an Meerschweinchen verimpft und davon rund 32% als abortus - 
bacillenhaltig ermittelt. Dagegen konnte Hetz 61 ), der 150 Marktmilch¬ 
proben aus Stuttgarts Umgebung kulturell auf Abortusbacillen prüfte, 
nur in 7 = 4,6% der Fälle solche nächweisen. 

Die bisher genannten zahlenmäßigen Feststellungen über das Vor¬ 
kommen von Abortusbacillen in der Milch wurden entweder durch das 
Kulturverfahren oder durch die Meerschweinchenimpfung erhalten. 
Beiden haften nach unseren Erfahrungen verschiedene Mängel an. 

Die direkte Züchtung des Abortusbacillus aus der Milch einer ver¬ 
dächtigen Kuh führt am ehesten zum Ziel, wenn eine sterile Entnahme 
der zu untersuchenden Probe möglich ist. Aus der Rahmschicht und 
aus dem Bodensatz der zentrifugierten Milchprobe wird hierauf jeweils 
eine größere Anzahl von Kulturen und Kulturverdünnungen angelegt. 
Als Nährmedien benützen wir in der Regel Schrägagar mit Zusatz von 
1% Traubenzucker und 5—10% sterilem Rinderserum. Zur Hintan¬ 
haltung des Wachstums der auch in steril entnommener Milch öfters 
enthaltenen Euterkokken kann dem Nährboden außerdem Gentiana- 
violett oder Dahlia im Verhältnis 1 : 10 000 zugesetzt werden (siehe 
Abschnitt 3). Miß Evans 66 ) verwendete mit Erfolg Milchzuckeragar mit 
Serumzusatz. Die mit Material beschickten Kulturen verschließt man 
mit Paraffin; etwa aufgehende abortusverdächtige Kolonien werden 
auf neue Nährböden übergeimpft und mittels eines hochwertigen 
agglutinierenden Abortus-Immunserums identifiziert. Da bereits in 
dem ersten Bericht der Englischen Abortuskommission die Milch als guter 
Nährboden für den Abortusbacillus erwähnt ist und außerdem Evans 
besonders üppiges Wachstum desselben in der Rahmschicht feststellen 
konnte, hat Winkler die zu untersuchenden Milchproben zwecks An¬ 
reicherung der Abortusbacillen erst im Brutschrank gehalten und danach 
kulturell verarbeitet; er konnte jedoch auf diese Weise bessere Resultate 
nicht erzielen als er sie mit frisch verarbeitetem Material erhielt. Die 
unbefriedigenden Ergebnisse, die bei den Versuchen, Abortusbacillen 
auf kulturellem Wege in der Milch nachzuweisen, oft erhalten werden, 
sind wohl mit darauf zurückzuführen, daß zahlreiche auf natürliche Weise 
mit Abortus infizierte Kühe nur wenige Abortusbacillen mit der Milch 
ausscheiden und daß diese Ausscheidung bei manchen Tieren auch nur 
zeitweise erfolgt, so daß in solchen Fällen allein von öfters wiederholten 
Züchtungsversuchen ein Erfolg zu erhoffen ist. Noch wesentlich un¬ 
günstiger gestalten sich die Vorbedingungen für das Kulturverfahren, 



Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Rindes. 85 


wenn Mischmilchproben aus einem Bestände oder gar Marktmilchproben, 
an denen verschiedene Viehbestände beteiligt sind, untersucht werden 
sollen. In solchen Proben ist die Zahl der in der Milch vorhandenen 
fremden Bakterien vielfach so groß, daß sie in den angelegten Kulturen 
die meist spärlich und erst nach einigen Tagen aufgehenden Abortus- 
kolonien vollständig überwuchern. Auch die Anlegung von Kultur¬ 
verdünnungen führt unter diesen Umständen kaum einmal zum Ziel. 
Hier läßt sich höchstens noch von der Meerschweinchenimpfung ein 
Erfolg erwarten, aber auch sie wird in solchen Fällen öfters versagen, 
da bei der Verimpfung größerer Mengen stark bakterienhaltiger Milch 
mit dem vorzeitigen Eingehen der Impftiere gerechnet werden muß. 

Auf die sonstigen Nachteile der Meerschweinchenimpfung habe ich 
.bereits in Abschnitt 4 hingewiesen. Sie bestehen hauptsächlich darin, 
daß auch bei erfolgreicher Infektion die Diagnose erst nach mehreren 
Wochen möglich ist und daß nach unseren Erfahrungen, die sich mit 
denen anderer Untersucher decken, Meerschweinchen, auch wenn sie 
mit sicher abortusbacillenhaltiger Milch geimpft werden, gelegentlich 
einmal nicht angehen. Außerdem steht der hohe Preis der Tiere ihrer 
umfangreicheren Verwendung zur Zeit hindernd im Wege: da mit jeder 
Milchprobe mindestens 2 Meerschweinchen geimpft werden müssen, 
wird, sofern zahlreiche Proben zu untersuchen sind, heute kaum ein 
Institut in der Lage sein, die hierfür notwendige Anzahl von Impftieren 
bereitzustellen. Was die Technik der Meerschweinchenimpfung betrifft, 
«> zentrifugieren wir die zu untersuchende Milch und verimpfen an 
2 Meerschweinchen je 2,5 ccm Rahm-Bodensatzgemisch subcutan und 
intraperitoneal. Nach 2 und 3 Wochen wird den Tieren durch Herz- 
pnnktion etwas Blut entzogen und das Serum zur Probeagglutination 
benützt. Frühestens nach 3—4 Wochen können die Tiere getötet und 
ihre Organe mittels Kulturversuchs auf das Vorhandensein von Abortus- 
bacillen geprüft werden. Diese wachsen am ehesten aus der vergrößerten 
Milz; auch aus Absceßinhalt, wenn solcher vorhanden ist, erhält man oft 
Reinkulturen. Bei Meerschweinchen, die erst nach 8—10 Wochen 
und später getötet werden und bei denen sich Knochenveränderungen 
ausgebildet haben, finden sich die Abortusbacillen im eitrigen Inhalt 
der verdickten Knochen meist in Reinkultur vor. Nach unseren Be¬ 
obachtungen, die mit denen von Fabyan 89 ), Winkler u. a. überein¬ 
stimmen, gelingt es bei der Milchuntersuchung in zahlreichen Fällen, 
in denen das direkte Kulturverfahren nicht zum Ziele führt, mit Hilfe 
der Meerschweinchenimpfung zu einer positiven Abortusdiagnose zu 
gelangen. 

Die Angabe von Cooledge 90 ), daß Milch von natürlich mit Abortus 
infizierten Kühen einen bedeutend höheren Zellgehalt aufweise als 
solche aus Eutern gesunder Tiere, läßt sieh, auch wenn sie durch Nach- 



86 


H. Zeller: 


Prüfungen von anderer Seite bestätigt werden sollte, für die Abort uk- 
diagnose nicht verwerten, da auch andere Bakterien im Euter eine Ver¬ 
mehrung des Zellgehaltes bedingen können. 

Nachdem durch Kultur- und Impfversuche das Vorkommen von 
Abortu8bacillen in der Milch festgestellt war, lag der Gedanke nahe, 
es möchten wie im Blut so auch in der Milch abortuskranker Tiere spezi¬ 
fische Antikörper vorhanden und durch unsere serologischen Unter¬ 
suchungsmethoden nachweisbar sein. War dies der Fall, so konnte man 
daran denken, durch den Nachweis spezifischer Agglutinine und komple- 
mentablenkender Substanzen in der jederzeit leicht erhältlichen Milch 
festzustellen, ob in einem Viehbestand der infektiöse Abortus herrsche 
oder nicht, ohne erst auf Blutproben zurückgreifen zu müssen, deren 
Entnahme nicht jeder Tierbesitzer gern gestattet. 

Die ersten serologischen Milchprüfungen wurden von Mc Fadyean 
und Stockman 22 ) sowie von Sven Wall 91 ) ausgeführt. Sie bedienten sich 
der Agglutination und der Koraplementablenkung, konnten aber hiermit 
nur bei einem Teil der untersuchten, von Abortuskühen stammenden 
Milchproben spezifische Antikörper nachweisen und lehnten deshalb 
die serologischen Methoden als für die Milchuntersuchung unbrauchbar 
ab. Über die Technik machen die genannten Forscher leider keine 
Angaben, es scheint jedoch, als hätten sie bei ihren Prüfungen die frische 
unveränderte Milch benützt, was vielleicht ihre wenig befriedigenden 
Ergebnisse zum Teil mit erklärt. Um die für die serologischen Prüfungen 
unerwünschten optischen Eigenschaften der Milch auszuschalten, ver¬ 
wendeten spätere Untersucher von der zutreffenden Erwägung aus¬ 
gehend, daß die Immunkörper nicht an das Milchfett oder -kasein ge¬ 
bunden, sondern wie beim Blut im Serum enthalten seien, an Stelle der 
Milch das Milchserum. Zur Gewinnung des Milchserums benützte 
Seddon 92 ) Milchsäure in lOproz. wässeriger Lösung, von der er I ccm 
auf 9 ccm Milch gab. Die meisten Untersucher bedienten sich wie 
Cooledge 93 ) 9i ) des Labs, das in Form von Labpulver [Reinhardt und 
Gauß 93 )], Labessenz [Robinson 2 )] oder Lablösung [Hetz 91 )] zur Anwen¬ 
dung gelangte. Letztere haben wir bei unseren Untersuchungen als am 
geeignetsten befunden. Wir setzen zu 20ccm der auf 40—45 0 Cerwärmten 
Milch einige Tropfen Lablösung, schütteln gut durch, halten die Milch¬ 
probe noch Ya Stunde im Wasserbad von 40—45° C und erreichen so rasch 
eine reichliche Auspressung von Milchserum, das sich durch ein- oder 
mehrmaliges Filtrieren in der Regel vollständig oder fast vollständig 
klären läßt. Da das Serum eingesandter Milchproben selten keimfrei 
ist, vielmehr meist Bakterien in größerer oder geringerer Zahl enthält, 
die bei 24stündigem Aufenthalt der Agglutinationsröhrchen im Brut¬ 
schrank sich zu vermehren und das Ergebnis der Agglutination gelegent¬ 
lich zu trüben vermögen, kann der Agglutinationsvorgang dadurch 



Weifen* Untersuchungen Uber das seurhenhafte Verwerfen des Kindes. 87 

beschleunigt werden, daß man die Röhrchen 3 Stunden lang in den Brut¬ 
schrank bei 37 ° C stellt und danach zentrifugiert. Auch durch Versetzung 
der zu untersuchenden Milch oder des Milchserums mit 0,5% Carbol- 
säure läßt sich ein eventuelles Bakterienwachstum hintanhalten, ohne 
daß dadurch das Ergebnis der serologischen Prüfung beeinträchtigt 
würde. Durch Milchsäure gewonnenes Serum (saure Molke) hat sich 
uns ebenso wie Pomper M ) für Zwecke der Komplementablenkung als 
weniger geeignet erwiesen. 

Was die Ergebnisse der serologischen Prüfungen betrifft, so haben 
die bisherigen Untersuchungen gezeigt, daß in weitaus den meisten 
Fällen die Menge der spezifischen Agglutinine und komplementbindenden 
Antikörper im Milchserum abortuskranker oder -verdächtiger Tiere 
erheblich geringer ist als im Blutserum der betreffenden Kühe. Diese 
Feststellung hat verschiedene Untersucher dazu geführt, als untere 
Grenztiter für positive Reaktionen bei Milchseren bereits Agglutinations- 
werte von 1 : 10 bzw. 1 :20 und Komplementbindungswerte von 
0.5 bzw. 0,2 anzunehmen. Nach unseren Erfahrungen ist dies nicht 
angängig, da bei so geringen Milchserumverdünnungen auch abortusfreie 
Tiere positive Werte aufweisen können. Setzt man aber, wie wir dies 
auf Grund unserer Beobachtungen für notwendig erkannt haben, die 
unteren Grenzwerte für positive Reaktionen erst bei etwas höheren 
Serumverdünnungen fest (Agglutination 1 :40, Komplementablenkung 
0,1), so werden einem bei der alleinigen Prüfung des Milchserums öfters 
abortuskranke oder -verdächtige Kühe, die gleichzeitig einwandfrei 
positive Blutwerte aufweisen, entgehen. Gegenüber dem Blutserum 
zeigt das Milchserum den weiteren Nachteil, daß sein jeweiliger Titer 
Schwankungen unterworfen ist: so kann die Abendmilch einer Kuh 
andere Werte ergeben als ihre Morgenmilch, zuerst ermolkene Milch 
andere als Restmilch, die eitles Euterviertels andere als die eines anderen 
Viertels usw. Auf Grund unserer Erfahrungen sind wir daher zu der 
Ansicht gelangt, daß die Prüfung des Milchserums mit Hilfe der Agglu¬ 
tination und der Komplementablenkung zur Abortusdiagnose zwar mit 
Erfolg dann benützt werden kann, wenn die Milch mehrerer Kühe 
eines Bestandes und insbesondere solcher, die in letzter Zeit verkalbt 
haben, zur Untersuchung eingesandt ist, daß die Milchserumprüfung 
ferner bei der Untersuchung von Mischmilchproben gelegentlich wert¬ 
volle Hinweise auf das Vorhandensein von infektiösem Abortus in einem 
Viehbestand zu geben vermag, daß sie aber keinesfalls als gleichwertiger 
Ersatz für die Blutserumprüfung angesehen werden darf, schon deswegen 
nicht, w'eil wir auf die letztere bei nichtmilchenden und bei männlichen 
Rindern in jedem Falle angewiesen sind. 

Was die Herkunft der Abortus-Antikörper in der Milch betrifft, 
ho nimmt man im allgemeinen an, daß dieselben aus dem Blute stammen, 



88 


II. Zoller: 


wofür die Tatsache spricht, daß diese Antikörper im Milchserum fast 
stets in geringerer Menge vorhanden sind als im Blutserum. Die Frage, 
ob auch eine örtliche Agglutininbildung im Euter stattfinden kann, 
ist noch nicht entschieden; nach einigen von Cooledge 9 *), Oiltner, Cocledge 
und Huddleson 9l ), Oiltner, Hallmann und Cooledge 96 ), Pomper u. a. 
mitgeteilten Beobachtungen scheint diese Möglichkeit nicht ausge¬ 
schlossen. 

Zusammenfassung: Kühe, die mit infektiösem Abortus behaftet sind, 
scheiden nickt selten Abortusbacillen mit der Milch aus. Der Nachweis der 
Abortusbacillen in der Milch geschieht durch das Kulturverfahren und 
durch den Meerschweinchenversuch, doch gewährleistet weder die eine noch 
die andere Methode eine sichere Erfassung aller Bacillenausscheider. 
Die serologische Milchuntersuchung kann unter gewissen Voraussetzungen 
zur Abortusdiagnose herangezogen werden; ein positives Ergebnis der Milch¬ 
serumprüfung gestattet jedoch keinen Rückschluß auf eine Ausscheidung 
von Abortusbacillen mit der Milch. 

6. Natürliche Ansteckung. 

a) Aufenthaltsorte und Ausscheidungswege des Abortusbacillus. 

Das Vorkommen des Abortusbacillus im Körper des infizierten 
lebenden Rindes ist ziemlich eng beschränkt. Beim erwachsenen weib¬ 
lichen Tier findet er sich nur im trächtigen oder kürzlich trächtig ge¬ 
wesenen Uterus und im Euter samt den zu beiden gehörigen Lymph¬ 
knoten, beim erwachsenen männlichen Tier in verschiedenen Organen 
des QescMechtsapparates, beim neugeborenen Kalb im Magendarminhalt. 

Der trächtige Uterus bietet dem Abortusbacillus die günstigsten 
Entwicklungsbedingungen. Er lokalisiert sich hier, wie Smith 99 ) gezeigt 
hat, vor allem in den Zellen des epithelialen Überzugs des Chorions 
und ruft eine Entzündung hervor, in deren Verlauf sich zwischen Uterus¬ 
schleimhaut und Chorion ein fibrinös-eitriges Exsudat bildet, das schlie߬ 
lich zu einer Lockerung und Ablösung der Eihäute führt. Nach Aus¬ 
stoßung der Frucht und ihrer Anhänge, mit denen enorme Mengen von 
Abortusbacillen ausgeworfen werden, pflegen die im Uterus zurück- 
bleibenden Bacillen meist innerhalb weniger (2—4) Wochen zu ver¬ 
schwinden. Sitzt die Nachgeburt fest, so können sie sich gelegentlich 
etwas länger halten. Als längste Frist, während der Abortusbacillen 
im infizierten Uterus nach der Geburt noch nachzuweisen waren, fand 
Schroeder 51 Tage. Er hat zusammen mit Cotton 19 ) bei einer sehr großen 
Zahl natürlich infizierter, nichttragender Kühe alle wichtigen Organe, 
Gewebe und Flüssigkeiten auf Abortusbacillen untersucht, solche jedoch 
niemals im Uterus nachweisen können, obwohl Milch, Euter und die 
zugehörigen Lymphknoten sehr häufig Abortusbacillen enthielten. 
Injizierten die genannten Forscher Abortusbacillen in den nichtträch- 



Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Kindes. 89 

tigen Uterus, so verschwanden diese daraus bereits im Lauf von wenigen 
Tagen; auch durch wiederholte intravenöse Einspritzung großer Mengen 
von Abortusbacillen konnten sie bei nichtträchtigen Tieren eine Uterus¬ 
infektion nicht erzielen. Eine Bestätigung für die Tatsache, daß der 
Abortusbacillus nicht für unbestimmte Zeit im Genitaltraktus fortlebt 
und daß er nicht in die tieferen Schichten der Uterusschleimhaut ein- 
dringt, um dort in latentem Zustande zu verbleiben, bilden ferner die 
Befunde von Stafseth 100 ), der die Uteri von 6 Abortusktihen, die vor 
einiger Zeit verworfen hatten, durch Kultur und Meerschweinchen¬ 
impfung eingehend auf das Vorhandensein von Abortusbacillen unter¬ 
suchte, solche jedoch in keinem Falle nachweisen konnte. Uteruserkran¬ 
kungen (akute septische oder chronische Metritis, Pyometra), wie sie 
gelegentlich im Anschluß an den Abort auftreten, sind nicht auf den 
Bang sehen Bacillus zurückzuführen, sondern auf sekundär eingewanderte 
Streptokokken, Pyogenesbacillen, Staphylokokken, Bakterien der Coli- 
gruppe, Bacillen des malignen Ödems, Nekrosebacillen u. a. m. Da von 
verschiedenen Seiten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen 
Eierstockscysten und Abortusinfektion hingewiesen worden ist, prüften' 
Giüner und Bandeen 101 ) mehrfach Eierstockscystenflüssigkeit auf das 
Vorhandensein von Abortusbacillen und deren Antikörpern; sie konnten 
solche in keinem Falle feststellen. Huddleson, der ähnliche Untersuchun¬ 
gen ausführte, hat ebenfalls für Abortus positive kulturelle und sero¬ 
logische Ergebnisse nicht erzielt. 

Im Euter und in den Euterlymphknoten infizierter Kühe wird der 
Abortusbacillus verhältnismäßig häufig — nach Schroeder 39 ) in etwa 
ö0% der Fälle — angetroffen, ohne daß er an diesen Organen sinnfällige 
Veränderungen hervorruft; auch an der Milch aus infizierten Eutern 
sind solche nicht wahrzunehmen. Die Zeit, während der sich der Abortus¬ 
bacillus im Euter hält, ist sehr verschieden. Sie schwankt zwischen 
wenigen Wochen und mehreren Jahren. Ebensolange ist mit einer 
dauernden oder zeitweisen Ausscheidung der Abortusbacillen durch die 
Milch zu rechnen. Diese Ausscheidung beschränkt sich jedoch nicht auf 
solche Tiere, die bei der letzten Geburt verworfen haben: auch monate¬ 
lang vor dem Abort kann sie gelegentlich beobachtet werden. Ferner 
können Kühe, deren Infektion bereits weit zurtickliegt und die nicht 
mehr abortieren, ja selbst Kühe, bei denen Aborte noch gar nie beobach¬ 
tet worden sind, Abortusbacillen mit der Milch ausscheiden. Durch 
derartige unerkannte chronische Bacillenausscheider ist der infektiöse 
Abort schon häufig in seuchenfreie Bestände eingeschleppt worden. 
Da indessen solche Tiere mit Hilfe der Blutuntersuchung ermittelt 
werden können, ist es möglich, dieser Einschleppungsgefahr wirksam 
zu begegnen. Die Infektion des Euters kann sich auf ein oder auf 
mehrere Euterviertel erstrecken. Die Zahl der ausgeschiedenen Abortus- 



90 


H. Zellor: 


bacillen ist bei demselben Euter erheblichen Schwankungen unterworfen 
und oft recht gering; sie kann sich über lange Zeiträume hin erstrecken. 
Im Gegensatz hierzu wirft, wie bereits erwähnt, der infizierte Uterus 
während und nach der Geburt enorme Mengen von Abortusbacillen 
aus; diese Ausscheidung ist jedoch zeitlich begrenzt: sie währt nach den 
bisherigen Erfahrungen nicht über 2 Monate. Nach den Beobachtungen 
von Schroeder 39 ) und Cotton* 1 ) sind nun Kühe mit infizierten Eutern 
besonders deshalb gefährlich, weil bei einem erheblichen Prozentsatz 
von ihnen, wenn sie erneut trächtig werden, eine Neuinfektion des Uterus 
von seiten des Euters erfolgen soll. Diese Neuinfektion braucht nicht 
zum Abort zu führen; die Trächtigkeit kann vielmehr scheinbar normal 
verlaufen und mit der Geburt eines lebenden Kalbes endigen, doch werden 
auch in diesen Fällen Abortusbacillen in großer Zahl bei und nach der 
Geburt mit den Eihäuten ausgeschieden. Daß eine solche Reinfektion 
des Uterus durch das infizierte Euter möglich ist, haben die genannten 
amerikanischen Forscher dadurch bewiesen, daß sie einer abortusfreien 
trächtigen Kuh 53 Tage vor der Geburt Abortusbacillen in das Euter 
einbrachten und dadurch eine Infektion der Placenta herbeiführten. 
Bei der infizierten nichtträchtigen Kuh hält sich der Abort usbacillus 
einzig und allein im Euter und in den supramammären Lymphknoten, 
bei der trächtigen oder kürzlich trächtig gewesenen findet er sich außer¬ 
dem im Uterus und den zu ihm gehörigen Lymphknoten: alle Versuche, 
ihn anderswo im Körper der Kuh zu ermitteln, sind bisher mit wenigen 
Ausnahmen vergeblich gewesen. So erwähnt Cotton* 1 ) einen von Buck 
und Creech mitgeteilten Fall, in dem Abortusbacillen bei einer infizierten 
lahmgehenden Kuh in einem Gelenk nachgewiesen werden konnten. 
Auf die äußerliche Euterverunreinigung durch bacillenhaltigen Genital¬ 
ausfluß bei und nach der Geburt als wichtiges Moment der Ansteckung 
für das saugende Kalb ist besonders von Williams 102 ) mehrfach hin¬ 
gewiesen worden. 

Die bisherigen Untersuchungen über das Vorkommen von Abortus¬ 
bacillen im Geschlechtsapparat des erwachsenen männlichen Rindes haben 
gezeigt, daß ein solches wohl gelegentlich beobachtet wird, im allgemeinen 
aber ziemlich selten ist. Jedenfalls beherbergen keineswegs alle Bullen, 
die für Abort us positive Blut werte zeigen, auch Abortusbacillen in ihren 
Geschlechtsorganen. Als erster züchtete Barendregt 103 ) bei einem mit 
schmerzhafter Schwellung des Hodensacks behafteten Bullen, der dann 
geschlachtet wurde, aus den Hoden Reinkulturen von Abortusbacillen. 
Buck, Creech und Ladson 10 *) untersuchten in einem Schlachthof bei 
Washington 325 erwachsene Bullen. 37 von ihnen zeigten für Abortus 
positive Blutwerte. Ihre Samenblasen, Vasa deferentia, Hoden und 
Nebenhoden wurden kulturell auf das Vorhandensein von Abortusbacillen 
geprüft; nur in 4 Fällen konnten solche (hauptsächlich in den teilweise 



Weitere Untersuchungen über (las seuehenhafto Verwerfen des Kindes. 91 

veränderten Samenblasen) nachgewiesen werden. In einem 5. Fall 
gelang der Nachweis von Abortusbacillen aus dem um das 4—5 fache 
vergrößerten linken Hoden eines Guernsey-Bullen mit abortuspositiver 
Serumreaktion. Schroeder und Cotton**) züchteten einmal Abortusbacil¬ 
len direkt aus dem Nebenhodenabsceß eines Bullen, ein anderes Mal 
gelang ihnen durch Meerschweinchenimpfung der Abortusbacillen- 
nachweis aus Sperma, das unmittelbar nach der Ejaculation aus der 
Scheide einer gesunden Kuh entnommen worden war. Dagegen konnten 
Holih 105 ), Rettger und White 1 **) sowie Oilman 107 ), die ähnliche Unter¬ 
suchungen an zusammen über 170 Bullen ausführten, Abortusbacillen 
in den verschiedenen Organen des Genitaltraktus nicht nachweisen. 
Auch in den Hoden von 2 mit Abortusbacillen künstlich infizierten 
Kälbern sowie in den Geschlechtsorganen eines Bullen, der Abortus- 
kühe gedeckt hatte, glückte Cotton 4 *) der Nachweis von Abortusba¬ 
cillen nicht. Bei 2 anderen Bullen mit abortuspositiver Agglutination, 
von denen der eine natürlich, der andere künstlich (intravenös) in¬ 
fiziert war, gelang es Cotton 41 ) in Gemeinschaft mit Schroeder , Abortus¬ 
bacillen lediglich in einigen am Beckeneingang gelegenen Lymph¬ 
knoten nachzuweisen. Im Schlauch von Bullen vermögen sich nach 
den Beobachtungen der genannten Forscher Abortusbacillen nicht lange 
zu halten, selbst wenn sie in großen Mengen (Reinkulturen) eingebracht 
werden. 

Bei lebensfähigen, von abortusinfizierten Müttern neugeborenen 
Kälbern findet man gelegentlich Abortusbacillen, meist jedoch nur im 
Magendarminhaltj in den übrigen Organen gewöhnlich nicht. Solche 
Tiere werden Abortusbacillen in den ersten Lebenstagen mit dem Kot 
ausscheiden. Ob und wielange sie dies auch weiterhin tun, wenn sie 
mit abortusbacillenhaltiger Muttermilch ernährt werden, ist experi¬ 
mentell noch nicht festgestellt. Man wird vorläufig jedenfalls mit dieser 
Ausscheidungsmöglichkeit rechnen müssen, wenngleich sie in praxi 
kaum eine erhebliche Rolle spielen dürfte. Fleischner , Vecki , Shaw und 
Meyer 1 **), die zahlreiche Affen wiederholt mit sehr großen Mengen 
von Abortusbacillen fütterten, ist es niemals gelungen, in deren Kot, 
den sie subcutan an Meerschweinchen verimpften, Abortusbacillen 
nachzuweisen. 

b) Möglichkeiten der natürlichen Ansteckung. 

Für seine Einwanderung in den Tierkörper stehen dem Abortus- 
bacillu8 vor allem die natürlichen Körperöffnungen zur Verfügung. 

Abortusinfektionen durch äußere Wunden sind bisher noch nicht 
beobachtet worden. Ebenso hat man Abortusbacillen durch den Lidsaok 
und durch den Mastdarm unter natürlichen Verhältnissen noch nicht 
in den Körper eindringen sehen. 



92 


H. Zeller: 


Praktisch ausscheiden dürften ferner Infektionen auf dem Inhalations¬ 
wege , da wir wissen, daß der Abortusbacillus durch Austrocknung und 
Sonnenlicht rasch abgeschwächt und vernichtet wird. 

Durch den Zitzenkanal lassen sich Kühe, wie bereits erwähnt , künst¬ 
lich mit Abortus infizieren. Ob eine solche Infektion auch auf natür¬ 
lichem Wege zustande kommen kann, etwa durch den Melker, der nach 
einer Kuh, die Abortusbacillen mit der Milch ausscheidet oder deren 
Euter mit bacillenhaltigem Genitalausfluß beschmutzt ist, eine andere 
abortusfreie melkt, erscheint fraglich; ausschließen möchte ich jedoch 
diese Infektionsmöglichkeit nicht. Durch bloßes Auf liegen der Zitze 
auf infizierter feuchter Unterlage (Boden, Streu) dürfte eine Infektion 
des Euters kaum zustande kommen. 

Dasselbe, wird man annehmen dürfen für den Schlauch des Bullen: 
auch hier werden Abortuskeime, mit denen das Tier beim Liegen auf 
dem infizierten Stallboden in Berührung kommt, eine ascendierende 
Infektion schwerlich zu bedingen vermögen. Aber selbst wenn eine 
solche einmal vorkäme, so würde sie praktisch kaum größere Bedeutung 
haben wie die auf gleiche Weise denkbare mammäre oder vaginale 
Infektion, deren Zustandekommen auf natürlichem Wege doch immer 
nur da möglich ist, wo Abortuskeime massenhaft ausgestreut sind, die 
dann viel leichter und sicherer auf anderem Wege in den Körper ein- 
dringen würden. 

Als wichtigster und häufigster Infektionsweg für das weibliche 
Rind galt früher allgemein der Weg durch die Scheide . Man nahm an, 
daß der Abortusbacillus vom Stallboden, von der infizierten Streu oder 
Jauche aus, ferner durch die Hände des Stallpersonals, durch Putz¬ 
geräte usw. auf vaginalem Wege einzudringen vermöge und daß er ferner 
durch Vermittlung des Bullen beim Deckakt auf das weibliche Tier 
übertragen werde, entweder rein mechanisch dadurch, daß ein reiner 
Bulle, der eine infizierte Kuh deckte, bald danach eine andere, abortus¬ 
freie besprang oder daß der Bulle selbst Abortusbacillen in seinem Ge¬ 
schlechtsapparat beherbergte und diese beim Sprung zugleich mit dem 
Samen auf das weibliche Tier übertrug. 

Die Möglichkeit einer unmittelbaren Abortusinfektion von der Scheide 
aus durch infizierte Streu, Jauche oder Geräte erscheint, obwohl beson¬ 
ders französische Autoren wie Moussu 10 ), Bobin 109 ) u. a. noch mit ihr 
rechnen, doch sehr zweifelhaft. Nach unseren Erfahrungen gehen 
Abortusbacillen in Jauche und auf dem jauchedurchtränkten Stallboden 
verhältnismäßig rasch zugrunde. Wenn gelegentlich einmal welche von 
außen her in die Scheide gelangen sollten, so ist ihre Zahl doch immer 
nur gering. Das weitere Vordringen der Bacillen bis zum äußeren 
Muttermund wird durch die starke Selbstreinigungskraft der Scheide in 
der Regel wirksam verhindert. Aber selbst wenn einige Keime bis dorthin 



Weitere Untersuchungen über das seuchenliaite Verwerten des Windes. 9H 


gelangten, so stünde ihrem Eindringen in die Gebärmutter als neues 
Hindernis der zähe Cervicalschleim entgegen, den zu durchwuchern 
der imbewegliche Abort usbacillus nach unseren bisherigen Erfahrungen 
nicht imstande ist. Wir müssen deshalb die Verbreitung der Krankheit 
von Tier zu Tier auf diesem Wege bezweifeln. 

Anders liegen die Verhältnisse, wenn die Abortusbacillen beim 
Begattungaalet durch den Bullen in den weiblichen Genitalschlauch ein¬ 
geführt werden. In diesem Falle gelangen sie in die unmittelbare Nähe 
des äußeren Muttermundes, der zur Zeit der Brunst auch noch geöffnet 
ist, so daß ihrer Einwanderung zugleich mit dem Samen in den Uterus 
Hindernisse nicht entgegenstehen. Diese Übertragungsmöglichkeit 
durch den Bullen ist in den letzten Jahren besonders von amerikanischer 
Seite [Schroeder 29 ), Hadley und Lothe no ), Simms und Miller 111 )] ein¬ 
gehend experimentell geprüft worden. Bei den Versuchen wurden 
abortusfreie Kühe mit Abortuskulturen, abortusbacillenhaltigem Eihaut- 
und Foetenmaterial intrauterin infiziert und danach gedeckt; andere 
Kühe wurden besprungen von Bullen, die für Abortus positive Blut¬ 
werte*) auf wiesen; andere wurden belegt von Bullen, die kurz vorher 
Kühe mit infiziertem Genitaltrakt begattet hatten; wieder andere wurden 
gedeckt von natürlich und künstlich infizierten Bullen, die Abortus- 
bacillen mit dem Samen ausschieden: in keinem Fall rechtfertigten 
die Ergebnisse die Annahme, daß Kühe bei der Begattung mit Abortus 
infiziert würden oder daß Bullen durch die Begattung die Krankheit 
von Tier zu Tier weiter verbreiteten. Die amerikanischen Forscher 
sind deshalb der Ansicht, daß der Bulle bei der Übertragung des infek¬ 
tiösen Abortus eine wichtige Rolle kaum spielen dürfte. Diesen zunächst 
auffallenden Feststellungen gegenüber fehlt es jedoch in der Abortus- 
literatur auch nicht an Beobachtungen, aus denen auf ein Zustande¬ 
kommen der Infektion durch den Deckakt unbedingt geschlossen werden 
muß. Ich erinnere hier nur an diesbezügliche Mitteilungen von Sand, 
Bang, Povlsen, Thomsen, Barendregt u. a. Cotton 48 ) hat Meerschweinchen 
mit schweren Hoden- und Nebenhodenveränderungen w’eibliche Tiere 
bei der Begattung infizieren sehen. Man wird deshalb die Ansteckung 
durch den Bullen beim Begattungsakt nach wie vor als eine Verbreitungs¬ 
möglichkeit des infektiösen Abortus ansehen müssen, mit der die Praxis 
zu rechnen hat, den amerikanischen Forschern jedoch ohne weiteres 
darin zustimmen, daß dieser Verbreitungsweg nicht der wichtigste 
und häufigste ist. 

Als solcher gilt heute wohl allgemein die Infektion per os. Infizierte 
trächtige Kühe werfen vor, bei und nach der Ausstoßung der toten oder 

*) Robinson*) ließ ebenfalls gesunde Rinder durch einen intravenös mit 
Abortusbacillen infizierten Bullen mit hohen Blutwerten decken: auch er konnte 
keine Übertragung der Krankheit auf die gedeckten weiblichen Tiere beobachten. 



94 


H. Zeller: 


auch lebenden Frucht mit Genitalausfluß, Fruchtwasser, Frucht und 
Eihäuten stets enorme Mengen von Abortusbacillen aus, durch die 
Stallboden, Streu, Futter und eventuell auch Trinkwasser in stärkstem 
Maße infektiös und zur unmittelbaren oder mittelbaren Ansteckungs¬ 
quelle für die übrigen Stallgenossen werden. Da Abortuskühe weitaus 
die schwerste Gefahr für die Weiterverbreitung der Seuche in einem 
Viehbestand darstellen, ist der Ruf nach Schaffung besonderer Abkalbe- 
stäile, den in letzter Zeit besonders Schroeder 112 ) immer wieder erneut 
erhoben hat, unbedingt zu unterstützen. In diese Ställe sollten Kühe 
beim ersten Anzeichen der herannahenden Geburt sofort verbracht 
und dort nach der Geburt so lange gehalten werden, bis jeder Scheiden¬ 
ausfluß verschwunden ist. Trächtige Tiere sind für die Infektion per os 
besonders empfänglich. Eine solche kann auch vermittelt werden durch 
Stallwärter, Hirten und andere Personen, die bei der Geburt einer 
infizierten Kuh des Nachbars Hilfe geleistet haben und die danach, 
ohne Hände, Kleider und Schuhwerk zu reinigen oder zu wechseln, im 
eigenen bisher unverseuchten Stall ihre Arbeit wieder aufnehmen. Am 
häufigsten erfolgt die Einschleppung des Ansteckungsstoffes durch 
Zukauf von Tieren (Milchkühen, Bullen, neugeborenen Kälbern) aus 
verseuchten Beständen; auch durch Übernahme von nicht erhitzter 
Magermilch aus Sammelmolkereien ist die Einschleppung der Krankheit 
möglich. Wo ein Bulle mit infiziertem Geschlechtsapparat unter Kühen 
frei auf der Weide geht, können Infektionen per os dadurch erfolgen, 
daß Kühe nach erfolgtem Sprung durch Lecken am Schlauch des Bullen 
oder an der Scham einer frisch belegten Kuh Abortusbacillen in sich 
aufnehmen. Trächtige Tiere unbekannter Herkunft sollten stets erst 
nach dem Abkalben in dem gemeinsamen Stall Aufstellung finden, 
ebenso müssen zugekaufte Kühe mit verdächtigem Scheidenausfluß 
solange femgehalten werden, bis dieser vollständig verschwunden ist. 
In all den genannten Fällen wird der Tierbesitzer mit der Möglichkeit 
einer Einschleppung und Ausstreuung des Ansteckungsstoffes in seinem 
Bestände rechnen müssen. Besondere Beachtung verdient in dieser 
Hinsicht noch die Milch, mit der infizierte Kühe Abortusbacillen monate- 
und jahrelang ausscheiden und hierdurch die Verseuchung von Stallungen 
bewirken können. 

Die wichtige Frage, ob Kälber, die abortusbacillenhaltige Milch trin¬ 
ken, damit den Keim für einen späteren Abort in sich aufnehmen oder 
ob bei ihnen unter dem Einfluß der aufgenommenen Bacillen eine 
Immunität zustande kommt, ist in den letzten Jahren ebenfalls von 
amerikanischer Seite zum Gegenstand besonderer Prüfung gemacht 
worden. Wie bereits erwähnt, lassen sich im Körper lebensfähiger, 
von Abortuskühen geborener Kälber nur verhältnismäßig selten Abortus¬ 
bacillen naehweisen; sind solche vorhanden, so werden auch im Blut 



Weitere Untersuchungen über das seuchenhafto Verwerfen des Kindes. 95 

Abortus-Agglutinine ermittelt, deren Ursprung Schroeder und Cotton* 1 ) 
auf die infizierte Placenta zurückzuführen geneigt sind. Im Gegensatz 
zu ihnen nehmen Little und Orcutt 11 *) an, daß die Abortus-Agglutinine 
mit dem Colostrum, das oft sehr hohe Agglutinationswerte auf weist, 
von der Kuh auf das Kalb übergehen. Sie konnten in einer kürzlich 
erschienenen Arbeit zeigen, daß das Blut bei Kälbern unmittelbar nach 
der Geburt frei von Agglutininen ist, daß solche jedoch bereits wenige 
Stunden, nachdem die Tiere zum erstenmal getrunken haben, in erheb¬ 
licher Menge im Blutserum nachweisbar sind: ein Verhalten, wie es 
in gleicher Weise bereits früher durch Famulener 114 ) für die Übertragung 
von Hämolysinen seitens der säugenden Mutter (Ziege) auf das Lamm 
festgestellt worden ist. Die Agglutinationswerte für Abortusbacillen 
halten sich bei den Kälbern nur in den ersten Lebenswochen; sie nehmen 
dann rasch ab und verschwinden bald ganz, auch wenn die Tiere weiter 
am infizierten Euter der Mutter saugen. Nach den Erfahrungen des 
Bureau of Animal Industry **) sind Kälber von Abortuskühen, gleich¬ 
gültig ob sie während der ersten Lebenswochen positive Blutwerte 
zeigen oder nicht, gleichgültig ferner, ob sie an infizierten oder reinen 
Eutern gesogen haben, wenn sie nur nach der Entwöhnung gegen eine 
Infektion geschützt werden, zur Zeit der Geschlechtsreife weder mehr 
noch weniger für Abortus empfänglich, als Kälber von gesunden Kühen. 
Auch Simms und Miller m ) haben zahlreiche Färsen, die als Kälber mit 
abortusbacillenhaltiger Milch ernährt und später während der Trächtig- 
keit gegen Infektionen geschützt worden waren, normal austragen 
sehen. Danach würde eine bei bestimmten Tieren vorhandene Abortus- 
immunität weder auf Vererbung noch auf den Genuß infizierter Milch 
zurückzuführen sein, vielmehr müßte man die Ursache einer solchen 
darin suchen, daß die Tiere während des Heranwachsens und insbeson¬ 
dere während der letzten Monate vor der Konzeption Gelegenheit haben, 
größere Mengen des Ansteckungsstoffes in sich aufzunehmen. 

Auf Grund der in abortusverseuchten Viehbeständen häufig zu 
machenden Beobachtung, daß Kälber bald nach der Geburt an Durch¬ 
fall erkranken und an dessen Folgen meistens eingehen, hat Zwick llb ) 
die Ansicht geäußert, daß die primäre Ursache dieses Durchfalls wahr¬ 
scheinlich in einer Infektion der Kälber mit dem Abortusbacillus zu 
suchen sei. Diese Vermutung hat sich bestätigt. Wir haben in ver¬ 
schiedenen Abortusbeständen, in denen die Kälber regelmäßig an 
Durchfall erkrankten, diesen Tieren gleich nach der Geburt je 50 ccm 
Abortusimmunserum subcutan eingespritzt mit dem Erfolg, daß in 
diesen Beständen nach Einführung der Impfung die Erkrankungen 
der Kälber an Durchfall fast vollständig aufhörten. 

Zusammenfassung: Die Aufenthaltsorte des Abortusbacillus sind beim 
weiblichen Rind der trächtige oder kürzlich trächtig gewesene. Uterus und 



96 


II. Zeller: 


das Euter, beim Bullen verschiedene Organe des Geschlechtsapparates, 
beim neugeborenen Kalb der Magendarmkanal, sowie die zu den genannten 
Organen gehörigen Lymphknoten. Ausgeschieden werden die Abortusbacillen 
aus dem Uterus bei und nach der Geburt mit Foeten, Eihäuten und Genital¬ 
ausfluß, aus dem Euter mit der Milch, aus den Geschlechtsorganen des 
Bullen mit der Samenflüssigkeit und anderen Sekreten, ferner wahrschein¬ 
lich aus dem Darm des neugeborenen Kalbes mit dem Kot. Die natürliche 
Ansteckung geschieht in den meisten Fällen durch Aufnahme der Abortus¬ 
bacillen mit der Nahrung; sie kann auch erfolgen durch Vermittlung des 
Bullen beim Begattungsakt. Ob unabhängig von der Paarung eine Infektion 
von der Scheide bzw. vom Schlauche aus oder eine solche durch den Zitzen¬ 
kanal vorkommt, erscheint zweifelhaft. 

Die größte Gefahr für die Einschleppung des infektiösen Abortus in 
einen bisher seuchefreien Bestand ist das infizierte Rind. Da seine Ermitt¬ 
lung möglich ist, sollten grundsätzlich sämtliche Ankaufstiere vor der Auf¬ 
stellung im gemeinsamen Stall zunächst für sich in einem besonderen Raum 
mindestens so lange untergebracht werden, bis eine diagnostische Blutunter¬ 
suchung ihr Freisein von infektiösem Abortus ergeben hat. 

7. Schutzimpfung und Chemotherapie. 

Nachdem ich die verschiedenen gegen den infektiösen Abortus 
bisher angewandten Schutzimpfungsmethoden und die mit ihnen in 
der Praxis erzielten Ergebnisse kürzlich anderwärts 116 ) zusamraen- 
gefaßt und besprochen habe, bleibt mir nur noch übrig, einiger auf 
diesem Gebiete liegender Untersuchungen Erwähnung zu tun, die in 
letzter Zeit von mir ausgeführt worden sind. Auf Grund unserer um¬ 
fangreichen, in der Praxis angestellten Immunisierungsversuche m ) 
haben wir eine Impfmethode empfohlen, bei der lebende und abgetötete 
Abortuskulturen nebeneinander Verwendung finden: lebende Kulturen 
bei nichtträchtigen Tieren überall da, wo ihrer Anwendung keine Be¬ 
denken entgegenstehen, abgetötete Kulturen bei trächtigen Tieren 
sowie denjenigen nichtträchtigen, für die aus irgendwelchen Gründen 
eine Impfung mit lebenden Kulturen nicht angezeigt erscheint. In 
demselben Sinne verfährt nach Schroeder 39 ) zur Zeit in Amerika das 
Bureau of Animal Industry. Daß durch Vorbehandlung mit lebenden 
Abortuskulturen die stärkste und nachhaltigste Immunität erzielt wird, 
haben auf Grund praktischer Erfahrungen auch Stockman 113 ), Hadley U9 ), 
Hoskins 120 ), Robinson 3 ), Huddleson 121 ) u. a. in neuerer Zeit bestätigt. 
Nun ist aber bei dieser Art von Immunisierung mit der Möglichkeit 
zu rechnen, daß von den so behandelten Tieren die künstlich einverleibten 
lebenden Abortusbacillen wieder ausgeschieden werden und zur Weiter¬ 
verbreitung der Seuche führen. In stark verseuchten Beständen (Fest¬ 
stellung durch Blutuntersuchung), in denen die Trennung der infizierten 



Weitere Untersuchungen Uber das scuchenhafte Verwerfen des Kindes. 97 

von den abortusfreien Tieren nicht mehr möglich ist, dürften einer 
Impfung mit lebenden Bacillen Bedenken nicht entgegenstehen, da 
sich in diesem Falle erfahrungsgemäß die noch abortusfreien Tiere 
infolge der reichlichen Ausstreuung des Ansteckungsstoffes im Bestände 
doch auf natürliche Weise infizieren. Sie würden dann bei und nach dem 
Verkalben Abortusbacillen in viel größerer Menge ausscheiden, als dies 
bei rechtzeitiger Einverleibung von lebender Kultur mit der Milch 
oder auf anderem Wege zu erwarten wäre. Wir halten deshalb in stark 
verseuchten Beständen eine künstliche Immunisierung sämtlicher nicht¬ 
trächtiger Tiere mit lebenden Abortusbacillen im Interesse einer mög¬ 
lichst raschen Bekämpfung der Krankheit nicht nur für empfehlenswert, 
sondern sogar für geboten, weil dadurch das Verkalben erfahrungsgemäß 
häufig verhindert werden kann. Anders liegen die Verhältnisse bei 
abortusfreien Tieren in schwach verseuchten Beständen, in denen sich 
nur wenige infizierte Tiere befinden, deren Absonderung von den ge¬ 
sunden durchführbar ist. In solchen Beständen haben wir empfohlen, 
di» Impfung mit lebender Abortuskultur auf die wenigen infizierten Tiere 
zu beschränken, um nicht Gefahr zu laufen, durch Impfung der abortus¬ 
freien Tiere mit lebenden Abortusbacillen auf künstlichem Wege neue 
Bacillenausscheider zu schaffen, wodurch eine Absonderung der infizier¬ 
ten Tiere von den gesunden zwecklos würde. 

Da experimentelle Untersuchungen darüber noch nicht vorliegen, 
ob lebende Abortusbacillen, die Rindern zwecks Immunisierung subcutan 
einverleibt worden sind, von ihnen wieder ausgeschieden werden, habe 
ich solche a»n einigen Tieren, die mir zur Verfügung standen, angestellt. 
Vorweg sei erwähnt, daß wir bei unseren in praxi vorgenommenen 
Immumsierungsversuchen für jedes nichtträchtige Rind stets zwei 
8 Tage alte gut gewachsene Schrägagarkulturen mit je 5 ccm physio¬ 
logischer Kochsalzlösung abschwemmten und diese 10 ccm Bacillen- 
aufschwemmung an einer Stelle hinter der Schulter unter die Haut 
einspritzten. Dagegen verwendete ich bei meinen Versuchen zur Prüfung 
der Frage der Ausscheidung subcutan eingespritzter lebender und 
abgeschwächter Abortusbacillen 5—10 mal so große Bacillenmengen, 
wie wir dies in praxi getan haben, um eventuell zur Ausscheidung 
gelangende Abortusbacillen desto leichter und sicherer nachweisen zu 
können. Die Versuche im einzelnen waren folgende: 

1. Kuh Lo. Erhielt am 16. Juni 1921 hinter der rechten Schulter subcutan 
eingespritzt die Beläge von 10 verschiedenen, 8 Tage alten gut gewachsenen Schräg¬ 
agarkulturen, abgeschwemmt mit insgesamt 20 ccm physiologischer Kochsalzlösung. 
In den folgenden Tagen geringgradige, bald vorübergehende Anschwellungen an der 
Impfstelle. Am 17., 18., 19., 20., 22., 24., 27., 30. VI, 5., 11., 18., 23. 29. VIL, 
5., 15., 30. VIII. und am 12. IX. wurden Blut, Milch, Speichel, Kot und Ham 
kulturell auf das Vorhandensein von Abortusbacillen geprüft, ohne daß jemals 
aolche nachgewiesen werden konnten. Am 11. X. 1921 wurde die Kuh geschlachtet. 

Arch. (. Tierheilk. XLIX. 7 



98 


H. Zeller: 


Die eingehende kulturelle Durchprüfung sämtlicher innerer Organe auf die An¬ 
wesenheit von Abortusbacillen hatte ein negatives Ergebnis. Ebenso konnten 
Abortusbacillen bei 4 Meerschweinchen, die mit Milz- und Eutermaterial der Kuh 
subcutan und intraperitoneal geimpft und 2 Monate später getötet wurden, nicht 
nachgewiesen werden. 

2. Ochse I. Wurde am 16. VI. 1921 ebenso wie Kuh Lo. infiziert. An der 
Impfstelle leichte Schwellung, die in wenigen Tagen wieder verschwand. Am 

17., 18., 19., 20., 22., 24., 27., 30. VI., 5., 11., 18., 23. und 29. VII. wurden Blut, 
Speichel, Kot und Ham kulturell auf das Vorhandensein von Abortusbacillen 
geprüft, jedesmal mit negativem Ergebnis. Am 4. VIII. 1921 wurde der Ochse 
geschlachtet. Aus sämtlichen inneren Organen wurden verschiedene Kulturen in 
großer Zahl angelegt, Kolonien von Abortusbacillen sind jedoch in keinem Falle 
aufgegangen. 

3. Kuh Li. Erhielt am 22. VIII. 1921 hinter der rechten Schulter sub¬ 
cutan eingespritzt die Beläge von 20 verschiedenen, 4—6 Tage alten gut ge¬ 
wachsenen Schrägagarkulturen, abgeschwemmt mit insgesamt 30 ccm physio¬ 
logischer Kochsalzlösung. Vom 23.—25. VIII. bestand an der Impfstelle 
eine geringgradige Schwellung. Am 23., 24., 25., 26., 27., 28., 29., 30. und 
31. VIII., 2., 5., 7., 9., 12., 16. und 21. IX. wurden Blut, Milch, Speichel, 
Kot und Ham kulturell auf das Vorhandensein von Abortusbacillen geprüft, 
ohne daß jemals ein positives Ergebnis zu erzielen war. An jedem der 
genannten Tage wurde ferner ein Meerschweinchen gleichzeitig subcutan 
und intraperitoneal mit je 2,5 ccm Rahm-Bodensatzgemisch der aus 
allen 4 Eutervierteln in gleicher Menge entnommenen und darnach 30 
Minuten bei 2400 Umdrehungen zentrifugierten Milch geimpft. 2 Monate nach 
der Impfung wurden die Meerschweinchen entblutet. Im Blutserum keines der 
Impftiere ließen sich Abortus-Antikörper nachweisen. Organveranderunngen 
waren in keinem Falle vorhanden, ebenso konnten aus Milz, Knochenmark. 
Leber, Niere, Ham, Hoden, Samenblasen und Uterus der Meerschweinchen 
niemals Abortusbacillen gezüchtet werden. 

4. Kuh He. Wurde am 22. VIII. 1921 ebenso infiziert wie Kuh Li. Im An¬ 
schluß an die Infektion Schwellung an der Impfstelle, die nach 4 Tagen wieder 
verschwunden war. Am 23., 24., 25., 26., 27., 28., 29., 30. und 31. VIII., 2., 5., 7.. 

9., 12., 16., 21., und 26. IX., 3., 10., 17. und 26. X. wurden Milch, Blut, Speichel 
Kot und Ham kulturell auf das Vorhandensein von Abortusbacillen geprüft, 
jedesmal mit negativem Ergebnis. An jedem der genannten Tage wurde ebenso 
wie bei Kuh Li. je ein Meerschweinchen gleichzeitig subcutan und intraperitoneal 
mit je 2,5 ccm Rahm-Bodensatzgemisch der zentrifugierten Milch geimpft. Auch 
in diesem Falle war das Ergebnis der Meerschweinchenimpfung (Blutuntersuchung, 
pathologisch-anatomischer Befund, Kulturergebnis) stets negativ. 

5. Kuh Pr. Erhielt am 20. VII. 1921 subcutan hinter der linken Schulter 
eingespritzt die Beläge von 10 Abortus-Schrägagarkulturen, die insgesamt mit 
25 ccm physiologischer Kochsalzlösung abgeschwemmt werden waren. Vor der 
Einspritzung wurde die Abschwemmungsflüssigkeit zwecks Abschwächung der 
Abortusbacillen 10 Minuten lang im Wasserbad bei 57° C gehalten. Zur Kontrolle 
aus der Abschwemmungsflüssigkeit nach der Erhitzung angelegte Kulturen er¬ 
gaben, daß die Zahl der wachstumsfähigen Abortusbacillen erheblich vermindert 
war: während die Übertragung einer Öse Abschwemmungsflüssigkeit auf Schräg¬ 
agar vor der Erhitzung einen gleichmäßig dichten Abortusbelag ergab, wuchsen 
auf Schrägagar, der nach der Erhitzung mit einer Öse Abschwemmungsflüssigkeit 
beimpft war, pro Kultur nur noch etwa 150—200 Abortus-Einzelkolonien. Am 

21., 22., 23., 25., 27., 29. VII., 1., 3., 5., 8.. 11. 15., 18., 22., 30. VIII. und 12. IX. 



Weitere Untersuchungen über das seurhenhafte Verwerten des Kindes. 99 

wurden bei der Kuh, die trocken stand, Blut, Speichel, Kot und Harn auf das 
Vorhandensein von Abortusbacülen kulturell geprüft. Die Ergebnisse waren stets 
für Abortus negativ. Am 29. XI. 1921 kam die Kuh zur Schlachtung. Die ein¬ 
gehende kulturelle Prüfung sämtlicher inneren Organe auf Abortusbacillen ver¬ 
lief negativ. Ebenso zeigten 4 Meerschweinchen, die mit Emulsionen aus Uterus, 
Euter und Euterlymphdrüsen, Milz und Knochenmark der Kuh subcutan und 
intraperitoneal geimpft und 2 Monate darnach getötet worden waren, keinerlei 
für Abortus charakteristische pathologisch-anatomische Veränderungen; auch 
konnten aus den inneren Organen der Impftiere Abortusbacülen nicht gezüchtet 
werden. 

6. Kuh T. IV. Wurde am 20. VII. 1921 genau in derselben Weise mit 
abgeschwächten Kulturen infiziert wie Kuh Pr. Sie stand zur Zeit des 
Versuchs ebenfalls trocken. Die an denselben Tagen wie bei Kuh Pr. vor¬ 
genommene kulturelle Prüfung von Blut, Speichel, Kot und Harn auf 
Abortusbacillen führte niemals zu einem positiven Befund. Am 28. XII. 
1921 erfolgte die Schlachtung des Tieres. In 30 aus den verschiedenen inneren 
Organen angelegten Kulturen wuchsen keine Abortusbacülen. Ebenso verlief 
der Meerschweinchenversuch (Verimpfung von Emulsionen au3 Milz, Uterus, 
Ovarien, Euter und Euterlymphknoten) vollständig negativ. 

Es ist demnach nicht gelungen, bei 3 Kühen und 1 Ochsen, die 5- und 
10 mal soviel lebende Abortusbacülen subcutan eingespritzt erhalten 
hatten, als wir in praxi zu verwenden pflegen, ferner bei 2 Kühen, 
denen abgeschwächte Abortuskulturen in großen Mengen subcutan 
einverleibt worden waren, die eingeimpften Bacillen in Blut, Milch, 
Speichel, Kot und Ham wieder aufzufinden; auch erwiesen sich die 
inneren Organe von 4 Tieren, die einige Monate nach der Infektion 
zur Schlachtung kamen, als frei von Abortusbacülen. Aus diesen wenigen 
Versuchen kann nun freüich noch nicht geschlossen werden, daß Tiere, 
die lebende Abortusbacülen subcutan eingespritzt erhalten haben, für 
ihre Umgebung in jedem Faüe vöüig gefahrlos sind. Zur Entscheidung 
dieser Frage müssen vielmehr weitere Untersuchungen insbesondere 
an möglichst vielen müchenden Kühen angestellt werden. Immerhin 
durfte aus meinen Versuchsergebnissen hervorgehen, daß die subcutane 
Einspritzung lebender Abortusbacülen keineswegs, wie von verschie¬ 
denen Seiten befürchtet wurde, aüe Rinder auch zu Bacillenausscheidem 
macht, sonst würde es wohl gelungen sein, bei meinen Versuchstieren, 
denen die lebenden Bacillen von 10 und 20 Schrägagarkulturen subcutan 
einverleibt wurden, wenigstens einmal die eingespritzten Krankheits¬ 
erreger in den verschiedenen Ausscheidungen wieder aufzufinden. Da 
dies in keinem Faüe möglich war, muß ich annehmen, daß die subcutan 
einverleibten Abortusbacülen vor ihrer Ausscheidung wohl zum größten 
Teü im Körper des nichtträchtigen Rindes zugrunde gehen und sich 
deshalb auch in ihm auf die Dauer nicht anzusiedeln vermögen. 

Da die Immunisierungsergebnisse mit durch 2 ständiges Erwärmen 
auf 58° C im Wasserbad abgetöteten Abortus-Bouillonkulturen, wie wir 
•sie trächtigen Tieren einzuspritzen pflegen, in praxi manchmal nicht 

7 * 



100 


H. Zeller 











Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Rindes. 101 

befriedigten, dachte ich daran, an ihrer Stelle durch 6—12 Monate 
langes Stehenlassen im Brutraum bei 37° C spontan abgestorbene 
Abortus-Bouillonkulturen zu verwenden und außerdem keimfreie 
Abortus-Bouillonkulturfiltrate auf ihre immunisierende Wirkung zu 
prüfen. 

Um zunächst einige Anhaltspunkte über das Antikörperbildungs- 
vermögen der genannten Kulturflüssigkeiten zu gewinnen, habe ich sie 
einmal in größeren Mengen je 2 Bindern und 2 Kaninchen subcutan 
bzw. intravenös einverleibt und die Tiere in den folgenden Wochen 
fortlaufend serologisch geprüft. Zum Vergleich wurden mitgeprüft 
je 2 Rinder und 2 Kaninchen, die mit lebenden, abgeschwächten und 
abgetöteten Abortuskulturen in ähnlicher Weise vorbehandelt waren. 

In der Tab. I sind nur die Agglutinationswerte der Versuchsrinder 
eingezeichnet, die ihnen ziemlich genau entsprechenden Komplement¬ 
ablenkungswerte dagegen weggelassen. Ebenso habe ich von der Wieder¬ 
gabe der Blutwerte der Kaninchen im Interesse einer möglichsten 
Kürzung der Tabelle vollständig abgesehen, da sie im großen ganzen 
dasselbe Verhalten aufwiesen wie die Blutwerte der Rinder. 

Aus der Tabelle geht hervor, daß die Antikörperbildung bei den mit 
spontan abgestorbenen Abortus-Bouillonkulturen (Rind 9 und 10) und 
mit keimfreien Bouillonkulturfiltraten (Rind 7 und 8) vorbehandelten 
Rindern bedeutend geringer war als bei den Rindern 1—6, die lebende, 
abgeschwächte und abgetötete Abortuskulturen eingespritzt erhalten 
hatten. Infolgedessen war es wenig wahrscheinlich, daß durch die 
Vorbehandlung mit spontan abgestorbenen Abortus-Bouillonkulturen 
und mit keimfreien Abortus-Bouillonkulturfiltraten ein wirksamer 
Schutz gegen eine nachfolgende Abortusinfektion erzielt werden würde. 
Diese Vermutung hat sich denn auch bei diesbezüglichen Versuchen 
an kleinen Tieren bestätigt. An Rindern solche Versuche vorzunehmen, 
hatte ich keine Gelegenheit. Ich möchte indessen glauben, daß bei 
ihnen kaum befriedigendere Ergebnisse erzielt werden würden und 
daß deshalb in praxi bei der Immunisierung trächtiger Rinder von 
der Anwendung spontan abgestorbener Abortusbouillonkulturen und 
keimfreier Abortusbouillon-Kulturfiltrate bessere Resultate nicht zu er¬ 
warten sind, als wir sie bisher mit durch Hitze abgetöteten Abortus- 
Bouillonkulturen erzielt haben. 

Von Pfeiler m ) ist unlängst angeregt worden, die Wirkung der 
gegen das seuchenhafte Verkalben angewandten spezifischen Impf¬ 
stoffe durch gleichzeitige Anwendung nichtspezifischer Präparate 
(Yatren) zu erhöhen. Ob auf diesem Wege eine Verbesserung der 
Impfstoffwirkung erreichbar ist, bleibt abzuwarten. Über Versuche 
in dieser Richtung hat bisher nur Uadley 123 ) berichtet, der Kühen, 
die mit lebenden Abortusbacillen vorbehandelt waren, nachträglich 



102 


H. Zeller: 


zur Verstärkung der Antikörperproduktion noch unerhitztes Pferde¬ 
serum einspritzte. Die so vorbereiteten Kühe erwiesen sich jedoch 
nicht stärker geschützt als andere, denen nur lebende Abortusbacillen 
einverleibt worden waren. 

Die medikamentöse Behandlung des seuchenhaften Verkalbens, für 
die Carbolsäure, Salicylsäure, Milchsäure, Kalk, Kali chloricum, Ferrum 
sulfuricum, Jodkalium, Jodipin und andere Mittel vorgeschlagen wurden, 
hat Erfolge nicht zu zeitigen vermocht. Methylenblau per os gegeben, 
mit dem Bich 12 *) und Taubert 12S ) günstige Ergebnisse erzielt haben 
wollen, hat sich anderen Versuchsanstellern als brauchbares Mittel 
nicht bewährt. 

Nim wurde bereits vor 10 Jahren von dem inzwischen verstorbenen 
Freiburger Professor öoldmann m ) darauf hingewiesen, daß bestimmte 
Vitalfarbstoffe beim trächtigen Tier vor allem in die Placenta eindringen 
und daß sie dort insbesondere in den Riesenzellen der decidualen Grenz¬ 
schicht, in den fötalen Ektodermzellen der Umlagerungszone und des 
Placentarlabyrinths sowie in den Epithelien der Dotterentodermhaut 
aufgespeichert werden. Untersucht man bei einem durch Injektion 
eines Vitalfarbstoffs allgemein gefärbten trächtigen Tier den Embryo, 
so findet man den Farbstoff an der Grenze zwischen Embryo und Mutter 
abgelagert, in den Embryo selbst dringt er nicht hinein. Wie hochgradig 
der Schutz ist, den die Placenta dem Embryo gewährt, zeigen Gtoldmanns 
Untersuchungen mit dem außerordentlich diffusionsfähigen Farbstoff 
Cyanosin. Brachte er ihn in den Magen einer hochträchtigen Ratte, 
so färbte sich das ganze Tier scharlachrot; trotzdem kamen die Jungen 
teinweiß zur Welt. Die ersten Tropfen Muttermilch färbten auch sie 
hochrot. Die Placenta hat also die Embryonen selbst vor einem so 
ungemein diffusionsfähigen Farbstoff wie dem Cyanosin sicher zu 
schützen vermocht. Diese interessanten Feststellungen Qoldmanns 
haben nun nicht nur ein hohes physiologisches, sondern auch ein hervor¬ 
ragendes pharmakologisches bzw. chemotherapeutisches Interesse. Wir 
wissen, daß beim trächtigen Tier die Abortusbacillen vornehmlich in der 
Placenta sich ansiedeln. Wenn es nun gelingt, den Farbstoff in großen 
Mengen dorthin zu bekommen, so liegt es nahe, ihn, sofern er ein 
bactericides Vermögen für die Abortusbacillen besitzt, direkt zu deren 
Unschädlichmachung zu benützen, oder, wenn ihm dieses Vermögen 
abgeht, ihn als Vehikel zu benützen, um einen Heilstoff in den abortus- 
bacillenführenden Zellen der Placenta zur Ablagerung zu bringen. 

Ich habe mm eine große Zahl von trächtigen Meerschweinchen 
und bunten Ratten mit verschiedenen Farbstoffen, insbesondere mit 
2 Cyanosinpräparaten, mit Isaminblau und Trypanblau vorbehandelt 
und die Tiere darauf mit Abortusbacillen infiziert. Die Ergebnisse waren 
im allgemeinen wenig befriedigend. Nur mit einem der beiden Cyanosin- 



Weitere Untersuchungen Uber das seuehenhafte Verwerfen des Kindes. 103 

präparate gelang es bei 2 maliger intraperitonealer Vorbehandlung 
mittels starker Lösungen in zahlreichen Fällen, aber leider nicht regel¬ 
mäßig, die vorbehandelten Tiere vor einem Abort zu schützen, während 
die nichtvorbehandelten Kontrollen abortierten. Meine weiteren 
Versuche, die Farbstoffe vor ihrer Anwendung mit bestimmten Heil¬ 
mitteln zu verkoppeln, sind noch zu wenig zahlreich, als daß sich aus 
ihnen schon bestimmte Ergebnisse ableiten ließen. Leider wird die 
planmäßige Durchführung dieser mir sehr wichtig erscheinenden Unter¬ 
suchungen zur Zeit äußerst erschwert durch die immer höher steigenden 
Preise der hierfür in großer Zahl notwendigen trächtigen Versuchstiere. 
Derselbe Grund hat es mir bis heute auch unmöglich gemacht, das 
Kollargol, mit dem Ziemann 127 ) in einigen hartnäckigen Fällen von 
Maltafieber beim Menschen rasche und gute Heilerfolge erzielt hat, 
sowie andere kolloidale Metalle auf ihre Wirksamkeit gegenüber Infek¬ 
tionen mit Abortusbacillen experimentell zu prüfen. Ich hoffe jedoch, 
derartige Versuche später noch ausführen zu können. 

Zusammenfassung : Lebende Abortusbacillen, die bei der Schutzimpfung 
nichtträchtigen Rindern subcutan einverleibt werden, gehen im Körper 
anscheinend rasch zugrunde. Bei mehreren Rindern, denen große Mengen 
lebender Abortusbacillen unter die Haut gespritzt worden waren, ließen 
sich diese in Blut, Milch, Speichel, Harn und Kot sowie nach der Schlach¬ 
tung in den inneren Organen nicht mehr auf finden. Mit spontan abgestor¬ 
benen Abortus-BouiUonhulturen und keimfreien Abortus-Bouillonkultur- 
filtraten konnte bei kleinen Versuchstieren ein genügender Schutz gegen 
eine nachfolgende Abortusinfektion nicht erzielt werden. Dagegen scheint 
es nach den bisherigen Versuchsergebnissen nicht ausgeschlossen, auf chemo¬ 
therapeutischem Wege allein oder in Verbindung mit spezifischen Impf¬ 
päßen zu einer wirksamen Bekämpfung des seuchenhaften Verkalbens zu 
gelangen. 

8. Beziehungen zwischen dem Bangschen Abort usbacillus und dem 

Erreger des Maltafiebers. 

Im Jahre 1914 stellte Kennedy 128 ) die auffallende Tatsache fest, 
daß ein beträchtlicher Prozentsatz der Londoner Kühe in ihrem Milch- 
ttnd Blutserum reichlich Agglutinine für den Erreger des Maltafiebers 
enthielt. Da diese Krankheit in England kaum vorkommt und nur 
gelegentlich über See dorthin eingeschleppt wird, glaubte er seinen Be¬ 
fund nicht auf das Vorhandensein des Maltafiebererregers zurückführen 
zu dürfen und nahm, um eine Erklärung zu haben, an, daß die von ihm 
beobachtete Agglutinationserscheinung wohl nicht spezifischer Natur 
gewesen sei. Daß sie aber doch spezifisch war, zeigte sich einige Jahre 
später, als durch Alice Evans m ) und unsere 130 ) Untersuchungen dar¬ 
getan werden konnte, daß die Erreger des Maltafiebers und des infek- 



104 


II. Zeller: 


tiösen Abortus der Rinder sehr nahe verwandtschaftliche Beziehungen 
zueinander aufweisen und daß das Blutserum von Kühen, bei denen eine 
Infektion mit dem Bang sehen Abortusbacillus vorliegt, die beiden 
genannten Krankheitserreger im Agglutinationsversuch meist gleich 
hoch zu beeinflussen vermag. 

In morphologischer, kultureller und biochemischer Hinsicht konnten 
bisher konstante Unterschiede zwischen dem Maltafieber- und dem 
Abortuserreger nicht festgestellt werden. Die von Evans beobachtete 
Erscheinung, daß sich ältere Kulturen des Maltafiebererregers durch 
eine intensivere Braunfärbung ihres Kulturbelags auf Agar und Kartoffel 
vor dem Abortusbacillus auszeichnen, trifft nach unseren Erfahrungen 
wohl gelegentlich, nicht aber durchgehends zu. Auch Meyer und Shaw**) 
haben unter ihren Melitensisstämmen 8 gefunden, die auf Agar und 2, 
die auf Kartoffel kein dunkleres Pigment bildeten als Abortusstämme, 
und die deshalb von den letzteren in keiner Weise zu unterscheiden 
waren. Skaric 131 ) beobachtete im Gegensatz zu Evans stärkere Pigment¬ 
bildung bei älteren Abortusagarkulturen (dunkelbraune Farbe) als 
bei ebensolchen Maltafieberkulturen (bräunlichrote Farbe). Die optimale 
Wasserstoffionenkonzentration der für die Züchtung beider Mikroben 
geeigneten Nährmedien liegt bei p R = 7,3—7,5. In mit Paraffin gut 
verschlossenen und bei Zimmertemperatur dunkel aufbewahrten Schräg¬ 
agarkulturen halten sich beide Krankheitserreger 1—2 Jahre lang 
lebensfähig. Betreffs der Klassifikation der Maltafieber- und Abortus- 
bakterien sei erwähnt, daß Feusier und Meyer 132 ) unlängst vorgeschlagen 
haben, diese beiden Erreger wegen ihrer besonderen Eigentümlichkeiten 
aus dem Genus „Bacterium“ herauszunehmen und sie als neues Genus 
„Brucella“ (benannt nach Bruce, der den Erreger des Maltafiebers 
zuerst gezüchtet hat) in die Familie der Bakteriaceen einzureihen. 

Während ich bei der Prüfung der serologischen Beziehungen zwischen 
den Erregern des infektiösen Abortus und des Maltafiebers weder mit 
Hilfe der Agglutination und des Absättigungsverfahrens noch mittels 
der Komplementablenkung, der Präcipitation und des Tropinversuchs 
konstante Unterschiede zwischen den beiden Bakterienarten ermitteln 
konnte, hat Miß Evans gefunden, daß zwar Abortusantisera im Agglu- 
tinations- und Absorptionsversuch Malta- und Abortusstämme in voll¬ 
ständig gleicher Weise beeinflußten, daß dagegen Melitensisantisera 
die Melitensisstämme höher agglutinierten als die Abortusstämme, und 
daß auch im Absorptionsversuch bei Verwendung von Melitensis- 
antiseren ein Unterschied zwischen Melitensis- und Abortusstämmen 
festzustellen war. Zur Erklärung ihrer Befunde nimmt Miß Evans an, 
daß das Abortus- und Melitensisantiserum mehr als ein Agglutinin 
enthalten und daß die Agglutinine in beiden Antiseren der Art nach 
gleich, dem Mengenverhältnis nach aber verschieden seien. Einleuch- 



Weitere Untersuchungen Uber das seuchenhafte Verwerfen des Rindes. 105 

tender scheint mir die Erklärung von Skarii W1 ), der ähnliche Befunde 
bei seinen Absättigungsversuchen darauf zurückführt, daß die Agglu- 
tinine der Aboitus- und Melitensisantisera nicht einheitlicher Natur 
sind, sondern sich aus Partialagglutininen zusammensetzen, von denen 
ein Teil beiden Bakterien gemeinsam ist, während der andere nur einer 
der beiden Bakterienarten zukommt. Khaled 132a ), der ebenfalls ver¬ 
gleichende serologische Untersuchungen mit einer größeren Anzahl 
von Abortus- und Maltafieberstämmen ausführte, fand, daß im einfachen 
Agglutinationsversuch durch Abortus- und Melitensiseren beide Krank¬ 
heitserreger etwa gleichstark beeinflußt wurden; im Absorptionsversuch 
gelang ihm eine Unterscheidung beider Bakterienarten nur bei der 
Absättigung von Abortusseren mit Melitensisbakterien, während bei 
der Absättigung von Abortusseren mit Abortusbacillen und von Meli- 
tensisseren mit Melitensis- und mit Abortusbacillen Unterschiede nicht 
zu ermitteln waren. Angesichts dieser verschiedenartigen Untersuchungs¬ 
ergebnisse habe ich die aus meinen Abortus- und Melitensisstämmen 
hergestellten Kaninchenantisera im Agglutinations- und Absorptions¬ 
versuch nochmals eingehend geprüft, jedoch wie bereits in früheren 
Untersuchungen konstante, für eine Differenzierung zwischen Abortus- 
und Melitensisstämmen brauchbare Unterschiede nicht feststellen 
können. 

Von hochwertigen Abortusimmunseren werden Abortusstämme ziem¬ 
lich gleichmäßig hoch beeinflußt; bei unseren Untersuchungen schwank¬ 
ten die Agglutinationswerte durchweg zwischen 1 : 1000 und 1 :10 000 
bis 1 :20 000 (Titergrenze des Immunserums). Abortusstämme, die 
durch hochwertige Abortusseren gar nicht oder nur geringgradig beein¬ 
flußt wurden, sind uns bisher nicht begegnet, auch aus der Literatur 
nicht bekannt geworden. Dagegen haben bereits vor einer Reihe von 
Jahren Sergent, OiUot und Lemaire 133 ) aus Ziegen isolierte „Pseudo- 
melitensis“-, Negre und Raynaud 134 ) 13S ) 13# ) und andere Forscher aus 
Menschen isolierte „Paramelitensis“-Stämme beschrieben, die morpho¬ 
logisch und kulturell durchaus dem echten Melitensis glichen, serologisch 
aber von ihm scharf abzutrennen waren. Diese Pseudo- und Parameli- 
tensisstämme wurden von echten Melitensisseren (künstlich hergestellten 
Kaninchen- und menschlichen Krankenseren) nicht oder nur in geringen 
Verdünnungen agglutiniert, wie auch andererseits Paramelitensisseren 
echte Melitensisstämme nicht oder nur geringgradig beeinflußten. 
Feusier und Meyer 132 ) konnten die serologischen Beziehungen zwischen 
Abortus- und Melitensisstämmen an der Hand eines größeren Kultur¬ 
materials neuerdings eingehend nachprüfen. Auf Grund von zahlreichen 
Agglutinations- und Absorptionsversuchen gelangten sie zu einer Ein- 
teüung ihrer Stämme in 4 Gruppen: Die Abortusstämme fielen alle in 
Gruppe 1, die Melitensisstämme in Gruppe 1 und 2; Gruppe 3 umfaßte 



106 


II. Zeller: 


nur 1 Stamm, wahrscheinlich einen Pseudomelitensisstamm von Sergent, 
Giüot und Lemaire ; in Gruppe 4 waren 2 Paramelitensisstämme ein- 
zureihen. Während zwischen den Gruppen 1 und 2 nur sehr geringe 
serologische Unterschiede bestanden, waren die Gruppen 3 und 4 von 
den Gruppen 1 und 2 scharf abzutrennen. Die verwandtschaftlichen 
Beziehungen zwischen Abortus- und Melitensisstämmen scheinen dem¬ 
nach viel engere zu sein als zwischen Melitensis- und Pseudo- bzw. 
Paramelitensisstäm men. 

Die bereits früher von uns mitgeteilte und seitdem in vielen Fällen 
erneut gemachte Feststellung, daß Blutseren natürlich abortuskranker 
Rinder, die gleichzeitig mit Abortus- und Melitensiskulturen bzw. 
-antigenen geprüft wurden, im Agglutinations- und Komplement - 
ablenkungsversuch meist genau oder fast genau dieselben positiven 
Werte für den Abortus- und den Maltafiebererreger aufwiesen, ist neuer¬ 
dings bezüglich der Agglutination für natürlich abortuskranke Kühe 
und Schweine von Feusier und Meyer bestätigt worden. 

Nachdem es im Jahre 1898 zuerst Durham 137 ) gelungen war, Meer¬ 
schweinchen durch intracerebrale Impfung mit dem Maltafiebererreger 
erfolgreich zu infizieren und durch wiederholte intracerebrale Passagen 
eine Virulenzsteigerung desselben zu erzielen, hat Eyre 1S8 ) einige Jahre 
später in umfangreichen Versuchen gezeigt, daß sich Meerschweinchen 
auch auf subcutanem, intravenösem und intraperitonealem Wege mit 
dem Bact. melitense infizieren lassen, daß aber hierzu insbesondere 
bei frisch aus dem menschlichen Körper isolierten Stämmen sehr große 
Bakterienmengen notwendig sind. Je nach Menge und Virulenz der 
einverleibten Kultur gingen die Tiere entweder rasch unter den Erschei¬ 
nungen einer akuten Septicämie zugrunde oder kam es zur Entstehung 
einer chronischen Infektion, die unter allmählicher Gewichtsabnahme 
der Tiere erst nach Wochen oder Monaten zum Tode führte. Bei den 
akut verlaufenden Fällen ließen sich die eingespritzten Bakterien in 
allen Organen und Geweben nachweisen, bei den chronisch verlaufenden 
fanden sie sich hauptsächlich in den Nieren und im Harn, in geringerer 
Zahl in der Milz und im Knochenmark. Ähnlich liegen die Verhältnisse 
beim Abortusbacillus. Auch er muß Meerschweinchen, sollen sie einer 
akuten Infektion erliegen, in sehr großen Mengen eingespritzt werden. 
Tiere, die intrakardial mit einer halben, intraperitoneal und subcutan 
mit einer ganzen Schrägagarkultur von Abortus- oder Maltafieber¬ 
erregern geimpft wurden, sind in unseren Versuchen oft am Leben 
geblieben, ohne daß sich, abgesehen von einer manchmal zu beobach¬ 
tenden Gewichtsabnahme, irgendwelche Krankheitserscheinungen bei 
ihnen bemerkbar machten. Im Blutserum kam es nach der Infektion 
regelmäßig zum Auftreten von spezifischen Agglutininen und komple- 
ment ablenkenden Antikörpern. In der Mehrzahl der Fälle verschwanden 



Weitere Untersuchungen Uber das seuchenhafte Verwerfen des Kindes. 107 


im Laufe der auf die Infektion folgenden Wochen und Monate die Anti¬ 
körper allmählich wieder aus dem Blut; wurden die Tiere nach 4—6 Mo¬ 
naten getötet, so war der Sektionsbefund in der Regel negativ, auch 
blieben die aus den inneren Organen angelegten Kulturen steril. Die¬ 
jenigen Meerschweinchen dagegen — es war dies der weitaus kleinere 
Teil der Versuchstiere —, bei denen die Antikörper im Blutserum bis 
zum Tage der Tötung erhalten blieben (Aggl. = 1 :500 bis 1 :2000: 
Kompl.-Abl. = 0,1 bis 0,005), wiesen zumeist auch einen positiven 
Sektionsbefund auf. Sie zeigten — und zwar Abortus- und Maltatiere 
in völlig gleicher Weise — die von Smith und Fabyan 74 ) zuerst eingehend 
beschriebenen Organveränderungen: Starke Vergrößerung der Milz, 
öfters Schwellung, zum Teil auch Verkäsung der mesenterialen und der 
Körperlymphknoten sowie Knochenauftreibungen, die teilweise zentral 
verkäst waren und insbesondere an den Rippen und am Brustbein 
saßen; Herdchen in der Leber sowie bei männlichen Tieren Verände¬ 
rungen an den Hoden wurden nur in wenigen Fällen beobachtet. Die 
Reinzüchtung der eingeimpften Bakterien gelang stets aus der Milz, 
häufig aus den Knochen Veränderungen und aus den Lymphknoten, 
seltener aus Harn, Hoden, Leber und Niere. Während es in der Regel 
möglich war, durch Verimpfung von abortusbacillenhaltigem Organ- 
material (Labmagen- und Darminhalt sowie Flüssigkeit aus subchorialem 
Ödem von abortierten Föten, veränderten Eihautteilen, Organen abortus- 
kranker Meerschweinchen usw.) bei Meerschweinchen eine chronische 
Infektion mit den eben erwähnten Organ Veränderungen hervorzurufen, 
habe ich dies bei subcutaner, intraperitonealer und intramuskulärer 
Einverleibung von Abortus- und Maltakulturen nur in einer verhältnis¬ 
mäßig geringen Anzahl von Fällen erreichen können. Krage 139 ) und 
Hieronymi #1 ) haben früher über ähnlich ungünstige Ergebnisse bei ihren 
Versuchen, Meerschweinchen mit Abortuskulturen zu infizieren, berich¬ 
tet. Nim teilten neuerdings Meyer, Fleischner und Shaw I10 ) mit, daß 
'ich durch intratesticuläre Verimpfung von Melitensiskulturen bei 
Meerschweinchen die vorhin erwähnten chronischen Organveränderungen 
leichter und regelmäßiger erzielen ließen. Ich habe daraufhin eine größere 
Anzahl von männlichen Meerschweinchen auf diese Weise teils mit 
Abortus-, teils mit Maltakulturen geimpft und bei diesen Versuchen 
die Angaben der amerikanischen Forscher bestätigt gefunden. Bei der 
Tötung der Tiere fanden sich in den meisten Fällen Atrophie und 
Absceßbildung in Hoden und Nebenhoden, starke Vergrößerung der 
Milz, Schwellung der Körperlymphknoten, gleichförmige Auftreibung 
meist nur einer Rippe mit gleichzeitiger Vergrößerung der Markhöhle, 
knotenförmige Verdickungen insbesondere an den Rippen-Rippen- 
knorpelgelenken und am Sternum, ferner ab und zu punktförmige 
Herdchen in der Leber oder narbige Einziehungen an ihrer Oberfläche. 



108 


H. Zeller: 


Die Reinzüchtung der eingeimpften Bakterien gelang leicht aus Hoden, 
Milz, Knochenauftreibungen und Lymphknoten, ferner öfters aus Leber, 
Nieren, Harn und Galle. Die Organveränderungen bei den mit Abortus- 
und Melitensiskulturen infizierten Meerschweinchen waren durchaus 
dieselben; sie konnten makroskopisch nicht voneinander unterschieden 
, werden. Meyer, Fleischner und Shaw haben nachgewiesen, daß dies 
auch auf mikroskopischem Wege nicht möglich ist. Die Ergebnisse der 
Impfversuche bei Meerschweinchen bestätigen somit die bereits auf 
kulturellem und serologischem Wege gemachte Feststellung, daß das 
Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Erregern des infektiösen 
Abortes der Rinder und deB Maltafiebers als ein sehr enges anzusehen ist. 

Spontaninfektionen von Meerschweinchen mit Abortus- und Meli- 
tensisbakterien sind bisher nur ganz vereinzelt beobachtet worden. 
Sur face ul ) berichtet über einen Fall, in dem ein gesunder Meerschwein¬ 
chenbestand, der zusammen mit abortusinfizierten Meerschweinchen 
in demselben Raum, aber örtlich getrennt von diesen untergebracht 
war, sich zu fast 2 / 3 mit Abortus infizierte. Andererseits haben NicoUe 
und Conseil 1 * 2 ) in Tunis von 5 Meerschweinchen, die mit Maltaziegen 
in einem Stall zusammengehalten wurden, 2 mit Maltafieber behaftet 
gefunden. 

Bei Affen treten nach subcutaner und intravenöser Einspritzung 
von Melitensiskulturen Fieberanfälle auf, die in ihrem Verlauf den beim 
maltafieberkranken Menschen zu beobachtenden gleichen. Die Krank¬ 
heit ist indessen häufig von kürzerer Dauer und geht gewöhnlich in 
Heilung über. Im Blutserum der Affen kommt es zur Bildung von spezi¬ 
fischen Antikörpern; post mortem lassen sich aus den inneren Organen 
wieder Melitensiskulturen gewinnen. Auch per os, z. B. mit Milch, 
die den Maltafiebererreger enthält, lassen sich Affen leicht infizieren. 
Es war nun besonders interessant, Affen auf ihre Empfänglichkeit 
gegenüber Abortusbacillen zu prüfen. Solche Versuche sind von ameri¬ 
kanischen Forschem angestellt worden. Als erster hat Fabyan “) 
2 Affen mit Abortusbacillen infiziert und nach 12 bzw. 13 Wochen 
dieselben wieder aus den inneren Organen der Tiere isolieren können. 
Nähere Angaben über die Art der Infektion und über deren Verlauf 
finden sich in Fabyans Mitteilung leider nicht. 1919 infizierten Fleischner, 
Meyer und Shaw 143 ) einen Rhesusaffen intravenös mit Vio Abortus- 
Schrägagarkultur. Das Tier zeigte vom 3. Tage ab eine unregelmäßige 
fieberhafte Temperatur. Am 18. Tage agglutinierte sein Serum Abortus¬ 
bacillen bis 1 :2000, Melitensisbakterien bis 1 : 1000. Am 50. Tage 
nach der Infektion wurde der Affe getötet; in Milz, Leber, Nieren und 
Mesenteriallymphknoten fanden sich Abortusbacillen in großer Zahl. 
Über umfangreiche Infektionsversuche bei Affen mit Abortusbacillen 
haben in jüngster Zeit Fleischner und Meyer 144 ) sowie Fleischner, Vecki, 



Weitere Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Kindes. 109 

Shaw und Meyer 10 *) berichtet. Sie benützten meist junge Affen von der 
Gattung Pithecus syrichta L., die aus Indien nach Amerika eingeführt 
worden waren. Aus ihren Versuchsergebnissen sei folgendes hervor¬ 
gehoben : 

Mit Abortusbacillen intravenös infizierte Affen zeigten nach etwa 14 Tagen 
für Abortu8- und Melitensisbakterien hohe Agglutinationswerte, die dann im 
Laufe der folgenden Wochen und Monate langsam zuriickgingen; intermit¬ 
tierendes Fieber und Gewichtsverlust wurden manchmal beobachtet; post 
mortem ließen sich die Abortusbacillen aus den inneren Organen, vor allem 
aus der Milz isolieren. Bei Verfütterung von Agarkultur-Abschwemmungen 
mittelgradig virulenter Abortusstämme erhielten die genannten Forscher In¬ 
fektionen nur, wenn große Kulturmengen wiederholt verfüttert wurden; bis 
zum Auftreten von Agglutininen im Blutserum vergingen mindestens 30—40 Tage; 
post mortem gelang die Isolierung von Abortusbacillen aus der Milz, gelegent¬ 
lich auch aus anderen Organen. Nach wiederholter Verfütterung massiver 
Dosen hochvirulenter Abortusbacillen waren spezifische Agglutinine bereits 
vom 16. Tage ab im Blutserum nachzuweisen; wurde die Fütterung unter¬ 
brochen, so gingen auch die Agglutinationswerte zurück. Wochenlange Ver¬ 
fütterung pasteurisierter Kuhmilch, die stark mit Abortuskulturen von ge¬ 
ringer Virulenz versetzt war, führte zu keiner Infektion. Dasselbe Ergebnis 
zeitigte eine wochenlange Verfütterung der Milch von Ziegen, die mit wenig 
virulenten Abortusbacillen infiziert worden waren; die Milch • enthielt relativ 
wenige Abortusbacillen. Dagegen gelang es, durch wiederholte Verfütterung 
der Milch einer Ziege, die intramamm&r mit einem sehr virulenten Abortus- 
stamm vom Schwein geeimpft war, einen Affen zu infizieren; post mortem 
fanden sich die Abortusbacillen in allen Eingeweiden und im Herzblut. 

Insgesamt haben die Versuche der amerikanischen Forscher gezeigt, 
daß Abortusbacillen nur dann pathogen für Affen sind, wenn virulente 
Stämme in großen Dosen zur Infektion verwendet werden. Dagegen 
ließ sich durch Kontrollversuche mit Melitensisbakterien dartun, daß 
diese für Affen ungleich stärker infektiös waren als Abortusbacillen; 
1 oder 2 Fütterungen mit 1 / 1000 der Menge, die zur Herbeiführung einer 
Abortusinfektion nötig war, genügten, um eine Melitensisinfektion 
beim Affen zu erzielen. Infektionsversuche an tragenden Affen zur 
Prüfung der beiden Bakterienarten auf ihre Fähigkeit, Aborte hervor¬ 
turufen, sind bisher anscheinend noch nicht ausgeführt worden. Erwähnt 
sei hier noch eine Feststellung von Khaled 132 ‘), der einen Affen durch 
Vorbehandlung mit Abortusbacillen wirksam gegen eine nachfolgende 
Infektion mit Maltafiebererregern schützen konnte, während der nicht 
vorbehandelte Kontrollaffe typisch fieberhaft an Maltafieber erkrankte. 

Nun zu den allergischen Reaktionen. Ich habe bereits früher mit¬ 
geteilt, daß wir durch Eindampfen von Abortus- bzw. Melitensis-Bouillon¬ 
kulturen auf etwa 1 / 10 ihres Volumens die Präparate „Abortin“ und 
„Melitin“ hergestellt und beide an einem künstlich gegen Abortus 
immunisierten Versuchsrind sowie in einem Bestand, in dem infektiöser 
Abortus herrschte, geprüft haben. Wir konnten damals feststellen, daß 



110 


II. Zeller: 


bei dem Abortusversuchsrind das Ergebnis der Augenprobe (Einträufe¬ 
lung) bereits nach 3—5 Stunden stark positiv war, gleichgültig, ob Abortin 
oder Melitin angewandt wurde; auch in dem Abortusbestand wurden 
mit beiden Präparaten etwa- dieselben Resultate erzielt. Inzwischen 
habe ich auf verschiedenen Wegen zahlreiche neue Abortine und Melitine 
hergestellt und konnte mit mehreren von diesen Präparaten die früher 
erzielten Ergebnisse nicht nur an künstlich mit Abortusbacillen infizier¬ 
ten und gegen Abortus immunisierten, sondern auch an natürlich 
abortuskranken Rindern erneut bestätigen. Dieselben Resultate erhielt 
ich bei Anwendung der Lidprobe (Einspritzung der Präparate ins untere 
Augenlid): auch hier waren die Ergebnisse bei Anwendung geeigneter 
Abortine und Melitine stets in gleicher Weise positiv. Dagegen waren 
die mit der Hautprobe (Einspritzung der Präparate in die Haut an der 
Schulter) bei Rindern erzielten Ergebnisse wenig befriedigend. Die 
Augen- und die Hautprobe habe ich danach auch bei zahlreichen Meer¬ 
schweinchen ausgeführt, die intraperitoneal mit Abortus- und Melitensis- 
kulturen infiziert waren. Die Augenprobe versagte bei diesen Tieren 
vollständig, dagegen wurden mit der Hautprobe bei denjenigen Meer¬ 
schweinchen, die post mortem typische Organveränderungen aufwiesen, 
stets gute und brauchbare Ergebnisse erzielt. Abortus- und malta¬ 
infizierte Tiere reagierten dabei auf Abortin und Melitin in gleicher 
Weise. Nach Kenntnis der bereits zitierten Arbeit von Fleischner. 
Meyer und Shaw 143 ) habe ich dann noch eine größere Anzahl männlicher 
Meerschweinchen mit Abortus- bzw. Melitensisbakterien intratesticulär 
infiziert und sie darauf nach dem Vorgehen der genannten Forscher 
wiederholt in Zwischenräumen von 8—14 Tagen der Hautprobe mit 
Abortin und Melitin und zur Kontrolle mit Mallein und Tuberkulin 
unterworfen. Während mit den beiden letztgenannten Präparaten 
stets negative Resultate erzielt wurden, waren die Ergebnisse mit 
Abortin und Melitin bei abortus- wie bei maltainfizierten Meerschwein¬ 
chen stets in gleicher Weise spezifisch. Erwähnen möchte ich noch, daß 
nur ein Teil meiner Abortine und Melitine sich für die Hautprobe als 
brauchbar erwies, und daß, was ich bereits oben anführte, nur diejenigen 
Meerschweinchen deutliche und einwandfrei positive Reaktionen zeigten, 
die intra vitam hohe Blutwerte und post mortem spezifische Organ¬ 
veränderungen aufwiesen. Auch die bei den allergischen Reaktionen 
erhobenen Befunde weisen somit auf eine enge Verwandtschaft zwischen 
Abortus- und Maltafiebererregern hin. 

Zusammenfassung: In Bestätigung unserer früheren Versuche umrdf 
erneut festgestellt , daß auf kulturellem und serologischem Wege eine Tren¬ 
nung zwischen den Erregern des infektiösen Abortus beim Rind und denen 
fies Maltafiebers nicht möglich ist. Die engen verwandtschaftlichen Bezie¬ 
hungen beider Bakterienarten konnten weiterhin durch ihre gleichartige 



Weitere Untersuchungen Uber das seuchenhafte Verwerfen des Rindes, m 

jxUhogene Wirkung bei Meerschweinchen sowie durch die Ergebnisse der 
allergischen Reaktionen (Augen-, Lid- und Hautprobe) bei Meerschweinchen 
und Rindern erhärtet tverden. 

9. Ist der Bangsche Abortusbacillos gefährlich für den Menschen? 

Unter Hinweis auf die Tatsache, daß der Bangsche Abortusbacillus 
nicht nur für das Rind, sondern auch für verschiedene andere Tierarten 
pathogene Wirkung besitze, hat bereits die Englische Abortuskommission 22 ) 
in ihrem ersten Bericht darauf hingewiesen, daß auch eine schädliche 
Einwirkung dieses Krankheitserregers auf den weiblichen Menschen 
nicht außer dem Bereich der Möglichkeit liege. Smith und Fabyan ’ 4 ), 
welche die durch den Abortusbacillus beim Meerschweinchen hervor¬ 
gerufenen chronischen Organveränderungen zuerst richtig erkannt und 
eingehend beschrieben haben, erklärten es auf Grund ihrer Befunde 
ebenfalls für notwendig, weitere Nachforschungen darüber anzustellen, 
ob der Abortusbacillus in irgendwelchem ursächlichen Zusammenhang 
mit gewissen Organ- und Gewebsnekrosen oder anderen chronischen 
Krankheiten des Menschen stehe. Als dann durch verschiedene Arbeiten 
insbesondere amerikanischer Forscher das verhältnismäßig häufige 
Vorkommen von Abortusbacillen in der Marktmilch festgestellt war, 
erklärten Schroeder und Cotton 19 ) es für unerläßlich, sämtliche Milch 
ror der Zulassung zum menschlichen Genuß zu pasteurisieren, solange 
nicht sicher feststehe, daß der Bangsche Bacillus für den Menschen 
ungefährlich sei. 

Welche tatsächlichen Befunde und Beobachtungen liegen nun heute 
vor, aus denen die Möglichkeit einer Übertragung des Bang sehen 
Abortusbacillus auf den Menschen gefolgert werden könnte? 

Obwohl nunmehr seit der Entdeckung des Abortusbacillus durch 
Bang und StriboU 25 Jahre vergangen sind, ist dieser bis heute noch 
in keinem Falle als Erreger einer selbständigen Krankheit beim Menschen 
oder als Ursache menschlicher Aborte nachgewiesen worden. Dies könnte 
mit darin seinen Grund haben, daß der Abortusbacillus als möglicher 
Urheber menschlicher Krankheiten bisher zu wenig beachtet wurde, 
ferner darin, daß er aus dem infizierten Organismus nicht immer leicht 
zu isolieren ist und nur unter bestimmten Bedingungen zum Wachstum 
in künstlichen Nährböden gebracht werden kann. So vermöchte ich 
mir z. B. wohl zu denken, daß Barfurth U5 ), der in Hamburg-Eppendorf 
Untersuchungen über den Keimgehalt menschlicher Föten bei Aborten 
und Frühgeburten unter ausdrücklicher Berücksichtigung des Bang sehen 
Bacillus angestellt hat, Fälle von Bang schein Abort, wenn solche unter 
feinem Material vorhanden gewesen wären, hätten entgehen können, 
da er seine Kulturen in der Hauptsache nur aus dem Herzblut der Föten 
anlegte und aerob sowie anaerob wachsen ließ, während wir wissen, 



112 


II. Zeller: 


daß bei abortierten tierischen Föten aus Herzblut nur ausnahmsweise 
einmal Abortusbacillen sich züchten lassen, daß diese aber in gleich¬ 
zeitig aus Magen- und Darminhalt angelegten Kulturen unter geeigneten 
O-Spannungsverhältnissen massenhaft aufzugehen pflegen. Weitere 
systematische Untersuchungen über den Keimgehalt abortierter mensch¬ 
licher Föten unter besonderer Berücksichtigung des Barschen Bacillus 
an einem größeren Material sind meines Wissens, so erwünscht sie sein 
würden, bisher nicht bekannt gegeben und wohl auch nicht ausgeführt 
worden, was in der Hauptsache wohl darauf zuückzuführen ist, daß in 
größeren Krankenhäusern und Kliniken, wo solche Untersuchungen 
möglich wären, von den zur Beobachtung gelangenden Aborten weitaus 
die meisten kriminellen Ursprungs sind. Da beim Menschen eine Infek¬ 
tion mit Abortusbacillen wahrscheinlich am ehesten durch den Genuß 
abortusbacillenhaltiger Milch erfolgen könnte, so wären insbesondere 
Darmstörungen bei Flaschenkindern sowie Halserkrankungen und Drü¬ 
senschwellungen bei älteren Kindern, die viel rohe Milch erhalten, 
daraufhin zu prüfen, ob sie vielleicht auf den Bon# sehen Bacillus als 
ursächlichen Erreger zurückzuführen sein möchten. Den Nachweis, 
daß dieser Bacillus sich beim Menschen ansiedeln kann, halten Möhler 
und Traum 14# ) in einem von ihnen beobachteten Falle für erbracht. 
Sie haben 56 Tonsillen- und Drüsenproben verschiedener auf Milchkost 
gesetzter Patienten aus mehreren Kinderspitälern an Meerschweinchen 
verimpft und einmal bei einem Impftier nach 3 Monaten charakteri¬ 
stische Veränderungen an Leber, Milz und Hoden auf treten sehen, aus 
denen Bang sehe Abortusbacillen isoliert werden konnten. Dieser Fall 
ist bisher der einzige seiner Art geblieben. Er scheint insofern nicht ganz 
einwandfrei, als der Nachweis der Abortusbacillen nur indirekt durch 
Impfung von Meerschweinchen erfolgte, bei denen, wie bereits früher 
erwähnt, Spontaninfektionen mit Abortusbacillen gelegentlich Vor¬ 
kommen können. Der schlüssige Beweis dafür, daß der Bang sehe 
Bacillus sich beim Menschen ansiedeln und pathogen wirken kann, ist 
jedenfalls erst dann erbracht, wenn es gelungen sein wird, diesen Bacillus 
direkt aus krankhaft veränderten menschlichen Organen zu isolieren. 
Solche Beobachtungen liegen bis heute noch nicht vor. 

Lar8on und Sedgwick 1 * 1 ), Nicoll und Pratt us ) sowie Cooledge 1 **) 
haben zahlreiche Sera von Frauen, die Fehlgeburten durchgemacht, 
ferner Sera von Kindern und Erwachsenen, die rohe, teilweise von abor- 
tuskranken Kühen stammende Milch längere Zeit hindurch genossen 
hatten, geprüft und dabei in einem mäßigen Prozentsatz für den Abortus- 
bacillus spezifische Agglutinine und komplementablenkende Substanzen 
festgestellt. Williams und Kolmer 160 ), Fleischner, Vecki, Shaw und 
Meyer 108 ) u. a. sind bei Ausführung ähnlicher Versuche zu negativen 
Ergebnissen gelangt . Die Menge der von den erstgenannten Untersuchern 



Weitere Untersuchungen Uber das seuchenhafte Y'enverfen des Kindes. H3 

festgestellten Antikörper im Blutserum war im allgemeinen recht gering, 
so daß der Einwand, es könnte sich vielleicht, zum wenigsten teilweise, 
um nicht abortusspezifische Antikörper gehandelt haben, nicht un¬ 
berechtigt erscheint, zumal über die Art der Agglutination (grobe oder 
feine Flockung) hinreichende Angaben fehlen und der Versuch, vor der 
Prüfung etwa vorhandene nichtspezifische Antikörper durch Erhitzung 
der Sera auf 50—*58° zu entfernen, anscheinend nicht gemacht worden 
ist. Die Frage, ob der Barsche Bacillus für den Menschen pathogen 
sein kann oder nicht, dürfte jedenfalls durch serologische Untersuchungen 
kaum zu entscheiden sein; der Beweis für seine Pathogenität wird viel¬ 
mehr, wie bereits erwähnt, nur durch die direkte Züchtung des Bacillus 
aus dem erkrankten menschlichen Körper erbracht werden können. 

Nachdem neuerdings festgestellt worden ist, daß der Bang sehe 
Abortusbacillus in einem sehr engen Verwandtschaftsverhältnis zum 
Erreger des Maltafiebers steht, könnte man vermuten, daß auch bezüg¬ 
lich ihrer Pathogenität für den Menschen beide Bakterien eine gewisse 
Ähnlichkeit miteinander besitzen. Dies scheint nun nicht der Fall zu 
sein. Die hohe Pathogenität des Maltafiebererregers für den Menschen 
kennen wir, dagegen ist eine dem Maltafieber ähnliche „Abortuskrank- 
heit“ beim Menschen auch dort, wo diese Seuche unter den Rindern sehr 
verbreitet ist, und wo Landwirte und Tierärzte mit den Abortusbacillen 
häufig genug in engste Berühiung kommen, noch niemals beobachtet 
worden. In der Literatur findet sich ferner eine ganze Reihe von Mit¬ 
teilungen über Laboratoriumsinfektionen mit dem Erreger des Malta¬ 
fiebers; solche, die auf Abortusbacillen zurückzuführen gewesen wären, 
sind dagegen bis heute noch niemals bekannt geworden. Zweifellos ist 
der Abortusbacillus für den Menschen viel weniger pathogen als der 
Erreger des Maltafiebers. Dies geht auch aus den Affeninfektions¬ 
versuchen von Fleischner , Vecki , Shaw und Meyer hervor, deren ich im 
vorhergehenden Abschnitt bereits Erwähnung getan habe. 

Die Frage nach der Gefährlichkeit des Bangschen Abortusbacillus für 
dm Menschen wird man auf Grund unserer heutigen Kenntnisse dahin 
beantworten müssen , daß dieser Krankheitserreger unter gewöhnlichen 
Verhältnissen für den Menschen nicht pathogen ist. Es ist aber, wie dies 
auch Klimmer und Haupt 161 ) kürzlich wieder getan haben, darauf hin¬ 
zuweisen, daß Infektionen mit dem Abortusbacillus beim Menschen 
gelegentlich wohl Vorkommen können, und daß sie vielleicht, wenn mehr 
auf diesen Bacillus als möglichen Krankheitserreger beim Menschen 
geachtet wird, künftighin doch zur Beobachtung gelangen. Jedenfalls 
erscheint es, worauf von tierärztlicher Seite schon vor Jahren hingewiesen 
worden ist, in prophylaktischer Hinsicht angezeigt, vor allem schwangeren 
Frauen und Kindern den Genuß roher Milch aus Stallungen, in denen 
infektiöser Abortus herrscht, zu untersagen. Damit soll aber nicht etwa 


Arch. f. Ticrheiik. XLIX. 


8 



114 


II. Zeller: 


einer Einschränkung des Genusses von roher Milch überhaupt, die zweifellos 
insbesondere für Kinder oft von großem Nutzen ist, das Wort geredet, 
vielmehr auf die allgemein zu stellende Forderung hingewiesen werden, 
daß für den Genuß in imgekochtem Zustande nur völlig einwandfreie 
Milch von gesunden Kühen zur Verwendung gelangen darf. 


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ledge, L . H., Joum. of Med. Res. 34, 459. 1916. — 15 °) Williams and Kolmer, Americ. 
Joum. Obstetr. 75, 193. 1917. — 151 ) Klimmer, 3f., und Haupt. H., Münch, med. 
Wochenschr. 60, 146. 1922. 



Das Vorkommen von autogenem Pigment in den Milzen und 
Lebern gesunder und kranker Pferde. 

Von 

R. Hock. 

Mit 2 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 16, August 1922.) 

Einleitung. 

Bei der Betrachtung der in Milz und Leber der Pferde auftretenden 
Pigmente soll hier nur von solchen die Rede sein, welche im Körper 
selbst gebildet werden (autogene Pigmente). 

Die im Körper gebildeten Farbstoffe — in amorpher und krystalli- 
nischer Form — können in verschiedene Gruppen eingeteilt werden, 
und zwar: 

1. in solche, welche unzweifelhaft direkte Abkömmlinge des durch 
Zerfall roter Blutkörperchen frei gewordenen Blutfarbstoffes sind; 

2. in solche, bei deren Entstehung eine vitale Zelltätigkeit beteiligt ist. 

Erstere sind teils eisenhaltig (Hämosiderin), teils eisenfrei (Häma¬ 
toidin, Bilirubin). Der Eisengehalt des Hämosiderins ist im Gegensatz 
zu dem organisch gebundenen Eisen des unzersetzten Hämoglobins durch 
mikrochemische Reaktion nachweisbar. 

Für die Abstammung der zweiten Gruppe haben wir keine bestimmten 
Anhaltspunkte. Vielleicht stammen die einen von gewissen Eiwei߬ 
substanzen ab (Melanin), und die anderen von lipoiden Stoffen (Ab¬ 
nützungspigment, Lipofuscin). 

Da in der Literatur keine Einheitlichkeit über die Bedeutung einiger 
Ausdrücke besteht, so mögen an dieser Stelle einige Ausführungen über 
die Bezeichnungen: Hämosiderosis, Hämochromatose, Hämofuscin, 
Lipofuscin, Lipochrom und Melanin gemacht sein. 

Unter Hämosiderosis versteht man im allgemeinen einen Zustand, bei welchem 
eisenhaltiges Pigment (Hämosiderin) in den verschiedensten Organen des Körpers 
auftritt. Dieses Eisen muß natürlich erst aus seiner Bindung freigemacht werden, 
ehe es unseren mikrochemischen Reagenzien zugänglich ist. 

„Hämochromatose“ bedeutet nach v . Recklinghausen (1883) eine makro¬ 
skopisch erkennbare Braunfärbung der meisten oder einzelner Organe im Körper; 
sie kann bedingt sein: 

1. durch Auftreten von Hämosiderin und 

2. durch ein feines, gallenbraunes Pigment, das die Eisenreaktion nicht gibt. 
Letzteres Pigment nannte v. Recklinghausen Hämofuscin und glaubte, daß es den 



118 


K. Hock: Das Vorkommen von autogenem Pigment 


Zellen in gelöster Form zugeführt werde und dann körnig ausfalle. Er, Hintze (1895), 
Simon und Rössle (1891), Dürck (1892) leiten es vom Blutfarbstoff ab, während 
Sehrt (1904) und Narnba (1911) es den fetthaltigen Abnützungspigmenten und 
Rosenfeld (1901) wegen des Schwefelgehaltes den Melaninen zurechnen. Ziegler 
(1901) hält es in keiner Weise festgestellt, daß das Hämoglobin das Material für 
das Hämofuscin liefert. Doch als „Hämochromatose“ bezeichnet er einen Zustand, 
bei welchem das auftretende Pigment vom Blutfarbstoff abstammt und teils 
eisenhaltig, teils eisenfrei sein kann. 

Ribbert (1905) schließt sich der Ansicht v. Recklinghausens an. 

Schmaus (1910) nennt die Ablagerung von Hämosiderin in verschiedenen 
Organen Hämochromatose. Als „Hämofuscin“ bezeichnet er ein feinkörniges, 
gelblich braunes, eisenfreies Pigment, welches bei hochgradiger Kachexie des 
Organismus zusammen mit Hämosiderin auftritt. Ferner unterscheidet er noch 
einen eisenfreien, seinem Aussehen nach mit dem Hämofuscin übereinstimmenden 
Farbstoff, welcher als Zeichen des Alterns oder der Degeneration der Zelle be¬ 
trachtet werden müsse, und nennt ihn „Abnützungspigment oder Lipochrom“. 

Hueck (1912) kann mikrochemisch einen Unterschied zwischen Hämofuscin 
und Lipofuscin nicht finden und glaubt, daß das Lipofuscin mit dem Hämofuscin 
identisch ist. Was die Entstehung betrifft, so glaubt er nicht, daß das Hämofuscin 
unmittelbar vom Blutfarbstoff herstamme. Er spricht deshalb den Bezeichnungen 
Hämofuscin und Hämochromatose die Existenzberechtigung ab. 

Joest (1921) stellt die Namen Hämosiderose und Hämochromatose einander 
gleich. 

Aus vorstehender Aufzählung einzelner Autoren und der Angabe 
ihrer Ansichten erhellt, daß durchaus keine Einheitlichkeit in der Auf¬ 
fassung der Begriffe Hämofuscin und Lipofuscin besteht. Verfasser 
schließt sich den Ausführungen Huecks an und vermeidet das Wort 
Hämofuscin. 

Ein ähnliches Auseinandergehen der Meinungen besteht über den Begriff 
„Lipochrom“. W T ie oben bereits erwähnt, bezeichnet Schmaus damit das Ab¬ 
nutzungspigment. Das Lipochrom soll dadurch charakterisiert sein, daß es mit 
konzentrierter Schwefelsäure eine Blaufärbung gibt. 

Als „Melanine“ schildert Ziegler schwefelreiche, stickstoffhaltige Körper, die 
aber eine wechselnde Zusammensetzung besitzen. Sie sollen nach Schmiedeberg 
(1897) das Produkt einer langen Stufenfolge von Umwandlungsprodukten der 
Eiweißstoffe darstellen und eisenfrei sein, aber mit eisenhaltigem Farbstoff zu¬ 
sammen, z. B. in Melanosarkoinen, Vorkommen können. 

Hueck charakterisiert das Melanin als ein Pigment, welches die Silberlösung 
reduziert und in heißem Alkohol und Chloroform unverändert bleibt. 

Früher rechnete man das Malariapigment ebenfalls zu den Melaninen. Doch 
nach Ziernann (1917) und Seyfarth (1921) wird es nicht mehr als Melanin, sondern 
als Hämatin aufgefaßt und vom Hämoglobin abgeleitet. Es enthält ziemlich reich¬ 
lich Eisen, gibt aber, da das Eisen organisch gebunden, keine Berlinerblaureaktion. 
Das Malariapigment ist in Äther, Chloroform und zunächst auch in Alkohol un¬ 
löslich, ebenso in Säuren, dagegen leicht löslich in Alkalien, z. B. Ammonium¬ 
sulfat, in denen es einen grünlichen Farl)cnton gewinnt. 

..Hämatoidin“ nennt Hueck, indem er den Ausführungen Virchows folgt, ein 
Pigment, welches mit konzentrierten Mineralsäuren die Gallenfarbstoffreaktion gibt. 

Wenn sieh auch noch gewisse Übergänge zwischen einzelnen Pigment¬ 
arten feststellen lassen, so können doch die genannten 4 großen Gruppen: 



in den Milzen und Lebern gesunder und kranker Pferde. 119 

1. Hämosiderin, 

2. Bilirubin (Hämatoidin), 

3. Lipofuscin, 

4. Melanin 

durch bestimmte Reaktionen unterschieden werden. 

Eine große Rolle spielt dabei die Reaktion auf Eisen. Von verschie¬ 
denen Autoren sind gute, bewährte Methoden angegeben worden. Sie 
alle hier erläutern, hieße nur Gesagtes wiederholen oder oft Wiederholtes 
vermehren. Verfasser lag daran, mit den bestehenden Methoden Leber 
und Milz auf ihren Pigmentgehalt zu untersuchen und die beste Methode 
für diesen Zweck herauszufinden. Hierbei sei auf die ausführlichen 
Schriften von Tirmann , Schmelzer , Quincke , Perls, Sumita , Hall und 
Hueck hingewiesen, von denen letzterer besonders in seinen ,, Pigment - 
Studien“ (1912) die einzelnen Methoden einer kritischen Betrachtung 
unterzogen und vieles erklärt, vertieft und erweitert hat. 

Sind im vorstehenden Angaben über die allgemeinen Kenntnisse 
von den Pigmenten gegeben worden, so sollen im folgenden die in der 
Literatur zu findenden Mitteilungen über die Farbstoffe, die in der Milz 
und in der Leber der Pferde auftreten, gemacht werden. 

A. Pigment in den Milzen und Lebern gesunder Pferde« 

Beim Nachschlagen der Literatur über den Pigmentgehalt von Milz und Leber 
bei gesunden Pferden konnten nur Angaben allgemeiner Natur gefunden werden. 
Über Art des Pigmentes, Lagerung, Vorkommen bei jungen und alten Tieren ist 
in den einschlägigen Lehrbüchern der Histologie keine genaue Angabe zu finden. 
Dieser Mangel machte sich bemerkbar, als Untersuchungen über den Pigment¬ 
gehalt verschiedener Organe unter der Einwirkung gewisser Krankheiten an¬ 
gestellt werden sollten. Als deshalb Mrowka (1919) Untersuchungen über die 
infektiöse Blutarmut der Pferde ausftihren wollte, sah er sich zunächst gezwungen, 
die normale Histologie der Pferdemilz zu studieren. Er hat 10 Milzen gesunder 
geschlachteter Pferde histologisch untersucht. Diese zeigten makroskopisch auf 
der Schnittfläche eine dunkelbraunrote Farbe. Das mikroskopische Bild wurde 
von eisenhaltigem Pigment beherrscht, welches zum kleinsten Teil intracellulär 
hg und die verschiedensten Formen angenommen hatte. 

Bei der Beschreibung seiner Untersuchungen sind leider keine Angaben über 
das Alter der getöteten Pferde gemacht worden. Daß aber das Alter der Pferde 
für den Eisengehalt der Milz von Bedeutung ist, erhellt sowohl aus den Angaben 
Zaleskis, als auch aus den weiter unten beschriebenen eigenen Untersuchungen. 
Zakski berichtet: „Eine Ausnahme bildet vielleicht nur die Milz alter Pferde, in 
welcher die Eisenquantität noch größer ist, wie es Nasse nachgewiesen und auch 
meine Untersuchungen von blutfreier Pferdemilz bestätigt» haben.“ 

Die durchschnittliche Eisenquantität, die Zaleski für eine Pferdemilz mit 
ausgespülten Gefäßen erhalten hat, betrug 1,0374% der Trockensubstanz. Hueck 
berechnet das Lebereisen des Pferdes auf 0,068 bzw. 0,088 g auf 100 g Trocken¬ 
substanz. Nach Hueck haben die Meerschweinchen sehr reichlich Hämosiderin in der 
Milz. Im Alter nimmt die Menge des Hämosiderins zu, ebenso nach Mahlzeiten. 

Aus seinen Tierversuchen konnte er schließen, daß das Eisen einen integralen 
Bestandteil vieler Organe bildet, daß die makro(und mikro-)chemische Reaktion 



120 


R. Hock: Das Vorkommen von autogenem Pigment 


im allgemeinen niemals fehlt, daß man jedoch nur in einzelnen Fällen Ablagerungen 
beobachten kann, die eine ähnliche mikrochemische Eisenreaktion liefern, wie sie 
Nasse und Quincke beschreiben. Man sollte also annehmen, daß das Eisen in den 
Organen sich in zwei Formen befindet — als Verbindung, die das Gewebe homogen 
und in seiner ganzen Masse durchdringt, oder aber in Gestalt von besonderen 
Ablagerungen. Vielleicht ist diese letztere Form infolge einer Krankheit, z. B. 
Anaemia perniciosa, entstanden. Möglich wäre es auch, daß neben den Ablage¬ 
rungen mit spezieller Eisenreaktion auf einem und demselben Präparate auch 
eine diffuse Eisenreaktion des übrigen Gewebes vorkommt, die jedoch unter dem 
Mikroskop, wie in unserem Fall, nicht zu sehen ist. 

Zeinert (1920) berichtet, daß er bei druckatrophischen Lebern von Pferden 
stets eine große Menge von Lipofuscin in den Leberzellen gefunden habe. Außer¬ 
dem fand er noch Hämosiderin und Gallenpigment. Das Hämosiderin bevorzugte 
die Peripherie des Acinus, und beide Pigmente lagen vorzugsweise in den Capillar- 
endothelien und Kupf /ersehen Sternzellen. Bei 34 Lebern fand er 15 mal eine 
positive Eisenreaktion. Das Pigment, welches weder die Gwelins ehe noch Eisen- 
reaktion gab, hatte sich vornehmlich in den der Zentralvene benachbarten Zellen 
abgelagert. In konzentrierter Schwefelsäure und Kalilauge war es unlöslich. Im 
allgemeinen wirkte Alkohol absolutus am schwächsten. In Äther und heißem 
Chloroform löste sich auch ein großer Teil des wenig oder gar nicht sudanophilen Pig¬ 
mentes auf. Nach mehrstündiger Behandlung mit Xylol war das Pigment auch 
in stark pigmentierten Lebern in vielen Fällen fast gänzlich gelöst , nur in wenigen 
Zellen waren noch einige Körnchen mit Sudan färbbar. Doch kommen auch 
öfters Fälle vor, in denen die Lösung sehr unvollständig war. Mit Silbernitrat trat 
nach 24stündiger Einwirkung oft Bräunung des Pigmentes ein. Wasserstoff¬ 
superoxyd ließ deutlich braunes Pigment merklich heller werden. 

Mit der Sudanfärbung erzielte er keine einheitlichen Resultate. — Neutralrot 
ergab stets deutliche Rotfärbung. Mit Nil blau wurden nur Mischtöne erhalten. 
Zeinert kommt zum Schlüsse, daß das von ihm beschriebene Pigment in den Leber¬ 
zellen dem „Lipofuscin“ Huecks sehr nahe stehe, und daß um so mehr Pigment 
vorhanden sei, in je schlechterem Nährzustande sich das Tier befindet. 

Imbarsch (1921) hat gefunden, daß bei jüngeren gesunden Ratten und Ka¬ 
ninchen, auch Hunden, überhaupt kein mikrochemisch nachweisbares Eisen in 
den Organen vorhanden ist, ebenso beim Rindvieh, daß dagegen bei Pferden in 
den Sternzellen der Leber und im Milz- und Knochenmarkreticulum öfters Eisen 
gefunden wird (es kamen jedoch nur alte Schlachttiere zur Untersuchung). 

Eigene Untersuchungen, 

a) Technik. 

Die Untersuchung war eine mikrochemische. Zwecks Ausführung derselben 
wurden lebenswarme Lebern und Milzen von 23 frisch geschlachteten Pferden 
verwandt. 

Zunächst galt es, die besten Fixierungs- und Färbungsmethoden für die zu 
bearbeitenden Organe herauszufinden und diese miteinander und mit den Unter¬ 
suchungen an frischem, nicht fixiertem Material zu vergleichen. Als erstes wurden 
Zupfpräparate angefertigt. L*nter dem Deckglase 'wurden Säuren, Alkalien, Alkohol 
und Äther durchgesogen, um Beständigkeit oder Auflösung eines Pigmentes nach¬ 
zuprüfen und eventuelle Farbenreaktionen hervorzurufen. 

Dann wurden Gefrierschnitte von frischem Material hergestellt. Hierbei 
konnte das Augenmerk auf Aussehen und Lagerungen des Pigmentes gerichtet 
werden. Um Hämosiderin nachzuweisen, wurden die Schwefelammoniummethode 
von Quincke und die Berlinerblaureaktion nach Perls und Sumita angewandt. 



in den Milzen und Lebern gesunder und kranker Pferde. 


121 


Der Nachweis von Hämatoidin bzw. Bilirubin geschah mit konzentrierter Schwefel¬ 
säure. Zugleich konnte etwa vorhandenes Lipochrom mit Schwefelsäure blaugefärbt 
und damit als solches identifiziert werden. Das fetthaltige Abnutzungspigment 
oder Lipofuscin charakterisierte sich bei Anwendung von Neutralrot, Scharlachrot, 
Sudan III, Nilblausulfat und Eisenhämatoxylin nach Heidenhain . Ferner geschah 
die Prüfung mit konzentriertem Alkohol, Xylol und Chloroform, Säuren und Alkalien. 

Die Reaktion auf Melanin bestand in der Einwirkung von 1—2proz. Silber- 
nitratlösung auf den frischen, unfixierten Schnitt bei Sonnenlicht. 

Bei der Gewinnung des Materials wurden außerdem V 2 —1 cm große Würfel 
io Fixierungsflüssigkeit eingelegt, und zwar in Formalin (8%) und Alkohol (96%). 
(Sublimat eignet sich nicht.) Die Methode nach Hall wurde zur Bestimmung des 
Eisengehaltes ebenfalls herangezogen. Zwecks Ausführung derselben wurden die 
Stücke in die von Hall vorgeschriebene Mischung gebracht (siehe Schmort). 

Ein Teil des fixierten Materials wurde in Paraffin eingebettet, ein anderer 
auf dem Gefriermikrotom geschnitten. Schnitte von 4—5 bzw. 5—10 Mikro¬ 
millimeter gelangen. (Das Schneiden von sehr bluthaltigen Milzen auf dem Gefrier¬ 
mikrotom und das spätere Färben dieser Schnitte ist sehr schwierig.) 

Nun konnten die an dem fixierten Material gewonnenen Resultate mit den 
übrigen Ergebnissen verglichen Werden. Bemerkt sei noch, daß dieselben Reak¬ 
tionen wie am unfixierten Material ausgeführt wurden, daß aber als fünfte Eisen¬ 
reaktion die nach Tirmann und Schmelzer , modifiziert nach Hueck , hinzukam. 
Die Gefrierschnitte wurden teils die Alkoholreihe hinaufgeführt und in venetiani- 
schem Terpentin eingebettet, teils wurden sie nach dem Färben in Glycerin ein¬ 
gelegt. Das Ergebnis dieser umfangreichen Vorarbeiten war, daß festgestellt 
werden konnte, daß kein wesentlicher Unterschied zwischen nichtfixiertern und 
filiertem Material bestand. Beim fixierten Material erschien das mit Formalin 
behandelte als das brauchbarere, weil hier keine Schrumpfungen nachzuweisen 
waren. Da sich ferner das Material mit dem Gefriermikrotom gut schneiden ließ 
(5—10 Mikromillimeter) und sich bei nachträglicher Färbung die Einzelheiten 
besser zeigten als am nichtfixierten ausgefrorenen Schnitt, wurde das ganze für 
die Untersuchungen benötigte Material in 8proz. Formalinlösung fixiert, 24 Stun¬ 
den gewässert und mit dem Gefriermikrotom geschnitten. Diese Einrichtung 
ermöglichte ein flottes und doch genaues Arbeiten. Niederschläge konnten bei 
Formalinfixierung nur dann beobachtet werden, wenn das Material längere Zeit 
in lproz. Formalin aufbewahrt war. Bei Alkoholfixierung traten jedoch des 
öfteren Niederschläge auf. Dieser Übelstand zusammen mit der schrumpfenden 
Wirkung des Alkohols brachte die Gefahr mit sich, daß die Niederschläge Ver¬ 
anlassung zu Verwechselungen geben konnten. Außerdem war die Erhaltung der 
roten Blutkörperchen eine bedeutend bessere als bei der Anwendung hoch¬ 
konzentrierten Alkohols. 

Zum Nachweis des Eisens erwies sich die Methode nach Perls mit der Ab¬ 
änderung nach Sumita als die geeignetste, wenn auch mit den anderen angeführten 
Reaktionen mit Ausnahme der Stolznerschen dieselben guten Resultate erzielt 
wurden. Daß dabei Eisen in Lösung ging, zeigte die Blaufärbung der Salzsäure. 
Konzentrierte Schwefelsäure diente zum Nachweis des Hämatoidins bzw. des 
Gallenfarbstoffes und des Lipochroms. 

Die Feststellung des fetthaltigen Abnutzungspigmentes (Lipofuscin) geschah 
mittels einer konzentrierten wässerigen Lösung von Nilblausulfat. Da dieses die 
Eigenschaft besitzt, das Neutralfett rot zu färben, war seine Anwendung in 
doppelter Beziehung angenehm. Bei mikroskopischer Betrachtung mit Tageslicht 
trat das Lipofuscin in Gestalt blaugefärbter Körner hervor. Bei künstlichem 
Licht konnte öfters ein grünlicher Farbenton wahrgenommen werden. 



122 


R. Hock: Das Vorkommen von autogenem Pigment 


Eine gute Färbung ergab auch das Neutralrot. Mit Sudan III fielen die 
Resultate nicht einheitlich aus, d. h. das Pigment trat bedeutend deutlicher in 
Erscheinung als in einem einfachen Hämatoxinpräpar&t. Aber die Farbe war 
nur an einzelnen Stellen eine leuchtend rote, im allgemeinen waren die Körner 
gelblichbraun. 

Für Carboifuchsin (siehe Escher) bestand keine Affinität. 

Die Reaktion auf Melanin bestand außer in der Prüfung seiner Löslichkeit 
in der Anwendung 1—2proz. Silbemitratlösung. Es sei jedoch erwähnt, daß 
Melanin nie ermittelt wurde. 

Um allgemeine Strukturbilder der zu untersuchenden Organe zu erhalten, 
wurden außer den bezeichneten Reaktionen noch Färbungen mit Hämatoxyiin- 
Eosin und nach r. Oieson ausgeführt, und die Präparate in venetianischem Ter¬ 
pentin eingebettet. 

b) Eigene Ergebnisse. 

1 . Milz . 

Das Alter der Pferde, denen die zu untersuchenden Organe ent¬ 
nommen waren, schwankte zwischen 1 / 2 und 18 Jahren. Der Nähr¬ 
zustand der Pferde war mittel bis sehr gut. 

Das makroskopische Aussehen der Milzen entspricht ganz ihrem 
Alter. Bei älteren Pferden ist die Kapsel dicker als bei jüngeren Pferden. 
Auf dem Schnitt ist das Balkenwerk bei allen Milzen entbluteter Pferde 
deutlich erkennbar; bei alten Tieren hat es etwas an Menge zugenom¬ 
men. Die Schnittfläche ist uneben, und zwar dadurch, daß die Pulpa 
zwischen den Trabekeln zurücksinkt. Die Lymphkörperehen sind bei 
älteren Tieren kaum noch zu erblicken. Alle Milzen (bis auf zwei kar- 
moisinrote) besitzen eine sepiabraune Farbe und eine derbe Konsistenz, 
welch letztere sich mit der Höhe des Alters etwas vermehrt. 

Auf dem Gefriermikrotom läßt sich das Milzgewebe gut schneiden 
und kann in 5 — 10 jti dünne Scheiben zerlegt werden. In Schwefel¬ 
ammonium gebracht, beginnt schon nach durchschnittlich l / 2 Minute 
eine Grünfärbung, die nach kurzer Zeit einen schwarzgrünen Ton an¬ 
nimmt. Der Schnitt erscheint dann gefeldert, indem das grau gebliebene 
nichtgefärbte Trabekel werk die Grenzen der einzelnen Felder bildet . 
Die übrigen angegebenen Reagenzien auf Eisen ergeben die Reaktionen 
in gleichem Maße. Dabei lassen sich Schattierungen von den schwäch¬ 
sten Tönen bis zum tiefen Dunkelblau antreffen. Die Nachfärbung der 
Schnitte mit Alauncarmin 20 Minuten lang und darüber gewährt einen 
überraschenden Anblick und einen schönen Kontrast zwischen dem 
blauen eisenhaltigen Pigment und den rotgefärbten Zellkernen. Bei 
der Einwirkung konzentrierter Mineralsäuren verschwindet das Hämo¬ 
siderin. 

Betrachtet man die Schnitte, welche sehr viel Eisen enthalten, mit 
schwacher Vergrößerung, dann läßt sich erkennen, daß immer nur zwei 
Stellen von Eisen frei sind, nämlich die Lymphknötchen mit den Mark¬ 
strängen und die Trabekel. Bei letzteren muß allerdings eine kleine 



in den Milzen und Lebern gesunder und kranker Pferde. 123 

Einschränkung insofern gemacht werden, als sich in der Wand der in 
den Trabekeln verlaufenden größeren Gefäßen ebenfalls Eisen nach- 
weisen läßt. 

Will man sich ein Bild über die Lymphapparate in der Pferdemilz 
machen , dann braucht man nur eine Eisenreaktion auszuführen, um die¬ 
selben deutlich hervortreten zu lassen. 

Was die Menge des eisenhaltigen Pigments bei alten Pferden in der 
Milz betrifft, so überrascht die intensive Eisenablagerung und die da¬ 
durch bewirkte Intensität der Eisenreaktion. Die Resultate von Zaleski 
und Mrowka können nur bestätigt werden. Von 19 über 6 Jahre alten 
Pferden zeigten die Milzen von 15 Pferden einen völlig übereinstimmenden 
sehr starken GehaU an eisenhaltigem Farbstoff. Von den 4 Milzen mit 
weniger Eisen gehörten 2 zwei weiblichen Füchsen an (Nr. 11 und 16 der 
Tabelle); diese Milzen besaßen makroskopisch eine karmoisinrote Farbe. 
2 Milzen stammten von 2 braunen Wallachen (Nr. 17 und 20 der Tabelle), 
diese Organe ließen makroskopisch keine Veränderungen erkennen. 

4 Milzen wurden Pferden entnommen, welche 7 a , ®/ 4 , 3 und 4 Jahre 
alt waren. Bezeichnet man einen sehr starken Eisengehalt mit 4 Kreuzen 
( + + + + ) und einen geringeren Gehalt mit einer entsprechend gerin¬ 
geren Anzahl von Kreuzen, dann würde sich die Menge des eisenhaltigen 
Pigmentes bei den Milzen dieser 4 Pferde in Kreuzen ausgedrückt fol¬ 
gendermaßen darstellen: 

Das V 2 Jahr alte Pferd zeigte einen Eisengehalt der Milz von +. 

Das */ 4 Jahr alte Pferd zeigte einen Eisengehalt der Milz von -f. 

Das 3 Jahre alte Pferd zeigte einen Eisengehalt der Milz von + +. 

Das 4 Jahre alte Pferd zeigte einen Eisengehalt der Milz von -f + +. 

Aus dieser Darstellung geht deutlich hervor, daß der Eisengehalt der 
Müzen der Pferde mit ihrem Alter wächst. Die Milz eines 5 jährigen 
Pferdes konnte leider nicht beigebracht werden. Pferde über 6 Jahre 
besitzen bereits einen Milzeisengehalt, welcher mit + -f + + auszu¬ 
drücken ist. 

Über die Menge des eisenhaltigen Pigmentes gibt am besten die 
Abbildung 1 Auskunft. Aus ihr geht hervor, daß sämtliche Zellen in 
der Milz außer den Lymphzellen Eisen enthalten. 

Mit einem stärkeren System betrachtet, erweist sich das eisenhaltige 
Pigment, dessen Farbe zwischen kornblumenblau und tiefblau schwankt, 
innerhalb und außerhalb der Zellen liegend. Es tritt in Form von 
Körnern und Schollen verschiedenster Größe auf. Oft erscheint es zu 
größeren Komplexen verklumpt, dann wieder hat es die Form einer 
Zelle, an welcher man einen vielgestaltigen Kern und einen Proto¬ 
plasmasaum unterscheiden zu können glaubt. Bei Anwendungen von 
Lithioncarmin läßt sich mit Sicherheit feststellen, daß sich ein großer 
Teil des Eisens innerhalb der Zellen befindet. Letztere enthalten häufig 




R. : Du* Vorkommen «tfi aufug»-‘i'"n .Pigment 


gaUSe rote ßhitkörtK'rehesv durch rrelöhe 


dark Attfjgc^fehat 

Sinti 4M Blrtt kwpcrch<?n iuijttrnfnenge^intoVt, daori. efttliäJt <W Zttlltdi 


gefblichbritUnliche Körner und Bröekek'ben vorj eckiger Gest» Ir. in 
tfon Mi Isen. Wtdesfe; Weit iger ent hu Iterf. i?»t die P«n» des I%u\enit* 

etwa die gleiche 


gröffen Brocken' Auf. Die Lage¬ 
rung beschränkt sieh auch lue! nnf die Teile z»viseheii den Tiubekeliv 


mzmi 


Trabfkt! 


F/dtikf* 


i'tyfft* v».t 


FoUiM 


und Majjjughkchen. ' 0i> ttie ü 

gehaft erkerinen faskeu, *i»>4s&hr ver-udnetfeti. Kv«wt‘<f^jr 7 f>« ist'4er Kerru 
u eichei die Eiscnreakuon wd.gi!■'.. oder es handelt sieh um fdiagbeytrti 
;*0fut tv.iuniefie Ei-<-i.j..Dilu i- h-n, 

In den nuüefiHbDo« Pt Vä n-n tritt <lEignteM U'i Form briiwn- 
iinhgöfber Iviniei umi N ieiüen >u«f die eneli in SihTiiiien, Welche mn 

' Otiur>üeru:niin, Otför ' ‘ßöfilfd mo 

•7«, *11,7 gebirbt sind'. de<itüg& h-*i ..Mtceieu 

Ein andere', pän»w*»i daher •len, eisenhaltigen konnte in der PferUv- 
Hiilz flivbi Uürl.-r v. veevdvl!. 


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in <i«n Uil/o.i Und Lohern •«osunihn' ihm! kranker Fferile- 125 

■ 'i. Mm, ^ \A.'/ 

Beider EntfvÄiim»? ries Ltiborniatt'rüii.s wurde dfttatif geachtet. daß 
das Material aus derrt linken Lelierlii|i[ien wegen des häufigen Atro 
pJilVrfctifc d«s recht«« «ntiurjnmen yfiifdei.'4b .'ded; ' Jjejtfcttn .ge- 
mteten-Pferde Waren 3 Arten vO'.i Pigmenten ?,u unterscheiden i 

I. HäsTioshilerin. 

1' Lipnhisciii. 

3. Bilirubin. 






HTh r* * vlr : r- - 


/ • vo ' 


ätea; 




Oer eiseuhftttigt’ Farbstoff befand s»tVji tilivinnerhftiti cler i^berzpUeri. 
Die Ahlrtgeriutgsstfttlet) bildeten Xcdlen in den < ‘«niltowi. die Opilhu- 



t-ojemßes Oe «rieht beigelegtwerden. 


•w’- *r \* -u Viy . «V 


Abbildung 2 stellt einen Fall dar. 

Ei'eus auf die Capübi.retulnthtdipn tif^clinuda. Diese bnin-u mvu läns 
liehe, ballt eirunde. ••äterntöttmge Oest/dti Ilir C%Äblbi4AW;:K^WfetL, 
verschieden erbbeu Kornern ist ein w/chst-lndia:; Sie -hst mir rCriiniet.- 
Ateri und Körnchen, die als Voll-nbd 'i|^^|:eikdrn^;;ÄnÖ^^.u n?)d die 
Ki«enn:Hktion zeigen ~ di« d'afel ist napli einem HAtn.-itnxv tii: pi*oant 



126 


R. Hock: Das Vorkommen von autogenem Pigment 


angefertigt —, oft so vollgepfropft, daß häufig der Zellkern verdeckt 
wird. Ist die Eisenmenge eine größere, dann zeigen sich auch siderofere 
Zellen in den Capillargefäßen, die den Charakter von Leukocvten haben. 
Sie sind mono- oder polymorphkernig, besitzen oft eine bedeutende 
Größe und können das Eisen in diffus verteilter Form oder aber in der Art 
kleinerer oder größerer Körner enthalten. Sie zeigen mit den früher 
beschriebenen eisenhaltigen Zellen in der Milz eine große Ähnlichkeit 
und liegen zum Teil so dicht, daß sie die Haargefäße vollständig aus¬ 
füllen und erweitern. Ferner tritt das Eisen auch in kleinen runden oder 
länglichen Häufchen im interlobulären Gewebe in der Nähe größerer 
Gefäße auf (Lymphscheiden ?). 

In den Leberzellen selbst läßt sich auch ein Pigment feststellen, 
welches jedoch die Eisenreaktion nicht gibt. Es erscheint in feinen 
Körnchen, die in den Epithelien eine zentrale Lage mit reihenförmiger 
Aufstellung einnehmen. Ungefärbt besitzt dieses Pigment ein bräunlich 
gelbes Aussehen und könnte, was die Farbe betrifft, ohne spezifische 
Reaktion von dem eisenhaltigen Farbstoff nicht unterschieden werden. 
Mit Neutralrot, Eisenhämatoxylin nach Heidenhain und Nilblausulfat 
läßt es sich färben. Die Färbung mit Sudan III ergibt keine einwand¬ 
freien Resultate. Hier sei auch erwähnt, daß bei der Anwendung von 
Neutralrot und Nilblausulfat das unfixierte Material vorzuziehen ist. 
Gegen Säuren und Alkalien ist dieser Farbstoff refraktär; Alkohol, Äther 
und Chloroform wirken alytisch, nur warmes Chloroform (58° C) vermag 
nach einigen Tagen ein allmähliches Verschwinden herbeizuführen. Infolge 
des geschilderten Ausfalls der angeführten Reaktionen ist dieses Pigment 
in die Reihe der fetthaltigen Abnutzungspigmente (Lipofuscin) zu stellen. 

Dieses Lipofuscin zeigt sich sowohl bei jüngeren als auch bei älteren 
Pferden. Eine Ursache für sein Auftreten ist histologisch nicht zu erkennen. 
Seine Anhäufung ist eine schwache bis mittelstarke; es zeichnet sich durch 
seine feine, fast gleichmäßige Granulierung aus. Ist seine Menge nur gering, 
dann liegt es gewöhnlich in den der Zentralvene benachbarten Zellen: 
nimmt die Menge zu, dann sind die Zellbalken gleichmäßig bestreut. 

Makroskopisch lassen sich an diesen Lebern keine Veränderungen 
nach weisen. 

Ferner wurde noch ein anderes Pigment gefunden, welches sowohl 
im Bindegewebe, als auch innerhalb der Leberzellen liegt, aber nicht im 
ganzen Lobulus zerstreut ist, sondern sich auf die zentral im Azinus und 
die dicht unter der Glisson sehen Kapsel gelegenen Zellen beschränkt 
und in Form unregelmäßiger, drüsiger Massen auf tritt. Es reagiert mit 
Ferrocyankalisalzsäure nicht auf Eisengehalt. Auch gibt es nicht die 
Reaktionen wie das Lipofuscin. Seine Farbe ist eine hellgelbe. Es nimmt 
ebenfalls den mittleren Teil der Leberzellen ein, bildet aber kleine Häuf¬ 
chen. Mit konzentrierter Schwefelsäure gibt es eine Farbenreaktion, d. h. 



in «len Milzen und Lebern gesunder nnd kranker Pferde. 127 

«las Gelb geht in ein rasch verschwindendes Rot über, um über Orange bei 
einem schmutzigen Grün stehen zu bleiben. Infolge des positiven Ausfalls 
dieser Farbenreaktion ( Ginelin ) ist dieses Pigment als Bilirubin anzuspre¬ 
chen. Bei den 23 untersuchten Pferden konnte es 3 mal ermittelt werden. 

Ergebnis. 

Fassen wir die Ergebnisse kurz zusammen, dann darf gefolgert werden: 

1. In der Milz der Pferde tritt eisenhaltiges Pigment auf, und zwar 
bei Tieren über 6 Jahre viel, bei jüngeren wenig. 

2. Die Leber der Pferde kann dreierlei Pigment erhalten: 

a) Hämosiderin, besonders bei Pferden über 13 Jahre. 

b) Lipofuscin; das Alter spielt dabei keine besondere Rolle. 

c) Bilirubin. 

3. Innerhalb der Leberzellen war in keinem Falle Eisen nachzuweisen. 

4. Infolgedessen muß ein Zustand, bei welchem Eisen innerhalb der 
Leberzellen auftritt, als pathologisch bezeichnet werden. 

Sehlnßbetraehtnng. 

Mrowka (1920) hat himbeerfarbene Milzen bei Pferden, welche an 
der ansteckenden Blutarmut litten, gefunden, und ist zu der Ansicht 
gekommen, daß die angegebene Farbe durch den Verlust von eisenhal¬ 
tigem Pigment verursacht sei. Die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung 
kann hier nicht bestätigt werden. Die beiden braunen Wallache Nr. 17 
nnd 20 der Tabelle besaßen Milzen mit dem makroskopischen Aussehen 
wie die der übrigen Pferde, trotzdem ihr Eisengehalt ganz erheblich 
herabgesetzt war. Also kann es nicht das Hämosiderin sein, welches die 
Farbe der Milz bedingt. (Die rote Farbe wird vielmehr durch den großen 
Reichtum an roten Blutkörperchen zusammen mit anderen Umständen 
[Vermehrung des lymphatischen Gewebes] bei den genannten Krank¬ 
heitszuständen der Pferde hervorgerufen.) 

Hueck (1912) machte bei der Untersuchung von Därmen eine ähn¬ 
liche Beobachtung. Bei der quantitativen chemischen Analyse konnte 
er nachweisen, daß intensiv braun pigmentierte Därme nicht die ge¬ 
ringste Menge Eisen mehr enthielten als nicht pigmentierte. Die Farbe 
einzelner Gewebe ist eben durch einen Farbstoff bedingt, welcher ganz 
gleichmäßig im Protoplasma der Zellen gelöst ist und nur mit chemischen 
Methoden nachgewiesen werden kann. 

Der Eisengehalt eines Organes kann erst von einer gewissen Grenze 
ab mikrochemisch festgestellt werden, z. B. das Lebereisen, chemisch¬ 
analytisch dargestellt, tritt mikrochemisch erst bei einem Gehalte von 
über 50 mg auf 100 g Trockensubstanz in Erscheinung. 

Es soll aber auch auf einen Zusammenhang zwischen Milz- und 
Lebereisen hingewiesen sein. Die Milzvene ergießt bekanntlich ihr Blut 
in die Pfortader. Was wäre da wahrscheinlicher, als daß auch der eisen- 



128 


R. Ilock: Das Vorkommen von autogenem Pigment 


haltige Farbstoff oder die mit Farbstoff beladenen Zellen mit dem Milz- 
venenblute in die Leber gelangen und dort festgehalten werden! Zum 
Beweise mögen die beiden angeführten himbeerfarbigen Milzen Nr. 11 
und 16 der Tabelle dienen. Ihr Eisengehalt ist mit + + und + bezeich¬ 
net, also schwach und spärlich. In den zugehörigen Lebern findet sich 
eine Eisenmenge vor, die in dem einen Falle mit -f + + + und in dem 
andern mit + + + vermerkt ist. -|—|—|—J- soll heißen, sämtliche Capil- 
larendothelien und Kupffer sehen Stemzellen, die Capillaren selbst und 
das extralobuläre Gewebe enthalten das Eisenpigment, während bei 
4- + + der Eisengehalt etwas geringer ist. Da in den meisten Fällen —- 
die beiden braunen Wallache 17 und 20 hatten bei einem geringen Eisen¬ 
gehalt der Milz gar kein Eisen in der Leber — der Eisengehalt ein sehr 
erheblicher war, so darf wohl geschlossen werden, daß bei Zunahme des 
Lebereisens und Verringerung des Milzeisens das eisenhaltige Pigment 
in der Leber aus der Milz stammt. 

Hier sei auch die Mitteilung Malasaez’ und Pikards (zit. nach Stahel, 1881) 
angeführt, daß nämlich der Gehalt des Milzvenenblutes an Blutkörper¬ 
chen bei Durchschneidung der Milznerven steigt. Der Eisengehalt der 
gelähmten Milz ist geringer, trotz der größeren Zahl von Blutkörperchen. 

Es erscheint dieser Befund für die ansteckende Blutarmut der 
Pferde in bezug auf den Eisengehalt von Milz und Leber von gewisser 
Bedeutung zu sein, zumal Stahel auch feststellte, daß er den größten 
Eisengehalt in der Leber eines an Anämie Verstorbenen fand. Die Leber 
dieses Anämischen enthielt 6 mal mehr Eisen als die Milz. 

Es sei auch auf die 4 Fälle: 10, 15, 22 und 23 hingewiesen, wo in 
Milz und Leber gleich große Mengen von Hämosiderin auftraten. Be¬ 
merkenswert ist, daß das Hämosiderin niemals in den Leberepithelien 
selbst und in den Lymphknötchen der Milz gesehen wurde; es lag immer 
nur in den mesenchymalen Anteilen der Leber. Eine ähnliche Beobach¬ 
tung hat Pick bei der Untersuchung des Darmes (Kolon) gemacht. Er 
fand das dunkelbraune bis schwarze Pigment ausschließlich in der binde¬ 
gewebigen Tunica propria der Schleimhaut; Epithelien und Lymph¬ 
knötchen waren frei. Das epitheliale Gewebe weicht also in seinem Ver¬ 
halten dem eisenhaltigen Pigment gegenüber ganz weit von dem des 
mesodermalen Anteiles ab. Daß die Lymphocyten, denen doch, ähnlich 
wie den polymorphkernigen Leukocyten, phagocytäre Eigenschaften nach¬ 
gesagt werden, kein Hämosiderin enthalten, liegt wohl daran, daß in 
dem Beticulum der Malpighischen Körperchen keine roten Blutkörper¬ 
chen auftreten, also auch keine zugrunde gehen und zur Aufnahme ihres 
eisenhaltigen Farbstoffes Veranlassung geben können. Andererseits ist 
dieser Umstand ein neuer Beweis für die hämoglobinogene Natur des 
Hämosiderins. Ferner sei bemerkt, daß trotz Nichtvorkommens freier 
roter Blutkörperchen innerhalb der Lymphknötchen der Milz der Färb- 



in den Milzen und Lebern gesunder und kranker Pferde. 


129 


stoff in gelöster Form mit dem Säftestrom (Lymphstrom) in die Knöt¬ 
chen und zu den Lymphzellen gelangen könnte, um dann in körniger 
Form ausznfallen. Das tritt aber nie ein. Deshalb muß geschlossen 
werden, daß gewisse Zellen der Stützsubstanzreihe rote Blutkörperchen — 
wohl die erschöpften — aufnehmen und abbauen. Ein extracellulärer 
Abbau der roten Blutkörperchen wäre auch so denkbar, daß die Milz 
Blutkörperchen zerstörende Stoffe liefert. Die eisenhaltigen Körner, 
welche außerhalb der Zellen liegen, sind sicherlich infolge Zugrunde¬ 
gehens der Wirtszelle frei geworden. Haben dann diese freien eisen¬ 
haltigen Körner infolge allzu großer Inanspruchnahme der siderophilen 
Milzzellen — es sind das besonders die großen endothelialen Elemente, 
welche rote Blutkörperchen fressen und verarbeiten — Gelegenheit, 
mit dem Blutstrom in die Lebercapillaren zu gelangen, so werden sie von 
den dortigen Torwächtern mesodermalen Ursprunges, den Endothelien 
und Kupfferschen Sternzellen, empfangen und aufgenommen, um ein Ein¬ 
dringen von schädlichen Substanzen in die Leberzellen zu verhüten. Ist aber 
einmal eisenhaltiges Pigment außerhalb der Blutgefäße gelangt, dann kann 
es mit dem Lymphstrom in das periportale Gewebe verschleppt werden. 

Quincke (1880) hat Versuche an Hunden angestellt, um zu erforschen, 
wohin das Eisen der in der Blutzirkulation zerfallenden roten Blutkörper¬ 
chen gelange. Zu diesem Zwecke führte er den Hunden eine größere Menge 
arteigenen Blutes intravenös ein. Bei der Ausführung der Eisenreaktion 
und mikroskopischen Untersuchung fand er dann einen sehr großen 
Eisengehalt der Milz, während sich in der Leber mit Ausnahme einesFalles 
nur einige eisenhaltige Körnchen in den Capillaren nach weisen ließen. 

Ja M. B. Schmidt (1917) behauptet sogar, daß die Kupffer sehen 
■Stemzellen nach Milzexstirpation das Amt der Milz, nämlich den Blut¬ 
abbau, übernehmen können. 

Derselbe (1914) ist der Meinung, daß die Beteiligung der Milz und 
Leber am Eisenstoffwechsel darin bestehe, daß die Leber als Speicher 
für frisch resorbiertes und für durch Abbau frei gewordenes Eisen, die 
Milz nur oder fast nur für letzteres dient. 

Die Blutkörperchen oder Fragmente derselben enthaltenden Zellen 
konnten ebenfalls in den Endverzweigungen der Pfortader beobachtet 
werden. 

Auf einen Widerspruch in den Ergebnissen Zeinerts und den vor¬ 
liegenden sei noch aufmerksam gemacht. Zeinert hat gefunden, daß sein 
Upofuscin in den Leberzellen nach mehrstündiger Behandlung mit Xylol 
auch in stark pigmentierten Lebern in vielen Fällen fast gänzlich gelöst 
wurde. Wie aber mitgeteilt ist, wurden bei der Ausführung der vor¬ 
liegenden Untersuchungen immer einige Präparate durch Alkohol und 
Xylol geführt und in venetianischem Terpentin (der Billigkeit halber) ein¬ 
gebettet. Trotz mehrstündigen Verweilens in Xylol konnte ein Verschwin- 

9 


Arch. f. Tierheilk. XLIX. 



130 


R. Ilock: Das Vorkommen von autogenem Pigment 


den des Lipofuscins nie konstatiert werden. Auch bei den Schnitten, die 
schon monatelang eingebettet liegen, hat sich das Lipofuscin gut erhalten. 


■| Alter 


u 

des 

Haarfarbe 

Milz 

i 

| 



O 


Pferdes 

und 

Leber 

Leber 

Leber 


2 

| in 

Geschlecht 

Eisen 

Eisen 

Lipofuscin 

Bilirubin 

o 


Jahren 






Jr 

1 . 

7, 

Schimmel, £ 

+ 

. 

+ 

. 

19. 

2 . 

3 

JA 

Rotschimmel, £ 

+ 


+ 


14. 

3. 

3 

Braun, cf 

4 + 

+ 

++ 

• 

20 . ! 

4. 

4 

Braun, cf 

+ + + 

+ 

+ -1 


15. 


5. 

6 

Rappe, j 

4- 1—1—h 

+ 

+ + + 

• 

10 . 


6 . 

12 

Braun, <5 


+ + 

+ + 

+ + 

1 . 


7. 

13 

j Rappe, t 

-4 4- 4- 4- 

+ 

+ 4 

• 

27. 


8 . 

15 

Rappe, 5 

■ -f- 4- 4- -4- 

• 

+ + 


6 . 


9. 

15 

Braun, £ 

++ + + 

+ 

+ + + + 

• 

8 . 


10 . 

15 

Braun, £ 

+++-t- 

' + + + 4 

+ 

• 

16. 


11 . 

15 

Fuchs, £ 

: 4-4- 

4-4-4-4- 

1 4-4- + 

* 

18. 

Milz him¬ 
beerfarbig 

12 . 

15 

, Schimmel, 3 

4- 4-4-4- 

• 

+ + 

+ 4- 

26. 


13. 

15 

I Rappe, 5 

: r 4-4- -f 

-L- 

+ + 


2 . 


14. 

15 

Braun, 

4- 4-4- 4- 

+ 4- 

4- 

• 

9. 


15. 

i 15 

Braun, £ 

-4 4-4-4- 

+ + 4 + 

, + + 

* 

11 . 


16. 

15 

Fuchs, £ 

4- 

+ 4 4- 

! + + + 

• 

13. 

Milz him¬ 
beerfarbig 

17. 

15 

: Braun, cf 

4- -4 

• 

+ + 

• 

1 17. 


18. 

15 

j Schimmel, cf 


; 

'+ + 

+ + 

23. 


19. 

15 

i Rappe, £ 

; 4 4 ! f 

! -f- 

4 + 

• 

24. 


20 . 

16 

1 Braun, cf 

' -4 -4 

• 

+ 

• 

12 . 

1 

21 . 

17 

Schimmel, 3 

4- 4- 4- 4- 

; -r- 

-i- -u 


3. 


22 . 

18 

Fuchs, £ 

-4 + 4-4- 

+ 4- + + 

+ 4 


4. 


23. 

' 18 

Braun, 3 

+ 4 + -4 

4 + + ! 

+ 4- + 

• 

7. 



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S. 1059. — Ribbert y H ., Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der allgemeinen 
pathologischen Anatomie. Leipzig 1905. — Robertson , O. H. 9 Über die hämo¬ 
lytische Wirksamkeit der Milz bei perniziöser Anämie. Arch. of internat. med. 
1915. Ref. Berl. klin. Wochenschr. 1916, Nr. 1, S. 17. — Salkowski , E ., Die Dar¬ 
stellung und einige Eigenschaften des pathologischen Melanins. Virchows Arch. 
f. pathol. Anat. u. Physiol. 221, Heft 2. 1920. — Schilling , Zur Morphologie, Bio¬ 
logie und Pathologie der v. Kupfferschen Sternzellen, besonders der menschlichen 
Leber. Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 100. 1909. — Schilling , Die 
angebliche Rolle der Stemzellen im Bilirubinstoffwechsel. Berl. klin. Wochenschr. 
1921, Nr. 31, S. 881. — Schmaus-Herxheimer y Grundriß der pathologischen Ana¬ 
tomie. Wiesbaden 1910. — Schmiedeberg y über die Elementarformeln einiger 
Eiweißkörper und über die Zusammensetzung und die Natur der Melanine. Arch. 
f. exp. Pathol. u. Pharmakol. SS. 1897. — Schneider , «7. P., Die Pathologie der 
Milz bei perniziöser Anämie und ähnlichen Erkrankungen. Arch. of internat med. 
Okt. 1915. Ref. Berl. klin. Wochenschr. 1916, Nr. 1, S. 17.—» Schneider , P., Ver¬ 
breitung und Bedeutung des Eisens im animalischen Organismus. — Humboldt , 
Verhandl. d. Dtsch. Naturf. u. Ärzte 21.—25. IX. 1891. 8, H. 9. — Schneider , P., 
über Eisenresorption in tierischen Organen und Geweben. Abhandl. d. Berl. 
Akad. d. Wissensch. 1888. — Schmidt , Jf. B., Milz und Leber in ihrer Be¬ 
deutung für den Blutabbau. Dtsch. med. Wochenschr. 1917, Nr. 15, S. 480. — 
Schmidt, M. B ., Eisenstoffwechsel und Blutbildung. Dtsch. med. Wochenschr. 
1914, Nr. 4, S. 205. — Schmidt , W. J., Zur Kenntnis der lipochromführenden 
Farbzellen in der Haut nach Untersuchungen an Salamandra maculosa. Dermatol. 
Zeitschr. 1918. — Schmorl , O., Die pathologisch-histologischen Untersuchungs¬ 
methoden. Leipzig 1918. — Scholz, Milzexstirpation bei perniziöser Anämie. 
Otsch. med. Wochenschr. 1921, Nr. 8, S. 212. — Schumm y Spektroskopisches 
Verhalten des Hämatoporphyrins. Berl. klin. Wochenschr. 1913, S. 1376. — 
Seyderhelm, Die Pathogenese der perniziösen Anämien. Dtsch. Arch. f. klin. Med. 
Itt, Heft 1 u. 2. 1918. — Seyfarth y Chemische Untersuchungen des Malaria¬ 

pigmentes. Berl. klin. Wochenschr. 1921, Nr. 21, S. 557. — Snapper , J. y Die Bildung 
von Porphyrinen im Darmkanal. Berl. klin. Wochenschr. 1916 u. 1921, Nr. 29, 
*•800 und Arch. f. Verdauungskrankh. 25. — Sohotta , J., Anatomie der Milz. 
Fischer, Jena 1914. — Stahel , H. y Der Eisengehalt in Leber und Milz nach ver¬ 
miedenen Krankheiten. Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 85, 26. 
1881. — Stein , P. 0., Über Pigmentbildung in melanotischen Hauttumoren. 
Wien. med. Wochenschr. 1913, Nr. 38. Ref. Berl. klin. Wochenschr. 1913, Nr. 47, 
S. 2199. — Stoelzner , W. y Eine einfache panoptische Methode des histologischen 
Eisennachweisea. Zentralbl. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat. 3t, Nr. 10. 1919. — 
Snmita, 3/., Zur Frage der Eisenreaktion kalkhaltiger Gewebe, insbesondere der 
Knochen. Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 200, 220. 1910. — Türk y W. y 
Oie Bedeutung der Milz bei anämischen Zuständen in bezug auf Pathogenese 
rnid Therapie. Dtsch. med. Wochenschr. 1914, Nr. 8, S. 371, 409. — Wiener , A., 
Beitrag zum mikrochemischen Nachweis des Eisens in der Pflanze, insbesondere 
des „maskierten“. Biochem. Zeitschr. 17, H. 1 u. 2, S. 27—50. 1916. Ref. Berl. 
klin. Wochenschr. 1916, Nr. 48, S. 1301. — Zeinert , S, y Über Abnutzungspigmente 
iLipofuscin) in einigen Organen des Pferdes. Inaug.-Diss. Berlin 1920. — Ziegler , E. % 
Allgemeine Pathologie. 10. Aufl. Jena 1901. — Zondek , Frühstadien krypto¬ 
genetischer perniziöser Anämien. Berl. klin. Wochenschr. 1921, Nr. 41, S. 1213. 



Bücherbesprechungen 


Krieg, Hans, Die Prinzipien der Streifenzeichnung bei den Säugetieren, 

abgeleitet aus Untersuchungen an den Einhufern. Heft 30 der Vortr. u. Aufs. 

über Entwicklungsmechanik der Organismen, herausgegeben von Wilh. Roux. 

Berlin, Julius Springer, 1922. 

Einleitend weist der Verf. auf die prinzipielle Gleichartigkeit aller bei Ein¬ 
hufern vorkommenden Streifungen hin, auch auf deren Auftreten bei Hauspferden 
und Fohlen. Die Pigmentierungen des Haarkleides, nicht Allein der Equiden, 
sondern auch anderer Säugerfamilien, treten in gewiesen Zentren als Prädilektions¬ 
stellen der Pigmentierung oder als Pigment reservate auf. Die Anordnung pigmen¬ 
tierter Haarzonen in Streifen lenkt auf die Annahme einer gleichartigen Dynamik 
in der Entwicklung der Streifung hin, die mit dem Verlauf gewisser Spannungs- 
(Zug- und Druck-) richtungen in der Haut und den sich gelegentlich ausprägenden 
Faltungen weitgehende Ähnlichkeit aufweisen. Die Streifung — und wahrschein¬ 
lich auch die Fleckung — ist daher als eine korrelative Begleiterscheinung ver¬ 
schiedener Wachstums- oder EntwicklungsVorgänge aufzufassen. Diese führen 
dann auch zu den verschiedenen Zuständen scheinbarer Streifenreduktion bis zur 
Einfarbigkeit oder gar Farblosigkeit des Haarkleides. Der Pignientanordnung 
brauchen demnach nicht verschiedenartige, spezifische Erbeinheiten oder Erb¬ 
faktoren oder gar eine ganze Gruppe solcher Erbfaktoren für „Streifung“ bzw. 
für „spezifische Pigmentanordnung“ zugrunde zu liegen; die Art der Pigment¬ 
anordnung wird durch andere Erbanlagen bestimmt; sie ist die Folge oder Begleit¬ 
erscheinung einer bestimmten Korrelation mehrerer Entwicklungsvorgänge. 

Die Berechtigung der vielfach hypothetischen Ausführungen und auch die 
Zweckmäßigkeit der Schlüsse des Verf. zugegeben, bleibt doch noch manches 
durch besondere Untersuchungen zu prüfen, um das Problem der Pigment&n- 
ordnung und ihrer Erblichkeit vollkommen zu lösen. Sonntnbrodi . 

Renz, Franz, Die Zuehtkuh mit besonderer Berücksichtigung der Milchnutzung. 

Heft 7 der Weihenstephaner Schriftensammlung für praktische Landwirt¬ 
schaft, herausgegeben von Prof. Dr. H. Raum, Freising-München, Dr. F. D. 

Datterer & Cie. 

Die Schrift bildet das Gegenstück zu Heft 2 der Sammlung „Der Zuchtbulle“ 
von Prof. Dr. Spann. Die Beschreibung des Äußeren der Zuchtkuh in der Milch-, 
Fleisch- und Arbeitsform ist ganz auf die praktischen Bedürfnisse des Züchters 
zugeschnitten und setzt daher die Kenntnis der Beurteilungslehre als bekannt 
voraus. Besonders wertvoll und belehrend sind für den Wiederaufbau unserer 
Viehzucht die Abschnitte über Auswahl der Zuchtkuh, Zuchtbenutzung, Störungen 
im Geschlechtsleben und die Krankheiten der Geschlechtsorgane. Die Züchter 
werden eingehend darüber aufgeklärt, daß das gesamte Geschlechtsleben, seine 
Beobachtung und Gesunderhaltung für die Viehzucht dieselbe Bedeutung hat wie 
die Haltung, Fütterung und Pflege einer Zuchtkuh. Hierin ist viel vernachlässigt 
worden. Das Kapitel über Gewährleistung im Viehhandel und der Anhang über 



Bücherbesprechunjjen. 


135 


Euterentzündungen sind für den Praktiker sehr angebracht. Im ganzen ist die 
Schrift für den praktischen Züchter sehr geeignet und bietet alles für die Zucht 
Wissenswerte. Sie bietet vollen Ersatz für jetzt unerschwinglich teuere große 
Werke. SonnenbrodL 

Schmält!, R., Atlas der Anatomie des Pferdes. Teil II (Myologie). Berlin 1922. 
Richard Schoetz. Grundzahl 13, Umrechnungsschlüssel des Börsenvereins. 

Das in 3. und 4. Auflage erscheinende Werk ist ein unentbehrliches Hilfsmittel 
geworden für jeden, der sich schnell und sicher über topographische Verhältnisse 
am Pferdekörper orientieren will. Anordnung, Durchführung und Ausstattung 
sind Über jedes Lob erhaben. Autor und Verleger haben sich durch diese Neuauflage 
in schwerer Zeit ein Denkmal gesetzt, das „dauernder ist als Erz“. N. 

Bongert, J., Bakteriologische Diagnostik. Berlin 1922. Richard Schoetz. Geb. 
Grundzahl 11, Umrechnungsschlüssel des Börsenvereins. 

Vor 20 Jahren gab uns der Autor in der ersten Auflage der „Bakteriologischen 
Diagnostik“ einen „kurzgefaßten Überblick“; hieraus ist heute in der 0. AufL ein 
stattliches Hand- und Lehrbuch geworden. Der Buchdruckerstreik hat dafür ge¬ 
sorgt, daß die Forschungsergebnisse des letzten Sommers noch berücksichtigt 
werden konnten. Einer Empfehlung bedarf das Werk nicht mehr. Es wird wie die 
letzte Auflage schnell vergriffen sein. Die beigegebenen Literaturauszüge erhöhen 
den Wert auch für den Bakteriologen von Fach, Ausstattung und Papier sind 
tadellos. N. 

Sehmaltz, R., Messungen und Wägungen am Pferd. Berlin 1922. Richard 
Schoetz. Grundzahl 1, Umrechnungsschlüssel des Börsenvereins. 

Die Broschüre verwertet zahlreiche Messungs- und. Wägungsergebnisse, die 
ron Trakehner Pferden gewonnen wurden. Diese Meß-Anweisung wird sich die 
Tierzucht und Beurteilungslehre zunutze machen, und hat dies bereits getan. 
Die vergleichenden Wägungen werden dem Tierzüchter und dem pathologischen 
Anatomen als^Grundlage für vergleichende Forschung dienen. N. 

Joest, E., und A. Chorin, H. Finger, 0. Westman, Studien über das Back¬ 
zahngebiß des Pferdes mit besonderer Berücksichtigung seiner postem- 
biyonalen Entwicklung und seines Einflusses auf Gesichtsschädel und 
Kieferhöhle. Berlin 1922. Richard Schoetz. Grundzahl 4, Umrechnungs¬ 
schlüssel des Börsenvereins. 

Der pathologische Anatom begibt sich mit dieser Arbeit auf rein ana¬ 
tomisches Gebiet, was von den Anatomen begrüßt werden wird, da hier wirklich 
ganze Arbeit geleistet worden ist. Ein großes Erfahrungs- und Tatsachenmaterial 
ist prägnant zusammengefaßt. Die Entwicklung der Zähne ist bisher noch nicht so 
übersichtlich und verständlich beschrieben und durch klare, schöne Abbildungen 
erläutert worden. Der durchschnittliche jährliche Längenverlust der Backzähne 
beträgt 2,2 mm. Für die Schädelmessungen konstruierten Verff. ein neues Instru¬ 
ment, das sie „Stereograph“ nennen. Verdienstvoll ist es auch, daß die Größe und 
Lage der Oberkieferhöhle sowie des Canalis infraorbitalis während der verschie¬ 
denen Altersstufen des Pferdes genau angegeben werden, was der Chirurg sich zu¬ 
nutze machen wird (Ausstempeln der Zähne). N. 

Statistischer Veterinärbericht über das Reichsheer für das Berichtsjahr 1921. 
Bearbeitet im Heeres-Veterinär-Untersuchungsamt. 

Das Reichsheer hatte im Berichtsjahre 42 000 Pferde. Geheilt bzw. dienstfähig 
wurden 96,2% der erkrankten Tiere (40 072 Einzelerkrankungsfälle). Gesamtverlust 
2,3% der Iststärke und 2,4% der Erkrankten. Durch hohe Zugangszahlen fallen 



Hiiclierbesprechungen. 


136 

auf: Räude 388 Fälle, Augenerkrankungen 1777, Kolik 2728, Wunden 10099. 
Satteldruck 1198, Kettenhang 1402, Kronentritt 1010, Verbällung 1531, Nageltritt 
1136, Hufkrankheiten 6745. darunter 146 Vernagelungen. 

Zwölf Rotzpferde wurden getötet; im Dezember 1921 waren Rotzpferde im 
Reichsheer nicht mehr gemeldet. Ein Pferd wurde auf Grund einer zweifelhaften 
Malleinaugenreaktion getötet mit positivem ZerlegungsbefuncL Die ansteckende 
Blutarmut brachte einen Verlust von 86 Pferden (hierüber ausführlicher Bericht). 
Zwei Pferde starben nach S0 2 -Begasungen. Bei der periodischen Augenentzün¬ 
dung müßten die „geheilten“ Pferde von den „dienstfähigen“ getrennt werden. 
Bei den ..geheilten“ Tieren wäre klinischer Befund und Pathogenese anzugeben ge¬ 
wesen ; anders können die angegebenen Zahlen nicht weiter verwertet werden. 

Daß 1071 mal Hufzwang festgestellt wurde, dürfte nicht Vorkommen. 

Der Bericht gibt ein geschlossenes Bild über die Krankheiten der Truppen¬ 
pferde. N. 



ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

E. ABDERHALDEN-HALLE A.8., ST. ANGELOFF-SOFIA, M.CASPER-BRESLAU, 
LEBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. ERNST-SCHLEISSHEIM, 
% FREI - ZÜRICH, K. HOBSTETTER JENA, F. HUTYRA VON SZEPESHELY 
BUDAPEST, H.JAKOB-ÜTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK- 
BUDAPEST, H.MI ESS NE R-H ANNO VER,K.N EUMANN-BERLIN, A.OLT-GIESS EN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 


49. BAND. 4 /5. HEFT 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1923 








Archiv *ür wiMcüflßhÄftUchö ub 4 TI<?ih«?Hküudß: 4ft Band, Heft 4/5. 


Das „»Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde” 
(erscheint Id Bänden von je 6 Bßften. Bor Preis iür den 49. Ba»A beträgt M. 2400.— 
Der tür' dlea* Zettaobrltt bwehBtrte Bssdprel» hat «eia*OOltlgkeit nur während fl« Dauer de» 


^«chsmeüs. Der Verlas taup aicD bei der DneieherMit. de» Selrriekluns dw wjrtÄchütbchsn Ver- 
b&ltuiflbe vcrbehtlien, den amte«. jettenden Itei* noch 4 Jt»cUluß des Bande« ®t erhöhen. 

r vij Aof Bestoliang «rhäit jed*r Verfasser Ws 30 Sonderatatlge sein»?* Arbeit an- 
entgeltiteb. 

; Einsendangeß für das Archiv werde« erbeten «ic 

Herrn Professor Br. Heamann, Berlin NW, LuisenUraße 56, 

Herrn Professor Dr. Miessner, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Qeh* Reg^Pat Professor De . Habsleller, Jena , Veierinäraastälik 
JEswird vorausgesetzt, daß die eingesandten Arbeiten dein „Archiv 


JEswird vorausgesetzt, daß die eiageBaadten Arbeiten dein „Archiv“ stur alleinigen 
Abdrncit gegeben werden; Zweidrack« sinil vpu der Aufnahme iasgoschlossetj. 

iin Interesse dar unbedingt guboteneo SpäraainlcBit woüßTi «ie Herren Verfasser auf 
knappste Passung ihrer Arbeiten imdBesehrtnlraug des ÄbbtldmigsmÄteHafa auf da* 
Mhedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Veringsbuchhandlimg Julius Springer 


49 Band. Inhaltsverzeichnis. 4.15. Heft. 

Kautortmkz, R. T und P. H. Leyrj-. Nene paiasitologisehe und pathQlögiäeh-aoa- 
fdtnlsebe Befunde bei der nervösen Staupe der Hunde* (Mit 19 Teatabbildumreu) IST 
Äeumaa», K,, und R. BlAokenbntif, lek-tli* Hirfk^bsbeitatidisiiig mit SOrQas 
dareb rane solche mit Sulfuliguid und Suifofiz zu sr«etien? (Mit HVP»?rt- 
tthbildaugöö) . . , , .... . . . . . . * . . 15» 

Patosl,Jr, ...Zur Bebandlaug der B^ehSlsettphe.. . , . . =■ . . , , ISO 

Quinian, -John. Dio : tBiertragüngsrnögiidikbit von Akwtüä-Bacüle» auf kftlber; 

192 

343 


Bücherbesprechuttifeii 


Soeben erschien 


Tier-Augenheilkunde 


- v ' V yfäjkßi % Vor Di. Q. Schleich -. . 4 >, 

o. ö, Professor an der Oiriyersltät Tabiitgrn, Daher an disr Tierärztlichen Hothstrhuf* Stuttgart 

M i 5 3 T e x t f i g «r e n 

Gebunden GZ. &,5 '.. ' 


Pit Qrun<lM(iM {Q2j adspriiüt cUm 


’tHföktm rmbuptprm und trpiM wtf dtm Sbäu*rhtu<xt 

fakter [ÜtAr^fmu*tffttdUu$nef\ rtniitfackt <im Y*\ktwfbprm, Übt* den atr 2a£r pUmAm 
VmrcchnwtgMcMüaBtl ytixn allt MtcUmidUtngwn ***** d*r Yfr lag httslluilUfsl Auskunft. 


Hlf MALCAL-BRAT 


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vleh und bis 50W<uhJ m Jungvieh, auch bei dauernder Stall- 
J 1 ®,**“”<!■ Okrkt gebrauchsfertigI Anwendung: Intravenöse 
Injektion. Ampullen ru löund 20ccm !oh*U. »3äserru iQOecm kbalt 
bcMcgror.- Tterärztl.Pundseb, t932 t Nr.iO tt.flr.3S Stit Tttf - 
ärzrl H iMtiemgtr . 1922, Nr. Xt. landw. jät>rbM2ä. B.5t}. H&ktiMjn 

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Neue parasitologische und pathologisch-anatomische Befunde 
bei der nervösen Staupe der Hunde. 

Von 

R. Kantorowicz, Charlottenburg und F. H. Lewy, Berlin. l ) 

Mit 19 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 1. Dezember 1922.) 

Nur wenige Tierseuchen haben seit alters her so anregend auf die 
Forschertätigkeit gewirkt wie die Hundestaupe. Das ist um so erklär¬ 
licher, als mit Ausnahme der Grippe, mit der sie identifiziert worden 
ist, kaum eine Pandemie so verschiedenartig in ihren Erscheinungs¬ 
formen ist, wie diese „maladie des jeunes chiens“, wie sie in Frank¬ 
reich sehr bezeichnend genannt wird. 

Vom einfachen Nasenkatarrh bis zur purulenten Rhinitis, vom 
Bindehautkatarrh bis zur Blenorrhöe und ulcerösen Keratitis, von der 
»kls geschwollenen Tonsille bis zur Laryngo-Pharyngitis, Bronchitis, 
schwersten Bronchiolitis und Pneumonie, vom leichten Magen- und 
Darmkatarrh bis zu unstillbaren, hämorrhagischen Durchfällen, von 
der vereinzelten Pustel bis zum diffusen Exanthem, von der Gehirn¬ 
kongestion bis zur Encephalitis und Myelitis mit ihren Erscheinungen, 
den Schreikrämpfen, klonisch-tonischen Konvulsionen, choreatisch- 
athetotischen Zuckungen, Paresen und totalen Lähmungen finden sich 
alle Übergänge und Kombinationen. 

Wenn man noch bedenkt, daß diese Krankheitsbilder einzeln oder 
vergesellschaftet auftreten und daß die Mortalität zwischen 50 und 
85% je nach Seuchengang und Alter beträgt, so leuchtet die Wichtig¬ 
keit dieser Erkrankung für Tierarzt und Züchter ohne weiteres ein und 
ist die Sehnsucht, dieses Problem zu lösen, verständlich. 

An Erregern angeblich spezifischer Natur winde fast jedes Jahr einer 
oder mehrere beschrieben, ohne daß bisher einer der Nachprüfung 
standgehalten hätte. Die folgende kurze Zusammenstellung wird zei¬ 
gen, wie mannigfach und zahlreich die Auswahl dieser staupeerregenden 
Keime ist. 

Hemmer fand 1875 kokkenähnliche Erreger, 1888 längliche Stäbchen ; Laosson 
1882 feine Stäbchen, deren Übertragbarkeit auf junge Hunde er durch den In- 

*) Die gehimpathologischen und protozoologischen Untersuchungen wurden 
von Lewy ausgeführt. 

Arch. I. Tierheilk. XLLX. 


10 



138 K- Kantorowicz und F. Il.Lewy: Neue parasitologische und pathologisch- 

fektionsversuch feststellte. 1 Jahr später beschrieben Rabe , Friedberger und 
Matthis in Pusteln, Conjunctivalsekret und Auswurf kokkenähnliche Erreger, 
und zwar ersterer einen Bacillus, Matthis einen Diplokokkus, Friedberger kokken- 
ahnliche Bacillen. Marconi und Meloni beschrieben in Pusteln dem Staphylococcus 
pyogenes ähnliche Gebilde, Jacquot und Legrain den Matth isschen ähnliche 
Diplokokken, mit denen sie Pusteln erzeugen konnten. Kitt, Jess und Kohn - 
häuser berichten über ähnliche Befunde, aber negative Übertragungsversuche 
mit Pustelinhalt. Trast)ot und andere romanische Forscher glaubten gerade 
in den Pusteln das spezifische Agens entdeckt zu haben und die Staupe 1 
direkt als Pockenerkrankung bezeichnen zu können, eine Ansicht, die durch 
Dupuis einwandfrei widerlegt worden ist. Babes und Barsanescu züchteten in 
2 Fällen aus Leber, Lunge und Herzblut von Staupehunden bewegliche grain- 
negative Stä Indien, t\ Ziel ins ki, v. Neucki und Kapinski meinten aus dem Con¬ 
junctivalsekret des Menschen den Staupeerreger isolieren und übertragen zu 
können. Gaüi-Valerio fand im gleichen Jahre ein ovales Bacterium. Schantyr 
grenzte drei neue Krankheitsformen ab und entdeckte für jede Form einen Eigen- 
erreger. Taly und Jaquin beschreiben im Gehirn einen Diplokokkus. Petro - 
pawlowshi fand, daß Hundestaupe und Menschenpest in pathologischer und 
bakterieller Beziehung Ähnlichkeit hätten; Mari hält Colibakterien für die Ursache 
der Staupe; Jess isolierte aus Sekreten 1899 ein bipolares Stäbchen, Lignieres seine 
berühmte „Pastcurella“, Ca sota einen Mikrokokkus; Phisalix 1901 einen hoch¬ 
pathogenen Bacillus, v. Wunschheim kultivierte den Bacillus canicidus und zählt 
ihn der Gruppe des Paratyphus B zu (widerlegt von Brüggemann). Ceramicda 
beschreibt einen dem vorigen völlig gleichen Erreger, der aber unbeweglich ist. 
Piorkowshi fand ein bewegliches, gramnegatives Stäbchen, das nach 48 Stunden 
seine Virulenz einbüßt. Carre konnte mit filtriertem Nasenschleim, aber nur bevor 
er eitrig wurde, sowie mit filtriertem, sonst steril befundenen Blut von Tieren, 
die sich auf der Höhe der Krankheit befanden, ein staupeähnliches Krankheitsbild 
erzeugen. Seitdem gilt dieses filtrierbart» Virus in weiten Kreisen als Staupe¬ 
erreger, der evtl, anderen Keimen den Boden zur Entwicklung von pathogenen 
Wirkungen vorbereitet. Die Filtrierbarkeit des Erregers wird bestritten von 
Kreginow und v. Wunschheim; Sach weh züchtete aus intakten Organen bipolare 
Stäbchen, die der Gefliigeleholera ähnlich erschienen, in Bouillon aber größer und 
plumper erschienen, aus den erkrankten Lungen Strepto- und Diplokokken. 
Ferry , Mac Goivan und Torry züchteten ein Bacterium, das ersterer als Bacill. 
bronchisepticus bezeichnete; Olsen den Pfeiffer sehen Influenzabacillus. Mazzucchi 
fand 1921 in sorgfältigen Untersuchungen nur Staphylo- und Streptokokken und 
nur in einem Fall mit gastrointestinalen und nervösen Erscheinungen in der Leber 
einen gram positiven Kokkobacillus, der auf Meerschweinchen und Kaninchen 
nicht übertragbar war, dagegen an zwei Hunden eine leichte Erkrankung, aber 
Ihm gleichzeitiger Impfung mit Strepto- und Staphylokokken ein schweres Krank¬ 
heitsbild her vor rief. 

Auf einem anderen Gebiet liegen die Befunde Sinigaglias , der im Conjunctival- 
epithel, in dem der kleinen und mittleren Bronchien und in den Ganglienzellen 
bei 3 von 4 untersuchten Hunden rundliche, ovale, auch längliche Körperchen von 
2—5// Durchmesser oder 2—3 u, die länglichen 1,5—2 n fand und zwar nur bei 
staupekranken Hunden. Er spricht sie als Protozoen an, die er in ursächlichen 
Zusammenhang mit der Staupe bringt und bezeichnet sie als Negria canis. Lenz 
fand in zerfallenen Ganglienzellen die sogenannten Staupekörperchen, die er als 
zusammengeballte Chromatinsubstanz auffaßt, während Standfuß die von ihm 
beobachteten gleichartigen Gebilde als ausgestoßene Kernkörperchen bei sonst 
Ungeschädigtem Kern und Plasma ansieht. Interessant ist, daß Babes und Staro - 



anatomische Befunde bei der nervösen Staupe der Ilunde. 


Ü59 


ricci Lenzsehe Körper im Ammonshorn, dagegen die von Sinigaglia beschriebenen 
nur in anderen Teilen des Gehirns feststellen konnten. Sanfelice und Benjamin 
schließlich bestätigen alle diese Befunde, bestreiten aber die parasitäre Natur 
auch der von Sinigaglia gefundenen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß alle 
diese Körper acidophil sind, also die Farbe des Chromatins annehmen. 

Nicht unerwähnt soll hier gelassen werden, daß es Lateran und Franichi 
gelungen ist, mit Herpetomonas ktenocephalus, einem im Verdauungskanal des 
Hundeflohes vorhandenen parasitären Flagellaten vom Leishmaniatyp, weiße 
Mäuse, und mit deren Organstückchen weiße Mäuse, eine weiße Ratte und einen 
Hund zu infizieren. Bei sämtlichen Tieren war die Milz vergrößert, und es konnten 
die Parasiten in Leber und Blut, Milz und Knochenmark nachgewiesen werden. 
RivolUi (nach Wasilewski, Patholog. Protozoen) fand bei Masseninfektion mit 
Isospora bigemina wutähnliche Erkrankungen und Hasset schreibt ihnen einen 
bedeutenden Anteil bei der Erkrankung junger Hunde zu. 

Ebenso vielfältig wie die Erscheinungen und Erreger sind die an¬ 
gegebenen Behandlungsmethoden. Von den ältesten Hausmitteln, 
denen man nach unseren Erfahrungen z. T. nicht einmal jede Be¬ 
rechtigung absprechen kann, wie z. B. der Schwefelblüte oder dem 
Schwefelstückchen als Darmdesinfektionsmittel, das Eingeben eines 
gepulverten Kupferpfennigs bis zu den neuesten Medikamenten ist 
shr vieles versucht worden. Aber vorläufig bleibt nur die symptoma¬ 
tische Behandlung, von der sich Calomel mit Pulvis Doweri, zu Beginn 
der Krankheit gegeben, sowie bei nervösen Erscheinungen Salizylpräpa- 
rate und Ohloralhydrat noch als das Beste bewährt haben. 

Es gibt wohl kein Mittel des Arzneischatzes, das nicht schon angewendet ist, 
und über jedes liegen anerkennende und ablehnende Arbeiten vor. Auch die 
Arsenpräparate sind versucht worden, Salvarsan, Kakodyl, Solarson, Revonal, 
sowie Bayer 205 und 1037 (eigene Versuche), ferner Mercaffin, Kynodal, Yatren, 
Trvpanblau, Aolan usw., Leukotropin (eigene Versuche), doch keinem kann eine 
spezifische Wirkung nach der Literatur und unseren Erfahrungen zugeschrieben 
werden, wenn auch nicht von der Hand zu weisen ist, daß z. B. Kakodyl, sehr 
früh angew r endet, eine gewisse Wirkung auszuüben scheint. 

Daß serotherapeutisch viele Wege beschritten wurden, ist selbstverständlich. 
Von der Jen «ersehen Pockenimpfung über Luigi, Sacco , Karle , T rasbat, Krajewski , 
Matt bis und Millais , Kopmann, Phisalix , Lignitres , Piorkowski . Gans, Deutsch¬ 
mann, Dassonrille und IVissocqu, Pury und Bissange und Xaudin (Serum mit 
Hefebehandlung verbunden), Bemelmanns und Mazzucchi stellt fast jedes Serum - 
institut ein Serum oder eine Vaccine zur Heil- oder Schutzimpfung her. Leider 
haben sich alle bisher ebensowenig bewährt wie normales Pferdeserum, Diph¬ 
therie-, Streptokokken- und Grippeserum (eigene Versuche), Hundeblut usw. 

Die ungeheure Zahl der Erregerfunde und die absolut negativen 
Befunde der spezifischen Beeinflussung forderten zu neuen Unter¬ 
suchungen heraus. Von besonderem Interesse erschien der Ablauf der 
Krankheit und der Temperaturkurve , auf die bisher noch kein Gewicht 
gelegt worden ist. 

Nach einem 3—7tägigen Initialstadium setzt die Erkrankung mit 
ganz kurzem, oft nur stundenlang dauerndem, sehr hohem Fieber ein, 
oder es entsteht für 2—5 Tage eine mittlere Temperatur- oder auch 

10* 



140 R* Kantorowicz und F. H. Lewy: Neue parasitologische und pathologisch- 

nur ganz geringe Temperatursteigerung mit minimalen klinischen 
Erscheinungen, denen ein tagelanges fieber- und symptomenfreies 
Stadium folgen kann. Erst am 9. bis 22. Tage setzen die schweren 
Krankheitserscheinungen ein, während die nervösen Symptome ge¬ 
wöhnlich nicht vor dem 33. bis 65. Tage auftreten (bestätigt von Hei - 
nicken , Krack). Ganz besonders auffallend ist eine konstante Tempe¬ 
ratur um 39,7, die stets prognostisch ungünstig zu beurteilen ist. Bei 
Abwesenheit jeder klinisch wahrnehmbaren nervösen Störung läßt 
diese Temperatur immer auf den Ausbruch der nervösen Staupe schlie¬ 
ßen, natürlich nur, wenn das Fieber nicht durch die katarrhalischen 
Erscheinungen genügend begründet ist, aber auch dann bleibt diese 
Temperatur verdächtig. Bei der nervösen Staupe führen die Fälle mit 
Temperaturen von 40 —42° fast stets akut oder perakut zum Tode, 
während solche unter 39,5 prognostisch günstiger zu beurteilen sind. 
Dagegen laufen Fälle mit ca. 39,7, die sich subakut oder chronisch ent¬ 
wickeln, fast stets schlecht aus, selbst solche, bei denen die Temperatur 
periodisch sinkt, dann aber wieder auf 39,7 ansteigt. 

Es liegt nahe, bei den Temperaturschwankungen und dem schub¬ 
artigen Verlauf an die Möglichkeit zu denken, daß es sich hier um die 
Folge eines periodischen Wachstums, evtl, eines Generationswechsels 
der Erreger handeln könnte. 

Unter diesen Umständen erschien es wenig aussichtsreich, den 
alten Weg der Kultivierung und Überimpfung ohne einen neuen 
Gesichtspunkt wieder einzuschlagen. Wir haben vielmehr die patho¬ 
logische Anatomie zum Ausgangspunkt der ätiologischen Forschung ge¬ 
wählt. Anknüpfend an Nissls Befunde bei einem ,,blödsinnigen“ 
Hunde hatte man geglaubt, die nervöse Staupe der Paralyse gleich- 
setzen zu können. Andere Untersucher meinten auf Grund der Epi¬ 
demiologie Beziehungen zwischen Staupe und Grippe feststellen zu 
können. Diese Krankheiten fallen beide durch ihr proteusartiges 
Verhalten auf. In manchen Epidemien stehen die katarrhalischen und 
exanthematösen, in anderen die intestinalen Erscheinungen im Vorder¬ 
gründe, und in gleicher Weise wie bei der Grippe beherrschte auch bei 
der Staupe der letzten Jahre die Erkrankung des Zentralnervensystems 
das Bild. 

Die Homologisierung hat sich indessen weder bei der Paralyse 
noch bei der Grippe aufrecht erhalten lassen. Cerletti hat in seiner 
grundlegenden Arbeit über die pathologische Anatomie der nervösen 
Staupe* nachgewiesen, daß Paralyse und nervöse Staupe trotz mancherlei 
fraglos gemeinsamer Züge, nicht nur in histologischen Einzelheiten, 
sondern auch im gesamten Verhalten deutlich voneinander abweichen. 
Die Grippe und ihre nervösen Mit- und Nacherkrankungen aber sind 
in sich eine noch so ungeklärte Krankheitsgruppe, daß schon aus diesem 



anatomische Befunde bei der nervösen Staupe der Hunde. 141 

Grunde es sich bestenfalls um die Beziehungen einer Unbekannten auf 
eine andere handeln könnte. 

Aussichtsreicher erscheint es, die Analogien im nosologischen Ver¬ 
halten als heuristische Hypothese aufzufassen. Untersuchungen der 
letzten Jahre haben gelehrt, daß bei der Lues wie bei der Grippe sich 
unter Umständen schon im ersten Stadium der Erkrankung, wenn auch 
die genaueste klinische Untersuchung noch keine nervösen Symptome 
ergibt, sich im Zentralnervensystem entzündliche Prozesse, bei der 
Lues sogar Spirochäten nach weisen lassen ( Pirilä ). In gleicher Weise 
hat Cerletti bei allen zehn von ihm untersuchten, anscheinend nur rein 
katarrhalisch erkrankten Staupehunden bereits eine Encephalomyelitis 
nachweisen können. Es müssen also wohl die unbekannten Erreger der 
katarrhalischen Staupe auch zugleich die Ursache der Gehirnentzün¬ 
dung sein. 

Es fanden sich aber im Nervensystem neben den eigentlichen ent¬ 
zündlichen Erscheinungen bei der Staupe auch rein degenerative am 
Parenchym, sowie produktive Vorgänge an den Gefäßwandelementen, 
und gerade diese Prozesse bedingen die Ähnlichkeit mit der Paralyse. 
Dazu kommt, daß die nervöse Staupe in ähnlicher Weise wie die Para¬ 
lyse gewöhnlich nicht als Begleiterscheinung, sondern als Nacherkran¬ 
kung wochenlang nach der katarrhalischen oder intestinalen Staupe 
auftritt. Schließlich liegt noch ein Vergleichspunkt in der ungleichen 
Disposition der Individuen (z. B. die besondere Empfänglichkeit der 
deutschen Schäferhunde) resp. der Keime zu einer Beteiligung des 
Nervensystems. 

Während bis zu diesem Punkte die gleichen Erw’ägungen mutatis 
mutandis für Lues und Grippe gelten können, trennen sich die Wege, 
wenn wir den Mechanismus der nervösen Nacherkrankung berück¬ 
sichtigen. Von der Paralyse wissen wir jetzt mit Sicherheit, daß sie 
gleich der Lues auf dem Boden einer Spirochäteninvasion entsteht. 
Kontrovers ist nur die Frage, ob bei der Paralyse die toxische Wirkung 
die eigentlich infektiöse überwiegt oder ob es sich bei ihrem Ausbruch 
um abgeänderte Eigenschaften der Spirochäten resp. des Gehim- 
substrats handelt. Demgegenüber neigt die Mehrzahl der Forscher dazu, 
die Lethargica für eine mit der Grippe nur indirekt zusammenhängende 
Erkrankung sui generis aufzufassen, die ihre Entstehung einem vom 
Grippeerreger unterschiedlichem Keime verdankt, ja an deren Ent¬ 
stehung womöglich verschiedene Bakterien oder Virus beteiligt sein 
können. 

Diese Gesichtspunkte haben uns in den folgenden Untersuchungen 
geleitet. Es wurde daher von vornherein das Hauptgewicht auf die Be¬ 
funde im Zentralnervensystem gelegt und die Untersuchung der übrigen 
Organe und der Exkrete zunächst nur zu Kon trollzwecken vorgenommen. 



142 R. Kantorowicz und F.H. Lewy : Neue parasitologische und pathologisoh- 

Material und Technik. Es kamen im ganzen 24 Hunde zur Bearbeitung, von 
denen 22 auch bakteriologisch untersucht resp. zu Impf zwecken verarbeitet wurden . 
Fast sämtliche Hunde wurden getötet und unmittelbar nach dem Tode bearbeitet. 
Es wurden von Gehirn, Milz, Leber vielfach auch von Lungen und Lymphdrüsen 
Bouillon- und Plattenkulturen angelegt, außerdem Gehirn in Quetschpräparaten 
untersucht und schließlich Gehimbrei steril subdural, intraokular und intraperito¬ 
neal auf junge noch staupefreie Hunde verimpft. 

Kuczynski 1 ) fand bei 22 genau durchuntersuchten Hunden, welche mit deut¬ 
lichen Zeichen ausgebrochener nervöser Staupe zur Sektion kamen, in der über¬ 
wiegenden Menge makroskopisch einen völlig negativen Befund. Hund 18 vom 
28. XI. 1921 zeigte lediglich stärkste Hyperämie der Meningen und der Him- 
substanz. Hund 20 vom 18. XII. zeigte gleichfalls Himödem. Hund 3 vom 7. X. 
wies ein Empyenia beider Pleuraräume mit Streptokokken auf, sow*ie Lungen - 
infarkte und solche in der rechten Niere. (Hämol. Str.- und Pneumokokken.) 
Hund 13 vom 4. X. zeigte neben einer sonst stets fehlenden, hier nachweisbaren, 
aber nicht bedeutenden Milzschwellung bronchopneumonische Herde mit Pneumo¬ 
kokken und Bronchisepticus. Hund 22 (Schäferhund) vom Februar zeigte lobäre 
Pneumonien beider Lungen, Pneumokokken bei sterilem Befund in den übrigen 
Organen, insbesondere Gehirn. Askariden worden dreimal beobachtet. Darm- 
Magen Veränderungen fehlten stets, abgesehen von unbedeutenden Blutungen in 
die Magenschleimhaut, die mehrfach beobachtet wurden. Stauungserscheinungen 
der Abdominalorgane, auch Tardieusche Flecke gelangten sechsmal zu unserer 
Beobachtung. Bac. bronchisepticus konnte mehrfach aus den obersten Luftwegen 
gezüchtet werden, jedoch waren die tieferen Bronchien zumeist ganz steril. 

Von 7 Hunden wurden Übertragungsversuche angestellt, indem im ganzen 
11 junge Hunde, sowde 15 Kaninchen und eine größere Anzahl Mäuse mit Him- 
und Milzsaft subdural, intraokular und intra])eritoneaI geimpft wurden. Mehrere 
Hunde gingen im Verlaufe von etwa 20 Tagen ein. Jedoch handelte es sich um 
Kümmerlinge. Katarrhalische Erscheinungen und Fieber fehlten insbesondere 
stets bis auf einen Fall. Dieser Hund war jedoch zweifelsfrei einer Kontaktinfektion 
ausgesetzt und starb bereits innerhalb 60 Stunden nach der Impfung, nachdem er 
vorübergehend 40' gezeigt hatte. Eine Weiterverimpfung hatte jedoch auch hier kei¬ 
nen Erfolg. Bei den (lehirnimpfungen ist es, soweit das Ausgangsmaterial nicht nach¬ 
weislich verunreinigt war, nie zu einer Erkrankung der geimpften Tiere gekommen. 

Die Mannigfaltigkeit der bakteriologischen Befunde bestätigt die 
Literaturangaben. Das einzig Positive, das wir ihnen entnehmen 
können, ist das immer wieder beobachtete massenhafte Auftreten von 
Bacillus bronchisepticus. Soweit man diesem Keime überhaupt eine 
ätiologische Rolle zuweisen wollte, würde daraus nur hervorgehen, daß 
die katarrhalische Staupe die Folge einer Infektion mit einem ganz 
banalen, in den Luftwegen des Hundes schmarotzenden Keim wäre. 

Pathologisch-a n alomisch wurden 15 Hunde durchuntersucht, die 
sämtlich an schwerster nervöser Staupe bald mit Aufregungszuständen, 
bald mit einem lethargischen Bild, manche mit eigenartigen choreatiseh- 
athetotischen Zuckungen, andere mit einer eigentümlichen, an die 
extrapyramidalen Erkrankungen erinnernden Rigidität oder auch an 
Paresen gelitten hatten. 

1 ) Die Ergebnisse sind uns von Herrn Kuczynski. der auch die Kultur- und 
Impfversuche vorgenommen hat, freundlichst zur Verfügung gestellt worden. 



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Soiehu vnt/.iindlit-hf!i Fvozi-sx- kormi'i) ein«* anlka'urdniuiiohu Au-- 
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V. rktrunpvKiS'Hi in Gliakerm*n i'ti.tsuu ■ iu u. ln «iwf GangJiinm-U'dV 
mwu >liv StiMtjM-köi-jV:«-in nrvsuivn F'iiliun mir relativ' nßi-h'wvi~b>u 

um»f* ließ sich nicht iim ^grb 

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V»fiä.l:e ; uiWt'l.l« ßebmile hei der lHtmU'pn Skuijic fier fluu.lc 


if?jrar Tbft Irjlittrtttvn nachwüern lau-son. in »libvii 
OangtierjÄi il^n sehiu-r geschädigt, ann ..gröfiemi Tcjtiirttwgegaiijcni ijiiTd: 
und »in dmm »Stelle eine dicht« prmnplaMnat iaobt* GH» getreten js*'./'H ie«'' 
handelt os >i< h um eine ;sog. prod i/liirr EherjifuilHi* oder EnduniriiU* 
■der mittleren und kleinen ßtfßrrigefüßt-, »jie das 2f%fgl gt'-iiütniit hat, «nW’ 

. r j. d.v-fi iito.lt ü' kliofi betonte, daß futh nicht tim einen rnt;,ti;vl“ 
ini Hihiip der un>dernett IJef jpii iah der Entjtijndhiijg liaivdeJe. 
Äti : p|i in der 'tvvißen Substanz, U-.simdpre in *ii v r VVigidmng, vier V^«s 
Vrik'd. alr-r auch iii (kr Mniekukcschieht der Rinde kam» t»4 im An- 

«cidn ß «o -C&läftfs -aJwr atudi .' ^ .s.. ■ w :, 

Äwirf,,, 

"'.•i.sbar wäre, zu sog. tiuvidU - . ' . 

an der Oberfläche des St reo 

iertbügejU. .;■ -,V.'■ 

JAh- h^s»jhriet>et)<“h PVt>- 
»-•wvo dnd aber durchaus 
hKhJ aaf da* CU-hirn ke- 
seh rankt.. sie kommen in 
•)hich*r'\Vfhi. itrnn .auch wähl etwas seltener, iw BÜW:b ditWtk :ubffid 
‘dfttrjntniij. Ahb, 8 zeigt einen 'entzündlichere Herd i.m S-it«*utuir»i de> 
I*tk-keiUnarfc*. ;\bh. 9 eine Gbanr«iv- uu .P«•»*.•>.•!,» Pvranikhm vdrilci* 
strangbalm DU* tte-timgen sind wnli) -u> der Ali'htznid der Falk-, notug- 
stert^' tn : ’tnr'H'issseiti iVu-srnaßp. v-uizüniilirh f rlit aiilci , : • '> t A’. frS-dt* 


Abb. Sog. produktiv.’ BatiUmuniii- Ibelut .»vltllj- 
-öfeofiat Jriiüirtffi»Mi, 
i>wij«rAtlOß r^fvüj^Upii^ 4*t 


mailöchpa Affta. f m -Toi ölrtjt« tolkü; 




*i'urr*n ; .tl.s tiir '/.( n!t> n i i>ti‘t rm'hr *«i• -« ukuh-tt 

tii/rfwfr*rifa r.j w<<h 

Vin-i. (n«t »Iji .M.'m vwryr^rJKdviftrl tnirr ;m* i,i 1 ‘nlirt <. ,iu<■ ptmlnkliv* Kr- 


Aljt» <»., ■ §f.arliO'<' :räji£f vtttt 9 !(f'HüV \iifl 
ii^ t^v/tirfket iaV V«sich in illc ; 
SühsU'ite /nrtsotit. (/*), 

lyfpiktiH^ rl>:i tMföfiWwHHiftä ' ii '' '0$ h. ••)>',:! fr, iJil'iuiig iM j —'ti- 

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7. ^ui^JiienOynWilo <,»]&* uVhortfiiS litt ‘fki'itlfitt' 
»^r^itönhiisf^ls V>|i«l nöl <lißs&iv.‘ 

?tfn Ax\ß\)fiTier njitf*hor*-atj> v «-ti hi n j-i 6 .ni c ii- 

Uumph-N. NMMJ*!. 


sfcSfciwf; iii Fällen b'ift trorkurtlnuui k^m» «laü 

N'rlK-'VvH Vn’ß.f'. , *..•'^-V •’■ ' V* ..r.' •• I •>• .«?.•' . v/;>B .•V' 4 , 


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»mfcn»» - ' (.(»Mi,) Für daF gk'ivhe Bild fr*-» »Vr Stmi/»-. «st. »*•:' »•>»» >**•■-<••»■• 



148 K. und F; M, 'fcewj: •Xrwtt* iiaia&itDlugisüUe und |»*theh«yg$hl> 


• lcifoi Interesse, * 1^» J.V sich -in den endarttriitiedi eerHuderwn Vejäjk n •>■■■. 
der Zi«W Spiröchätfn sn gut wie nie habrrnt*M.h\V4n«‘ii Lassi>h, H;i^r ljcgf 
•.•in«.- witere Analogie zviseben'Staupe m*<l l’aialyw vor 

Es, ist ri«;bt «iiiwre Absicht. auf die ihdtak der TiMopathbJogieilti*?« 

’4fe; vbh Verfall •Jü»ist<*j»giil't ig:dfti-geateilt-siod.' hier nahm 
eüiziigetievi E« genügt uns', einige. Paraih'gmota .dar dm Typem'nnn v 
der j'.atholoyiH.4i-anats>nns,-h(n V» rilfiti<*ri«iig V«-i »ler .nervöser» Stasi.«. 
:«« sSf^gfdt? I)as Haüpfinh'm»! de? i'örlirgendtn Arbeit w-h* in r!*m 

liefumU’ #{»<?* VtirmitvH,- der sieb hei fünf Tieren hat nac.bwei.seu )ay~-f 

Bei »lieh <liefen Tieren handelt- >■ 

^ ..— II||||| I|M , -S.ioh um solch«-. die «lern eiSfen Typ, 

\ V-. ‘irniknl \-iilz 'iht<Uich> !\ Verdi.de rurm 

• "ÜSi P-V angeboren. Wir {iahen «in nu 


»fingen konhen, »laß in laichen C»fy 

hinie.n, die keine so starben ilif•!- 

'■tra.iiv’ftoSJrSeb« nnüiigötj höheh» resp 
daß «n Stellen, an soifcja? 

nicht nachweisbar ovtaK-n,, aueh 
kei mnlei, Aussicht vorhanden van, 
Parüsitcn nachztraeiSen. vrShrrurl 
natürlich uingekchi t nicht ui der 
Nahe jedes «nfiltrtei teti t.Vfaß- 
&ueh ohn«- welkeres Parasiten go- 
lithtlen wertlgt), nianchen Tic- 
rc-ft, »o höi den EnjiOeii 1, 2 aind *, 
Varel« sic jetlijch in üh« naschemlt-i 
Hehge aachweishkr. 

.Die PirrdfiUcn sind ,sv grrvß. /.«i«Vg: 
es fast iiiiverständiich ist. daß Ar 
bisher «:1er Be«ih»icht«Qg entgangen 
seiH: .solle«. Wir «Köcktcn fast am 
in Innen, daß an-, inriümlieh für .-raeiLerh . naif Biniluitperi he»i gefüllt«. 
Ogflißtr;gn|«aiti(^; vür'tcihsiiijJ Wir ba^B tiic Pftrasithtt sowohl in >tt< 

pHtjt IVI wie aileii in der- m ifirti Sntfanm, in • 

, -ii.ee ,-M>: eil.'iv. Uiid,«|«UsM eiw• gefuudc«. i 0 der Binde scheint ei«. 
Primikiel d»^|p|S die * 11 :*il. ... t. i Ich inyiit zii beA«dieh, Sie sind 

förhlntr- jr.4'*«) ItidftfarhstolInn . Ahb. 12 atiigt riil O.hftr- 

f-ii-htslidu ,ve- de« Mt tl* irr iii«ri an ifer hhrny.e der-vierl, 

tyul «m«? Abb. Iß: 

ii* sf.;«.r!o-r'Ve>:gi‘n'e < ::iex \s e-d, i ye;;. I-. fl i-t Hin sieh» «mm; <l«lß es s«. i- 
«im . in e ;i si; nttfihf .»' m i in< r Vle-niltmii handelt. d«-r an d.-f 

n ■ ide-u fihei-ei* Seite' ein j.1.0v.-v. lyevfi nvit einem s-hr d’.nd,len Ker«- 


H. pifoit*xi>$ im Bfirpirlt wer ByratniUcn 




ai4^.<>iur»i 1;»^ lWijfyfv /ivxy . : i;. •*ifftft lIuntI/* 149 

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152 R- Kantorowicz und F. H. Lewy: Neue parasitologische und pathologisch- 

Hämoproteus ist bisher nicht in Ganglienzellen beobachtet worden. 
Am meisten gleichen sie noch der Gruppe der Theileria 1 ), mit deren 
Plasmakugeln sie gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. Immerhin muß 
die Möglichkeit offen gelassen werden, daß es sich um eine noch nicht 
bekannte Art handeln könnte. 

Wenngleich es außerhalb jeden Zweifels ist, daß das von uns be¬ 
schriebene Gebilde nicht etwa ein Kunstprodukt oder ein Degene¬ 
rationsstadium zelliger Natur, sondern ein Protozoon ist, so ist damit 
doch noch nichts über sein Verhältnis zur Staupe, insbesondere der ner¬ 
vösen, ausgesagt. In erster Reihe muß die Möglichkeit erwogen wer¬ 
den, daß es sich um einen Zufallsbefund handelt. Die Gehimpathologie 
der Haustiere ist noch nicht so systematisch bearbeitet, als daß man 
nicht daran denken möchte, daß ein derartiges Gebilde in der Hirn¬ 
rinde nur aus diesem Grunde bisher nicht zur Beobachtung gekommen 
ist. Auf der anderen Seite ist der Hund eines der gebräuchlichsten 
Laboratoriumstiere und sowohl wir selbst als eine große Anzahl erfah¬ 
rener Himpathologen haben im Laufe der Jahre zu so mannigfachen 
Zwecken Hundegehime durchforscht, daß wir es für wenig wahrschein¬ 
lich halten, daß so leicht sichtbare Gebilde uns und ihnen allen ent¬ 
gangen sein sollten, wenn sie tatsächlich häufiger im Gehirn Vorkommen 
sollten. Bedenkt man ferner, daß in unserem Staupematerial von 
nur 22 Hunden aller Stadien, deren einige schon aus prinzipiellen Grün¬ 
den keine große Aussicht für den Nachweis eines Erregers boten, sich 
5 mal der gleiche positive Befund zum Teil ungeheuer zahlreich hat 
nach weisen lassen, so wird man um so weniger geneigt sein, an einen 
reinen Zufall zu glauben. 

Wir haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß die Stellen 
zahlreicher Parasitenbefunde durch das Vorwiegen schwer entzünd¬ 
licher Erscheinungen am Gefäßapparat und erhebliche alterative Ver¬ 
änderungen am Parenchym charakterisiert sind. Man kommt also 
kaum um den Schluß herum, daß zwischen dem Auftreten der Protozoen 
und der Encephalitis ein Kausalnexus besteht. Daß aber weiter die Ence¬ 
phalitis die Ursache der klinischen nervösen Erscheinungen darstellt, 
kann füglich nicht bezweifelt werden. Damit aber würde die Vermutung 
eine wesentliche Stütze erhalten, daß der beschriebene Erreger auch die 
Ursache der als nervöse Staupe bezcichneten Erkrankung bildet, und 
obwohl noch nicht klar ist, inwieweit das klinische wie pathologisch- 
anatomische Bild der Staupeerkrankung ein durchaus einheitliches ist, 
wäre damit die Frage aufzuwerfen, ob nicht dieser Keim der Erreger 
der Staupe überhaupt ist. Der Beweis hierfür kann natürlich nur auf 
dem Wege der experimentellen Infektion erbracht werden und steht 

l ) Hierauf hat Xöller in der Diskussion hingewiesen, die sich an unseren in 
der Gesellschaft für vergleichende Pathologie gehaltenen Vortrag anschloß. 



anatomische Befunde bei der nervösen Staupe der Hunde. 


153 


trotz unserer umfangreichen Versuchsreihen bisher noch aus. Auf Grund 
jetzt über 2jähriger Arbeiten mit diesem Protozoon halten wir jedoch 
die Hoffnung nicht für unbegründet, daß diese Untersuchungen nicht 
nur einen weiteren Einblick in die Gruppe der bisher noch nicht 
genügend geklärten Hämogregarinen gewähren, sondern uns vielleicht 
auch dem Staupeproblem näher bringen werden. 


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anatomische Befunde bei der nervösen Staupe der Hunde. 


157 


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Ist die Hufkrebsbehandlung mit S0 2 -0as durch eine solche mit 
Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? 

Von 

Prof. Pr. K. Neumann und Dr. E. Blankenburg. 

(Alis der Poliklinik für große Haustiere, Berlin.) 

Mit 10 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 1. November 1922.) 

lrn Anschluß an die Versuche der Hufkrebsbehandlung mit SO,, 
die in der Poliklinik der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin mit gutem 
Erfolge durch Neumann und Ritscher ausgeführt wurden, stellten wir uns 
die Aufgabe, die Möglichkeit der Heilung des Hufkrebses mit S0 2 - 
abspaltenden Flüssigkeiten und Pulvern zu erproben. Bestimmend w r ar 
hierbei der Gedanke, dem praktischen Tierarzt, wenn möglich, ein Ver¬ 
fahren an die Hand zu geben, mit dem er die nachgewiesen günstige 
Wirkung der schwefligen Säure auf Hufkrebsproliferationen erzielen 
kann, auch wenn S0 2 -Gas und die immerhin teure Begasungsmanschette 
nicht zur Verfügung stehen. 

Bei der Behandlung des Hufkrebses gelangten Präparate der Che¬ 
mischen Fabrik Marienfelde zur Anwendung, und zwar Sulfoliquid 
und Sulfofix. Beide Arzneien spalten bei der Berührung mit organischem 
Gewebe S0 2 -Gas ab. Sulfoliquid ist eine klare, schwach gelbliche, 
hochkonzentrierte, stark viscose Lösung eines Salzgemisches. Sulfofix 
ist ein weißes, schwach nach S0 2 riechendes Pulver. Das Sulfoliquid 
wurde zunächst, in der auch schon von Neumann und Ritscher ange¬ 
wandten, bei der Räudebehandlung üblichen Konzentration verwendet. 
Die Ätzwirkung des Sulfoliquid in dieser Konzentration erschien jedoch 
zu gering, so daß die herstellende Firma dem Wunsche von Neumann 
nachkam und ein stärker konzentriertes Sulfoliquid, Marke AS, her¬ 
stellte. In letztgenannter Konzentration wurden die nachstehend näher 
beschriebenen Fälle von Huf krebs behandelt. 

In der Literatur berichtet Klein über die zuerst .von Neumann und Ruscher 
erprobte Heilwirkung des S0 2 -Gases bei Hufkrebs. Er bestätigt dieselbe, ohne 
selber geheilte Fälle von Hufkrebs mit S0 2 -Präparaten anzuführen (Deutsche 
Landw. Presse. 48. Jahrg., Nr. 99, S. 732). Ferner hat Klein durch die Kaban- 
werke Wandsbeck ein Schwefligsäure abscheidendes Wundstreupulver „Sulfargü“ 
herstellen lassen, mit dem er Heilerfolge bei Hufkrebs erzielt haben will. Auch 
hier fehlen nähere Angaben. 



K. Xeumann und E. Blankenburg: Ist die Hufkrebsbehandlung usw. 159 

Uni gleichzeitig die Wirkung des Sulfoliquid und Sulfofix zu der 
Ätzwirkung des S0 r Gases bei der Behandlung vergleichend festzustellen, 
wurden bei mehreren Patienten mit schweren Hufkrebsfällen vergleichs¬ 
weise Begasungen an einem oder mehreren Hufen zur Kontrolle der 
Wirkung des Sulfoliquid und des Sulfofix vorgenommen. 

Zur Behandlung kamen 11 Pferde, die an zusammen 18 Hufen an 
Hufkrebs erkrankt waren. 

Außer den hier beschriebenen Hufkrebsfällen wurden in der Poli¬ 
klinik der Hochschule ambulatorisch verschiedene Fälle mit gutem 
Erfolge und unter ausschließlicher Anwendung von Sulfoliquid und Sulfo¬ 
fix behandelt. Auch mehrere praktizierende Tierärzte, denen die Mittel 
und Anwendungsweise gelegentlich eines Kursus bekanntgegeben 
wurden, behandelten Fälle von ziemlich schwerem Hufkrebs mit Erfolg. 
(Hainelau und Heine, Hamburg, Kupke, Beelitz-Saalmann, Fürstenberg, 
Beesten, Ossig u. a.) 

Patient L 

Kennzeichen: Fuchswallach, Belgier, durchgehende Blesse, weiße Unterlippe, 
Flecke in der Sattellage, 12 Jahre alt, 1,67 m groß, Nährzustand gut. 

Hufkrebs a) h.l. 1 ); b) v. 1. 

Einstellung in die Poliklinik am 10. IX. 1921. 

Behandlungsdauer 8 Wochen. 

Befund bei a): 

Am 10. IX. 1921. Vordere Hälfte des Strahles ganz, die der Strahlspitze 
benachbarte Sohlenfläche in Größe eines Fünf markst iickes von Horn entblößt. 
Periphere Hornränder aufgewölbt. An diesen hornlosen Stellen knollige, blumen¬ 
kohlartige, 2—4 cm hohe Wucherungen, die mit einem schmierigen Sekrete von 
übelriechendem, für Hufkrebs charakteristischem Geruch bedeckt sind. Weitere 
Wucherungen von geringerer Höhe ziehen sich von hier aus die seitlichen Strahl¬ 
furchen entlang nach den Trachtenecken zu und haben unter den Homteilen noch 
weitere Teile der Huflederhaut ergriffen. Nach Entfernung des Eisens und des 
durch die Wucherungen und Sekrete des Hufkrebses emporgehobenen und von 
«einer innigen Verbindung mit dem Corium gelockerten Horaes zeigt sich, daß 
die so frei gelegten krankhaften Veränderungen sich über den ganzen Strahl und 
fast die ganze Sohle erstrecken. Es entsteht eine geringe Blutung, die durch 
Sulfoliquidtupfer gestillt wird. Reinigung. Sulfoliquid-Druckverband. 

14. IX. 1921. Belastung schlecht. Nach Entfernung des Verbandes tritt eine 
etwa 3—4 mm starke Ätzschicht zutage, die stumpf ohne Blutung abgehoben 
wird. Besonders viel Sekret in den Strahlfurchen. Wucherungen am Strahl und 
Sohlenfläche bei weitem nicht mehr so stark bis auf die fünf markstückgroße Stelle 
vor der Strahlspitze. Unterminiertes Horn wird wieder entfernt. Darunter feder¬ 
bartähnliche Wucherungen mit Tendenz zum Zerfall. Sulfoliquid-Druokverband. 
Patient lahmt beim Führen aus dem Notstand sehr stark und belastet beim Stehen 
den erkrankten Fuß sehr wenig. 

18. IX. 1921. Belastung besser. Durchfeuchteter übelriechender Verband 
entfernt. Auf und unter einer etwa 3 mm starken Ätzschicht eitriges schmieriges 


*) v. 1. = vom links; h. 1. = hinten links; v. r. — vorn rechts; h. r. = hinten 
rechts. 



160 K. Nmilitariu und E. Blankenburg: Ist die Hufkrebsbehandlung mit 

Sekret. Ätzschorf stumpf losgelöst. Wucherungen noch vorhanden, Huflederhaut 
an den Stellen, wo Wucherungen nicht mehr festzustellen, geschwollen. Da sich 
im Bereich der Zehenwand zwischen Wandhorn und Corium Zusammenhangs- 
trennungen zeigen, wird das Wandhom über der erkrankten Huflederhaut in 
etwa 1 cm Höhe entfernt, bis die blaß verfärbte, erkrankte Huflederhaut der 
Zehenwand die gesunde rote Farbe zeigt. Die zuletzt freigelegte Stelle wird ebenso 
wie Strahl, Strahlfurchen und Sohle einem Druckverband nach Tamponade mit 
Sulfoliquid getränkten Tupfern unterzogen. 

22. IX. 1921. Fuß wird besser belastet, Lahmheit jedoch noch vorhanden. 
Verband weniger durchfeuchtet. Tampons von geringen käsigen Sekretmassen 
bedeckt. Schwacher spezifischer Geruch. Nach Entfernung einer ca. 3 mm starken 
Ätzschicht erscheinen die erkrankten Stellen von einer gleichmäßig rötlich-gelben 
Farbe. Käsige Sekretmassen in den Strahlfurchen. Von den Rändern der Wand 
aus bildet sich ein dünner Streifen Narbenhorn. Coriumoberfläche glatt, dagegen 
noch geschwollen. Druckverband mit Sulfoliquid-Tampons. 

25. IX. 1921. Fuß wird in demselben Grade wie beim vorigen Verband¬ 
wechsel belastet. Nach Abnahme des nur noch wenig durchfeuchteten und nicht 
mehi* übelriechenden Verbandes lassen sich von Strahl- und Sohlenfläche Ätzschorfe 
in Stärke von etwa 2 mm stückweise abtrennen. Aus den Strahlfurchen lassen 
sich ziemlich trockene käsige Sekretmassen entfernen. Nach Reinigung der er¬ 
krankten Stellen mit trockenem Tupfer werden diese, da weder blumenkohlartige 
Wucherungen noch vergrößerte Zotten festzustellen sind, auch Schwellungen der 
Huflederhaut nicht mehr nachzuweisen sind, zur Nachätzung und weiteren Aus¬ 
trocknung mit Sulfofix überstreut, nachdem zuvor die Strahlfurchen mit Jodoform- 
äthertampons gut ausgefüllt sind. Druckverband. 

28. IX. 1921. Lahmheit gering. Der nicht übelriechende, fast trockene 
Verband wird entfernt. Die erkrankten Flächen sind von einem gelblichen weichen 
Narbenhom bedeckt, das sich unter geringer Blutung leicht verdünnen läßt. 
Darunter tritt glattes festes Gewebe von gelbroter Farbe zutage. Epithelisierung 
vom Tragrand aus im Fortschritt begriffen. Aus den Strahlfurchen läßt sich 
trockenes, käseähnliches, nicht übelriechendes Sekret in geringer Menge ent¬ 
fernen. Die erkrankte Solilenfläche vor der Strahlspitze ist, da der Verband nicht 
genügend gedrückt hat, vorgefallen. Zur weiteren Austrocknung wird die ganze 
Wundfläche mit Jodoformäther übergossen, Tampons kräftig in die Strahlfurchen 
gedrückt und ein Druckverband angelegt. Pferd belastet den Fuß gut. 

30. IX. 1921. Lahmheit im Schritt nicht vorhanden. Verband trocken. 
Jn den Strahlfurchen, Eckstreben und am Strahlkörper ist Verhornung eingetreten, 
ebenso hat sich das vom Tragrande ausgehende Horn verbreitert. Von diesem 
neugebildeten Horn lassen sich nur ganz oberflächliche Schichten abschaben. Der 
nach Abnahme des vorhergehenden Verbandes zutage getretene Vorfall der Huf- 
lederhaut vor der Strahlspitze ist zurückgetreten. Übergießen der Huffläche mit 
Jodoformäther, Überstreuen mit Lenicetpulver. Druckverband. 

4. X. 1921. Nach Entfernung des Verbandes, der frei von Sekreten und 
üblem Geruch ist, zeigt sich dasselbe Bild wie beim vorhergehenden Verband¬ 
wechsel. Neugebildetes Horn an Sohle und Strahl von derber Konsistenz bedeckt 
schon einen größeren Teil der Erkrankung. Strahl erscheint etwas breit gedrückt. 
Es wird daher beim Anlegen eines Jodoformäther-Druckverbandes dafür Sorge 
getragen, daß die seitlichen Strahlfurchen durch Einlegen dickerer Tampons 
beim Belasten des Fußes einem größeren Druck ausgesetzt werden. 

11. X. 1921. Entfernung des Verbandes ergibt, daß Sohle und Strahl in 
ganzer Ausdehnung von einem derben Narbenhom bedeckt sind. Da aber die 
Wand wegen ihrer zu niedrigen Höhe noch nicht das Auflegen eines Eisens mit 



SOj-Gas durch eine solche mit Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? 161 

Deckel gestattet, wird abermals ein Jodoformäther-Druckverband unter gleich¬ 
zeitiger Verwendung von Lenicet-Streupulver angelegt. 

18. X. 1921. Strahl und Sohle nach Entfernung des Verbandes derb und 
trocken. In der mittleren Strahlfurche zeigt sich das Horn ein wenig bröcklig 
und wird in den oberflächlichen Schichten durch Abschaben entfernt. Darauf 
wird die Strahl- und Sohlenfläche mit erwärmtem Holzteer überstrichen. Druck¬ 
verband. 

22. X. 1921. Verbandwechsel ergibt, daß das Narbenhom sich weiter gut 
entwickelt hat. Es ist aber durch von außen einwirkende Stallnässe in seiner 
Konsistenz weicher. In der mittleren Strahlfurche kein bröckliges Horn mehr. 
Seitliche Strahlfurchen durch Ausschneiden mit dem Hufmesser angedeut 2 t, da 
Narbenhom sich dort stark entwickelt hat. Ganze Sohlenfläche mit Holzteer Uber- 
Strichen. Verband erscheint nicht mehr angezeigt. Behandlung mit erwärmtem 
Holzteer wird täglich fortgesetzt bis zum 

11. XI. 1921, an dem der Huf mit einem Taueisen beschlagen, eingeteert, 
und, um der Sohle noch genügenden Druck zu geben, mit Splinten versehen wurde. 

Patient kann als geheilt angesehen und zur Arbeit verwendet werden. 

18. XI. 1921. Patient vorgestellt, nachdem er zu leichter Arbeit verwendet 
worden ist. Huf erscheint gesund, wird eingeteert und unter Druck gesetzt. 

Rezidiv nach Monaten von dem weiter behandelnden Tierarzt nicht gemeldet. 

Ib. 

Dasselbe Pferd. Hufkrebs v. I. 

Da das Pferd auf dem linken Hinterhufe stark lahmte und bei gleichzeitigem 
Behandeln des linken Vorderhufes die Decubitusgefahr bestand, konnte mit dieser 
Behandlung erst begonnen werden, als das Pferd den Hinterfuß mehr belastete. 

Befund am 20. 10. 1921: In äußerer seitlicher Strahlfurche des linken Vorder¬ 
hufes zieht sich 2 cm von der Strahlspitze entfernt eine papillom- und federbart- 
ähnliche Wucherung von einer Breite bis zu 6 cm und bis zu 4,5 cm Höhe am 
ganzen Strahl entlang. Diese Wucherung geht auf den Strahl über, hat das Horn 
bis zur mittleren Strahlfurche z. T. beseitigt, z. T. gelockert, erhebt sich über den 
Strahl um 2 cm und hat auch die ganze äußere Eckstrebe ausgefüllt. Durch 
Sondieren mit dem Finger kann man tief in den Eckstrebenwinkel Vordringen. 
Eine schmierige, gelbliche, spezifisch übelriechende weiche Sekretmasse bedeckt 
die Wucherung und befindet sich auch in der mitteren Strahlfurche. 

Behandlung. 

Unterminiertes Horn wird rings um die Wucherung entfernt. Entstandene 
Blutung durch Sulfoliquid-Tupfer gestillt. Blut nimmt bei Berührung mit Sulfo- 
liquid eine dunkelbraune Farbe an, Huflederhaut und Wucherung werden blaßgrau 
verfärbt. Mittlere und äußere seitliche Strahlfurche unter Druck austamponiert, 
Wucherung mit Papiertampons bedeckt, mit Sulfoliquid übergossen. Druck¬ 
verband. 

22. X. 1921. Unter dem entfernten Verband befindet sich ein etwa 4 mm 
starker Ätzschorf, der sich beim Abheben des Verbandes von der Wucherung 
losgelöst hat. Von der Wucherung selbst und der von Hom entblößten Hufleder¬ 
haut, an der noch deutlich blumenkohlartige Wucherungen zu sehen sind, läßt 
sich mit dem Finger und dem stumpfen Scherenschenkel eine etwa 2 mm hohe 
käsige übelriechende Masse abheben. Da man mit dem Finger noch zwischen 
Hom der Eckstrebe und Strahl eindringen kann, wird das Hom aus dem Eck¬ 
strebenwinkel so weit entfernt, bis sich zwischen Hom und Corium kein Zwischen¬ 
raum mehr befindet. Da ferner von medialer Strahlfurche ausgehend, das den 



162 K. Neumann und E. Blankenburg: Ist die Hufkrobsbehandlung mit 

inneren Strahlschenkel überziehende Horn untergraben ist, wird dasselbe bis zur 
Höhe des medialen Strahlschenkels entfernt. Um Verbandstoff zu sparen und 
trotzdem den erkrankten Stellen einen kräftigen Druck geben zu können, wird 
der Huf mit einem Dreivierteleisen beschlagen, dessen längerer Schenkel an der 
Innenseite liegt. Die Strahlfurchen werden gut austamponiert, Sulfoliquid an¬ 
gegossen und die Wucherungen durch Bindentouren einem guten Druck ausgesetzt, 
der durch Verwendung von Werg und zwei quer über den Strahl angebrachten 
Splinten noch erhöht wird. 

24. X. 1921. Durchfeuchteter übelriechender Verband gelöst und von 
erkrankter Sohlen- und Strahlfläche ein 5 mm starker Ätzschorf entfernt. Unter¬ 
minierter innerer Strahlschenkel wird bis zur Übergangsstelle auf die Sohle ent¬ 
fernt. Wucherungen am äußeren Sohlenschenkel und Strahl nach Abheben eines 
käsigen Sekretes nur noch in geringer Höhe als kleine zottige Erhebungen vor¬ 
handen. Wie am 22. X. 1921 Sulfoliquid-Druckverband. 

27. X. 1921. Nach Entfernung eines wenig feuchten und übelriechenden 
Verbandes von Strahl und Sohle und ganzer Ausdehnung der Erkrankung etwa 
3 mm starke Ätzschichten leicht abhebbar. Wucherungen nach Säuberung von 
Sekreten nirgends mehr vorhanden. Der bisher in seinem Umfange verdickte 
und vergrößerte äußere Strahlschenkel ist kleiner geworden. Sulfoliquid-Druck- 
verband. 

31. X. 1921. Der unter dem Verbände befindliche Ätzschorf ist bis 4 mm 
stark und von derber trockener Beschaffenheit, ohne üblen Geruch. Papillose 
Wucherungen nirgends mehr festzustellen. Corium von rosafarbener Beschaffen¬ 
heit. Beide Strahl Schenkel von normaler Größe. Jodoformäther-Druckverband 
nach gründlicher Austamponierung der Strahlfurchen. 

3. XI. 1921. Verbandwechsel ergibt, daß unter diesem ein dünner trockener 
Ätzschorf, z. T. aus Narbenhom bestehend, entfernt werden kann. Beginnende 
Epithelisierung an den Wundrändem in Form eines schmalen Narbenhomstreifens 
sichtbar. Noch unverhornte Huflederhaut von gesunder schwachroter Farbe. 
Jodoformäther-Lenicet-Druckverband. 

0. XI. 1921. Patient hat den angelegten Verband abgetreten. Noch weiches 
und schwammiges Narbenhom, bis auf die Matrix mit dem Finger abgestoßen. 
Randhombildung, ebenso wie Bildung von festansitzendem Horn in den Strahl¬ 
furchen weiter fortgeschritten. Jodoformäther-Druckverband. 

8. XI. 1921. Das über die ganze Erkrankung gebildete Narbenhom ist 
härter als beim vorigen Verbandwechsel, ist innig verbunden mit der Huflederhaut, 
läßt sich daher nicht mehr mit dem Finger abtrennen. Angewärmter Holzteer. 
Druckverband. 

11. XI. 1921. Neugebildetes Horn hat unter dem letzten Verband noch 
festere Konsistenz erhalten, läßt sich nur an einigen Stellen oberflächlich abstoßen 
und ist trocken. Huf mit Taueisen beschlagen. Noch nicht ganz fest verhorntes 
Narbenhom an der früher erkrankten Stelle durch zwei Splinte nach vorheriger 
Tamponade unter Druck gesetzt. Hinterer Teil des Strahles wird, da die Splinte 
ihm nicht genügend Druck verleihen, durch einige Bindentouren um die Wand 
herum mit Druck versehen. 

Da das Pferd an den beiden erkrankten Hufen mit Eisen versehen ist und 
arbeitsfähig erscheint, wird es aus der Klinik entlassen. Nach 1 Woche leichter 
Arbeit wird es wieder vorgestellt. Narbenhom hat sich weiter gut entwickelt, ist 
fest und läßt sich von dem Corium nicht abheben. Wenig bröcklige Masse in der 
mittleren Strahlfurche. Diese wird entfernt. Weiterbehandlung wird von dem 
praktischen Tierarzt des Besitzers übernommen. Rezidiv nach Monaten nicht 
gemeldet. 



SOj-Gas durch eine solche mit Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? 16)} 

Pferd II. 

Kennzeichen: Dunkelbrauner Wallach, Dane, h. r. gefesselt, durchgehende 
Blesse, weiße Unterlippe, 10 Jahre alt, 1,70 m groß. Nährzustand mittelmäßig. 
Schläger und Beißer. 

Hufkrebs h. 1. 

Einstellung in die Poliklinik 13. IX. 1921. 

Behandlungsdauer 4 Wochen klinisch; 5 Wochen ambulatorisch. 

Befund am 13. IX. 1921. Strahl in seiner ganzen Ausdehnung von Horn ent¬ 
blößt und mit blumenkohlähnlichen Wucherungen, die eine Höhe bis 4,5 cm 
besitzen, bedeckt. Medial von der Strahlspitze und mit den Strahl Wucherungen 
im Zusammenhang stehend befindet sich an der Sohlenfläche eine etwa 5 cm hohe 
hornlose federbartähnliche Wucherung von der Größe eines Fünfmarkstückes. 
Vertiefungen an den Wucherungen auf dem Strahl und auf der Sohle ebenso wie 
die Strahlfurchen mit einer weißen, schmierigen für Hufkrebs charakteristischen 
übelriechenden Masse ausgefüllt. 


Behandlung. 

Freilegen des Krankheitsherdes. Wucherungen selbst mit Sulfoliquid „normal 
fiiark“ betupft, darauf Sulfoliquid-Druckverband, der nach 2 Tagen entfernt wird. 
Unter diesem ein schmieriges, gelblich-weißes Sekret von üblem Geruch, das mit¬ 
samt einer dünnen oberflächlichen Ätzschicht mit dem Finger abgestoßen wird. 
Keine Blutung. Da sich das Sulfoliquid „normal stark“ für Ätzungen zu schwach 
zeigt und inzwischen auf Wunsch des Direktors der Poliklinik, Professor Dr. Neu¬ 
mann, ein starker konzentriertes flüssiges SO* von der Chemischen Fabrik Marien¬ 
felde hergestellt ist, wird dieses Sulfoliquid „extra stark“ (Marke AS) zur weiteren 
Behandlung ausschließlich benutzt. Es wird ohne weitere Entfernung von Horn 
ein Druck verband nach Tamponade mit Sulfoliquid-Tupfern angelegt. 

Verbandentfernung nach 4 Tagen ergibt, daß sich ein 3—4 mm starker 
Ätzschorf, mit einer schmierigen käsigen Masse bedeckt, von den erkrankten 
Stellen ohne Blutung abheben läßt. Um gleichzeitig den Unterschied bei der 
Behandlung mit flüssigem und gasförmigem SO* festzustellen, wird der Huf nach 
dem von Neumann und Rüecher erprobten Verfahren eine 1 / 2 Stunde lang einer 
Begasung von 40 Vol./% S0 2 ausgesetzt. Gleich nach dieser Begasung läßt sich 
von den erkrankten Stellen eine ca. 3—4 mm starke Ätzschicht abheben. Von 
der Wundfläche tropft eine bräunlich gefärbte Gewebsflüssigkeit in einer Menge 
von etwa 40 ccm ab. Unter der Ätzschicht wird namentlich an den Strahlschenkeln 
rotes festes Gewebe sichtbar, während die Strahlspitze und Sohlenstelle noch 
unregelmäßig mit teils blumenkohlartigen Wucherungen bedeckt ist. Sulfoliquid- 
Abwaschung, Sulfofix-Druckverband. Nach 2 Tagen Entfernung des Verbandes, 
der noch w’enig durchfeuchtet ist und einen geringen üblen Geruch aufweist. 
Unter einem dünnen Ätzschorf auf den erkrankten Stellen schmieriges Sekret, 
besonders in innerer seitlicher Strahlfurche, das entfernt wird. Da das Corium 
keine zottigen oder blumenkohlähnlichen Wucherungen aufweist, Jodoformäther- 
Druckverband. Nach 3 Tagen unter entferntem Verband dünne Ätzschicht ab¬ 
hebbar, die zum Teil schwer und nur unter Blutung entfernt werden kann. Strahl 
frei von Wucherungen. In der inneren seitlichen Strahlfurche und an erkrankter 
Sohlenpartie noch papillomartige Wucherungen, zum Teil mit schmierigem, 
gelblichem Sekret bedeckt. Im Bereich der Phalangen hat sich durch das ein¬ 
malige Begasen eine Dermatitis artificialis entwickelt. Fesselbeuge ist gerötet 
and sondert eine farblose Gewebsflüssigkeit ab. Erkrankte Haut wird nach 
Reinigung mit Vasilinum flavum eingefettet, der Huf mit Sulfoliquid-Tupfem 
tamponiert und mit Druckverband versehen. 



I(j4 K. Neuinann und E. Blankenburg: Ist die Hutkrebsbehandlung mit 

Nach 4 Tagen nach Entfernung eines wenig feuchten, nicht übelriechenden Ver¬ 
bandes ein 5—6 mm starker Ätzschorf von der erkrankten Sohlenstelle ablösbar. 
Ätzschicht am Strahl etwa 2 mm stark, darunter zutage tretendes Gewebe gesund. 
Käsiges schmieriges Sekret nur noch in geringer Menge vorhanden. An der Sohle 
noch papillomartige Wucherungen von geringer Höhe zu erkennen. Sulfoliquid- 
Druckverband, der nach 2 Tagen wiederholt wird. 

Nach 5 Tagen Entfernen des Druckverbandes. Ätzschicht etwa 3 mm stark. 
Gewebe erscheint gesund und weist keine Wucherungen mehr auf. Da Sohlenhom 
von der erkrankten Sohlenstelle ausgehend nach der seitlichen und vorderen Wand 
unterminiert ist, wird es mit geringer Blutung bis zur weißen Linie abgetragen. 
Aus Strahlfurchen neugebildetes Horn entfernt. Sulfoliquid-Druckverband. Ver¬ 
bandswechsel nach 2 Tagen. Unter einem trockenen Verband dünner Ätzschorf 
teüweise schwer ablösbar. Huflederhaut schwachrote Farbe. Zur Austrocknung 
und Anregung der weiteren Epithelisierung Jodoformäther-Druckverband. 

Nach 4 Tagen sind erkrankte Stellen von weichem, grauweißem Horn bedeckt, 
das sich mit dem stumpfen Scherenrücken nicht mehr abheben läßt. Huf mit 
Deckeleisen beschlagen. Jodoformäther. Druck. 

Nach 3 Tagen ergibt Entfernung des Deckels, daß sich von dem neugebildeteii 
weichen und schwammig anzufühlenden Horn nur die oberflächlichen Schichten 
abschaben lassen. Jodoformäther. Druck unter Deckeleisen. Patient als arbeits¬ 
verwendungsfähig aus der Klinik entlassen. 

Pferd ist zur Arbeit verwendet worden und wird nach 3 Tagen vorgestellt. 
Lahmheit. Es zeigt sich, daß unter einer 3—4 mm starken Homschicht an früher 
erkrankt gewesener Sohlenpartie und am Strahlkörper eine weißlich-gelbe Flüssig¬ 
keit sich befindet. Diese Hornschicht ward entfernt. Das darunter freiwerdende 
Gewebe ist blaßrot, ohne Wucherungen, aber vor der Strahlspitze vorgewölbt. 
Bedingt ist diese Vorwölbung durch zu geringen Druck unter dem Deckeleisen 
und durch eine infolge des verminderten Druckes von unten eingetretene Senkung 
des Hufbeines bei noch nicht genügender Festigkeit des neugebildeten Homes. 
Eisen entfernt, losgelöste Homschicht in der Peripherie mit dem Hufmesser ab¬ 
getragen und so freigelegte Huflederhaut mit trockenem Tupfer gereinigt. Jod¬ 
tinktur, Lenicet, kräftiger Druck durch Deckeleisen. Nach 3 Tagen Sohle trocken 
und von weicher grauweißer Homschicht bedeckt. Vorwölbung nur noch in gerin¬ 
gem Grade vorhanden. Jodoformäther, darauf Teerüberpinselung. Druck durch 
Deckeleisen. Pferd wird wieder, da Lahmheit nicht mehr vorhanden, zur Arbeit 
verwendet. Nach 4 Tagen Strahl und Sohle vollkommen trocken, neugebildetes 
Narbenhom fest und derb. 

ln der Folgezeit wird das Pferd fünfmal mit Zwischenzeit von \ Woche 
vorgestellt. Huf zeigt sich gesund und wird mit Teer überstrichen. Rezidive 
während einer Beobachtungszeit von 2 1 / 2 Monaten nicht festgestellt. 

Die bei der Begasung entstandene Dermatitis artificialis wird durch Behand¬ 
lung mit Vasilinum flavum geheilt. 

Pferd IIP 

Kennzeichen: Fuchs-Hengst-Belgier, schweres Arbeitspferd, II Jahre alt, 
Nährzustand gut. 

Hufkrebs an 3 Hufen. Lahmheit nicht vorhanden. 

Patient wird nur ambulatorisch behandelt. 

Behandlungsdauer 7 Wochen. 

Befund : a) v. r. Strahlkrebs, der besonders an Strahlschenkeln blumenkohl- 
artige, bis 5 cm hohe Wucherungen zutage treten läßt. In seitlichen Strahlfurchen 
Wucherungen papillöser Art und schmieriges, käsiges, übelriechendes Sekret vor¬ 
handen. Strahlspitze frei von Wucherungen. 



SOs-Gas durch eine solche mit Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? 

Behandlung . 

Horn an Strahl und Sohle in Gegend der Seitlichen Strahlfurchen wird, soweit 
Zusammenhangstrennungen bestehen, entfernt. Sulfoliquid. Druck durch Deckel¬ 
eisen. 

Nach 3 Tagen von Strahlfurchen ein 3 mm starker Ätzschorf stumpf ablösbar. 
Darunter befindliche schmierige, käseähnliche, grauweiße Masse mit dem Finger¬ 
nagel abgelöst. Unterminierte Strahlspitze von Horn entblößt. Sulfoliquid. Druck. 

Nach weiteren 3 Tagen hat sich unter Einwirkung des Sulfoliquid ein 3 bis 
4 mm starker Ätzschorf über den erkrankten Strahl gebildet, der mitsamt des unter 
ihm befindlichen schmierigen Sekretes entfernt wird. Unterminiertes Sohlenhom 
um den Strahl herum in geringer Breite entfernt. Sulfoliquid. Druck. Strahl noch 
ziemlich verdickt. Bei der nächsten Behandlung nach 3 Tagen ist Strahl nach Ent¬ 
fernung einer 4 mm starken Ätzschicht nicht mehr geschwollen und frei von Wuche¬ 
rungen. Jodoformäther-Lenicet-Druck. 

Vorstellung nach 8 Tagen. Pat. ist zu leichter Arbeit verwendet worden. 
Weiches Narbenhom, überzogen mit weißem, nicht übelriechendem Sekret, in ober¬ 
flächlichen Schichten leicht abtragbar. An einigen Stellen des Strahls und der 
Strahlfurchen noch unverhomte Stellen ohne Wucherungen. Eisen entfernt. Huf 
zum Beschlag frisch zubereitet und mit Deckeleisen versehen. Jodoformäther- 
Lenicet-Druck. Weiter vorgeschrittene Verhornung des Strahls und der Strahl¬ 
furchen nach 3 Tagen. Narbenhorn trocken. Jodoformäther-Druck. 

Die weitere Behandlung, die in Zwischenräumen von 4—8 Tagen vorgenommen 
wird, ergibt, daß das Narbenhom allmählich die ganze Erkrankung bedeckt und 
unter Anwendung von erwärmtem Holzteer und Druck feste Konsistenz erhält. 
Pat. kann nach öwöchiger Behandlung als geheilt angesehen werden. Rezidiv 
während der Behandlungsdauer der anderen Hufe nicht beobachtet, auch nach 
Monaten nicht festgestellt. 

Pferd Illb . 

Dasselbe Pferd: h. 1. hufkrebsartige Wucherungen an Strahl und Sohle. — 
Pat. lahmt an diesem Fuße. 

Befund: Wucherungen verbunden mit Homdefekten an Strahlkörper, Strahl¬ 
schenkel und Sohle im Bereich der seitlichen Strahlfurchen. Strahlspitze mit 
Hom bedeckt, aber unterminiert. Schmierige eitrige Massen in mittlerer Strahl¬ 
furche und in beiden Eckstrebenwinkeln. 

Behandlung . 

Unterminiertes Hom um Wucherungen hemm entfernt. Schlußeisen. Sulfo¬ 
liquid. Druck durch Korksohle. Verbandwechsel nach 3 Tagen. Pat. lahmt h. 1. 
stärker, ist aber tags zuvor zu leichter Arbeit verwendet worden. Ätzschicht an 
Strahl und Sohle 3—4 mm stark. Diese sowie darunter befindliches käsiges Sekret 
entfernt. Wucherungen noch vorhanden. Sulfoliquid. Druck durch Korksohle 
nach gründlicher Tamponade. Nach 3 Tagen 4 mm starker Ätzschorf entfernt. 
Strahl noch verdickt. Unterminiertes Hom aus Strahlfurchen und Eckstreben 
entfernt. Sulfoliquid-Druck 3 Tage später Strahl und Sohle von einem lose auf¬ 
sitzenden, derben braunen Ätzschorf von 4 mm Stärke bedeckt. Übelriechendes 
Sekret, besonders im Grunde der Strahlfurchen, entfernt. Strahlumfang normal. 
Wucherungen fehlen. Jodoformäther-Druck. Nach 8 Tagen unter 3 mm starker 
Ätzschicht nicht übelriechendes, bröcklig käsiges Sekret. Wucherungen fehlen. 
Lahmheit nicht mehr vorhanden. Pat. ist dauernd zu leichter Arbeit verwendet 
worden. Nach 3 Tagen läßt sich aus Strahlfurchen eine körnige, gelbliche, trockene 
Zerfallsmasse entfernen. Vom Strahl dünne, trockene Homschicht ablösbar, 




166 K. Neumann und E. Blankenburg: Ist die Hufkrebsbehandlung mit 


darunter festem trockenes Gewebe. Da aber der Strahl wieder an Umfang vermehrt 
erscheint, wird nochmals Sulfoliquid zur Ätzung angewendet. 4 Tage spater wird 
eine 3 mm starke Ätzschicht vom ganzen Strahl entfernt. Sulfoliquid. Derselbe 
Verband wird nochmals wiederholt, bis Strahl nicht mehr verdickt erscheint. 

Der Huf wird von jetzt an mit Jodoforraäther behandelt, und nachdem die 
Verhornung sich über die ganze Erkrankung ausgedehnt, wird erwärmter Holzteer 
verwendet. Das sich noch weich anfühlende Narbenhorn wird vor dem jedes¬ 
maligen Uberstreichen mit Holzteer entfernt. 

Nach aiebenwöchiger Behandlung wird der Huf als geheilt angeeprochen. Das 
Horn hat auf den früher erkrankten Stellen vollkommen feste Konsistenz, der 
Strahl die gewöhnliche Starke. Pat. wird noch mehrmals, zum letzten Mal zwei 
Monate nach Schluß der Behandlung vorgestellt. Rezidiv nicht festgestellt. 

Pferd IIIc. 

Dasselbe Pferd. Strahlkrebs h. r. 

Befund : Zu beiden Seiten der mittleren Strahlfurche ca. 2 cm hohe, 3 cm 
lange papillomartige Wucherungen, die unter Substanzverlust des Strahlhornes 
Tendenz zu Zerfall zeigen. Aus mittlerer Strahlfurche größere Menge käsigen, 
schmierigen und übelriechenden Sekretes entfernt. 

Behandlung. 

Unterminiertes Horn um die Wucherungen entfernt. Sulfoliquid-Tupfer nach 
vorherigem Bestreuen der Wundfläche mit Sulfolix. Druck durch Korksohle. 
Beim nächsten Verbandwechsel nach 6 Tagen Ätzschorf von 6 mm Stärke leicht 
lösbar. Gering hohe Wucherungen noch vorhanden. Horn des Strahles bis in die 
seitlichen Strahlfurchen entfernt. Strahlumfang vermindert. Sulfoliquid. Druck. 
Schon nach 3 Tagen erscheint Huflederhaut des Strahles nach Entfernung einer 
Ätzschicht von 4 mm Stärke gesund. Wucherungen fehlen. In der mittleren 
Strahlfurche trockene, weiße Masse, die entfernt wird. Umfangvermehrung des 
Strahles hat bedeutend nachgelassen. Jodoformäther. Druck. Über den ganzen 
Strahl hat sich nach 4 Tagen eine dünne Homschicht gebildet, die bis auf einige 
Stellen leicht entfernt wird. Übelriechende Sekrete nicht vorhanden. Jodoform- 
äther-Holzteer-Druck. Beim nächsten Verbandwechsel nach 4 Tagen gebildete 
Homschicht nicht mehr mit dem Finger lostrennbar. Teer unter Fortlassung der 
Korksohle. 

Wie an den anderen Hufen werden an diesem während der Beobachtungszeit 
von 2 Monaten keine Rezidive festgestellt. Das an 3 Hufen erkrankte Pferd kann 
als völlig geheilt angesehen werden. 

Pferd IV. 

Kennzeichen: brauner Wallach, Däne, 12jährig, Nährzustand mittelmäßig. 

Befund : Strahl- und Sohlenkrebs h. r. Lahmheit nicht vorhanden. Fast horn¬ 
loser Strahl von dicken zottigen, blumenkohlähnlichen Wucherungen bedeckt. In 
innerem Eckstrebenwinkel und Strahlfurche ebenfalls blumenkohlartige Wuche¬ 
rungen, die Sohlenhom an dieser Stelle beseitigt und angrenzendes Sohlenhom 
untergraben haben. Höhe der Wucherungen an Strahl und Sohle bis zu 5,2 cm. 
Krebswucherungen sezernieren schmierige übelriechende Masse. 

Behandlung. 

Unterminiertes Horn entfernt. Tamponade mit Sulfoliquid-Tupfem unter 
Deckeleisen. Der Sulfoliquid-Verband wird in Abständen von 3—4 Tagen während 
4 Wochen angewendet. Wucherungen verschwunden, Huflederhaut gesund. 
Während der Sulfoliquid-Behandlung zeigt sich, daß auch äußerer Sohlenwinkel 



SO s -Gas durch eine solche mit Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? 167 


erkrankt ist, ferner, daß Zusammenhangstrennungen zwischen Trachtenwand und 
Sohle bestehen, aus denen eine seröse Flüssigkeit abgeschieden wird. Pat. nieder¬ 
gelegt und nach Abnahme des Eisens Hora der Trachtenwand entfernt. Blättchen¬ 
schicht der Wand erscheint an der von Hora entblößten Stelle blasser als die 
gesunde, die sich in einer Breite von 1 cm parallel zur stehengebliebenen Wand 
hinzieht. Bei den nun 3 mal mit 3—4 Tagen Abstand angelegten Jodoformäther- 
Verbanden bildet sich über die von Horn befreiten Stellen Narbenhom, während 
im inneren Sohlenwinkel das Hora weich und schwammig bleibt, sich abheben 
läßt und darunter eine weißgelbliche Sekretmasse zutage tritt. Beschlag mit 
Drei vierteleisen, von Narbenhora bedeckte Stellen mit erwärmtem Holzteer 
überstrichen, im inneren Eckstrebenwinkel Sulfoliquid-Tupfer unter einer Binde. 
Zur Verstärkung des Sulfoliquid wird bei 4 weiteren Verbänden Sulfofix an der 
sezemierenden Stelle mit verwendet. Verhornung schreitet an anderen Stellen 
gut, am inneren Eckstrebenwinkei langsam fort. Hier befindet sich immer noch 
schmieriges, nicht übelriechendes Sekret. 

Nach dreimaliger Begasung mit 40 Vol./% SO a und nach Entfernung weiteren 
Wandhorns nimmt das Horn im inneren Eckstrebenwinkel unter Anwendung von 
Sulfofix und Jodoformäther feste Konsistenz an. Pat. erhält ein Schlußeisen, 
Huf wird 2 Wochen lang täglich eingeteert und durch Splintverband unter Druck 
gehalten. Da der Huf an der ganzen Erkrankung mit festem Hora bedeckt ist, wird 
der Pat. nach im ganzen 14 wöchiger Behandlung als geheilt und arbeitsfähig ent¬ 
lassen. 

Pferd wird noch 2 mal mit Abstand von 4 Wochen vorgestellt. Neigung zu 
Rezidivierung wird nicht beobachtet. 

Pferd Va. 

Kennzeichen: Brauner Wallach, Däne, mittleres Arbeitspferd, 7 Jahre alt, 
Nährzustand mäßig. 

Huf krebs an 3 Hufen . 

Befund v . r. am ganzen Strahl und innerer und äußerer Eckstrebe blumen¬ 
kohlartige bis zu 4 cm hohe Wucherungen mit Horndefekt. Vertiefung dieser 
Wucherungen mit übelriechendem Sekret ausgefüllt. 


Behandlung . 

Entfernung alles unterminierten Homes, Sulfoliquid-Druck durch Deckel¬ 
eisen. Nach 4 maliger Behandlung mit Sulfoliquid sind Wucherungen an erkrank¬ 
ten Stellen nicht mehr festzustellen. Huflederhaut erscheint gesund. Weitere 
Behandlung mit Jodtinktur und Lenicet unter Druck. Das zunächst schwammige 
Narbenhom wird solange entfernt, bis es derb erscheint und sich nicht mehr von 
der Huflederhaut abheben läßt. Erwärmter Holzteer. Druck. Nachdem Horn 
genügende Festigkeit erhalten, Fortfall des Deckeleisens. Tägliches Einteeren. 
Huf kann 4 Wochen nach begonnener Behandlung als geheüt angesehen werden. 

Rezidiv während 4monatiger Beobachtungszeit nicht festgestellt. 

Pferd Vb. 

Derselbe Patient . 

Befund : h. L Strahl-Sohlen-Wandkrebs. Strahl zerklüftet, von etwa 5 cm 
langen Wucherungen bedeckt, zwischen denen sich eitriges, übelriechendes Sekret 
befindet, ebensolche Wucherungen in beiden Eckstreben winkeln, von denen mit 
eitrigem Sekret angefüllte Horaspalten die äußere Trachten wand hinauf bis zum 
Kronenrand gehen. Wucherungen hornlos. 



168 K. Neumann und E. Blankenburg:: Ist die Hufkrebsbehandlung mit 


Behandlung. 

Unterminiertes Trachtenwandhom der äußeren Wand bis zur halben Höhe 
entfernt. Sulfoliquid. Druckverband. 

Pat. ist außerdem h. 1. mit einer Dermatitis verrucosa behaftet, die eine übel¬ 
riechende eitrige Masse sezerniert. Behandlung des erkrankten Hufes wird dadurch 
erschwert, daß die eitrigen Sekrete den Verband dauernd feucht halten, was be¬ 
sonders nach erfolgter Begasung eintritt. Bei der Begasung des Hufes wird die Be¬ 
gasungsmanschette so angelegt, daß die Dermatitis verrucosa der Einwirkung des 
S0 2 -Gases gut ausgesetzt ist. Heilung und Abtrocknung der Erkrankung erfolgt 
nach 3 maliger Begasung und Einreibung mit Sulfoliquid Marke AS nach sechs¬ 
wöchiger Behandlung. 

Da das Pferd an 2 Tagen den Verband abgetreten hat, wird dieser jedesmal 
erneuert, um nach 3 Tagen den Huf einer 40Vol./% S0 2 Begasung eine halbe Stunde 
lang auszusetzen. 4 mm starke Ätzschicht. Abtropfen eines bräunlichen Exsudates. 
Wucherungen noch vorhanden. Nach weiteren 2 Begasungen sind nur noch Wuche¬ 
rungen in Eckstreben vorhanden. Es folgen Druckverbände mit Sulfoliquid mit 
Zwischenräumen von 3—ö Tagen. Im Laufe dieser Behandlung zeigt sich, daß 
an äußerer Trachtenwand, die schon zu Anfang der Behandlung zur Hälfte von 
Horn befreit war, noch Zusammenhangstrennungen zwischen Wandhom und Blatt- 
chenschicht bestehen. In den Hohlraum werden mit Sulfoliquid getränkte Gaze- 
streifen eingeschoben, bis aus diesem ein Sekret nicht mehr abfließt. Sulfoliquid- 
Behandlung findet so lange statt, bis Wucherungen an Strahl und Sohle nicht mehr 
vorhanden sind und der Strahl nicht mehr verdickt erscheint. Es folgen Trocken¬ 
verbände mit Sulfofix. Nach Abstoßen trockener oberflächlicher Schichten bildet 
sich über die erkrankten Stellen Narbenhom. Nachdem dieses fest erscheint und 
sich nicht mehr ablösen läßt, folgen Teerverbände unter Druck durch Deckeleisen. 
Auch die untergrabene Partie der Trachten wand geht langsam in Verhornung 
über, so daß altes Horn darüber entfernt werden kann. Durch einige Binden touren 
um die Wand herum wird diese Stelle unter Druck gehalten. Nach 13 wöchiger 
Behandlung kann der Huf als geheilt angesehen werden. Pat. wird aus der Klinik 
entlassen. 

Da der Besitzer das Pferd trotz vorheriger Warnung auch bei nassem Wetter 
zur Arbeit verwendete, das Pferd des öfteren die Druckverbände um die Wand 
und den Deckel zum Eisen verlor, traten infolge des noch dünnen Narben homes 
Vorfälle der Huflederhaut an der Wand und im äußeren EckBtrebenwinkel ein. 
Diese wurden nach Entfernung des peripheren Homes durch Jodoformäther- 
Druckverbände beseitigt. 

Rezidive von Hufkrebs nach 3 maliger Vorstellung im Zwischenraum von 
4 Wochen nicht beobachtet. 

Vc. Dasselbe Pferd . 

Strahlkrebs h. r. Beginn der Behandlung 4 Wochen später als die Behandlung 
der soeben beschriebenen Fälle. 

Befund: Am Strahlkörper und Strahlschenkeln blumenkohlartige Wuche¬ 
rungen, aber nur auf der Höhe derselben. In Vertiefungen sowie in mittlerer 
Strahlfurche schmieriges, übelriechendes Sekret. 

Behandlung. 

Entfernung des untergrabenen Homes am Strahl ergibt, daß nur Strahl er¬ 
krankt ist. Es folgen in Zwischenzeit von 4 Tagen 6 Sulfoliquid-Druckverbände. 
Deckeleisen. Nachdem Wucherungen nicht mehr festzustellen und Strahlcorium 
die gesunde Farbe, werden zwecks Anregung der Epithelisierung 3 Sulfofix-Trocken- 
verbände in Zwischenzeit von 3—4 Tagen angelegt. Die ersten trockenen, noch 




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tttirü v&l Cdfißtöo Träf’htr.nwmdjrfy Ätit Vdrivii»r M . vvH.tii-lvkrt. Aur*j» irM iv 

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Mn seitlichen kÄ.au- ; trp,l>. Hfrifet AyrftnUl^töjri;' • (itif&fy bk* ziu 



. ^tocL tüs.d.'‘-y! fc, wo #t,u*hk Solde nuttdi 
*>V%ml VVUi >> Keru u ge a a u f wh sen. ,\Vc$hv 
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nim] entfernt.. Dte e^ler» .SnlfobqrnilA’orljandi siavk dim blevti trf-et, die fmtt'n 
' taloji) .trocken umi obno üblen < i:.*i*i**.'!i. 1b» W^k*te^Aini^U tim. }, %ik*hiüaBßJts 
^i»!biliqui<j- Bekandlung versehHaitKjeri/ dib- J1vifln<ied)ötVt idfi. i^.tifi>Jrs. ölalVe^ 
AaWh^ri hat., Jodofbritiätlic»r:Driiivk^wrl).üi»tt. NkM*b ^ Abonlitne' i>nter riiier*. 

kti'hi %\\ ttmwteti i*U^wel>HHehjcdd hU a ,>tfeb] 1 ify 4 Iri^chencb^ 

'•>An vorliHmle?». t'her die ^rkränkt^n VV7in<lu.i« ii< u lud -b-I. viti .;.-*lblieb«*s. 
bv>. k^TK-s» XarbenjLtewebn von --fvMur Konoid'•*»/ e» Inldei, \\ jififiei iuiar*-j> fehl^/h 
i> folgen drei Sidfofixd)nndvVerli;U!7ie. Fuß U-M't Mu>dt ',. Strobl- t*‘n.d 
S<üiifcn5Jtibefiki ; j naeh. orKt-üin SulfoliK* Verltadd 4bt*i «oolv./eu«rldVtn 


. v^/5. ,; .V^U’^v'' '.»V*Vv<v 


Vv* 


12 ^ 



17 w K> N^niuHnn un<] ft. Blankenburg: l*X die l[nfki'^bsh^hAriiluit:^ aut 


Narbengcv, ebc bedeckt, das sich ?.\m\ Teil oberflächlich absehabeu 'hißt, Schlicht 
und nrdilerC Strahlfurcben irneketk thiter tfer EimvirUung des SuHolfix fehlet sh:! 
aUu>a}\ji< h UiuT dir- »Tkrri.nkti n Stellen ein fr^tes, cferhesy trockene* Xarhenfemi. 

•M'fcik'eit Rgfeteer■ Verbände, bis das Pferd nach im pwäoii 


Fuß )x\U belastet. 

iHvtFb|£cr Behandlung itiit efeeui .vSMtfäöiwn, baschiagt*# d«tl >mt- 

lnm s il werden kiuui. l)er e('krank 11 ?rt S n hlonpart i eu werden durch Splmltv, dfe 
Wand partion durch Bindentouren unter Druck gehalten. 

Durch Naclda^riigkeit des BcsU/ei* wird,da* Pferd statt nach S Tagen erst 
*»h‘ h ti Wochen vortreHtdlk, Binde und Splinte fehlen. Pferd hat cdrru' geobgend* 
W artung in b iu htoe Stall gestanden. infolgedessen isi; diirdhr Fortfall der Bi/eh 

■ ' ..., i ^ . i ' . - , 


K?mizpkh*n :, Braum Stiite, 
Afbdt^pfcpT 
0 Ja!n e alt, 17 tVrtw groß/ %hhp- 
^.ustauji rcviilÜLk 

Befund'., h. I, Strahl- und 
So hfea krebs. Lahmheit bv^tejii 
nie h t. Vorhmehk bt, • <ht U 
ch siel l u m einen fiaili«er; «>}u - 
m- h^u le/idfyu ru.bro Kfelvivfe. hainlc.lt» Strahl fast hornlos. 8<dd*nvo he$|gf l 
und stfrtldtuotfii fcoi' -4rj.it j..•»■)•! und Mun«cr«knhhdinliobc!» grauweißen Wuch« 

»»»!.• j* u budet/hk iniH-ir I .:;id.'^'!hCM!i) eben falb* cf krankt. Zwischen Wand und 
t viftiiii« kann-dic-^clh« Schnuci nc-.. nle-huehende Masse hcrau.Tgvdriickt werden.,' 
•!•■ -dlü i'" und iitii i I»' 4 • Mriidlee}i. eidülkfi (-d<d»* ‘ \bh. tb. 

k'id. iM.'h T - .HfeiOe en >c!k C- Tn,<McliaenJ tkbvfet Untergraben. JSdfe 

:■ •.? I je... t.•_■.■: i . »<e|. i 'Tr‘.OnruOand ihm!! v.chhHilidl» bk- /.Uff? fs.rrc'i, !U *o ! 

♦nph-mt \U j*Pn n*jfehn» anfenyhih * o.o-u * cOes, und .SulföDipiid g«*fr,rtikt in ‘«iYn 
I bdifenur » IHL"--:* b..d.-n *v:to t, t u.icrr*iiui?M'ijr Si.hjculM? *> vor d*T Siraidspil^-- »• -nt 
/ervit. /b^dklbin^ ^dt.Snjtoliipnd etyciteiffefe erkriink.fe, I»ishcr nut 

W nihMUry.. >. t‘f v- >.> il.'.i-Oind. ‘. i oe.t f»>i -oidnkld 0 M‘hr gc^/hwMlh*n 


1'uJ^je'luvuACIter Uürkr4*l>« .mych riy-r ÄunctCUVm« 

mr 'U n SiU|..ijieiJ<lc^luinij. 







m«. dun b Anc. *oh*in.‘ mit SuUulh|iu<l mul SulMi* aü e 


uh^Jri^^hen^eASt'kr^/t nicht mehr vorhayiitfen* Am lvajiOi *J<*f/\VurKU\‘v»i»,»» y 
ihUlvt sa h eit» EpiÜK.lsa\tin. Jodtmkiur. ])ruck.v»*Tbari(l. H» ihnm sdurdrl Vvi»/T 
f'/ri.. Vtriforii nnj j>rhi unter Anwemiuiu! von dtdoioimatlmiy .Nu!fufi\ and 
JU^^ca't vdn den Htfßhlfur'.lu'n und AVundnutdc^rn bt^ifÄrid, langsam v^r; Wh. 

wieh \Ht and lose dein Corituu aul’sitzl, wjnl <‘s ah^'srluiUh 
i-(>Ük*t»nkui«n mit- dfmfRmi. festem uod tftifc&y. 


die f'rkmrikt^ri NtHlnn 
txem Xarbephom hedvekf hind, eru firmier Holzt um* rttOi* Drück. 

Na; h ha d*WoB»Wr BBmruUuujr ist Wand. Ihm ft; mul Strahl von fehlem 

Boj n l^'vt’‘-lxi- Hm! htv;h]ag^n ? vvBter mn.M bmd vehAhen. IWt. als geheilt ent lassen. 
'Wie svie-m ob*-n AumyoiMrniMifi dm weiter» fWbm/htum.: sah mir nur einige« 


A *r*. (C OaUylVaotMiUf JlkflUVl* hnUiiOia u Warnt 
k r#l**z iii H ^oeh*ri» .^ehdit. 


AM*. 7 . ( eM liiiiMdU'r SV» Jen u.Wandknh* 

n t rrilcifui* iie* nws^* <MlihU<u K#nnUi;tot -tirr\J#:<. 


LlCfi 

Wai/tivimtnx«. 

/w j," 

Ä.*• « W i itÄu/ : ? f> r 
fivrl tehoaihte 

/>/«»/.,/:Strahl-, SohJem um] Wandkrehs v\ I« THumiMikoUnfinlivhe hon»]»**- 
\V.e i»'T"f.;;( n ruh Teude?^ zum Zerfall; bcdeeWii den medialen St mhl.o jimikid. 
r,..Tonvr) :vdnVrf*heidvB und ludum die innere Tnuhu uwoiül abiedruvkl. i r a-t. 
iedja:* >rrdhJk'!>rj»er: .und H-ulkw Slrnhfsdnmkd von Uotii binh'okt und i/vsimd. 

IstiKiwIiinty. 

>;’r» j i!ofior» d«- lvracikhen«h,'V*h.-s. Sulfolbjvnddh u« L\ * d ■!».■*.■>.!« .. die mit Ztv« v. |h ,* • 
tyt\i0 werdeifi^ ÄtySehurjFö bfe ?,u A ^vn. sttMhfvvtiid 

Jcrdiirneo• • VOi} ; .H «*?** Jw;freit. Seitemvtdidhnrh h>utl nciVh um j t-nV vfK;i*:fid 
0Tfdhh, via *> HU »jiiJe.mi Viertf) un-U r^ruljon ul: Krtoo 0 ..o WVuidjvir' e o 
hl&6 £e&Uhl*! - '-^ö^Kflywotj-co•- 

Sach dWn /?>.’■ ätdlttlfrj'uid- Veri aind Wh r ner iJ*?d\l) d>?11 ieUi‘- W ü* ’h w»nuvn Ui \ ot : 
krankten Stellen niriit mehr vmhruhjen. X\ui)*v^ ünfvi '•iVuVti teaedi 


■!■» -Iitnr Warttiu^ Vor lall der 


Aueh hei drevenr lAil. infolet - hl 



174 iv !■;. Hl.,|.K.>;,laJrt:: fs«l i|*i' f (ulk It-.H.iJui.t.- in• I 




S W- . ‘ *;• f|S 

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• 4 ‘, lt *' N ,'/• 1,n| w j ilu Uni Vri-ji.-umn.; h ’.wllf’Tiit, Um ilcia, Huf 




i' Itf »ln roh, \V«‘crwilnno irmwvr» <uaV autk‘r«-ii WarHUiorrie- /(<:**» 

Halt zb'nt'hmen, wird • von v*mor volikonniirmrii tk> Waml* 

;.»m!^ AbstumJ nur Ua^WaniMioni )n*iflt;iv.i-it.s *>i>. /au haha-n Hobk 

nfonti (sicho AM*. Z). IYh: IMhlraumi; ftp ihm 'Itoultti \V«>n.<Hm; (He jVJj Ins an »hm 
^rnnrnrarul wrnleb mit ”«k»\mi:Un Tnpfmi ao*rnni 

,,v>)i 4 -ri; SulMlKjWub iwu'kv{»rbftn*l. Sftob t Ta^o» Äiz*. hör} ym* cMya Vom» X*;i? kr 

»lanmt'er aefum^iv?t\ k ontterm, VV*.uihcrun.L r ni an» Strahl 
■■•hon uarh An-wvmhln^ von l SuliVth{md-\ i rh'imhn rnrhj itidjjr üamh\vri*l>Hr. 
XijraM m keinen Umriitsttn b^ra*nh*-*r ocnb ^o^hwollrn Niobo AM». S).. 

__•__ 


^>'.*r^U\t i TTif« fjvit A^irUmihnrn Vn» 

m<t J'r^chj'lcVMi »I §tft 


fufls-m Kor»! 'bedeckt Airi HH'&.'t'fin Wklitfolivikvit! feiHc VerlmmiULui. 1% «len 
Zw&hnwAunt fiitlimitt?n : fort m Y»*rijs#rnt- 

*eehäf>I «limduifiÜf, ehrtmn i.nf HMik«le}b,iliV Ar .At'fSf »»«VjiMm «Im« h 11 -h , • * ( l -• t. ijjsber 
nur xur halber« Hol*«* eMtcrnU' . uiiüe«-«.'. lV:«i>.! r-n/ ef||§g$|| Huilu«.i«= jf in 
frei. 'AukknUzu»* <nit -ei.-nt, n. !,.««:• >. !<..i,)i,,: i.ewlirf'. 


176 K. Nouinann und E. Blankenburg: Ist die Hufkrebsbehandlung mit 


Tabellarische Übersicht. 



Zahl der 


Sulfo- 

Be- 

Klin. 

Ambullat. 


Pferd 

! erkrankten 
Hufe 

Ausdehnung des 
ITufkrebses auf 

liquid- 
Ver- 
1 biinde 

ga.sun- 

gen 

Behand¬ 

lung 

Behand¬ 

lung 

Ergebnis 

I 

2 







a 

h. 1. 

Strahl, Sohle 

4 

_ 

8 Wochen 

1 Woche 

geheilt 

b 

v. 1. 

Strahl, Sohle 

5 

-- 

7 Wnelioii 

1 

1 Woche 

geheilt 

ii 

1 

Strahl, Sohle 

i 

1 

4 Wochen 

5 Wochen 

geheilt 

ui 

3 





i 


a 

v. r. 

Strahl 

3 | 

— 

— 

5 Wochen 

geheilt 

b 

ii. i. 

; Strahl, Sohle 

(i 

— 


7 Wochen 

geheilt 

e 

Ji. r. 

Strahl 

2 


— 

3 Wochen 

geheilt 

IV 

1 

Strahl, Sohle, 








Wand 

14 

3 

14 Wochen 

4 Wochen 

geheilt 

V 

3 







a 

v. r. 

Strahl, Sohle 

4 

_ 

4 Wochen 

2 Wochen 

| geheilt 

b 

ii. i. 

Strahl, Sohle. 






Wand 

ir> 

3 

13 Wochen 

4 Wochen 

J entlassen 

e 

h. r. 

Strahl 

6 

— 

f) Wochen 

— 

geheilt 

VI 

1 

Strahl, Sohle, 








Wand 

5 

1 

4 Wochen 

3 Wochen 

geheilt 

VII 

3 




I 



a 

v. r. 

Strahl, Sohle, 

1 



— 

■ 

1» 

v. 1. 

1 Wand 

Strahl, Sohle, 

11S 

5 

4V 2 Mo¬ 
nate 

— 

go- 

► schlach¬ 



Wand 

14 

3 



tet 

c 

h. r. 

Strahl, Sohle 

17 

2 


1 


VIII 

1 

Strahl, Sohle, 




| 




Wand 

7 

- - 

9 Wochen 

5 Wochen 

geheilt 

IX 

1 

Strahl. Sohle, 




1 

entlassen 



Wand 

9 

— 

9 Wochen 

4 Wochen 


X 

1 

Strahl, Sohle, 








Wand 

Ti 

— 

(> Wochen 

3 Wochen 

geheilt 

XI 

1 | 

Strahl, Sohle. 



| 





Wand : 

7 

i 

9 Wochen 

4 Wochen 

geheilt 


Verbände werden alle 3—4 Tage gewechselt. Verhornung geht auch aus 
Außenwand langsam vor sich (siehe Abi). 10). 

Pat. kann nach 9wöchiger Behandlung mit einem Eisen beschlagen aus 
der Klinik entlassen werden. 1 )er schwer erkrankte Huf ist geheilt. Nach 4 Wochen 
erfolgt Vorstellung. Huf wird nach Regulierung des Wandhornes und der Sohle 
neu beschlagen. Xeugebildetes Horn überall derb und fest. Nochmalige Vorstellung 
nach 4 Woeben. Rezidiv nicht vorhanden, auch späterhin durch den die Kontrolle 
ausübenden Tierarzt nicht gemeldet. 




Söj-Gas durch eine solche mit Sulfoliqnid und Snlfofix zu ersetzen? 177 

Zwei weitere Fälle von Hufkrebs (Strahl- und Sohlenkrebs) habe ich in der 
TieräratL Klinik von Hamelau und Heine in Hamburg nur unter Anwendung von 
Sulfoliquid mit Erfolg behandelt. Während bei den bisher beschriebenen Fällen 
ohne Anwendung chirurgischer Eingriffe Heilung erzielt wurde, wurde bei diesen 
beiden Fällen die Sulfoliquid-Behandlung erst nach radikaler Entfernung aller 
Wucherungen angewendet. In dem einen Falle genügten 3, in dem anderen mußten 
6 Sulfoliquid-Verbände unter Druck angelegt werden. 

Heilung nach 6 Wochen. Rezidiv nach 2 Monaten nicht eingetreten. 

Zusammenfassung. 

Die Behandlung des Hufkrebses mit Sulfoliquid und Sulfofix hat 
gezeigt, daß eine Heilung auch ohne Anwendung des gasförmigen 
Schwefeldioxyds erzielt werden kann. Durch die Herstellung eines 
höher konzentrierten Sulfoliquid ist es möglich geworden, Ätzungen 
fast in demselben Grade, wie sie das gasförmige S0 a hervorruft, zu be¬ 
wirken. 

Das Sulfoliquid wirkt ätzend, austrocknend, desodorisierend und 
Mutstillend. Es ist gegenüber dem S0 2 -Gas billiger und bequemer 
in der Anwendung durch Fortfall der Gasmanschette. Ein Notstand 
oder Abwerfen des Pferdes ist nur in besonderen Fällen erforderlich. 
Ferner tritt eine Zeitersparnis beim Verbandwechsel hinzu. Ver¬ 
ätzungen der Haut, wie sie bei Begasungen trotz aller Vorsichtsmaßregeln 
entstehen, werden durch Sulfoliquid nicht hervorgerufen. 

Sein Nachteil gegenüber dem SO s -Gas besteht darin, daß die Be¬ 
handlung des Hufkrebses mit Sulfoliquid längere Zeit in Anspruch 
nimmt, da durch die Einwirkung des Gases sofort nach der Begasung 
eine Ätzschicht entfernt werden kann. 

Es hat sich gezeigt, daß beim Aufbewahren des Sulfoliquid bei 
kaltem Wetter eine Auskrystallisierung am Boden der Gefäße statt¬ 
findet, wodurch die oberen Schichten der Flüssigkeit in ihrer Konzen¬ 
tration verdünnt werden und dann geringere Ätzungen bewirken. 
Es ist daher erforderlich, das Sulfoliquid bei kaltem Wetter in zimmer¬ 
wannen Räumen aufzubewahren oder vor dem Gebrauch anzuwärmen. 

Das Sulfofix kann zur Verstärkung der Ätzwirkung wie auch allein 
zur Nachwirkung verwendet werden. 

Über die Dauer einer Hufkrebsbehandlung läßt sich von vornherein 
keine bestimmte Zeit angeben, da auch manchmal schwache Wuche¬ 
rungen eine längere Behandlung erfordern. Während bei der Behandlung 
mit S0 t - Präparaten im allgemeinen eine Heilung der behandelten 
Patienten innerhalb von 4—12 Wochen erzielt werden konnte, gelangt 
es bei einem Pferd trotz Anwendung des S0 8 auch in gasförmigem 
Zustand nicht, die Erkrankung in einem Zeitraum von 5 Monaten zur 
Heilung zu bringen. Die weiteren Versuche mußten durch Schlachtung 
des Pferdes unterbrochen werden. Als erschwerende Momente bei 



178 K. Neamann und E. Blankenburg: Ist diu Hufkrebsbehandlung mit 


der Behandlung dieses Patienten traten hinzu sein hohes Alter (15 Jahre), 
sein wenig guter Ernährungszustand, die gleichzeitige Erkrankung an 
.3 Hufen, die außerdem Flachhufe waren. 

Bei der Behandlung wird am besten folgendermaßen verfahren: 
Nachdem der Huf gut gereinigt ist, wird alles manuell oder mit dem 
stumpfen Rücken der Schere leicht zu beseitigende nekrotische Gewebe 
entfernt. Das durch die Wucherungen unterminierte Horn wird mög¬ 
lichst, ohne Blutungen zu erzeugen, abgetragen und die erkrankten 
Stellen mit Sulfoliquid betupft, wodurch sie sich grauweiß verfärben. 
Schwache Blutungen pflegen dann schon zu stehen. Zur Erhöhung 
der Wirkung des Sulfoliquid kann Sulfofix, das man nach dem Über¬ 
gießen des ersteren aufstreut, verwendet werden. Auf die mit Sulfoliquid 
übergossene und mit Sulfofix bestreute Angriffsfläche werden mit 
Sulfoliquid getränkte Tampons gelegt und auf die Stellen ein gut und 
fest sitzender Druckverband aufgelegt. Der Verband wird alle 3 bis 
4 Tage in gleicher Form erneuert, da früher abgenommene Ver¬ 
bände geringe Ätzwirkungen aufweisen, zu spät entfernte zu große 
Sekretdurchfeuchtung zeigen. Beim Verbandwechsel wird der Ätz¬ 
schorf, ferner die eitrig-käsigen, übelriechenden nekrotischen Massen 
stumpf mit dem Finger oder der Schere entfernt. Sulfoliquid-Sulfofix- 
verbände werden solange angelegt, bis die Wucherungen vollkommen 
verschwunden sind und das Corium die normale gesunde Beschaffenheit 
aufweist. Ist dies der Fall, so verwendet man bei den nächsten Druck¬ 
verbänden zur gründlichen Austrocknung reines Sulfofix, um schlie߬ 
lich, wenn eine Ätzwirkung nicht mehr erwünscht ist, zu anderen aus- 
trockenden Mitteln, wie Jodoformäther, Lenicet u. a., überzugehen. 
Da eine Nachwirkung der ins Gewebe eingedrungenen SO g -Präparate 
sich noch über etwa 2 Jodoformäther- usw. Verbände nachweisen läßt, 
so muß die Oberfläche des Corium stets von allen Teilen befreit werden, 
die sich nicht als ganz festes Narbenhom erweisen. Hiervon hängt, 
wie die Versuche lehrten, viel für das baldige Eintreten der Heilung ab. 
Das Narbenhom wird dann unter Fortlassen des Verbandes täglich mit 
angewärmtem Holzteer überstrichen. 

Um Verbandszeug zu ersparen lassen sich bei nur wenig ausgedehnten 
Wucherungen von Hufkrebs mit gutem Erfolg Deckeleisen oder Splint¬ 
verbände verwenden. Ferner sind dreiviertes oder halbe Eisen, je nach 
Sitz und Ausdehnung des Hufkrebses, bei den behandelnden Fällen 
gegeben worden. Ein bei der Behandlung und besonders auch bei der 
Nachbehandlung des Hufkrebses wichtiger Faktor ist das Trockenhalten 
des Verbandes, wozu es erforderlich ist, den hufkrebskranken Pferden 
möglichst trockene Streu zu geben oder — sind die Patienten schob 
arbeitsfähig — dafür Sorge zu tragen, daß sie nur bei trockenem Wetter 
zur Arbeit verwendet werden. So ist ein Teil der behandelten Tiere, 



SO,-Gas durch eine solche mit Sulfoliquid und Sulfofix zu ersetzen? 179 

die während der Behandlungszeit weiter zur Arbeit verwendet wurden, 
gar nicht oder nur langsam geheilt worden, weil sich die Druckverbände 
durch von außen einwirkende Feuchtigkeit und durch Nachlässigkeit 
und Interesselosigkeit der Pferdepfleger lockerten, Schmutz und Flüssig¬ 
keit von außen eindrangen und Vorfälle und Entzündungen der Huf¬ 
lederhaut hervorriefen. 

Steht eine Begasungsmanschette zur Verfügung, so wird zweckmäßig 
zur Erzielung einer schnelleren Heilung nach dem von Neumann und 
Ruscher angewandten Verfahren eine 1—3 malige Begasung vor¬ 
genommen und das kombinierte Verfahren mit SO,-Gas und starkem 
Sulfoliquid und Sulfofix angewendet. 


Literaturverzeichnis. 

*) Neumann und Ruscher, Über die Hufkrebsbehandlung mit SO,. (Arch. f. 
wissensch. u. prakt. Tierheilk. 47 , 4. H. — *) Klein, Eine neue Anwendungsweise 
der schwefligen Säure in der Seuchenbekämpfung und Wundbehandlung. Dtsch. 
landw. Presse, 48. Jahrg., Nr. 99, S. 732. — 3 ) Klein, Die Heilwirkung der schwefligen 
Säure. Dtsch. tierärztL Woohenschr. Jahrg. 29, H. 42, S. 535. 



(Aus der mediz. Klinik der Tierärztlichen Hochschule zu Budapest [Direktor: 

Prof. Dr. J. Marek].) 

Zur Behandlung der Beschälseuche. 

Von 

Dr. P. Pataki, 

Assistent. 

(Eingegangen am 5. November 1922.) 

Die durch Trypanosomen angeregten Erkrankungen trachtete man 
zunächst mit verschiedenen Chinin-, Quecksilber- und Jodpräparaten 
zu behandeln, ohne damit einen nennenswerten Erfolg zu erreichen. 
Später haben Lingard und Bruce bei Surra und Nagana die trypanocide 
Wirkung der Arsenverbindungen erkannt, kurz darauf Ehrlich und seine 
Schule auch versuchsmäßig erwiesen, daß gewisse Triphenylmethan- 
farbstoffe (Parafuchsin, Methylviolett, Pyronin), manche Azofarbstoffe 
(Trypanrot, Trypanblau, Trypanrosan, Trypanviolett), hauptsächlich 
aber die organischen Arsenverbindungen, wie Atoxyl, Arsacetin, Arseno- 
phenylglycin, Salvarsan und auch einige Antimonverbindungen, die 
Fähigkeit haben, im tierischen Körper die Trypanosomen abzutöten 
oder mindestens ihre Entwicklung zu hemmen, worauf bei geeigneter 
Dosierung sogar völlige Heilung eintreten kann. Die Wirksamkeit der 
organischen Arsenverbindungen beruht darauf, daß solche Verbindungen 
im Tierkörper reduziert werden und das dabei entstehende dreiwertige 
Arsen in statu nascendi zur Wirkung kommt. Auch hat sich weiter 
ergeben, daß, wenn bei solcher Versuchsanordnung nicht sämtliche 
Trypanosomen abgetötet werden, die am Leben gebliebenen sowie deren 
spätere Generationen selbst nach Übertragung auf andere Tiere der¬ 
selben Gattung arsenfest bleiben. 

Obwohl Uhlenhulh, Hübener und Woiihe bei verschiedenen künstlich mit 
Dourine-Tryp&noeomen infizierten Versuchstieren schon 8—10 Stunden nach der 
Einspritzung von Atoxyl sämtliche Trypanosomen aus dem Blute verschwinden 
sahen, gestaltete sich die Wirkung nach einer natürlichen Ansteckung mit dem 
Beschälseuche-Virus bei Pferden insofern weniger günstig, als häufig Rückfälle 
beobachtet wurden. Mitssner und Immisch, desgleichen Zwick und Fischer ver¬ 
mochten mit Trypanosomen stark infizierte Mäuse und andere Versuchstiere mit 
Arsenophenylglycin gänzlich trypanosomenfrei zu machen, worauf während der 
späteren langdauemden Beobachtungszeit keine Rückfälle verzeichnet wurden. 

Die kombinierte Anwendung von trypanociden Stoffen ergab besonders in 
der Kombination von Atoxyl und Tartarus stibistus günstige Erfolge, wie nament- 



P. Pat&ki: Zur Behandlung der Beschälseuche. 


181 


hch in Hupperts Fällen bei Mauleseln in Afrika auch als Prophylaktieum gegen 
Nagana. Müinger trachtet durch ein Provokationsverfahren mit täglich 1 mal 
3 Tage hindurch wiederholten subcutanen Einspritzungen von je 10—30 ccm 
einer Adrenalinlösung 1 :10000 die Dourine-Trypanosomen aus ihren Schlupf¬ 
winkeln hervorzulocken und zu mobilisieren, worauf sie durch intravenöse Ein¬ 
spritzungen von Tartarus stibiatus (in 3 tägigen Zwischenräumen je 3,0 g, ins¬ 
gesamt 7,5—9,0 g) abgetötet werden können; hierauf folgt eine roborisierende 
Behandlung mit Atoxyl novum. Kölle und seine Mitarbeiter haben auch andere 
Antimonverbindungen, insbesondere das Antimontrioxyd, in Vorschlag gebracht. 

Mehrere Forscher, insbesondere Möller und David , machten Heilversuche mit 
Keoealvarsan in verhältnismäßig hohen Dosen (4,5—27,0 g, nötigenfalls wieder¬ 
holt), worauf die krankhaften Erscheinungen, mit Ausnahme eines Falles, ver¬ 
schwanden, trotzdem aber die diagnostischen Blutproben auch später, bis auf 
einen Fall, einen positiven Ausschlag lieferten. 

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Heilversuche vorgenommen mit 
dem Präparat „Bayer 205“, teils an Versuchstieren (Haendd und Joettcn, Mayer und 
Zeit», Mieserer und Berge, teils in Fällen einer natürlichen Ansteckung (Pfeiler 
u. a.). Als die zweckmäßigste Einzeldosis wird von Pfeiler 1 g für 100 kg Körper¬ 
gewicht angegeben, wobei aber eine Steigerung der Dosis über 5 g selbst bei einem 
Körpergewicht Uber 500 kg nicht angezeigt erscheint. Die intravenöse Injektion 
des in Wasser gelösten Mittels soll in Zwischenräumen von je einer Woche ins¬ 
gesamt 3 mal vorgenommen werden. 

Eigene Versuche wurden bei 14 Pferden ausgeführt, die nach einer 
natürlichen Ansteckung erkrankt waren und mit Ausnahme eines Heng¬ 
stes auch äußere Erscheinungen der Beschälseuche darboten. Außer¬ 
dem wurden bis auf einen Hengst ohne äußere Symptome und eine Stute, 
im abgeschabten Sekret der Harnröhre beim Hengst oder der Scheiden¬ 
schleimhaut bei der Stute die Trypanosomen mikroskopisch nachgewie¬ 
sen, zumeist in einer Zahl von 1 —5, in ganz akuten Fällen ab und zu 
sogar in einer solchen von 60—80 für ein Präparat. Die Prüfung des 
Harnröhren- oder des Scheidensekretes auf Trypanosomen erwies sich 
als sehr gut brauchbar zur Kontrolle der trypanociden Wirkung der 
angewandten Mittel. Merkwürdigerweise scheinen andere Forscher, 
die sich mit solchen Heilversuchen beschäftigten, sich dieses Über¬ 
prüfungsverfahrens nicht bedient zu haben, sondern sie schlossen auf 
die Wirksamkeit des Mittels allein aus dem Verschwinden der klinischen 
Erscheinungen, der Besserung des Kräftezustandes, der Wiederkehr der 
Arbeitsfähigkeit und unter Umständen auf Grund des Ergebnisses der 
Biutuntersuchung. Die Ansteckung eines Hengstes, der dadurch der 
Ansteckung verdächtig war, daß er nach einem an Beschälseuche 
erkrankten Hengst eine Stute gedeckt hatte, hat sich trotz dem dauernden 
Fehlen von klinischen Erscheinungen und dem negativen Ergebnis der 
mikroskopischen Untersuchung des Harnröhrensekretes auf Trypano¬ 
somen daraus bestimmt ergeben, daß eine von ihm drei Wochen nach 
seiner Kastration gedeckte Stute, die jahrelang in der Klinik der Hoch¬ 
schule als Arbeitspferd unter Beobachtung stand und sicher beschäl- 
seaehefrei war, nach einer Inkubation von 3 Wochen unter typischen 



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P. Pataki; 


Erscheinungen erkrankte. Bei allen Tieren wurde die Diagnose auch 
durch den positiven^ Ausfall der Kompleraentbindungs-Blutprobe 
gestützt. 

Versuche mit Bayer 205 . Das Mittel wurde in der nötigen Menge von 
Pfeiler in dankenswerter Bereitwilligkeit zur Verfügung gestellt. Die 
Gesamtdosis wurde in 10 ccm sterilisiertem destilliertem Wasser in 
der Weise gelöst, daß kleinere Mengen des Mittels nach jeweils erfolgtem 
Schütteln des Gefäßes allmählich zugesetzt wurden. Die in ihrer Farbe 
der Lösung des Neosalvarsans ähnliche Lösung wurde in die Vena 
jugularis gebracht, wobei die Injektionsnadel nicht zum Aufziehen der 
Lösung in die Spritze verwendet und nach der Einspritzung ihre Lich¬ 
tung durch Herausströmenlassen einer geringen Blutmenge ausgespült 
wurde, um das Hineingelangen von geringen Mengen des Mittels in 
das Unterhautgewebe und dessen nachherige Entzündung zu verhindern. 
Durch die Verwendung solcher geringer Wassermengen zur Auflösung 
des Mittels wurde die intravenöse Einspritzung ganz einfach und be¬ 
quemer gestaltet als die Infusion bei Verwendung größerer Wasser¬ 
mengen. 

Versuche mit 0,01 g Bayer 205 für 1 kg Körpergewicht. Stute Nr. 1, 4 Jahre 
alt, mit einem Körpergewicht von ungefähr 400 kg. Sie wurde durch den an 
Beschälseuche erkrankten Hengst Nr. 8 am 16. und 24. HI. 1921 gedeckt, worauf 
den 26. IV. eine leichte Schwellung der Schamlippen, ein geringer Scheidenausfluß 
und eine leichte Schwellung des Euters sich einstellten, den 13. V. der Gang gespannt 
wurde und an der linken Kniefalte ein Talerfleck zum Vorschein kam, den 22. V. 
die Schwellung der Schamlippen höhergradig erschien und am rechten Ober¬ 
schenkel 3 Talerflecke sichtbar wurden. Klinischer Befund den 27. V.: Die Scham¬ 
lippen mäßig geschwollen und mit einigen sog. Krötenflecken. Die Scheiden¬ 
vorhofschleimhaut im Bereiche der unteren Commissur sulzig geschwollen. An 
der rechten Kniefalte eine handtellergroße Anschwellung, das Euter leicht ge¬ 
schwollen, davor an der unteren Bauchhaut eine handtellergroße Anschwellung. 
Der Gang schwankend. Im Scheidensekret 2—3 Trypanosomen in jedem Präparat. 
Den 7. VI. intravenöse Einspritzung von 4 g Bayer 205, worauf nach 15 Stunden 
am ganzen Körper zerstreut ein QuaddelauBschlag bemerkbar wurde, die oberen 
Augenlider und die Lippen mächtig anschwollen und an der Einspritzungsstelle 
eine 10 cm lange, kindsarmdicke, schmerzhafte Anschwellung zustande kam, der 
Gang kurz und gespannt wurde, die Freßlust sich verminderte, die Körpertempe¬ 
ratur auf 39,0° C und die Pulszahl auf 60 emporstieg. Am darauffolgenden Tage 
verschwanden sämtliche Schwellungen völlig, die Erscheinungen der Hufent¬ 
zündung minderten sich, die Anschwellung an der InjektionsBtelle nahm aber 
weiter zu und vereiterte in weiteren 5 Tagen, wo dann nach der Eröffnung ein 
gelblicher, mit nekrotischen^Gewebsfetzen vermischter Eiter zum Vorschein kam, 
der nur spärliche Eiterkokken enthielt. Die örtlichen Veränderungen verschwanden 
nach der in r 2 Wochen^ erfolgten Heilung des Abscesses’ vollständig. Die nach 
einer Woche der erstmaligen folgende zweite Einspritzung von 4 g Bayer 205 hatte 
überhaupt keine sichtbare Wirkung auf das Tier,’ die nach einer weiteren Woohe 
vorgenommene 3. Einspritzung ließ aber wieder einen allgemeinen Ausschlag von 
kleinen Quaddeln'auftreten. Obwohl gleich von der ersten Einspritzung ab keine 
Trypanosomen mehr im Scheidensekret nachweisbar waren, traten fast volle 



Zur Behandlung der Beschälseuche. 


183 


6 Wochen nach dem Abschluß der Behandlung zwei neue Talerflecke an der linken 
Brustwand auf, die sich an den folgenden Tagen noch weiter vergrößerten und 
deren eine schließlich zu einer handtellergroßen Anschwellung wurde. Trotz 
fortgesetzten und wiederholten Untersuchungen konnten in diesen Talerflecken 
keine Trypanosomen gefunden werden. ^Nachdem diese Schwellungen nach einer 
Dauer von 7 Tagen spurlos vergangen waren, traten später keine krankhaften 
Veränderungen mehr auf, der Kräftezustand besserte sich allmählich und das 
Tier konnte auch zur leichten Arbeit verwendet werden. Die Komplementbindungs¬ 
probe fiel 34 Tage nach der letzten Einspritzung vollständig positiv, nach weiteren 
4 Wochen dagegen negativ aus, um nach weiteren 4 Wochen einer teilweisen Bin¬ 
dung zu weichen und dann bei weiteren Proben wieder einen negativen Ausschlag 
zu geben« 

Stute Nr. 2, 8 Jahre alt, mit einem Körpergewicht von rund 400 kg. Vor¬ 
bericht: Ansteckung durch einen kranken Hengst am 18. und 26. III. 1921; den 
2. V. Anschwellung der Schamlippen, den 12. V. mehrere Talerflecke am Unter¬ 
bauch und einige Krötenflecke an den Schamlippen. Befund den 17. V.: Leichte 
Abmagerung, sulzige Schwellung der Scheidenvorhofschleimhaut um den Kitzler 
herum. In den folgenden Tagen Talerflecke an verschiedenen Körperstellen. 
Am 7. VI. 4 g Bayer 205 intravenös. Nach 15 Stunden bildeten sich am ganzen 
Körper pfennig- bis handtellergroße Hautschwellungen für die Dauer von 2 Tagen. 
Nach 4 Tagen zeigte sich die Haut des Afters mit einer gelbbraunen, halb einge¬ 
trockneten Ausschwitzung bedeckt, worunter die Epitheldecke abgelöst angetroffen 
wurde. Die in 7 Tagen folgende 2. Einspritzung hatte nur einen spärlichen und 
rasch vorübergehenden Quaddelausschlag in der Kruppengegend veranlaßt, 
während die 3. Injektion reaktionslos geblieben ist. Kurz nach dem Abschluß 
der Behandlung wurden rasch zunehmende Bewegungsstörungen bemerkbar, das 
Tier vermochte schließlich nicht aufzustehen und starb darauf in kurzer Zeit. 

Stute Nr. 3, 4 Jahre alt, ungefähr 400 kg schwer. Sie wurde den 13., 21. und 
29. III., ferner den 27. IV. durch den Hengst Nr. 8 sowie den 27. IV. auch noch 
durch den Hengst Nr. 5 gedeckt, worauf den 13. V. eine leichte Schwellung der 
Schamlippen, sulzige Schwellung der Scheidenvorhofschleimhaut und gespannter 
Gang, am 22. V. an verschiedenen Körperstellen Talerflecke, eine stärkere Schwel¬ 
lung der Schamlippen und das Einknicken der hinteren Extremitätengelenke im 
Gange bemerkbar wurden. Die mikroskopische Untersuchung des Scheiden¬ 
sekretes ergab den 26. V. 3—5 Trypanosomen in jedem Präparat. Nach der am 
7. VI. vorgenommenen Einspritzung von 4 g Bayer 205 entwickelte sich am folgen¬ 
den Tage eine hühnereigroße, schmerzhafte Anschwellung an der Einspritzungs- 
stelle für die Dauer von 3 Tagen. In den der Einspritzung folgenden Tagen konnten 
trotz langdauemden und fortgesetzten Untersuchungen keine Trypanosomen mehr 
im Scheidensekret gefunden werden. 2 Tage nach der am 7. VI. erfolgten Ein¬ 
spritzung von 4 g Bayer 205 trat im Anschluß an eine länger dauernde Bewegung 
eine bedeutende Zunahme der Bewegungsstörungen ein, das Tier vermochte sich 
nicht aufzurichten und starb darauf alsbald. 

Hengst Nr. 5 r 9 Jahre alt, mit einem Körpergewicht von 430 kg. Am 22. V. 
1921 wurden mehrere Talerflecke in der Schaufelknorpelgegend sichtbar. Befund 
am 27. V. 1921: Nährzustand gut; leichte Schwellung des Hodensackes und des 
Schlauches; im Hamröhrenschleim 3-^5 Trypanosomen in jedem Präparat. Unter 
allmählicher Vergrößerung erreichte der Hodensack bis zum 3. VI. Mannskopf¬ 
größe, der Schlauch zeigte sich in ein armdickes Gebilde umgewandelt und am 
Unterbauch wurde eine bis zur Schaufelknorpelgegend sich ziehende diffuse An¬ 
schwellung bemerkbar. Vom 8. VI. bis zum 1. VII. brachten wiederholte Antimon- 
trioxydeinspritzungen keine Besserung des Zustandes herbei und 15 Tage nach 



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P. Pataki: 


dem Abschluß dieser Behandlung kamen in jedem Gesichtsfeld der Präparate 
vom Hamröhrenschleim 3—6 Trypanosomen zur Schau. Den 3. VIIL erfolgte 
die Einspritzung von 4,3 g Bayer 205 in 100 ccm Wasser. Im Laufe der ersten 
6 Stunden nach der Einspritzung konnte bei wiederholten mikroskopischen Unter¬ 
suchungen des Harnröhrenschleimes keine Verminderung der Trypanosomen er¬ 
kannt werden, in der 9. Stunde waren sie aber schon viel spärlicher vorhanden 
und von der 14. Stunde kamen sie überhaupt nicht mehr zur Schau. In der 9. Stunde 
nach der Einspritzung traten vereinzelte Quaddeln an verschiedenen Körperstellen 
auf und die Schwellung des Hodensackes sowie des Schlauches wurde noch deut¬ 
licher. 2 Tage nach der am 10. VIII. wiederholten Elinspritzung entwickelte sich 
an allen vier Extremitäten eine allgemeine akute Huflederhautentzündung, die 
sich nur sehr langsam besserte und infolgedessen von der Vornahme einer dritten 
Einspritzung Abstand genommen wurde. Inzwischen ging das Körpergewicht im 
Laufe von 18 Tagen um volle 55 kg zurück. Trotz der spater erfolgten Wiederkehr 
der Freßlust besserte sich der Nährzustand auch in der folgenden Zeit nicht und 
am 14. X. betrug das Körpergewicht nur noch 330 kg. Nach insgesamt 20 sub- 
cutanen Einspritzungen von Strychnotonin, eines arsen-, phosphor- und strychnin- 
haltigen Mittels, ließ sich zwar eine Körpergewichtszunahme um 40 kg nebst Ver¬ 
mehrung der roten Blutzellen feststellen, nach einem weiteren Monat trat aber 
wieder ein Rückfall ein, das Tier erholte sich nicht mehr und mußte im Februar 
1922 getötet werden. 4 Tage nach der ersten Einspritzung gab die Komplement¬ 
bindungsprobe einen vollständig positiven Ausschlag, nach weiteren 15 Tagen 
konnte nur eine teilweise, dann nach 16 Tagen wieder eine vollkommene Bindung 
festgestellt werden, während zwei weitere darauffolgende Proben nach 26 und 
58 Tagen wieder nur eine partielle Bindung zum Vorschein kommen ließen. 

Hengst Nr. 7, 13 Jahre alt, Körpergewicht 420 kg. Dieser Hengst hatte eine 
Stute gedeckt, die vorher durch einen kranken Hengst gedeckt wurde. Das Tier 
zeigte überhaupt keine Krankheitserscheinungen und auch die wiederholten mikro¬ 
skopischen Untersuchungen des Harnröhrenschleimes ergaben stets einen nega¬ 
tiven Befund. Trotzdem wurde später seine Ansteckung dadurch erwiesen, daß 
eine Stute, die durch ihn 3 Wochen nach seiner Kastration gedeckt wurde, typiach 
erkrankte. Nach einer einmaligen Einspritzung von 4,2 g Bayer 205 schwoll die 
Injektionsstelle zur Faustgroße an, außerdem trat am Nasenrücken eine kinds¬ 
faustgroße Anschwellung, desgleichen eine starke Schwellung des Schlauches auf 
nebst allenthalben am Körper zerstreut liegenden Quaddeln. Die eine Woche 
später vorgenommene 2. Injektion hatte keine Folgen gehabt. Das Tier wurde 
darauf zur leichten Arbeit verwendet, es stellte sich jedoch nach mehreren Monaten 
Schwanken beim Gehen ein und schließlich starb das Tier an den Folgen eines 
Knochenbruches nach einer 11 Monate dauernden Beobachtung. Bis zum 26. Tage 
nach der erstmaligen Injektion von Bayer 205 ergab die Komplementbindungs- 
probe stets einen positiven, dann einmal einen zweifelhaften Ausschlag, während 
bei den später folgenden Blutproben wiederum fast eine gänzliche Bindung zu 
verzeichnen war. 

Hengst Nr. 8, 10 Jahre alt, ungefähr 500 kg im Gewicht. Am 27. V. 1921 
ergab die mikroskopische Untersuchung des Hamröhrenschleimes das Vorhanden¬ 
sein von 1—2 Trypanosomen in jedem Präparat. Die hinteren Extremitäten wurden 
beim Gehen schleifend vorgeführt. Nach der den 7. VI. erfolgten intravenösen Ein¬ 
spritzung von 5,0 g Bayer 205 bemerkte man am darauffolgenden Tage eine be¬ 
deutende ödematöse Anschwellung der Augenbogengegend und der Lippen, ferner 
eine ringförmige solche Schwellung im Bereiche der Schlauchöffmmg, nach einigen 
Tagen des weiteren eine nekrotische Abstoßung des Hautepithels am After unter 
Hinterlassung von farblosen Flecken. Im Hamröhrenschleim wurden keine Try- 



Zur Behandlung der Beschälseuche. 


185 


panosomen mehr gefunden. Die 2. Einspritzung hatte keine merklichen Folgen 
für das Tier, die nach weiteren 7 Tagen folgende 3. Einspritzung hatte aber nach 
2 Tagen eine schwere akute Huflederhautentzündung auf allen vier Extremitäten 
veranlaßt, deren akute Erscheinungen nur ganz allmählich im Laufe von 3 Wochen 
verschwanden, darauf aber sich an den Vorderextremitäten eine Hufbeinrotation 
entwickelte, wodurch das Tier arbeitsunfähig wurde. Infolge der Pododermatitis 
nahm auch die Freßlust bedeutend ab und das Tier büßte in 4 Monaten 140 kg an 
Körpergewicht ein. Im Anschluß an insgesamt 20 Injektionen von Arsotonin 
nahm zwar das Körpergewicht wieder etwas zu, doch trat nach 1 Monat wieder ein 
Rückfall ein und das Tier mußte getötet werden. Im Laufe von 34 Tagen nach dem 
Abschluß der Behandlung mit Bayer 205 verhielt sich die Komplement bindungs¬ 
probe stets positiv, wurde dann einmal fast gänzlich negativ, in der folgenden Zeit 
sowie auch noch zur Zeit der Tötung des Pferdes wurde sie aber wieder vollkommen 
positiv. 

Stute Nr. 12, 10 Jahre alt, mit einem Körpergewicht von 410 kg. Sie erwies 
sich als Institutspferd bei mehrere Jahre dauernder Beobachtung als vollständig 
gesund. Nachdem sie den 1. VII. 1921 durch den vor 3 Wochen kastrierten Hengst 
Nr. 7 gedeckt wurde, ließ sie nach 22 Tagen eine starke Schwellung der Schamlippen, 
an der Haut der Dammgegend mehrere pigmentlose Flecke, gelbgraue Verfärbung 
und sulzige Schwellung der Scheidenvorhofschleimhaut im Bereiche der unteren 
Commis8ur erkennen. Die mikroskopische Untersuchung des Scheidensekretes 
ergab das Vorhandensein von 30—50 Trypanosomen für je ein Präparat. Am 
2. Tage nach der offensichtlichen Erkrankung erhielt das Pferd 4,0 g Bayer 205 
intravenös, worauf nach 22 Stunden an der Einspritzungsstelle eine faustgroße, 
derbe, schmerzhafte Schwellung, eine starke Schwellung der Lippen und der Gegend 
der Lippenwinkel, des weiteren ein allgemeiner Quaddelausschlag zum Vorschein 
kamen, im Scheidensekret aber keine Trypanosomen mehr nachweisbar waren. 
Im Laufe von 2 Tagen verloren sich die Hautschwellungen allmählich, auch die 
Veränderungen der Scheidenschleimhaut minderten sich bedeutend und die Schwel¬ 
lung der Schamlippen wurde viel geringer. Die der ersten nach 1 Woche folgende 
2. Einspritzung hatte einen allgemeinen Quaddelausschlag, die 3. eine allgemeine, 
erst in 19 Tagen heilende Pododermatitis zur Folge. Seither zeigt sich das Tier 
vollständig gesund und arbeitsfähig. Die Komplementbindungsprobe ergab am 
Tage der erstmaligen Einspritzung einen positiven Ausschlag, vom 13. Tage nach 
dem Abschluß der Behandlung verhielt sie sich stets negativ. 

Stute Nr- 13, 6 Jahre alt, mit einem Körpergewicht von 450 kg. Klinischer 
Befund am 17. VI. 1921. Nährzustand gut; an der linken Brustseite eine handteller¬ 
große Anschwellung, längs der Linea alba zwei etwa 20 cm lange, kindsarmdicke 
ödematöse Stränge, daneben rechts ein Talerfleck; leichte Schwellung der Scheiden¬ 
schleimhaut; im Scheidensekret erst nach langem Suchen ein Trypanosom nach¬ 
weisbar. Im Laufe der nächsten 5 Wochen nahmen die Erscheinungen noch 
weiter zu, so entwickelte sich eine bedeutende Schwellung der Schamlippen sowie 
eine sulzige Schwellung der Scheidenvorhofschleimhaut, der Gang wurde schwan¬ 
kend und im Scheidensekret kamen bis 60—80 Trypanosomen für je ein Präparat 
zu Gesicht. Am 47. Beobachtungstage erhielt das Pferd 4,5 g Bayer 205 intra¬ 
venös. Schon 7 Stunden später verminderte sich die Menge der Trypanosomen 
im Scheidensekret merklich, in der 11. Stunde konnten nur noch einige nach- 
gewiesen werden, in der folgenden Zeit fiel aber die diesbezügliche Untersuchung 
negativ aus. An dem der Einspritzung folgenden Tage traten allenthalben am 
ganzen Körper bis faustgroße Hautschwellungen auf und die Talerflecke ver¬ 
größerten sich merklich. Als die Folge der nach 7 Tagen wiederholten Einspritzung 
wurde eine nach 2 Tagen auftretende schwere akute Pododermatitis sowie eine 


Arch. f. Tierheilk. XLIX. 


13 



186 


P. Pataki: 


oberflächliche Hautnekrose am After verzeichnet, die zwar in 10 Tagen abheilte, 
inzwischen aber das Pferd an beiderseitiger Pneumonie mit darauffolgender Lungen - 
gangrän erkrankte, demzufolge von einer 3. Einspritzung Abstand genommen 
wurde. Nach einem über einen Monat dauernden Kränkeln besserte sich der 
Zustand soweit, daß das Tier zur leichten Arbeit verwendet werden konnte. 
Hierbei verschlechterte sich aber der Kräftezustand wiederum, so daß nach 2 1 /* Mo¬ 
naten das Tier als arbeitsunfähig der Klinik zurückgegeben wurde. Zu dieser Zeit 
wurde eine bedeutende sulzige Schwellung der Scheidenvorhofschleimhaut im Be¬ 
reiche der unteren Commissur und des Kitzlers sowie das Vorhandensein von 
40—60 Trypanosomen in je einem mikroskopischen Präparat aus dem Scheiden¬ 
schleim festgestellt. Infolge von Wiederaufflackem der seinerzeit abgekapselten 
Lungengangrän starb darauf das Tier nach einigen Tagen. Die Komplement¬ 
bindung zeigte sich vor der Behandlung positiv, 12 Tage nach der 2. Einspritzung 
gänzlich negativ, nach weiteren 16 Tagen kaum angedeutet, zur Zeit des klinisch 
feststellbaren Rückfalls wiederum fast vollkommen positiv. 

Versuche mit 0,005 g Bayer 205 für 1 kg Körpergewicht. Die Stute Nr. 16 zeigte 
so schwere Krankheitserscheinungen (hochgradige Abmagerung, Gesichtsnerven¬ 
lähmung, schwere Bewegungsstörungen, sulzige Schwellung der Scheidenschleim¬ 
haut nebst zahlreichen Trypanosomen im Scheidenschleim), daß eine erfolgreiche 
Behandlung von vornherein aussichtslos erschien. Nach intravenöser Einspritzung 
von 1,3 g Bayer 206 (Körpergewicht 260 kg) konnten 12 Stunden später keine 
Trypanosomen mehr im Scheidenschleim nachgewiesen werden; Hautschwellungen 
und Pododermatitis oder sonstige Folgen der Einspritzung stellten sich nicht ein. 
2 Tage nach der Einspritzung starb das Tier an Erschöpfung. 

Stute Nr. 17, Körpergewicht 280 kg. Klinischer Befund: Hochgradige Ab¬ 
magerung, sulzartige Schwellung der Scheidenvorhofschleimhaut, starkes Odem 
am Unter bauch, zahlreiche Trypanosomen im Scheidenschleim. 12 Stunden nach 
der Einspritzung von 1,4 g Bayer 205 verschwanden die Trypanosomen aus dem 
Scheidenschleim. Weder die erste noch die in Zeiträumen von je einer Woche 
2 mal wiederholten weiteren Einspritzungen riefen irgendwelche Reaktion hervor. 
Trotzdem nahm der Schwächezustand noch weiter zu und das Tier starb 3 Tage 
nach dem Abschluß der Behandlung an Erschöpfung. 

Stute Nr. 11, mit einem Körpergewicht von 300 kg. Die ursprünglich vor¬ 
handenen klinischen Erscheinungen der Beschälseuche verloren sich gänzlich, im 
Scheidenschleim wurden aber auch weiterhin 8—10 Trypanosomen in jedem 
mikroskopischen Präparat nachgewiesen. 7 Stunden nach der Einspritzung von 
1,5 g Bayer 205 zeigten sich die Trypanosomen im Scheidenschleim weniger zahl¬ 
reich, in der 9. Stunde nur äußerst spärlich, vom nächstfolgenden Tage ab konnten 
aber solche überhaupt nicht mehr nachgewiesen werden. Irgendwelche üble 
Folgen der dreimaligen Einspritzung wurden nicht beobachtet. 2 Wochen nach 
dem Abschluß der Behandlung ergab die Blutprobe einen negativen Ausschlag. 
Das Tier starb nach mehr als einem Jahre dauernder Beobachtung an Erschöpfung. 

Stute Nr. 14. Sie wurde bereits nach dem Verschwinden der ursprünglich vor¬ 
handenen äußeren Erscheinungen der Klinik übergeben, wo auch die mikro¬ 
skopische Untersuchung einen negativen, die Blutprobe dagegen einen positiven 
Ausschlag lieferte. Beim Beginn der späteren Behandlung wurde ein schleifendes 
Vorführen der hinteren Extremitäten beobachtet. Nach der in Zeiträumen von 
1 Woche 3 mal vorgenommenen Einspritzung von Bayer 205 besserten sich die 
Bewegungsstörungen merklich und das Tier wird auch gegenwärtig zur Arbeit ver¬ 
wendet. Irgendwelche Reaktion des Tieres auf die einzelnen Einspritzungen wurde 
nicht beobachtet. Die Blutprobe fiel auch in der 3. Woche nach dem Abschluß der 
Behandlung positiv aus. 



Zur Behandlung der Beschälseuche. 


187 


Zusammenfassung der Ergebnisse der Behandlung mit Bayer 205. 
Bei Verwendung einer Dosis von 0,01 g für 1 kg Körpergewicht ver¬ 
schwinden die vorher sogar zahlreich vorhandenen Trypanosomen im 
Scheiden- oder im Hamröhrenschleim gänzlich, die Taler flecke sowie 
die örtlichen Veränderungen bilden sich zurück, als ein Folgezustand 
der Einspritzung entstehen aber teils örtlich beschränkte, teils all¬ 
gemeine vorübergehende HautschweUungen, in einzelnen Fällen Epithel - 
nekrose der Haut am After und in der Mehrzahl der Fälle eine Hufleder¬ 
hautentzündung , die hin und wieder nicht vollständig abheilt. 

Das Verschwinden von Trypanosomen im Scheiden- oder im Ham¬ 
röhrenschleim konnte durchweg festgestellt werden. Wiewohl es eine 
bekannte Erfahrung ist, daß hinsichtlich der Menge der Trypanosomen 
von einem Tage zum anderen sehr bedeutende Schwankungen im Ver¬ 
laufe der Beschälseuche Vorkommen und solche auch in eigenen Beob¬ 
achtungsfällen zu verzeichnen waren, das rasche Verschwinden der vor¬ 
her bei wiederholten Untersuchungen regelmäßig massenhaft vorhan¬ 
denen Erreger kann dennoch nicht als eine Zufallserscheinung betrachtet, 
sondern muß auf die Wirkung des Mittels zurückgeführt werden. Der 
Umstand übrigens, daß im Anschluß an die Injektion bereits nach 
7—9 Stunden eine merkliche Verminderung und nach 12—14 Stunden 
ein vollständiges Verschwinden der Trypanosomen zu verzeichnen war, 
steht auch mit der Feststellung von Miessner und Berge in Überein¬ 
stimmung, die im Blute mit Trypanosomen infizierter Mäuse nach An¬ 
wendung von Bayer 205 von der 5. Stunde ab eine Verminderung und 
nach 12 Stunden ein vollständiges Verschwinden der Trypanosomen 
beobachtet haben; auch das Blut künstlich mit Trypanosomen infizierter 
Pferde erwies sich im Laufe von 24 Stunden trypanosomenfrei. Trotz¬ 
dem nach 9—10 Stunden eine Abnahme der Beweglichkeit der Trypano¬ 
somen deutlich nachweisbar war, konnte keine morphologische Ver¬ 
änderung an den regungslos gewordenen Parasiten festgestellt werden, 
ähnlich wie von Miessner und Berge an Trypanosomen aus dem Blute. 
Hiergegen sah Schuckmann bei Versuchen in vitro mit verschieden 
starken Konzentrationen des Mittels eine allmähliche Vergrößerung 
der vor dem Blepharoblast liegenden Vakuole, wodurch das Hinterende 
des Protozoons wie blasenartig aufgetrieben erschien oder der ganze 
Körper sich zu einem blasenartigen Gebilde umwandelte, an dem die 
Geißel als ein Anhängsel zu sehen war. Das bei sämtlichen Tieren 
durchweg beobachtete Verschwinden der Trypanosomen für die Dauer 
von Monaten war dazu geeignet, mich in Übereinstimmung mit anderen 
Beobachtern von der durchschlagenden Heilwirkung des Mittels zu 
überzeugen, als bei Stute Nr. 13 4 Monate nach dem Abschluß der 
Behandlung unerwartet eine Unmenge von Trypanosomen im Scheiden¬ 
schleim im Anschluß an das Wiederauftreten von klinischen Erschei- 


13 * 



188 


P. Pataki: 


nungen der Beschälseuche feststellbar wurde. Hieraus folgt nun un¬ 
zweideutig, daß auch nach der Anwendung von Bayer 205 Rückfälle 
möglich sind. Im übrigen führen auch Lichtenfeld und Walther an, 
daß bei einem kranken Herde die Anwendung des Mittels eine Ver¬ 
schlimmerung des Zustandes zur Folge hatte. Desgleichen erwähnt 
Pfeiler einen Fall, wo die trypanosomentötende Wirkung des Mittels 
nicht offensichtlich war. 

Eine schmerzhafte Anschwellung an der EinspritzungssteBe trat von 
12 in 4 Fällen für die Dauer von 2—3 Tagen auf; nur in einem dieser 
Fälle führte sie zur Absceßbildung. Während bei Anwendung einer 
Dosis von 0,005 g für 1 kg Körpergewicht bei allen 4 Versuchspferden 
weder an der Injektionsstelle noch sonstwo Hautschwcllungen durch 
das Mittel veranlaßt wurden und auch keine Pododermatitis sich ent¬ 
wickelte, kamen nach Einspritzung von 0,01 g für 1 kg Körpergewicht 
in den meisten Fällen mehr oder weniger schwere Reaktionserscheinungen 
zur Schau, insonderheit Hautschwellungen, wie eine bedeutende An¬ 
schwellung der Lippen, der oberen Augenlider und hauptsächlich des 
Schlauches, des weiteren bis apfelgroße, flach erhabene oder auch 
halbkugelig gestaltete, manchmal zusammenfließende Knollen, ein 
anderes Mal linsen- bis erbsengroße Knoten, die denen im Anschluß an 
gewisse Infektionskrankheiten (Druse, Pharyngitis, Pneumonie) nicht 
selten auftretenden Quaddeln ähnlich sahen. Hin und wieder tritt 
auch eine verschieden starke Schwellung des Euters und der Scham¬ 
lippen, außerdem eine merkliche Vergrößerung der etwa vorhandenen 
Talerflecke auf. Diese Reaktionsercheinungen wurden von 8 bei 7 mit 
einer Dosis von 0,01 g Bayer 205 behandelten Herden verzeichnet, in 
der Regel nur im Anschluß an die erste, nur bei drei Tieren auch nach der 
zweiten und der dritten Injektion und stets innerhalb von 15 Stunden 
sowie für die Dauer von höchstens 2 Tagen. In mehreren Fällen trat 
Epithelnekrose in der Haut am After auf, die dann das Zurückbleiben 
von pigmentlosen Flecken zur Folge hatte. 

Voh 8 bei 5 Herden wurde durch die Behandlung eine akute Poäo- 
dermalitis meist auf allen Extremitäten hervorgerufen, und eine solche 
war auch bei zwei weiteren solchen Herden auf Grund der Aussage 
des Besitzers anzunehmen, die unmittelbar nach der Einspritzung die 
Klinik verlassen haben. Die Pododermatitis stellte sich nur bei einem 
Herde im Anschluß an die erste, in den übrigen Fällen erst nach der 
zweiten oder der dritten Einspritzung ein. Sie erreichte bisweilen derart 
hohe Grade, daß die Tiere überhaupt jeden Bewegungsversuch verweiger¬ 
tem und nicht fressen wollten. Die akuten Erscheinungen verloren sich nur 
bei einem gleich nach der erstmaligen Einspritzung erkrankten Herde be¬ 
reits nach 2 Tagen, in sonstigen Fällen beanspruchte die Heilung 10 bis 
21 Tage, und bei einem Tier blieb eine dauernde Hufbeinrotation zurück. 



Zur Behandlung der Beschälseuche. 


189 


Die angeführten Reaktionserscheinungen wurden auch von Pfeiler be¬ 
obachtet, wenn auch allerdings seltener im Verhältnis zur Zahl der behan¬ 
delten Tiere. P feiler ist geneigt *die Pododermatitis nicht alseine unmittel¬ 
bare Folge der Wirkung des Mittels zu betrachten, da einerseits gesunde 
Pferde selbst Dosen von 5 g und darüber, anderseits beschälseuchekranke 
Pferde des schweren Schlages solche von 7 g trotz mehrmaliger Wieder¬ 
holung reaktionslos vertragen haben. Er läßt die Frage noch offen, ob 
dabei nicht etwa eine Idiosynkrasie eine Rolle spielen dürfte, anderseits 
erachtet er aber auch die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen, daß die 
Pododermatitis eigentlich den Erscheinungen der Beschälseuche angehöre 
und namentlich die Schmerzhaftigkeit des Hufes dadurch entstände, daß 
durch einen ähnlichen Vorgang wie die Talerflecke in der Haut auch in 
der Huflederhaut eine Ausschwitzung erfolgt. Auch auf die Möglichkeit 
weist Pfeiler hin, daß die Pododermatitis nach der Einspritzung von 
Bayer 205 durch die freigewordenen Toxine der in großer Zahl zerfallen¬ 
den Trypanosomen zustande kommen dürfte. Hierfür scheint zu sprechen 
auch das Auftreten von sonstigen entzündlichen Vorgängen (Conjuncti¬ 
vitis, Stomatitis, Pusteln oder Absceßbildung in der Lippengegend, 
Vaginitis, Proctitis) in einem Teil der behandelten Tiere. 

Gegen die Zugehörigkeit der Pododermatitis zu den Erscheinungen der 
Beschälseuche spricht entschieden der Umstand, daß weder in derLiteratur 
solche Aufzeichnungen vorhanden sind noch in eigenen Beobachtungs¬ 
fällen ohne Behandlung mit Bayer 205 pododermatitische Erscheinungen 
verzeichnet werden konnten. In ähnlichem Sinne lassen sich deuten die 
im Anschluß an die Behandlung häufig auftretenden quaddelähnlichen 
Ausschläge und andere ödematöse Hautschwellungen, da solche bei 
nicht behandelten beschälseuchekranken Pferden ebenfalls nie zur Schau 
kamen, daher auch ähnlicher Herkunft sein müssen, wie die Pododer¬ 
matitis. Die Entwicklung einer Pododermatitis von 8 bei 7 Tieren macht 
auch die Beteiligung einer Idiosynkrasie sehr wenig wahrscheinlich, 
ähnlich wie das Ausbleiben einer komplizierenden Huflederhautentzün¬ 
dung bei Anwendung sonstiger trypanocider Mittel die veranlassende 
Rolle der durch Zerfall zahlreicher Trypanosomen freigewordenen Gift¬ 
stoffe. Zur Entscheidung der Frage nach der Herkunft der Pododer¬ 
matitis wurden einem seit mehreren Jahren unter Beobachtung stehenden 
rotzansteckungsverdächtigen Wallach, somit einem sicher beschälseuche- 
freien Tiere mit einem Körpergewicht von 450 kg 4,5 g Bayer 205 intra¬ 
venös eingespritzt. Am nächstfolgenden Tage war eine ansehnliche 
ödematöse Anschwellung der Lippen, des oberen Augenlides und des 
Schlauches feststellbar, ähnlich wie in etwas geringerem Grade auch im 
Anschluß an die nach 5 Tagen folgende zweite Einspritzung, der sich 
nach 2 Tagen aber auch eine schwere akute Rehe auf allen vier Extre¬ 
mitäten sowie eine Epithelnekrose am After angeschlossen hat. Hieraus 



190 


P. Pataki: 


folgt mit Bestimmtheit, daß die angeführten Reaktionserscheinungen auf 
eine direkte toxische Wirkung des Mittels zurückzuführen sind, wobei auch 
mit einer gewissermaßen kumulativen Wirkung zu rechnen wäre, da mit 
Ausnahme eines Falles die akute Hufrehe erst der zweiten oder der 
dritten Einspritzung folgte. Auf die sehr langsame Ausscheidung des 
Mittels aus dem Körper läßt die Beobachtung von Miessner und Berge 
schließen, denen es bis 20 Tage nach der Behandlung mit Bayer 205 
nicht gelang, Mause mit Trypanosomen zu infizieren. Da andererseits 
Dosen von nur 0,005 g in vier Versuchsfällen keine der angeführten 
Reaktionserscheinungen zur Folge hatten, so dürften solche Dosen zur 
Behandlung der Beschälseuche unbedenklich sein, während Gaben von 
0,01 g für 1 kg Körpergewicht zu vermeiden wären. 

Die akuten Erscheinungen der Beschälseuche, namentlich die örtlichen 
Veränderungen der Geschlechtsorgane sowie die Talerflecke, verschwin¬ 
den schon innerhalb einiger Tage nach der ersten Einspritzung und kehren 
zumeist auch später nicht mehr wieder zurück. Eine Ausnahme hiervon 
ist das Versuchspferd Nr. 13, dessen Scheidenschleimhaut sich nach 
4 Monaten wieder sulzig geschwollen zeigte. Hiergegen wurde beim Vor¬ 
handensein von nervösen Symptomen keine handgreifliche Besserung erzielt. 
Die Heilerfolge wurden übrigens sehr stark beeinträchtigt durch den 
häufigen Anschluß einer schweren akuten Rehe, die einen derart be¬ 
deutenden Rückgang im Nährzustande veranlaßte, daß die Tiere zum 
Teil an Komplikationen umgestanden sind, zum Teil erst im Laufe von 
5—6 Monaten ihren ursprünglichen Kräftezustand wieder erlangt haben. 
Von allen Versuchspferden konnte eigentlich nur bei einem eine in jeder 
Hinsicht zufriedenstellende und nunmehr wohl als bleibend zu bezeichnende 
Heilung verzeichnet werden, wohl deshalb, weil das betreffende Pferd 
schon kurz nach der erfolgten Infektion zur Behandlung kam. 

Versuch mit Atoxyl und Tartarus stibiatus. 

Hierzu wurde die Stute Nr. 18 mit einem Körpergewicht von 350 kg 
verwendet, die deutliche klinische Erscheinungen, wie Talerflecke, 
Schwellung der Scheidenschleimhaut und Bewegungsstörungen, ferner 
das Vorhandensein von Trypanosomen im Scheidenschleim sowie eine 
positive Komplementbindungsreaktion zu erkennen gab. Zunächst 
wurden 3,0 g Atoxyl in 5proz. Lösung intravenös gespritzt und ohne 
jedwede Reaktion gut vertragen, worauf nach 12 Stunden keine Try¬ 
panosomen mehr im Scheidenschleim nachweisbar waren und auch die 
Talerflecke sich zurückgebildet haben. 6 Tage später folgte die intra¬ 
venöse Einspritzung von 2,0 g Tartarus stibiatus in 2proz. Lösung, 
nach einer weiteren Woche eine solche von 4,0 g Atoxyl und darauf in 
7 Tagen eine zweite Einspritzung von 2,0 g Brech Weinstein. Der mikro¬ 
skopische Befund im Scheidenschleim blieb weiterhin stets negativ 



Zur Behandlung der Beschälseuche. 


191 


und auch die klinischen Erscheinungen bildeten sich in kurzer Zeit 
zurück, der Kräftezustand hob sich allmählich, die Komplementbin- 
dungsreaktion zeigte sich nach Ablauf eines Monates nur noch schwach 
zweifelhaft und dann nach einem weiteren Monat negativ. Hiernach 
vermag das Atoxyl auch nach einer natürlichen Infektion eine trypanocide 
und nicht nur eine roborisierende Wirkung auszuüben. 

Versuch mit Atoxyl allein. Als Versuchstier diente eine Stute, die vorher 
offensichtliche Erscheinungen von Beschälseuche darbot und im Scheiden* 
schleim Trypanosomen zu erkennen gab, deren Ansteckung zur Zeit der Be - 
handlung aber nur der positive Ausfall der Blutprobe anzeigte. Zwei Mo¬ 
nate nach Abschluß der Behandlung mitAntimontrioxyd, die keine Heilung 
zur Folge hatte, erhielt das Tier in Zwischenräumen von 7 Tagen drei In¬ 
fusionen von je 4,0 g Atoxyl in öproz. Lösung in die Drosselvene. Nach 
dieser Behandlung besserte sich der Kräftezustand des Tieres und einen Mo¬ 
nat später fiel die Blutprobe nur noch zweifelhaft, nach einem weiteren Mo¬ 
nat gänzlich negativ aus. Nach Abschluß der Behandlung konnte das Pferd 
zur leichteren Arbeit in der Landwirtschaft verwendet werden, erkrankte 
aber dann an Bronchopneumonie und starb infolge dieser Krankheit. 

Versuche mit Antimontrioxyd. Dieses Mittel stellt ein feines, in Wasser 
unlösliches Pulver dar, das in Form einer wässerigen Suspension mit 
dem Dievlafoy sehen Apparat rasch in die Drosselvene gebracht wurde. 
Ein Pferd (Stute Nr. 5) erhielt in einem Zeitabstande von 7 Tagen drei¬ 
mal je 10 g Antimontrioxyd in lOproz. wässeriger Suspension, worauf 
keine Besserung zu verzeichnen war und die Zahl der Trypanosomen 
sogar im Scheidenschleim noch zUnahm. Auch bei einem anderen 
Pferde (Stute Nr. 4) war keine handgreifliche Wirkung nachweisbar. 

Literatur. 

Eüinger, Beiträge zur Verwendung des Atoxyls in der tierärztlichen Praxis. 
Tierärztliche Rundschau, 1920, S. 745; Neuere Behandlungsmethode gegen die 
Beschälseuche der Pferde. Berl. tierärztl. Wochenschr. 1920, Nr. 42. — David, 
Zur Behandlung der Beschälseuche mit Neosalvarsan. Berl. tierärztl. Wochenschr. 

1920, Nr. 44. — Ruppert, Die prophylaktische Anwendung von Atoxyl und Brech- 
weinstein gegen die Tsetee bei Maultieren im Deutsch-Ostafrikanischen Feldzuge. 
Dtech. tierärztl. Wochenschr. 1919, S. 507. — Lichtenfeld und Walther, Über Na- 
gana (Tsetse) und Beschälseuche, insbesondere über Behandlung erkrankter Tiere. 
Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1921, S. 147. — Pfeiler, Über bisher bei Behandlung 
der Beschälseuche mit „Bayer 205“ gemachte Erfahrungen. Mitt. d. Tierseuchen¬ 
stelle d. Thüring. Landesanstalt für Viehversicherung, 1920, Nr. 5, 1921, Nr. 8. — 
Miesaner und Berge, Chemotherapeut. Versuche mit Bayer 205 bei Beschälseuche. 
Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1921, Nr. 11. — v. Schuckmann, Über die Einwirkung 
von 205 Bayer auf Trypanosomen außerhalb des Tierkörpers. Zentralbl. f. Bakt. 

1921, S. 485. — Waldmann und Knuth, Die praktische Verwendbarkeit der Kom¬ 
plementablenkungsmethode für die Diagnose der Beschälseuche der Pferde. Berl. 
tierärztl. Wochenschr. 1920, Nr. 29. — Hviyra-Marek, Spezielle Pathol. u. Therap. 
1, 6. Anfl. Jena 1922. 



Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf Käl¬ 
ber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 

Von 

John Quinlan 

Dozent der Tierärztlichen Fakultät an der Transvaal Vniversity College. 

(Aus dem Tierärztlichen Untersuchungslaboratorium Onderstepoort-Pretoria 
in Südafrika [Direktor: Sir Arnold Theiler K. C. M. G.].) 

Die Möglichkeit, daß Kälber mit dem Abortusbaciilus infiziert 
werden, wenn sie mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden, ist 
eine Frage, der in Südafrika noch nicht genügend Aufmerksamkeit ge¬ 
schenkt worden ist. Es steht einwandfrei fest, daß die Milch eines hohen 
Prozentsatzes von infizierten Kühen den Abortusbaciilus enthält. Diese 
Tatsache wurde zuerst von Schroeder und Cotton J ) in den Vereinigten 
Staaten Amerikas festgestellt. Nach dieser Veröffentlichung ist die 
Gegenwart des .Ban/ 7 sehen Bacillus in der Milch von vielen anderen 
Forschem bestätigt worden. So erwähnt Robinson 4 ) anläßlich seiner 
Forschungen über den Ban^sehen Abortusbaciilus in Bovinien, daß er 
den Erreger in der Milch nachgewiesen hat. 

Es ist einerseits von großer wirtschaftlicher Bedeutung, andererseits 
auch ein wesentlicher Faktor bei der Erforschung der Ätiologie der 
Krankheit, ob eine Übertragung durch infizierte Milch auf Kälber mög¬ 
lich ist oder nicht. Ist die Krankheit nämlich durch die Milch übertrag¬ 
bar, so sollte man schon im Interesse der Ausrottung der Krankheit 
Kälber nur mit nicht infizierter Milch füttern, oder mit Milch, welche 
vorher pasteurisiert worden ist. Die Pasteurisierung ist aber nur aus¬ 
führbar, wenn es sich um die Herde einer Molkerei handelt und selbst 
dann erfordert es viel Arbeit, wenn es große Mengen Milch sind. Handelt 
es sich dagegen' um eine sog. „Ranching“-Herde, in der die Tiere halb 
wild leben, so besteht keine Möglichkeit, die Milch von einem infizierten 
Tiere imschädlich zu machen, weil sie das Kalb direkt durch Saugen aus 
dem Euter aufnimmt. 

Im letzten Jahre sind viele wertvolle Herden in diesem Lande (Süd¬ 
afrika) aufgezogen worden. Würde sich nun das Vorkommen der Abor- 
tusbacillen in einem dieser Bestände herausstellen, so würden die Farmer 
unwillig sein, einmal über den Verlust eines wertvollen Tieres, und auch 
über die Schwierigkeiten, ein derartiges Tier zu ersetzen. Die Farmer 
würden eher bereit sein, die infizierten Tiere zu isolieren und zu einer 



J. Quinlan: Di* Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen usw. 193 

besonderen Herde zusammen zu stellen. Sie gehen dabei von der Über¬ 
legung aus, daß ein Tier, das infiziert worden ist und verkalbt hat, oft 
bei der nächsten Geburt ein gesundes und gut entwickeltes Kalb zur 
Welt bringt. Diese Kühe, die keine klinischen Erscheinungen zeigen, 
sind in den meisten Fällen fähig, die Krankheit zu übertragen und bilden, 
wenn sie nicht isoliert werden, eine neue Ansteckungsquelle für gesunde 
Tiere. 

Wenn die Milch von isolierten und wieder gedeckten Kühen, die schon 
verkalbt haben, oder von solchen, die zwar nie verkalbt haben, deren 
Blut aber bei der Agglutinatiorismethode positiv reagiert hat, an ihre 
Kälber gefüttert werden könnte, ohne daß die Gefahr der Übertragung 
der Krankheit auf das Junge durch die Fütterung bestände, so würde 
der wirtschaftliche Schaden nicht so groß sein, als wenn die Milch ver¬ 
nichtet werden müßte. 

Ist das Kalb für die Krankheit empfänglich, so wäre es ja möglich, 
daß die Krankheit einen chronischen Charakter annähme, wie es bei 
erwachsenen Tieren der Fall ist. Es bestände die Möglichkeit, daß die 
Kälber zu Krankheitsträgem würden. Für den Fall, daß es Bullen wären, 
würden sich nach einiger Zeit die Antikörper im Blute nach weisen lassen, 
während die Färsen bis zur ersten Trächtigkeit den Bacillus bei sich 
tragen würden, ohne Krankheitserscheinungen zu zeigen. 

Um zu beweisen, welchen Einfluß die Fütterung infizierter Milch auf 
Kälber hat, wurden die folgenden Untersuchungen angestellt. 

Literatur. 

Eine Beihe von Untersuchungen wurden durch Huddleson 3 ) angestellt, der 
vor allem seine Aufmerksamkeit darauf richtete, ob der Bangsche Bacillus durch 
die Verfütterung von Milch auf Kälber übertragbar ist oder nicht. 

Der Nachweis des Banyschen Bacillus in der Milch wurde durch die Aggluti¬ 
nationsmethode und durch Impfversuche an Meerschweinchen geführt. 

Die Kälber, an denen die Untersuchung gemacht wurde, wurden isoliert und 
so untergebracht, daß außer der Milch keine andere Infektionsmöglichkeit mehr 
bestand. Als Nachweis für die Reaktion des Blutes dieser Tiere wurde die Agglu¬ 
tinationsmethode und die Komplementbindungsmethode verwendet. 

Bei seinen Untersuchungen fütterte Huddleson 11 Kälber mit natürlich 
infizierter Milch („.. . die Milch zeigte eine positive Reaktion bei der Agglutination, 
wenn man Bangzehe Abortusbacillen als Antigen benutzte“). 6 Kälber wurden 

mit nicht infizierter Milch („_die Milch zeigte keine Reaktion“) als Kontrolliere 

gefüttert. Ferner wurde ein Kalb mit natürlich infizierter Milch gefüttert, die 
vorher pasteurisiert worden war, und endlich 1 Kalb mit künstlich infizierter Milch 
(5 ccm einer 48 ständigen Bouillonkultur von Abortusbacillen wurden bei jeder 
Mahlzeit der Milch zugesetzt). 

Die Kälber waren besonders ausgesucht und in gutem Ernährungszustände, 
besondere war darauf geachtet worden, ob sie von infizierten oder nicht infizierten 
Muttertieren abstammten. 

Bei der Betrachtung der Resultate seiner Untersuchungen sagt Huddleson 
folgendes: 



194 J« Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


„Von den elf, mit natürlich infizierter Milch während einer langen Zeit gefüt¬ 
terten Kälbern zeigte nur das Blut eines einzigen Kalbes bei der Komplement¬ 
bindungsmethode ausgesprochen positive Reaktion. Das betreffende Kalb-war 
13 Wochen lang mit natürlich infizierter Milch gefüttert worden. Das Blut wurde 
von Woche zu Woche durch die Komplementbindungsmethode und durch die 
Agglutinationsmethode geprüft. In den ersten 5 Wochen zeigte das Blut bei der 
Komplementbindungsmethode positive Reaktion, bei den späteren Untersuchungen 
war jedoch die Reaktion negativ.“ 

Eins der Versuchskälber zeigte eine Woche, nachdem die Fütterung mit Milch 
begann, positive Reaktion, aber es ist anzunehmen, daß diese Reaktion durch die 
Aufnahme von Antikörpern ausgelöst wurde, welche durch die Darmschleimhaut 
ins Blut gelangt waren. Er sagt betreffs dieser Reaktion folgendes: 

„Das Auftreten von Antikörpern in dem Blute von Kalb 102 A. kann man sich 
dadurch erklären, daß sie durch eine verletzte Stelle der Schleimhaut in das Blut 
übergetreten sind; das Kalb litt nämlich gerade in den Tagen, wo die Antikörper 
im Blute auf traten, an einem schweren Durchfall.“ 

Ein anderes Kalb zeigte 3 Wochen nach der Geburt bei der ersten Blutunter¬ 
suchung Komplementbindungskörper im Blute. Hierüber sagt Huddleson: 

„Die positive Reaktion muß nicht unbedingt auf eine Infektion durch die 
Milch zurückgeführt werden. Diese Behauptung ist durch einen Versuch des 
Verf. begründet. Nach subcutaner Injektion einer lebenden Aufschwemmung 
von Abortusbacillen zeigten sich nämlich erst nach dem 8. bis 12. Tage Antikörper 
im Blute, die eine positive Reaktion bei der Agglutinationsmethode und Kom¬ 
plementbindungsmethode gaben.“ 

Die übrigen Kälber ergaben bei dieser Versuchsanordnung keine positive 
Reaktion. 

Die Kälber, die mit nicht infizierter Milch gefüttert wurden, ergaben keine 
Reaktion bei der Blutuntersuchung, mit Ausnahme eines Kalbes, das bei der 
Geburt Komplementbindungskörper im Blute zeigte, die aber nach 2 Wochen 
nicht mehr nachzuweisen waren. 

Bei der Betrachtung eines seiner anderen Versuche sagt er: 

„Es steht fest . .., daß sich in dem Blute eines Kalbes Antikörper bilden, 
wenn es dauernd mit Milch, die mit Kulturen von Abortusbacillen vermischt ist, 
gefüttert wird. Die positive Reaktion des Blutes besteht aber nicht lange Zeit, 
sondern verschwindet in Wirklichkeit, wenn die Fütterung mit der mit Kulturen 
gemischten Milch weiter fortgefübrt wird.“ 

Weiter führt Huddleson aus, daß das Blut von Kälbern, die von infizierten 
Muttertieren stammen, schon bei der Geburt positiv reagieren kann. Er sagt, 
das mag zurückgeführt werden auf eine aktive Infektion, oder aber auf einen 
passiven Übertritt von Komplementbindungskörpem aus dem Mutterblute in die 
Blutbahn des Foetus innerhalb des Uterus. 

Er führt dann eine beschränkte Anzahl von Versuchen an Kühen aus, um sich 
zu orientieren, ob eine Übertragung von Antikörpern vom Muttertiere auf den 
Foetus möglich sei oder nicht. Er kommt zu folgendem Resultat: 

„Obgleich diese Resultate nur beschränkt sind, so scheint es doch, als ob 
Antikörper, die im Blute der Mutter kreisen, nicht in den Blutkreislauf des Foetus 
im Uterus gelangen, wenigstens nicht unter normalen Bedingungen.“ 

Huddleson kommt also auf Grund seiner Versuche zu folgendem Ergebnis: 

„Antikörper, die auf Bangsche Bacillen bei der Agglutinationsmethode und 
Komplementbindungsmethode eine positive Reaktion geben und deren Entstehen 
auf die Verfütterung von infizierter Milch zurückzuführen ist, sind nur sehr selten 
im Blute von Kälbern nachgewiesen worden. 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 195 

Eb gibt Kälber, die gleich nach der Geburt positive Reaktion zeigen; diese 
Reaktion ist aber wohl auf eine Infektion, die vor der Geburt erfolgt ist, zurtick- 
zuführen. Die« ist ein sicherer Beweis, daß Antikörper, die im Mutterblute zirku¬ 
lieren, nicht in die Blutbahn des Foetus im Uterus übergehen. 

Die Tatsache beweist strikte die Notwendigkeit, das Blut von Kalbern gleich 
nach der Geburt zu untersuchen, um einen Unterschied zu machen zwischen der 
positiven Reaktion, die durch die Verfütterung von infizierter Milch bedingt ist, 
und derjenigen, die schon bei der Geburt vorhanden war. Es scheint kein Zusammen¬ 
hang zu bestehen zwischen der Verfütterung von infizierter Milch und der Ver¬ 
klebung und Verfärbung der Haare an den Geschlechtsteilen bei neugeborenen 
Kalbern.“ 

Möhler und Traum*) fütterten zwei 3 Tage alte Kälber, jedes mit 90 ccm 
Abortu8bacillen-Bouillon in Milch, 3 Tage lang. Offensichtlich wurden diese Ver¬ 
suche nur gemacht, um zu prüfen, ob Abortusbacillen Durchfall bei Kälbern er¬ 
zeugen können. Angaben darüber, ob das Serum Antikörper aufgewiesen hat oder 
nicht, fehlen daher, auch wurde das Befinden der Tiere nicht weiter verfolgt; 
die Autoren bemerken folgendes: 

„Es war uns unmöglich, irgendeine krankmaohende Wirkung an zwei 3 Tage 
alten Kälbern dadurch auszulösen, daß wir sie 3 Tage lang mit 90 ccm Abortus- 
Bacülenkultur, mit Milch vermischt, fütterten.“ 

MacFadyean , Sheather und Mineih 5 ) infizierten eine Kuh, die normal gekalbt 
hatte, ungefähr 5 Wochen nach der Geburt mit virulenten Abortusbacillen. Das 
Kalb wurde zum Saugen zugelassen und blieb dauernd mit der Mutter zusammen, 
über die Dauer der Fütterung bestehen keine Angaben, das Blut des Kalbes 
zeigte aber bei den mehrmals angestellten Blutproben bei der Agglutination stets 
eine negative Reaktion. Die Milch wurde weder durch Kulturversuche, noch 
durch Agglutinationsmethode oder Komplementbindungsmethode auf die Gegen¬ 
wart des Bacillus untersucht. 

Der Verf. sagt folgendes: 

„Während des Verlaufes des Versuches wurde kein Versuch gemacht, Abortus- 
baciilen in der Milch der infizierten Kuh durch Kulturversuch nachzuweisen. 
Mögen sie nun vorhanden gewesen sein oder nicht, die Agglutinationsmethode 
bewies, daß das Kalb nicht infiziert wurde.“ 

Williams 9 ) sagt in seiner Abhandlung „über die große Verwirrung betreffs 
der Übertragungsmöglichkeit des Abortus Contagiums“: 

„Wenn Kälber mit einer derartigen Milch (solche, die aus einem infizierten 
Euter stammt oder die mit infiziertem Material vermischt ist) gefüttert werden, 
so wird dadurch die Krankheit unvermeidlich auf sie übertragen. Nach unseren 
Untersuchungen, die wir in Herden angestellt haben, in denen der Abortusbacillus 
vorherrschte, zeigte das Blut 90% aller Kälber sowohl bei der Agglutinations-, 
wie auch bei der Komplementbindungsmethode positive Reaktion, wenn die 
Tiere mit roher Milch gefüttert wurden. Außerdem bleibt nach unseren Erfahrungen 
die Infektion bestehen. Bei vielen Kälbern nimmt die Infektion, namentlich nach 
3 Monaten, wenn die Tiere nur pflanzliche Nahrung bekommen, ein latentes Sta¬ 
dium an. Zur Zeit der Geschlechtsreife steigt der Agglutinationswert wieder. 
Die Reaktion bleibt so lange bestehen, bis die Trächtigkeit beendet ist. Wir haben 
folgendes beobachtet, je positiver die Reaktion bei der Blutuntersuchung junger 
Kälber war, um so größer war nachher die Zahl der Frühgeburten, wenn die Tiere 
erwachsen waren. Dieser Übertragungsmöglichkeit ist bisher weder in Tierärzte- 
noch in Züchterkreisen die genügende Bedeutung beigemessen worden. Es liegt 
aber klar auf der Hand, daß dieser Übertragungsmöglichkeit eine große Bedeutung 
für die Verbreitung der Krankheit zukommt.“ 



196 Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 

Was nun das häufige Verkalben von Kühen bei der ersten Trächtigkeit an¬ 
betrifft, sagt er folgendes: 

„Unsere Versuche über diese Frage waren sehr beschränkt, aber nach unseren 
Beobachtungen besitzt die Kuh während der ersten Trächtigkeit eine gewisse 
Immunität gegenüber einer Infektion mit Abortusbacillen durch die Futter¬ 
aufnahme, und die Infektion muß doch wohl auf die Aufnahme von infizierter 
Milch in der Jugend und nicht auf die Aufnahme von infiziertem Futter zurück- 
geführt werden.“ 

Bei der Betrachtung der Rolle, welche der Bulle bei der Übertragung der 
Krankheit spielt, sagt er: 

„Was die Blut Untersuchung bei Bullenkälbern an betrifft, so finden wir in 
Herden, wo der Abortusbacillus vorherrscht, daß im Alter von 20—100 Tagen 
meist eine positive Reaktion festzustellen ist, und wir haben keine Anzeichen 
dafür, daß die Infektion^für immer verschwindet. Damit ist aber der beste Beweis 
erbracht, daß sie mitunter ein latentes Stadium annimmt, namentlich dann, 
wenn die Tiere beginnen, nur pflanzliche Nahrung aufzunehmen, um bei Eintritt 
der Geschlechtsreife wieder deutlicher in die Erscheinung zu treten.“ 

Bei der Besprechung der Maßnahmen betreffs der Kontrolle der Krankheit 
sagt Williams weiter: 

„Ich will die Möglichkeit zugeben, daß ein Kalb bereits mit Abortusbacillen 
infiziert geboren werden kann, nach unseren Erfahrungen kommen aber die meisten 
Tiere nicht infiziert zur Welt, und in sehr vielen Fällen ziehen sich diese Tiere 
durch die infizierte Milch die Krankheit zu. In großen Herden, in. denen der 
Abortusbacillus stationär ist, entsteht durch die Fütterung der infizierten Milch 
eine schwere Infektion, wie auch die Komplementbindungsmethode und Aggluti¬ 
nationsmethode bei den Blutproben beweist. Bei einzelnen Kälbern ist die Infektion 
mit Abortusbacillen derart schwer, daß die Tiere zugrunde gehen. Überhaupt 
spielt vielleicht der Abortusbacillus bei der Sterblichkeit der Kälber eine viel 
größere Rolle, als wir zur Zeit bedenken.“ 

Ein anderer Absatz seiner Abhandlung über die Kontrolle der Krankheit ist 
so interessant, daß ich ihn wörtlich wiedergebe: 

Er sagt: „Bei unseren Versuchstieren und auch bei einigen anderen Versuchen 
haben wir den Einfluß von gekochter Milch beobachtet. Bei unseren eigenen 
Versuchen konnten wir bei den meisten Tieren nur geringgradige oder überhaupt 
keine Infektion feststellen. Die Tiere blieben bei Fütterung mit gekochter Milch 
munter und ihr Blut zeigte keine Reaktion. Fütterte man dagegen bei anderen 
Herden Kälber, deren Geburt lange gedauert hat und die unter Zurückbleiben der 
Nachgeburt geboren worden sind, mit gekochter Milch, so erlagen eine große Anzahl 
dieser Kälber der Krankheit während der ersten 5 Tage. Wird hingegen solch 
ein Kalb mit roher Milch gefüttert, selbst wenn sie verdächtig erscheint, so konnten 
wir eine geringere Neigung zur Infektion feststellen, wenn bei der Fütterung die 
notwendige Sauberkeit gewahrt wurde. Solch ein Kalb ist kräftig und gesund 
und scheint die geringe Infektion vollständig zu überstehen. Hat ein solches Kalb 
ein Alter von 10 Tagen erreicht, so kann man die Infektion durch Fütterung mit 
pasteurisierter Milch noch weiter verdrängen.“ 

Seddon 1 ) fütterte versuchsweise ein Kalb mit Muttermilch 104 Tage lang. 
Die Fütterung begann 3 Tage, nachdem das Muttertier mit Abortusbacillen infiziert 
worden war. Das Vorhandensein von Abortusbacillen in der Milch wurde durch 
Verimpfung auf Meerschweinchen, die positive Resultate gab, erwiesen. Die Kuh 
wurde am 16., 25., 83. und 101. Tage erneut infiziert. Während der Fütterung 
waren die Resultate der Blutuntersuchung bei dem Kalbe negativ. Die weitere 
Geschichte des Kalbes ist nicht verzeichnet. 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 197 


Schroeder und Cotton 8 ) impften bei ihren Versuchen eine tragende Kuh in 
das Euter mit einer Reinkultur von Abortusbacillen. Nach einer Trächtigkeit 
von 279 Tagen brachte die Kuh ein schwächliches Kalb zur Welt, das jedoch bald 
stark und kräftig wurde. Dieses Kalb gab bei der Geburt auf die Agglutinations¬ 
methode eine stark positive Reaktion. Noch bei einer Verdünnung von 1 : 400 
war eine deutliche Agglutination festzustellen. In bezug auf dieses Kalb sagt der 
Autor folgendes: 

„Bei der Geburt war der Agglutinationstiter des Kalbblutes und Mutterblutes 
gleich hoch, nämlich 1: 400. 2. VI.:‘Der Agglutinationswert des Kalbes ist bereits 
gesunken. Das Blut vermag nur noch in Verdünnungen von 1 : 200 zu aggluti- 
nieren. 7. VI.: Der Agglutinationstiter ist bis auf 100 zurückgegangen. Am 
9. VL betrug er auch noch 100, am 10. VI. war jedoch keine positive Agglutination 
mehr festzustellen.“ 

„... das schnelle Zurückgehen des Agglutinationswertes des Serums eines 
Kalbes, das von einer infizierten Kuh stammt, ist erwiesen, und diese Erscheinung 
ist schon öfter beobachtet worden. Wir haben gefunden, daß man die agglutinieren¬ 
den Eigenschaften im Kalblute künstlich erzeugen kann, wenn man die Tiere 
mit Abortusbacillen impft. Diese Impfungen müssen aber von Zeit zu Zeit wieder¬ 
holt werden, sonst verschwinden die Antikörper wieder aus dem Blute.“ 

„... das Kalb wurde von seiner Mutter gesäugt, deren Euter bekanntlich 
schwer infiziert worden war. Aus dem schnellen Zurückgehen des Agglutinations¬ 
wertes aus dem Blute kann man den Schluß ziehen, daß die Abortusbacillen, die 
durch Milchfütterung in das Tier gelangen, nur unvollständig und spärlich in den 
Körper aufgenommen werden. Die Aufzeichnungen bei anderen Kühen und Kälbern 
zeigen ähnliche Resultate.“ 

Eichhorn und PotUr 9 ) sagen bei ihrer Abhandlung über die Zeit und Uber- 
tragungsmöglichkeit, die sie in einer bestimmten Herde untersucht haben, folgendes: 

„Was die Zeit der Infektion anbetrifft, besonders in bezug auf die Infektion 
kurz nach der Geburt, geben die Kühe, die 1911 geboren worden sind, interessante 
Aufschlüsse. Das praktischste in dieser „Ranch“ ist, die jungen Tiere, sobald 
§ie sich allein ernähren können, von der Herde zu trennen und auf besondere 
Weiden zu bringen, wo ßie gedeckt werden. Zur Herde kommen sie erst kurz vor 
dem Kalben zurück. Auf diese Weise werden sie in einer Umgebung gehalten, 
welche frei von Infektionsmöglichkeiten durch Abortusbacillen ist, nachdem vorher 
durch das Zusammenleben mit den infizierten Müttern und durch die Aufnahme 
infizierter Milch eine unbegrenzte Möglichkeit bestand, die Krankheit aufzunehmen. 
Von 41 so aufgezogenen Kühen verkalbten später 15. 9 von ihnen verkalbten erst 
1915, nachdem sie vorher zwei, eine sogar drei gesunde Kälber zur Welt gebracht 
hatten. Eine verkalbte zweimal, während sie vorher ein gesundes Kalb geboren 
hatte, eine verkalbte dreimal und eine einmal, ohne vorher ein Kalb geboren zu 
haben. Drei verkalbten 1914, nachdem sie vorher normal gekalbt hatten. Wenn 
cs Tatsache ist, daß die Kälber kurz nach der Geburt infiziert werden und die 
Erreger im Tierkörper latent verweilen, um bei der Trächtigkeit ihre spezifische 
Wirkung zu entfalten, so ist es eine merkwürdige Tatsache, daß das Verkalben 
erst bei der zweiten, dritten, ja selbst erst bei der vierten Trächtigkeit in die Er¬ 
scheinung tritt. Diese Tatsache scheint zu widersprechen strikte der Schlu߬ 
folgerung, wonach die Infektion während der Jugend erfolgt sein soll. Wenn noch 
weitere Beweise in diesem Punkte erforderlich sind, so sind sie erbracht durch die 
Blutuntersuchungen mit Hilfe der Agglutinationsmethode, welche bei anderen 
Jungtieren derselben Herde angestellt worden sind, die unter denselben Bedingungen 
aufgewachsen waren. Wir begannen mit Tieren, die nach dem 1. VII. 1913 ge¬ 
boren waren und daher nicht alt genug waren, um schon gekalbt zu haben, und die 



198 J- Quinlan: Die Übertragungemöglichkeit von Abortus-B&cillen auf 


mit der Herde, aus der sie stammten, nicht mehr in Berührung gekommen waren. 
163 dieser Tiere wurden untersucht, nur 8 reagierten positiv, und bei 5 war die 
Reaktion zweifelhaft. Außerdem trat bei diesen Tieren in 5 Fällen Verkalben ein. 
Außer einem waren alle Tiere, die bei der Blutprobe reagiert hatten, von Bullen 
gedeckt worden, von denen man nicht wußte, ob sie frei von Abortusmfektion 
waren. Annähernd dieselbe Anzahl reagierender Tiere hatte man in einer großen 
Herde von Jungtieren. 

Um weitere Untersuchungen über den Zeitpunkt der Infektion anzustellen, 
sammelte der Verf. eine große Anzahl von Blutproben von Kälbern und prüfte sie 
auf ihre Reaktion. Er sammelte das Blut von Tieren, „aus Molkereiherden und 
möglichst aus Nachbarherden, um Material aus Seuchenzentren zu gewinnen". 

Sie führten zu folgendem Ergebnis: 

„Von 120 Bullenkälbern im Alter bis zu einem Jahre, gaben 7 positive Reaktion, 
und bei vieren war die Reaktion zweifelhaft. Bei 299 Färsen in demselben Alter 
dagegen reagierten nur 2 positiv und 2 zweifelhaft. Es ist zu bedenken, daß die 
Herkunft dieser Tiere unbekannt war, aber mit Rücksicht auf die weite Verbreitung 
der Krankheit in diesem Bezirk muß man annehmen, daß für die meisten Tiere 
eine Infektionsmöglichkeit bestanden hatte. Die Ergebnisse der Blutuntersuchung 
gaben daher darüber Aufschluß, in welchem Maße die untersuchten Tiere den 
Krankheitskeim in sich trugen.“ 

In seiner Zusammenfassung stellt der Verf. folgende Tatsache fest: 

„Die Infektion von weiblichen Kälbern gleich nach der Geburt und das Weiter- 
bestehen der Infektion bis zur Trächtigkeit, scheint ein weniger wichtiger Faktor 
zu sein.“ 

McFadyean 10 ) macht bei seinen Untersuchungen über das seuchenhafte Verkal¬ 
ben von Kühen und bei seinen Abhandlungen über die Methode die Krankheit aus¬ 
zurotten, folgende Bemerkungen über Kälber, die von infizierten Kühen stammen: 

„Kälber, die von infizierten Kühen stammten, zeigten ausnahmslos bei der 
Geburt eine positive Reaktion, machte man aber nach 6 Monaten bis zu einem Jahre 
später eine Blutuntersuchung, so war das Resultat entweder ganz negativ, oder aber 
es war wenigstens ein gewaltiger Rückgang des Agglutinationswertes zu bemerken." 

Wenn man die Verbreitung der Krankheit bedenkt, so besteht darüber kaum 
ein Zweifel, daß einzelne Kälber in der Herde, bei der er seine Untersuchungen 
anstellte, Milch aufgenommen hatten, die den Abortusbacillus enthielt. 

Eigene Untersuchungen. 

Technik. 

Die Versuchskälber wurden in folgende Gruppen eingeteilt: 

Gruppe A : Kälber beiderlei Geschlechtes, die von infizierten Mutter¬ 
tieren stammten, von denen sie aber wenige Stunden nach der Geburt 
getrennt worden sind und mit infizierter Milch künstlich gefüttert 
worden sind. Zu diesem Versuch wurden 11 Kälber verwendet. 

Gruppe B: Kälber beiderlei Geschlechtes, die von infizierten Mutter¬ 
tieren stammten und von diesen auch gesäugt wurden. Auch blieben 
sie sonst mit den Muttertieren zusammen. Zu diesem Versuche wurden 
4 Kälber verwendet. 

Gruppe C: Kälber beiderlei Geschlechtes, die von nicht infizierten 
Müttern stammten, aber mit infizierter Milch gefüttert wurden. Zu 
diesem Versuch wurden 18 Kälber verwendet. 



Kftlber, die mit Milch von infizierten Kflhcn gefuttert werden. 199 

Gruppe D: Kälber beiderlei Geschlechtes, die von nicht infizierten 
Muttertieren stammten, aber von infizierten Kühen gesäugt worden 
sind. Zu diesem Versuche wurden 6 Kälber verwendet. 

Gruppe E: 2 Bullenkälber, die von infizierten Muttertieren stammten 
und am Tage der Geburt Antikörper in ihrem Blute zeigten, die dann 
aber von jeder Infektionsmöglichkeit femgehalten wurden und mit 
nicht infizierter Milch gefüttert wurden. 

Gruppe F: 1 Kontrollkalb, das von einer nicht infizierten Kuh stammt 
und mit nicht infizierter Milch gefüttert wurde. 

Die Kälber in Gruppe A und C waren während der Fütterung mit 
infizierter Milch in einem Schuppen und abgeschlossenen Hofraum ein- 
gesperrt, der von den Weiden umgeben war, auf denen sich die infizierten 
Kühe abgesondert befanden. Obgleich nun eine direkte Berührung 
zwischen den Kälbern und Kühen nicht möglich war, so kann man 
doch nicht mit Bestimmtheit sagen, daß die Isolierung der Kälber eine 
derartig vollkommene war, daß, außer durch die Verfütterung der Milch, 
jede andere Infektionsmöglichkeit ausgeschlossen war. 

Die Kälber in Gruppe B und D ließ man frei mit den Kühen, von 
denen sie gesäugt wurden, umherlaufen. Sie wurden nie eingesperrt 
oder sonstwie abgesondert, sondern liefen Tag und Nacht frei mit der 
infizierten Herde umher. 

Die beiden Kälber in Gruppe E wurden nach ihrer Trennung von den 
Muttertieren isoliert, und so untergebracht, daß eine weitere Infektion 
mit Abort usbacillen unmöglich war. 

Das Kontrollkalb in Gruppe F wurde gleich nach der Geburt isoliert 
und während der Zeit der Beobachtung mit nicht infizierter Milch 
gefüttert. Auch sonst wurde das Tier von jeder Infektionsmöglichkeit 
femgehalten. 

Die künstlich gefütterten Tiere erhielten je nach ihrem Alter 6 Pint 
(2400 ccm) bis 2 Gallon (3200 ccm) Milch pro Tag. Wieviel Milch die 
Saugkälber pro Tag aufnahmen, wurde nicht kontrolliert. 

Mit der Bezeichnung „infizierter Milch“, die verschiedentlich wäh¬ 
rend dieser Ausführungen benutzt worden ist, ist Milch gemeint, die von 
Kühen stammt, deren Blut positive Reaktion ergeben hat, und deren 
Milch ebenfalls bei mehrmaligen Untersuchungen, die man in Zwischen¬ 
räumen während der Lactationsperiode ausführte, positiv reagierte. 
Die Milch einer ganzen Anzahl dieser betreffenden Kühe wurde einer 
weiteren Untersuchung durch Verimpfung auf Meerschweinchen unter¬ 
worfen. Die Virulenz vieler Milchproben wurde dadurch bewiesen, daß 
man die Meerschweinchen 10—12 Wochen nach der Impfung tötete, 
und ihr Blutserum der Agglutinationsmethode unterwarf, wobei man . 
Abort usb acillen als Antigen benutzte. Ferner fand man bei einer Anzahl 
von Meerschweinchen die für Abort usb acilleninfektion typischen makro- 



200 Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 

skopischen und mikroskopischen Veränderungen an der Milz. Nicht sämt¬ 
liche Milch, die bei den Versuchen gebraucht wurde, wurde vorher durch 
den Tierversuch an Meerschweinchen geprüft. Aber es steht fest, daß in 
65% der Fälle die Milch der benutzten Kühe den Abortusbacillus ent¬ 
hielt und es ist anzunehmen, daß ein Teil der Milch, die nicht einer Probe 
durch den Tierversuch an Meerschweinchen unterworfen winde, eben¬ 
falls den Bacillus enthielt, wie sie auch während der Lactationsperiode 
bei der Agglutinationsmethode eine positive Reaktion zeigte. Der Ver¬ 
fasser möchte darauf hinweisen, daß die Milch infizierter Kühe oft inner¬ 
halb weniger Monate bei wiederholter Prüfung große Unterschiede 
bezüglich ihres Agglutinationswertes zeigt, während der Agglutinations¬ 
wert des Blutserums unter genau denselben Bedingungen mehr oder 
weniger konstant bleibt. Zur Untersuchung wurde Milch aus allen vier 
Eutervierteln gemischt verwendet, und zwar wurde dieselbe 2 Stunden 
nachdem das Euter leergemolken war, gewonnen. 

Unter „nicht infizierter Milch“ ist Milch zu verstehen von Kühen, 
von denen weder das Blutserum noch die Milch bei der Agglutinations¬ 
methode eine positive Reaktion gezeigt hat. In 3 Fällen ist bei den 
Tieren von Gruppe B nicht bekannt, ob die Milch infiziert war. oder 
nicht, weil sie keiner Prüfung unterworfen wurde. Das Blutserum ergab 
dagegen zu der Zeit, wo das Kalb gesäugt winde, eine stark positive 
Reaktion. 

Zu diesen Versuchen benutzte man reinrassige Tiere mit einer Aus¬ 
nahme. Bevor die Färsen gedeckt wurden, wurde gewartet, bis die Tiere 
sich voll entwickelt hatten. Die Tiere wurden etwa im Alter von 2 1 /* bis 
2 8 / 4 Jahren zum Bullen geführt; einige besonders gut entwickelte Tiere 
wurden schon mit 2 Jahren gedeckt, während einige schlecht entwickelte 
Tiere erst mit 3 Jahren gedeckt wurden. 

Für gewöhnlich wurden in der Herde, bei der die Untersuchungen 
angestellt wurden, nur die besten Tiere aufgezogen, während man die 
minderwertigen verkaufte. Infolgedessen wurden einige Versuchstiere 
verkauft, bevor sie gedeckt werden konnten. Die vollentwickelten Bullen 
wurden jedes Frühjahr verkauft, so daß es nicht möglich war, sie so 
lange zu beobachten wie die Färsen. Sämtliche Bullenkälber wurden 
während der Beobachtungszeit nicht zum Sprunge zugelassen. Einige 
indessen wurden gelegentlich zum Arbeitsdienst verwendet. 

Der Einfluß der Fütterung von infizierter Milch auf die Kälber in 
den einzelnen Versuchsgruppen wurde durch die Agglutinationsmethode 
geprüft. Regelmäßig wurde vor dem Beginn der Fütterungsversuche 
das Blutserum geprüft. Während der Zeit der Fütterung in verschiede¬ 
nen Zwischenräumen wurden weitere Prüfungen vorgenommen. Sobald 
mit der Verfütterung von infizierter Milch aufgehört wurde, wurde das 
Blutserum untersucht. Dann wurde das Kalb isoliert, und so unter- 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kllhen gefüttert werden. 201 

gebracht, daß jede weitere Infektion unmöglich war. Ungefähr 1 Monat 
später untersuchte man dann das Blut von neuem. Zeigte das Blut bei 
dieser Untersuchung keine Reaktion, so ließ man das Kalb mit den 
Kälbern, die von einer seuchenfreien Herde stammten, zusammen laufen. 
Es wurde jedoch auch weiter beobachtet, und sein Blut wurde auch ferner 
noch von Zeit zu Zeit auf die Gegenwart von Antikörpern geprüft. 

Die Agglutinationsmethode wurde in folgender Weise ausgeführt: 

Das Blut wurde unter sterilen Kautelen aus der Jugularvene ent¬ 
nommen, und in 50-ccm-Flaschen aufgefangen. Diese Flaschen wurden 
1—2 Stunden bei 36° C in den Brutschrank gebracht. Danach wurden 
sie in den Eisschrank gestellt. Am folgenden Morgen wurde das Serum 
in Reagensröhrchen abgegossen. In einzelnen Flaschen, in denen sich 
das Serum noch nicht abgeschieden hatte, wurde der Blutkuchen mit 
einer Platinnadel aufgerührt, und die Flasche wurde von neuem für einige 
Zeit in den Eisschrank gestellt. Die Stammlösung des Serums wurde mit 
Carbolsalzlösung (1:5 und 1:100) hergestellt. 

Das Antigen wurde für gewöhnlich so hergestellt, daß man Abortus- 
bacillen 4 Tage lang in Schrägkultur auf Stockmanns Kartoffelnährböden 
züchtete. Die angegangenen Kulturen wurden mit Carbolkochsalzlösung 
aufgeschwemmt und durch zwei Lagen Filtrierpapier filtriert. Sie 
wurden so lange mit der Carbolkochsalzlösung verdünnt, bis man durch 
eine 1,5 cm dicke Schicht gewöhnliche Druckschrift noch gut lesen 
konnte. Das Serum wurde in einer Verdünnung von 1:10 bis 1: 2000 
verwendet; bei jeder Untersuchung benutzte man 9 Reagensröhrchen. 

Die folgende Tabelle gibt eine kurze Erklärung dafür, wie die ver¬ 
schiedenen Lösungen hergestellt wurden. Jedes Reagensröhrchen ent¬ 
hielt 2 ccm der betreffenden Lösung: 



Serum 

Oarbol-Salxlösung Stammlösung 

1 ocm 



+ 4 ccm 

- 1:6 

0,5 ccm 

Nummer des 

(der Stammlöeung 1 : 5) 

Antigen- 

+ 9,5 ccm 

- 1 : 100 

Reagens- 

rthreheni 

Stamm-Emul¬ 

sion 

Carbol-SalxlösuDR 

Serum 

ergibt eine Lösung 

1 

1 ccm 


(1:5) 1 ccm 

1 : 10 

2 

1 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

1 : 20 

3 

1 

0,75 ccm 

0,25 ccm 

1 : 40 

4 

1 

0,9 ccm 

0,1 ccm 

1 : 100 

5 

1 j • 


(1 : 100) 1 ccm 

1 : 200 

6 

1 „ 

0,5 ccm 

0,5 ccm 

1 : 400 

7 

1 „ 

0,75 ccm 

0,25 ccm 

1 : 800 

8 

1 „ 

0,8 ccm 

0,2 ccm 

1 : 1000 

9 

1 „ 

0,9 ccm 

0,1 ccm 

1 : 2000 

10 

(Kontrolle) 

1 „ 

1 ccm 

— 

— 


Nachdem die einzelnen Reagensröhrchen der Tabelle entsprechend 
fertiggestellt worden waren, winden sie geschüttelt und 24 Stunden bei 


14 


Arch. f. Tlerhetlk. XL1X. 





202 J< Quinlan: Die Übertr&gungsmöglichkeit von Abortus-B&cillen auf 

36° C in den Brutschrank gestellt. Die Ergebnisse wurden folgender¬ 
maßen bezeichnet: 

—|—|- = wenn die Agglutination und Präcipitation des agglutinierenden 
Organismus so war, daß die darüberstehende Flüssigkeit vollständig oder fast 
vollständig klar war. 

+ 4- = wenn die Agglutination und Präcipitation so war, daß die darüber¬ 
stehende Flüssigkeit zwar nicht ganz klar war; wenn man aber sowohl am Boden, 
wie auch an den Seiten des Reagensröhrchens einen sehr deutlichen Niederschlag 
feststellen konnte. 

+ = Spuren von Agglutination und eine eben sichtbare Präcipitation am 
Boden des Reagensröhrchens waren sichtbar. 

— = keine Agglutination. 

Sämtliche Versuche wurden durch ein Serum kontrolliert, von dem 
man bestimmt wußte, daß es bei Gegenwart von Abortusbacillen positiv 
reagierte und ferner durch ein Serum, von welchem man wußte, daß es 
negativ reagierte. 

Viele Forscher kommen bei ihren Untersuchungen über den Wert der 
Agglutinationsmethode bei der Diagnose des infektiösen Abortus zu der 
Schlußfolgerung, daß das Vorhandensein eines Agglutinationstiters von 
0,01 ccm ein sicherer Beweis für das Bestehen einer Infektion bei dem be¬ 
treffenden Tiere ist. Es liegt nicht die Absicht vor, in diesem Werke einen 
bestimmten Agglutinationstiter als Anzeichen für eine stattgefundene In¬ 
fektion bei den Versuchskälbern festzulegen, man dürfte aber doch wohl 
in der Annahme berechtigt sein, daß ebenso wie bei erwachsenen Kühen ein 
bestimmter Agglutinationswert für die Infektion spricht, auch bei Kälbern 
ein solcher sich feststellen ließe und daß die bei größerer Verdünnung auf¬ 
tretenden Ausfällungen auf spezifische Antikörper zurückzuführen sind. 

Es hat sich nun in Südafrika bei den vielen Blutuntersuchungen 
herausgestellt, daß ein Agglutinationstiter von 0,01 ccm das Vorhanden¬ 
sein einer Infektion beweist. P. R. Viljoen, der an dem Veterinär-Unter- 
suchung8-Laboratorium in Onderstepoort tätig war, bezeichnet diesen 
Titer als ein Anzeichen für das Bestehen einer Infektion mit Abortus- 
bacillen. Aber Verf. hält diesen Titer für zu gering, er erzielte eine voll¬ 
ständige Agglutination bei 0,025 ccm Serum. Nach seiner Meinung muß 
eine geringgradige Präcipitation in einem Reagensglase, das 0,01 ccm 
Serum enthält, bestimmt als verdächtig angesehen werden, weil sehr oft 
eine Kuh, die eine derartige Reaktion ergab, schon 1 Monat später einen 
viel höheren Agglutinationswert aufwies. Wenn bei den folgenden Ex¬ 
perimenten von einer positiven Reaktion des Blutes die Rede ist, so ist 
damit Blut gemeint, dessen Titer 0,01 ccm beträgt. 

Unter positiv reagierender Milch versteht der Verf. Milch mit einem 
Agglutinationstiter von 0,025 ccm; es ist ihm nicht gelungen, den Ba¬ 
cillus bei noch größerer Verdünnung durch die Agglutinationsmethode 
in der Milch infizierter Kühe nachzuweisen. 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 203 


Gruppe A. 

Sie zeigt die Geschichte von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
infizierten Muttertieren stammten, die wenige Stunden nach der Geburt 
von den Muttertieren entfernt wurden und die mit infizierter Milch 
getränkt wurden. 

Friesländische Färse, Tab. 1, stammte von einer Kuh, deren Blut 
zur Zeit, als das Kalb geboren wurde, positiv reagierte. Das Blut des 
Kalbes wurde erst nach 5 Monaten untersucht, als mit der Fütterung 
aufgehört wurde. Bei dieser Untersuchung ergab sich eine schwache 
Agglutination mit 0,05 ccm Serum. 17 Tage nach Beendigung der 
Fütterung war diese Agglutination auch noch nachzuweisen. 1 Monat 
und 24 Tage nach der Isolierung war jedoch keine Spur von Agglutination 
mehr nachzuweisen, selbst nicht mit 0,1 ccm Serum. Als die Färse 
zuletzt untersucht wurde, war sie 3 Jahre und 7 Monate alt, aber seit 
dem 17. Tage nach der Beendigung der Fütterung mit infizierter Milch 
trat bei keiner Blutuntersuchung mehr Agglutination ein. Dieses Tier 
kalbte normal am 19. VIII. 1921 und sein Blut gab auch bei den später 
ausgeführten Untersuchungen keine positive Reaktion. 

Friesländische Färse 88, Tab. 2, stammte von einer Kuh, deren Blut 
zur Zeit, als das Kalb geboren wurde, positive Reaktion zeigte. Die 
erste Blutuntersuchung wurde im 6. Monate der Fütterung gemacht. 
Sie ergab eine vollständig positive Agglutination mit 0,1 ccm Serum. 
Die Fütterung wurde noch 2 Monate fortgeführt. Es ließ sich aber bei 
dem nunmehr 8 Monate alten Kalbe keine positive Agglutination mehr 
feststellen, auch bei den späteren Untersuchungen ließen sich keine Anti¬ 
körper mehr im Blute nachweisen. Bei der letzten Blutuntersuchung 
war das Tier 3 Jahre und 1 Monat alt. Am 16. V. 1920 kalbte das Tier 
normal und wurde am 2. XI. 1920 neu gedeckt. 

Friesländische Färse 101, Tab. 3, stammte von einer Kuh, deren 
Milch und Blutserum zu der Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positiv 
reagierte. Bei dem Kalbe wurde vor Beginn der Fütterung eine Blut¬ 
probe gemacht. Sie ergab eine schwache Agglutination mit 0,025 ccm 
Serum und eine Spur bei 0,01 ccm. 5 Tage nach der Geburt erhielt man 
mit dem Blute die gleichen Resultate. 25 Tage nach der Geburt war der 
Agglutinationswert deutlich gestiegen. Es ergab sich nämlich mit 
0,01 ccm Serum eine vollständige Reaktion und selbst mit 0,0025 ccm 
ließ sich noch eine schwache Agglutination auslösen. Nach 36 Tagen 
war die Reaktion nicht ganz so deutlich; vollständige Agglutination trat 
ein mit 0,025 ccm. Serum und schwache Agglutination mit 0,01 ccm. 
Leider soff das Tier in einem unbewachten Augenblicke von einer Carbol- 
säurelösung, die zum Desinfizieren der Ställe benutzt wurde, und ging 
infolge dieser Vergiftung am 16. V. 1919 ein, ohne daß das Blut nochmal 
vorher untersucht wurde. 


14* 



204 J. Quinlan: Die Übertragu ngsinögiu-hkeit von Abortus-BacUlen auf 


Friesländische Färse 80, Tab. 4, stammte von einer Kuh, deren 
Blutserum und Milch zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positiv 
reagierte. Die erste Blutuntersuchung wurde 5 Monate, 2 Tage nach 
Beginn der Fütterung angestellt. 0,025 ccm des Serums ergaben dabei 
eine vollständig positive Agglutination. Die Fütterung wurde fortge¬ 
führt, bis das Kalb 6 Monate und 9 Tage alt war. In dieser Zeit war 
der Agglutinationstiter deutlich gesunken. Mit 0,025 ccm erhielt man 
nur noch eine schwache Agglutination. 

Einen Monat später war der Agglutinationswert noch derselbe. 
1 Monat, 23 Tage nach Beendigung der Fütterung war jedoch die Reak¬ 
tion vollständig negativ. Bei einer Blutuntersuchung, die man bei der 
Färse im Alter von 19 Monaten, 20 Tagen anstellte, erhielt man mit 
0,05 ccm Serum eine schwache Agglutination. Nach Aufhören der 
Fütterung mit infizierter Milch war dies die einzige Untersuchung, bei 
der sich Antikörper im Blute nachweisen ließen, nachdem sie vorher ver¬ 
schwunden waren. Bei der letzten Untersuchung war das Tier 3 Jahre, 
6 Monate alt. Es kalbte normal am 25. V. 1921 und wurde dann wieder 
gedeckt. 

Friesländische Färse 90, Tab. 5, stammte von einer Kuh, deren Milch 
und Blutserum zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positiv reagierten. 
Die erste Blutuntersuchung ward angestellt, nachdem das Kalb 5 Mo¬ 
nate, 26 Tage mit der infizierten Milch gefüttert worden war. Die Fütte¬ 
rung wurde dann beendet. Das Kalb zeigte bei keiner Untersuchung 
Antikörper in seinem Blute. Bei der letzten Blutuntersuchung war 
das Tier 3 Jahre, 5 Monate alt. Es kalbte normal am 16. IV. 1921 und 
wurde wieder neu gedeckt. 

Friesländische Färse 102, Tab. 6, stammte von einer Kuh, deren 
Milch und Blutserum zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positiv 
reagierte. Das Serum des Kalbes wurde am Tage der Geburt, bevor die 
Fütterung begann, geprüft. Es ergab sich hierbei eine vollständige 
Agglutination mit 0,1 ccm Serum. Die Zahl der Antikörper war 10 Tage 
nach Beginn der Fütterung deutlich gestiegen. Man erhielt mit 0,01 ccm 
Serum eine deutliche Agglutination. Leider soff das Kalb in einem un¬ 
bewachten Augenblicke von einer Carboisäurelösung, die zum Desinfi¬ 
zieren der Ställe benutzt wurde und verendete infolge dieser Vergiftung 
am 11. V. 1919, ohne daß vorher noch eine Blutprobe angestellt wurde. 

Friesländische Färse 99, Tab. 7, stammte von einer Kuh, deren 
Milch und Blutserum zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positiv rea¬ 
gierte. Bei der Geburt zeigte das Kalbblut bis in Verdünnungen von 
0,025 ccm eine schwache Agglutination. Die Zahl der Antikörper nahm 
bis zum 29. Tage zu. Die darauf folgenden Untersuchungen zeigten 
wieder eine Abnahme der Zahl der Antikörper. Bis zu einem Alter von 
3 Monaten, 15 Tagen waren noch Antikörper im Blute vorhanden. Nach- 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefuttert werden. 205 

dem bewiesen drei innerhalb 3 Monaten angestellte Untersuchungen ihr 
vollständiges Fehlen. Im Alter von 7 Monaten, 19 Tagen traten wieder 
Antikörper in geringem Grade in die Erscheinung. Man erhielt mit 
0,05 ccm Serum eine geringgradige Agglutination. Bis zu einem Alter 
von 10 Monaten, 11 Tagen blieb diese Reaktion gleich stark. Dieses Kalb 
wurde 9 Monate lang mit infizierter Milch gefüttert. Bei der letzten 
Blutuntersuchung war das Tier 2 Jahre, 6 Monate alt. Es waren aber 
weiter keine Antikörper in seinem Blute nachzuweisen. Das Rind winde 
dann gedeckt und ist zur Zeit sichtbar tragend. 

Friesländischer Butte 87, Tab. 8, stammte von einer Kuh, deren 
Milch und Blutserum zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positive 
Reaktion zeigte. Das Blut des Kalbes wurde bei der Geburt untersucht. 
D&dasTier aber nachts geboren wurde, so hatte es bereits einige Stunden 
an der Mutter gesogen. Diese Blutuntersuchung ergab mit 0,025 ccm 
Serum eine vollständig positive Agglutination. Am 9. Tage wies das 
Blutserum einen hohen Gehalt von Antikörpern auf. Noch mit 0,005 ccm 
Serum erhielt man eine vollständige Agglutination. Am 18. Tage war 
der Agglutinationstiter bis auf 0,005 ccm gesunken. Leider soff das Kalb 
von einer Carbolsäurelösung, die zum Desinfizieren der Ställe benutzt 
wurde und ging infolge dieser Vergiftung am 14. V. 1919 ein, ohne daß 
das Blut vorher nochmal untersucht wurde. 

Ayrchire Butte 108, Tab. 9, stammte von einer Kuh, deren Milch 
und Blutserum zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positive Reaktion 
zeigte. Die erste Blutprobe wurde am Tage der Geburt gemacht. Man 
erhielt dabei in keinem Reagensröhrchen eine Agglutination. Die Fütte¬ 
rung wurde 7 Monate, 3 Tage durchgeführt. In einem Alter von 12 Mona¬ 
ten, 18 Tagen wurde der Bulle verkauft. Bei 5 innerhalb dieser Zeit 
Angestellten Agglutinationsproben ist es nicht gelungen, die Gegenwart 
von Antikörpern im Blute nachzuweisen. 

Ayrchire Färse 126, Tab. 10, stammte von einer Kuh, deren Blut 
positiv reagierte, deren Milch aber keine Reaktion zeigte. Das Kalb 
zeigte am Tage der Geburt keine Antikörper im Blute. Die Fütterung 
wurde 5 Monate, 15 Tage durchgeführt. Das Kalb ging im Alter von 
10 Monaten, 10 Tagen an Peritonitis ein. Bei 5 innerhalb dieser Zeit 
Angestellten Blutproben konnte man nicht die Gegenwart von Anti¬ 
körpern im Blute nach weisen. 

Kreuzung zwischen einer roten Lincoln-Kuh und einem friesländischen 
Kutten, Tab. 9, stammte von einer Kuh, deren Milch und Blutunter¬ 
suchung zur Zeit, wo das Kalb geboren wurde, positiv reagierte. Das 
Kalb gab bei der Geburt eine negative Reaktion. 3 Monate, 4 Tage nach 
Beginn der Fütterung erhielt man eine vollständige Agglutination mit 
0,025 ccm Serum und eine schwache Agglutination mit 0,01 ccm. Ähn¬ 
liche Resultate ergaben die Untersuchungen, die 14 Tage später angestellt 



206 J- Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


wurden. Diese Reaktion bestand weiter, bis das Kalb 6 Monate, 25 Tage 
alt war. Dann wurde mit der Fütterung mit infizierter Milch aufgehört. 
Die Färse ließ man mit infizierten Kühen in isolierten Bezirken zusammen 
laufen. Nach Beendigung der Fütterung mit infizierter Milch wurden 
noch 7 Blutuntersuchungen angestellt. Bei sämtlichen Untersuchungen 
konnte man Antikörper nachweisen, aber nur in geringer Menge; ausge¬ 
nommen bei der letzten Blutuntersuchung, die am 28. IX. 1921 gemacht 
wurde und deren Resultat vollständig negativ war. Das Tier befand 
sich zu der Zeit im 5. Monate der Trächtigkeit. 

Gruppe B 

zeigt die Serumreaktionen von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die 
von infizierten Muttertieren stammen und auch von diesen gesäugt sind. 

Sussex-Bulle 96, Tab. 12, stammte von einer Kuh, deren Milch 
während der Zeit, in der das Kalb von ihr gesäugt wurde, nicht geprüft 
worden ist. Das Blutserum reagierte positiv zu der Zeit, wo das Kalb 
geboren wurde und war auch weiter während der Zeit, in der das Kalb 
gesäugt wurde, positiv. Bei der folgenden Lactationsperiode gab die 
Milch eine Reaktion, die als zweifelhaft angesprochen werden muß. Li¬ 
dessen wurde dadurch noch nicht bewiesen, daß das Kalb mit infizierter 
Milch gesäugt worden ist, obgleich diese Schlußfolgerung berechtigt sein 
würde, wenn die weitere Geschichte der Kuh bekannt wäre. Das Kalb 
wurde 7 Monate, 9 Tage zum Saugen zugelassen. Das Kalb wurde im 
Alter von 17 Monaten, 17 Tagen verkauft, ohne Antikörper in seinem 
Blute gezeigt zu haben. 

Herford-Bulle 62, Tab. 13, stammte von einer Kuh, deren Blut aus¬ 
gesprochen positiv reagierte. Die Milch des Muttertieres wurde erst 
2 Monate nach der Entwöhnung des Kalbes untersucht. Sie zeigte dabei 
positive Reaktion und man muß daher annehmen, daß die Milch zu der 
Zeit, wo das Kalb gesäugt wurde, infiziert war. Das Kalb wurde 8 Monate 
5 Tage lang gesäugt. Dann wurde das Kalb entwöhnt. Der Bulle wurde 
im Alter von 16 Monaten verkauft, ohne daß Antikörper im Blute nach¬ 
gewiesen werden konnten. 

Rote Lincoln-Färee 90, Tab. 14, stammte von einer Kuh, deren Blut 
positiv reagierte. Die Milch wurde während dieser Lactationsperiode 
nicht untersucht, zeigte aber bei den während der nächsten Lactations¬ 
periode angestellten Untersuchungen positive Resultate. Das Tier wurde 
7 Monate lang gesäugt. Im Alter von 15 Monaten, 24 Tage wurde die 
Färse verkauft, ohne Antikörper im Blute gezeigt zu haben. 

Su88ex-Färse 171, Tab. 15, stammte von einer Kuh, deren Milch und 
Blutserum positiv reagierte. Das Blut reagierte bei den in verschiedenen 
Zwischenräumen angestellten Blutproben positiv. Auch die Milch rea¬ 
gierte zu der Zeit, in der das Kalb gesaugt hatte, bei den 2 mal angestell- 



Kälber, die mit Milch von infizierten Ktthen gefuttert werden. 207 


ten Untersuchungen beidemal positiv. Das Kalb wurde zum ersten Male 
mit 7 Monaten, als es von seiner Mutter entwöhnt wurde, untersucht. 
Diese Blutuntersuchung ergab mit 0,05 ccm Serum eine ausgesprochene 
positive Agglutination, selbst bei 0,025 ccm Serum konnte man noch 
Spuren einer Agglutination feststellen. Die Färse befindet sich zur Zeit 
noch unter Beobachtung, aber bei 8 nach der Entwöhnung angestellten 
Blutuntersuchungen ist es nicht gelungen, Antikörper im Blute nach¬ 
zuweisen. Bei der letzten Blutuntersuchung am 29. VIII. 1921 war das 
Tier 3 Jahre, 11 Monate alt. Es kalbt normal am 30. XI. 1921. 

Gruppe C 

zeigt die Serumreaktionen von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
nicht infizierten Muttertieren stammten, welche aber mit infizierter Milch 
getränkt worden sind. 

Ayrshire-Butte 114, Tab. 16, wurde bis zum Ende des 2. Lebens¬ 
monates mit Milch gefüttert, die frei von Abortusbacillen war. Darauf 
begann die Fütterung mit infizierter Milch. Die Fütterung wurde fort¬ 
geführt bis das Kalb 7 Monate, 13 Tage alt war. Bei mehreren, während 
dieser Zeit angestellten Blutuntersuchungen gelang es nicht, die Gegen¬ 
wart von Antikörpern im Blute nachzuweisen. 6 Wochen nach der Ent¬ 
wöhnung zeigte dagegen das Blutserum im zweiten Reagensröhrchen 
mit 0,05 ccm eine vollständige Agglutination. Mit 0,025 ccm Serum trat 
eine ganz schwache Agglutination ein. 10 mal wurden bei diesem Kalbe 
Blutuntersuchungen angestellt und nur bei einer Untersuchung ließ sich 
die Gegenwart von Antikörpern nach weisen und selbst bei dieser einen 
Probe nur in geringem Maße. Bei der letzten Blutuntersuchung war der 
Bulle 16 Monate 29 Tage alt. Der Bulle wurde am 12. X. 1920 verkauft 
und dadurch der weiteren Beobachtung entzogen. 

Ayrshire-Färae 132, Tab. 17, wurde bis zum Alter von 2 Monaten 
22 Tagen mit nicht infizierter Milch gefüttert. Dann wurde das Tier 
4 Monate 13 Tage lang mit infizierter Milch getränkt. Als das Kalb 
7 Monate 5 Tage alt war, wurde mit der Fütterung mit infizierter Milch 
aufgehört. Die Färse wurde nach Beginn der Fütterung 12 mal unter¬ 
sucht, aber nicht die Spur von Antikörpern wurde beobachtet. Bei der 
letzten Blutuntersuchung war das Tier 2 Jahre 4 Monate alt. Das Rind 
wurde dann gedeckt. 

Ayrshire-Bulle 112, Tab. 18, wurde vom 2. Lebensmonate an mit 
infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 6 Monate 18 Tage lang 
fortgeführt. Ebne 4 Monate 7 Tage nach Beginn der Fütterung angestellte 
Blutuntersuchung ergab mit 0,05 ccm Serum eine vollständige Agglu¬ 
tination. Mit 0,025 ccm Serum trat eine schwache Agglutination ein. 
Bei Beendigung der Fütterung wurde wieder mit 0,08 ccm Serum eine 
leichte Agglutination hervorgerufen. Diese Reaktion wurde ebenfalls 



208 Quinl&n: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortns-fiacillen auf 

7 Monate 30 Tage nach Beginn der Fütterung beobachtet. Bei 11 nach 
Beginn der Fütterung ausgeführten Blutuntersuchungen gelang es nicht, 
Antikörper im Blute nachzuweisen, mit Ausnahme der 3 oben erwähnten 
Fälle. Aber auch in diesen 3 Fällen kann man die Agglutination nur als 
geringgradig bezeichnen und nicht ohne weiteres daraus eine Infektion 
schließen. Der Bulle wurde mit 17 Monaten verkauft und dadurch weite¬ 
ren Beobachtungen entzogen. 

Ayr8hire-BuUe 113, Tab. 19, wurde, nachdem er 1 Monat 23 Tage alt 
war, mit infizierter Milch gefüttert. Vor Beginn der Fütterung erhielt 
man bei der Blutuntersuchung mit 0,05 ccm Serum eine ganz schwache 
Agglutination. Die Fütterung mit der infizierten Milch wurde 6 Monate. 
18 Tage lang durchgeftihrt. Bei Beendigung der Fütterung waren Anti¬ 
körper im Serum nachzuweisen. Man erhielt mit 0,05 ccm Serum eine 
vollständige Agglutination, mit 0,0025 ccm Serum Spuren einer 
solchen. Außer in den beiden vorher erwähnten Zeitabschnitten konnte 
man bei keiner von den 11 nach Beginn der Fütterung angestellten Blut¬ 
proben auch nur Spuren von Antikörpern im Blute des Tieres nach- 
weisen. Bei der letzten Blutuntersuchung war der Bulle bereits 18 Monate 
alt. Der Bulle wurde am 9. X. 1920 verkauft, und dadurch war eine 
weitere Beobachtung nicht möglich. 

Ayrshire-Färse 135, Tab. 20, wurde vom 8. Tage an mit infizierter 
Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 7 Monate 26 Tage lang durch¬ 
geführt. Nach Beginn der Fütterung wurden 14 Blutuntersuchungen 
bei dem Kalbe gemacht. Bei keiner ließ sich auch nur die geringste Spur 
von Antikörpern im Blute nachweisen. Bei der letzten Blutuntersuchung 
war die Färse 2 Jahre 4 Monate alt. Sie war inzwischen gedeckt worden 
und bei der Besichtigung am 24. XII. 1921 sichtbar tragend. 

Hereford-Färse 107, Tab. 21, wurde erst, nachdem sie ein Alter von 
6 Monaten 1 Tag erreicht hatte, mit infizierter Milch gefüttert. Die 
Fütterung mit infizierter Milch wurde 1 Monat 27 Tage lang fortgeführt. 
Nach Beginn der Fütterung wurden 11 Blutuntersuchungen angestellt. 
Bei keiner zeigten sich Antikörper im Blute. Das Tier war bei der letzten 
Untersuchung 3 Jahre alt. Es kalbte normal am 30. XI. 1921. 

Ayrshire-Färse 124, Tab. 22, wurde erst, nachdem sie 5 Monate 
27 Tage alt war, mit infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 
1 Monat lang durchgeführt. Bei Beendigung der Fütterung waren keine 
Antikörper im Blute vorhanden. 23 Tage später jedoch erhielt man 
mit 0,05 ccm Serum eine geringgradige Agglutination. Bis auf diese 
Ausnahme konnte man aber bei den anderen Untersuchungen keine 
Antikörper im Blute nachweisen, selbst dann nicht, wenn man beliebig 
große Mengen Serum benutzte. Bei der letzten Blutuntersuchung war 
das Tier 3 Jahre alt. Es kalbte normal am 1. VIII. 1921. 



Kälber, die mit Milch von infizierten Killten gefüttert werden. 209 

Ayrshire-Färse 136, Tab. 23, wurde, nachdem sie 1 Monat 20 Tage 
alt war, mit infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 5 Monate 
24 Tage lang durchgeführt. Am Tage vor Beendigung der Fütterung 
zeigte das Blut vollständige Agglutination mit 0,1 ccm Serum, schwache 
Agglutination mit 0,05 ccm und 0,025 ccm Serum und ganz gering¬ 
gradige Agglutination mit 0,01 ccm Serum. Das Blut des Kalbes wurde 
dann erst wieder 4 Monate 20 Tage nach Beendigung der Fütterung 
untersucht und das Tier blieb während dieser Zeit isoliert. Diese Blut¬ 
untersuchung ergab das vollständige Fehlen von Antikörpern im Blute. 
Bei der letzten Untersuchung war die Färse 1 Jahr 6 Monate alt. Auch 
das Resultat dieser Blutuntersuchung war negativ. Die Färse wurde 
dann am 12. IX. 1921 verkauft, ohne vorher gedeckt worden zu sein. 

Friesländische Färse 97, Tab. 24, wurde, nachdem sie 4 Monate 
19 Tage alt war, mit infizierter Milch gefüttert. 4 Monate 16 Tage nach 
Beginn der Fütterung wurden zum ersten Male Antikörper im Blute 
nachgewiesen. Bis 24 Tage nach Beendigung der Fütterung waren diese 
auch noch festzustellen. Sie ließen sich aber nur in Verdünnungen bis 
zu 0,05 ccm Serum nach weisen. Das Kalb wurde nach Beginn der Fütte¬ 
rung 14 mal untersucht, aber nur in der Zeit vom 10. IX. 1919 bis 
24. X. 1919 waren Antikörper im Blute nachzuweisen. Zu der Zeit, in 
der die Agglutination auftrat, war diese selbst in den geringsten Verdün¬ 
nungen nur eine schwache. Bei Beendigung der Fütterung war das Kalb 
9 Monate 25 Tage alt. Bei der letzten Blutunter&uchung war die Färse 
2 Jahre 9 Monate alt. Sie wurde zufällig gedeckt und war bei der Besich¬ 
tigung am 24. XII. 1921 tragend. 

Friesländische Färse 98, Tab. 25, wurde, nachdem sie 3 Monate 29 Tage 
alt war, mit infizierter Milch gefüttert. 2 Monate 2 Tage nach Beginn 
der Fütterung waren die ersten Antikörper im Blute nachzuweisen. Man 
erhielt mit 0,05 ccm Serum eine geringgradige Agglutination. 1 Monat 
später wurde keine Agglutination beobachtet. 4 Monate 16 Tage dagegen 
nach Beginn der Fütterung wurden wieder Antikörper im Blute fest¬ 
gestellt. Nachdem das Kalb 5 Monate 6 Tage lang mit infizierter Milch 
gefüttert worden war, wurde es weiter mit nicht infizierter Milch gefüt¬ 
tert. Die positive Reaktion des Blutes bestand jedoch weiter und war 
sogar bis 24 Tage nach Beendigung der Fütterung mit infizierter Milch 
etwas stärker geworden. 1 Monat 13 Tage nach Beendigung der Fütte¬ 
rung mit infizierter Milch waren die Antikörper aus dem Blute verschwun¬ 
den. Als man mit der Fütterung mit infizierter Milch aufhörte, war das 
Kalb 9 Monate 4 Tage alt. Nachdem die Antikörper nach Beendigung 
der Fütterung mit infizierter Milch aus dem Blute verschwunden waren, 
konnte man sie auch später nicht mehr nach weisen. Bei der letzten 
Blutuntersuchung war die Färse 2 Jahre 9 Monate alt. Bei der Besich¬ 
tigung am 24. XII. 1921 war sie deutlich tragend. 



210 J- Quinlan: Die Übertragungsmüglichkeit von Abortus-Bacillen auf 

Hereford-Färse 111, Tab. 26, wurde, nachdem sie 5 Monate 9 Tage 
alt war, mit infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 4 Monate 
20 Tage lang durchgeführt. Bei der Blutuntersuchung, die man 21 Tage 
nach Beginn der Fütterung ausführte, zeigte sich mit 0,05 ccm Serum 
eine leichte Agglutination und mit 0,025 ccm Serum war noch eine Spur 
von Agglutination festzustellen. Dies war die einzige von den Angestell¬ 
ten Blutuntersuchungen, die die Gegenwart von Antikörpern zeigte. 
Bei der letzten Untersuchung war die Färse 2 Jahre 5 Monate alt. Sie 
ist gedeckt worden, aber man kann bis jetzt noch nicht bestimmt sagen, 
ob sie tragend ist oder nicht. 

Ayrshire-Färse 131, Tab. 27, wurde erst, nachdem sie 2 Monate 79 Tage 
alt war, mit infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 6 Monate 
1 Tag lang fortgeführt. 13 Blutuntersuchungen wurden bei dem Kalbe 
während dieser Fütterung und nach Beendigung der Fütterung aus¬ 
geführt, .aber bei keiner zeigten sich Antikörper im Blute. Bei der 
letzten Untersuchung war die Färse 2 Jahre 4 Monate alt. Sie ist gedeckt 
worden, aber man kann noch nicht bestimmt sagen, ob sie tragend ist 
oder nicht. 

Ayrshire-Färse 134, Tab. 28, wurde vom 18. Tage nach der Geburt 
an mit infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 8 Monate 13 Tage 
lang durchgeführt. 14 Blutuntersuchungen sind in verschiedenen Zwi¬ 
schenräumen nach Beginn der Fütterung ausgeführt worden, aber keine 
zeigte auch nur eine Spur von Agglutination. Bei der letzten Unter¬ 
suchung war die Färse 2 Jahre alt. Sie winde gedeckt, wurde dann aber 
am 7. IX. 1921 verkauft, ohne daß man Anzeichen einer Trächtigkeit 
bei ihr feststellen konnte. 

Ayrshire-Bulle 109, Tab. 29, wurde, nachdem er 4 Monate 25 Tage 
alt war, mit infizierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 1 Monat 
27 Tage lang durchgeführt. Zur Zeit der Fütterung konnte man keine 
Antikörper im Blute nachweisen. Gerade 1 Monat nach Beendigung der 
Fütterung dagegen erhielt man mit 0,1 ccm Serum eine geringgradige 
Agglutination und selbst mit 0,05 ccm Serum konnte man noch Spuren 
einer Agglutination auslösen. 6 Monate 2 Tage nach Beendigung der 
Fütterung konnte man ebenfalls einen geringen Agglutinationswert fest¬ 
stellen. 11 Monate 24 Tage nach Beendigung der Fütterung erhielt man 
mit 0,05 ccm Serum noch Spuren einer Agglutination. 7 Blutunter¬ 
suchungen wurden während der Zeit, in der das Kalb mit infizierter Milch 
gefüttert wurde, angestellt, ohne daß eine nennenswerte Agglutination 
festgestellt werden konnte. Bei der letzten Blutuntersuchung war der 
Bulle 23 Monate 9 Tage alt. Er wurde am 10. X. 1920 verkauft und 
dadurch war eine weitere Beobachtung nicht mehr möglich. 

Ayrshire-Bulle 110, Tab. 30, winde vom 14. Lebenstage ab mit infi¬ 
zierter Milch gefüttert. Die Fütterung wurde 6 Monate 10 Tage lang fort- 



Kälber, die mit Milch von infizierten Ktthen gefuttert werden. 211 

gesetzt. Nur 7 Monate 15 Tage nach Beginn der Fütterung trat mit 
0,1 ccm und 0,05 ccm Serum eine leichte Agglutination ein. In 7 weiteren 
Blutproben konnte man keine Antikörper feststellen. Bei der letzten 
Blutuntersuchung war der Bulle 23 Monate 8 Tage alt. Er wurde am 
10 . X. 1920 verkauft und dadurch war eine weitere Beobachtung un¬ 
möglich. 

Ayrshire-BuUe 103, Tab. 31, wurde erst, nachdem er ein Alter von 

2 Monaten erreicht hatte, mit infizierter Milch gefüttert. Das Blut wurde 
vor Beginn der Fütterung nicht geprüft. Die Fütterung wurde 6 Monate 
4 Tage lang durchgeführt. Während der Fütterungsperiode wurden 

3 Blutuntersuchungen angestellt, bei denen sich aber keine Antikörper 
im Blute zeigten. 1 Monat nach Beendigung der Fütterung erhielt man 
mit 0,1 ccm Serum eine vollständige Agglutination und mit 0,05 ccm 
noch eine geringgradige. Dies war aber auch die einzige Blutunter¬ 
suchung, bei der Antikörper im Blute festgestellt werden konnten. Im 
ganzen wurde das Blut des Kalbes 6 mal untersucht. Bei der letzten 
Blutuntersuchung war der Bulle 20 Monate 10 Tage alt. Er wurde am 
12. IX. 1919 verkauft und so der weiteren Beobachtung entzogen. 

Ayrahire-Bulle 104, Tab. 32, wurde von seinem 19. Lebenstage an 
mit infizierter Milch gefüttert. Vor Beginn der Fütterung wurde das 
Blut nicht untersucht. Das Kalb wurde 5 Monate 8 Tage lang mit der 
infizierten Milch gefüttert. Antikörper ließen sich weder während der 
Fütterung, noch nach der Beendigung der Fütterung nachweisen. 6 Blut¬ 
untersuchungen wurden im ganzen angestellt. Bei der letzten Unter¬ 
suchung war der Bulle 17 Monate 2 Tage alt. Am 12. IX. 1919 wurde er 
verkauft und konnte daher nicht weiter beobachtet werden. 

Susaex-Bulle 101, Tab. 33, wurde erst, nachdem er 4 Monate 15 Tage 
alt war, mit infizierter Milch gefüttert. Vor Beginn der Fütterung wurde 
das Blutserum nicht untersucht. Das Kalb wurde 1 Monat 27 Tage lang 
mit infizierter Milch gefüttert. 6 Blutuntersuchungen wurden bei dem 
Tiere nach Beginn der Fütterung mit infizierter Milch angestellt. Sie 
erwiesen aber nur bis zu einer Verdünnung von 0,1 ccm Serum die Gegen¬ 
wart von Antikörpern im Blute. Auch mit 0,05 ccm Serum ließ sich noch 
eine Spur von Agglutination feststellen. Bei der letzten Blutuntersu¬ 
chung war der Bulle 22 Monate 29 Tage alt. Er wurde am 10. X. 1920 
verkauft und konnte daher nicht weiter beobachtet werden. 

Groppe D 

zeigt die Versuchsergebnisse bei Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
nicht infizierten Muttertieren stammen und von infizierten Kühen 
gesäugt wurden. 

Hereford-Bulle 68, Tab. 34, wurde während der ersten 15 Tage mit 
nicht infizierter Milch gesäugt. Dann wurde er von einer Kuh gesäugt, 



212 Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Baciilen auf 

deren Milch und Blutserum bei der Agglutination positiv reagierten. 
Mit der Milch wurde 1 Tag, nachdem das Kalb zum ersten Male damit 
gesäugt worden war, ein Meerschweinchen geimpft. Es gelang bei einer 
7 Wochen nach der Impfung vorgenommenen Blutuntersuchung nicht, 
in dem Blute des Meerschweinchens Antikörper nachzuweisen. Das Kalb 
wurde 7 Monate 15 Tage lang mit der infizierten Milch gesäugt. Anti¬ 
körper ließen sich aber in seinem Blute weder zur Zeit des Saugens, 
noch nach der Entwöhnung feststellen. Das Blut des Kalbes wurde 
11 mal untersucht. Bei der letzten Untersuchung war das Tier 2 Jahre 
alt. Der Bulle wurde dann am 7. XI. 1921 verkauft und dadurch war 
eine weitere Untersuchung unmöglich. 

Hereford-Färse 112, Tab. 35, wurde in derselben Weise groß gezogen 
wie der Hereford-Bulle 68, Tab. 34. Sie wurden beide von derselben Kuh 
gesäugt. Weder während der Zeit, wo die Nahrung des Kalbes zum 
größten Teil aus der infizierten Milch der Kuh bestand, noch nach der 
Entwöhnung konnte man Antikörper im Blute nachweisen. Bei der 
letzten Untersuchung war die Färse 19 Monate 17 Tage alt. Die Färse 
war noch nicht gedeckt worden. 

Friesländische Färse 106, Tab. 36, wurde bis zum 19. Lebenst age mit 
nicht infizierter Milch gesäugt. Dann wurde sie von einer Kuh gesäugt, 
deren Blutserum positiv reagierte. Die Milch dieser Kuh gab zu dieser 
Zeit eine geringgradige Agglutination mit 0,05 ccm Serum, auch mit 
0,025 ccm Serum erhielt man noch eine Spur von Agglutination. Die 
Reaktion der Milch muß deshalb als positiv bezeichnet werden. 6 Monate 
16 Tage lang wurde das Kalb mit dieser Milch gesäugt. Bei der Ent¬ 
wöhnung erhielt man mit 0,05 ccm Serum des Kalbblutes eine gering¬ 
gradige Agglutination, auch mit 0,025 ccm Serum war noch eine Spur 
von Agglutination festzustellen. Nach Beginn der Fütterung mit infi¬ 
zierter Milch wurden 10 Blutuntersuchungen angestellt. Aber es gelang 
nicht, Antikörper im Blute nachzuweisen, außer in der vorher erwähnten 
Zeit, wo eine geringgradige Agglutination bestand. Bei der letzten Blut¬ 
untersuchung war die Färse bereits 2 Jahre alt. Sie war noch nicht 
gedeckt worden. 

Friesländischer Bulle 92, Tab. 37, wurde von derselben Kuh gesäugt 
wie die friesländische Färse 106, Tab. 36, auch winde er in derselben 
Weise großgezogen; bei Beginn der Fütterung mit infizierter Milch war 
er schon 28 Tage eilt. Das Kalb starb an Rauschbrand im Juni 1920, 
ohne daß sich während der Zeit, in der es mit infizierter Milch gesäugt 
wurde, Antikörper im Blute nachweisen ließen. 

Friesländischer Bulle 93, Tab. 38, wurde bis zum 23. Lebenstage mit 
nicht infizierter Milch gesäugt. Dann wurde er von einer Sussex-Kuh 123 
gesäugt, deren Blut positiv reagierte. Die Milch zeigte 5 Tage, bevor 
das Kalb zu saugen begann, eine geringgradige Agglutination mit 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kilhen gefüttert werden. 213 

0,025 ccm Serum und mußte als positiv reagierend betrachtet werden. 
Elin Impfversuch an Meerschweinchen wurde nicht gemacht. Die Fütte¬ 
rung mit der Milch dieser Kuh wurde 6 Monate 17 Tage lang durch- 
geführt. 9 Blutuntersuchungen wurden mit dem Kalbblute ausgeführt, 
aber sie ergaben alle negative Resultate. Bei der letzten Blutunter¬ 
suchung war der Bulle bereits 2 Jahre alt. Er wurde dann am 7. IX. 1921 
verkauft und dadurch war eine weitere Beobachtung nicht mehr möglich. 

Hereford-BuUe 67, Tab. 39, wurden die ersten 5 Tage mit nicht infi¬ 
zierter Milch gesäugt. Dann wurde er von einer Kuh gesäugt, die eine 
Kreuzung zwischen einer Sussex-Kuh und einem afrikanischen Bullen 
28 P war und die wenige Tage vorher ein zu früh geborenes und totes 
Kalb zur Welt gebracht hatte. Das Blut der Kuh reagierte zur Zeit, 
wo das Kalb zu saugen begann, positiv. Auch in der Milch war das 
Vorhandensein des Abortusbacillus durch Impfversuche an Meerschwein¬ 
chen nachgewiesen worden. Das Blut des Kalbes reagierte bei Beginn 
der Fütterung negativ. Weitere Blutuntersuchungen wurden nach 
24 Tagei),. nach 1 Monat 24 Tagen und nach 2 Monaten 7 Tagen ange¬ 
stellt. Bei ihnen zeigte sich nicht die geringste Spur von Antikörpern 
im Blute. Das Kalb wurde 8 Monate lang von der Kuh gesäugt. Zur 
Zeit der Entwöhnung wurde keine Blutuntersuchung gemacht. Die 
nächste Untersuchung wurde 4 Monate 20 Tage nach Beendigung der 
Fütterung mit infizierter Milch vorgenommen. Sie zeigte eine gering¬ 
gradige Agglutination mit 0,1 ccm Serum und Spuren von Agglutination 
noch mit 0,05 ccm Serum. Bei der letzten Blutuntersuchung war der 
Bolle 2 Jahre alt. Bei dieser Untersuchung ergab sich eine Agglutination 
mit 0,1 ccm Serum. Diese Reaktion kann aber nicht als spezifisch an¬ 
gesehen werden, obgleich das Tier zweifellos eine Menge Abortusbacillen 
mit der Milch aufgenommen hatte. 

Gruppe E 

zeigt die Versuchsergebnisse von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
infizierten Kühen stammten und deren Blut am Tage der Geburt Anti¬ 
körper aufwies. Die Kälber sind aber dann von jeder weiteren Infek¬ 
tionsmöglichkeit ferngehalten worden und wurden mit nicht infizierter 
Milch gefüttert. 

Friesländischer Bulle 89, Tab. 40. Das Kalb wurde erst 3 Tage nach 
der Geburt von seiner Mutter entfernt. Die Milch des Muttertieres hatte 
während der letzten Lactationsperiode keine positive Reaktion gezeigt. 
Auch bei einer Untersuchung der Colostrummilch, die man kurz vor 
der Geburt anstellte, zeigten sich keine Antikörper. Das Kalb zeigte bei 
der Geburt eine vollständige Agglutination mit 0,1 ccm Serum und eine 
geringgradige Agglutination mit 0,05 ccm und 0,025 ccm Serum. Eine 
zweite Blutuntersuchung wurde 1 Monat 21 Tage nach Beginn der 



214 J< Quinlan: Die ÜbeitraguDgBmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


Fütterung mit nicht infizierter Milch angestellt. Diese Blutuntersuchung 
ergab einen sehr hohen Agglutinationstiter. Eine vollständige Aggluti¬ 
nation trat ein mit 0,0025 ccm Serum, eine geringgradige mit 0,001 ccm. 
und selbst mit 0,0005 ccm Serum konnte man noch Spuren einer Agglu- 
tination auslösen. 2 Monate 11 Tage nach Beginn der Fütterung waren 
die Antikörper aber alle wieder aus dem Blute verschwunden. Selbst mit 
0,025 ccm Serum trat nicht die Spur einer Agglutination mehr ein. Nach 
3 Monaten 4 Tagen dagegen war der Agglutinationstiter wieder höher; 
mit 0,01 ccm Serum traten Spuren einer Agglutination auf. Dieser 
Agglutinationstiter hielt sich 3 Monate 11 Tage lang auf derselben Höhe. 
3 Monate 25 Tage später ließ sich jedoch selbst bei geringeren Verdün¬ 
nungen nicht die Spur von Antikörpern im Blute mehr nach weisen. Das 
Kalb wurde dann erst wieder 9 Monate 16 Tage nach Beendigung der 
Fütterung untersucht. Bei dieser Untersuchung waren keine Antikörper 
im Blute nachzuweisen. Das Kalb wurde dann verkauft, ohne daß das 
Blut nochmal untersucht wurde. 

Friesländischer Bulle 90, Tab. 41, blieb bis 2 Tage nach seiner Geburt- 
mit dem Muttertiere zusammen. Die Milch der Mutter ergab 6 Wochen 
vor der Geburt des Kalbes eine ausgesprochene positive Reaktion. 3 Tage 
nach der Geburt waren zwar noch Antikörper in der Milch vorhanden, 
sie traten aber nicht deutlich in die Erscheinung. Man erhielt mit 
0,05 ccm Milchserum eine geringgradige Agglutination und mit 0,025 ccm 
noch Spuren einer solchen. Während der ersten Zeit der Trächtigkeit 
gab die Milch der Kuh ebenfalls eine positive Reaktion. Die Blutunter¬ 
suchung, die man bei dem Kalbe zur Zeit der Geburt anstellte, ergab 
ein ausgesprochen positives Resultat. Mit 0,01 ccm Serum erhielt man 
eine vollständige Agglutination mit 0,005 ccm Serum noch eine gering¬ 
gradige. Selbst in Verdünnungen von 1:400 zeigten sich noch Spuren 
einer Agglutination. Am 2. Tage nach der Geburt, als die Fütterung mit 
nicht infizierter Milch begann, stellte man fast dieselben Resultate fest. 
Am 9. Tage nach Beginn der Fütterung waren die Antikörper beinahe 
aus dem Blute verschwunden. Nur in dem 1. und 2. Reagensröhrchen 
der Reihe zeigte sich eine geringgradige Agglutination. 1 Monat nach 
Beginn der Fütterung mit nicht infizierter Milch waren keine Antikörper 
mehr im Blute nachweisbar. Dagegen trat 23 Tage später mit 0,1 ccm 
Serum eine vollständige Agglutination ein, mit 0,05 ccm Serum eine 
geringgradige und mit 0,025 ccm Serum zeigten sich Spuren einer solchen. 
Auch bei den beiden weiteren 2 Monate 13 Tage und 8 Monate 5 Tage 
nach Beginn der Fütterung mit nicht infizierter Milch angestellten 
Blutuntersuchungen trat keine Agglutination ein. Das Tier wurde dann 
wieder untersucht, nachdem es 12 Monate 26 Tage alt war, das Resultat 
war negativ. Am 10. X. 1920 wurde der Bulle verkauft und dadurch 
war eine weitere Beobachtung nicht mehr möglich. 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 215 

Gruppe F 

zeigt die Versuchsergebnisse eines Kalbes, das von einem nicht infizierten 
Muttertiere stammt und von der Geburt an mit nicht infizierter Milch 
gefüttert worden ist. 

Friesländischer BuUe 88, Tab. 42, stammte von einer Kuh, deren 
Milch und Blutserum bei der Agglutinationsmethode stets negativ 
reagiert hatte. Das Kalb wurde gleich nach der Geburt isoliert und so 
untergebracht, daß jede Infektionsmöglichkeit ausgeschlossen war und 
wurde mit nicht infizierter Milch gefüttert. Bei der letzten Blutunter¬ 
suchung war der Bulle 15 Monate 24 Tage alt. Sein Blut war bis zu der 
Zeit 12 mal untersucht worden. Es ließen sich bei diesen Untersuchun¬ 
gen keine Antikörper im Blute feststellen. Der Bulle wurde am 10. X. 1920 
verkauft und dadurch der weiteren Beobachtung entzogen. 

Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die Reaktionen 
des Blutes und der Milch der Muttertiere zur Zeit, als die Versuchskälber 
geboren wurden, über das Alter der Kälber bei Beginn der Fütterung, 
über die Dauer der Fütterung mit infizierter Milch und über die Dauer 
der Zeit der Beobachtung der Kälber. Ferner findet man in ihnen die 
einzelnen Angaben über die Ergebnisse der Blutuntersuchungen mit 
Hilfe der Agglutinationsmethode. 

Gruppe A 

zeigt die Serumreaktionen von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
infizierten Muttertieren stammen, die aber wenige Stunden nach der 
Geburt von ihren Müttern entfernt und mit infizierter Milch gefüttert 
worden sind. 

Tabelle 1. 

Friesländische Färse 87, geb. am 3. II. 1918. 

Mutter: Frieel&ndische Kuh 81. Reaktionen: Milch — nicht gemacht. 

Blutserum — positiv. 


Das Blot wurde i! 

Datum 




Agglutination 

untersucht 


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17. XI. 20 

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2 Jahre 11 Mon. alt 

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28. IX. 21 

1 — 

— 1 

1 — 

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216 J- Quinlan: Die Überiragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 3. VII. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 3. VIII. 1918 
Alter bei Beendigung der Fütterung: 5 Monate. 

Dauer der Fütterung 5 Monate. 

Kalbte normal am 19. VIII. 1921, befindet sich noch in der Herde. 


Tabelle 2. 

Friesländische Färse 88, geb. am 10. II. 1918. 

Mutter: Friesländische Kuh 71. Reaktionen: Milch — nicht gemacht. 

Blutserum — positiv. 


Da* Blut wurde 
uutenmeht 


Datum 



7i 


Agglutination 


10.VIII. 18 x x x 
10. X. 18 — 

10. 11. 18 — 
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14. XI. 19 — 

3. V. 20 — 

27. IX. 20 — 

17. XL 20 | — 

10. 1. 21 I - 

26. HI. 21 — 


20 


7. 


40 


100 


7*oo' 7* 


800 


1 

I IO* 


Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 10. X. 1918. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 10. XI. 1918. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate. 

Dauer der Fütterung: 8 Monate. 

Zufällig durch einen Bastardbullen gedeckt. 

Kalbte normal: 16. V. 1920 und wurde wieder gedeckt: 2. XI. 1920. Ver¬ 
kauft: 2. IV. 1921. 


Tabelle 3 . 

Friesländische Färse 101, geb. am 22. III. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 42. Reaktionen: Milch — positiv. 
Blutserum — positiv. 


1 

Das Blut wurde 
untersucht 

Datum _ _ 

|j j 7l0 i 72. 740 

Agglutination 

VlOO j V200 

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7800 j VldO» 

Vor Beginn der Füttg. 

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27. III. 19 > • x •< > ; x 

16. IV. 19 X XX XX X X 

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Ging am 6. V. 1919 an Carboisäurevergiftung ein. 














Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 


217 


Tabelle 4. 

Friesländische Färse 89. geb. am 25. 111. 1918. 

Mutter: Friesländische Kuh 42. Reaktionen: Milch—positiv. 
Blutserum — positiv. 


D« Blut wurde Datum 

untersucht 

7,o 


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Mon. 2 Tg. 

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27.VIII. 18 v x x 

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30. VII. 19 

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14. XI. 19 >• , 

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17. XI. 20 

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Jahre 9 Mon. alt 

10.1.21 

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28. IX. 21, 


Agglutination 

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,20 40 /100 , 200 ,400 / H 00 / 1004 » 



Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 4. X. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 28. XI. 1918. 
Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 6 Monate 9 Tage. 
Dauer der Fütterung: 6 Monate 9 Tage. 

Kalbte normal am 25. V. 1921, befindet sich noch in der Herde. 


Tabelle 5. 

Friesländische Färse 90, geb. am 8. IV. 1918. 

Mutter: Friesländische Kuh 72. Reaktionen: Milch — positiv. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Agglutination 


Datum 


/ 10 / 20 / 40 


, 100 / 200 


7, 


400 Y»00 VlUOO 


5 Mon. 26 Tg. 

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30. VII. 19 


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2 Jahre 9 Mon. alt 

10.1.21 

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28. IX. 21 — 

— — 



Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 4. X. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 4. XI. 1918. 

Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 5 Monate 20 Tage. 
Dauer der Fütterung: 5 Monate 26 Tage. 

Kalbte normal am 16. IV. 1921, befindet sich noch in der Herde. 


Arch. f. Tierheilk. XL1X. 


15 








218 Quinlan: Die Übertraguiigsmüglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


TabeUe 6. 

Frieslandische Färse 102, geb. 15. IV. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 71. Reaktionen: Milch—positiv. 


Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 

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(| Datum 


Agglutination 

untersucht 

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Ging am 14. V. 1919 an Karbolsäure Vergiftung ein. 

Tabelle 7. 

Friesländische Färse 99, geb. am 12. III. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 100. Reaktionen: Milch—positiv. 


Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 

Datum 

1 , 10 

1 

/ 20 

V 40 

Agglutination 

1 / i 1 / 1 / 11 / j 1 . w 

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Vor Beginn der Fiittg. ; 

1 12. III. 19 

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27. III. 19 

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2 Mon. 11 Tg. 23. V. 19 | x x x 1 x x j x x 

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1 Jahr 10 Monate alt 10. 1. 21 — 

2 „ 1 „ „ 23. IV. 21 - 

2 6 „ „ 1 28. IX. 21 x > x < 


Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 12. XII. 1919. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 23. I. 1920. 

Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 9 Monate. 

Dauer der Fütterung: 9 Monate. 

Die Färse wurde gedeckt und war bei der Besichtigung am 24. XII. 19-1 
sichtbar tragend, befindet sich noch in der Herde. 




Dm Blut wurde J natllm \ _ Agglutination 

untersucht I 1 / I 1 / 1 / 1 / ' 1 / I 1 / j 1 / 1 / 

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Vor Beginn der Füttg. ji 20. V. 18 — — — — — 1 -- — — 

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5 „ 7 „ («Pu 27. XI. 18 - - - 1 — — ! - — — 

10 „ 10 „ p *6 ;130. III. 19 — - — - - 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 4. XI. 1918. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 28. XI. 1918. 

Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 5 Monate 15 Tage. 

Dauer der Fütterung: 5 Monate 15 Tage. 

Das Kalb starb an Peritonitis, die infolge des Durchbruches eines Leber- 
abscesses entstand, am 30. III. 1919. 


15* 







220 *T. Quinlan: Die t^ertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacilleu auf 


Tabelle 11. 

Kreuzung zwischen einer roten Lincoln-Kuh und einem fnesländischen Bullen. 

geb. am 27. VII. 1919. 

Mutter: Rote Lincoln-Kuh 68. Reaktionen: Milch — positiv. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


Vor Beginn der Füttg. 

27. VII. 19. 

10 Tg. 

n. ,. 

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6. VIII. 19 

1 Mon. 14 Tg. 1 

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10. IX. 19 

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1 Jahr 

5 Monate 

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1 28. II. 21 

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28. IX. 21 


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Agglutination 
1 /ioo I V200 


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Die Fütterung wurde beendet: 27. II. 1920. 

Das Kalb ließ man mit der infizierten Herde zusammen. 

Es wurde gedeckt und bei der Besichtigung am 24. XII. 1921 war es sichtbar 
tragend. 

Befindet sich noch in einer isolierten Herde. 


Gruppe B 

zeigt die Serumreaktionen von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
infizierten Muttertieren stammen und von diesen gesäugt worden sind. 


Tabelle 12. 


Sussex-Bulle 96, geb. am 26. III. 1918. 

Mutter: Sussex-Kuh 123. Reaktionen: Milch—nicht untersucht. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


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Vor Beginn der Fiittg. 26. III. 18 

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4. XI. 18 
27. XI. 18 
30. VII. 19 
jlO. IX. 19 


Agglutination 

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Die Fütterung wurde beendet und da» Kalb isoliert: 4. XI. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 28. XI. 1918. 




Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 


221 


Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate 9 Tage. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate 9 Tage. 

Das Kalb wurde an einen Farmer verkauft am 12. IX. 1919. 

Tabelle 13. 

Hereford-Bulle 63, geb. am 11. V. 1918. 

Mutter: Hereford-Kuh 558. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Agglutination 


Datum 


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Vor Beginn 

der 

Füttg. 

11. V. 18 

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22. II. 19 

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30. IV. 19 

15 

30 

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10. IX. 19 




Die Fütterung wurde beendet und das Kalb Isoliert: 16. I. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 22. II. 1919. 

Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 5 Tage. 
Dauer der Fütterung: 8 Monate 5 Tage. 

Das Kalb wurde an einen Farmer verkauft: 12. IX. 1919. 


Tabelle 14. 

Rote Lincoln-Färse 90, geb. am 24. XL 1917. 

Mutter: Rote Lincoin-Kuh 68. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


Agglutination 
1 / 11 1 / 

/lOO /200 ,400 


1 / 1 / 

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V or Beginn der Füttg. ' 24. XI. 17 — 

3 Mon. n. „ „ „ 24. II. 18 — 

7 » „ „ „ 24. VI. 18 — 

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15 Mon. 24 Tg. nach 
Beginn der Füttg. 20. III. 19 — 


Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 24. VI. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 24. VII. 1918. 
Dauer der Fütterung: 7 Monate. 

Alter des Kalbes bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate. 

Das Kalb wurde an einen Farmer verkauft: 21. III. 1919. 

Es war noch nicht gedeckt worden. 



222 J- Quinlan: Die Übertragungsniöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


Tabelle 15. 

Sussex-Färse 171, geb. am 20. X. 1918. 

Muttor: Sussex-Kuh 148. Reaktionen: Milch — positiv. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht ; 


Datum 



Agglutination 

1/ 1 1/ 1/ l' 

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7 Mon. 


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27. IX. 20 

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2 Mon. alt 

10. I. 21 

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23. IV. 21 

3 „ 

11 „ 

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28. IX. 21 



Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert : 20. V. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 20. VI. 1920. 
Alter bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate. 

Kalbte normal am 30. XI. 1921, befindet sich noch in der Herde. 


Gruppe C 

zeigt die Blutserumreaktionen von Kälbern beiderlei Geschlechtes, di*- 
von nicht infizierten Muttertieren stammen und mit infizierter Milch 
getränkt worden sind. 

Tabelle 16. 

Ayrshire-Bulle 114, geb. am 29. IV 7 . 1919. 

Mutter: Ayrebire-Kuh 73. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


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Vor Beginn der Fiittg. 27. VI. 19 — 


1 Mon. 

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30. VII. 19 — 

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10. IX. 19 — 

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14. XI. 19 - 

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27. 9. 20 — 


I)um Blut wurde 
untersucht 


Datum 


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Agglutination 

1/ 1/ ; 1/ 

1 40 /100 1 /200 


1 / 

/ 400 


1 /m 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 12. XII. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 23. I. 1920. 
Dauer der Fütterung: 5 Monate 12 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate 13 Tage. 

Verkauft im Oktober 1920. 













224 J« Quinlan: Pie t’bertrag-uny-smüirlichkeit von Abortus-Bacillen auf 


Tabelle 19. 

Ayrshire-Bulle 113, geb. am 1. IV. 1919. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 98. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


Agglutination 


Yio 


1 / 1 / 

/ 20 /40 


1 /ioo 1 /«.o 


1 / 

/400 


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Vor Beginn d. Füttg. 24. V. 19 

1 Mon. 

3 Tg. 

27. VI. 19 

2 

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6. V. 20 


17 Mon. 26 Tg. alt 27. IX. 20 1 — — | — — - - 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isolieit: 12. XII. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 23. I. 1920. 

Dauer der Fütterung: 6 Monate 18 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 11 Tage. 

Verkauft am 9. X. 1920. 


Tabelle 20. 

Ayrshire-Färse 135, geb. am 27. V. 1919. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 104. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


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Das Blut wurde j 

untersucht ,>ntu,n ' ,/ 


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Vor Beginn d. Füttg. 4. VI. 19 

23 Tg 

27. VI. 19 - 

1 Mon. 26 „ 

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3 6 „ 

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27. VI. 20 ' — 

1 Jahr 7 Monate alt 10. I. 21 — 

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28. IX. 21 — 


Agglutination 

V 20 I Y4U VlOO V200 i VlOO 1 \'s00 


1 1«N 


Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isolieit: 30. I. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 20. II. 1920. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate 26 Tage. 

Alter nach Beendigung der Fütterung: 8 Monate 3 Tage. 

Die Färse wurde gedeckt und war bei der Besichtigung arn 24. XII- W-l 
sichtbar tragend. 










Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 


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Tabelle 21. 

Hereford-Färse 107, geb. am 14. IX. 1918. 

Mutter: Herford-Kuh 788. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 12. V. 1919. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 17. VI. 1919. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate 27 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate 28 Tage. 

Kalbte normal am 30. XI. 1921 und befindet sich noch in der Herde. 


Tabelle 22 . 

Ayrshire-Färee 124, geb. am 8. IV. 1918. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 91. Reaktionen: Milch— nicht untersucht. 
Blutserum 1 ) — negativ. 


Das Blut wurde 

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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 4. XI. 1918. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 4. XII. 1918. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 6 Monate 27 Tage. 

Dauer der Fütterung: 30 Tage. 

Zum Bullen gebracht: 10. X. 1920. 

Kalbte normal am 1. VIII. 1921, befindet sich noch in der Herde. 

*) Diese Kuh gab bei der Blut Untersuchung einen Monat nach dem Kalben 
eine positive Reaktion. 



226 J. Quinlan: Die Übertragungsinögliclikeit von Abortus-Bacillen auf 

Tabelle 23. 

Avrshire-Färse 136, geb. am 22. X. 1919. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 99. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Agglutination 


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Vor Beginn d. Füttg. 12. XII. 19 — -- — — - 

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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert : 7. V. 1920. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 30. IX. 1920. 
Dauer der Fütterung: 5 Monate 24 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 6 Monate 14 Tage. 
Ungedeckt am 12. IX. 1921 verkauft. 


Tabelle 24. 

Friesländische Färse 97, geb. am 6. XII. 1918. 

Mutter: Friesländisehe Kuh 74. Reaktionen: Milch—negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 

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Agglutination 

untersucht 

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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 1. X. 1919. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 15. XI. 1919. 

Dauer der Fütterung: 5 Monate 6 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 9 Monate 25 Tage. 

Das Kalb wurde gedeckt und bei der Besichtigung am 24. XII. 1921 war e> 
sichtbar tragend. 


J ) Nicht vermerkt. 








Kälber, die mit Milch von infizierten Kilben gefuttert werden. 


227 


Tabelle 25. 

Friesländisehe Färse 98, geb. am 27. XII. 1918. 


Mutter: Friesländische Kuh 40. 

Blutserum - 


Reaktionen: Milch 
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negativ. 


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Oie Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 1. X. 1919. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 15. XI. 1919. 

Dauer der Fütterung: 5 Monate 6 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 9 Monate 4 Tage. 

Das Kalb wurde gedeckt und war bei der Besichtigung am 24. XII. 1921 
w khtbar tragend. 


Tabelle 26. 

Hereford-Färse 111, geb. am 1. IV. 1919. 

Mutter: Hereford-Kuh 78. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 30. I. 1920. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 20. II. 1920. 


*) Nicht vermerkt. 






228 J- Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


Dauer der Fütterung: 4 Monate 20 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 9 Monate 29 Tage. 
Das Kalb war gedeckt worden. 


Tabelle 27. 

Ayrshire-Färse 131, geb. am 10. V. 1919. 

Mutter: Ayrahire-Kuh 180. Reaktionen: Milch—negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


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Vor Beginn d. Füttg, 
1 Mon. 12 Tg. 

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6. V. 20 

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Agglutination 

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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 30. 1. 1920. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 20. II. 1920. 
Dauer der Fütterung: 6 Monate I Tag. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 20 Tage. 

Das Tier wurde gedeckt und befindet sich noch in der Herde. 


Tabelle 28. 

Ayrshire-Färse 134, geb. am 17. V. 1919. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 103. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 

Datum 

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Agglutination 

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Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 229 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 30. I. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 20. II. 1920. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate 26 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 13 Tage. 

Das Kalb wurde verkauft am 7. IX. 1921; es war gedeckt worden und schein¬ 
bar tragend. 


Tabelle 29. 

Ayrshire-Bulle 109, geb. am 18. X. 1918. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 99. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


Agglutination 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 12. V. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 17. VI. 1919. 
Dauer der Fütterung: 1 Monat 27 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 6 Monate 24 Tage. 

Verkauft: 10. X. 1920. 


Tabelle 30. 


Ayrshire-Bulle 110, geb. am 10. X. 1918. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 111. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert : 12. V. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 17. VI. 1919. 
Dauer der Fütterung: 6 Monate 10 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 6 Monate 23 Tage. 

Verkauft: 10. X. 1920. 


l ) Nicht vermerkt. 






230 J- QuinJan: Die Üljertragungsmögliehkeit von Abortus-Bacilien auf 


Tabelle 31. 

Ayrshire- Bulle 103, geb. am 31. I. 1918. 

Mutter: Ayrshire-Kuh 73. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


Agglutination 


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Vor Beginn d. Füttg. jj 31. III. 18 
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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 4. X. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 28. XI. 1918. 
Dauer der Fütterung: 6 Monate 4 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 4 Tage. 

Das Kalb wurde verkauft: 12. IX. 1919. 


Tabelle 32. 

Ayrshire-Bulle 104, geb. am 8. IV. 1918. 

Mutter: AyTshire-Kuh 27. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Agglutination 


Datum 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 4. X. 1918. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 28. XI. 1918. 
Dauer der Fütterung: 5 Monate 8 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 5 Monate 26 Tage. 

Das Kalb wurde verkauft: 12. IX. 1919. 


! ) Vor Beginn der Fütterung wurde das Blut des Kalbes nicht untersucht. 







Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 


231 


Tabelle 33. Sussex-Bulle 101, geb. am 29. X. 1918. 


Mutter: 

Sussex-Kuh 153. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 

Das Blut wurde 

Datum 



Agglutination 

untersucht 


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Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 17. VI. 1919. 
Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 17. VI. 1919. 
Dauer der Fütterung: 1 Monat 27 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 6 Monate 13 Tage. 

Verkauft: 10. X. 1920. 


Gruppe D 

zeigt die Blutreaktionen von Kälbern beiderlei Geschlechtes, die von 
nicht infizierten Muttertieren stammen, aber von infizierten Kühen 
gesäugt worden sind. 


Tabelle 34. Hereford-Bulle 68, geb. 7. IX. 1919. 

Mutter: Hereford-Kuh 52. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 



Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 

Vor Beginn der 

Füttg. 

22. IX. 19 


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Dieses Kalb wurde von einer roten Lincoln-Kuh 68 gesäugt, deren Blutserum 
und Milch 2 ) positiv reagierten. 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 7. V. 1920. 

Das Kalb wurde freigelassen: 30. IX. 1920. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate 15 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate. Verkauft: 7. IX. 1921. 

1 ) Nicht vermerkt. 

2 ) Der Bacillus war in der Milch nicht durch Impf versuch an Meerschweine hen 
(23. IX. 1920) nachgewiesen worden. 







232 J. Quinlan: Die Übertragungsmügliclikeit von Ahortus-Bacillen auf 


Tabelle 35. Hereford-Färse 112, geb. am 6. IX. 1919. 
Mutter: Hereford-Kuh 86. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 




Blutserum 

— negativ. 


Das Blut wurde 
untersucht 

i 

Datum 1- 

i i / 

Agglutination 

1 1 / 1 1 ; 1 ' 

2) 1 40 100 / 200 /' 400 

1 ( 1 



1 . 10 

1 800 / 1*”> 

Vor Beginn d. Füttg. 

22. IX. 19 — 


— , . 

9 Tg. 


1. X. 19 - 


— . - 

1 Mon. 9 T%. 

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1 „23 „ 

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14. XI. 19 — 

1 — 1 — 1 — — 

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18. XII. 19 — 

— 1 — - - — 

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30.1. 20 


— 

7 .. 14 „ J 


6. V. 20 — 

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1 — 

12 Monate 21 Tage alt 

27. IX. 20 

— 

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10.1.21 

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19 „ 17 , 

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23. IV. 21 — 

1 __ — I -• 

— ■ — 


Dieses Kalb wurde von einer roten Lincoln-Kuh 68 gesäugt, deren Milch 1 
und Blutserum positiv reagierte. 

Die Fütterung wurde beendet: 7. V. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 30. IX. 1920. 

Dauer der Fütterung: 7 Monate 15 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 1 Tag. 

Das Tier befindet sich noch in der Herde und ist noch nicht gedeckt worden 


Tabelle 36. Friesländische Färse 106, geb. am 1. X. 1919. 
Mutter: Friesländische Kuh 34. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Da» Blut wurde 
untersucht 


Vor Beginn d. Füttg. 
Die Fütterung begann 


Datum 


1. X. 19 ! — 
10 . X. 19 — 


Agglutination 


l 

200 


1/400 1 /R00 


11 Tage I 

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; 31. X. 19 - 

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25 „ 

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14. XI. 19 — 

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4 Monate 

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6 . V. 20 - • 



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27. IX. 20, - 

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15 „ 9 ., 

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10 .1.21 1 — 


- - 

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18 ., 22 


23. TV. 21 — 

— 



- 

— 

2 Jahre alt 


28. IX. 21 

— 

— 

- 


— 


Dies?» Kalb wurde von einer Avrshire-Kuh 91 gesäugt, deren Milch 2 ) un i 
Blutserum positiv reagierten. 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 7. V. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 30. IX. 1920. 

Dauer der Fütterung: 6 Monate 16 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate 5 Tage. 

Das Tier ist noch nicht gedeckt worden und befindet sich noch in der Herde. 
*) Der Bacillus war in der Milch nicht durch Impf versuche an Meerschweinchen 
nachgewiesen worden. 

2 ) Siehe am Schluß der nächsten Tabelle. 






Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert werden. 233 

Tabelle 37. 

Friesländischer Bulle 92, geb. am 25. IX. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 77. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Dm Blut wurde 
untersucht 

Datum 

i 

Agglutination 

1/ 

ho 

V 20 

740 

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7,00 ! 

V 400 I 

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7l000 

Vor Beginn d. Füttg. 

27. IX. 19 

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— 

— 

— 

— 

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— 

Bei ,, ,, ,, 

20. X. 19 

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11 Tg. n. ,, ,, ,, 

31. X. 19 

— 

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— 

— 

— 

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25 ,, „ ,, ,, ,, 

14. XI. 19 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 — 

— 

4Mon. ln. Beg. 

20. n. 20 

— 

— 

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— 

— 

— 

— 

— 

6 „ 16 Tg.Jd. Ftitt. 

6. V. 20 

— 

— 

— 


1 — 

— 

— 

— 


Dieses Kalb wurde von einer Ayrshire-Kuh 91 gesaugt, deren Milch 1 ) und 
Blutserum positiv reagierte. 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 7. V. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen. 

Dauer der Fütterung: 6 Monate 16 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate 11 Tage. 

Das Kalb starb an Rauschbrand im Juni 1920. 

Tabelle 38. 

Friesländischer Bulle 93, geb. am 27. IX. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 35. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 

Datum 




Agglutination 


untersucht 

7io 

1/ 1 
Iz0 | 

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1 / 

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Vor Beginn d. Füttg. 

20. X. 19 

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— 

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1 

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31. X. 19 

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14. XI. 19 

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4Mon. „ ,, ,, ,, 

20 . n. 20 

— 

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1 — 

6 ,, 16 Tg. n. B. d.,, 

0. V. 20 

— 

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— 

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12 Monate alt 

27. IX. 20 

— 

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— 


1 

— 

— 

15 „ 14 Tage alt 

10.1. 21 

— 

— 

— 


— ; — 

— 

— 

1 Jahr 7 Monate alt 

23. IV. 21 

— 

— 

— 

— 

— — 

— 

— 

2 Jahre alt 

28. IX. 21 

— 

— 

— 

— 

— | — 

— 

— 


Dieses Kalb wurde von einer Sussex-Kuh 123 gesäugt, deren Milch und Blut¬ 
serum positiv reagierten. 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 7. V. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 30. IX. 1920. 

Dauer der Fütterung: 6 Monate 17 Tage. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 7 Monate 10 Tage. 

Verkauft: 7. IX. 1921. 

l ) Während der Zeit, in der das Kalb gesäugt wurde, wurde die Milch der Kuh 
nur einmal (20. X. 1919), und zwar gleich bei Beginn des Saugens, untersucht. 
Sie zeigte dabei eine geringgradige Agglutination mit 0,05 ccm Milchserum und 
mit 0,025 ccm Serum Spuren einer Agglutination. Die Milch ist deshalb als positiv 
reagierend betrachtet worden. 

Arch. I TierheUk. XLIX. 


16 
















234 J. Quinlan: Die Übertragung-smöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 


Tabelle 39. 

Hereford-Bulle 67, geb. am 2. IX. 1919. 

Muttor: Hereford-Kuh. Reaktionen: Milch — nicht untersucht. 
Blutserum — negativ. 


Das Blut wurde 

1 

Datum 

1 


untersucht 

V» i 

7» 

Vor Beginn cL Füttg. 

7. IX. 19 

! 

— 

24 Tg. n. Beg. d. „ 

1. X. 19 

- 

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1 Mon. 24 Tg. 

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31. X. 19 

1- 

— 

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14. XI. 19 

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7. V. 20 
27. IX. 20 

X 

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16 „ 8 „ 

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10.1. 21 



1» 21 „ . 


23. IV. 21 

— 


2 Jahre alt 


2. IX. 21 

X 

— 


Agglutination 

V40 I 1 /100 V200 I V400 Vboo 



nicht vermerkt 



7 


1000 


Das Kalb wurde gesaugt von einer Sussex-Africander-Kuh 28, deren Milch 
und Blutserum positiv reagierten. 

Die Fütterung wurde beendet und das Kalb isoliert: 7. V. 1920. 

Das Kalb wurde aus der Quarantäne entlassen: 28. IX. 1920. 

Dauer der Fütterung: 8 Monate. 

Alter bei Beendigung der Fütterung: 8 Monate 5 Tage. 

Verkauft: 12. IX. 1921. 


Gruppe E 

zeigt die Blutserumreaktionen von Kälbern, die von infizierten Mutter* 
tieren stammen und die am Tage der Geburt Antikörper in ihrem Blute 
zeigten. Sie wurden dann von einer weiteren Infektionsmögliehki it 
ferngehalten und mit nicht infizierter Milch gefüttert. 


Tabelle 40. 

Friesländischer Bulle 89, geb. am 20. VII. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 40. Reaktionen: Colostrum — negativ. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum - 

V,. 


Agglutination 


v* 


Vor Beginn d. Füttg. 20. VII. 19 
„ „ „ 23. VII. 19 


1 Mon. 18 Tg. 


2 

3 

3 

3 


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1 

8 

22 


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10. IX. 19 

1. X. 19 
24. X. 19 
31. X. 19 
14. XI. 19 
6. V. 20 


X X 
X X 


X X 
XXX 


V40 VlOO I Vsoo V 400 Vsoo VlOOO 


X X 
X X 


_ I 


9 Monate 16 Tage alt 

Dieses Kalb ließ man 3 Tage mit seiner Mutter zusammen, dann wurde cs 
isoliert und mit nicht infizierter Milch gefüttert. 

Dauer des Saugens an der Mutter: 3 Tage. 

Das Kalb wurde am 10. IX. 1920 verkauft. 





Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefuttert worden. 235 


Tabelle 41. 


Friesländischer Bulle 90, geb. am 1. IX. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 51. Reaktionen: Milch — positiv. 
Blutserum — positiv. 


Das Blut wurde 
untersucht 


Datum 


Agglutination 


Vio V20 V40 V100 Vsoo | V400 Vsoo V1000 


Vor Beginn der Füttg. 
2 Tg. n. der Geburt 

9Tg -1 * 

1 Mon. I 'S 


1 

1 

2 

8 

12 


23 

30 

13 

5 

26 


a 

alt 


l.IX. 19 
3. IX. 19 
10 . IX. 19 ! 

1. X. 19 l - 
24. X. 19 
31. X. 19 ! - 
14. XI. 19 - 

6. V. 20 t — 
27. IX. 201 — 


Dieses Kalb ließ man bis zum zweiten Tage nach der Geburt mit seiner Mutter 
zusammen, dann wurde es isoliert und mit nicht infizierter Milch gefüttert. 
Dauer des Saugens an der Mutter: 2 Tage. 

Verkauft: 10. X. 1920. 


Gruppe F 

zeigt die Blutserumreaktionen eines Kalbes, das von einer nicht infi¬ 
zierten Kuh stammt und von der Geburt an mit nicht infizierter Milch 
gefüttert worden ist. 

Tabelle 42. 

Friesländischer Bulle 88, geb. am 3. VI. 1919. 

Mutter: Friesländische Kuh 28. Reaktionen: Milch — negativ. 
Blutserum — negativ. 


I)a« Blut wurde 

1 

Agglutination 

Datum _ 


untersucht 

i , 

VlO V 20 V 40 VlOO V 200 V 400 

V800 VlOOO 


Hei der Geburt ! 3. VI. 19 
14 Tage alt f 17. VI. 19 


1 Monat 

14 Tage alt j 

17. VII. 19 

- 

- - 

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24. VII. 19 


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1. IX. 19 | 

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1. X. 19 


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24. X. 19 | 


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31. X. 19 

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14. XI. 19 _ 



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1. VI. 20 1 — 

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15 „ 

24 „ 

99 

27. IX. 201 




1 


Das Kalb wurde bis zum 7. Lebensmonat mit nicht infizierter Milch gefüttert. 
Es wurde am 10. X. 1920 verkauft. 


16* 













236 J- Quißlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacillen auf 

Zusammenfassung. 

Bei diesen Experimenten befanden sich im ganzen 41 Kälber unter 
Beobachtung. Das Kontrollkalb (Tab. 42) ist nicht in diese Zahl mit 
einbegriffen. Von den Kälbern, die mit infizierter Milch gefüttert wurden, 
stammten 15 von Kühen, deren Blut zur Zeit, wo die Kälber geboren 
wurden, eine ausgesprochen positive Reaktion zeigte. 2 Kälber, die von 
infizierten Kühen stammten, wurden mit nicht infizierter Milch gefüt¬ 
tert. Die übrigen 24 stammten von nicht infizierten Muttertieren. 

Während der Zeit, wo die infizierte Milch gefüttert wurde, konnte man 
bei 5 (33,3%) Kälbern, Gruppe A und B, die von infizierten Kühen 
stammten, Antikörper mit Hilfe der Agglutinationsmethode nach weisen. 
Ich bin der Ansicht, daß diese 5 Kälber einen Agglutinationstiter zeig¬ 
ten, den man bei erwachsenen Kühen als positiv angesprochen hätte, 
nämlich in Höhe von 0,01 ccm Serum. 

1 Zwei andere Kälber zeigten im geringsten Grade Agglutination mit 
0,025 ccm Serum. Diese Reaktion würde aber bei erwachsenen Kühen 
nicht als Beweis für eine stattgefundene Infektion mit Abortusbacillen 
angesehen werden. Die übrigen Kälber in Gruppe A und B zeigten nicht 
die Gegenwart von Antikörpern in ihrem Blute, die für den Abortus- 
bacillus als spezifisch angesehen werden kann. Der höchste Titer war 
in dem Serum eines Kalbes 0,05 ccm und in dem Serum eines anderen 
Kalbes 0,1 ccm. 

Wenn Antikörper im Blutserum festgestellt wurden, so traten sie nur 
bei sehr jungen Kälbern in größerer Zahl auf. Der Regel nach war der 
Agglutinationstiter am höchsten zwischen dem 9. und 30. Tage nach der 
Geburt. Die friesländische Färse 101, Tab. 3, zeigte mit 25 Tagen einen 
Agglutinationstiter von 0,025 ccm Serum. Diese Färse zeigte indessen 
auch schon Antikörper in ihrem Blute bei der BlutUntersuchung, die man 
gleich nach der Geburt anstellte. Die friesländische Färse 102, Tab. 7, 
zeigte mit 10 Tagen mit 0,01 ccm Serum eine Agglutination, obgleich 
bei der Geburt spezifische Antikörper im Blute nicht festzustellen waren. 
Der friesländische Bulle 87, Tab. 8, zeigte mit 9 Tagen noch in einer 
Verdünnung von 1:200 Agglutination. Die friesländische Färse 99, 
Tab. 7, zeigte mit 29 Tagen einen Agglutinationstiter von 0,0025 ccm 
Serum. Die Kreuzung zwischen einer roten Lincoln-Kuh und einem 
friesländischen Bullen Nr. 1, Tab. 11, wies im Alter von 3 Monaten 
4 Tagen einen Agglutinationstiter von 0,01 ccm Serum auf. 
i - Man kann somit sagen, daß diese 5 Kälber in Gruppe A und B wäh¬ 
rend der Zeit, da sie mit infizierter Milch gefüttert wurden, die zeit¬ 
weilige Gegenwart von Antikörpern in ihrem Blutserum zeigten. 

^ Von den 24 Kälbern in Gruppe C und D, die von nicht infizierten 
Muttertieren stammten und mit infizierter Milch gefüttert wurden, kann 
man nur bei 3 (12,5%) sagen, daß sie während der Fütterungsperiode 



Kälber, die mit Milch von infizierten Kühen gefüttert, werden. 237 


spezifische Antikörper in ihrem Blute gezeigt haben, und selbst in den 
3 Fällen kann man die Reaktion nicht als stark bezeichnen, da in jedem 
Falle mit 0,01 ccm Serum nur Spuren einer Agglutination auftraten. 
Bei 5 anderen Kälbern der Gruppe C und D wurde mit 0,025 ccm Serum 
eine schwache Agglutination oder Spuren einer solchen beobachtet. Für 
den Fall, daß es sich um erwachsene Tiere gehandelt hätte, würde diese 
Reaktion nicht als Beweis für eine bestehende Infektion mit Abortus- 
bacillen angesprochen werden. 

Bei den Kälbern, die von nicht infizierten Kühen stammten, wurden 
Antikörper, wenn sie überhaupt auftraten, nur dann beobachtet, wenn 
die Tiere längere Zeit hindurch mit infizierter Milch gefüttert wurden. 
Es ist interessant, dieses Ergebnis mit dem vorherigen Erscheinen von 
Antikörpern bei Kälbern, die von infizierten Kühen stammten, zu ver¬ 
gleichen, wenn man bedenkt, daß der Agglutinationstiter bei Kälbern, 
die von nicht infizierten Kühen stammten, nie hoch war. Scheinbar ist 
die Infektion, die vor der Geburt durch das infizierte Muttertier erfolgt, 
in höherem Maße als Ursache für das Auftreten von Antikörpern im 
Kälberblute anzusprechen als die Aufnahme infizierter Milch. Diese 
Feststellung scheint auch durch die Reaktionen des friesländischen 
Bullen 89, Tab. 40, noch weiter bestätigt zu werden. Dieses Tier stammte 
von einer infizierten Kuh, von der es auch die ersten 3 Tage gesäugt 
wurde. Die Milch dieser Kuh hatte bei den Blutuntersuchungen, die 
mit Hilfe der Agglutinationsmethode angestellt wurden, nie eine posi¬ 
tive Reaktion gezeigt. Als das Kalb geboren und von seiner Mutter 
entfernt wurde, zeigte es eine geringgradige Agglutination mit 0,025 ccm 
Serum. Nachdem es aber 1 Monat 18 Tage mit nicht infizierter Milch 
gefüttert worden war, zeigte es einen Agglutinationstiter von 0,001 ccm 
Serum. Dies scheint ein Fall einer zeitweiligen aktiven Infektion zu sein, 
und außerdem scheint die Infektion intrauterinen Ursprungs zu sein. 

Das andere Kalb der Gruppe E, nämlich der friesländische Bulle 90, 
Tab. 41, gab bis zum 2. Lebenstage eine ausgesprochene positive Reak¬ 
tion. Nach dem 2. Tage verschwanden die Antikörper aber aus seinem 
Blute. Zweifellos war diese Reaktion das Ergebnis einer intrauterinen 
Infektion. 

Wenn Antikörper im Blute junger Kälber vorhanden sind, so kann 
ihre Menge bis zum 25. oder 35. Lebenstage ansteigen und dann verschwin¬ 
den, selbst wenn man die Fütterung mit infizierter Milch fortsetzt. 
Untersuchte man das Blut solcher Kälber nach 12—15 Wochen, so war 
nicht mehr die Spur von Antikörpern darin festzustellen. Wurde indes¬ 
sen die Fütterung mit infizierter Milch lange Zeit hindurch fortgesetzt, 
so erschienen in einigen wenigen Fällen Antikörper in geringer Menge im 
Blute, aber sie verschwanden wieder noch während der Zeit, wo die 
infizierte Milch gefüttert wurde. Waren sie aber noch zur Zeit der 



238 «T. Quinlan: 1>i« ('bertragungsmöglichkeit von Abortus-Baeillen auf 

Beendigung der Fütterung mit infizierter Milch vorhanden, so ver¬ 
schwanden sie kurze Zeit darauf. 

Man hat beobachtet, daß Kälber, die von infizierten Kühen stamm¬ 
ten und die in den ersten Lebensmonaten Antikörper in ihrem Blutserum 
aufgewiesen hatten, mit einer Ausnahme, später auch nach ausgedehnter 
Fütterung mit infizierter Milch keine Agglutination auf Abortusbaeillen 
mehr gaben. Andererseits ist es nicht gelungen, in dem Blutserum von 
Kälbern, die von nicht infizierten Kühen stammten und mit infizierter 
Milch gefüttert wurden, Antikörper vor dem 6. bis 7. Lebensmonate 
nachzuweisen. Man hat sogar in einzelnen Fällen Kälber bis zum 
9. Lebensmonate ausschließlich mit infizierter Milch gefüttert, ohne daß 
Antikörper in ihrem Blute auftraten. 

Als Ergebnis dieser Fütterungsversuche kann man anscheinend sagen, 
daß mitunter in dem Blutserum von Kälbern, die mit infizierter Milch 
gefüttert werden, Antikörper auftreten, daß sie aber der Regel nach nur 
in geringer Menge vorhanden sind und daß sie schnell verschwinden, wenn 
mit der Fütterung von infizierter Milch aufgehört wird. Ferner kann 
man folgern, daß spezifische Antikörper in dem Blutserum von Kälbern, 
die von infizierten Kühen stammen, des öfteren bei der Geburt vorhan¬ 
den sind und auch noch für eine kurze Zeit im Blute weiter bestehen 
können, selbst dann, wenn das Kalb mit infizierter Milch gefüttert wird. 

Während der Zeit, da die Kälber mit infizierter Milch gefüttert 
wurden, wurden sie unter sorgfältiger Beobachtung gehalten. Besonders 
wurde darauf geachtet, ob die Fütterung des Abortusbacillus irgendeinen 
Einfluß auf ihren allgemeinen Gesundheitszustand hatte. Die Kälber 
blieben in ausgezeichnetem Ernährungszustände und zeigten nicht die 
geringsten Anzeichen einer Krankheit. Nur ein Ayrshire-Bullenkalb 
Nr. 115, das, wenn es aufgeführt worden wäre, in Gruppe C gehört hätte, 
starb an Enteritis 5 Wochen nach Beginn der Fütterung mit infizierter 
Milch. Da sein Blut aber nur lmal untersucht wurde, und zwar 3 Wochen 
nach Beginn der Fütterung mit infizierter Milch, so erübrigte sich eine 
besondere Aufzeichnung dieses Versuchstieres in dem vorliegenden Werk 
und sie ist daher unterblieben. Die eine Blutuntersuchung, die ausge¬ 
führt worden ist, war negativ. Das Kalb war schwächlich von der Geburt 
an und entwickelte sich nicht, auch als es noch mit nicht infizierter Milch 
gefüttert winde. Man hat deshalb keine Berechtigung, diesen Fall von 
Enteritis mit der Fütterung von Abortusbaeillen in Zusammenhang zu 
bringen. 

Die Beobachtungen, die Verfasser in dieser Beziehung gemacht hat, 
scheinen mit denen Williams nicht übereinzustimmen, sondern eher mit 
den Erfahrungen, die man in anderen infizierten Herden gemacht hat, 
in denen Kälber, die gesund zur Welt kamen und mit roher, Abortus- 
bacillen enthaltenden Milch gefüttert wurden, nicht an Enteritis erkrank- 



Kälber, die mit Milch von infizierten Koben gefuttert werden. 239 


ten. Man muß allerdings zugeben, daß infizierte Kühe häufig schwache 
und weniger lebensfähige Kälber zur Welt bringen. Diese jungen 
Tiere sind daher für alle Jungtierkrankheiten leichter empfänglich, 
und somit spielt der Abortusbacillus sicher eine prädisponierende 
Rolle bei den Durchfällen der Kälber. Indessen kann man kaum dem 
Abortusbacillus eine primäre Rolle bei der Ätiologie der Krankheit 
zuschreiben. 

Andere Symptome wurden bei den Kälbern während der Fütterungs¬ 
periode nicht beobachtet. Die Tiere entwickelten sich gut und waren 
stet« gesund und kräftig. 

Was die Zeit der Übertragungsmöglichkeit anbetrifft, scheinen die 
Versuchsergebnisse zu beweisen, daß die Kälber durch die Fütterung 
mit infizierter Milch keine chronischen Krankheitsträger werden, und in 
diesem Punkte unterscheiden sich unsere Ergebnisse ebenfalls von den 
Schlußfolgerungen WiUiams il . Man muß allerdings zugeben, daß die Ver¬ 
suche nicht genügend lange ausgedehnt worden sind, um beurteilen zu 
können, zu welchem Ergebnis man gekommen wäre, wenn alle Versuchs¬ 
kälber zur Zucht verwendet worden wären. Es ist aber bereits aus¬ 
geführt worden, daß mehrere Färsen zweifellos tragend waren und daß 
7 sogar schon normal gekalbt haben. Diese Tiere weisen auch bis zur 
Zeit noch keine Antikörper in ihrem Blute auf. Der Verf. ist in der Lage, 
die Geschichte fast aller weiblichen Tiere, die in dieser Arbeit erwähnt 
sind, weiter zu verfolgen, leider ist es ihm aber nicht möglich, bei den 
verkauften Bullen weitere Beobachtungen anzustellen. 

Um weitere Urteile zu bekommen, wurden die Erfahrungen, die man 
in einer anderen nicht infizierten Herde gemacht hatte, zu Rate gezogen. 
In dieser Herde hat sich 1915 das Bestehen einer Infektion herausgestellt. 
Man hatte nun einen Teil dieser infizieiten Herde abseits von nicht 
infizierten Herden untergebracht und die Tiere zur Zucht verwendet. 
Einige Kälber dieser Herde, die nach der Absonderung der Herde ge¬ 
boren und von ihrem infizierten Muttertiere gesäugt worden sind, 
sind inzwischen geschlechtsreif geworden und zur Zeit tragend, 
während andere sogar schon normal gekalbt haben. Diese Kühe gaben 
auch weiterhin eine negative Reaktion bei den Blutuntersuchungen, die 
man mit Hilfe der Agglutinationsmethode in Zwischenräumen von 
3 Monaten beinahe 2 Jahre hindurch ausführte. 

Huddleson *) stellt fest, daß man bei Blutuntersuchungen von Kälbern, 
die mit infizierter Milch gefüttert worden sind, mit Hilfe der Kom- 
plemöntbindungsmethode mehr positive Reaktionen erhält als mit Hilfe 
der Agglutinationsmethode und daß er viele Fehlschlüsse aus seinen 
Versuchsergebnissen gezogen hätte, wenn er nicht die Komplement- 
bindungsmetbode angewandt hätte. Es scheint indessen, daß andere 
Forscher, die den relativen Wert dieser beiden Blutuntersuchungs- 



240 J> Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-B&cillen auf 


methoden bei der Diagnose des Abörtuscontagiums geprüft haben, dieser 
Ansicht nicht beipflichten. 

Codedge 10 ) untersuchte Milch anstatt Blutserum und sagt folgendes: 

„Man hat beobachtet, daß die Agglutinationsmethode verhältnismäßig 
mehr positive Resultate gab ab die Komplementbindungsmethode.“ 

MacFadyean, Sheather und Minett 6 ) kommen zu dem Schluß, daß 
die Agglutinations- und Komplementbindungsmethode, wenn sie bei der 
Untersuchung des Serums künstlich infizierter Tiere Anwendung finden, 
ungefähr gleiche Resultate liefern. 

Fitck 11 ) betrachtet die Agglutinationsmethode als die zuverlässigste 
serologische Methode zur Diagnose des infektiösen Abortus. 

Aus diesen Gründen hat Verf. die Agglutinationsmethode ab am 
meisten angebracht zur Diagnose einer Infektion mit Abortusbacillen 
betrachtet und sie deshalb bei den Versuchstieren angewandt. 

Die Schlußfolgerungen des Verfaßers stimmen im allgemeinen mit den 
Ergebnissen anderer Forscher überein, wenn sie ihre Versuche in großen 
Herden angestellt haben. Der Prozentsatz der Kälber, die Antikörper 
in ihrem Blute aufweisen, scheint mitunter größer zu sein, ab es in den 
Versuchen Uuddlesons der Fall bt, aber unsere Kälber wurden ja auch 
eine viel längere Zeit hindurch mit infizierter Milch gefüttert, einige 
sogar, wie vorhergehend erwähnt, bb zum 9. Lebensmonate. 

Die Ergebnisse dieses Werkes stimmen nicht mit denen Williams' 
überein, der behauptet, daß die Mehrzahl der Kälber, die mit Abortus¬ 
bacillen gefüttert werden, zwischen dem 30. und 100. Tage Anzeichen 
der Infektion zeigen. Diese Behauptung mag bei den Blutuntersuchun¬ 
gen in großen infizierten Herden zutreffen, wo bei der Mehrzahl der 
Kälber bereits eine intrauterine Infektion stattgefunden hat, denn viele 
dieser Kälber zeigen bereits bei der Geburt spezifische Antikörper in 
ihrem Blute. Es ist allerdings bekannt, daß diese Antikörper schnell 
verschwinden und nicht wieder auftreten, wenn keine Abortusinfektion 
vorliegt. Es muß an dieser Stelle festgestellt werden, daß es dem Verfasser 
nicht gelungen ist, den Abortusbacillus bei 2 Kälbern 6 Wochen nach einer 
künstlichen Infektion durch subcutane und intravenöse Injektion von 
lebenden Kulturen nachzuweisen. Ein Bullenkalb und eine Färse wurden 
zu diesem Versuche benutzt. Man hat versucht, den Bacillus im Euter 
und den supramammären Lymphknoten der Färse und in den Hoden 
und Samenblasen des Bullens nachzuweisen. Obgleich diese beiden Ver¬ 
suche keineswegs schon zu Schlußfolgerungen berechtigen, so scheinen 
sie doch zu beweisen, daß der Bacillus bei diesen beiden Kälbern sich 
nicht an den Prädilektionsstellen vorfand, wo er beim erwachsenen 
Tiere besonders gerne sitzt. 

Man muß noch bedenken, daß die Versuchskälber eine lange Zeit 
unter Beobachtung standen, so daß die Mehrzahl inzwischen die Ge- 



Kälber, die mit Milch von infiziertem Kühen gefuttert werden. 241 

schlechtgreife erlangt hatten. 7 weibliche Versuchstiere waren bereits 
1 mal tragend, einige sind zur Zeit trächtig, die übrigen haben bereits 
mehrere Male gerindert. Sie zeigen aber alle weiter ein völliges Fehlen 
von Antikörpern in ihrem Blutserum. 

Auf Grund der Ergebnisse dieses Werkes muß man daher sagen, daß 
es nicht richtig ist, wenn man, wie Williams behauptet hat, annimmt, 
die Krankheit befände sich bei diesen nicht geschlechtsreifen Tieren im 
latenten Stadium, sondern man muß zu dem Schluß kommen, daß der 
Abortusbacillus, der durch die Fütterung von Milch infizierter Kühe 
aufgenommen worden ist, sich nicht dauernd in dem Körper der jungen 
Kälber halten kann. 

Schlußfolgerungen. 

1. Es ist durch Blutuntersuchungen mit Hilfe der Agglutinations¬ 
methode nachgewiesen, daß mitunter in dem Blute von Kälbern, die mit 
natürlich infizierter Milch gefüttert worden sind, für den Abortusbacillus 
spezifische Antikörper auftreten können. 

2. Der Agglutinationstiter ist nie sehr hoch, außer bei Kälbern, die 
von infizierten Kühen stammen und in deren Blut bereits bei der Geburt 
Antikörper zugegen waren. 

3. Die Antikörper, die im Blutserum auftreten, mögen sie nun auf 
die Fütterung mit infizierter Milch zurückzuführen oder durch eine 
intrauterine Infektion entstanden sein, bleiben nicht auf die Dauer 
bestehen. Sie können vielmehr schon während der Zeit der Fütterung 
mit infizierter Milch verschwinden, oder sonst verschwinden sie be¬ 
stimmt, wenn mit der Fütterung mit infizierter Milch aufgehört wird. 

4. Sind im Blutserum eines neugeborenen Kalbes Antikörper vor¬ 
handen, so kann sich ihre Zahl kurze Zeit nach der Geburt vermehren, 
auch wenn die Tiere mit nicht infizierter Milch gefüttert werden. 

5. Man kann Kälber mit natürlich infizierter roher Milch ruhig bis 
zum 6. oder 7. Lebensmonate füttern, ohne daß die Gefahr besteht, daß 
die Tiere chronische Krankheitsträger werden. 

6. Handelt es sich um kräftige und gesunde neugeborene Kälber, so 
hat die Fütterung von Milch, die den Abortusbacillus enthält, keinen 
wesentlichen Einfluß auf den allgemeinen Gesundheitszustand des Tieres. 


Literatur. 

*) Schroeder, E. C. and W. E. Cotton, Infections, Abort ion of Cattle and the 
occnrence of ita bacterium in milk. 28th Report of the Bureau of Animal Industry, 
U. S. A 1911. — *) Robinson, E. M., Contagious Abortion in Cattle in South Africa. 
4th and öth Reports of the Director of Veterinary Research, 1918. — 3 ) Ilud diesem, 
J. F., The transmission of Bact. abortus (Bang) to newborn calves through the 
ingestion of milk. 56th Annual Report of the Secretary of the State Board of 
Agriculture of the State of Michigan, 1916 and 1917. — 4 ) Möhler, J. R. and J. Traum 



242 J* Quinlan: Die Übertragrungsmöglichkeit von Abortus-Baeillen usw. 

Infections Abortion of Cattle. 28th Annual Report of the Bureau o£ Animal 
Industry, U. S. A. 1911. — 8 ) MacFadyean , Sir John , A. L. Sheather and F. C. 
Minnett, Researches regarding Epizootic Abortion of Cattle. Journal of Comparative 
Pathology and Therapeutics 26 , 2. 1913. — 6 ) Williams , W. L., Outlook for the 
Control of Cattle Abortion. Journ. of the Americ. veterin. med. assoc. 49 . 1916. — 
7 ) Seddon 9 H. i?., Studies in Abortion Disease. Journal of Comparative Pathology 
and Therapeutics 32 , 1. 1919. — 8 ) Schroeder , E. C. and W. E. Cotton, Some Facta 
about Abortion Disease. Joum. of the Americ. veterin. med. assoc. 56. 1916. — 
•) Eichorn , A. and G. M. y Potter , The present Status of the Abortion Question. 
Journ. of the Americ. veterin. med. assoc. 56. 1916. — 10 ) Cootedge. L. H. y A Study 
of the presence of Bacterium Abortus (Bang) in milk. 56th Annual Report of the 
Secretary of the State Board of Agriculture of the State of Michigan, 1916/17. — 
J1 ) Fiichy C . P., Diagnosis of Bovine Contagious Abortion. Joum. of the Americ. 
veterin. med. assoc. 56 . 1920. — 12 ) MacFadyeans , Sir John , Researches regarding 
Epizootic Abortion of Cattle. Journal of Comparative Patholoarv and Therapeutics 
24 , 1. 1921. 



Bücherbesprechungen. 

Schwendimann, F., Augenpraxis für Tierärzte. Hannover, M. u. H. Schaper, 
Grundzahl 2,25 M. 

Die Augenheilkunde wird in der Veterinärmedizin als Nebenfach behandelt, 
und das zu Recht. Dieser Stellung entspricht auch die erschienene Literatur. 
Sie ist nicht umfangreich und kann in ihren Grundzügen und bekannten Tatsachen 
von dem Studenten und Praktiker beherrscht werden. Ein Kompendium, wie es 
uns hier gegeben wird, kann daher nur der Verflachung des Wissens dienen oder 
dem, der sich ein größeres Werk nun nicht erst ansieht, eine ganz falsche Vorstellung 
von dem schon Bekannten geben. Oder muß auch dieses Werk als eine Konzession 
an unsere oberflächliche Zeit angesehen werden? Mit solchen Konzessionen 
kommt man nicht weiter. Kompendien sind nur dann angebracht, wenn der 
Strom auf einem Gebiete der Literatur aus den Ufern zu treten droht. 

Ein Werk, das dem Praktiker empfohlen werden soll, muß mehr Technik 
bringen; denn diese ist es, die im Alltag bei geringem Material verloren geht. 
Der praktische Ntmonsche Augenspiegel ist nicht genannt und sollte doch nicht 
fehlen. Abb. 17 ist irreführend. Die Arendsee sehe Arbeit über Beleuchtungs¬ 
apparate ist nicht benutzt worden. Über andere Einzelheiten gehe ich hinweg. 
Hoffen wir nur, daß die nächste Auflage ausführlicher wird und tiefer schlürft. N. 

Reichardt, B., Handbuch der Geflügelkrankheiten. Hannover, M. u. H. Schaper. 
Grundzahl brosch. 4,—; geb. 5,25 M. 

Das Buch kann ohne Einschränkung den Interessenten empfohlen werden. 
Sein Zweck, ein Berater auf dem Gebiete der Geflügelkrankhciten zu sein, wird 
erschöpft und erreicht. Die Ausstattung ist gut. N. 

Nevermann, L., Veröffentlichungen aus den Jahres veterinärberichten der 
beamteten Tierärzte Preußens für das Jahr 1918. 

Statistiken, die fast 10 Jahre post festum erschienen, haben ihren Wert in 
unserer schnellebigen Zeit fast verloren. Die Namen der berichtenden Kreis¬ 
tierärzte sollten wieder wie in den früheren Berichten angeführt werden, da die 
mitgeteilten Beobachtungen doch in unsere Literatur übergehen sollen. Was fängt 
diese mit dem „Kreistierarzte aus X“ und dem „Kreistierarzte aus dem Kreise Y“ 
an? „Pflanz-Kreutzburg“ z. B. sagt viel mehr. N. 

Much, Hans, Pathologische Biologie (Immunitätswissenschaft). 4. und 5. Auf]. 
Curt K&bitsch, Leipzig, 1922. Grundzahl brosch. 11,—; geb. 13,50 M. 

Die neue Auflage hat in vieler Beziehung, besonders in den „allgemeinen“ 
Kapiteln, eine grundsätzliche Umgestaltung erfahren. Aus der Fülle des Gebotenen 
einzelnes hervorzuheben, hieße den Wert des Buches herabsetzen. Verf. nimmt 
xu vielen schwebenden Fragen der Immunitätswissenschaft stets präzis Stellung 
und bietet dadurch bewußt Angriffsflächen für die Kritik. Das Buch liest sich 
wie ein Roman oder eine Philosophie, die auf Grund der gegebenen Tatsachen 
gedanklich den sich aufttirmenden Problemen näherzukommen sucht. In allen 
tierärztlichen Instituten, besonders denen die sich mit der angewandten Bak¬ 
teriologie beschäftigen, sollte das Buch eine Stätte finden und Anhänger suchen. 
Zur Stellungnahme zwingt es schon von selbst. N. 



244 J. Quinlan: Die Übertragungsmöglichkeit von Abortus-Bacilien usw. 

Glässer. Die Krankheiten des Schweines. 2. Auflage. Hannover, Schaper. 

Grundzahl 7,50 M. 

Die Neuauflage des bekannten Werkes hat nicht nur durch zahlreiche Ab¬ 
bildungen, sondern auch textlich eine bedeutende Erweiterung erfahren, so daß 
das Werk eine willkommene Bereicherung im Bücherschatze des Praktikers dar¬ 
stellt. Die Ergebnisse der neuesten Forschung finden weitgehend Berücksichtigung. 
Eine gesonderte Beigabe von 60 Tafeln am Schluß des Werkes ist als lehrreiches 
Bildmaterial und auch hinsichtlich der vorzüglichen Wiedergabe schätzenswert. 

Reinhardt , Berlin. 

Emil Abderhalden, Physiologisches Praktikum. 3. neubearbeitete u. vermehrte 

Auflage. Berlin, Springer. 1922. Grundzahl 11. 

' Eine große Anzahl von erprobten Versuchen aus dem Gebiete der chemischen, 
physikalisch-chemischen, physikalischen und physiologischen Arbeitsmethoden 
werden anschaulich, durch reiches Abbildungsmaterial ergänzt, zur Darstellung 
gebracht. Die Bemessung des Stoffes ist von der Erwägung geleitet, daß die 
Ausbildung der Studierenden in der Physiologie auf eine breitere Grundlage ge¬ 
stellt werden muß. Die Versuche sind so gewählt, daß sie unter tunlichster 
Vermeidung des Gebrauchs kostspieliger Apparate eine Vertiefung des in der 
Vorlesung erworbenen Wissens bedeuten. Diese neue und erweiterte Auflage 
ist als Leitfaden für physiologische Praktika nicht zuletzt auch auf Grund der 
vorzüglichen Ausstattung aufs lebhafteste zu begrüßen. Reinhardt , Berlin. 

M. Weiss, Neuere Harnuntersuchungsmethoden und ihre klinische Bedeutung. 

Berlin, Springer. 1922. Grundzahl 1,2. 

Verf. teilt in einer 37 Seiten umfassenden Broschüre neue Ergebnisse hin¬ 
sichtlich der Untersuchung des Harns mit, die er in 15jähriger Beschäftigung 
am Krankenbette und im Laboratorium gesammelt hat. Im einzelnen berichtet 
er über die Urochromogenprobe, den Nachweis von Bilirubin, Phenol und die 
Phenolausscheidung im Harn, über die Uro rose inprobe, die Thormählen sehen 
Reaktionen und im 6. Abschnitt über das Melanogen. Mit vollem Recht wird in 
der Einleitung zu den interessanten Ausführungen hervorgehoben, daß das kli¬ 
nische Interesse an den im pathologischen Ham nachweisbaren Bestandteilen 
seit jeher sehr rege gewesen ist und daß eine Krankenuntersuchung als unvoll¬ 
ständig gelten muß, solange nicht ein möglichst erschöpfender Hambefund vor¬ 
liegt. In diesem Sinne dürfte für spezielle Fälle auch in tierärztlichen Kliniken 
und Laboratorien auf das vorliegende Werkchen gern zurückgegriffen werden. 

Hinz, 





ARCHIV 


LI«. 


U: 


FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGKGEBEN 

VON 

E. ABDERHALDEN-HALLE A.S., ST. ANGELOFF-SOFIA, M» CASPER-BRESLAU, 
A, EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. ERNST-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH. K. HOB8TETTER-JENA, F. HUTYRA VON SZEPESHELY- 
BÜDAPEST, ILJAKOB-DTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK 
BUDAPEST,H.MIE8SNER-HANNOVER,K.NEUMANN-BERLIN,A.OLT-GIESSEN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 

49. BAND. 6. HEFT 

MIT 22 TEXTABBILDUNGEN 
(AUSGEGEBEN AM 10. MAI 192*) ■ 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1923 













II 


Archiv ftlr wluencchaftltche and praktische Tierheilkunde. 40. Bond, Heft 6. 


Das „Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde- 4 

erscheint in Bänden von je 6 Heften. 

Das Archiv erscheint vom 50. Bande ab nach Maßgabe des eingehenden Materials 
in zwanglosen, einzeln berechneten Heften, von denen sechs einen Band von etwa 
30 Bogen bilden. 

Der für dieses Archiv berechnete B&ndpreis hat seine Gültigkeit nur während der 
Dauer des Erscheinens. Nach Abschluß eines jeden Bandes tritt eine wesentliche 
Erhöhung ein. 

Auf Bestellung erhält jeder Verfasser von Originalarbeiten bis 30 SonderabzOga 
seiner Arbeit unentgeltlich; darüber hinaus bestellte Exemplare werden berechnet. 
Die Herren Mitarbeiter werden jedoch in ihrem eigenen Interesse dringend gebeten, sich, 
wenn irgend möglich, mit der kostenfrei zur Verfügung gestellten Anzahl za begnügen, und, 
falls mehr Exemplare unbedingt erforderlich sind, deren Kosten vorher vom Verlag zu 
erfragen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. 

Einsendungen für das Archiv werden erbeten an; 

Herrn Professor Dr. Neu mann , Berlin NW, Luisenstraße 56, 

Herrn Professor Dr. Miessner, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh . Reg.-JRat Professor Dr. Hobstetter, Jena , Veterinäranstalt . 

Es wird vorausgesetzt, daß die eingesandten Arbeiten dem n Archiv u zum alleinigen 
Abdrück gegeben werden; Zweidrucke sind von der Aufnahme ausgeschlossen. 

Im Interesse der unbedingt gebotenen Sparsamkeit wollen die Herren Verfasser auf 
knappste Fassung ihrer Arbeiten und Beschränkung des Abbildungsmaterials auf das 
unbedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Verlagsbuchhandlung Julius Springer 


49. Band. 


Inhaltsverzeichnis. 


6. Heft 

Seite 


Drahn, Fritz. Zur Entstehung der Hyperdaktyiie beim Schwein. Eine embryo- 

logisch-entwieklungsmechanisehe Studie. (Mit 7 Textabbildungen).243 

Reinhardt, Curt. Eine Ersparnis und Verbesserung beim Hufverband. (Mit 

3 Textabbildungen). 261 

Brasch, Hans« Versuche Über die klinische Verwendbarkeit des Oxydiphenyi- 

methans „Allegan*Bayer u als Wurmmittel , 264 

Frosch, P* Zur Morphologie des Lungenseucheerregers. II. Mitteilung. (Mit 

12 Textabbildungen) .273 

Bahnten, Hans. Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. II. Mitteilung 2K5 
Schlegel, M* Mitteilungen aus dem Tierhygieniachen Institut der Universität 
Freiburg i, Br. im Jahre 19*22 , ' ... . . „ ... 289 


B ücherbtfiprtch u ngen 
A utoren verzeichnt# 


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♦ VERLAG VON JU LIUS SPRINGER IN B ER LIN V9 ♦ 


♦ 

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4 

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4 

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4 

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4 

4 


Soeben erschien *. 

Technik und Methodik der Bakteriologie und Serologie. v M p rot. 

Dr. M. Kiimmer, ObermedizinaJrat, Direktor de* Hygienich;n Instituts der Tieränditchen Hoch- 
schul« Dresden. Mit 223 Abbildungen. (XI, 520 S.) 1923. GZ 14 

Mikrobiologisches Praktikum. Von Prof. Dr. Alfred Koch, Direktor d« L«>dwirt. 
schaftlich-Bokteriologiscben Instituts der Universität Gott ngen. Mit -I Teatabb. (VIII,310S) 1922. GZ- 3.6 

Leitfaden der Mikroparasitologie und Serologie, mk b«ond«« Berück- 

siehtigung der in den bakteriologischen Kursen gelehrten Untersuchungnoethoden. Elin Hilfsbuch 
für Studier«nde, praktische und beamtete Ante. Vor» Professor Dr. E. Gotschllch, Direktor des 
Hygienischen Institut* der Umvervitit Gießen, und Professor Dr. W. SchÜnnann, Priv*tdo«*»t 
der Hygiene und Abteilungavoritand am Hygienischen Institut dfcr Universität Halle a. S. M»t 
233 meist ferbivrn TesUhbibiuogen. (VTH, 361 .$,) 1920- GZ, 9.4; gebunden GZ, 12 


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4 

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4 


Repetitorium derHygiene und Bakteriologie in Frage und Antwort. * 

Von Profe&ior Dr, W. SehÜrmann, Univotaitat Gieß<sn. V i ert e, verbeaaertc und vemebHe Auflaget. + 
(VUt, 224 S) 1922 , GZ 45 + 

♦ - + 

+ Du GrundzaMm (GZ.) riiUprceJien dt» ungefähren Vorkricgcptnun und rrgrtyrn mit dem jnroivm + 
4 Entu ^riunyafdkUtt ( VmrechnungsecfdUnd) v* nie!facto dtn Verkaufspreis. Über den zur Zeit pW- + 
♦ CffirechfMftgtichltiftel geben alte Buchhandlungen sowie der Verlag bereitwilliget Auskunft. + 

4 ♦ 

4444444444444444444444444444444444444444444444444444 























(Aus dem anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Berlin [Direktor: 

Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schmaliz].) 

Zur Entstehung der Hyperdaktylie beim Sehwein. 

Eine embryologisch-entwicklungsmechanische Studie. 

Von 

Dr. Fritz Drahn, 

•. o. Protenor und Prosektor des Instituts. 

Mit 7 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 27. Februar 1923.) 

Die Bewertung einer Hyperdaktylie als Teras oder Atavismus 
bildet trotz vieler Untersuchungen auch heute noch eine in mancher 
Hinsicht ungelöste Streitfrage. 

Legen wir — mit Hinweis auf die zur Zeit fast allgemeine Ablehnung 
jener Hypothese v. Bardelebens eines heptadaktylen Urtyps der Extre¬ 
mität, womit sich auch die Praepollex-, Praehallux- und Postminimus- 
Frage erledigt — für die allgemeine Beurteilung eine pentadaktyle 
Ausgangsform zugrunde, so wäre ohne weiteres die Bewertung über¬ 
zähliger Fingerstrahlen für alle diejenigen Säuger entschieden, deren 
heutige Vertreter noch fünf Phalangereihen an Hand und Fuß besitzen. 
Sie wären mit dann notwendigem Ausschluß atavistischer Entstehung 
anzusehen als echte Mißbildung, die unter Umständen kontinuierlich 
oder diskontinuierlich vererbt werden kann. 

Nach diesem Gesichtspunkt dürfte — heute wohl allgemein anerkannt — 
die Hyperdaktylie des Menschen beurteilt werden. Eine Stütze für diese Ansicht 
bot neben den oben genannten vergleichend anatomischen Überlegungen der 
sichere Nachweis einer Spaltung des Daumens durch einen Amnionfaden [Ahl- 
feld 1 )]. Darüber hinaus hält Zander*) es für möglich, daß Mißbildungen an den 
Extremitäten auch erzeugt werden können durch das normale Amnion; denn 
„zu der Zeit, wenn die Extremitätenanlagen auftreten, und selbst noch in der 
4. Woche, liegt das Amnion der Körperoberfläche des (menschlichen) Embryos 
dicht an. Indem es von einem hervorragenden Punkte zum andern hinüberzieht, 
bildet es Falten, welche unter Umständen wie Simonarische Bänder wirken kön¬ 
nen“. 

Die Bewertungsfrage wird jedoch kompliziert, wenn man zu ihrer 
Lösung Tierarten heranzieht, deren heutige Vertreter Reduktionen 
der Fingerstrahlen unter die Fünfzahl erfahren haben. Hier können 
atavistische Gedankengänge um so leichter dann Platz greifen, wenn 

17 


Arch. f. Ticrhcilk. XXIX 



246 


F. Drahn: 


man die entsprechenden phylogenetischen Wandlungen des Hand- und 
Fußskeletts ziemlich vollständig kennen lernte. Dies ist z. B. für das 
Pferd gelungen, welches zugleich die maximale Reduktion der distalen 
Extremitätenstrahlen aufweist, indem nur noch eine einzige Phalangen¬ 
reihe vorhanden ist. 

Ich 3 ) habe der Hyperdaktyliefrage beim Pferde eine umfassende embryolo¬ 
gische und morphologische Untersuchung gewidmet (die allerdings ihres Umfangs 
wegen noch nicht veröffentlicht werden konnte). Dabei konnte ich nachweisen, 
daß die Morphologie und die Lagerung der postembryonal so stark reduzierten 
2. und 4. Mittelhand-(Mittelfuß-)Strahlen bei jüngeren Embryonen Variationen 
zeigt, die durch weitere spontane oder sekundäre entwicklungsmechanische Be¬ 
einflussung gerade zu jenen Formen der Hyperdaktylie des Pferdes Anlaß geben, 
welche noch immer von manchen Autoren als Beweis einer teratologischen, von 
anderen dagegen als Stütze einer atavistischen Auffassung in Anspruch genommen 
werden. 

Es kann die Eigenart der normal-ontogenetischen Anlage (also eine onto- 
genetische Wiederholung früherer phylogenetischer Vorkommnisse und demnach 
ein im jungen Embryo verborgener Atavismus) in Gemeinschaft mit einer evtL 
anschließenden mechanischen Beeinflussung zu teilweiser Uberentwicklung oder 
auch anderseits partiellem Schwund und damit zu hyperdaktylen Bildungen beim 
Pferde führen, die infolge ihrer Mißgestalt keinen Vergleich mit mehrzehigen 
Vorfahren aushalten. Sie scheinen daher eine „echte“ Mißbildung zu sein, trotz¬ 
dem sie auf normal-ontogentischen Verhältnissen basieren. 

Ein wichtiger Schritt vorwärts in der Lösung der Hyperdaktyliefrage war 
die experimentelle Prüfung der Regenerationserscheinungen bei Amphibien und 
Reptilien, deren bedeutendes Regenerationsvermögen ja bekannt ist. Für Am¬ 
phibienextremitäten wurde von Barfurth , Tornier u. a. dargelegt, daß die experi¬ 
mentell ausgelösten Regenerationsvorgänge meist unter dem Bilde einer Super- 
regeneration ablaufen. D. h. es wurden regenerativ mehr Fingerstrahlen neu¬ 
gebildet, als ursprünglich an der betreffenden Extremität vorhanden und durch 
den Experimentator entfernt worden waren. Dabei konnte die Superregeneration 
beeinflußt werden von der bei der Operation gewählten Richtung des Schnittes 
und dessen Weiterführung bis tief in die Hand- und Fußwurzel hinein. Die Ver¬ 
suche lehrten zugleich, daß die Regeneration rechtwinklig zur Wundfläche be¬ 
ginnt. Es dürfte daher der Satz Barfurths für die Amphibien zutreffen, daß es 
sich bei der regenerativen Hyperdaktylie um eine ausgesprochene Superregeneration 
handelt. 

Barfurth 4 ) berichtet auch über eine von ihm „bei Froschlarven beobachtete 
theoretisch wichtige Gliedmaßenregeneration, da die Fähigkeit dieser Regeneration 
den erwachsenen Anuren ganz verloren gegangen oder doch sehr gering geworden 
ist“. Bei jungen Froschlarven, bei denen eben erst die hinteren Extremitäten 
zum Vorschein kamen, trat nach deren Amputation eine Regeneration regelmäßig 
ein; bei etwas älteren Individuen erfolgte sie nicht immer, und bei noch älteren 
blieb sie in der Regel ganz aus oder fand sich nur sehr selten und dann in recht 
verkümmerter Form. 

Gerade diese Beobachtung könnte — allerdings unter Berücksichti¬ 
gung dessen, daß man die Ergebnisse der vorerwähnten Regenerations¬ 
experimente bei niederen Wirbeltieren zur Erklärung ähnlicher hyper- 
daktyler Bildungen bei Säugetieren nicht ohne weiteres anwenden 
darf, sondern dabei kritische Vorsicht walten lassen muß — eine ver- 



Zur Entstehung der Hyperdaktyiie beim Schwein. 247 

mittelnde Brücke darstellen zur Beurteilung der Frage, inwiefern auch 
bei Säugetieren die Hyperdaktyiie als regeneratives Produkt bzw. als 
Superregeneration auf der Basis einer im normalen Entwicklungsverlauf 
gestörten embryonalen Anlage aufzufassen ist. 

Dieser Hinweis wäre dahin zu präzisieren, als er die Tatsache be¬ 
rücksichtigen soll, daß bei erwachsenen Säugetieren die Regenerations¬ 
fähigkeit sehr beschränkt ist, und daß eine solche vorwiegend nur 
frühen noch wenig differenzierten embryonalen Gewebskomplexen oder 
Organanlagen beigelegt werden darf. Es mußte also der Anstoß zur 
Ausbildung von Organen, die mit Rücksicht auf das Normale als über¬ 
zählig anzusehen sind, ganz allgemein in das Embryonalalter zurück¬ 
verlegt werden. 

Beschränken wir diesen Gedanken lediglich auf die Hyperdaktyiie 
bei Säugern, so dürfte er kaum Widerspruch erwarten sowohl bei (terato- 
logischen) Verdoppelungen als auch bei echten Atavismen. 

Bei beiden muß die Grundlage zum Hervorbringen überzähliger 
Strahlen notwendigerweise bereits embryonal auf treten, und zwar fin¬ 
den sog. ,,atavistischen Rückschlag“ mindestens dann, wenn das Hand¬ 
oder Fußskelett sich zu differenzieren beginnt, also in verhältnismäßig 
frühem Embryonalstadium. (Eine solche Grundlage fand ich z. B. in 
der Ontogenese des Extremitätenskeletts beim Pferd.) 

Lassen sich nun aber in der Ontogenese von Säugern, deren Finger - 
und Zehenzahl nicht derartig reduziert ist wie beim Pferd, keine nor¬ 
malen Tatsachen nach weisen, die als Ursachen für atavistische Poly¬ 
daktylie gelten können, so darf doch ebenfalls bei diesen Tieren jene 
Zeit der ersten Hand-(Fußskelett-)Differenzierung als Ausgangspunkt 
für eine Hyperdaktyiie nicht imbeachtet bleiben. Allerdings müßte 
man dabei in der Voraussetzung einig sein, daß diesem skelettogenen 
Gewebe, in dem sich die einzelnen Bezirke eben erst abzugrenzen be¬ 
ginnen, eine (im Verhältnis zum älteren Foetus bzw. erwachsenen Tier) 
besonders hohe Regenerationsfähigkeit zukommt. Unter diesem Vor¬ 
behalt darf dann erwartet werden, daß (ähnlich wie bei jenen mit er¬ 
heblichem Regenerationsvermögen ausgestatteten niederen Wirbel¬ 
tieren) auch das junge Skelettbildungsgewebe der Säuger ganz allge¬ 
mein auf Traumen nicht nur mit Regeneration, sondern auch mit Super¬ 
regeneration antworten kann, und daß dieser letzteren ein überzähliger 
Fingerstrahl seine Entstehung verdankt. 

Durch einfache Regeneration kann ein traumatischer Defekt aus¬ 
geheilt werden und, wenn er nur geringfügig war, vielleicht ohne schädi¬ 
gende Beeinflussung des normalen Entwicklungsverlaufs. 

Sind jedoch durch stärkere Läsion irgendwelche benachbarten 
Teile — z. B. innerhalb des karpalen Bildungsbezirks — auseinander¬ 
gezerrt worden, so muß sich zwischen sie, der Größe der Lücke ent- 


17* 



248 


F. Drahn: 


sprechend, ein von den Rißflächen her gebildetes Regenerat in mehr 
oder weniger geräumiger Ausdehnung einschieben. Damit wird gegen¬ 
über dem Normalen der Gesamtumfang des karpalen Primärgewebes 
vergrößert. Es erwirbt durch die Defektausfüllung eine Verbreiterung 
seiner formativen Basis mit der Möglichkeit, auf dieser Grundlage neue 
— und in Hinsicht zum Normalen „überzählige“ — Strahlen hervor¬ 
zutreiben. Denn dem regenerativ neugeschaffenen skelettogenen Primi¬ 
tivbezirk muß man doch die Möglichkeit zuerkennen, daß sich in ihm 
selbständige — ebenfalls „überzählige“ — Karpalelemente differen¬ 
zieren können. Diesen wird, wie einer „normalen“ Karpaleinheit, 
die Tendenz zur weiteren distalen Ausgestaltung innewohnen: zur 
Bildung eines Metakarpale mit anschließenden Phalangen. Dieser 
neue Strahl kann den normalen Nachbarn völlig gleichen oder wird, 
falls er von einem vorzeitigen Entwicklungsabschluß betroffen wird, 
später verkümmert erscheinen. 

Nun braucht man allerdings die Wirkung eines traumatischen Insults 
nicht allein in der groben Weise anzunehmen, daß er einen „Riß“ 
schafft. Vielmehr kann man sich die störende Ursache auch derart 
denken, daß sie — ohne offene „Wunden“ zu verursachen — als lang¬ 
samer aber stetiger Druck oder Zug auf das skelettogene Bildungs¬ 
gewebe einwirkt und dadurch benachbarte Teile allmählich auseinander¬ 
drängt. Ein solcher Dauerreiz würde von dem betroffenen Gewebe mit 
entsprechend gleichlaufender Vermehrung seiner zelh'gen Elemente 
im Zerrgebiet beantwortet werden. Der Endeffekt wäre der gleiche 
wie bei einer schnell entstandenen „Wunde“: nämlich Verbreiterung 
des karpalen Primitivbezirks gemäß der Stärke und Richtung des auf 
ihn ausgeübten Druckes oder Zuges. 

Inwiefern diese Gedanken Anspruch auf Berechtigung erheben 
können, werde ich durch Beobachtungen an Schweineembryonen*) 
näher untersuchen. 

Sieht man davon ab, daß Stoßt) und Rvbtli*) bei Hyperdaktylie des Schweines 
je eine dem Daumen entsprechende Zehe gesehen haben, so ist die Ansicht vor¬ 
herrschend, daß die beim Schwein gefundenen überzähligen Zehen durchweg 
nicht atavistischer Natur sind, wie es auch von Oegeribaur 7 ) dargelegt wurde. 

Bonnet 8 ) äußert sich folgendermaßen: „Eine Vermehrung der Finger auf 
5—6 (Hyperdaktylie) ist in manchen Schweinefamilien erbliches Vorkommnis. 
Von Interesse sind namentlich die fiinffingerigen Schweine, da sich in solchen 
Fällen die Frage nach einem atavistischen Wiedererscheinen des Daumens auf¬ 
wirft. In allen diesen Fällen handelt es sich aber nicht um ein Wiederauftreten 
des zweigliedrigen Daumens, sondern um eine Verdopplung des zweiten Fingers. 
Denn erstens ist der überzählige Finger stets dreigliedrig, und zweitens kann man, 
wie ich an einer ganzen Serie von einschlägigen Präparaten kontrollierte, von der 

*) Das gesamte Material hat mir Herr Kollege Dr. Sauer in Berlin-Reinicken¬ 
dorf gesammelt und lebensfrisch mit großer Sorgfalt fixiert. Ihm sei auch an 
dieser Stelle bestens gedankt! 



Zur Entstehung der Hyperdaktylie beim Schwein. 


249 


Spaltung des Hufgliedes an bis zur Verdoppelung des ganzen zweiten Fingers 
samt Metakarpale alle Stadien auffinden.“ Dagegen behauptet Boas 9 ) unter 
Bezug auf seine Arbeit aus dem Jahre 1883 9- ) (das dänische Original war mir 
nicht zugänglich), daß das Auftreten einer oder zweier überzähliger Zehen beim 
Schwein eine „Verdoppelung des Fußes , nicht etwa nur einer einzelnen Zehe“ 
seL Dabei „zeigt sich, daß dieser Extrafuß ein Spiegelbild des Fußes ,ist c , 
an welchem er sitzt; also, da das [(9) in seiner Abb. N, S. 63 gegebene 
Beispiel] ein linker Fuß ist,“ (das Anhängsel), „als ein unvollständiger rechter 
Fuß gebildet ist, was eine genauere Untersuchung des Carpus mit Sicherheit 
darlegt“. 

Tomier 10 ) hingegen glaubt die überzähligen Glieder entstanden durch eine 
Druckkraft, welche auf einen in Entwicklung begriffenen Skeletteil einwirkt und 
eine nachfolgende Zerreißung auslöst. Beim Schwein sollen überzählige Zehen 
ihren Ursprung daher nehmen: „daß das erste Fußwurzelknöchelchen“ (Mult, 
maj., das normalerweise kein Metakarpale mehr besitzt) „durch eine auf dasselbe 
von unten her drückende Kraft, die es zu verbiegen strebt, seiner Länge nach in 
zwei Abschnitte zersprengt wird, wodurch in ihm zwei Wundflächen entstehen, 
die einander zugekehrt sind. Diese beiden Sprengstücke können wieder mitein¬ 
ander verwachsen oder getrennt bleiben, an ihren Wundflächen Knorpel bilden 
und zusammen artikulieren. Liegen die beiden Wundflächen weit auseinander, 
so versucht jede von ihnen eine überzählige Zehe zu erzeugen, aber nur der relativ 
freieren gelingt das; das Regenerat der anderen wird dagegen von dem ander¬ 
seitigen unterdrückt, und der Fuß enthält demnach eine einzige überzählige Zehe. 
Klafft endlich die Wunde sehr stark, so erzeugt jede Wundfläche eine solche Zehe“. 
Tomier faßt somit die Hyperdaktylie des Schweines auf als eine sekundäre Super¬ 
regeneration auf der Basis eines primären Traumas, das allerdings das Mult, maj . 
betreffen soll. Es wären insofern die Regenerate logischerweise anzusehen als 
ein an die Stelle des normal fehlenden Daumens tretender, überzählig einfacher 
oder verdoppelter Strahl. 

Dies bezeichnet Rubeli°) als „eine irrtümliche Auffassung Tomiers (wonach 
beim Schwein »stets* das erste Handwurzelknöchelchen zur Bildung des über¬ 
zähligen Fingers Veranlassung geben soll)“ und steht damit im Einklang mit den 
meisten Ansichten der Literatur, nämlich, daß die an der Innenseite der Manus 
des Schweines sich bildende überzählige Gliederreihe fast nie einem wirklichen 
Daumen entspricht. Rubeli befindet sich da im Einklang mit Oegenbaur; Rubeli 
hat das Karpalel (Mult, maj.) bei 12 hyperdaktylen Schultergliedmaßen des 
Schweines 10mal (!) vermißt; „das überzählige Glied saß hierbei am zweitem Hand - 
wurzelknöchelchen , welches entweder verbreitert oder partiell oder sogar total gespalten 
war . Es scheint geradezu, daß das an normalen Gliedmaßen fast regelmäßig vor¬ 
handene erste Handwurzelknöchelchen bei der durch Superregeneration ent¬ 
stehenden Hyperdaktylie sich zurückbildet“. 

Mit den letzten Worten stellt sich Rubeli dann aber auch auf den 
durchaus begreiflichen Boden der Anschauung Tomiera als einer Super - 
regenercUion . Eine solche kann aber meiner Meinung nach nur durch 
einen traumatischen (oder anderweitigen bislang unbekannten) Reiz 
ausgelöst werden. Die diesem werdende superregenerative Antwort 
— die etwas überzählig Neues, dabei dem Atavismus widersprechendes 
hervorbringt — kann nur als teratologisch aufgefaßt werden (ausgenom¬ 
men allein dann, wenn die wirkliche ,,Daumen “natur eines überzähligen 
Strahles sicher nachgewiesen wird). 



250 


F. Drahn: 


Auch Rubeli klassifiziert die Hyperdaktylie des Schweines (mit 
Ausnahme von 2 Fällen: Rubeli und Stoß , cf. vom) demgemäß und 
rechnet sie in jene Gruppe, wo die überzähligen Finger „durch mecha¬ 
nische Ursachen von ihren im übrigen normalen Nachbarn durch 
Spaltung oder Sprossung hervorgegangen zu denken sind“. Nach ihm 
steht hiermit in Einklang, daß „in der Mehrzahl der Fälle (Schwein) 
der Mittelhandknochen des überzähligen Strahles keine Verbindung 
mit dem ersten Handwurzelknochen hat, und daß seine Sehnen von den 
Muskeln des zweiten Fingers herstammen“. 

Jene mechanische Ursache erblickt er „in einem Druck auf die Extremitäten 
während ihrer Entwicklung durch das enge, wenig Flüssigkeit enthaltende Amnion. 
Dieser Druck macht sich stärker auf die Schulter- als auf die Beckenextremität 
geltend, weil erstere im Bereich des frühzeitig zu einem voluminösen Organ sich 
ausbildenden Herzens ihre Anlage hat. Hieraus erklärt sich auch das viel häufigere 
Vorkommen der Hyperdaktylie an jener (Vorder-)Gliedmaße [nach Tempel 11 ) 
beim Schwein in 83%]. Daß hierbei fast ausnahmslos die marginalen Strahlen 
betroffen werden, rührt wohl daher, daß sie bei der Drehung der Extremitäten 
in die bei allen Haustieren bleibende Pronationsstellung der Abscherung mehr 
ausgesetzt sind als die einwärts stehenden“ (d. h. der im Handinnem befind¬ 
lichen). 

Die Zusammenstellung Tempels ist durch Meiners 1 *) überholt worden. Dieser 
bearbeitete im hiesigen anatomischen Institut 7 eigene Fälle von Hyperdaktylie 
des Schweines und faßte sie einschließlich aller von 1832—1917 in der Literatur 
niedergelegten Fälle in einer neuen Statistik zusammen. 

Hierin ist 92 mal das einseitige Vorkommen von Hyperdaktylie angeführt. 
7 mal trat Hyperdaktylie beiderseits vorne auf, so daß im ganzen — auf die einzelne 
Gliedmaße bezogen — 105 Hyperdaktyliefälle zu verzeichnen sind. 

Das Vorkommen an den einzelnen Gliedmaßen verteilt sich folgendermaßen: 

(Die Zahl in Klammem ist diejenige, auf die sich die Prozentberechnung 
bezieht.) 

I. Vom 99 mal = 94,28% (105), davon 

a) einseitig 92 mal = 92,92%, 

1. rechts 21 mal = 70,83%, \ 

2. links 51 mal = 29,17%,/ (1 h 

in 20 Fällen fehlen Angaben, ob rechts oder links. 

b) beiderseitig 7 mal = 7,14% (98) 

H. Hinten 6 mal = 5,72% (105). 

HI. In einem einzigen Falle trat die Hyperdaktylie vom beiderseits und 
zugleich auch hinten links auf. 

Von 51 hyperdaktylen Zehen vome links saßen 47 = 92,15% medial , 4 = 7,85% 
lateral. 

Von 21 hyperdaktylen Zehen vome rechts saßen alle = 100% medial . 

Hinten (7 mal) saßen alle hyperdaktylen Zehen medial = 100%. 

Hexadaktyiie trat 29 mal auf = 29,59% (98); 

Pentadaktylie 69 mal = 70,41% (98). 

In 9 Fällen = 14,75% (61) spaltet sich von einem Metakarpalknochen (mei¬ 
stens von Mc. II) ein Metakarpale für eine überzählige Zehe ab. (Sprossung). 

8 mal haben die überzähligen Zehen kein eigenes Metakarpale, sondern diese 
Zehen artikulieren zu zweien oder zu dreien mit einem einzigen Metakarpalknochen. 



Zur Entstehung der Hyperdaktylie beim Schwein. 


251 


Ans dieser Statistik ergibt sich nun, daß beim Schwein in ganz über¬ 
wiegenden Maße die Hyperdaktylie an den Vorderextremitäten auftritt 
(94,28% aller Fälle) und ferner, daß sie an diesen ebenso überwiegend sich 
medial findet; von 72 genauer beschriebenen Fällen 68mal = 94,44%! 

Geht man den Ursachen dieser augenfälligen Erscheinung im Sinne 
Rubelis nach, so findet man normal-ontogenetisch folgendes: 



Abb. 1. JL Schweineembryo von 1,2 cm L&nge, Vergr. 8x. B. Desgl. von 1,8 cm Länge, Vergr. 3x. 
C. DesgL von 2^6 cm L&nge, Vergr. 4 x. h = Hers. 


Wie Abb. 1 A zeigt, befinden sich beim Embryo von 1,2 cm L&nge die An¬ 
lagen der Vorderextremitäten in mittlerer Pro-Supinationsstellung, sind dabei 
in sagittaler Richtung nach hinten gestreckt und absolut außerhalb des Bereichs 
der schon recht umfangreichen Herzanlage. Die Extremität braucht nicht in 
allen Fällen so stark sagittal nach hinten zeigen wie bei dem von mir abgebildeten 
Embryo. Daß sie aber während dieser Größenverhältnisse noch nicht im Bereich 
der Herzanlage liegt, geht auch — außer persönlicher Prüfung bei einer Reihe 
von Embryonen ähnlicher Größe — aus den Angaben KeibeU [Normentalel 13 )] 
hervor. Die dort gegebene Abb. 19 zeigt ebensolche Extremitätenanlagen. Keibel 
sagt dazu: „.. . so sehen wir, wie die (oberen) Extremitäten in den jüngeren Sta¬ 
dien mit ihrer Spitze caudal zeigen (Abb. 14—19 der N. T.); dann dreht sich die 
Extremität so, daß sie mehr und mehr ventral zeigt.. . Endlich schließt eine 
Drehung der Extremität an, in der Weise, daß die Hand fläche sich caudal wendet.“ 

In Abb. 1 B ist beim 1,8 cm langen Embryo die Vorderextremität, indem 
sich ihre Spitze ventral richtete, mit ihrer distalen spatenförmigen Verbreiterung 
in die Herzgegend gelangt. Dabei ist schon der Beginu der Extremitätendrehung 
(aus der mittleren Pro-Supinationsstellung zur Pronationsstellung) festzustellen: 
dadurch liegt der mediale Rand der Handanlage dem Herzen näher als der laterale. 

Dies wird bei einem 2,25 cm langen Embryo (Abb. 1 C) noch deutlicher, wo 
die Hand beinahe die Pronationsstellung erreicht hat. Infolgedessen ist die mediale 
Handpartie — also die Gegend des 2. Fingers (bzw. Daumens, cf. später) — dem 
Herzen außerordentlich genähert, ja beinahe aufgedrtickt, während sich die late¬ 
ralen Randbezirke, von Herzen losgelöst, sozusagen in Freiheit befinden. 

Dabei verdient Aufmerksamkeit, daß die Hand ihre äußerlich sicht¬ 
bare Gliederung gerade zu jener Zeit erkennen läßt, wo sie mit den 



252 


F. Drahn: 


erwähnten Partien in das Herzbereich gerät: zu einer Zeit, wo am Corpus 
und distal davon noch ganz junges und demgemäß sehr weiches slcelettogenes 
Gewebe angetroffen wird. 

Die vorerwähnte Hypothese Rubelis über die Entstehung der Hyper- 
daktylie an den Vorderextremitäten wäre danach einleuchtend. Jedoch 
möchte ich eher annehmen, daß es nicht lediglich das Volumen bzw. 
„Wachstum“ des Herzens ist, welches die Gregend des 2. Fingers (bzw. 
des Daumens, cf. später) im Verein mit einem engen Amnion traumatisch 
beeinflussen könnte; denn einem solchen Wachstumsdruck gegenüber 
— der doch nur allmählich sich verstärken und entsprechend seinen 
störenden Einfluß auf die weichen Extremitätenanlagen auch nur 
allmählich ausüben könnte — hätten letztere Gelegenheit, ebenso 
allmählich auszuweichen (allerdings mit der Einschränkung, daß das 
Amnion nicht sehr eng sein darf). 

Will man das Herz als Anlaß zur Auslösung einer auf traumatischer 
Grundlage beruhenden superregenerativen Hyperdaktylie berück¬ 
sichtigen, so halte ich es für eher begreiflich, daß nicht das „Wachstum“ 
des Herzens allein, sondern vielmehr dessen „Pulsation“ das Trauma 
bedingt: indem der dauernde und schnell wiederholte Herzschlag gegen 
die medialen Mittelhand- und Handpartien — die ja bei der Einstellung 
in die Pronation dem Herzen im Gegensatz zu den lateralen dicht 
angelagert werden — wie stetes Hämmern auf die fraglichen Teile sich 
äußert und die Ursache von Zerreißungen in dem wenig widerstands¬ 
fähigen Skelettbildungsgewebe sein kann. 

Die Möglichkeit eines solchen Traumas wird um so größer (vielleicht 
lediglich dann gegeben) sein, wenn der Extremitätenanlage nur wenig 
Platz zum Ausweichen verfügbar ist; also in solchen Fällen, wo das 
Amnion sehr eng ist und infolgedessen auch nur eine geringe Flüssig¬ 
keitsmenge umschließt. 

Denn „die“ kritische Einschränkung muß bei diesen hypothetischen 
Erörterungen deutlich hervorgekehrt werden: Die Hyperdaktylie ist 
eine Abnormität, die in bezug zur Gesamtzahl aller geborenen Schweine 
nur in einem winzigen Prozentsatz zur Beobachtung gelangt. Die 
Drehung der Vorderextremitäten und die Annäherung ihrer medialen 
Partien zum Herzen aber ist in der Ontogenie jedes Schweines zu finden. 
Es müssen also zum „Herzschlag“ (oder zur „Wachstumsvergrößerung 
des Herzens“) als auslösendem Anstoß noch andere mitwirkende Ursachen 
hinzutreten. 

Daß auch solch andere Momente, z. B. Amnionfäden oder Amnion¬ 
falten, unter Umständen allein Hyperdaktylie hervorbringen können, 
das halte ich für selbstverständlich. Aber gerade das beim Schwein 
so sehr Überwiegende Auftreten an der medialen Fläche der Vorderextremität 
spricht für eine Beteiligung des Herzens in den meisten Fällen. 



Zur Entstehung der Hyperdaktylie beiin Schwein. 


253 


Aus der Normentafel von Keibel 1 *) geht hervor, daß die Anlagen 
der Vorderextremität bald nach dem Schließen des Amnions auf treten, 
also zu Zeiten, wo dieses (bei durchschnittlich 5 mm Embryolänge) dem 
Körper noch dicht anliegt. Gleichzeitig ist die Herzgegend bereits 
deutlich abgehoben, aber die Extremitätenknospen befinden sich noch 
nicht im Bereich des Herzens. Dahin gelangen sie definitiv frühestens 
mit 11—12 mm ( Keibel , N.-T., Abb. 19), eher später (eigene Fest¬ 
stellungen). 

Außerdem scheint dem weiterschreitenden Körperwachstum das Amnion 
für eine gewisse Zeitspanne nicht gleichmäßig Schritt zu halten; während es bei 
Embryonen von ca. 0,6—0,7 cm Lange relativ weit ist, fand ich es bei solchen 
von 0,9 cm Länge dagegen außerordentlich eng anliegend und mit ganz wenig 
Amnionflüssigkeit; bei Embryonen von 1,2 cm und darüber war es dagegen wieder 
relativ weiter. 

Jedenfalls zeigen diese Beobachtungen, daß das Volumen der Amnion - 
hülle relativ zum jeweiligen Körperumfang nicht immer konstant zu sein 
braucht . Ob die Enge des Amnionsacks ein für ein gewisses Embryonal¬ 
alter (z. B. 0,9 cm) charakteristisches Zeichen ist oder ob sie sporadisch 
als Varietät bzw. Abnormität in den verschiedensten Altersstadien 
auftreten kann, muß ich dahingestellt sein lassen, weil zur Entscheidung 
dieser Frage mein Material (einige zwanzig Embryonen von 0,5—2 cm 
Länge) nicht zahlreich genug war. 

Bevor ich nun die bislang gepflogenen Gedankengänge durch Be¬ 
funde an Embryonen auf ihre Berechtigung näher prüfe, muß auf eine 
normal-ontogenetische Tatsache hingewiesen werden : das ist das Auftreten 
eines Metakarpale I (also des Daumens) in einem gewissen Entwicklungs¬ 
alter. 

Darüber sagt als erster Baur u ) folgendes:... Rosenberg [1872] 15 ) hat bereits 
die Entwicklung der Extremitäten des Schweines gegeben. In der distalen Kar- 
palreihe findet er als Normalzahl 4 Skelettstücke: Karpale I, II, III, IV und V; 
den Nachweis eines Metakarpale I hält er nicht für unmöglich. ( Baur:) ..* „und in 
der Tat läßt sich dieses Skelettstück nachweisen. Bei einem Embryo von 18 mm 
Länge, bei welchem die Extremitätenknorpel eben in Entwicklung begriffen sind, 
sind die einzelnen Karpalstücke schon mehr oder weniger differenziert. Auf einem 
Schnitt sind Mc. III, Mc. II, Karp. II, Karp. I und radiale getroffen. Zwischen 
Karpale I und radiale findet man nun gegen die Oberfläche zu gelegen und dort 
eine deutliche Falte hervorrufend, die Anlage eines Skelettstückes, welches wohl 
nur als Mc. I gedeutet werden kann. Dieses Stück ist aber auch nur gerade in 
diesem Stadium angedeutet; bei einem etwas größeren Embryo ist es und die 
von ihm verursachte Falte verschwunden. Man kann nicht einmal behaupten, 
daß dieses Stück knorpelig angelegt wäre. Wirklicher Knorpel ist nicht vor¬ 
handen, sondern nur ein dunkler tingiertes Gewebe, welches immer eine Vor¬ 
stufe des eigentlichen Knorpels ist und als ,vorknorpelig 4 bezeichnet wird. Nichts¬ 
destoweniger müssen wir diese Gewebsmasse einem wahren Skelettstück homolog 
setzen. 44 

Auch Martin 1 *) gibt an, „daß beim Schwein (und Wiederkäuer), bei welchen 
Mc. I im ausgebildeten Zustande vollkommen fehlt, der innerste Strahl des Meta- 



254 


F. Draho: 


oärjms in irüht-stci £.Titwiek}ursgBz£i*; vorkncvqteiig angelegt-«ini. Beim Schwein 
w.'M s-orülv'igelmn'l abgiit ein knorpelig«? Mo. 1 vr.rha>vles> sein“. 

Ich. Hfilhst habetiie fraglichen VetMlDüsse 4^1 ciweni 1.8 cm langen 
Embryt» geprüft (cf. Abh. 2) Es waren »ätiHiwbe Karpatelemente 
bereits: dentlk;h\ . Au dm» Mltg. tn» : |- r :;«ehlöß «oh distal ein 

Welliger Strahl, I? aö- 


Mm 




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ger iöt , ixfcr ob «t nur 
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..:v,■ v : •£. 1 ruffejt vricd (ytöför ja.; 

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jk; bei einem so genauen 

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Mrs spmthen würde). 

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' ftber ffir «nstere Be¬ 
trachtungen aueh be- 
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daß tlft« Mpt«karp«le. 1 
mitogenetisch. beim 
Schweift — wenn «weit 
nur vprübergcbettd — 
überhaupt y of fcpiiiEuen 

Kte&ws; da« Ui nunmehr 
iw; 2 Unke Band •>w> > - tj< cm t«ng«n 8e)iw«iitSRtttbry<u: von . . . - >. . ■ '* , 

ttpt VolKrftii;lip a»Ä nurgähelr. öh»j>liUch# Rekonstruktion iut» vtitl arej f>ClTen. l»Ä>v- 
tkr Tctalaer'«. r - rnüHis, u = uiaa (Baidp kiiorvvliR). n •= luri- g&stelltVDainB- WßtdeTi 
«iritori*. J i luviüit)». i trisjYittttn), & - iiftnintraü, r - e.*i’i f .»tatn. . , 

»*< « ntu®. mt/i. wu« -fliaj. i.aiitt» «pvitBoirwihn,' j = tuet*, auch flie Angaben von 

u jKsniif. ftttfaii ynd Stoß, die 

f.imlnusl . \ 

rbai»« t einen ■JyaMmm als hg- 

tvurkn(-rpcUsj,; i - v«*‘.U-.-i.!>)*(« V . {xmis >«w. voifcourj^liio. jxfdäkiyletiStfahl fe&t- 

gesteUt haben.gestützt 

•Damit. »laß Air btüm Sib sv'ft^ 

für die ursaclüithe Beurteilung Hyperdaktylie niftbfc außer acht 
g»-k*säen Beriten darf, kiBißtp:. >>*»•' .Befund bei einem l.tiern Langen 

i»-:L .•SLA&-*'. —.... 1 : J ' v. >’•£’ ' 1 /1"’■-L. V LMi , '_ 1 __ 




werden: 

Fall \. .Wie Abb. 3 A (und die mikroskopische lTnter<;»nbuiw) zeigt-, iii die 
AnUge der mdvtotv Vord^e^tTe;njütÄt f obwoht tmi ihrem oaediale« Ramibezirk 
bereite iiti ller^^rei^voltfctfmtifcn poti^i. Jfie Anlage rW & atid 4t Fibgeo* 
markierte torh äiißerbtrU dHrcb frh)^ 

' \ 4 , nVjdaae der Hnkeo rierbg^tmubör enlibit adßerii^i 

eine erbeblicht» • Abweichung auiV Auch hier hob sieb :l nad 4. Finger nach außen 
hiu devitli^h ab. Hjnge^xn wat fafitiial ?<AbK 3 B ^ ) ein iK^nderer Bezirk frei 
ab^csbpreiy.v wodurrk die Uanduniage uv^gifvamt eine imnatiiriic-he Breite bekaou 




Zur Entstehung der Hyperdaktylie beim Schwein. 255 

Dies Sondergebiet ruhte auf dem Herzen; es sah einem abduzierten Daumen 
nicht unähnlich. 

Die Handanlage wurde zu einer vollständigen Serie von 10 h dicken Schnitten 
zerlegt und aus dieser das Skelett zeichnerisch rekonstruiert; das Ergebnis ist die 
Abb. 4: 

Das Unterarmskelett, Radius und Ulna, war noch kein wirklicher Knorpel, 
sondern wurde von einer Art sozusagen weitfortgeschrittenen Vorknorpels gebildet, 
der im Begriff ist, sich zu hyalinem Knorpel auszubauen. Das dichtzeilige Gewebe, 
das diese beiden Anlagen umschließt, geht ohne besondere Grenze in den Karpal- 
Bildungsbezirk über, der fast ausschließlich aus eng nebeneinanderliegenden 
kleinen Zellen besteht. Aus diesen treten bereits die Anlagen der Carpalia als 
im allgemeinen verdichtete Zollgebiete klar hervor: Triquetrum, Lunatum und 
Naviculare, in deren Zentren sich, heller aussehend, Vorknorpel zu bilden scheint. 

Von den distalen Carpalia 
sind deutlich das Hamatum — 
mit einem kleinen Vorknorpel¬ 
bezirk (A) proximal des Mc. IV, 
im übrigen (A,) proximal des 
Mc. V nur zeitig — und das 
Capitatum. Auf die übrigen di¬ 
stalen Carpalia komme ich erst 
bei der zusammenhängenden Dar¬ 
stellung des abgespreizten Ge¬ 
bietes zu sprechen. 

Die Anlage des Metakar- 
pale V ist lediglich als ein dich¬ 
tes, distal vortreibendes Klein¬ 
zellgebiet sichtbar, in dem Vor¬ 
knorpel noch nicht erkennbar 
ist; Phalangen sind noch nicht 
zu sehen. 

Der 4. und 3. Fingerstrahl gleichen in morphologischer Gestaltung einander 
genau. Es sind zwei langgestreckte, distal am weitesten vorstrebende Sprosse, 
vornehmlich aus dichtem Kleinzellgewebe geformt, in dem die Metacarpalia 
als länglich-elliptische Vorknorpelinseln sich charakteristisch absetzen. Distal 
von ihnen kennzeichnet sich jede Ph. I als besonderes zelliges Verdichtungs¬ 
bereich. 

In sämtlichen bisher genannten Bildungszentren sind zahlreiche Mitosen 
anzutreffen. 

Dem abgeepreizten Bezirk (Abb. 4) dienen als karpale Basis zwei Einheiten der 
distalen Reihe, m und y. Sie sind zwar jede für sich deutlich, stoßen aber doch 
ganz dicht aneinander. 

Distal von y erstreckt sich in medialer Richtung ein umfangreiches skeletto- 
genes Gewebsgebiet (x), das vorwiegend aus kleinen dicht aneinanderliegenden 
Zellen zusammengesetzt ist, zentral jedoch bereits eine Vorknorpel-Insel enthält; 
x ist als Anlage eines Metakarpale anzusprechen. 

Distal von m treibt ebenfalls ein Strahl (z) vor, der nur schmal und kurz ist, 
aus kleinen Zellen — ohne Vorknorpel — gebildet wird und gegenüber den anderen 
Metacarpalia direkt verkümmert erscheint; trotzdem muß auch er als ein Meta¬ 
karpale angesprochen werden. 

Als was sind nun die beiden Metacarpalia (x, z) des abgespreizten Bezirkes 
und die beiden zu ihnen gehörigen Carpuselemente (m, y) zu deuten? 



Abb. 8. Vordere Körperhälfte eines 1,6 cm langen 
Schweineembryos. A = rechte Seite mit normaler Ex¬ 
tremitäten anlage. B = linke Seite: an der Extremitäten¬ 
anlage ist* medial bei <— ein besonderer anormaler Be¬ 
zirk zu sehen (vgl. hierzu Abb.4, *-y-z-m).A= Herzanlage. 



256 


F. Drahn: 


Vergleicht man den eben geschilderten Skelettbefund mit der Normal Bildung 
beim 1,8 cm langen Embryo (Abb. 2), so besteht eigentlich erhebliche grundsätz¬ 
liche Übereinstimmung: Die einzelnen Karp&leinheiten entsprechen an Zahl ein¬ 
ander genau, nur daß vielleicht m—y (Abb. 4) gegenüber mi —raa (Abb. 2) ganz 
wenig in medio-proximaler Richtung verschoben sind; dies könnte mit der Ab¬ 
spreizung des zugehörigen H&ndgebiets erklärt werden. Ferner scheint das Mc. z 



Abb. i. Anlage der linken Hand eine» 1,6 cm langen Sebweineemhryo» (cf. Abb. 6 ßj. Voa der 
VolarfWche au» gegeben. Graphische Rekonstruktion aue der Totalaene. r = t*dius. u — uiu*, 
t — triq uetrum, l = lujuatum, h+ h,~ hamatuxn, c-cepiUtuna, 4 » mc, V, IV + ph. I, 

8 ~ roc. III ph. L BigJ. *, y, m. t vgl. Text. 

mit dem normalen Mcv II seiner Lage nach ubereinzustimmcn, nicht aber in seiner 
Größe: gegenüber dem Normalen erscheint es reduziert. Auch dies kann durch 
die Abspreizung bedingt worden sein. Dagegen ist das Mc. x gegenüber dem nor¬ 
malen Mc. 1 stark vergrößert, bereits überentwickelt: es hat, durch die Abspreizung 
aus dem Verband der übrigen MitteUiandstrahlen gelöst, eine ziemliche Freiheit 
zur unabhängig selbständigen Weiter- und damit Überentwicklung gewonnen. 

a) In Anlehnung an den normal-ontogenetischen Befund bei 1,8 cm Embiyo- 
länge würde also im vorstehenden Falle bei Weiterentwicklung höchstwahrschein¬ 
lich eine Hyperd&ktylie entstanden sein, bestechend aus einem überentwickelten 
Mc. I ä x (Daumen), einem reduzierten 2, Finger ( 2 ) und im übrigen normalen 
Strahlen. Es ist aber nicht unbedingt nötig, daß bei Weiterentwicklung der Strahl 
2 derartig reduziert bleibt, wie er hier erscheint; er könnte sich nachträglich doch 
noch zu einem kräftigen Strahl ausgestalt en, da er ja keineswegs eingeengt ist, 
sondern irn Gegenteil ziemlich frei Hegt. Wir hätten dann ate Endprodukt eim 


Zur Entstehung der Hyperdaktylie beim Schwein. 


257 


Hyperdaktylie, die auf normaUmtogenetischer Grundlage beruhte, also einen sog. 
Atavismus. Vielleicht wäre sie mißgestaltet geworden (Überentwicklung des 
Daumens und Atrophie des 2. Fingers), hätte dann eine echte Mißbildung (Teras) 
vorgetäuscht und wäre höchstwahrscheinlich als solche beurteilt worden. 

b) Anderseits ist aber auch folgender Gedankengang möglich: das Mc. x 
ist das wirkliche Mc. II. Letzteres ist durch die Abspreizung aus seiner ursprüng¬ 
lichen Lage gebracht worden und hat die im Entstehen begriffene zeitige Anlage 
des Mc. I durch Platzbeanspruchung in der Weiterentwicklung gehemmt, es also 
sozusagen verdrängt. (Hierfür spricht, daß Mc. I erst bei 1,8 cm Embryolänge 
zellig vorhanden ist, das Mc. x aber schon hier bei 1,6 cm Embryolänge eine weit 
bessere und fortgeschrittenere Ausbildung zeigt als die normale Mc. I-Anlage in 
Abb. 2.) In die durch die Abspreizung entstandene Lücke hat dann das nunmehr 
bloßgelegte Karpalelement m einen netten Strahl z vorgetrieben, der dann als 
überzähliges Mc. II anzusehen wäre. (Dabei können wir einerseits y als Mltg. 
m&j. und m als Mltg. min. 
auffassen; oder aber y 
wäre das mitverschobene 
Mltg. min. [bei Verschwin* 
den des Mltg. maj.] und m 
wäre regenerativ neu ent¬ 
standen.) Es besteht aber 
für y —m die Möglichkeit, 
ja sogar die Wahrschein¬ 
lichkeit, daß beide später¬ 
hin zu einer einzigen Kar- 
paleinheit verschmolzen 
wären, da schon jetzt (cf. 

Abb. 4) Mc. x nicht allein 
auf y basiert, sondern 
auch auf m übergreift. 

Hiernach würde sich 
ein hyperdaktyles Endprodukt herausentwickeln , das bei fehlendem Daumen ein ver¬ 
lagertes Mc. II (x) und ein überzähliges Mc. II (z) besäße. Beide Strahlen könnten 
jeder für sich ein besonderes Karpale (y bzw. m) haben, oder aber sie basierten 
gemeinsam auf einem einzigen (y + m verschmolzen). Das würde dann ein Fall 
sein, wie er makroskopisch beim Schwein am häufigsten gesehen wurde. 

Der eben erörterte Fall 1 wird ergänzt durch zwei weitere ver¬ 
schiedenartige Befunde bei einem 2,4 cm langen, beiderseits vom 
hyperdaktylen Schweineembryo. 

Fall 2. Die rechte Vorderextremität: Wie Abb. 5 B zeigt, fand sich an den An¬ 
lagen des V., IV. und III. Fingers (Untersuchung der Handanlage in toto bei Lu¬ 
penvergrößerung) nichts Absonderliches. Dagegen schien der II. Finger verdoppelt 
(z und x); und zwar hatte sich zwischen der am weitesten medial gelegenen Finger¬ 
anlage (x) und der des III. Fingers (3) ein stummelförmiges Einschiebsel (z) aus¬ 
gebildet. 

Die Vorderextremität wurde in eine lückenlose Serie von je 15 ft Schnittdicke 
zerlegt und graphisch rekonstruiert; das Ergebnis ist Abb. 6: 

An Radius, Ulna und Carpus ist nichts besonders festzustellen, lediglich das 
Mltg. maj. fehlt. Die Anlagen des 5., 4. und 3. Fingers sind ganz normal. Sie be¬ 
sitzen alle ein knorpeliges Metakarpale, dazu tritt bei III und IV je eine knorpe¬ 
lige Phalanx I und eine vorknorpelige Phalanx II, bei V eine vorknorpelige Phalanx I. 



Abb. 6. Handaiilagen eines 2,4 cm langen Schweineembryos. Von 
der Dorsalfl&che gesehen. Lupenbild. A = links, B = rechts. 
3. 4, 5 = mc. IH, IV, V + zugehörige Phalangen. Bzgl. x und 
z vgl Text. 



258 


F. Drahn: 


Die Anlage des 2. Fingers ist durchaus klar. An das Multangulum minus (y) 
schließt sich ein einziges Met&karp&le (x) an, das distal konisch verjüngt ist und 
eine vorknorpelige Phalanx I besitzt. Diesen Strahl muß man nach seiner Lage 
und besonders nach seinem Verhalten zum Mltg. min. als die Originalanlage des 
2. Fingers ansprechen. Zwischen ihm und dem 3. Finger macht sich nun die 
Skelettgrundlage jenes oben erwähnten stummelförmigen Einschiebsels bemerkbar. 

Sie besteht aus einem knorpeligen 
** Distalrudiment eines Metacar - 

^ pale, das den Carpus nirgends 

erreicht und sich auch mit kei¬ 
nem der anderen Metakarpaha 
verbindet. Ihm schließt sich 
distal eine kleine vorknorpelige 
Phalanx I an. Nach Lage der 
Verhältnisse dürfte es wohl am 
einleuchtendsten sein, den über* 
zählig unvollkommenen Strahl 
(z) dahin aufzufassen, daß von 
der distalen Epiphyse des Mc. II 
ein lateraler Anteil abgeschert 
wurde, der die Tendenz zur wei¬ 
teren Selbständigkeit zeigt und 
bereits eine I. Phalange gebildet 
hat. Das Mc. II (x) erscheint 
gegenüber dem normalen in die¬ 
sem Embryonalalter verbreitert 
und verlängert; dies kann logisch 
zurückgeführt werden auf eine 
dem Normalen gegenüber etwas 
freiere Lage infolge einer, aller¬ 
dings nur leichten, Abspreizung. 
Zu beachten ist das Fehlen des 
Mltg. maj. 

Fall 3. Die linke Vorder - 
extremUäl: Auch hier fanden sich 
äußerlich bei Lupenbetrachtung 
medial vom 3. Finger noch zwei 
weitere Fingeranlagen an Stelle 
der normalen einen (Abb. 5 A, 
z, x); von diesen war die am 
meisten medial gelegene (z) 
imverhältnismäßig stark abge¬ 
bogen. 

Diese Extremitätenanlage wurde ebenfalls in eine lückenlose Serie von je 15 P 
Schnittdicke zerlegt und graphisch rekonstruiert. Das Ergebnis ist die Abbildung 7. 

Radius, Ulna, Triquetrum, Lunatum, Hamatum und Capilatum sind durch¬ 
aus normal, ebenso das Skelett des 5., 4. und 3. Fingers. Wie an der rechten Hand 
bestehen sie alle drei aus einem knorpeligen Metakarpale; diesem schließt sich 
für III und IV je eine knorpelige Phalanx I und eine vorknorpelige Phalanx II, 
für V eine vorknorpelige Phalanx I an. 

Der am weitesten medial befindliche Fingerstrahl ( x) setzt sich zusammen 
aus einer vorknorpeligen Phalanx I und einem knorpeligen Metakarpale, welches 



Abb. 6. Rechte Vorderextremittt eines 2,4 cm langen 
Schweineembryos. Von der Volarfliche gesehen. Graphi¬ 
sche Rekonstruktion aus der Totalserie, hu = hnmerus, 
r=radius, u = ulna, £ = triquetrum, l = lunatum, n^navi- 
culare, h - hamatum, c = capit&tam, 6 = mc. V + ph. I, 
4, J = mc. IV, III + ph. I und n. Bzgl. x, y, t vgl. Text 



Zur Entstehung der Hyperdaktyüe beim Schwein. 259 

zu einem Karpale (y) der distalen Reihe in Verbindung steht. Letzteres wieder 
basiert auf einem Karpale (n) der proximalen Reihe, das seiner Lage nach als 
Naviculare angesprochen werden muß. 

Der zwischen dem eben beschriebenen und dem 3. Finger eingeschobene 
Strahl ( z) hat ebenfalls eine 
vorknorpelige Phalanx I, und 
dieser schließt sich ein knor¬ 
peliges Metakarpale an. Die¬ 
ses jedoch reicht nicht nur bis 
zur distalen Karpalreihe, son¬ 
dern findet als durchgehen¬ 
der solider Knorpelstab ( z') 
seinen Anschluß in der pro¬ 
ximalen Karpalreihe ebenfalls 
am Naviculare. Letzteres 
zeigt an seiner Volarfläche 
einen tiefen Spalt, der jedoch 
nicht bis zur Dorsalfläche 
durchgeht. 

Was die Beurteilung 
des Falles 3 anbetrifft, so 
weist <üe Kerbe im Navi¬ 
culare auf eine trauma¬ 
tische Auslösung der Hy- 
perdaktylie hin. Es scheint 
auch hier eine Zerreißung 
der medialen Carpalia her¬ 
vorgerufen zu sein. Im 
Anschluß daran wurden 
an Stelle eines Metakar- 
pale II deren zwei aus¬ 
gebildet (x und z), von 

i . , , c , . Abb. 7. Linke Vordereztremität eines 2,4 cm langen Schweine- 

aenen ich den ötrahl Z embryos. Von der VolarflÄche gesehen. Graphische Rekon- 

als überzählig ansehen etrnktion aus der Totalserie. r = r&dius,u = ulna,n = n*vicuUre, 
... l ~ lunatum,* - triquetrum, k - h am» tum, c = capitatum, 6 = mc. 

mochte; vor allem auch v + pb. i f 4 , j=mc. iv, m + ph. i und n. B*gi. *, y, *, *• 

mit Rücksicht auf die vg1, Text- 

Deutung b) des Falles 1 (S. 257), der ich eher zuneigen möchte als der 
Deutung a). Daß der Strahl z der überzählige ist, dafür spricht auch, 
daß ein zugehöriges distales Karpale nicht gesondert ist, sondern daß 
das Metakarpale bis in die untere Karpalreihe reicht, also das zu er¬ 
wartende entsprechende Karpale sozusagen in ihm aufgegangen ist. 
Ferner ist zu beachten, daß auch hier das Mltg. maj. fehlt. 

Der Fall 2 ist wohl als typische Epiphysenabscherung anzusehen. 

Zusammenfassung. 

Die drei Untersuchungen lehren, daß die Hyperdaktylie schon 
frühzeitig embryonal auftritt und daß dabei dem Herzen (worauf 





'260 F. Drahn: Zur Entstehung der Hyperdaktylie beim Schwein. 


Rubdi als erster hingewiesen hat) — vielleicht im Verein mit einem 
(zeitweilig?) engen Amnion — als auslösendem Moment für ein die 
medialen Carpalia (bzw. Metacarpalia; Fall 2) betreffendes Trauma 
große Beachtung zukommt. Infolge Verschiebung oder gänzlicher 
bzw. teilweiser Zersprengung von Karpalelementen bilden sich dann 
neue überzählige Fingerstrahlen aus. 

Meine Befunde scheinen für die Berechtigung der eingangs geführten 
hypothetischen Gedankengänge zu sprechen. Natürlich sind 3 Fälle 
nicht zahlreich genug, um absolut beweiskräftig zu sein. Dazu bedarf 
es weiterer Untersuchungen. Diese müssen an jungen Embryonen vor¬ 
genommen werden, da lediglich bei diesen die frühen Tatsachen gesammelt 
werden können, welche zur endgültigen Klärung des genetischen Cha¬ 
rakters der Hyperdaktylie führen. 


Literatur. 

*) Ahlfeld, Die Mißbildungen des Menschen. Leipzig 1880. — *) Zander, Ist 
die Polydaktylie als theromorphe Varietät oder als Mißbüdung anzusehen. Virchows 
Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 125. 1891. — *) Drahn, Zur Beurteilung der 
normalen oder „entwicklungsmäßigen“ Polydaktylie des Pferdes. Habilitations¬ 
schrift Berlin 1921 (noch unveröffentlicht). — 4 ) Barfurth, Die experimentelle 
Regeneration überschüssiger Glied maßenteile (Polydaktylie) bei den Amphibien. 
Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen 1. 1894; ferner: Die Erscheinungen 
der Regeneration bei Wirbeltierembryonen in 0. Hertwig, Handbuch der Ent¬ 
wicklungslehre III. Bd., III. Teil, VIII. Kap. Jena 1906. — Ä ) Stoß, vgl. Kitt, 
Lehrbuch der pathologischen Anatomie der Haustiere. 4. Aufl, 1910. — •) Rubel*, 
Über Polydaktylie beim Menschen und bei Tieren. Bern 1915. — 7 ) Oegenbaur, 
Kritische Bemerkungen über Polydaktylie als Atavismus. Morphol. Jahrb. f. 
1880. — a ) Bannet, Grdr. der Entwicklungsgeschichte der Haussäugetiere. Berlin 
1891. — •) Boas , Zur Beurteilung der Polydaktylie des Pferdes. Zool. Jahrb., 
Abt. f. Anat. u. Ontog. 40, Heft 1. 1917. — * Ä ) Boas, Bidrag til opfattelsen af 
Polydaktylie hos Pattedyrene, Vidensk. Meddel. naturhist. Foren. Kjöbenhavn 
1883. — 10 ) Tomier , Entstehungsursachen der Poly- und Svndaktylie der Säuge¬ 
tiere. Sitzungsber. d. Ges. naturforsch. Freunde, Berlin 1896; dgL Entstehen 
eines Schweinehinterfußes mit 5 Zehen und den Begleiterscheinungen. Arch. f. 
Entwicklungsmech. d. Organismen 15. 1902; dgl. Verhandl. d. V. int. ZooL- 
Kongr. 1901, zitiert nach Barfurth in 0. Hertwig (vgl. Lit. Nr. 4). — X1 ) Temjxl, 
Zum Vorkommen der Polydaktylie bei unsem schlachtbaren Haustieren. Zeitschr. 
f. Fleisch- u. Milchhyg. 0. 1899. — ia ) Heiners, Sieben Falle von Hyperdaktylie 
beim Schwein. I. D. Tierärztl. Hochsch. Berlin 1922. — 1S ) Keibel , Normentafel 
zur Entwicklungsgeschichte des Schweines. Jena 1897. — 14 ) Baur, Der C&rpus 
der Paarhufer. Morphol. Jahrb. 0. 1884. — 16 ) Rosenberg , Entwicklung des Extre¬ 
mitätenskeletts. Zeitschr. f. wiss. Zool. 23. 1872. — 16 ) Martin, Lehrbuch der 
Anatomie der Haustiere. Bd. I. 



(Aus der Poliklinik für ^roße Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Prof. Dr. K. Neumann].) 

Eine Ersparnis und Verbesserung beim Hufverband. 

Von 

Dr. Curt Reinhardt, 

Oberassiitent der Klinik. 

Mit 3 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 27. Februar 1923.) 

Bei den zahlreichen Hufverbänden, die wir täglich in unserer Klinik 
anlegen, ist mit der bisher gebräuchlichen Arbeitsweise ein Übelstand 
in Erscheinung getreten, der darin besteht, daß die Huflederhaut an 
der Übergangsstelle vor ihrer freien Fläche zum stehengebliebenen 
Wandhom nicht in wünschenswerter Weise dem erforderlichen Ver¬ 
banddruck ausgesetzt werden kann. Das wohl allgemein übliche Auf¬ 
legen von aus Jute gedrehten Wickeln (Tampons) auf die operativ 
gesetzten Huf wanddefekte ist mit dem Nachteil verknüpft, daß es 
häufig nicht gelingt, den ersten — der Homwand zunächst liegenden — 
Wickel in der richtigen Lage zu befestigen. Die Gründe hierfür liegen 
zumeist in der Unruhe der Patienten, die auch im Notstand beim Ver¬ 
binden sich um so unliebsamer bemerkbar macht, je mehr die dem 
Verband vorangehenden Behandlungsmaßnahmen an Zeit erfordern. 
Das ist besonders lästig, wenn man Hufkrebspatienten in Behandlung 
hat. Bei ihnen wird ein häufiger Verbandwechsel — vor allem bei 
medikamentöser Behandlungsart — erforderlich, auch sind die ge¬ 
setzten Hornwanddefekte mitunter von erheblicher Ausdehnung, oft 
die ganze Seiten- und Trachten wand einer Hufhälfte einnehmend. 

Aus diesen Erwägungen heraus habe ich eine Befestigungsart für 
Druck wickel bei Huf verbänden angewandt, die sich in unserer Klinik 
bewährt hat. Der Vorzug gegenüber der bisherigen Weise, Hufver- 
hände anzulegen, besteht darin, daß diese Methode einmal das Fest¬ 
liegen des ersten Wickels sicherstellt und daß sie ferner gestattet, die 
angebrachte Wickellage für eine Reihe von Verbänden — je nach dem 
Grade der Durchtränkung mit Wundsekret — wieder benutzen zu können. 

Das Anlegen dieses Hufdruckverbandes geschieht folgendermaßen: 

Mit einem kleinen Drillbohrer von 1,5 mm Bohrloch weite werden 
in das stehengebliebene Wandhorn zwei Löcher gesetzt, die \ l /. 2 cm 

18 


Arch. f. Tierheük. XIIX. 



262 


C. Reinhardt: 


vom Kronen- bzw. Tragerande entfernt sind und um Homwandbreite 
vom Schnittrande zurücktreten. Sie durchdringen die Homwand in 
schräger Richtung wie die Diagonale eines Quadrats und liegen in 
Ebenen parallel zur Fußungsfläche des Hufes. Diese Löcher dienen zur 
Aufnahme von je einem 0,8 bis 1 mm starken — am besten verzinnten — 
30—35 cm langen Eisen- oder Kupferdraht. Die Anfänge der beiden 
Drähte werden in der in Abb. 2 veranschaulichten Weise miteinander 

BläUehemtekieJä 
d. HufUderkavt 

Jutemctrt 

Draht 

verbunden. Nach festem Anziehen an den zwei jetzt noch freien Draht¬ 
enden beginnt man mit der Befestigung des ersten Wickels, indem man 
jeden Draht einmal um ihn herumführt, wie aus Abb. 1 ersichtlich ist. 
Durch drehende Bewegung unter gleichzeitigem Festhalten des Draht¬ 
endes wird der erste Wickel in seinen beiden Befestigungspunkten fest 
an die Schnittkanten der Horawand gepreßt. Jetzt wird in gleicher 



Weise der zweite Wickel eng dem ersten angelegt und so fort, bis der 
gesetzte Homwanddefekt vollkommen gedeckt ist. Das restliche Draht¬ 
ende wird um den letzten Wickel nochmals herumgelegt. Die Jute¬ 
wickel sollen etwas stärker als die halbe Wanddicke sein. Über ihre 
Anfertigung vgl. Eberlein 1 ). Sollte es aus irgendeinem Grunde nicht 
gelingen, den ersten Wickel ganz fest an die Homwand heranzupressen. 
so genügt ein kurzes Verwinden der Drahtenden an ihre Verbindungs¬ 
stelle mit einer kleinen Flachzange. Unter Zurückklappen der so her- 

’) Eberlein in Bayer-Fröhner, Handbuch der tierärztlichen Lehr- und Ge¬ 
burtshilfe 1900. Bd. IV. 2. Teil. S. 37. 



Eine Ersparnis und Verbesserung beim Hufverband. 263 

gestellten Druckschicht versorgt man nun die Wundflächc mit einem 
Mullstreifen und dem anzuwendenden Arzneimittel. Der weitere Verband 
erfolgt dann in gewohnter Weise. Da die Wickel sicher befestigt sind, er¬ 
übrigt sich eine kreuzweise gelegte zweite Schicht. Es genügt statt dessen 
für gewöhnlich das Auflegen eines Streifens Jute, besonders wenn es bei 
jeder der drei ersten Bindenrunden wiederholt wird. Beim Verband¬ 
wechsel kann man nach Abnahme der Binde die Wickellage zurückklap¬ 
pen (vgl. Abb. 3) und zum zweiten Male benützen. Erst beim dritten Ver¬ 
bandwechsel beobachtet man ab und zu bei Eisendrähten ein Durch- 
rosten, das ihre Erneuerung notwendig macht. Ein Ausbrechen der Bohr¬ 
löcher habe ich hei Einhalten der angegebenen Richtung nie beobachtet. 

Wir haben diese Verbandweise bei Hufkrebspatienten angewandt, 
und sie wird, wie schon oben ausgeführt, sich hauptsächlich für solche 
oder ähnliche Fälle eignen, wo ausgedehnte Hufdefekte häufig ver¬ 
bunden werden müssen. Da man die Jutewickel auch oft zur Aus¬ 
füllung der Strahlfurchen anwendet, möchte ich hier noch eine Abände¬ 
rung erwähnen, die wir auch beim Hufkrebs an wenden. Es erscheint mit¬ 
unter erwünscht, in die Strahlfurchen Wundstreu- oder Ätzpulver unter 
gleichzeitiger Druckwirkung einzubringen. Wir benützen besonders Sul- 
fofix — ein S0 2 abspaltendes Streupulver — zu diesem Zwecke 1 ). Statt 
der gedrehten Jutewickel kommt ein mit dem Streupulver beschickter 
Mullwickel zur Verwendung. Ein rechteckiges, aus zwei bis drei Lagen be¬ 
stehendes Stück Mull (9 x 12) wird auf einer Tischplatte messerrückendick 
mit einer Pulverschicht bestreut und dann fest zusammengerollt. 

Der auf diese Art angefertigte Wickel, der also im Durchschnitt 
aus zwei Spiralschichten — Mull und Streupulver — besteht, wird 
fest in die Strahlfurche gepreßt und durch Auflegen einiger Jute¬ 
wickel bedeckt. Der Vorzug besteht darin, daß dieser Wickel 
sich besser der Strahlfurche anpaßt. Man kann sich hiervon beim 
nächsten Verbandwechsel überzeugen, denn bei gutem Druckverband 
hat der Wickel im Querschnitt Dreiecksform angenommen, ein Um¬ 
stand, der bei Jute wegen ihrer Festigkeit nie so stark in Erscheinung 
tritt. Ein zweiter Vorteil, der besonders für das S0 2 abspaltende Sulfofix 
oder ähnliche Mittel in Frage kommt, ist darin zu erblicken, daß das Arz¬ 
neimittel langsam in dem Maße, wie die Durchtränkung des Wickels fort- 
schreitet, seine Wirkung entfalten kann. So sind z. B. bis zum 3. und 
4. Tage noch Reste des Streupulvers in der Mitte des Wickeldurchschnitts 
feststellbar. Es wird somit ein sparsamerer Verbrauch und längere Wir¬ 
kung des angewandten Streupulvers gewährleistet, was sicher auch für 
alle anderen Wundstreu- und Ätzpulver in gleicher Weise in Frage kommt. 

*) Neumann und Rüscher, Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 4t. — Xeumann 
und Blankenburg, Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 4$, Heft 4/5. 


18* 



Versuche über die klinische Verwendbarkeit des Oxydiphenyl- 
methans „Allegan -Bayer“ als Wurmmittel 1 ). 

Von 

Hans Brasch-Rügen walde, 

approb. Tierarzt. 

{Aus der medizinischen Tierklinik der Universität München [Prof. Dr F. Schmitt].) 

(Eingegangen am 4. Januar 1923.) 

A. Einleitung. 

Das von den Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co., Lever¬ 
kusen, herausgegebene Wurmmittel „Butolan“, der Carbaminsäureester 
von Benzylphenol (des p-Benzylphenols), hat sich bei den Versuchen 
durch F. Schuderer *) nicht bewährt. Die Firma teilte daraufhin mit, 
daß die antiparasitäre Wirkung des Butolans nicht dem unzersetzten 
Molekül, sondern dem freien Benzylphenol zuzuschreiben sei, das erst 
durch Verseifung im alkalischen Darmsaft entsteht. Da sich die Spaltung 
des Butolans erst allmählich bei seiner Passage durch den Darmtraktus 
vollziehe, könne das Butolan seine Wirkung der Hauptsache nach nur 
im unteren Darmabschnitt entfalten. Das Butolan sei infolgedessen 
hauptsächlich gegen Oxyuren empfohlen worden, die sich ja im wesent¬ 
lichen im Enddarm aufhalten und es habe sich nach der vorliegenden 
Literatur der Humanmedizin da auch gut bewährt. 

Die genannte Firma gab mir zu Versuchszwecken ein neues Wurm¬ 
mittel an Hand — Oxydiphenylmethan, -— das nunmehr unter dem ge¬ 
schützten Namen ,,Allegan“ in den Handel kommt. Allegan entfaltet 
seine Wirkung auf Würmer auch in den oberen Darmteilen. 

B. Eigene Versuche mit Allegan. 

1. Toxische Versuche an 8 Hunden und 2 Katzen. 

Auf Grund von zahlreichen Versuchen soll festgestellt werden, ob 
das neuerdings von Bayer & Co. herausgegebene Präparat Allegan in 
der Tierheilkunde als Wurmmittel Verwendung finden kann. 

An der Münchn. med. Tierklinik werden die Wurmkuren bei nüch¬ 
ternem Magen gemacht, nachdem den Patienten am Abend des Vor- 

') Auszugsweise gedruckt. 

2 ) Noch nicht im Druck erschienene Inaugural-Dissertation der tierärztlichen 
Fakultät München, Januar 1921. 



H. Brasch: Versuche Uber die klinische Verwendbarkeit usw. 265 


tage« das Putter entzogen worden ist. Die damit gemachten Erfahrungen 
sind sehr gute. Als Dosierung des Allegans schlägt die Firma Bayer 

Co. vor: 

Für kleine Haustiere: Hunde: 0,1—0,2 Allegan pro kg. Schafe: 
3,0 Allegan pro Tier. 

Für große Haustiere: Pferde 10,0 Allegan pro Tier; ca. 3 Stunden 
nach Eingabe des Allegans ein Abführmittel. 

Des äußerst scharfen Geschmackes wegen kann die Eingabe des 
Allegans nur in Kapseln oder vielleicht auch in Bolusform erfolgen. 
Die mir von der Firma in die Hand gegebenen 2,0 und 3,0-Kapseln 
konnten bei meinen Versuchen an Hunden der unzweckmäßigen 
Form halber keine Verwendung finden. Sie wurden von mir, nach¬ 
dem ich das Allegan in der Reibschale verrieben habe, in 1,0-Kap- 
seln umgefüllt. 

Die Wurmkuren habe ich so ausgeführt, daß ich dem Allegan in 
Kapselform gleich das Istizin 0,5—1,0 (je nach Größe der Tiere) als Ab¬ 
führmittel und darauf einen halben bis einen Eßlöffel 1 / 2 % wäßrige 
Creolinemulsion als brechwidriges Mittel folgen ließ. Das Ergebnis 
dieser Darreichungsweise war befriedigend. 

Allegan erzeugte in größeren Gaben von 0,4—0,8 pro kg schwere 
hämorrhagische Magen- und Darmentzündungen, akute parenchy¬ 
matöse Nephritis, Eiweißausscheidungen im Ham, sowie Schwäche der 
Nachhand. Ferner bewirkt es, in höheren Dosen gegeben, ein leichtes 
Sinken der Temperatur, angestrengtes Atmen, sowie ein Zurückgehen 
der Pulszahl und der Stärke des Pulses. Tiere mit Magen- und Darm- 
katarrhen sind besonders empfindlich. Die Dosis von 1,0 pro kg wirkt 
da schon in 8—10 Stunden tödlich. Erbrechen wurde in 4 von 10 Fällen 
beobachtet, während das Allegan in den übrigen Fällen keinen Brech¬ 
reiz verursachte. Ferner wurde einige Male verminderte Freßlust be¬ 
obachtet und vermehrte Wasseraufnahme. 

In 2 Fällen wurde 1 Teil der Ascariden durch das Wurmmittel ab¬ 
getrieben. Die abgegangenen Ascariden waren tot. Alle anscheinend 
toten Spulwürmer wurden abwechselnd in warmes, heißes und kaltes 
Wasser getan, um so zu prüfen, ob noch geringe Bewegungen und Kon¬ 
traktionen ausgeführt würden. Die Würmer zeigten sich alle starr und 
ohne Bewegung. Diese Prüfung habe ich in den Fällen, in denen die 
Würmer keine spontanen Bewegungen mehr ausführten und nicht schon 
teilweise verdaut waren, vorgenommen. Die bei der Sektion noch im 
Dünn- und Dickdarm Vorgefundenen Spulwürmer waren teils lebend, 
teils tot. 

Bei einem Versuch waren im Kot Spulwurmeier in mäßigen Mengen 
nachgewiesen worden, durch das Allegan waren die Würmer anscheinend 
abgetötet worden und sind der Verdauung anheimgefallen. 



266 H. Brasch: Versuche über <lie klinische Verwendbarkeit des 

//. Therapeutische Versuche an mit Nemathdminten behafteten Tieren. 

Die Untersuchung des Kotes auf Parasiteneier habe ich nach der 
in der med. Tierklinik gebräuchlichen Füllebom( Kochsalz-)Methode 
ausgeführt. Auf diese Weise war es mir ein leichtes, Ascariden, Anchylo- 
stomen, Trichosoraen, Skierostomen, Oxyuren und Coccidien fest¬ 
zustellen. 

Mit der Dosierung des Allegans bin ich so verfahren, daß ich an¬ 
fangs mit kleinen Gaben: 0,05 und 0,1 pro kg, begann und dann erst, 
nachdem ich mich von der Unschädlichkeit dieser Dosen überzeugt hatte, 
die Gaben vergrößerte. 

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, wurde das Präparat in einer 
Reibschale verrieben und von mir in Kapseln gefüllt. Die Eingabe des 
Wurmmittels erfolgte gleichzeitig mit dem Abführmittel Istizin (0,5 bis 
2,0 je nach Größe der Tiere; Pferde 10,0) und bei den Fleischfressern 
ein Teelöffel bzw. Eßlöffel 1 / 2 % wäßriger (Veolinemulsion zur Ver¬ 
minderung des Brechreizes. 

a) Therapeutische Versuche an 20 mit Ascariden behafteten Hunden. 

Von diesen 20 Versuchen sei hier einer beigefügt: 

Hund, weibL, schwarzgelb, 13 Wochen alt, 4,0 kg schwer, Airedale-Terrier. 

Befund am 11. VIII. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,4; P. 112; A. 20. Nähr¬ 
zustand schlecht; Temperament lebhaft; Haarkleid trocken, wenig glänzend; 
einige Pusteln und Schuppen (Staupeexanthem) besonders am Unterleib; mikro¬ 
skopisch Sarcoptesmilben nachgewiesen. Lidbindehaute rosarot; Puls mittel- 
kräftig; Herztöne rein; Lunge verschärftes Bläschenatmen. Kot dickbreiig, 
Ascarideneier nachgewiesen (8—10 durchschnittlich in einem Gesichtsfeld). 
Harn hellgelb, klar, sauer; s = 1020 (gesch.); E : o; G : o. 

Pat. erhält 0,1 Allegan pro kg, gleich 0,4 insgesamt, 0,5 Istizin und 
einen Teelöffel V*° o Creolinemulsion. 3 Uhr nachmittags: T. 38,5; P. 112: 
A. 22. Kot enthält einen ganzen Knäuel, 25 an der Zahl, toter Spulwürmer; 
Hund sehr lebhaft, fühlt sich erleichtert, kein Erbrechen. 

7 Uhr abends: T. 38,8; P. 112; A. 20. Pat. zeigt große Freßlust. 

12. VIII. 1921, 8 Uhr vormittags: T. 38,4; P. 112; A. 18. Im Befinden keine 
Änderung. Kot normal geformt, enthält noch Ascarideneier in geringer Menge 
(1—2 in einem Gesichtsfeld). Ham hellgelb, klar, sauer. E : 0; G : 0. 

6 Uhr abends: T. 38,9; P. 116; A. 19. Futteraufnahme gut. 

13. VIII. 1921, 8 Uhr vormittags: T. 38,5; P. 114; A. 20. Pat. munter, Kot 
geformt, enthält keine Spulwurmeier mehr. 

Die Wurmkur mit Allegan an mit Spulwürmern behafteten Hunden 
war durchweg von gutem Erfolg begleitet. Die Spulwürmer gingen bei 
9 Versuchen tot ab. Nur bei einem Versuch wurden die Ascariden teils 
lebend abgesetzt. Da bei 5 Versuchen das Absetzen des Kotes mit den 
Würmern nachts erfolgte, konnte nicht festgestellt werden, in welchem 
Zustande die Würmer den After passierten, ob lebend oder tot. 

Bei einem Versuch wurde auf einen warmen Einlauf hin ein schon 
zum Teil verdauter Spulwurm herausgespült. An den sehr zahlreichen 




Oxydiphenylmethans „Allegan-Bayer“ als Wurmmittel. 


267 


Wurmkuren an Hunden, die in der Klinik mit anderen Wurmmitteln 
schon ausgeführt wurden, war ein teilweises Verdautwerden der Spul¬ 
würmer außerordentlich selten beobachtet worden. 

Obgleich bei 2 Versuchen im Kote vor der Wurmkur Spulwurmeier 
festgestellt waren, wurden nach der Eingabe des Allegans keine Ascariden 
abgesetzt. Anscheinend sind sie der Verdauung anheimgefallen. Nach 
völlig gelungenen Spulwurmkuren, gleichviel mit welchen Mitteln sie 
ausgeführt wurden, findet man am Tage nach der Kur vielfach noch 
zahlreiche Ascarideneier im Kot, man sieht solche manchmal noch nach 
weiteren 24 Stunden später. 

17 von 20 Ascaridenhunden hatten beim Verlassen der Klinik keine 
Ascarideneier mehr im Kot. Hierbei war nur eine 1 malige Wurmkur 
mit Allegan erfolgt. 2 Patienten verließen zu früh die Klinik, so daß 
es mir nicht möglich war, den Kot nochmals auf Spulwürmer zu unter¬ 
suchen. Erbrechen wurde;nur in einem Falle bemerkt; hier erfolgte es 
schon vor Eingabe des Allegans. 

Das Befinden der Patienten nach der Wurmkur mit Allegan war 
durchschnittlich gut. In einigen Fällen wurde sogar Erleichterung und 
vermehrte Freßlust bemerkt. 

Eiweiß wurde im Harn, soweit feststellbar, nicht ausgeschieden. 
Ein Hund zeigte schon vor Behandlung mit dem Wurmmittel eine 
geringgradige Eiweißausscheidung. 

Bei 2 Sektionen zeigten sich auf die Dosis 0,2 pro kg hin geringgradige 
Schwellung und leichte Rötung von Magen- und Duodenalschleimhaut, 
zu deren Auftreten wohl auch die Tötung durch Chloroform beige¬ 
tragen hat. 

Somit dürfte die Eingabe des AUegans bei der Dosierung 0,05 — 0,2 
pro kg dem Organismus des Hundes keinen nennenswerten Schaden zu¬ 
fügen, vielmehr gut vertragen werden : auch genügt sie zum Abtreiben der 
Würmer. 


b) Therapeutische Versuche an 2 Katzen mit Ascariden. 

Aus diesen 2 Versuchen ist zu entnehmen, daß die Wurmkur mit 
Allegan wohl positiv ausfiel, die Dosierung aber entschieden zu hoch 
war, zumal da die Katzen schon sehr schwer erkrankt und hochgradig 
schwach w r aren. 

c) Therapeutischer Versuch an einem mit Ascariden behafteten Schwein. 

Die Wurmkur mit Allegan wurde von dem mit Ascariden behafteten 
•Schwein gut vertragen und war erfolgreich. Da keine Würmer auf die 
Wurmkur mit Allegan hin abgesetzt wurden und der Stuhl am nächst¬ 
folgenden Tage frei von Spulwürmern war, sind die Ascariden an¬ 
scheinend verdaut worden. 



268 H. Brasch: Versuche Uber die klinische Verwendbarkeit des 


d) Therapeutische Versuche an 1 Hund und 4 Füchsen , die mit Anchylo¬ 
stomen und Ascariden behaftet waren. 

Ein Versuch sei hier wiederum angeführt: 

Hund, männl., gelb mit schwarz, 9 Monat alt, 10 kg schwer, Airedale-Terricr. 

Versuchshund, der mit Acarus behaftet und mit einem neuen, Schwefeldioxyd 
enthaltenden Präparat, 5 Tage hindurch am ganzen Körper eingerieben war. 

Befund am 22. IX. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,5; P. 120; A. 20; Nähr¬ 
zustand mittelgut; Temperament sehr lebhaft; Haarkleid glatt, glänzend; an 
einigen Stellen, besonders am Kopf und der vorderen Seite der Extremitäten, 
kahle Stellen (Acarusmilben nachgewiesen). Lidbindehäute leicht gerötet, Augen¬ 
ausfluß beiderseits gering. Herz, Puls und Lunge o. p. B.; Hinterleib mäßig ge¬ 
füllt; Kot dickbreiig, Ascarideneier mikroskopisch festgestellt (2—3 durchschnitt¬ 
lich in einem Gesichtsfeld), desgleichen Anchylostomen (1—2 durchschnittlich 
in einem Gesichtsfeld). Pat. erhält 0,1 Allegan pro kg — 1,0 insgesamt 
und 1,0 Istizin und einen Teelöffel */*% wässerige Creolinemulsion. 

6 Uhr abends: T. 38,8; P. 120; A. 18. Bisher wurde kein Kot beobachtet. 

23. IX. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,5; P. 118; A. 16. In der Nacht erfolgte 
Kotabsatz mit 5 Ascariden. Anchylostomen wurden nicht gefunden. 

Befund am 11. X. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,5; P. 124; A. 22. Pat. im 
Ernährungszustand etwas zurückgegangen. Temperament lebhaft; Haarkleid 
glänzend, die kahlen Stellen unverändert, trotz intensiver Sulfoliquidbehandlung; 
Herz pochend, Töne rein; Puls schwach; beiderseits verschärftes Bläschenatmen. 
Lidbindehäute gerötet, Augenausfluß vermehrt. Kot normal geformt, mikro¬ 
skopisch untersucht zeigt er in Unmengen Spulwurmeier (60—70 in einem Ge¬ 
sichtsfeld) und Anchylostomeneier (20—30 durchschnittlich in einem Gesichts¬ 
feld). Pat. erhält 0,2 Allegan pro kg = 2,0 insgesamt und 1,0 Istizin und einen 
Teelöffel V 2 proz. wässeriger Creolinemulsion. 2 Uhr nachmittags: Kotabsatz 
in fester Form mit 47 toten Ascariden und mehreren Anchylostomen, deren 
Cuticula schon angegriffen war. 

3 Uhr nachmittags: T. 38,6; P. 120; A. 20. Ebenfalls dünn- bis dickbreiiger 
Kot mit 45 toten Ascariden und mehreren halbverdauten Anchylostomen. Pat. 
ist sehr lebhaft, frißt sehr gut. 

12. X. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,4; P. 116; A. 20. Nachts ist nochmals 
ein dickbreiiger Kot abgesetzt worden mit 10 Ascariden. Pat. munter. 

14. X. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,4; P. 116; A. 18. Kot enthält noch 
Anchylostomeneier (15—20 in einem Gesichtsfeld) und in geringer Anzahl Asca- 
rideneier (1—2 in einem Gesichtsfeld). Pat. erhält die dritte Wurmkur mit Allegan 
und zwar 0,4 pro kg — 4,0 insgesamt, ohne Istizin und Creolin. 

2 Uhr mittags: Der Wärter war nicht unterrichtet, daß der Hund eine Wurm- 
kur erhalten hatte. Pat. wurde wie die andern Tiere gefüttert, er brach aber alles 
wieder nach einer Stunde. 

6 Uhr abends: T. 38,0, P. 100; A. 24. Pat. apathisch, trüber Blick; Kot 
wurde nicht bemerkt. 

15. X. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,5; P. 120; A. 20. Pat. zeigt einen 
trauernden Blick und ist wenig lebhaft. In der Nacht wurde dickgeformter Kot 
abgesetzt, mit zwei Ascariden und vielen halbverdauten Anchylostomen. 

2 Uhr mittags: T. 38,4; P. 118; A. 20. Pat. wieder lebhafter, frißt gut und 
nimmt viel Wasser auf. 

6 Uhr abends: T. 38,7; P. 120; A. 19. Pat. ohne Änderung im Allgemeinbefinden. 

16. X. 1921, 9 Uhr vormittags: T. 38,3; P. 118; A. 20. Pat. wie am Vortag. 
Mikroskopische Kot Untersuchung zeigt keine Parasiteneier mehr. 



Oxydiphenylmethans „Allegan-Soj/er“ als Wurmmittel. 


269 


29. X. 1921, 8 Uhr vormittags: Pat. wird getötet. Die anschließende Sektion 
ergibt Magen und Darm o. p. B., keine Parasiten; Schrumpfniere (Sulfoliquid- 
behandlung ?). 

Es hat sich hei den Versuchen an den mit Anchylostomen behafteten 
Tieren herausgestellt, daß bei höherer Dosierung und mehrmaliger 
Wurmkur das Allegan in der Lage ist, diese Parasiten erfolgreich zu be¬ 
kämpfen. Da jedoch die hohe Dosierung und die wiederholte Kur auch 
merkbare Schädigungen brachte, ist größte Vorsicht geboten. Auch ist aus 
dem angeführten Versuch zu entnehmen, daß die Ascariden erst nach der 
dritten verstärkten Wurmkur (0,4 pro kg) vollständig abgetrieben wurden. 

e) Therapeutische Versuche an 2 Hühnern und 3 Tauben, die mit Tricho- 
somen und Heteraciden behaftet waren. 

Die Ergebnisse dieser Versuche lassen kein einwandfreies Urteil zu. 
Von Erfolg schienen die Wurmkuren bei 3 Versuchen gewesen zu sein, 
während 1 Versuch jedoch einen entschieden negativen Ausgang der 
Wurmkur zeigt, bei einem getöteten Huhn wurden im Darm lebende 
Mikrotaenien und Heteraciden bemerkt. Die Sektionen ergaben im 
übrigen stets eine Rötung des Dünndarms, die wohl zum Teil schon vor 
der Wurmkur vorhanden war. Allegan bei der Dosierung von 0,2 pro kg 
wurde von den Hühnern gut vertragen. 

/) Therapeutische Versuche an 2 Pferden mit Oxyuren. 

Die beiden Versuche an den mit Oxyuren behafteten Pferden waren 
ebenfalls positiv; doch hatte sich gezeigt, daß die von Bayer <k Co. vor¬ 
geschlagene Dosierung (10,0 Allegan pro Pferd) sich als zu schwach er¬ 
wies. Auf Sklerostomum scheint das Allegan ohne Erfolg zu sein. Es 
scheint empfehlenswert, den Pferden das Allegan in Gelatinekapseln 
zu verabreichen. 

III. Therapeutische Versuche an mit Bandwürmern behafteten Tieren, 
a) Therapeutische Versuche an Hunden mit Bandwürmern. 

Von den 18 ausgeführten Versuchen sei folgender wiedergegeben: 

Hund, weibL, schwarz mit weißen Pfoten, 3 Jahre alt, 15 kg schwer, Pinsch- 
bastard. 

Befund am 4. X. 1921, 8 Uhr vormittags: T. 38,6; P. 146; A. 28. Nähr¬ 
zustand mittelgut; Temperament träge; Haarkleid glatt und anliegend; Lid- 
bindehäute blaß; Herz pochend; Puls schwach; Lunge verschärftes Bläschen¬ 
atmen beiderseits; Atmung angestrengt; Futteraufnahme gut; Bauchumfang 
stark vergrößert (Bauchwassersucht). 

Hund erhält 0,2 Allegan pro kg = 3,0 insgesamt in Bolusform mit 
Brot vermengt und zwar 4 Pillen ohne Istizin und Creolin. Die letzte Pille 
wurde gekaut; Pat. zeigt darauf ein starkes Speicheln. Breohbewegungen und 
Erbrechen selbst wurde nicht bemerkt. 12 Uhr mittags erfolgt Tötung mit sofort 
anschließender Sektion: Hochgradige Wassersucht; Darm wurde vom Rectum 
aus aufgeschnitten. Nach Durchschneiden des Coecums zeigten sich die ersten 



270 H. Brasch: Versuche Uber die klinische Verwendbarkeit des 


halbverdauten Proglottiden (T. cucumerina), die bis zum Duodenum an Zahl 
bedeutend zunehmen. Im Duodenum selbst befinden sich mehrere Ketten von 
zum Teil noch unversehrten und zum Teil schon halbverdauten Taenien. Magen 
zeigt eine geringe Rötung, 1 Bolus war noch geformt darin enthalten. 

Die Hälfte der Versuche mit Allegan schienen negativ auszufallen. 
Jedoch lieferten 4 Versuche, bei denen die Gegenprobe mit dem an der 
hiesigen med. Tierklinik gebräuchlichen guten Bandwurmmitte], sowie 
die 5 Versuche mit sofort anschließender Sektion den sichern Beweis, 
daß das Allegan die Taenien im Darmtraktus abgetötet hatte. Die 
abgetöteten Bandwürmer waren dann verdaut worden. 

In 2 von den 18 Fällen wurde Erbrechen von Holzwolle, die mit 
dem Futter aufgenommen war, festgestellt. Ferner traten in einzelnen 
Fällen unwesentliche Eiweißausscheidungen auf, während in den anderen 
Fällen diese Beobachtung nicht gemacht wurde. 

So dürfte auch in diesen Versuchen das Allegan in der Dosierung 
von 0,1—0,2 pro kg Körpergewicht dem Organismus der Hunde keinen 
nennenswerten Schaden zugefügt haben; obgleich das Verdauen der 
Bandwürmer für den tierischen Organismus zweifellos von Schaden ist 
(Resorption toxischer Substanz.) Um dieser schädlichen Einwirkung 
verdauter Parasitentoxine aus dem Wege zu gehen, wird in den Original* 
Packungen dem wirksamen Bestandteil „Allegan“ jeweils die gleiche 
Menge des Abführmittels „Istizin-vet.“ der Farbenfabriken vorm. 
Friedr. Bayer <k Co. beigegeben werden. 

b) Therapeutische Versuche an 1 Hund mit Mesocestoides lineatus. 

Das Allegan war hier bei der Dosierung von 0,2 pro kg nicht in der 

Lage den in der Darmschleimhaut sehr fest anhaftenden und auch gegen 
die übrigen Bandwurmmittel sehr widerstandsfähigen Mesocestoides 
lineatus abzutreiben. Bei der Sektion des getöteten Hundes zeigten sich 
im Duodenum sehr viele Mesocestoides lineatus mit Kopf und einer 
5 —20 cm langen Strobila. Es ist anzunehmen, daß das Allegan die 
Abreißung der halbreifen und reifen Proglottiden bewirkt hat, die dann 
der Verdauung anheimgefallen sind. 

c) Therapeutische Versuche an 4 Hunden und 1 Katze, die mit Nemathel- 

minten und Bandiviirmem behaftet waren. 

Von diesen 5 Versuchen möchte ich folgenden anführen: 

Hund, männl., gelb mit schwarz gemengt, s / 4 Jahr alt, 15 kg schwer, deutscher 
Schäferhund. 

Befund am 26. IV. 1922, 9 Uhr vormittags: T. 38,6; P. 102; A. 18. Nähr* 
zustand mittelmäßig; Pat. sehr lebhaft; Haarkleid trocken, glanzlos, Haare 
gehen leicht aus, Acarus am Kopf und vorderem Körperdrittel stark verbreitet; 
hier überall vermehrte Rötung der Haut; Lidbindehäute leicht gerötet; Puls 
mittelkräftig; Herztöne rein; Lunge etwas verschärftes Bläschenatmen; Futter* 
aufnahme gut. Kot dickbreiig mit Taeniengliedem (T. cucumurina); mikroskopisch 
wurden sehr viele Ascarideneier festgestellt (70—80 in einem Gesichtsfeld). 



Oxydiphenylmethans „Allegan-Bayer“ als Wurmmittel. 


271 


Dem Pat. wird das Futter einen Tag vollkommen entzogen. 

27. IV. 1922, 10 Uhr vormittags: T. 38,4; P. 108; A. 16. Kurz vor der Wurm- 
kur habe ich dem Pat. Kot aus dem Rectum entnommen, an dem drei reife Taenien¬ 
glieder (T. cucumurina) hafteten. 

11 Uhr vormittags: Pat. erhält 3,0 Allegan, 1,0 Iatizin und einen Eßlöffel 
7t % wässerige Creolinemulsion. 

12 Uhr mittags gebe ich dem Pat. ein 2,0 großes Stack Allegan plus Istizin 
in fester Masse. 

3 Uhr 30 nachmittags: Erfolgt Erbrechen eines gelblichen Schleims. 

3 Uhr 45 nachmittags: Pat. wird getötet durch Chloroforminjektion in die 
linke Herzkammer. 

Sektion: Magen zeigt einen gelbliohen, schleimigen Inhalt mit ca. 4—5 kleinen, 
noch nicht ganz aufgelösten Bröckelten der eingegebenen festen Masse, deren 
Unterlage diffus gerötet ist. Das Duodenum zeigt leichte Schwellung und Rötung; 
am Ende des Duodenums eine taubeneigroße Geschwulst (Fibrolipom). 

In der Mitte des Kolons treten die ersten Ascariden auf, die sich bis zum 
After hin in dicke Knäuel zusammengeballt haben. Alle Ascariden werden in 
kaltes Wasser gebracht: sie zeigen sich leblos. Von Taenien wurde nichts beob¬ 
achtet, sie mußten also der Verdauung anheimgefallen sein. Auch zeigte die in 
einer schwarzen Schale mit Wasser gefüllt vom Darm abgekratzte Schleimhaut 
keine Bandwurmköpfe. An toten Ascariden wurden 182 Stück gezählt. 

Die Versuche lassen die gleichen Ergebnisse erkennen, wie die Ver¬ 
suche an mit Ascariden, Anchylostomen und Taenien behafteten Hunden 
und Katzen. 

IV. Therapeutische Versuche an mit Ascariden und Taenien behafteten 
Hunden unter Verwendung des Allegans und der Münchener Spulwurm- 
Kapseln bzw. der Begenbogenschen Bandwurmkapseln. 

Es wurden von mir 24 Versuche an mit Spul- bzw. Bandwürmer behaf¬ 
teten Hunden in der Art ausgeführt, daß ich nach dem Körpergewicht der 
Tiere zur Hälfte Allegan verabreichte und zur anderen Hälfte die Mün¬ 
chner Spulwurmkapseln (Santonin-Calomel-Sem. Arecae-Ricinusöl) bzw. 
Regenbogen sehen Bandwurmkapseln (Camala-Sem. Arecae-Ricinusöl). 

Da diese Wurmkuren ausschließlich an Hunden erfolgten, die zum 
Zwecke der Wurmkur nur 1 Tag in der Klinik verblieben, war mir die 
mikroskopische Kotuntersuchung 1 bzw. 2 Tage nach der Kur nicht 
möglich. 

Das Ergebnis der so ausgeführten Versuche war ausnahmslos positiv. 
Die Spul- bezw. Bandwürmer wurden durchschnittlich 1—6 Stunden 
nach der erfolgten Eingabe lebend abgesetzt und somit früher als mit 
der reinen AUeganbehandlung. Speicheln, Erbrechen und sonstige 
Störungen wurden in keinem der 24 Fälle bemerkt. 

C. Zusammenfassung. 

Allegan, in den Dosen 0,05—0,2 pro kg Körpergewicht gegeben, 
kann bei erheblich kranken Tieren eine leichte Schwellung der Schleim¬ 
haut des Magens und Duodenums, sowie eine geringgradige Rötung des 



272 H. Brasch: Versuche über die klinische Verwendbarkeit usw. 

letzten Magendrittels und des vorderen Teiles des Duodenums bewirken. 
In diesen Dosen wird es sonst vom Organismus gut vertragen. Eiweißaus¬ 
scheidung wurde bei dieser Dosierung bei gesunden Tieren nicht bemerkt. 

In sehr großen Dosen (0,4—0,8 pro kg) gegeben, erzeugt Allegan 
schwere Magendarmentzündung, akute parenchymatöse Nephritis, Ei¬ 
weißausscheidung im Ham und selbst Schwäche der Nachhand. Ferner be¬ 
wirkt es in höheren Dosen gegeben ein leichtes Sinken des Pulses, Sinken 
der Temperatur und Atemnot. Tiere mit Magen- und Darmkatarrh sind 
besonders empfindlich; 1,0 pro kg wirkt da schon in 8—10 Stunden tödlich. 

Besonders hervorzuheben ist die wurmtötende Kraft des Allegans 
bei Ascariden, Taenien, Oxyuren und Anchylostomen, die schon bei 
0,05 pro kg beobachtet wurde. Nur gegen Mesocestoides lineatus, der 
sich auch bisher gegen andere Wurmmittel sehr resistent verhielt, war 
die einmalige Wurmkur mit Allegan bei 0,2 pro kg ohne genügenden 
Erfolg. Ein gewisser Nachteil des Allegans ist darin zu suchen, daß die 
abgetöteten Taenien, Oxyuren, Anchylostomen und zum geringen 
Teil Ascariden der Verdauung anheimfallen können. Das Verdaut¬ 
werden der Parasiten ist für den tierischen Organismus zweifellos nicht 
ohne Schaden (Resorption toxischer Stoffe). Allegan wird daher in den 
Originalpackungen mit Istizin kombiniert. 

Von Nachteil ist ferner der äußerst scharfe und intensive Geschmack des 
Allegans, der zum vermehrten Speicheln und selbst zum Erbrechen Veran¬ 
lassung gibt. Die Verabreichung des Allegans erfolgt nur in Kapselform. 
Für die Verwendung des Allegans bei Katzen ist größte Vorsicht geboten. 

Ein sicheres Urteil über die Brauchbarkeit des Allegans beim Ge¬ 
flügel vermag ich nicht zu fällen. 

Die Wurmkur mit dem Allegan an den beiden Pferden mit der Dosie¬ 
rung 10,0 pro Pferd hat sich als zu schwach erwiesen. 

Gut bewährt hat sich das Allegan mit gleichzeitiger Verabreichung 
der Münchner Spulwurm- bzw. Regenbogen sehen Bandwurmkapseln. 

Die von der Firma Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer da Co. vor¬ 
geschlagene Dosierung von 0,1—0,2 pro kg Körpergewicht hat sich bei 
meinen Versuchen bewährt. Allerdings habe ich bei kleinen Hunden 
einen positiven Erfolg schon bei der Dosierung 0,05 pro kg verzeichnen 
können. In sehr hartnäckigen Fällen war eine höhere Dosierung (bis 
zu 0,4 pro kg) angezeigt. Doch hier ist größte Vorsicht geboten. 

Bei ca. 90 % aller Versuche hat es sich gezeigt, daß nur eine einmalige 
Wurmkur mit Allegan nötig war, um die Tiere von ihren Eingeweide¬ 
würmern zu befreien. 

AUegan ist also, in Dosen von 0,05 — 0,2 pro kg Körpergewicht gegeben, 
ein vorzügliches Anthelminticum gegen Ascariden, Taenien, Oxyuren 
und Anchylostomen-, es ist stets gleichzeitig ein gutes Abführmittel zu geben. 



Zar Morphologie des Limgenseucheerregers. 

II. Mitteilung. 

Von 

Geh. Rat Prof. Dr. P. Frosch, 

(Eingegangen am 16. Februar 1923.) 

In meiner ersten Veröffentlichung (s. S. 41 ff. dieses Bandes) habe ich 
die Auflösung der Kolonien des Lungenseuchenerregers in runde, ovale 
bzw. polygonale Elementarkörperchen beschrieben. Ich hatte dabei 
ausgeführt, daß nur diese Befunde einen Führer abgeben können für 
alles das, was sich in flüssigen Kulturen mikrophotographisch darstellen 
läßt. Die Frage nach der Natur dieser Elementarkörperchen hatte ich 
noch offen lassen müssen. 

Bei der Ausdehnung meiner Untersuchungen nunmehr auch auf 
flüssige Kulturen bin ich von der durch Dahmen festgestellten Tatsache 
(Arch. f. Tierheilkunde 49, Heft 1—3) ausgegangen, daß sich der Erreger 
durch scharfes Zentrifugieren zum größten Teil, wenn nicht vollständig 
ausschleudem, und durch Zusatz von Traubenzucker das Wachstum 
sich erheblich steigern läßt. Damit war die Möglichkeit gegeben, den 
Erreger in flüssigen Kulturen in konzentrierter Form zur Untersuchung 
zu bringen und die Schwierigkeiten zu überwinden, die ich hinsichtlich 
des Gehalts der flüssigen Kulturen an Keimen (vgl. meine frühere Arbeit 
Bd. 49, H. 1/3) erörtert habe. Zweifellos werden sich in einem der¬ 
artigen Sediment auch noch andere Bestandteile — Wattefasem, 
Ger innung sprodukte usw. — in wechselnder Menge finden, aber es war 
nun leicht, unter diesen Bestandteilen die vom Studium der festen 
Kolonien bekannten Elementarkörperchen aufzufinden. Außerdem ging 
aber mein Bestreben darauf hinaus, etwa vorhandene Details in diesen 
Elementarkörperchen festzustellen. Beigefügte Abbildungen veranschau¬ 
lichen die Formen, die ich im Sediment flüssiger Kulturen verschiedenen 
Alters und verschiedener Nährstoffzusammensetzung gefunden habe. 
Sie ermöglichen es auch, über die Natur dieser Gebilde ganz bestimmte 
Vorstellung, d. h. Aufschluß zu gewinnen, welcher Klasse von Lebewesen 
sie zuzurechnen sind. 

Die photographischen Aufnahmen meines ersten Berichtes habe 
ich in der Voraussetzung, daß es sich um allerkleinste Gebilde handeln 
würde, fast durchweg mit vollster Ausnutzung der Apertur, also mit 
geringster Abblendung des Kondensors gemacht. Da diese Voraus- 



274 


P. Frosch: 


Setzung nicht mehr zutrai, konnte ich nunmehr untersuchen, wie 
weit stufenweise Abblendung, verbunden mit Wechsel der Einschluß- 
flÜBsigkeiten eine besondere Struktur in diesen Elementarkörperchen 
sichtbar machen würde. Hierbei hat sich, wie die Abbildungen zeigen, 
ergeben, daß die Elementarkörper in flüssigen Nährböden in ver¬ 
schiedener Gestalt und Größe auftreten, wie es übrigens auch bei den 
Kolonien der Fall ist. Die Gestalt ist rundlich, oval bzw. polygonal. 
Nach der Inhaltdifferenzierung lassen sich unterscheiden, kleine 
deutlich ringförmige Gebilde, ferner größere doppeltkonturierte 
Formen und Scheiben, anscheinend mit einer zentralen Delle, endlich 
vollkommen homogene Scheiben. Unter den doppelt konturierten finden 
sich häufig solche, die deutlich ein zentrales punktförmiges Innen¬ 
körperchen erkennen lassen. Auf manchen, hier nicht beigefügten 
Aufnahmen liegen diesen Innenkörperchen entsprechende feinste Pünkt¬ 
chen frei im Gesichtsfeld. Im allgemeinen zeigen alle diese Formen große 
Ähnlichkeit mit Conidien von Fadenpilzen, noch mehr aber mit Hefezellen. 
Und dieser Eindruck wird verstärkt durch den Befund von Gebilden, die 
durchaus an Vermehrung durch Knospung erinnern (Abb. 3,5,6,7). Auch 
die Anordnung dieser Gebilde unterstützt den Eindruck, daß es sich um 
Sproßpilze handelt. Abb. 2—4 tragen durchaus das Gepräge von Spro߬ 
verbänden. Die Ähnlichkeit ist besonders groß bei Vergleich mit ent¬ 
sprechenden Präparaten einer bekannten Sproßpilzart, des Erregers des 
Pseudorotzes — Saccharomyces farciminosus. Wiederholt habe ich neben 
diesen Elementarkörperchen, die durchaus-in Parallele gesetzt werden 
können, zu den entsprechenden aus festen Kolonien, besonders in 
älteren Kulturen auch feine Fäden gefunden, anscheinend auch mit 
Verzweigungen (Abb. 8 u. 9). Es könnte sich hierbei um ein Mycel 
handeln. Indessen habe ich den direkten Zusammenhang der Elementar¬ 
körperchen mit diesen Fäden photographisch mit voller Sicherheit 
nicht gefunden. Abb. 7 scheint auch noch für eine andere Art 
der Entstehung dieser Körperchen zu sprechen, die wiederum an die 
Conidienbildung bei Fadenpilzen erinnert. Das Auftreten von Mycel 
würde an sich nicht gegen die Sproßpilznatur dieser Körperchen sprechen 1 ). 
Sproßpilze können in älteren Kulturen Mycel bilden. Im besonderen 
tut das auch der vorerwähnte Saccharomyces farciminosus. Herr Prof. 
Lührs hatte die Freundlichkeit, mir eine flüssige Kultur dieses Sacch. 
farc. zur Verfügung zu stellen, in der auf der Oberfläche die bekannten 
Hefezellen, in der Tiefe dagegen ausgesprochenes Mycel sich reichlich 
findet. Auch Aufnahmen, die s. Z. Zettnow von Kulturen*) dieses Er¬ 
regers auf festen Nährböden hergestellt hat, zeigen ein solches Mycel. 

*) Mycelhefen, cf. P. Lindner, Atlas d. mikr. Grundlage d. G. V. Berlin 1910. 

*) Sie waren ihm seiner Zeit von Herrn Prof. Bierbaum aus Pojeziory zu¬ 
geschickt worden. 



Zur Morphologie des Lungenseucheerregers. 275 

Derartige feine Fäden habe ich allerdings in den Kolonien, also auf 
festen Nährböden, nicht finden können. 

Wie schon in meinem ersten Bericht ausgeführt, lassen sich die 
Elementarkörperchen der festen Kolonien sowohl unmittelbar mikro¬ 
skopisch beobachten, wie auch photographisch darstellen. Das trifft 
beides nun auch für die im Sediment der Kulturen enthaltenen Gebilde 
zu. Also auch hier handelt es sich nicht um ein eigentliches ultra- 
viaibles Virus. Doch ist die Überlegenheit des ultraphotographischen 
Apparates in der Auflösung sehr bedeutend. 

Bei der unmittelbar mikroskopischen Betrachtung läßt sich wohl leb¬ 
hafte Molekularbewegung der Elementarkörperchen, aber auch nicht die ge¬ 
ringste echte Eigenbewegung feststellen. Auch der von Dr. Dahmen in der 
nachfolgenden Arbeit S. 285 beschriebene Versuch der Züchtung in Gä- 
rungskölbchen spricht gegen dasVorhandensein echter Beweglichkeit. Man 
wird sich also vorstellen dürfen, daß der Erreger in flüssigen Kulturen teils 
einzeln, mehr aber noch in kleineren oder größeren Verbänden, Abbildung 
Nr. 2, 5,6, wächst, die sich nach und nach zu Boden setzen. Unter weiterer 
Berücksichtigung der früher erwähnten (1. c.) eigentümlichen Festigkeit der 
Kolonien, ihrer starken Kohärenz am Nährboden, die sie mit pathogenen 
Hefearten teilen, möchte ich den Erreger der Lungenseuche demnach zu den 
Sproßpilzen rechnen und ihn, nach dem Vorschläge meines Kollegen Prof. 
K. Neumann, „Mioromyces peripneumoniae bovis contag.“ benennen. 

Welcher Art die von Dujardin-Beaumetz, Bordet u. a. (1. c.) beschrie¬ 
benen Gebilde sind, ob und wie weit sie mit den von mir erhobenen Befunde 
vielleicht übereinstimmen, läßt sich, worauf Herr Prof. A. Köhler- Jena 
die Freundlichkeit hatte, mich aufmerksam zu machen, angesichts der 
durchaus verschiedenen optischen Bedingungen bei der Wiedergabe, 
kaum vermuten, geschweige denn sicher feststellen. Dunkelfeldaufnah¬ 
men von Kolonien zeigten mir nur bei genauester Zentrierung des Lichtes 
und horizontaler Objektebene lediglich feine runde Scheibchen, die aber 
schon deswegen nicht mit den, von Dujardin-Beaumetz in flüssigen 
Kulturen mit dem Dunkelfeld gefundenen Körpern (l.c.) identifiziert 
werden können, weil das Dunkelfeld überhaupt alle punktförmigen 
Körper unterhalb einer gewissen Größe als runde oder ovale Scheiben, 
— je nach der mehr oder weniger horizontalen oder schrägen Lage des 
Objektträgers — abbildet, über deren Größe sich nichts aüssagen läßt. 
Andererseits sind die von Bordet (1. c.) abgebildeten Ringformen erheb¬ 
lich größer als die meinigen. Bei den übrigen von diesen Autoren ab¬ 
gebildeten fadenförmigen, keulenförmigen, spirillenähnlichen u. s. w. zum 
Teil auch verzweigten Gebilden, die alle ebenfalls erheblich viel größer sind, 
wird immer fraglich bleiben müssen, wie weit sie Bestandteile des, durch 
den Lungenseucheerreger veränderten Nährbodens sind. Denn die Zu¬ 
sammensetzung dieses BordetechenNährbodens und die Art des Wachstums 



276 P. Frosch: 

des Erregers in ihm, nicht auf ihm, macht es unvermeidlich, daß bei der Her¬ 
stellung von Präparaten, Nährbodenbestandteile, darunter die Beste von 
Blutkörperchen (beides z. T. verändert), in das Präparat mit übergehen. 

Daß tatsächlich der Nährboden durch den Erreger verändert wird, 
habe ich unmittelbar beobachtet an Doppelmesserquerschnitten von 
Kolonien, die eingebettet waren teils in physiologischer Kochsalzlösung, 
teils aber — in der Absicht, eine Entwicklung der Kolonieelemente zu 
studieren —in Serumbouillon selbst. Schon nach 1—2 Tagen treten in 
diesen Präparaten sehr merkwürdige Gebilde auf, die an Größe die 
eigentlichen Elementarkörperchen wie auch selbst die Kolonien weit 
übertreffen. Meist von ringförmiger, zylinderischer, bläschenförmiger 
oder ganz abenteuerlicher Gestalt (Abb. 11) lagen sie ganz regelmäßig 
an der Unterseite des Schnittes, aber ausschließlich dort wo Kolonien 
saßen, nur unter diesen, sonst nirgends. Eine Veränderung der Kolonie 
trat dabei weder nach Form oder Größe ein, auch die Elementarkör¬ 
perchen blieben unverändert, dagegen schien sich der Nährbodenstreif 
aufzuhellen. Im weiteren Verlauf flössen diese Gebilde zusammen und 
bildeten schließlich größere schollige Massen, die eine bestimmte Struktur 
nicht mehr erkennen ließen. Die anfänglichen Formen erinnerten lebhaft 
an die Myelinquellung des frischen Nervengewebes in Kochsalzlösung. 
Mit dem vermehrten Auftreten dieser Formen, die schnell sehr zahlreich 
werden, war eine deutliche Veränderung des Nährbodens verbunden; 
erkenntlich bei der Dunkelfeldbetrachtung, die sich hierfür gut eignet 
an der zunehmenden Zahl derMikronen. Ich hatte aus diesen oft be¬ 
obachteten Vorgängen durchaus den Eindruck, daß der Lungenseuchen¬ 
erreger lebend, wie er hierbei vorlag, ein Enzym absondert, das zersetzend 
auf die Bestandteile des Nährbodens bzw. der Nährflüssigkeit einwirkt. 

Die aus dem Studium der Kolonien und des Bodensatzes flüssiger 
Kulturen gewonnene Kenntnis von dem Formenkreis des Lungen¬ 
seuchenerregers hat mich auch in die Lage gesetzt, ganz gleiche. Gebilde 
in dem, Langensafl eines frisch an Lungenseuche erkrankten und getöteten 
Rindes nachzuweisen. Auch dieses Material ist ohne Fixierung oder 
Färbung unmittelbar in natürlicher Beschaffenheit mit dem Köfder- 
schen Apparat auf genommen. (Abb. 10 au. b.) Die hier wiedergegebenen 
Gebilde waren sehr reichlich vorhanden. Damit stimmt gut überein, 
daß Dahmen aus dem gleichen Material die unmittelbare Kultur des Er¬ 
regers auf festen Nährböden, in Form von ganz typischen, gut ent¬ 
wickelten Kolonien gelungen ist. 

Beschreibung der Abbildungen. 

V orbemerkung. 

Die Aufnahmen sind sämtlich mit dem A. Köhler sehen Apparat gemacht (Cad¬ 
miumelektrode / = 0,275 1", Immersion, Apert. 1,25). Das Material war unfixiert 
und ungefärbt, im natürlichen Zustande, nur die Einbettungsflüssigkeit wechselte. 




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Abb. 8; 












Zur Morphologie des Lungenseucheerregers. 


281 


Mit Normalbouillon ist die ursprüngliche Serum-Martinpepton-Bouillon be¬ 
zeichnet. Die Aufnahmen sind gemacht auf Graphoeplatten der Firma Berolina 
(Pankow). Diese schon von Kruis (l.c.) empfohlene Platte hat sich auch mir als 
feinkörnige, kontrastreiche, fehlerfreie Platte bestens bewährt. 

Vielfach wird sich auch bei diesen Aufnahmen Lupenbetrachtung empfehlen. 

Abb. 1. Nr. 493. Okular 14, Kondensorblende 6, Vergrößerung 2480. 

Abgesprengtes Stück einer 8 tägigen Kolonie auf Serumagar. 

Die Elementarkörperchen der Kolonie sind nach Randbegrenzung und Inhalt 
aufgelöst. Die Form ist verschieden, rund, oval oder unregelmäßig polygonal. 
Die Größe wechselt von allerkleinstem bis größeren Gebilden. Zwischen den Kör¬ 
perchen zahlreich allerfeinste punktförmige Elemente. 

Abb. 2. Nr. 469. Kondensorblende 5, Ok. 7, Vergrößerung 1220. 

Sproßverband aus 21 tägiger Kultur in Normalbouillon bei schwacher Ver¬ 
größerung. um die Anordnung des Ganzen zu zeigen. Mit der Lupe erkennt man 
die Elementarkörperchen, bei einzelnen, die in der Ebene der schärfsten Ein¬ 
stellung liegen, die doppelte Konturierung. 

Abb. 3 Nr. 424. Okular 20, Kondensorblende 7/6, Vergrößerung 3600. 

Sproßverband aus 5 Tage alter BouillonkuUur und 3 % Traubenzucker. 

Auflösung der Elementarkörperchen in umrandete Formen, wie auch Grup¬ 
pierung zu Ketten-, Ring- und Haufenformen. Es ist die Wirkung der Einstellung, 
die nur in einer Ebene scharf sein kann, daß die Mehrzahl der Formen helles Zen¬ 
trum und dunklen Rand zeigen, einige jedoch umgekehrt dunkles Zentrum und 
hellen Rand besitzen. 

Abb. 4. Nr. 426. Okular 20, Kondensorblende 6/5, Vergrößerung 3600. 

Größerer Sproßverband aus 5 tägiger Traubenzuckerbouillon zeigt dieselben 
Verhältnisse wie Nr. 424. 

Abb. 5. Nr. 417. Okular 20, Blende 7/6, Vergrößerung 3600. 

Material aus 5 tägiger Normalbouillon. 

Kleiner Sproßverband mit deutlich dunkelrandigen, kleineren und größeren 
Scheibchen, einige mit zentralen Innenkörperchen und seitlichen Sprossen. 
In der rechten unteren Ecke vereinzelte Gebilde derselben Art. Eben diese Auf¬ 
nahme hat die größte Ähnlichkeit mit den bekannten photographischen Wiedergaben 
des Saccharomyces farciminosus. 

Abb. 6. Nr. 482 a und b. Okular 10, Kondensorblende 6, Vergrößerung 1760. 

Material aus 16 Tage alter Serumbouillonkultur , die nicht mit Martin-Pepton, 
sondern mit gewöhnlicher RindfleischbouiUon hergestellt war unter Zusatz von 0,5% 
Traubenzucker. 

Zweimalige Aufnahme derselben Stelle unter geringer Verschiebung und 
Einstellungsdifferenz von etwa 1 /*. 

a) Zusammenhängender Verband von größeren und kleineren Elementen, 
di© zum Teil doppelt konturiert sind und auch Innenkörperchen zeigen (am unteren 
Ende des Verbandes). 

b) Die in Nr. a) nur als Flecke sichtbaren, freiliegenden Gebilde treten hier 
(bei tiefer Einstellung) als deutlich ringförmige Körper hervor, stellenweise von 
äußerster Kleinheit. An ihnen, wie auch im Verband selbst, mehrfach Sprossen 
bemerkbar; beachtenswert auch der Sproß verband am äußersten oberen Rande 
des Bildes. 

Abb. 7. Nr. 479. Okular 10, Blende 6, Vergrößerung 1760fach. 

Material aus 5 tägiger Normalbouillon. 

Scholliges Gebilde, das am rechten unteren Rande die Zusammensetzung 
bzw. Auflösung in größere und kleinere doppelt konturierte Elementarkörperchen 
deutlich erkennen läßt. Vereinzelte freiliegend. Bemerkenswert am unteren Rande 



282 


P. Frosch: Zur Morphologie des Lungenseucheerregers. 


eine kolbenförmige Hervorragung, deren Ende, Segmentierung und Abschnürung 
von Elementarkörperchen anzudeuten scheint; nicht weit davon freiliegend ein 
größeres Körperchen mit kleinem Sproß. Am linken Rande unten eine mehr 
dreieckige dunkle Form mit ebensolcher Abschnürung. Auf einer zweiten hier 
nicht wiedergegebenen Aufnahme tieferer Einstellung trägt dieses Gebilde noch 
eine zweite Abschnürung, die hier nur als heller Fleck erkennbar ist. 

Abb. 8. Nr. 487. Okular 10, Kondensorblende 5, Vergrößerung 1760fach« 

Material aus 16 tägiger Rindfleischbouillon mit Serum und 0,5% Traubenzucker . 

Sichtbar sind die Elementarkörperchen mit der vorhergehend beschriebenen 
Differenzierung in verschiedener Größe und hinsichtlich der Durchsichtigkeit in. 
verschiedenen Abstufungen. Daneben aber auch längere gerade und wellig 
verlaufende feine Fäden, die stellenweise (oben) Verzweigung vermuten lassen. 
Da es sich, wie bei allen dieser Aufnahmen, nicht um angetrocknetes in einer Ebene 
liegendes, sondern frei in der Flüssigkeit zwischen Objektträger und Deckglas 
schwebendes Material handelt, können nicht alle Fäden gleich scharf wieder¬ 
gegeben werden. Auch in diesem Photogramm machen wie in Nr. 6 u. 9 die dunklen 
Elementarkörperchen teilweise den Eindruck von Konidien« 

Abb. 9. Nr. 489. Okular 10, Kondensorblende 0, Vergrößerung 1760fach. 

Dasselbe Material wie in Nr. 487 . 

Neben vielen freiliegenden kleineren, hellen, scharf ringförmigen Körperchen 
auch hier die dunkeln Formen — am unteren Rande in Gruppe — dazwischen 
Fäden, die nach der linken oberen Ecke bündelförmig zu verlaufen scheinen« 

Abb. 10 a. Nr. 505. Kondensorblende 6, Ok. 7, Vergrößerung 1220. 

Material Lungensaft aus frisch erkrankten und getötetem Rind. 

Mehrere Aufnahmen dieses Materials zeigten gleichmäßig-zahlreiche Körperchen 
von der in Kulturen festgestellten Form und Größe. 

Das vorliegende Photogramm zeigt besonders schön eine Gruppe von acht 
Exemplaren, genau über dem Leukocyten, etwa *f A cm entfernt. Einige von ihnen 
mit zentralen Innenkörperchen. Aber auch neben und unter dem Leukocyten 
lassen sich unschwer ähnliche Formen erkennen. 

Abb. 10 b. Dieselbe Aufnahme in doppelter Größe reproduziert. 

Abb. 11. Nr. 342. Dunkelfeld: Card. cond. Glyc. imm. V. Okul. 12, Verg. 1068. 

DojypdmesserschniU einer Kolonie auf Agar . 

In der rechten oberen Ecke ist noch ein Stück des Agarstreifens sichtbar, 
die Kolonie dagegen nicht mehr. Von dem unteren Rande des Agars erstrecken 
sich nach der Mitte des Bildes merkwürdige Ring- und Walzenformen in ver¬ 
schiedener Größe und Anordnung. Die längsten und feinsten dieser Walzen- bzw. 
Fadenformen lassen sich nicht photographieren, da sie beständig lebhaft flottieren, 
auch wohl plötzlich abreißen und wegschwimmen. Zahlreiche, über der Einstall¬ 
ebene liegende, molekularbewegliche Mikronen verdecken diese Gebilde und beein¬ 
trächtigen ihre scharfe Wiedergabe. 



(Aua dem hygienischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin [Direktor: 

Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Frosch].) 

Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 

n. Mitteilung. 

Von 

Dr. Hans Dahmen, 

wissenschaftlichem Hilfsarbeiter. 

(Eingegangen am 26. Februar 1923.) 

In meinen ersten Ausführungen (s. Bd. 49, Heft 1/3) habe ich dar¬ 
getan, daß bei der Züchtung des Lungenseucheerregers das Serum der 
Hauptträger des Wachstums sei. 

Die Züchtung zeigte jedoch bei festen Kulturen, die mit Serum 
beschickt waren, nur in dem oberen Drittel der Agaroberfläche ein 
Angehen der Kolonien. 

Die Ausbeute solcher Kulturen für die Antigenbereitung war in¬ 
folgedessen gering. Um ein besseres Ausnützen der Agarmasse zu er¬ 
zielen, habe ich folgende Versuche gemacht: 

1. Die zur Züchtung benutzten Reagensgläser (16/160 mm) wurden 
etwa 3 cm unterhalb des oberen Endes in der Gebläseflamme erhitzt 
und durch leichtes Aufdrücken auf eine schmale Kante eingekerbt. 
In die so vorbereiteten Röhrchen wurde soviel Agar eingefüllt, daß 
der Agar bei flachem Liegen der Röhrchen bis an die Kerbe heran¬ 
reichte. Dadurch wurde eine gleichmäßig dicke Schicht Agar erzeugt. 
Das Kondenswasser wurde, wie bei den früheren Versuchen durch 
einen zweitägigen Aufenthalt im Brutschränke verdunstet. Darnach 
wurde auf die Oberfläche des Agars steriles Serum gebracht und die 
Röhrchen horizontal in den Brutschrank gelegt. Bei dieser Versuchs¬ 
anordnung trocknete das Serum gleichmäßig auf der gesamten Agar¬ 
oberfläche ein. 

Die Beschickung der Röhrchen mit Lungenseucheerregem erfolgt 
mit der Öse oder mit der Capillare. 

Die Kolonien traten am 3. bis 5. Tage nach der Beimpfung gleich¬ 
mäßig auf der gesamten Agaroberfläche auf. 

2. Bei meinen früheren Versuchen (1. c.) bildete das Serum bei 
Schrägagar im oberen Drittel der Agaroberfläche eine Adhäsionskuppe. 
Das Serum trocknet verhältnismäßig schnell ein. Es läßt sich aber 



284 


H. Dahmen; 


immer ein Zeitpunkt abpassen, wo das Serum zwar im oberen Drittel 
eingedickt, aber noch nicht vollends eingetrocknet ist. Dieses einge¬ 
dickte, syrupartige Serum läßt sich mit der Öse leicht auf der ge¬ 
samten Agaroberfläche verteilen. Die Neigung abzufließen, besteht 
dann nicht mehr. Auf diese Weise läßt sich eine gleichmäßig dünne 
Serumdecke auf der Agaroberfläche erzielen. 

Bei diesem so vorbereiteten Nährboden erhält man sowohl bei der 
Impfung mit der Capillare wie auch mit der Öse ein gleichmäßiges 
Aufgehen der Kolonien über die gesamte Nährbodenoberfläche. 

Mit diesen beiden Modifikationen der Nährbodenzubereitung wird 
ein wesentlich größerer Raum und eine bessere Ausnutzung des Ma¬ 
terials sowie eine erheblich größere Ausbeute für die Antigenbereitung 
gewonnen. 

Bei der früheren geringen Aussaatfläche (etwa 1—2 qcm) konnte 
bei der direkten Züchtung des Erregers aus kranken Lungen nur selten 
eine erfolgreiche Isolierung der Keime von anderen bakteriellen Bei¬ 
mengungen erzielt werden. Diese Beimengungen überwucherten meist 
den Lungenseucheerreger binnen wenigen Tagen, ehe dieser selbst 
recht zum Wachstum kam. 

Auf den Nährböden, die nach der obigen Beschreibung zubereitet 
sind, wird auch dieser Übelstand vermieden. Bei meinen Züchtungs¬ 
versuchen gelang es mir, direkt aus der Lymphe erkrankter Lungen 
3—4 Tage nach der Beimpfung schon makroskopisch sichtbare Kolo¬ 
nien zu erhalten, die bei Betrachtung mit lOOfacher Vergrößerung das 
typische Bild der Lungenseuchekolonie zeigten. 

Auftretende Verunreinigungen durch andere bakterielle Beimen¬ 
gungen stören bei der erweiterten Beimpfungsfläche kaum. Selbst bei 
dichter Lagerung dieser Verunreinigung lassen sich bei einiger Übung 
einzelne Lungenseuchekolonien, die zwischen diesen hegen, mit Leichtig¬ 
keit auf frische Nährböden übertragen. 

Die kulturelle Diagnose und die Reinzüchtung des Lungenseuche¬ 
erregers kann also nach der Robert Koch sehen Methode mittels fester 
Nährböden innerhalb 3—5 Tage ohne große Schwierigkeit erzielt 
werden. Die umständliche und oft versagende Filtration des Lungenseuche¬ 
materials kann demnach umgangen werden. Schon Poppe (Arb. d. R.G.A. 
45, S. 238) schreibt, daß die Trübungen bzw. die Opalescenz der flüs¬ 
sigen Kulturen nicht immer maßgebend sei. Vor allen Dingen be¬ 
wirkten schon gebrauchte Filterkerzen häufig in der Martinachen 
Bouillon eine täuschende Trübung. Er verlangt aus diesem Grunde, 
daß zu jeder Neuzüchtung eine neue Filterkerze benutzt werden müsse. 
Bei den heutigen Preisen der Kerzen würde dies in Deutschland selbst 
für einen großen Forschungsfonds eine kaum tragbare Ausgabe sein. 
Aber auch mit neuen Filterkerzen trüben manche Filtrate nach, ohne 



Beitrag zum Stadium der Lungenseache des Rindviehs. 


285 


daß das filtrierte Material von einer lungenseuchekranken Lunge stammt 
(cf. Bd. 49, S. 55). Bort habe ich gezeigt, daß nach Anreicherung des 
Erregers im Filtrat (2—3 Tage Aufenthalt im Brutschrank) die Identität 
durch die Überimpfung auf feste Nährböden leicht zu stellen ist. 

Nach meinen obigen Ausführungen kann der Weg über die Filter¬ 
kerze erspart werden und schon nach 3—4 Tagen der sichere Nachweis 
des Erregers durch die Kultur auf festem Nährboden erbracht werden. 

Kulturelle Eigentümlichkeiten. 

In meiner früheren Arbeit (1. c.) habe ich durch die Titration mit 
Nitrophenol dargetan, daß der Erreger auf einem zuckerhaltigen Nähr¬ 
boden stark Säure bildet. Ich habe diese Säurebildung auch leicht durch 
andere Säureindicatoren nachweisen können (z. B. Lackmuslösung). 

Eine andere Frage, ob durch den Erreger bei der Säurebildung in 
zuckerhaltigen Nährböden sich auch Gas entwickle, wurde zunächst 
mit Traubenzuckerserumbouillon zu lösen versucht. Über andere Ver¬ 
suche in dieser Richtung werde ich in Bälde berichten können. Bei 
Traubenzuckerserumbouillon konnte festgestellt werden, daß kein Gas 
gebildet wurde. 

Bei diesen Züchtungsversuchen in U-förmigen Gährungskölbchen 
trat aber eine andere Eigentümlichkeit des Erregers zutage. Die Nähr¬ 
flüssigkeit wurde nicht in beiden Schenkeln getrübt. Die Trübung 
reichte nur wenig über die Knickung in den geschlossenen Schenkel 
hinauf. Beugte ich den geschlossenen Schenkel, so floß diese trübe 
Schicht zusammenhängend den geneigten Schenkel hinab. Bei dem 
Wiederaufrichten des Kölbchens sank diese trübe Welle wieder in ihre 
alte Lage zurück. Die in Traubenzuckerserumbouillon gewachsene Kul¬ 
tur ist demnach spezifisch schwerer als die reine Traubenzuckerserum¬ 
bouillon. 

Setzt man solche Gährungskölbchen mit neutraler Lackmuslösung, 
die gerade die Farbe der Lösung in der Nährflüssigkeit erkennen läßt, 
an, so zeigt sich auch hierbei das gleiche Bild wie oben: soweit der Erreger 
in die Flüssigkeit hineingewachsen ist, rötet sich die Lackmuslösung. 

Herr Geheimrat Frosch und ich schließen aus diesem eigentümlichen 
Zonenwachstum und der größeren spezifischen Schwere der gewachsenen 
Zone, daß der Erreger der Lungenseuche unbeweglich sein müsse. 

Beobachtet man nun ein Gährungskölbchen mit Traubenzucker¬ 
serumbouillon, die Lackmuslösung enthält, aber noch nicht beimpft 
ist, so entfärbt Bich die Lackmuslösung in dem oberen Teile des ge¬ 
schlossenen Schenkels. Gleiche Kölbchen, die mit Traubenzucker¬ 
bouillon ohne Serum beschickt wurden, zeigten dieses eigentümliche 
Verhalten nicht. Dieses Verhalten der Serumbouillon zeigt, daß das 
Serum Sauerstoff zu absorbieren vermag. Die gleiche Entfärbung tritt 



286 


H. Dahmen: 


auoh bei beimpften Kölbchen ein. Schüttelt man nun das bewachsene 
(Lackmusrot) Kölbchen und das unbeimpfte (Lackmusblau) Kölbchen 
so, daß Luft in den geschlossenen Schenkel gelangt, so rötet bzw. bläut 
sich nach einigem Verteilen der Luftblasen durch Schütteln die ganze 
Nährflüssigkeit. 

Zusammen mit dem oben beschriebenen Zonenwachstum zeigt diese 
Wiederherstellung der Lackmusfarbe durch Luft, daß der Lungen- 
8eucheerreger ein obligater Aerobier ist. Versuche mit erhöhter Sauer¬ 
stoffspannung in und über dem Nährboden, über die ich noch eingehend 
berichten werde, zeigen, daß vermehrter Sauerstoff das Gedeihen der 
Kulturen günstig beeinflußt. 

Die tägliche Beobachtung derartiger mit dem Erreger beschickter 
Gähnmgskölbchen ließ ein dauernd fortschreitendes Wachstum in die 
Richtung des geschlossenen Schenkels und in diesen Schenkel hinein 
erkennen. Die Wachstumszone stieg aber nie den geschlossenen Schenkel 
ganz hinauf, sondern machte etwas 2—3 cm über der Biegung halt. 

Das Serum absorbiert also zunächst den Sauerstoff in der Nähr¬ 
flüssigkeit. Darauf aber dringt der Sauerstoff der Luft wieder in das 
Nährsubstrat hinein. Das Wachstum erfolgt gleichzeitig und gleich¬ 
mäßig mit dem Hineindringen des Sauerstoffs. Auch durch diese Er¬ 
scheinung wird das Sauerstoffbedürfnis des Erregers bewiesen. 

Serologisches ( Agglutination ). 

Seelemann (Inaug. Dies. Berlin 1921) hatte mit einer Martinbouillon¬ 
kultur und Serum von lungenseuchekranken Rindern Agglutinations¬ 
erscheinungen feststellen können. 

Die Methode Seelemanns hat ihre Schwierigkeit darin, daß durch 
das notwendige Verweilen der mit Kultur beschickten Seren im Brut¬ 
schränke leicht Verunreinigungen bakterieller Natur unterlaufen können, 
die bei dem nachherigen Zentrifugieren störend wirken. Denn es ist 
bei Massenuntersuchungen nicht immer möglich, so zu arbeiten, daß 
sämtliche Proben steril bleiben. 

Die von mir gefundene Tatsache (1. c.), daß Kolonien auf 3proz. 
Agar abgeschwemmt und die Abschwemmung zur Konservierung ohne 
Nachteile für das Antigen mit Carbolsäure versetzt werden kamt, ge¬ 
stattet eine solche Aufschwemmung zum Agglutinationsversuche zu 
verwenden. Die Versuche benötigen aber eine große Anzahl von festen 
Kulturen und bedingen dadurch bei zahlreichen Proben eine starke 
Belastung an Zeit und Kosten. 

Durch meine Zentrifugierungsversuche (1. c.) konnte ich feststellen, 
daß die Erreger abgeschleudert werden können. Eine Aufschwemmung 
dieses Zentrifugats kann ebenfalls konserviert als Testflüssigkeit in 
Frage kommen. 



Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. 


287 


Die Versuche, die ich mit diesen beiden Testflüssigkeiten gemacht 
habe, gaben in dem einen oder anderen Fall ein Bild, das als Aggluti¬ 
nation hätte gedeutet werden können. Betrachtet man aber die Photo¬ 
gramme, die Herr Geheimrat Frosch mit derartigen Zentrifugaten 
erzielte, so kann von einer Agglutination nicht mehr gesprochen werden, 
da die Erreger an sich schon Häufchen- und Sproßverbände bilden 
(vgl. die vorstehende Arbeit). Es könnte zwar noch daran gedacht 
werden, daß diese Häufchen durch die Einwirkung des Serums unter 
sich verkleben und dadurch sich dem Auge als Agglutination darbieten 
würden. Ich bin aber auf dem Umwege über die flüssige Kultur zu 
einer anderen Auffassung gelangt: 

Die 3proz. und die 0,5proz. Traubenzuckerserumbouillonkultur 
zeigen nach wenigen Tagen eine deutliche Trübung. Die Vermehrung 
der Erreger in diesen Nährflüssigkeiten ist besonders günstig, wie ich 
dies durch Zählversuche auf festen Nährböden bewiesen habe. 

Ich habe festgestellt, daß 0,5 ccm dieser Kulturen eine Trübung 
in 0,5 ccm Kochsalzlösung bewirkte, genügend, um den Effekt der 
Klärung durch Agglutination leicht beobachten zu können. Darauf 
habe ich von Seren gesunder und kranker Binder staffelweise Ver¬ 
dünnungen von 1:10, 1:20, 1: 30, 1:40, 1: 60, 1: 60, 1:80, 
1:100, 1:120, 1:160, 1:200, 1:240, 1:320, 1:400 und 1:500 
angesetzt. Zu je 0,5 ccm dieser Verdünnungen wurde 0,5 ccm einer 
0,5proz. oder 3proz. Traubenzuckerserumbouillonkultur zugesetzt 
und die Proben in den Brutschrank gebracht. Das gleiche wurde 
mit Aufschwemmungen von reinen Erregern angesetzt. Nach 
3stündigem Aufenthalt im Brutschränke wurden die Röhrchen 
10 Minuten lang zentrifugiert, und der abgeschleuderte Schleier 
betrachtet. Dabei zeigten die Röhrchen, die mit reinen Erregern 
beschickt worden waren, sowohl bei gesunden wie bei kranken 
Tieren einen Schleier, der zu einer Beurteilung nicht geeignet war. 
Auch nach dem Aufschütteln waren Flocken in allen Röhrchen 
festzustellen, wenn auch in den Röhrchen gesunder Tiere die Flocken 
bedeutend kleiner waren, so konnten sie doch mit dem Agglutinoskop 
deutlich festgestellt werden. 

In den Röhrchen, die mit flüssiger Kultur beschickt worden waren, 
hatte sich in den Röhrchen mit Seren von kranken Tieren ein starker 
Schleier abgesetzt, während in den Röhrchen von gesunden Tieren 
sich ein kaum merkliches Häufchen gebildet hatte. Nach dem Auf¬ 
schütteln war ein deutlicher Unterschied zwischen den Röhrchen 
gesunder und kranker Tiere feststellbar. Die Proben blieben daraufhin 
bis zum anderen Tage (etwa 20 Stunden) stehen. Darnach wurde das 
Resultat erneut abgelesen. Veränderungen gegenüber dem Befunde 
vom Vortage waren nicht festzustellen. 



288 H. Dahmen: Beitrag zum Stadium der Langenseache des Rindviehs. 

Die Agglutination mit reinen Erregern hat nach meinen Versuchen 
nicht zu eindeutigen Ergebnissen geführt. Dies ist aber durch die photo¬ 
graphischen Befunde von Herrn Geheimrat Frosch (Häufchenbildung und 
Sproß verbände) hinreichend erklärlich. 

Bei der Traubenzuckerserumbouillon hingegen war ein diagnostisch 
brauchbarer Unterschied feststellbar. Die Flocken in den Röhrchen 
mit positivem Serum waren so bedeutend, daß sie kaum als bloße 
Zusammenballung der Erreger aufgefaßt werden können. Ich habe 
aber nachweisen können, daß durch die eintretende Säuerung des 
Nährbodens die Erreger zerstört werden und das für die Komplement¬ 
ablenkung wirksame Prinzip ans der Lösung fällbar ist. Diese Tatsache 
im Zusammenhang mit der beobachteten Größe der erzielten Flocken 
läßt es fraglich werden, ob es sich bei diesen Versuchen um eine Ag¬ 
glutination handelt. Ich neige der Ansicht zu, daß es eher eine Prä- 
cipitation ist, die vielleicht durch einen Agglutinationsvorgang bei der 
Niederschlagbildung unterstützt wird. 

Zusammenfassung. 

1. Die von Robert Koch inaugurierte Isolierung der Krankheitskeime 
durch feste Nährböden hat auch bei der Lungenseuche ihre diagnostische 
Bedeutung. 

2. Der Erreger der Lungenseuche ist unbeweglich. 

3. Er bildet in Traubenzucker kein Gas. 

4. Er ist stark Sauerstoff bedürftig. 

5. Die Agglutination mit Aufschwemmungen von reinen Lungen¬ 
seucheerregern läßt nicht in allen Fällen eine eindeutige Beurteilung des 
Ergebnisses zu. 

6. Agglutinationsversuche mit flüssigen Kulturen deuten auf einen 
Präcipitationsvorgang hin. 



Mitteilungen aus dem Tierhygienisehen Institut der Universität 
Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 

Von 

Prof. Dr. M. Schlegel. 

(Eingegangen am 17. März 1923.) 

Die Arbeiten des Instituts gliedern sich folgendermaßen: 

Wissenschaftliche Arbeiten. Schlegel publizierte im Arch. f. wiss. 
u. prakt. Tierheilk. 48, H. 1. 1922 seine Untersuchungsergebnisse „Über 
Augentuberkulose bei Haustieren“. Ferner veröffentlichte derselbe in 
der Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1922, Nr. 25 „Multiple polyodontische 
Teratome in zystischer Inklusion beim Fohlen“. Assistent Karl Beck 
hat unter Leitung Schlegels eine Arbeit über „Beiträge zu den Neben¬ 
nierentumoren bei Tieren“ zur Inauguraldissertation zwecks Erlangung 
der veterinärmedizinischen Doktorwürde in Leipzig (Freiburg i. Br.) 
angefertigt. 

Gemäß nachstehender statistischer Übersicht betrug die Gesamtzahl der im 
Jahre 1922 überhaupt ausgeführten Untersuchungen 1691, die sich wie folgt scheiden: 


Fleischproben von 98 Schlachttieren zur Prüfung des Bakteriengehalts (bak¬ 
teriologische Fleischbeschau). 98 

Bakteriologisch-chemische Prüfungen von Nahrungs- und Futtermitteln, 

Blut-, Milch-, Hamproben usw. 52 

Untersuchungsproben tuberkuloseverdächtiger Rinder .752 

Pathologisch-anatomische bzw. bakteriologische Untersuchungen zahlreicher 

Seuchen und sonstiger Krankheitsfälle.547 

Sektionen.242 


1691 

Bakteriologische Fleischbeschau. Es wurde das Fleisch von insgesamt 
98 (96 aus Baden und 2 aus Hohenzollern) Schlachttieren, welche der 
Blutvergiftung verdächtig waren, bakteriologisch geprüft. Den häu¬ 
figsten Anlaß ?ur bakteriologischen Untersuchung gab weitaus die 
Fleischbeschau von alten Kühen. Die Fleischproben rührten nämlich 
von 59 Rindern (48 Kühen, 8 Rindern [Jungrindern] und 3 Ochsen), 
ferner von 7 Kälbern, 3 Schafen, 1 Schwein und 28 Pferden her. Durch 
die bakteriologische Fleischbeschau der eingesandten Proben erwies 
sich das Fleisch von 33 Tierkörpern überhaupt bakterienfrei und von 
46 Schlachttieren als mit vereinzelten Bakterien (ohne Fleischvergifter) 
behaftet. Dahingegen wurden im Fleisch von 19 Schlachttieren zahl- 








290 


M. Schlegel: Mitteilungen aus dem Tierhygienisehen 


reich Bakterien (aber keine Fleischvergifter) infolge eingetretener Fäulnis 
nachgewiesen, die sich vorwiegend im Hochsommer oder nach verspäteter 
Anmeldung zur Beschau oder durch verzögerte Einsendung zur bakterio¬ 
logischen Prüfung einstellten, weshalb das Fleisch dieser Schlachttiere 
gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 18 als untauglich zum Genüsse für Menschen er¬ 
klärt wurde. Mithin konnte auf Grund der bakteriologischen Unter¬ 
suchung das Fleisch von 79 Schlachttieren zum menschlichen Genüsse zu¬ 
gelassen werden, wodurch dem Nationalvermögen der erhebliche Wert 
von 48 Rindern, 7 Kälbern, 1 Schaf und 23 Pferden erhalten wurde, die 
nach früheren Grundsätzen der Fleischbeschau der Vernichtung verfielen. 

Die dem Septikämieverdacht zugrundeliegenden Krankheiten waren in: 

14 Fällen Metritis septica bei Kühen, 24 Fällen Enteritis septica bei 11 Rin¬ 
dern, 3 Kälbern, 7 Pferden, 2 Schafen und 1 Schwein, 14 Fällen Peritonitis sup¬ 
purativa s. ichorrhosa bei 1.3 Rindern und 1 Kalb, 3 Fällen Leberentzündung bei 
je 1 Pferd, Kuh und Schaf, 2 Fällen Pericarditis traumatica bei Kühen, 13 Fällen 
Kolik bei Pferden, 9 Fällen eitrige Bronchopneumonie bei 6 Pferden und 3 Kühen, 

6 Fällen Pyämie mit Abs/ essen in inneren Organen bei 5 Rindern und 1 Kalb, 
2 Fällen Polyarthritis septica bei Kälbern, 1 Fall malignes ödem der Zunge einer 
Kuh, 1 Fall Petechialfieber eines Ochsen, 1 Fall Rhinitis crouposa beim Rind, 
4 Fällen Mastitis septica bei Kühen, 2 Fällen Phlegmone der Hintergliedmaßen 
bei Pferd und Kuh, je 1 Fall Arthritis und Panaritium bei Rindern. 

Malignes Ödem der um das Dreifache vergrößerten Zunge bei einer 

7 jährigen Kuh . Die Kuh zeigte sich am Morgen früh bedrohlich erkrankt 
unter schwerer Atemnot, mächtiger Anschwellung im Kehlgang und 
Entleerung schleimigen Blutes aus der Mundhöhle, weshalb schon am 
gleichen Nachmittag Schlachtung nötig war. 

Die Zunge war um das Dreifache vergrößert, schwarzrot verfärbt, 
serös-blutig durchtränkt und mit kleinsten Gasbläschen durchsetzt, 
sauer riechend. Die Schleimhäute des Pharynx, Larynx und Gaumen¬ 
segels erschienen blaurot serös-sulzig bis wulstig. Hochgradiges ent¬ 
zündliches ödem der Mucosa bedingte Kehlkopfstenose. An den 
Drüsenausführungsgängen der Tonsillen bestanden geschwürige Ne¬ 
krosen und auf der Schleimhaut des Zungengrundes diphtherische 
Beläge. Die Muskulatur der Zunge w ar serös-blutig durchtränkt, schwarz- 
rot, puffig; ferner bestand beiderseits Lungenemphysem. Die übrigen 
Organe samt Muskulatur erschienen unverändert. 

Hakterioxkopisch wurden in den aus Zunge, Schlundkopf und Gaumensegel 
gefertigten Ausstrichpräparaten massenhaft sporulierende Bazillen des malignen 
Odems festgestellt, während Lunge, Leber, Milz und Fleisch sich mikroskopisch 
bakterienfrei erwiesen. Aus 30 kleinsten Fleischteilchen, entnommen aus der 
Tiefe von Fleisch proben und übertragen auf Endo-Agarplatten, entwickelte sich 
Bakterienwaciistum ebensowenig wie aus dem Saft der unveränderten Fleisch- 
lymphknotcr.. (Nach unserer Veröffentlichung wächst binnen 24 Stunden der 
Odembazillus ausgiebig auf Endo-Agarplattcn unter linsen- bis bohnengroßer 
Fleischstückehen, mithin anaerob.) Da die Koch- und Kostprobe günstig ausfielen, 
wurde das Fleisch für menschlichen Genuß zugelassen. 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 


291 


Allgemeine Septikämie infolge Mastitis seplica , Colibacillosis uberis , 
hei einer Kuh . Dieselbe erkrankte tags zuvor rasch unter Mattigkeit 
und Hinfälligkeit, weshalb die Kuh schon am andern Tag in der Agonie 
geschlachtet wurde. Außer 39,4° Temp. bestand hochgradige Herz¬ 
schwäche, so daß infolge allgemeiner Septikämie Verenden bevorstand. 

Das Fleisch war dunkler als normal, aber konsistent, die Leber 
infolge Schwellung um die Hälfte verdickt, lehmgelb, das Euter grau¬ 
braun verfärbt, infolge Schwellung prall gespannt und mit massenhaften 
stecknadelkopfkleinen Blutungen durchsetzt, das Interstitialgewebe 
durch serös-sulzige Infiltration verbreitert, die Acini vorspringend. 

Bakterioskopisch wurden in den aus Euter gefertigten Austrichpräparaten 
massenhaft Kolibazillen, extrazellulär und in Leukozyten phagozytiert, nach¬ 
gewiesen. Aus 28 kleinsten Fleischteilchen von der Tiefe der Fleischproben schoß 
auf Endo-Agarplatten binnen 24 ständiger Bebrütung Bact. coli in roten Kolonien 
zahlreich auf; desgleichen wurde Bact. coli aus dem Euter reingeztichtet. Nach 
dem Kochen schmeckte das Fleisch süßlich-fade. Der Tierkörper wurde gemäß 
§33 Abs. 1 Nr. 7 der BBA. zum RFlGes. dem menschlichen Konsum entzogen. 

Perforativperitonitis kombiniert mit Sarkosporidiosis beim Rind . Das 
\ l [ 2 jährige Rind fraß einige Tage nicht, blähte auf und wurde notgeschlach¬ 
tet. Bei der Schlachtung bestanden Abmagerung und (infolge Gastritis 
traumatica mit Perforation) in der Bauchhöhle mehrere Liter Eiter. 

Die Muksulatur erwies sich wässerig, blaß, welk, stark substantiell 
verändert. Pericarditis adhaesiva führte zu ausgebreiteter sulziger bis 
fibrös-schwartiger Verwachsung zwischen Herzbeutel und Epikard. 
Die Leber erschien dunkelbraunrot, saftreich, das Fett in der Kranz - 
furche und den Nierenkapseln serös-gallertig durchtränkt. 

Bakteriologisch ging aus 30 kleinsten Fleischstückchen von der Tiefe der 
Fleischproben auf Endo-Agarplatte ebensowenig wie aus Substanz der Leber, 
Milz, Niere und Herz Bakterien Wachstum auf. Da das Fleisch aber infolge trüber 
Strichelchen, etwa 1 cm langen und 0,3 mm schmalen Schläuchen sarkosporidien- 
vcrdächtig erschien, wurden aus verschiedenen Stellen der Muskulatur Quetsch - 
Präparate gefertigt, welche zahlreich Kalkkonkremente und noch frische Schläuche 
von Sarcocystis Blanchardi enthielten. Durch die Kochprobe zerfiel das Fleisch 
in seine Faserung und entwickelte einen widerlichen Geruch und Geschmack, 
weshalb der Tierkörper vom menschlichen Genuß ausgeschlossen wurde. 

Bei einem Kalbe mit allgemeiner Pyämie wurde bei der Lebend¬ 
beschau hochgradige Kniegelenksentzündung und Decubitus an der 
linken Kruppe festgestellt. Bei der Beschau fanden sich Abszesse in 
Milz, Niere und der Rückenwirbelsäule. 

Die Muskulatur war, abgesehen von der nekrotisch-blutigen Durch¬ 
setzung der Dekubitusstelle, unverändert. Der kastaniengroße Abszeß 
zwischen 12. Rückenwirbel und der Lunge wies eine dicke fibröse Kapsel 
auf. Desgleichen waren die vielen erbsengroßen Abszesse der Milz und die 
linsenkleinen graugelben Eiterherdchen d6r Niere fibrös abgekapselt, ihr 
Inhalt rahmartig eingedickt. Die übrigen Organe erschienen unverändert. 



292 M. Schlegel: Mitteilungen aus dem Tierhygienischen 

Bakteriologisch wurden in den aus Eiterherden gefertigten nach Oram ge¬ 
färbten Ausstrichpräparaten massenhaft und rein Bac. pyogenes nachgewiesen. 
Fleisch, Leber und Milz erwiesen sich im übrigen sowohl mikroskopisch wie kul¬ 
turell keimfrei, indem weder aus kleinsten Fleischstückchen noch aus Leber¬ 
oder Milzbrei auf Endo-Agarplatte Bakterien Wachstum aufging. Zufolge gün¬ 
stigen Ausfalls der Kochprobe wurde der Tierkörper als minderwertig auf der 
Freibank verkauft. 

Bakteriologisch-chemischc Prüfungen über Seuchenfälle, Nahrungs¬ 
und Futtermittel, Blut-, Milch-, Harnproben usw. wurden im Jahre 1922 
insgesamt 52 ausgeführt. Im besonderen wurde je eine Speck- und 
Fleischprobe infolge zahlreicher Blutungen bzw. zahlreichen Bakterien¬ 
gehalts für verdorben bzw. genußuntauglich befunden. Eine Rollschin- 
kenprobe enthielt keinen Schweineschinken, sondern Rindfleisch. Eine 
Wurst probe, verdächtig auf Pferdefleischgehalt, wies kein Pferdefleisch 
auf. Eine Heuprobe, nach deren Verfütterung Pferde an Lähmung, 
Gastroenteritis und Nephritis tödlich erkrankten, enthielt Herbst¬ 
zeitlosenkapseln mit zahlreichen Samen, die sich auch im Mageninhalt 
der wegen Kolchizinvergiftung verendeten bzw. geschlachteten Pferde 
fanden. Gerstenmehlfutterkuchen und eine Kleienprobe bedingten 
infolge massenhafter Verpilzung mit Mucor corymbifer und rhizopodi- 
formis bzw. mit Aspergillus glaucus Mycosis intestinalis bei einem 
Fohlen und bei Schweinen. Ein durch Beimengung von gemahlenem 
Schwerspat verfälschtes Erbsenschrot verursachte bei Schweinen tödlich 
verlaufene Gastroenteritis. Von 12 untersuchten Blutproben anämie- 
verdächtiger Pferde sprachen bei vier die erhebliche Verminderung 
der Erythrozyten, Anisozytose, Vermehrung der Lymphozyten und der 
polynukleären Leukozyten für das Vorliegen infektiöser Anämie, während 
in 8 Fällen infolge normaler Zusammensetzung der Blutbestandteile in 
den untersuchten Blutproben Anämieverdacht nicht bestätigt werden 
konnte. Zwecks forensischer Beurteilung* wurden die Sputumproben 
von 6 tuberkulöse verdächtigen Rindern bakteriologisch untersucht: 2 mit 
tuberkelbazillenhaltigem Erfolg, 4 mit negativem Ausgang. Wegen 
Währschaft wurden die Milchproben von 11 tuberkuloseverdächtigen 
Kühen und 3 Ziegen geprüft, und zwar in 1 Fall mit positivem, in 13 Fäl¬ 
len mit negativem Ergebnis; 8 Milchproben zum Teil erkrankter Kühe 
und Ziegen ergaben 6 mal zahlreich Streptococcus mastitidis, während 
2 mal vorzeitiges Gerinnen der Milch infolge Bac. acid. lactici vorlag. 
ln 3 Harn proben von Kühen wurden Eiweiß, Gallenfarbstoffe und Blut¬ 
bestandteile, mithin akute Nephritis nachgewiesen. 

Zu Rotlaufschutz- und Heilimpfungen hat das Tierhygienische In¬ 
stitut im Jahre 1922 rund 600 Liter Serum mit einem Herstellungswert 
von rund 377 300 M. bereitet. Im Jahre 1922 wurden an 152 Tier¬ 
ärzte (48 Bezirkstierärzte und 104 praktische Tierärzte) in Baden 
657,25 Liter Rotlaufserum dispensiert. Der Bedarf an Rotlaufbazillen- 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 


293 


kultur zu Schutzimpfungszwecken betrug im Jahr 1922 43,595 Liter, 
welche in 3756 Glastuben versandt wurden. Im übrigen wurden recht 
günstige Erfolge mit der mittels unserer Botlaufimpfstoffe durch¬ 
geführten Rotlauf schütz- und Heilmethode an den geimpften Schweinen 
erzielt. 

Im Jahre 1922 wurden in 52 Amtsbezirken Badens in 1063 Gemeinden, und 
zwar in 25 912 Gehöften, an insgesamt 64 701 Schweinen Rotlaufimpfungen aus- 
geftthrt. Die Schutzimpfung (mit Serum und Kultur) gelangte bei 57 672 Schwei¬ 
nen, die Notimpfung (mit Serum und [3—5 Tage später] mit Kultur) bei 2585 
Schweinen und die Heilimpfung ([nur] mit Serum) bei 4444 Schweinen zur An¬ 
wendung. Binnen 4 Tagen nach der Schutz- oder Notimpfung erkrankten 198 
Schweine (0,33%), von denen 79 verendeten bzw. notgeschlachtet wurden und 
119 genasen. Der Heilimpfung unterzog man 4444 rotlaufkranke Schweine, von 
denen 3470 (78,08%) geheilt wurden, während 974 Schweine verendeten oder 
notgeschlachtet werden mußten. 

Die bakteriologische Nachprüfung der Rindertuberkulose in Baden 
wurde am Tierhygienischen Institut folgendermaßen ausgeführt. Im 
Jahre 1922 wurden insgesamt 752 durch die Bezirkstierärzte eingesandte 
Proben von tuberkuloseverdächtigen Rindern bakteriologisch geprüft. 
Davon ergaben sich bei der bakteriologischen Untersuchung: 327 Fälle 
festgestellter offener Lungentuberkulose und 300 Fälle von Lungen¬ 
tuberkuloseverdacht mit negativem bakteriologischen Untersuchungs¬ 
befund, 24 Fälle festgestellter Eutertuberkulose und 80 Fälle von 
Eutertuberkuloseverdacht mit negativem bakteriologischen Befund, 
3 Fälle festgestellter Gebärmuttertuberkulose und 12 Fälle von Gebär- 
muttertuberkuloseverdacht mit negativem bakteriologischen Befund, 
ferner 6 Fälle von Darmtuberkuloseverdacht mit negativem bakteriolo¬ 
gischen Untersuchungsbefund. 

Von 752 bakteriologisch geprüften Tuberkuloseverdachtsfällen 
konnten 354 (47,07%) schon durch die mikroskopische Untersuchung 
ermittelt werden, während bei 398 tuberkuloseverdächtigen Fällen 
(52,93%) der bakteriologische Untersuchungsbefund negativ ausfiel. 
In 35 Fällen hat eine wiederholte bakteriologische Untersuchung statt¬ 
gefunden. 

Das freiwillige Tuber Jculotelilgungsverfahren wurde in 12 Amtsbezirken bei 
74 Einzelbeeitzem durchgeführt. Im ganzen wurden 74 Rinderbestände mit ins¬ 
gesamt 541 Rindern klinisch bzw. bakteriologisch untersucht. Dabei gelang es, 
43 Fälle von offener Lungentuberkulose, darunter einmal hohe Wahrscheinlich¬ 
keit des Vorhandenseins der Tuberkulose, ferner 2 Fälle von Eutertuberkulose 
festzustellen. Außerdem wurden 30 Fälle von einfachem Verdacht der Lungen¬ 
tuberkulose ermittelt. Die Zahl der bakteriologisch geprüften Milchproben be¬ 
trug sieben, von denen zwei schon durch die mikroskopische Untersuchung einen 
positiven und fünf einen negativen bakteriologischen Befund ergaben. 

Mäusetyphuskulturen wurden nach unserer Zusammenstellung im 
Jahre 1922 insgesamt 693 Stück an badische Gemeinden, landwirtschaft¬ 
liche Vereine, Private usw. abgegeben. Die Kulturen wurden auf Feldern, 

Arch. f. TierheUk. XLIX. 20 



294 


M. Schlegel: Mitteilungen aus dem Tierhygienischen 


Äckern, Wiesen usw. praktisch angewendet. Die Mäuseplage kam im 
Jahre 1922 infolge des andauernd regnerischen nassen Wetters, nament¬ 
lich während des Sommers und Herbstes, kaum merklich vor, so daß 
Schädigungen an Getreide, Kartoffeln, Hüben und Futterpflanzen sich 
wenig geltend machten. 

Sektionen fanden des weiteren 242 statt, und zwar wurden 15 Pferde, 
9 Kinder, 5 Schafe, je 1 Ziege und Reh, 29 Schweine, 11 Hunde, 8 Katzen, 
136 Hühner, 6 Truthühner, 8 Enten, 6 Gänse, 1 Goldfasan, 2 Kaninchen, 
1 Meerschweinchen, 2 Kanarienvögel, endlich 1 Forelle obduziert. 

Die pathologisch-anatomischen bzw. bakteriologischen Untersu¬ 
chungen zahlreicher Seuchen und anderer Krankheitsfälle, welche am 
Tierhygienischen Institut im Jahre 1922 ausgeführt wurden, resultieren 
aus einem umfangreichen bearbeiteten Material, und zwar waren es 
im ganzen 547 Krankheitsfälle, die sich größtenteils auf die Feststellung 
von Tierseuchen und auf die damit zu verwechselnden Krankheiten 
erstreckten. Die zahlreichen Präparate (und zwar ganze Eingeweide, 
einzelne Organe oder Organteile, Geschwülste, Mißbildungen, Glied¬ 
maßen u. dgl.) wurden — abgesehen von Sektionen ganzer Tierkörper — 
dem Tierhygienischen Institut fast durchweg seitens der Bezirkstierärzte 
und praktischen Tierärzte, zum Teil auch von Schlachthöfen entweder 
behufs Ermittelung des Befunds und der Diagnose oder zu Demon¬ 
strationszwecken übersandt. 

Bemerkenswerte Krankheitsfälle ergaben sich während des Jahres 
1922 folgende: 

L Akute Schweinepest im Anschluß an Rotlaufschutzimpfungen. 

Während der naßkalten Monate des Frühjahrs 1914 und dee Herbstes 1922 
gewann in unterbadischen Amtsbezirken die Schweinepest wesentliche Verbreitung, 
namentlich nach Einfuhr norddeutscher Ferkel und Läuferschweine. Im An¬ 
schluß an die Botlaufschutzimpfung bei solchen auf Märkten und bei Händlern 
angekauften, anscheinend gesunden Einstellschweinen brach Schweinepest akut 
aus, so daß dieselben teils notgeschlachtet werden mußten, teils verendeten. In 
einigen Ortschaften erkrankten alle geimpften Schweine. Ursächlich wurde zu¬ 
nächst Impfrotlauf (Infektion von der Impfstelle aus) oder bösartig verlaufender 
spontaner Rotlauf angenommen. Gewisse Schweine aber waren schon vor der 
Impfung (ohne manifeste Erscheinungen) latent pestkrank. Das erstemal wurden 
an 3 aufeinanderfolgenden Tagen im ganzen 403 Schweine der Schutzimpfung 
unterzogen. Die ersten Schweine verendeten vom 5. Krankheitstag ab; 18 Läufer¬ 
echweine starben; 20% der geimpften Schweine erkrankten schwer, die übrigen 
Impflinge erholten sich wieder. 

Die sezierten verendeten Schiveine wiesen bei ausführlicher Unter¬ 
suchung des Magendarmkanals, aller Bauch- und Brusteingeweide durch¬ 
weg Veränderungen akuter und chronischer Schweinepest auf. Die 
Schleimhaut der Cardia des Magens zeigte Nekrosen und im Fundus 
lagen hämorrhagische Geschwüre, ebenso im Dickdarm, woselbst sich 
bei verschiedenen Schweinen auch ältere Boutons fanden. Die Lebern 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 


295 


-waren mit hochgradiger trüber Schwellung und Stauungshyperämie 
behaftet. Die Lungen wiesen teils Lungenpest, teils chronische Schweine¬ 
seuche nebst Abszeßbildungen, Karnifikationen, Verwachsungen mit 
Perikard und Parietalblatt der Pleura auf. 

Das zweite Mal wurden im ganzen 38 Schweine der Schutzimpfung unter¬ 
zogen. Im Anschluß daran verendeten 13 Schweine, nachdem beinahe alle, meist 
Läuferschweine, schwer erkrankt waren und von denen noch ein Teil nachträglich 
notgeschlachtet werden mußte. Die Impflinge lagen in den verschiedenen Stal¬ 
lungen schwer krank unter Versagung der Futteraufnahme, Fieber, Schüttelfrost 
darnieder, wobei die Haut meist weiß blieb. Die KrankheitserBcheinungen traten 
5—8 Tage nach der Impfung ein, worauf bei allen Impflingen (und zwar zum Teil 
wiederholt) die Heilimpfung mit Rotlaufserum durchgeführt wurde, welche jedoch 
ganz erfolglos verlief. Da sowohl Serum wie Kulturen völlig einwandfrei waren und 
die Heilimpfung erfolglos blieb, wurde auf Kombination mit Schweinepest bzw. 
Schweineseuche geschlossen. Von den untersuchten lebenden geimpften Schweinen 
waren eine Anzahl unter Erscheinungen der Schweinepest (Durchfall, krustösem 
Hautexanthem), andere unter denen der Schweineseuche (Husten, röchelnder At¬ 
mung, Abmagerung) erkrankt, während Erscheinungen des Rotlaufs bzw. Impfrot¬ 
laufs fehlten, zumal da die Impfstellen aller Schweine dauernd unverändert blieben. 

Die Obduktion von 5 an Ort und Stelle geöffneten, nach der Impfung 
verendeten Schweinen ergab: Eitrige Conjunctivitis, kleinste bis erbsen¬ 
große dunkelbraune Blutungen in der im übrigen meist weißen Haut, 
schwarzrotes, teerartiges Blut, dunkelrote Blutaustritte in den Schleim¬ 
häuten des Zungengrundes, der Tonsillen und des Schlundkopfs. In der 
Cardia des Magens lagen graugelbe diphtherische Nekrosen auf ent¬ 
zündlich geröteter Unterlage; im Fundus saßen unregelmäßige, bohnen¬ 
große hämorrhagische Geschwüre, und der Dickdarm wies (jedoch nicht 
regelmäßig) hämorrhagische Entzündung, die Lymphknoten schwarz¬ 
rote, blutige Schwellung auf. Die Lebern waren infolge Entzündung 
um die Hälfte, mitunter um das Doppelte verdickt und enthielten 
(wie auch die früher sezierten Schweine) linsengroße, schwarzrote 
Blutungen, vereinzelt auch fleckförmige graugelbe Mortifikationen. 
Die Milzen waren fast durchweg unverändert, braunrot, die Nieren 
nicht entzündet, enthielten aber zuweilen unter der Kapsel und in der 
Schleimhaut des Nierenbeckens schwarzrote Blutergüsse. In einigen 
Fällen zeigte die Submucosa der Harnblase zahlreich linsenkleine, 
8chwarzrote Blutungen. Die Lungen boten zum Teil die Veränderungen 
der Lungenpest oder Schweineseuche. Außerdem bestand venöse 
Stauungshyperämie und Odem des Gehirns. Mithin lag grobanatomisch 
akute Schweinepest vor (eitrige Conjunctivitis, schwarzrote Blutungen 
in der Haut, akute geschwürige Gastritis und Kolitis, hämorrhagisch- 
mortifizierende Hepatitis, Blutergüsse in Nierenbecken und Harnblase, 
Lungenpest) vor; Rotlauf wurde infolge Fehlens des Milztumors, der 
Nephritis und Blaufärbung der Haut ausgeschlossen, was durch die 
einläßliche bakteriologische Untersuchung bestätigt wurde, indem in 

20* 



296 


M. Schlegel: Mitteilangen aus dem Tierhygienischen 


keinem Fall Rotlaufbazillen in den Organen der verendeten sezierten 
Schweine nachgewiesen werden konnten, und zwar weder mikroskopisch 
noch kulturell noch tierexperimentell. In Anbetracht der Anwendung 
der Serum- und Kulturimpfung bei diesen Schweinen war nach der kurzen 
Zeit von 1 bis 2 Wochen noch das Vorhandensein von Rotlaufbazillen 
zu erwarten. Da aber die Schweine, zum Teil wiederholt, der Heilimp¬ 
fung mit Rotlaufserum unterworfen waren, wurden die Rotlaufbazillen 
vorzeitig aufgelöst. 

Zur Nachprüfung der Art der Entstehung der alcuten Schweinepest im Anschluß 
an Rotlauf im pfungen waren in beiden Fällen benützte Impfstoffe nicht mehr 
vorhanden; das abgegebene Rotlaufserum und die zugehörige Kultur wurden 
aber schon während ihrer Herstellung und Abgabe wiederholt auf richtige Wirk¬ 
samkeit geprüft und entsprachen dabei allen Anforderungen. Um jedoch erneut 
die einwandfreie Beschaffenheit der zur Schutzimpfung der Schweine verwendeten 
Serumreihe und der abgegebenen Impfkultur zu prüfen, wurden zwei gesunde 
Schweine vorschriftsmäßig der Serum- und Kulturimpfung unterworfen, und 
zwar mit der in die genannten Bezirke abgegebenen Kontrollnummer Serum und 
mit der gleichen Rotlaufkultur. Beide Schweine wurden 8 Tage und darüber be¬ 
obachtet, zeigten sich stets munter und nahmen bei gewöhnlicher Fütterung 
um 3,2 bzw. 2,3 kg zu. Von der gleichen Kultur wurden 2 immunisierten Serum¬ 
pferden 650 ccm bzw. 740 ccm intravenös injiziert, worauf beide Pferde 
lediglich vorübergehend mit Temperatursteigerungen mäßig reagierten. In 
beiden Fällen wurden zu denselben Zeiten mit den gleichen Serumreihen 
und mit demselben Impfkulturstamm Hunderte von Schweinen ohne jedwede 
Erkrankung in angrenzenden und entfernten Bezirken geimpft. Mithin war 
das abgegebene Serum und die Kultur frei von schädlichen Stoffen. Be¬ 
kanntlich ist die künstliche Züchtung und Anreicherung des Schweinepestvirus 
bisher noch nicht gelungen. 

Dagegen wird bei unvorsichtig durchgeführter Impfung der Impf¬ 
stoff (Serum wie Kultur) durch Eintauchen der an okkult schweinepest¬ 
kranken Schweinen infizierten Impfnadeln verunreinigt und Schweine¬ 
pestverbreitung durch nachherige Weiterverimpfung der jetzt mit 
Pestvirus infizierten Impfflüssigkeiten auf alle weiteren Impflinge statt¬ 
finden, zumal da nach Hutyra und Köves (Zentralbl. f. Bakteriol., 
Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, Orig. 78, 163. 1916) schon 
überaus geringe Virusmengen zur wirksamen Infektion genügen. Solche 
Pestinfektionen von einem zufällig unter die Impfnadel geratenen pest¬ 
kranken Schwein auf alle weiteren Impflinge erfolgen um so sicherer, 
als das Pestvirus bekanntlich im Blut und Gewebssaft der Pestkranken 
überall vorkommt, sich an den Impfnadeln ansammelt und beim Ein¬ 
tauchen in Serum und Kultur gelangen kann; oder aber die Übertragung 
erfolgt direkt durch Impfstiche, ferner auch indirekt durch Festhalten 
der kranken und nachher der gesunden Schweine (Kontaktinfektion). 
Übertragung von pestkranken Schweinen auf gesunde vermittels 
Impfnadeln ist die gefährlichste und sicherste Ansteckung. Diese 
Gefahr wächst zu Zeiten der Schweinepestausbrüche. 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im J&hro 1922. 


297 


Koinzidierend mit denselben ersteht die Gefahr der Peetversehleppung mit 
Rotlaufschutz* und Heilimpfungen, was für Impftierärzte und Landwirte gleich- 
wichtig erscheint. Konstatierung, Bekanntgabe, Absperrung peetverseuohter 
Schweinebestände und das Unterlassen jeder Impfung in denselben sind daher 
Haupterfordernisse, um unglückliche Impfzufälle zu verhüten. Vielfach halten 
die Landwirte alle Schweinekrankheiten für Rotlauf und verlangen schlechtweg 
in jedem Falle die Rotlaufimpfung in der Ansicht, diese bedeute eine Versicherung 
gegen alle Schweinekrankheiten. Der Impftierarzt ist dazu berufen, dieselbe nur 
kunstgerecht und vorschriftsmäßig anzuwenden (Unterlassung des sog. Durch- 
impfens, besonders zu Zeiten der Pestgefahr), andernfalls kann Haftpflicht für den 
Schaden die Folge sein, welcher aus Fahrlässigkeit bzw. infolge Verstoßes gegen 
die Regeln der Wissenschaft und Kunst entstanden ist (§ 276 BGB.). 

Zwecks Vorbeugung unglücklicher Impfzufälle ist vor allem Be¬ 
achtung der Vorschriften der Gebrauchsanweisung (genaue Unter¬ 
suchung der Schweine auf Schweinepest und Schweineseuche, Zurück¬ 
weisung aller verdächtigen Tiere von der Impfung, Unterlassung der 
Impfung in schweinepestverdächtigen Beständen), ebenso Impfung 
unter hygienischen und antiseptischen Kautelen (reine Hände, reine 
Instrumente, reine Impfgeräte, Desinfektion der Impfstellen) zu fordern. 
Für jedes Schwein oder doch für jeden neuen Schweinebestand sind 
besondere Hohlnadeln, oder Desinfektion derselben für jeden neuen 
Einstich, ferner vorheriges Abteilen des Serums und der Kultur für die 
Impflinge jeden Gehöftes in besonderem reinem Gefäß notwendig, 
von dem aus nicht wieder in die Stammflasche zurückgegossen werden 
darf. Zum Ansaugen des Serums und der Kultur sind besondere Nadeln 
zu verwenden, um Verunreinigung von Serum und Kultur zu vermeiden. 
Vor dem Verlassen des Gehöftes ist Reinigung und Desinfektion des 
Impfenden und der Gehilfen nötig, da Schweinepest in Hinsicht der 
Kontagiosität der Maul- und Klauenseuche gleich zu erachten ist. Die 
Schutzimpfung gegen den Rotlauf soll lediglich in solchen Gemeinden 
und Gehöften zur Anwendung kommen, wo die Seuche stationär ist 
und alljährlich besondere Verluste fordert; in allen anderen Fällen 
(bei Seuchenausbrüchen) sind lediglich Not- bzw. Heilimpfungen, von 
denen noch zu wenig Gebrauch gemacht wird, auszuführen. Diese 
Forderungen sind im Interesse einer sachgemäßen Rotlaufimpfung 
berechtigt, wenn sie auch mehr Zeit, Arbeit und Materialien verlangen. 
Höchst fatale Impfzufälle können dadurch unter allen Umständen 
vermieden werden. 

n. Morbus maeulosus beim Schwein. 

Das mit Blutfleckenkrankheit behaftete Schwein wog 2 1 /* Zentner und wurde 
eine ziemlich weite Wegstrecke nach dem Schlachthaus zur Schlachtung transportiert. 
Die Futteraufnahme des Schweines war bisher nach Aussage des Besitzers ebenso 
wie das Allgemeinbefinden gut, nur zeigte das Schwein auf der Haut zahlreich 
schwarzrote Flecken, die bei dem nach der Schlachtung erfolgten Abbrühen sich 
Karminrot verfärbten. Diese Blutflecken besaß das Schwein nach Angabe des 
Besitzen schon beiläufig 6 Wochen. Nach der Schlachtung fand die tierärztliche 



298 


M. Schlegel: Mitteilungen aus dem Tierhygienischen 


Beschau das Bild ausgesprochener hochgradiger Blutungen in noch nie beobachteter 
Weise im ganzen Tierkörper, besonders auch in der Muskulatur, weshalb zur Auf¬ 
klärung Organteile zwecks bakteriologischer Untersuchung eingesandt wurden. 
Das Fleisch und die Eingeweide waren infolge der zahlreichen Blutungen genufi- 
untauglich. 

• Die eingesandten Hautstücke erschienen massenhaft von dicht¬ 
gesäten stecknadelkopf- bis linsengroßen, zumeist aber bohnen- bis 
haselnußgroßen, schwarzroten Blutungen durchsetzt, die sich nicht 
nur unter der Epidermis und im Papillarkörper der Haut, sondern 
auch in der Subcutis und überall in der Muskulatur fanden. Die Blu¬ 
tungen waren unregelmäßig, oft sternförmig bis zackig, am häufigsten 
aber rund, mitunter jedoch streifenförmig, haferkomgroß. Benachbarte 
Blutungen konfluierten selbst zu größeren Petechien. Epikard, Endo¬ 
kard und Myokard enthielten viele kleine Hämorrhagien und größere 
braunrote Petechien. Außerdem fanden sich schwarzrote Blutaustritte 
unter den Lymphdrüsenkapseln. Die Milz fand sich im Zustand mittel- 
gradigen Tumors, war geschwellt und erweicht. 

Bakteriologisches: Zur Untersuchung auf Krankheitserreger wurden die Blu¬ 
tungen aller Organe in zahlreichen Ausstrichpräparaten untersucht, die verschiede¬ 
nen Färbemethoden unterzogen wurden. Erst nach langer Durchsuchung und 
lediglich in den Blutungen unter der Epidermis (Urticaria) wurden Rotlauf¬ 
bazillen, auch nach Gram gefärbt, überaus spärlich aber noch sicher nachgewiesen. 
Dahingegen fanden sich nirgendwo Rotlaufbazillen oder andere pathogene Bak¬ 
terien in den Blutungen der Tiefe der Haut und der Unterhaut; auch die Blu¬ 
tungen der Muskulatur, aller Organe, der Lymphknoten, des Herzens sowie die 
Milz erwiesen sich durch weitere Untersuchungen völlig frei von Rotlaufbazillen. 
Der Nachweis von Rotlaufbazillen gelang mithin nur sehr spärlich in den gering¬ 
gradigen Veränderungen der Epidermis, während gerade die augenfälligsten und 
größeren Blutungen der Muskulatur und Organe vollkommen frei von Rotlauf¬ 
bazillen, überhaupt von pathogenen Erregern waren. 

Die Blutfleckenkrankheit entwickelte sich daher bei diesem Schwein 
als sekundäres Leiden im Anschluß an abgeheilten Hautrotlauf, Nessel¬ 
fieber, Urticaria. Die anatomischen Veränderungen waren bei frag¬ 
lichem Schwein durchaus charakteristisch ausgeprägt und glichen 
in jeder Hinsicht durch Lokalisation und verschiedene Gestaltung den 
Hämorrhagien und Petechien des Morbus maculosus der Pferde. Auch 
der Verlauf der Krankheit des Schweines, der sich nachgewiesenermaßen 
auf 5 Wochen erstreckte, gestaltete sich wie beim Petechialfieber des 
Pferdes, bei dem bekanntlich günstig und tödlich verlaufende Fälle 
in verschiedenen Krankheitsgraden aufzutreten pflegen. Die zahl¬ 
reichen auffälligen Blutungen im Körper und in den Organen dieses 
Sohweins sind als Folge einer Intoxikation zu erklären. Die im Blut 
befindlichen Gifte verursachten Durchlässigkeit der Blutkapillaren und 
Veränderungen des Blutes selbst, wodurch der Austritt von Blut¬ 
bestandteilen zustande kam. Abgelaufener Hautrotlauf und sekundärer 
Morbus maculosus beim Schwein finden ihr Analogon in der Druse 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 


299 


mit nachfolgendem Petechialfieber des Pferdes, wie denn überhaupt 
der klinische Verlauf und die pathologisch-anatomischen Veränderungen 
der Krankheit dieses Schweins dem Morbus maculosus beim Pferd und 
Rind unterschiedslos ähnelten. 

Ob diese Krankheit des Schweins als Morbus maculosus oder etwa als Skorbut 
zu bezeichnen ist, erscheint bei der unvollkommenen Abgrenzung dieser Begriffe 
noch nicht genügend aufgeklärt. Jedenfalls ist aber der vorstehend beschriebene 
Fall kongruent mit dem Morbus maculosus des Pferdes und Rindes und unter¬ 
scheidet sich von dem Skorbut des Menschen wesentlich dadurch, daß vorwiegende 
Veränderungen des Zahnfleisches in Gestalt von Geschwürsbildimg fehlten. Auch 
in anderer Hinsicht bestehen Unterschiede, indem der Skorbut beim Menschen 
unter ungünstigen hygienischen Verhältnissen, bei schlechter Ernährung, aus¬ 
schließlichem Genuß von Konserven usw. als epidemische und endemische All¬ 
gemeinerkrankung auftritt, welche durch progressive Anämie und Kachexie, 
durch Neigung zu lokalen Blutungen und hämorrhagischen Entzündungen, speziell 
des Zahnfleischs gekennzeichnet ist. Über ähnliche Krankheitsfälle beim Schwein, 
die wohl richtiger nur dem Morbus maculosus (und nicht dem Skorbut) zu sub- 
Bummieren wären, berichteten E. Weber (Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1909, S. 297) 
and J. Schmidt (Zeitschr. f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. u. Hyg. d. 
Haustiere 9 , 161. 1911). 

UL Bösartiges Katarrhalfieber mit Stomatitis ulcerosa bei Rindern. 

Die Krankheit begann bei der Kuh unter Bildung eines schmerzhaften papu¬ 
lösen Exanthems am Euter. Aus den hochroten entzündeten Nasenöffnungen floß 
schleimig-eitriges Sekret. Die Mundschleimhaut sah geschwürig (wie verbrannt) aus, 
jedoch fehlte Blasenbildung. Die Cornea beiderseits erschien derart milchig getrübt, 
daß die Kuh blind war und die Augen tränten. Da das Kauen nahezu unmöglich 
war, stellten sich Abmagerung, Schwäche und Schwanken beim Gehen ein, so daß 
nach 13 tägiger Krankheitsdauer Notschlachtung nötig fiel. Schon 2 Monate vorher 
verendeten dem Besitzer eine Kalbin und eine Kuh unter den gleichen Erschei¬ 
nungen, während eine noch vorhandene Kuh und 2 Rinder verschont blieben. 

Der pathologisch^ariatomische Befund bestand bei fraglicher Kuh in 
diffuser parenchymatöser, grauweißer Trübung der Cornea beider Augen. 
Die angrenzende Sclera zeigte perikorneale Injektion, ringförmige 
Rötung. Die Schleimhäute des Septum, der Nasenmuscheln und Sieb¬ 
beinzellen boten hochrote Entzündung und zäh anhaftenden schleimigen 
Eiter. In der Mundhöhle enthielt der linguale Teil des Zahnfleisches 
der Schneidezähne auf 1 bis 2 cm Breite unregelmäßige, blaßrote, seichte 
Erosionen und tiefe Geschwüre. Auf der Schleimhaut der Backen fanden 
sich in der Höhe der Zahnspitzen massenhaft gerstenkom- bis bohnen¬ 
große, blaßrote, zackige Erosionen und Geschwüre, die vielfach zu größeren 
flächenhaften Defekten konfluierten. Zahlreiche blaßrote, ausgezackte 
Erosionen und Geschwüre lagen ferner verstreut in der Mucosa des Zungen¬ 
grundes, Schlundkopfs und des Aditus ad laryngem. Die Tonsillen waren 
durch Schwellung verdickt. Die Schleimhäute der Trachea und Bronchen 
sowie des Dünndarms fanden sich im Zustand katarrhalisch-entzünd¬ 
licher Affektionen. Die Lymphknoten der Lungen und des Mesenteriums 
erreichten durch markige Schwellung Gänseeigröße. 



300 


M. Schlegel: Mitteilungen aus dem Tierhygienischen 


Bakteriologisch wurden im Eiter der Nase und Siebbeinzellen zahlreich Bact. 
coli, Bac. bipolaris und Bac. pyogenes nachgewiesen, während sich die Geschwüre 
der Mundhöhle (abgesehen von wenigen Saprophyten) frei von diesen Eitererregern 
und von Bac. necrophorus erwiesen. 

Mithin bestand bei fraglicher Kuh das bösartige Katarrhalfieber 
in beiderseitiger hochgradiger Keratitis parenchymatosa, Rhinitis 
suppurativa, in geringgradiger Enteritis catarrhalis, parenchymatöser 
Degeneration der Leber und Nieren sowie in hochgradiger Stomatitis 
erosiva s. ulcerosa, wie solche zumeist nur nach Einwirkung scharf 
ätzender Gifte aufzutreten pflegt. Der Regel nach wurde beim bös¬ 
artigen Katarrhalfieber des Rindes verschiedengradige Entzündung 
der Nasen- und Mundschleimhäute mit nachfolgenden Epithelabschup¬ 
pungen und darunter liegenden Erosionen beobachtet, und zwar selten 
einmal am Zahnfleisch der Schneidezähne und der Innenfläche der 
Lippen, während derartig ausgebreitete und dicht gesäte konfluierende 
Erosionen und Geschwürsbildungen in der ganzen Mundhöhle: auf den 
Backen, am Zungengrund, im Schlundkopf und Kehlkopfeingang bisher 
nicht beschrieben sind. Neben der parenchymatösen Keratitis bildete 
die ausgedehnte geschwürige Stomatitis die Haupterscheinung des 
Katarrhalfiebers, welche das Produkt der Infektionskrankheit (und 
nicht die Folge ätzender Mittel, Verbrühung usw.) ist. 

IV. Aspergillosis (Pneumonomycosis aspergillina) bei einem Papagei. 
Im Jahr 1915 (Berl. tierärztl. Wochenschr. Nr. 3) wurde diese Schim¬ 
melpilzkrankheit gelegentlich einer Hofenzootie gleichzeitig bei Hühnern, 
beim Truthahn und beim Pfau und im Jahr 1916 (Zeitschr. f. Infektions- 
krankh., parasitäre Kranich, u. Hyg. d. Haustiere 19, 333) wurde my¬ 
kotische Lungenentzündung bei Truthennen und Hühnern beschrieben. 
Aus verschimmeltem Futter gelangen Schimmelpilzsporen nicht selten 
in die Respirationswege, wo sie auskeimen, Myzelien treiben und zu 
Schimmelrasen heranwachsen, wodurch von den Schleimhäuten der 
Trachea, Bronchen und Alveolen aus heftige Entzündungsprozesse, 
Nekrose und Verkäsung entstehen. Die Pilzinvasionen werden bei 
Haustieren der Regel nach durch Aspergillus fumigatus, seltener durch 
Aspergillus niger, flavus und glaucus, durch Penizillien sowie durch 
Mucor racemosus, corymbifer oder rhizopodiformis verursacht. Die relativ 
weiten geräumigen Luftwege und Luftsäcke der Vögel unterstützen die 
Ansiedelung und Entwicklung der Pilzvegetationen, welche daselbst die 
ihnen nötige Luft, Wärme, Feuchtigkeit und stagnierende Sekrete als 
günstige Nährmedien zur Bildung fruktifizierender Hyphen finden. 

Der 22 Jahre alte, aus Südamerika eingeführte, gutsprechende 
Papagei verlor während der vierwöchigen Respirationskrankheit die 
Sprache, äußerte heisere Stimme und starb nach starker Abmagerung 
unter Atemnot. Außer allgemeiner Abmagerung bestanden nur patho- 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 


301 


logisch-anatomische Veränderungen im Respirationsapparat: Die Schleim¬ 
haut der Mundhöhle bedeckte ein borkiger, trocken-eitriger Belag. 
Trachea und Brochen wiesen heftige, braunrote Entzündung und Gefä߬ 
injektion auf, bedeckt mit dickem, schleimig-eitrigem Sekret, das die 
feineren Bronchialäste mehr oder weniger stenosierte, so daß peripher 
gelegene Lungenabschnitte teils dunkelbläuliche Atelektasen, teils 
bronchopneumonische Infiltrationsherde boten. Außerdem enthielt die 
Lunge vorwiegend in der Nähe der Lungenwurzel beiderseits unter der 
Pleura über 1 / l Dutzend stecknadelkopf- bis wickenkorngroße, getrübte, 
gelbkäsige, derbe Knötchen (Pneumonomycosis aspergillina nodularis), 
die zumeist rot behoft erschienen. Die übrige Lunge war emphysematos 
gebläht. 

Mikroskopisch wurden in den aus verkästen Knötchen sowie aus dem Tracheal¬ 
und Lungeneiter gefertigten Zupfpräparaten (neben massenhaften abgesohuppten 
Epithelien und in Zerfall begriffenen polymorphkernigen Leukozyten und Lympho¬ 
zyten) Pilzfäden nachgewiesen, die das Myzel eines Schimmelpilzes bildeten, jedoch 
vielfach degeneriert erschienen. Die Pilzfäden waren durch Querscheidewände 
septiert und zeigten neben kleinen lichtbrechenden Kömcheneinlagerungen ver¬ 
schieden groß«. Vakuolen; auch Verzweigungen fanden sich, jedoch fehlten Frukti- 
fikationsorgane, so daß die Art des Myzels zunächst nicht zu ermitteln war. Dies 
wurde erzielt durch Anlegung von Reinkulturen, indem schräges Glyzerin-Agar 
mit Tracheal- und Bronchialeiter sowie Lungenknötchen beimpft und längere Zeit 
bei 37 °C bebrütet wurde. Schon nach 2—3 Tagen gingen viele bläulichgrüne 
Kolonien auf, die binnen 3—4 Wochen zu aschgrauen dicken Belägen und Rasen 
abdunkelten. Nach Zerzupfen derselben und Behandlung mit Glyzerin 1 : 10 
und SOproz. Alkohol unter Aufkochen wurde als Schimmelpilzart Aspergillus 
fumigatus festgestellt, kenntlich an der bimförmigen, verhältnismäßig kleinen 
Columella (dem zierlichen Fruchtköpfchen) mit den verzweigten, gerade naoh 
oben gerichteten Sterigmen, an denen die kettenartig angereibten, runden, glatten 
Gonidien (Sporen) abgeschnürt wurden; alle Teile des Gonidienträgers erschienen 
bläulich bis graugrün. 

T. Trichosomiasis des Kropfes bei Hühnern. In zwei verschiedenen 
Bezirken verendeten in größeren Hühnerbeständen nacheinander 
Hühner, ohne daß eine schädliche Einwirkung als Todesursache ermittelt 
werden konnte. In einem Falle starben alle Hühner einer Brut, und 
auch im zweiten Falle erkrankte der ganze Stamm der Hühner und 
starb teilweise aus. Anfänglich war den erkrankten Hühnern außer 
zunehmender Appetitlosigkeit und Abmagerung kaum etwas anzumerken, 
worauf sie dann oft unerwartet rasch verendeten. 

Die Kadaver der sezierten Hühner waren abgemagert und anämisch. 
Die Schleimhaut der Mundhöhle und der Speiseröhre erschien blaurot, 
livide verfärbt. Kropf, Drüsen- und Muskelmagen nebst Darm ent¬ 
hielten nur geringe Mengen normalen Speisebreies, der im Kropf sauer 
roch. Die Schleimhaut des Kropfes war diffus grauweiß bis graugelb, 
nekrotisch, mit hellgrauen, zäh anhaftendem, dickem Schleim bedeckt. 
Im Schleim fanden sich massenhaft feinste, kaum sichtbare, spinn- 



302 


M. Schlegel: Mitteilungen aus dem Tierhygienischen 


gewebartig dünne, grauweiße, durchscheinende Nematoden, die mit 
dem Vorderende in die Kropfschleimhaut eingebohrt erschienen und 
daselbst rötliche Punkte (Biß- und Saugstellen) verursachten, die 
infolge ihrer Kleinheit gerade eben sichtbar waren, und zwar am deut¬ 
lichsten, wenn die Kropfschleimhaut in Wasser flottierte. Die Nematoden 
hafteten infolge Einbohrens mit dem Vorderende derart fest in der 
Schleimhaut, daß sie nur mit Mühe abgelöst werden konnten und dabei 
zumeist zerrissen. Die Submucosa des Kropfes war fleckig und streifig, 
stellenweise diffus gerötet. Die Entzündung pflanzte sich auch auf die 
Schleimhäute des Drüsenmagens, Muskelmagens und Dünndarms fort, 
welche infolge Entzündung fleckig braunrot verfärbt erschienen. 

Mikroskopisch wurden beim Zerzupfen der veränderten Kropfschleimhaut 
unter Zusatz von Kochsalzlösung zahlreich dünnste, zarte, grauweiß durchscheinende 
Trichosomen und deren Eier, und zwar etwa 2 Dutzend Parasiten, freigelegt. Die 
Länge des Männchens betrug beüäufig 40 mm, die Dicke 0,1—0,15 mm. Das 
Spiculum besaß an der Oberfläche feinste Stacheln. Die schwer auffindbaren 
Männchen traten nur in geringer Anzahl auf. Die Weibchen erschienen 60—70 mm 
lang, 0,15—0,2 mm dick und zeigten wie die Männchen hinter dem spitzen Mund¬ 
ende eine ringförmige blasige Auftreibung der Cuticula, welche sich weiter nach 
hinten leicht geringelt erwies: Trichosoma strumosum. Das spitze vordere Körper¬ 
ende der Trichosomen schwoll nach hinten zu ganz allmählich an, erreichte etwa 
in der Mitte die maximale Dicke, verjüngte sich nach hinten zu ein wenig und war 
am Hinterende stumpf abgerundet. Bis über das vordere Leibesdrittel hinaas 
konnte deutlich der Zellkörper des Oesophagus verfolgt werden. An der Grenze 
des vorderen und mittleren Leibesdrittels fand sich die Vulva, dahinter Vagina 
und Uterus, die mit charakteristischen Trichosomeneiem prall gefüllt waren. Die 
sehr kleinen Eier zeigten elliptische Gestalt und enthielten im Innern gebautes 
embryonales Eiweiß in glasartig durchscheinender HüUe. In jedem Pol der tonnen- 
förmigen Eikapsel stak ein Eiweißpfropf. 

In den zwei verschiedenen Seuchenausbrüchen verursachte sonach 
das von uns beschriebene Trichosom heftige, tödlich verlaufene ka¬ 
tarrhalisch-nekrotisierende Entzündung des Kropfs nebst allgemeiner 
Anämie und Kachexie bei zahlreichen Hühnern. 

Molin in Padua fand im Jahre 1857 zuerst im Oesophagus des Huhns 
Trichosomen, benannt als Trichosoma annulatum, während Reibisch 
im Jahre 1891 ab Ursache einer tödlichen enzootischen Krankheit der 
jungen Fasanen das Trichosoma strumosum im Oesophagus feststellte. 
Im Sommer 1910 fand Ciurea bei jungen Hühnern im Oesophagus einen 
Nematoden, den er mit Trichosoma strumosum Reibisch identifizierte, 
und 1912—1913 wies er im Pharynx und Oesophagus von Hühnern 
Trichosoma strumosum nach, ohne daß angeblich letzteres makro¬ 
skopische Veränderungen veranlaßt«. Nach Größe und anatomischer 
Beschaffenheit erscheint das oben beschriebene Trichosom mit dem 
Trichosoma strumosum Reibisch-Ciurea bzw. mit Trichosoma annu¬ 
latum identisch, wennschon die genannten Autoren sich in den 
Beschreibungen ihrer jedesmal besonders benannten Trichosomen 



Institut der Universität Freiburg i. Br. im Jahre 1922. 


303 


teilweise widersprechen. Literatur: Molin, Sitzungsber. d. Akad. Wien 
30.1858; Railliet, Traitö de Zoologie medicale et agricole S. 489. 2. Aufl.; 
Ciurea, Zeitschr. f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. u. Hyg. d. 
Haustiere 15, 49. 1914. 

YI. Augentuberkulose bei einer 4 1 /* jähr. Kuh. 

Bei der lebenden Kuh war Verdacht der Lungentuberkulose lestgeeteilt. 
Nach der Schlachtung ermittelte man außer Lungentuberkulose und tuberkulöser 
Hyperplasie in Gekröslymphknoten Tuberkulose beider Augen. 

Das rechte Auge enthielt im nasalen Abschnitt des Ziliarkörpers 
einen bohnengroßen, höckerigen, graugelben, trocken-bröckeligen, 
käsig-kalkigen, fibrös abgekapselten Tuberkel, der halbhügelig in die 
vordere Augenkammer einragte und nebst Ziliarkörper und Iris ver¬ 
schiebbar, mit der Umgebung nicht verwachsen erschien. Nachbarlich 
lagen mehrere disseminierte miliare, grauweiße, fibröse Tuberkel. 
Das linke Auge wies im temporalen Abschnitt des Corpus ciliare 
einen linsengroßen, scharf begrenzten, halbkugelig in die vordere 
Augenkammer vorspringenden derben, grauweißen, zentral käsig¬ 
kalkigen, peripher fibrösen Tuberkel auf. Im nasalen Abschnitt der 
Iris saß ein wickenkorngroßer, kalkig-fibröser Tuberkel. Außerdem 
fanden sich zwei stecknadelkopfkleine, grauweiße, sternförmig gezackte 
fibröse Tuberkelherdchen im nasalen unteren Quadranten des Tapetum 
chorioideae. Alle übrigen Teile beider Augen waren imverändert. 

Mikrosk&pisch bestanden die Tuberkel aus lymphozytären Bundzellen, 
polynukleären Leukozyten, nekrotischen Zellen, reichlichem Bindegewebe sowie 
Zerfallsprodukten derselben. Tuberkelbazillen wurden in vielen aus tuberkulösen 
Herden gefertigten Ausstrichpräparaten nur vereinzelt nachgewiesen. 

Mithin bestand bei fraglicher Kuh neben Lungen- und Gekrös- 
drüsentuberkulose beiderseitige Iridocyclitis tuberculosa chronica und 
linksseitige Chorioiditis tuberculosa disseminata. Die starke Verkalkung, 
die friböse Umwallung und der äußerst spärliche Bazillenbefund der 
Tuberkelherde weisen darauf hin, daß der tuberkulöse Prozeß beider 
Augen in Abheilung begriffen war. Schon durch die äußerliche Besich¬ 
tigung ist am lebenden Bind die Augentuberkulose an den gelblichen, 
käsig-kalkigen Herdeinlagerungen der Iris unschwer zu erkennen und 
gibt, da zumeist noch ausgebreitete Tuberkulose bzw. offene Lungen-, 
Uterus-, Darm- oder Eutertuberkulose vorhanden ist, bedeutungsvolle 
Hinweise zur veterinärpolizeilichen Aufdeckung vorgeschrittener Tu¬ 
berkuloseformen beim Rind. Über Entstehung, anatomische Verän¬ 
derungen und Formen der Augentuberkulose bei Tieren überhaupt 
vergleiche Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 48, H. 1. 1922. 



Bticherbesprechungen. 


Martin, Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. 2. umgearb. Aufl., IV. Bd., 
Lief. 2: Anatomie des Hundes und der Katze. 302 S., 100 Textabb. u. 2 Taf. 
Stuttgart, Schickhardt & Ebner, 1923. Grdz. 3,5 X jeweiligem Umrechnungs¬ 
schlüssel. j 

Sehr bald ist der 1. Lieferung des Schlußbandes die zweite gefolgt. Sie gibt 
eine ausführliche, jedoch durch straffe Textfassung und zweckmäßige Gliederung 
recht übersichtlich gewordene Darstellung der anatomischen Verhältnisse bei 
Hund und Katze, systematisch wie topographisch. Sowohl dem Bedürfnis des 
Tierarztes wie dem des vergleichenden Anatomen wird gleich gut entsprochen, 
ohne daß bei aller Kürze die Genauigkeit gelitten hätte. Die Abbildungen sind 
fast durchweg von Martin selbst angefertigt. Die zumeist in Strichtechnik wieder¬ 
gegebene zeichnerische Darstellung wirkt auch hier, wie schon bei der vorigen 
Lieferung rühmend hervorgehoben, klar instruktiv: das, worüber man sich unter¬ 
richten will, kann schnell ohne langes Suchen und Überlegen herausgefunden 
werden. Im Rahmen dieser Abbildungen wirken einige ältere Holzschnitte störend 
(96, 107, 108, 123, 132, 147). Die Wiedergabe der Abb. 92 und 110 erscheint mir 
in zu kleinem Maßstabe. Bei einer Reihe von Knochenbildem wäre es wünschens¬ 
wert, benennende Hinweise anzubringen. Auch die Taf. II sollte durch eine andere 
ersetzt werden: die Muskeln wirken wie vom Winde aufgebläht. Auf S. 162 könnte 
die von Kolwe festgestellte Größe der Pro- und Supinationsdrehung bei der Katze 
eingefügt werden. Die buchhändlerische Ausstattung mit sehr gutem Papier 
und klarem Druck ist vorzüglich. Das Erscheinen der vorliegenden Lieferung 
ist als recht erfreulich zu bezeichnen; ihre Anschaffung kann allen Interessenten 
bestens empfehlen werden. Drahn (Berlin). 

Raebiger, R., Das Meerschweinchen, seine Zucht, Haltung und Krankheiten. 

Hannover, M. u. H. Schaper. Grundzahl 1.— 

Was vom Meerschweinchen und seiner Zucht in der Literatur verstreut sich 
vorfand, ist hier zum ersten Male zusammenfassend bearbeitet. Daneben haben 
die Verff. der einzelnen Kapitel ihre eigenen Erfahrungen verwertet. Die Natur¬ 
geschichte des Meerschweinchen ist von Sokiolowsky bearbeitet, die allgemeine 
Tierzucht von Otto ; die Infektions- und Invasionskrankheiten sind von Steinmetz 
und Lerche zusammengestellt. Das Kapitel Desinfektion stammt von Lerche. 
Alle anderen Kapitel hat Raebiger Belbst geschrieben. Den größten Umfang 
nehmen die Stallbauten und die Krankheiten ein. 

Das Werk will die Zucht zum Nutzen der Seuchenforschungsinstitute fördejp. 
Die Zuchtbuchführung wird sich wohl schwer durchsetzen; die Durchführung dieser 
Maßnahme erscheint aber in Musterzucht betrieben notwendig. Das Werk wird 
dem Züchter, aber auch dem Wissenschaftler auf manchem Gebiete (Haltung, 
Fütterung) ein Ratgeber sein können. Sein Erscheinen ist auf das wärmste zu 
begrüßen. Die meisten der 23 Abbildungen sind leider so schlecht herausgekommen, 
daß sie besser fehlten. N. 



Bücherbesprechungen. 


305 


Flebiger, J., Die tierischen Parasiten der Haus- und Nutztiere sowie des 
Menschen. 2. Aufl. mit 353 Textabbildungen und 1 TafeL Wien und Leipzig, 
Wilhelm Braumüller, 1923. 

10 Jahre nach dem Erscheinen der 1. Auflage ist die Bearbeitung der 2. not¬ 
wendig geworden. Die menschlichen Parasiten sind mehr als bisher berücksichtigt, 
desgleichen die der Laboratoriumstiere und ferner überseeische Parasiten. 

Das Werk zeichnet sich durch prägnante Darstellung, übersichtliche Glie¬ 
derung und Druck aus. Das Wirtstierverzeichnis und ein ausführliches Sachregister 
erleichtern seine Benutzung als Nachschlagebuch. Das Abbildungsmaterial ist 
meist halbschematisch gehalten. N. 

Hutyra und Marek, Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. 6 . Aufl. 
Bd. I mit 259 Abb. und 19 Tafeln, Bd. II mit 172 Abb. und 3 Tafeln, Bd. III 
mit 187 Abb. und 6 Tafeln. Jena, Gustav Fischer. Grundzahl geh. 50, 
geb. 65. 

Dtas Erscheinen der 6. Aufl ist ein besonderes Ereignis, das den Autoren und 
dem Verlage nicht hoch genug angerechnet werden kann. Der umfangreiche Stoff 
ist auf 3 Bande verteilt worden. Zahlreiche Kapitel sind umgearbeitet, ergänzt 
und neu aufgenommen worden. Eine spanische Übersetzung ist erschienen, eine 
amerikanische 3. Aufl. wird vorbereitet. Einzelheiten können hier nicht gut hervor¬ 
gehoben werden. Mag das Werk selbst zeugen von Forschergeist und deutscher 
Buchtechnik. N . 

Pfyl, Dopen. Zum heutigen Stand der Dopingfrage. 40 S. Berlin, August Reher. 

Verf. äußert sich über den Umfang des Dopingunfuges und seine Bekämpfung, 
ferner über die diesbezügliche Änderung der Bestimmungen der Rennordnung. 
Ferner wird der Gang der Untersuchung auf Doping-Alkaloide angedeutet, die 
Technik jedoch nicht angegeben. Unsere pharmakologischen Institute beschäf¬ 
tigen sich mit dieser für die Pferdezucht wichtigen Frage nicht in dem erwünschten 
Umfange. Müssen sich die Tierärzte denn überall abdrängen lassen? Die rein 
chemische Untersuchung soll selbstverständlich dem Chemiker bleiben, doch die 
Klinik des Dopens wäre auszubauen, da der Renntierarzt den „Verdachtsfall“ 
auf dem Rennplätze festzustellen und das Weitere zu veranlassen hat. N. 

Winter, Über Kryptorchlden und ihre Hastration mit besonderem Hinblick auf 
das Pferd. 47 S. mit 7 Abb. Berlin, Richard Schoetz, 1923. Preis: Grundzahl 1.—. 

Es ist immer erfreulich, wenn ein alter Praktiker einmal ausnahmsweise auch 
zur Feder greift. Das Erfahrungsmaterial eines 70jährigen ist hier zusammen¬ 
getragen und wird dem Anfänger ein Leitfaden sein können. Der dänische Autor 
gibt eine Statistik über die Lage der Hoden, die sich auf die ungewöhnlich große 
Zahl von 3535 Fällen bezieht. Die Abb. 3 a und 3 b wären besser als Strichzeich¬ 
nung gegeben; dann könnte man die Fesselung der Stricke verfolgen. Da auch 
eine Beschreibung der verwendeten Wurfmethode fehlt, so kann man sich nicht 
orientieren. Der Narkose (Chloroform) widmet Verf. ein längeres Kapitel. Er 
will nie Störungen bei sorgfältiger Anwendung des Narkotismus gesehen haben. 
Die angegebene Maske scheint mir sehr praktisch zu sein. Dem erfahrenen Opera¬ 
teur bringt die Broschüre kaum etwas Neues, aber wer sich noch nicht sicher fühlt, 
sollte das Büchlein kaufen. 

Uns Deutschen in einer deutschen Broschüre als Vorbilder, denen die Mensch¬ 
heit und Tierwelt zu Dank verpflichtet ist, nur die Pasteur , Lister , Simpson , Morton 
namentlich vorzuhalten, und das in jetziger Zeit, wo die feindlichen Würger uns 
die Kehle zuschnüren, ist außer anderem eine Geschmacklosigkeit. ] N. 



306 


Bücherbesprechungen. 


v. Ostertag, Die Auslührungsbestimmungen A zum Reichs-Fleischbeschau* 
Gesetz, mit Erläuterungen. Berlin, Richard Schoetz, 1922. Grundzahl 1,20. 

Die Broschüre sei allen auf dem Gebiete der Fleischhygiene und -Untersuchung 
tätigen Tierärzten und Behörden empfohlen. N. 

Prof. Dr. A. Eber-Leipzig und Prof. Dr. L. Länge-Berlin, Neue Passageversuche 
mit menschlichem Tuberkulosematerial. (Ein Beitrag zur Frage der Typen¬ 
umwandlung der Tuberkelbacillen.) (S.-A. aus Beitr. zur Klinik der Tuberkulose 
Bd. 54 , H. 1. Verlag Julius Springer, Berlin.) 

Eber hatte bekanntlich seit 1903 Untersuchungen über die Beziehungen 
zwischen Menschen- und Rindertuberkulose angestellt, über die er zuletzt im Jahre 
1911 abschließend berichtete. Da das Reichsgesundheitsamt bei einer im Jahre 
1911 vorgenommenen Nachprüfung der Versuche weder die von Eber berichtete 
Umwandlung humaner Tuberkelbacillen in bovine, noch das vorübergehende Haften 
des ursprünglich humanen Materials in der Bauchhöhle der Versuchsrinder beob¬ 
achten konnte, die Widersprüche in den beiderseitigen Versuchsergebnissen aber 
durch ein Abweichen in der Methodik zum Teil erklärt werden konnten, wurde 
vom Januar 1913 ab eine gemeinsame Nachprüfung nach einem einheitlichen Ver¬ 
suchsplan begonnen. Leider mußten die Arbeiten infolge des Weltkrieges vorzeitig 
abgebrochen werden. 

Wenn auch die Untersuchungen, über die in der vorliegenden Ausgabe unter 
Einfügung einer Reihe farbiger und schwarzer Textabbildungen berichtet wird, eine 
endgültige Lösung des Problems der Typenumwandlung der Tuberkelbacillen nicht 
gebracht haben, so haben sie immerhin das bedeutsame Ergebnis gezeitigt, daß in 
einzelnen Fällen die bisher für die Typentrennung benutzten biologischen Unter¬ 
scheidungsmerkmale im Sinne einer allmählichen Annäherung der beiden Sauge¬ 
tierbacillentypen beeinflußt werden konnten. HöbsUUer. 

Siebter, Johannes, Ursachen nnd Behandlung der Unfruchtbarkeit des Rindes. 

30 S. mit 17 Abb. Berlin, Richard Schoetz. Grdz. 0,75. 

Verf. gibt in dieser Schrift einen kurzen, zusammenfassenden Überblick über 
die Sterilität des Rindes. In der Streitfrage AJbrechlsen-Hess nimmt er klar 
Stellung und trägt zur Klärung dieser Frage wesentlich bei. Die Kasuistik wird auf 
Grund zahlreicher eigener Erfahrungen vermehrt. Das Werkchen eignet sich be¬ 
sonders zur Vorbereitung für die Teilnahme an einem der zahlreich abgehaltenen 
Sterilitätskurse. N. 

Großbauer-Habacher, Der Huf- und Klauenbeschlag. 5. AufL 379 Abb. und 
3 farbige Tafeln. Wien-Leipzig, Braumüller. 

Indem in Österreich eingeführten Lehrbuche sind bei der Neuauflage neu¬ 
bearbeitet worden die Geschichte des Hufbeschlages, Hufmechanik, Hufpflege, 
die Abschnitte über den kranken Huf, der Beschlag der Esel und Maultiere, die 
Hufbehandlung bei Lahmheiten, der Klauenbeschlag, die Gesetze, die Schadener¬ 
satzpflicht (Österreich betr.). 

Das Lehrbuch ist gut disponiert, klar geschrieben und behandelt den Stoff 
lückenlos. Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Die Eigenartig¬ 
keit des Großbauer sehen Buches hat der neue Bearbeiter erhalten. N. 

Wiemann, Veröffentlichungen aus den Jahres-Veterinär-Berichten der be¬ 
amteten Tierärzte Preußens für die Jahre 1914—1918. Berlin, Paul Parev, 
1923. 

Der Bericht bringt die Tierseuchenstatistik der Kriegsjahre, einschließlich 
einer Übersicht der erlassenen Verordnungen. N. 



Bücherbesprechungen. 307 

Schleich, G., Tieraugenhellkunde. Mit 3Textfiguren. Berlin, Julius Springer, 1922. 

Grundzahl 8,5. 

Das dem Altmeister Bayer zugeeignete Werk umfaßt in gedrängter Kürze 
übersichtlich geordnet das ganze reiche Tatsachenmaterial dieses großen Spezial¬ 
gebietes. Vornehmlich beschäftigt sich das Werk mit den Haustieren. Wenn der 
ärztliche Autor sagt, daß dieser Zweig der Tierheilkunde selbständige Fortschritte 
nur selten gemacht hat und daß Wissenschaft und Praxis fördernde Anregungen 
von ihr bisher nur wenige ausgegangen sind, so ist ihm beizupflichten. Das sollten 
diejenigen beachten, denen die Pflege dieses Zweiges unserer Wissenschaft besonders 
obliegt. 

Das Werk ist kein Lehrbuch und will es auch nicht sein. Es eignet sich nicht für 
den Veterinärstudenten, dagegen für alle Institute, auch die medizinischen, die 
sich mit vergleichender Augenheilkunde beschäftigen. Die Beigabe der vollstän¬ 
digen Literaturverzeichnisse erhöhen den Wert des Buches erheblich. N . 

Möller, Rievel, Fleisch- und Nahrangsmittelkontrolle. Bd. H mit 169 Abb. 

295 S. Hannover, M. <fc H. Schaper, Grundzahl brosch. 5,50; geb. 7,50. 

Dem im 47. Band des Archivs besprochenen ersten Band ist nunmehr der zweite 
abschließende Band gefolgt. In ihm werden aus dem besonderen Teil der außer¬ 
ordentlichen Fleischbeschau die Abschnitte Wild, Geflügel, Fische, Krustentiere, 
Muscheltiere, Schnecken, Schildkröten, Frösche und Eier behandelt. Bei jedem 
einzelnen Abschnitt werden die Bedeutung als Nahrungsmittel, Merkmale, Krank¬ 
heiten, Fleischbeschaffenheit, Haltbarkeit und postmortalen Veränderungen, 
Konservierungsmethoden, Vergiftungen, Verfälschungen, Untersuchungsmethoden 
erörtert, Gesetzes- und polizeiliche Maßnahmen angezogen, fehlende Entwürfe 
gegeben. Die Beschreibung der Merkmale zur Bestimmung und Unterscheidung 
von Art, Geschlecht und Alter wird, wo überall wünschenswert, durch Abbildungen 
gestützt. 

Der zweite Band steht an Trefflichkeit dem ersten in nichts nach. Ich hätte 
daher mein früheres Urteil hier nur zu wiederholen. Gegenüber dem überragenden 
Wert des Ganzen ist völlig belanglos, daß man ab und zu in Einzelheiten anderer 
Ansicht sein kann als Verfasser, so über die Reifung beim Fischfleisch (S. 200) 
und die Haltbarkeit toter Fische beim Versand (S. 213). HdbsteUer . 


Berichtigung. 

In Band 49, Heft 4/5 dieses Archivs ist bei der Besprechung des Buches 
Reinhardt, „Handbuch der Geflügelkrankheiten**, Hannover, M. u. H. Schaper, 
versehentlich Reichhardt statt Reinhardt gedruckt worden. 



Autorenverzeichnis 


Blankenburg, E . siehe K . Ä/etimann. 
S. 158. 

Bücherbesprechungen, S. 134,243,304. 

Brasch, Han«. Versuche über die kli¬ 
nische Verwendbarkeit des Oxydi- 
phenylmethans „Allegan-Bayer“ als 
Wurmmittel. S. 264. 

Dahmen, Hans . Beitrag zum Studium der 
Lungenseuche des Rindviehs. S. 49. 

—. Beitrag zum Studium der Lungen¬ 
seuche des Rindviehs. II. Mitteilung. 
S. 283. , 

Drahn, Fritz. Zur Entstehung der Hy¬ 
per daktylie beim Schwein. Eine em¬ 
bryologisch-entwicklungsmechanische 
Studie. S. 245. 

Frosch , P. Die Morphologie des Lungen¬ 
seucheerregers. (Eine mikrophotogra¬ 
phische Studie.) S. 35. 

—. Zur Morphologie des Lungen¬ 
seucheerregers. U. Mitteilung. S. 273. 

Hock, B . Das Vorkommen von auto¬ 
genem Pigment in den Milzen und 
Lebern gesunder und kranker Pferde. 
S. 117. 

Kantorowicz, R . und F.H.Lewy . Neue 
parasitologische und pathologisch-ana¬ 


tomische Befunde bei der nervösen 
Staupe der Hunde. S. 137. 

Lewy, F. H. siehe B. Kantorowicz. S. 137. 

Miessner, H. Weiherede anläßlich der 
Enthüllung des Sehützdenkmals am 
22. Oktober 1922. S. 1. 

Neumann und Reinhardt. Zur Ätiologie 
der Lecksucht des Rindes. S. 9. 

Neumann K . und E. Blankenburg. Ist die 
Hufkrebsbehandlung mit SO*-Gas 
durch eine solche mit Sulfoliquid und 
Sulfofix zu ersetzen*? S. 158. 

Pataki, P. Zur Behandlung der Beschäl¬ 
seuche. S. 180. 

Quinlan,John. Die Übertragungsinög- 
lichkeit von Abortus-Bacillen auf Käl¬ 
ber, die mit Milch von infizierten Kühen 
gefüttert werden. S. 192. 

Reinhardt , Gurt. Eine Ersparnis und Ver- 
besserung beim Ilufverband. S. 261- 

Reinhardt siehe Neumann . S. 9. 

Schlegel, M. Mitteilungen aus dem Tier- 
hygienischen Institut der Universität 
Freiburg i. Br. im Jahre 1922. S. 289. 

ZeUer, H . Weitere Untersuchungen über 
das seuchenhafte Verwerfen des Rin¬ 
des. S. 65. 



ARCHIV 

FOB 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

E. ABDERHALDEN-HALLE A. S., ST. ANGELOFF-SOFIA, M. CASPER-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGEB-DRESDEN, W. ERNST-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH. K. HOBSTETTER-JENA, F. HUTFRA von SZEPESHELT- 
BUDAPEST,H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK¬ 
BUDAPEST, fl.MIESSNER-HANNOVER, K.NEUM ANN-BERLIN, A.OLT-GIESSEN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 
50. BAND 

MIT 17 TEXTABBILDUNGEN 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1924 



Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipsig 



Inhaltsverzeichnis 


Heft 1. 

1 . Originalien . Seit <* 

Hirsch, Paul. Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 

zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. (Mit 

4 Textabbildungen). . 1 

Magnusson, Hilding. Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. Ein 

neuer Eitererreger beim Pferde. (Mit 5 Textabbildungen). 22 

Neumann, K., und C. Reinhardt. Zur Lecksuchtsfrage (Humalcalbehandlung) 39 
Scheunert, Arthur, und Fr. W. Krzywanek. Zur Frage der Alkalireserve 

im Blute lecksuchtkranker und mit Humalkal behandelter Rinder . . 51 

StandfuB, Richard. Erfahrungen mit der Haltbarkeitsprobe des Fleisches 

nach M. Müller. 55 

Brandt, Carl. Beitrag zur Bewertung der Yohimbin Wirkung bei der Sterilitäts¬ 
behandlung des Rindes. 62 

2. Bücherbesprechungen . 69 

3 . Dissertationen. 

Rachfall, Adolf. Zur Frage der Spezifität des Noltzeschen Sedimentierungs- 

verfahrens zur Diagnose der ansteckenden Blutarmut. 73 

Starfinger, Ernst. Ein Beitrag zur Druseimpfung. 81 

Katechin sky, Paul. Die Herzknorpel des Pferdes. 84 

Frleaicke, Paul. Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten .... 90 

Schulte-Bisping, Joseph. Die Agglutination bei der Lungenseuche .... 104 

Haendler, Eberhard. Untersuchungen über die Brauchbarkeit der Aggluti¬ 
nationsprobe mit dem Diagnosticum Fornet für die Diagnose der Rinder¬ 
tuberkulose . 111 

Heft 2. 

/. Originalitn. 

Bitter, Ludwig, und H. Holtz. Die Bedeutung der Typentrennung in der 

Paratyphus-Enteritisgruppe .119 

Manninger, R. Ist die Komplementbindungsprobe zur Untersuchung von 

Schweineseren geeignet?. 157 

Hesse, Erich. Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, auf die Fort¬ 
entwicklung des Rotlauf- bzw. Muriseptious-BaciUus.168 

2. Bücherbesprechungen . .192 

3. Dissertationen . 

Rasch, Kurt. Versuche mit einem neuen, SO, abspaltenden Mittel zur 

Ungezieferbekämpfung .193 

TOllner, Wilhelm. Pseudohermaphroditismus bei der Ziege .205 

Rahne, Albert. Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik des 

Rauschbrandes, zur Impfung und Entschädigungsfrage.213 

Majew8ki, Walther. Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hund, 

Rind und Pferd und Vorschläge zur zeitgemäßen wirksamen Bekämp¬ 
fung dieser Seuche.219 




















IV 


Inhaltsverzeichnis. 


Heft 3. Seit« 

1. Originalien. 

Waldmann, 0., und K. Trautwein. Versuche zur aktiven Immunisierung 

gegen Maul- und Klauenseuche. 229 

Schmidt, Wilhelm. Intravenöse Anwendung von Atophanpräparaten bei 

Gelenkerkrankungen, speziell bei der Rotlaufarthritis von Serumtieren 237 
Berge, Ewald. Beiträge zur Indikation und Ausführung der Hysterektomie 

bei kleinen Haustieren . ,.245 

Bittner, H. Schistogonimus rarus (Braun), ein seltener Trematode in der 
Bursa Fabricii einer an Tetrameres-Invasion gestorbenen Hausente. 

(Mit 1 Textabbildung) .253 

Holthöfer, Willy. Beitrage zur klinischen Diagnose der Trächtigkeit der 

Stuten .262 

2. Bücherbesprethungen .266 

3. Dissertationen. 

Zunker, Martin. Untersuchung Uber das Vorkommen von Bakterien in den 
Nasennebenhöhlen bei Pferd und Rind, nebst einer Studie über 

Sch leimcysten. 269 

Meinicke, Wilhelm. Beitrag zur Kenntnis einer lecksuchtähnlichen Er¬ 
krankung des Rindes im Spreewald .277 

Kühne, Walter. Die Beschälseuche in der Altmark 1922 und 1923 . . . 283 

Schmidt, W. Über die Wirkung und Anwendbarkeit des Flavizid als Anti- 

septicum in der Veterinärmedizin.291 

Lingk, Ernst. Ein Fall von Pseudohermaphroditismus beim Schwein . . 299 

Heft 4. 

1. Originalien. 

Grüttner, Felix. Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei 
Notschlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankheiten bzw. Krankheits¬ 
gruppen verbindlich zu fordern?.307 

Bierbanm, K. Über die Haltbarkeit des nach dem Verfahren der G. A. Krause 

& Co. A.-G. in München gewonnenen Rotlauftrockenserums .... 329 

Kettütz. Die Ermittlung des Alkalitätsoptimums für die Züchtung des Rot¬ 
laufbacillus mit Hilfe des Komparatorverfahrens nach Michaelis. (Mit 

1 Textabbildung).334 

Schmidt, Wilhelm. Experimentelle Untersuchungen Uber die Immunitäts¬ 
verhältnisse nach der Rotlaufsimultanimpfung unter besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Empfänglichkeit.341 

2 Bücherbesprechungen .350 

3. Dissertationen. 

Rietz Jun., Arthur. Die Anwendung der Riffart-Gersbachschen quanti¬ 
tativen Ausgestaltung der Abderhaldenschen Reaktion zur Feststellung 

der Schwangerschaft beiin Rinde.355 

Krey, Walther. Die frühen cellularen Reaktionen dos Mäusekörpers nach 

der Einspritzung einiger Flagellatenkulturen.368 

Wessel, Fredy. Zur Bewertung der Paro-Strickhufeisen.376 

Rosencrantz, Herbert. Zur pathologischen Histologie der herdförmigen Ver¬ 
änderungen bei Geflügelcoccidiose.384 

Struwe, Edmund. Untersuchungen über das Vorkommen von Fett in der 

Niere des Schafes.392 




















Inhaltsverzeichnis. V 

Seit« 

Heft 5. 

1. Originalien. 

Leonhardt, W. Klinische Studien über Ponndorfimpfungen bei Rindern . 399 

Dahmen, Hans. Beitrag zum Studium der Lungenseuche. UI. Mitteilung 415 
Lund, K. Primäres Spindelzellensarkom mit sekundärer schleimiger Meta¬ 
morphose (Sarcoma myxomatosum) in der Leber einer Kuh .... 422 

Stoss, A. 0. Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute.428 

2. Bücherbesprechungen .443 

3 . Dissertationen. 

Lappe, Bernhard. Beiträge zur Kenntnis der Pathologie der durch Selero- 

stomum edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen.447 

Sickmüller, Emil. Über die Infektionsverhältnisse bei dem Wasserfrosch- 
coccid Isospora lieberkühni und die durch diesen Parasiten in der 
Wasserfroschniere verursachten Veränderungen im Laufe des Jahres 

und bei den verschiedenen Altersstufen der Frösche.458 

Galke, Karl. Stalagmometrische Untersuchungen des Pferdeserums unter 

besonderer Berücksichtigung der Trächtigkeit.468 

Freundlich, Walter. Über ein Adenocarcinom bei der Katze nebst einer 

Zusammenstellung der Literatur über die Tumoren der Katze ... 477 

Schfitte, Emil. Der Fettgehalt des Knorpels unserer Haustiere.487 

Metz, Hans. Die Struktur der Ohrknorpel des Pferdes.494 

Heftß . 

1. Originalien. 

Schlegel, M. Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind 499 

Schmidt, Wilhelm. Beitrag zur Rotlaufimmunität.520 

Kipshagen, Franz. Hydrophthalmus bei einem Küken und einer Katze mit 
Linsenzerrung und Luxation des Linsenkemes aus der Kapsel. (Mit 
6 Textabbildungen).539 

2. Dissertationen. 

Telpel, Heinrich. Vergleichende Untersuchungen über den diagnostischen 
Wert der Conjunctival- und der Palpebralreaktion bei der Rinder¬ 
tuberkulose . 551 

Lindner, Walter. Versuche mit Greifswal der Farbstoffmischung und Methyl¬ 
violett (Pyoktanin) bei Schleimhauterkrankungen der Hunde unter be¬ 
sonderer Berücksichtigung der eitrigen Conjunctivitis.557 

Graf, Otto. Über die Ausscheidungen artgleichen und artfremden Maul¬ 
und Klauenseuche-Immunserums bei Meerschweinchen.565 

Krüger, Hans. Über die Auswertung von Malleinen.574 

Skerlo. Betrachtungen über die Fleischfäulnis und Beiträge zur Wertbe¬ 
urteilung einzelner chemischer Feststellungsmethoden derselben für 

die Nahrungsmittelkontrolle.581 

Gorenluc, Andrei. Das schleswigBche Pferd, seine Zucht und mechanischen 

Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a.586 

Braun, Max. Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet Deutsch- 

Neu-Guinea .597 

Autorenverzeichnis . 606 



















\ 



NOV 8 .1923 

M ÜK 


ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE END PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

B. ABDERHALDEN-HALLE A.S., ST. ANGELOFF-SOFIA, BL CASPER-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. ERN8T-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH. K. HOBSTETTER-JENA, F. HUTTRA VON SZEPESHELY- 
BUDAPEST, H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.BIARTIN-GIESSEN, J. BIAREK- 
BUDAPEST,fl.BIIESSNER-HANNOVER,K.NEUMANN-BERLIN,A.OLT-GIES8EN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 
50. BAND. 1 . HEFT 

MIT 9 TEXTABBILDUNGEN 
(AÜSGEGEBEN AM 21. SEPTEMBER 1923) 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1923 


JI Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde. 60. Band, Heft 1. 


Das „Archiv für wissenschaftliche and praktische Tierheilkunde“ 

erscheint in Bänden von je 6 Heften. 

Das Archiv erscheint vom 50. Bande ab nach Maßgabe des eingehenden Materials 
in zwanglosen, einzeln berechneten Heften, von denen sechs einen Band von etwa 
42 Bogen bilden. 

Der für dieses Archiv berechnete Bandpreis hat seine Gültigkeit nur während der Dauer 
des Erscheinens. Nach Abschluß eines jeden Bandes tritt eine wesentliche Erhöhung ein. 

An Sonderdrucken werden den Herreji Mitarbeitern von jeder Arbeit 30 Exemplare 
kostenlos geliefert. Doch bittet die Verlagsbuchhandlung, nur die zur tatsächlichen 
Verwendung benötigten Exemplare zu bestellen. Über die Freiexemplarzahl hinaus 
bestellte Exemplare werden berechnet Die Herren Mitarbeiter werden jedoch in ihrem 
eigenen Interesse dringend gebeten, die Kosten vorher vom Verlage zu erfragen, um 
spätere unliebsame Überraschungen zu vermeiden. 

Manuskriptsendungen für das Archiv werden erbeten an: 

Herrn Professor Dr. Neumann, Berlin NW, Luisenstraße 56, 

Herrn Professor Dr.Miessner, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. Hobstetter, Jena, Veterinäranstalt 

Es wird vorausgesetzt daß die eingesandten Arbeiten dem „Archiv 11 zum alleinigen 
Abdruck gegeben werden; Zweidrucke sind von der Aufnahme ausgeschlossen. 

Im Interesse der unbedingt gebotenen Sparsamkeit wollen die Herren Verfasser auf 
knappste Fassung ihrer Arbeiten und Beschränkung des Abbildungsmaterials auf das 
unbedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Verlagsbuchhandlung Julius Springer 


50. Band. 


Inhaltsyerzeichnis. 


1. Heft 


1. Originalien. Sette 

Hirsch, PauL Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode zum 
frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. (Mit 4 Textabbil¬ 
dungen) . 1 

Magnusson, Hildlng. Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. Ein neuer 

Eitererreger beim Pferde. (Mit 5 Textabbildungen) .22 

Neumann, K., und C. Reinhardt Zur Lecksuchtsfrage (Humalcalbehandlung) . 39 

Scheunert, Arthur, und Fr. W. Krzywanek. Zur Frage der Alkalireserve im 

Blute lecksuchtkranker und mit Humalkal behandelter Rinder.51 

Standfuß, Richard. Erfahrungen mit der Haltbarkeitsprobe des Fleisches nach 


M. Müller.55 

Brandt, Carl. Beitrag zur Bewertung der Yohimbinwirkung bei der Sterilitäts¬ 
behandlung des Rindes .62 

2. Bücherbesprechungen .69 

3. Dissertationen. 

Rachfall, Adolf. Zur Frage der Spezifität des Noltzeschen Sedimentiemngsver- 

fahrens zur Diagnose der ansteckenden Blutarmut.73 

Starfinger, Ernst Ein Beitrag zur Druseimpfung.81 

Katschinsky, Paul. Die Herzknorpel des Pferdes.84 

Friesicke, Paul. Die Wirkung des „Sulfoliquid 4i auf Ektoparasiten.90 

Schulte-Blsplng, Joseph. Die Agglutination bei der Lungenseuche.104 


Haendler, Eberhard. Untersuchungen über die Brauchbarkeit der Agglutinations¬ 
probe mit dem Diagnosticum Fornet für die Diagnose der Rindertuberkulose 111 


C R E O L I N 


Anerkannt bestes Desinfektionsmittel. Unentbehrlich in 
der Wundbehandlung sowie gegen Seuchen aller Art 

Literatur gratis durch 

Mnfolirlk Ottomor Qunnift. HanM ll 

ei«) 





















Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 
zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, 
zunächst bei der Stute. 


Von 

Prof. Dr. Paul Hirsch. 

(Aus der chemischen Abteilung dee Pharmakologischen Institutes der Universität 

Jena.) 

Mit 4 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 17, Mai 1923J 

Durch die Arbeiten von Emil Abderhalden wissen wir. daß, wenn 
dem tierischen Organismus unter Umgehung des Magen- Darmkanak 
körper- bzw. blutfremde Substanzen zugeführt werden, dieser mit der 
Mobilmachung sog. Abwehrfermente antwortet. Beobachtungen patho¬ 
logischer Anatomen hatten erwiesen, daß bei der Schwangerschaft 
blutfremde, aber arteigene Stoffe im Blute kreisen können, die man 
als in die Blutbahn verschleppte Zelltrümmer von Chorionzotten ansah. 
Nach Abderhaldens Theorie müssen diese verschleppten Zelltrümmer 
die Bildung von spezifischen auf Placenta-Eiweiß eingestellten Ab¬ 
wehrfermenten im Blute zur Folge haben. Es können aber nicht nur 
solche gelegentlich losgerissene Zelltrümmer sondern auch Zerfalls¬ 
produkte oder Stoffwechselprodukte der Placenta Abwehrfermente 
hervorrufen. Diese Anschauungen wurden durch Versuche als richtig 
bewiesen, auf ihnen gründet sich die von Abderhalden angegebene 
Sero-Diagnostik der Schwangerschaft, die sog. Abderhalden- Reaktion. 

Bei den Pferden, bei welchen gerade ein frühzeitiger Trächtigkeits¬ 
nachweis besonders wichtig ist, sind die theoretischen Grundlagen 
insofern verwickelter, als das Pferd über keine echte Placenta sondern 
nur über eine sog. Semi-Placenta verfügt. Nichtsdestoweniger haben 
Untersuchungen, über die weiter unten berichtet werden wird, ergeben, 
daß es auch bei Pferden möglich ist, einwandsfreie Trächtigkeits¬ 
diagnosen zu stellen. 

Zum Nachweis der Abwehrfermente standen mehrere Methoden zur 
Verfügung. Die bekanntesten sind das Dialysierverfahren sowie die op¬ 
tische Methode, beide von Abderhalden selbst angegeben. Im Jahre 1914 
veröffentlichte Hirsch eine neue Methode zum Nachweis und zur quanti¬ 
tativen Bestimmung der Abwehifermente, die das Löwe sehe Flüssigkeits- 
Interferometer benutzt und auf folgenden Überlegungen beruht: 

Arch. t Tierhellk. L. \ 



2 P. Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 


Lasse ich ein Abwehrfermente enthaltendes Serum auf ein besonders 
dargestelltes Organsubstrat, das von den spezifischen Abwehrfermenten 
abgebaut wird, einwirken, so bekomme ich durch die infolge des Ab¬ 
baues gebildeten und in Lösung gehenden Abbauprodukte eine Kon¬ 
zentrationszunahme des Serums. Diese Konzentrationszunahme kann 
ich durch Messung gegen eine Probe gleichen Serums, die ohne Substrat¬ 
zusatz aufbewahrt wurde, mittels des Interferometers feststellen. Da 
nach den Gesetzen der Fermentwirkung Beziehungen zwischen der 
Menge des Fermentes, Menge des Substrates, Dauer der Einwirkung 
und Fermentwirkung bestehen, kann auf die Quantität des Fermentes 
bei gleicher Menge des Substrates, gleicher Einwirkungsdauer und 
gleicher Konzentration des Systems aus der Fermentwirkung, hier aus 
der Menge der gebildeten Peptone, geschlossen werden. 

Bei der frühzeitigen Trächtigkeitsdiagnose liegen die Verhältnisse 
so, daß man als Organsubstrat ein ,, Placen ta‘ ‘ - Pulver benutzt. Es 
empfiehlt sich immer, das arteigene „Placenta“-Präparat zu verwenden. 
Das Serum einer trächtigen Stute z. B. enthält spezifische auf „Placenta“ 
eingestellte Abwehrfermente, die wie oben angegeben, einen Abbau 
der „Placenta“ und damit eine Konzentrationszunahme desselben be¬ 
wirken. Das Serum eines Hengstes, eines Wallaches oder einer nicht¬ 
trächtigen Stute enthält diese Fermente nicht. Es bewirkt also keinen 
Abbau, mithin auch keine Konzentrationszunahme des Serums gegen¬ 
über der Vergleichsprobe. 

Um diese Überlegungen sowie das Prinzip interferometrischer 
Messungen im allgemeinen sowie der interferometrischen Methode zum 
Studium der Abwehrfermente im speziellen klar zu legen, geben wir 
im nachfolgenden eine leicht verständliche Erklärung des Interfero¬ 
meters, die wir Herrn Dr. Löwe verdanken. 

Übergießt man in einem Wasserglas eine den Boden reichlich bedeckende 
Schicht klaren Zuckers mit Wasser und läßt das Glas stehen, ohne umzurühren, 
so wird der Zucker allmählich unsichtbar, er löst sich im Wasser. Saugt man 
dann mit einem Strohhalme eine Probe aus dem oberen Viertel des Glases, so ist 
vom Zucker nichts zu schmecken, kostet man in gleicher Weise von der untersten 
Schicht am Boden des Glases, so schmeckt das Wasser stark gesüßt. Rührt, man 
ein wenig um, so sieht man am eigenartigen Glanze im Wasser, daß die Zuckerlösung 
am Boden saß, also offenbar schwerer als Wasser ist. Das W T asser hat also durch 
das Auflösen des Zuckers eine seiner physikalischen Eigenschaften geändert, sein 
Litergewicht. Da aber die Lösung ihren Platz am Boden des Gefäßes durch einen 
eigenen Glanz verrät, zeigt die Lösung auch gegenüber dem Lichte ein anderes 
Verhalten als das Wasser, man sagt, die Lösung hat eine stärkere Lichtbrechung 
als das Wasser; zusammenfassend kann man also feststellen, daß eine Zucker¬ 
lösung, verglichen mit Wasser, spezifisch schwerer und optisch dichter ist. Die 
Zuckerindustrie zieht aus diesen physikalischen Eigenschaften der Zuckersäfte 
großen praktischen Nutzen; um den Gehalt der Säfte an Zucker und den sonst 
noch darin gelösten Stoffen (Salzen) zu erfahren, läßt der Betriebsleiter entweder 
das spezifische Gewicht mit sog., auch in den Brennereien gebräuchlichen Spindeln 



zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 


3 



bestimmen oder aber neuerdings die Lichtbrechung in Lichtbrechungsmessem 
(Refraktometer). So wird eine chemische Eigenschaft einer Lösung, ihr Gehalt, 
auf einem physikalischen Wege ermittelt, ohne chemische Analyse; große Ver¬ 
änderungen des Gehaltes, z. B. beim Eindicken der Säfte in den mächtigen Vakuum¬ 
apparaten, ergeben große Veränderungen der Lichtbrechung; das Naturgesetz 
aber, das die Lichtbrechung an den Gehalt einer Lösung fesselt, gilt auch für ge¬ 
ringe und sogar für äußerst geringe Veränderungen. Das oben genannte Zucker¬ 
refraktometer ist ein auf die Praxis zugeschnittenes Meßinstrument; äußerst ge¬ 
ringe Veränderungen der Lichtbrechung soll und kann es nicht anzeigen, ebenso 
wie eine schwach vergrößernde Lupe zwar bei der Untersuchung von Sämereien 
gute Dienste leistet, aber die Räder¬ 
tierchen im Wasser uns nicht zeigt. 

Für derartig hohe Leistungen zur 
Betrachtung kleinster Gegenstände ist 
das Mikroskop, zur Messung kleinster 
Veränderungen des Gehaltes von Le¬ 
sungen ist das Interferometer bestimmt. 

So ähnlich diese beiden Apparate dem 
Range nach sind, so verschieden sind 
sie in ihrer Wirkimgsweise. Das Mikro« 
skop ist so eingerichtet, daß der Be¬ 
obachter eine bestimmte ebene Schicht 
in dem betrachteten Wassertropfen mit 
größter Deutlichkeit und hoher Ver¬ 
größerung vor sich sieht, und alle Vor¬ 
gänge in dieser Schicht verfolgen kann. 

Dagegen ist das Interferometer mit 
einem Fernrohre ausgerüstet, das dem 
Beobachter ermöglicht, durch die Lö¬ 
sung, wie durch eine Fensterscheibe 
hindurchzusehen, ohne aber irgendeine 
Einzelheit der Scheibe, etwa eine Luft¬ 
blase im Glase zu enthüllen. Genauer 
gesagt, steht vor dem Fernrohre immer 
ein Doppelgefäß mit 2 Lösungen, einer 
Lösung mit unveränderlicher Licht¬ 
brechung, der Probe, und einer mit un¬ 
veränderlicher, dem Muster. Für das 
Fernrohr ist die optische Wirkung der 

veränderlichen Lösung gleich der einer durchsichtigen Glasspalte von wechselnder 
Dicke, die Wirkung der unveränderlichen Lösung aber gleich der einer immer gleich 
dicken Platte. Bringt man vor die Objektivseite also nicht vor das Okular — eines 
Fddstechers zwei verschieden dicke, gleichgut geschliffen und polierte Platten aus 
Spiegelglas, die je zur Hälfte das Objektiv bedecken, so ist im Bilde der etwa 
betrachteten Landschaft kein Unterschied zu bemerken. Dahingegen ist das Inter¬ 
ferometer befähigt, Unterschiede der beiden „Fenster“ oder der beiden Lösungen, 
in seinem Fernrohre in augenfälliger Weise anzuzeigen. Zu dem Zwecke w'ird im 
Gesichtsfelde des Interferometer-Fernrohres ein eigenartiges Bild, nämlich eine 
Schar von schwarzen, weißen und bunten Fransen erzeugt, die nur entstehen, 
wenn aus jeder der beiden Lösungen ein Strahlenbüschel in das Fernrohr tritt, 
die aber sofort verschwinden, wenn man, etwa mit einem Kartenblatt, die aus 
einer der Lösungen kommenden Strahlen abfängt. Derartige Bilder, die erst durch 


Abb. 1. Schematische Darstellung der Einrich¬ 
tung und des Strahlenganges des Interferometers 
im Auf- und Grundriß. B ist der Beleuchtungs- 
apparat, kleines Osraml&mpchen. Die Licht¬ 
strahlen gehen durch das Fernrohr, durch das 
Temperierbad Tr und die Flüssigkeitskammer W, 
die zur Aufnahme der beiden zu untersuchenden 
Lösungen dient, nach dem mit Blenden ver¬ 
sehenen Spiegel S. Sie werden dort reflektiert 
und gehen auf demselben Wege zurück. Die 
Interferenzerscheinung (Spektrum) wird durch 
das Okular Ok beobachtet. P t und P t sind zwei 
gleichdicke planparallele Glasplatten, von denen 
P x beweglich ist. Die Bewegung geschieht durch 
die Schraube M mit Teilung und Umdrehungs- 
z&hler Z. Diese ganze Einrichtung bildet den 
Kompensator K, 


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muß* im* '.dütrJhttttiimftu 1 », «te in der «cK^Ä<5hmit.• !; **|fcr' Plastik' •’Zwinge 
ich not) jedes StmhLrmhümihf*! vordem tötftxitt** m d*A F^rtinHur r rio^h diitt^b eiDe 
t&vtplfcito- in, mär^bkft*» iml die- »Strahler* <irr jH*rk*->rn-Lesung durch eine 
^hfcdchrtreiÄimg zu treten, 

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tttr ••tffc' and F> ifi a«<l "&$'& flbndhabrti ..^wr’rieit^mni'rhm'en «f«$r «aöaam 

Kommet au« df*m Tempederbade. •*»■ ä Cffiff mb: V?rtl«».t iucii Anhaben d»r amtin^boreu Doppd* 
pUtt e ‘£*1*. •' DiaItefortfc 'Ü#P*8PVk * .wtffd«« durch dea mit *7 fe&tvgrbüuüenoti Deckel Jt> «rer* 
Khio^en/ Jtf .& Mark« aur B:ez«H:bflUiig d^rjeuiget» SiliniabeU» der Kaniiaer die beüm ßioaeUKr» 
Uiuii) dem Okular defe Intejrfercm«p^r6 *u Jffcgfctt kommt. 


virn»Glasplatten jtR**c»n<ier Oiekv :h-n \ »UX^hu d der ^LcxhioLniii^ <der dog. 
dptig^beri Wegl&nge) auagltdchrn,; bi»*-, jtas Spüktrtmi wlÄävp 

*teh(r ■ MtrüöH ich ^dibeßlieb.''«peil die: «Um uptbdvhini f^furtteTlkhcn 

PtetUmdicfcc'nv ’m ist- ‘dtttvti IjnlwAhtofl ein eiiidentiif.r-s und tf.iii'k’r,-»r«J*-di.? lb*:h ge* 
riatibs >Laß ivfr den Ludirr^h^d iier uichihrechimg der Indth^i %erg%.h<xieti Iki* 
«angeiL . 

'Die' M^&>U)ri^ttpg >,d|h ■ optlÄC-bn^'.* ÄiwgUdijh^^feeißt*.;*ier IvuxiijMuieiUur; tx 
besteht urinet* IJiktipftmllidpin) U^n, : Hrty : x fi>r jedesStmhh-nhuschek 

Ou’joiiige l'ii» tim Muster ».U*ht fckty die für Hie fj&p*. da gegen kdrm mitf^Ls eujea 
Hebeln uAd eum F^idnW*^ehrauhe mnÖbAr grd^ht wiirden- unfJ hii tet m d^n 
StrahlenbuÄchel'eitt'cjn. Gfetveg wo vegh^*ii><ier ifekc- -tter, Sie dien! nunit mttx 
optieclH-n Au»gb-mh find ihre TknHiidrgy dm*Ji Jw>ttög.viii- ijftüscliraul>« «irufeigts 
j*t da* optische' • Maß ; *fiir• de.n.geMtcJä^sn 'l?A>tcm?Weä' rit>r ••Lw:htl>j^€-huugani,, *M&it 
eicht die.»SchrÄab^ -iD der Wybsc, daß mau der Reihe OAeh ett^a eine IHmung von 
16.8,4, 2. 1 *$% % «V* Zuckerim Liier vdrgtcicht mit destilliertem U>-^er. 




Abb. 4. 5 ram»W'ag&*rkamxner mit eingesetzter, aber <ler Deutlieiikeit halber nicht ganx b<a tarn 
Anschlag «geschobener Düppelplatte. Die Bexetcbnuugen sind dieselben wie in vorstehender 
Abbildung. Z t uud Z\ sind die Zapfen, eile beim JRIosctzeu der ganzen an den Handhabe« H. 
und ll s gehaltenen Kammer in den Deckel des Temperierbades sich in Bohrungen elDgonkrc 
und der Kammer mimer dieselbe Lage aicbwo P und P, die Fensterplntten der Kaniiner 


Zur Aufnahme* dieser beiden Serumproben dienen Kammern, von 
denen die eine Hälfte mit dem M Serum allein 41 , die andere mit dem 
Serum, das 24 Stunden auf Flaeenta eingewirkt hatte, gefüllt wird. 
Eine genaue Anweisung wird weiter unteu gegeben werden. Besondere 
für die Untersuchungen auf Abwehrferrnente haben Hirsch und JL&m 
eine kleine Kammer angegeben, die zur Füllung wenig Serum und bei 
deren Anwendung zur Ansetzung der Versuche wegen der kleinen 
Serum menge auch nur wenig Plaeenta-Su bst rat benötigt wird. 

Der Hauptvorteil der interferometrischen Methode zum Nachweis 
der Abwehrferrnente ist darin zu suchen, daß die Messungen mit dem 
Interferometer eine sog. Nullmethode darstellen; das eine Streifen- 
System steht unveränderlich fest, das veränderliche muß durch Drehen 
der Kompensatorsehraube so lange verschoben werden, bis es genau 
mit dem unveränderlichen, mit der Nullage übereinst irnrnt. Null* 


6 P. Hirsch: Grundlagen und Ausfahrung der interferometrischen Methode 

und die zum Ausgleich nötigen Drehungen der Kompeiisa torschraube beobachtet 
und neben die Konzentrationen schreibt. So ergibt sich eine EichtabeDe, die man 
der Anschaulichkeit halber gewöhnlich in eine Eichkurve umformt. 

Die Genauigkeit der Messung ist etwa 1000 mal größer als in dem obener¬ 
wähnten, auf 0,1% Zucker genau messenden Zucker-Kefraktometer. 

In unserem Spezialfall, d. h. bei der Ausführung einer Untersuchung 
zur frühzeitigen Trächtigkeitsfeststellung entspricht der konzentrierten 
Lösung (Zuckerlösung) der Inhalt des Röhrchens, das mit ,,Serutn plus 
Placenta“ beschickt war. Der weniger konzentrierten Lösung (ver¬ 
dünnte Zuckerlösung) entspricht das Röhrchen, das mit „Serum allein* 
aufgehoben wurde. 

G ty* 



zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 7 

methoden sind frei von subjektiven Fehlern, sie führen zu genauen 
gleichmäßigen Resultaten auch bei den verschiedensten Beobachtern. 

Wie bereits oben angegeben, benötigt man zu einer Untersuchung 
auf Abwehrfermente bzw. hier spezielle zum frühzeitigen Trächtig* 
keitsnachweis außer dem Instrumentarium einmal das Organsubstrat 
zum anderen Serum des betreffenden Tieres, das untersucht werden soll. 

Das Organsubstrat. 

Vorbedingung für den spezifischen Ausfall aller Untersuchungen 
auf Abwehrfermente ist ein einwandsfreies Organsubstrat. Organ¬ 
substrate, besonders geeignet zur Untersuchung auf Abwehrfermente 
mittels der interferometrischen Methode nach P. Hirsch , werden von 
dem Pharmazeutischen Immunotherapeutischen Institut L. W. Gans, 
A.-G., in Oberursel a. Taunus genau nach Vorschrift von P. Hirsch 
hergestellt und in den Handel gebracht. Die Organe, welche von dieser 
Stelle geliefert werden, stehen unter ständiger Kontrolle von P. Hirsch. 
Es kann nicht genug abgeraten werden, einen Versuch zur Selbst¬ 
herstellung zu machen. Die Herstellung eines brauchbaren Organ¬ 
präparates ist sehr langwierig und nur ein in der Herstellung von Organ¬ 
trockenpräparat sehr erfahrener Versuchsansteller wird Präparate er¬ 
halten, die zu Untersuchungen geeignet sind. Absolute Trockenheit, 
vollständige Abwesenheit löslicher Bestandteile und unbedingte Halt¬ 
barkeit stellen kurz skizziert die hohen Anforderungen dar, die an 
ein brauchbares Substrat gestellt werden müssen. 

In kleinen Glasröhrchen, enthaltend 5 mg, werden die Organ¬ 
substrate geliefert. Dadurch daß von jedem Herstellungsgang eines 
Organpräparates die gesamte Menge nach Prüfung in die oben an¬ 
gegebenen Mengen verteilt wird und die Röhrchen sterilisiert werden, 
ist es erreicht, daß nicht nur allein ganze Serien von Untersuchungen 
mit einem gleichmäßigen Präparat angestellt werden, sondern daß 
auch verschiedene Untersucher mit ein und demselben Präparat arbeiten 
können. 

Das Serum. 

Mindestens ebenso wichtig wie ein brauchbares Organsubstrat ist 
ein einwandfreies Serum zur Erzielung spezifischer Versuchsergebnisse. 

Man muß schon von der Blutentnahme ab nach Möglichkeit alle 
hier in Frage kommenden Fehlerquellen auszuschließen suchen. Als 
Fehlerquellen kommen hier in Betracht: 1. das Vorkommen von Form¬ 
elementen, d. h. von roten oder weißen Blutkörperchen; 2. von Hämo¬ 
globin; 3. die getrennte Verwendung von Serum desselben Individiums, 
das von derselben Blutentnahme, aber nicht aus einer Serumprobe stammt; 
4. Vernachlässigung etwa infolge von Verdunstung eingetretener Kon¬ 
zentrationsunterschiede und 5. bakterielle Verunreinigung des Serums. 



8 I*. Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 

Formelemente kommen verhältnismäßig häufig selbst in vollkommen 
klar aussehenden Seren vor. Die Blutkörperchen enthalten, wie alle 
anderen Körperzellen, Fermente, die falls sie in das normalerweise 
fermentfreie Serum gelangen, falsche Resultate veranlassen. Es ist 
daher unbedingt notwendig, durch scharfes wiederholtes Abzentri- 
fugieren die Formelemente aus dem Serum auszuscheiden. Man ver¬ 
fährt am besten in der Weise, daß man nach jemaligcm Abzentri¬ 
fugieren die Zentrifugengläschen wechselt, so lange bis sich keine Spur 
von rotem Bodensatz (rote Blutkörperchen) mehr absetzt. 

Rote Blutkörperchen, die nicht auszentrifugiert sind, können ein 
Hämolytischwerden des Serums bewirken. Das Serum wird durch den 
freigewordenen Blutfarbstoff rot gefärbt. Wie aus den eben gemachten 
Bemerkungen ersichtlich ist, muß vermieden werden, daß die Fermente 
der Blutkörperchen in das Serum gelangen. Da nun die Rotfärbung 
des Serums durch freigewordenes Hämoglobin durch den Zerfall roter 
Blutkörperchen bedingt ist, so scheidet man prinzipiell jedes rot¬ 
gefärbte Serum von der Benutzung aus. Ein Austreten von Blutfarb¬ 
stoff aus den roten Blutkörperchen kann nun schon bei der Blut¬ 
entnahme eintreten, wenn das Blut zu schnell in die Entnahmeröhrchen 
sprudelt. Über die Blutentnahme sowie über den Transport der Blut¬ 
proben werden weiter unten noch einige Bemerkungen gemacht werden. 

Von Hirsch angestellte Versuche zeigten, daß in verschiedenen 
sterilen Gefäßen aufgefangenes Serum desselben Tieres, trotzdem es 
innerhalb einer Blutentnahme binnen wenigen Sekunden entnommen 
war, eine ganz verschieden hohe Konzentration besitzen kann. Wenn 
man nun die verschiedenen Serumproben getrennt verarbeitet und dann 
zum Beispiel eine weniger hoch konzentreierte Probe des einen Gläschens 
bei der interferometrischen Untersuchung als Vergleichs-Serum zu der 
höher konzentrierten des anderen Gläschens verwendet, so kann dieses 
Verfahren falsche Ergebnisse herbeiführen. Die Serumproben müssen 
daher entweder gut durchmischt werden, ehe man die eigentlichen 
Versuche ansetzt, oder man nimmt von jedem Individuum überhaupt 
nur eine Blutprobe. 

Als erheblichste Fehlerquelle bei allen Untersuchungen auf Abwehr¬ 
fermente ist die bakterielle Serumverunreinigung zu erwähnen. In 
ihr ist wohl der Grund für den von den Gegnern der Abderhalden- 
Reaktion beobachteten unspezifischen Ausfall zu suchen. Steriles 
Arbeiten, möglichst schnelle Trennung des Serums von den Blutspuren, 
die den Bakterien als bester Nährboden dienen, und Versetzen des 
Serums mit einem gut wirkenden Desinfektionsmittel können als beste 
Abwehrmaßnahme gegen bakterielle Störungen angesehen werden. Beim 
Arbeiten mit dem Interferometer läßt Bich eine bakterielle Verunreini¬ 
gung jedoch sofort erkennen (s. weiter unten). 



zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 


9 


Zur Blutentnahme verfährt man bei Pferden am besten wie folgt: 
Die Vena jugularis am Halse wird mittels steriler Hohlnadel punktiert. 
Es ist darauf zu achten, daß das Tier bei der Blutentnahme fieberfrei 
ist. Es empfiehlt sich, auch bei Pferden, das Blut vor der Fütterung 
zu entnehmen, um evtl. Verdauungsfermente auszuschalten. Das aus¬ 
strömende Blut wird in einem sterilen Röhrchen von etwa 20 ccm 
Fassungsvermögen aufgefangen. Als Verschluß dienen Gummi- oder 
Korkstopfen, die vor jedem Gebrauch sorgfältig ausgekocht und 
einer mehrstündigen Erhitzung im Sterilisierschrank unterworfen 
werden. Es empfiehlt sich nach Rehbock , die Röhrchen bis an den 
Rand vollaufen zu lassen, und dann den Kork fest darauf zu stecken. 
Auf diese Weise kann man den das Hämolytischwerden fördernden 
Einfluß des Schütteins eindämmen, da ein Hin- und Herschwappen 
des Blutkuchens auf diese Weise vermieden wird. 

Bei Blutentnahme im Winter ist darauf zu achten, daß die Röhrchen, 
in denen das Blut aufgefangen wird, nicht zu kalt sind, da durch die 
Kälte ein Zerfall der roten Blutkörperchen bedingt werden kann. 

Bis zur vollständigen Gerinnung werden die Blutproben ruhig auf- 
gestellt. Das ausgepreßte Serum wird möglichst schnell von dem Blut¬ 
kuchen getrennt und in sterile Zentrifugiergläschen abgegossen. Wenn 
eine am Rand des Röhrchens festhaftende Fibrinschicht das Abgießen 
des Serums verhindert, so löst man diese vorsichtig mittels einer aus¬ 
geglühten Platinnadel. Ein Umstechen des Blutkuchens ist sorgfältig 
zu vermeiden. 

Das Serum soll so lange scharf zentrifugiert werden, bis nach 
Wechseln der sterilen Zentrifugiergläschen der Boden des Röhrchens 
nichts mehr von Blutkörperchen erkennen läßt. 

Das klare Serum wird mit einer Lösung von Vuzinum bihydrochlori- 
cum 1 : 500 versetzt, so daß eine Vuzin-Konzentration 1 : 10000 in 
dem Serum erhalten wird. 

Zur Bereitung der Vuzinstammlösung 1 : 500 bringt man 0,2 Vuzinum 
bihydrochloricum in 100 ccm siedendes, destilliertes Wasser. Die Lösung 
wird in einer braunen Flasche aus Jenaer Glas wohlverschlossen auf¬ 
bewahrt, ist nach Abkühlen gebrauchsfertig und 5 Tage haltbar. 

Um ein Serum durch Zusatz einer Vuzinlösung 1 : 500 auf eine 
Vuzinkonzentration 1 : 10 000 zu bringen, muß man zu 


10 ccm Serum.0,50 ccm Vuzinlösung 1 : 500 

9.0,45 „ „ 1 : 500 

8 „ 0,40 „ „ 1 : 500 

7 . 0,35 ., ,. 1 : 500 

6 „ 0,30 „ ., 1 : 500 

5 .0,25 „ ., 1 : 500 

4 „ 0,20 ,. ,. 1 : 500 

3 „ 0,15 „ ., 1 : 500 

















10 P. Hirsch: Grandlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 


2 ccm Serum.0,10 ccm Vuzinlößung 1 : 500 

1 „ „ .0,05 „ „ 1 : 500 

zusetzen. 

Das Serum wird nach Zusatz der nötigen Vuzinstammlösung um¬ 
geschüttelt. 

In ähnlicher Weise, wie hier für die Blutentnahme bei Pferden 
angegeben ist, wird man auch bei Rindern, Ziegen usw. verfahren 
können 1 ). Beim Schwein verfährt man vorteilhaft so, daß man ein 
kleines Stückchen vom Schwanz abschneidet, nachdem man diesen 
durch einen Gummiring gezogen hat, der auf eine kleinere Saugflasche 
paßt. Zieht man aus der Saugflasche mittels einer Luftpumpe oder 
eines zugedrückten Gummiballons Luft heraus, so tritt aus der Schwanz¬ 
vene Blut heraus und sammelt sich in der Saugflasche an. Man kann 
beim Schwein eine derartige Blutentnahme sehr oft wiederholen, wenn 
man jedesmal nur dünne Scheibchen von dem Schwänze entfernt. 

Kann die Gewinnung des Serums sowie das Versetzen desselben 
nicht am Ort der Blutentnahme vollzogen werden, bzw. ist diese weiter 
von der eigentlichen Untersuchungsstelle entfernt, so muß das Blut 
selbst nach der Untersuchungsstelle gelangen. O . Oermann hat unter 
Leitung von Hirsch ein größeres Pferdematerial untersucht und schreibt 
speziell hierüber: 

„Die größte Schwierigkeit bot uns der Transport der Blutproben zur Unter¬ 
suchungsstätte. Die Blutproben männlicher und nicht gedeckter Tiere konnten 
zwar mühelos in nächster Nähe erhalten und sofort nach der Gewinnung weiter 
verarbeitet werden. Weit schwieriger war das Heranschaffen von Blutmaterial 
gedeckter Stuten, da dieses in nächster Umgebung kaum erhältlich war. In den 
meisten Fällen konnten wir es aus den in der Nähe liegenden und mehr Pferde¬ 
zucht treibenden Gegenden Thüringens selbst heranholen, und der Transport 
erfolgte dann selbstverständlich äußerst vorsichtig, und ohne die Blutröhrchen 
aus ihrer senkrechten Lage zu bringen. Wir konnten durch diese Transportart 
auch regelmäßig das Auftreten von Hämoglobin im Serum vermeiden und die 
Blutproben spätestens 24 Stunden nach ihrer Gewinnung der Weiterverarbeitung 
zuführen. 

Um aber unsere Untersuchungen auf eine breitere Grundlage stellen zu kön¬ 
nen, waren wir auch gezwungen, Versuchsmaterial von auswärts mittels Post¬ 
beförderung zu beziehen. Das könnte ohne Bedenken geschehen, wenn es in Form 
von vuziniertem Serum zum Versand käme. Leider stehen uns aber in der land¬ 
wirtschaftlichen und tierärztlichen Praxis im allgemeinen keine Einrichtungen 
und besonders Zentrifugen zur Verfügung, um die erste Verarbeitung und Des¬ 
infektion des Serums an Ort und Stelle vornehmen zu können. Wir waren also 
auf den Versand der rohen Blutproben angewiesen. 

Von vornherein waren wir uns bewußt, daß die Gefahr, hämolytisches und 
bakteriell verunreinigtes Material zu erhalten, durch das bei der Postbeförderung 
unvermeidbare Schütteln und längere Lagern der Blutproben in ungekühlten 
Räumen stark vergrößert wurde. Wir glaubten aber wenigstens einen Versuch 

x ) Ich will jedoch bemerken, daß bei Wiederkäuern die bisherigen Versuche 
zu keinen brauchbaren Ergebnissen geführt haben. 





zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 


11 


mit diesem gebräuchlichsten Transportmittel machen zu können, da dessen Ge¬ 
lingen dem Pferdezüchter die Herbeiführung einer Trächtigkeitsdiagnose bei 
seinen Tieren mittels der interferometrischen Methode naturgemäß sehr erleichtern, 
und so die Bedeutung dieser Methode für die breite landwirtschaftliche Praxis 
steigern mußte. 

Den Anweisungen folgend, die Rehbock für den Versand von Blutproben gibt, 
ersuchten wir die Blutentnehmer, die Röhrchen bis an den Rand vollaufen zu 
lassen und dann den Kork fest darauf zu stecken, und hofften, so den die Hämo¬ 
lyse fördernden Einfluß des Schütteins einzudämmen, da ein Hin- und Herschwap¬ 
pen des Blutkuchens auf diese Weise vermieden wurde. Wenn, wie angedeutet, 
verfahren worden war, haben wir auch nie hämoglobinhaltige Seren erhalten. 

Die Gefahr des Bakterienbefalls konnte nur dadurch vermindert werden, 
daß wir versuchten, den Posttransport möglichst zu beschleunigen. Die frisch 
sterilisierten leeren Gläschen gelangten stets als Eilbrief zum Versand, und wir 
baten, sie uns möglichst umgehend gefüllt durch dieselbe beschleunigte Beförde¬ 
rungsart zugehen zu lassen. 

Die Hitzeperiode der Sommermonate hat zweifellos die Entwicklung der 
Bakterien in den Blutproben stark gefördert. Während wir unter den 64 bis 
zum 1 VL verarbeiteten Proben nur einen Fall von bakterieller Verunreinigung 
feststellen konnten reagierten von den in den Monaten Juni und Juli gewonnenen 
46 Seren 12 mit negativen Abbau. Trotzdem wir im Juli die Blutproben — mit 
Ausnahme von 4 durch die Post beförderten — persönlich binnen wenigen Stunden 
nach der Entnahme zur Verarbeitungsstätte bringen und sofort nach der Aus¬ 
pressung die Trennung des Serums vom Blutkuchen vornehmen konnten, waren 
unter den 23 auf diese Art gewonnenen Seren 5 infolge Bakterienbefall unbrauch¬ 
bar geworden. Wir hatten allerdings an den Transporttagen eine Maximaltempera¬ 
tur von über 30° C im Schatten. 

Zweifellos ist es am vorteilhaftesten, wenn man das Serum am Ort der Ent¬ 
nahme der Blutproben abzentrifugieren und vuziniert zur interferometrischen 
Untersuchung einsenden kann. Die von den medizinischen Kliniken des In- und 
Auslandes zur interferometrischen Untersuchung eingesandten und so vorbehandel- 
den Seren kamen hier stets an, ohne eine Einbuße ihrer spezifischen Ferment¬ 
wirkung durch Hämolyse oder Bakterienbefall erlitten zu haben. Auf Grund der 
bei unseren Untersuchungen gemachten Erfahrungen ist aber zur Not auch ein 
Versand von Blutproben wenigstens in den kühleren Frühjahrsmonaten, angängig. 
Die Transportzeit muß aber möglichst auf wenige Stunden beschränkt bleiben 
und sollte einen Tag nie überschreiten. Gerade die Frühjahrsmonate bilden aber 
die Hauptdeckzeit, so daß den Züchtern in vielen Fällen die bequeme Möglichkeit 
gegeben sein dürfte, Blutproben als Eilsendung durch die Post der interferome¬ 
trischen Untersuchung zuzuführen, und die Vorteile einer frühzeitigen Trächtig¬ 
keitsdiagnose wahrzunehmen. Für Gestüte und von der Versuchsstelle weiter 
entfernt liegende Zuchtgebiete aber können wir lediglich die Beschaffung einer 
guten Zentrifuge empfehlen, die einen Versand des Untersuchungsmaterials in 
Serumform ermöglicht.“ 


Die Ausführung der Methode . 

In ein steriles, kleines Zentrifugiergläschen wird der Inhalt (5 mg) 
einer Ampulle Organsubstrat gegeben. Hierzu kommen 0,5 ccm Serum, 
das nach der unter 2. angegebenen Vorschrift gewonnen wurde. Das 
Zentrifugiergläschen wird mit einem sterilen Gummistopfen luftdicht 
verschlossen. 2 Serumkontrollen, die als Vergleichsflüssigkeiten dienen, 



12 P- Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 


von 0,5 ccm ohne Substratzusatz, werden in gleicher Weise angesetzt. 
Sollen mehrere Organe auf Abbaumöglichkeit geprüft werden, so sind 
entsprechend viel Zentrifugiergläschen mit je 5 mg des betreffenden 
Organsubstrates und je 0,5 ccm Serum anzusetzen. Die Röhrchen 
kommen auf genau 24 Stunden in den Brutschrank. Nach Ablauf 
dieser Zeit werden die noch verschlossenen Gläschen zur Wiederaufnahme 
des Kondenswassers umgeschüttelt, scharf zentrifugiert und die klaren 
Zentrifugate gleichzeitig mit einer der beiden ohne Substratzusatz aber 
sonst unter gleichen Bedingungen aufbewahrten Serumprobe als Ver¬ 
gleichsflüssigkeit im Interferometer unter Benutzung der 1 mm Kammer 
ausgemessen. Hierauf werden die beiden ohne Substratzusatz auf- 
bewahrten Serumproben gegeneinander ausgemessen. Es darf bei dieser 
Messung keine Differenz festgestellt werden. Dieses Ausmessen dient 
zur Serumkontrolle; einmal zur Feststellung etwaiger Verdunstung und 
dadurch bedingter Konzentrationszunahme der Vergleichsprobe bei der 
Reinigung der einen Kammerhälfte, zum anderen zur Kontrolle für 
etwaige bakterielle Verunreinigungen. Ausgeführte Untersuchungen 
haben ergeben, daß praktisch 2 bakteriell verunreinigte Proben ein 
und desselben Serums verschiedene Interferometer-Werte haben. 

Was die Untersuchung mit dem Interferometer im allgemeinen 
anbetrifft, so werden nach Feststellung des Nullpunktes mit gleich¬ 
artigen Flüssigkeiten, z. B. destilliertem Wasser, in beiden Hälften der 
Doppelkammer dieselben ausgehebert und sorgfältig mit Filtrierpapier 
ausgetrocknet. Die letzten Spuren von Feuchtigkeit werden durch ein 
über ein Holzstäbchen gewickeltes Wattebäuschchen entfernt. Durch 
Nachreiben mit einem frischen Gazebäuschchen entfernt man etwaige 
Wattefäserchen, die an den Glasplatten der Kammer haften geblieben 
sein sollten. Es sei hier darauf hingewiesen, daß ein Befeuchten der 
Kammer mit Alkohol, Toluol oder ähnlichen harzlösenden Substanzen 
wegen des Kittes, mit dem die Glasfenster der Kammer befestigt sind, 
ängstlich vermieden werden muß. Nun werden die auf diese Weise 
gereinigten Kammerhälften mit den zu untersuchenden Flüssigkeiten 
gefüllt, in unserem Spezialfall kommt das Serum, welches auf Placenta 
eingewirkt hatte, auf die Seite, an der sich die Meßtrommel des Inter¬ 
ferometers befindet. Die andere Hälfte wird mit dem Vergleichserum 
angefüllt. Es ist nun notwendig, mit der eigentlichen Messung, d. h. mit 
den dem Einstellen der beiden Beugungserscheinungen auf Koinzidenz, 
so lange zu warten, bis die Temperatur zwischen den gefüllten Kammern 
und dem Temperierbad ausgeglichen ist. Dieser Vorgang dauert, wenn 
die Lösungen bereits einige Zeit in dem Beobachtungsraum aufbewahrt 
war, nur wenige Minuten, da der Temperaturausgleich sehr leicht vor 
sich geht. Man kann den Temperaturausgleich sehr leicht verfolgen. 
Ist er noch nicht beendet , so sind die Streifen des veränderlichen Systems 



zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 13 

entweder krumm oder sie verlaufen schräg zu denen des unveränderten 
Interferenzbildes. Es darf also mit der Messung erst dann begonnen werden, 
wenn das Interferenzbild sein normales Aussehen wieder angenommen 
hat, was im allgemeinen in 2—3 Minuten eingetreten sein dürfte. 

Wir benutzen, wie bereits erwähnt, eine 1 mm Kammer. Eine 
Flüssigkeitskammer von I mm Schichtdicke wäre aber, obwohl sie den 
Vorteil des besonders raschen Temperaturausgleiches mit sich gebracht 
hätte, so schwer zu reinigen gewesen, daß hier ein Ausweg gesucht 
werden mußte. Es wurde daher der Füllraum einer 5 mm Kammer auf 
seinen 5. Teil verringert, und zwar durch Einfügung einer heraus¬ 
nehmbaren planparallelen Glasplatte von 4 mm Dicke. Die Platte 
wird durch Stifte in Hülsen geführt und soweit eingeschoben, bis ihr 
unterer Rand auf dem ebenen Boden der Kammer aufsitzt. War in 
die Kammer ein Tropfen eingefüllt, so wird dieser in die schmalen 
Zwischenräume zwischen der Platte, den Kammerfenstern und den 
Kammerwänden gedrückt. 

Es ist ferner zu beachten, daß die hufeisenförmige Planparallel¬ 
platte bei unvorsichtiger Handhabung leicht Verletzungen, besonders 
an ihrer unteren Kante ausgesetzt ist. So darf z. B. der herausgenom¬ 
mene Einsatz nicht wie in Abb. 4 dargestellt, hingelegt werden, da 
sonst kleine Stückchen aus dem scharfen unteren Rand herausbrechen. 

Benutzt man zu verschiedenen Messungen das gleiche Vergleichs¬ 
serum, so ist der Einsatz sorgfältig zu reinigen und zu trocknen. Man 
darf nicht nur die eine Hälfte abtrocknen. Die große Oberfläche der 
Planparallelplatte bewirkt eine erhebliche Verdunstung, während der 
zur Reinigung der einen Kammerhälfte notwendigen Zeit. Ebenso ist 
während der Reinigung der einen Kammerhälfte, die die Vergleichs¬ 
flüssigkeit enthaltende andere Kammerhälfte mit der beigegebenen 
Deckplatte unter Verwendung der beiden Verschlußfedern zu bedecken, 
da sonst ebenfalls der Verdunstungsfehler sich im Verlaufe der Messungen 
bemerkbar macht. 

Bekanntlich gibt Serum beim Verdünnen mit destilliertem Wasser 
Trübungen. Es empfiehlt sich daher, bei der Reinigung der mit Serum 
gefüllten Kammern so zu verfahren, daß man nach Herauspipettieren 
des Serums zuerst mit einer 0,8proz. Kochsalzlösung und dann erst 
mit destilliertem Wasser nachspülen. 

Von dem bei dem eigentlichen Versuch an der Meßtrommel ab¬ 
gelesenen Wert in Trommelteilen wird die Nullage der Kammer, d. h. der 
bei Füllung der beiden Kammerhälften mit destilliertem Wasser ab¬ 
gelesene Wert, abgezogen. Die so erhaltene Zahl von Trommelteilen 
ist das Maß für die Größe des Abbaues, denn sie gibt den Konzentrations¬ 
unterschied an, den das Serum gegenüber der Vergleichsprobe durch 
Auflösen der durch die Abwehrfermente aus dem Substrat gebildeten 



14 P. Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 


Peptone erlangt hat. Wir können diese gewissermaßen relativen Zahlen 
auch in absolute Werte umwerten. Wie oben bereits erwähnt, kann 
man jedes Interferometer eichen. So kann man ein Interferometer 
auch für Organpeptone eichen. Die verschiedensten Organpeptone 
zeigen in gleicher Konzentration fast den gleichen Interferometerwert. 
Es ist dies ein für die praktische Anwendung der interferometrischen 
Methode sehr vorteilhaftes Ergebnis. Man kann eine Universaleich¬ 
kurve aufstellen und mit ihrer Hilfe für jedes Organ und jedes darauf 
eingestellte Abwehrferment die Intensität der Abwehrfermentwirkungen 
quantitativ verfolgen. Es gibt uns eine solche Eichkurve für jede 
Anzahl von Trommelteilen die dazu gehörige Peptonkonzentration an. 
Bei unseren Trächtigkeitsuntersuchungen gibt uns also eine Eichkurve 
für jede Anzahl von Trommelteilen die bei der Einwirkung von Serum 
eines trächtigen Individuums auf Placentagewebe durch die Tätigkeit 
der Abwehrfermente gebildete Menge von Peptonen an. Wir verfahren 
gewöhnlich so, daß die umgewertete Trommelteilzahl angibt, wieviel 
Prozent Pepton aus 5 mg Organsubstrat bei der Anwendung von 
0,5 ccm Serum und bei Benutzung der 1 mm Kammer gebildet werden. 
Die zur Umwertung notwendigen Tabellen werden von der Firma 
Carl Zeiss, Jena, die das Interferometer herstellt, bei der Lieferung 
eines Instrumentes auf Bestellunng mit angegeben. 

Fassen wir nochmals ganz kurz die einzelnen Punkte einer Trächtig¬ 
keitsdiagnose zusammen, so sind der Reihe nach folgende Arbeiten 
auszuführen. 

Anseizen des Versuches. 

1. Entleeren des Inhaltes einer Ampulle Organsubstrat in ein 
sauberes, trockenes, steriles Zentrifugengläschen. 

2. Zugabe von 0,5 ccm mit Vuzin versetztem Serum zu dem Organ¬ 
substrat (1.) mittels trockener steriler Pipette. 

3. Einfüllen von je 0,5 ccm mit Vuzin versetztem Serum, von der 
gleichen Serumprobe wie unter 2. in 2 weitere saubere, trockene, sterile 
Zentrifugengläschen. 

4. Verschließen der 3 Zentrifugengläschen (2. und 3.) mit einem 
sauberen trockenen Gummistopfen. 

5. Einstellen der 3 Proben in den Brutschrank für 24 Stunden. 

Ausmessung nach Ablauf der 24 Stunden. 

6. Feststellung der Nullage des Interferometers durch Ausmessen 
der beiderseits mit destillierten Wasser angefüllten 1 mm Kammer. 

7. Zentrifugieren der Serumproben. 

8. Nach Reinigung der Kammer einfüllen des Serums aus Röhrchen 
zwei in die linke Kammerhälfte. Hierauf einfüllen der einen Vergleichs¬ 
probe in die rechte Kammerhälfte. Einschieben des Glaseinsatzes. 



zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 15 

Ausmessen im Interferometer. Von der abgelesenen Zahl, die nach 6. 
festgestellte Nullage abziehen. 

9. Reinigen der linken Kammerhälfte, die rechte Kammerhälfte 
muß bedeckt sein. Reinigen des Einsatzes. Einfüllen der 2. Vergleichs* 
probe in die linke Kammerhälfte. Einschieben des Einsatzes, wiederum 
Ausmessen im Interferometer. 

10. Reinigung der Kammer. 

Ist der Versuch richtig gelungen, so muß bei der Untersuchung des 
Serums eines nichtträchtigen Tieres bei der Messung 8 nach Abziehen 
der Nullage die Trommelteilzahl 0 festgestellt werden. Bei der Messung 9 
muß auf jeden Fall nach Abzug der Nullage die Trommelteildifferenz 0 
beobachtet werden. Ist hier die Differenz größer oder kleiner als 0, 
so hat eine bakterielle Verunreinigung oder eine Verdunstung statt¬ 
gefunden. Ebenso hat eine bakterielle Verunreinigung stattgefunden, 
wenn bei der Messung 8 nach Abziehen der Nullage eine kleinere Trommel¬ 
teildifferenz als 0 beobachtet wird. Bei der Untersuchung des Serums 
eines trächtigen Tieres muß bei der Messung 8 nach Abzug der Nullage 
eine größere Zahl als 0 festgestellt werden. 

Die Feststellung der Nullage der Kammer braucht nicht vor jeder 
Untersuchung vorgenommen zu werden. Es genügt, wenn diese täglich 
zu Beginn der Messungen festgestellt wird. 

Das Arbeiten nach der interferometrischen Methode ist bei einiger 
Übung viel einfacher als es vielleicht, nach der vorstehenden Beschrei¬ 
bung den Anschein macht. Die Methodik ist absichtlich ausführlich 
geschildert worden, um möglichst alle Einzelheiten zu erwähnen und 
auf alle Punkte aufmerksam zu machen, die einen Fehler bedingen 
können. Grundbedingung für ein ersprießliches Arbeiten, für richtige 
Diagnosen ist absolute Sauberkeit beim Arbeiten und Benutzung von 
reinen trockenen und sterilen Zentrifugengläschen 1 ) und Pipetten. 

Im folgenden gebe ich eine kurze Zusammenstellung der Ergebnisse, 
die 0. Oermann unter meiner Leitung beim frühzeitigen Nachweis der 
Trächtigkeit von Pferden gewonnen hat. 

Um die Identität der untersuchten Tiere jederzeit feststellen zu 
können, wurden bei Blutentnahme auf den von uns angefertigten 

i) Die Zentrifugengläschen werden nach sorgfältigster Reinigung, wobei 
besonders darauf zu achten ist, daß keine Reste von früheren Untersuchungen 
Zurückbleiben, mit destilliertem Wasser ausgespült und mit Pfropfen von nicht 
entfetteter Watte verschlossen. Die so vorbereiteten Röhrchen werden im Hei߬ 
luftsterilisator bis zur leichten Bräunung der Watte erhitzt. Die Pipetten werden 
nach Reinigung mit Kaliumchromatschwefelsäure (unverdünnt) mit destilliertem 
Wasser ausgespült, einzeln in Seidenpapier eingewickelt und ebenfalls in Hei߬ 
luftsterilisator sterilisiert. Die Gummistopfen reinigt man durch längeres Ein¬ 
legen in destilliertes Wasser und häufigem Wechsel desselben. Man spült ßie nach 
dieser Reinigung mit 70proz. Alkohol ab und trocknet sie mittels sterilen Tüchern 
oder besser, man brennt den Alkohol ab. 




16 P> Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 

Protokollformularen das Geschlecht der Pferde, Namen und Wohnort 
ihrer Besitzer, Namen bzw. Nummern der Tiere selbst, ihre Farbe 
nebst Abzeichen und ihr Alter eingetragen, daneben das Datum des 
Deekens und evtl, vorhandene Krankheiten. Die Möglichkeit einer 
Verwechslung zwischen dem Protokoll und der zugehörigen Blutprobe 
wurde durch gleichartige Nummerierung beider ausgeschaltet. Mit dem 
Datum der Blutentnahme versehen, wurden die, wie angedeutet, aus¬ 
gestellten Protokolle von dem Blutentnehmer unterzeichnet und gleich¬ 
zeitig mit den Blutproben zum Verarbeitungsort befördert, wo auf 
ihnen sofort das Eingangsdatum und die fortlaufende Elingangs- oder 
Versuchsnummer vermekrt wurde. 

Im Laufe der Serumverarbeitung wurden auf den Protokollen 
folgende Daten festgehalten: Tag und Zeit des Ansetzens der Seren 
im Brutschrank und der interferometrischen Untersuchung selbst, und 
schließlich das Ergebnis der Untersuchung in Trommelteildifferenzen 
und Abbauprozenten. Die Kontrollen erhielten zur besseren Unter¬ 
scheidung von den ersten Versuchen die Buchstaben a, b usw. hinter 
die Elingangsnummer gesetzt. 

Durch Umfragen bei den Blutentnehmern bzw. den Pferdebesitzem 
holten wir später schriftliche Mitteilungen darüber ein, wie das weitere 
Verhalten der untersuchten Tiere mit unseren Ergebnissen überein¬ 
stimmte. Bei den schon aus der Deckperiode 1920 trächtigen Stuten 
wurde, soweit es feststellbar war, das Datum des Abfohlens nachträg¬ 
lich in die Versuchsprotokolle eingesetzt. Über alle übrigen Mutter¬ 
stuten wurden die Beobachtungsergebnisse aus der Praxis erst kurz 
vor der Beendigung der Arbeit eingeholt, so daß in jedem Falle eine 
Zeit von mehreren Monaten zwischen der Blutentnahme und Abgabe 
des Gutachtens lag, und eine ziemlich sichere Folgerung auf den wirk¬ 
lichen Zustand der betreffenden Tiere gewährleistet erscheint. 

Im 1. Abschnitt unserer Untersuchungen verwandten wir in der 
Hauptsache Seren männlicher oder nicht gedeckter Pferde und solcher 
schon im Jahre 1920 belegter Stuten, um uns über die Spezifität der 
mit der interferometrischen Methode erzielten Abbauergebnisse ein 
schnell kontrollierbares Urteil bilden zu können, während wir im 2. Ab¬ 
schnitt Seren von in der Trächtigkeitsperiode 1921 belegten Stuten 
untersuchten, um feststellen zu können, ob eine frühzeitige Trächtig¬ 
keitsdiagnose mit der angewandten Methode möglich ist. Pferde im 
Puerperium wurden nicht untersucht. 

Die Ergebnisse der Untersuchungen sind im nachstehenden nieder¬ 
gelegt. Die Untersuchung von 9 männlichen Tieren verfolgte den 
Zweck, eine Kontrolle über das Verfahren und das einwandsfreie Ver¬ 
halten des Substrates herbeizuführen. Das gleiche Ziel verfolgten auch 
Versuche an nicht trächtigen weiblichen Tieren. Ein einziges Fehl- 



zum frühzeitigen Trächtigkeitsnachweis, zunächst hei der Stute. 


17 


resultat unter 14 Fällen glauben wir nicht durch eine unspezifische 
Fermentwirkung oder einen Mangel der Methode erklären zu können, 
sondern vermuten, daß von einem früheren Versuch her das Spitz- 
gläachen, das zur Aufnahme von Serum plus Substrat benutzt wurde, 
nicht vollkommen rein war. 

Die in der Tabelle zusammengestellten Untersuchungen mit Seren 
von 24 Stuten, die schon in der Trächtigkeitsperiode 1920 konzipiert 
hatten und mit Ausnahme von 2 Fällen (laufende Nr. 47 und 48) im 
letzten Trächtigkeitsdrittel standen, in allen Fällen spezifische Abbau¬ 
resultate ergeben. In der Tabelle sind 44 Versuche mit Seren im Jahre 
1921 gedeckter Tiere vereinigt. Eine falsche Diagnose stellten wir bei 
Fall 90. Die betreffende Stute war zum 1. Male am 15. März, zum letzten 
Male am 27. Mai gedeckt worden und abortierte am 21. Juni. Der 
Foetus entsprach laut Mitteilungen des Besitzers einer Tragezeit von 
3 Monaten. Die Stute hatte also ,,auf das Fohlen hin geroßt“, und 
ein Äbortus ist sehr häufig die Folge eines solchen abnormen Verhaltens. 
Das Serum der betreffenden Stute war als Untersuchungsmaterial 
jedenfalls nicht ganz einwandfrei, da durch uns unbekannte abnorme 

Trächtige Stuten aus A. Deckperlode 1920. 


Lfd.N'r. 


Abbau 

Gedeckt am Tromrael- 

teile 

i Differenz 


Bemerkungen 


25 

ca. 6. 4. 20 

13 

26 

20. 7. 20 

25 

27 

14. 4. 20 

28 

28 

Mitte April 20 

18 

29 

Mai ] 

8 

30 

Als trächtig gekauft 

16 


Als trächtig gekauft 

18 

31 

21. 4. 

28 


21. 4. 

28 

32 

23. 4. 

13 

33 

15. 4. 

26 

34 

1. 5. 

15 

35 

1. 5. 

ca. 21 

36 

Mai 

6 

37 

1. 5. 

25 

38 

30. 5. 

31 

39 

14. 5. 

21 

40 

23. 5. 

1 21 

41 

27. 9. 

30 

42 

24. 5. 

< 

43 

8. 6. 

15 

44 

10. 6. 

13 

45 

Juni 

18 

46 

1 20. 6. 

18 

47 

13. 7. 

17 

48 

August 

16 


Arch. f. Tierheilk. L. 


9,56 

Hat inzwischen abgefohlt 

18,38 

11 

am 8.6.21 

20,59 

11 

„ 9.3.21 „ 

13,23 

11 

inzwischen „ 

25,88 

11 

am 12.5. 21 ., 

11,76 

11 

„ 18.5. 21 „ 

13,23 



20.59 

20.59 

\ 

1 " 

„ 18.3. 21 ,. 

9,56 

11 

., 20.2.21 ., 

19,12 

11 

., 21.3.21 „ 

11,03 

’1 

„ 24.3. 21 „ 

15,44 

11 

inzwischen 

4,41 

ii 

11 ii 

18,38 

11 

am 2.4.21 

22,79 


ii 24.5.21 „ 

15,44 

11 

„ 7.4.21 

15,44 


„ 17.4.21 
Hochtragend 

14,70 


5.14 

11 

am 30.4.21 

11,03 

11 

„ 19.5.21 „ 

9,56 

11 

„ 20.5.21 „ 

13,23 

11 

inzwischen 

13.23 

11 

am 14.6.21 

12.50 

11 

inzwischen „ 

11,76 

»1 

n ii 


9 







18 P. Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 

Trächtige Stuten aus B. Deckperlode 1921. 


Abbau 


Lfd. Nr. 

Gedeckt am 

Trommel¬ 


Bemerkungen 



teile 

O' 

o 



Differenz 



49 

6.—10. 1. 

26 

19,20 

Hat im Juni 1921 abortiv 

| 

6.—10. 1. 

24 

17,62 


50 

17. 2. 

6 

4,41 



17. 2. 

6 

4,41 

51 

16. 4. 

9 

6,62 

: 

16. 4. 

8 

6,62 

52 

Mai 

6 

4,41 

1 

Mai 

10 

7,74 

53 

5. 4. 

13 

9,56 

54 

23. 3. 

11 

8,09 

1 

23. 3. 

11 

8,09 


25. 3. 

11 

8,09 

55 

3. 4. 

9 

6,62 

50 

3. 4. 

7 

5,14 


3. 4. 

8 

5,8 

57 ! 

10.-15. 2. 

19 

13,97 : 

58 

Mai 

8 

5,88 : 

, 

Mai 

14 

10,29 | 

59 

Mai 

14 

10,29 


Mai 

14 

| 10,29 

00 |. 

26. 3. 

8 

1 5,88 

61 

26. 3. 

10 

7,74 

4,41 


62 ! 

7. 5. 

6 


1 

7. 5. 

6 

4,41 


63 I' 

9. 5. 

8 

5,88 



Trächtige Stuten aus B. Deckperiode 1921. 


— 

— 

Abbau 


Lfd. Nr. 

Gedeckt am 

Trommel- i 


Bemerkungen 

i 

i 


teile 

<>' 

. o 




Differenz 1 


_ _ 

64 

29. 3. 

i 

14 

10,29 



29. 3. 

14 

10,29 


;| 

29. 3. 

14 

10,29 


65 

20. 2. 

13 

9.65 


i 

20. 2. 

13 

9,56 

! 


20. 2. 

13 

9,56 

An gesetzt mit Placentasubstrat 





der Firma Gans 

66 

20. 5. 

12 

8.82 



20. 5. 

f> 

3,67 

Luftbläschen verhinderte be¬ 





weise den Zutritt des Seri^ 





zum Substrat 

67 

10. 4. 

10 

7,74 


68 

31.5. 

9 

6,62 

1 


31. 5. 

9 

6.62 

I 

69 

14. 5. 

7 

5.14 


i 

14. 5. 

7 

5,14 

i 

70 

14. 5. 

6 

4,41 



14. 5. | 

6 

4,41 

i 


i 



zum frühzeitigen Träehtigkeitsnachweis, zunächst bei der Stute. 19 


Trächtige Stuten aus B. Deckperiode 1921. 


Lfd. Nr. 

Gedeckt am 

Abbau | 

Trommel* | 1 Bemerkungen 

1 teile % 

| Differenz 

71 

5. 3. 

8 

5,88 ! 


5. 3. 

8 

5,88 

72 

2. 6. 

4 

1 2,94 


2. 6. 

6 

4,41 

73 

6. 5. 

15 

11,03 | 


6. 5. 

16 

11,76 

74 

22. 5. 

14 

10,29 

75 

30. 4. 

16 

11,76 

76 

27. 4. 

13 

9,56 


27. 4. 

14 

10,29 

1 

27. 5. 

11 

8,09 

77 

1. 5. 

13 

9,56 


1. 5. 

9 

6,62 

78 

18.—21. 3. 

8 

5,88 

79 

8. 5. 

8 

5,88 


8. 5. 

8 

5,88 


8. 5. 

8 

j 5,88 

80 

8.-9. 4. 

8 

i 5,88 

81 

18. 6. 

5 

3,67 


18. 6. 

8 

5,88 

82 l . 

14. 5. 

5 

3,67 

83 

19. 2. 

11 

8,09 

84 1, 

28. 6. 

14 

10,29 

85 i 

22. 6. 

12 

8,82 


22. 6. 

12 

8,82 

86 

29. 3. und 1. 4. 

7 

5,14 

1 

29. 3. und 1. 4. 

8 

5,88 

87 [ 

29. 3. und 1. 4. 

13 

9,56 


29- 3. und 1. 4. 

13 

9,56 

88 

20. 2. 

0 

0 

89 

21. 7. 

0 

0 

1 

21. 7. 

1 0 

! 0 • 

90 

27. 5. 

1 0 

j 0 Hat am 21. Juni abortiert 


27. 5. 

0 

o 

91 

28. 4. 

19 

13,97 

92 || 

28. 4. 

7 

1 5,14 


Vorgänge die Bildung von proteolytischen Abwehrfermenten ver¬ 
hindert worden sein kann. Auch war kein Tierarzt zugegen, der das 
Alter des Foetus einwandfrei hätte bestimmen können. Es ist immerhin 
möglich, daß dieser schon vor längerer Zeit abgestorben war und die 
spezifischen Fermente aus dem Blute verschwunden waren. 

Eine zweifelhafte Auskunft erhielten wir über die Fälle Ifd. Nr. 91 
und 92. Beide Stuten gehören demselben Besitzer, der angab, daß sie 
nach der Blutentnahme noch nachgedeckt worden wären, es aber 
möglich sei, daß sie auch schon von früheren Sprüngen her trächtig 
waren. Wenn wir nicht annehmen wollen, daß, wie bei Fall lfd. Nr. 90, 

2 * 




20 !*• Hirsch: Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode 

eine Rosse auf das Fohlen hin stattgefunden hat, müssen wir die beiden 
Ergebnisse als Fehlresultate buchen, die ihren Grund in einem uns 
unterlaufenen Fehler bei der Serumverarbeitung haben können. Auch 
in diesen beiden Fällen lassen sich aber nicht alle Verhältnisse klar 
übersehen. 

Unsere übrigen 41 Abbauergebnisse stehen in vollem Einklang mit 
dem weiteren Verhalten der genau beobachteten Tiere, denn bei den 
beiden Fällen lfd. Nr. 88 und 89, in denen wir keinen Abbau erhielten, 
war zweifellos die nach dem Deckakt bzw. der Konzeption verstrichene 
Zeit noch zu gering, um zu einer nachweisbaren Bildung von Abwehr¬ 
fermenten zu führen. Dagegen haben wir vom 14. Tage nach dem Be¬ 
legen an die ganze Trächtigkeitsperiode hindurch Abtvehrfermente im 
Serum der graviden Tiere deutlich feststellen können 1 ). 

Interessant ist noch, daß wir eine Abnahme der Intensität der 
Fermentwirkung gegen Ende der Trächtigkeit mit der angewandten 
quantitativen Methode bei Pferden nicht beobachten konnten, wie sie 
Wecke bei Kühen nach dem Dialysierverfahren festgestellt hat, mit 
dem man allerdings nicht zu absoluten Werten gelangt. Wir können 
das von uns untersuchte Material aber noch nicht als ausreichend an¬ 
sprechen, um daraus Schlüsse auf die normale Abbauhöhe in den 
einzelnen Trächtigkeitsstadien zu ziehen. Es dürfte eine dankbare 
Aufgabe für weitere spezielle Untersuchungen sein, festzustellen, ob in 
den einzelnen Trächtigkeitsstufen bei dem gleichen Tiere im wesentüchen 
eine quantitativ gleichgroße Fermentwirkung zu beobachten oder die¬ 
selbe verschieden ist. Die Ausführung derartiger Versuche kann allein 
mit einer quantitativen Methode, wie sie die interferometrische darstellt 
zu absoluten Werten führten. 

Im ganzen gelangten 110 verschiedene Blutproben von nicht 
trächtigen und trächtigen Pferden zur Untersuchung. 18 gleich 16,36 % 
fielen aus, in 4 von diesen 18 Fällen zeigte das Serum eine rötliche 
Färbung, die auf Gegenwart von Hämoglobin schließen ließ und wurde 
daher nach dem Abzentrifugieren von der weiteren Untersuchung 
ausgeschlossen. 2 Serumproben gingen beim Zentrifugieren infolge 
Glasbruchs verloren. Bei den übrigen 12 Versuchen ergab die inter¬ 
ferometrische Untersuchung in jedem Fall einen Maßausschlag nach 
der negativen Seite und zeigte so die bakterielle Zersetzung der be¬ 
treffenden Sera deutlich an. Hierin liegt ein großer Vorzug der inter¬ 
ferometrischen Methode gegenüber dem Dialysierverfahren, bei dem 

*) Die Stuten werden in der Regel nach Ablauf der ersten Woche hinter 
einer Geburt wieder dem Beschäler zugeführt. Da die Abwehrfermente bis zu 
14 Tagen nach dem Fohlen noch nachzuweisen sind, kann man einem positiven 
Befund der Trachtigkcitsdiagno.se, wenn die Untersuchung unter solchen Be¬ 
dingungen stattfand, u, U. keine absolute Beweiskraft zuerkennen. 



zum frühzeitigen Träehtigkoitanachweis, zunächst hei der Stute. 21 

jede bakterielle Zersetzung einen positiven Ausfall ergibt. Unter den 
verbleibenden 92 Versuchen hatten wir 4 Fehlresultate, von denen 
3 Fälle lfd. Nr. 90—92 noch keineswegs mit Sicherheit diese Bezeich¬ 
nungen verdienen, und 88 gleich 95,56% richtiger Ergebnisse. Wir 
glauben, mit diesem für eine biologische Reaktion überaus günstigen 
Resultat einen Beweis dafür erbracht zu haben, daß mit Hilfe der 
Hirschachen interferometrischen Methode bei ihrer sinngemäßen An¬ 
wendung ein Nachweis von Abwehrfermenten im Serum gravider Stuten 
sehr frühzeitig und mit sehr großer Sicherheit erbracht werden kann 
und trächtige und nichtträchtige Pferde durch sie unterschieden werden 
können. 1 ) *) 

*) Die Originalarbeit: Otto Oermann, Über den frühzeitigen Trächtigkeits¬ 
nachweis bei Pferden nach der „Interferometrischen Methode“ ist in Heft 4 des 
57. Bd. der Landwirtschaftlichen Jahrbücher zum Abdruck gelangt. 

*) Anmerkung bei der Korrektur: Inzwischen ist eine kurze Mitteilung von 
J. W. .4 m^cA/er-München in der Deutschen Landwirtschaftlichen Tierzucht 87. 
Nr. 21 S. 244—245 (1923) erschienen, der zu übereinstimmenden Ergebnissen kam. 



Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 

Ein neuer Eitererreger beim Pferde. 

Von 

Hilding Magnnsson, 

Vorstand des Veterin&rlaboratoriums zu Malmö (Schweden). 

Mit 5 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 15. April 1923.) 

Die Pneumonie beim Füllen tritt in der Mehrzahl der Fälle im 
Anschluß an die Fohlenlähme in Gestalt embolischer Prozesse auf. 
Von Bakterien spielen hierbei ätiologisch die Streptokokken, Coli 
sowie Bact. viscosum equi die Hauptrolle. Die echten oder reinen 
Pneumonien sind nicht häufig. Im Jahre 1922 litten unter den unter¬ 
suchten 474 Fohlen 332 an Fohlenlähme. Selbständige primäre 
Pneumonien sind dabei in 27 Fällen oder in 5,7 % vorgekommen. 
In der Mehrzahl dieser Fälle sind Staphylokokken und Streptokokken 
nachgewiesen worden. Mitunter, und zwar bei stinkender gangränöser 
Pneumonie und bei sog. Fremdkörperpneumonie, ist die Flora sehr bunt 
gewesen. In der mir zugänglichen Literatur habe ich nur eine Abhand¬ 
lung, nämlich die Untersuchung Schmiedhofers 1 ), gefunden, die, wie 
ich vermute, die in diesem Aufsatze behandelten spezifischen Infek¬ 
tionen oder wenigstens etwas Ähnliches zum Gegenstand gehabt hatte. 

In den ungarischen Staatsgestüten ist eine große Zahl Fälle infek¬ 
tiöser, purulenter Pneumonie unter den Füllen im Alter von 4 —8 Wochen 
vorgekommen. Die Krankheit trat in 3 Formen auf. Eine subakute 
Form äußerte sich durch Ausfluß aus den Augen, durch Husten, Atemnot 
sowie durch schleimigen und später eitrigen Ausfluß aus den Nasen¬ 
löchern und führte nach 4—5 Tagen zum Tode. Eine chronische Form 
dauerte 3 —4 Wochen und war von starker Abmagerung begleitet; an ver¬ 
schiedenen Körperteilen fanden sich eitrige Metastasen, die von den pri¬ 
mären Lungenprozessen ausgingen. Der Zustand der Fohlen besserte sich 
mitunter für eine kürzere Zeit, in der Regel aber starben sie. Bei der 
Sektion traten in den Vordergrund bronchopneumonische Herde mit 
eitriger Infiltration sowie mit Bildung von Absceßhöhlen von wechselnder 
Größe. Die peribronchialen und mediastinalen Lymphknoten besaßen 
die Größe einer geballten Faust und waren von mehreren Abscessen 

*) Allatorvosi Lapok 1922; D. Tieriir/.tl. Wochenschrift 1922, S. 631. 




II. Magnuäson: Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 


23 


durchsetzt. Außerdem sind hierzu perakute Fälle gerechnet worden, 
die als Sepsis bei der Fohlenlähme mit Blutungen in verschiedenen 
Organen und mit Anschwellung der Lymphknoten, aber ohne Lokali¬ 
sation in den Lungen verliefen. 

Nach der Ansicht des Verfassers wurde das Leiden durch Strep¬ 
tokokken verursacht. 

Die hier gegebene Beschreibung Schmiedhofers gleicht, wie mir 
scheint, mit Rücksicht auf den chronischen Verlauf klinisch wie patho¬ 
logisch-anatomisch in hohem Grade einer Krankheit, die in einem schwe¬ 
dischen Gestüt vorgekommen ist. Ich habe auch einmal Streptokokken 
gefunden, die sich mit den spezifischen Eiterbildnem assozierten, 
und ich war anfangs geneigt, zu glauben, daß Streptokokken der primäre 
Ansteckungsstoff gewesen sind, besonders weil das ovale Stäbchen, 
das ich sonst immer antraf, sich wie ein banaler Saprophyt verhielt, 
bei Zimmertemperatur wuchs usw. Der mit diesem angestellte Infek¬ 
tionsversuch brachte mich aber zu einer anderen Ansicht. 

Übersicht über die in den Jahren 1915—1922 in Malmö 
untersuchten Fälle. 


Fohlenlähme.332 

Tetanus. 2 

Andere Infektion.11 

Wurmaneurysma.37 

Pneumonie.27 

Digeetionsleiden.18 

Leberleiden. 8 

Rachitis. 5 

Allgemeine Schwäche .. . . 34 


Summa 474 

Mein Kollege, Laboratoriumsvorsteher Vald. Adsersen an dem 
Serumlaboratorium der tierärztlichen und landwirtschaftlichen Hoch¬ 
schule in Kopenhagen, teilte mir auf meine Frage, ob etwas Ähnliches 
in Dänemark bekannt wäre, mit, daß er 2 Fälle gehabt hätte. Seine 
Protokolle waren so ausführlich geführt, daß es möglich war, die Krank¬ 
heiten zu identifizieren, und es war bei beiden derselbe Ansteckungs¬ 
stoff isoliert worden. 

Adsersen hatte die Freundlichkeit, mir nachstehenden Bericht, 
den ich mit seiner Erlaubnis hier wiedergebe, zu übersenden. 

„Die zwei Fohlen, auf die sich meine Untersuchungen beziehen, waren am 
10. und 22. VI. 1920 geboren und waren im Alter von 8—9 Wochen gestorben. 
Sie stammten aus demselben Bestände und waren beide, anscheinend mit gutem 
Erfolge, im Alter von 3—4 Wochen wegen Katarrh und Atembeschwerden be¬ 
handelt worden. Etwa 1 Monat später erkrankten sie aber aufs neue unter hohem 
Fieber und unter den Erscheinungen einer Lungenentzündung und starben im 
Laufe von einigen Tagen. 

Über das erste Fohlen berichtete Tierarzt N. P . Jacdbsen , Lyngby , in dessen 
Praxis die Fälle vorgekommen waren, daß, wie er bei der Sektion festgestellt 












24 II. Magnusson: Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 

hatte, die Lungen beider Tiere in großer Ausdehnung bronchopneumonisch erkrankt 
waren. In einem eirgesandten Stück Lungengewebe fanden sich zahlreiche bis 
imlnußgroße Abscesse, die durch kleine Züge von verdichtetem Lungengewebe 
geschieden waren. Bei der mikroskopischen Untersuchung des Inhaltes der 
Abscesse fanden sich, beinahe in Reinkultur, kurze, etwas plumpe, grampositive 
Stäbchen. In dem anderen Falle, in dem die Sektion von mir selbst ausgeführt 
wurde, fand sich in der Nabelgegend nichts Abnormes. Die Nabelgefäße waren 
obliteriert. In der Gekröswurzel fand sich ein Konglomerat von abscedierenden 
Lymphknoten, deren größter den Umfang einer geballten Kinderhand besaß. 
Die Gekrösgefäße waren normal, Nieren und Leber waren etwas geschwollen. 
In den Nieren fanden sich einzelne frische Infarkte. 

Beide Lungen waren in ihrem Vordersten und untersten Teile broncho¬ 
pneumonisch erkrankt. In dem verdichteten Gewebe fanden sich mit Eiter gefüllte 
Höhlen. Es waren, wie sich nach dem Aufschneiden der Bronchien zeigte, Ek¬ 
tasien. Auch in den Bronchien fand sich schleimiger, gelblicher Eiter in reich¬ 
licher Menge. Die Pleura war normal, die Muskulatur des Herzens degeneriert 
und mürbe, die rechte Herzseite stark diktiert. Die Nasenhöhle enthielt Exsudat 
von derselben Beschaffenheit wie dasjenige der Bronchien. Die Gelenke waren 
mit Ausnahme der beiden Sprunggelenke normal. In diesen war die Menge der 
Gelenkflüssigkeit vermehrt. Sie war leicht getrübt und mit einzelnen Fibrin¬ 
klumpen vermischt. 

In dem Eiter aus den Gekrösknoten und den Bronchiektasien wurden ähnliche 
Bakterien angetroffen wie im ersten Falle, an letztgenannter Stelle jedoch zu¬ 
sammen mit anderen Bakterien besonders mit Diplokokken. In den Sprung¬ 
gelenken wurden keine Bakterien bakterioskopisch nachgewiesen. In beiden 
Fällen wurden die erwähnten Stäbchen aus den Organen, in denen sie mit dem 
Mikroskop nachgewiesen worden waren, rein gezüchtet. Im letzten Falle 
wurden zugleich aus den Lungen Streptokokken isoliert, welche bei der Ver¬ 
gärung sich wie Lungenseuchestreptokokken verhielten. Aus den Sprunggelenken 
entwickelten sich bei der Aussaat recht wenige Kolonien von Streptokokken, 
die hinsichtlich des Vergärungsvermögens von den früher erwähnten abwichen, 
dagegen entwickelten sich keine Kolonien der stäbchenförmigen Bakterien. 

Die aus Lunge und Gekrösknoten isolierten Stäbchen wuchsen kräftig und 
mit starkem Oberflächenw r achstum in Stichkultur in Serumagar. Die Vegetations¬ 
masse nahm im Verlaufe von einigen Tagen eine rosa Färbung an. Gelatine wurde 
nicht verflüssigt. Das Vergärungsvermögen wurde gegenüber Dextrose, Lactose. 
Saccharose, Maltose. Raffinose, Xylose, Mannit, Sorbit, Salicin und Amygdalin 
untersucht. Keiner von diesen Stoffen wurde vergärt. Bei Überimpfen auf Ka¬ 
ninchen, Meerschweinchen und Mäuse zeigten die isolierten Bakterien sich nicht 
pathogen. 

Eigene Unter-suchungen. 

Während des Jahres 1922 stellten sich auf einem größeren Gestüt 
im südlichen Schweden bei Fohlen von 2—3 Monaten mehrere Todesfälle 
ein, die nichts mit der eigentlichen Fohlenlähme zu tun hatten. Sämt¬ 
liche Fälle waren durch Lungenentzündung mit Bildung zahlreicher 
Abscesse in den Lungen charakterisiert. Im Eiter wurde in allen Fällen 
ein grampositives Stäbchen angetroffen, das große Neigung zum Flächen- 
wachstum in den Kulturen zeigte und ihnen eine schwach lachsfarbene 
Färbung verlieh. Die saftigen Kolonien wurden, nachdem sie einige 
Tage gewachsen waren, deutlich gelbrot. Das Leiden ist, soweit ich 



Ein neuer Eitererreger beim Pferde. 


25 


weiß, in der Literatur früher nicht genau beschrieben worden. Daher 
werde ich hier darüber berichten. 

Als die Fälle im Jahre 1922 häufiger auf traten, und ich die Kulturen 
genauer zu untersuchen begann, erinnerte ich mich, daß bereits 1917 
und 1920 Fälle vorgekommen waren, und zwar sämtlich auf demselben 
Gestüt. Über diese will ich hier zunächst berichten. 

Fall 1 . 612/17. Der erste Fall unterschied sich pathologisch-anatomisch 
vollständig von den folgenden Fällen. Es handelte sich nämlich nicht um eine 
Pneumonie, sondern um Pleuritis, eitrige Lymphadenitis und Orchitis. Das 
betreffende Fohlen war am 14. V. geboren und hatte sich im Alter von 2 Monaten 
einige Zeit stumpfsinnig gezeigt, seitdem war es aber bis zum 1. VIII. völlig gesund 
gewesen. Damals fing es an, schlecht auszusehen, sein Appetit verminderte sich, 
und das Tier ging im Nährzustand zurück. Am 8. VIII. starb das Fohlen und 
wurde unverzüglich dem Laboratorium übersandt. Außen war, abgesehen von 
einer sehr starken Vergrößerung des linken Testikels, nichts Besonderes zu sehen. 
An den Sehnenscheiden, Gelenken und Muskeln keine Veränderungen. Jede 
Pleurahöhle enthielt 11 einer schwach trüben Flüssigkeit. Die Lymphknoten am 
Brusteingang sowie im Mediastinum waren 4—5 mal größer als normal. Die 
Schnittfläche war mit einer eiterähnlichen Flüssigkeit bedeckt, aber ohne Herde 
oder Absceßhöhlen. Die Lungen waren etwas zusammengefallen, aber sonst ohne 
krankhafte Veränderungen. Das Herzfleisch war degeneriert. Die Bauchhöhle enthielt 
keine Flüssigkeit, die Därme waren jedoch zum Teil verwachsen, und die Mesenterial¬ 
knoten sahen wie ein mächtiges Konglomerat von eitrigen Granulationsgeschwülsten 
aus. Im Netze saßen unzählige, ziemlich feste Knoten, ähnlich denen bei Perlsucht. 
Als diese durchgeschnitten wurden, floß weißer Eiter in reichlicher Menge heraus. 
Der linke Testikel war so groß wie zwei geballte Fäuste eines Mannes. Er war 
nekrotisch und enthielt zwei Erweichungsherde mit weißem, geruchlosem Eiter. 

In einem Ausstrichpräparat von Eiter in den Lymphknoten am Brusteingang 
sowie im Eiter des Testikels wurden in reichlicher Menge polynucleäre Lympho- 
cyten und grampositive ovale Stäbchen angetroffen. Die Bakterien lagen nicht 
vereint, sondern gleichmäßig unter den Eiterzellen verteilt. Auf Löfflers Serum 
wurden aus zwei verschiedenen Lymphknoten, aus zwei Herden in den Mesenterial¬ 
lymphknoten sowie aus dem Eiter des Testikels Kulturen angelegt. Überall 
wuchs nur eine Art von Bakterien. Die Kolonien waren saftig wie Tautropfen, 
die bald zusammenfließen. Die Bakterie wuchs auf Agar ohne Serum. In Stich¬ 
kulturen in Agarplatten entwickelte sich in 24 Stunden ein gutes Wachstum. 
Die Kolonien in der Tiefe waren weiß, kugelförmig und besaßen einen ebenen 
Rand. Die Oberflächenkolonien waren 6 mal so groß, saftig, erhaben, halbkugel- 
förmig, grauweiß, und ihr Rand war eben. Auf Schrägagar zeigte sich das kräftige 
diffuse Oberflächenwachstum, auf Stichagar kräftiges Wachstum auf der Ober¬ 
fläche, aber unbedeutend im Stich. Auf Gelatine entwickelte sich deutlich eine 
Nagelkultur. Die Bakterie wuchs auch bei Zimmertemperatur ausgezeichnet und 
entwickelte sich in 2 Tagen ebenso wie an 1 Tage bei 37 °. Sämtliche Kulturen 
nahmen, nachdem sie eine Zeit bei Tageslicht gestanden hatten, eine schwach 
lachsfarbene Färbung an. In Bouillon bestand zuerst eine diffuse Trübung, nach 
1 Woche klärte sich dann die Bouillon unter Bildung eines kräftigen Bodensatzes 
sowie einer trockenen, gelbroten oberflächlichen Haut etwas auf. Unter dem 
Mikroskop erschienen die Bakterien in den Kulturen oft als ein körniges und 
schwach gebogenes Stäbchen und glichen etwas den Rotzbacillen, waren aber 
gröber und deutlicher gefärbt. In Bouillonröhrchen mit Dextrose, Maltose, 
Saccharose und Lactose wuchsen sie gut. Es bildete sich aber weder Säure noch Gas. 



26 


H. Magnusson: Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 


Tierversuch mit Eiter. 2 Mäuse wurden subcut&n mit Eiter geimpft. Irgend¬ 
eine Reaktion konnte nicht-wahrgenommen werden. Ein Kaninchen wurde intra¬ 
venös mit Eiter geimpft. Irgendwelche Veränderungen wurden nicht beobachtet. 
Ein Meerschweinchen wurde, ebenfalls mit negativem Erfolg, intraperitoneal 
geimpft. Ein älteres Pferd erhielt subcutan am Halse 2 ccm Eiter. An der Impf¬ 
stelle entwickelte sich ein mehr als handgroßes schmerzhaftes ödem. Es ver¬ 
schwand allmählich im Laufe I Woche ohne Bildung eines Abscesses. 

Versuch mit Reinkultur . Einem anderen Pferde wurde ebenfalls subcutan 
am Halse eine Aufschwemmung einer Löfflerkultur injiziert. Nach 1 Woche 
entwickelte sich ein sehr großes entzündliches ödem, das sich in einen Absceß 
umwandelte. Im Eiter hiervon ließen sich grampositive ovale Stäbchen in reich¬ 
licher Menge nachweisen. Sie wurden beim Züchten in Reinkultur erhalten und 
zeigten denselben Charakter wie das Impfmaterial. 4 Wochen später bildete sich 
bei dem Pferde in dem entsprechenden Lymphknoten ein umfangreicher Absceß, 
eine sogenannte tiefliegende Bugbeule, welche mit dem Messer eröffnet werden 
mußte. Ein 2 Monate altes Fohlen erhielt subcutan am 30. VIII. eine Löffler¬ 
kultur. Am 8. IX. eröffnete sich an der Impfstelle ein Absceß. Dabei entleerte 
sich Eiter in reichlicher Menge. Ein fünf örestückgroßes Stück Haut fiel aus, und 
es entstand ein tiefes Geschwür mit granulierendem Grunde. Allmählich bildete 
sich in den unteren Halslymphknoten eine Anschwellung von der Größe eines 
Hühnereies. Sie wurde am 9. X. geöffnet, und es entleerte sich Eiter. Der Absceß 
besaß fibröse, dicke Wandungen. Im Eiter wurden grampositive, ovale Stäbchen 
angetroffen, die in der Kultur auswuchsen und den Charakter des Impfmaterials 
zeigten. 

1 Hund wurde subcutan, 2 Kaninchen wurden intravenös und 2 andere Ka¬ 
ninchen intraperitoneal ohne positives Ergebnis mit Reinkultur geimpft. 1 Schwein 
wurde am 12. X. subcutan am Oberschenkel mit einer Agarkultur geimpft. Am 
15. X. war die Impfstelle sehr schmerzhaft und hart. Am 7. XI. zeigten sich ein 
walnußgroßer Absceß sowie eine Metastase zu dem benachbarten Lymphknoten 
in der Kniefalte. Unter dem Mikroskop wurden grampositive, ovale Bakterien 
angetroffen, welche, wie sich bei Kulturversuchen zeigte, vollkommen rein wuchsen 
und mit den fraglichen Stäbchen identisch waren. Eine Färse, ein Ziegenbock, 
ein Schaf und ein Huhn wurden subcutan geimpft. Bei der Ziege bildete sich an 
der Impfstelle ein kleinerer Absceß. Die übrigen Versuchstiere waren nicht empfäng¬ 
lich. Ein Hund erhielt am 12. X. 1 / 2 ccm intravenös. Das Allgemeinbefinden des 
Tieres zeigte sich hiernach gestört, und sein Nährzustand verschlechterte sich. 
Am 9. XI. war es beinahe wieder hergestellt. Am 14. XI. wurde es auf einem 
Hinterbein plötzlich lahm. Im Kniegelenk zeigte sich eine Geschwulst. Nach 
weiterem Verlauf von 1 Woche stellte sich vollständige Heilung ein. 

Fall 2 . 534/20. Am 4. VI. 1920 erhielten wir von demselben Gestüt, das 
Sprunggelenk, die Niere, die Lunge, das Herz und die Leber eines Fohlens, welches 
am 2. V. geboren worden und anscheinend an Fohlenlähme mit starker Geschwulst 
an einem Sprunggelenk am 12. V. erkrankt war. Das Tier erhielt damals 100 ccm 
einer Mischung von Streptokokken- und Coliserum. Die Sprunggelenksentzündung 
besserte sich nicht. Das Allgemeinbefinden verschlechterte sich und das Fohlen 
starb am 2. VI. Die Niere war grau und locker von Konsistenz, die Leber ver¬ 
größert, mit Blut gefüllt und degeneriert, Sprunggelenk stark verdickt. Die Haut 
war teilweise abgestoßen, und drei Fisteln erstreckten sich in das Gelenk selbst. 
Dieses enthielt rote schleimige Eitermassen. Der Gelenkknorpel wies mehrere 
tiefgehende Usuren auf. Die Lunge war mit Blut gefüllt und vom am scharfen 
Rande der beiden Seiten vollständig verdichtet, Schnittfläche graurot. Aus den 
Bronchien ließ sich schleimiger Eiter herauspressen. In der rechten Lunge fand 



Ein neuer Eitererreger beim Pferde. 


27 


sich ein erbsengroßer Absceß mit weißem, geruchlosem Eiter. Er lag isoliert in 
dem Parenchym, das sonst unverändert war. 

Unter dem Mikroskop wurden im Blut, in der Niere und in der Milz Strepto¬ 
kokken in reichlicher Menge ängetroffen. Im Eiter des Gelenkes fanden sich kurze 
Streptokokken in großer Menge sowie große Haufen grober, ovaler, grampositiver 
Bakterien. In dem Lungenabsceß und in der verdichteten Lungenpartie wurden 
nur ovale, grampositive Stäbchen angetroffen. Kulturen wurden aus dem Eiter 
im Gelenk, aus dem Lungenabsceß, aus dem verdichteten Lungenparenchym 
sowie aus der Niere angelegt. In sämtlichen Kulturen, abgesehen von denen aus 
der Niere, entwickelten sich saftige, schwach gelbrote Kolonien der pigment¬ 
bildenden Stäbchen. In der Niere fand sich eine Reinkultur von Streptokokken, 
und in der Kultur aus dem Gelenk wuchsen im Kondenswasser Streptokokken. 
Das Stäbchen war identisch mit dem vorerwähnten. Es bildete in dem Zuckernähr¬ 
boden aber weder Säure noch Gas. 

Fall 3. 694/20. Am 12. VIII. erhielten wir das Herz und die Lungen von 
einem etwa 2 Monate alten Fohlen. Das Herzfleisch sah wie gekocht aus. Die 
rechte Lunge enthielt in ihrem vorderen Teil 4 walnuß- bis htihnereigroße Abscesse 
sowie 2 Kavernen. Im hinteren Teil sowie in der Nähe der großen Abscesse im 
vorderen Teil fanden sich hier und da erbsengroße Abscesse. Sonst war die rechte 
Lunge hyperämisch, aber nirgends verdichtet. In der linken Lunge fand sich in 
der Gegend des Herzens ein faustgroßer Absceß. In der Nähe befand sich auch 
eine walnußgroße, stinkende Kaverne, die mit den Bronchien in unmittelbarer 
Verbindung stand. Der Spitzenlappen war ganz verdichtet, graurot verfärbt, 
und die feinen Bronchien enthielten hier eine rote trübe Flüssigkeit. Die Abscesse 
waren sämtlich sehr dünnwandig und von einer sehr unbedeutenden, roten Ver¬ 
dichtungszone des Parenchyms umgeben. Der Eiter war außer in den Kavernen 
von breiiger Konsistenz, grauweiß und ohne Geruch. Die Trachea und die größeren 
Bronchien enthielten eine geringe Menge stinkendes, rotbraunes, körniges Ex¬ 
sudat und Eiter. Unter dem Mikroskop wurden in diesem keine Tuberkelbacillen, 
wohl aber große Mengen von grampositiven, ovalen Stäbchen angetroffen. Eine 
Kultur wurde auf Löfflers Serum aus zwei kleineren Abscessen, aus einer Kaverne 
und aus einem der Bronchiallymphknoten angelegt. In sämtlichen Kulturen außer 
in derjenigen, die aus der Kaverne angelegt worden war, wuchs ein grampositives, 
pleomorphes Stäbchen in Reinkultur. Die Kolonien waren saftig, unregelmäßig 
gestaltet und bekamen nach ein paar Tagen die charakteristische Lachsfarbe. 
Aus der Kaverne wuchs nur eine bunte Flora von Fäulnisbacillen. Ein Pferd wurde 
am 23. VIII. mit einer Reinkultur auf Agar subcutan geimpft. Am 24. VIII. 
zeigte sich an der Impfstelle eine Anschwellung von der Größe einer flachen Hand. 
Art 28. VIII. kam es zur eitrigen Einschmelzung. Der Absceß wurde denselben 
Tag geöffnet. Aus dem Eiter wurde das pigmentbildende Stäbchen gezüchtet. 

FaU 4 . 839/22. Das Fohlen starb am 3. VI. Das Material, bestehend aus 
Lungen, Herz, Niere, Leber und Darm, traf am 4. VII. im Laboratorium ein. 
In den Lungen fand sich ein Konglomerat dünnwandiger Abscesse. In einem Bron¬ 
chiallymphknoten saß ein taubeneigroßer Absceß mit rahmartigem Eiter. Das 
Herz war degeneriert. Die Niere und die Leber waren von lockerer und mürber 
Konsistenz. Sonst war an den Organen nichts Auffälliges zu sehen. Aus den 
Lymphknoten wurde eine Kultur angelegt, und es wurde eine Reinkultur eines 
grampositiven, pigmentbildenden Stäbchens gewonnen. 

Fall 5 . Das Tier starb, am 9. VII. Es wurde von dem praktizierenden Tier¬ 
arzt seziert. Nach dem Bericht fanden sich keine Veränderungen außer in den 
Lungen. Diese enthielten große Abscesse. Eine bakteriologische Untersuchung 
wurde nicht ausgeführt. 




JjL r 8 j»>>Öfischc* infektiöse* Bnoimitinie beiift Fohlen 


.Fall tf. $56>22. tv.w Fohlen starb am 10. tlt Es .'hatte seit deiü S9. V'|. 
Kranklk'iheitonigeii gv?.oigt> Es* halte kehlen Husten, üiivh bestand th. 
liehe AtmnU\sch werde. Bei «1er »Sektion wurden »nu ll dem Bericht keine V ; 
Äikimmgrn aitBer in deh Lungen vn^fimdefi. Diese trafen am 12, V1L jfaftfe. 
Lahnrntnrinm W\ imd entiiielim 20 walmiögrolie AWewe nu( schwach -acfe&v 
iadeförbigem "röllhiaitigeii' Eiter. Unter dem Mikroskop und in . Küliu jhpr*;wuiw ; 
dasselbe Stähcben. Wie in den vorhexgehenden Fälle« im. ih‘KM]U 
werden mit Kitgr ginn Maus gubcut&tU ei« Mr^mdiweincijeii intraj^ritotleiil. 
K^aktint) stellte sich nicht cm. 

Fall / nurf &; I)it- Fohlen starben am lo, bzw. 22. VII. Dir Sekinon vr.o,; 
vpm behandelnden Tierarzt ansgeiiihrt Nur LnnmmabseiW' uaxef; n^kwisk;. 
Matena l zur Lmteisuehung wurde mehl idngtNSOhUkv 


jj&tfe 1. h\l] te aiues Foldera, dia* nfett» teinfcf KriuTfenoitsuläuer von e*as«n Mt 

»buh. • ZahUeiehfc äh*r«s*e uj vejrschieäeneii 'IVfleD ile» I>m^tnpirei>füTüis. 






Bin neuer Eitererreger h**m Pferde, 


hielten graumtett, mit. Luft vermischten Eiter. Die Lymphknoten warm» markig 
geschwollen■ und enthielten auf .der;;SefeiUlache eine eifrig Niohbem 

•4iu%t. Lymphknoten war m einen Ahaeell umgewamlelt . UnU-r dem Sjiiatmkop 
w orden im Eiter aun der Mehrzahl der.'Alweesue .£r&mpo&£)?<>«.'o'rä’-te' iri : 

Reinkultur »ligetroffem In zwei Absceswen fanden ftieh auch bjjöKeite Sitvpjto- 
kokkea. Aussaat auf Agarplatten warnte aus Ahaceeaeti nml-ans Lymphknol^n'- 
jKt*nm>dit. Eine Kultur wurde mich auf h)(!len Scnuu «ins nvei' Abszessen und 
f.dnen» Lymphknoten angelegt. Von rundlichen ä Hteilen wuehs nur dtr gram- 
positive Pigmentbtjdncr. . , ^ \ . A . . 

JaM 10: 5)52/22. Etei* ‘.Fohlen wurde am 8 VL geboren. Am 7. VfL zeigte 
weh omtt und vermochte nicht das Euter der Mntter yn erttleeiv», Es m/igcrty 
alLaiählteh ab. 'Aw ,fan .Gelenken tvar Die • IVfkkarum - war 

normal, wechselte vom 38—38/8 c/ . Allmählich 

: :«jjjj 2 te sieh AfembeMtihNveide mit. deutlicher Bauehatmung. Am !% Vlll. besuchte 
de# ^dimvr $&a 

sein BJitk . 

leidend, Dcekhiuvr rauch. 

Na^enuffriuhjr beschmutzt. * 

Am Unken Nasenloch zeigte 

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«rraurotes Ex^mlkt. düs' 3/p*;’ ^ 

ciwh nicht schlecht rodj, / ; . Iw ; * - ?* :k* 

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Ci fit Bä u c ha tai jihjp. Per NiUimi*Umd »Wr Tterefr ist athhwhk 


30 


H. Magnusson: Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 


bedeckt, sonst war sie glatt und glänzend. Die linke Lunge zeigte am dorsalen 
Rande einen walnußgroßen Herd, der durch die Pleura pulmonalis schimmerte. 
Er bestand aus einer nekrotischen Masse. Sie war in der Peripherie halbfest, grau- 
rot und locker, im Zentrum aber erhielt sie rahmartigen Eiter. Der Inhalt ent¬ 
wickelte keinen abnormen Geruch. Dieser Absceß lag mitten in einem völlig 
normalen Lungenparenchym. An der Basis des Spitzenlappens fand sich ferner 
ein walnußgroßer Absceß. Dieser grenzte an eine hepatisierte Lungenportion. 
Luftröhre und Bronchien enthielten stinkende, rostfarbige, eitrige Flüssigkeit. 
Wie sich beim Aufschneiden zeigte, standen die beiden Kavernen in unmittelbarer 
Verbindung mit den Bronchien. Bronchiektasien konnten nicht beobachtet werden. 

Die Bronchiallymphknoten waren sehr groß und bildeten ein Konglomerat 
von der Größe einer geballten Mannesfaust. Beim Durchschneiden sprudelte eine 
eitrige Brühe hervor. Die Lymphknoten zeigten keine Absceßbildung, sondern 
nur eitrige Infiltration. Auch die Mediastinallymphknoten zeigten markige 
Schwellung und eitrige Infiltration. Das Herz war in Diastole. Das Herzfleisch 
sah wie gekocht aus. Die Bauchhöhle enthielt keine Flüssigkeit. An der Milz 
war nichts Außergewöhnliches zu sehen. Sie war auch nicht merklich vergrößert. 
Die Nieren waren bunt gefärbt, mit Blut gefüllt und enthielten in der Rinde eine 
geringe Zahl keilförmiger Infarkte von grauweißer Farbe. Das Nierenbecken 
enthielt stark schleimigen Urin. Die Leber war graurot, von lockerer Konsistenz 
und stark mit Blut gefüllt. Im Dtinndarmgekröse fand sich ein rundlicher hühnerei- 
großer Knoten. Dieser saß wie mit einem Stiel versehen ca. 8 cm von der Gekrös- 
wurzel. Die Schnittfläche zeigte grauweißes Granulationsgewebe und am Rande 
einen Absceß, der ca. 15 g weißen rahmartigen Eiter faßte. In der vorderen 
Gekröswurzel fand sich ein walnußgroßes Aneurysma fusiforme. Die Intima war 
hier uneben und mit Blutgerinnsel und Fibrin sowie mit 50 Wurmembryonen 
bedeckt. (Dies war der früheste Fall von Wurmaneurysma, den ich beobachtete.) 
An den Organen des Kopfes war nichts Auffälliges zu sehen, ebensowenig an der 
Muskulatur, an den Gelenken und an den Sehnenscheiden. Unter dem Mikroskop 
wurde im Eiter aus sämtlichen Lungenabscessen, den angeschwollenen Lymph¬ 
knoten und aus dem Bauchabsceß ein grampositives, ovales Stäbchen vorgefunden. 
Kulturen wurden aus Milz, Leber, Fibrin und Wurmaneurysma sowie aus Nieren¬ 
infarkt, zwei Lungenabscessen, dem Bauchabsceß und eim;m Bronchialknoten 
angelegt. Aus der Milz und der Leber wurde kein Wachstum erhalte?. Aus dem 
Fibrin des Aneurysmas wuchsen isolierte Kolonien von Verunreinigungen — 
gasbildende Stäbchen — aber sonst bestanden die meisten Kolonien aus gram- 
positiven, ovalen Pigmentbildnem. In den übrigen Kulturen wuchs nur eine Art 
von Bakterien, nämlich der grampositive Pigmentbildner. 

Fall 11. Das Fohlen wurde am 8. III. geboren und erkrankte Ende Juni. 
Damals hustete es und hatte Nasenausfluß. Die Atemfrequenz war auch ver¬ 
mehrt. Husten trat nicht auf. Das Fohlen ist jetzt vollkommen gesund. 

Fall 12. Das Fohlen wurde am 5. VI. geboren, erkrankte am 15. VII. unter 
denselben Erscheinungen, welche das vorige zeigte, mit Eingenommenheit des 
Bewußtseins und vermehrter Aterafrequenz. Husten und Nasenausfluß traten 
nicht auf. Das Fohlen ist jetzt vollständig wiederhergestellt. 

Experimentelle Pneumonie . 

In den vorhergehenden Fällen wurden an verschiedenen 'Tieren 
verschiedene Versuche ausgeführt, aus denen sich ergibt, daß nur das 
Pferd und das Schwein für die Impfung mit dem Pigmentbildner em¬ 
pfänglich sind. Am 3. September erhielt ich indessen ein Fohlen, an 




Ein «?«!» Bit^reärregey feehft- Vfertfe. 


dem ich versuchen. konnte, ,pir durch jU^Mjoh/v^h, RoHdt.uh.WtMi die 
für die Krankheit. clwi$^teritsii?bheft VW^tsterungen in den Luhgvjt 
hervorgerufen, vorder«. kramten. Esj tVW «ith FdBiett, ’ Welchen, Enih? Mai 
geboten war.upd von wegen Rsevulö- 

bcrniaphriHlit'iMWis kasteit winde. Sonst : war es vollständig normal 
und in gutem Xähndistaud. Au« 4. September wurden mittelst Kartülu 
tVcc.iU einer flu«*.igkeii, weiche- die Hälfte einer .in Koehsnixhening 
anfge-whiemniteo Kult«ir auf Löffkm Set».?»« «hustelUe, in tb> Trachea- 
10 a?u unterhalb des Kehlkojffes eiligetührt; Dir- K ultur war 48 St unden 
alt und aus einerPaMnursehenHW'tbe Wit fiJttW; geWuditet. LWaer 
war aus einem Absceßin der Lunge des Fohlens 916. _’2 (Fall 9) gesammelt 


A.btt. R 4 rfcf'itjvutnRlöijCf- TriiURfi/UiU u. elfcrigea Ex&udar tm Unken NittetUiYi'h: 


wurdet». Ido Eit erprobe war demnach in zugesehmolzenW GU»röhre 
turn gi>, Juli l>b & S(*}»ticWhet aufhewalirt W’oKten. Lnmhtcdhar nach 
der mwie keine Reaktion hcöK-rkt, Dos Koidr-n loiHtete 

nicht; jUfe AiftrnL^öeiizhWeTWipetatüF uud der Appetit wwuhsij nicht 
im gWingsiWs iöfad« beeinflußt. Äfebrere Tagt* wurde: iücih'ti? bmöerktj 
**• daß ich hnreita glaubte, der Versiteh wart negativ ausg>-f-.ill<- n. Jedoch 
am 13 September, 9 Tage nach der Injektion, meldete der Walter, 
da« Fohlen habe eiwTempmtur von 40,3 '. Puls So. Am it. September 
wurde Triinetifluß bemerkt, und in den Xa^t.-noffiumgen zeigte -teil 
ei« feucht er Jtfelag. Am lö. September Atemf r etpnms»^KW(t : jji*JiriitOr 
perutur 40,->*» Puls 88. Das Tier hustete ab und ittVAKxaiirMWa^w 
in den Nitaenöffmingeu. Der Appetit war etwa« geringer als normal. 
Aid 16, September schwankte das Fohlen bom Gehen. An der linken 






H. Mägt.ueson; Sjicy.ifisiibr inM'iiOse IhiMinionitv beim Fehlen 


Seite wurde deutlich Verdichtung uml über der gattzen Liüjgc irei- 
fitkrkies Vesiciil/irgeruuscli bemerkt» Rio Temperatur betrug 4(h3 ■'% 
der 93., Die/ Sehleiinhautie waren fichmutziggrau; Aj»i 17, jStjji- 
temlu'r war di® T#ü{>eratui 4l y der FuE 100. 'Ttfj.i miffyß ii«dTSiÄseif- 
ausfhiü hatten sieh gesU-igcit und wären sohmütziggrau gefärbt;(sn-he 
Fig 3). Die Dampfung in der linken Lunge hatte sieh weiter ausgedehnt- 
Bei der^ Äin a kuita1t iu« wurde an tln* linken 

feuchtes Rasseln hrmmtkt. Die Atemfr^uenz hatte VzugyiKsmmen. 
Am 18. üiftl 19. SejÄinüiber hielt WmA i die- 'tferbpwratüi^'',tiüf 41^3 '. l^er 
Herzschlag war jKa-hurtd und der Puls 120. Rasseln auf heidciv feiten. 
Der ^aseuaükfloti war rostfarben alwd nicht 

fing an flufjzgtrMen, uitd es? wurde deutliche Raucbkininf^ hWOierkt. 
Hochgradige Mattigkeit im Hinterteil. Irt der Nacht zürn 2<> s, j» 
t einher staiir ' Fohlen. •• -v.' 


Atti 1. ExperimänlfiUp i’mnimouie, IJvtftitft Tdititfe von npr.zjk'tii&£hü 4 ft*n Flätlio ^j^Ueri. i)»i 
SpltortliipiiFü tat iß pifjeü Ah«c*‘i< um<?ewandU*lL 

K.klio;'. 

i« v 

% .Die Brust ilelile enthielt' im ,hnl;en Bleumsaek 3 / a Lit(*r einer ^rö>«>j» 
rötlichen■ Flüssigkeit. i.U*r rechte Pleurasack enthielt nur die uornndv 
Menge Fltissigkc-.it. Ho. r?<ftk Lu iujc zeigte in dc-r Gegend des Horaw' 
• •neu miu|i H Aksccß. der größer war ah die geballte Faust, eines M_a.ru te* 
(siehe’Fig. 4): : Der' Inhalt des Ahsoesse* bestand, wie le int Euu*;hiv«*iik‘!' 
f<wtgc.steljt wurde, gti* cirrer, breiigen odbr käsigen, gwfvrbißon .Masse.', 
de nicht uhüorm i>» h. Die .WügehÖrigcn Lnftiöhrcnäkte enthielten 
eine sc’hauinigc, rötlicligrauv Flüssigkeit, IF-r S|htienlap{:«>tt Zeigte 
init j-'tdielk's Ewph.ysf**rr. Sonst nur die Lunge stark mit Blut gefüllt. 
Die ganz.c Sj»0 /<•' •«<*«m 4t>r Fordere Teil des Inrneren, .Ltrjcgens der. itnkoi 
Ltinyt: waren yoUstkiidig yrrthebl'ci. Ihr luljait war in piüti grawble, 
nekrnl »seht*. Mivvw. <!***■««? käsiger* Klumpen bestand. umgenandeH. 
Hier muJ dk fadcUit sich .Bjutuitgiin» in der Peadjrh wb gbgcn den. ac< 
sunden hinteren T\dl Wurde 


eiiie' Vcrdiehtimgszom; mit. roter Hc|>at 
sktlbn bejirgrktv;'Aü&h' iü der linken Lutige ivnrdc kein putrider Gferuc 


Ein neuer Eitererreger beim Pferde. 


33 


wahrgenommen. An keiner von beiden Seiten konnten Bronchiektasien 
bemerkt werden, aber die feinsten Luftröhrenäste waren vollständig 
aufgelöst, und die gröberen waren mit einer schmierigen, grauroten 
Flüssigkeit gefüllt. Die zugehörigen Lymphknoten waren manchmal 
vergrößert und wogen etwa 100 Gramm. Sie waren von einer eigen¬ 
tümlichen festen Konsistenz, und auf der Schnittfläche entleerte sich 
eine eitrige brühartige Flüssigkeit. Der Herzbeutel enthielt 2 Eßlöffel 
einer hellen, rotgelben Flüssigkeit. Das Herz war dilatiert, schlaff und 
enthielt schlecht geronnenes Blut. Das Herzfleisch war grau und von 
mürber Konsistenz. Die Nieren und die Leber waren mit Blut gefüllt und 
sahen wie gekocht aus. An dem Magen und den Därmen war nichts Auf¬ 
fälliges zu sehen. In der Wand des Dünndarmes wurden jedoch etwa 
100 kleinere schwarze Flecke, veranlaßt durch Wurmembolien, bemerkt. 
In der vorderen Gekröswurzel fand sich ein walnußgroßes Wurmaneu¬ 
rysma. Die Milz war nicht sichtlich vergrößert. Die Skelettmuskulatur 
sah wne gekocht aus. An den Gelenken war nichts zu bemerken. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung des nekrotischen Lungen¬ 
gewebes wurden reichliche Massen grampositiver Stäbchen angetroffen, 
ebenso in den Bronchien sowie in den Bronchiallympfknoten. In der 
Milz, in der Niere und in der Leber wurden keine Bakterien bemerkt. 
Vom Fibrin in dem Gefäßaneurysma, von der Milz, von der Leber, 
von dem Lungenabsceß an der rechten Seite sowie von einem der Bron¬ 
chiallymphknoten wurde eine Aussat auf Löfflers Serum gemacht. 
Dabei entwickelte sich aus dem Aneurysma, aus der Milz und aus der 
Leber kein Wachstum. Von den übrigen Stellen wuchsen dagegen in Rein¬ 
kultur zahlreiche Kolonien grampositiver Stäbchen, die nach 2 —3 Tagen 
die typische gelbrote Färbung annahmen. 

Kurz zusammengefaßt ist das Ergebnis dieses ausführlich referierten 
Tierversuches folgendes: 

Eine aufgeschlemmte Reinkultur des pigmentbildenden Stäbchens 
in einer Menge von 5 ccm intratracheal einem Fohlen eingeführt, ver- 
anlaßte nach einer Inkubationszeit von 9 Tagen eine akute Pneumonie, 
die sich klinisch durch hohes Fieber, Tränenfluß, Nasenausfluß, durch 
allmählich beginnende Verdichtung, Rasselgeräusche, Schwäche im 
Hinterteil kennzeichnete. Bei der Sektion wurde eine nekrotisierende 
Pneumonie und Absceßbildung sowie markige Schwellung und eitrige 
Infiltration der Bronchiallymphknoten festgestellt. Der Befund bei 
den mikroskopischen und kulturellen Versuchen entsprach völlig den 
Ergebnissen der spontanen Fälle. 

Kurzer Bericht über die Eigenschaften der Bakterien. 

Vorkommen: Die Bakterie wurde in den veränderten Teilen, besonders 
in den Lungenabscessen und in den Bronchiallymphknoten, in reichlicher 

3 


Arch. t TierhcUk. L. 



3-1 H, Mairmosi.n : Sjie/ifis- !t*;> ntf«kHÄ$<S Pneumonie heim FiiMen. 

.Menge angetröffen In huU.ntogiscfn*« Schnitten vsa.li man »fis in den 
iu»krotwcbeit' Maasen wie in Kugeln Hegen. Hie scheinen bierbej in den 
weißen Bl.utki;a-}tt-rcli*'n tyuh deren Tode die eingenommene Anordnung 
Hei*n!whä{te«. »Man auch •pol.ViUl.kleMr«* Zellen »Ut dtnitlieh färb¬ 
baren Kcmeit, die ganx und gar mit Bakterien vollgepfropft waren. 
Iw ßlpty und. in einem (Jtrgatv, tUwf keine prttlioJf'giselien \VfUriderutiigen 
A'-igt.;., konnten sie. niehf ;uaehge«i-sv n 'Ariden. 

Mdrmko{lischf-s .-I nwJie.n: Mittelgröße Kokken e,derovakv Stäbchen. 
l : ’i ■ 1.4 war die gewöhnlichste UrÖlk*.; ln flüäaigem Hubs*, rat Bildetet) 
sie htasveileu ‘Uurxe wusamnuMihäHgonde Ketten, abef in dev K<*jgel 
lagen sie in nnregehnaßigen Haufen jiie Bakterie ist nicht be- 

• ''.? ■&} weg!ich und bildet keine 

Sporen, : Jfi Ctbeifläc bere- 
kttlniiieft auf .\garpl:itteti 
orsefioint sie oft sts Kok¬ 
ken von* etwas «iyaler 
Form. In Tiefrukolotiirn 

KSrti'tt' rfieh die atelif aus- 

Ipliy Htäbehoijfornu 

•..vfeifif: Matt fand alfa 

v* )i i Kokken ;n »»vtnt'je 
; Ftirtixep ütid StÄheBen: 

• K ^ m aiige»weirien herrschte 
. Form vor. / : ; : 

. 5 ei irutmrkiil; Bi.O um- 

Sk>^,V fiO'her Färbung färbte die 
... . . ... . Bakterie sieh kräftig und 

AM. . I ..I y.,, I;;,. ■i.-r;vi„» I<|H.I (Hl li.lt «r l.ympll- 

suotvftÄ F.iiNuv mir», i.ta,,'. war .mehr ychromuphil für 

Löffln** Methylenblau als 
dieliulsbrikteiieti Hin war deutlich gramfedk Bei schwyehcr Färbung mit 
.- Lvj‘1- ; ■ ViH !> vieiibMu nähm sie die Farbe rocht gleichfiiiMlte nufV soiidt-ni 


MSs§vwM| 

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wc4jÄ\s^|jjra l Si'*j3 




iNdteilt. 

H\wir-?h>i}lml<srfi Fdudtäliv aoaeidfa .aber ata bestenbei , 
freiem Ztis ru.v you Saurrshfify. ln lydldensäuriy wiieltäl^faie’ aufddseHi'lfnt 
Aukpriir-bt. nV T'.lU-fm^iHTAdtfl ^ührnnh'siml-. l>ie Baktetie w»«ksk. 
b.-i /!i,vi.uu:'ti oiper.iiAir fas fg go faivuih, gleich gut . weh« auch et was 
Imijgfaiifav ' als. iyt'V- TI.. f*♦ dditr1 £>; * i?<e-. Hie wächst aiwge3;,eifcBitel 
äui idlon gd\vd|t-?ilicjüytic' XtllittMl'sf räfe'V und bedarf \to 3 jjfj«! 6 /J2fats*t»W* • 



Ein neuer Eitererreger beim Pferde. 


35 


von Serum oder Zucker. Sie wächst in schwach saurem besser als im 
alkalischen Substrat. PH-Optimum ist 6—8. 

Agarplatte: Nach 24—48 Stunden erschienen 1—3 mm breite, 
saftige, etwas schleimige Oberflächenkolonien von runder, aber un¬ 
regelmäßiger Form und mit glattem Rand. Die Tiefenkolonien waren 
Ys—*/ 3 mm breit. Hatten die Kolonien ein paar Tage bei Tageslicht 
gestanden, so wuchsen sie weiter aus und nahmen eine schwach rötliche 
Färbung an, welche immer intensiver wurde mit einem Zug ins Gelbe. 

Stichagar: Es entstand gutes Wachstum und Gelbfärbung an der 
Oberfläche. Längs des Striches in die Tiefe erfolgte das Wachstum 
langsam und schwach. 

In Gelatineplatten und im Gelatinestich erfolgte das Wachstum 
wie im Agar. Das Substrat wurde nicht verflüssigt. Auf Löfflers Serum 
war das Wachstum saftig und üppig. Die Bildung von Farbstoffen 
war gut. Verflüssigung des Substrates wurde nicht beobachtet. 

Bouiüonkutturen zeigten körniges kräftiges Wachstum auf der Ober¬ 
fläche und schwaches, diffuses, trübes in der Tiefe sowie nach 4—5 Tagen 
kräftigen Niederschlag. 

Milch gerann nicht. Die Bakterie wuchs hier schlecht. 

KartoffeUculturen zeigten kräftige Entwicklung mit dicken, im Anfang 
schwach roten, dann intensiv rotgelben Vegetationsmassen. Einige 
Stämme waren saftig, andere trocken und gefaltet. 

Widerstandskraft: Die Bakterie bleibt im Agarstich, ohne überführt 
zu werden, wenigstens zwei Jahre leben. Sie verträgt, ohne merklich 
geschwächt zu werden, mehr als einen Monat diffuses Tageslicht. 

Chemische Lebensäußerungen: Die Bakterie bildet einen typischen, 
gelbToten Farbstoff, der deutlicher hervortritt, je älter die Kulturen 
sind. Sie reduziert Lackmuslösung nicht. Schwefelwasserstoff bildet 
sich nicht, Indol auch nicht. Es wurden Versuche angestellt, wie sich 
die Bakterie gegenüber folgenden Zuckerarten und Alkoholen verhält: 
Dextrose, Galaktose, Fruktose, Mannose, Laktose, Maltose, Mylose, 
Dolcit, Mannit, Sorbit, Glycerin, Sacharose, Raffinose, Adomit, Erythrit, 
Rhamnose, Arbutin, Inulin, Salicin und Dextrin. In allen diesen Lö¬ 
sungen war das Wachstum gut, Säurebildung konnte aber nicht nach¬ 
gewiesen werden. Die Bakterie bildete keine Hämolysine für die Blut¬ 
körperchen des Pferdes oder des Rindes. 

Agglutination: Kaninchen winden wiederholt mit großen Dosen 
lebender Kulturen intravenös geimpft. Im Serum dieser Tiere traten 
keine Agglutinine auf. Blutproben wurden von 4 Fohlen entnommen, 
die spontan angegriffen waren. Die Agglutinationsproben lieferten 
sämtlich ein negatives Ergebnis. 

Nach dem vorhergehenden dürfte die hier besprochene Bakterie zu der 
großen Gruppe der DipMheroiden (Corynebacterium) gerechnet werden 

3* 



36 H. Majmusson: Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 

müssen. Allerdings habe ich keine Formen getroffen, die sich verzweigen 
und Keulen bilden, aber es finden sich doch so viel andere Eigenschaften, 
die auf die Diphteroide passen. Die Bakterie ist pleomorph, ist körnig, 
färbt nach Neisser sich unter Bildung von Lücken, Vakuolen („Zebra¬ 
färbung“). Sie ist grampositiv, hat nicht die Fähigkeit sich selbst zu 
bewegen, bildet keine Gase, Indol oder Hämolysine, verflüssigt Gelatine 
nicht. 

In gewisser Beziehung erinnert sie an die Preis sehe Bakterie bei 
Pseudotuberkulose beim Schaf, ist aber für kleine Versuchstiere nicht 
pathogen. Sie wächst ausgezeichnet bei 20°. So viel ich weiß, ist diese 
Bakterie vorher als Krankheitserreger bei unseren Haustieren nicht 
beschrieben worden. Ich möchte daher vorschlagen, sie als ,, Coryne - 
bacterium equi “ zu bezeichnen. 

Das Wesen der Krankheit. Aus den oben beschriebenen Fällen ergibt 
sich, daß bei Fohlen ein spezifischer Eiterbildner vorkommt, der sub¬ 
akute oder chronische Bronchopneumonien und circumscripte Eiter¬ 
bildungen im Lungenparenchym verursacht. Nur in einem Falle hat 
die Bakterie nicht die Lunge angegriffen, sondern eine Pleuritis, Peri¬ 
tonitis und Orchitis verursacht. Die Bakterie ruft eine starke Reaktion 
und eitrige Einschmelzung in den zu den angegriffenen Organen gehörigen 
Lymphknoten hervor. Nur in einem Falle ist sie in den Gelenken an¬ 
getroffen worden. Sie wurde dort in der Gelenkflüssigkeit zusammen 
mit Streptokokken vorgefunden. 

Symptome. Das Krankheitsbild, wie es von dem behandelnden Tier¬ 
arzt und dem Besitzer beschrieben wurde und wie es der Verfasser ge¬ 
sehen hat, zeigte sich auf folgende Weise: Das Fohlen hat im allgemeinen 
keine Krankheitserscheinungen gezeigt, bevor die Lokalisation bereits 
in den Lungen nachgewiesen wurde, und dann treten die Erscheinungen 
eines Respirationsleidens in den Vordergrund. Es hat dann in der Regel 
vermehrte Atemfrequenz mit Bauchatmung bestanden. Die Atmung 
ist oft stöhnend und beträchtlich erschwert gewesen. In gewissen Fällen 
war Rasseln zu hören. Husten kam zwar vor, aber nicht in allen Fällen. 
Aus den Augen wurde ein starker Ausfluß bemerkt. In den Nasenlöchern 
wurde ein braunes und eitriges, halb eingetrocknetes Exsudat ange¬ 
troffen. Der Nährzustand hatte sich schnell verschlechtert. Das Deck¬ 
haar wurde rauh. Die Wärter hatten die Krankheit immer erst entdeckt, 
wenn das Fohlen das Euter der Mutterstute nicht ordentlich entleerte. 
Die Temperatur war eigentümlicherweise in spontanen Fällen auch 
bis in die letzten Tage immer normal geblieben. Auch der Puls wurde 
nicht besonders beeinflußt. 

Diagnose. Die Diagnose wird bei Lebzeiten auf Grund der gesteigerten 
Atemfrequenz, der Bauchatmung, des Tränen- und Nasenflusses sowie 
auf Grund des Fehlens des Fiebers gestellt. Wird der Nasenfluß mikro- 



Ein neuer Eitererreger beim Pferde. 


37 


skopisch untersucht und werden aus ihm Kulturen angelegt, so läßt 
sich mitunter das spezifische, grampositive, pigmentbildende Stäbchen 
nachweisen. In der Mehrzahl der Fälle ist jedoch die Flora in diesem 
Material mit Staphylokokken und anderen Bakterien so gemischt, daß 
der Versuch mißglückt. Die Untersuchungen der Blutprobe mittelst 
Agglutination liefern kein positives Ergebnis. Postmortal ist die Dia¬ 
gnose leicht zu stellen, nachdem die Anwesenheit dünnwandiger, kalter 
Lungenabscesse, vergrößerter, eitrig infiltrierter Bronchiallymphknoten 
sowie diejenige der spezifischen Bakterie im Eiter festgestellt worden ist. 

Entstehung der Krankheit. Es ist nachgewiesen worden, daß sämtliche, 
im Jahre 1922 erkrankte Fohlen von einem und demselben importierten 
Hengst abstammten. Die übrigen 20 Fohlen hatten eine andere Ab¬ 
stammung. Es wurde auch mitgeteilt, daß ein 3jähriger Hengst zeitig 
im Frühjahr gestorben war und daß bei der vom Fleischer angestellten 
Untersuchung die Lungen „total zerstört“ gewesen sind. Der Hengst 
war einen Monat lang tierärztlich behandelt worden, da eine Lungen¬ 
affektion vermutet wurde. Es war dann besser geworden. Nach eini¬ 
ger Zeit war er jedoch gestorben. Mit Rücksicht darauf, daß die Krank¬ 
heit auf demselben Gehöft bereits 1917 und 1920, bevor der erstgenannte 
Beschäler sich im Lande befunden hatte, vorgekommen war, dürfte 
die Möglichkeit, daß die Krankheit in den Stall durch den Hengst 
eingeschleppt worden ist, auszuschließen sein. Sichere Anhaltspunkte, 
daß der 3 jährige Hengst dieselbe Krankheit gehabt hat, finden sich 
nicht. Das Sektionsbild spricht dafür, daß die Infektion vermittelst 
Aspiration durch die Luftwege erfolgt ist. Bei einem einzigen Fall, 
und zwaT bei dem ersten, kann man Ansteckung durch Fütterung 
vermuten. Hier fand sich jedoch außer in den Mesenteriallymphknoten 
auch eine Affektion der Mediastinallymphknoten. 

Bei meinem Besuch auf dem Gestüt wurden die Fohlen in Boxen 
gehalten. Als Streumaterial diente Torfstreu. Ich habe den Verdacht, 
daß Teilchen der Torfstreu Träger des Ansteckungsstoffes sein können. 
Mehrere Proben wurden davon entnommen, aber ich konnte bei der 
bakteriologischen Untersuchung die spezifische Bakterie nicht nach¬ 
weisen. Das Material zeigte sich sonst sehr arm an Bakterien, fast 
steril. Die Eigenschaften der Bakterie, sich bei gewöhnlicher Temperatur 
vermehren zu können, ihre große Widerstandskraft und ihre geringen 
Ansprüche an das Nährsubstrat machen es doch sehr wahrscheinlich, 
daß sie auch im Freien Vorkommen und außerhalb des Tierkörpers 
sich vermehren kann. Eigentümlich Ist es, daß die Krankheit nicht 
an einer anderen Stelle als in dem fraglichen Gestüt hat nachgewiesen 
werden können. Es werden dort 50 Zuchtstuten gehalten, und es hat 
dort ständig spätgeborene Fohlen gegeben, die im Alter von 4—11 
Wochen gestorben sind. Die Todesfälle erfolgten im Juli und August. 



38 H. Magnusson: Spezifische infektiöse Pneumonie beim Fohlen. 

Behandlung. Die Behandlung ist in allen Fällen symptomatisch 
gewesen und hat sehr schlechte Ergebnisse geliefert. Sobald die Krank¬ 
heit sich zu erkennen gab, wurde Jodkalium verabreicht, auch Dunst¬ 
bäder mit Jod oder Terpentin wurden gemacht. Ferner hat man feucht¬ 
warme Umschläge um den Brustkorb versucht. Bei dem Fohlen, das 
weniger schwer erkrankt gewesen war und sich gebessert hatte, war 
eine Arsenkur angewendet worden. In schweren Fällen wurden Stimu- 
lantien, wie Kampfer, Alkohol, Digitalis, Coffein verabreicht. Bei 
einem der Fohlen wurde auch eine Salvarsaninjektion gemacht. Der 
Fall war jedoch zu weit vorgeschritten, und das Fohlen starb. In prä¬ 
ventiver Hinsicht suchte man jetzt die Stuten so zeitig wie möglich 
abfohlen zu lassen. Das Lager aus Torfstreu wurde durch ein solches 
aus Stroh ersetzt. Ferner wird ein Versuch mit der Vaccinierung und 
der Behandlung mit Serum mit dem grampositiven pigmentbildenden 
Stäbchen als Antigen gemacht werden. Kann angenommen werden, 
daß der Fall Schmiedhofers am Staatgestüt in Ungarn von derselben 
Art gewesen ist, so dürften nach seiner Erfahrung mit Vorteil intra¬ 
venöse Injektionen von Silberpräparaten versucht werden müssen. 
Er verabreichte „Argosol“ in Gaben von 5—10 ccm intravenös. Er 
behauptet jedoch, das beste Ergebnis mit der Serumbehandlung mit 
spezifischem Serum (Streptokokkenserum?) erzielt zu haben. 

Am Schlüsse dieser Arbeit ist es mir eine angenehme Pflicht, dem 
Besitzer des obenerwähnten Gestüts, Herrn Grafen Claes Wachmeister 
auf Bentstorp für sein großes Interesse, das er für diese Untersuchung 
gezeigt und für die Hilfe, die er dabei geleistet hat, sowie dem Herrn 
Distriktstierarzt Erik Borg, Teckomatorp und den Herren Tierärzten 
B. Stenmark und J. NihUn für die Unterstützung bei der Arbeit 
herzlich zu danken. 



(Aus der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Prof. Dr. K. Neumann].) 

Zur Lecksuchtsfrage (Humalcalbehandlung). 

Von 

Prof. Dr. K. Neumaim und Oberassistent Dr. C. Reinhardt. 

(Eingegangen am 25. Juni 1923.) 

Als Brat -Oldenburg die Brennstoffgewinnung aus Rohtorf dadurch 
wirtschaftlich zu gestalten trachtete, daß eine Ausbeute an wertvollen 
Nebenprodukten durch sein neues Torfaufbereitungsverfahren entstand, 
erhielt er neben technisch bedeutungsvollen Ölanteilen das Kalksalz 
einer chemisch noch nicht vollkommen definierten Säure, die Popp 
Humalsäure benannte und in Beziehung zu den Humussäuren des Bodens 
brachte. Mit Rücksicht auf die später noch näher zu erörternden Eigen¬ 
schaften dieser salzartigen Verbindung lag ihre Verwendung auf thera¬ 
peutischem Gebiet nahe. In der tierärztlichen Fachliteratur berichtet 
Meyrovritz 1 ) erstmalig über Anwendung des „Humalcal“ benannten 
Mittels bei Lecksucht und verwandten Krankheiten des Rindes und 
Schafes. Auf Grund dieser ersten und später 2 ) 8 ) von Meyrowitz mit¬ 
geteilten Versuche, die ein günstiges Ergebnis zeitigten, erschien es an¬ 
gezeigt, die in Oldenburg gewonnenen Erfahrungen auch bei der Leck¬ 
sucht der Rinder in Ostpreußen zu erproben*). 

Wir erhielten deshalb vom Ministerium für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten den Auftrag, an lecksuchtkranken Rindern in der Johannis- 
Burger Heide Behandlungsversuchc mit Humalcal vorzunehmen, nach¬ 
dem die Firma Brat-Oldenburg bereitwilligst die erforderlichen Ver¬ 
suchsmengen des Mittels zur Verfügung gestellt hatte. Da es auf Grund 
der von uns 4 ) früher erhobenen Befunde über Acidose im Blute von 
stoffwechselkranken Rindern wünschenswert erschien, neben dem 
eigentlichen Behandlungsversuch eine Blutuntersuchung in dieser 
Richtung vorzunehmen, erklärte sich Prof. Dr. Scheunert in liebens¬ 
würdiger Weise bereit, zu diesem Zwecke seinen Assistenten Dr. Krzy- 
wanek teilnehmen zu lassen**). 

Durch das Entgegenkommen der Herren Oberförster Zühlke, Hege¬ 
meister Malchow und Weigel***) wurde es möglich, im Bereich der Ober- 

*) Siehe auch Popp, Landwirtsch. Jahrbüoher 1922, Bd. 57; Deutsche 
Landw. Presse 1922; Zeitschr. f. Brennstoffchemie 1922 Nr. 4, wo die eraten 
Humalcalvereuche niedergelegt sind. 

**) Über die Ergebnisse dieser Untersuchung wird in nachstehender Arbeit 
berichtet. 

***) Ihnen sei auch an dieser Stelle für ihre Unterstützung gedankt. 



40 


K. Neumann und C. Reinhardt: 


försterei Kurwien einschließlich der Dörfer Kreuzofen, Groß- und Klein- 
Kurwien und Turoscheln eine Behandlung an einer Anzahl lecksucht¬ 
kranker Rinder durchzuführen. Durch Vermittlung von Kreistierarzt 
Dr. Sommer-Johannisburg gelang es, in der zweiten Untersuchungs¬ 
woche noch einen größeren Rinderbestand in Groß-Zechen in die Be¬ 
handlung einzubeziehen. Wider Erwarten verhielt sich die anfänglich 
einverstandenen Dorfbevölkerung zumeist ablehnend, so daß haupt¬ 
sächlich Rinder von Förstern zur Behandlung kamen. Es war beabsich¬ 
tigt, den Versuch in der Weise vorzunehmen, daß in jedem Bestände 
einige unbehandelte Kontrolltiere belassen wurden und neben dem 
klinischen Befunde das Gewicht aller Tiere vor und nach vierwöchiger 
Behandlung als Maß für eine Besserung herangezogen werden 
sollte. Die Fütterung sollte während des Versuchs nicht geändert 
werden. Infolge ungünstiger äußerer Verhältnisse ließen sich die Wägun¬ 
gen nur bei einem Teil der Jungtiere und an großen Rindern nur in einem 
Bestände durchführen. Ebenso schwierig gestaltete sich die Auswahl 
geeigneter Kontrolltiere, da die Lecksucht in diesem Jahre nicht so stark 
auftrat und in den kleinen Beständen zumeist nur einzelne Tiere er¬ 
krankt waren. Der Grund für das verminderte Auftreten der Erkran¬ 
kung im Johannisburger Kreise dürfte wohl mit in dem Umstande zu 
suchen sein, daß die Bevölkerung durch systematische Belehrung im 
Laufe der Jahre gelernt hat, mittels diätetischer Maßnahmen (Rüben, 
Melasse, Kartoffeln, Schrot als Beifutter zum Heu) dem Ausbruch der 
Lecksucht rechtzeitig zu begegnen und auf Grund ihrer wirtschaftlich 
jetzt günstigeren Lage auch dazu imstande ist. Dies kommt darin zum 
Ausdruck, daß zumeist die Tiere Beamter und sonstiger wirtschaftlich 
Schwacher betroffen sind. 

Im ganzen gelangten 7 Jungrinder (1, 2, 3, 14, 16, 17) (-f 1 Kon¬ 
trollier 15), 1 Bulle (12), 9 Kühe (4, 7, 8, 11, 18, 19, 20, 21, 22) 
(-f- 4 Kontrolliere 5, 13, 23, 24) und 1 Schaf (9) (+ 1 Kontrollier 10) 
in 12 Beständen (5 Förster, 1 Lehrer, 1 Gastwirt, 5 Landwirte) zur Be¬ 
handlung. Begonnen wurde mit den Injektionen in der ersten März¬ 
woche, bei 6 Kühen in der zweiten und bei dem Schaf in der dritten 
Woche des Monats März, so daß die Tiere 4 bzw. 3 und 2 Injektionen 
erhielten. Die Dosis betrug bei den Rindern 20 ccm, bei dem Schaf 
10 ccm des gebrauchsfertigen Humalcals, welches intravenös verabreicht 
wurde. Zweimal wurden Schwellungen am Halse p. i., jedoch niemals 
Abscesse beobachtet. Die Injektionen wurden von den erwachsenen 
Rindern reaktionslos vertragen, außer von einer Kuh (VIII, 11), welche 
jedesmal einen 10 Minuten währenden Hustenanfall bekam (Tb.-Ver- 
dacht klinisch). Bei einigen Jungrindern (IX, 14; X, 16) und einer 
Kuh (XII, 20) trat nach der zweiten, bei einem Bullkalb (XI, 17) nach 
der dritten Injektion erhöhte Puls- und Atemfrequenz, Taumeln, Zu- 



Zur Lecksuchtsfrage (Humalealbehandiung). 


41 


sammenbrechen und spontaner Harn- und Kotabsatz auf. Diese An¬ 
fälle dauerten 2—3 Minuten, erinnerten an das Bild des anaphylaktischen 
Schocks und waren von rascher Erholung sowie Abklingen aller Sym¬ 
ptome gefolgt. Zu rasches Injizieren und zu niedrige Temperatur der 
Injektionsflüssigkeit dürften als ursächliches Moment nicht in Frage 
kommen. Die angegebene Fütterung setzte sich in der Weise zusammen, 
daß in der Hauptsache Heu — zumeist von meliorierten Moorwiesen, 
mit Kali und Thomasmehl gedüngt — verabreicht wurde, die anderen 
Futtermittel nur zeitweise und in geringen Mengen, häufig erst nach 
dem Auftreten krankhafter Erscheinungen und besonders dann, wenn 
die Tiere das Heu verschmähten, beigegeben wurden. Eine Änderung 
in der Fütterung während der Behandlung wurde nicht vorgenommen. 
Der Verlauf der Behandlung sowie die übrigen Daten mögen aus der 
folgenden Zusammenstellung der Versuchsprotokolle ersichtlich sein. 

I. Besitzer: Hegemstr. W., Seehorst. Fütterung: Heu, Kartoffeln, Häcksel. 

1. Kuhkalb „P“, 1 Jahr 8 Monate. Gewicht am 2. III. 1923 120 kg. 

2. Kuhkalb „G“, 1 Jahr. Gewicht am 2. III. 1923 117 kg. 

Alle Tiere des Bestandes haben lockere Schneidezähne, besonders ausgeprägt 
bei einer Kuh und den beiden Versuchstieren; bei diesen auch Rötung und Ent¬ 
zündung des Zahnfleisches. Die beiden Jungtiere nagen Holz (Stallkrippen), auch 
wenn sie zum Auslauf auf den Hof getrieben werden (Holzstoß); es handelt sich 
um kleine schwächliche, stark abgemagerte Tiere mit langem struppigem Haar, 
die teilnahmslos im Stalle stehen. 

Je 20 ccm Humalcal am 2. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 9. III. 1923, die Tiere sind munter und fressen nicht 

mehr Holz. 

„ 20 „ „ „ 17. III. 1923, fressen besser Heu; munter, lebhaft. 

20 „ „ „ 28. III. 1923, wie vorstehend, äußerlich keine Verändg. 

Nachuntersuchung am 18. IV. 1923. Gewicht: 1. 137 kg. 2. 120 kg; die Tiere 
fressen besser. 

II. Besitzer: Gern.-Vorst. B. y Kreuzofen. Fütterung: Heu, Häcksel,‘Runkeln, 
Kartoffeln, Kleie. 

3. Kuhkalb, 10 Monate; kleines, schwaches, abgemagertes Tier mit Falten- 

büdung am Hals, seit Januar keine Freßlust, lockere Schneidezähne, Zahnfleisch¬ 
entzündung. Tier stammt von einer Kuh, die im vergangenen Jahre Lecksucht hatte. 
Je 20 ccm Humalcal am 3. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 12. III. 1923, säuft etwas mehr Kleietrank. 

20 „ „ „ 19. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 27. III. 1923, etwas munterer, aber immer noch schwach. 

Nachuntersuchung „ 16. IV. 1923, keine wesentliche Besserung. 

III. Besitzer: Landw. K. L. % Kreuzofen. Fütterung: Heu, Häcksel, Runkeln u. Kleie. 

4. Kuh, 4 Jahre alt, stark abgemagertes Tier, November vergangenen Jahres 
in der Heide angekauft. Seit Februar keine Freßlust. Milchleistung 1 / t 1 täglich, 
lockere Schneidezähne, Zahnfleischentzündung. 

Je 20 ccm Humalcal am 12. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 19. III. 1923, frißt besser, säuft mehr Kleietrank mit 

Kochsalz. 

„ 20 „ „ „ 27. III. 1923, frißt mehr Stroh, Heu wird immer noch 

verschmäht. 



42 


K. Neumann und C. Reinhardt: 


Nachuntersuchung am 16. IV. 1923, magert weiter ab, frißt fast gar nicht 

mehr, soll geschlachtet werden. 

IV. Besitzer: Landw. K. K., Kreuzofen. Fütterung: Heu, Häcksel. 

ö. Kuh, 5 Jahre alt, abgemagertes Tier. Frißt seit Februar schlecht; beleckt 
Kleider und Stiefeln in auffallender Weise, auch im vergangenen Jahr Lecksucht. 
Mit milchsaurem Natrium behandeltes Kontrolltier. 

Je 20 ccm Natrium lacticum am 3. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ „ 12. III. 1923, keine Besserung. 

„ 20 „ „ „ „ 19. HI. 1923, frißt noch schlechter. 

„ 20 „ „ ,, „ 27. III. 1923, Besitzer lehnt wegen Verschlim¬ 

merung die Behandlung ab. 

Nachuntersuchung „ 16. IV. 1923, Auskunft verweigert. 

V. Besitzer: Lehrer G., Kreuzofen. Fütterung: Heu, Häcksel, Kartoffeln, Schrot. 

6. Weibl. Jungrind, 1 Jahr 9 Monate alt; stark abgemagertes, rauhhaariges 
Tier. Erscheinungen des Leckens Beit Weihnachten, hölzerne Stallwand in großer 
Ausdehnung benagt; frißt Papier, Lumpen. Rohe Kartoffeln werden verschmäht, 
Heu und Beifutter in geringer Menge aufgenommen. Lockere Schneidezähne. 
Vorgänger im Amte hatte auch stets unter der Lecksucht seines Emderbestandes 
zu leiden. 

Je 20 ccm Humalcal am 3. HI. 1923. 

,, 20 „ „ „ 12. III. 1923, nimmt bei im ganzen gesteigerter Freß- 

lust jetzt wieder Kartoffeln. 

„ 20 „ „ „ 19. ni. 1923, 3 Tage schlecht gefressen (Schwellung 

am Hals post injectionem). 

„ 20 „ „ „ 27. HI. 1923, schwankt nach der Injektion einige Mi¬ 

nuten, beschleunigte Atmung; frißt gut, 
nagt nicht mehr Holz, wesentl. munterer. 
Nachuntersuchung „ 16. IV. 1923, Tier sehr munter, frißt gut, glatt im Haar¬ 

kleid, augenscheinlich auch Gewichts¬ 
zunahme. 

VI. Besitzer: Landw. M. f Kreuzofen. Fütterung: Heu, Häcksel. 

7. Kuh, 4 Jahre alt, mittelkräftiges Tier, das außer einer verminderten Freß- 
lust keine Erscheinungen zeigt. Wird nur auf Wunsch des Besitzers behandelt, 
ist sicher nicht hochgradig erkrankt. Zeigte im vergangenen Jahr nach dem Kalben 
Lecksucht, nahm damals keine Melasse. Schneidezähne locker, Zahnfleisch¬ 
veränderungen. 

Je 20 ccm Humalcal am 3. HI* 1923. 

„ 20 „ „ „ 12. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 19. IH. 1923, frißt etwas besser. 

„ 20 „ „ „ 27. HI. 1923, keine wesentliche Besserung. 

Nachuntersuchung „ 16. IV. 1923, keine Besserung. 

VII. Besitzer: Oastw. A., Kurwien. Fütterung: Heu, Häcksel, Mohrrüben. 

8. Kuh, 3 Jahre alt, schwaches, mageres, struppiges Tier; war im vergangenen 
Jahre sehr schwach, trotz Melassefütterung kaum durchzubringen bis zum Früh¬ 
jahr. Zahn- und Zahnfleischveränderungen. 

Je 20 ccm Humalcal am 5. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 12. III. 1923, keine Besserung. 

„ 20 „ ,, „ 19. III. 1923, keine Besserung. (Halsschwellung.) 

„ 20 „ „ ,, 26. III. 1923, frißt etwas besser. 

Nachuntersuchung ,, 16. IV. 1923, frißt besser, hat augenscheinlich zu¬ 

genommen, ist munter, springt herum. 



Zur Lecksuchtsfrage (Humalcalbehandlung). 43 

9. Schaf, 2 Jahre alt; ausschließlich mit Heu gefüttert; hat Mitte Februar 
gelammt; anschließend Haarausfall (kein Juckreiz, keine Hautveränderungen) 
und schlechte Futteraufnahme. Lockere Schneidezahne, Zahnfleischentzündung. 
Am 19. III. 1923 in desolatem Zustande vorgestellt zugleich mit einem Stall¬ 
gefährten bei welchem ein ähnlicher Befund zu erheben ist. Diagnose: Stoffwechsel¬ 
erkrankung post partum. 

Je 10 ccm Humalcal am 19. III. 1923, reaktionslos ertragen. 

„ 10 „ „ „ 26. III. 1923, wesentlich munterer. 

10. Schaf, 2 Jahre; unbehandeltes Kontrolltier, welches in nicht ganz so 
schwerem Maße erkrankt war, kam am 21. UI. 1923 ad exitum. Sektion aus 
äußeren Gründen nicht möglich. 

VIII . Besitzer: Förster T., Turoscheln. Fütterung: Heu,Hafer, Kartoffeln, Rüben. 

11. Kuh „Laura“, 9 Jahre alt, abgemagertes Tier mit mangelhafter Futter¬ 
aufnahme; nagt Holz, Papier, Lumpen. Lockere Schneidezähne, Gingivitis; 
hat im Mai vergangenen Jahres verkalbt, jetzt glasiges rötlich-gelbes Sekret aus 
der Vagina (Trächtigkeit im 6. Monat vom Besitzer verheimlicht). Zuweilen 
Husten; Perkussion o. B. Auskultation: rechtsseitige Rasselgeräusche; Tuber¬ 
kuloseverdacht. 

Je 20 ccm Humalcal am 5. 1U. 1923, 10 Minuten anhaltende Hustenanfälle 

Atmung: 80. 

„ 20 „ „ „ 12. III. 1923, etwas bessere Freßlust, hat am 9. III. 

1923 verkalbt. (Foetus 6 Monate.) 

„ 20 „ „ „ 19. III. 1923, keine Freßlust, während 3 Minuten kurze 

Hustenstöße. Atmung: 60. 

20 „ „ „ 26. III. 1923, keine Freßlust, keine Reaktion. 

Nachuntersuchung „ 18. IV. 1923, magert immer mehr ab. 

12. Bulle „Max“, 2 Jahre 9 Monate alt, sehr schwächliches abgemagertes Tier, 
zeigt beim Vorführen Schwanken der Nachhand, versucht Kleider und Lappen 
zu fressen; lockere Schneidezähne, Gingivitis. 

Je 20 ccm Humalcal am 5. III. 1923, am folgenden Morgen starker Durst. 

„ 20 „ „ „ 12. III. 1923, bessere Freßlust. 

♦, 20 „ „ „ 19. III. 1923, gute Futteraufnahme. 

„ 20 „ „ „ 25. III. 1923, ebenso. 

Nachuntersuchung „ 18. IV. 1923, frißt besser, ist kräftiger, kein Schwanken. 

13. Kuh „K“, 7 Jahre alt, mageres Tier, frißt besser als 11. und 12.; hat im 
Februar gekalbt, lockere Zähne, Gingivitis. Mit milchsaurem Natrium behandeltes 
Kontrolltier; die vier damit zu gleicher Zeit wie bei den anderen Tieren vorgenomme¬ 
nen Injektionen brachten keine Beeinflussung der Futteraufnahme. 

IX. Besitzer: Förster W. 9 Erdmannen. Fütterung: Heu, Häcksel, Runkeln, 
Kartoffeln, Schrot. 

14. Bullkalb, 1 Jahr alt, abgemagertes teilnahmsloses Tier, steht mit ge¬ 

krümmtem Rücken, kümmert seit vergangenem Sommer auf der Weide, keine 
Freßlust, lockere Schneidezähne, Gingivitis. Gewicht am 6. III. 1923 110 kg. 
Je 20 ccm Humalcal am 6. III. 1923. 

„ 20 „ „ „ 13. III. 1923, bricht nach der Injektion plötzlich zu¬ 

sammen, setzt Kot und Harn ab, erholt 
sich in 3 Minuten. Atmung: 60. 

„ 20 „ ,, „ 19. III. 1923, schwankt nach der Injection kurze Zeit, 

Kotabsatz, frißt jetzt besser. 

„ 20 ,, „ „ 27. III. 1923, keine Reaktion post injectionem, frißt 

besser, steht nicht mehr mit gekrümm¬ 
tem Rüoken, ist munter. 



44 


K. Neumann und C. Reinhardt: 


Nachuntersuchung am 18. IV. 1923, Futteraufnahme gut, Wägung wegen Un¬ 
ruhe des Tieres auf der Dezimal wage 
nicht mehr möglich. 

15. Kuhkalb, 1 Jahr 1 Monat alt, unbehandeltes, gleichalteriges Kontrolltier. 
welches nicht so erhebliche Störungen in der Futteraufnahme zeigt. Gewicht am 
6. III. 1923 118 kg. Keine Änderung. 

X . Besitzer: Förster D. y Ellerborn . Fütterung: Heu, Häcksel, Rüben, Melasse. 

16. Bullkalb, 10 Monate alt, schwächliches Tier in schlechtem Nährzustand 
mit herabgesetzter Futteraufnahme. Besitzer hat im allgemeinen durch Beifüttem 
von Torfmullmelasse bei seinen Rindern, sobald er die ersten Symptome der 
Lecksucht bemerkt, gute Erfolge. Auch in diesem Jahre bei den anderen Tieren 
seines Bestandes mit Erfolg angewandt, der jedoch bei dem vorgestellten Tier 
ausblieb. Nur dieses eine Tier hat lockere Schneidezähne. Gewicht am 6. IIT. 1923 
104 kg. 

Je 20 ccm Humalcal am 6. III. 1923. 

., 20 ,. ,, 13. III. 1923, bricht unmittelbar post injectionein zu¬ 

sammen; Atmung: 60. Kotabsatz, in 
5 Minuten Erholung. 

„ 20 „ „ „ 19. III. 1923, ohne Reaktion; frißt sehr gut Heu und 

Beifutter. 

,. 20 ,. „ „ 27. III. 1923, keine Reaktion; frißt sehr gut jedes dar¬ 

gereichte Futter, sieht wesentlich kräftiger 
aus, ist munter und nur schwer fest¬ 
zuhalten. 

Nachuntersuchung „ 18. IV. 1923, Tier bei guter Futteraufnahme sehr mun¬ 

ter und kräftig. Gewicht am 18. IV. 1923 
127,5 kg. 

XL Besitzer: Oberf. Z. O. F. y Kurinen . Fütterung: Heu, Rüben, Kleie, Kar¬ 
toffeln, Magermilch. 

17. Bullkalb, 1 Jahr 1 Monat alt, mageres Tier in mäßigem Nährzustand mit 
struppigem Haarkleid, Futteraufnahme schlecht seit dem Einstallen im Herbst. 
Seit längerer Zeit schon lockere Schneidezähne und Gingivitis vom Besitzer 
bemerkt und mit Tinct. gall. ohne wesentlichen Erfolg behandelt. 

Je 20 ccm Humalcal am 6. III. 1923. 

„ 20 „ ., ,. 13. III. 1923, frißt mehr Heu. 

„ 20 „ „ .. 19. III. 1923, bricht p. i. zusammen. Atmung: 60. 

Erholung in 3 Minuten. Frißt jetzt besser. 
„ 20 „ ,. „ 27. III. 1923, keine Reaktion, frißt gut. 

Nachuntersuchung „ 18. IV. 1923, Besserung, guter Heuappetit. 

XII . Besitzer: C. «/., Groß-Zechen. Fütterung: Heu, Häcksel mit Rüben. 

Sämtliche Tiere des Bestandes zeigen seit Jahren Erscheinungen der Leck- 
sucht, sowohl im Sommer auf der Weide als auch im Winter ira Stalle; sie fressen 
Holz, Steine, Papier, Blech und benagen die Krippen. Alle Tiere sind abgemagert, 
haben struppiges, langes Haar, lockere Schneidezähne und eine mehr oder minder 
hochgradige Entzündung des Zahnfleisches. Es wurden 7 kranke Tiere ausgewählt 
und 2 davon als unbehandelte Kontrollen belassen. 


18. 

„Zatla“ 

Kuh, 

11 Jahre, 

Gewicht am 11. 

III. 

1923 

. 341 kg. 

19. 

„Sneveta“ 

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8 „ 

11. 

III. 

1923 

. 332 kg, 

20. 

„Siroka“ 


10 „ 

„ 11. 

III. 

1923 

. 317 kg, 

21. 

„Pliska“ 

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4 „ 

„ 11. 

III. 

1923 

. 310 kg, 

22. 

„Krähe“ 

»> 

3 „ 

„ 11. 

III. 

1923 

. 295 kg. 




Zur Lecksuchtsfrage (Humalcalbehsndlung). 


45 


Diese 5 Kühe wurden am 11., 17. und 24. III. mit je 20 ccm Humalcal be¬ 
handelt. Sie zeigten außer „Siroka“, welche nach der 2. Injektion zusammenbrach 
(Atmung 60, Husten, in 3 Minuten Erholung) und nach der 3. Injektion einen 
kurzen, anfallsweisen Husten bekam, keine Reaktion. Sie fraßen sämtlich nach 
der ersten Injektion besser und zeigten am nachfolgenden Tage starken Durst, 
während das Lecken und Benagen der Krippen und Stallwände aufhörte. Nach 
der zweiten Injektion trat das Leiden wieder in der alten Weise in Erscheinung 
und besserte sich auch nach der 3. Injektion nicht mehr. Die beiden unbehandelten 
Kontrolltiere: 

23. „Mamsell“, Kuh, 3 Jahre, Gewicht am 11. 111. 1923 . . 250 kg, 

24. „Lerche“, „ 4 „ „ „ 11. III. 1923 . . 267 kg, 

verhielten sich bezüglich der Futteraufnahme unverändert. 

Nachuntersuchung am 1. VI. 1923: Keine Besserung im Vergleich zu den 
Kontrolltieren; auch jetzt, nachdem die Tiere schon 4 Wochen auf der Weide sind, 
zeigen sie Lecksuchterscheinungen. Zu bemerken ist noch, daß die Endgewichte 
(18: 334 kg; 19: 330 kg; 20: 315 kg; 21:302,5kg; 22: 285kg; 23:241 kg; 24:260,5kg 
leider erst festgestellt werden konnten, nachdem die Tiere sich bereits 5 Tage 
auf der Weide befanden, ein Umstand, der bekanntlich stets von einer anfäng¬ 
lichen Gewichtsabnahme begleitet ist. 

Betrachtet man diese Untersuchungsergebnisse im Zusammenhang, 
so ist festzusteUen, daß sämtliche Tiere abgemagert waren, rauhes, 
struppiges Haarkleid hatten, eine verminderte Freßlust, in vielen Fällen 
auch Geschmacksverirrungen zeigten und eine verschiedengradig aus¬ 
geprägte Entzündung des Zahnfleisches einbergehend mit Lockerung 
der Schneidezähne aufwiesen, die mit Sicherheit von den physiologischen 
Veränderungen der Jungtiere beim Zahnwechsel zu trennen ist. Da 
dieses letztere Symptom auffällig erschien und in der bisherigen Literatur 
nirgends besondere Beachtung gefunden hat, wurden noch an anderen 
erkrankten Beständen in der Umgebung Erhebungen angestellt. Es 
wurden u. a. Rinder von zwei lange in der Gegend ansässigen Forst¬ 
beamten, die stets mit dem Auftreten der Lecksucht in ihren Beständen 
zu rechnen haben, besichtigt. Auch hier fanden sich überall bei den 
erwachsenen, erkrankten Rindern die oben erwähnten Zahnfleisch¬ 
veränderungen, die übrigens den Besitzern als Begleiterscheinungen der 
Lecksucht bekannt waren und von ihnen mit adstringierenden Mitteln 
behandelt zu werden pflegten. Die Frage nach der primären oder 
sekundären Bedeutung des beobachteten Symptoms im Zusammenhang 
mit der Störung der Futteraufnahme möge vorläufig offen bleiben. 

Während die krankhaften Erscheinungen bei allen Tieren ebenso 
wie die hauptsächliche Fütterung mit Moorwiesenheu übereinstimmend 
waren, zeitigten die Ergebnisse der Behandlung ein unterschiedliches Bild: 

Von 7 behandelten Jungrindem wurden 6 gebessert (1, 2, 6, 14, 
16, 17), bei 10 behandelten Rindern war an den 2 jüngsten ein dauernder 
(8, 12), in 5 Fällen ein vorübergehender Erfolg (18, 19, 20, 21, 22) 
zu verzeichnen, während ein Schaf (9) überraschend schnell geheilt 
wurde. Nach der bei den Jungtieren beobachteten Besserung der 



46 


K. Neumann und C. Reinhardt: 


Futteraufnahme und des Allgemeinbefindens ist anzunehmen, daß auch 
bei den erwachsenen Rindern ein gleicher Erfolg erzielt worden wäre, 
wenn die Behandlung — besonders in Bestand XII, wo sie erst eine 
Woche später einsetzte — zeitlich hätte länger ausgedehnt werden 
können. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß bei erwachsenen Rindern 
eine größere Dosis (40 ccm) Humalcal eher zum Ziele führen würde, 
wenn man berücksichtigt, daß bei den Jungrindem mehrfach die be¬ 
schriebenen Reaktionen auftraten, bei den erwachsenen Tieren mit der 
angewandten Dosis jedoch nur einmal erhalten wurden. In diesem 
Falle (XII, 20) handelte es sich wie bei Fall VIII, 11 um eine gleich¬ 
zeitig bestehende Erkrankung des Respirationaspparates. 

Zur Erklärung der Wirkungsweise des Humalcals wären zunächst 
noch die chemischen Eigenschaften des Präparates zu erörtern. Die 
Humalsäure (Äquivalentgewicht 350; C = 43%, H = 6%, O = 51%) 
stellt in reinem Zustande eine gelbgefärbte, balsamartige Masse dar, 
die in Wasser und Alkohol leicht löslich, in Äther, Petroläther, Benzol 
imlöslich ist. Ihre Konstitution ist noch nicht völlig geklärt. Die An¬ 
nahme einer Aldehydgruppe im Molekül erscheint berechtigt, da die 
Humalsäure Fehlingsehe Lösung und ammoniakalische Silberlösung 
reduziert und mit freiem Phenylhydrazin eine im heißen Wasser lösliche, 
in Alkohol unlösliche, krystallinische Verbindung eingeht. Die Humal¬ 
säure vermag Kohlensäure in Freiheit zu setzen. Sie hält Stoffe in 
Lösung, welche sonst unlöslich sind. Brat und Popp haben diese Eigen¬ 
schaft zunächst beim Eisen nachgewiesen, wobei die Humalsäure 
nach ihrer Ansicht als eine Art Schutzkolloid wirkt und das unlösliche 
Eisenhydroxyd so fest in Lösung hält, daß es durch Alkalien nicht aus¬ 
gefällt wird. Dieses Eisen ist nicht das gleiche, welches zur Salzbildung 
gebraucht wird, sondern eine Menge, die darüber hinausgeht. Die Salze 
der Humalsäure sind charakterisiert durch ihre leichte Löslichkeit in 
Wasser. Zur Darstellung kamen bisher das Silber-, Quecksilber-, Kupfer-, 
Nickel-, Aluminium-, Arsen- und Eisensalz. Das Calciumsalz ist ebenfalls 
leicht wasserlöslich und enthält 16% Kalk (CaO). Vermöge der leichten 
Oxydierbarkeit der Humalsäure im Organismus kann der Kalkanteil 
restlos resorbiert werden; dasselbe gilt für das therapeutisch nicht min¬ 
der bedeutungsvolle Eisensalz. Humalcal stellt eine sterile, injektions¬ 
fertige Ampullenabfüllung dieses Calciumsalzes der Humalsäure von 
bestimmter Konzentration dar. Die therapeutische Wirkung des Hum¬ 
alcals kann sich nur auf seine 2 Komponenten, Humalsäure und Kalk 
erstrecken. Gedacht ist sie von dem Erfinder nur als eine Kalkwirkung, 
die durch die leichte Oxydierbarkeit der Humalsäure im Körper die 
Kalkkomponente allein zur Entfaltung kommen lassen soll. Über das 
Schicksal der Humalsäure im Organismus sind physiologische Unter¬ 
suchungen bisher nicht veröffentlicht. Es erscheint jedoch nicht gänzlich 



Zur Lecksuchtsfrage (Humalcalbehandlung). 


47 


ausgeschlossen, daß ihrer kolloidstabilisierenden Eigenschaft noch eine 
ganz besondere Wirkungsweise zukommen könnte, daß sie beispielsweise 
im Sinne eines omnicellulären Reizes auf den Organismus ähnlich wie 
die zumeist kolloidalen Reizkörper wirksam und so für die beabsichtigte 
Kalkresorption förderlich wäre. Zweifellos ist jedoch, daß die Wirksam¬ 
keit des Humalcals in erster Linie durch seinen Kalkanteil bedingt ist und 
daß ferner mit diesem Mittel erstmalig der Weg einer aboralen Applika¬ 
tionsform von Kalk in der Lecksuchttherapie beschritten worden ist. 

Nach den von Meyroivitz früher 1 ) 3 ) und auch neuerdings 83 ) be¬ 
richteten und bei einem Teil unserer Fälle erzielten Erfolgen liegt es 
nahe, daraus gewisse Rückschlüsse auf das Wesen der Erkrankung zu 
ziehen. Wenn man sich auf der einen Seite nochmals gewisse Symptome 
der Lecksucht vergegenwärtigt, andererseits die für das Auftreten der 
Krankheit beschuldigten Ursachen in Betracht zieht, wird man lebhaft 
an ein ähnliches menschliches Krankheitsbild, den Skorbut — z. T. 
auch an den experimentellen Skorbut der kleinen Laboratoriumstiere — 
erinnert. Der Vergleich ist so naheliegend, daß er in nachstehender 
Übersicht kurz ausgeführt werden soll. 

Zieht man nun ferner in Erwägung, daß bei der Lecksucht eine 
Störung im Mineralstoffwechsel — wie bisher angenommen wird, infolge 
Verschiebung des Mineralgehalts im Heu und im erzeugenden Boden — 
vorhanden ist und betrachtet man damit im Zusammenhang die Er¬ 
gebnisse von Bickel 19 ), Uhlmann und Rubner über die Bedeutung der 
Vitamine für den Mineralstoffwechsel, so öffnen sich weitere Wege zur 
Erforschung der Lecksuchtfrage. Bickel") und seine Mitarbeiter 21 ) 22 ) 
haben durch Fütterungsversuche dargetan, daß bei vitaminfreier Er¬ 
nährung zwar das Sekretionsvermögen der Magendrüsen und die Re¬ 
sorption der Nahrung von seiten der Darmwand nicht gestört ist, daß 
jedoch das Vitamin die Körperzelle zur Assimilation der Nahrung 
instand setzt, während Vitaminmangel dieses Vermögen weitgehend 
erschöpft. Schließlich haben sie — was hier von besonderem Belang 
ist — nachgewiesen, daß das Vitamin der Nahrung erst die Körperzelle 
befähigt, den Kalk der Nahrung zum Ansatz zu bringen. Eine Bestäti¬ 
gung dieser Ergebnisse für die Lecksucht finden wir schon vor Bickels 
Veröffentlichung sowohl in einem kasuistischen Beitrag von Heidrich 23 ) 
als auch bei Giovanoli 24 ), der die ungenügende Verarbeitung des Kalks 
im Organismus aus Mangel an Vitaminen in der Nahrung für die Ursache 
der Lecksucht anspricht. 

Wir sahen als Ergebnis unserer vorliegenden Untersuchungen bei 
der Lecksucht des Rindes 

1. einen Symptomenkomplex, der große Ähnlichkeit mit den Er¬ 
scheinungen einer menschlichen Stoffwechselerkrankung (Avitaminose), 
dem Skorbut, besitzt, 



48 


K. Noumann und C. Reinhardt : 


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Zur Lecksuchtsfrage (Hunialcalbehandlung). 


49 


2. mit aboraler Kalkapplikation (Humalcal) einen weitere Erfolge 
versprechenden therapeutischen Effekt. 

Diese 2 Tatsachen legen im Zusammenhang mit dem oben Gesagten 
den Gedanken nahe, daß es sich bei der Lecksucht des Rindes um eine 
durch vitaminarme Fütterung begünstigte Störung im Mineralstoffwechsel 
handelt. 

Wenn wir auch ohne experimentelle Stützen nicht so weit gehen 
wollen wie Giovanoli, so erscheint uns doch für die künftige Lösung der 
Lecksuchtfrage ein Weg vorgezeichnet, der nicht unbeschritten bleiben 
darf. Man wird in erster Linie sein Augenmerk zu richten haben auf 
Untersuchungen über den Vitamingehalt der Futtermittel, speziell des 
Heues 28 ) und auf den Mineralgehalt des Bodens und der Futtergräser 26 ) 
im Zusammenhang mit dem gesamten Mineralstoffwechsel und mit 
dem immer noch nicht untersuchten respiratorischen Stoffwechsel. 
Auch das Blutbild verdient nach wie vor Beachtung 8 ) •) u ), ebenso 
die Untersuchung des Serums auf seinen Kalkspiegel 27 ) und seinen 
Gehalt an trypanozider Substanz 82 ). Bei allen Mineralstoffwechsel¬ 
untersuchungen an Lecksuchttieren wurde immer das Verhältnis 
Natrium : Kalium in den Vordergrund der Betrachtung — auch von 
uns — geschoben, während die antagonistische Wirkung Kalium : Cal¬ 
cium u. E. in Zukunft mehr Beachtung finden muß 27 ).) Man wird ferner 
die Bedeutung innersekretorischer Organe [Parathyreoidea 28 ), Epithel¬ 
körper, Nebenniere 29 )] und die pathologische Anatomie [Gefäßverän¬ 
derungen 30 ), Lipoidgehalt der Nebenniere 81 ), Muskelblutungen] nicht 
unberücksichtigt lassen dürfen. Daß gleichzeitig die nunmehr ein¬ 
geschlagene Therapie weiter verfolgt werden muß, bedarf wohl keiner 
besonderen Hervorhebung. 


Literaturverzeichnis. 

*) Meyrowitz, Die sogenannte Thomasmehlseuche und ihre Bekämpfung mit 
humalsaurem Kalk. Tierärztl. Rundschau 1922, S. 101. — *) Meyrowitz, Die 
Behandlung der Lecksucht und ihr verwandter Krankheiten mit Humalcal. 
Tierärztl. Rundschau 1922, S. 749. — *) Meyrowitz, Neue Wege in der Behandlung 
der Lecksucht und ihr verwandter Krankheiten. Berlin, tierärztl. Wochenschr. 
1922, S. 266. — 4 ) Neumann, K. und C. Reinhardt, Zur Ätiologie der Lecksucht. 
Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheük. 49 , Heft 1. 1922. — *) Reinhardt, C., Inaug.-Diss. 
Berlin 1921. — k ) Umber, Skorbutgefahr ftir die großstädtische Bevölkerung. 
Med. Klinik 1922, Nr. 27. — 7 ) Umber, Demonstrationen von Skorbut. (7 Fälle.) 
Berl. med. Ges., Sitzung vom 31. V. 1922. — •) Wallgreen, A., Zur Symptomatologie 
und Pathogenese des Oedema scorbuticum invisible. Zeitschr. f. Kinderheilk. 

1921, S. 35. — *) Aron, H., Alimentäre Anämie und Skorbut. Klin. Wochenschr. 

1922, Nr. 41. — 1# ) Scheidemandel, Über Skorbut in Nürnberg (20 Fälle). Ärztl. 
Verein in Nürnberg, Sitzung vom 4. V. 1922. -— n ) Ha usma n n - Moskau, Das Blut¬ 
bild bei Skorbut mit Berücksichtigung der Linksverschiebung. Zeitschr. f. klin. 
Med. 1922, S. 346. — 12 ) Vedder, E. B., Die Ätiologie des Skorbuts. Milit. surgeon 

Arch. t Tierheilk. L. 4 



50 Iv. Neumann und C. Reinhardt: Zur Lecksuchtsfrage (HumalcalbehandlunLr)- 

1921, S. 346. — 13 ) Guggenheimer , Fall von sporadischem Skorbut. Verein f. inn. 
Med. u. Kinderheilk. Berlin, Sitzung vom 29. V. 1922. — 14 ) Mayerhofer, E. 9 Uber 
Skorbut. Vortrag gehalten in der Ges. f. inn. Med. u. Kinderheilk. Wien, Pädiatr. 
Sekt, am 8. und 28. VI. 1922. — lß ) Gottlieb , K ., Ein Fall von sporadischem Skorbut. 
Ebenda wie 14 ), Sitzung vom 9. III. 1922. — u ) Petenyi, G. (1 Fall). 17 ) Jancso , 
8 . (2 Fälle). Budapester kgl. Ärzteverein, Sitzung vom 20. V. und 10. VI. 1922. 

— 18 ) Kessler , Einige Fälle von sporadischem Skorbut (2 Fälle). Verein d. Ärzte 
in Steiermark, Graz, Sitzung vom 25. XI. 1921. — 19 ) Bickel , A., Experimentelle 
Untersuchungen über den Einfluß der Vitamine auf Verdauung und Stoffwechsel 
und die Theorie der Vitaminwirkung. Klm. Wochenschr. 1922, Nr. 3, S. 110. — 
*°) Bickel , A ., Zur pathologischen Anatomie der Avitaminosen. Dtsch. med. 
Wochenschr. 1922, Nr. 29, S. 965. — 21 ) Miyadera , K. 9 Über die Funktion den 
Verdauungsdrüsen bei Avitaminosen. Biochem. Zeitschr. 124. 1921. — 22 ) Tsuji , M. 
und A. Loetmjy zitiert nach Bickel 19 ). — Heidrich , K. 9 Veterinärbericht Sachsen 
1918, S. 107. — Holzfressen ohne andere Erscheinungen der Lecksucht therapeutisch 
beeinflußbar durch Calcium lacticum neben sonstigen diätetischen Maßnahmen. 

— 24 ) Giovanoli , G., Die Lecksucht des Rindes. Schweiz. Arch. f. Tierheilk. 53, 484. 

— 25 ) Stepp , W. 9 Über den derzeitigen Stand der Vitaminlehre mit besonderer 
Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die klinische Medizin. Klin. Wochenschr. 

1922, Nr. 18/19, S. 881—931. — 2Ä ) Zielstorff , W. 9 Über die Zusammensetzung 
imd Verdaulichkeit einiger Heusorten. Land- u. Forstw.-Zeit. 1923, S. 309. — 
f7 ) Biüigheirner , E. 9 Uber die Bedeutung des Kalkes im Blut. Klin. Wochenschr. 

1923, Nr. 22/23, S. 1033—1082. — 28 ) TAoma*-Genf, Avitaminosen und endokrine 
Drüsen. Ges. Schweiz. Pädiat., Sitzung vom 25. VI. 1922. — Ä ) Bos&i , M . L. 9 
Die Nel>ennieren und die Osteomalacie. Arch. f. Gynäkol. 83, Heft 3. — 30 ) Ide . T.. 
Gefäßveränderungen bei Möller-Barlowscher Krankheit. Zeitschr. f. Kinderheilk. 
1922, S. 165. — 31 ) Peiper , Herbert , Klin. Wochenschr. 1922, Nr. 25. — 32 ) Leichten - 
tritt und Mary Zielaskowshy , Monatsschr. f. Kinderheilk., Orig. 23 , Heft 5. — 
33 ) Meyrowitz , Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1923, S. 269. — M ) RcinAarÄ-Rostock, 
Ebenda, 1914, S. 645. — Bezüglich der älteren Lecksuchtliteratur vergleiche auch 
die Lehrbücher von Fröhner-Zwick und Hutyra-Marek. 



(Aus dem Tierphysiologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule 

zu Berlin.) 

Zur Frage der Alkalireserve im Blute lecksuchtkranker und 
mit Humalkal behandelter Rinder. 

Von 

Arthur Scheunert und Fr. W. Krzywanek. 

(Eingegangen am 14. Juli 1923.) 

In der vorstehenden Arbeit haben Neumann und Reinhardt über 
Untersuchungen berichtet, die sie mit Humalkal bei lecksüchtigen Rin¬ 
dern in der Johannisburger Heide ausgeführt haben. Wie die genannten 
Autoren am Anfang ihrer Arbeit ausführen, haben auch wir uns an diesen 
Versuchen beteiligt, indem wir einer Anregung von Neumann, dem wir 
dafür bestens danken, folgten. Zu diesem Zweck hat der zweite von uns 
an den Untersuchungen im Lecksuchtgebiet teilgenommen und dabei 
die Versuche, die für uns besonderes Interesse hatten, durchgeführt. Uber 
diese wollen wir berichten. 

In einer früheren Versuchsreihe hatten Neumann und Reinhardt 1 ) 
eine Anzahl junger Rinder in der Tierärztlichen Hochschule in Berlin 
mit Heu gefüttert, welches aus der genannten Lecksuchtgegend stammte 
und vermutlich lecksüchtige Erscheinungen auslösen mußte. Bei Blut¬ 
untersuchungen hatten sie dabei eine im Laufe der Fütterung langsam 
fortschreitende Acidose nachgewiesen. Der Befund einer Acidose bei 
lecksüchtigen Tieren stimmt gut mit den in der Literatur niedergelegten 
Arbeiten und Ansichten über Entstehung dieser Krankheit überein. 
Insbesondere haben die Arbeiten Ibeles viele Tatsachen aufgedeckt, 
welche für einen Mangel an Alkali bei so erkrankten Tieren sprechen und 
die erfolgreiche Fütterung von Melasse wird ja gerade auf eine Ergänzung 
der Ration in dieser Richtung zurückgeführt. Auch Befunde, die der 
erste von 2 ) uns mit einer Reihe von Mitarbeitern über die Ursache einer 
Erkrankung von Pferden an Ostitis fibrosa erhoben hat, wiesen direkt 
auf das Bestehen einer Acidosis bei diesen Tieren hin. Es erschien infolge¬ 
dessen von großem Interesse, an Lecksucht erkrankten Tieren eine di¬ 
rekte Bestimmung der Alkalireserve des Blutes vorzunehmen. Eine 
solche läßt sich mit Hilfe der van Slyke sehen Methodik leicht und be¬ 
quem auch außerhalb des Laboratoriums ausführen. Das Prinzip dieser 
Methode, die kürzlich von Mandel und Steudel P) eingehend beschrieben 
ist, besteht darin, daß aus einer genau abgemessenen Menge Oxalat- 

4* 



52 A. Scheunert und Fr. W. Krzywanek: Zur Frage der Alkalireserve 

plasma, welches mit Kohlensäure vorher gesättigt wird, durch Schwefel¬ 
säurezusatz diejenige Kohlensäuremenge im Vacuum freigemacht 
wird, welche im Blutplasma gebunden ist. 

Wenn wir die am besten studierten Verhältnisse beim Menschen zu¬ 
grunde legen, so kann man als untere Grenze für normales Plasma ein 
Bindungsvermögen um C0 2 von 53 in 100 ccm annehmen. Höhere 
Kohlensäurebindungsvermögen sind normal, tiefere zeigen eine mehr 
oder mindere deutliche Acidosis an. Diese Zahlen sind durch sehr zahl¬ 
reichen Untersuchungen amerikanischer Forscher mit dieser Methode 
gewonnen worden und wir können nach Untersuchungen, die in unserem 
Institut von Bartsch 4 ), Böhne s 5 ) und Jochs?) an Pferden und Hammeln 
ausgeführt worden sind, annehmen, daß für die Pflanzenfresser nahezu 
dieselben Verhältnisse vorliegen. Allerdings haben die genannten Unter- 

T abeile I. 

Werte für das Kohlensäurebindungsvermögen des Blutplasmas einiger gesunder 

Rinder. 

Rassestall der tierärztlichen Hochschule Berlin. 15. III. 1923. 


Nr. 

! 

Name 

Rasse 

Alter 

Volum¬ 
prozent CO, 
im Plasma 

Bemerkungen 

1. ! 

Olga 

Westp. Holl. 

13 

Jahre 

66,9 

Am 24. II. gekalbt. 

2. 

Lady 

Wesermarsch 

9 

j* 

60,2 

1. IX. 1922 gedeckt. 

3. 

Luise 

Breitenburger 1 

10 


68.9 

güst. 

4. j 

Jette 

Shorthom 

o 


67,9 

31. Vin. 1922 gedeckt 

5. 

Frieda 

Angler 

6 

»> 

68,9 

Vor 2 1 /., Monaten gekauft. 

6. 1 

Anna 

Franken 

8 

„ ! 

54,3 

2. VIII. 1922 gedeckt. 

7. 

Laura 

Allgäu 

15 

>» 

52,4 

6. VII. 1922 gedeckt. 


suchungen ergeben, daß die Fütterungsweise der Pflanzenfresser von 
nicht zu vernachlässigendem Einfluß ist, und daß man auch im Blut¬ 
plasma durchaus normaler Tiere (z. B. von Pferden) eine zwischen 50 
und 53 Vol.-% C0 2 liegendes Bindungsvermögen finden kann (Jochs). 
Eine so gleichmäßige untere Grenze wie beim Menschen besteht also bei 
den Tieren nicht, und Bindungsvermögen bis 50 Vol.-% C0 2 abwärts 
müssen bei ihnen noch als normal angesehen werden. 

Über das Kohlensäurebindungsvermögen des Rinderblutes ist uns 
bisher noch nichts bekannt geworden. Aus diesen Gründen war es not¬ 
wendig, einen Überblick über die normalen Werte bei Rindern zu schaf¬ 
fen. Dies gelang durch das gütige Entgegenkommen SchöUlers an 
7 Milchkühen des Rassestalls der Berliner Tierärztlichen Hochschule. 
Die für das Kohlensäurebindungsvermögen bei diesen Tieren gefundenen 
Werte sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Das Futter 
der Tiere bestand in der Hauptsache aus Heu, dem Runkeln und etwas 






im Blute lecksuchtkranker und mit Humalkal behandelter Rinder. 53 

gemischtes Schrot beigegeben war; es lag also eine Heu- und deshalb 
ziemlich alkalische Ration vor. Dementsprechend lag das Kohlensäure¬ 
bindungsvermögen des Blutplasmas dieser Tiere meist hoch, wie die Ta¬ 
belle zeigt zwischen 60 und 70%; 2 Tiere (6 und 7) zeigten niedrigere 
Werte (52,4 und 54,3). Man kann daraus entnehmen, daß auch beim 
Rinde normalerweise die Kohlensäurekapazität des Blutes in den für 
die anderen Tiere und den Menschen festgestellten Grenzen zu liegen 
kommt, wobei es aber immerhin möglich ist, daß die Grenze von 53 Vol.-*% 
um ein weniges unterschritten wird. Die Ursache dieser tiefen Werte 
kann in diesem Falle vielleicht darin erblickt werden, daß beide Tiere 
hochtragend waren, wie auch aus der Tabelle hervorgeht. 

Die bei den lecksuchtkranken Tieren erhaltenen Ergebnisse sind in 
der folgenden Tabelle geordnet. 


Tabelle II. 

Werte für das Kohlensäurebindungsvermögen des Blutplasmas der untersuchten 

lecksüchtigen Rinder. 

. , | Volumprozent CO, im Plasma 


Nr.*) 

Alter 

2.-6. IIL 28 

16.—18. IV. 28 

V, 6 

1 Jahr 9 Monate 

50,1 

62,0 

IV. 5 ! 

5 Jahre 

51,0 

— 

in, 4 

4 Jahre 

51,7 

45,0 

XI, 17 

13 Monate 

52,0 

54,4 

vni, n 

9 Jahre 

52,0 

54,4 

1,2 

1 Jahr 

53,2 

56,3 

VI, 7 

4 Jahre 

♦ 58,4 

60,1 

II, 3 

10 Monate 

60,6 

60,2 

VIII, 12 

2 Jahre 9 Monate 

61,6 

63,0 

VIII, 13 

7 Jahre 

65,5 

60,6 

X, 16 

10 Monate 

67,4 

60,6 

vn,8 

3 Jahre 

68,5 

62,2 

IX, 14 

1 Jahr 

69,3 

57,3 

1,1 

20 Monate 

69,3 

63,9 


Bezüglich der Krankengeschichten, insbesondere der Schwere der 
Fälle verweisen wir auf die Abhandlung von Neumann und Reinhardt. 
Betrachtet man die Ergebnisse, so ist festzustellen, daß nur bei den 
Tieren III, 4; IV, 5; V, 6; VIII, 11 und XI, 17 Werte erhalten wurden, 
welche zwischen 50,1 und 52 liegend als tief bezeichnet werden können; 
alle anderen Tiere hatten durchaus im Rahmen des gewöhnlichen lie¬ 
gende Werte. Da wir aber, wie vorher ausgeführt worden ist, bei den 
Pflanzenfressern keine scharfe untere Grenze für die normalen Werte 
annehmen können, kann man auch bei den 5 oben aufgezählten Kühen 

*) Die Nummern entsprechen denen der vorigen Arbeit. Ebendort möge 
Krankheitsgeschichte, Fütterung usw. nachgelesen werden. 



54 A. Scheunert und Fr. \V. Krzywanek: Zur Frage der Alkalireserve usw. 

wohl nicht von einer Acidose sprechen. Dies wäre erst möglich, wenn 
Werte zwischen 40 und 50 und noch tiefer liegende gefunden worden 
wären. Es geht also hieraus hervor, daß man von einer Acidose bei 
keinem dieser schwer lecksüchtigen Tiere sprechen kann. Ja gerade bei 
Tieren wie Nr. I, 1 mit 69,2 Volum.-% Kohlensäurebindungsver¬ 
mögen, dem höchsten von uns gefundenen Wert, war die Krankheit 
mit am stärksten ausgeprägt. Dementsprechend konnte auch die Hu- 
malkalbehandlung keine Veränderung des Kohlensäurebindungsver¬ 
mögen hervorrufen, wie aus der zweiten Tabelle hervorgeht. Die ge¬ 
fundenen Werte wurden hier durchweg gleichmäßiger, zum Teil etwa* 
niedriger, zum Teil etwas höher gefunden; herausfiel nur die Kuh III. 4 
mit 45 Vol.-% Kohlensäurekapazität. Hier lag unzweifelhaft eine Her¬ 
absetzung des Kohlensäurebindungsvermögens und eine leichte Acidose 
vor. Dies entsprach auch dem klinischen Befund, denn dieser zeigte 
starke Verschlechterung des Zustandes des Tieres, so daß der Besitzer 
die Absicht hatte, das Tier zu schlachten. Daß in einem solchen Zustand 
der Kachexie, in dem sich das Tier befand, auch eine Acidose bestand, 
kann nicht wunder nehmen. 

Zusammenfassend geben uns diese Befunde keinen Hinweis auf die 
Ätiologie der Krankheit und auf die Wirkung des Humalkals. Sie zeigen 
nur, daß das Kohlensäurebindungsvermögen des Blutplasmas auch bei 
kranken Tieren ganz normal oder annähernd normal , die Alkaliresem 
des Blutes also unangetastet war. Wenn auch ein Mangel an diesem oder 
jenem Mineralstoff speziell Basen in der Nahrung der Tiere bestanden 
haben mag, so ist trotzdem das Regulationsvermögen des Körpers diesem 
Mangel gegenüber noch so groß gewesen, daß er in Form einer Alkali- 
Verarmung des Blutes bzw. einer Acidose nicht zum Ausdruck gekommen 
ist. Daß dies unter Inanspruchnahme der Alkalidepots des Körpers in 
Knochen und Geweben und der Einschmelzung solcher Gewebe erfolgt 
sein kann, liegt auf der Hand, läßt sich aber durch das Ergebnis unserer 
Untersuchung weder erhärten, noch bestreiten. Eine ätiologisch noch 
in Frage kommende Unter Wertigkeit des Futtereiweiß und Vitamin¬ 
mangel können unbeschadet unserer Ergebnisse ebenfalls gleichzeitig 
bestanden haben. 


Literaturverzeichnis. 

! ) Neu wann und Reinhardt , Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 49, 9. 1922. — 
2 ) Scheunert und Mitarbeiter, Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. £3, 169 un i 
£4, 85. 1922 und Biochem. Zeitschr. 139, lff. 1923. — 3 ) Mandel und Steudd 
Miniinet rische Methoden der Blut Untersuchung. Verein wiss. Verleger, Berlin ’^und 
Leipzig 1921. — 4 ) Bartsch , Inaug.-Diss. Berlin, Tierarztl. Hochach. 1922. — 
B ) Böhne, Inaug.-Diss. Berlin, Tierarzt 1. Hochsch. 1923. — 6 ) Jochs , Inaug.-Diss 
Berlin, Tierarzt 1. Hochsch. 1923. 



(Aus dem Staatlichen Veterinär-Untersuchungsamt zu Potsdam.) 

Erfahrungen mit der Haltbarkeitsprobe des Fleisches 
nach M. Müller.*) 

Von 

Dr. med. vet. Richard Standfuß, 

Leiter des Instituts. 

fEingegangen am 18. Juni 1923.) 

Im Dezember 1921 veröffentlichte M. Müller*) ein Verfahren zur 
Prüfung des Fleisches auf seine Haltbarkeit, welches darin besteht, 
daß je eine unter den Vorsichtsmaßregeln der Keimfreiheit entnommene 
Fleischprobe in einer keimfreien Petrischale 1 Tag im Brutschrank 
und bei Zimmerwärme gehalten und danach auf grobsinnlich wahr¬ 
nehmbare Veränderungen untersucht wird. Er nennt dieses Verfahren 
„die Haltbarkeitsprobe “ und erkennt in ihr ,,in gewisser Hinsicht die 
wichtigste Prüfung bei der Untersuchung des Fleisches, weil die Fest¬ 
stellung der normalen oder verringerten Haltbarkeit doch immer wieder 
das ausschlaggebende Moment bei der Beurteilung des Fleisches not¬ 
geschlachteter Tiere ist. Wenn in ganz seltenen Fällen bei bestimmten 
Notschlachtungen eine auf spezifische Infektionen beruhende Schäd¬ 
lichkeit vorliegt, so ist selbstverständlich zweckmäßigerweise die Halt¬ 
barkeitsprobe mit der Prüfung auf das Vorhandensein spezifischer 
Bakterien, also mit der Keimisolierung, durch das Ausstrichverfahren 
auf Nährböden, zu verbinden. Haltbarkeitsprobe plus Schädlichkeits¬ 
probe insgesamt bilden also das eigentliche Fleischuntersuchungs¬ 
verfahren“. M. Müller betont ferner, daß der Nachweis der Unschäd¬ 
lichkeit des Fleisches nicht ohne weiteres die Genußtauglichkeit zur 
Folge habe. In dieser Beziehung soll die Haltbarkeitsprobe zwar nicht 
unbedingt ausschlaggebend, aber doch richtunggebend bei der Fleisch¬ 
beurteilung sein und es ermöglichen, in verdächtigen Fällen eine Ent¬ 
scheidung dahingehend zu treffen, ob Fleisch in rohem oder gekochtem 
Zustande zuzulassen oder gegebenenfalls überhaupt als verdorben zu 
betrachten ist. 

*) Nach einem im Aufträge des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und 
Forsten erstatteten Bericht. 



56 


R. Standfuß: 


In einer späteren Veröffentlichung bespricht M. Müller *) abermals die Halt¬ 
barkeitsprobe und warnt angesichts einer Reihe persönlicher und brieflicher Äuße¬ 
rungen von Tierärzten, die für die Haltbarkeitsprobe mehr eingetreten sind, als 
vielleicht richtig sei, vor einer zu einseitigen Anwendung derselben, indem er 
nochmals darauf hinweist, daß die Haltbarkeitsprobe mit der Schädlichkeitsprobe 
verbunden sein muß. 

Zur Haltbarkeitsprobe haben sodann eine Reihe anderer Untersucher Stellung 
genommen. May 1 ) weist auf ein von ihm schon lange geübtes (im übrigen wohl 
auch allgemein bekanntes), einfacheres Verfahren hin, welches darin besteht, 
daß vor der endgültigen Abgabe des Urteils nach wenigstens eintägigem Hängen¬ 
lassen des Tierkörpers das Schulterblatt abgelöst und aus der Tiefe der Muskula¬ 
tur eine Probe entnommen und auf grobsinnlich wahrnehmbare Veränderungen 
der Zersetzung geprüft wird. Dt Oraaf 1 ) und van Oyen *) kommen zu dem Er¬ 
gebnis, daß die Haltbarkeitsprobe die in Holland geübte bakteriologische Sterilitäts¬ 
prüfung des Fleisches nicht ersetzen kann und neben ihr als überflüssig erscheint, 
da sie in den meisten Fällen mit dem übrigen Befunde weder nach der positiven 
noch nach der negativen Seite hin übereinstimmt. 

Trawinsky ®) kommt auf Grund seiner Versuche zu gewissen Zweifeln an der 
praktischen Bedeutung der Haltbarkeitsprobe. 

Im Veterinär-Untersuchungsamt in Potsdam ist die Haltbarkeits¬ 
probe sofort nach ihrem Bekanntwerden in den Untersuchungsgang 
bei der bakteriologischen Fleischuntersuchung eingefügt worden; denn 
wenn sie das hielt, was sie nach den Ausführungen M. Müllers zu ver¬ 
sprechen schien, so mußte sie als eine wertvolle Bereicherung des 
Fleischuntersuchungsverfahrens angesehen werden. Sie mußte insbe¬ 
sondere geeignet erscheinen, die Lücken auszufüllen, die hinsichtlich 
der Beurteilung eines mäßigen oder mittelgradigen Gehaltes an un¬ 
spezifischen Keimen in der zur Zeit noch in Geltung befindlichen, vom 
Reichs-Gesundheitsamt herausgegebenen „Anweisung für die Hand¬ 
habung der bakteriologischen Fleischbeschau“ bestehen. Diese An¬ 
weisung sieht nämlich für die Freigabe des Fleisches nur den Fall vor, 
daß sich andere Keime gar nicht oder nur vereinzelt vorfinden. Wollte 
man diese Anweisung streng befolgen, so müßte man in der Mehrzahl 
der zur Untersuchung gelangenden Fälle auf untauglich erkennen, 
was aber weder wissenschaftlich gerechtfertigt noch wirtschaftlich 
möglich wäre. 

Daß die Bebrütung einer unter den Vorsichtsmaßregeln der Keim¬ 
freiheit aus dem Tierkörper herausgeschnittenen Fleischprobe eine 
Prüfung darstellt, die bei günstigem Ausfall von einer guten Haltbar¬ 
keit des Fleisches zeugt, schien einleuchtend. Es erschien insbesondere 
aussichtsreich, durch die Haltbarkeitsprobe im Laboratoriumsversuch 
den Nachweis führen zu können, in welcher Weise ein schwacher oder 
mittelgradiger Keimgehalt des Fleisches sich im einzelnen Falle" prak¬ 
tisch auswirkt, ob er unter ungünstigen Aufbewahrungsbedingungen 
des Fleisches zum raschen Verderben führt, oder ob die vorhandenen 
Keime ihrer Art nach eine merkliche Zersetzung des Fleisches herbei- 



Erfahrungen mit der Haltbarkeitsprobe des Fleisches nach M. Müller. 57 

zuführen nicht imstande sind, bzw. ob das Fleisch infolge seiner ana¬ 
tomisch-physiologischen Beschaffenheit Zersetzungsvorgängen gegen¬ 
über eine gewisse Widerstandsfähigkeit besitzt. 

Für die Prüfung dieser Fragen stand mir ein außerordentlich reich¬ 
haltiges Material zur Verfügung. Die Haltbarkeitsprobe konnte bisher 
in 1080 Fällen von Notschlachtungen, meist aus ländlichen Bezirken 
des Regierungsbezirks Potsdam, angewendet werden. Ihr Ausfall ist 
dem zuständigen Tierarzte zugleich mit dem bakteriologischen Befunde 
mitgeteilt worden, und die Tierärzte haben wiederum dem Veterinär- 
Untersuchungsamt das von ihnen abgegebene Endurteil mitgeteilt. 
So war es möglich, den Ausfall der Haltbarkeitsprobe nicht nur mit 
dem bakteriologischen Befunde, sondern auch mit dem tatsächlichen 
Zustande, in dem sich der Tierkörper draußen auf dem Lande unter 
den dort gegebenen Aufbewahrungsbedingungen wenige Tage nach der 
Schlachtung befand, zu vergleichen. An der Hand der hierbei erzielten 
Ergebnisse sollen insbesondere folgende Fragen erörtert werden: 

1. Ist ein ungünstiger Ausfall der Haltbarkeitsprobe unmittelbar zu 
verwertend 

2. Gibt ein günstiger Ausfall der Haltbarkeitsprobe die Gewahr dafür, 
daß das Fleisch unter praktischen Verhältnissen sich gut hält d 

3. Eignet sich die Haltbarkeitsprobe für die Anwendung in Labo¬ 
ratorien, welche Untersuchungen aus ländlichen Bezirken ausführen, wobei 
mit einem 1—2 tägigen Versand der Proben gerechnet werden muß, oder 
ist sie nur an öffentlichen Schlachthäusern durchführbar, wo sie unmittel¬ 
bar an die Schlachtung angeschlossen werden kann, oder soll sie vielleicht 
von dem die Fleischbeschau auf dem Lande ausübenden Tierarzte vor- 
genommen werdend 

4. Kann durch Anwendung der Haltbarkeitsprobe das Fleischunter¬ 
suchungsverfahren vereinfacht oder beschleunigt werdend 

1. Was die erste Frage anbetrifft, so gibt M. Müller selbst an, daß ein 
ungünstiger Ausfall der Haltbarkeitsprobe nicht ohne weiteres un¬ 
mittelbar verwertbar sei. Unter den 1080 Fällen, in denen die Halt¬ 
barkeitsprobe im Veterinär-Untersuchungsamt angewandt wurde, fiel 
sie 428 mal ungünstig aus, in 164 = 38% der Fälle fand der Tierkörper 
eine diesem Befunde entsprechende Endbeurteilung durch den Tierarzt 
als minderwertig, bedingt tauglich oder untauglich, in 264 = 62% 
der Fälle wurde das Fleisch vom Tierarzt trotz ungünstigen Ausfalles 
der Haltbarkeitsprobe als tauglich in freien Verkehr gegeben. 

Dieses Ergebnis kann nicht so sehr überraschen, wenn man bedenkt, 
daß eine eintägige Bebrütung ja doch eine ziemlich harte Probe auf 
Haltbarkeit darstellt, und daß bei der Entnahme und vor allem beim 
Versande der Proben mit einem nachträglichen Befall von Keimen, die 
ursprünglich im Fleische nicht vorhanden waren, gerechnet werden muß. 



58 


R. Standfuß: 


Das Verhältnis des bei der bakteriologischen Untersuchung ermittel¬ 
ten Keimgehaltes zum Ausfall der Haltbarkeitsprohe stellte sich so, 
daß von 428 Fällen, in denen die Haltbarkeitsprobe ungünstig ausfiel, 
in 130 = 30% der Fälle ein mittelgradiger oder starker und in 298 = 
70% der Fälle ein schwacher Keimgehalt festgestellt wurde. Das 
übereinstimmende Ergebnis in den ersteren 130 Fällen wurde durch die 
Endbeurteilung des Tierarztes in 73 = 56% der Fälle bestätigt, in 
57 = 44% der Fälle nicht. In den 298 Fällen, in denen Haltbarkeits¬ 
probe und bakteriologischer Befund in einem gewissen Gegensatz zu¬ 
einander standen, stimmte das Endurteil des Tierarztes in 91 = 31% 
der Fälle mit der Haltbarkeitsprobe, in 207 = 69% der Fälle mit dem 
bakteriologischen Befunde überein. Mithin erfuhr das Ergebnis der 
bakteriologischen Untersuchung in 91 =21% aller Fälle durch die 
Haltbarkeitsprobe eine Berichtigung in ungünstigem Sinne*). 


Übersicht. 

Haltbarkeitsprobe mangelhaft 
428 



keimfrei oder schwach keimhaltig mittelgradig oder stark keimhaltig 



298 


130 

tauglich 

minderwertig 

tauglich 

minderwertig 

207 

bedingt tauglich 

57 

bedingt tauglich 


untauglich 

91 


imtauglich 

73 


Die erste Frage läßt sich also dahin beantworten, daß ein ungünstiger 
Ausfall der Haltbarkeitsprobe nicht unmittelbar verwertbar ist, daß vor 
allem geprüft werden muß, ob nicht der ungünstige Ausfall vielleicht 
durch einen nachträglichen Befall der dem Laboratorium eingesandten 
Proben bedingt ist, daß aber in Fällen geringen Keimgehaltes ein un¬ 
günstiger Ausfall der Haltbarkeitsprobe bei der Beurteilung richtung¬ 
gebend sein kann. 

2. Unter den 652 Fällen, in denen die Haltbarkeitsprobe günstig 
ausfiel, lautete das Endurteil des Tierarztes in 564 = 86% der Fälle 
auf „tauglich“, während in 88 = 14% der Fälle die Endbeurteilung 
des Tierarztes nicht mit der Haltbarkeitsprobe in Einklang stand. 


*) Ob der Ausfall der Haltbarkeitsprobe in allen diesen Fällen subjektiv 
entscheidend gewesen ist, kann natürlich nicht mit Sicherheit gesagt werden. 
Es können wohl gelegentlich auch andere Umstände als gerade die Haltbarkeit 
für die Beurteilung maßgebend gewesen sein. Objektiv genommen dürfte in der 
überwiegenden Mehrzahl der Fälle die in dem Ergebnis der Haltbarkeitsprobe zuin 
Ausdruck kommende Beschaffenheit des Fleisches mit der Endbeurteilung durch 
den Tierarzt in ursächlichem Zusammenhänge stehen. 



Erfahrungen mit der Haltbarkeitsprobe des Fleisches nach M. Müller. 59 

Der Vergleich des Ergebnisses der Haltbarkeitsprobe mit dem der 
bakteriologischen Untersuchung ergab, daß in 554 = 85% der Fälle 
dem ungünstigen Ausfall der ersteren ein schwacher Keimgehalt ent¬ 
sprach, während in 98 = 15% der Fälle trotz mittelgradigen oder 
starken Keimgehaltes die Haltbarkeitsprobe günstig ausfiel. In 481 = 
87% der Fälle der erstgenannten Art stand auch das Endurteil des 
Tierarztes hiermit in Einklang, während es in 73 = 13% der Fälle 
hierzu in Widerspruch stand. Unter den 98 anderen Fällen entsprach 
das Endurteil des Tierarztes in 83 = 85% der Fälle dem Ergebnis 
der Haltbarkeitsprobe, in 15 = 15% der Fälle dem der bakteriologischen 
Untersuchung; mithin erfuhr das bakteriologische Ergebnis in 83 = 13% 
aller Fälle durch die Haltbarkeitsprobe eine Berichtigung in günstigem 
Sinne. 

Übersicht. 



Haltbarkeitsprobe: gut 

652 


keimfrei oder schwach keimhaltig 

mittelgradig oder stark keimhaltig 


554 


98 

tauglich 

minderwertig. 

tauglich 

minderwertig, 

481 

bedingt tauglich. 

83 

bedingt tauglich. 


untauglich: 


untauglich: 


73 


15 


Die Beobachtung, daß trotz günstigen Ausfalls der Haltbarkeits¬ 
probe der Tierkörper praktisch eine geringe Haltbarkeit zeigen kann, 
heischt eine Erklärung. Sie dürfte darin zu finden sein, daß die Be¬ 
dingungen der Haltbarkeitsprobe doch nicht ganz den Verhältnissen, 
unter denen sich der Tierkörper befindet, entsprechen. Die zur Halt¬ 
barkeitsprobe verwendeten Fleischstücke sind in der Regel bald nach 
der Schlachtung dem Tierkörper entnommen, also aus dem natürlichen 
Zusammenhänge desselben herausgelöst. Im Tierkörper selbst dagegen 
sind noch die natürlichen Saftstraßen vorhanden, in denen besonders 
bei schlecht ausgebluteten Tieren nachträglich Keime von irgendeiner 
Stelle aus hineinwachsen können, eine Möglichkeit, von der die recht¬ 
zeitig herausgeschnittenen Fleischproben nicht mehr betroffen werden. 

Es zeigt sich also, daß auch ein günstiger Ausfall der Haltbarkeits¬ 
probe niemals als unbedingt ausschlaggebend angesehen werden darf, 
sondern daß er imfner noch einmal am Tierkörper durch eine abschließende 
Untersuchung von dem die Fleischbeschau ausübenden Tierarzte nach¬ 
geprüft werden muß. Hierbei ist das bekannte, von May erwähnte Ver¬ 
fahren der Loslösung des Schulterblattes sehr zu empfehlen. Hat man 
aber durch diese letzte Prüfung sich überzeugt, daß ein nachträgliches 



60 


R. Standfuß: 


Hineinwachsen von Fäidniskeimen in die Saftbahnen nicht stattgefunden 
hat, so darf man aus dem günstigen Ausfall der Haltbarkeitsprobe die 
Folgerung ziehen, daß das Fleisch tatsächlich gut haltbar ist, selbst wenn 
die bakteriologische Untersuchung einen nicht geringen Keimgehalt er¬ 
geben hat. 

3. Die Frage, ob die Anwendung der Haltbarkeitsprobe für Labo¬ 
ratorien, welche Untersuchungen aus ländlichen Bezirken ausführen 
oder für Schlachthöfe oder für den praktischen Tierarzt geeignet ist, 
kann wiederum nur unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet 
werden. Bei Proben, die einen längeren Versand in der wannen Jahres¬ 
zeit durchgemacht haben, kann ein ungünstiger Ausfall der Haltbar¬ 
keitsprobe ebensowenig als maßgebend angesehen werden, wie die 
Feststellung eines höheren Keimgehaltes. Umgekehrt wird ein un¬ 
günstiger Ausfall der Haltbarkeitsprobe an Schlachthöfen, an denen 
die Probeentnahme unmittelbar nach der Schlachtung erfolgen kann 
und nachträgliche Verunreinigungen am leichtesten zu vermeiden sind, 
am sichersten zu bewerten sein. Die Ausführung der Haltbarkeits¬ 
probe durch den praktischen Tierarzt ist an sich durchaus möglich; 
die dazu nötige Einrichtung läßt sich mit einfachen Mitteln schaffen; 
trotzdem glaube ich nicht, daß die Haltbarkeitsprobe sich in die Praxis 
der Tierärzte auf dem Lande einführen wird. Sie gehört ins Labora¬ 
torium und sollte dort überall angewendet werden, wenn auch ihre 
Geltung die hier erwähnten Einschränkungen erfahren muß. 

4. Aus den vorstehenden Ausführungen fst ohne weiteres ersichtlich, 
daß die Haltbarkeitsprobe keines der gebräuchlichen Untersuchungs¬ 
verfahren des Fleisches entbehrlich macht. Der Untersuchungsgang 
kann mithin durch sie weder vereinfacht noch beschleunigt werden. 
Sie stellt vielmehr eine Erweiterung und Bereicherung der Fleisch¬ 
untersuchung dar, durch welche die Urteilsfindung in gewissen Fällen 
erleichtert oder auf eine sicherere Grundlage gestellt werden kann. 

Zusammenfassend läßt sich über die praktische Bedeutung und 
Handhabung der Haltbarkeitsprobe folgendes sagen: 

Die Haltbarkeitsprobe ist niemals allein ausschlaggebend, sondern 
immer nur im Zusammenhänge mit den anderen Untersuchungsverfahren , 
der bakteriologischen Untersuchung und der Untersuchung durch den die 
Fleischbeschau ausübenden Tierarzt, zu verwerten. Sie dient dem letzteren 
als weitere Unterlage für seine Urteilsfindung. Unter Berücksichtigung 
der vorstehend dargestellten Beziehungen und Umstände kann sie bei der 
Fleischuntersuchung gute Dienste leisten, insbesondere hinsichtlich der 
Beurteilung des durch die bakteriologische Untersuchung ermittelten 
Keimgehaltes. Ihre Anwendung ist bei allen außergewöhnlichen Schlach¬ 
tungen zu empfehlen. 



Erfahrungen mit der Haltbarkeitsprobe des Fleisches nach M. Müller. 61 

Quellenverzeichnis. 

l ) De Graaf , Der Wert der Haltbarkeitsprobe nach Müller für die Fleisch¬ 
beurteilung. Tijdschrift vor Diergeneeskunde 1922, Bl. 657; ref. Berlin, tierärztl. 
Wochenschr. 39, Nr. 4, S. 40. 1923. — 2 ) May , Zur Haltbarkeitsprobe des Fleisches. 
Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 32 , Heft 10, S. 124. 1922. — 3 ) Müller , üf.. Die 
Haltbarkeitsprobe des Fleisches und ihre Bedeutung für die Fleischbeurteilung 
und die Weiterausgestaltung der Fleischbeschau. Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 
32 , Heft 5, S. 57. 1921. — 4 ) Müller , M., Zur Haltbarkeitsprobe und Schädlich¬ 
keitsprobe des Fleisches nebst Bemerkungen bezüglich der Weiterausgestaltung 
der Fleischbeschau zur Fleischwirtschaftskunde. Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 
32 , Heft 19, S. 229. 1922. — 5 ) van Oyen, Haltbarkeitsprobe und bakteriologische 
Fleischuntersuchung. Tijdschrift vor Diergeneeskunde 1922, Bl. 669; ref. Berlin, 
tierärztl. Wochenschr. 39 , Nr. 4, S. 40. 1923. — 6 ) Tratvinshy , Über das Vor¬ 
handensein von aeroben Keimen im normalen Bindfleisch und ihre Bedeutung 
für die Fleischhygiene, zugleich ein Beitrag zur Beurteilung der Müllerschen 
Haltbarkeitsprobe. Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 33 , Heft 11, S. 99 und Heft 12, 
S. 107. 192a 



(Aus dem bakteriologischen und Seruminstitut der Landwirtschaftskammer für 
die Provinz Ostpreußen in Königsberg i. Pr. [Direktor: Dr. Knauer].) 

Beitrag zur Bewertung der Yohimbin Wirkung bei der Sterilitäts¬ 
behandlung des Rindes. 

Von 

Carl Brandt, 

Tierarzt aas Borreck. 

(Eingegangen am 16. Mai 1923.) 

Obwohl die Unfruchtbarkeit der Rinder gegenwärtig nach den Er¬ 
fahrungen von Albrechisen und Hess hauptsächlich auf chirurgische Weise 
behandelt wird, ist doch auch heute noch unter gewissen Umständen die 
Anwendung von Arzneimitteln angebracht. Unter diesen Medikamenten 
spielt jetzt die Hauptrolle das Yohimbin. 

Das Alkaloid kommt in der Rinde der Corynanthe Yohimbe und in 
den Blättern des Yohimbehoabaumes vor. Da das reine Yohimbin sehr 
leicht zersetzlich ist, wendet man das haltbare Salz der Chlorwasserstoff¬ 
säure an. Sein Einfluß auf die männlichen Geschlechtsorgane besteht 
zunächst in einem starken Blutzufluß und Anschwellen des Gliedes, ver¬ 
ursacht durch Erweiterung des arteriellen Systems einschließlich der 
Corpora cavemosa, ferner in starker Erweiterung der Gefäße des Neben¬ 
hodens und der Vasa deferentia. Bei Hündinnen rief es nach den Ver¬ 
suchen von Daels neben den äußeren Brunstsymptomen Vergrößerung 
der Uterushömer, Blutungen in den Parametrien und stark ausgeprägte 
Follikelreife hervor. Sogar nach Ovariektomie und eintretender Rück¬ 
bildung der Brunstsymptome konnte Daels durch Yohimbinverabreichung 
einige der charakteristischen Brunstsymptome hervorrufen. Dagegen 
bewirkte das Alkaloid bei zu jungen Tieren oder bei solchen, die kurz 
vorher geboren hatten, keine Brunst oder Follikelreife. 

Die über das Yohimbin vorhegenden Literaturangaben enthalten 
zwar größtenteils ein günstiges Urteil, jedoch ist eine sichere Schlu߬ 
folgerung auf seine Wirksamkeit hieraus nicht zu ziehen, da bei den 
Versuchen nur in den wenigsten Fällen genaue Angaben über das Ge¬ 
schlechtsleben der Tiere vor der Behandlung gemacht worden sind, nur 
ausnahmsweise vor und nach der Behandlung eine klinische Unter¬ 
suchung der Geschlechtsorgane stattgefunden hat und auch nur selten 
die Zeit angegeben ist, nach der die Brunst eintrat. 



C. Brandt: Beitrag: zur Bewertung: der Yohimbinwirkung usw. 


63 


Soweit Zahlen mitgeteilt worden sind, wurden nach den von mir gefundenen 
Literaturangaben 192 Kühe wegen Nichtrindems und 9 Kühe wegen Umrindems 
mit Yohimbin behandelt. Von den 192 Tieren hatten 149 Kühe = 77,6% nach der 
Behandlung gerindert, aber nur bei 24 Kühen = 12,5% wurde Trächtigkeit fest- 
gestellt. Zwei Tiere hatten auf Yohimbin reagiert, aber dauernd umgerindert. 
Von den übrigen 123 Kühen liegen Angaben über das Trächtigkeitsergebnis nicht 
vor. Bei 43 Tieren = 22,4% ließ sich eine Alkaloidwirkung nicht erkennen. Von 
den 9 wegen Umrindems behandelten Kühen wurden 3 = 33,3% geheilt, bei 
5 Rindern fehlen genauere Angaben. Eine Kuh rinderte nach der Behandlung nicht. 

Bei der vom bakteriologischen Institut der ostpreußischen Land¬ 
wirtschaftskammer organisierten Sterilitätsbekämpfung der Rinder 
waren hauptsächlich Kühe zu behandeln, die nicht rinderten oder solche, 
die wiederholt gedeckt wurden, aber nicht aufnahmen, ohne daß außer 
einem bisweilen festgestellten chronischen Gebärmutterkatarrh klinisch 
erkennbare Veränderungen an den Geschlechtsorganen nachzuweisen 
waren. In diesen Fällen habe ich das Yohimbin verabfolgt. 

Bei den umrindernden Kühen habe ich durch die durch das Yohimbin 
hervorgerufene Hyperämie der Geschlechtsteile chronische Entzündungs¬ 
prozesse, hauptsächlich die chronische Endometritis, zur Abheilung 
bringen wollen. In beiden Fällen habe ich als Endziel Trächtigkeit zu 
erreichen versucht. 

Die Kühe wurden nur nach sorgfältiger bimanueller Untersuchung 
der Ovarien, deren Aufhängebänder, der Eileiter, des Uterus, der Cervix 
und der Scheide mit dem Alkaloid behandelt. Als unfruchtbar bezeichne 
ich in dieser Arbeit solche Rinder, die 3 Monate nach dem Kalben noch 
nicht gerindert oder die wiederholt umgerindert hatten. Vor Beginn der 
Behandlung wurden daher Erhebungen über Alter, Futterzustand, letzte 
Kalbe- und Rinderdaten und krankhafte Ereignisse bei und nach dem 
Kalben gemacht. In den meisten Fällen wurde im Anschluß an die 
Untersuchung die Yohimbinkur eingeleitet und meist während der Be¬ 
handlung, stets aber etwa 2—4 Wochen nach deren Abschluß die nächste 
Besichtigung vorgenommen. Schließlich wurde festgestellt, ob die durch 
die Behandlung hervorgerufene Brunst nach Begattung zur Trächtigkeit 
geführt hatte. 

Verwandt wurde Yohimbin der Firma Merck-Darmstadt und der Che¬ 
mischen Fabrik Güstrow und zwar in Tabletten, die zerkleinert und mit 
Wasser per os gegeben wurden sowie subcutan in Form einer 1 proz. Lösung. 
Ein Teil des Medikamentes ist mir von den oben genannten Firmen in 
dankenswerter Weise unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden. 

Das Alkaloid wurde gewöhnlich zweimal täglich in Dosen von 0,05 
bis 0,1 g per os bzw. 0,025—0,05 g subcutan an mehreren aufeinander 
folgenden Tagen verabreicht. Sodann wurde die Behandlung für kurze 
Zeit unterbrochen, danach aber, falls nicht inzwischen Brunst einge¬ 
treten war, nochmals für einige Tage eingeleitet. 



Anzahl ; Alter I Innerhalb Wieviel 


C. Brandt: Beitrag zur Bewertung der Yohimbiuwirkung 


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bei der Sterilit&tsbehandlung des Rindes. 


65 


Zwecks kurzer Schilderung der einzelnen Versuche, die von 
1920 bis 1921 durchgeführt wurden, werde ich nachfolgend in Form 
einer Tabelle die gleichbehandelten Kühe eines Bestandes zusammen 
anführen. 

Zwecks Würdigung der Versuchsergebnisse ist zunächst Klarheit 
über die Wirkungsdauer des Alkaloids notwendig. Die unterste Grenze 
kann wohl auf wenige Stunden festgelegt werden. Als oberste Grenze 
kann man im Hinblick auf die natürlichen Brunstintervalle von 3 bis 
4 Wochen, die Ergebnisse der Dada ’sehen Versuche und die meines Er¬ 
achtens ähnliche Wirkungsweise der Enucleation der Corpora lutea 
persistentia oder menstruationis den 28. Tag, von der Mitte der Be¬ 
handlungszeit gerechnet, ansehen. 

Bei Anwendung der Wirkungsdauer von 4 Wochen komme ich zu dem 
Ergebnis, daß nur in 26 von 53 Fällen von einem Erfolg der Behandlung 
des Nichtrindems der Kühe gesprochen werden kann. Die unter 11a 
und b angegebenen Versuche habe ich dabei außer Betracht gelassen, 
weil hier zu geringe Dosen angewandt worden sind. Nur in 15 von den 26 
positiv verlaufenen Versuchen konnte ich nach dem ersten Sprung 
Trächtigkeit nach weisen. In 8 Fällen war keine Befruchtung eingetreten, 
bei 3 Kühen konnte ich eine abschließende Untersuchung nicht vor¬ 
nehmen. Auf Grund meiner Befunde komme ich jedoch zu dem Schluß, 
daß die nach meiner Anwendungsweise durch das Yohimbin hervor¬ 
gerufene Brunst fast ausnahmslos mit einer Ovulation zusammenhängt, 
da in den meisten Fällen bei der nach der Brunst vorgenommenen 
Untersuchung gelbe Körper gefunden worden sind. Daß bei meinen 
Versuchen nur in 57,7% der Erfolge bei Behandlung des Nicht¬ 
rindems Trächtigkeit eingetreten ist, muß andere Gründe als fehlende 
Ovulation gehabt haben. 

Während durch Anwendung des Alkaloids beim Nicbtrindem der 
Kühe auf Grund der Literaturangaben in 77,6% der Fälle Brunst eintrat, 
hatte ich in kaum der Hälfte der Versuche Erfolge. Dabei habe ich in 
allen Fällen vorher eine sorgfältige Untersuchung der Geschlechtsorgane 
vorgenommen und den meisten Kühen mindestens 1 g Alkaloid per os 
bzw. 0,125 g subcutan verabreicht. Hervorgehoben werden müssen 
jedoch die Tatsachen, daß die meisten Kühe wegen Nichtrindems in der 
ungünstigsten Jahreszeit, dem Winter, behandelt wurden und daß der 
Zwischenraum zwischen Geburt und Behandlung nur bei 2 Kühen we¬ 
niger als 3 Monate betrug, bei 18 4—6 Monate, bei 23 mehr als 6 Monate, 
bei 6 mehr als */ 4 Jahr, bei einer mehr als ein Jahr seit der letzten Geburt 
verflossen waren. Dabei hatten nur 4 Kühe zwischen Geburt und Be¬ 
handlung gerindert. Ferner hat mich die nicht zu sehr ausgedehnte 
Verwendungsdauer des Medikamentes davor bewahrt, dort scheinbare 
Heilerfolge zu sehen, wo keine vorhanden sind. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


5 



66 C. Brandt: Beitrag zur Bewertung der Yohimbinwirkung 

Schwierig war es, klinisch Ursachen für das Nichtrindem zu finden. 
Schwergeburt, Verkalben, Zurückbleiben der Nachgeburt oder schwere 
Erkrankung wurden nur bei verhältnismäßig wenigen Kühen als Ursache 
ermittelt und nur bei einem kleinen Teil der behandelten Kühe fand ich 
Veränderungen an den Geschlechtsorganen, z. B. Sklerose und klein- 
cystische Degeneration der Eierstöcke oder persistierende gelbe Körper 
in den Ovarien. Daher ist auch der Vergleich der Versuchskühe mit 
nicht behandelten Kontrollkühen, die ich aus wirtschaftlichen Gründen 
nur in einem Teil der Bestände aufstellen konnte, von geringem Werte. 
Wenn auch die äußeren Umstände, wie Haltung, Ernährung und Kalbe¬ 
daten ziemlich übereinstimmten, so ist es doch nicht möglich, durch 
rektovaginale Untersuchung auch die ungefähr gleiche Beschaffenheit 
der Genitalorgane zu erkennen. 

In fast sämtlichen Fällen, in denen ich kleine Eierstockcysten ge¬ 
sprengt und daneben Yohimbin angewandt habe, habe ich Erfolge ge¬ 
sehen, während nach meinen Erfahrungen die chirurgische Eierstock¬ 
cystenbehandlung allein oder die Massage des Uterus und der Ovarien 
selten erfolgreich waren. 

In 6 Fällen fand ich etwa 14 Tage nach der Behandlung vorher nicht 
nachweisbare gelbe Körper in den Eierstöcken, obwohl vom Besitzer 
und vom Personal trotz sorgfältigster Beobachtung keine Brunst - 
äußerungen bei den betreffenden Tieren gesehen wurden. Nach der heute 
herrschenden Ansicht können diese Corpora lutea nur durch einen Folli¬ 
kelsprung entstanden sein. 

Von den angegebenen 53 Fällen ist bei 24 Kühen das Yohimbin 
per os, bei 29 Tieren subcutan verabreicht worden. Mit den stomachi- 
kalen Gaben ist in 13 Fällen offensichtliche Brunst erzielt worden, 
während von den 29 mit subcutanen Yohimbininjektionen be¬ 
handelten Kühen 13 wahrnehmbar gerindert haben. Bei einem Ver¬ 
gleich der Durchschnittsgaben sind im ersten Falle 1,2 g, im 2. Falle 
nur 0,363 g Yohimbin für jede Kuh gebraucht worden. Da ge¬ 
wöhnlich bei der subcutanen Applikationsform nur etwa */,„ der 
bei der stomachikalen Verordnung gebräuchlichen Menge verwendet 
wird, geht aus den angegebenen Zahlen hervor, daß die subcutanen 
Gaben verhältnismäßig hoch bemessen waren. Bei einem Vergleich 
der Brunsterfolge ist ein offensichtlicher Vorteil der stomachikalen 
Verabreichung nicht zu erkennen. Ebensowenig liegt ein besonderer 
Unterschied hinsichtlich der Wirkungsdauer und des Trächtigkeits¬ 
erfolges vor. Weil man weniger Alkaloid gebraucht, die Menge auch 
genauer dosieren kann, ist meines Erachtens die subcutane An¬ 
wendung vorzuziehen. Immerhin wird für denjenigen Tierbesitzer, 
der die Injektion nicht selbst ausführt, die stomachikale Verabreichung 
doch die billigere sein. 



bei der Sterilitätsbehandlung des Rindes. 


67 


In 12 Fällen habe ich das Yohimbin zur Bekämpfung des Umrinderns 
angewandt. Für diese Versuche wurden nur solche Tiere ausgesucht, die 
keine klinisch wahrnehmbaren Veränderungen der Geschlechtsorgane, 
höchstens eine chronische Metritis erkennen ließen. Bei einer Kuh, die 
innerhalb 8 Wochen 1,8 g Yohimbin subcutan und 2,2 g per os erhalten 
hatte, war zwar eine Besserung in der Beschaffenheit des Gebärmutter¬ 
sekretes festzustellen, aber trächtig wurde die Kuh erst 1 / 2 Jahr später, 
als sie noch viermal belegt worden war. Von den übrigen Kühen, denen 
stomachikal mindestens 1 g Yohimbin, subcutan mindestens 0,2 g inner¬ 
halb längerer Zeit gegeben werden waren, wurden nur 3 tragend, jedoch 
erst nach einmaligem Umrindern nach der Behandlung. Eine von ihnen 
war obendrein noch mittels Gebärmutterspülung nach dem Umrindem 
behandelt worden. Aus diesen Gründen ist nach meinen Erfahrungen 
eine chirurgische Behandlung des wiederholten Umrindems der Yohim¬ 
binbehandlung vorzuziehen. Nur bei ganz wertvollen Tieren wäre viel¬ 
leicht eine Unterstützung der chirurgischen Behandlung durch Yohim- 
bindarreichung angebracht. 

Eine abortive Wirkung scheint das Yohimbin nicht auszuüben. Denn 
in 3 Fällen, in denen ich das Alkaloid bei trächtigen Kühen angewandt 
habe, traten w r eder Abortus noch Brunst auf. 

Bei dem Versuche, durch Yohimbin die impotentia generandi eines 
Bullen zu heilen, sah ich wohl eine überraschende Änderung in der Zu¬ 
sammensetzung des Ejakulats: die vorher bei zweimaliger Untersuchung 
nicht gesehenen Spermatozoen konnten nachgewiesen werden, wenn 
auch lange nicht in so großer Anzahl wie bei gesunden Stieren. Jedoch 
konnte ich durch die Verabreichung des Medikamentes nicht erreichen, 
daß der Bulle zeugungsfähig wurde. 

In 4 Fällen habe ich kurz vor, während und kurz nach der Behand¬ 
lung der Kühe mit Yohimbin die Funktionsäußerungen des Zirkulations-, 
Respirations- und Digestionsapparates aufgenommen. Ich habe aber 
nicht die geringste wahrnehmbare Einwirkung des Alkaloids auf diese 
Apparate feststellen können. Daher komme ich zu dem Schluß, daß das 
Yohimbin in der von mir verabreichten Menge nicht schädigend auf Herz, 
Lunge und den Darmtraktus wirkt. 

Zur Behandlung nichtrindemder Kühe genügt nach meiner Erfah¬ 
rung 1 g Yohimbinum muriaticum für die Verabreichung per os und etwa 
0,25 g für die subcutane Injektion. Es empfiehlt sich während dreier 
Tage zweimal täglich je 0,1 g per os bzw. 0,025 g subcutan zu verab¬ 
reichen. Nach einer Woche ist, falls inzwischen nicht schon Brunst 
eingetreten ist, dieselbe Behandlung nochmals während zweier Tage 
durchzuführen. Tritt auch hiernach innerhalb 4 Wochen keine Brunst 
ein, so ist die Yohimbinbehandlung nur bei besonders wertvollen Tieren 
zu wiederholen. 



68 


0. Brandt: Beitrag zur Bewertung der Yohimbin Wirkung usw. 


Schlußsätze. 

1. Das Yohimbin hat sich — eine richtige Auswahl der Patienten 
vorausgesetzt — in annähernd der Hälfte der Fälle als wirksames Mittel 
zur Auslösung der Brunstsymptome erwiesen. 

2. Bei der Anwendung des Yohimbins gegen Brunstschwäche der Kühe 
ist vor der Behandlung eine eingehende Untersuchung der Geschlechtsorgane 
vorzunehmen. 2 —4 Wochen nach der Verabreichung des Yohimbins sind 
beim Fehlen von Brunsterscheinungen die Eierstöcke auf das Vorhandensein 
von gelben Körpern — als Zeichen einer indessen eingetretenen stillen 
Brunst — abzutasten. 

3. Beim Ausbleiben der Brunst ist zur Sicherung des Erfolges der 
Yohimbinwirkung nach Möglichkeit eine chirurgische Behandlung der 
Gebärmutter bzw. der Eierstöcke vorzunehmen. 

4. Das häufige Umrinde.m der Kühe ist, sofern nicht besondere Ver¬ 
änderungen der Geschlechtsorgane eine Behandlung von vornherein aus¬ 
sichtslos erscheinen lassen, vorzugsweise chirurgisch zu behandeln. Kur 
bei besonders wertvollen Tieren ist es angebracht, Yohimbin als Unter¬ 
stützungsmittel zu geben. 

5. Die 8ubcutane Applikationsmethode des Yohimbins scheint der 
stomachikalen im Erfolge etwa gleichwertig zu sein, nur mit dem Unter¬ 
schiede, daß bei jener nur etwa 1 j z der Alkaloidmenge gebraucht wird. 

6. Bei trächtigen Kühen angewandt bewirkt das Yohimbin weder Brunst 
noch Abortus. 

7. In einem Versuchsfalle hat das Yohimbin nicht vermocht die im- 
potentia generandi eines Bullen zu heilen. Nach der Behandlung waren 
allerdings im Sperma Samenfäden nachweisbar, die vorher fehlten. 



Bücherbesprechungen 


Mikroskopie für jedermann. Herausgegeben von Hanns Günther. Stuttgart, 
Franckhsche Verlagsbuchhandlung, 1923. Aprilpreis in Halbleinen M. 11200.—. 

Das aus dem Mikrokosmosverlag hervorgehende Büchlein ist mehr als sein 
bescheidener Titel besagt. Nicht nur der gebildete Laie, an den es sich wendet, 
auch der Wissenschaftler erhält hier noch manche Anregung. Das gilt besonders 
von den ersten Kapiteln, die sich mit dem Mikroskop und den Hilfsmitteln beim 
Mikroskopieren befassen. Die zeitgemäßen Behelfe für teuere Apparate sind 
äußerst beachtenswert für Institute, an denen Doktoranden mikroskopisch arbeiten. 
Aus diesem Grunde sollte das kleine Büchlein einen Platz in jeder Handbibliothek 
wissenschaftlicher Arbeitsstätten erhalten. Reinhardt- Berlin. 

Spezielle pathologische Anatomie der Haustiere von Joest. Der literarische 
Ostergabentisch wurde durch eine sehr schätzenswerte Lieferung des großzügig 
angelegten Joest sehen Werkes der spez.-pathol. Anatomie der Haustiere III. Bd., 
1. Hälfte bereichert. Der Verf. hat in der Einleitung die Gründe ange¬ 
geben, welche bestimmend für die Zuziehung von Mitarbeitern waren und betont, 
daß der Darstellung der von letzteren bearbeiteten Kapiteln im Interesse des 
ganzen Werkes tunlichst die gleiche Gliederung zugrunde gelegt sei, wie in den 
von ihm bearbeiteten beiden ersten Bänden. 

In der vorliegenden Lieferung sind die Drüsen mit innerer Sekretion durch 
Trautmann- Dresden, die männlichen Geschlechtsorgane von Schlegel-Frviburg und 
die Hamorgane von Folke //en^cAen-Stockholrn abgehandelt worden. Es war ein 
glücklicher Gedanke, die Drüsen mit innerer Sekretion— Schilddrüse, Epithelkörper¬ 
chen, Nebennieren, das chroraaffine Gewebe, die Hypophyse, die Epiphyse, Thymus¬ 
drüse u. a. —in ein Kapitel zu vereinigen, das in fesselndem Texte neben der anato¬ 
mischen Einrichtung dieser lebenswichtigen Drüsen mitteilt, was wir von ihren 
zum großen Teile noch rätselhaften Aufgaben wissen. Trautmann sagt mit Recht, 
nur wenn man bei den innersekretorischen Drüsen insbesondere die physiologischen 
Tatsachen übersieht, wird man die Pathologie und die Klinik der Blutdrüsen mit 
ihren oft schwer zu beurteilenden Krankheitsbildern beherrschen und die letzten 
Endes erstrebenswerten therapeutischen Ziele verfolgen können. Die beigegebenen 
Abbildungen sind sehr instruktiv und die Krankheiten der endokrinen Drüsen 
unter sorgfältiger Beachtung der Literatur trefflich abgehandelt. 

Im nächsten Kapitel werden die Krankheiten der männlichen Geschlechtsorgane 
in Wort und Bild recht anschaulich geschildert-. Dieser Abschnitt fällt jedoch 
etwas aus dem Rahmen der Joest sehen Arbeiten und dürfte in der nächsten Auflage 
eine wesentliche Ergänzung hinsichtlich der Histogenese erfahren. 

Seite 191—410 sind die Harnorgane erschöpfend abgehandelt. Der Verf. hat 
gründlich, überaus klar und mit anerkennenswertem fachmännischen Geschick 
diesen wichtigen Teil des monumentalen Werkes bearbeitet. 

Der Preisgrundzahl 10,50 M. ist erstaunlich billig, wenn man, abgesehen von 
der wissenschaftlichen Leistung, bedenkt, welche reiche Ausstattung der Verlag 
dem Werke, das in keiner tierärztlichen Bibliothek fehlen sollte, angedeihen ließ. 

Olt 



70 


Bücherbesprechungen. 


Mießner, Allgemeine Veterinärpolizei« Hannover, M. u. H. Schaper, 1923 
Grundzahl brosch. 4,50; geb. 5,50. 

Der vorliegende Leitfaden füllt eine schon lange bestehende Lücke aus. Er 
wendet sich an Tierärzte, Studierende der Veterinärmedizin und Verwaltung«’ 
beamte. Die Mittel und Wege, die der Veterinärpolizei zur Verfügung stehen, 
werden in zahlreichen, übersichtlich geordneten Teilabschnitten so ausreichend 
erläutert, daß das Buch nicht nur „zur Einführung“ in diesen trockenen Stoff, 
sondern sogar als Nachschlagewerk geeignet ist. 

Die an verschirdenen Stellen verstreuten gesetzlichen Bestimmungen sind, 
soweit sie zusammengehörig sind, gemeinsam erörtert. Das erleichtert die Über¬ 
sicht über die Materie und das Nachschlagen des Gesetzestextes selbst. 

Ein kurzes Sachregister vervollständigt den Leitfaden. Das Werk kann allen, 
für die es bestimmt ist, zur Anschaffung empfohlen werden. Neumann . 

Ellenberger-Schütz, Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der 
Veterinärmedizin« 39. u. 40. Jahrgang (1919 u. 1920). Berlin, Julius Springer, 
1923. Grundzahl 20,—. 

Der große Krieg und seine Folgen haben das rechtzeitige Erscheinen des 
Jahresberichtes verhindert. Der jetzt vorliegende Band berichtet über die 
Leistungen der Jahre 1919 und 1920. Ausländische Literatur konnte mehr als 
bisher berücksichtigt werden. Vollständig ist sie auch diesmal noch nicht referiert. 
Die Zahl der Mitarbeiter ist auf 35 angewachsen. 

Die Vorarbeiten für das Erscheinen des nächsten Doppelbandes (1921 u. 1922) 
sind soweit gefördert, daß dieser wird im Herbst erscheinen können. Mit dem 
Erscheinen dieses Bandes w ürde das Werk wieder auf dem Laufenden sein, da 
der Jahrgang 1923 bestimmt im Frühjahr 1924 herauskommen soll. 

Neumann. 

Pfeiler, W. Die Blutuntersuchungen bei der Rotzkrankheit der Pferde (Esel* 
Maulesel und Maultiere). Abänderungsvorschläge für das diagnostische 
Verfahren beim Rotz« Hannover, M. und H. Schaper. 

Der Titel verspricht mehr, als das Büchlein hält, und der vorherrschende 
Eindruck beim Lesen ist eine gewisse Enttäuschung. Man erwartet von der 
sonstigen Produktivität des Verfassers neue Beiträge zur Serodiagnostik des 
Rotzes der Tiere des Pferdegesclilechts oder doch eine vollständige Besprechung 
der Untersuchungsmethoden — und sieht sich lediglich vor „Abänderungsvor¬ 
schlägen“ eines Berichts an das Ministerium aus dem Jahre 1918, die nichts ent¬ 
halten, was nicht schon vor mehr als 5 Jahren veröffentlicht wäre. 

Weshalb der Verfasser in der Einleitung verschweigt — was ihm bekannt 
war —, daß außer ihm, dem damaligen Leiter der Rotzblutuntersuchungsstelle in 
Bromberg, auch die Leiter der Untersuchungsstelle in Berlin ( Schütz) und in 
Münster (ich) gleichzeitig zu eventuellen Änderungsvorschlägen auf gefordert 
wurden, weiß ich nicht. Jedenfalls hat der Herr Minister damals 3 selbständige 
Berichte erhalten. Er hat aber — und sicherlich mit gutem Grunde — keine 
Veranlassung genommen, durch Erlaß einer „Anweisung“ an dem ursprünglichen 
Untersuchungsverfahren (Schütz und Schubert) etw T as zu ändern oder dem „Anhang 
zu Abschnitt II, Nr. 3, V. A. V. G.“ einen neuen Inhalt zu geben. 

Daß der Verfasser seine in der Literatur verstreuten Abhandlungen über den 
Gegenstand zusammenzufassen wünschte, kann man verstehen, und die fleißige, 
gründliche und größtenteils zutreffende Behandlung des sachlichen Teiles werden 
ihm diejenigen danken, die an diesen so speziellen Dingen ein näheres Interesse 
nehmen. Manches erscheint zu weit gegangen. Seinen Ansichten z. B. über die 



Bücherbesprechung’en. 


71 


Einführung der Mallein-Augenprobe, Titrierung des Komplements, Herstellung 
und Verwendung des Extrakts, Fallenlassen der Agglutination u. a. m. kann ich 
nicht beitreten; im einzelnen darauf einzugehen, würde hier zu weit führen. 

Das Fortlassen des persönlichen Beiwerks, das seinerzeit in der Fachpresse 
sattsam erörtert worden ist, und die Aufnahme der Konglutination und der Lipoid¬ 
bindung würden dem Buche zum Vorteil gereichen. Schubert , Münster. 

Arbeiten ans dem Reichsgesundheitsamte. 53. Bd., 4. (Schluß-) Heft. Berlin, 

Julius Springer, 1923. 

Das Heft enthält drei Arbeiten: Die Lungenseuche des Rindes, bearbeitet 
von Titze, diese und Wedemann. Die Agglutinationsmethode zur Feststellung 
der Lungenseuche von Seelemann und einem Beitrag zur Differenzierung soge¬ 
nannter ultramikroskopischer Gebilde im Dunkelfeld von Qrams. Neumann. 

Bayers Operationslehre. Neu bearbeitet von Prof. Dr. Th. Schmidt-Wien 5. Aufl. 

mit 593 Abbild. Wien und Leipzig, Braumüller, 1923. Grundzahl geb. 30,— M. 

X Schlüsselzahl. 

Seit Jahren vergriffen, wird dieser Teil des großen Handbuches der tierärzt¬ 
lichen Chirurgie und Geburtshilfe von Bayer , FrÖhner und Schmidt schnell abgesetzt 
werden. Handelt es sich doch um ein Lehr- und Nachschlagewerk, das in Ausführ¬ 
lichkeit und Vollständigkeit unter den Operationslehren die erste Stelle einnimmt. 
Im Kapitel Wurfmethoden vermisse ich die mit einfachen Mitteln ausführbare 
russische und Blumesche Methode. Das Kapitel Narkose ist durch eigene Erfah¬ 
rungen des Verfassers besonders bereichert, aber auch sonst sieht man in dem klar 
geschriebenen Werke die reiche Erfahrung des Autors kurz und doch ausreichend 
mitverwertet, so daß diese Neubearbeitung uneingeschränkt als eine Verbesserung 
des Werkes bezeichnet werden kann. K. Neumann. 

Schiel, Hugo. Die Pathologie und Therapie der Dünndarminvaginatlon des 

Rindes. Berlin, Schoetz, 1923. 

Eine durch Stallhaltung geförderte, zumeist nicht erkannte Erkrankung des 
Rindes ist die Dünndarminvagination. An Hand der Auslassungen des Verfassers 
über Diagnose und Differentialdiagnose dürfte es leicht sein, die Erkrankung 
zu erkennen. Die Operation — Resektion des invaginierten Darmstücks — ist 
der einzig aussichtsvolle Weg zur Heilung und findet eine ausführliche Be¬ 
schreibung. Den Beschluß bildet eine Zusammenstellung von 21 Erkrankungs¬ 
fällen ( 2 3 Heilung). Dem kleinen Büchlein aus der Feder eines alterfahrenen 
Praktikers geht eine tendenziös gehaltene Einleitung voran, doch sollte es nicht 
dahinkommen, daß die wissenschaftliche Literatur auch noch ein Tummelplatz 
für politisch geschulte Streitrößlein wird. Curt Reinhardt- Berlin. 

Martin, Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. 2. Aufl. IV. Band, Lief. 3; 

Schauder , Anatomie der Impfsäugetiere und der Hausvögel. Stuttgart, 

Schickhardt u. Ebner, 1923. Gz. geh. 3,5. 

Mit dieser Lieferung ist der IV. (Schluß-) Band beendet. Das Gesamtwerk 
erscheint — unter Hervorhebung der darstellerischen Sorgfalt, mit welcher der¬ 
zeitiges anatomisches Wissen zusammengefügt wurde — besonders wertvoll 
durch die Eigenart der Stoffeinteilung: die einzelnen Haustiere wurden nach 
Möglichkeit gesondert behandelt ; die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme wird 
beim Gebrauch des Buches vorteilhaft offenbar. Auch war damit die Möglich¬ 
keit gegeben, wichtige Gegenstände ausführlicher zu betrachten. Eine ßolche 
Notwendigkeit betont M. in einem Schlußwort mit Recht, indem „die Be¬ 
deutung der Anatomie für die tierärztliche und tierzüchterische Wissenschaft 



72 


Bucherbesprechungen. 


und Praxis immer mehr wächst und diese dementsprechend in der Darstellung 
und Menge des gebotenen Stoffes nicht zu sehr eingeengt werden darf“. 

Unter Berücksichtigung dieses Gedankens erscheint Ref. in den von 
Schauder verfaßten Abschnitten über Impf Säugetiere und Hausvögel das ge¬ 
steckte Ziel im Verhältnis zu den übrigen Teilen des Martin sehen Werkes nicht 
ganz erreicht Das mag damit Zusammenhängen, weil höchstwahrscheinlich die 
letzte Lieferung den früheren möglichst schnell folgen sollte, und daß daher 
eine beeilte Durcharbeitung nötig wurde. Text und Auswahl der darzustellenden 
Gebiete hätten nicht derartig beschnitten werden sollen, wie es, zumindest für 
Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte und Maus, aber z. T. auch für die Haus- 
vögel geschah. Bei Würdigung der heutigen verlagstechnischen Schwierig- 
keiten wäre der notwendigen Umfangsbegrenzung vielleicht besser entsprochen 
worden, indem man der Anatomie des Vogels weiteren Raum gewährt und die 
Impf Säugetiere vorläufig fort gelassen hätte. Die ihnen auf nur 36 Seiten ge¬ 
widmete Darstellung mußte ein Torso bleiben. Demgemäß wird nicht selten 
für weitergehendere Ansprüche auf die Spezialliteratur verwiesen, die jedoch 
schwer zugänglich ist. Aus der im allgemeinen topographischen Beschreibung 
wurden die Lymphdrüsen besonders hervorgehoben; die einzelnen Organe werden 
im Anschluß an den Situs der Körperhöhlen besprochen. Der meiste Raum 
wurde mit Recht dem Kaninchen zugebilligt. Die Angabe, daß die Q - Genitalien 
von Meerschweinchen, Ratte und Maus im wesentlichen so gebaut sind — von 
Größenunterschieden abgesehen — wie die des Kaninchens, dürfte doch wohl 
zu berichtigen sein. 

Was die Hausvögel (60 S.) anbetrifft, so ist zu bemängeln, daß die Muskeln 
viel zu kurz und zu allgemein behandelt wurden; das gleiche gilt für die Ham- 
organe; gein hätte man eine eingehendere (auch zeichnerisch spezielle) Dar¬ 
stellung des Gefäßsystems gewünscht. Mehr Platz wurde dem Verdauungs- und 
Atmungsapparat zugebilligt. 

Die Literatur ist in weiterem Umfange, jedoch nicht immer kritisch, mit 
verarbeitet und bildet unter Umständen eine deutliche Unterlage des Textes 
(z. B. für Haut und Hautgebilde des Vogels die Monographie von Moser). 

Die von Schauder selbst angefertigten, relativ zahlreichen Abbildungen 
zeugen von großer anatomischer Sorgfalt, erreichen jedoch nicht immer die 
instruktive Klarheit der Martin sehen Zeichnungen; sie erscheinen Ref. nicht 
plastisch genug. 

Vorstehende Bemerkungen enthalten „Wünsche“, deren Berücksichtigung 
bei Neuauflage im Interesse wissenschaftlicher Vollständigkeit und schneller 
Orientierungsmöglichkeit liegen wird. Dies gilt besonders für die „Impf“-Säuge¬ 
tiere; hier darf vielleicht das nächstemal eine Anatomie der Nager als „Ver¬ 
suchstiere“ erhofft werden. Gleichfalls aber soll gesagt werden, das die eben 
besprochenen Abschnitte all das in angenehmer Form enthalten, was der Tier¬ 
arzt braucht und daß daher auch diese letzte Lieferung zur Anschaffung emp¬ 
fohlen werden kann. DroAn-Berlin. 



DISSERTATIONEN DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE 

BERLIN 


Zur Frage der Spezifität des Noltzeschen Sedimentierungsverfahrens zur 
Diagnose der ansteckenden Blutarmut. 

Von 

Adolf Rachfall, 

Oberstabsveterinär und Regimentsveterin&r beim ß. (Preuß.) Reiter-Regiment. 

(Aus dem Heeres-Veterinär-Untersuchungsamt zu Berlin 
[Vo/stand: Oberstabsveterin&r Prof. Dr. Luhrs].) 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Fröhner.] 


Nach einem Überblick über die Geschichte, die Ätiologie, die Patho¬ 
genität, die Symptome, die pathologische Anatomie, den Blutbefund, 
die Differentialdiagnose, die Therapie und Prophylaxe der ansteckenden 
Blutarmut, über die brauchbarsten Laboratoriumsmethoden zur Siche¬ 
rung der Diagnose der ansteckenden Blutarmut (Impfung, serologische 
Methoden, weitere diagnostische Verfahren wie Provokation, insbeson¬ 
dere aber die Sedimentierung der roten Blutkörperchen nach Cksari, 
Piska, NoUze) wird die diagnostische Methode für die infektiöse Anämie 
nach NoUze : Die Sedimentierungsgeschwindigkeit der roten Blutkörper¬ 
chen bei der infektiösen Anämie der Pferde als Diagnostikum — Monatsh. 
f. prakt. Tierheilk. 32, H. 11/12. 1921 — einer Nachprüfung unterzogen; 
insbesondere die Frage geprüft, ob der gleichmäßig rasche Sedimentie- 
rungsverlauf in den parallelen Blutproben eine spezifische Reaktion für 
die infektiöse Anämie darstellt. 

Die Untersuchungen erstreckten sich auf 63 gesunde Pferde mit 
108 Untersuchungen und 20 akut bzw. chronisch kranke Pferde mit 
92 Untersuchungen und wurden in Tabellen 1 ) niedergelegt. 

Die Untersuchungen, die Technik wurden gemäß den Ausführungen 
nach NoUze streng durchgeführt. 

In allen Fällen wurde außer der Sedimentierung in Oxalatblut und in 
defibriniertem Blut mit Bezug auf seinen zeitlichen Verlauf und seine 
Endresultate die Zahl der roten und weißen Blutkörperchen, der Hämo¬ 
globingehalt, der Fibringehalt, die Viskosität und das spezifische Gewicht 

*) In Anbetracht der Zeitumstände muß von einer Veröffentlichung der 
Tabellen und der Literaturangabe (139 Nummern) Abstand genommen werden. 
Dieselben sind im Original nachzulesen, das in der Medizinisch-forensischen 
Klinik der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin niedergelegt ist. 

Arch. f. Tierheilk. L. 


6 



74 


Adolf Rachfall: Zur Frage der Spezifität des Noltzeschen 


des Blutes sowie die Viskosität von Plasma und Serum festgestellt. Bei 
den gesunden Pferden fanden die Untersuchungen zu verschiedenen 
Tageszeiten und unter verschiedenen Bedingungen (Ruhe, Arbeit, 
Hunger und Burst) sowie unter Berücksichtigung von Alter und Ge¬ 
schlecht statt. Ferner fanden Untersuchungen darüber statt, wie sich die 
Sedimentierung verhält: 1. im Anfang des Aderlasses und 3 Minuten 
später; 2. 20 Minuten nach spontanem Absetzen der Sedimentierungs- 
proben und erneutem Umschütteln zwecks Untersuchung; des weiteren 
3. ob beim Befibrinieren des Blutes durch die Art des Schütteins stark 
oder schwach; 4. durch die Länge des Schütteins in irgendeiner Weise 
die Sedimentierung des defibrinierten Blutes beeinflußt wird. 

Bie Untersuchungen und Versuche fanden in einer Gruppenanord¬ 
nung statt. A. Gesunde Pferde: Gruppe I—X, wobei genannte Punkte 
berücksichtigt wurden. B. Kranke Pferde: Gruppe XI—XVI. Hiervon 
entfielen auf: 


Gruppe XI: Ansteckende Blutarmut . 

„ XII: Sekundäre Anämie. 

a) infolge Unterernährung. 

b) „ Räude und Räudekachexie 

„ XIII: Herzfehler (Neurose). 

„ XIV: Lungenentzündung (Schluckpneumonie) 

„ XV: Rotz, akuter. 

„ XVI: Piroplasmose. 


6 Pferde mit 48 Versuchen 
8 °1 
o ,» ., Io 

3 ., „6 

3 ,. .. 10 

1 Pferd .,6 

1 „ ,.6 

1 „ »1 Versuch. 


Bie Ergebnisse, wie sie sich aus den Beobachtungen und Versuchen 
in Anlehnung an die Tabellen ergeben haben, sind folgende: 

Mit NoÜze stimmen überein: Im Oxalatblut verläuft der Senkungs¬ 
vorgang stets schneller als im defibriniertem Blute. Bie Sedimentierung 
ist frühestens in 24, spätestens in 48 Stunden beendet. Bas defibrinierte 
Blut liefert nach 48 Stunden fast in allen Fällen ein höheres Endsediment 
als im Oxalatblute. Da* spezifische Gewicht, die Zahl der roten und 
weißen Blutkörperchen, der Hämoglobingehalt hielt sich in den physio¬ 
logischen Grenzen. Der Fibringehalt ist im Gegensatz zu NoÜze — aus 
den Differenzen zwischen den Endsedimenten beim Oxalat — aus de¬ 
fibriniertem Blute bestimmt — in normalen Fällen größeren Schwan¬ 
kungen ausgesetzt. Der niedrigste Fibringehalt wurde mit 0,6 (0,75), 
der höchste mit 2,6 (1,25) registriert; im Durchschnitt also 1,6 ccm Teil¬ 
strich des Sedimentienmgsgefäßes. Die gefundenen Gewichtsmengen 
sind mit den eben angeführten Werten wenig im Einklang zu bringen. 
Niedrigster Wert 25 mg, höchster Wert 250 mg pro 25 ccm Blut. Die 
Viskosität des Blutes ist bei gesunden Pferden ebenfalls größeren Schwan¬ 
kungen unterworfen (3,9—6,4; in Durchschnitt 4,3). Die Viskosität des 
Blutes scheint mit der Blutkörperchenzahl im proportionalen Verhältnis 
zu stehen. Fibringehalt und Viskosität standen aber nicht immer in 
gleichem Verhältnis zueinander, sondern waren beide häufig Schw r an- 









Sedimentierungsrerfahrens zur Diagnose der ansteckenden Blutarmut. 75 

kungen, sowohl nach der Plus- wie nach der Minusseite hin, ausgesetzt. 
Ein annähernd konstantes Verhältnis zwischen dem Endsedimentvolu¬ 
men der roten Blutkörperchenschicht und der Anzahl der roten Blut¬ 
körperchen konnte nur in 2 Fällen (Arkan) festgestellt werden. Das End- 
sediment war bei weitem größer als die Zahl der roten Blutkörperchen. 

Die Untersuchungen bezüglich Feststellung des Sedimentierungs- 
verlaufes 10 Minuten nach spontanem Absetzen der Proben und erneutem 
Umschütteln (Gruppe VIII) haben ergeben, daß nach dem Umschütteln 
vollständig abgesetzter Blutproben die neue Sedimentierung in beiden 
Blutproben langsamer vor sich geht als in der spontanen. Die vor¬ 
genommenen Schüttelproben beim Defibrinieren — Gruppe IX — stellten 
fest, daß die Art und die Stärke sowie die Zeitdauer des Schütteins 
beim Defibrinieren (mit der rechten, mit der linken Hand; letztere als 
gewöhnlich die schwächere in der Aktion) 10, 20, 30 und 40 Minuten 
keinen wesentlichen Einfluß auf die Blutprobe, insbesondere in bezug auf 
die Menge des zur Ausscheidung gelangenden Fibrins ausübt. Dagegen 
verläuft die Sedimentierung des bei demselben Aderlaß später aus der 
Vene fließenden Blutes langsamer als das zuerst entnommene (Gruppe X). 

Der Sedimentierungsprozeß, der zeitliche Verlauf der Sedimentierung 
zeigt bei gesunden Pferden — Gruppe I—VII — sowohl im Oxalat- 
wie im defibrinierten Blut große Schwankungen. Die Senkungszahlen 
gesunder Pferde weichen mehr oder minder voneinander ab und sind 
nicht „sehr ähnlich“ ( Noltze ). In allen Fällen sedimentieren die Blut¬ 
proben anders; eine annähernde Übereinstimmung im zeitlichen Ver¬ 
lauf ist größtenteils, vornehmlich in den ersten 2 Stunden, nicht fest¬ 
zustellen. Bei einigen Pferden z. B. Ria, Oberst, Unart, Oswald, Paladin, 
Spatz, verläuft der Senkungsvorgang im Oxalat-Blut schneller als im 
defibriniertem; bei anderen Pferden war bei beiden Blutarten eine un¬ 
gleichmäßige Beschleunigung — Rex, Orteisburg, Satan —, bei wieder 
anderen — Nachod, Steinadler — eine gleichmäßige Beschleunigung 
nachweisbar. Die Senkungswerte bleiben nicht konstant, sondern wech¬ 
seln ständig. Tageszeit, Alter, Geschlecht, Arbeit, Ruhe, Hunger und 
Durst üben keinen erheblichen Einfluß darauf aus. Infolge dieser 
Schwankungen fehlt es auch an jeglicher Handhabe, ein annäherndes, 
wirkliches Durchschnittsmaß für den Senkungsverlauf in zeitlicher Be¬ 
ziehung bei gesunden Pferden festzulegen. Zur Unmöglichkeit wird es 
aber, einen derartigen Grenzfaktor für den Sedimentierungsverl&uf bei 
kranken Blutproben zu errechnen. Noltze erwähnt hiervon gar nichts, 
sondern stellt nur extreme Beispiele von gesunden und kranken Pferden 
in Tabellen und Kurven gegenüber. Kuhn in seiner neueren Mitteilung 
„Die Sedimentierungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen bei 
gesunden und kranken Pferden und ihre Bedeutung als Diagnostikum bei 
der infektiösen Anämie der Pferde“ — Monatsh. f. prakt. Tierheilk. 33, 

6 *. 



76 


Adolf Rachfall: Zur Frage der Spezifität des Noltzeschen 


H. 7/9 — sucht auf Grund seiner Beobachtungen zahlenmäßig festzulegen, 
wenn er einen Versuch der ansteckenden Blutarmut gegenüber für po¬ 
sitiv gehalten hat. Positiv ist der Ausfall nach ihm, wenn die Sedimen- 
tierung in beiden Blutproben ziemlich gleichmäßig beschleunigt ist und 
der Unterschied im Endsediment nicht mehr als ®/ 8 beträgt. Beschleu¬ 
nigt ist die Sedimendierung, wenn die Senkung der roten Blutkörperchen 
schon in der ersten Viertelstunde um mehr als 50%, auf das Endsediment 
bezogen, erfolgt ist. Nach mündlicher Mitteilung wird bei den Unter¬ 
suchungen, die im Aufträge des Landwirtschaftsministeriums Preußens 
zur Aufdeckung von Anämiefällen in den Zivilpferdebeständen durch¬ 
geführt werden, als Wertfaktor, der für einen Verdacht auf infektiöse 
Anämie bestimmend ist, gleichmäßige Beschleunigung in beiden Proben 
und eine Differenz zwischen den beiden Endsedimenten von 0,6 —0,8 cem 
angesprochen. Ferner soll Noltze in jüngster Zeit die defibrinierte Blut¬ 
probe ganz außer acht lassen und nur die Oxalatprobe berücksichtigen, 
indem der Verdacht auf infektiöse Anämie dann begründet sein soll, 
wenn in der ersten Viertelstunde das Sediment bis unter die Marke 10 ccm 
des graduierten Zylinders von 25 ccm gesunken ist. 

Die Sedimentierung wird durch einen inneren Vorgang im Blute, vor¬ 
nehmlich infolge einer Verklebung der roten Blutkörperchen, einer Eigen¬ 
schaft der roten Blutkörperchen selbst, verursacht. Die mehr oder 
minder großen Abweichungen der Proben untereinander sind aus der 
Beeinflussung der die Senkung bedingenden Faktoren — auch unter 
möglichstem Ausschluß physiologischer Tagesschwankungen —, wie 
individuelle Differenzen der roten Blutkörperchenzahl, der Plasmamenge, 
des Fibringehaltes aus der Viskosität zu erklären. 

Wie bei den gesunden Pferden ist auch der Sedimentierungsverlauf bei 
den kranken Pferden — Gruppe XI —XVI — großen Schwankungen un¬ 
terworfen. Dies ist außerdem nicht allein innerhalb der einzelnen Krank¬ 
heitsgruppen selbst der Fall, sondern auch zu verschiedenen Zeiten der 
Vornahme der Sedimentierung. Den Befund NoÜzes , daß die einzelnen 
Krankheiten einen typischen Sedimentierungsverlauf zeitigen, kann ich 
nicht bestätigen. Die Schwierigkeit der Beurteilung eines Sedimentierungs- 
vorganges in pathologischen Blutarten liegt daran, daß es nicht möglich 
war, einen Durchochnittswertmesser für den normalen Senkungsvorgang 
aufzustellen. Der Senkungsverlauf allein gibt noch keinen Aufschluß, son¬ 
dern erst die Berücksichtigung der Werte der einzelnen Blutbestandteile 
und ihres Verhaltens zueinander läßt den Schluß zu, daß das Blut patho¬ 
logisch verändert ist. Es ist einem nur die Möglichkeit gegeben, auf Grund 
des Verfahrens höchstens eine Blutarmut — Anämie — im weitesten Sinne 
des Wortes festzustellen. Die Art der Krankheit aber, die einwandfreie 
Diagnose aus den Senkungszahlen bzw. aus der Kurve, wenn der klinische 
Befund keine Stütze bietet, herauszulesen, ist einfach nicht möglich. 



Sedimentierungsverfahrens zur Diagnose der ansteckenden Blutarmut. 77 

Die Ergebnisse bei den einzelnen Krankheiten sind folgende: 

1. Infektiöse Anämie : Während NoUze in den Fällen von infektiöser Anämie 
in den parallelen Blutproben einen gleichmäßig beschleunigten Sedimentierungs- 
verlauf als eine typische und spezifische Reaktion gefunden hat, konnte ich dies 
bei meinen Untersuchungen nicht feststellen. Die Senkungszahlen waren an den 
verschiedensten Tagen im Verlauf von Monaten verschieden und entsprachen in 
keiner Weise dem typischen Verlauf Noltzes. Es wurden typisch an infektiöser 
Anämie erkrankte Pferde (größtenteils Impfpferde) im Verlauf von 1 (Prinz), 
4 (Nr. 118), 5 (Nr. 1807) und 6 (Nr. 4810) Monaten und zu verschiedener Zeit 
dem Sediment ierungsverfahren unterworfen. Es war wohl eine Beschleunigung in 
mehr oder minder großem Grade in den Parallelproben vorhanden, aber die 
Senkung im defibrinierten Blut war durchweg verzögert und nicht gleichmäßig 
beschleunigt. Erst von dem Augenblick an, wo die Zahl der roten Blutkörperchen 
unter eine gewisse Norm (ca. 5 Mill.) gesunken ist, wo man es also mit patho¬ 
logischem Blute mit stark vermehrten agglutinierenden Substanzen zu tun hat, 
verläuft die Sedimentierung vornehmlich in der Oxalatprobe vermehrt beschleunigt. 
Die Differenz der beiden Endsedimente war teils etwas unter, teils über dem 
Durchschnitt gesunder Pferde; demzufolge auch der Fibringehalt nicht so klein 
wie Noltze angibt, daß eine Differenz zwischen den Endresultaten beim Oxalat- 
und defibrinierten Blut nicht mehr wahrnehmbar war. Die gewogene Fibrin- 
menge war sogar durchschnittlich über dem Fibringehalt gesunder Pferde. Der 
Gehalt an roten und weißen Blutkörperchen, die Viscosität hielt sich bei Beginn 
der Erkrankung in normalen Durchschnittsgrenzen; manchmal waren diese Werte 
von vornherein unter dem Durchschnitt. Erst im weiteren Verlauf der Erkrankung 
begannen diese Werte und die Senkungszahlen systematisch im Laufe von Monaten 
allmählich zu fallen. Besonders interessant hierfür ist Fall Nr. 1807 und auch 
Nr. 4816. Endsedimente, Zahl der roten Blutkörperchen, Viscosität sind nur 
dann gering, wenn der Zustand einer bereits ausgesprochenen Anämie vorliegt. 
Der Fibringehalt unterliegt im allgemeinen weniger Schwankungen. 

2. Sekundäre Anämie: Ähnliche Verhältnisse wie bei den Fällen der infek¬ 
tiösen Anämie waren bei Pferden festzustellen, die entweder durch schlechte Er¬ 
nährung bei starker Arbeit oder durch Räude in ihrem Ernährungszustände 
stark heruntergekommen waren und bei denen sich allmählich eine allgemeine 
Blutarmut entwickelte. Diese offenbarte sich auch auf Grund des Verfahrens 
in den Werten der Senkungsgeschwindigkeit und bei den anderen Feststellungen. 
Die Senkungskurven waren nicht spezifisch und unterschieden sich kaum von 
denen, wie sie bei infektiöser Anämie vorkamen. Senkung in der Oxalatblutprobe 
beschleunigt; in der des defibrinierten Blutes mehr oder minder verzögert. Die 
Viscosität hielt sich im Verhältnis zur Höhe der Zahl der roten Blutkörperchen 
Der Fibringehalt war unterschiedlich, teils über, teils unter dem Durchschnitt. 
Auffällig war, daß bei Besserung des Allgemeinzustandes der Pferde auch die 
Blut werte stiegen, die Senkungszahl sank. 

3. Herzfehler (Neurose): Bei Pferden mit Herzfehlern, scheinbar auf nervöser 
Basis beruhend — in der Ruhe gewöhnlich aussetzender Puls, Herztöne unrein, 
verschwommen, ein Herzton evtl, auch akzentuiert, nach kurzer Bewegung ver¬ 
mehrte Herzerregbarkeit, gewöhnlich Temperament des Tieres auch erregt, 
waren mehr oder minder dieselben Feststellungen zu machen, wie in den vorher¬ 
gehenden Fällen. Besserung oder Verbleiben in dem Zustand hatte eine im pro¬ 
portionalen Verhältnis stehende Steigerung der Zahlenwerte für rote Blutkör¬ 
perchen, Viscosität und Herabgehen der Senkungszahl zur Folge. 

4. Rotz: In einem Fall von akutem Rotz mit 6 Versuchen an 6 aufeinander¬ 
folgenden Tagen zeitigte die Anwendung des Verfahrens folgendes: Der Sedimen- 



78 


Adolf Rachfall: Zur Frage der Spezifität des Noltzeschen 


tierungsverlauf war an allen Tagen in beiden Blutproben gleichmäßig und stark 
beschleunigt, wie NoUze es bei der infektiösen Anämie verlangt. Niemals war 
aber, wie in NoUzes Fällen von Rotz, eine Verlangsamung im defibriniertem Blut 
festzustellen. Die Zahl der roten Blutkörperchen war untemormal; es bestand 
erhebliche Leukoeytose. Die Viscosität des Blutes und des Plasmas war verhältnis¬ 
mäßig hoch, die des Serums etwas unternormal. Die Endsedimente waren unter 
dem Durchschnitt gesunder Pferde und die Differenz in den Endsedimenten etwas 
unter dem Durchschnitt. 

5. Lungenentzündung: Bei einem in mäßigem Futterzustand befindlichen 
Pferde mit leichter Schluckpneumonie wurden innerhalb eines Monats an verschie¬ 
denen Tagen 6 Untersuchungen vorgenommen. Die Senkungswerte entsprachen 
denen bei Rotz. Die Anzahl der roten Blutkörperchen war untemormal; in den 
ersten 3 Tagen bestand mäßige Leukoeytose. Der Fibringehalt war gegenüber 
den Differenzen der Endsedimente verhältnismäßig hoch. Die Viscosität hielt 
sich über dem Durchschnitt. Mit Besserung der Krankheit stiegen wieder die 
Werte für rote Blutkörperchen, Leukoeytose schwand; ebenso sank auch etwas 
wieder die Senkungszahl. 

ö. Piroplasmose: Ein dem Hee'res-Veterinär-Untersuchungsamt wegen Piro¬ 
plasmoseverdacht überwiesenes deutsches Pferd konnte ich noch kurz vor der 
Tötung dem Sedimentierungsverfahren unterwerfen. Ergebnis: Gleichmäßige, 
überaus stark beschleunigte Senkung in beiden Blutproben. Zahl der roten Blut¬ 
körperchen ca. 2 Millionen, der weißen 13 650; Viscosität für das Blutbild sehr 
hoch: 5,6 Blut, 5,4 Plasma, 4,0 Serum; Fibringehalt 127 mg. Differenz der beiden 
Endsedimente = 1. Diesmal war der Senkungsvorgang, aber auch nur dieser. 
XoUzes Beobachtungen gegenüber typisch. Wenn auch das Impfferd auf Piro¬ 
plasmose nicht ansprach, aber auch keine Reaktion für infektiöse Anämie zeigte, 
muß auf Grund des Zerlegungsbefundes die Diagnose „Piroplasmose“ aufrecht¬ 
erhalten bleiben. 

Werden nun die vorstehenden Ergebnisse bei kranken Pferden gegen¬ 
über den Beobachtungen aus den Untersuchungsbefunden von Noltze 
ausgewertet, so geht daraus unzweifelhaft hervor: 

1. Der Sedimentierungsverlauf ist bei kranken Pferden großen 
Schwankungen ausgesetzt. Bei den einzelnen Krankheiten und zu ver¬ 
schiedenen Zeiten verläuft die Sedimentierung ebenfalls unter großen 
Differenzen. 

2. Ein typischer und spezifischer Verlauf der Senkungsprozesse 
bei infektiöser Anämie und Rotz ist nicht festzustellen. 

3. Die Seclimentierungsprozesse bei infektiöser Anämie, bei sekun¬ 
därer Anämie, bei Herzfehler (Neurose) nehmen je nach dem Grade der 
Erkrankung einen sich sehr ähnelnden Verlauf. 

4. Rotz und Lungenentzündung (Schluckpneumonie) und Piroplas¬ 
mose bedingen in den beiden Parallelproben einen mehr oder minder — 
je nach dem Grade der Erkrankung — stark beschleunigten, gleichmäßi¬ 
gen Sedimentierungsverlauf. 

5. Im allgemeinen zeigt der Sedi ment ierungsvorgang in Blutproben 
kranker Pferde in der Regel nur eine vom Normalen abweichende Blut- 
zusammensetzung an. Alle Prozesse, die mit vermehrten agglutinieren¬ 
den Substanzen einhergehen, beschleunigen auch vermehrt die Sedimen- 



Sedimentierungsverf&hrerm zur Diagnose der ansteckenden Blutarmut. ' 79 


tierung. Besserung bzw. Verschlechterung im Verlaufe der Krankheit 
zeigt sich durch Steigen bzw. Fallen der Blut werte und Fallen und Steigen 
der Senkungszahlen. 

Auch Piska — Untersuchungen über das Verhalten der Senkungs¬ 
geschwindigkeit der roten Blutkörperchen im Citratblute gesunder und 
kranker Herde; Eigenbericht 1920 — Wien, tierärztl. Wochenschr. 1921, 
H. 11 — hat ein typisches Sedimentierungsbild bei den einzelnen Krank¬ 
heiten, zwar nur bei Versuchen mit Oxalatblut, nicht gefunden und fast 
bei allen fieberhaften Erkrankungen und Anämie eine Beschleunigung 
festgestellt. 

Kuhn, der, wie bereits erwähnt, auf Grund seiner Beobachtungen einen 
Wertmesser bezüglich der positiven Beurteilung der Sedimentierung bei 
der infektiösen Anämie festsetzte, prüfte außer bei ansteckender Blut¬ 
armut die Methode bei anderen Krankheiten nach. Er faßt seine Unter¬ 
suchungsergebnisse wie folgt zusammen. Der zeitliche Verlauf der 
Sedimentierung schwankt sowohl im Oxalatblut wie im defibrinierten 
Blut ziemlich stark. Bei den 96 kranken Herden haben positiv reagiert: 

4 Pferde von 6 Pferden mit sekundärer Anämie. 

8 ,. ,,11 „ „ Petechialfieber. 

3 „ ., 17 ,. ., Rotz, 

4 ., „ 16 ,, „ Druse, 

und nur 5 „ „11 ,, ,, infektiöser Anämie, 

und zw r ar 3 von diesen 5 an infektiöser Anämie leidenden Herden haben 
nicht immer positiv, sondern auch negativ reagiert. Er verneint daher die 
Behauptung Nottzes, daß der gleichmäßig beschleunigte Sedimentierungs- 
verlauf in den beiden Parallelproben nebst dem geringen Unterschied 
im Endsediment spezifisch und typisch für die infektiöse Anämie ist. 
sondern nach seiner Ansicht zeigt ein derartiger Verlauf nur eine Anämie 
überhaupt an. 

Ebenso hat Simon in seiner Dissertationsarbeit „Die Spezifität des 
Voitze sehen Sedimentierungsverfahrens zur Diagnose der ansteckenden 
Blutarmut und seine Verwendbarkeit mit konserviertem Blute, Hannover 
1923“ u. a. den Sedimentierungsverlauf nicht als eine spezifische Re¬ 
aktion bei der ansteckenden Blutarmut ansprechen können. 

Ferner hat Ruwisch — Beiträge zur Diagnostik der infektiösen Anämie; 
Inaug.-Diss., Hannover 1921 — das Sedimentierungsverfahren in zahlrei¬ 
chen Fällen angewendet. Es kann wohl zur Vertiefung der Diagnose bei¬ 
tragen, aber es gibt nicht immer ein sicheres Ergebnis. Bei negativem Be¬ 
funde ist der Verdacht der ansteckenden Blutarmut nicht ausgeschlossen. 

Scheid — Eigene Beobachtungen über das Auftreten der infektiösen 
Anämie in der Rheinprovinz; Inaug.-Diss., Hannover 1921 — hält die 
Unterscheidung der infektiösen Anämie von der Wiirmanämie der 
Fohlen durch die Sedimentierung für nicht möglich. 



80' 


Adolf Bachfall: Zur Frage der Spezifität usw. 


Nach Himmel — Vortrag: Die ansteckende Blutarmut der Pferde in 
Preußen und ihre veterinärpolizeiliche Bekämpfung; Berl. tierärztl. 
Wochenschr. 1922, Nr. 37 — hat sich das Verfahren bei der Bekämpfung 
der infektiösen Anämie in Schlesien verhältnismäßig brauchbar erwiesen: 
versagte jedoch in einer Anzahl von Fällen bei Pferden bereits typisch 
kranker Tiere. 

Auch chronische Nierenentzündung ( Haltenhoff — Beitrag zur 
Diagnostik der infektiösen Anämie der Pferde; Inaug.-Diss., Hannover 
1922), Fluor albus ( Wagner, ebendaselbst) soll eine positive Reaktion 
hervorgerufen haben. 

Zum Schluß ist ein Vetdachtsfall von infektiöser Anämie interessant, 
der obige Ansichten des nichtspezifischen Charakters des Sedimentierungs- 
verfahrens bestätigt. In einer Eskadron eines Reichswehr-Kavallerie-Regi- 
ments waren seit 2 Jahren in langen Zwischenräumen Fälle von infektiöser 
Anämie vorgekommen, die durch die Zerlegung bestätigt waren. Durch 
zweimalige im Verlauf von 4 Wochen bei allen Pferden der Eskadron vor¬ 
genommene Sedimentierung des Blutes nach NoUze wurde neben 2 anderen 
Pferden Dienstpferd „Priester“ herausgefunden. Es wurde abgesondert 
und beobachtet. Die Krankheit verlief ohne wesentliche klinische Er¬ 
scheinungen bis auf zunehmende Schwäche, Festliegen und mittelgradige 
Erhöhung der Körpertemperatur in der letzten Woche vor Tötung des 
Pferdes. Die Zerlegung ergab als überraschendes Resultat eine selten 
hochgradige Carcinomatose der Bauch- und Brustorgane. 

Zusammenfassung. 

1. Die Sedimentierung der Blutproben gesunder und kranker Pferde 
verläuft zu verschiedenen Zeiten gänzlich verschieden, so daß sich eine 
Gesetzmäßigkeit und damit ein Durchschnittsmaß nicht aufstellen läßt. 
Diese Utiterschiede in dem Senkungsverlauf der Blutproben sind auf 
individuelle Differenzen der die Senkung bedingenden Faktoren, wie Blut¬ 
körperchenzahl, Plasmamenge, Fibringehalt, Viskosität usw., und bei 
kranken Pferden obendrein auf die individuell verschiedene Einwirkung 
des krankmachenden Organs auf den Körper zurückzuführen. 

2. Tageszeit, Alter, Geschlecht, Arbeit, Ruhe, Hunger und Durst üben 
keinen bemerkenswerten Einfluß auf den Sedimentierungsverlauf aus. 

3. Nach dem Umschütteln vollständig abgesetzter Blutproben zeigt die 
erneute Sedimentierung in beiden Blutproben einen langsameren Verlauf als 
die spontane. 

4. Denselben langsameren Senkungsverlauf zeigt das bei demselben Ader¬ 
laß später aus der Vene fließende Blut. 

5. Ein spezifischer und typischer Verlauf des Senkungsprozesses 
bei infektiöser Anämie und Rotz ist nicht festzustellen. Die Fälle von 
infektiöser Anämie und Rotz reagierten nicht nach Noltze. 



81 


E. Starfinger: Ein Beitrag zur Druseimpfung. 

6. Die Sedimentierungsprozesse bei infektiöser Anämie, bei sekundären 
Anämien, bei Herzfehlern ( Neurose) nehmen je nach dem Grade der Er¬ 
krankung einen sich sehr ähnelnden Verlauf. 

7. Rotz und Lungenentzündung (Schluckpneumonie) und Piroplasmose 
bedingen in den beiden Paraüelproben einen mehr oder minder, je nach der 
Schwere der Erkrankung stark beschleunigten, gleichmäßigen Sedimen- 
tierungsverlauf. Für die infektiöse Anämie ist daher dieser Senkungs¬ 
verlauf keine typisch-spezifische Reaktion. 

8. Im allgemeinen und in der Regel zeigt der Sedimentierungsvorgang 
in Blutproben kranker Pferde nur eine vom Normalen abweichende Zu¬ 
sammensetzung des Blutes an. In allen Fällen, in denen es zu einer ver¬ 
mehrten Bildung agglutinierender Substanzen kommt, wird der Sedimen- 
tierungsprozeß mit vermehrter Beschleunigung einhergehen. Besserung bzw. 
Verschlechterung im Verlaufe der Krankheit zeigt sich durch Steigen bzw. 
Fallen der Blutprobe und Fallen und Steigen der Senkungszahlen an. 

9. Das Sedimentierungsverfahren nach Noltze stellt daher kein für die 
infektiöse Anämie spezifisches Diagnostikum dar. 


Ein Beitrag zur Druseimpfung 1 ). 

Von 

Ernst Starfinger, 

approb. Tierarzt aus Angerburg, Kreißtierarzt in Darkehnien. 

[Referent: Prof. Dr. K. Neumamu] 

Zur Impfung gegen die Druse sind von mir 2 gänzlich voneinander 
verschiedene Impfstoffe in 3 Pferdebeständen angewandt worden, 
nämlich die Druselymphe von Dr. Schreiber in Landsberg a. W. zur Er¬ 
zeugung einer aktiven Immunität und das Königsberger Druseheilserum 
nach Professor Dr. Müller, das eine passive Immunität verleihen soll. 
Beide Impfstoffe wurden ausschließlich intravenös einverleibt. 

Der erste Pferdebestand umfaßt 60 Pferde, und zwar 52 edle, ost¬ 
preußische Warmblutpferde im Alter von 1 bis 4 Jahren und 8 Kaltblut¬ 
jährlinge; als mit der Impfung eingesetzt wird, sind bereits fast alle 
Pferde des Bestandes mehr oder weniger stark von der Druse ergriffen. 
Im Gegensatz hierzu kam die Impfung im zweiten Pferdebestande, der 
sich aus 33 edlen, ostpreußischen Warmblutpferden im Alter von 2 x / 2 Jah¬ 
ren (Remonten) zusammensetzt, im allerersten Anfangsstadium der 
Druse zur Anwendung. Im dritten Pferdebestand handelte es sich um 

*) Die klinischen Befundaufnahmen über jedes einzelne Versuchstier sind in 
der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin nieder¬ 
gelegt. 



82 


E. Starfinger: 


2 neu angekaufte, ostpreußische Warmblutpferde im Alter von 3 1 / i Jah¬ 
ren; die bei Einleitung des Impfversuches bereits beide recht schwer 
drusekrank waren. In allen 3 Pferdebeständen wurde eine medikamen¬ 
töse Behandlung nicht vorgenommen; auch wurden die Drusepatienten 
auf jedem Seuchengehöfte in einem gemeinsamen Stalle gehalten und von 
demselben Personal gefüttert und gepflegt. 

Die beiden ersten Pferdebestände wurden zu dem Impfversuche 
in 3 Gruppen eingeteilt; die I. Gruppe erhielt Landsberger Druse¬ 
lymphe, die II. Gruppe Königsberger Druseheilserum und die 
III. Gruppe blieb zur Kontrolle ungeimpft. Im dritten Pferde- 
bestande wurde eins der Tiere als Kontrollpferd belassen, während 
das andere mit Landsberger Druselymphe geimpft wurde. Vor der 
Impfung wurde von jedem Pferde ein genauer Krankheitsbefund 
aufgenommen und der weitere Verlauf der Krankheit in Zwischen¬ 
zeiten von 2 und 3 Tagen kontrolliert. 

In dem ersten Pferdebestande gehörten zur I. Gruppe 24 Pferde; 
jedes Pferd erhielt 10 g Landsberger Druselymphe intravenös; nur bei 
4 Pferden (Nr. 1, 3, 4, 8) ist eine zweite Injektion von abermals 10 g 
Lymphe gegeben werden. Impfergebnis dieser Gruppe: „2 Pferde 
(Nr. 3 und 4) genesen trotz schwerster Erkrankung in 2—3 Wochen; 
bei 11 Herden (Nr. 5, 8, 9, 13, 14, 16, 17, 19, 20, 22, 24) üblicher Druse¬ 
verlauf mit Fieberanstieg bzw. -abfall nach dem jeweiligen Stande der 
Absceßbildung, bei 5 Herden (Nr. 4, 7, 8, 21, 23) starker Fieberabfall; 
bei 5 Herden (Nr. 10, 12, lö, 21, 23) abgekürzter Krankheitsverlauf von 
5—8 Tagen; bei 10 Herden (Nr. 2, 3, 5, 7, 13, 15, 16, 18, 19, 20) schnelle 
Reifung bzw. spontane Eröffnung der Abscesse; bei 7 Herden (Nr. 6, 10, 
12, 14, 21, 22, 23) Rückbildung der Drüsenschwellungen ohne Absce- 
dierung. Verlust 1 Herd (Nr. 1) = 4,1%. 

Die II. Gruppe des ersten Kerdebestandes setzte sich aus 15 Herden 
zusammen; die Jährlinge dieser Gruppe erhielten 25 g; die Zweijährigen 
50 g Königsberger Druseheilserum intravenös; bei 2 Jährlingen (Nr. 28 
und 34) wurde die Dosis von 25 g wiederholt, während 1 Jährling (Nr. 33) 
mit 50 g nachgeimpft wurde. Impfergebnis dieser Gruppe; „1 Pferd 
(Nr. 25) wurde trotz schwerster Erkrankung in 5 Wochen gesund; regel¬ 
rechter Druseverlauf mit Heilung in 2 —3 Wochen bei 6 Herden (Nr. 29, 

31, 34, 35, 36, 38); Fieberabfall bei 7 Herden (Nr. 26, 27, 29, 30, 31. 32, 
36); abgekürzter Krankheitsverlauf von 5 —8 Tagen bei 4 Herden (Nr. 30, 

32, 37, 39); schnelle Reifung bzw. spontane Eröffnung der Abscesse bei 
7 Herden (Nr. 26, 27, 31, 35, 37, 38, 39). Verlust. 1 Herd (Nr. 33) = 6,6%. 
(Ein zweites verendetes Herd (Nr. 28) dieser Gruppe scheidet als Druse¬ 
verlust aus, weil bei ihm eine Mischinfektion vorlag.)“ 

Die III. Gruppe des ersten Herdebestandes enthielt 21 Herde, von 
denen 3 (Nr. 58, 59, 60) nicht an Druse erkrankten. Bei den übrigen 



Ein Beitrag zur Druseimpfung. 


83 


18 unbehandelten Kontrollpferden wurde nach dem Krankheitsverlaufe 
folgendes Ergebnis festgestellt: „4 Pferde (Nr. 40, 42, 43, 55) sind schwer 
bzw. sehr schwer drusekrank, trotzdem trat Heilung in 2—3 Wochen 
ein; bei 7 Pferden (Nr. 41, 44, 45, 48, 49, 50, 51) normaler Druseverlauf 
mit Heilung in 14 Tagen; bei 6 Pferden (Nr. 40, 44, 53, 54, 55 ; 56) auf¬ 
fallender Fieberabfall; bei 6 Pferden (Nr. 46, 52,53,54, 56,57) abgekürzter 
Krankheitsverlauf; bei 6 Pferden (Nr. 40, 42, 46, 52, 53, 54) schnelle 
Reifung und spontane Eröffnung der Abscesse; bei 4 Pferden (Nr. 49, 
50, 51, 52) Rückbildung der Drüsenschwellungen ohne Abscedierung. 
Verlust 1 Pferd = 4,9%. 

Die am Schlüsse des ersten Impfversuches aufgestellte vergleichende 
Beurteilung ergibt mithin keinen Unterschied zwischen Impflingen und 
Kontrollpferden in bezug auf Krankheitsverlauf, Krankheitsdauer, 
Fieberabfall, Reifung oder Rückbildung der Abscesse; im Gegenteil, 
es fällt geradezu eine Übereinstimmung in dieser Hinsicht auf. 
Auch das Verlustkonto ist in allen 3 Gruppen nahezu gleich; 
speziell fällt die um 2% höhere Verlustziffer nicht den Kontrollen, 
sondern den Königsberger Impflingen zur Last. Ferner sind Pferde, 
die trotz schwerster Erkrankung gesunden, in jeder der 3 Gruppen 
vorhanden. 

In dem zweiten Pferdebestande gehörten zur I. Gruppe 14 Pferde; 
jedes Pferd erhielt 10 g Landsberger Druselymphe intravenös; eine 
zweite Injektion ist bei keinem Pferde gemacht worden. Ergebnis: 
„4 Pferde (Nr. 1, 6, 7, 9) blieben fieberfrei und ohne Drüsenschwellungen; 
6 Pferde (Nr. 2, 3, 4, 5, 11, 12) zeigten Temperaturrückgang; 4 Pferde 
(Nr. 2,10,13,14) wiesen abgekürzten Krankheitsverlauf von 5 —8 Tagen 
auf; bei 5 Pferden (Nr. 2, 6, 10, 13, 14) kamen die Drüsenschwellungen 
über das Stadium der Hyperplasie nicht hinaus; bei 6 Pferden (Nr. 3, 4, 
5, 8, 11, 12) nahm die Druse ihren gewohnten Verlauf mit Heilung in 
14 Tagen; auch bestand bei diesen Pferden schnelle Reifung und spontane 
Eröffnung der Abscesse. Kein Verlust.“ 

Die II. Gruppe des zweiten Pferdebestandes enthielt 7 Pferde, von 
denen jedes mit 50 g Königsberger Druseheilserum intravenös geimpft 
wurde; eine Nachimpfung war bei keinem Pferde erforderlich. Ergebnis: 
„2 Pferde (Nr. 15 und 19) blieben fieberfrei; Temperaturrückgang 
zeigte 1 Pferd (Nr. 16); bei 4 Pferden (Nr. 16, 17, 19, 21) bestand ab¬ 
gekürzter Krankheitsverlauf, und bei 3 Pferden (Nr. 15, 19, 21) kamen 
die Drüsenschwellungen über das Stadium der Hyperplasie nicht hinaus; 
schnelle Reifung und spontane Eröffnung der Abscesse zeigten 3 Pferde 
(Nr. 17, 18, 20). Kein Verlust.“ 

Zur III. Gruppe (Kontrollen) des zweiten Pferdebestandes gehörten 
12 Pferde. Ergebnis: ,,3 Pferde (Nr. 27, 30, 32) blieben fieberfrei und ohne 
Drüsenschwellungen; Temperaturrückgang bei 1 Pferd (Nr. 25); ab- 



84 


P. Katschinsky: 


gekürzter Krankheitsverlauf von 5—8 Tagen bei 4 Herden (Nr. 23, 24, 
31, 33); bei 3 Herden (Nr. 23, 24, 33) kamen die Drüsenschwellungen 
über das Stadium der Hyperplasie nicht hinaus; schnelle Reifung und 
spontane Eröffnung der Abscesse bei 4 Herden (Nr. 22, 25, 28, 31). Kein 
Verlust.“ 

Die vergleichende Beurteilung der Ergebnisse der 3 Versuchsgruppen 
des zuzeiten Herdebestandes liefert dasselbe Resultat wie beim ersten 
Herdebestande: Kein Unterschied zwischen Impflingen und Kontroll- 
pferden, sondern Übereinstimmung in bezug auf Krankheiisverlauf; 
Krankheitsdauer, Temperaturrückgang, Reifung und Rückbildung der 
Abscesse; auch von einer Kupierung des Seuchenganges kann keine 
Rede sein, denn es bleiben nicht nur Impflinge, sondern auch Kontroll- 
pferde fieberfrei und ohne Drüsenschwellungen. Kein Verlust.“ 

Im dritten Pferdebestande wurde 1 Herd zweimal mit Landsberger 
Druselymphe intravenös geimpft, während das andere Herd ungeimpft 
blieb, mit dem Ergebnis, daß der Impfling eingeht und das Kontroll- 
pferd die Krankheit übersteht, obwohl die Druse bei beiden Herden zwar 
recht schwer aber doch sonst ganz gleichartig in der gefährlichen 
Schlundkopfregion zur Entwicklung kam. 

Schlußergebnis: Wenn man die Impfergebnisse bei den Impflingen 
allein für sich betrachtet, scheint sich ein Nutzeffekt zu ergeben. Diese Fest¬ 
stellung fällt jedoch in sich zusammen, wenn man das Ergebnis bei den 
Kontrollpferden dagegen hält. Einen Nidzen hat die Impfung in den 
beschriebenen Fällen demnach nicht ergeben. 


Die Herzknorpel des Pferdes. 

Von 

Paul Katschinsky, 

Kreistierarzt des Kreises Teltow in Berlin-Lichterfelde. 

(Aus der Hauptsammeistell© der städtischen Fleischvemichtungsanstalt unter 
Leitung von Obertierarzt Br. Max Schmey.) 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. SchmaiU .] 

Technik. 

Zur Ermittlung der knorpligen Einlagerungen in den Faserringen der 
Aorta und Pulmonalis ■wandte ich-folgende Technik an: 

Nach Feststellung der Rasse, des Geschlechtes und Alters jedes zu 
untersuchenden Herdes wurde das Herz derart exenteriert, daß ein 
etwa handbreiter Stumpf der Aorta und Pulmonalis am Herzen verblieb. 
Der Herzbeutel wurde entfernt und das Herz nach der Methode von 
Schmaltz und Schmey eröffnet. Der erste Schnitt wurde durch die Mitte 
der linken Kammer von der Herzbasis bis zur Herzspitze geführt. 



Die Herzknorpel des Pferdes. 


85 


Danach wurde fingerbreit vom sulcus longitudinalis sinister ent¬ 
fernt ein parallel zu ihm verlaufender, zweiter Schnitt durch die 
linke Kammer ebenfalls bis zur Herzspitze gelegt. Durch seine Ver¬ 
längerung nach oben wurde die Aorta gespalten. Durch die rechte 
Kammer wurde in gleicher Entfernung vom sulcus longitudinalis 
sinister ein dritter, ebenfalls parallel zu ihm verlaufender Schnitt 
geführt, durch dessen Verlängerung nach oben die Pulmonalis ge¬ 
spalten wurde. Auf diese Weise wurden die Klappen im Ursprungs¬ 
teil der Aorta und Pulmonalis freigelegt. Bei dieser Methode wurde 
zwar stets eine Klappe in der Mitte durchschnitten, doch blieben die 
Klappenanheftungsstellen intakt. 

Darauf wurde die Pulmonalis mit ihren Klappen von der Rücken¬ 
wand der Aorta abpräpariert und die zur Untersuchung nicht erforder¬ 
liche Herzmuskulatur etwa 5 cm unterhalb der Annuli fibrosi herzspitzen- 
wärts abgeschnitten. Zum Schluß wurden die halbmondförmigen 
Klappen von ihren Anheftungsrändem losgetrennt. 

Um die Knorpel selbst darzustellen und isoliert zu erhalten, bin ich 
auf verschiedene Weise vorgegangen. Der nächstliegende Gedanke war 
natürlich, durch vorsichtiges Lospräparieren der Herzmuskulatur die 
Knorpel völlig frei zu legen. Diese Methode führte ich in einzelnen 
Fällen durch, mit Erfolg eigentlich aber nur dann, wenn das zu unter¬ 
suchende Objekt durch Fäulnis in erheblichem Grade gelitten hatte. 
Waren dagegen die Herzen, d. h. die Herzmuskulatur, frisch, und waren 
sie vor allen Dingen auch infolge der Krankheit, an der das Tier zugrunde 
gegangen war, nicht sehr verändert, so bot diese Methode so erhebliche 
Schwierigkeiten, daß ich sie aufgeben mußte. Nur in Fällen, wo Embryo¬ 
nen zur Untersuchung kamen, führte diese Methode allein zum Ziel. In 
allen anderen Fällen entschloß ich mich, die Knorpel von der umgebenden 
Muskulatur nach Möglichkeit zu befreien, und dann den Faserring mit 
den noch anhaftenden Muskelmassen solange zu kochen, bis ein deutlicher 
Zerfall der Muskulatur festgestellt werden konnte. Unmittelbar im 
Anschluß daran machte es keine Schwierigkeiten, durch vorsichtiges 
Abschaben der zerkochten Muskulatur die einzelnen Knorpel bis in die 
feinsten Ausläufer hin frei zu legen. Es gelang auf diese Weise ganz aus¬ 
gezeichnet, die Formen und das Aussenen der Knorpel zu ermitteln, und 
ich bringe auf Tafeln die Bilder der Aortenringe mit ihren Einlage¬ 
rungen in natürlicher Größe, wie ich sie unmittelbar nach der Präparation 
gefunden habe. 

Die mikroskopische Untersuchung erstreckte sich zunächst einmal 
auf ungekochtes Material. Ich schnitt dazu kleinste Stückchen aus der 
Knorpelplatte heraus und schnitt sie entweder mit dem Gefriermikrotom 
oder bettete sie in der üblichen Weise in Paraffin ein. In gleicher Weise 
kam naturgemäß auch das gekochte Material zur Untersuchung, um 



86 


P. Katschinsky: 


Aufschluß über die histologische Natur der knorpligen Einlagerungen der 
Aorta bzw. Pulmonalis und der Klappenpfeiler zu gewinnen. Die Fär¬ 
bung wurde mit Hämalaun-Eosin, mit van Gieson und Weigert ausgeführt. 
Untersucht wurde mit Leitz Okular 1, Objektiv 3 und 6. 

Untersuchungsergebnisse. 

Die Ergebnisse meiner Untersuchungen habe,ich in Tabellen zu¬ 
sammengestellt, die im anatomischen Institute der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Berlin niedergelegt sind. Aus ihnen ergibt sich, daß von den 
30 untersuchten Pferden, 12 Ostpreußen, 1 Hannoveraner, 1 Mecklen¬ 
burger, 9 Dänen, 1 Schwede, 1 Russe, 6 Littauer, 1 Landschlag und 
1 Maultier waren. 

Dem Geschlecht nach kamen 20 Wallache und 10 Stuten zur Unter¬ 
suchung, deren Alter, wenn ich von dem 7 Monate alten Embryo absehe, 
sich zwischen 5 und 25 Jahren bewegte. In der Hauptsache handelte es 
sich um ältere Pferde. Es waren 25 davon über 10 Jahre alt. 

Was nun die Zahl der von mir ermittelten Knorpel im Faserringe der 
Aorta anlangt, so befinde ich mich mit meinen Feststellungen in einem 
gewissen Gegensatz zu allen bisherigen Beobachtern. Während nämlich 
in den meisten Lehrbüchern darauf hingewiesen wird, daß höchstens 2, 
nur ganz ausnahmsweise 3 Knorpel im annulus fibrosus der Aorta 
angetroffen werden, muß ich nach meinen Feststellungen sagen, daß in 
der Regel, nämlich in 17 von 30 untersuchten Fällen, an den üblichen 
Stellen drei Knorpel vorgefunden werden. In 11 Fällen wurden nur 
zwei Knorpel und in 2 Fällen nur 1 Knorpel angetroffen. 

Was nun zunächst diese beiden letzteren Fälle angeht, so handelt es 
sich im Fall 14 um eine dänische Stute und im Fall 22 um eine litauische 
Stute. Die Fälle, in denen ich 2 Knorpel antraf, waren Fall 3, ein russi¬ 
scher Wallach, Fall 6, ein dänischer Wallach, Fall 10 und 11, 2 ostpreu¬ 
ßische Wallache, Fall 12, das Maultier (Wallach), Fall 15, der Embryo, 
Fall 19, eine litauische Stute, Fall 20, eine ostpreußische Stute, Fall 21, 
ein dänischer Wallach, Fall 23, eine dänische Stute und Fall 24, ein 
dänischer Wallach. Es kommen also in Frage: 4 Stuten und 7 Wallache, 
so daß das Geschlecht nach dieser Richtung vielleicht einen bestimmen¬ 
den Einfluß auszuüben scheint. 

Die Rassen sind bei den 11 Fällen in so mannigfacher Weise vertreten, 
daß dieser Einfluß wohl ausgeschieden werden kann. Von den 17 Fällen, 
bei denen ich drei oder mehr Knorpel im Annulus fibrosus vorfand, 
waren nämlich 13 Wallache und 4 Stuten. Es trat also hier in viel 
markanterer Weise hervor, daß die Zahl der Knorpel bei den Walla¬ 
chen stärker ausgebildet war, als bei den Stuten. Diese Beobachtung 
behält auch dann Geltung, wenn berücksichtigt wird, daß die doppelte 
Anzahl Wallache bei den Untersuchungen zur Verfügung stand. 



Die Herzknorpel des Pferdes. 


87 


Denn es darf nicht vergessen werden, daß die beiden Tiere, die nur 
einen Knorpel im Annulus fibrosus aufwiesen, gleichfalls Stuten waren. 
Mehr als 3 Knorpel wurden bisher in keinem einzigen Falle von 
irgend einer Seite festgestellt. 

Ich hatte Gelegenheit, 3 Fälle zu beobachten, nämlich Fall 18, Fall 26 
und Fall 28, wo 4 Knorpel im Annulus fibrosus lagen. 

Der Hauptknorpel wurde mit großer Regelmäßigkeit von allen Auto¬ 
ren in der Valvula caudalis dextra beschrieben. Ich will an der Hand der 
von mir ermittelten Zahlen nachweisen, daß das keineswegs die Regel ist, 
wenn auch bei der flüchtigen, makroskopischen Untersuchung ohne 
sorgfältige Präparation der einzelnen Knorpel leicht eine derartige 
Feststellung gemacht werden kann. Jedenfalls möchte ich aber zunächst 
hervorheben, daß ich in der valvula caudalis dextra regelmäßig nur einen 
Knorpel angetroffen habe, eine Ausnahme davon bildet nur der Fall 
Nr. 22, wo ein Knorpel nicht aufzufinden war. 

In der valvula cranialis fanden sich überhaupt nur in 5 Fällen, und 
zwar je ein Knorpel vor. Es waren dies der bereits erwähnte Fall 22, 
daneben Fall 1, 16, 18, 28. Die Mehrzahl der Knorpel lag demgemäß in 
der Valvula caudalis sinistra. In 13 Fällen wurde je ein Knorpel, in 
14 Fällen je 2 Knorpel und in einem Falle sogar 3 Knorpel hier vor¬ 
gefunden. Der Zahl nach ist also zweifellos die Valvula caudalis sinistra 
die Hauptträgerin der Knorpeleinlagerungen. Ich darf daher sagen, daß, 
wenn überhaupt eine Mehrzahl von Knorpeln angetroffen wurde, dies 
ausschließlich in der Valvula caudalis sinistra der Fall war. Nur in 
einem einzigen Falle, dem mehrfach erwähnten Fall 22, war nicht nur die 
Valvula caudalis dextra, sondern auch die Valvula caudalis sinistra frei 
von knorpligen Einlagerungen. Es ist dies der einzige Fall, in dem 
diese beiden Stellen des Annulus fibrosus knorpelfrei waren, während 
sich in der Valvula cranialis eine knorplige Einlagerung vorfand. 

Nun hat Welsch in seiner Arbeit über die knorpligen Einlagerungen 
im Herzen der Hunde noch an einer Stelle zuweilen knorplige Ein¬ 
lagerungen an der Mitralis gefunden, die er anatomisch nicht näher 
bezeichnet. Ebenso weist Krüger bei seinen Herzuntersuchungen 
darauf hin, daß hier gleichsam ein knorpliger Anhang (Trigonum 
fibrosum accessorium) zuweilen angetroffen wird. An der Mitralis 
selbst habe ich nur in einem einzigen Falle (Fall 10) eine knorplige 
Einlagerung angetroffen, jedoch nicht an der Stelle, die Welsch beim 
Hunde ermittelt hat, sondern an der Anheftungsstelle des linken 
vorderen Zipfels der Mitralis. 

Da Welsch auch die Klappenpfeiler und Klappenbögen auf knorplige 
Einlagerungen untersucht hat, so bin ich seinem Beispiele gefolgt und 
habe gleiche Untersuchungen bei meinen 30 Pferden angestellt, jedoch 
nicht nur bei der Aorta, sondern auch bei der Pulmonalis. Das Resultat 



88 


P. Katschinsky: 


dieser Untersuchungen ist ein überraschendes. Ich habe nämlich bei 
27 Tieren an der Aorta und bei 22 Tieren an der Pulmonalis knorplige 
Einlagerungen an den Klappenpfeilem bzw. Klappenbögen ermitteln 
können. In der Regel (25 mal) konnten in der Aorta an allen 3 Klappen¬ 
pfeilem knorplige Einlagerungen nachgewiesen werden, und 16 mal bei 
der Pulmonalis. Allerdings traten diese Einlagerungen nicht in dieser 
markanten Weise hervor, wie dies Welsch in allen Fällen feststellen 
konnte. Man hatte jedoch beim Einschneiden, ganz besonders aber auch 
beim Überstreichen der Schnittfläche mit der Fingerbeere und namentlich 
nach dem Kochen der Teile die sichere Empfindung, die durch die 
mikroskopische Untersuchung auch bestätigt wurde, daß an diesen Stel¬ 
len knorplige Inseln eingelagert waren. 

Einen knorpelartigen Ring an der Basis der Pulmonalis, wie ihn 
Franck und Martin als häufigeres Vorkommnis erwähnen, konnte ich in 
einem einzigen Falle (Nr. 28) mit Sicherheit nachweisen, sonst be¬ 
schränkte sich der Knorpelbefund bei der Pulmonalis fast ausschließlich 
auf die Knorpelinseln in den Klappenpfeilem. Die Klappenbögen zeigten 
nur ganz ausnahmsweise (Fälle Nr. 6, 7, 8, 10, 11, 14) knorplige Ein¬ 
lagerungen. 

Bei der Untersuchung des Gewichtes der im Annulus fibrosus ge¬ 
lagerten Knorpel ziehe ich zunächst diejenigen Knorpel in Betracht, 
die in der Einzahl Vorkommen, d. h. die in der Valvula cranialis und der 
Valvula caudalis dextra gelegenen. Das Gewicht der Knorpel in der 
Valvula cranialis schwankt zwischen 0,3 und 1,1g, beträgt also im Durch¬ 
schnitt 0,72 g. 

Der leichteste Knorpel in der Valvula caudalis dextra wog 0,3 g, 
der schwerste 3 g, wobei ich allerdings den Knorpel in der Valvula cauda¬ 
lis dextra des Embryo, der nur 0,05 g wog, außer Betracht lasse. Zwi¬ 
schen beiden Zahlen gibt es alle möglichen Zwischenstufen, so daß auch 
nicht einmal annähernd ein bestimmtes Gewicht für die in der Valvula 
caudalis dextra eingelagerten Knorpel festgelegt werden kann. Als 
Durchschnitt kommt, wobei ich wieder den Embryo außer Betracht lasse, 
ein Gewicht von 1,45 g in Frage. 

In der Valvula caudalis sinistra muß das Gewicht der verschiedenen 
Knorpel einzeln betrachtet werden. Da hier in der Regel zwei oder 
mehr Knorpel angetroffen wurden, so müßte man a priori annehmen, 
daß in den Fällen, wo nur ein Knorpel in der Valvula caudalis sinistra 
eingelagert war, sein Gewicht auch unverhältnismäßig groß wäre. In 
der Tat sehen wir Knorpeleinlagerungen 0,9, 1,1, 1,5, 1,9, 2, 3,5 und 4 g 
wiegen, dort wo der Knorpel in der Valvula caudalis sinistra singulär 
angetroffen wird, während dort, wo eine Mehrzahl von Knorpeln ein¬ 
gelagert ist, die Gewichte häufig weit unter 1 g bleiben. Es gibt allerdings 
von dieser Regel Ausnahmen, so den Fall 27, wo die Knorpel 1,8 bzw. 



Die Herzknorpel des Pferdes. 


89 


1,5 g wiegen, den Fall 28, wo die Gewichte 1 g und 3,3 g betragen, und 
ganz besonders den Fall 18, der gleichzeitig das absolut höchste Gewicht 
bringt, nämlich neben einem solchen von 0,9 g einen anderen von dem 
gewaltigen Gewicht von 5,5 g. Der Knorpel bei dem Embryo in der 
Valvula caudalis sinistra wog nur 0,003 g. 

In dem einen Fall, wo 3 Knorpel (Fall 26) angetroffen wurden, 
hatten diese ungefähr das gleiche Gewicht, nämlich 0,5 g. 

Das Durchschnittsgewicht der Einzelknorpel in der Valvula caudalis 
ainistra beträgt demnach 1,7 g, und das Durchschnittsgewicht der Knorpel, 
die in der Mehrzahl derselben Klappe angetroffen wurden, beträgt 0,94 g. 

Der Einfachheit wegen führe ich auch die Maße für Länge, Breite 
und Dicke zunächst bei den singulären Knorpeln auf, d. h. denjenigen 
in der Valvula cranialis und caudalis dextra. Die Maße wurden regel¬ 
mäßig mit der Maßleere auf genommen. Die Länge des Cranialisknorpels 
schwankt zwischen 12 und 32,5 mm. Sie beträgt im Durchschnitt 
21,1 mm. Die Breite schwankt zwischen 1,75 und 11 mm, sie beträgt 
im Durchschnitt 6,4 mm. Die Dicke schwankt zwischen 0,5 und 0,4 mm, 
ihr Durchschnitt beträgt also 2,8 mm. 

Bei der Valvula caudalis dextra schwankt die Länge der Knorpel 
zwischen 19,5 und 61 mm, im Durchschnitt 33,5 mm, wobei allerdings 
hervorgehoben werden muß, daß in 19 Fällen die Länge 30 mm und dar¬ 
über betrug. 

Die Breite schwankt zwischen 5 und 18,5 mm, im Durchschnitt 
10,9 mm. In 20 Fällen betrug die Breite über 10 mm. 

Die Dicke endlich schwankt zwischen 1,75 und 9,5 mm, im Durch¬ 
schnitt 4,7 mm. 

Bei den Längen der knorpligen Einlagerungen in der Valvula caudalis 
sinistra zähle ich zunächst wieder die Maße auf, die für die singulären 
Knorpel an dieser Stelle ermittelt wurden. Ihre Länge schwankt zwischen 
15 und 59,5 mm, ihr Durchschnitt beträgt also 31,5 mm. Die Breite 
schwankt zwischen 2,6 und 30,5 mm, ihr Durchschnitt beträgt 15,8 mm. 
Die Dicke schwankt zwischen 1 und 7,5 mm. Sie beträgt im Durch¬ 
schnitt 3,4 mm. 

Dort, wo zwei oder mehr Knorpel in der Valvula caudalis sinistra an¬ 
getroffen wurden, sind natürlich, wie das schon durch die räumlichen 
Verhältnisse bedingt wird, die einzelnen Knorpel kleiner, als die singu¬ 
lären. Es sind aber immerhin Knorpel von verhältnismäßig gewaltiger 
Ausdehnung gefunden worden. So hat z. B. der Fall 26 3 Knorpel in 
der Valvula caudalis sinistra, die 22,5, 19,5 und 26,25 mm lang waren 
bei einer Breite von 10,5, 15,5 und 4,25 mm, einer Dicke von 5,25, 4,0 
und 2,5 mm. Ähnliche Zahlen lassen sich in anderen Fällen auch nach- 
weisen, so im Fall 27, 28, 25 und so fort, so daß also dort, wo mehrere 
Knorpel in der Valvula caudalis sinistra liegen, die gesamte Masse im 

7 


Arch. f. Tlerheilk. L 



90 


P. Friesicke: 


allgemeinen sich durch eine größere Länge, Breite und Dicke auszeichnet. 
Auf die Einzelheiten in dieser Beziehung will ich nicht eingehen, ich 
verweise auf die in den Tabellen niedergelegten Zahlen. 

Der Durchschnitt aber für diese mehrfachen Knorpel bezüglich Länge, 
Breite und Dicke in der Valvula caudalis sinistra beträgt: 23,6 mm, 
14 mm und 3,6 mm. 


Literaturverzeichnis. 

l ) Vaerst , Uber Vorkommen, anatomische und histologische Entwicklung 
sowie physiologische Bedeutung der Herzknochen bei Wiederkäuern. — 2 ) Struska. 
Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. 1903. S. 563. — 3 ) Ijeisering, Müller und 
Ellenberger, Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haussäugetiere, 1890. 
S. 620. — 4 ) Marlin, Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. 1904. S. 783. — 

6 ) Steinmiiller, Uber die Segel- und Taschenklappen unserer Haussäugetiere. 
1910. S. 50. — Ä ) Franck, Handbuch der Anatomie der Haustiere. 1888. S. 813. — 

7 ) Nuhn , Lehrbuch der vergleichenden Anatomie. 1878. S. 159. — 8 ) Wiedershetm, 
Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. 1909. S. 620. — •) SchmaUz, Präparier¬ 
übungen am Pferd. III. Teil. 1913. S. 30. — 10 ) EUenberger und Baum , Handbuch 
der vergleichenden Anatomie der Haustiere. 1912. S. 627. — n ) Ellenberger, 
Handbuch der vergleichenden mikroskopischen Anatomie der Haustiere. 1911. 
S. 70. — 12 ) Schwab, Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. 1839. S. 262. — 
13 ) Leyh, Handbuch der Anatomie der Haustiere. 1859. S. 561. — 14 ) Gurli, Hand¬ 
buch der vergleichenden Anatomie der Haussäugetiere. 1873. S. 573. — 1S ) Chan- 
veau-Arloing, Traite d’Anatomie comparee des animaux domestiques. 1890. 
S. 586. — 16 ) Krüger , W.-Grevesmühlen, Ein Beitrag zur Anatomie des Pferdeherzens 
mit besonderer Berücksichtigung von Herzmaßen und Gewichten. 1922. S. 133. — 
17 ) SchmaUz, Anatomie des Pferdes. Berlin 1919. S. 457. — 18 ) Müller . Fr., Lehr¬ 
buch der Anatomie der Haussäugetiere mit besonderer Berücksichtigung des 
Pferdes und physiologischen Bemerkungen. Wien 1871. S. 404. — 19 ) Hahn, 
Beitrag zur Anatomie der Kammerscheidewand unserer Haustiere. Inaug.-Diss. 
Bern 1908. S. 17. — L>0 ) Retterer, E. und H. Neuville, Petrification du squelettc 
cardiaque d’un vieux pony. Bd. LXXII. S. 438. — 21 ) Xiclaus Wyrcoi . Stra߬ 
burg. 1583, Ein Neweved bewerte Roßartzney. 


Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten*). 

Von 

Paul Friesicke, Nauen (Kreis Osthavelland), 

approb. Tierarzt. 

(Aus der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin./ 

[Referent: Prof. Dr. Kurt Neumann.] 

Nachdem es gelungen war, die Räude der Pferde durch die Begasung 
mit S0 2 einzudäramen 1 ), spielte die Behandlung der Haustiere gegen 
Ektoparasiten kaum eine Rolle mehr in der Praxis. Durch meine 

*) Das nicht mitgedruckte Tabellenmaterial ist in der Poliklinik für große 
Haustiere niedergelegt. 



Di© Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten. 


91 


Arbeit aber für dieses Gebiet besonders interessiert, fand ich, daß die 
Ausbreitung der Ektoparasiten und die wirtschaftlichen Schäden durch 
sie auch heute noch sehr groß sind. 

Die Gleichgültigkeit der Tierbesitzer grenzt häufig geradezu an 
Tierquälerei. Es wurden mir Hunde zugeführt, auf deren Körper mehr 
Haarlinge wie Haare saßen, Fohlen, die durch Läuse oder Haarlinge 
soweit entkräftet waren, daß sie sich ohne Hilfe nicht mehr erheben 
koimten. Bei den Rotlaufimpfungen traf ich Schweine, deren Rücken 
schwarz von Läusen war, auch ein Schwein von 4 Monaten mit Räude, 
dessen Haut in dicken Falten lag und das infolge des heftigen Juck¬ 
reizes so zurückgeblieben war, daß es geschlachtet werden sollte. Ge¬ 
flügelbestände sah ich, wo jedes 2. Huhn an Kalkbeinen litt, Hühner¬ 
ställe, w'o die Milben in den Fugen der Bretter zu Tausenden saßen 
und nachts nicht nur die Hühner, sondern auch die Pferde befielen und 
diese stark belästigten. 

Um die Tierbesitzer und auch die Allgemeinheit vor den großen 
wirtschaftlichen Schäden, die die Ektoparasiten verursachen, zu schützen, 
müßte eine größere Aufklärungsarbeit einsetzen, zumal uns die Wissen¬ 
schaft heute Mittel in die Hand gegeben hat, mit denen es gelingt, die 
meisten tierischen Hautparasiten erfolgreich zu bekämpfen. Es ist dies 
unter anderem die schwefelige Säure. 

Sie ist bereits den alten Römern und Griechen bekannt gewesen, 
die sie symbolisch zur Abwendung von Unheil und auch zur Reinigung 
von Räumen anwandten 2 *). Im 17. Jahrhundert erkannte Olauber , ein 
deutscher Arzt und Alchimist, die Heilwirkung des S0 2 -Gases bei parasi¬ 
tären Hautkrankheiten des Menschen [ Brieger ■*•)]. Er setzte die räudigen 
Menschen in eine Kiste, aus der nur der Kopf herausragte, und leitete S0 2 - 
Därapfe ein. 

1816 führte Ode 29 ) die Behandlung mit Schwefeldämpfen bei Krätze neu 
ein. Aber nur für kurze Zeit fand diese Behandlung Beachtung. Erst 1 Jahr¬ 
hundert spater bedienten sich Bruce und Hodgson 30 ) des S0 2 wieder zur Krätze¬ 
behandlung des Menschen und nach Nöller 2 ), Lepinai /, Vigol und Chollet bei der 
Pferderäude. Gleichzeitig und unabhängig voneinander arbeitete Nöller ein 
Räudebehandlungsverfahren mit S0 2 aus, das man zur Zeit als das vollkommenste 
und sicherste Mittel in der Räudebekämpfung bezeichnen kann. Allerdings können 
unruhige und erschöpfte Pferde beim Hinstürzen den Kopf durch die Halsman¬ 
schette in den Kasten hineinziehen oder ein Pferd kann die Manschette mit dem 
Vorderhuf zerreißen und dann S0 2 einatmen [ x ), eigene Beobachtung]. Starke 
Verätzungen der Haut haben andere und ich beobachtet bei hoher Außentempe¬ 
ratur und bei Tieren, die vom Regen durchnäßt waren. Häufig mußten Pferde 
frühzeitig aus der Gaszelle genommen werden wegen Allgemeinvergiftung durch 
Resorption von der Haut aus 1 ), Verätzungen bei offenstehendein After (Damm¬ 
riß) von erschöpften Tieren, sowie der Scheide [Dammriß*)] wurden auch beob¬ 
achtet. Bei ca. 2000 Begasungen hatte ich 2 Todesfälle, die durch Hineingleiten 
und Einatmen von S0 2 in die Zelle verursacht waren. Nach Nöller sollen bei 


*) Von K. Neumann 1923 beobachtet, bisher nicht veröffentlicht. 



92 


P, Friesicke: 


der Begasung 2°/*, der Pferde an Vergiftungserscheinungen durch Hautresorption 
erkranken. Hauke?) gab die Zahl der Vergiftungen von 1%©» das Reichsgesund¬ 
heitsamt 4 ) von 2?^ und Klein?) von 1—7% an * Leichtere Anätzung der dünnen 
Hautstellen an Schlauch, Vulva, After sind harmlos, ebenso wie Hornhauttrübung, 
die bei schlechtschließender Manschette und beim Herausnehmen Vorkommen 
können. Nachteilig ist auch, daß nach der Begasung der Kopf noch einer be¬ 
sonderen Behandlung bedarf und daß bei nicht genügendem Einreiben des Kopfes 
von dort eine Neuansteckung erfolgen kann. Der hohe Anschaffungspreis einer 
Gaszelle und das Gebundensein an einen Ort sind auch gewisse Nachteile der 
Gasbehandlung. 

Mißerfolge müssen nach DiMmann 12 ) bei der Räudebehandlung mit irgend¬ 
einem Mittel trotz guter mübentötender Kraft überall dort auftreten, wo bei 
deren Wahl oder Anwendung der physiologischen Bedeutung der Haut und ihres 
Haarkleides zu geringe Würdigung entgegengebracht wird. Die Haut hat neben 
der Atmung in der Hauptsache als allgemein schützende Decke und als wärme¬ 
regulierendes Organ zu wirken. Diese Aufgaben der Haut dürfen nicht gestört 
werden. Es müssen also Mittel angewandt werden, die, ohne die Haut zu intensiv 
zu reizen, eine sichere Milben Vernichtung gewährleisten und bei der Behandlung 
keine oder möglichst geringe Wärmeverluste verursachen. Ebenfalls dürfen auch 
keine Mit tel Anwendung finden, die von der Haut aus aufgenommen, die Gesamt- 
funktion des Körpers erheblich stören. Gerlach 15 ) stellte schon den Satz auf: Die 
Unschädlichkeit der wirksamen Räudemittel für die Patienten und die richtige 
Anwendung in den entsprechenden Formen sind Kardinalpunkte der Be¬ 
handlung. 

Die von Gerlach M ) und Diehlmann ia ) an die parasitentötenden Mittel ge¬ 
stellten Forderungen erfüllen viele Arzneimittel nicht. Bei den Heilversuchen 
wie bei der Desinfektion muß berücksichtigt werden, daß die Milben durch einen 
Chitinpanzer gegen Säuren und Laugen und gegen alle wäßrigen Lösungen gut 
geschützt sind 2 ). Es erscheinen also rein theoretisch alle Mittel, die verdampfen 
oder durch Gasentwicklung den Parasiten auch von außen Schaden (Stigmen) 
zufügen können, am aussichtsreichsten. Auf diese Weise wirken unsere haupt¬ 
sächlichsten bisherigen Bekämpfungsmittel, meist Flüssigkeiten, mit dem Merk¬ 
mal der Lipoidlöslichkeit und giftige Gase selbst. 

Die bei der Gasbehandlung mit S0 2 angeführten Mängel und unangenehmen 
Zufälle regten an, nach neuen Mitteln zu suchen, die dem SO^-Gas an Wirkung 
gleichkamen, nicht aber seine Nachteile besaßen. W, Klein 19 ) beschreibt die 
günstige Wirkung eines S0 2 -abspaltenden Waschpulvers der Chemischen Fabrik 
Kaban, Wandsbeck bei Teken, Dermatokoptesräude der Schafe. Schlechte Er¬ 
gebnisse hatten Wernicke und Stolte?) mit Sulfargil aus derselben Fabrik. West- 
phal 17 ) dagegen lobte wieder die einfache Anwendungsweise der Badeflüssigkeit, 
die gute Wirkung und die Ungefährlichkeit des Mittels. 

Ariess berichtet über ein von der Chemischen Fabrik Kaban neu in 
Handel gebrachtes S0 2 -abspaltendes Pulver, das mit Wasser zu einem 
Brei angerührt wird. Er machte Versuche mit dem „Kaban Staupekur“ 
genannten Pulver bei Acarus und Sarcoptes bei Hunden. Er will gute Erfolge 
erzielt haben 27 ). 

Ein von der Chemischen Fabrik Marienfelde herausgegebenes SO t -abspaltendes 
Viehwaschpulver prüfte Rasch 17 ). Er kam zu dem Resultat, daß es nicht möglich 
war, damit Ektoparasiten der Haustiere wirksam zu bekämpfen. 

Vor 2 Jahren brachte die Chemische Fabrik Marienfelde eine SO t -abspaltende 
Flüssigkeit auf den Markt unter dem Namen Sulfoliquid R. 

Brand F 8 ) hatte ausgezeichnete Erfolge bei Pferde- und Hunderäude. 



Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten. 


93 


Sprehn 19 ) erreichte mit Sulfoliquid bei Sarcoptesräude in einem Pferdebeetand 
von 15 Stück nach 2 Ganzeinreibungen Heilung. Schon nach der 1. Einreibung 
beobachtete er Nachlassen des Juckreizes. Münch 20 ) will mit 2 Sulfoliquidein- 
reibungen nach vorhergehender Sodawaschung einen Hund mit pustulöser 
Acarusräude in 4 Wochen geheilt haben. Das Sulfoliquid ließ er mit 
einer Bürste gründlich einreiben. Der Hund wurde dann in eine Decke mit 
eingelegtem Pergamentpapier eingewickelt. Ghranderath 21 ) kombinierte die Sul- 
foliquidbehandlung bei Acarus mit Einreibungen von Perugensspiritus. Von 
24 Patienten konnte er 18 nach 8 Wochen heilen. In 5 anderen Fallen hatte 
er Mißerfolge, wo die Haut durch lange Vorbehandlung stark verändert war. 
Er empfiehlt unterstützende Salbenbehandlung mit alkoholhaltigen Räude- 
mittcln einzuschalten. 

Haast. 22 ) hat mit Sulfoliquid und Oleum Jecoris Aselli bei pustulöser Acarus- 
raude gute Erfolge gehabt. Bei Sarcoptesräude läßt er nach Reinigung der Haut 
mit einer 1 / 2 proz. Kalium-carbonicum-Lösung das Sulfoliquid gegen die Haare 
einreiben. Nach 3 Ganzeinreibungen erzielte er Heilung. Neuber 43 ) heilte hach 
1—10 Einreibungen Hunde mit der squamösen und pustulösen Form von Acarus¬ 
räude nur mit Sulfoliquid. Die Pusteln wurden ausgedrückt oder aufgeschnitten. 
Bei der Fußräude der Hühner erweichte er die Borken mit Sapo kalinus und rieb 
dann Sulfoliquid ein; Heilung nach 2 maligem Einreiben. Fröhlich u ) berichtet 
über eine erfolglose Behandlung mit Sulfoliquid und Perunowobalsam. WiU u ) 
laßt alle Raudetiere und Läuse vor der Sulfoliquideinreibung scheren. Bei Räude 
und Läusen hat er die besten Erfahrungen mit Sulfoliquid gemacht. Wernicke M ) 
hat bei Acarusräude gute Erfahrungen mit Sulfoliquideinreibungen gemacht. Er 
hat, um die Wirkung zu erhöhen, ohne Nachteile mit Sulfoliquid getränkte Ver¬ 
bände um die erkrankten Stellen angelegt. 

Über die Bekämpfung der Läuse, Haarlinge, Zeken und Zecken, 
Flöhe, Wanzen finden sich in der Literatur nur wenige Angaben. 

Ich bekam daher von dem Direktor der Poliklinik für große 
Haustiere, Herrn Prof. Dr. K. Neumann , die Aufgabe, die Wir¬ 
kung des Sulfoliquids auf Ektoparasiten im allgemeinen zu unter¬ 
suchen. 

Das Sulfoliquid, Marke R, stellt eine klare, gelbliche Flüssigkeit 
dar, von viscoser Natur und saurer Reaktion. Der Geruch ist ein stark 
stechender und zum Husten reizender. Sulfoliquid hat ein spezifisches 
Gewicht von 1,25. In 1 kg sind ca. 35 1 S0 2 -Gas gelöst enthalten. 

so* + h 2 o = h 2 so 8 . 

Aus dieser wässerigen Lösung entweicht SO* bei höheren Temperatu¬ 
ren durch Abdunsten. Bei der Berührung mit Wunden ruft es ein bren¬ 
nendes Gefühl hervor. Eintröpfeln von Suloliquid in den Lidsack des 
Auges ruft während einiger Stunden starke Tränensekretion hervor. 
Hornhauttrübungen sind nicht beobachtet worden. 

Die Haltbarkeit des Sulfoliquid prüfte Neuber 6 ). Er brachte eine 
Probe in eine braune Flasche mit eingeschliffenem Glasstöpsel, in eine 
farblose Flasche mit Glasstöpsel, in eine farblose Flasche mit Korken¬ 
verschluß, in eine farblose Flasche mit Gaze Verschluß und in ein Blech- 
gefäß mit Kork Verschluß. Nach 4 1 / a Monaten war das in der mit Gaze 



94 


P. Friesicke: 


verschlossenen Flasche bis zur Hälfte verdunstet und ein käsiger weißer 
Niederschlag aufgetreten. S0 2 -Geruch noch wahrnehmbar. Das in 
das Blechgefäß gefüllte Sulfoliquid hatte sich schmutziggrün verfärbt 
und war flockig geworden. Das in drei anderen Flaschen enthaltene 
Sulfoliquid hatte sich gut gehalten. Nur ein krystallischer Ausfall 
zeigte sich. 

Die Einreibung geschieht mit einem Lappen oder einer weichen 
Bürste in einem gutgelüfteten Stall oder im Freien. Eindecken der Tiere 
bei kleineren, Einwickeln in Tüchern mit Gummistoff- oder Pergament¬ 
einlage* 0 ! *•). 

Erwärmung des Sulfoliquid auf 30—40° erhöht die Wirkung. Vor¬ 
heriges Scheren der Tiere erspart Sulfoliquid. Ob es die Wirkung er¬ 
höht, bezweifle ich, da bei dichtem Fell eine längere S0 2 -Wirkung 
erzielt wird. 

Scheren und vorhergehende Waschung mit Liqu. cresoli saponat. 
oder Cal. carbonicum sind nicht unbedingt erforderlich, aber zu emp¬ 
fehlen. Ganzeinreibungen werden gut vertragen. 

Bei Acarus ist vorheriges Ausdrücken der Pusteln oder Incision not¬ 
wendig. 

Kräftiges Einmassieren in die Haut ist vorteilhaft* 3 ). Eine Wieder¬ 
holung der Einreibung innerhalb von 6—10 Tagen ist in der Regel er¬ 
forderlich, da die Eier der Parasiten nicht immer nach der ersten Ein¬ 
reibung mitabgetötet werden 11 ). 

Sulfoliquid ist nach der Gebrauchsanweisung an kühlen, dunklen 
und frostfreien Orten im gutverschlossenen Behälter aufzubewahren. 
Metallgefäße dürfen nicht benutzt werden. Die Wirksamkeit des Sulfo¬ 
liquid dauert mindestens 1 Jahr. Durch Kälte auskrystallisiertes Sulfo¬ 
liquid ist zu erwärmen (30—40 °C). Zu große Hitze ist zu vermeiden. 


Methodik der Untersuchungen. 

Die Beschaffung des Untersuchungsmaterials stieß nur bei den Mübenarten 
auf einige Schwierigkeiten. Im allgemeinen empfiehlt es sich, die Tiere zur Para¬ 
sitenentnahme zu scheren und die Proben in warmer Umgebung nach Bedecken 
oder nach Bewegung der Tiere zu entnehmen, da durch die Wärme die Milben 
in die Krusten und in die obere Epidermis kommen. Bringt man die Krusten auf 
ein Stück dunkles Papier oder auf eine Glasplatte und erwärmt diese, so sieht 
man mit bloßem Auge die Milben auswandem. 

Zum Anreichem der Milben haben Brüling und Bosnic 1 ) empfohlen, das 
Geschabsel über einem Draht- oder Boßhaarsieb mit 1 / t —1 qmm großen Öffnungen 
auszubreiten und in einem trichterförmigen, doppelwandigen Blechgefäß */* bis 
1 Stunde etwa auf 40—50° C zu erwärmen. Hierbei sollen die durch Wärme 
lebhaft gewordenen Milben durch das Sieb in ein unter das offene Ende gestelltes 
Gefäß fallen und sich dort massenhaft ansammeln. 

Eigene Versuche mit Dermatophagusmilben haben ergeben, daß es genügt, 
das Geschabsel in einem Glas mit weitem Boden zu erwärmen. Die Milben ver- 



Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten. 


95 


lassen die Krusten und die Haare. Man findet dann die Milben am Boden als 
einen dichten hellbraunen Haufen. 

Die zur Untersuchung entnommenen Ektoparasiten wurden in eine mit Sulfo- 
liquid gefüllte Petrischale getaucht und mit der darübergestellten Zeißschen 
„unokularen Femrohrlupe“ beobachtet. 

Kleinere Hautparasiten, wie z. B. die Milben, wurden in größerer Anzahl 
auf kleine Wattebäuschchen gelegt und mit denselben zusammen eingetaucht. 
Nach bestimmten Zeiten wurden die Tiere herausgenommen, teils in Wasser 
abgespült, teils ohne Abspülen auf Fließpapier getrocknet und dann 12 Stunden 
lang beobachtet. Eine längere Beobachtungszeit wurde nicht für notwendig 
erachtet, da auch die Kontrolliere häufig nach 12—15 Stunden starben (Zecken, 
Wanzen, Mücken und ‘Flöhe). 

Um die reine SO 2 -Gas Wirkung (ohne Eintauchen der Parasiten in das Sulfo- 
liquid) festzustellen, wurden die Versuchstierchen auf feine Gazestücke gelegt 
und mit Hilfe eines Drahtes in ein zur Hälfte mit Sulfoliquid gefülltes Reagens¬ 
glas gehängt, das einmal offen, einmal mit einem Wattebausch verschlossen war. 
Um die Versuche so zu gestalten, daß sie auch den Versuchen am Wirtstiere an 
Wirkung möglichst nahekamen, wurden die Parasiten 1 Sekunde lang in Sulfo¬ 
liquid getaucht und darauf teils wie oben angegeben der SO a -Gaswirkung im 
Glase ausgesetzt, teils auf Wattestücke gelegt, die mit Sulfoliquid getränkt waren. 

Die Versuche wurden mit verschieden temperiertem Sulfoliquid ausgeführt 
(15°, 30° und 40°). Für sämtliche Versuche wurden stets neue Exemplare und 
frisches Sulfoliquid benutzt. Auch wurden immer mehrere Tiere zu gleicher Zeit 
benutzt. Die Versuchs- wie die Kontrolltiere wurden bei Zimmertemperatur ge¬ 
halten und 12 Stunden beobachtet. Sämtliche Versuche sind wiederholt angestellt 
worden. 


Eigene Versuche. 

Ixodes ricinus. 

Nach Eintauchen in Sulfoliquid von 15° stellen sie nach 3—5 Minuten ihre 
Bewegungen ein, leben jedoch nach zu frühem Herausnehmen wieder auf. End¬ 
gültig tot bleiben sie erst nach einem Verbleiben von 10 Minuten in Sulfoliquid, 
jüngere Zecken teils schon nach 4 Minuten. In Wasser wieder abgespülte Zecken 
müssen 15 Minuten im Sulfoliquid gelegen haben. Höhere Temperaturen des 
Sulfoliquids töten die Zecken früher, bei 30° nach 4, bei 40° nach 2 Minuten. S0 2 - 
Gas, das dem Sulfoliquid entströmt, tötet junge Zecken (ohne Eintauchen in die 
Flüssigkeit) nach 25, ältere erst nach 70 Minuten, Begasungen mit S0 2 bei 30° 
und 40° töten die Zecken nach 35 resp. 15 Minuten. 1 Sekunde Eintauchen der 
Zecken in Sulfoliquid von 15° C und Begasung bei 15° 15 Minuten tötet nach¬ 
wirkend sie nach 10 Minuten. 1 Sekunde Eintauchen und Auflegen der Zecken 
auf mit Sulfoliquid angefeuchtete Watte tötet jüngere nach 20 Minuten, ältere 
Tiere leben noch nach 70 Minuten. 

Versuche am Wirtstier , Hund und Rind. Zu Versuchszwecken benutzt wurden 
Kühe, die tags auf feuchten Waldwiesen weideten und abends aufgestallt wurden. 
Die Lieblingssitze der Zecken waren Hals, Brust, zwischen den Hinterschenkeln 
und Euter. Eine 1 malige Einreibung mit Sulfoliquid tötete weder die großen 
noch die kleinen Exemplare. Die kleineren, noch frei herumlaufenden Zecken 
erschienen zwar nach 2—3 Minuten tot, nach 1 / 2 Stunde lebten sie aber wieder. 
Eine 1 malige Einreibung der Rinder genügt also nicht, die Zecken zu vernichten. 
Die gleichen Resultate hatten Einreibungen von 2 Hunden, die von Zecken be¬ 
fallen waren. Durch 2 innerhalb von 15 Minuten aufeinanderfolgende Einreibungen 
wurden sämtliche Zecken getötet. 



96 


P. Friesicke: 


Versuche 

Zahl der 
Tiere 

Sulf.*) 15° 


abgesp. ; 

10 

Sulf. 15° 

1 

nicht abg. 

10 

Sulf. 80° . . . 1 

10 

Sulf. 40° . . . ' 
SO,**) 15 3 

10 

offen , 

10 

SO, 15° 
geBChlosa. ***) 

10 

SO, 80° offen | 
SO, 80° 

10 

geschlossen 

10 

S0 3 40° offen 

10 

j 

Sulf. + SO a 


15’ i 

10 

Sulf. + S0 3 


30o ' 

10 


Ixodes ricinus . 


Dauer der Einwirkung in Minuten 


4 6 8 10 12 15! 20 25 80 85140 ÖO 


60 


70 


+ 


1 + 


■i + ! 


+ 


■ + > 


1 + 


5t 

g| 


Bemerkung«« 


10 

10 

10 i 
10 ! 

io 

i 

10 i 
10 

10 * 
10 


Bewegung &s] 
5 Minuten 


10 

10 


Bis 5 Minuta 
Bewegung, 
größere bi? 
10 Min. 


Dermanyssus avium . 

Kurz nach dem Eintauchen in Sulfoliquid von 15° zeigen die Milben lebhafte 
Bewegungen. Nach 3 Minuten erscheinen sie tot. Nach 5 Minuten langem Ver¬ 
bleiben in Sulfoliquid und darauffolgendem Abspülen in Wasser bleiben sie tot. 
Nicht in Wasser abgespülte Milben sterben nach 3 Minuten langem Einwirken 
von Sulfoliquid. Sulfoliquid von 30° tötet sie nach 15 Sekunden, Sulfoliquid von 
40° schon nach 5 Sekunden. S0 2 -Gase von 15° nach 45 Sekunden. S0 2 zu nach 
35 Sekunden, S0 2 von 30° offen nach 14 in offenem Glase, nach 10 Minuten in 
geschlossenem Glase. S0 2 von 40° tötet die Milben nach 8 Minuten. 1 Sekunde 
Eintauchen in Sulfoliquid und Aufsetzen mit Sulfoliquid getränkter Watte tötet 
die Milben nach 4 Minuten. 

Versuche am Wirtstier. Zur Vertilgung der mit Milben befallenen Geflügel¬ 
ställe wurden die Sitzstangen und die Ritzen in den Bretterverschalungen, in 
denen sich die Milben tagsüber versteckt halten, gründlich mit Sulfoliquid be¬ 
strichen. Hierdurch konnten die Milben abgetötet werden. 

• Dermatoco'ptes cunievli. 

Die Ohrmilben der Kaninchen werden erst durch 2 Stunden langes Ein¬ 
wirken von Sulfoliquid von 15° getötet, nicht in Wasser abgespülte Milben nach 
iy 4 Stunden. S0 2 -Gase von 15° töten die Milben in offenem Glase nach 2 3 / 4 Stun¬ 
den, in geschlossenem nach iy 4 Stunden; S0 2 -Ga«e von 30° in offenem Glase 
nach 45 Minuten, in geschlossenem nach 26 Minüten, S0 2 -Gase von 40° nach 


*) Eintauchbad. 

**) Gasbad. 

***) Reagensröhrchen mit Wattestopfen verschlossen, 
f) Unbehandelt, blieben am Leben. 












Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten. 


97 


4 Minuten. 1 Sekunde Eintauchen in Sulfoliquid und 10 Minuten Begasen mit 
S0 2 bei 30° genügte, um die Milben zu töten. 

Versuche am Wirtstier . 2 blaue Wiener Kaninchen zeigen an beiden Ohren 
die Erscheinungen der Otitis externa mit heftigem Juckreiz. An der Innenfläche 
der Ohrmuschel liegen dicke, graue, geschichtete Borken. In der Tiefe des Ohres 
sitzt ein rötlicher, zäher Schleim. Mit bloßem Auge sieht man an den Borken 
zahlreiche Milben. 

Ohne vorheriges Erweichen und Entfernen der Borken wurde Sulfoliquid 
eingepinselt und die Ohrmuschel mit einem Wattebausch verstopft. Die Kon¬ 
trolle am nächsten Tage ergab, daß die Hälfte der Milben tot .waren. Die 2. Ein¬ 
pinselung wurde nach 5 Tagen vorgenommen, nachdem vorher die losen Borken 
entfernt waren. Nach 2 Tagen waren keine lebenden Milben und keine Borken 
mehr zu finden. Im Ohr war keine Ätzwirkung festzustellen. Nach dem Pinseln 
waren leichte Reizerscheinungen am Auge kurze Zeit lang zu beobachten und 
auch stärkerer Juckreiz. 

Dermatophagus equi. 

Sulfoliquid (Zimmertemperatur) tötet die Milben nach 2 1 2 Stunden resp. nach 
2 Stunden ab, je nachdem sie in Wasser abgespült wurden oder nicht. 

Sulfoliquid von 30° tötet die Milben nach 2 Minuten ab, Sulfoliquid von 40° 
nach 1 Minute. In S0 2 -Gas von 15° bei offenem Reagensglase sterben die Milben 
nach 3 Stunden, in geschlossenem nach 2 Stunden; in S0 2 -Gas von 30° in offenem 
Glase nach 15 Minuten, in geschlossenem nach 5 Minuten, in S0 2 -Gas von 40° 
nach 5 Minuten. 1 Minute Eintauchen in Sulfoliquid und Begasen mit S0 2 -Gas 
von 30°: Tod nach 4 Minuten; Eintauchen in Sulfoliquid und Begasen mit S0 2 : 
Tod nach 3 Minuten. 

Versuche am Wirtstier . Ein 2jähriges Hengstfohlen des Dom. B. zeigte an 
allen 4 Füßen starken Haarausfall, mäßige Grindbildung und starken Juckreiz. 
In dem abgeschabten Grind sind Milben in sehr großer Anzahl schon makro¬ 
skopisch nachweisbar. Eine 3 malige Einreibung mit Sulfoliquid in Abständen 
von 2 Tagen war notwendig, um die Milben und deren Eier abzutöten. 

Sarcoptes scabiei beim Hunde , Schwein uni Pferd . 

Da die Sarcoptesmilben nur ganz vereinzelt gefunden werden konnten, war 
eine umfangreiche Untersuchung nicht möglich. Es mußten deshalb W T irtstier- 
verauche angestellt werden. 

Sarcoptes scabiei beim Hunde . Dobermann, stark abgemagert, an Kopf, 
Rücken und Vorderbrust große haarlose Stellen, die mit einem gelblichgrauen 
Grind bedeckt sind, heftiger Juckreiz. Milben mikroskopisch nachgewiesen. In 
der 1. Woche 4 Ganzeinreibungen mit Sulfoliquid in Abständen von 2 Tagen. 
In der 2. und 3. Woche 2 Ganzeinreibungen. In der 4. und 5. Woche nur 1 Voll¬ 
einreibung. Nach der 1. Einreibung hatte der Juckreiz schon erheblich nach¬ 
gelassen. In der 4. Woche war er ganz verschwunden. Das Sulfoliquid war ohne 
Vorbehandlung der Haut eingerieben worden. Nach \ l f 2 Woche hatte sich der 
Grind abgestoßen und die wundgekratzten Stellen heilten ab. Patient konnte 
nach 5 Wochen als geheilt bezeichnet werden. Kein Rezidiv (4 Monate Beob¬ 
achtung). 

Sarcoptes scabiei beim Schwein . 4 Monate altes Schwein, 20 kg Gewicht, 
rachitisch. Haut verdickt und in dicke feste Falten gelegt, über den ganzen Körper 
bedeckt mit grauweißen Borken, heftiger Juckreiz. Sarcoptes mikroskopisch nach- 
gewiesen. Vor der Behandlung mit Sulfoliquid wurden die Borken durch Seifen¬ 
waschungen erweicht. Die Volleinreibungen wurden jeden 2. Tag vorgenommen 
durch 2 Wochen. Hiernach hatte sich die Haut gereinigt und war weich geworden. 



98 


P. Friesicke: 


Der Juckreiz hatte schon nach der 3. Einreibung nachgelassen. Der Futterzustand 
des Tieres hatte sich gebessert. Nach 2 1 / i Monaten wog das Schwein 40 kg. Kein 
Rezidiv. 

2 Schweine, Gewicht 2 1 / 2 Zentner, zeigten starken Juckreiz. In der Schulter¬ 
gegend und am Halse dicke, grauweiße Schuppen. Milben mikroskopisch nach¬ 
weisbar (6. Präparat). 3 Einreibungen nur an den erkrankten Hautstellen ohne 
Vorbereitungskur führten zur Heilung. 

Sarcopies scabiei beim Pferde . 12 an Sarcoptes erkrankte Pferde wurden un¬ 
geschoren behandelt. Die eine Hälfte der Pferde wurde am Tage vor der Ein¬ 
reibung mit einer 3 proz. Lösung von Liquor cresoli sapon. gewaschen. Die andere 
Hälfte blieb unvorbereitet. 

Die Erkrankung der Pferde beschränkte sich in der Hauptsache auf Kopf, 
Hals und Rücken und war noch nicht weit vorgeschritten. Falten- und Borken¬ 
bildung bestanden noch nicht. In der Haut kleine Knötchen. Bei allen Pferden 
heftiger Juckreiz. 

Mit einer weichen Bürste wurde das Sulfoliquid gründlich eingerieben, Tiere 
dann eingedeckt. Nach 10 Tagen 2. Einreibung. Juckreiz nach der 1. Einreibung 
noch nicht völlig geschwunden. Nach der 2. Einreibung hatte er aufgehört. Die 
haarlosen Stellen bedeckten sich schnell wieder mit jungen Haaren. Heilung, 
kein Rezidiv. 

Vergiftungserscheinungen traten nicht auf, auch keine Hornhauttrübungen 
oder Reizung der Lidbindehäute, trotzdem im Stall nach der Einreibung ein 
starker Geruch nach SO Ä -Gas auftrat. Der Stall wurde gut durchlüftet. Es wurden 
ca. 60 1 Sulfoliquid verbraucht. 

Acarus. 

Jagdhund, */« Jahr alt, schwer an Staupe erkrankt. An dem Augenbogen, 
auf der Stirn, an Lippe und Nase in der geschwollenen und geröteten Haut bläu¬ 
lichrote Pusteln, aus denen sich ein rötlicher Eiter herausdrücken läßt. Im Eiter 
werden viele Acarusmilben festgestellt. Nach Ausdrücken der Pusteln Einreibung 
mit Sulfoliquid. Nach 8 Einreibungen, einen Tag um den andern, war der Hund 
geheilt. An der Lidbindehaut war eine leichte Entzündung entstanden,Mie nach 
3 Wochen ohne Behandlung heilte. 

Cnemidocaptesrävde der Hühner . 

ö Hühner mit Kalkbeinen wurden 6 mal mit Sulfoliquid ohne Vorbehandlung 
gründlich an den Beinen eingerieben, ohne eine Heilung zu erreichen. Ein Huhn, 
das sehr starke Borkenbildung auf den Füßen zeigte, wurde 2 mal mit Petroleum 
behandelt. Nach 10 Tagen lösten sich die Borken von selbst ab, und nach 14 Tagen 
war das Huhn geheilt. Bei Kalkbeinen ist die Petroleumbehandlung dem Sulfo¬ 
liquid vorzuziehen. 

Cimex lectvlarius. 

Die Wanzen sterben in Sulfoliquid von 15° nach 4 Minuten; 1—2 Minuten 
lang bewegen sie die Fühler und Gliedmaßen. Die Darmperistaltik läßt sich bis 
37t Minuten beobachten. In Sulfoliquid von 30° getaucht, machen sie heftige 
und schnelle Bewegungen mit den Füßen a / 4 Minute lang. Nach 2 Minuten Ein¬ 
wirken sterben sie. Weitere Versuche konnten aus Mangel an Material nicht vor¬ 
genommen werden. Doch zeigen diese Versuche schon, daß Sulfoliquid, besonders 
erwärmt, in der Bekämpfung der Wanzenplage wertvolle Dienste leisten kann. 

Pediculus vestimenii. 

Sulfoliquid von 15° tötet im Bade die Läuse nach 25 Minuten, ohne Ab¬ 
spülen im Wasser nach 15 Minuten. Nach s / 4 Minute hören die Bewegungen auf. 



Die Wirkung des „Sulfoliquid u auf Ektoparasiten. 


99 


nach 3 Minuten die Darmperistaltik. Sulfoliquid von 30° tötet die Lause nach 
10 Minuten. Die Läuse zeigen in diesem Bad 1 / A Minute lang sehr schnelle Be¬ 
wegungen mit den Beinen. Sulfoliquid von 40° tötet die Läuse nach 4 Minuten. 
Sie zeigen hier nur 10 Sekunden lang die lebhaftesten Bewegungen. Einwirken 
von S0 2 -Gas von 15° in offenem Glase tötet die Läuse nach 16, in geschlossenem 
Glase nach 12 Minuten, S0 2 -Begasung von 30° in offenem Glase nach 6, in ge¬ 
schlossenem Glase nach 4 Minuten. S0 2 von 40° tötet sie nach 2 Minuten. 1 Sekunde 
Eintauchen in Sulfoliquid und auf mit Sulfoliquid getränkte Watte gelegt, tötet 
die Lause nach 26 Minuten. Hierbei zeigen sie nach 15 Minuten nur noch schwache 
Bewegungen der Gliedmaßen und des Darms. 

Für die Bekämpfung der Kleiderläuse könnte nach dem obigen Ergebnis 
das Sulfoliquid in Frage kommen. 

Haematopinus piliferus. 

Sulfoliquid von 16° tötet die Hundelaus nach 8, nicht in Wasser abgespült 
nach 4 Minuten. SO a -Gas von 15° tötet im offenen Reagensglase die Läuse nach 
18, in geschlossenem nach 16 Minuten. S0 2 -Gas von 30° nach 4, in offenem nach 
3 Minuten, in geschlossenem Glase und S0 2 -Gas von 40° nach 2 Minuten. 

Versuch am Wirtstier . Rattler mit zottigem Fell zeigt starken Juckreiz. Am 
Bauch und Hals finden sich in großer Zahl Lause. Eine 1 malige Volleinreibung 
und Eindeeken mit einem Sack tötet die Läuse. 

Haematopinus suis . 

Schweineläuse werden in einem Sulfoliquidbade von 15° nach 35 Minuten 
getötet, in Wasser abgespülte nach 10. Minuten. Bei einer Temperatur des Bades 
von 30° sterben sie nach 4, bei 40° nach 3 Minuten. Einwirken von S0 2 -Gasen 
von 15° im offenen Glase ertragen die Schweineläuse 4 1 /* Stunden, im geschlossenen 
Glas 45 Minuten; S0 2 -Gas von 30° im offenen Glas tötet sie nach 8, im geschlos¬ 
senen nach 6 Minuten; SO t -Gas von 40° nach 4 Minuten. Eintauchen in Sulfo¬ 
liquid und Begasung auf einem mit Sulfoliquid getränkten Wattebausch tötet 
die Läuse nach 10—15 Minuten ab. 

Versuche am Wirtstier. 10 Versuche am Schwein ergaben folgendes: Nach 
1—2 gründlichen Einreibungen mit Sulfoliquid gelingt es, die Läuse abzutöten. 
Für ein großes Schwein braucht man 1 / 2 — l U 1 Sulfoliquid. Durch die Einreibung 
scheinen auch die Nisse der Läuse mit abgetötet zu werden, denn bei einer Kon¬ 
trolle nach 6 Wochen fand man keine Läuse mehr. Das Mittel wird von den 
Schweinen gut vertragen, trotzdem in dem Stall, wo 2 Schweine eingerieben 
wurden, vor S0 2 -Dämpfen kaum zu atmen war. Für Lüftung des Stalls bei der 
Einreibung muß gesorgt werden. Selbst kleine, 4—6 Wochen alte Ferkel ver¬ 
tragen eine Ganzeinreibung ohne Schaden. Erwärmt man das Sulfoliquid auf 
30°, so ist eine 1 malige Einreibung genügend. Bei nicht erwärmtem Sulfoliquid 
war 2 mal eine 2. Einreibung notwendig. 

HaemaUypinus eurysternus. 

Sulfoliquid von 15° tötet die Rinderlaus nach 35, nicht abgespült nach dem 
Bade nach 30 Minuten. Auf 30" erwärmtes Sulfoliquid nach 1 x j v auf 40° er¬ 
wärmtes Sulfoliquid nach 1 / 2 Minute. SO a -Gas tötet bei offenem Glase und 15° 
die Läuse nach 25, im geschlossenen nach 20 Minuten; S0 2 -Gas bei 30° und 
offenem Glase nach 3 l / 2 und bei geschlossenem Glase nach 2 X / A Minuten; S0 2 -Gas 
bei 40° nach l 1 / 2 Minuten. 

Versuche am Wirtstier . Ein stark verlauster Jungviehbestand, bestehend aus 
15 Stück, wurde mit Sulfoliquid behandelt. Gebraucht wurde für 1 Tier 1 l / f 1 
Sulfoliquid. Ohne Vorbereitung und ungeschoren wurden die Tiere 1 mal ganz 



100 


P. Friesicke: 


eingerieben und eingedeekt. Läuse sowie Nisse wurden getötet. Bei einer Kon¬ 
trolle nach 4 Wochen wurden Läuse nicht mehr gefunden. Gleich gute Erfolge 
bei verlausten Kühen hatte ich bei 8 Tieren aus 3 anderen Beständen. Vergiftungs- 
oder Reizerscheinungen am Auge und an der Lunge und Beunruhigung der Tiere 
durch die S0 2 -Dämpfe wurden nie beobachtet. 

Haemaiopinus equi . 

Sulfoliquid von 15° tötet die Pferdeläuse nach 1 Minute, nicht abgespült, 
nach 45 Sekunden. Sulfoliquid von 30° tötet die Läuse nach 15 Sekunden; Sulfo¬ 
liquid von 40° nach 1 Sekunde. S0 2 -Gase von 15° töten die Läuse im offenen 
Glase nach 60, im geschlossenen Glase nach 40 Minuten; SO a -Gas von 30° im 
offenen Glase nach 4, im geschlossenen nach 3; SO 2 -Gas von 40° nach 2 Minuten. 

Versuche am Wirtstier. 5 verlauste Pferde wurden mit Sulfoliquid behandelt. 
Die Pferde wurden vorher nicht geschoren. Für 1 Pferd wurden 2— 2 l / 2 1 Sulfo¬ 
liquid verbraucht. Es wurde mit einer weichen Bürste gründlich eingerieben und 
eingedeckt. Die Läuse wurden nach der 1. Einreibung abgetötet, aber die Eier 
nicht, denn nach 14 Tagen fand man wieder vereinzelte junge Läuse. Nach der 
2. Einreibung, 10 Tage nach der 1., waren die Läuse und Eier vernichtet. Bei 
11 Pferden, die stark verlaust waren, wurden in Zwischenräumen von 10 Tagen 
2 Volleinreibungen mit Sulfoliquid vorgenommen, die den gleich guten Erfolg 
hatten. 2 einjährige Fohlen mit sehr langem Winterhaarkleid wurden geschoren 
und eingerieben. Nach 2 Einreibungen waren die Läuse und Eier vernichtet. 
Die Fohlen haben die Behandlung ohne Schädigung gut vertragen. 

Melophagus ovinus. 

In Sulfoliquid getauchte Teken sind nach 50 Sekunden ohne Bewegung, 
sterben aber erst nach einem Verbleiben von 15 Minuten. Nicht nach dem Bade 
in Wasser abgespült, sterben sie nach einem 3 Minuten währenden Eintauchen. 
Sulfoliquid von 30° tötet die Teken nach 2 Minuten. 20 Sekunden zeigen sie leb¬ 
hafte Bewegung im Bade. Sulfoliquid von 40° tötet die Teken nach I Minute. 
Sie zeigen in diesem Bade 10 Sekunden lang die lebhaftesten Bewegungen. SO s - 
Gas bei 15° tötet die Teken im offenen Glase nach 30, in geschlossenem nach 
10 Minuten. Nach 8 Minuten schon stellten sie ihre Bewegungen ein. S0 2 -Gas 
von 30° tötet die Teken im offenen Glase nach 6 Minuten, im geschlossenen nach 
4 Minuten. S0 2 -Gas von 40° nach 3 Minuten. Hier sind die Teken schon nach 
2 Minuten ohne Bewegung. 

Versuche am Wirtstier. 2 Schaflämmer von 5 Monaten wurden mit Sulfoliquid 
eingerieben. Für jedes Schaf wurden 1 / t 1 verbraucht. Die Teken wurden abge¬ 
tötet. Eine Beeinträchtigung der Tiere konnte nicht beobachtet werden. Es ist 
ratsam, die Tiere im Freien einzureiben. Ein Eindecken der Tiere, die nicht ge 
schoren sind, ist nicht erforderlich. 

Culex pipiens. 

Sulfoliquid von 15° tötet die Mücken nach ö, nicht in Wasser abgespült, 
nach 3 Minuten. SO*-Gas von 15° tötet in offenem Glase die Mücken nach 10, 
im geschlossenen Glase nach 6 Minuten. SOj-Gas von 30° in offenem Glase 
nach 2, in geschlossenem nach l 1 / 2 Minuten. 

Musca dornest ica. 

In Sulfoliquid 1 Sekunde eingetauchte Fliegen sterben gleich. S0 2 -Gas von 
15 tötet die Fliegen im offenen Glas nach 25, im geschlossenen nach 20 Minuten. 
S0 2 -Gas von 30 ? tötet sie nach 5, S0 2 -Gas von 40° nach 3 Minuten. 



Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten. 


101 


Pulex canis. 

Der Hundefloh wird durch Sulfoliquid von 15° nach 8 Minuten abgetötet, 
ohne Abspülung in Wasser nach 6 Minuten. Sulfoliquid von 30° und 40° tötet 
ihn nach J / 4 Minute. S0 2 -Gas von 15° tötet den Floh nach 30 Minuten im offenen 
Reagensgläschen, nach 10 im geschlossenen. S0 2 -Gas von 30° im offenen Glase 
nach 5, im geschlossenen nach 4 Minuten. SO a -Gas von 40° nach 2 1 /* Minuten. 
Durch 1 Sekunde Eintauchen der Flöhe in Sulfoliquid und Setzen auf mit Sulfo¬ 
liquid getränkte Watte werden sie nach 7 Minuten getötet. 

Versuche am Wirtstier . 14 Wochen alte Schäferhunde, die mit einer Unmenge 
von Flöhen behaftet sind, werden ganz mit Sulfoliquid eingerieben. Schon nach 
5 Minuten sind die Flöhe ohne Bewegung. Nach der Einreibung trat bei dem 
einen Hunde geringe Speichelsekretion auf, was durch Einatmen der S0 2 -Gase 
verursacht war. Andere Reizerscheinungen wurden nicht beobachtet. Für einen 
Hund wurde 50 ccm Sulfoliquid gebraucht. 

Menepon biseriaium . 

Federlinge vom Huhn werden durch Sulfoliquid nach 1 Minute abgetötet, 
ohne Abspülung in Wasser nach 1 / i Minute. Sulfoliquid von 30° tötet sie nach 
10 Sekunden, ebenso Sulfoliquid von 40°. S0 2 -Begasung von 15° im offenen 
Glas ertragen sie 40 Minuten, im geschlossenen Glase 4 Minuten. SO a von 30° 
ertragen die Federlinge bis zu 2, im offenen Glas SO a von 40° bis l 1 /* Minuten. 

Trichodectes latus. 

Sulfoliquid von 15° tötet die Hundehaarlinge nach 8, ohne Abspülung in 
Wasser nach 4 Minuten. Sulfoliquid von 30° nach 1 und Sulfoliquid von 40° 
nach 1 / 2 Minute. S0 2 -Gas von 15° im offenen Glase tötet die Haarlinge nach 20, 
S0 2 -Gas von 30° im offenen Glase nach 6 Minuten, im geschlossenen nach 4 Mi¬ 
nuten; S0 2 von 40° nach l / t Minute. 1 Sekunde Eintauchen in Sulfoliquid und 
Auflegen auf mit Sulfoliquid angefeuchtete Watte tötet die Haarlinge nach 20 Mi¬ 
nuten ab. 

Versuche am Wirtstier. Pudelpointer, behaftet mit einer Unzahl von Haar¬ 
lingen. Das dichte wollige Fell ist büschelig verklebt. Die Haarlinge sitzen in 
dicken Nestern auf dem ganzen Körper. Vor der Einreibung wurde der Hund 
geschoren. Für die Einreibung wurden 3 / 4 1 Sulfoliquid gebraucht. Nach der 
Einreibung wurde der Hund in einen Sack gesteckt und nur der Kopf freigelassen. 
1 Tag lang nahm der Hund kein Fressen zu sich. Weitere Störungen der Gesund¬ 
heit wurden nicht beobachtet. Die Haarlinge waren nach der einen Einreibung 
alle tot und ließen Bich am nächsten Tage abbürsten. — 3 Monate alter Schäfer¬ 
hund, am Kopf und Hals eine Unmenge von Haarlingen. Einreibung von 300 ccm 
Sulfoliquid ohne Abscheren der Haare und Einwickeln in Tüchern. Die Haarlinge 
wurden sämtlich getötet. Schädigung der Haut trat nicht ein. Nach 10 Tagen 
wurde noch eine 2. Einreibung vorgenommen. 2 andere Fälle bei einem Boxer 
und einem Rattler wurden nach 2 Einreibungen prompt geheilt. 

Trichodectes climax. 

Sulfoliquid von 15° tötet die Ziegenhaarlinge nach 15 Minuten resp. 6. ob in 
H f 0 abgespült oder nicht. SO a -Gas von 15° tötet sie nach 2 Stunden im offenen 
Glase, nach 25 Minuten im geschlossenen Glase. S0 2 -Gas von 30° im offenen Glase 
nach 6, im geschlossenen Glase nach 4 Minuten. 

Versuche am Wirtstier. 4 Ziegen, mit vielen Haarlingen behaftet, wurden 
mit Sulfoliquid eingerieben und eingedeckt. Nach 10 Tagen eine 2. Ein¬ 
reibung. Schon nach der 1. Einreibung waren die Haarlinge getötet. Ver- 



102 


P. Friesicke 



giftungs- oder Reizer¬ 
scheinungen wurden nicht 
beobachtet. Für 1 Tier 
und Einreibung wurden 
gebraucht 1 / 2 1 Sulfo- 
liquid. 

Trichodectes scalaris . 

InSulfoliquid von 15 3 
getauchte Haarlinge ster¬ 
ben nach 20 Minuten, 
ohne Abspülen in H 2 0 
nach 10 Minuten. Sulfo- 
liquid von 30° tötet sie 
nach 1 Minute undSulfo- 
liquid von 40° nach 
5 Sekunden. In S0 2 -Gas 
von 15° offen starben sie 
nach 2 V 4 Stunden, im ge¬ 
schlossenen Glase nach 
25 Minuten. In S0 2 -Gas 
von 30° offen nach 6 und 
geschlossen nach 5 Mi¬ 
nuten. S0 2 -Gas von 40 D 
tötet die Haarlinge nach 
4 Minuten. 1 Sekunde 
Eintauchen in Sulfoliquid 
und Begasen mit SO Ä 
von 30Tod nach 1 Mi¬ 
nute. Dasselbe mit S0 2 - 
Gas von 40": Tod nach 
Yt Minute. 

1 r ers uche am Wirisiier. 

8 neu zugekaufte Kühe 
hatten Lause. Eine 
2 malige Einreibung mit 
Sulfoliquid und Ein- 
decken der Kühe brachte 
die Läuse fort. Keine 
Beeinträchtigung des All¬ 
gemeinbefindens, mit 
Ausnahme von geringem 
Augentränen bei 3 Tieren, 
wurde nichts beobachtet. 
— 2 Kühe zeigten am 
Hals Haarausfall und 
starken Juckreiz. Nach¬ 
weis von Haarlingen und 
deren Nissen. Eine 2- 
malige Einreibung inner¬ 
halb von 10 Tagen ge¬ 
nügte, um die Haarlinge 
und Nisse zu töten. 





























Die Wirkung des „Sulfoliquid“ auf Ektoparasiten. 


103 


Trichodectes pilosus. 

In Sulfoliquid getauchte Haarlinge sterben nach 20, ohne Abspülen in H s O 
nach 5 Minuten. Sulfoliquid von 30° tötet die Haarlinge nach 4, Sulfoliquid von 
40° nach V« Minute. S0 2 -Gas von 15° tötet sie nach 2 Stunden, S0 2 -Gas von 30° 
nach 12 Minuten. 1 Sekunde Eintauchen in Sulfoliquid und Begasen mit SO t -Gas 
von 15°: Tod nach 20 Minuten; dasselbe 30°: Tod nach 10 Minuten; bei 40°: 
Tod nach V* Minute. 

Versuche am Wirtstier . 2 Pferde zeigen Haarausfall am Kopf, Hals und 
Brust und starken Juckreiz. Durch Auskämmen wurden die Haarlinge und deren 
Eier festgcstellt. Beide Pferde wurden ungeschoren mit Sulfoliquid eingerieben. 
Für 1 Pferd wurde 17*1 gebraucht. Der Juckreiz ließ gleich nach der 1. Ein¬ 
reibung nach. Nach 10 Tagen wurden sie zum 2. Mal eingerieben. Hierauf Hei¬ 
lung. Reizerscheinungen wurden weder an den Atmungsorganen noch an den 
anderen Schleimhäuten beobachtet. — Panjepferd, starker Juckreiz und Haar¬ 
ausfall. Nach 2 Einreibungen waren die Haarlinge beseitigt. — 3 / 4 Jahre altes 
Fohlen, stark abgemagert und im Wachstum sehr zurückgeblieben, mit strup¬ 
pigem Haarkleid. An Kopf, Hals und Brust große kahle Stellen. Heftiger Juck¬ 
reiz. Nachweis von Haarlingen und deren Eier, besonders in der Mähne. Nach 
2 maliger Einreibung mit Sulfoliquid waren Juckreiz und Haarlinge verschwunden. 
Für beide Einreibungen wurden gebraucht 2 1 Sulfoliquid. Eine Schädigung des 
Fohlens trat während und nach der Einreibung nicht ein. 

Zusammenfassung. 

1. Sulfoliquid R (einfachstark) der chemischen Fabrik Marienfelde, 
eine S0 2 -abspaltende Flüssigkeit, kann als Ersatzmittel für die SO 2 -Z eilen- 
begasung empfohlen werden. Es ist billiger, in der Anwendung bequemer 
und ungefährlicher für Mensch und Tier. 

2. Die tödliche Wirkung des Sulfoliquids auf Insekten, die nur mit ge¬ 
ringen Ausnahmen ( Tyroglyphusarten) Tracheen besitzen, führe ich auf 
eine durch SO r Diffusion verursachte Atemlähmung mit folgendem Er¬ 
stickungstod zurück. 

Eine Vergiftung vom Verdauungstraktus ist nicht anzunehmen . Im 
Svlfoliquidbade hören z. B. bei Cimax lectvlarius die lebhaften Bewegungen 
des Körpers, verursacht durch die entstehende Atemnot, nach 3 / 4 Minuten 
auf. Die Darmperistaltik dagegen beobachtet man 2 l f A Minute länger . 
Für Atmungslähmung und Erstickungstod spricht auch der außerordent¬ 
lich schnelle, unter krampfartigen Bewegungen des Körpers und der Glied¬ 
maßen erfolgende Tod der Versuchstiere im Sulfoliquidbad von 40 °. 

3. Sulfoliquid ist dem SO 2 -Bombengas in der Wirkung unterlegen, 
da Konzentrationen von S0 2 , wie man sie bei der Begasung anwendet, 
nicht erreicht werden. Auch ist die Wirkungsdauer des abgespaltenen S0 2 
bei einer Einreibung von Sulfoliquid eine kürzere. Im allgemeinen beträgt 
sie, 15—20 Minuten, je nach der Art des Haarkleides und der Eindeckung. 

4. Eine längere und stärkere Wirkung des Sulfoliquids erreicht man 
durch Einwickeln oder Eindecken der Tiere und durch eine nach 15 bis 
20 Minuten folgende 2. Einreibung. Eine Einlage von Gummistoff oder 
Pergament erhöht die Wirkung. 



104 


J. Schulte-Bisping: 


5 . Mit Svlfoliquid ist es gelungen , eine große Zahl von verschiedensten 
EkUrparasiten mit Erfolg zu bekämpfen . 

6. Ungenügend war die Wirkung von Svlfoliquid auf Cnemidocoptes 
mutans . 

7 . Bei Erwärmung des Sulfoliquids erzielt man eine ganz erheblich 
stärkere Wirkung durch schnellere Abspaltung von S0 2 . 

8. Vergiftungserscheinungen , Verätzungen, Haarausfall sind bei der 
Behandlung mit Svlfoliquid von mir nicht beobachtet worden . 


Literaturverzeichnis. 

*) Hut yra-Marek, Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. 1920. — 
2 ) Möller, Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1920, H. 3. — 3 ) Hauke , Tierärztl. Rund¬ 
schau 1922, H. 42. — 4 ) Merkblatt des Gesundheitsamtes 1918 (Springer). — 
ß ) Klein , BerL tierärztl. Wochenschr. 1921, S. 49. — •) Auszug aus der Berl. 
tierärztl. Wochenschr. 1920. — 7 ) Eberhard , Berl. tierärztl. Wochenschr. 
1921, S. 385. — 8 ) Neumann, BerL tierärztl. Wochenschr. 1921, S. 386. — 
•) Prometheus, Nr. 1567. (Jhrg. XXXI, 36.) — 10 ) Fröhner, Kompendium der 
speziellen Pathologie und Therapie. — u ) Nevermann, Berl. tierärztl. Wochenschr. 
1918, S. 191. — ia ) Diehlmann, BerL tierärztl. Wochenschr. 1918. — u ) Wulff, 
Tierärztl. Rundschau 1922, H. 31. — 14 ) Scholz, Tierärztl. Rundschau 1923, 
H. 49. — 18 ) Oerlach, Krätze und Räude 1857. — 1B ) M. Klein , Tierärztl. Rund¬ 
schau 1922, H. 12. — 17 ) Westphal, Berl. tierärztl. Wochenschr., H. 20. — 
18 ) Sommer, Tierärztl. Mitteilungen 1922, H. 22. — 19 ) Sprehn, BerL tierärztl. 
Wochenschr., H. 44. — *°) Münch, Tierärztl. Rundschau 1922, H. 35. — 
ai ) Granderath, Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1922, H. 27. — n ) Haast, Berl. 
tierärztl. Wochenschr. 1922, H. 35. — M ) Neüber, Berl. tierärztl. Wochenschr. 
1921, H. 50. — a4 ) Fröhlich, Tierär-tl Rundschau 1922, H. 27. — ") Witt, 
Tierärztl. Rundschau 1921, Heft 24. — M ) Wemicke und Stolte, Dtsch. tierärztl. 
Wochenschr. 1922. — a7 ) Ariess, Berl. tierärztl. Wochenschr. 1923, H. 9. — 
a8 ) Brandt, Inaug.-Diss., Berlin 1922. — aa ) Neumann und Ruscher , Archiv für 
Wissenschaft!. Tierheilkunde 47.— 80 ) Bruce and Hodyson, Brit. med. joum.1916. 


Die Agglutination bei der Lungenseuche. 

Von 

Joseph Schulte.Bispiug, Scheidingen (Kreis Soest in Westfalen), 

approb. Tierarzt. 

(Aus dem Hygienischen Institut 'der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
Geh. Medizinalrat Prof. Dr. P. Frosch].) 

[Referent: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. FroKcA]. 

Zur Diagnose der Lungenseuche wurde neben den allergischen Reak¬ 
tionen, die von Arloing l ), Laquerri&re u ), Siedamgrotzky und Noah 11 ), 
Beitzen 1 ), Mießner 8 ), Qiese 5 ) und Dahmen 4 ) untersucht worden sind, 
von Poppe l0 ), Titze und Qiese 12 ), Qiese 8 ) 7 ), Mießner 9 ) und Dahmen s ) in 



Die Agglutination bei der Lungenseuche. 


105 


den letzten Jahren die Komplementablenkung, Präcipitation und Agglu¬ 
tination angewandt. 

Die Agglutination wurde hauptsächlich von Seelemann lz ) geprüft. Er verwandte 
Serum in abgestuften Mengen von 0,1 ccm abwärts, zu dem er 5 ccm einer 2—10 Tage 
alten Martin-Bouillonkultur setzte. Nach mehrstündigem Aufenthalt im Brut¬ 
schrank wurden die Proben 30 Minuten lang bei 3000 Umdrehungen in der Minute 
zentrifugiert und das Resultat makro- und mikroskopisch abgelesen. Von dem 
Gesamtergebnis schreibt Stdemann> daß die Agglutination in vielen Fällen der 
Lungenseuche diagnostisch zu verwenden sei. Da bei den Versuchen Seelemanns 
steril gearbeitet werden muß, wie es bei Massenuntersuchungen selten möglich sein 
wird, suchte Dahmen mit anderen Testflüssigkeiten Agglutinationserscheinungen 
hervorzurufen. Er gebrauchte Abschwemmungen von festen Lungenseuche¬ 
kulturen und Zentrifugate flüssiger Kulturen. Dahmen verließ diese Arbeitsmethode 
jedoch wieder, da diese Testflüssigkeiten, die nur aus dem Micromyces peripneu- 
moniae Frosch bestanden, nicht in allen Fällen ein einwandfreies Resultat gaben. 

Dahmen hat dann (1. c.) eine andere Modifikation angegeben, die gute und 
leicht ablesbare Resultate zeitigen soll. Zu 0,06 ccm Serum werden 0,5 ccm physiol. 
Kochsalzlösung und 0,5 ccm einer Serumbouillonkultur, die 0,5% Traubenzucker 
enthält, zugesetzt. Nach 3stündigem Aufenthalt im Brutschrank wurden die 
Proben 10 Minuten lang zentrifugiert und das Resultat makroskopisch ab¬ 
gelesen. 

Mir wurde die Aufgabe zuteil, neben der Prüfung des diagnosti¬ 
schen Wertes dieser Modifikation Dahmens noch Untersuchungen nach 
folgenden Richtungen anzustellen: 

1. Welche Zeitdauer ist für den Ablauf der Reaktion die günstigste? 

2. Welches Alter der Kultur gibt die besten Resultate? 

3. Bis zu welchen Verdünnungen reagieren positive Seren? 

4. Ist die Reaktion spezifisch? 

Eigene Versuche. 

In der ersten Zeit meiner Versuche wurden sämtliche Proben 
(insgesamt 514) nach der Vorschrift Dahmens angesetzt. Diese 
Versuche wurden mit jedem Serum 4 mal angesetzt. Die Proben 
blieben darauf l j 2 Std., 1 Std., 2 und 3 Std. im Brutschrank bei 
37° C. Nach 10 Minuten langem Zentrifugieren bei 1500 Umdre¬ 
hungen in der Minute wurde das Resultat abgelesen. Der 1 / 2 stündige 
Aufenthalt im Brutschrank war ungenügend für den Ablauf der 
Reaktion. Dagegen brachte der 1-, 2- und 3stündige Aufenthalt 
im Brutschrank untereinander gleiche Resultate. Die Röhrchen wurden 
deshalb für die Folge schon nach lstündigem Aufenthalt im Brut¬ 
schrank zentrifugiert. 

Die Modifikation Dahmens ist demnach eine leicht ausführbare und 
kurzfristige Reaktion. 

Um zu prüfen, welches Alter der Kultur die besten Resultate gibt, 
habe ich 14 Röhrchen mit gleichen Mengen Nährflüssigkeit von der¬ 
selben Herstellungsnummer mit der gleichen Menge Kultur beschickt 

8 


Arch. f. Tierheilk. L. 



106 


J. Schulte-Bisping: 


und die einzelnen Röhrchen an verschiedenen Tagen, wie die nach 
folgende Tabelle anzeigt, an positiven und negativen Seren geprüft. 


Zeichenerklärung für die aufgeatellten Tabellen: 

+ + + + = Häutchen, Flüssigkeit klar, 


trübe, 


-f -f — Flocken, 


-f = geringe Flocken. „ „ 

— = gleichmäßig trübe ohne Flocken. 
Besondere Auswertung des Antigens G 9, 28. V. 

Alter der Kultur: Bewertung der Agglutination: 


1 Tag 

? 


2 Tage 

-f- + + + 


3 „ 

J r + J r -r 

stark 

4 „ 

- -f + r 

*> 

5 ,, 

—+ r 


7 „ 

+ + + + 


9 „ 

+ *r -4- + 


11 „ 

+ + + + 


14 „ 

+ + -r- h 


17 „ 

+ -r + -f 

J » 

21 „ 

+ + -f + 

läßt nach, 

24 „ 

+ + -r + 

läßt weiter nach, 

29 „ 

-f- -f -f 

schwach, 

39 „ 

— j -J- 

sehr schwach. 


Jha dieser Aufzeichnung geht hervor , daß die Kultur vom 2. bis zum 
20. Tage gut verwendbar ist. 

Vor den täglichen Hauptversuchen wurde die zu benutzende Kultur 
an positiven und negativen Seren geprüft: Diese Voruntersuchungei) 
hatten folgende Resultate: 


- — 

— 

— —. __ 


- — 


Tag der 


Kultur 

Alfpr 

Bewertung der 

Untersuchung 





Agglutination 

9. IV. 

G 9 

31. III. 

9 Tage 

+ + + + 

13. IV. 

G 9 

31. III. 

13 

?* 

1--4--T + 

16. IV. 

G 9 

31. III. 

16 


-f-r-r-f 

17. IV. 

G 9 

31. III. 

17 

»» 

-f+ + 4- 

20. IV. 

G 9 

31. III. 

20 


4- -r t 

23. IV. 

G 9 

31. III. 

23 


-4—1—|—j- 

24. IV. 

G 9 

31. III. 

24 


-f -f -y- -L 

26. IV. 

G 9 

6. IV. 

20 


—- 1 - j -_ 

27. IV. 

G 9 

6. IV. 

21 


-f + -r-f 

28. IV. 

G 9 

6. IV. 

22 


— 4- + — 

30. IV. 

0 9 

12. IV. 

18 


T -r- — T 

2. V. 

G9 

12. IV. 

20 


-i - j - i- 

6. V. 

G 9 

13. IV. 

23 


- + + -T- 

7. V. 

G 9 

13. IV. 

24 


■ 4- -L _L _ r 

8 V. 

G 9 

13. IV. 

25 

„ 

-r + — 

10. V. 

G 9 

13. IV. 

27 


unzuverlässig 

12. V. 

G 9 

6. IV. 

36 














Die Agglutination bei der Lungenseuche. 


107 


Tag der 1 

Untersuchung j 


Kultur 

Alter 

Bewertung der 
| Agglutination 

ll 

14. V. 1 

G 9 

6 . IV. 

38 Tage 

unzuverlässig 

17. V. 

H 1 

12. V. 

5 

99 

+ + + + 

17. V. [ 

G 9 

7. IV. 

40 

99 

1 unzuverlässig 

17. V. 

G 9 

12. IV. 

35 

T9 

99 

18. V. ; 

H 1 

12. V. 

6 

99 

■4—1—1—h 

19. V. ' 

G 9 

12. V. 

i 7 

9 9 

\ + + + + 

23. V. 1 

G 9 

12. V. 

11 

99 

- + + + 

25. V. 

G 9 

12. V. 

13 

99 

+ + + + 

28. V. ! 

H 1 

19. V. 

9 

99 

1 4- + + + 

1. VI. 

G 9 

18. V. 

14 

99 

, + + + + 

2 . VI. 

G 9 

18. V. 

15 

99 

1 + + + + 

9. VI. 

H 1 

2. VI. 

i 7 

99 

! -f+ + + 

11. VI. j 

H n 

7. IV. 

66 

99 

, — 

11. VI. 

G 9 

28. V. 

14 

99 

; r-r r 

15. VI. ! 

H 1 

2. VI. 

13 

99 

+ + + + 

18. VI. 

G 9 

28. V. 

! 21 

99 

j + + + + 

18. VI. 

G 9 

13. VI. 

! 5 

99 

-f + 4- zu schwach 

30. VI. 

G 9 

20. VI. 

10 

99 

+ -r + + 

3. VII. 

H 1 

23. VI. 

10 


; + ++-*- 

4. VII. ,| 

H 1 

23. VI. 

11 

99 

; ++++ 


Hieraus geht ebenfalls hervor, daß Kulturen älter als 25 Tage unzu¬ 
verlässig sind oder überhaupt nicht reagieren. Nur 1 mal, am 18. Juni, 
zeigte sich eine 5 Tage alte Kultur als zu schwach. 

Der Gebrauch der Kultur zum Hauptversuch ist unbedingt von dem 
Ergebnis der Voruntersuchung abhängig zu machen. Das Alter der 
Kultur soll tunlichst 25 Tage nicht überschreiten, da die- Ergebnisse 
sonst unzuverlässig sind. 

Weiterhin habe ich untersucht, bis zu welcher Verdünnung die 
positiv reagierenden Seren noch deutlich erkennbare Ausschläge zeigten. 
Seren von gesunden Tieren reagierten auch nicht in der Verdünnung 
1: 10. Es sind insgesamt 1795 Seren von gesunden Tieren untersucht 
worden, von denen 8, das sind 0,45%, geringgradige ( + ) Reaktionen 
zeigten, die in keinem Falle als positiv angesehen worden sind. Als 
positiv galten nur solche Seren, die im Versuch ein festes Häutchen oder 
massige Flocken zeigten. 

Um den Titerwert der einzelnen positiven Seren zu bestimmen, 
habe ich insgesamt 25 positiv ( + + + + und + + +) reagierende Seren 
in den Verdünnungen 1:20, 1:40, 1:80, 1:160, 1:320, 1:640 und 
1:1280 untersucht, wie die nachfolgende Tabelle zeigt. 

Bei dieser Prüfung reagieren die meisten Seren noch in der Ver¬ 
dünnung 1: 80, während in den Verdünnungen 1: 160 und höher nur 
noch wenige Seren reagieren. 


8* 





108 


J. Schulte-Bisping: 


Nr. 

1 :20 

1 : 40 

1 :80 

1 : 160 J 

J : 820 

1 : 640 

1 : 1280 

376/24 

4" + + + 

++ + 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

376/2 

! + + + 

+ + 

V 

— 

— 

— 

— 

376/39 

+ + + + 

++ + + 

+ + 

-i- 

J 

— 

— 

- 

376/46 

' + + + + 

+ + 

+ 

— 

— 

— 

— 

385/2 

+ +++ 

+ + + 

+ + 

+ 

+ 

+ 

— 

385/3 

+ + + 

+ + 

+ 

— 


— 

— 

385/10 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + 

+ 

+ 

— 

— 

385/11 ; 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + + 

+ + 

+ 

— 

— 

385/30 

+ + + + 

+ + + ^- 

+ + + 

4- 

— 

— 

— 

242/2 

+ + + + 

f + -+- + 

+ +-T + 

+ + r + 

T- + + + 

V 

-- 

395/2 

4- + + + 

V 

— 

— 

— 

— 

— 

395/3 | 

+ -r + 

1 + + 

— 

— 

— 

— 

— 

395/5 

+ + -r + 

' + + + + 

+ + - 

— 

— 

— 

— 

441/6 

+ + + + 

+ + + + 

+ + 

4 + 

+ 

— 

— 

441/11 1 

+ + + + 

+ -4 + + 

+ + + 

+ + 

+ 

— 

— 

441/16 

—+ + + 

+ 4- + + 

4 + 

-U 

— 

— 

- 

466/7 

~t~ 4 — j—f“ 

4—i—r 

+ 

— 



— 

22/5 

+ + + 

+ 

V 

— 

— 

— 

— 

22/8 

■4—i—1—h 

+ + 

* 


— 

— 

-- 

69/1 

4-4-4- + 

+ + 

+ 

- 

- 

— 

— 

69/4 

+ + + + 

+ + + + 

+ + + 

— 

— 

— 

— 

69/7 

+ + + + 

+ + + 

-L 

— 

— 

— 

— 

69/13 ! 

+ + + + 

+ + 


•> 

— 

— 

— 

158/5 

1 + + + 

+ + 

+ T 

4 T" 

— 

— 

— 

158/9 

+ + + + 

+ -r + + 

+ + + 

+ ■*- 

4~ + 

— 

- 


Gesamtergebnis der Untersuchungen. 

Bei der Beurteilung der Gesamtergebnisse führe ich die durch die 
Sektion als krank befundenen Tiere an und dazu vergleichsweise die Er¬ 
gebnisse, die im Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu 
Berlin bei der Komplementablenkung mit dem wässerigen Extrakte Dah- 
mens erzielt worden sind. Von den 47 Seren, die mit der Komplement¬ 
ablenkung reagiert haben, reagierten im Agglutinationsversuch 5 Seren 
nicht. Dagegen ermittelte die Agglutination 3 Seren , die nicht mit der 
Komplementablenkung erfaßt werden konnten. 

Von dem 51 Seren kranker Tiere wurde mit beiden Reaktionen 1 Ti<r 
nicht ermittelt ; von den 1795 Seren gesunder Tiere reagierten, wie ich vor¬ 
hin schon erwähnte, nur 8, gleich 0,45 %. 


Die Kombination der Komplementablenkung mit dem wässerigen 
Extrakte Dahmens und der Agglutinatin nach der Modifikation Dah¬ 
me ns leistet demnach alles, was man von einer Serodiagnose fordern 
kann. 








Die Agglutination bei der Lungenseuche. 109 


Untersuchungsergebnisse mit 51 Seren von lungenseuchekranken Tieren. 



Tagebuch- 

Nr. 

^ Komplement- 
j Ablenkung 

Agglutination 

Ud. 

Nr. 

I Tagebuch- 
Nr. 

Komplement- 

Ablenkung 

Aggluti¬ 

nation 

+ 

22/5 

++++ 

+++ 

27. i 

395/5 

"7+++~ 

+ + + + 

2 . 

22/8 

+ + + ^r 

+ + + + 

28. 

441/6 

++++ 

++++ 

3. 

69/1 

+ + + + 

+ + + + 

29. 

466/4 

++++ 

+ + + + 

4. '1 

69/2 

+ + + + 

+ + + 

30. 

376/39 

4- + + 

++++ 

5. 

69/3 

+ + + + 

— 

31. 

376/2 

++ 

+++ 

6. ; 

69/4 

+ + + -f 

+ + + + 

32. 

376/12 

+ + 

++ 

7. 

69/6 

+ + + T 

+ + + 

33. 

376/17 

++ 

++ 

8. 

69/7 


+ + + + 

34. 

385/3 

++ 

++ 

9. 

69/9 

+ + + + 

4- -f- 

35. 

385/14 

—L _L 

— 

10 . 

69/11 

+ + + ~ 

+ 4- 

36. 

441/11 

+ + 

+++ + 

lL , 

69/13 

+ + + + 

+ + + + 

37. 

69/10 

4- 

— 

12 . ! 

69/14 

+ + -T + 

+ + 

38. 1 

158/10 

+ 

— 

13. 

69/15 

1 +-T + + 

+ + + 

39. | 

385/10 

— 

4-;—f- 

14. 1! 

69/16 

1 + + +T 

4- 

40. 

385/18 

T 

+ + + + 

15. , 

114/11 

+ + + 4- 

T+T 

41. 

466/3 

4- 

+ + + + 

16. ' 

114/12 

■ H—!—i—h 

+ + + 

42. I 

466/7 

4- 

+ + + + 

17. I, 

158/4 

+ + + ~ 

4- 

43. 1 

466/8 

+ 

-4 + 

18. | 

158/5 

- + ++ 

+ + + 

44. 1 

466/9 

+ 

_ L 

19. 

158/9 

I H—!—!—L 

+ "T + + 

45. 

466/11 

-f 

+ + 

20 . 1 

289/24 

H i i r 

■f TT 

46. ! 

466/15 

+ 

-4 + + 

- L 

376/24 

1 -(- + r + 

-f -4-4- 4- 

47. j 

466/16 

+ 

4- + 

22 . 1 

376/46 

4--L-4- + 

4 i 1 h 

48. |l 

466/2 

— 

4 —b 4 — L 

23. , 

385/11 

+ + + “T 

+ + + + 

49. 1 

385/2 

— 

+ + + + 

24. 

385/16 

+ + -f + 

— 

50. | 

| 385/9 

— 

+ + + 

2.5. 

26. 

395/2 

395/3 

+ + + + 

-f T + + 

4 - + + + 

51. 

385/28 




Spezifitätsprüfung. 

Um zu prüfen, ob die Traubehzucker-Serumbouillonkultur nicht auch 
mit Seren von Tieren reagiert, die an anderen Krankheiten leiden, 
habe ich untersucht: 

7 Seren von Tieren mit ausgebreiteter Serösen- oder Lungentuberkulose, 

o „ „ „ mit Pericarditis traumatica, 

2 .. „ „ mit Echinokokken, 

25 „ „ „ , die auf Abortus Bang positiv reagierten, 

3 „ „ „ , die mit Metritis behaftet waren, 

9 „ „ hochtragenden Tieren. 

Keins dieser Seren vermochte im Agglutinationsversuch irgend¬ 
einen Ausschlag zu geben. 

Die Prüfung, ob auch andere Bakterien mit Lungenseucheseren rea¬ 
gieren, hat ihre Schwierigkeit darin, daß bei der geringen Verdünnung 
1:20 viele Bakterien agglutiniert werden. Von dem Gedanken Dah¬ 
nens ausgehend, daß bei dieser Reaktion die Präcipitation eine Haupt¬ 
rolle spiele, habe ich solche Bakterien, die eine Serumbouillon zu trüben 










110 J. Schulte-Bisping: Die Agglutination bei der Lungenseuche. 

vermögen, verwendet. Ich fand für diesen Zweck geeignet eine Druse¬ 
streptokokken-, eine Diplostreptokokken-, eine Viscosus- und eine Bang¬ 
kultur. Diese Kulturen wurden zentrifugiert, um sie von den Erregern 
zu befreien, und in gleicher Weise wie mit der Lungenseuchekultur in 
den Versuch gebracht. Der gleiche Versuch wurde mit Tuberkulin ange¬ 
stellt. Keine dieser Flüssigkeiten vermochte irgendein Resultat zu geben, 
während die gleichzeitig mit angesetzte Lungenseuchekultur ihren ge¬ 
wöhnlichen Ausschlag zeigte. Nach diesen Prüfungen kann die Aggluti¬ 
nation nach der oben beschriebenenen Modifikation als eine brauch¬ 
bare und spezifische Reaktion für die Lungenseuche bezeichnet werden. 

Schlußbemerkungen . 

Meine Beobachtungen geben der Auffassung Dahmens , daß die 
Reaktion eine Präcipitation sei, recht (1. c.). Die positiven Röhrchen 
zeigen vor dem Zentrifugieren eine erheblich stärkere Trübung gegen¬ 
über den negativen Röhrchen, was nicht allein durch eine Agglutination 
erklärt werden kann. Auch daß das Zentrifugat bei stark reagierenden 
( + + + + ) Seren in Form eines festen Häutchens auf tritt, spricht gegen 
eine Zusammenballung lediglich durch Agglutination. Eine wesent¬ 
liche Stütze für die Auffassung des Vorganges einer Präcipitation liefert 
eine ultramikrophotographische Aufnahme*) des Niederschlags. Er 
zeigte nur wenig Formelemente des Erregers, sondern bestand zum 
größten Teil aus strukturloser Masse. Dahmen schlägt aus diesem Grunde 
vor, seine Modifikation „Präcipitations-Agglutinationsreaktion“, ab¬ 
gekürzt „P.-A.-Reaktion“, zu benennen. 


Literaturverzeichnis. 

l ) Arloing , Untersuchungen über die Virulenz des Saftes aus lungenseuche¬ 
kranken Rinderlungen. Ref.: Baumgartens Jahresbericht 1894. — 2 ) Beitzen, 
Untersuchungen über den Wert der allergischen Reaktionen und der Pracipitations- 
methode zur Diagnostik der Lungenseuche. Inaug.-Diss., Hannover 1919. — 
3 ) Dahmen y Beitrag zum Studium der Lungenseuche des Rindviehs. Arch. f. wiss. 
u. prakt. Tierheilk. 45 , H. 1 u. 3, H. 6 . — 4 ) Dahmen , Die Lungenseuche des Rind¬ 
viehs. Erscheint in Ergehn, d. Hyg., Bakteriol., Immunitätsforsch, u. exp. Therapie 
6 . — 5 ) Giese, Die Ermittlung der Lungenseuche des Rindes mit Hilfe der 
allergischen Reaktionen durch eingeengte Lungenseuchekultur. Berlin, tierarztl. 
Wochenschr. 1921, S. 601. — Ä ) Giese, Die Ermittlung der Lungenseuche 
des Rindes mit Hilfe der Komplementablenkungsmethode. Berlin, tierarztl. 
Wochenschr. 1921, S. 541. — 7 ) Giese , Zur Züchtung des Erregers der Lungen¬ 
seuche (Peripneumonie) des Rindes. Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1922, S. 25. — 
8 ) Mießner , Zur Diagnose der Lungenseuche. Dtsch. tierarztl. Wochenschr. 1919. 
S. 412. — 9 ) Mießner und Albrecht , Die Bedeutung der Präcipitations- und Kom¬ 
plementbindungsmethode zur Diagnostik der Lungenseuche. Dtsch. tierarztl. 
Wochenschr. 1920, S. 429. — 10 ) Pappe , Untersuchungen über die experimentelle 

*) Aufgenommen von Herrn Geheimrat Prof. Dr. Frosch mit dem A . Köhler - 
sehen Apparat. 



E. Haendler: Untersuchungen über die Brauchbarkeit usw. 111 

Diagnose der Lungenseuche. Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte 45, 238. 1913. — 
n ) Siedamgrotzky und Noah , Uber Impfungen mit sterilisierter Lungenseuche¬ 
lymphe zu diagnostischen Zwecken. Ber. tib. d. Vet.-Wesen i. Königr. Sachsen 
f. d. Jahr 1892, S. 225. — 12 ) Titze und Giese , Feststellung der Lungenseuche 
mit Hilfe der Komplementablenkung. Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1919, S. 281.— 
13 ) Seelemann , Die Agglutinationsmethode als Hilfsmittel zur Feststellung der 
Lungenseuche. Inaug.-Diss., Berlin 1921. — u ) Laquerrüre , De l’emploi de la 
serosit^ päripneumonique sterilis^e et concentr^e comme agent diagnostic de la 
peripneumonie latente. Bull, de la soc. centr. de m6d. vöt. 41, 132 u. 203. 


Untersuchungen über die Brauchbarkeit der 
Agglutinationsprobe mit dem Diagnosticum Fornet für die 
Diagnose der Bindertuberkulose. 

Von 

Eberhard Haendler, Reinickendorf, 

approb. Tierarzt. 

[Referent: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Frosch.] 

(Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin [Direktor: 
Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Frosch ], Abteilung für Tropenhygiene [a. o. Prof. 

Dr. Bierbaum}.) 

Die Diagnostik der Rindertuberkulose gründet sich auf die klinischen, 
bakteriologischen und serologischen Untersuchungsmethoden. Eine her¬ 
vorragende Rolle bei der klinischen Untersuchung spielt das Tuberkulin 
in seinen verschiedenen Anwendungsweisen. Aus der reichhaltigen Litera¬ 
tur über seine Anwendung ist zu ersehen, daß die thermische oder sub- 
cutane Tuberkulinprobe mehr und mehr durch die Augenprobe ersetzt 
wird, die infolge ihrer Einfachheit auch größere Bedeutung erlangte als 
die cutane und intracutane Tuberkulinreaktion. 

Von serologischen Untersuchungsmethoden wurde das Komplementbindungs¬ 
verfahren in der Veterinärmedizin zuerst von Hennepe und Bach zur Diagnose 
der Rindertuberkulose herangezogen. Die Resultate waren wenig günstig. Außer 
Hammer , der gute Ergebnisse hatte, mußten Bierbaum und Berdel , Brickeri und 
Wyschelessky auf Grund ihrer Untersuchungen eine Bedeutung dieses Verfahrens 
für die Praxis ablehnen. 

In neuerer Zeit sind von Besredka und von v. Wassermann unter Verwendung 
eines besonders hergestellten Antigens günstigere Resultate erzielt worden. In 
der Veterinärmedizin wurde das Originalantigen Besredka von George und Richters 
auf seine Brauchbarkeit nachgeprüft. Während George die Komplementbindung 
auch nach der Methode von Besredka zur Feststellung von Tuberkulose am leben¬ 
den Rind für kaum geeignet erachtet, hält Richters sie mit diesem Antigen für 
ein sicheres diagnostisches Mittel. 

Das von v. Wassermann hergestellte Antigen gestattet anscheinend eine weit 
größere Anzahl Tuberkulöser serologisch zu erfassen, als es bisher die Komplement- 




112 E. HaendJer: Untersuchungen über die Brauchbarkeit 

bindungsmethode mit Tuberkulinpräparaten oder abgetöteten Tuberkelbacillen 
ermöglichte. In der Veterinärmedizin wurde das Verfahren von v. Wassermann bis¬ 
her nicht nachgeprüft. 

Von Ruppel und Rickmann angestellte Untersuchungen über die Verwend¬ 
barkeit der Präcipitinreaktion als diagnostisches Mittel zeigten, daß diese Reaktion 
für sich allein kaum Bedeutung besitzt, sich aber infolge ihrer Schärfe zur Aus¬ 
wertung von Tuberkulin und anderen Tuberkelbacillenderivaten sehr gut eignet. 
Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangten Rothe und Bierbaum. 

Die Agglutination der Tuberkelbacillen durch ein spezifisches Serum ist von 
Arloing und Courmont bei der Tuberkulose eingeführt worden. Die Schwierig¬ 
keit, die gerade die Tuberkelbacillen für das Agglutinationsverfahren dadurch 
bieten, daß sie in Kulturen kompakte Massen bilden, suchte Arloing durch Ver¬ 
wendung von Kartoffelkulturen zu beseitigen. Da aber etwa 70% aller Erwach¬ 
senen eine positive Reaktion gaben, konnte sich diese Methode nicht in die Praxi* 
einführen. Schon 1900 erkannten Beck und Rabinowitsch die ungenügende Spezi¬ 
fität des A rloi ng-Courmo nt sehen Antigens. Zu demselben negativen Resultat kamen 
C. Fraenkel, Luboiosky , M. Neißer , Dieudonne und Horcicka. In Deutschland war 
es nur Bendix, der die Angaben der beiden französischen Forscher bestätigte. 

R. Koch versuchte (1901) dadurch eine stabile Emulsion zu erhalten, daß er 
die Tuberkelbacillen durch wochenlanges Mahlen in der Kugelmühle zertrümmerte. 
Zur Herstellung einer gleichmäßigen Emulsion wurden die Bacillen dann in ver¬ 
dünnter Kalilauge aufgelöst. 

Dieses Verfahren von Koch hat sich ebenfalls nicht eingeführt, da es in der 
Praxis keine sicheren Resultate lieferte. Das Versagen dieser Methode glaubt 
Fomet darauf zurückführen zu können, daß es sich bei der Testflüssigkeit Kochs 
um zu dünne Emulsionen handelte., in denen sich spezifische und unspezifische 
Fällungen nur schwer unterscheiden lassen. 

In neuester Zeit haben Fomet und Christensen , von der Tatsache aus¬ 
gehend, daß sich die Tuberkelbacillen in der Kultur nur in festen, schwer 
lösbaren Verbänden finden und sich mit ihren Wachshüllen aneinanderballen, 
für die Agglutinationsprobe ein Antigen hergestellt, das aus einer Aufschwem¬ 
mung von Tuberkelbacillen besteht, deren Wachsbestandteile größtenteils durch 
dampfförmigen Äther entfernt wurden. Fomet beschreibt das Verfahren und 
den leitenden Gesichtspunkt bei der Herstellung folgendermaßen: „Wir mußten 
uns eines Mittels bedienen, das einerseits die Fettwachshülle energisch an- 
griff, andererseits aber das spezifische Eiweiß des Tuberkelbacillus möglichst 
unberührt ließ. Alkalien, Säuren und mechanische Zertrümmerung sind hierzu 
natürlich ungeeignet. Beide Forderungen werden aber in nahezu idealer Weise 
durch dampfförmigen Äther erfüllt. Bearbeitet man eine Aufschwemmung von 
Tuberkelbacillen mehrere Stunden lang bei etwa 40° mit Ätherdampf, so wird 
ein erheblicher Teil der Fettsubstanzen des Tuberkelbacillus gelöst und bildet 
auf der Oberfläche der durch die Ätherdämpfe dauernd in starker Wallung ge¬ 
haltenen Aufschwemmung eine dicke Rahmschicht. Nach Verjagen des Äthers 
bildet die zurückbleibende Emulsion die Grundlage für eine brauchbare Aggluti¬ 
nationsflüssigkeit. Das so gewonnene »Tuberkulosediagnosticum* stellt eine 
äußerst stabile, ziemlich dichte Emulsion von Tuberkelbacillen dar, die infolge 
von Auflockerung ihres Fettwachsmantels einen Teil ihrer Säurefestigkeit einge¬ 
büßt und dafür eine erhöhte Beeinflußbarkeit durch die spezifischen Immun¬ 
stoffe tuberkulösen Serums eingetauscht haben.“ 

Fomet weist darauf hin, daß dieses Diagnosticum von dem Serum 
Tuberkulöser spezifisch agglutiniert wird, und zwat nicht wie die homogene 
Tuberkulosekultur von Arloing-Cour mont nur in Verdünnung 1 : 30, sondern in 



der Agglutinationsprobe mit dem Diagnosticum Fornet usw. 113 

Serum Verdünnungen bis 1 : 500 und mehr. Seine Erfahrungen mit dem Dia¬ 
gnosticum waren günstig. Er untersuchte 132 Tuberkulöse und 44 Nichttuber¬ 
kulöse mit dem Antigen und fand, daß das Serum Tuberkulöser bei 93% positiv, 
das Serum Nichttuberkulöser bei 95% negativ agglutinierte. Fornet stellt als 
Resultat seiner Untersuchungen fest, 

1 . daß bei der menschlichen Tuberkulose eine positive Agglutination (1 : 60 
und darüber) für, eine negative gegen Tuberkulose spricht; 

2. daß der Agglutinationstiter mit dem Fortschreiten der Krankheit an- 
steigt, um erst kurz vor dem Exitus letalis wieder abzufallen; 

3. daß der Agglutinationstiter bei latenten Tuberkulosen meist imverändert 
bleibt, während er bei aktiven tuberkulösen Prozessen den lebhaftesten Schwan¬ 
kungen unterworfen sein kann. 

Eine Nachprüfung des Fornetachen Verfahrens durch Trenkel ergab, daß das 
Serum von erwachsenen gesunden Menschen einen Agglutinationstiter von 20 bis 
80 (negativer Ausfall), dasjenige von aktiv Tuberkulösen mit wenigen Ausnahmen 
einen Titer von 100 und höher (positiver Ausfall) aufweist. 

Köhler berichtet gleichfalls über günstige Erfolge mit dem Fornet sehen Antigen 
bei chirurgischer Tuberkulose. Auf Grund von ungefähr 1000 Agglutinations- 
Versuchen an chirurgischen Tuberkulösen, tuberkulosefreien Kranken und Ge¬ 
sunden gelangt Köhler zu dem Ergebnis, daß das Antigen die spezifische Tuber¬ 
kuloseagglutininmenge des Blutes festzustellen erlaubt und man damit Schlüsse 
auf die Menge der Tuberkuloseantikörper des Blutes ziehen kann. Titer von 
1 : 200 und darüber beweisen das Vorhandensein einer Tuberkulose, während 
ein Titer von 1 : 100 die Erkrankung sehr wahrscheinlich macht. 

Ähnlich günstige Resultate erzielte Diener , der bei einer größeren Anzahl 
Tuberkulöser einen Agglutinationstiter zwischen 1 : 40 und 1 : 400 fand. Bei 
einem Titer unter 1 : 80 glaubt er aktive Tuberkulose ausschließen zu können. 
Nach seiner Ansicht gibt das Fornet sehe Tuberkulosediagnosticum für die ein¬ 
zuschlagende Therapie nicht selten einen zuverlässigeren Maßstab ab als die mit 
allen Hilfsmitteln durchgeführte klinische Untersuchung der Kranken. 

In ähnlicher Weise wie das humane Tuberkulosediagnosticum hat 
nun Fornet ein bovines Diagnosticum hergestellt, das er zur Erprobung 
seiner diagnostischen Brauchbarkeit bei der Rindertuberkulose der Abtei¬ 
lung für Tropenhygiene des Hygienischen Instituts zur Verfügung stellte. 

Über die damit gewonnenen Resultate wird nachstehend berichtet. 

Eigene Versuche . 

Die bei den Untersuchungen verwandten Sera stammten vom Ber¬ 
liner Schlachthof. Infolgedessen war es möglich, sofort nach der Schlach¬ 
tung der Tiere, von denen Blut entnommen wurde, einwandfrei festzu¬ 
stellen, ob sie tuberkulös oder gesund waren. Bei der Herstellung der 
Verdünnungen wurde das von Christensen empfohlene Mengenverhält¬ 
nis angewandt. Das Blut wurde bei der Schlachtung in sterilen Glas¬ 
röhrchen aufgefangen. Das abgeschiedene und zentrifugierte, möglichst 
frische Serum soll möglichst wenig hämolytisch sein. Das Antigen, mit 
dem die Gläser zuerst beschickt wurden, stellt eine wasserhelle, fast 
völlig klare Flüssigkeit dar, die makroskopisch keine gröberen Be¬ 
standteile erkennen läßt, unter dem Agglutinoskop zeigen sich jedoch 
kleinere und größere Flöckchen. 



114 


E. Haendler: Untersuchungen Uber die Brauchbarkeit 


Vor Gebrauch wurde das Antigen stark geschüttelt, um eine mög¬ 
lichst gleichmäßige Verteilung zu erzielen. Für jeden Versuch wurden 
8 Reagensröhrchen benutzt, mittels Pipette wurde das erste Gläschen 
mit 0,45 ccm, das zweite mit 0,25 ccm, das dritte mit 0,4 ccm, alle 
übrigen mit 0,25 ccm des Antigens beschickt. Dem ersten Röhrchen 
wurden darauf 0,05 ccm des zu untersuchenden Serums hinzugesetzt. 
Durch mehrmaliges Aufsaugen und Zurückfließenlassen wurde das in 
Röhrchen 1 befindliche Antigen mit dem Serum gut vermischt, mit 
frischer Pipette daraus 0,25 ccm entnommen und in das zweite Röhrchen, 
ferner 0,1 ccm aus Röhrchen 1 in das dritte Gläschen überpipettiert 
und durch mehrmaliges Auf saugen gut vermischt. Es wurde dadurch 
in Röhrchen 2 und 3 eine Verdünnung von 1:40 bzw. 1: 100 erhalten. 
Die weiteren Verdünnungen von 1: 200, 1:400 usf. wurden erzielt, in¬ 
dem immer die Menge von 0,25 ccm nach Mischung aus Röhrchen 3, 
4 usw. abpipettiert und in das folgende Röhrchen überpipettiert wurde. 

Um eine etwaige Reaktion noch in höheren Verdünnungsgraden fest- 
stellen zu können, wurde bis zu einem Agglutinationstiter 1:6400 verdünnt. 
Aus Gläschen 2 und dem letzten Gläschen, also 8, wurden je 0,25 ccm ent¬ 
fernt und zum Schluß dann zu jedem Röhrchen noch 0,25 ccm des Antigens 
zugesetzt, so daß sich in jedem Röhrchen ein Gesamtvolumen von 0,5ccm 
befand. Die erzielten Verdünnungen betrugen 1:40,1:100,1:200,1:40O, 
1: 800, 1:1600, 1:3200, 1:6400. Ein weiteres Röhrchen wurde als Kon¬ 
trolle nur mit 0,5 ccm der Emulsion beschickt, die Gläser durchgeschüttelt 
und dann ca. 12 Stunden bei 37° Temperatur in den Brutraum gestellt. 

Nach Herausnahme blieben die Röhrchen noch etwa 15 Minuten 
bei Zimmertemperatur stehen und wurden dann mittels des Agglutino- 
skops abgelesen. 

Ich habe im ganzen 31 Normalsera und 33 Sera von tuberkulösen 
Rindern untersucht. Zur Berechnung der Stärke der Reaktion wählte 
ich folgende Zeichen: 

+ + + vollständige Agglutination unter dichter Flockenbildung, 

+ + starke Reaktion, Flockenbildung etwas schwächer, 

+ noch deutliche Reaktion, stärker als Kontrolle, 

+ ? spuren weise oder zweifelhafte Reaktion. 

Die tuberkulösen Sera wurden nach dem Vorgang von Hruska und 
Pfenninger nach dem Grad der bei der Fleischbeschau festgestellten 
Erkrankung eingeteilt: Gruppe I: Drüsentuberkulose, Gruppe II: Lungen- 
und Drüsentuberkulose, Gruppe III: Lungen-, Drüsen- und Pleuratuber¬ 
kulose, Gruppe IV: Lungen-, Drüsen-, Pleura-, Peritoneal- und Einge¬ 
weidetuberkulose, Gruppe V: generalisierte Tuberkulose. 

Es ergibt sich folgende Einteilung für meine Untersuchungen: 

1. Versuchsreihe: Untersuchung von 15 Rinderseren mit dem zuerst 
übersandten Originalantigen, das ich mit Diagnosticum I bezeichne. 



der A^glutinationsprobe mit dem Diagnosticum Fornet usw. 


115 


2. Versuchsreihe: Untersuchung von 37 Rinderseren mit einem von 
Formt abgeänderten Antigen (Diagnosticum II). 

Mit Diagnosticum I habe ich von den Fällen der Gruppe I (Drüsen¬ 
tuberkulose) 3 Seren, von Gruppe II (Lungen- und Drüsentuberkulose) 
1 Serum, von Gruppe III (Lungen-, Drüsen- und Pleuratuberkulose) 
4 Seren untersucht. 

Das Resultat ist aus der Tabelle ersichtlich. Die Kontrolle (K) er¬ 
scheint nach Herausnahme aus dem Brutraum unverändert. 


Tabelle I (Diagnosticum l). 


Titer 

Rind 5 

9 : 

14 

8 

2 

8 

4 

j 10 


T ! 

I 

I 

II 

111 

III 

III 

I 111 

1:40 

-l. 4- 4- 

' -4-4 

4 4 4 

4 b 4 

4 4 4 

i + + + | 

4- 4 4 

i 4- + -.- 

1:100 

4- 4- 4- 

4- -L 4 

4 4- 1 

4— b 4 

4 4 4 

1 4 

4 4 4 

444 

1:200 

4- 

4 4 

4 4 4 

4 

4 4 

1 4 4 

4 4 

b4 

1:400 

4- 

44 

! 4 4 

- 4 - 

4- 4 

4 4 

4 b 

4 4 

1:800 

! 4- 4 

4 4 

1 4 4 

-t 

4 4- 

i. + + 

4 4 

4—b 

1:1600 

. 44 

4 4 

, 4 4 

4 

4 4 4 

4 4 

4 4 

4 4 

1:3200 

wie K 

4 

4 4 

4 

4 4-4 

4 

4- 

4- 

1:6400 

wie K 

i + 1 

4 

4 

44 

wie K 

! 

4- 

1 * 


Es fällt auf, daß ein Unterschied der Reaktionsstärke bei den ein¬ 
zelnen Arten der Tuberkulose nicht besteht. Bemerkenswert ist ferner 
die auffallende, aber einwandfrei festgestellte Tatsache, daß sich in einigen 
Fällen in höheren Verdünnungsgraden wieder eine stärkere Reaktion zeigt. 

Noch auffälliger erscheint das Resultat der Untersuchungen bei einer 
Gegenüberstellung der Reaktionen der Norraalsera, wie Tabelle II zeigt: 


Tabelle II (Diagnosticum I). 

Normalsera 


Titer j 

| Rind 6 , 

7 ! 

11 

1:40 ! 

■ 4 44 

4 b 4 j 

4- 4 4 

1:100 

4 4 4 

-1-4 4- 

4 44 

1:200 

! i + ; 

4 

4 4 

1:400 

1 4- 

b 

4 4 

1:800 

! 4" 

1 + 

4 4 

1:1600 

r 4 

4 

; 44 

1:3200 

| wie K 

4 

4- 

1:6400 

i! wie K 1 

wie K 

wie K 


12 

| 18 

! 

16 


44 4 

44 4 

4-4 4 


4 4 4 1 

4 44 

4 44 

4 4 

4-4 ' 

4 4 

4 -b 

4- 

44 

4-4 

4 4 

4 

j + + i 

4 4 

4 4 

4 — 

4 4 

4 

4- 4 - 

wie K 


wie K 

t 

wie K 

1 + i 

wie K 

4 . 


Big zur Verdünnung 1:100 reagieren alle Sera, tuberkulöse wie nicht- 
tuberkulöse, gleichmäßig stark positiv ( + + + )• Darüber hinaus ist der 
Agglutinationstiter in der Regel noch bis zur Verdünnung 1: 3200 mehr 
oder weniger stark positiv, jedenfalls fast immer stärker als die Kontrolle. 

In dieser Einstellung war das Antigen also nicht mit Aussicht auf 
Erfolg zu verwenden, denn irgendwie verwertbare Unterschiede in der 
Stärke der Reaktion waren nicht zu beobachten. 







116 


E. Iiaendler: Untersuchungen über die Brauchbarkeit 


Um vielleicht eine größere Spezifität der Reaktion zu erreichen, wur¬ 
den je 5 ccm der Emulsion bei 4000 Umdrehungen in der Minute 5 Minuten, 
15 Minuten und 30 Minuten in der Zentrifuge ausgeschleudert und das s* > 
zentrifugierte Antigen bei 4 Seren geprüft. Das Resultat w r ar folgendes • 

Die Ausschleuderung 
des Antigens in der Zen¬ 
trifuge hatte also keine 
Änderung bezüglich der 
Spezifität der Reaktion 
herbeiführen können. Auch 
durch kürzeres Belassen der 
Röhrchen im Brutraum (2, ."> 


Tabelk I 


Titer 

27 

56 

i 67 

58 

28 

80 i 

86 

48 

52 j 

54 

1 

I 

i. 1 

I 

II 

II 

n 

II 

II 

n 

1:40 

4 - l. i 

4 4 

44 

4-4- 

4-4- 

4--4 

++ 

+ + 

4-4-4- 

4-4 

1 : 100 

4 4 

4 4 - 4- 

4-4- 

4 4- 

4- + 

-t- 4- 

4- 

4- 4- 

4-4- 

- L 

1 :200 

44 . 

4- 

4- 4 

44 

4 4 

4 4 

4 - 

4- + 

4 

- 

1:400 

■f" 

+ 

-1- 

44 

4 

4- -j' 

4 

4- 4 

4 

-t- 

1:800 , 

4 


4 

4 

4 

-u 

, 4 

4 

4" -r 

4 ^ 

1 : 1600 

1 + 

4-V 

4 

4 

4- __ 

4 

4 

4 

4 

wie K 

1:3200 

! + 

+ v 

} v 

r 

wie K 

4- 

: 4- 

4 

4 

wie K 

1:6400 

4 

wie K 

wie K 

4- 

wie K 

4- 

: 4 

4- 

; 4- 

wie K 


Tabelk VI 


1:40 -r f + + 

1 : 100 t f + I 

1 : 200 4-4- I + 

1:400 jj 4 + 

1:800 j f 

1 : 1600 i 1 wie K -r 

1: 3200 ii wie K wie K 

1: 6400 wie K wie K 

und 10 Stunden) war ein besseres Ergebnis nicht zu erzielen, wde sieh 
aus Tabelle IV ergibt. 

Auf diesseitige Bitte stellte Herr Dr. Fomet ein schwächer reagierendes 
Antigen zur Verfügung (Diagnosticum II). Hiermit habe ich von Gruppe 14, 
von Gruppe II 7, von Gruppe III 2, von Gruppe IV 5 und von Gruppe V 
2 Seren untersucht, im ganzen 20 tuberkulöse und 17 Normalsera. 
Sera der Gruppe VI (frische Blutinfektion) konnte ich nicht erhalten. 
Die Ergebnisse der zweiten Versuchsreihe sind aus Tab.V zu ersehen. 
Es ist ersichtlich, daß zwar die Reaktion im ganzen schwächer, aber damit 
nicht spez. geworden war. Der Agglutinationstiter war im allgemeinen ahn- 


No nnal.se ra 


81 

82 

87 

88 

88 

40 

4 4 

£& -t 

4 4- 

4 4 

4 4- 


4 t- 

4- 4 

4 4 

4 4 

4 -i 


4 4- 

4 4 

-i 

■ 

~- 

- 

4- ■*-* 

4 

4 

-r 

4 


4 


1 


wie lv 

4 

4 


1 

i- V 

wie K 

-* 

wie K 

wie 

» 

wie K 

4 

-j 

wie K 

wie 


Tabelle III (Diagnosticum I). 


Titer 

[Tb 18 1 

I 15 Min.! 

Tb 18 

I 80 Min. 

Norm. 17 

5 Mio. 

Norm. 18 
80 Min. 

1:40 ! 

i 444 ; 

4 4- 4 

44 4 

V 4— r 

1:100 i 

44 4 . 

4 4 4 

4- 4 4 

44 4 

1 : 200 

,44-1 ; 

4 44 

4 4 

4- +■ 

1 :400 

: + 4 ; 

44 

4-4 

4 44 

1 :800 

4- 4- : 

44 

44 

4 4 

1 :1600 

1 - r 

44 

44 

_L -U 

i i 

1:3200 

j + 4 

4—b 

4 


1 : 6400 ! 

4 ’ 

4 

44 

wie K 





der Agglutinationsprobe mit dem Diagnosticum Fornet usw. 117 

lieh der ersten Versuchsreihe unverändert geblieben, mit dem Unterschied, 
daß in der Regel bei den Verdünnungen 1:40—1:200 eine nicht so dichte 
Flockenbildung wie bei Verwendung des Diagnosticums I zu beobachten 
war. Tab. VI zeigt die Reaktion der Normalsera der zweiten Versuchsreihe. 


Tabelle IV (Diagnosticum I). 


Titer 

Rind 22 
Norm. 2 St. 

21 

Tb 2 St. 

22 

Norm. 6 St 

28 

Tb 6 St. 

24 

Norm. 10 St. 

25 

Tb 10 St. 

1 : 40 

4- -f +- 

4 - 4 - 4 - 

+ + + 

!-+ + 

4-4-4- 

4-4-4- 

1 : 100 

i< ++• + 

+ -f -t- 

+ 4- 

- h 4- 

4-4" 

-4- 4 - 

1:200 

++ + 

4 - 

14- 

4- f + 

4-4 - r 

4-4- — 4- 

1:400 

-L 4 - 

— 

4- 

4- f 

4- 

i 

1:800 

+ + 

4- 4- 

1 4- 

4-4-4- 

i. 

4- 

1 : 1600 

-v- -f 

4 - 

+ 

4-4- 

4- ? 

■ f 

1 : 3200 

f 4-4- 

1 


4- 


: 4- 

1:6400 

i! 4 - 

| — 

! T 

+ 4- 

4- 

i 4- V 


(Diagnosticum II). 


60 

I 84 

49 

89 

48 

46 

50 

62 

68 

64 i 


Titer 

n 

1 ni 

m 

IV 

IV 

IV 

IV 

IV 

V 

V i 


4- -r 

: 4-4- 

-»-4- 

4-4- 

4-4- 

+ + 

++ 

+ + 

4-4- 

4 -f- , 

l 

: 40 

... u 

4- - 

+ + 

4- 4- 

4-4- 

4- 4- 

4- 4- 

+ + 

4-4- 

4 4- 

l 

: 100 

— 

-f- 

4- 

4- 

4” 4- -- h 

4- i 

4-r 

+ ■+ 

4- 

4-4- 

l 

: 200 

4- ? 

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4- 

4- 

-f- 

4" 4- ; 

4- v 

1 4- 

4- 

4- : 

l 

: 400 

4- 

4- 

4 

wie K 

4- 

4- ! 

4- 

' 4- 

4-4- 

4- 4- ! 

1 

: 800 

4- 

4- 

4- 

+ 

+ 

4- 

4_ 

: 4 

1 4- 

4- i 

l 

: 1600 

- 

4 

i + 

4- 

4- 

1 4- 

-i- 

4- 

4- 

4 V : 

l 

: 3200 

4 . 

j_ v 

-f- 

4- 

4- V 

wie K 

--U 

wie K 

1 , 


! i 

: 6400 


(Diagnosticum II). 


42 1 

44 

45 | 

47 

Normalsera 

51 

58 

55 | 

59 

61 

_ 

4- 4- 

4. 

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4- f 

4 4- 

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4- 4- 

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4- 

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4- 

4- 

4- 

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4- 

4- 

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4 - 

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4- 

wie K 

-h 

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4- 

.. 

... 

4- V 

4- 

4- 

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- 

4- 

4- 

4- 

| wie K 

4- 

wie K 

4- 

wie Jv 

— 

4- 

wie K 

4- 

wie K 

- 1 - 

i wie K 

4-? 

wie K 


Ein Vergleich der Tab. V und VI ergibt, daß verwertbare Reaktions- 
unterschiede bei tuberkulösen und Normalseris auch bei Verwendung des 
abgeänderten Diagnosticums II nicht zu beobachten waren. 

Die von Herrn Dr. Fornet zugesagte weitere Überlassung abge¬ 
änderter Antigene mit möglicherweise größerer Spezifität ließ sich nicht 
verwirklichen, da durch den Ruhreinbruch der Betrieb des Instituts des 
Herrn Dr Fornet infolge Kohlenmangels einstweilen eingestellt werden 
mußte. Meine Versuche mußten aus diesen Gründen abgebrochen werden. 

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß aus meinen Unter¬ 
suchungen, die insgesamt 31 Sera von gesunden und 33 Sera 


von 









118 


E. Haendler: Untersuchungen über die Brauchbarkeit usw. 


tuberkulösen Tieren in verschiedenen Stadien der Erkrankung betrafen, 
verwendbare Unterschiede in der Agglutinationsstärke sich nicht er¬ 
geben haben. 

Zur Zeit kann somit dem erhältlichen Fometschen Diagnosticum eine 
Bedeutung für die Diagnose der Rindertuberkvlose nicht zugesprochen 
werden . Ob dies an einer mangelrfden Spezifität des Antigens liegt, die 
möglicherweise noch abzustellen wäre, oder in dem in der Regel sehr 
chronischen Verlauf der Tuberkulose der Rinder begründet ist, der die 
verstärkte Bildung spezifischer Agglutinine ungünstig beeinflußt, kann 
auf Grund meiner Versuche noch nicht entschieden werden, muß viel¬ 
mehr weiteren Untersuchungen überlassen bleiben. 

Literaturverzeichnis. 

Arloing , Compt. rend. 1898, S. 1319, 1398, 1550. — Arloing et Courmont, 
Joum. de physiol. et de pathol. g6n. 1900. — Bach , Vet.-med. Inaug.-Diss., Bern 
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f. klin. Med. 138, 229. 1922. — Fraenkd, Hyg. Rundschau 13, 1630. 1900. — 
Friedberger und Fröhntr , Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der 
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Tierheilk. — Hennepe, Vet.-med. Inaug.-Diss., Bern 1909. — Horcicka, Hyg. 
Rundschau 1900, Nr. 22. — Hruska und Pfenninger , Ann. de l’inst. Pasteur 35, 
96. 1921. — Huiyra und Marek , Spezielle Pathologie und Therapie der Haus¬ 
tiere. 2. Aufl. Bd. 1, S. 580. — Kießig, Vet.-med. Inaug.-Diss., Leipzig-Dresden 
1908. — R, Koch, Dtsch. med. Wochenschr. 1901, Nr. 48, S. 830. — Echter, 
Klin. Wochenschr. 1923, Nr. 14, S. 635. — Lubowsky, Zeitschr. f. Hyg. u. Infek- 
tionskrankh. 35, 93. 1900. — Malm , Bericht über den VIII. intemat. tierärztl. 
Kongreß in Budapest 1905. — Neißer , Wien. med. Wochenschr. 48/43. 1900. — 
Richters, Zeitschr. f. Veterinarkunde 1922, H. 10, S. 297. — Rothe und Bierbaum . 
Veröffentlichung, der Robert Koch-Stiftung 1916, H. 1. — Ruppel und Rick» 
mann , Über Tuberkuloseserum. Zeitschr. f. Immunitätsforsch. u. exp. Therapie, 
Orig. 6, 1910, S. 344—389. — Trenkel, Schweiz, med. Wochenschr. 1922, Nr. 39. — 
Wassermann, Dtsch. med. Wochenschr. 1923, Nr. 10, S. 303. — Wolff-Eisner, 
Die Ophthalmo- und Cutandiagnose der Tuberkulose. Würzburg: C. Kabitzseh 
(Stübers Verlag). — Wyschelessky, Inaug.-Diss., Leipzig 1912. 



UK 

ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

E.ABDERHALDEN-HALLE A. S., ST. ANGELOFF-SOFIA, M.CASPER-BRESLAÜ, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. ERN8T-SCHLEISS HEIM, 
W, FREI-ZÜRICH. K. UOBSTETTER-JENA, F. HUTYRA VON SZEPESHELY- 
BÜDAPEST, H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK- 
BUDAPEST, H.MIESSNER-H ANN OVER, K.NEUM ANN-BERLIN, A.OLT-GIESSEN, 
A. ST08S-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 

50. BAND. 2. HEFT 
MIT 1 TEXTABBILDUNG 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1923 


II 


Archiv fttr wlMeuchmfUlehe and pmktlache Tierheilkunde. 60. Bend, Heit ?. 


Das „Archiv fttr wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde“ 

erscheint in Bänden von je 6 Heften. 

Das Archiv erscheint vom 50. Bande ab nach Maßgabe des eingehenden Materials 
in zwanglosen, einzeln berechneten Heften, von denen sechs einen Band von etwa 
42 Bogen bilden. 

Der für dieses Archiv berechnete Bandpreis hat seine Gflltigkeit nur während der Däner 
des Erscheinens. Nach Abschluß eines jeden Bandes tritt eine wesentliche Erhöhung ein. 

An Sonderdrucken werden den Herren Mitarbeitern von jeder Arbeit 30 Exemplare 
kostenlos geliefert. Doch bittet die Verlagsbuchhandlung, nur die zur tatsächlichen 
Verwendung benötigten Exemplare zu bestellen. Über die Freiexemplarzahl hinaus 
bestellte Exemplare werden berechnet. Die Herren Mitarbeiter werden jedoch in ihrem 
eigenen Interesse dringend gebeten, die Kosten vorher vom Verlage zu erfragen, um 
spätere unliebsame Überraschungen zu vermeiden. 

Manuskriptsendungen für das Archiv werden erbeten an: . 

Herrn Professor Dr. Neumann, Berlin NW, Luisenstraße 56, 

Herrn Professor Dr. Miessner, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. Hobstetter, Jena , Veterlnäranstatt. 

Es wird vorausgesetzt, daß die eingesandten Arbeiten dem „Archiv 41 zum alleinigen 
Abdruck gegeben werden; Zweidrucke sind von der Aufnahme ausgeschlossen. 

Im Interesse der unbedingt gebotenen Sparsamkeit wollen die Herren Verfasser auf 
knappste Fassung ihrer Arbeiten und Beschränkung des Abbildungsmaterials auf das 
unbedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Verlagsbuchhandlung Julius Springer 


50. Band. Inhaltsverzeichnis. 2. Heft. 

1. Originalien . Seite 

Bitter, Ludwig, und H. Holtz. Die Bedeutung der Typentrennung in der Para* 

typhus-Enteritisgruppe.119 

Manninger, B. Ist die Komplementbindungsprobe zur Untersuchung von Schweine¬ 
seren geeignet?.157 

Hesse, Erich. Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, auf die Fortent¬ 
wicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus.168 

2. Bückerbesprechungen .192 

3. Dissertationen . 

Basch, Kurt. Versuche mit einem neuen, SO* abspaltenden Mittel zur Ungeziefer¬ 
bekämpfung .193 

Töllner, Wilhelm. Pseüdohermaphroditismus bei der Ziege .205 

Bahne, Albert. Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik des Rausch¬ 
brandes, zur Impfung und Entschädigungsfrage.213 

Majewski, Walther. Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hund, Rind 
und Pferd und Vorschläge zur zeitgemäßen wirksamen Bekämpfung dieser 
Seuche .219 


« B 1 O 1 I N 

Anerkannt bestes Desinfektionsmittel. Unentbehrlich in 
der Wundbehandlung sowie gegen Seuchen aller Art 

Literatur gratis durch 

Creolinfa&nk Ottonwr Quandt HanM 11 

a«> 


















Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus - 

Enteritisgruppe. 

Von 

Prof. Dr. med. Ludwig Bitter und Dr. med. vet. H. Holtz. 

(Aus dem Hygienischen Institut in Kiel [Direktor: Prof. Dr. med. Kisskalt].) 

(Eingegangen am 2. Juli 1923.) 

Die Geschichte der Fleischvergiftungen beweist, daß bei den Schlacht- 
tieren mit dem Vorkommen von Krankheitsprozessen gerechnet werden 
muß, auf die oft ursächlich die bei Menschen nach dem Genuß des 
Fleisches derart erkrankter Tiere auftretenden Erkrankungen und 
Massenerkrankungen zurückzuführen sind, die wir als Fleischvergiftungen 
bezeichnen. Nach den bisher gemachten Beobachtungen kommen für 
diese im ätiologischen Zusammenhang stehenden Erkrankungen bei 
Menschen und Tieren Bakterien der sogenannten Paratyphus-Enteritis- 
Gruppe in Betracht. 

Die in Rede stehenden Fleichsvergiftungen spielen wegen der Eigen¬ 
artigkeit ihrer Entstehungsweise, ihrer Erscheinungen und Folgen unter 
allen Nahrungsmittelvergiftungen die bedeutsamste Rolle. Über ihre 
Häufigkeit lassen sich keine ganz bestimmten Angaben machen, da eine 
genaue Statistik der Nahrungsmittelvergiftungen noch nicht existiert 
und sich wohl erst sehr langsam in einigermaßen einwandfreier Weise 
wird aufstellen lassen. Man ist auf eine Schätzung angewiesen, und da 
wird man nicht fehlgehen, wenn man einen gebührenden Anteil der unter 
den Erscheinungen eines akuten Magen-Darmkatarrhs auftretenden 
Erkrankungen, welche auf das Konto von schädlichem Fleisch zu setzen 
sind, nicht zu niedrig anschlägt (Hübener 1 )]. 

Die Geschichte der Fleischvergiftungen hat ferner gelehrt, daß 
Fleischvergiftungen im ursächlichen Zusammenhang mit Notschlach¬ 
tungen von kranken Schlachttieren stehen können, die intravital mit 
Bakterien aus der Paratyphus-Enteritis-Gruppe infiziert waren. Bei 
einer anderen Gruppe von Fleischvergiftungen aber ist die Annahme einer 
postmortalen Infektion des Fleisches sicher nicht von der Hand zu weisen; 
namentlich in den Fällen, in denen sich nur ein Fleischviertel oder Teile 
des Fleisches giftig erwiesen, die übrigen Teile aber unschädlich waren. 
In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um amtlich untersuchtes 
und als tauglich bezeichnetes Fleisch, das aber sekundär mit den in Be- 

Arch. f. TlerheUk. L. 9 



120 


L. Bitter und H. Holtz: 


tracht kommenden Bakterien verunreinigt wurde. Standfuss 2 ) hat diese 
postmortale Infektion des Fleisches, die entweder durch die Hand des 
Schlachters, gelegentlich auch einmal durch die Vermittlung von Ratten 
und Mäusen stattfindet, als „ Hackfleischinfektion “ bezeichnet. Diese 
Bezeichnung trifft nicht wörtlich das Richtige; denn es kommen auch 
auf diese Weise Infektionen von einzelnen Fleischstücken, die nicht 
gehackt sind, vor. Wir können aus den Aufzeichnungen der Fleisch¬ 
vergiftungen und aus unseren eigenen Beobachtungen entnehmen, daß 
etwa 50% aller menschlichen Fleischvergiftungen auf diese Weise zu¬ 
stande kommen. Andererseits geht aus der Zusammenstellung der 
Fleischvergiftungen hervor, daß in einer großen Zahl der Hackfleisch¬ 
vergiftungen das Hackfleisch von kranken Tieren stammte, bei denen 
Bakterien der Paratyphus-Enteritis-Gruppe Ursache der Erkrankungen 
waren. Man muß deshalb bei jeder nach Hackfleischgenuß auftretenden 
Erkrankung auch an das Fleisch von kranken Tieren denken und nach 
dieser Richtung die Erhebung anstellen. Dieser Gedanke lenkt unser 
Augenmerk auf die gewissenhafte Untersuchung aller derjenigen not¬ 
geschlachteten Tiere, deren zur Notschlachtung führende Erkrankung 
in das Wurzelgebiet der Fleischvergiftungen gehört (Standfuss). Die 
schwere Störung des Allgemeinbefindens und die große Hinfälligkeit, 
die zu der lokalen Erkrankung der Tiere oft in keinem Verhältnis stehen, 
geben nach von Ostertag*) einen bedeutsamen Fingerzeig für die Er¬ 
mittlung dieser quoad camem gefährlichen Erkrankungen. Außerdem 
sind aus den pathologisch-anatomischen Veränderungen (trübe Schwel¬ 
lung, fettige Degeneration der Leber, des Herzens und der Niere, Milz¬ 
tumor, Blutungen unter den serösen Häuten, Schwellung der Lymph- 
drüsen) öfter wichtige Anhaltspunkte für eine richtige Beurteilung zu 
gewinnen. In den Fällen, in denen der pathologisch-anatomische Befund 
für sich allein einen sicheren Anhalt für die Beurteilung des Fleisches 
kranker Schlachttiere nicht bietet oder völlig negativ ist (und deren 
sind nicht wenige) kann nur die von Basenau*) zuerst angeregte bak¬ 
teriologische Fleischbeschau den Verdacht des Vorhandenseins von 
Fleischvergiftern als begründet oder nicht begründet entscheiden. 

Während man noch bis in das letzte Jahrzehnt des vorigen Jahr¬ 
hunderts die Fleischvergiftungen im pharmakologischen Sinne auf¬ 
faßte, wissen wir heute, daß die Ursache in dem weitaus größten Teil 
der Fleischvergiftungen Bakterien und ihre Produkte sind. Wenn aber 
auch die eigentliche Ursache Mikroorganismen darstellen, so handelt 
es sich in der Hauptsache neben der Infektion um eine Intoxikation mit 
den durch bakterielle Wirkung erzeugten Giftstoffen ( Hübener). 

Die Frage nach dem Wesen der Fleischvergifter hat im Laufe der 
Jahre manche Wandlung erfahren, bis man heute zu einer einigermaßen 
einheitlichen Erkenntnis im Paratyphus-Problem gekommen ist. Diese 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 121 

Erkenntnis ist aber keineswegs Allgemeingut der Ärzte und Bakterio¬ 
logen. Im Gegenteil, Theoretiker und Praktiker befinden sich zum 
großen Teil noch in verhängnisvollen Irrtümem befangen, und es ist 
dringend wünschenswert, daß eine allgemeine Klärung der Sachlage 
sich rasch Bahn bricht. Nur dann, wenn die Unsicherheit hinsichtlich 
der Bedeutung der bei Schlachttieren nicht selten zu findenden einzelnen 
Angehörigen der großen Paratyphus-Enteritis-Gruppe für das Zustande¬ 
kommen von menschlichen Fleischvergiftungen mehr und mehr ver¬ 
schwindet, ist auf eine nennenswerte Einschränkung dieser Vergiftungen 
zu rechnen. 

Die Geschichte des Fleischvergifter-Problems ist umfangreich. Sie zeigt uns, 
wie ursprünglich richtige Tatsachen und Fäden, die sehr wohl den Forscher zum 
erstrebten Ziele hätten führen können, durch unglückliche Zufälle und durch das 
Bestreben, eine zu große Vereinheitlichung in das Problem zu bringen, verwirrt 
wurden. 

Es ist hier nicht unsere Aufgabe, auf die ganze Entwicklung der Fleich- 
vergifter-Frage im einzelnen einzugehen. Nur soviel soll gesagt sein, daß August 
Gärtner 5 ) der erste war, der im Jahre 1888 ein wohl charakterisiertes Bacterium 
als den Erreger von menschlichen Fleischvergiftungen so ausführlich und ein¬ 
deutig beschrieb, daß dieses Bacterium enteritidis Gärtner eigentlich durch die ganze 
Zeit des Typenkampfes in der Paratyphus-Enteritis-Gruppe als etwas Besonderes 
und Abtrennbares gegolten hat. Das liegt in erster Linie in dem markanten sero¬ 
logischen Verhalten dieses Stäbchens begründet, welches demselben agglutinato- 
risch eine nahe Verwandtschaft zum Typhusbakterium, kulturell eine ebensolche 
zum Bacterium paratyphi B (Schottmüller), Bacterium suipestifer usw. anweist. 
Flügge-Kaensche 6 ) haben ebenso wie de Nobele* 6 ) einen zweiten Typ von mensch¬ 
lichen Fleischvergiftern beschrieben, ersterer im Jahre 1893, letzterer im Jahre 
1892, der in der Folgezeit als Bacterium enteritidis breslariense sive Aertryk bezeichnet 
wurde, serologisch dem Bacterium paratyphi B (SchottmüUer) sehr nahe steht, 
kulturell auch viele Eigenschaften mit ihm gemeinsam hat, ohne aber in dieser 
Hinsicht vollständig mit ihm übereinzustimmen. Das Bacterium paratyphi B 
(SchottmüUer) ist später entdeckt (1899) als das Bacterium enteritidis breslaviense 
(1893). 

Während Bacterium enteritidis Gärtner, breslaviense und Aertryk als die 
Erreger von nach Fleischgenuß aufgetretenen mehr oder weniger heftigen Gastro¬ 
enteritiden festgestellt worden sind, hat Schottmüller 1 ) sein Bakterium ebenso wie 
Kurth u ) sein mit dem SchoUmüllerschen identisches, aus typhös verlaufenden Krank¬ 
heitsfällen des Menschen, bei denen ein ursächlicher Zusammenhang mit Fleischgenuß 
nicht festgestellt und nur in einem Falle (Kurth) vermutet werden konnte, isoliert. 
Erst in der Folgezeit kam es dahin, daß man die beiden Fleischvergifter Breslau 
und Aertryk auf Grund ihrer nahen serologischen und kulturellen Verwandschaft 
mit dem Bacterium paratyphi B (SchottmüUer) identifizierte und kurzweg als 
Paratyphus-B-Bacterium bezeichnete. Diese Identifizierung wurde weitgehende 
gefördert durch die umfassenden Arbeiten vonP. Uhlenhuth 9 ) und seinen Schülern. 
Weil ihnen bei der Untersuchung von vielen Stämmen verschiedener Herkunft 
wegen der, wie man heute vermuten muß, nicht glücklichen Auswahl bzw. Her¬ 
stellung ihrer Immunsera eine serologische Trennung nicht recht gelingen wollte, 
gingen sie dazu über, alle Bakterien, die kulturell mit dem Bacterium paratyphi-B- 
(SchottmüUer) ihrer Meinung nach vollständig übereinstimmten, als Paratyphus¬ 
stäbchen zu bezeichnen. Paratyphus-B-Bakterien nannten sie alle diejenigen von 

9* 



122 


L. Bitter und H. Holtz: 


ihnen, die mit dem echten Paratyphus B-Bacterium eine weitgehende Gemeinschaft 
im Agglutininbildungs- und Agglutinations-Vermögen zeigten, Paratyphus C-Bak- 
terien diejenigen, die durch ein bedeutend weniger umfassendes Vermögen in der 
genannten Hinsicht ausgezeichnet waren. Schottmüller ging sogar soweit, auch das 
Gärtnerstäbchen mit seinem Paratyphus-B-Bacterium zu identifizieren, jeden¬ 
falls es für eine Untergruppe zu bezeichnen, deren Abtrennung unsicher sei und 
wohl nur theoretisches Interesse habe. Bonhoff 6 1 ) wollte das Paratyphus-Bacterium 
Schottmüllers als Gärtnerstäbchen bezeichnet wissen. Beide letztgenannten Autoren 
haben allerdings ihren Standpunkt, wie schon oben hervorgehoben, nicht zu einem 
von weiteren Kreisen anerkannten ausbauen können. Trotzdem nun aber eine Reihe 
von Forschem [ B . Fischer 10 ), R . Midier 11 ), L. Bitter 12 ), Wagner u ), Trautmann 1 *) 
Selter 15 ) usw.] sich gegen die Vereinheitlichung des Begriffs „Paratyphus-Bak¬ 
terien“ wehrte, wurde es, dem Vorgänge Schoitmüllers folgend, auch in der Veterinär¬ 
medizin gebräuchlich, alle beim Tier gefundenen Angehörigen der Paratyphus- 
Enteritis-Gruppe als Paratyphus-Bakterien anzusprechen, und, falls sie eine Er¬ 
krankung bei Tieren bedingten, von einem Paratyphus derselben zu reden, gleich¬ 
gültig ob es sich um eine Sepsis, Darmkrankheit, ein Verwerfen usw. handelte. 
Alle diese Krankheiten sind auch heute nach der Auffassung vieler Veterinär 
Mediziner Paratyphen, und man fügt höchstens, wie z. B. beim Stutenabort, der 
Bezeichnung Paratyphus zur Erläuterung abortus equi bei. Wird von den durch 
Angehörige der Paratyphus-Enteritis-Gruppe bewirkten Erkrankungen der Tiere 
in ihrer Gesamtheit gesprochen, so sagt man „die Paratyphus-Erkrankungen der 
Tiere“. Ja sogar Bakterien der genannten Gruppe, die gar nicht mit Sicherheit ah 
Krankheitserreger angesprochen, sondern im allgemeinen nur als Bcgleitbakterien. 
als Nösoparasiten, bezeichnet werden müssen, wie das Bakterium suipestifer bzw. 
Hoghcholerastäbchen, wurden Paratyphus-Bakterien genannt. Daß diese Para¬ 
typhusbakterien des Tieres einerseits für das Tier selbst nicht in jedem Falle Krank 
heitserreger waren, andererseits das Verzehren eines Fleisches, das irgendein 
sogenanntes Paratyphus B-Bacterium in großen Mengen enthielt, beim Menschen 
gar keine Krankheitserscheinungen setzen konnte, trotzdem das Tier, von dem 
das Fleisch stammte, kurz vor seinem infolge der Infektion drohenden Tode not- 
geschlachtet w^ar, suchte man in mehr oder weniger komplizierter Welse zu er¬ 
klären. Besonders Max Müller 16 ) hat in der letzten Zeit eine diesbezügliche Er¬ 
klärung abgegeben, die darauf hinausläuft, daß der Typentrennung der Angehörigen 
der Paratyphus-Enteritis-Gruppe nur untergeordnete praktische Bedeutung zukäme, 
und lediglich durch die Virulenzschwankung des einzelnen Bakteriums seine Patho¬ 
genität für Mensch und Tier bedingt würde. 

Das Vorgehen der Veterinär-Mediziner war durch die Stellungnahme der 
Human-Mediziner zum Paratyphus-Enteritis-Problem zweifellos gerechtfertigt. 
Auch die Mediziner hatten sich in ihrer überwältigenden Mehrheit daran gewöhnt, 
durch Bakterien der Paratyphus-Enteritis-Gruppe bedingte Erkrankungen des 
Menschen als „Paratyphus“ zu bezeichnen, ganz gleichgültig, was für klinische 
Bilder diese Erkrankungen darboten, und welche epidemiologischen Feststellungen 
bezüglich der Verbreitung der verschiedenen Krankheitsbilder gemacht werden 
konnten. Die alte Bollinger sehe Lehre von der Dreiheit der Erkrankungsformen an 
Paratyphus beim Menschen hat sich bis zum heutigen Tage im weitesten Ärzte¬ 
kreise erhalten und nicht wenig zur Verwirrung in dem ganzen Problem beigetragen. 
Diese Lehre besagt: Es gibt 3 Formen von menschlichen Paratyphuserkrankungen, 
1 . die choleraähnliche , 2. die gastrointestinale und 3. die typhöse Form . Alle drei 
werden vorzugsweise durch Paratyphus B-Bakterien hervorgerufen, die beiden 
ersten können auch durch Gärtnerstäbchen bedingt sein. Es fehlt nicht an An¬ 
gaben in der Literatur darüber, daß im Verlauf von durch Fleisch oder Milch- 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 123 


speisengenuß bedingten Massenerkrankungen, bei denen „Paratyphus-Bakterien“ 
als erregendes Moment im beschuldigten Nahrungsmittel und im Organismus des 
Erkrankten festgestellt werden konnten, typhöse, gastrointestinale, oder gar alle 
drei Krankheitsbilder nebeneinander zur Beobachtung kamen. Wolf Gärtner 17 ) 
hat alle diese Angaben hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit kritisch geprüft und fest- 
gestellt, daß keine einzige von ihnen einer Kritik in dem Sinne standhalten könne , 
daß aus ihr klar und deutlich hervorgeht, daß ein und dasselbe Bakterium bei ein¬ 
zelnen Menschen rein gastrointestinale, bei anderen typhöse Krankheitsbilder gesetzt 
hätte. Es kann nicht in Abrede gestellt werden und ist besonders von Ludwig 
Bitter immer wieder betont worden, daß im Anfangsstadium einer typhösen Er¬ 
krankung ein gastrointestinaler Einsatz erfolgen kann. Das ereignet sich aber nicht 
nur beim Paratyphus, sondern auch beim echten Unterleibstyphus. Erst neuer¬ 
dings hat E. von Balogh 18 ) wdeder über derartige Fälle berichtet. Diese gastrointe¬ 
stinalen Einsätze, die bei weiterhin unter typhösem Bilde verlaufenden Para- 
tvphen des Menschen zur Beobachtung kommen, mögen dadurch bedingt sein, 
daß die Infektion mit sehr zahlreichen echten Paratyphus B-Bakterien, meistens 
unter Vermittlung eines Nahrungsmittels stattgefunden hat. In dieser Hinsicht 
kann man Trautmann beipflichten, der annimmt, daß durch die Menge der auf¬ 
genommenen Krankheitskeime das entstehende Krankheitsbild beeinflußt werden 
könnte. Sicherlich unrichtig aber ist die Verallgemeinerung der Annahme Traut- 
manns , daß durch die Menge der auf genommenen Krankheitserreger das beim Men¬ 
schen entstehende Krankheitsbild derart bestimmt werden könnte, daß das eine Mal 
eine rein gastrointestinale, das andere Mal eine rein typhöse Form zustande käme. 
Eine Trennung von choleraähnlicher und gastrointestinaler Form ist für die vor¬ 
liegende Betrachtung über das Paratyphus-Enteritis-Problem nicht notwendig. Die 
choleraähnliche und gastrointestinale Form unterscheiden sich, wie jeder Kliniker 
ohne weiteres zugeben wird, nur quantitativ , während diesen beiden Formen gegen¬ 
über das typhöse Krankheitsbild einen markanten qualitativen Unterschied zeigt. 
Es soll hier nur erwähnt werden, daß bei manchen menschlichen Epidemien, die 
von den Autoren als Stützen für die Lehre von der Mannigfaltigkeit der durch ein 
und dasselbe Paratyphus-Bacterium bedingten Krankheitserscheinungen heran¬ 
gezogen werden, auf den ersten Blick diese Mannigfaltigkeit der Krankheitsbilder 
einleuchten könnte. Das gilt besonders von der bei Hainburger und Bosenthal 19 ) 
beschriebenen Epidemie. Sieht man sich aber die Verhältnisse genauer an, so steht 
nichts im Wege, anzunehmen, ja alle Einzelheiten der Massenerkrankung sprechen 
sogar dringend dafür, daß es sich um eine echte Paratyphus B-Infektion handelte, 
bei der entsprechend der großen Menge der mit einem Nahrungsmittel aufgenomme¬ 
nen Paratyphus B-Bakterien, ein großer Teil der Fälle mit gastrointestinalem Ein¬ 
satz und weiterem typhösen Verlauf sich präsentierte. Diejenigen Fälle aber, die 
scheinbar nur gastrointest inale Symptome, und zwar in ziemlich schwacher Form 
darboten, sind als abortive typhöse Erkrankungen mit gastrointestinalem Einsatz 
zu deuten (vgl. die Ausführungen von Wolf Gärtner a. a. O.). Wichtig für diese 
Betrachtung bleibt letzten Endes der Umstand, daß mit Ausnahme eines einzigen 
Falles in der neuesten Literatur (Lewy und Holm 29 ) über keinen Fall berichtet 
wurde, in dem Gärtnerstäbchen oder das gleich zu besprechende Breslau-Bacte- 
riuna ein typhöses Krankheitsbild erzeugt hätten. Der Fall von Lewy und iHolm, 
der als Unikum bislang dasteht, ist, vorausgesetzt daß alle bakteriologischen An¬ 
gaben der Autoren, woran keineswegs gezweifelt werden soll, stimmen, mit einer 
in der Ruhr-Typhus-Coli-Gruppe doch nicht so seltenen Mischinfektion zu erklären. 
Diesen Standpunkt vertritt außer uns 47 ) auch Schiff 21 ). Bezüglich der kritischen 
Einzelheiten über die in der Literatur niedergelegten Beschreibungen von Nahrungs¬ 
mittelvergiftungen, die bei den befallenen Menschen zum Teil unter dem Bilde 



124 


L. Bitter und II. Holtz: 


einer typhösen, zum Teil unter dem Bilde einer gastrointestinalen Erkrankung ver¬ 
laufen sind oder Bein sollen, verweisen wir nochmals auf die ausführliche Arbeit 
Wolf Gärtners 11 ). 

In dieser Arbeit finden sich auch andere interessante und bedeutsame Mit¬ 
teilungen über die Erreger von durch die Literatur den weitesten wissenschaftlichen 
Kreisen bekannten sogenannten Paratyphus-Epidemien des Menschen. Wolf 
Gärtner hat mit Ludwig Bitter die alten Sammlungskultmen aus diesen Epide¬ 
mien, soweit sie in verschiedenen Instituten noch erhältlich waren, nachgeprüft 
und konnte feststellen, daß der Bakterienbefund ausnahmslos mit dem klinischen 
Verlauf dieser Epidemien übereinstimmte. Also, Gastroenteritis-Erkrankungen 
waren durch Enteritisbakterien, typhöse Erkrankungen durch Paratyphusbak¬ 
terien bedingt. Bezüglich der pathologischen Anatomie von echten Paratyphus- 
Erkrankungen und Gastroenteritiden finden wir bei Gärtner überzeugende Dar¬ 
legungen für die Unterscheidung der beiden Krankheitsformen und ihrer Erreger. 

Damit kommen wir zu der außerordentlich wichtigen Frage der 
Abtrennbarkeit der Enteritisbakterien von den Paratyphusbakterien und 
daran anschließend zu der über die Bedeutung dieser Bakterien für den 
Menschen und das Tier. Es ist oben hervorgehoben worden, daß das 
Enteritis-Bakterium Flügge-Kaensche, das mit Aertfryfc-Bacterium und 
dem Mäusetyphusstäbchen von Löffler wohl identisch sein dürfte, und 
in der Folgezeit als Bacterium enteritidis breslaviense bezeichnet wurde, 
von Uhlenhuth und seinen Schülern und dann später von fast allen 
Bakteriologen und Forschern mit dem Paratyphusbacterium (Schott¬ 
müller) identifiziert ist. Gegen die Identifizierung hat sich in erster 
Linie die Kieler Schule [Bernhard Fischer 10 ), Reiner Müller 11 ), und vor 
allem Ludwig Bitter 12 ), Oerh. Wagner 12 ) und Wolf Gärtner 1 ')'] energisch 
gesträubt. Sie hat immer wieder hervorgehoben, daß Paratyphus¬ 
bakterien und Enteritisbakterien etwas Verschiedenes seien. Bernhard 
Fischer und Reiner Müller haben wichtige kulturelle Unterscheidungs¬ 
merkmale angegeben. Ludwig Bitter hat die Epidemiologie und Klinik 
der durch die verschiedenen Erreger bewirkten Erkrankungen erstmalig 
gewürdigt und die einfache serologische Trennungsmöglichkeit der Bak¬ 
terien immer wieder betont. Er hat insbesondere in der Arbeit : „Zur 
Unterscheidung der Erreger von Enteritis- und Paratyphuserkrankungen“ 
den bündigen Beweis erbracht, daß unter Zuhilfenahme der kulturellen 
Unterscheidungsmerkmale und des Tierversuches serologisch eine Ab¬ 
trennung von Breslau-Bakterien von den Paratyphus-B-Bakterien 
durchaus möglich ist. 

Diese durch eingehende und sorgfältige Laboratoriumsversuche an 
einem gewaltigen Material von weit mehr als 1000 Paratyphus B- und 
mehreren hundert Enteritisstämmen ermittelten Tatsachen sollten in 
der bakteriologischen Fleischbeschau verwertet werden, um den mit der 
Fleischbeschau beauftragten Tierarzt im Zweifelsfall zu einem einwand¬ 
freien Urteil über die Genußtauglichkeit kommen zu lassen. Besonders 
bei Notschlachtungen, wo der pathologisch-anatomische Befund keine 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 125 

sicheren Anhaltspunkte über die Art der Erkrankungen einerseits und die 
daraus folgende Genußtauglichkeit andererseits gibt, kommt es öfter vor, 
daß selbst erfahrene Praktiker kein richtiges Urteil abgeben können. 
Wie vielen Schwierigkeiten begegnet hier der junge in die Praxis hinaus¬ 
tretende Tierarzt, dem nicht die Erfahrungen langjähriger Tätigkeit 
in der Fleischbeschau zur Seite stehen, und welche Gefahren drohen hier 
der Volksgesundheit, Gefahren, die äus einem einzigen Fall von Freigabe 
untauglichen Fleisches entstehen können! Aus diesen Erwägungen 
heraus sind an größeren Schlachthöfen und an den bakteriologischen 
Instituten der Universitäten, Hochschulen und Landwirtschaftskammern 
Untersuchungsstellen eingerichtet, an die Fleischproben von verdäch¬ 
tigen notgeschlachteten Tieren eingesandt werden können. Wenn solche 
Untersuchungen, die hoffentlich bald obligatorisch gemacht werden 
(siehe unten), mit Erfolg für die Allgemeinheit vorgenommen werden 
sollen, so sind Proben von allen den Tieren einzusenden und bakterio¬ 
logisch zu prüfen, deren Erkrankungen entweder auf Angehörige der 
Paratyphus-Enteritis-Gruppe zurückzuführen sind, oder in deren Ver¬ 
laufe sich diese Bakterien im Organismus dieser Tiere stark vermehrt 
und eventuell zur Giftbildung Gelegenheit erhalten haben. Wir ver¬ 
weisen diesbezüglich und hinsichtlich der Technik für Entnahme und 
Einsendung auf die beherzigenswerten Ausführungen von Standfuss. 
Um an den Untersuchungsstellen eine zufällige Verunreinigung zu ver¬ 
hindern, verfährt man mit den eingesandten Fleischproben in der Weise, 
daß man nach gründlichem Abbrennen der Oberflächen der Fleisch¬ 
stücke oder Organteile mittels eines glühenden Messers oder der Ge¬ 
bläselampe mit einem sterilen Messer einen vertikalen Einschnitt macht. 
In der Tiefe des vertikalen Schnittes wird mit einem zweiten sterilen 
Messer ein horizontaler Schnitt angelegt, und aus der Tiefe des letzteren 
das Untersuchungsmaterial mit einer sterilen Platinöse entnommen. 
Außerdem sollte man in jedem Falle, damit etwa spärlich vorhandene 
Bakterien aufgefunden werden können, ein Stückchen Fleisch aus der 
Tiefe steril entnehmen, in einem sterilen Mörser möglichst verreiben 
und in je ein Galle- und Bouillonröhrchen geben. Nach 18—24stündiger 
Bebrütung sollen diese Anreicherungskulturen weiter verarbeitet werden. 
Zum Nachweis des Vorhandenseins von Fleischvergiftern untersucht 
man das kulturelle, serologische und tierpathogene Verhalten der in Frage 
kommenden Bakterien. Um ganz sicher zu gehen und j eder Störung durch 
eine eventuelleVerunreinigung vorzubeugen, stelle man von jeder Fleisch- 
und Organprobe eine größere Anzahl von Plattenkulturen her. Hierfür 
verwendet man am Hygienischen Institut der Kieler Universität China • 
blaumalachügrünagar und Chinablauagar (Bitter 60 ), auf die man mit 
wenig Material eine gut verteilte Oberflächenaussaat anlegt. Nach 
eintägigem Bebrüten der Platten im Brutschrank werden von dieser 



126 


L. Bitter und H. Holtz: 


Oberflächenaussaat besonders charakteristisch erscheinende Kolonien 
abgestochen auf folgende Nährböden: 1. Schrägagar, 2. Neutralrottrauben¬ 
zuckeragar, 3. Peptonwasser, 4. Chinablaumolke (Bitter). Weiterhin legt 
man von jeder Kolonie auf eine ganze Chinablauagarschale einen Strich 
und einen großen Punkt an. Aus dieser Versuchsanordnung kann man 
wichtige kulturelle Merkmale entnehmen, die einesteils den Angehörigen 
der Paratyphus-Enteritis-Gruppe gemeinsam sind, anderenteils aber 
auch schon als unterscheidendes Moment auffallen. Beide wachsen 
auf der Chinablaumalachitgrünagarplatte im allgemeinen in großen 
saftigen farblosen Kolonien (Ausnahmen siehe unten), aber hinsichtlich 
ihres Wachstums fällt auf, daß bei bestimmten Stämmen, nachdem sie 
zunächst 24 Stunden bebrütet und darauf mindestens 24 Stunden bei 
Zimmertemperatur gestanden haben, sich der Rand der Kolonie mit 
einem deutlichen Schleimwall umgibt. Man sieht diesen Schleimwall 
am besten im durchfallenden Lichte, wo er durch die weißliche Farbe 
des Randes erkennbar wird. Indessen ist nicht jede weißliche Rand¬ 
färbung der Kolonie, die im durchfallenden Lichte sichtbar wird, mit 
der Wallbildung zu identifizieren. Macht man diese in die Augen sprin¬ 
gende Beobachtung der weißlichen Randfärbung der Kolonie im durch¬ 
fallenden Lichte, dann betrachtet man im auffallenden Lichte, und da 
sieht man, wie die Wallbildner eine der weißen Verfärbung entsprechende 
Aufwulstung der Randpartie zeigen. Man hat den Eindruck, als wenn 
in die Kolonie nachträglich ein Petschaft gedrückt wäre. Das Zentrum 
der Kolonie ist meistens flach, so daß das ganze wie eine kleine Schale 
mit flachem Boden aussehen kann, manchmal aber ist das Zentrum 
auch kuppelförmig. In den Fällen, wo das Wallbildungsvermögen für 
das unbewaffnete Auge nicht ohne weiteres erkennbar ist, was bei längere 
Zeit fortgezüchteten Stämmen oder bei Aufenthalt der 24 Stunden 
bebrüteten Kulturen bei niedriger Zimmertemperatur der Fall sein 
kann, betrachtet man auch unter der schwachen Vergrößerung mit 
dem Mikroskop. Sehr feine Wallbildungserscheinungen dokumentieren 
sich hierbei schon als ungemein charakteristische grobe radiäre Striche¬ 
lung in der Randpartie. Das Phänomen der Wallbildung findet man bei 
allen echten Paratyphus-B-Bakterien (SchottmüUer). Die genannten 
Bakterien bilden, frisch aus dem Körper isoliert, regelmäßig Wälle, und 
wie Ludwig Bitter und Wolf Gärtner durch Nachprüfen sehr alter Labo¬ 
ratoriumsstämme gezeigt haben, verlieren sie die Fähigkeit, W r älle zu 
bilden, selten. Max Müller 16 ) hat die Hypothese aufgestellt, daß das 
Wallbildungsvermögen mit der Vollvirulenz, worunter er das Vermögen, 
Toxine zu bilden, versteht, parallel liefe. Diese Schlußfolgerung ent¬ 
spricht aber keineswegs den Tatsachen und muß, wie unsere weiteren 
Ausführungen zeigen werden, als imrichtig zurückgewiesen werden. Im 
allgemeinen tritt die Wallbildung schon nach 24—48 Stunden auf und 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 127 

ist für das unbewaffnete Auge mit großer Deutlichkeit sichtbar. Aber 
auch wenn das Sehvermögen des bloßen Auges zur Erkennung der 
Wallbildung nicht ausreicht, gelingt es dennoch, wie gesagt, mit Hilfe 
des Mikroskops das Phänomen der Wallbildung zu erkennen. Alle 
echten Paratyphus-B-Bakterien besitzen das Wallbildungsvermögen 
und verlieren es, wie gesagt, selten im Laufe der Jahre. Anders hegen 
die Verhältnisse bei Gärtner-Bakterien. Wenn man diese Bakterien 
frisch aus dem Körper des Menschen oder Tieres isoliert, so sieht man 
ebenfalls die Wallbildung, jedoch bei alten Laboraloriumsstämmen ist 
dieses Kulturmerkmal unzuverlässig. Von den übrigen abtrennbaren 
Typen der Paratyphus-Enteritis-Gruppe bilden die Pestifer-Stämme, 
frisch aus dem Tierkörper isoliert, ebenfalls Wälle, auch der in die 
Pestifer-Gruppe gehörende Erreger einer in der Türkei und angrenzenden 
Ländern vorkommenden schweren typhösen Allgemeinerkrankung des 
Menschen, der von Weil und SaxP *) als Paratyphus ß, von Neukirch **), 
ihrem ersten Entdecker, als Paratyphus Erzindjan, von Ludwig Bitter 
und Andrewes und Sheffield Neave 2 *) als Paratyphus C bezeichnet wurde, 
bildet diese Schleimwälle. Wir werden unten zeigen, daß auch das 
Bakterium abortus equi dieses Phänomen bei frischen Kulturen erkennen 
läßt. Demgegenüber ist festzuhalten, daß das Bakterium enteritidis 
Breslau sowie die Tierstämme Bact. abortus ovis und Bact. typhi galli- 
narum im allgemeinen niemals Wallbildung zur Beobachtung kommen 
lassen. Der einzige, der ein vorübergehendes Wallbildungsvermögen 
bei einem Breslaustamm bewußt gesehen und beschrieben hat, ist Ludwig 
Bitter a ) gewesen. Das Wallbildungsvermögen ist ein markantes Unter¬ 
scheidungsmerkmal der Breslau-Bakterien von den sonst kulturell und 
serologisch so nahe verwandten Paratyphus-B-Bakterien. Selbstver¬ 
ständlich auch von den übrigen genannten Stäbchen; doch werden wir 
unten sehen, daß zur leichten Abtrennung letzterer eine ganze Reihe von 
andern Hilfsmitteln außer dem beobachteten Wallbildungsvermögen 
zur Verfügung stehen. 

Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal von Paratyphus- 
B- und Breslau-Bakterien bildet ihr Verhalten auf dem Gelatinestrich, 
und man kann in diesem Verhalten eine Parallele mit dem Wallbildungs- 
vermögen feststellen. Breslau-Bakterien wachsen auf ihm in allen 
Übergängen von „ganz trocken“ bis „sehr saftig“. Paratyphus-Bak¬ 
terien und Gärtnerstämme aber zeigen, falls sie das Wallbildungsver- 
mögen nicht ganz eingebüßt haben, dicke rahmartige Auflagerungen. 
Führt man den Versuch vorschriftsmäßig aus, indem man den Strich 
1 cm vom Grunde des Reagensröhrchens beginnt, so kann man beob¬ 
achten, daß gute Wallbildner in der Regel spätestens nach 8 tägigem 
Aufenthalt der Kultur bei Zimmertemperatur auf den Boden des Röhr¬ 
chens „herabrutschen“. Breslau-Bakterien tun das nicht. Je mehr 



128 


L. Bitter und H. Holtz: 


durch Fortzüchten das Wallbildungsvermögen verloren gegangen ist, 
um so geringer ist auch die Fähigkeit des „Rutschens“, ja, sie kann 
einmal ganz aufhören. Solche Stämme bilden dann nur noch am Anfang 
des Striches einen mehr oder weniger deutlichen dicken Tropfen oder 
Wulst. Dieses Phänomen ist zum erstenmal von B. Fischer w ) beschrie¬ 
ben, aber es blieb lange Zeit unbeachtet, bis besonders L. Bitter wieder¬ 
holt mit Nachdruck darauf hingewiesen und ihm den gebührenden W T ert 
zur Unterscheidung der einzelnen Angehörigen in der großen Para¬ 
typhus-Enteritis-Gruppe beigemessen hat. 

Ein ebenso wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die Paratyphus 
B- und Enteritis-Bakterien liegt in der Tierpathogenität dieser Bakterien. 
Als Versuchstier dient die weiße Maus, die mit Brotstückchen gefüttert 
wird, welche mit diesen Bakterien getränkt sind. Man verfährt in der 
Weise, daß man eine 24 Stunden bebrütete Schrägagarkultur mit 10 ccm 
physiologischer Kochsalzlösung abschwemmt, die Abschwemmung durch 
ein Papierfilter filtriert und in sie ein 3 g schweres Stückchen altes Brot 
1 / i Stunde legt. Das mit diesen Bakterien imprägnierte Brot wird an 
eine ausgewachsene Maus verfüttert. Die Fütterungsversuche zeigen, 
wie die Angaben von L. Bitter lehren, daß man Paratyphus B-Bakterien 
in großen Mengen verfüttern kann, ohne daß die Mäuse daran verenden, 
während eine einmalige Verfütterung von einigen 100 000 Breslau- 
Bakterien, die nicht allzulange vorher aus dem Menschen oder Tier 
gezüchtet waren, die Mäuse regelmäßig in etwa 8 Tagen tötet. Es ver¬ 
halten sich Paratyphus A-Bakterien ebenso wie Paratyphus B-Bakterien, 
Gärtner-Stäbchen wie Breslau-Stäbchen. Nun kann es ausnahmsweise 
auch gelegentlich Vorkommen, daß mit Paratyphus B-Bakterien ge¬ 
fütterte Mäuse nach kürzerer oder längerer Zeit sterben. Dann aber 
züchtet man aus ihrem steril entnommenen Herzblut niemals Para¬ 
typhus B-Bakterien, während in dem Herzblut der mit Breslau- oder 
Gärtner-Stäbchen gefütterten Mäuse, der verfütterte Mikroorganismus 
immer in Reinkultur nachzuweisen ist. 

Es mag hier gleich mitgeteilt werden, daß eine Reihe von nicht 
menschenpathogenen Angehörigen der Paratyphus-Enteritis-Gruppe 
sich im Fütterungsversuch ebenso verhalten kann, wie Breslau- und 
Gärtner-Stäbchen, z. B. das Bacterium suipestifer fast regelmäßig, das 
Bacterium abortus equi öfter einmal. Die Abtrennung dieser „Tier¬ 
stämme“ gelingt aber auf kulturellem und serologischem Wege leicht. 

Was nun die serologische Trennung der verschiedenen Vertreter der 
Paratyphus-Enteritis-Gruppe anbetrifft, so hat L. Bitter zeigen können, 
daß hochwertige polyvalente Sera, die Paratyphus B- und Enteritis- 
Breslau-Bakterien in ihren homologen Stämmen deutlich höher beein¬ 
flussen, als in den heterologen. Lange Zeit galt die serologische Unter¬ 
scheidung dieser beiden Bakterien für unmöglich. L. Bitter hat immer die 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphue-Enteritisgruppe. 129 

Möglichkeit einer solchen betont. Die von Weil und Felix 2 *) angegebene 
Receptoren-Analyse hat Bitters Angaben vollauf bestätigt. Eine Reihe 
von Arbeiten der neueren Zeit von Manteufel und Beger *•), von Schiff 21 ), 
Fürth 27 ) usw. haben übereinstimmend gezeigt, daß der Receptoren- 
Apparat der Breslau-Bakterien mit dem der Paratyphus B-Bakterien 
nicht näher verwandt ist, als der von Paratyphus B- und Gärtner- 
Stäbchen. Einzelheiten dieser interessanten Feststellungen müssen in 
den Originalen nachgelesen werden. Auch die Suipestifer-Bakterien 
sind von den Paratyphus B- und Breslau-Stäbchen einfach serologisch, 
noch überzeugender allerdings mit Hilfe der Receptoren-Analyse völlig 
abzutrennen [Schiff 21 )]. Erst nachdem die Ergebnisse der Receptoren- 
Analyse bekannt geworden waren, hat L. Bitter u ) die einfache serologische 
Abtrennung an 22 Stämmen mit voller Überzeugungskraft demonstrieren 
können. Er ließ sich von Manteufel 22 Stämme, die nur mit Nummern 
bezeichnet waren, schicken. Diese 22 Stämme hatten Manteufel und 
Beger 2 *) nach dem Ausfall ihrer Castellanischen Absättigungsversuche 
in die Gruppen Paratyphus B-Bakterien und Breslau-Bakterien einge- 
ordnet. L. Bitter konnte mit seiner einfachen Methode dieselbe Ein¬ 
ordnung wie Manteufel und Beger vornehmen. Nur hinsichtlich eines 
schlecht agglutinablen Stammes bestand zwischen Manteufel und 
L. Bitter kein übereinstimmendes Resultat. 

Es muß mit aller Entschiedenheit betont werden, daß die Recep¬ 
toren-Analyse für den Praktiker als diagnostisches Hilfsmittel nicht in 
Betracht kommen kann. Wenn es nach dem Vorgänge L. Bitters nicht 
gelingt, die Enteritis-Breslau-Stäbchen von den Paratyphus B-Bak- 
terien abzutrennen, dann bleibt die Entscheidung, welches Stäbchen 
dem Untersucher vor liegt, für die Praxis immer unsicher. Es gelingt 
nun aber mit Zuhilfenahme der kulturellen und serologischen Merkmale, 
die Trennung vorzunehmen. Weil die Methode so wichtig ist und für 
den Praktiker einzig und allein in Betracht kommt, dürfen wir nicht 
unterlassen, sie an dieser Stelle noch einmal zu wiederholen. Von den 
auf einem Elektivnährboden (Chinablaunährböden, Drigalski-Agar, 
Endo-Agar usw.) nach 18—24 Stunden aus dem Ursprungsmaterial 
gewachsenen verdächtigen Kolonien wird in der oben beschriebenen 
Weise auf die „Reihe“ abgestochen. Gleichzeitig wird, besonders wenn 
man weniger geübt ist, ein Strich und ein Punkt auf einer ganzen Kultur¬ 
schale mit irgend einem Nähragar angelegt. Die Originalschalen werden 
bei Zimmertemperatur aufbewahrt. Die Schale mit dem Strich und 
Punkt wird 24 Stunden bebrütet und dann ebenfalls bei Zimmertemperatur 
gehalten. 48 Stunden nach Aussaat des Ursprungsmaterials wird die 
„Reihe“ geprüft, die im Brutschrank aufbewahrt war. Verhält sich die 
„Reihe“ für Angehörige der Paratyphus-Enteritis-Gruppe regelrecht, 
so wird mit der Schrägagarkultur eine Agglutinationsprobe mit poly- 




130 k. Hutf-r iiMi-l H. Iblu ■' 

valeM-en. hpd)w«rtlg£n Serat angesetzt -Agglutination 
ahw in die Wege leitet, bezieht man eich zweoknirkihgVhe mrmnehr 48 Stet 
alten Ortgmalnuxsn-ater». die. wie schon--hm'titgt'hohcu wurde. 24 Std. 
bebrütet nnii 24 Stunden bei nicht ttiödrigcr /liomu-rUoupmiUi! anfbe- 
wahrt waren, auf tW VorhaiidcMsein vt»n WailUü v iEihzclheiten sind oben 
.angegeben. Alan. nmß • Sk-lle'tt/aui’hcii; m-, die veidäehtigen Kolonien 
einzeln oder am Rande Stehen .Stehen die Kolonien zu. dicht, >o Weiht 
da* WaUbildiuigaphärtotw oder tmdeutiieh. .findet .«&». »her an 

ixler die 



nnd zwar in« fet alln AWierarteri die^f fömppte 4 om ßäeterium 
ÄhrirtpK jCrrjm. Findet inan keine Walle, ruiWi Weht an ganz feoliert sfesheode 
Kiuzdkolonien, *t* immkdt es Sieh .• eilt Weder um Btesfau-Stabefiea odx-r 
.'tbep^uW.^^^i^^Whtfe'^vdW wie t*ut groß**?. 'Heil. dftr Sujpf^tdcJ--Gj:t»p.pe 
. für den ärTfettöghsm keine nmnemrerte Bedeutung haben. Für die Praxis 
deiir Öekömpfuiig Vnn Flej^f’hr-örgift.upg^n genügt «*, wenn zunächst mit 
Folgenden Seren geprüft, wiirl-: l. Pamtyplui* B-Serunt (mir zur Kon- 
troll*-), 2. ÖpeRiau-Serurri. 3. fiadüer-Senin). 4. Typhns-Semtrf tour zur 


. Vergifter: BaWeduh) eutefittdis Oäftner luid Badterium enteritidi* 
Brodau lento und mit • Sicherheit heraus.-.' außerdem. erhalt mau wert- 



Tnhtite I. 



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Tabelle Ia: Agglutination mit Serum 


Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 131 


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132 


L. Bitter und H. Holtz : 


weiteres aus den Tabellen I und Ia, die gleichzeitig die wichtigsten 
kulturellen Merkmale von den in Betracht kommenden Bakterien ent¬ 
halten. 

Was nun die verschiedenen Typen in der Paratyphus-Enteritis- 
Gruppe anbetrifft, so ist von größter Wichtigkeit, erst einmal festzu¬ 
halten, daß man in ihr folgende 3 Arten von Vertretern unterscheiden 
kann: 1. nur menschenpathogene, 2. menschen- und tierpathogene, 
3. solche, die nur beim Tier als Krankheitserreger oder als Nosoparasiten 
Vorkommen. Man kann sie folgendermaßen ordnen: 


Paratyphus-Enteritisgruppe: 


1 . Paratyphusbakterien: 

a) Bact. paratyphi A 

b) „ „ B 

ii ii c 


Pathogen für den Menschen, apathogen für 
die Sohlachttiere und das Nutzgeflügel 


Enteritisbakterien: 


a) Bact. enteritis Gärtner 

b) „ „ Breslau 

c) „ „ Bernhardt 

(Glässer-Voldagsen) / 


Bedingt pathogen für den Menschen, 
die Schlachttiere und das NutzgeflügeL 


3. Tier Stämme: \ 

a) Bact. suipe8tifer 

b ! ” P K e Ü eri (FerkeUyphUS) Apathogen für den Menschen. 

c) „ abortus equi | 

d) „ „ ovis 

e) „ typhi gallinarum J 


In die erste Gruppe gehört das kulturell und serologisch leicht ab¬ 
trennbare Bacterium Paratyphi A, das hier weiterhin nicht berücksichtigt 
werden braucht. Wenn Uhlenhuth?) und seine Schüler 3 mal beim Schwein 
Paratyphus A-Bakterien nachgewiesen haben, so beweist das, wie 
L. Bitter betont hat, nichts für die Bedeutung des Tieres für die Ver¬ 
breitung der durch diese Bakterien bedingten menschlichen Erkrankun¬ 
gen. Es ist, wie L. Bitter sagt, kein Wunder, wenn man im Darm ge¬ 
sunder Schweine in Gegenden, wo überhaupt Paratyphus A vorkommt, 
gelegentlich diesen menschlichen mit den Dejekten an die Außenwelt 
gelangenden Krankheitserreger findet. Er mag sich längere oder kürzere 
Zeit im Darm vom Schwein halten können. Sicher wird er sich nicht 
erheblich vermehren und für die Verbreitung der Krankheit keine 
nennenswerte Bedeutung haben. Krankhafte Zustände bei Tieren, bei 
denen als Erreger oder als gehäuft auftretendes Begleitbacterium Para¬ 
typhus A-Stäbchen gefunden werden, sind bislang nicht bekannt ge¬ 
worden. 

Der zweite Angehörige von nur menschenpathogenen Bakterien 
ist das Paratyphus B-Bacterium ( Schottmüller ). Alle bisherigen Angaben 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 133 

über sein Vorkommen beim Tier können einer kritischen Prüfung nicht 
standhalten. Wir verweisen auf die oben angeführten Einzelheiten aus 
den Untersuchungen von Wolf Gärtner 17 ) und heben aus ihnen und 
L. Bitters Untersuchungen nur hervor, daß es ihnen gelungen ist, einige 
als Paratyphus B-Bakterien angesprochenen Erreger von Fleischver¬ 
giftungen als Enteritis-Breslau-Bakterien zu identifizieren. Von den 
Laboratoriumsstämmen, die sie mit der Bezeichnung Paratyphus 
B-Bakterien aus verschiedenen Laboratorien bezogen hatten, waren 
alle, die Gastroenteritiden gemacht hatten, Enteritisbakterien; die von 
ihnen anerkannten Paratyphus B-Bakterien hatten ausnahmslos typhöse 
Krankheitsbilder beim Menschen erzeugt oder stammten gar von mensch¬ 
lichen Dauerausscheidern. L. Bitter insbesondere hat in letzter Zeit 
über 1000 Schlachttiere der verschiedensten Art daraufhin untersuchen 
lassen, ob sie in ihrem Darm oder in ihrer Galle echte Paratyphus B- 
Bakterien beherbergten, auch einige hundert an sich unverdächtiger 
Fleischproben sind von ihm diesbezüglich untersucht. Paratyphus 
B-Bakterien hat er niemals, Enteritis-Bakterien in den Fleischproben 
ebenfalls niemals, wohl aber in vereinzelten Fällen im Darminhalt ge¬ 
sunder Schlachttiere gefunden. Die Epidemiologie des Paratyphus B 
beim Menschen spricht auch durchaus gegen die Beteiligung des Schlacht¬ 
viehs bei seiner Verbreitung. Wenn man außerdem bedenkt, daß, wie 
L. Bitter bewiesen hat, Paratyphus B-Bakterien vom gesunden Menschen 
viele Jahre hindurch ausgeschieden werden, während Enteritis-Bak¬ 
terien, wie auch aus der gesamten Literatur hervorgeht, den Menschen 
niemals zum Dauerausscheider für längere Zeit machen, so ist man zu der 
Annahme gezwungen, daß der menschliche Paratyphus (typhöse Form) 
wohl ausschließlich vom Menschen zum Menschen direkt oder indirekt 
übertragen wird. Indirekt kann von einem kranken oder dauerausscheiden¬ 
den Menschen postmortal infiziertes Fleisch eine Rolle spielen, wie aus 
der Arbeit von B. Fischer 10 ) mit großer Wahrscheinlichkeit hervorgeht. 
Auch Milch kommt wie beim echten Unterleibstyphus sicher häufiger 
einmal als indirekter Überträger in Betracht. Eine derartige Epidemie 
mit mehr als hundert Erkrankungen hat L. Bitter beschrieben. Solche 
Fleisch- oder Milchepidemien verlaufen aber, um das noch einmal zu 
betonen, selbstverständlich unter dem Bilde eines, wenn auch oft milden 
Unterleibstyphus. Ein gastrointestinaler Einsatz der Krankheit ist, 
wie oben erwähnt, möglich. 

Die dritte hierher gehörige Erkrankung, die nur den Menschen trifft, 
und bei dem das Tier keine Rolle als Überträger spielt, ist der von 
Neukirch 20 ) zuerst beschriebene Paratyphus Erzindjan, Paratyphus ß, 
Paratyphus C (siehe oben). 

Die Erreger von menschlichen Gastroenteritiden aus der Fleischver¬ 
giftergruppe können sämtlich für das Tier und den Menschen pathogen 



134 


L. Bitter und H. Holtz: 


sein. Es handelt sich um das Bacterium enteritidis Gärtner, Breslau 
und das sehr seltene Bacterium enteritidis Bernhardt. Dieses letzte 
Bacterium ist eigentlich nur durch eine größere Fleischvergiftungs- 
Epidemie, die von Bernhardt 88 ) beschrieben wurde, bekannt geworden. 
Es gehört in die Pestifer-Gruppe, und zwar zu der Unterabteilung dieser 
Gruppe, die als Glässer-Voldagsen bezeichnet wird. Wir haben also in 
der Suipestifer-Gruppe je einen Erreger von typhösen und gastrointesti¬ 
nalen menschlichen Erkrankungen. Wie in den andern Gruppen ist das 
das typhöse allgemeine Krankheitsbild bedingende Bacterium, in diesem 
Falle Bacterium paratyphi C, nur menschenpathogen, das andere Stäbchen 
offenbar bipathogen. Eine große praktische Bedeutung dürfte den 
Bernhardt-Stäbchen, wie gesagt, nicht zukommen. Immerhin muß aus 
seiner wenigstens bis jetzt anzunehmenden Identität mit dem Glässer- 
Voldagsen-Bacterium der Schluß gezogen werden, daß Fleisch, das mit 
diesen Bakterien infiziert gefunden wird, für den menschlichen Genuß ah 
untauglich zu bezeichnen ist. Gärtner-Stäbchen und Breslau-Bakterien 
kommen bei Tieren und Menschen als Krankheitserreger häufiger vor. 
Beim Tier (Schlachttieren, Ratten, Mäusen, Meerschweinchen usw.) 
finden sie sich außerdem in relativ spärlichen Mengen als nicht gesund¬ 
heitsstörende Parasiten. Wahrscheinlich führen sie ihr saprophytisches 
Dasein nur im Darm und in der Gallenblase der Tiere. Das Vorkommen 
von Gärtner-Stäbchen in der Gallenblase hat L. Bitter erst neuerdings 
wieder sicherstellen lassen. Die Krankheitserscheinungen, die diese 
beiden Enteritis-Bakterien unter Umständen bei Tieren hervorrufen. 
können mannigfacher Art sein: lokale Entzündungen und Eiterungen 
mit oder ohne nachfolgende Sepsis, lokale Organerkrankungen (z. B. 
der Leber), lokale Darmerkrankungen. Ein klassisches Beispiel für 
die Lokalisierung der Enteritis-Bakterien im Darm kranker Tiere ist 
die von Bruns und Gasters* 9 ) beschriebene Hammelherden-Epidemie 
in Überruhr. Daß es sich bei dieser Epidemie um ein Breslau-Stäbchen 
und nicht, wie Bruns und Gasters angegeben haben, um ein Paratyphus B- 
Bacterium handelte, ist von L. Bitter, Manteufel und Beger usw. einwand¬ 
frei sichergestellt worden. 

Jetzt erhebt sich von selbst die Frage: weshalb kommen diese beiden 
Enteritis-Stäbchen — wie übrigens vielleicht auch einige nur Tierkrank¬ 
heiten bewirkende Angehörige der Paratyphus-Enteritis-Gruppe — 
beim Tier einmal saprophy tisch lebend vor und sind in andern Fällen beim 
Tier die Erreger schwerster Krankheiten. Da könnte man zunächst daran 
denken, daß diese Bakterien, ähnlich wie die Erreger menschlicher 
typhöser Erkrankungen, nachdem der Krankheitsprozeß mehr oder weni¬ 
ger deutlich in die Erscheinung tretend, abgelaufen ist, den Patienten 
zum Dauerausscheider machen. Diese Annahme ist für das Tier sicher 
nicht von der Hand zu weisen. Manches indessen spricht dafür, dall 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 135 


dieses Dauerausscheidertum allein das Vorkommen der genannten 
Bakterien beim Tiere nicht erklärt. Es soll hier nur einer dieser Gründe 
angegeben werden. In der Literatur herrscht ja Einigkeit darüber, 
daß immer gesund gewesene Tiere doch Bakterien aus der Paratyphus- 
Enteritis-Gruppe beherbergen können. L. Bitter sah eine große Anzahl 
von weißen Mäusen, die unvorsichtig mit großen Mengen abgetöteter 
Staphylokokken geimpft waren, an Breslau-Sepsis zugrunde gehen. 
Sämtliche nicht geimpften Tiere des Bestandes blieben gesund. Eis ist 
im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß alle zugrunde gegangenen 
Tiere nach überstandener, wenn auch leichter, Breslau-Erkrankung 
Dauerausscheider waren. Sonst hätte die überstandene Krankheit 
sie doch wohl gegen eine neuerliche Invasion ihrer eigenen Breslau- 
Bakterien immunisiert. Bei dauerausscheidenden Menschen sind 
durch irgendeine Noxe bewirkte Rezidive ihrer typhösen Erkran¬ 
kungen nicht beobachtet worden. 

Damit kommen wir zur vielumstrittenen Frage der Pathogenität 
der Angehörigen der Paratyphus-Enteritis-Gruppe. Die Bedingungen 
für diese Pathogenität sind begründet erstens in der Fähigkeit und zweitens 
in der Gelegenheit, Toxine zu bilden. Das Primäre bei den krankmachen¬ 
den Enteritis-Erregern ist die Bildung genügender Mengen eines sehr 
oft hitzebeständigen Toxins. Erst wenn diese Vorbedingung erfüllt 
ist, vermögen diese Bakterien eine Invasion auszuüben und werden dann 
sekundär zu Infektionserregern. Die Paratyphus-Bakterien sind 'primäre 
Infektionserreger. Die etwa von ihnen gebildeten Toxine spielen eine 
sekundäre Rolle. Paratyphus-Bakterien sind also für den Menschen 
absolut pathogen im Rahmen der Disposition des einzelnen. Sie ver¬ 
halten sich in dieser Hinsicht genau wie die Erreger des Unterleibstyphus. 
Typhus- und Paratyphus-Bakterien sind für das Tier im Fütterungs¬ 
versuche apathogen. Eine Ausnahme macht das Bacterium paratyphi C, 
das, wie wohl alle Angehörigen der Suipestifer-Untergruppe, nach den 
Feststellungen von L. Bitter fütterungspathogen für die weiße Maus ist. 
Am besten macht man sich das Verhalten dieser seltsamen Mikroorganis¬ 
men in folgender Weise klar: 

A. Bacillus botulinus: apathogen, rein toxisch. 

B. Enteritis-Bakterien: bedingt pathogen, wenn toxisch. 

C. Paratyphus-Bakterien: pathogen im Rahmen der Disposition, 
evtl, toxisch. 

DasToxinbildungs vermögen von Bakterien aus der Paratyphus- Gruppe 
kann bei Fortzüchtung auf künstlichen Nährböden und bei Enteritis-Bakte- 
rienauchimTierkörperzurückgehen, unter Umständen ganz verschwinden. 
Dann vermögen die Enteritis-Bakterien keine Krankheitserscheinungen 
mehr bei den befallenen Individuen zu setzen. Paratyphus-Bakterien 
dagegen verlieren auch bei jahrelanger Fortzüchtung auf künstlichen 

Arcb. f. Tierhellk. L. 10 



136 


L. Bitter und H. Holtz: 


Nährböden, wenn sie auch ihre Toxinbildungsfähigkeit eingebüßt haben 
mögen, meist nicht ihre wichtigste krankmachende Wirkung: die In¬ 
fektiosität. Laboratoriumsinfektionen mit echten Paratyphus B-Bak- 
terien, denen natürlich ein rein typhöses Krankheitsbild entsprach, 
lassen nach L. Bitters Feststellungen keinen Zweifel an dieser Dauer¬ 
haftigkeit der krankmachenden Wirkung von Paratyphus B-Bakterien 
Auch hier verhalten sich diese wie die Erreger des Unterleibstyphus. 
Laboratoriumsinfektionen des Menschen mit längere Zeit fortgezüch¬ 
teten Enteritis-Bakterien (es sind aus der Literatur selbstverständlich 
nur Enteritis Gärtner-Stäbchen in Betracht zu ziehen), sind kaum be¬ 
kannt. Der einzige in Amerika 30 ) beobachtete Fall von Laboratoriums¬ 
infektion mit Gärtner-Bakterien erfolgte mit einem frisch isolierten 
Stamm wieder durch Vermittlung eines Nahrungsmittels (Milch), in 
welchem die Gärtner-Bakterien in massiven Dosen und mit großer 
Wahrscheinlichkeit mit viel Toxin vergesellschaftet, sich befanden. 
Milch scheint nach den Untersuchungen von Möller 31 ) ein besonders 
gutes Nähr medium für Giftproduktion von Fleischvergiftern zu sein. 
Diese Laboratoriumsinfektion zeigt außerdem, daß einer der Erreger 
der Kälberruhr mit dem Gärtner-Stäbchen auch in seiner Wirkung auf 
den Menschen identisch sein dürften. Der in Rede stehende Stamm war 
aus einem Kalb gezüchtet, das unter heftigen Durchfällen zugrunde ging. 
Aber auch im Tierkörper können Enteritis-Bakterien, die an sich über 
ein gutes Toxinbildungsvermögen verfügen, infolge ihrer Lokalisation an 
weitgehender Vermehrung und üppiger Toxinbildung verhindert werden. 
Mangelnde Giftbildungsgelegenheit ! Dann findet man beispielsweise in 
dem Darm von Schlachttieren, Mäusen, Ratten usw. diese Mikroorga¬ 
nismen als Saprophyten, die durch die normalen Abwehrkräfte des 
Körpers in unschädlichen Grenzen gehalten werden. Trifft eine Schädi¬ 
gung irgendwelcher Art den Tierkörper, der diese Mikroorganismen be¬ 
herbergt — sehr häufig ist es eine Infektion —, so vermehren sich zu¬ 
nächst die Enteritis-Bakterien ungewöhnlich stark, sie bilden erhebliche 
Mengen von Toxinen und können dann selbst schließlich auf dieser Basis 
zu Infektionserregern werden. Die Faeces oder das Fleisch dieser Tiere 
können unter Umständen die Bakterien in großer Menge mit genügend 
Toxin vergesellschaftet enthalten und dementsprechend können An¬ 
steckungen von Tier zu Tier oder Übertragungen vom Tier auf den 
Menschen zustande kommen. Ansteckungen von Tier zu Tier beobachten 
wir besonders schön bei Mäusen, Ratten, Meerschweinchen usw. Die 
Hammelherdenepidemie in Überruhr ist ebenfalls ein klassisches Bei¬ 
spiel dafür. 

Wenn wir sehen, daß die Hauptvertreter der für den Menschen in 
Betracht kommenden Fleischvergifter das Bacterium enteritidis Gärtner 
und das Breslau-Stäbchen sind, und daß nur sehr selten ein Angehöriger 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 137 

der Suipestifer-Gruppe, das Bacterium enteritidis Bernhardt hier in 
Betracht kommt, so kann man sagen, daß die weitaus meisten Ange¬ 
hörigen der Pestifer-Oruppe, einschließlich des Pfeiler sehen Ferkel- 
typhusbacteriums, die beim Tiere Vorkommen, für den Menschen keine 
Bedeutung haben. Es braucht nicht hervorgehoben zu werden, daß das 
Bacterium paratyphi C nicht übersehen ist. Da es aber beim Tiere 
wahrscheinlich nicht vorkommt, wenigstens das Schlachttier keine Rolle 
als Überträger spielt, so gehört es in die erste von uns aufgestellte Gruppe 
der nur menschenpathogenen echten Paratyphusbakterien. Nicht von der 
Hand zu weisen ist allerdings bei der starken schon erwähnten Fütte- 
rungspathogenität dieses Stäbchens für weiße Mäuse, daß evtl. Mäuse 
und Ratten usw. für seine Verbreitung unter den Menschen in Frage 
kommen können. Die unter den Tieren am meisten verbreiteten Ver¬ 
treter der Pestifer-Gruppe gehören dem Typus Kunzendorf an. Die 
Bernhardt-Stäbchen zeigen nahe Verwandtschaft mit dem Typus 
Glässer-Voldagsen oder sind mit ihm identisch. Findet man also bei der 
bakteriologischen FleischbeschauSuipestifer-StäbchenvonTypusKunzen- 
dorf, so kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen , daß 
derGenuß des Fleisches solcher Tiere mindestens in gekochtem Zustande keine 
nachteilige Bedeutung für den Menschen haben tvird. Es ist nicht von der 
Hand zu weisen, daß die erfolglosen Versuche, die Conradi?*) mit para¬ 
typhusbakterienhaltigen Fleischnahrungsmitteln anstellte, hierher ge¬ 
hören. Seine in den Nahrungsmitteln gefundenen „Paratyphusbakterien“ 
waren vielleicht Suipestifer-Stäbchen vom Typus Kunzendorf, deren 
Abtrennung damals noch nicht anerkannt war und durchgeführt wurde. 
Erst Manteufel und Beger ae ) und weiterhin Schiff* 1 ), Fürth* 1 ) usw. haben 
ja wohl den für jedermann unanfechtbaren Beweis durch ihre Recep- 
torenanalyse gebracht, daß, wie Manteufel und Beger sich ausdrückcn, 
in der heißumstrittenen Paratyphus B-Familie zwei weitere Gruppen, 
die noch nicht allgemeine Anerkennung genossen, abzutrennen sind, 
nämlich die Typen Pestifer und Breslau. Was oben über die serologische 
Abtrennung von Breslau-Stäbchen und Paratyphus B-Bakterien gesagt 
ist, gilt auch für die Suipestifer-Bakterien. Sie sind auch für den Prak¬ 
tiker durch einfache Agglutination in Verbindung mit der Beobachtung 
ihrer Kulturmerkmale, ferner unter Zuhilfenahme des Fütterungs¬ 
versuches leicht zu unterscheiden. Sie bilden Wälle, sind, frisch isoliert, 
fütterungspathogen für die Maus, verhalten sich also in dieser Hinsicht 
wie Gärtner-Stäbchen; sind aber durch spezifische Immunsera leicht 
von diesen und nicht unschwer von Paratyphus B-Bakterien und 
Breslau-Stäbchen abzutrennen. Insbesondere das agglutinatorische 
Verhalten zum Breslau-Serum und Paratyphus B-Serum ist meistens 
sehr charakteristisch, Paratyphus B-Serum agglutiniert im allgemeinen 
den Typus Kunzendorf mittelstark, während Breslau-Serum ihn nur 

10 * 



138 


L. Bitter und H. Holtz: 


wenig beeinflußt. Dieses Verhalten ist nicht immer gerade in die Augen 
springend, aber doch regelmäßig zu beobachten. 

Gibt es nun weitere Vertreter in der Paratyphus-Enteritis-Giuppe, 
die nur beim Tier Vorkommen? Die Antwort muß lauten: ja; und zwar 
für die Schlachttiere und Geflügel pathogene Vertreter. An erster Stelle 
zu nennen ist das Bacterium abortus equi , das, wie auch Miessner 33 ) schon 
vermutet hat, identisch sein dürfte mit dem Erreger der Fohlenruhr . 
Dieses Bacterium abortus equi nimmt eine Sonderstellung in der großen 
Paratyphus-Enteritis-Gruppe ein. Hinsichtlich des Venoerfens der 
Stuten , als dessen Ursachen man ursprünglich hygienische und diätetische 
Einflüsse geltend machte und viele Praktiker eine Infektion völlig in 
Abrede stellten, ist man neuerdings zu der Erkenntnis gekommen, 
bestärkt durch die Entdeckung des Corynebacterium (Bacillus) abortus 
infectiosi Bang beim seuchenhaften Verwerfen der Kühe von Bang und 
Stribold 34 ) im Jahre 1897, daß auch das Verwerfen der Stuten auf einer 
Infektion beruhe. Durch das Fehlschlagen der angestellten Versuche 
mit dem Bangschen Abortusbacillus bei Stuten, stellte sich allerdings 
heraus, daß der Bacillus abortus infectiosi Bang nicht als Erreger des 
Stutenaborts in Betracht kommt, von Ostertag 30 ) hat dann im Jahre 1900 
gelegentlich eines größeren Seuchenganges von Verfohlen in deutschen 
Gestüten einen kurzen Streptokokkus isoliert, der als der Erreger des 
Verwerfens angesehen wurde. Die Feststellungen von Ostertags , daß der 
von ihm entdeckte kurze Streptokokkus als der alleinige Erreger des 
seuchenhaften Verwerfens bei Stuten vorkommt, wurde aber in Frage 
gestellt, als fast gleichzeitig Smith und Kilbome 33 ) in Fällen von seuchen- 
haftem Verwerfen ein Bacterium gefunden hatten, das in seinem mor¬ 
phologischen und kulturellem Verhalten Ähnlichkeiten mit dem „Hogh- 
cholerabacterium“ zeigte, also zur Paratyphus-Enteritis-Gruppe gehörte. 
In neuerer Zeit wurde übereinstimmend von Dassonville und Riviere j 36 ), 
Meyer und Börner 31 ), de Jong M ), van Heelsberger 30 ), Lautenbark 40 ) und 
Miessner 38 ) über das Vorkommen von paratyphusähnlichen Bakterien 
beim seuchenhaften Verwerfen der Stuten berichtet. In einer Arbeit 
aus dem Reichsgesundheitsamt teilt Gminder 41 ) seine Feststellungen 
über die Ursache des seuchenhaften Verwerfens in mehreren deutschen 
Gestüten im Herbst 1914 und Winter 1914/15 mit. Das in reichlicher 
Menge zur Verfügung stehende Untersuchungsmaterial ist von Gminder 
auf die Anwesenheit von Bakterien untersucht worden, die er dann 
weiterhin in ihrem morphologischen, kulturellen, serologischen, infek¬ 
tiösen und pathogenen Verhalten geprüft hat. Auf Grund dieser ein¬ 
gehenden Untersuchungen konnte auch Gminder den Schluß ziehen, 
daß in allen Fällen Angehörige der Paratyphus-Enteritis-Gruppe ah 
Erreger des Verfohlens in Frage kamen. 

Im kulturellen Verhalten zeigten die Stämme, daß ihre oberflächlichen 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 139 

Kolonien auf Agarplatten als flache, rundliche, grauweiße durchscheinende 
Scheiben mit meist kreisrundem, öfter eingekerbtem und etwas wulstig 
erhabenem Rande erscheinen. 

Charakteristisch waren die Agarstrichkulturen. Sie zeigten nach 
248tündigem Aufenthalt im Brutschrank einen grauweißen, glänzenden 
Rasen. Nach weiteren 24 Stunden schien dieser Rasen leicht gefaltet 
oder gerunzelt und neigte zur Häutchenbildung. Bei längerem Stehen¬ 
lassen entwickelte er sich zu einem trockenen, spröden, hautartigen 
Belage, der dem Nährboden ziemlich fest anhaftete und sich nur schwer 
abimpfen ließ. Das „Kondenswasser“ war getrübt und mit einem feinen 
Häutchen bedeckt. 

Auf der Drigalski-Platte wiesen die Stämme ein gutes Wachstum auf, 
wobei die Farbe des Nährbodens nicht verändert wurde. 24 Stunden 
nach der Beimpfung waren zahlreiche kleine glänzende Kolonien sicht¬ 
bar, die zu großen, runden, trockenen Scheiben bei längerem Stehen¬ 
lassen heran wuchsen. Diese Scheiben waren in der Mitte höher als am 
Rande und ließen eine dellenförmige Vertiefung erkennen. Am Rande 
befand sich eine Aufwulstung, die durch eine tieferliegende ringförmige 
Randzone von der innen hegenden Delle getrennt war. 

Auf Gelatine konnte Qminden kein besonders gutes Wachstum und 
keine Verflüssigung des Nährbodens feststellen. 

Die Stämme zeichneten sich durch Verschiedenheit in der Patho¬ 
genität aus, die sich darin äußerte, daß ein Teil stets tödlich, ein anderer 
dagegen bedingt oder gar überhaupt nicht tödlich wirkte. Trächtige 
weiße Mäuse und Ratten, die mit den Bakterien auf die verschiedenste 
Weise infiziert waren, starben fast alle nach erfolgtem Abortus, und 
aus ihrem steril entnommenen Herzblut, den Organen und ausgestoßenen 
Früchten konnten die zur Infektion verwandten Bakterien in Reinkultur 
gewonnen werden. Bei größeren trächtigen Versuchstieren (Meer¬ 
schweinchen und Kaninchen) wurde auch regelmäßig nach künstlicher 
Infektion ein Verwerfen hervorgerufen, aber sie zeigten sich weiterhin 
im allgemeinen widerstandsfähiger als die kleinen Versuchstiere. Fütte- 
rungsversuche wurden bei vier trächtigen Ratten angestellt, zwei wurden 
mit kleinen Stücken infizierter Eihäute, die beiden andern mit der Ab¬ 
schwemmung einer Agarkultur gefüttert. Die beiden ersten Ratten 
wurden, nachdem sie beide am 3. Tage darauf verworfen hatten, getötet. 
Die beiden zuletzt erwähnten Ratten haben beide am 6. Tage verworfen; 
die eine davon starb einen Tag nach dem Abortus, die andere wurde 
einen Tag nach dem Verwerfen getötet. Die weiteren Untersuchungen 
ergaben, daß aus den ausgestoßenen Früchten und den inneren Organen 
der gestorbenen und getöteten Ratten jedesmal „paratyphusähnliche 
Bakterien“ und zwar mehrfach in Reinkultur gezüchtet werden 
konnten. 



140 


L. Bitter und H. Holtz: 


Bei der serologischen Prüfung der Stutenabortstämme konnte 
Gminder regelmäßig feststellen, daß sie in den homologen Seren besser 
agglutiniert wurden als in den heterologen. Zur Agglutination benutzte 
er 24—48 Stunden alte Schrägagarröhrchen, die mit physiologischer 
Kochsalzlösung abgeschwemmt waren. Mit älteren Kulturen zu agglu- 
tinieren empfiehlt Gminder nicht, da diese zu sehr krümeln und in Koch¬ 
salzlösung nicht zu emulgieren sind. Für seine Versuche verwandte er 
sowohl das homologe Serum der Mutterstuten als auch das der künst¬ 
lich infizierten aber später getöteten Versuchstiere und konnte dabei 
die Beobachtung machen, daß seine Bakterien sehr hoch, zum Teil sogar 
bis zum Endtiter agglutiniert wurden. Die mit verschiedenen heterologen 
Seren von Angehörigen der Paratyphus-Enteritis-Gruppe angestellten 
Versuche zeigten bei weitem keine so hohe Beeinflussung, außerdem 
ließen sie große Unterschiede in ihrem gegenseitigen Verhalten erkennen. 
Ein Stamm von den gefundenen wird von Gminder wegen seines sero¬ 
logischen Verhaltens als echter Gärtnerstamm angesprochen. Hinsicht¬ 
lich der andern Stämme ist Gminder der Ansicht, daß ihre Zusammen¬ 
fassung in einen einheitlichen Typ nicht möglich sei . Viele der Stämme 
scheinen ihm mit dem Smith und Kilbomschen Abortus-Bacterium 
identisch zu sein, andere möchte er als den Paratyphus B-Bakterien 
nahestehend bezeichnen. 

Vom Institut für Fohlenkrankheiten in Stade wurden uns 5 ,,Stuten¬ 
abortstämme“ und 4 ,,Paratyphusstämme aus septicämisch einge¬ 
gangenen Fohlen gezüchtet“ freundlichst überlassen. Diese Stämme 
haben wir kulturell, serologisch und im Fütterungsversuch an weißen 
Mäusen geprüft. Was zunächst das kulturelle Verhalten anlangt, so 
konnte festgestellt werden, daß alle 9 Stämme auf der Chinablaumala¬ 
chitgrünagarplatte als mittelgroße, zunächst saftige farblose Kolonien 
wuchsen. Nach Aufenthalt der 24 Stunden bebrüteten Kulturschalen 
bei Zimmertemperatur zeigten einige von den Stämmen nach 48 Stunden 
dem bloßen Auge Andeutungen von Wällen. Das Aussehen der Kolo¬ 
nien hatte sich im wesentlichen so gestaltet, wie Gminder es beschreibt. 
Das Zentrum der Kolonie war erhaben, dann kam eine Abflachung und 
schließlich ein etwas erhabener Rand, der im durchfallenden und auf¬ 
fallenden Lichte wohl den Eindruck eines Walles machte. Das Phä¬ 
nomen war nicht bei allen Stämmen gleich deutlich. Mehrere ließen 
mit dem bloßen Auge nichts erkennen, was auf eine Wallbildung hin¬ 
deutete. Bei Betrachtung der verdächtigen Kolonien durch das Mi¬ 
kroskop konnte zunächst festgestellt werden, daß das, was als wahr¬ 
scheinliche Wallbildung mit dem bloßen Auge angesprochen war, aller¬ 
dings etwas ähnliches darstellte wie das, was man bei Paratyphus B-, 
Gärtner- und Pestifer-Bakterien zu sehen gewohnt ist. Zunächst fiel 
aber die unregelmäßige Gestaltung des Randes auf, die sich ähnlich wie bei 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 141 

Typhus- und Breslau-Bakterien präsentierte. Sicher konnte man an 
vielen Stellen des umgebenden gezackten Randes eine Aufwulstung 
sehen; aber die so ungemein charakteristische scharfe radiäre Striche¬ 
lung, die man im Bereich der Wallzone bei den Wallbildnern sieht, fehlte 
oder war doch so undeutlich und verwaschen, daß man sie nicht mit 
Sicherheit erkennen konnte. Kein einziger richtiger Wallbildner wurde 
unter den 9 Stämmen gefunden. Über das Alter der Stämme haben 
wir keine Angaben erhalten. Es wäre ja vielleicht möglich, daß frisch 
isolierte Abortusstämme deutliche Wälle bildeten. Es erscheint uns 
nicht wahrscheinlich, daß das so ist; denn sonst hätte doch ein oder 
anderer Stamm ein typisches Wallbildungsvermögen behalten und ge¬ 
zeigt. Gleichzeitig aus dem Institut überlassene Kälber- und Sui- 
pestifer-Stämme zeigten in ihrer überwiegenden Anzahl die schönsten 
Wälle makroskopisch und mikroskopisch. Man ist unserer Meinung 
nach berechtigt, zu sagen, daß der von uns untersuchte Typ der Abortus¬ 
stämme Wallformen bildet, die von denen der bekannten Wallbildner 
mit bloßem Auge und mit dem Mikroskop sicher zu unterscheiden sind. 
Wir glauben, daß dieses eigenartige Verhalten der Abortusstämme hin¬ 
sichtlich ihrer Wallbildung schon ein Kulturmerkmal ist, um sie abzu¬ 
trennen. 

Eigentümlich erscheint auch das Verhalten sämtlicher von uns 
geprüften Abortusstämme auf dem Gelatinestrich. Die Stämme wuchsen 
dort, entgegengesetzt den Angaben Gminders, recht gut und üppig. Von 
9 Stämmen „rutschten“ 8, einer bildete einen dicken Tropfen. Bis zum 
Rutschen bzw. zur Tropfenbildung vergingen höchstens 13, meistens 
nur 5—8 Tage. An den Gelatinestrichen war sehr oft eine zentrale Quer-' 
faltung des Impfstriches wahrzunehmen. Bei zwei Stämmen war diese 
Faltung wenig ausgeprägt; diese Stämme „rutschten“ zuerst. Eine 
derartige Faltung haben wir bei Breslaustämmen nie gesehen, sie scheint 
uns charakteristisch und kann vielleicht auch als Kulturmerkmal zur 
Abtrennung mit herangezogen werden. 

In Bouillon wurde von allen 9 Stämmen nach spätestens 5 Tagen ein 
mehr oder weniger deutliches Häutchen an der Oberfläche gebildet. 
Man konnte diese Häutchenbildung, wenn sie zart war, mit aller Sicher¬ 
heit daran erkennen, daß an der Berührungsstelle von Nährbodenober¬ 
fläche und Glaswand sich gröbere weiße Flocken an der letzteren fest¬ 
setzten. Fast alle zur Kontrolle in dieser Richtung mit geprüften Breslau-, 
Gärtner-, Paratyphus B- und Pestifer-Stämme zeigten diese Häutchen 
bzw. Flockenbildung nicht*). Es soll besonders hervorgehoben werden, 

*) Nach den Mitteilungen von Arkwright (Journal of Pathology and Bac- 
teriology, %4, 1921) können auch bei menschenpathogenen „Paratyphusstämmen“ 
während ihrer Fortzüchtung Varianten abgespalten werden, die dauernd Häut¬ 
chenbildung zeigen. Autor bezeichnet diese Varianten als R-Stämme. 



142 


L. Bitter und H. Holtz: 


daß auf die Reinheit der Kulturen (verunreinigt mit Heu- oder Kar¬ 
toffelbacillen) geachtet ist. Ominder hat dieses Phänomen bei einer Anzahl 
der von ihm geprüften Stämme auch gesehen. 

Was Ominder über die Eigentümlichkeit der Abortusstämme auf 
dem Schrägagarstrich mitteilt, haben wir auch beobachten können. 
Nur anfangs wuchsen die Kulturen saftig, nach einiger Zeit wurden sie 
trockener und waren schwer vom Nährboden abzuheben. Das ist für 
die Anstellung der Agglutinationsprüfung, wie auch Ominder betont, ein 
mißlicher Umstand. Abschwemmungen gelingen nur schwer und in 
Flocken. Manchmal kann man bei solchen Stämmen dann noch einwand¬ 
freie Resultate erzielen, wenn man die Agglutination in Peptonioasser- 
kuUuren vomimmt; aber nach einiger Zeit tritt auch hier Flocken¬ 
bildung bei Wachstum der Kulturen auf. Schickte man die Stämme 
durch die weiße Maus (vgl. unten) so konnte ein etwas saftigeres Wachs¬ 
tum und eine flockenlose Abschwemmbarkeit der Agarkulturen für 
kurze Zeit wieder hergestellt werden; jedoch nicht in jedem Falle durch 
ein- bis zweimalige Tierpassage. 

Das Verhalten der 9 untersuchten Stämme auf der Reihe war regel¬ 
recht für chemisch voll leistungsfähige Angehörige der Paratyphus 
B-Enteritis-Gruppe. Der Umschlag der Chinablaumolken kam aller¬ 
dings bei 2 Stämmen nach 43 Tagen noch nicht zur Beobachtung. 

Von den mit 9 Stämmen in der oben beschriebenen Weise gefütterten 
9 weißen Mäusen sind nur 3 gestorben. Eine Maus starb 9 Tage nach 
der Fütterung. Aus ihrem Herzblut wurden die verfütterten Bakterien 
in Reinkultur gezüchtet, und diese Bakterien, die vorher sehr trocken 
gewachsen waren und deren Kulturen sich vom Schrägagar nur in Flocken 
hatten abschwemmen lassen, wuchsen zunächst wieder saftig und ließen 
sich flockenlos abschwemmen. Nach 2—3 maliger Überimpfung wuchs 
der Stamm wieder trocken. Eine 2. Maus starb nach ebenfalls 9 Tagen. 
Die Kultur aus ihrem Herzblut und Organen gelang nicht. Eine andere 
Maus, die nun mit demselben Stamme gefüttert winde, war 25 Tage nach 
der Fütterung noch am Leben. Die erste mit diesem Stamm gefütterte 
und gestorbene Maus dürfte an einer interkurrierenden Krankheit ge¬ 
storben sein. Eine weitere Maus starb 12 Tage nach der Fütterung. 
Der Befund im Herzblut war regelrecht. Das kaum wahrnehmbare 
Wallbildungsvermögen des Stammes vor der Fütterung hatte sich etwas 
verbessert. Charakteristisch wurden die Wälle nicht. Sämtliche übrigen 
Tiere sind am Leben geblieben und haben scheinbar keine Gesundheits¬ 
störungen gehabt. Von den 2 Stämmen, die je eine Maus im Fütterungs¬ 
versuch sicher getötet haben, stammte einer von Stutenabort, einer aus 
einer Fohlensepticämie. Nach diesen Resultaten scheint die Pathogenität 
im Fütterungsversuch seitens der Stutenabortus- und Fohlensepticämie- 
stämme nicht besonders groß zu sein. Wir sind zu dieser Annahme be- 



Die Bedeutung der Typentrennung in der l’aratyphus-Enteritisgruppe. 143 


sonders durch den Umstand gekommen, daß, wie wir unten sehen werden, 
die gleichzeitig mit den Pferdestämmen uns aus Stade übersandten 
Kälber- und Schweinestämme sämtlich fütterungspathogen für die weiße 
Maus waren. Beweisend für unsere Ansicht ist der Ausfall unserer 
Tierversuche nicht. Notwendig erscheint vielmehr zur Klärung dieser 
Frage die Verfütterung von ganz frisch isolierten Abortus- und Fohlen¬ 
stämmen. Gminder berichtet über große Schwankungen in der Patho¬ 
genität seiner Abortusstämme. Gefüttert hat er, soweit aus seiner Arbeit 
ersichtlich, nur 4 Ratten. Spontan gestorben von diesen 4 Ratten ist 
nur eine. Die 3 anderen wurden getötet .und aus ihren Organen die ver¬ 
fütterten Bakterien isoliert. Ominder spricht wohl auch von weißen 
Mäusen, die er infiziert habe, Einzelheiten darüber sind in seiner Arbeit 
nicht zu finden. 

Außerordentlich charakteristisch war der Ausfall der Agglutina¬ 
tionsprüfung. Wenn auch der oben erwähnte Umstand, daß sich viele 
Kulturen nur flockig abschwemmen ließen, die Beobachtung beein¬ 
trächtigte, so konnten wir doch dadurch, daß wir die großen Flocken 

Tabelle II. Stämme aus Stade. 


Agglutination mit 


Bexdduumg 


der Stftmme 

Breslau-Serum 

Paraty. B-Serum 

Gärtner-Serum 

Paraty. C-Serum 
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Titer 1 : 100 000 

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144 


L. Bitter und H. Holtz: 


erst absitzen ließen, oder daß wir 48 Stunden alte Peptonwasserkulturen 
zur Agglutination verwandten, zu ganz eindeutigen Resultaten kommen. 
Die Resultate sind so, daß man in der Praxis eigentlich gar kein spezi¬ 
fisches homologes Serum braucht, um das Bacterium abortus equi als 
solches zu charakterisieren. Hoch ist im allgemeinen die Beeinflußbar¬ 
keit der Abortusbakterien durch Breslau- und Gärtnerserum, während 
sie durch Paratyphus B-Serum nur sehr wenig agglutiniert werden. 
Auch spezifische Sera für Paratyphus C agglutinieren Stutenabort - 
bakterien hoch. Die beigefügte Tabelle II veranschaulicht die diesbe¬ 
züglichen Verhältnisse schön. In dieser Tabelle sind außer den Agglu¬ 
tinationsresultaten für sämtliche Abortusstämme aus Stade auch einige 
typische Beispiele für das Verhalten von Breslau-, Suipestifer- und 
Gärtnerstämme in den betreffenden Seren mitgeteilt. Die Agglutinations¬ 
verhältnisse sind in Prozent der Titerhöhe der einzelnen Sera angegeben, 
ein Verfahren, das zweifellos viel empfehlenswerter ist als die Mitteilung 
der einfachen erreichten Agglutinationswerte und des Titers der Sera. 
L. Bitter hat von dieser Methode schon früher mit Vorteil Gebrauch 
gemacht. Wir haben uns insbesondere auch bei dieser Gelegenheit 
wieder von ihrem Nutzen überzeugen könnnen. Gminder gibt in seiner 
Arbeit an, daß er in Übereinstimmung mit van Heelsbergen in 2 Fällen 
eine deutliche Beeinflussung des Bacillus typhi murium Löffler durch 
Stutenserum feststellen konnte. Sieht man seine Tabelle genau an, so 
kann man die Beobachtung machen, daß seine sämtlichen Stutenabort¬ 
stämme auch durch Mäusetyphusserum deutlich höher beeinflußt werden, 
als durch das von ihm verwandte Paratyphus B-Serum (menschl. Stamm). 
Ihm selbst scheint das gar nicht aufgefallen zu sein, wenigstens erwähnt 
er den Umstand, der in mehr als einer Hinsicht zu denken gibt, nicht. 
Das Mäusetyphusbacterium ist kulturell und agglutinatorisch nach 
L. Bitters Erfahrungen nicht vom Bacterium enteritidis Breslau zu tren¬ 
nen. Auch seine Fütterungspathogenität für Mäuse ist ja dieselbe wie 
die der Breslaustäbchen. L. Bitter hat zahlreiche Agglutinationsversuche 
mit Mäusetyphus und Breslaubakterien bzw. mit ihren Seren angestellt 
und ist immer wieder zu demselben Resultat gekommen, daß eine ein 
fache serologische Trennung der beiden Typen ganz ausgeschlossen ist. 
Er hält sie demnach für identisch. 

An dieser Stelle soll gleich hervorgehoben werden, daß ein Stamm, 
den wir der Liebenswürdigkeit von Prof. Manninger 12 ) in Budapest 
verdanken und der von diesem als der Erreger einer Erkrankung von 
Finken beschrieben ist, auch als Breslaubacterium nach den von uns 
angestellten Nachprüfungen angesprochen werden muß. Das ist sehr 
interessant. In der Literatur nämlich findet sich ja wiederholt die An¬ 
gabe, daß das mit dem Bacterium paratyphi B identisch sein sollende 
Psittakosisstäbchen gelegentlich beim Menschen ein der Fleischvergiftung 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 145 

ähnliches Krankheitsbild erzeugen soll. Uber durch sogenannte Para¬ 
typhus B-Bakterien hervorgerufene Seuchen unter Geflügel und Sing¬ 
vögeln ist ja auch schon wiederholt berichtet. Welche von ihnen durch 
Breslaustäbchen bedingt gewesen sind, läßt sich heute nicht mehr mit 
Sicherheit entscheiden. Wohl charakterisiert sind die Erreger des 
Hühnertyphus, die Pfeiler entdeckt und beschrieben hat und über deren 
kulturelles und agglutinatorisches Verhalten Tab. I unterrichtet. Beim 
Menschen sind diese Bakterien bislang nicht nachgewiesen. Bei einigen 
Vogelseuchen scheint aber das Breslaubacterium die Ursache gewesen 
zu sein. Manniger hält seinen Stamm mit den von Pfeiler* 3 ) wie von 
Adam und Meder**) gelegentlich von Kanarienvögelseuchen isolierten 
Bakterien für identisch. Bemerkenswert ist noch, daß Manninger selbst 
die Fütterungspathogenität seiner Finkenstämme an der Maus geprüft 
hat. Wenn dieser Versuch auch nicht ganz einwandfrei ist, weil er bak¬ 
terienhaltige Milz an Stelle einer Agarkulturaufschwemmung in Brot 
verfütterte, so spricht der nach 10 Tagen eingetretene Tod der gefütterten 
Maus doch mit großer Wahrscheinlichkeit für ein positives Ergebnis. 
Unser Fütterungsversuch mit Agarkulturaufschwemmung ist regelrecht 
ausgefallen, d. h. die Maus starb nach 5 Tagen, und aus ihrem Herzblut 
wurden die verfütterten Bakterien in Reinkultur gewonnen. Es dürfte 
sich empfehlen, der Frage der Identität der Vogelseuchen mit den Breslau¬ 
infektionen der Menschen in Zukunft erhöhte Aufmerksamkeit za schenken. 
Fütterungsversuche mit aus menschlichen Fleischvergiftungen isolierten 
Breslaubakterien an Sperlingen usw. sind von L. Bitter in die Wege 
geleitet. Unter freilebenden Vögeln dürfte eine Breslauinfektion wohl 
nur ganz ausnahmsweise Vorkommen, jedenfallls keinen seuchenhaften 
Charakter annehmen. Interessant wäre es, Beobachtungen darüber 
anzustellen, ob gelegentlich Raubvögel, insbesondere auch Rabenvögel, 
in größerer Zahl verenden, wenn Feldmausplagen mit Hilfe des Löffler- 
schen Bacteriums bekämpft werden. Das wäre sehr wohl denkbar; 
ebenso denkbar aber auch, daß diese Tiere gegen eine Breslauinfektion 
mehr oder weniger immun sind. 

Rechnet man nun die oben erwähnten Agglutinationszahlen von 
Gminder gegenüber Paratyphus B- und Mäusetyphusserum in Prozenten 
aus, so ergibt sich, daß seine sämtlichen 33 Abortusstämme durch Mäuse¬ 
typhusserum immer höher agglutiniert werden als durch Paratyphus 
B-Serum. Der Unterschied beträgt mindestens 3,25%, meistens mehr. 
Unterschiede von 10% sind keine Seltenheit. Auffällig erscheint bei 
Gminder die schwache Beeinflussung, die sein Gärtnerserum auf seine 
Stutenabortstämme ausübte. Er hat nur einen einzigen gefunden, der 
diesbezüglich sehr hoch agglutiniert wurde und hält ihn dementsprechend 
für einen Gärtnerstamm. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß es sich 
ganz sicher um keinen Gärtnerstamm handelt, dafür ist die Mitagglu- 



Tabelle III. 


146 


L. Bitter und H. Holtz: 





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Tabelle, 111. 


Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 147 



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Bact. enterit. Härtner. Bact, paraty. B. Bact. paraty. C. Bact. enterit. Breslau. Bart, abortua equi. 







148 


L. Bitter und 11» Holtz: 


tination durch Mäusetyphusserum (12,5%) viel zu hoch. Aus unserer 
Zusammenstellung geht hervor, daß die echten Gärtnerstämme durch 
Breslauserum im allgemeinen nur ganz wenig beeinflußt werden (1—2%). 
Woran es liegt, daß Gminders Gärtnerserum bei den übrigen Abortus- 
stämmen nur so geringfügige Werte, die alle unter 1% liegen, erzielte, 
können wir nicht sagen. Die diesbezüglichen Verhältnisse müssen an 
einem großen Material von verschiedenen Seiten nachgeprüft werden. 

Pestiferstämme verhalten sich Breslau- und Paratyphus B-Seren 
gegenüber im allgemeinen gerade umgekehrt wie Abortusstämme. Sie 
werden gewöhnlich durch Breslauserum ganz geringfügig, durch Para¬ 
typhus B-Serum erheblich mitagglutiniert. Abteilung IV unserer Tab. II 
zeigt dieses Verhalten, das wir an einer ganzen Reihe anderer Suipestifer- 
stämme auch feststellen konnten, sehr schön. 

Charakteristisch für die Abortusstämme ist also neben ihren in die 
Augen springenden kulturellen Eigentümlichkeiten (trockenes Wachs¬ 
tum auf Agar, eigenartige Wallbildung, Runzelung des Gelatinestriches, 
Häutchenbildung auf Bouillon, Neigung zur Spontanagglutination) 
ihr Verhalten den Seren von Breslau-, Paratyphus B-, Paratyphus C- 
und Gärtnerbakterien gegenüber. Sie werden von den 3 ersten Seren 
hoch, von Paratyphus B-Serum nur wenig agglutiniert. Dieses Ver¬ 
halten spricht mit einer überzeugenden Deutlichkeit für eine Verschieden¬ 
heit des Rezeptorenapparates von Breslau- und Paratyphus B-Bak- 
terien. Die gleiche Feststellung kann man aus dem erwähnten umge¬ 
kehrten Verhalten der Suipestifenstämme gegen diese beiden Seren 
machen. Außer den Ergebnissen der Receptorenanalyse nach Weil und 
Felix* 5 ) spricht schon dieser Umstand, der von den Forschem bislang 
wenig beachtet ist, für die absolute Verschiedenheit vom Paratyphus B- 
Bakterien ( Schottmüller) und Enteritisstäbchen vom Typus Breslau. 
Pfeiler**) ist bislang wohl der einzige gewesen, der ähnliche Überlegungen 
hinsichtlich der Beeinflussung von Angehörigen der Paratyphus-Enteri¬ 
tisgruppe durch Ferkeltyphusserum angestellt hat. 

Es war nun nicht iminteressant, festzustellen, welche Eigentümlich¬ 
keiten der Receptorenapparat der Abortusstämme im Vergleich zu 
Gärtner-, Paratyphus C-, Breslau- und Paratyphus B-Bakterien besaß. 
Zu diesem Zwecke wurde je ein Stamm der 4 genannten Bakterien 
und mehrere Abortusstämme mit den Seren Breslau, Gärtner, Para¬ 
typhus B und Paratyphus C in der üblichen Weise im Agglutinations¬ 
versuch geprüft. Ebenso wurden diese Stämme nach einstündigem 
Kochen der Einwirkung der 4 Sera ausgesetzt. Das Resultat geht aus 
beigefügter Tab. III hervor. Man sieht, daß die Abortusstämme schon 
hinsichtlich ihrer thermostabilen Receptoren sich von den Breslau- und 
Paratyphus B-Bakterien dadurch unterscheiden, daß sie, wie die Gärt¬ 
nerbakterien offenbar 2 verschiedene thermostabile Receptoren be- 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 149 

sitzen. Paratyphus B- und Breslaubakterien besitzen nur einen, der 
ihnen mit Gärtner-, Breslau-, Paratyphus B- und Abortusstämmen ge¬ 
meinsam ist. Paratyphus C-Bakterien, Erzindjan, haben diesen den 
anderen gemeinsamen thermostabilen Receptor nicht. Das geht über¬ 
einstimmend mit unseren Versuchen auch aus denen von Fürth 21 ) mit 
Sicherheit hervor. Die Abortusstämme haben wie die Gärtnerstämme 
außer den erwähnten thermostabilen Receptoren auch diesen thermo¬ 
stabilen Paratyphus C-Receptor. 

Der Unterschied zwischen Gärtnerbacterium und Abortusstäbchen 
liegt nun offenbar darin, daß die Gärtnerbakterien keinen labilen Re¬ 
ceptor mit Paratyphus B- und Breslaustäbchen gemeinsam besitzen, 


Tabelle IV. Stämme aus Budapest. 


h 0 

c o 

M , 

dch- i * g ! g 2 
und 1 ' OJ 5 i Ort 
tonft *# 

Imme 5= 1 

£ *5 ^ 

H , « 


a %* J2 
3 v — 

3*0 O 

«f g 

60-gS 

C * rt 



Gelatine- 

Btrich 


Breslau 


Agglutination mit 8erum 


Parat y. 

C 


i 


Typhus 


Gärtner ; 


Pestifer 


khort. 

+ 

i 

-U 

-H 

+•) 

dick. Tropf. 



Spontan 


olden 

+ 

4 

-1 

.E 

gerutscht 20 % 

I o o/ 

1 - /o 

1 50 % 

! — 

1 100 % 

2 %? 

[uhr- 


i 



i 






ftnkes 

[alb 

4- 1 

. 4- 

1 

4 

! + 

gerutscht , — 


20 % 

! j 

1—2%50—100% 

— 

‘ara- 

4 

4- 

4 

_ 

kl. Tropfen 1 % 

10 % 

— 

_ 

_ 

100 % 

phuv 

4 

-4 

4 

i + 

gerutscht j 1 ° 0 

10 % 

— 1 

1 - 

— 

1 100 % 

ranke; 

+ 

4 

4 

— 

kl. Tropfen 1 % 

10 % j 

— 


— 

100 % 

erkel 

i- 

4 

4 

I 

dick. Tropf. | 1 % 

10 % 1 

— 


— 

100-200°/, 

nk 

+ 

-f 1 

4 


trocken 100% 

1 % 

5 % 


— 

— 


+ soll die Eigenart der Wälle bedeuten. 


während die Abortusstämme mindestens einen dieser labilen Receptoren 
mit Breslaubakterien gemeinsam haben müssen, und zwar einen andern 
als den, welcher den Breslau- und Paratyphus B-Bakterien gemeinsam 
ist. Die teilweise Verschiedenheit des thermolabilen Receptorenappa- 
rates zwischen Paratyphus B- und Breslaubakterien ist ja von den oft 
genannten Autoren (Schiff usw.) übereinstimmend experimentell er¬ 
wiesen worden. 

Es muß erwähnt werden, daß ein Abortus der Tiere, insbesondere 
von Rindern, auch durch andere Angehörige der Paratyphus-Enteritis¬ 
gruppe, vorzugsweise durch Gärtnerbakterien bedingt sein kann. Der 
Liebenswürdigkeit von Prof. Miessner-H&nnover verdanken wir einen 
aus Pferdeabortus gezüchteten Stamm (Lensch IV), der kulturell und 
agglutinatorisch als Breslaustamm aufgefaßt werden muß: Keine Wälle, 
ziemlich trockenes Wachstum auf Gelatine, keine Haut auf Bouillon, 




150 


L. Bitter and H. Holtz: 


saftiges Wachstum auf Agar, Agglutination durch Serum Breslau < 100 ° 0 , 
Paratyphus B < 10%, Gärtner 5%, Pestifer < 5%, Paratyphus C 0%. 

Eine besondere Art von hierher gehörenden Bakterien stellen noch 
die vonSchermer und Ehrlich* 1 ), ferner von Stephan und Geiger**) 1920 und 
1921 beschriebenen Erreger des Verlammens von Schafen dar. Vier neuer¬ 
dings wieder im Tierseucheninstitut der Landwirtschaftskammer in 
Hannover isolierte Stämme wurden uns von dort freundlichst überlassen. 


Tabelle V. 



Schirmer u. Ehrlich 

Stamm 1 Stamm 
494 1 557 

Stephan w. Geiger 

Stamm 

I 22 

Hannover 

Stamm 

587, 794, 818, 860 

Wachstum auf j 

Besonders zart 

sehr zart 

sehr zart, durch¬ 

Agar 

und durchsichtig 

sichtig 

Bewegung 

1 ? 1 

1 ? 

+ 

+ 

Malachitgrün- 

Agar 

i 1 

Kein Wachstum 

i 

INach 48 St zartes 
i Wachstum 

Nach 48 St. zartes 
Wachstum 

Säure aus Milch¬ 

1 _ i 

_ 



zucker 

Neutralrotagar: 

(+) 



i 

4-4- 

Gas 


— 

Reduktion 

<+) 

— 

(+) 

4-4- 

Lackmusmolke: 





Rötung 

(+) 

(+) 

+ 

4 

Trübung 


— 

- 

(4-) 

Umschlag 

— 

— 

— 

i 

i 

Indolbildung 

V 

V 


i 

Agglutination 
mit Serum 

| 



j 

Typhus 
Paraty. A 
„ B 
„ C 

Enterit. Gärtner 
„ Breslau 
„ Bernhardt 
Pestifer 

i 



200% | 
20 % , 

< 5 % 
<100% 

200 % 

< 50 % 

20 % 

50 % 


Die kulturellen Eigenschaften sind aus Tab. I und V ersichtlich. In die 
letzte Tabelle ist auch das entsprechende Verhalten der Stämme, die 
Schermer und Ehrlich sowie Stephan und Geiger gezüchtet haben, nach den 
Prüfungsergebnissen der letzten beiden Autoren eingetragen. Was bei 
der Betrachtung der Tabellen zunächst auffällt, ist das zarte Wachstum 
der in Frage stehenden Krankheitserreger. In der ganzen Ruhr-Typhus- 
Koligruppe haben wir noch kein Stäbchen gesehen, was derartig zarte 
Kolonien bildete. Den Angehörigen der Paratyphus-Enteritisgruppe 





Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 151 


gegenüber insbesondere ist die Spärlichkeit des Wachstums prägnant. 
Auffällig ist weiterhin die Empfindlichkeit des Stäbchens gegen Malachit¬ 
grün. Auf Malachitgrün- und Malachitgrün-Chinablauagar konnten wir 
erst nach 48 Stunden (Bruttemperatur) deutlich mit dem bloßen Auge 
wahrnehmbares Wachstum feststellen. In Neutralrot-Traubenzucker¬ 
agar wuchsen die von uns geprüften Stämme innerhalb von 24 Stunden 
recht gut, bildeten kräftig Gas und reduzierten das Neutralrot bis zur 
Gelbfärbung. Die Stämme von Schermer und Ehrlich, sowie die von 
Stephan und Geiger scheinen sich in dieser Hinsicht anders verhalten 
zu haben, der eine bildete schwach Gas und reduzierte ebenso schwach, 
ein anderer vermochte nur schwach zu reduzieren und einem dritten 
fehlte die Fähigkeit für beide chemische Leistungen. Säurebildung in 
Lackmus- bzw. Chinablaumolke war bei unseren Stämmen recht deutlich 
festzustellen; stärker als man es für gewöhnlich bei Typhusbakterien 
zu sehen bekommt. Im Gegensatz zu den mehrfach genannten Autoren 
glauben wir auch eine leichte Trübung haben feststellen zu können. Ein 
Umschlag in der Molke trat nicht ein. Indol wurde von den bei uns ge¬ 
prüften Stämmen nicht gebildet. Leider fehlen Angaben wie sich dies¬ 
bezüglich die Bakterien der anderen Autoren verhalten haben. Der 
Gelatinestrich ließ in unseren Versuchen schon nach 48 Stunden deutlich 
wahrnehmbares, wenn auch zartes Wachstum erkennen. Bei längerer 
Aufbewahrung blieb der Strich ziemlich trocken, die Kulturmasse bildete 
keinen Tropfen und rutschte nicht. Dementsprechend wurde auf Agar¬ 
schalen niemals die Andeutung einer WaUbildung beobachtet. Bouillon¬ 
kultmen trübten sich nach 24stündiger Bebrütung deutlich, die Trübung 
nahm bei weiterer Bebrütung allerdings zu, jedoch nicht in dem Maße, 
wie man das bei den anderen Angehörigen der Paratyphus-Enteritis¬ 
gruppe zu sehen gewöhnt ist. Der sich allmählich bildende Bodensatz 
Dielt sich in sehr mäßigen Grenzen. Häutchenbildung wurde nicht beob¬ 
achtet. 

Von 2 mit 2 verschiedenen Stämmen gefütterten weißen Mäusen ist 
nach 14 Tagen keine gestorben oder sichtbar krank geworden. Die Fütte¬ 
rungspathogenität scheint demnach, vorsichtig gesagt, nicht sehr groß 
zu sein. Die Stämme waren bei der Verfütterung erst einige Wochen 
isoliert. 

Was nun die Agglutination anbetrifft, so zeigt das Studium der 
diesbezüglichen Angaben von Stephan und Geiger und ein Blick auf 
unsere Tabelle Ia, daß wir hier einen Angehörigen der Paratyphus- 
Enteritisgruppe vor uns haben, der, soweit bis jetzt bekannt, den um¬ 
fangreichsten Receptorenapparat in der ganzen Gruppe besitzt. Das 
Serum aller bislang bekannten Angehörigen dieser Gruppe mit Einschluß 
von Typhusserum, mit einziger Ausnahme von Paratyphus B-Serum 
agglutiniert diesen seltsamen Mikroorganismus bis zu 20 und mehr Pro- 

Arch. f. Tierheilk. L. \\ 



152 


L. Bitter und IL Holtz: 


zent ihrer Titerhöhe. Insbesondere Typhus-, Paratyphus C- und Gärtner¬ 
serum beeinflussen das Schafabortusstäbchen agglutinatorisch in ausge¬ 
sprochenster Weise. Auch Breslau- und Pestiferserum zeigen in dieser 
Richtung eine sehr starke Wirkung. Es ist auch ohne spezifisches 
Immunserum leicht, diesen Mikroorganismus durch sein kulturelles 
und agglutinatorisches Verhalten abzutrennen und zu identifizieren. 
Er verhält sich in dieser Hinsicht also ganz ähnlich wie das Abortus- 
equi-Stäbchen. 

Ob ihm eine große 'praktische Bedeutung in der Tiermedizin zukommt 
müssen weitere Erfahrungen lehren , beim Menschen konnte ein ähnliches 
Stäbchen bislang nicht festgestellt werden. Immerhin wäre es möglich, 
daß ein Stamm wie ihn Schermer und Ehrlich besitzen (557), ein Stamm, 
der Neutralrottraubenzucker nicht verändert und Chinablaumolke nur 
leicht bläiit, beim Menschen gefunden, als ein schlecht agglutinabler 
Typhusstamm angesprochen wäre. Bei der Untersuchung von mensch¬ 
lichem Material wäre in Zukunft also zu versuchen, ob schlecht agglu- 
tinable typhusartige Bakterien etwa durch Abortus-ovis-Serum hoch 
beeinflußt werden oder ob sie die charakteristische Beeinflussung durch 
die anderen in unserer Tabelle aufgeführten Immunsera erkennen lassen. 
Das Gesagte gilt logischerweise auch für schlecht agglutinable Para¬ 
typhus A-Stämme (Schweinestämme von Uhlenhuthl). 

Die übrigen bakteriellen Ursachen des Verwerfens interessieren im 
Rahmen dieser Arbeit nicht. 

Sämtliche 4 Kälberstämme aus Stade haben sich uns mit all ihren 
Eigenschaften als Gärtnerstämme erwiesen. Sie verhielten sich kulturell 
wie diese. Drei von ihnen bildeten noch charakteristische Wälle. Einer 
ließ dieses Phänomen vermissen, bildete aber auf dem Gelatinestrich 
den charakteristischen Tropfen; die drei anderen „rutschten“ auf der 
Gelatine. Sämtliche 4 Stämme waren fütterungspathogen für die weiße 
Maus. Der Befund im Herzblut der gestorbenen Tiere war der übliche. 
Der Ansicht Uhlenhuths und seiner Schüler ist danach beizupflichten, 
daß die Kälberstämme echte Gärtnerstämme sind. 

Interessant war das Untersuchungsergebnis hinsichtlich der letzten 
3 Stämme aus Stade, die aus septikämisch erkrankten Schweinen isoliert 
waren. Zwei davon (vgl. Tab. II) waren Suipestiferstämme vom Typus 
Kunzendorf. Einer von diesen Stämmen bildete schöne Wälle, der zweite 
(109) ließ das Phänomen vermissen, zeigte aber auf der Gelatine den 
Tropfen. Beide Stämme töteten im Fütterungsversuch die Mäuse nach 
5 bzw. 8 Tagen. Aus dem Herzblut der verendeten Tiere wurden die 
verfütterten Bakterien in Reinkultur gezüchtet. Das Agglutinations¬ 
ergebnis muß, wie aus der Tabelle hervorgeht, als eindeutig bezeichnet 
werden. Demgegenüber war der dritte Schweinestamm Nr. 79 ein typi¬ 
sches Breslaubacterium. Fehlende Wallbildung, trockenes Wachstum 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 153 

auf der Gelatine, Fütterungspathogenität für die Maus und charakte- 
ristisches agglutinatorisches Verhalten wiesen ihm sozusagen mühelos 
seinen Platz zu. 

Herr Prof. Manninger aus Budapest hatte, wie schon oben erwähnt, 
ebenfalls die Freundlichkeit, uns eine Reihe von Tierstämmen zu über¬ 
lassen. Von dem Finkenstamm H ist schon das nötige gesagt. Er ist 
als echtes Breslaustäbchen anzusehen. Die beiden Stämme E und F 
sind als Abortusbakterien anzusprechen. Ihre Kolonien bildeten die 
oben beschriebenen eigentümlichen Wälle. Der Gelatinestrich „rutschte“ 
oder zeigte mindestens einen dicken Tropfen. Das Wachstum auf Agar 
war trocken, auf der Bouillon entstand eine Haut. Fütterungspathogen 
für die weiße Maus waren die Stämme nicht, trotzdem sie erst 1921 bzw. 
1922 aus dem Herzblut von abortierten Fohlen isoliert sind. Die Agglu¬ 
tination ergab für den Stamm E wegen zu starker Flockenbildung bei 
der Abschwemmung und in Peptonwasser kein brauchbares Resultat. 
Stamm F dagegen verhielt sich agglutinatorisch wieder, wie oben be¬ 
schrieben. Er wurde agglutiniert von Breslauserum 20%, von Para¬ 
typhus B-Serum 2%, von Gärtnerserum 100%, von Paratyphus C-Serum 
2%, von Gärtnerserum 100%, von Paratyphus C-Serum 50%. Alles 
Weitere geht aus Tab. IV hervor. 

Stamm G ist aus einem ruhrkranken Kalbe 1920 isoliert. Die Tabelle 
zeigt, daß es sich um einen Gärtnerstamm mit allen charakteristischen 
Eigenschaften handelt. 

Die Stämme A, B, C, D, sind im Laufe der letzten 18 Jahre von 
Manninger* 6 ) aus „paratyphuskranken“ Ferkeln gezüchtet. Wälle bil¬ 
dete nur noch der Stamm B, der auf der Gelatine auch „rutscht“. D 
bildete keine Wälle, zeigt aber auf der Gelatine einen dicken Tropfen. 
A und C bildeten keine Wälle mehr und zeigten auf Gelatine nur kleine 
Tropfen. A und D töteten die gefütterte Maus nach 9 Tagen. Aggluti¬ 
natorisch und in ihrem Verhalten auf der Reihe gehören alle 4 Stämme, 
wie Manninger in seiner Arbeit selbst betont, dem Suipestifertyp Kunzen- 
dorf an. Das Verhalten der Bakterien in unseren Breslau- und Para¬ 
typhus B-Seren war wieder imgemein charakteristisch. 

Aus den verschiedenen Darlegungen dürfte sich unter anderem mit 
Sicherheit ergeben, daß unter den Angehörigen der sogenannten Para- 
tjflphusgruppe weitgehende Unterschiede bestehen. Diese Unterschiede 
sind nicht sowohl bakteriologischer Natur, als insbesondere dadurch 
bedingt, daß die verschiedenen Vertreter verschiedene klinische Krank¬ 
heitsbilder beim Menschen und Tiere hervorrufen. Der Begriff „Para¬ 
typhus“ ist ursprünglich geprägt für eine Krankheit, die beim Menschen 
vorkommt und mit den viel länger bekannten klinischen Erscheinungen 
des Unterleibstyphus eine überwältigende Ähnlichkeit zeigte. Weil die 
Erreger dieser typhusähnlichen Krankheit beim Menschen kulturell und 

11 * 



154 


L. Bitter und H. Holte: 


serologisch gewisse weitgehende Ähnlichkeiten mit anderen krankheits¬ 
erregenden Bakterien beim Menschen und Tier boten, ohne daß freilich 
die durch diese letztgenannten Bakterien bedingten Krankheitserschei¬ 
nungen eine auch nur annähernde Verwandtschaft mit dem Unterleibs¬ 
typhus zeigten, hat man sich leider daran gewöhnt, alle Mikroorganis¬ 
men, die in diese Gruppe gehören, als Paratyphusbakterien, und alle 
Krankheiten, die durch sie hervorgerufen werden, als Paratyphus¬ 
erkrankungen zu bezeichnen. Jede Erkrankung beim Tier, die durch 
Angehörige dieser Gruppe erzeugt wird, ganz gleichgültig, was für klinisch 
Erscheinungen sie macht, nennt der Tierarzt „Paratyphus“. Ganz 
ähnlich verhält sich noch oft der Arzt beim Menschen. Das ist nach dem 
Dargelegten doch wohl nicht mehr angängig. Es dürfte sehr zweifelhaft 
sein, ob es beim Schlachttier eine Krankheit gibt, die ausgesprochen 
typhös verläuft und einen Angehörigen der sogenannten Paratyphus¬ 
gruppe zum Erreger hat. Als Paratyphusbakterien sollte man nur die 
Erreger typhöser Erkrankungen beim Menschen bezeichnen. Sie kommen, 
wie wir gesehen haben, beim Schlachttiere nicht oder nur äußerst selten und 
dann nicht als Krankheitserreger vor. Die ausschließlich tierpathogenen 
Vertreter sollte man, wie das bei anderen Krankheitserregern (vgl. L. Bitter) 
üblich ist, nach den klinischen Erscheinungen, die sie hervorrufen, benennen, 
z. B. Bacterium abortus equi. Diejenigen tierpathogenen Vertreter der 
bakteriologischen Paratyphusgruppe, die sowohl tierische wie menschliche 
Erkrankungen machen, insbesondere das Gärtner- und Breslaustäbchen, 
können beim Menschen nach Auf nahme von größeren Mengen keine typhösen 
sondern nur gastrointestinale Erscheinungen erzeugen, und man ist deshalb 
unserer Meinung nach nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, sie ganz 
allgemein als Enteritisbakterien im engeren Sinne abzutrennen. 

Es gibt also sicher bekannte Angehörige der Paratyphus-Enteritis¬ 
gruppe, die bislang als Krankheitserreger beim Menschen nicht beobach¬ 
tet worden sind. Sie sind verhältnismäßig leicht zu identifizieren. 
Unter Berücksichtigung der Umstände, daß die menschenpathogenen 
Neukirchstäbchen (Paratyphus C, ß) in Deutschland noch nie Erkran¬ 
kungsfälle bewirkt haben und dementsprechend nie gefunden sind, daß 
für ihre Verbreitung das Schlachtvieh offenbar keine Rolle spielt, daß 
ferner die Bernhardt-Stäbchen offenbar nur außerordentlich selten 
menschliche Krankheitserreger werden, kann man sagen, daß der Pesti- 
fergruppe für die menschliche Gesundheit nur untergeordnete Bedeutung 
zukommt, soweit sie beim Schlachttier gefunden werden. Der bakterio¬ 
logische Befund „Suipestifer-Stäbchen“ beim erkrankten Schlachtvieh 
wird also eine bedingte Freigabe des Fleisches in gekochtem Zustande in 
der Praxis gestatten. Ebenso dürfte man verfahren, wenn man Abortus- 
stämme bei notgeschlachteten Pferden und Schafen fände. Der Befund 
vom Gärtner- und Breslaustäbchen aber bei erkrankten oder notge- 



Die Bedeutung der Typentrennung in der Paratyphus-Enteritisgruppe. 155 

schlachteten Tieren müßte in jedem Falle zur äußersten Vorsicht mahnen. 
Sollte es sich um einen streng lokalisierten Befund handeln (Kälberruhr), 
so könnte unter Umständen eine bedingte Freigabe des Fleisches er¬ 
folgen. Mit Sicherheit würde man aber auf diese Weise eine Schädigung 
des Menschen durch den Genuß des Fleisches wohl nicht ausschalten 
können, und es dürfte sich empfehlen, auch solches Fleisch für den 
menschlichen Genuß als untauglich zu erklären. 


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156 L. Bitter und H. Holtz: Die Bedeutung der Typentrennung usw. 


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Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh. Abt. I, 59, 469. Tropon als Ersatz 
von Pepton zur Herstellung von Bakteriennährböden. Dtsch. med. Wochen¬ 
schrift 1920, Nr. 30 — 61 ) Bonhoff , Über die Identität der Iüfflerschen Mäusetyphus- 
Bakterien mit den Paratyphus B-Bakterien Arch. f. Hyg. 50. 1904. 



Ist die Komplementbindungsprobe zur Untersuchung 
von Schweineseren geeignet? 

Von 

Prof. Dr. R. Manninger. 

(Mitteilung aus dem Institut für Seuchenlehre der kgl. ungarischen tierärztlichen 
Hochschule in Budapest [Direktor: Hofrat Prof. Dr. F. v. Hutyra],) 

(Eingegangen am 22. Juli 1923.) 

Zur Sicherung der Schweinepestdiagnose versuchten bereits vor 
Jahren Uhlenhuth und Mitarbeiter 1 ) sowie Hutyra*) die Komplement¬ 
bindungsmethode nutzbar zu machen, ohne jedoch brauchbare Ergeb¬ 
nisse zu erhalten. Desgleichen hat auch Connawatf) die Komplement¬ 
bindungsmethode bei der Schweinepest unbrauchbar befunden. In 
Anbetracht der praktischen Wichtigkeit dieser Frage wurden Versuche 
in dieser Richtung auch seither im Institut angestellt, wobei als Antigene 
wässerige und alkoholische Extrakte des Blutes und der verschiedensten 
Organe pestkranker Schweine zur Verwendung kamen, doch führten 
auch diese Versuche zu keinem Erfolge. Es war naheliegend, für das 
Mißlingen der Versuche zunächst den imgenügenden Virusgehalt der 
verwendeten Antigenflüssigkeiten verantwortlich zu machen, weitere 
Komplementbindungsversuche mit Schweineseren bei anderen In¬ 
fektionskrankheiten (bei Paratyphus und infektiösem Verwerfen) 
zeigten jedoch, daß die negativen Ergebnisse der Versuche mit Pest¬ 
seren nicht oder zumindest nicht notwendigerweise auf der Unwirksam¬ 
keit der verwendeten Extrakte beruhen mußten, da auch sonst gut 
arbeitende bakterielle Antigene in Versuchen mit Schweineseren ver¬ 
sagten. Dies erschien um so merkwürdiger, als es anderen Autoren, 
so Dedjulin*), Healy und Smith 5 ) sowie King und Drake 6 ) bei der 
Schweinepest und Connaway 7 ) bei dem infektiösen Verwerfen der 
Schweine gelungen sein soll, die Komplementbindungsmethode als 
diagnostisches Mittel mit Erfolg zu verwerten. 

x ) Arb. a. d. Reichsgesundheitsamte VI, 1. 1908. 

*) Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere von Hutyra und Marek. 
Jena 1913. 4. Aufl. Bd. 1, S. 280. 

*) Missouri State Exper. Station 1914, Bull. 131, zitiert bei King und Drake. 

4 ) Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere 3, 313. 1908. 

6 ) Joum. of infect. dis. IT, 713. 1915. 

•) Ibidem, 1», 46. 1916. 

’) Missouri State Exper. Station, Bull. 187; ref. in Berlin. tierärztL Wochen¬ 
schrift 1922, S. 453. 



158 


R. Manninger: Ist die Komplementbindungsprobe 


Ich stellte mir daher zur Aufgabe, nachzuweisen, worin die Ursache 
dieser Widersprüche liegt und trachtete namentlich klarzulegen, ob 
'nicht etwa in der Beschaffenheit der Schweineseren wurzelnde Umstände 
an dem Versagen der Komplementbindungsreaktion Schuld trugen. 

Um der Lösung dieser Frage näherzukommen, versuchte ich zu¬ 
nächst die Analyse der hämolytischen und der antikomplementären 
Wirkung des Schweineserums bei Abwesenheit von Antigenstoffen. 

I. 

Das Schweineserum besitzt bekanntlich eine ziemlich ausgesprochene 
hämolytische Wirkung gegenüber Hammelblutkörperchen. Wird un¬ 
erhitztes Serum in abgestuften Mengen mit je 1 ccm öproz. Hammelblut¬ 
körperchenaufschwemmung vermischt und der Inhalt der Röhrchen 
mit physiologischer Kochsalzlösung auf je 5 ccm aufgefüllt, so läßt sich 
nach einem 20 Minuten langen Aufenthalt der Röhrchen im Wasserbade 
bei 40° nach weisen, daß das Serum in der Regel in Mengen von über 
0,1 ccm die Blutkörperchen vollständig und in Mengen von 0,02 bis 
0,1 ccm teilweise auflöst, während es in Mengen von weniger als 0,02 ccm 
keine sichtbare hämolytische Wirkung mehr entfaltet. Die hämolytische 
Wirkung ist ziemlich konstant, falls frische Sera zur Verwendung ge¬ 
langen. Wenigstens habe ich bei mehr als 30 Seren keine nennenswerten 
Unterschiede in der Wirksamkeit gefunden. Plasma von defibriniertem 
Blut wirkt weniger intensiv, durch das Schütteln mit Glasperlen büßt 
folglich das Blut einen Teil der hämolytischen Kraft ein. Meist habe 
ich in parallelen Versuchen im Plasma nur etwa die Hälfte der Wirkung 
des frischen Serums vorgefunden. 

Wird das Schweineserum erhitzt, so nimmt die hämolytische Kraft 
allmählich ab, und zwar wird sie durch x /jständiges Erwärmen auf 50° 
nur wenig beeinflußt, durch ebenso lange Einwirkung der Temperatur 
von 65° dagegen ganz aufgehoben. Durch das Erhitzen auf 55° wird 
jedoch nur die eine Komponente der hämolytischen Wirkung, das 
Komplement, unwirksam gemacht, die andere Komponente, die wir 
schlechthin ab Hämolysin 1 ) bezeichnen wollen, bleibt dabei unbehelligt. 
Dies kann bewiesen werden, wenn man bei 55° inaktiviertes Serum mit 
komplementhaltigem Meerschweinchenserum mischt. Auf diese Weise 
läßt sich nämlich das Serum wieder aktivieren. Interessant ist in dieser 
Hinsicht die Tatsache, daß gleiche Mengen verschiedener inaktivierter 
Seren verschieden großer Mengen des Meerschweinchenkomplements 

*) Ob es sich hier nur um einen hämolytischen Ambozeptor handelt, oder 
— was sehr wahrscheinlich ist — auch die sog. dritte Komponente des Komple¬ 
ments mit im Spiele ist, mag einstweilen dahingestellt bleiben. Die bisher zur 
Beantwortung dieser Frage durchgeführten Versuche zeitigten noch kein greif¬ 
bares Ergebnis. 



zur Untersuchung von Schweineseren geeignet? 


159 


zur Komplettierung bedürfen. So fand ich u. a. in einem Versuche mit 
9 Seren, daß zur Reaktivierung von je 0,2 ccm Serum in 2 Fällen 0,01, 
in 3 Fällen 0,015, in 1 Falle 0,02, in 2 Fällen 0,03 und in 1 Falle 0,04 ccm 
Meerschweinchenserum nötig waren. Da somit die hämolytische Wirkung 
verschiedener inaktivierter Schweineseren durch verschieden große 
Mengen von Meerschweinchenserum wiederhergestellt werden kann, so 
ist anzunehmen, daß die Schweinesera von Fall zu Fall verschieden 
große Mengen Komplement enthalten. Bekanntlich kann im all¬ 
gemeinen Komplement durch Hämolysin (hämolytischen Amboceptor) 
und Hämolysin durch Komplement innerhalb gewisser Grenzen ersetzt 
werden. Da nun in meinen Versuchen verschiedene Schweinesera im 
unerhitzten Zustande gleich stark hämolytisch wirkten, so folgt aus 
dem bereits Gesagten die Voraussetzung, daß der Hämolysingehalt der 
verschiedenen Schweineseren ungleich groß ist, und zwar um so größer 
ist, durch je kleinere Mengen von Meerschweinchenseren das betreffende 
Serum nach dem Erhitzen reaktiviert werden kann, d. i. je weniger 
Komplement es im unerhitzten Zustande enthalten hat. Diese zunächst 
auf indirektem Wege gefolgerte Annahme läßt sich auch unmittelbar 
durch das Experiment beweisen, indem bei Anwesenheit gleicher Mengen 
von Meerschweinchenkomplement die kleinste, zur kompletten Hämo¬ 
lyse erforderliche Menge verschiedener bei 55° inaktivierter Schweine¬ 
seren ungleich groß ist. Es läßt sich namentlich folgende Gesetzmäßig¬ 
keit feststellen. Von inaktivierten Seren, die zur Komplettierung größerer 
Mengen von Meerschweinchenkomplement bedürfen, sind größere Mengen 
erforderlich, um eine gegebene Menge von Komplement zum kompletten 
Hämolysin zu ergänzen, als von Seren, die bereits durch geringere 
Mengen von Meerschweinchenkomplement reaktiviert werden können. 

Das Hämolysin des Schweineserums wird übrigens selbst durch die 
Einwirkung von 60° nicht zerstört, erfährt jedoch eine merkliche Ab¬ 
nahme der Wirksamkeit, so daß zur Reaktivierung bedeutend größere 
Komplementmengen erforderlich sind als zur Komplettierung von bei 
55° inaktivierten Seren. 

Auf Grund dieser Verhältnisse war es naheliegend anzunehmen, daß 
unsere durchweg negativen Erfolge bei Komplementbindungsversuchen mit 
Schweineseren, in denen Antikörper mit Sicherheit vorauszusetzen waren, 
dadurch verursacht sein konnten, daß der Hämolysingehalt der Schweine¬ 
seren die hämolytische Wirkung des hämolytischen Systems verstärkt und 
auch bei etwa stattgefundener Komplementbindung Hämolyse verursacht. 
Diese Voraussetzung schien um so wahrscheinlicher, als auch Fraenkel 1 ) 
bereits die Beobachtung machte, daß Schweineserum die Amboceptor- 
komplementhämolyse von Hammelblutkörperchen fördert, wobei seiner 
Meinung nach weniger der Gehalt des Serums an hämolytischen Ambo- 
1 ) Zeitschr. f. Immunitätsforsch. 10, 388. 1911. 



160 


R. Manninger: Ist die Komplementbindungsprobe 


zeptoren als an anderen Stoffen [nach Sachs 1 ) vielleicht an der dritten 
Komponente des Komplements] eine Rolle spielt. 

Die erwähnte Vermutung versuchte ich dadurch zu bestätigen, daß 
ich inaktiviertes Schweineserum zu sonst gut ablenkenden Seren hinzu¬ 
fügte und dann mit den Serumgemischen den Komplementbindungs¬ 
versuch anstellte. In dieser Hinsicht seien die Ergebnisse erwähnt, die 
ich bei Rotzseren beobachtete, die große Mengen von spezifischen Ambo¬ 
zeptoren enthielten. Gut ablenkende Pferdesera wurden in abgestuften 
Mengen mit je 0,2 ccm auf 55° erhitzter Schweineseren vermengt, bei 
40° im Wasserbade 20 Minuten lang mit Meerschweinchenserum im 
Gesamtvolumen von 3 ccm digeriert und dann nach der Komplement¬ 
bindungsmethode von Schütz und Schubert weiter behandelt. Es stellte 
sich dann heraus, daß Rotzsera bei Anwesenheit von inaktivierten Schweine¬ 
seren entweder Überhaupt nicht oder doch weniger stark ablenkten als in 
reinem Zustande. So fand ich beispielsweise, daß ein Pferdeserum mit 
einem Titer von 0,01 ccm nach Zusatz des Schweineserums XII selbst 
in der Menge von 0,2 ccm nicht mehr ablenkte, sich somit ähnlich 
verhielt wie Sera nichtinfizierter Pferde. Auch zwei weitere Sera 
hatten die komplementbindende Fähigkeit dieses Pferdeserums ver¬ 
mindert, jedoch weniger energisch als das Serum XII. Namentlich 
hatte Serum XI den Rückgang des ursprünglichen Titers auf 0,1 ccm 
und Serum XV auf 0,02 ccm veranlaßt. Die Anwesenheit von je 0,2 ccm 
inaktivierten Schweineserums hatte demnach die sonst erhebliche 
Komplementbindungsfähigkeit des fraglichen Rotzserums auf l / a , 1 j w 
bzw. wenigstens 1 / 20 herabgedrückt. Da auch die übrigen Versuche zu 
ähnlichen Ergebnissen führten, so war die Vermutung, daß etwa statt¬ 
gefundene Bindungen des Komplements durch den Hämolysingehalt 
des Schweineserums verdeckt werden können, gerechtfertigt. Noch mehr 
gewinnt diese Anschauung an Wahrscheinlichkeit durch die Feststellung, 
daß die Herabsetzung des Titers von Rotzseren um so beträchtlicher 
sich gestaltet, je größer der Hämolysingehalt der beigemischten Schweine¬ 
seren ist. So fand ich, daß in dem angeführten Beispiel SchweineäerumXII 
zur Reaktivierung 0,01, Serum XI 0,03 und Serum XV 0,04 ccm Meer¬ 
schweinchenserum benötigte, folglich das besonders energisch wirkende 
Serum XII die größte und das am wenigsten wirksame Serum XV die 
kleinste Hämolysinmenge enthielt. 

Auf Grund dieser Versuche besteht auch die Annahme zu Recht, daß 
die negativen Ergebnisse, die mit der Komplementbindungsmethode bei 
verschiedenen Injektionskrankheiten der Schweine beobachtet wurden, auf 
dem Hämolysingehalt des Schweineserums beruhen, wodurch die hämo¬ 
lytische Wirksamkeit des hämolytischen Systems derart verstärkt wird. 

') Handbuch der pathogenen Mikroorganismen von Holle und Wassermann. 
Jena 1913. 2. Aufl. Bd. 2, S. 881. 



zur Untersuchung von Schweineseren geeignet? 


161 


daß etwa tatsächlich stattgeiundene Bindungen des Komplements 
verdeckt werden. Diese Feststellung bezieht sich selbstverständlich 
nur auf die derzeit allgemein gebrauchte Methode der Komplement* 
bindung, wie sie u. a. zur Feststellung der Rotzkrankheit der Pferde 
nach Schütz und Schubert geübt wird. Es ist die Möglichkeit nicht von 
der Hand zu weisen, daß es durch Abänderungen der Methode, vielleicht 
durch Ausschaltung der hämolytischen Fähigkeit des Schweineserums 
oder durch Ersatz des derzeit gebräuchlichen hämolytischen Systems 
durch andere Kombinationen, gelingen wird, Immunitätsreaktionen, 
die auf einer Bindung des Komplements beruhen, auch zur Untersuchung 
von Schweineseren verwerten zu können. Derartige Untersuchungen 
wurden von mir bereits vorgenommen, haben jedoch bisher noch zu 
keinen brauchbaren Resultaten geführt. 

II. 

Um nun weitere Aufschlüsse über die Eigenschaften des Schweine¬ 
serums zu gewinnen, versuchte ich die antikomplementären Eigenschaften 
des Schweineserums festzustellen. Untersuchungen, die ich an Einhufer- 
seren bereits vor einigen Jahren ausführte 1 ), zeigten, daß die anti¬ 
komplementäre Fähigkeit der Sera eine Globulinfunktion ist und von 
der Größe des Eiweißquotienten (Albumin: Globulin) in dem Sinne ab¬ 
hängig ist, als Sera mit größeren Eiweißquotienten weniger anti¬ 
komplementär wirken als solche mit niedrigen Eiweißquotienten. Da 
Hoff mann 2 ) diese Gesetzmäßigkeit in den wesentlichsten Punkten auch 
für Wiederkäuerseren bestätigt fand, so war anzunehmen, daß ähnliche 
Verhältnisse auch bei Schweineseren vorliegen. In Versuchen an 
9 Schweineseren fand ich die Größe des Eiweißquotienten zwischen 0,60 
und 1,58. In 4 Fällen hatte der Eiweißquotient einen ähnlichen Wert 
wie bei Pferdeseren (0,60—0,78). Da nun Pferdesera ausgesprochen 
antikomplementär wirken, so sollte man auf Grund der angegebenen 
Quotientenwerte auch bei einem Teile der Schweineseren einen ähnlichen 
Grad von antikomplementärer Wirkung voraussetzen. Tatsächlich ent¬ 
wickeln aber Schweinesera scheinbar überhaupt keine antikomplemen¬ 
täre Wirkung, indem sie sowohl unerhitzt, als auch bei 55—60° in¬ 
aktiviert auf die hämolytische Wirkung des hämolytischen Systems 
keinen hemmenden Einfluß auszuüben scheinen, falls die Reaktion nach 
Ablauf von 20 Minuten der gewöhnlichen Versuchsanordnung abgelesen 
werden. Wird nämlich frisches oder inaktiviertes Schweineserum in 
absteigenden Mengen mit der Komplementeinheit 20 Minuten lang im 
Wasserbade bei 40° digeriert und nachher in einem Gesamtvolumen 

l ) Zeitschr. f. Immunitätsforsch. 31, 222. 1921. 

*) Közlemänyek az összehasonlitö 61et-6s körtan körcböl (ungarisch) 15, 
161. 1922. 



162 


R. Manninger: Ist die Komplementbindungsprobe 


von 6 ccm mit 2 Einheiten Kaninchen-Immunhämolysin und 1 ccm 
5proz. Hammelblutaufschwemmung vermischt weitere 20 Minuten lang 
im Wasserbade gehalten, so läßt sich nach Ablauf dieser Frist in sämt¬ 
lichen Röhrchen Hämolyse nachweisen. Diese Feststellung kann freilich 
nach dem bereits Gesagten nicht wundemehmen, da sich Pferdesera 
insofern prinzipiell vom Schweineserum unterscheiden, als sie hämo¬ 
lytisches Komplement überhaupt nicht und auch Hämolysin nur in 
Spuren enthalten. Hieraus ergibt sich auch der Unterschied zwischen 
der offensichtlichen antikomplementären Wirksamkeit der beiden 
Serumtypen. Während nämlich bei unerhitzten oder nur auf 50° er¬ 
wärmten Pferdeseren die antikomplementäre Wirkung durch eigenes 
Komplement oder Hämolysin unbeeinflußt klar zutage treten kann, 
wird im frischen oder bei 50° ungenügend inaktivierten Schweine¬ 
serum, also gerade da, wo den Globulinen namhaftere komplement- 
adsorbierende Eigenschaften beizumessen wären, die blutkörperchen¬ 
lösende Wirkung des hämolytischen Systems durch den Komplement- und 
Hämolysingehalt des Schweineserums verstärkt und hierdurch die 
Auflösung der Blutkörperchen trotz etwa vorhandener antikomplementär 
wirkender Serumbestandteile herbeigeführt. 

Der direkte Nachweis antikomplementärer Eigenschaften ist für das 
frische sowie das auf 50° erhitzte Schweineserum zufolge der beträcht¬ 
lichen eigenlösenden Wirkung wohl nicht möglich, daß aber das Schweine¬ 
serum dennoch über antikomplementär wirkende Bestandteile verfügt, 
läßt sich bei Verwendung inaktivierter Serumproben nachweisen, falls 
die Röhrchen nach dem Hinzufügen des Immunhämolysins und der 
Hammelblutkörperchen in kurzen Zeiträumen wiederholt beobachtet 
werden, somit der Verlauf der Hämolyse in den Röhrchen mit ver¬ 
schiedenem Gehalt an Schweineserum von Zeit zu Zeit verglichen wird. 

Das Ergebnis meiner diesbezüglichen Versuche sei an der Hand eines 
Versuchsprotokolls mitgeteilt. In diesem Versuche wurde ein Schweine¬ 
serum im unerhitzten Zustande und nach dem Inaktivieren bei ver¬ 
schiedenen Wärmegraden auf die oben angegebene Weise vorerst mit 
Meerschweinchenkomplement und dann mit Immunhämolysin und 
Hammelblutkörperchen vermischt. Wie aus der beistehenden Tabelle 
ersichtlich, setzt bei Anwesenheit von frischem und von auf 50° er¬ 
hitztem Serum die Hämolyse alsbald ein, und zwar tritt die Auflösung 
der Blutkörperchen um so früher ein, je mehr Schweineserum zugegen 
ist. In diesen zwei Versuchsreihen überwiegt somit die eigenlösende 
Fähigkeit (Komplement und Hämolysin) des Schweineserums im Verein 
mit dem hämolytischen System die antikomplementäre Kraft des 
Schweineserums derart, daß eine antikomplementäre Wirkung über¬ 
haupt nicht in Erscheinung treten kann. Bei der Serumprobe, die auf 
55° erhitzt worden ist, setzt die Hämolyse bei der verwendeten größten 



zur Untersuchung von Schweineseren geeignet? 


163 


und kleinsten Serumraenge ein, schreitet allmählich gegen die Mitte der 
Reihe fort und endigt schließlich mit kompletter Lösung der Blut¬ 
körperchen in sämtlichen Röhrchen. In dieser Reihe läßt sich somit 
in Röhrchen mit mittleren Schweineserummengen vorübergehend eine 
Verzögerung der Hämolyse beobachten. Es entsteht folglich vorüber¬ 
gehend eine sogenannte „unregelmäßige Reihe“, wie sie bei Reaktionen 
kolloidchemischer Natur häufig beobachtet werden. Es dürften an 

Tabelle 1 ). 

Verschiedene Mengen von Schweineserum wurden mit der Komplement¬ 
einheit vermischt im Gesamtvolumen von 3 ccm 20 Minuten lang im Wasserbade 
gehalten und dann mit 1 ccm 2 Einheiten enthaltender Immunhämolysinlösung 
und 1 ccm 5proz. Hammelblutkörperchenaufschwemmung versetzt. Die Ablesung 
der Hämolyse erfolgte nach 5, 10, 15 und 20 Minuten. 


Schweine- 

Frisches Serum 


Serum auf 55 ° erhitzt 

Serum auf 60 ° erhitzt 

senini 

1 _ 

Ö 

10 

16 

20 



m 

w 

5 

10 1 15 

20 

5 

10 

15 

20 

ccra 

Min. 

Min. 

Hin. 

Min. 



jggj 


Min. 

Min.j Min. 

Min. 

Min. 

Min. 

Min. 

Min. 

1,0 

' 4 

4 

4 

4 

4 

4 

4 

4 

i 

2 ! 4 

4 

_ 


_ 

4 

0,5 

4 

4 

4 

4 

4 

4 

4 

4 


- 3 

4 

— 


3 

4 

0.2 

2 

4 

4 

4 

2 

4 

4 

4 

— 

— 2 

4 

— 

3 

4 

4 

0,1 

i 1 

4 

4 

4 

2 

4 

4 

4 

— 

— 2 

4 

2 

4 

4 

1 4 

0,05 j 

1 — 

3 

' 4 1 

4 

— 

3 

4 

4 

— 1 

2 4 

4 

3 

4 

4 ! 

1 4 

0,02 j : 

2 

! 4 

4 

i 

2 

4 

4 

1 

1 2 4 

4 

3 

4 

4 

1 4 


ihrem Zustandekommen neben der Konkurrenz der eigenhemmenden 
Wirkung des Schweineserums und der hämolytischen Kraft des hämo¬ 
lytischen Systems + des Schweineserums auch die verschieden großen 
Geschwindigkeitskonstanten der Hämolyse durch das Immunhämolysin 
und jener durch das Normalhämolysin des Schweineserums beteiligt sein. 
Bei der Serumprobe endlich, die bei 60° inaktiviert worden ist, schreitet 
die Hämolyse von Röhrchen mit den kleinsten Mengen von Schweine¬ 
serum gegen die mit größeren Mengen vorwärts, um schließlich auf alle 
Röhrchen überzugreifen. Diese Reihe lehrt, daß in Röhrchen mit größerem 
Gehalt an Schweineserum vorübergehend Spuren von Eigenhemmung zu 
beobachten sind, da größere Serummengen mehr Globulin enthalten und 
daher auf das Komplement intensiver adsorbierend wirken können. 

Aus diesem Versuche folgt, daß die Spuren von antikomplementärer 
Wirkung, die selbst nach dem Inaktivieren bei 55 und 60° noch erhalten 
bleiben, bei entsprechender Versuchsanordnung festgestellt werden 
können. Praktisch genommen, wird jedoch die antikomplementäre 
W irkung der Seren durch das Inaktivieren bei 55 und 60 °, ähnlich wie 
bei Pferdeseren, ausgeschaltet, da in sämtlichen Röhrchen nach dem 

') 4 bedeutet vollständige, 3 fast vollständige, 2 unvollständige Hämolyse, 
1 Hämolyse in Spuren, — keine Hämolyse. 







164 


R. Manninger: Ist die Komplementbindungsprobe 


Verstreichen der gewählten Versuchszeit von 20 Minuten komplette 
Hämolyse zu verzeichnen ist. Dieser Versuch beweist zugleich, daß die 
antikomplementäre Wirkung auch in Schweineseren mit der Erhöhung 
der Inaktivierungstemperatur abnimmt, da die Hämolyse in sämtlichen 
Röhrchen bei dem auf 60° erhitzten Serum früher vollständig wird, als 
bei der Serumprobe, die bei 55° inaktiviert worden ist. 

Es sei noch hervorgehoben, daß die antikomplementäre Wirkung 
der Schweineseren nicht in allen Seren gleich groß ist, sondern umso aus¬ 
geprägter und deutlicher in Erscheinung tritt, je weniger Hämolysin das 
Serum enthält. Bei Seren mit großem Hämolysingehalt erhält man 
wohl ebenfalls unregelmäßige Reihen, doch stellt hier die Verzögerung 
der Hämolyse eine nur äußerst flüchtige Erscheinung dar. 

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Globuline der Schweineseren 
ungefähr den Pferdeseren entsprechende komplementadsorbierende Eigen 
schäften besitzen, ihre Wirkung jedoch durch die Anwesenheit von Hämo¬ 
lysin und in nichtaktivierten Seren auch von Komplement ganz verdeckt 
oder zumindest verschleiert wird. Der Beweis dafür, daß den Globulinen 
des Schweineserums tatsächlich eine antikomplementäre Fähigkeit 
zukommt, läßt sich durch Versuche mit reinen Globulinlösungen er¬ 
bringen. Werden nämlich aus Schweineseren die Globuline durch 
Halbsättigung mit Ammonsulfat gefällt, in gewaschenem Zustande 
wieder in Wasser gelöst, 3 Tage hindurch dialysiert und dann die 
Flüssigkeit wieder isotonisch gemacht, so erhält man Lösungen ohne 
hämolytische Wirkung, die im unerhitzten Zustande energisch anti¬ 
komplementär wirken und diese Wirkung auch nach dem Erhitzen 
auf 50° fast unverändert beibehalten. Nur durch 1 / a stündiges Erhitzen 
auf 55—60° schwächt sich ihre antikomplementäre Wirkung dermaßen 
ab, daß die Globulinlösungen wenigstens in den Mengen, die 0,2 ccm 
oder weniger Serum entsprechen, Komplement praktisch nicht mehr 
adsorbieren, da nach dem Ablauf von 20 Minuten im Komplement- 
bindungsversuch in Röhrchen, die mit diesen Mengen von Globulin¬ 
lösungen beschickt wurden, vollständige Hämolyse zu beobachten ist. 
Die isolierten Schweineglobuline verhalten sich demnach ebenso wie 
Pferdeglobuline; deshalb verweise ich diesbezüglich auf meine bereits 
angeführte Arbeit in der Zeitschrift für Immunitätsforschung. 

III. 

Ich habe mich absichtlich etwas ausführlicher mit den antikomple¬ 
mentären Eigenschaften des Schweineserums befaßt, da die Kenntnis 
der eigenhemmenden Wirkung des Serums von praktischer Bedeutung 
ist. Sie kann nämlich unter gewissen Umständen im Komplement- 
bindungsversuch scheinbar positive Reaktionen Vortäuschen. 

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die antikomplementäre 



zur Untersuchung von Schweineseren geeignet ? 


165 


Wirkung des Schweineserums, falls das Serum ohne Antigen zum Kom¬ 
plementbindungsversuch verwendet wird, praktisch nicht zutage tritt. 
Es war von vornherein anzunehmen, daß sich die Sache anders verhält, 
wenn das Serum mit Antigen vermischt untersucht wird. In diesem 
Falle wird nämlich die antikomplementäre Wirkung des Serums durch 
die antikomplementäre Kraft der an sich nicht hemmenden Antigen¬ 
verdünnung verstärkt und es kommt bei Seren, deren Eigenhemmung 
verhältnismäßig groß ist, bei Verwendung ungenügender Mengen von 
Komplement zu scheinbar spezifischen Ablenkungen auch in Fällen, 
wo in den betreffenden Seren spezifische Amboceptoren gar nicht 
vorauszusetzen sind. Solche nichtspezifischen Ablenkungen des Komple¬ 
ments erwecken den Eindruck von spezifischen Bindungen um so mehr, 
als in den Kontrollröhrchen ohne Antigen, wo die an sich unerhebliche 
antikomplementäre Wirkung des Schweineserums höchstens vorüber¬ 
gehende Hemmungen der Hämolyse verursacht, nach dem Verstreichen 
der üblichen Versuchsdauer komplette Hämolyse zu verzeichnen ist. 

Komplementbindungsversucke mit Extrakten des B. abortus infectiosi 
Bang, die ich zum Teil in Gemeinschaft mit Veterinärinspektor Dr. A .Mor¬ 
ris ausführte, bestätigten diese Auffassung. 

Zu diesen Versuchen benutzten wir das Extrakt in der halben unter¬ 
bindenden Dosis und inaktivierten die Schweinesera teils bei 55°, teils 
bei 60°. Die Sera wurden in den Mengen von 0,2 ccm und weniger 
mit 1 ccm Extrakt und 1 ccm der Komplementlösung vermischt und 
die Röhrchen mit physiologischer Kochsalzlösung auf 3 ccm aufgefüllt. 
Die Röhrchen kamen nun mit den Kontrollröhrchen ohne Extrakt für 
20 Minuten in ein Wasserbad von 40° und wurden dann nach dem 
Hinzufügen von 1 ccm zwei Einheiten enthaltender Hämolysinlösung 
und 1 ccm 5 proz. Hammelblutkörperchenaufschwemmung noch weitere 
20 Minuten im Wasserbade gehalten. Diese Untersuchungen führten 
zu folgendem Ergebnis: 

Bei Verwendung gewisser Seren war in sämtlichen Röhrchen Hämo¬ 
lyse zu verzeichnen, einerlei, ob die Sera bei 55 oder 60° inaktiviert 
wurden und ob als Komplementmenge genau die Einheit des Kom¬ 
plements oder etwas mehr, nämlich die Einheit + 0,005 ccm Meer¬ 
schweinchenserum benutzt wurde. Bei anderen Seren hingegen war, je 
nach der Inaktivierungstemperatur und der verwendeten Komplement¬ 
menge, bald komplette Lösung der Blutkörperchen zu verzeichnen, bald 
Hingegen vollständige oder unvollständige Hemmung der Hämolyse zu 
beobachten. Im großen und ganzen ergab sich die Regel, daß in Fällen, 
wo als Komplement die Einheit übersteigende Mengen von Meer¬ 
schweinchenserum zur Verwendung kamen, in sämtlichen Röhrchen 
Hämolyse erfolgte, gleichgültig, ob die Sera bei 55 oder 60° inaktiviert 
worden sind. Wurde jedoch zum Versuch die Komplementeinheit 



166 


R. Manninger: Ist die Komplementbindungsprobe 


benutzt, die Menge des Komplements folglich zu knapp bemessen, so 
war in den Versuchsreihen, wo die Sera bei 60° inaktiviert worden 
waren, bei der Serummenge von 0,2 ccm vollständige und bei der Menge 
von 0,1 ccm vollständige oder unvollständige Hemmung der Hämolyse 
zu verzeichnen, während in den Röhrchen mit weniger Serum entweder 
überhaupt keine Hemmung oder höchstens nur in Spuren eintrat. 
Wurden nun die Sera bei 55° inaktiviert, so war das Ergebnis entweder 
ähnlich wie nach der Inaktivierung bei 60°, oder es konnten „unregel¬ 
mäßige Reihen“ festgestellt werden, wie sie bei der oben angegebenen 
Versuchsanordnung als flüchtige Erscheinung auch bei Seren ohne 
Antigenzusatz Vorkommen. Es ergab sich nämlich, daß die Serummenge 
von 0,1 ccm vollständige Ablenkung des Komplements verursachte, 
die Mengen von 0,2 ccm oder solche von weniger als 0,1 ccm dagegen 
überhaupt nicht ablenkten oder höchstens inkomplette Hemmungen 
der Hämolyse verursachten. Der Unterschied zwischen den Ergebnissen 
mit Seren mit oder ohne Antigenzusatz bestand darin, daß die unregel¬ 
mäßigen Reihen bei Anwesenheit von Antigen nach dem Verstreichen 
von 20 Minuten eine Zeitlang bestehen blieben. Verweilten dagegen die 
Röhrchen längere Zeit im Wasserbade, so wichen die Hemmungen sowohl 
bei den auf 60° erhitzten Serumproben als auch bei den Seren, die 
bei 55° inaktiviert worden sind, einer kompletten Hämolyse. 

Aus dem Gesagten folgt, daß bei diesen Versuchen je nach den Ver¬ 
suchsbedingungen bald „negative“ Ergebnisse , bald „positive “ Reaktionen 
oder sog , „unregelmäßige Reihen “ erhalten wurden . Daß aber diese 
scheinbar positiven Ergebnisse keine spezifischen Reaktionen waren, 
sondern lediglich unspezifische Hemmungen der Hämolyse darstellten, 
die durch die Addition der antikomplementären Funktion mancher Sera 
und der an sich unzureichenden antikomplementären Kraft der ver¬ 
wendeten Antigenlösung bedingt war, ergibt sich daraus, daß sie mit 
dem bakteriologischen Befund sowie den anderweitigen Erhebungen in 
keiner Beziehung standen. Es zeigte sich nämlich, daß in dieser Hinsicht 
zwischen Seren von Tieren aus nicht verseuchten Beständen und von 
spontan oder künstlich infizierten Tieren kein Unterschied war und daher 
von spezifischen Bindungen des Komplements keine Rede sein konnte. 

Sera von Schweinen , die mit Bangschen AbortusbaziUen infiziert sind . 
verursachen folglich , mit dem Extrakt von AbortusbaziUen vermischt, keine 
Komplementbindung , falls die verwendete Komplementmenge , ähnlich wie 
bei der Komplementbindungsprobe von Schütz und Schubert , die Einheit 
um 0,005 ccm übersteigt 1 ), da — wie oben bereits gezeigt wurde — die 

l ) Die Verwendung der Komplementeinheit als Gebrauchsdoeis genügt auch 
zur Untersuchung von Pferdeseren nicht. Auch hier pflegt man allgemein die 
kleinste noch eben lösende Menge des Komplements mit etwa 0,005 ccm Meer- 
schweinchenserum zu erhöhen, um die Eigenhemmung der Seren mit Sicherheit 
auszuschalten. 



zur Untersuchung von Schweineseren geeignet V 


167 


Schweinesera zufolge ihres Hämolysingehaltes die Hämolyse fördern und 
hierdurch spezifische Hemmungen nicht zum Ausdruck gelangen lassen. 
Dagegen entstehen diagnostisch nicht verwertbare , weil unspezifische 
Hemmungen der Hämolyse , falls zum Versuch zu geringe Komplement¬ 
mengen (die Komplementeinheit) verwendet werden. 

Ganz ähnliche Resultate erhielt ich bei Verwendung von Suipestifer- 
extrakt mit Seren von Schweinen, die durch wiederholte Behandlung 
mit SuipestiferbaciUen hochimmunisiert waren. Es erübrigt sich daher 
die ausführliche Beschreibung der diesbezüglichen Erfahrungen. 

Die angeführten Versuchsergebnisse gestatten somit die Schlu߬ 
folgerung, daß die Komplemenibindungsmethod f e mit der zur Zeit allgemein 
üblichen Technik zur Erkennung der Infektionskrankheiten der Schweine 
unbrauchbar ist. 

Ohne auf eine Kritik der Arbeiten jener Forscher einzugehen, die 
— wie in der Einleitung bereits dargetan — die Komplementbindungs¬ 
methode zur Feststellung der Schweinepest und des seuchenhaften 
Verwerfens der Schweine brauchbar gefunden hatten, möchte ich den¬ 
noch die Vermutung zu äußern wagen, daß bei den scheinbar positiven 
Ergebnissen unspezifische Hemmungen vorliegen konnten. Daß die 
Resultate mit der klinischen und anatomischen Diagnose weitgehend 
übereinstimmten, ließe sich vielleicht dadurch erklären, daß die eigen¬ 
hemmende Funktion der Seren nach der Infektion, zufolge des Ansteigens 
des relativen Globulingehaltes, zunimrat und hierdurch die Sera bei 
Anwesenheit von Antigen unspezifische Ablenkungen des Komplements 
verursachen, während Sera von gesunden Tieren nur Spuren einer 
antikomplementären Wirkung auf weisen. Besonders möglich erscheint 
diese Erklärung im Hinblick auf die Ergebnisse von King und Drake , 
die mit Seren von pestkranken Schweinen scheinbar spezifische Kom¬ 
plementbindungen beobachteten bei Verwendung von Extrakt ihres 
Vibrio hyos , dessen ätiologische Bedeutung zumindest fraglich ist und 
dessen Extrakt daher auch keine spezifische Komplementbindungs¬ 
reaktion veranlassen dürfte. 

Z usamme n fass u ng. 

Die mitgeteilten Versuchsergebnisse gestatten die Schlußfolgerung , daß 
Schweinesera zur Komplementbindungsprobe mit der zur Zeit üblichen 
Methode ungeeignet sind , da sie selbst über hämolytisch wirksame Eigen¬ 
schaften verfügen und hierdurch etwa tatsächlich eintretende Bindungen 
des Komplements nicht zum Ausdruck kommen lassen. Die zuweilen 
beobachteten , scheinbar positiven Ergebnisse dürften auf die antikomplemen¬ 
täre Wirkung mancher Schice ineseren zurückzu führen sein, wodurch im 
Komplementbindungs-versuch bei Anwesenheit von Antigenlösungen un- 
#pezifische Hemmungen der Hämolyse entstehen. 


Aroh. f. Tierheilk. L. 



Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, auf die 
Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus - Bacillus. 

Von 

Dr. Erich Hesse, 

Diplom-Landwirt aus Andisleben. 

(Aus der bakteriologischen Abteilung der Tierseuchenstelle [Leiter: Prof. X>r. 
W. Pfeiler ] der Thür. Landesanstalt für Vieh Versicherung [Veterinäranstalt: 

Direktor: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. K. Hobstetter].) 

(Eingegangen am 13. Juli 1923.) 

1. Einleitung • 

Bis über die Mitte des verflossenen Jahrhunderts hinaus wurde die 
in Deutschland und in den meisten anderen europäischen Ländern am 
häufigsten auftretende Schweinekrankheit, der Rotlauf, mit septicämlo¬ 
schen Erkrankungen anderen Ursprungs für identisch gehalten. 

Erat im Jahre 1882 wies Eggeling auf klinischer Grundlage nach, daß unter 
den Sammelbegriff des Schweinerotlaufs mehrere selbständige Seuchen fallen. 
Die endgültige Trennung der rotlaufartigen Erkrankungen in eigentliche Rot¬ 
laufseuche und in Schweineseuche wurde im selben Jahre von Löffler auf Grund 
seiner Entdeckungen der Erreger dieser Krankheiten durchgeführt. Das Wesen 
der Rotlaufseuche ist von Autoren wie Pasteur, Thuillier, Comevin, Bong, Jensen , 
Preiß, Voges und Schütz weiter geklärt worden. 

Was die Morphologie des Rotlauferregers anbetrifft, so stellte Löffler fest, daß 
der Krankheitserreger (Bacillus rhusiopathiae suis) ein feiner, strichförmiger, 
gerader oder leicht gebogener, unbeweglicher und sporenloser Spaltpilz ist. Seine 
Größe sowie Dicke ist sowohl im Tierkörper wie auch in Kulturen oft verschieden; 
die durchschnittliche Dicke wird mit 0,2—0,4 p und die Lange mit 1—1,5 p an¬ 
gegeben. 

Die Züchtung der Rotlaufbacillen läßt sich leicht bei Zimmertemperatur auf 
den meisten gebräuchlichen, künstlichen Nährböden sowohl unter aeroben als 
anaeroben Verhältnissen durchführen. 

2. Spezielle Literatur. 

Bei der natürlichen Infektion müssen wir eine direkte und eine indirekte 
Ansteckung unterscheiden. Die direkte Ansteckung erfolgt oft durch Aufnahme 
von infektiösem Material, das aus dem Harn oder Kot stammt oder von Teilen 
der erkrankten oder gefallenen Tiere. Die indirekte Infektion findet ähnlich wie 
beim Milz- und Rauschbrand durch Vermittlung des Futtere, Wassers und Bodens 
statt. 

Bei der Fütterung scheint der Gehalt des Futters an Erdsalzen, speziell Kalk- 
salzen, nicht bedeutungslos zu sein. Glässer ■*) berichtet z. B., daß in Gegenden 



E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens usw. 1B9 

mit Kalkboden im allgemeinen ein leichter Verlauf des Rotlaufs, hingegen in 
Gegenden mit kalkarmen Böden weitaus häufiger die schweren Formen beobachtet 
wurden. 

Werden tote Tiere in fließende Gewässer geworfen oder werden die Spül¬ 
wässer der Schlachtgeräte sowie Salzlaken, in denen Fleisch von rotlaufkranken 
Schweinen eingepökelt war, in Bäche geschüttet, so vermittelt das Wasser die 
Verbreitung der Seuche an den Ufern entlang. 

Weideplätze, auf welchen kranke Tiere oder Dauerausscheider geweidet 
haben, sind, ebenso wie mit infiziertem Schweinedtinger gedüngte Äcker, Herde 
für die Ausbreitung der Seuche. So wurde z. B. von einem Kreistierarzt in West- 
preußen im Jahre 1913 festgestellt, daß von 56 Weideschweinen plötzlich 48 Stück 
an Rotlauf erkrankten und 47 davon eingingen. Die Ursache des Massenauftretens 
der Seuche konnte zwar nicht ermittelt werden, doch ist sie wohl ohne Zweifel 
auf eine Infektion vom Boden aus zurückzuführen. Nicht selten werden auch 
Weideplätze durch gar nicht oder nur mangelhaft verscharrte Kadaver verseucht. 

Infolge seiner Resistenz gegenüber äußeren Einflüssen soll sich der Rotlauf - 
bacillus in solchen an der Luft liegenden Kadavern über 4 Monate lebensfähig 
und virulent erhalten. Eine besondere Widerstandskraft — die er nach Voges 
und Schütz 30 ) einer wachsartigen, schützenden Hülle verdankt — zeigt der Rot¬ 
laufbacillus gegenüber der Fäulnis . In faulenden Kadavern werden noch, nach¬ 
dem dieselben 166 Tage vergraben waren, virulente Rotlaufbacillen nachgewiesen. 

Bei der Eintrocknung des Nährmediums sterben die Rotlaufbacillen nur ganz 
langsam ab. Nach Lorenz M ) erhalten sich Kulturen, die noch nicht ganz ein¬ 
getrocknet sind, monatelang entwicklungsfähig. 

Diese außerordentliche Resistenz des Rotlaufbacillus ermöglicht ihm 
sein fakultatives Saprophytentum und daher auch seine weite Ver¬ 
breitung in der Natur. ,,Doch nicht überall“, so schreibt Bongert 2 ), „fin¬ 
den die Rotlaufbacillen im Erdboden günstige Bedingungen zur Ver¬ 
mehrung, denn anders ist es nicht zu erklären, daß in einzelnen Gegen¬ 
den der Rotlauf trotz häufig erfolgter Einschleppung nicht stationär 
wird.“ Tatsächlich haben die Beobachtungen auch ergeben, daß die 
Seuche räumlich ganz verschieden stark verbreitet ist und nur in be¬ 
stimmten Bezirken, den sogenannten ,,Rotlaufdistrikten“, enzootisch 
auftritt. Betrachtet man die Ausbreitung der Seuche in den einzelnen 
Ländern, so lassen sich auf den ersten Blick große Unterschiede fest- 
stellen, die darauf hinweisen, daß der Rotlaufbacillus in ihnen wahr¬ 
scheinlich ganz verschiedene Lebensbedingungen findet. An der Spitze 
der am stärksten verseuchten Länder stehen Frankreich und Deutschland. 

Nach Nocard 42 ) und Leclainche 42 ) erkranken in Frankreich alljährlich min¬ 
destens 100 000 Schweine an Rotlauf; in Deutschland betrug die Zahl vor dem 
Kriege ungefähr ebensoviel (nach Glässer 1913: 91 622). Stark verbreitet ist die 
Seuche auch in Belgien , Holland , Dänemark , Rußland und in den südeuropäischen 
Ländern. In Österreich ist besonders Böhmen und Galizien , dann Mähren und 
Siederösterreich stärker betroffen. Seltener tritt die Seuche in Schweden und 
Norwegen auf. In Großbritannien kommt sie nur sporadisch und meist in der 
chronischen Form vor. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika kennen eben¬ 
falls nur ein seltenes Auftreten, der Rotlauf verläuft dort meist gutartig. Die 
Alpenländer haben gleichfalls wenig Rotlauf fälle zu verzeichnen. 


12* 



170 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

Der Charakter der Seuche, sowie ihre Verbreitung, ist aber nicht nur in den 
verschiedenen Ländern, sondern auch in den nachbarlichen Gegenden eines Landes 
verschieden . So war z. B. in Bayern der Rotlauf früher nur auf das Donaugebiet 
beschränkt, während er im südlichen Bayern ganz unbekannt war. Am stärksten 
verbreitet ist die Rotlaufseuche im östlichen Preußen , und zwar in den zum Teil 
jetzt an Polen abgetretenen Regierungsbezirken Königsberg , Bromberg , Posen. 
Oppeln , Marienwerder , Breslau , Liegnitz und Potsdam . Diese Beobachtung steht 
im teilweisen Einklang mit der Angabe von Fröhner-Zwick? 1 ), daß Rotlaufbacillen 
besonders in stagnierenden Gewässern , Tälern und Tiefebenen mit langsam fließenden 
Gewässern sehr verbreitet sind . Rotlaufbacillen sind z. B. in der Berliner Pauke 
ständig zu finden. Ferner sind nach Fröhner-Zwick sowie Lydtin ! ) schwere, nasse 
Lehmböden besonders günstige Entwicklungsstätten für den Rotlauf, hingegen sollen 
Sand- und Granitböden verhältnismäßig ungünstig für das Fortkommen des Erregers 
sein. Diese Verhältnisse sollen auf die verschiedene Virulenz der im Boden vege¬ 
tierenden Rotlaufbacillen ein wirken und so, je nachdem, ob günstige oder un¬ 
günstige Bodenverhältnisse vorhanden sind, einen heftigen oder gutartigen Ver¬ 
lauf der Seuche hervorrufen. 

Sind aber die Bacillen nur in ihrer Virulenz abgeschwächt, so können 
sie unter natürlichen Verhältnissen auch wieder eine Steigerung der 
Virulenz erfahren und dann bei direkter Aufnahme der Bacillen vom 
Boden durch Schweine die Rotlaufseuche hervorrufen. 

Sind für die Rotlaufbacillen aber überall die Existenzbedingungen 
gleich? Welche Faktoren vermindern bzw. vermehren ihre Daseins¬ 
möglichkeiten ? Diese Fragen sind für die Verbreitung der Rotlaufseuche 
bedeutungsvoll. Erkenntnisse, die sich aus der Beantwortung derselben 
ergeben, müssen für die wirksame Bekämpfung des Rotlaufs heran- 
gezogen werden. Aus der Ubiquität der Rot lauf bacillen, ihrer mög¬ 
lichen Vermehrung unter besonderen Verhältnissen ergeben sich Gesichts¬ 
punkte, die auch in praktischer Beziehung, epidemiologisch und für die 
veterinärpolizeiliche Bekämpfung der Seuche beachtet werden müssen. 

Die weitere Klärung dieser Verhältnisse ist daher aus wissenschaft¬ 
lichen und praktischen Gründen angezeigt. Aus diesen Gründen erhielt 
ich von Herrn Professor Dr. Pfeiler die Anregung, die Lebensfähigkeit 
und Entwicklungsbedingungen bzw. Möglichkeiten der Rotlauf- bzw. 
Murisepticusbacillen in verschiedenen Bodenarten zu untersuchen. 

3. Eigene Versuche. 

Es war naheliegend anzunehmen, daß für die Entwicklung des 
Rot lauf bacillus im Boden nicht nur neben Feuchtigkeit, Lichtbestrah¬ 
lung usw\ die Bodenart und die Temperatur von Einfluß waren, sondern 
daß auch die Reaktion des letzteren von nicht geringer Bedeutung ist. 
Zu dieser Auffassung glaubte ich aus folgenden Gründen berechtigt zu 
sein: die Züchtung des Rotlaufbacillus wird stets auf leicht alkalischen 
oder doch wenigstens neutralen Nährböden durchgeführt. Des weiteren 
ist darauf hingewiesen worden, daß er sich in Organen oder in Medien, 
die reich an alkalischer organischer Substanz sind, zu vermehren 



auf die Fortentwickluug des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 171 


vermag. Besondere, ausführliche Angaben über den Einfluß der Re¬ 
aktion fehlen jedoch. Der Frage der Reaktion der einzelnen Boden¬ 
arten ist daher in den nachstehenden Versuchen besondere Beachtung 
geschenkt worden, ebenso dem Einfluß verschiedener Reaktionsgrade; 
dies aus Gründen, die am Schluß der Arbeit näher erörtert werden sollen. 

Was den Einfluß der Bodenarten selbst anbetrifft, so ist im obigen 
alles, was in der Literatur bekannt ist, wiedergegeben. Da aber die 
Literaturangaben größtenteils nicht auf positiven Untersuchungs¬ 
ergebnissen fußen, sondern meistens nur Vermutungen sind, deren 
prinzipielle Richtigkeit in der vorliegenden Arbeit dargetan bzw. wider¬ 
legt werden soll, so habe ich bei der Auswahl der Böden in erster Linie 
die in der Literatur genannten Bodenarten berücksichtigt. Neben 
Sand-, Lehm- und Kalkböden wurden Humus-, kalkhaltiger Ton-, Laub¬ 
wald-, Hochmoor- und Niederungsmoorboden zu den Versuchen heran¬ 
gezogen, also alle Bodenarten des Klassifikationssystems. Um den 
präponderierenden Einfluß des Bodens auf den Rotlaufbacillus möglichst 
nicht auszuschalten, trennte ich bei den Versuchsreihen zwischen viel 
und wenig Kulturzugabe. Da ich unter möglichst natürlichen Verhält¬ 
nissen arbeiten wollte und auf Grund der Arbeiten von Pfeiler auch 
voraussetzte, daß die organische Substanz für die Entwicklung des 
Rotlauf- bzw. Murisepticusbacillus mit entscheidend sei, so prüfte ich 
gleichzeitig den Einfluß des Zusatzes von Blut. Zu diesem Zweck teilte 
ich die mit wenig Kultur versetzten Reihen in solche ohne und mit 
Blutzusatz ein. Bei den letzten Reihen wurde außerdem quantitativ 
gearbeitet. Eine weitere Versuchsreihe, die ebenfalls mit Blut aber 
ohne Kultur angesetzt wurde, sollte die autochthone Entwicklung des 
Murisepticusbacillus aus organischer Substanz unter dem Einfluß des 
. Bodens zeigen. Dies war in der Reihe meiner Gedankengänge der letzte 
entscheidende Schritt zu dem Nachweis einer Cyclogenie zwischen 
Sterilität des Bodens, Zusatz von faulfähiger organischer Substanz zu 
ihm, Ansiedelung und Vermehrung der Murisepticusbacillen in ihm und 
der eigentlichen Epidemiologie der Rotlaufkrankheit. 

Die Ergebnisse der einzelnen Versuche beanspruchen keine All¬ 
gemeingültigkeit für jede Bodenart, sondern sind nur relativ zu be¬ 
werten; denn chemische, mechanische und physikalische Einflüsse 
ändern ständig die Reaktion und Strukturverhältnisse des Bodens und 
verbessern bzw. verschlechtern somit die Bedingungen für die An¬ 
siedelung und Entwicklung der Rotlaufbacillen. 

4. Technik. 

Als Sandboden diente mir fein zerriebener Quarzsand der Firma Schott & Gen. 
(Glaswerk in Jena). Den Kalkboden holte ich mir von einem bei Ammerbach 
(Vorort von Jena) gelegenen Grundstück, auf welchem Kalkbacksteine gewerbs¬ 
mäßig hergestellt werden. Der Kalk gehört den oberen Muschelkalkformationen 



172 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

an und besteht fast aus reinem CaC0 3 . Der kalkhaltige Tonboden stammt aus 
einem auf dem Jägersberg bei Zwätzen (Vorort von Jena) gelegenen Grundstück. 
Soweit aus den über das Ackerland geführten Wirtschaftsbüchern ersichtlich war, 
ist der Boden seit 1906 nicht mit Stalldünger gedüngt und seit 1914 ist keine 
Kunstdüngeranwendung nachweisbar. Der Boden wurde durch Brache und Grün¬ 
düngung zeugungskräftig erhalten. Ich hatte hier also einen Boden vor mir, der 
jahrelang weder durch Stall- noch Kunstdünger irgendwie beeinflußt war. Im 
Gegensatz hierzu steht die Gartenerde . Diese erhielt ich aus einer Gärtnerei. Die 
Gartenerde war hauptsächlich mit Stalldünger und sonstigen Abfällen der Vete¬ 
rinäranstalt gedüngt. Sie war nach 2jähriger Mistbeetdüngung kompostiert worden 
und infolgedessen nach der Art ihrer Herkunft in ihrer Zusammensetzung noch 
ziemlich frisch. Es standen sich daher im kalkhaltigem Tonboden und in der Garten¬ 
erde in bezug auf den Xährstoffreichtum zwei Extreme gegenüber, die mir in bezug 
auf die Einwirkung der Bodenarten auf den Rotlaufbacillus besonders beachtens¬ 
wert erschienen. Der Laubwaldboden stammte ebenfalls aus der Umgebung von 
Jena. Seine Heranziehung zu den Versuchen schien mir wichtig wegen des in 
manchen Gegenden, hauptsächlich im Herbst, üblichen Weidegangs der Schweine 
in Eichwäldern. Der Lehmboden rührte aus einer in meiner Heimat (Andisleben 
bei Erfurt) gelegenen Lehmgrube her. Da mein Heimatort hi einer feuchten Tief¬ 
ebene liegt, glaubte ich, daß dieser Lehm den in der Literatur beschriebenen Ver¬ 
hältnissen ziemlich gleich komme. Die Moorböden erhielt ich durch die freundliche 
Vermittlung von Herrn Prof. Dr. Tacke , für dessen Bemühungen ich hiermit 
herzlich danke, aus der Moor-Versuchs Wirtschaft Königsmoor bei Tostedt in 
Hannover. Die Niederungsmoorprobe stammt aus dem Wümmetal, etwa 600 in 
nördlich von der Versuchs Wirtschaft entfernt. Das Moor besteht aus Seggen-. 
Schilf- und Riedgräsern. Das Hochnwor bekam ich aus dem aus reinem Sphagnum- 
torf bestehenden Königsmoor, Kreis Harburg a. d. Elbe. 

Ehe ich die einzelnen Bodenproben zu den Versuchen vorbereitete, stellte 
ich von jeder Bodenart die j Reaktion und den Keimgehalt fest. Bei den Reaktions¬ 
messungen benutzte ich neben Lackmuspapier den Komparator von L. Michaeli*. 
Während das Lackmuspapier nur grob alkalische bzw. saure Reaktion anzeigt, 
ermöglicht der Komparator die genaue Messung der Stärke der vorhandenen 
Reaktion. Michaelis benutzt als Maßzahl für die Acidität bzw. Alkalescens nicht 
die Wasserstoffionenkonzentration oder die Wasserstoffzahl selbst, sondern den 
Logarithmus ihres reziproken Wertes, der nach S. P. L. Sörensen der Wasserstoff- 
ezponent p H genannt wird. p u = 7.1 bedeutet neutrale Reaktion, Bei saurer Re¬ 
aktion ist p u kleiner , bei alkalischer p }i größer als 7,1 . Mit Hilfe einer Stamm- 
lösung und 4 Serien von Indikatorendauerreihen läßt sich an dem Komparator 
die Reaktion mit großer Genauigkeit feststellen. 

Im allgemeinen spielen eine mehr oder weniger kräftige Farbe der zu unter¬ 
suchenden Flüssigkeit sowie eine starke oder schwache Verdünnung für das Re¬ 
sultat als Ganzes keine große Rolle. Kommt es jedoch auf exakte Untersuchungs¬ 
ergebnisse an, so ist meiner Ansicht nach bei einer notwendigen Verdünnung 
besondere Vorsicht geboten, denn die Ergebnisse können sich bei verschiedener 
Verdünnung in ziemlich großen Grenzen bewegen. Da, soweit mir bekannt ist. 
für die Untersuchung der Reaktion von Bodenarten derartige Messungen mit 
Hilfe des Komparators noch nicht vorgenommen worden sind, sollen einige 
beweisführende Untersuchungen hier kurz wiedergegeben werden. Als Unter¬ 
suchungsmaterial dienten mir die Filtrate vom Lehm - und Kalkboden. 

I. Beim Lehmboden ergaben die Messungen folgendes: 
a) Die stark angelaugte, in Wasser gelöste Erde wurde durch Asbest - 
watte filtriert, um die Eigenfarbe der Flüssigkeit möglichst herab- 



auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 173 

zusetzen. Das erhaltene Filtrat wurde dann unverdünnt zur Unter¬ 
suchung benutzt. (Filtrat erschien schwach getrübt). 

Messungsergebnis: sichtbar stärker als p B = 8,4 (höhere Alkaleseenz 
grade lassen sich mit dem Apparat nicht messen), also ganz stark 
alkalische Reaktion. 

b) Obiges Filtrat schwach verdünnt. 

(Flüssigkeit erschien noch leicht trüb.) 

Messungsergebnis : sichtbar schwächer als p H = 8,4, also noch ganz 
stark alkalische Reaktion. 

c) Filtrat ganz stark verdünnt. (Flüssigkeit erschien milchig heU.) 

Messungsergebnis : p H = 8,0; also nur noch stark alkalische Reaktion. 

Das Resultat schwankt infolgedessen zwischen p H = 8,0 und p B = 8,4. 

II. Beim Kalkboden ergaben die Messungen folgendes: 

a) Beim unverdünnten Filtrat: p H — 7,5, Reaktion also leicht al¬ 
kalisch. (Filtrat leicht getrübt). 

b) Bei stark verdünntem Filtrat: p H = 7,1; Reaktion also neutral 
(Flüssigkeit milchig hell). 

Hier können die verschiedenen Ergebnisse verschiedene Beurteilung 
auslösen. 

Um die so entstehenden Fehler bei den Reaktionsprüfungen mög¬ 
lichst auszuschalten, verfuhr ich folgendermaßen: War das Filtrat von 
der zu prüfenden Erde klar, so untersuchte ich es unverdünnt. War es 
aber stark getrübt, so daß eine Verdünnung unumgänglich war, so 
verdünnte ich stets mit der dreifachen Menge destillierten Wassers. 

Als natürliche Reaktion fand ich auf die eben geschilderte Weise : 

Nachprüfung mit Lackmuspapier zeigte : 
p H r= 4,4 stark saure Reaktion, 

«• = 6.4 ,, tf 

,, = 6,8 saure Reaktion 

,. — 7,2 leicht alkalische Reaktion 

„ =7,3 alkalische Reaktion 

i ,4 ff ff 

,, = 6,4 bzw. 7,2 stark saure und leicht alka¬ 
lische Reaktion 

Für Sand bekam ich zwei Aciditäten, weil ich zwei verschiedene 
Ausgangsmaterialien hatte, einen gereinigten und einen ungereinigten 
Quarzsand. Der ungereinigte ergab als Reaktionszahl, nachdem er 
6 mal gut mit Leitungswasser gewaschen war, p H — 7,2 ; der gereinigte 
hingegen p n = 6,4. Die aus Lehm- bzw. kalkhaltigem Tonboden 
stammende Erde erforderte, trotz der sorgfältigsten Filtration, bei der 
Reaktionsprüfung eine Verdünnung. Im übrigen war die Vorbehandlung 
bis zur Filtration die folgende : Die Erde wurde in einem Porzellantiegel 
gemörsert, von dem fein zerriebenen Material 50 ccm in ein mit Aqua 
destillata gefülltes Wasserglas gegeben und alle 10 Minuten gut um- 


für Hochmoorboden . . . . 
„ Niederungsmoorboden 
„ Laubwaldboden . . . . 
„ kalkhaltigen Tonboden 

Gartenerde. 

Lehmboden. 

,. Sand 1 bzw. 2. 








174 


E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 


gerührt. Nach einer halben Stunde wurde die trübe Flüssigkeit durch 
doppeltes Filtrierpapier resp. durch Asbestwatte filtriert. 

Den Keimgehalt der einzelnen Bodenarten stellte ich auf folgende 
Weise fest. Von jeder Bodenprobe gab ich 0,1 g in 10 ccm sterilen, 
verflüssigten Rindfleischagar von 44° C, schüttelte gut um und goß das 
Gemenge in sterile Petrischalen. Nach dem Erstarren des Agars wurden 
die Schalen der Bruttemperatur (37°) ausgesetzt. Nach 24stündigem 
Bebrüten nahm ich die Keimzählung mit dem Wolffhügelschen Zähl¬ 
apparat vor. Sie ergab im Mittel: 

für 1,0 g Hochmoor. 1800 Keime 

„ 1,0 g Kalk . 2200 „ 

„ 1,0 g Niedermoor. 2400 „ 

„ 1,0 g Laubwald. 2800 

„ 1,0 g Lehm. 3000 „ 

1,0 g kalkhaltigen Ton . . 4200 „ 

„ 1,0 g Gartenerde. 7800 ,, 

„ 1,0 g Sand. 0 „ 

Nach weiterem 24stündigen Bebrüten stellte ich folgenden Keim- 
gehalt fest: 


für 

1,0 g Hochmoor .... 

. 3000 Keime 

>» 

1,0 g Kalk . 

. 3100 

»» 


1,0 g Niedermoor . . . . 

. 4200 

*« 

V 

1,0 g Laubwald. 

. 4400 

% « 


1,0 g Lehm. 

. 4800 

M 

*9 

1,0 g kalkhaltigen Ton . 

. 5100 

», 

>* 

1,0 g Gartenerde . . . . 

. 9600 



1,0 g Sand. 

. 1200 

99 


Die Typen der Bakterien auf den beimpften Petrischalen waren 
verschieden, so daß man zuweilen bis zu 6 und mehr Arten von Kolo¬ 
nien auf einer Schale unterscheiden konnte. Auf die nähere Bestimmung 
der Bakterien jedes einzelnen Kolonietypus bin ich nicht eingegangen; 
es handelte sich um die bekannteren Erdbakterien. Nur die rotlauf¬ 
verdächtigen Kolonien, die ja speziell für meine Versuche wichtig waren, 
wurden mikroskopisch untersucht, um bei positiven Ergebnissen ihre 
Identität mit dem Rotlaufbacillus durch Tierversuch oder Agglutination 
nachzu weisen. 

Nach dieser Orientierung über die natürliche Acidität und den 
Keimgehalt der einzelnen Bodenarten begann ich mit den eigentlichen 
Vorarbeiten für die Versuche. Zweifellos sind die Studien über die 
Lebensfähigkeit des Rotlaufbacillus in den verschiedenen Bodenarten 
bei natürlicher Acidität für die Praxis am bedeutungsvollsten. Da aber 
zu den Versuchen nur winzige Bruchteile von den großen Boden- 
komplexen herangezogen werden konnten, können die oben festgestellten 
Aciditäten bzw. Alkalitäten keine Allgemeingültigkeit für die gesamten 


















auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 175 


Bodenarten des Klassifikationssystems beanspruchen. Außerdem ver¬ 
mag, neben den bereits erwähnten Einwirkungen, die ständige Zufuhr 
von Kunst- und Stalldünger eine dauernde Reaktionsänderung hervor¬ 
zurufen. Bekanntlich w’urde so des öfteren beobachtet, daß ein leicht 
alkalischer Boden infolge einseitiger Düngung mit sauren Salzen, wie 
(NH 4 ) 2 S0 4 u. a. nach einer Anzahl von Jahren saure Reaktion zeigte. 
Um diesen Abweichungen gerecht zu werden, stellte ich neben den 
natürlichen Aciditätsreihen eine künstlich sauere und eine künstlich 
alkalische Reihe von den einzelnen Bodenarten her. Eine Staffelung des 
Säure- bzw. des Alkalescenzgrades schien mir unzweckmäßig, weil die 
Anzahl der Aciditätsreihen für jede Bodenart eine zu große geworden 
wäre und infolgedessen das Gesamtbild keine klare Übersicht ergeben 
hätte. Deshalb wählte ich die Extreme und säuerte bzw. laugte jede 
Bodenprobe so stark an, daß eine Messung mit dem Michaelisapparat 
gerade noch möglich war. Zum Anlaugen benutzte ich 40proz. Natron¬ 
lauge und zum Ansäuern konzentrierte Salzsäure. Die Vorbehandlung 
zur Messung und die Messung selbst wurden analog der Feststellung 
der natürlichen Acidität durchgeführt. p H = 2,8 bedeutet die größt¬ 
möglichste Stärkezahl der angesäuerten und p u = 8,4 bedeutet die größt¬ 
möglichste Stärkezahl der angelaugten Bodenproben. Von dem stark an¬ 
gesäuerten und stark angelaugten Material sowie von den Bodenproben 
mit natürlicher Acidität füllte ich Reagensgläser bis zu ca. 10 ccm Höhe, 
verschloß sie gut mit Watte und sterilisierte sie 1 Stunde lang bei einer 
Temperatur von 180° C. Nach 48 Stunden kamen sie nochmals dieselbe 
Zeit in den Sterilisator und nach weiteren 24 Stunden wurden sie auf 
Sterilität geprüft, d. h. ich nahm steril mit einem Platinspatel aus jedem 
Reagensglase etwas Material, brachte es steril in Rindfleischbouillon¬ 
röhrchen, die bereits auf Sterilität geprüft waren, und ließ diese Röhr¬ 
chen 24 Stunden im Brutschrank bebrüten. Da während dieser Zeit 
keine Trübung der Bouillon eintrat, mußte ich auf Keimfreiheit, wenig¬ 
stens von anaeroben Bakterien, schließen. Nun wurden diese Boden¬ 
proben bis zur schwachen Übersättigung mit gut bewachsener, 48stän¬ 
diger Rotlaufbouillon übergossen. Drohte die oberste Erdschicht in einem 
Reagensglase trocken zu werden, so füllte ich stets mit sterilem Aqua dest. 
nach. Dieses wählte ich aus dem Grunde, um den Bakterien kein neues 
Nährmaterial zuzuführen. Wohl war mir die von Stickdorn 20 ) beschrie¬ 
bene, keimtötende Wirkung des Aqua dest. auf Rotlaufbacillen bekannt, 
doch schien mir die Unterbindung der Zufuhr von Nährmaterial für 
exakte Untersuchungen unbedingt erforderlich, um Trugschlüsse zu 
vermeiden. Außerdem wurde durch den Aqua dest.-Zusatz nur der 
alte Salzgehalt wieder hergestellt. Unter natürlichen Verhältnissen 
tritt an Stelle der keimtötenden Wirkung des in meinen Versuchen 
benutzten Aqua dest. die keimerhaltende der Naturwässer, die die 



176 


E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 


Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen im Boden höchstens zu vermehren, 
aber niemals zu vermindern vermag. 

Die Lebensfähigkeit der Bacillen in den verschiedenen Bodenarten 
prüfte ich auf folgende Weise: Von den beimpften Bodenproben legte 
ich anfangs alle Tage, später alle 2 Tage neue Kulturen an, d. h. ich 
impfte aus den Originalröhrchen eine Platinöse voll Bodenmaterial 
steril auf einen neuen sterilen Nährboden über. Größtenteils benutzte 
ich als solchen die „Rotlaufbouillon“ der Tierseuchenstelle, einen in 
seiner Zusammensetzung für das Wachstum des Rotlaufbacillus besonders 
günstigen Nährboden. Nur bei den unsteril angesetzten Versuchen be¬ 
obachtete ich die Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen durch Überimpfen 
auf Agarplatten. Dieses Verfahren wandte ich an, um bei der Unmenge 
von fremden Bakterien isolierte Rotlaufkolonien zu bekommen; verhält¬ 
nismäßig gut gelang mir nach dem Vorgänge von Pfeiler die Isolierung 
auf Blauagarplatten; gleichzeitig konnte ich auf diesen Platten besseres 
Wachstum der Rotlaufbacillen feststellen, als auf den für gewöhnlich 
gebräuchlichen Agarplatten. Der Versuch, die Entwicklung fremder Bak¬ 
terien, besonders des Proteusbacillus nach dem Vorgang von Braun und 
Schäffer, durch Zusatz von Carbolsäure zum Agar zu hemmen, mißlang 
mir. Im Gegensatz zu den Beobachtungen von Behmer konnte ich auf 
solchen Platten, selbst bei Beimpfung mit Rotlaufreinkultur, kein Wachs¬ 
tum dieser Mikroorganismen feststellen. Wahrscheinlich erklärt sich dies 
aus einer verschiedenen Zusammensetzung der Grundsubstanz der von 
Behmer und mir benutzten Nährböden. Neben der kulturellen Prüfung 
der Rotlaufbacillen wurde stets noch der mikroskopische Nachweis ge¬ 
führt. War bei den unsteril angesetzten Versuchen sowie bei den Ver¬ 
suchen über die Murisepticusentwicklung eine genaue Identifizierung der 
Rotlaufbacillen nötig, so wurde außer obigen Verfahren noch der Nach¬ 
weis im Agglutinations- und im Tierversuch erbracht. 

Versuch I. 

Die 1. Untersuchung diente der Feststellung der optimalen Bedingungen des 
Wachstums des Rotlaufbacülus bei verschiedener Reaktion. Zu diesem Zweck 
stellte ich mir mit Hilfe des Apparates von Michaelis eine Versuchsreihe her, 
die, vom Neutralpunkt ausgehend, langsam an Alkali- und Säuregehalt zunahm. 
Als Nährboden benutzte ich peptonfreie Rindfleischbouillon. Zum Anlaugen ver¬ 
wandte ich 10 jmxr. Sodalösung und zum Ansäuern komentrieite Salzsäure. Um 
den Überblick zu erleichtern, verwandte ich als Einheitsmenge für sämtliche 
Reagensgläser die zur Reaktioneprüfung erforderliche Menge von 7 ccm Bouillon. 
Nach der Sterilisation wurden die verschieden alkalisierten bzw. acidierten Reagens- 
gläscr mit einer Platinöse Rotlaufreinkultur beimpft. Nach 48stündigem Bebrüten 
im Brutschrank (bei 37° C) ergab sich folgendes: 

Das Wachstumsoptimum für den RoÜaufbaciUus liegt zwischen p B — 7,2 
und Ph= 7,6- Mit zunehmendem Alkali- bzw. Säuregehalt fällt das 
Optimum und bei p n = 6,0 erreicht der Rotlaufbacillus in seiner Ent- 



auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 177 


Wicklung das Minimum. Bei noch stärkerem Säuregrad ist überhaupt 
keine Existenzmöglichkeit für den Bacillus mehr vorhanden. Die steigende 
Alkalescenz vermag hingegen innerhalb der angewandten Grade niemals 
keimtötend auf den Rotlaufbacillus einzuwirken. Die Entwicklung ist 
trotz stärkster Alkalescenz in allen Röhrchen gut gewesen. 


Versuch II. 

Als Versuchsgefäße wählte ich zurächst, um mit größeren Bodenmengen 
unter ähnlichen Verhältnissen wie in der Natur arbeiten zu können, Blumen¬ 
töpfe, die eine ungefähr der Ackerkrume entsprechende Tiefe besaßen (ca. 12 bis 
15 cm). Als Versuchsmaterial benutzte ich Quarzsand mit einer p>rRcaktion 7,2. 
Die Töpfe wurden bis zum Rand mit Sand gefüllt, gewogen, 3 mal bei einer Tem¬ 
peratur von 180 ‘ C je 1 Stunde sterilisiert und dann auf Keimfreiheit geprüft. 

Am 22. März 1922 setzte ich folgende 3 Versuchsreihen an: 

Der 1 . Reihe wurde dem Volumeninhalt eines jeden Topfes entsprechend 
1 pro milte 48stündige, gut bewachsene Rotlaufreinkultur zugegeben. Außerdem 
erhielt jeder Topf 10 ccm Flüssigkeit, die aus steriler physiologischer Kochsalz- 


Tabelle 1. 


Zugabe an: Kultur 


Blut 


Koch¬ 

salz¬ 

lösung 


Keim- , 
zahl 1 

i 

Reihe I. 


Topf Nr. I 
Topf Nr. 11 
Topf*S r. 111 


Topf Nr. IV 
Topf Nr. V 
Topf Nr. VI 


1,5 ccm 1 1 ccm 
1.4ccin 5 ccm! 
1,2 ccm 10 ccm 1 


9 ccm 
5 ccm 


26 
48 
1 7ü 


Reihe II. 
1 ccm 9 ccm 17 r 
i 5 ccm 5 ccm 33 
! 10 ccm — 62 I 

Reihe III. 


Platten 


kleine glashelle 
tautropfenälinl., 
rntlaufverdächtige 
Kolonien 

keine rotlauf- 
verdächtige 
Kolonien 


Topf Nr. VI I , — — 


0 


Topf Nr.VIII 
Topf Nr. IX 

*) Infolge des 


1.1 ccm 


/ 


Ausstrich 


gram positive, 
rotlaufverdäch¬ 
tige Stäbchen 


r grampositive, 
rotlaufverdäch- 
l tige Stäbchen 


keine rotlauf- 
verdächtigen 
Stäbchen 


rotlaufverdächtige 

Kolonien 


— 87 

8,9 ccm *} \\ 

hauchartigen Wachstums von Proteusbacillen war eine Zählung von 
isolierten Kolonien nicht möglich. 


lösung und steril entnommenem Pferdeblut bestand. Die Blutzugabe war gestaffelt , 
um den Einfluß der organischen Substanz auf die Lebensfähigkeit des Rotlaufbacillus 
genau studieren zu können. 

Die 2. Reihe bekam keine Kultur, sondern nur dieselbe Flüssigkeitsinenge 
wie die erste. Sie sollte die Möglichkeit der Entwicklung des Murisepticusbacillus 
auf verfaulender organischer Substanz dartun. 

Die 3. Reihe diente der Kontrolle. Es wurde ein mit Sand sterilisierter und 
ein mit Sand gefüllter unsterilisierter Topf ohne jeglichen Zusatz, ferner ein eben¬ 
falls mit Sand gefüllter sterilisierter Topf mit 1 pro mille 48stündiger Rotlauf¬ 
kulturzugabe verwandt. 




178 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

Sämtliche Versuchsreihen standen bei Zimmetlemperatur und wurden durch 
Zugabe von Aqua dest. stets feucht gehalten . 

48 Stunden nach Ansetzung des Versuches goß ich nach dem bereits ge¬ 
schilderten Verfahren mit 0,1 g Material von jedem Topf Agarplatten, ließ sie 
48 Stunden bebrüten und bekam nach Auszählung mit dem Wolffhiigel sehen 
Apparat folgenden Keimgehalt (Tabelle 1). 

Der Einfluß der organischen Substanz auf die Entwicklung von 
Bakterien überhaupt wird deutlich sichtbar, denn mit steigender Zu¬ 
gabe von Blut ist eine parallel laufende Steigerung des Keimgehaltes zu 
beobachten. Die einzelnen Kolonietypen bzw. Bakterien sollen nicht 
weiter angegeben werden. Nur bei Reihen dieses und der folgenden 
Versuche, wo rotlaufähnliche bzw. verdächtige Kolonien gewachsen 
waren, ist dies besonders vermerkt. 

Aus den rotlaufverdächtigen Kolonien der Platten I, II, III und IX 
wurden Ausstriche gemacht. Das mikroskopische Bild zeigte in allen 
Fällen: grampositive, schlanke, oft leicht gekrümmte Stäbchen, die bei 
genauer Definition sich als Rotlaufbacillen erwiesen. 

Am 28. III., also 6 Tage nach Beginn des Versuches, stellte ich 
mikroskopisch an Ausstrichen, die direkt aus den Versuchstöpfen ge¬ 
macht waren, neben einer differenten Bakterienflora die in der Tabelle 
angegebenen Ergebnisse fest. 

Bei den im Präparat von Topf IV, V und VI gefundenen rotlauf- 
verdächtigen Stäbchen lag, da diese Töpfe keine Kulturzugabe be¬ 
kommen hatten, der Verdacht von Murisepticusbacillen nahe. Sie glichen 
den Rotlaufbacillen absolut. 

Die weiteren Untersuchungen dieser Versuchsreihe waren zum Teil 
von Mißerfolgen begleitet. Die Ursache hierfür scheint im folgenden 
begründet zu sein. 

In den ersten Tagen nach Ansetzung des Versuches konnte man 
auf allen Töpfen die Stellen, an denen die Rotlaufkulturen zugegeben 
waren, noch deutlich erkennen. Durch das häufige Zugießen von Aqua 
dest. wurden die beimpften Stellen immer schwerer erkennbar; und so 
kam es, daß ich bei der verhältnismäßig sehr schwachen Beimpfung, 
oft Material zur Untersuchung erfaßte, das frei von Rotlaufkeimen 
war. Ich versuchte durch Überimpfung von größeren Mengen Sandes 
aus den Versuchstöpfen in Rotlaufbouillon, und dann, nachdem ich sie 
einige Stunden hatte bebrüten lassen, durch Ausstriche aus dieser, den 
Mangel zu beseitigen; doch hatte ich auch bei dieser Methode öfters 
Mißerfolge zu verzeichnen. Exakte Schlußfolgerungen aus den sich oft 
widersprechenden Ergebnissen waren daher nicht möglich. Es mußte 
darum eine Änderung der Technik vorgenommen werden. 

Ich ging von den Topfversuchen zu Reagensglasversuchen über. 
Die Vorarbeiten für diese Versuche sind dieselben wie vom beschrieben. 
Als neue Versuchsmaterialien wurden außer Sand sämtliche Boden- 



auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 179 


proben, die mir zur Verfügung standen, benutzt. Es sei kurz daran 
erinnert, daß ich jedes Reagensglas bis zur schwachen Übersättigung 
mit Rotlaufreinkultur überimpfte, und daß ich die ersten Versuche 
vollkommen steril ausführte. 

Versuch III und IV. 

Beginn: 28. Juni bzw. 25. Juli 1922. Die Versuche sollten dem Studium der 
Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen in den einzelnen Bodenproben bei verschie¬ 
dener Reaktion und verschiedener Temperatur dienen. Die Reaktionsgrade waren 
in beiden Versuchsreihen: p B = 2,8 (sauer), p H = 8,4 (alkalisch) und p H = 7,2 
{normale Bodenreaktion). Verschiedene Temperaturverhältnisse wurden dadurch ge¬ 
schaffen, daß Versuchsreihe III bei Brutschranktemperatur, IV bei Zimmer¬ 
temperatur gehalten wurden. Von einer Wiedergabe der täglichen und später 
aller 2 tägigen Untersuchungen habe ich an dieser Stelle abgesehen und nur die 
Wachstumsabnahme bzw. das Absterben der Rotlaufbacillen in den einzelnen 
Bodenproben tabellarisch zum Ausdruck gebracht, um ein möglichst klares Bild 
der Ergebnisse bieten zu können*). 

Die Ergebnisse des Versuchs III zeigt die Tabelle 2. 

Aus Versuch III resultiert folgendes: In den Bodenproben, die stark 
angesäuert sind , sterben die Rotlaufkeime schon in den ersten Tagen ab. 
Das gleiche gilt für die von Natur aus sauren Bodenproben. Vom Neutral¬ 
punkt aufwärts bis zur stärksten Alkalescenz ist dagegen in jeder Boden¬ 
probe, gleichgültig welcher geologischen Formation sie entstammt, eine 
lange Lebensfähigkeit der Rotlaufbaciüen festzustellen. 

Die Ergebnisse des Versuches IV sind in Tabelle 3 niedergelegt. 

Die Zimmertemperatur war während der Versuchsdauer ziemlich 
konstant. (Morgens 16—18, mittags und abends 20—23°.) Die Re¬ 
sultate der Versuche III und 1V stimmen im allgemeinen überein. Eine 
nennenswerte Abweichung ist im Versuch IV nur beim Sand (mit der 
Reaktion p H = 6,4) zu beobachten. Hier waren im Gegensatz zu dem¬ 
selben Sand des Versuches III die Rotlauf bacillen bis zum Abschluß des 
Versuches lebensfähig. Es ist wahrscheinlich, daß bei Zimmertempe¬ 
ratur die Lebensdauer der Rotlaufbacillen eine längere ist als bei Brut¬ 
schranktemperatur. Ähnliche Verhältnisse wurden, wenn auch nicht 
so ausgesprochen, beim Laubwaldboden mit natürlicher Acidität be¬ 
obachtet. 

Der Einfluß der verschiedenen Temperaturen spielt jedoch im Ver¬ 
gleich zur Einwirkung der Reaktion auf die Lebensfähigkeit der Rotlauf¬ 
bacillen eine untergeordnete Rolle. Von den Bodensäuren scheint beson- 

*) Anm.: Mit Rücksicht auf die derzeitigen Druckschwierigkeiten wird von 
den Versuchen III bis VIII lediglich je eine Tabelle wiedergegeben und zwar 
die mit der zeitlichen Begrenzung der Nachweisbarkeit entwicklungsfähiger Bacillen. 
Verzichtet wurde auf je eine zweite Tabelle, in der das in der abgedruckten 
Tabelle enthaltene Gesamtergebnis durch die zahlreichen Einzelergebnisse belegt 
wird. 



180 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 


Tabelle 2 (Versuch III). Tabelle 3 (Versuch IV). 


Bodenproben j 

p^-Jonen 

Anzahl der 
Lebenstage 

Bodenproben 

Jonen 

Anzahl der 

I Lebenetage 

Niedermoor . . 

2,8 

2 

Niedermoor . . 

2,8 

3 

. 

6,4 

8 


6,4 

11 


8,4 

92 


8,4 

50 

Hochmoor. . . 

2,8 

2 

Hochmoor. . . 

2,8 

3 


4,4 

4 


4,4 

3 


8,4 

92 


8,4 

67 

Laubwald . . . 

2,8 

o 

Laubwald . . . 

2,8 

2 


6,8 

4 


6,8 

22 


8,4 

49 


8.4 

50 

Lehm .... 

2,8 

2 

Lehm .... 

2,8 

2 


7,4 

68 


7,4 

40 

! 

8,4 

35 


8,4 

40 

Kalkhaltiger Ton 

2,8 

93 

Kalkhaltiger Ton 

2,8 

| 2 


7,2 

17 


7,2 

40 


8,4 [ 

22 


8,4 

! 40 

Sand .... 

2,8 

68 

Sand .... 

2,8 

! 11 


6,4 ! 

5 

1 

6,4 

68 

i 

7,2 | 

40 


7,2 

50 


8.4 1 

| 

40 


8,4 

( 50 

Gartenerde . . 

2,8 ! 

2 

Kalk .... 

2,8 

5 

1 

7,3 

93 


7,5 ! 

50 


8,4 

93 


8,4 

50 




Gartenerde . . 

2,8 

5 





7,3 

68 





8.4 

68 


ders die Humussäure stark keimtötend zu wirken. Der Niederungs¬ 
moorboden, der dieselbe natürliche Acidität w r ie der saure Sand besitzt, 
wirkt nämlich ebenso wie die Laubwaldprobe, die einen noch schwäche¬ 
ren natürlichen Säuregrad aufweist, wenig keimerhaltend bzw. sogar 
keimtötend auf den Rotlaufbacillus. Wenn nun trotz der Gleichheit 
der Acidität im Versuch IV und den folgenden Versuchen Rotlaufbacillen 
im natursauren Sand eine größere Lebensfähigkeit gezeigt haben, so 
ist meiner Ansicht nach in erster Linie die keimtötende Einwirkung 
der Humussäure für die sehr kurze Lebensdauer der Rotlaufbacillen im 
Niederungsmoor sowie im Hochmoor und im Laubwaldboden ver¬ 
antwortlich zu machen. 

Versuch V und VI. 

Versuch V und VI sollten, wie bereits mitgeteilt, der eingehenderen Unter¬ 
suchung der Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen bei normaler Bodenreaktion 
dienen, Versuch VI speziell den Einfluß von organischer Substanz auf ihre Lebens¬ 
fähigkeit klarlegen. 





auf die FortentWicklung des Kotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 181 

Um möglichst gleiche Bedingungen zu schaffen, arbeitete ich in beiden Ver¬ 
suchen quantitativ: An Bodenmaterial wurden jedem Reagensglas 7,5 g gegeben. 
Die Kulturzugabe wurde gegen früher bedeutend reduziert, um zu sehen, ob eine 
schwache Beimpfung im Verhältnis zu einer, starken einen Einfluß auf die Lebens¬ 
fähigkeit der Bakterien auszuüben vermag. In beiden Versuchen erhielt jedes 
Reagensglas, im Gegensatz zu denen im Versuch III und IV, nur eine Kultur¬ 
zugabe von 4 ccm. In Versuch VI wurde außerdem jedem Reagensglas noch 3 ccm 
steril entnommenes Hammelblut als organische Substanz zugesetzt. Beide Versuche 
wurden am 25. Juli 1922 bei Zimmertemperatur angesetzt und steril ausgeführt. 
Eine Änderung im Wachstum der sämtlich gut bewachsenen Röhrchen trat in 
der Zeit vom 12. VIII.—20. IX. beim Versuch VI nicht ein. Eine Tabellen¬ 
wiedergabe erübrigt sich also. 


Tabelle 4 

(Vet such V). 

- i, 

Bodenprobe j 

!i 

p B - Jonen 

Anzahl der 
Lebenstage 

Niedermoor . . 

6.4 ! 

18 

Hochmoor. . . 

4,4 

15 

Laubwald . . . 

6,8 j 

18 

Lehm . . . . 

7, 4 , 

50 

Kalkhaltiger Ton 1 

1 7,2 

50 

Sand .... 

6,4 1 

50 

Sand .... 

7,2 | 

58 

Kalk .... 

7,5 j 

50 

Gartenerde . . 

7,3 

1 58 


Vergleicht man den Versuch III mit dem Versuch V, so ergibt sich 
in bezug auf die verschieden starke Beimpfung folgendes: Die Menge 
der Kulturzugabe ist für die Lebensfähigkeit der Rotlaufbaciüen in den 
verschiedenen Bodenproben relativ belanglos. Maßgebend ist, wie bereits 
aus den vorhergehenden Versuchen deutlich zu ersehen ist, einzig und allein 
der Reaktionsgrad. 

Ein vollkommen neues Bild bietet der Versuch VI. Hier ist infolge 
des Zusatzes von organischer Substanz keine verminderte Lebensfähigkeit 
der Rotlaufbaciüen bis zum Abschluß der Untersuchungen festzustellen. 
Die organische Substanz muß aber alkalische Reaktion zeigen; denn saure 
organische Substanz vermag die Rotlaufbacillen nicht am Lebep zu 
halten. Erklärlich wird die Behauptung, wenn man sich vergegen¬ 
wärtigt, daß Hochmoorboden bis zu 93% und Niederungsmoorboden 
bis zu 84% organische Stoffe enthalten und dennoch keine günstigen 
Bedingungen für die Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen bieten. Die 
Reaktion des mit dem Blut zugegebenen Blutserums war p B = 7,9, 
also alkalisch. 

Die in Versuch V und VI enthaltenen Ergebnisse schienen mir für die 
Bewertung der epidemiologischen Verhältnisse beim Rotlauf von be¬ 
sonderer Bedeutung. Sie wurden im Versuch VII und VIII wiederholt. 
Dieses Mal sah ich jedoch von einer Sterilisation der Bodenproben ab, 



182 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

um etwaige, der Entwicklung des Rotlaufbacillus bakteriell-anta¬ 
gonistische Einflüsse oder auch chemische Umsetzungen, die etwa durch 
das starke Erhitzen der einzelnen Bodenproben hätten hervorgerufen 
sein können, zu vermeiden. Außerdem wollte ich die Lebensfähigkeit 
der Rotlaufbacillen unter diesen geänderten Einflüssen beobachten. 
Neben der normalen Bodenreaktion wählte ich zu den Versuchen die¬ 
selben künstlich erzeugten Reaktionsgrade wie bei Versuch LEI und IV. 


Tabelle 5 ( Versuch VII). Tabelle 6 ( Versuch VIII). 


1 

Bodenproben | 

i 

| p H -Jonen | 

i ! 

Anzahl der 
Lebenstage 

Bodenproben j 

p^-Jonen 1 

Anzahl der 
Lebenstage 

Niedermoor. . . 

1 2,8 

12 

Niedermoor. . . 

2.8 ' 

12 


6,4 

25 


6,4 

50 


8,4 

50 


8,4 

50 

Hochmoor . . . 

2,8 

12 

Hochmoor . . . 

2,8 

7 


■ 4,4 j 

25 


4,4 

50 


8,4 j 

50 


8,4 

50 

Laubwald . . . | 

2,8 ! 

2 

Laubwald . . . 

2,8 

2 


6.8 

25 


6,8 

50 


! 8 - 4 ! 

50 


8,4 j 

50 

Lehm. 

2,8 

12 

Lehm. 

2,8 

7 


7,4 

50 


7,4 

50 


8,4 

50 


8,4 

50 

Kalkhaltiger Ton 

2,8 j 

12 

Kalkhaltiger Ton 

2,8 

12 


7,2 i 

50 


7,2 

50 


8,4 

50 

i 


8,4 

50 

Sand. 

2.8 

26 

Sand. 

2,8 

1 12 


6,4 

50 


6,4 

50 


7,2 

50 


7,2 

50 


8,4 

50 


8,4 

50 

Kalk. 

2.8 

12 

Kalk. 

2,8 

12 


7,5 

50 


7.5 

50 


; 8,4 

50 


8,4 

1 50 

Gartenerde . . . 

2,8 

15 

Gartenerde . . . 

2,8 

22 


7,3 

50 


7,3 

50 

• 

8,4 

50 


8,4 

; 50 


um festzustellen, ob durch die unsterile Haltung der Versuche andere 
Resultate als bei steriler Ausführung erzielt werden. 

Die Versuche wurden am 11. VIII. 1922 angesetzt und die Reagens¬ 
gläser offen bei Zimmertemperatur gehalten. In beiden Versuchen ent¬ 
hielten die Reagensgläser ca. 10 ccm Bodenmaterial, das, da ja die 
relative Stärke der Beimpfung für die Resultate belanglos ist, bis zur 
schwachen Übersättigung mit 48ständiger Rotlaufreinkultur beimpft 
wurde. In Versuch VIII wurde gleich dem Versuch VI steril entnommenes 
Hanimelblut als organische Substanz in Mengen von 10 ccm auf jede* 









auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 183 

Glas zugegeben. Infolge der unsterilen Ausführung dieser Versuche ging 
ich bei der Feststellung der Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen von der 
bisher gebräuchlichen Überimpfungsmethode in Rotlaufbouillon zum 
Agarplattenverfahren über. Die makroskopischen sowie mikroskopischen 
Feststellungen ergaben für Versuch VII und VIII die in den Tabellen 6 und 6 
niedergelegten Ergebnisse. Es sind also im Vergleich zu den analogen 
sterilen Versuchen keine nennenswerten Abweichungen festzustellen. 
Die Resultate bekräftigen nur die Folgerungen aus den vorhergehenden 
Versuchen. Daß in den stark angesäuerten Bodenproben trotz der Zugabe 
von alkalischer organischer Substanz nur eine ganz kurze Lebensfähigkeit 
der Rotlaufbacillen zu verzeichnen ist, kann nach den vorhergehenden Fest¬ 
stellungen kaum umndemehmen. Die relativ schwache Blutzugabe erwies 
sich als nicht ausreichend, um die durch Ansäuerung mit HCl und die 
übrigen Bodensäuren gesetzte Wirkung aufzuheben. Nur in der Garten¬ 
erde mit ihrem großen Reichtum an organischer Substanz, also noch 
verhältnismäßig frischer Erde, lebten überhaupt noch bakterielle 
Mikroorganismen. 


Versuch IX. 

Den Abschluß meiner Versuche bUden Untersuchungen über die spontane 
Entwicklung der Murisepticusbacillen in Bodenproben, die mit organischer Sub¬ 
stanz versetzt wurden. 

In der Einleitung wurde bereite auf die Entwicklung dieser Bacillen auf 
faulender, organischer Substanz hingewiesen. Nach den Beobachtungen von 
Pfeiler 1 ) sollen Murisepticusbacillen oft schon am 3. Tage der Fäulnis in Organen 
7 .. B. gesunder Schlachtschweine nachzuweisen sein. Oberländer 11 ) ist der Nach¬ 
weis dieser Bacillen in faulen Nieren nicht an Rotlauf verendeter Mäuse mehr¬ 
mals am 6. Tage der Fäulnis gelungen. Von allgemeinem Interesse ist nach diesen 
Feststellungen die Frage: Entwickeln sich in faulender, organischer Substanz 
MvrisepticiutoaciUen, ohne von dem umgebenden Substrat beeinflußt zu werden /“ 


Tabelle 7. 


Maus I 

Niederungsmoorprobe . . . 

gesund 


„ ii 

Hochmoorprobe. 

» 


„ in 

Laubwaldprobe. 

$9 


IV 

Lehmprobe. 

99 


„ V 

Kalkhaltige Tonbodenprobe 

99 


„ VI 

Sandprobe. 

verendet am 

18. IX. an Rotlauf 

„ VII 

»» . 

99 99 

99 99 99 

„ VIII 

Kalkbodenprobe. 

99 99 

99 99 99 

,, ix 

Gartenerdeprobe. 

99 99 

99 99 99 


Um der Lösung dieser Frage näher zu kommen, setzte ich am 21. VIII. 1922 
folgende Versuche an: Ich füllte von jeder Bodenprobe mit natürlicher Reaktion 
je ein Reagensglas bis ca. 10 cm Höhe und durchtränkte die einzelnen Boden¬ 
materialien bis zur schwachen Übersättigung mit steril entnommenem Hammel¬ 
blut. Die Gemische ließ ich bei Zimmertemperatur offen stehen und legte aus 
ihnen alle 2 Tage Agarplatten an. Da auf diesen niemals rotlaufverdächtige 
Arcb. f. Tierhellk. L. 13 












184 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

Kolonien festzustellen waren, wurden am 7. IX. direkt aus den Reagensglasern 
Ausstriche gemacht. Das mikroskopische Bild ergab für jedes Präparat gram- 
positive , rotlaufverdächtige Stäbchen, die nur etwas plumper wie die Rotlauf- 
st&bchen aussahen. Um den Nachweis der Identität dieser Bacillen mit dem 
Murisepticus- bzw. Rotlaufbacillus zu erbringen, impfte ich am 15. IX. Mäuse 
subcut&n mit 0,25 ccm der über jedem Reagensglas stehenden Flüssigkeit. 

Nach 48 Stunden zeigten Maus VI—IX typische Rotlauf erschei- 
nungen. Die Hinterextremitäten waren halb gelähmt, die Augen ver¬ 
klebt und geschlossen. Ausstriche aus der rechten Niere ergaben neben 
zahlreichen Rotlaufbacillen vereinzelte Fäulnisstäbchen. 

Der Versuch wurde am 21. IX. wiederholt. 

Versuch X. 

Die Quantität des Bodenmaterials und des Blutzusatzes blieb die gleiche. 
Anstatt der Reagensglaser wählte ich als Versuchsgefäße halbe Petrischalen. 
Der Grund für das Wechseln der Versuchsgefäße war die Steigerung der Sauer¬ 
stoffzufuhr. Die Petrischalen der mit Blut versetzten Proben vom Niedermoor, 
Hochmoor, Lehm, kalkhaltigem Ton und Laubwald wurden bei Brutschrank¬ 
temperatur gehalten, die übrigen bei Zimmertemperatur. Als Kontrollen dienten 

a) 1 Gefäß mit 10 ccm saurem Sand (p H = 6,4) und 
1 r» ** 9 t tt Gartenerde {p/f = 7,3). 

Beide Bodenproben wurden nach der Sterilisation auf Sterilität geprüft, mit 
steril entnommenem Hammelblut bis zur schwachen Übersättigung versetzt und 
offen bei Zimmertemperatur gehalten. 

b) 1 Reagensglas mit 10 ccm sterilem sauren Sand (p H = 6,4), 

1 „ „ „ „ steriler Gartenerde (p H — 7,3). 

Beide wurden, nachdem sie auf Sterilität geprüft waren, statt mit Blut, mit 
steriler Rindfleisch&ouiKon übergossen und offen bei Zimmertemperatur gehalten. 

Die Kontrollreihen sollten der Beantwortung der Frage dienen, ob sich die 
Murisepticusbacillen nur auf faulender, organischer Substanz entwickeln. 

Am 5. Tage nach Beginn des Versuches waren in Ausstrichen, die direkt aus 
den Versuchsgefäßen gemacht wurden, zum ersten Male in sämtlichen mit Blut 
versetzten Bodenproben (also auch in den Kontrollen unter a) grampositive ro/- 
laufverdächtige Stäbchen nachzuweisen. In dem Ausstrich aus Kontrollreihe b 
konnten nur grampositive und gramnegative Kokken ermittelt werden. 

Der am folgenden Tage, also am 27. IX. angesetzte Tierversuch ergab fol* 


gendes: 


Tabelle 8 . 


Maus I 

Niederungsmoorprobe 

. . . . gesund 


n 

Hochmoorprobe . . . 

. . . ,, 


„ TII 

Laubwaldprobe . . . 

. . . verendet am 

3. X. interkurrent 

„ IV 

Lehm probe. 

. . . gesund 


v 

Kalkhaltige Tonprobe 

• • • 99 


VI 

Sandprobe. 

. . . verendet am 

1. X. an Rotlauf 

VII 

** . 

• • • H 99 

»* 99 «, 

„ VIII 

Kalkprobc. 

... «, M 

»» 99 M 

„ ix 

Gartenerdeprobe . . 

• • • 99 9* 

99 V 99 


Kontrollreihe A: 

Kontrollmaus I Sandprobe.verendet am 1. X. an Rotlauf 

„ II Gartenerdoprobe ... „ „ „ „ „ 













auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 185 


Kontrottreihe B: 

Kontrollmaus III Sandprobe.gesund 

„ IV Gartenerdeprobe . . „ 


Maus VI—IX verendeten ebenso wie Kontrollmaus I und II an 
Rotlauf am 1. X. Die Sektion fand unmittelbar nach Eintritt des 
Todes statt. Nierenausstriche ergaben in allen Fällen lediglich zahl¬ 
reiche Rotlaufbacillen. Um jeden Zweifel an der Identität dieser Mikro¬ 
organismen mit dem Rotlaufbacillus zu beseitigen, legte ich aus dem 
Herzblut der Kontrollmaus I Bouillonkulturen an und führte mit 
einem Rotlaufserum vom Titer 1 : 1800 die Agglutination aus: 

1 : 200 400 800 1600 2000 4000 

+++ T+ ~+~ ~ 


Kontrolle: —. 

Mäuse I—V blieben mit Ausnahme von Maus III, die am 3. X. 
verendete, leben. Im Nierenausstrich von Maus III konnten keine 
Rotlaufbacillen und auf dem aus dem Herzblut dieser Maus angelegten 
Schrägagarröhrchen keine Rotlaufkolonien festgestellt werden. 

Aus den Befunden von Versuch IX und X resultiert folgendes: 

Auf faulender organischer Substanz werden Murisepticus- bzw. Rot¬ 
laufbacillen bereits am 5. Tage der Fäulnis nachgewiesen. Gartenerde, 
Sand- und Kalkboden sind bei natürlicher Reaktion, sterilisiert sowie 
unsterilisiert, für die Lebensfähigkeit der sich aus der zugesetzten Substanz 
entwickelnden Murisepticusbacillen äußerst günstige Substrate. 

In Niedermoor-, Hochmoor-, Lehm-, kalkhaltigem Ton- und Laubwald¬ 
boden mit natürlicher Reaktion und Blutzugabe bleiben Murisepticus- bzw. 
Rotlaufbacillen, wenn überhaupt eine Entwicklung in ihnen eintritt — 
dafür sprechen die Befunde in den Ausstrichpräparaten, — wahrscheinlich 
nur ganz kurze Zeit lebensfähig. 

Der Nachweis der Lebensfähigkeit dieser Bacillen in solchen Boden¬ 
proben ist schon 6 Tage nach Zugabe der organischen Substanz nicht mehr 
möglich. 

Die Identität der Murisepticusbacillen mit den Rotlaufbacillen wurde 
durch Agglutination, die noch bei der Verdünnung 1 : 1600 positiv war, 
nachgewiesen. 


Die Ergebnisse der vorstehenden Untersuchungen scheinen mir die 
Unterlage und eine gewisse Erklärung der eingangs erwähnten epidemio¬ 
logischen Verhältnisse beim Rotlauf in bestimmten Landesteilen ab¬ 
zugeben, so z. B. für das starke Herrschen des Rotlaufs in den Provinzen 
Ostpreußen und Posen. Die mittlere Zusammensetzung der Ackerkrume in 
Ostpreußen ist nach agronomischen Karten ungefähr folgende: Geschiebe¬ 
mergel, Tonmergel, Ton, Moorerde, Torf und Sand (sandiger Lehm, 
lehmiger Sand, humoser Sand und Decksand). In Posen finden wir 

13* 




186 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

hauptsächlich: Humus-, Kalk- und Sandboden, die an einzelnen Stellen 
zum schweren Lehm und strengen Ton übergehen. 

Nach dem Kriegs-Jahresbericht*) über die Verbreitung von Tier¬ 
seuchen 35 wurden die in Tabelle XI verzeichneten Rotlaufziffem 
festgestellt. 

Daß diese Ziffern auch relativ hohe sind, ergibt eine Betrachtung 
für die allerdings wesentlich kleineren Staatsgebiete von Hamburg, 


Tabelle 9. 



Bei Beginn 
des Jahres 

Im Laufe 
des Jahres 

Am Schlüsse 
des Jahres 

In Ostpreußen: 




1915 

in Gehöften 

43 

685 

17 

1016 

99 99 

17 

4194 

73 

1917 

99 99 

73 

2647 

33 

1918 

99 99 

33 

1203 

7 

In Posen: 




1915 

in Gehöften 

81 

2277 

21 

1916 

99 99 

21 

7957 

92 

1917 

99 99 

i 92 

4360 

01 

1918 

99 99 

61 ' 

1518 

15 


Bremen und Lübeck. Hier finden wir zum Teil natursauren Boden 
{Moor und Schlick). Die entsprechenden Ziffern sind wiederum nach 
dem genannten Jahresbericht in Tabelle 10: 


Tabelle 10. 



Bei Beginn des 
Jahres waren 
verseucht 

Im Laufe des 
Jahres wurden 
verseucht 

Am Schlüsse des 
Jahres blieben 
verseucht 

Füf das Jahr 1915 : 

Gehöfte: 

Gehöfte: 

Gehöfte: 

für Lübeck. 

— 

2 

_ 

„ Bremen . 

j — 

32 

— 

„ Hamburg. 

1 

54 

— 

Für das Jahr 1916 : 




für Lübeck. 

— 

10 

_ 

„ Bremen . 


51 

2 

„ Hamburg. 1 

- 

224 

— 

Für das Jahr 1917 : 




für Lübeck. 

i 

5 

_ 

„ Bremen . 

2 

17 

_ 

„ Hamburg.| 

, — 

99 

— 


Berücksichtigt man allein die Zahlen dieser Gegenüberstellung, so 
scheinen sie eine wissenschaftliche Erklärung für die starke Ausbreitung 

*) Diese Kriegszahlen stimmen nicht absolut. Doch können sie einen ge¬ 
wissen Anhalt bieten. 


















auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 187 


des Rotlaufs in den östlichen Provinzen zu geben. Für die Betrachtung 
muß aber, abgesehen von dem schon erwähnten Unterschied in der 
Größe der Areale dieser Staatsgebiete (Ostpreußen und Posen: Hamburg, 
Bremen, Lübeck = 68 : 1) die Zahl der auf diesen Flächen vorhandenen 
Schweine mit der der Rotlauferkrankungen verglichen werden. Immer¬ 
hin läßt der Vergleich (siehe Tabelle 11) erkennen, daß tatsächlich, 
abgesehen vom Jahre 1915 (andere Jahreszahlen waren nicht zu be¬ 
schaffen), in den Jahren 1916—1917 im Osten mehr Rotlauffälle vor¬ 
gekommen sind, als in den verglichenen, mehr westlich gelegenen 
Staatsgebieten mit Moor- und Schlickboden. Der erwähnte Unterschied 
mag also die Grundlage abgeben für das stärkere Auftreten der Rotlauf- 
seuche im Osten. 


Tabelle 11. 


Jahre 

Ostpreußen und Posen 

Hamburg, Lübek, Bremen 

Gesunde 

Schweine 

Rotlauf- 

kranke 

Schweine 

% der Er¬ 
krankungen 

Gesunde 

Schweine 

Rotlauf¬ 

kranke 

Schweine 

% der Er¬ 
krankungen 

1915 

1969406 

5344 

0,27 

36248 

138 

0,38 

1916 

2016641 

20222 

1,002 

55399 

398 

0,718 

1917 

1309633 

12512 

0,955 

23917 

148 

0,618 


Es versteht sich, daß der Faktor der Bodenbeschaffenheit bzw. 
Reaktion desselben allein aber nicht ausschlaggebend für die Ver¬ 
breitung der Rotlaufseuche an sich sein kann, daß unter gegebenen, 
geänderten bzw. günstigen oder ungünstigen Verhältnissen auch Ab¬ 
weichungen von den hier vertretenen Auffassungen möglich sind, 
ebenso wie weitere Versuche, wenn sie mit Boden anderer Herkunft 
ausgeführt werden sollten, gewisse Abweichungen von meinen Resultaten 
ergeben mögen. Erst aus dem Zusammenwirken der verschiedenen für 
die Entwicklung des Rotlaufbacillus entscheidenden Faktoren — hierher 
sind in erster Linie Wärme und Feuchtigkeit (man beachte das Auf¬ 
flammen des Rotlaufs in feuchtwarmen Sommermonaten) zu rechnen — 
ergibt sich ein klares Bild für die Entstehung der Rotlaufepidemien. 
In dieser Beziehung sei auf die epidemiologischen Betrachtungen ver¬ 
wiesen, die Pfeiler •) mit Rücksicht auf die Saprophytennatur der 
Rotlauf- bzw. Murisepticusbaoillen gemacht hat. Nach seinen Aus¬ 
führungen sind z. B. 1912 im Bromberger tierhygienischen Institut 
besonders zahlreiche Murisepticusbefunde gemacht worden. Die Rotlauf¬ 
ziffer lag in diesem Jahre aber für Deutschland relativ niedrig, während 
sie 1913, wo relativ wenige Murisepticusbefunde gemacht wurden, die 
höchste Ziffer seit dem Jahre 1899 mit 91 622 Fällen erreichte. 
Es versteht sich aber, daß die Ziffern, die für das Deutsche Reich gelten, 
nicht schlechtweg für die Beurteilung der Verhältnisse im Osten Berück¬ 
sichtigung finden können. Beachtenswert erscheint in dieser Hinsicht 




188 


E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 


jedenfalls, daß nach den Jahresberichten der beamteten Tierärzte 
Preußens 1912 die Regierungsbezirke Bromberg, Marienwerder, Posen 
mit 89 bzw. 74 und 73 Indexziffern als betroffen angesetzt werden, 
während z. B. Aachen mit 2, Hannover (Schweinehochzuchtgebiet) mit 
12 geführt wird. Die Annahme, daß heiße Jahreszeit, Zunahme der 
Murisepticusbacillen in der Außenwelt bei starker Fäulnis organischer 
Substanzen und Rotlaufwellen in Beziehung zueinander stehen, erschien 
Pfeiler jedenfalls auf Grund des vorstehenden Materials als weiter 
überprüfungswert. 

Die Bodenbeschaffenheit stellt nun in dieser Hinsicht einen nicht zu 
unterschätzenden Faktor für die floristische Verbreitung der Rotlauf- bzu\ 
Murisepticusbacillen dar. Selbstverständlich muß dabei die Ein¬ 
schränkung gemacht werden, daß Stallhaltung, Einfluß des Düngers 
auf die Rotlaufbacillen u. a. im Gegensatz zu im Freien gehaltenen 
bzw. lebenden Schweinen bei unseren Kulturrassen eine wichtige Rolle 
spielen. 

Die von Lydtin ®) und Fröhner-Zwickfi 1 ) ausgesprochene Vermutung, 
daß nasse Lehmböden günstige, Granit- bzw. Sandböden weniger 
günstige Entwicklungsstätten für den Rotlauf- bzw. Murisepticus- 
bacillus sind, dürfte auf Grund meiner Untersuchungen, die zum ersten 
Male unter den Bedingungen des Experimentes Unterlagen für die 
Beurteilung dieser epidemiologischen Verhältnisse geschaffen haben, 
nur noch bedingte bzw. keine Gültigkeit haben. 

Mit Rücksicht auf die außerordentlich günstige Beeinflussung des 
Wachstums der Rotlauf- bzw. Murisepticusbacillen auf faulender, organi¬ 
scher Substanz soll am Schlüsse dieser Arbeit noch auf einen seuchen¬ 
hygienisch nicht unwesentlichen Faktor hingewiesen werden, der im 
landwirtschaftlichen Betriebe fast überall gegeben ist und zur Ent¬ 
stehung vieler Rotlauffälle Veranlassung gegeben haben dürfte. Be¬ 
sonders im Kleinbetrieb pflegt das Abschlachten von kleinen Haustieren 
am Düngerhaufen oder an irgendeiner Stelle des Hofes zu geschehen. 
Allgemein üblich ist es auch, das Fibrin des Schweineblutes auf den 
Düngerhaufen zu schütten. Nach meinen Untersuchungen über die 
Entwicklung und Lebensfähigkeit des Murisepticusbacillus unter dem 
Einfluß der Gartenerde, die sich mit den bekannten Daten decken, 
müssen sich auch auf der Dungstätte im verfaulenden Blut Murisepticus¬ 
bacillen entwickeln und lebensfähig erhalten. Erfahren dann diese 
Bacillen durch irgendwelche Einflüsse eine Steigerung ihrer Virulenz, 
so können Schweine, wenn sie beim Säubern der Stallungen auf dem 
Hofe herumlaufen und auf der Dungstätte wühlen, per os oder sonstwie 
infiziert, schwere Rotlauferkrankungen bekommen. Sind unter den 
Schweinen Dauerausscheider, so wird, bei Lebensfähigkeit der Rotlauf¬ 
bacillen im Dünger, die Möglichkeit der Schaffung von Rotlaufherden 



auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 189 


bedeutend erhöht. Wir sehen also, daß durch diese Unsitte, wenn auch 
im geringeren Ausmaße, dieselben Bedingungen für eine Rotlauf¬ 
infektion geschaffen werden, wie wir sie für die Verbreitung der Rot¬ 
laufseuche durch unsachgemäße Behandlung der Kadaver bzw. Kadaver¬ 
abfälle kennen gelernt haben (Schlachten rotlaufkranker Schweine, Ver¬ 
breitung durch wandernde Zigeuner usw.). 

Um diese Quellen der Rotlaufinfektion zu unterbinden, empfiehlt 
Glässer 9 ) eine zweckmäßige Düngerpackung nach dem Vorgänge von 
Pfeiler 99 ). Meiner Ansicht nach ist, wenn nicht von Glässer das Haupt¬ 
gewicht auf die Vernichtung der Rotlaufbacillen durch die Wärme 
gepackten Düngers gelegt wird, eine wirksamere Verstopfung der 
Rotlaufquellen unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte, wie sie in 
der vorliegenden Arbeit aufgestellt sind (Alkalescenzgrad des Düngers), 
neben den übrigen beschriebenen prophylaktischen Maßregeln in einer 
einwandfreien Beseitigung des Blutes, der Organe und Kadaver sowie 
der Spülwasser und der Abfälle nicht nur von notgeschlachteten 
rotlaufkranken, sondern auch von gesunden Schweinen zu suchen. 

Schlußfolgerungen. 

Die Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen in den einzelnen Bodenarten 
ist sehr verschieden. Von Natur aus sind, wie meine Versuche ergeben 
haben, humusreiche Böden sowie Sand- und Kalkböden nach einer Be¬ 
impfung mit Rotlaufbacillen für die Weiterentwicklung dieser Bakterien 
besonders 'prädestiniert. 

Ausschlaggebend für die Lebensdauer der RotlaufbaciUen in den 
einzelnen Bodenarten ist in erster Linie die Reaktion der Böden. 

In Bodenarten, die alkalische Reaktion zeigen, konnte noch nach 
90 Tagen dieselbe Lebensfähigkeit der Rotlaufbacillen festgestellt werden 
wie in den ersten Tagen nach der Beimpfung. Man kann infolgedessen 
wohl auf eine jahrelange Lebensfähigkeit der Rotlaufkeime in solchen 
Böden schließen. 

Die von Natur aus sauren Böden, wie Niedermoor, Hochmoor und 
Laubwald sowie sämtliche künstlich angesäuerten Bodenarten töten schon 
in den ersten Tagen die zugegebenen RotlaufbaciUen ab. Zusatz von 
alkalischem, organischem Material sowie künstliche Alkalisierung — 
mag sie im Reagensglas durch eine Lauge oder in der Natur durch Zu¬ 
führung von Salpeter, Kalk oder Stalldünger geschehen — vermögen 
jedoch in den natursauren Böden die RotlaufbaciUen ebenso lange am 
Leben zu erhalten wie in den von Natur aus alkalischen Bodenarten. Eine 
Ausnahme bildet der saure Sand. In diesem wurde ohne jeglichen Zusatz 
von Alkali eine gleichlange Lebensdauer der RotlaufbaciUen wie in den 
alkalischen Bodenarten beobachtet. Der von mir untersuchte Sand muß 
infolgedessen frei von keimtötenden Säuren gewesen sein. 



190 E. Hesse: Einfluß der Reaktion, insbesondere des Bodens, 

Der Einfluß der einzelnen Bodenarten auf die Lebensfähigkeit der sich 
auf verfaulender eiweißhaltiger organischer Substanz entwickelnden 
Murisepticusbacillen ist gleichfalls verschieden. Lebende Muriseptkus - 
baciüen, die sich unter dem Einfluß des Bodenmaterials auf faulendem 
Hammelblut entwickelt hatten, konnten im Tierversuch nur in der Garten¬ 
erde, im Sand - und Kalkboden nachgewiesen werden. In den übrigen zu 
den Versuchen benutzten Bodenproben waren nur auf mikroskopischem 
Wege Murisepticus - bzw. rotlaufverdächtige, anscheinend nicht mehr 
lebende, Stäbchen festzustellen. 


Literaturverzeichnis. 

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Friedberger-Pfeiffer. Verlag Fischer, Jena 1919, Bd. 2, S. 894. — *) Bongert , 
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rotlaufbacillus und der morphologisch gleichen Septikämieerreger. Dtsch. tier¬ 
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laufbacillen im Darm der Schweine. Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1901, S. 41. — 
19 ) Pitt, Über das Vorkommen von Rotlaufstäbchen in den Tonsillen und auf 
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sitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, Orig. 1908, S. 39 u. 111. — *°) Stickdom , 
Die keimtötende Wirksamkeit des Wassers und wässeriger Lösung auf Rotlauf* 



auf die Fortentwicklung des Rotlauf- bzw. Murisepticus-Bacillus. 191 

bacillen. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, Orig. 
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logische und klinische Studien über die krankheitserregenden Mikroorganismen 
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heilk. fl8, 39. — *•) Behmer , Beiträge zur Biologie und Biochemie des Bacillus 
Proteus und Versuche zur Isolierung pathogener Mikroorganismen aus proteus¬ 
haltigem Material mittels Agarplatten mit Carboisäurezusatz bzw. Eichloff-Blau¬ 
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Schutz gegen den Rotlauf des Schweines und zur Kenntnis des Rotlaufbacillus. 
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speziellen Pathologie und Therapie der Haustiere. Verlag Enke, Stuttgart 1919, 
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Hidyra-Marek , Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. Verlag Fischer, 
Jena 1920. 5. Aufl. Bd. 1, S. 67. — Veröffentlichungen aus den Jahresvete¬ 
rinärberichten der beamteten Tierärzte Preußens für das Jahr 1913. I. Teil, Berlin 
1920. — **) Jahresbericht über die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen 
Reich. 30. Jahrg. Berlin 1921. — 38 ) Ganzlemayer , zitiert nach Fröhner-Zwick . 
Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der Haustiere. Verlag Enke, 
Stuttgart 1919. 8. Aufl., S. 180. — 37 ) Kitt, Bakterienkunde. Verlag Perles, 
Wien 1903. 4. Aufl., S. 303. — 38 ) Preusse, Über eine rotlauf artige Infektions¬ 
krankheit bei jungen Rindern. Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 13, 450. — 
39 ) Pfeiler , Zur Kenntnis der Desinfektion infizierten Düngers durch Packung. 
Inaug. Diss., Gießen 1904. — Sirena und Alessi , zitiert nach Hutyra-Marekt 
Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. Verlag Fischer, Jena 1920 
1, 5. Aufl. — 41 ) Lüpke , zitiert nach Kolle- Wassermann, Handbuch der 
path. Mikroorganismen. Verlag Fischer, Jena 1919. 2. Aufl. Bd. 6, S. 1. —- 
u ) Nocard und Leclainche, zitiert nach Hulyra-Marek, Spezielle Pathologie und 
Therapie der Haustiere. Verlag Fischer, Jena 1920. 5. Aufl. Bd. L, S. 67. 



Bücherbesprechungen. 

Friclc, Tierärztliche Operationslehre. 5. Aufl. Berlin, Schoetz, 1923. Grund¬ 
zahl 10,50 M. 

Wie groß der Abnehmerkreis der FricAschen Operationslehre ist, zeigt die 
Tatsache, daß die letzte Auflage schon nach 3 Jahren vergriffen war. Im Text 
brauchten deshalb keine Umarbeitungen vorgenommen zu werden. Neu auf¬ 
genommen ist ein Kapitel über die Kastration der Hähne, was zu begrüßen ist. 

Verfasser hat mit Recht die Umzeichnung mancher alter Zeichnungen für 
nötig gehalten. Was aber jetzt geboten wird, wird nicht allgemeine Anerkennung 
finden können. Die neuen Strichzeichnungen sind z. T. einfache Konturen pausen 
der alten Bilder. Sie wirken fast durchweg unschön, ohne an Deutlichkeit ge¬ 
wonnen zu haben. Niu 

Sehmaltz, R., Deutscher Veterlnlrkalender 1924/25. 31. Jahrg. Berlin, Rieh. 

Schoetz. Grundzahl 3,50 bzw. 4,— M. 

Der Kalender ist mit Rücksicht auf die zahlreichen Gesetzesveränderungen 
und neuen Verordnungen in den betr. Kapiteln besonders eingehend neubear¬ 
beitet worden. Die Kapitel „Behandlung der wichtigsten Krankheiten“ und 
„Verzeichnis der Arzneimittel“ sind ergänzt und umgearbeitet worden. Aus¬ 
stattung in Ganzleinen vorzüglich. Nn. 

Klimmer, Technik und Methodik der Bakteriologie und Serologie. Berlin. 

Julius Springer. 

Das vorliegende Werk des bewährten Verfassers, dem wir unter andern 
auch ein sehr brauchbares Lehrbuch der Veterinärhygiene verdanken, enthält, 
wie der Titel sagt, die Technik und Methodik des bakteriologischen und sero¬ 
logischen Arbeitens auf dem Gebiet der Humanvetcrinärmcdizin. Und wenn 
der Verfasser im Vorwort sagt, sein Buch solle kein Lehrbuch der Bakteriologie 
und Serologie, sondern eine Anleitung für das praktische Arbeiten, ein Nach- 
schlagebuch sein, das auf alle einschlägigen Fragen schnell und leicht die ge¬ 
wünschte Antwort gibt, so wird man bei der Lektüre des Buches den Eindruck 
gewinnen, daß er sein Ziel in anerkennenswerter Weise erreicht hat. Denn 
tatsächlich enthält sein Buch die Vorschriften für bakteriologisches und sero¬ 
logisches Arbeiten in wünschenswerter Vollständigkeit und anschaulicher Dar¬ 
stellung übersichtlich nach Kapiteln geordnet. Damit ist dem praktisch Ar¬ 
beitenden wesentlich gedient, es erübrigt sich vielfach das zeitraubende und 
lästige Nachschlagen in Fachzeitschriften. Weiterhin unterscheidet sich das 
Werk vorteilhaft von ähnlichen bereits vorhandenen durch die Aufnahme und 
Behandjung solcher Gebiete, die in der Regel in den gangbaren Lehrbüchern 
der Bakteriologie entweder sehr stiefmütterlich behandelt sind oder gänzlich 
fehlen. So enthält der Allgemeine Teil die einschlägigen gesetzlichen Vor¬ 
schriften für die Verfügungen der Behörde, die sich auf das Arbeiten oder den 
Versand von Krankheitserregern beziehen, ferner die Vorschriften für Entnahme 
und Verpackung von Untersuchungsinaterial eingehend und vollständig. Auch 
die Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln erfährt eine übersichtliche 
und erschöpfende Behandlung. Im serologischen Teil sind die praktisch wichtigen 
Methoden der Agglutination, der Komplementbindung und ihrer Modifikation 
bzw. Abarten (Reaktion nach Sachs-Georgi, Meinicke, Porges und Meier usw.) 
vielfach genau und verständlich beschrieben. Gut gewählte Abbildungen ver¬ 
anschaulichen die Beschreibung der Methoden. 

Alles in allem kann das Buch als wertvolle Bereicherung unserer Labora- 
toriumsliteratur dem experimentellen Arbeiter bestens empfohlen weiden. 

Frosch. 



DISSERTATIONEN DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE 

BERLIN*) 


Versuche mit einem neuen, SO, abspaltenden Mittel 
zur Ungezieferbekämpfung. 

Von 

Kurt Rasch, Wenslowischken. 

(Aus der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.) 

(Eingegangen am 6. Juli 1923.) 

[Referent: Prof. Dr. K. Reumann.] 


Bei dem Kampf gegen das Ungeziefer müssen wir unterscheiden 
zwischen der Bekämpfung auf dem „Wirte“ und der Bekämpfung in 
der Außenwelt. Eine große Literatur über die Bekämpfung des Un¬ 
geziefers in der Außenwelt hat die Humanmedizin aufzuweisen, wobei 
sioh ganz besonders die befruchtende Wirkung des Krieges feststellen 
läßt. Insbesondere sind der Vernichtung der Kleiderlaus eine große 
Zahl von Veröffentlichungen gewidmet, teils wegen ihrer allgemeinen 
Verbreitung im Kriege, teils auch, weil man voll erkannt hatte, daß 
sie bei der Übertragung des Fleckfiebers die Hauptrolle spielt. Bereits 
gegen Ende des Jahres 1014 war nach Hase die Kleiderlaus an unserer 
Ostfront allgemein verbreitet und gelangte durch die häufige Ver¬ 
schiebung der einzelnen Formationen nach dem Westen, um endlich 
durch Urlauber auch in die Heimat verschleppt zu werden. Nioht zu ver¬ 
gessen sind in der Heimat aber auch die Gefangenenlager, die mit ihrer 
starken Verlausung dauernde Gefahrquellen für die Bevölkerung abgaben. 

Hase 1 ) beschreibt nun in dem „Handbuch der ärztlichen Erfahrungen im 
Weltkrieg“ die einzelnen Verfahren bei der Ungezieferbekämpfung, das „Dampf¬ 
desinfektionsverfahren“, das „Heißluftverfahren“ und die Desinfektion mit ge¬ 
lösten Substanzen und geht dann Uber zur Baumdesinfektion mit Gasen, der 
Blausäure und dem Schwefeldioxyd. Er nennt beide in ihrer Wirkung gut, gibt 
jedoch der Blausäure den Vorzug, weU das SO, nicht die nötige Kraft zur Durch¬ 
dringung von dichten Geweben habe, außerdem infolge seiner Schwere bei ge¬ 
ringerer Temperatur am Boden liegen bleibe und bei Anwesenheit von Wasser 
durch Autooxydation zu Schwefelsäure würde, die die Gewebsfasem zermürbe 
und Farben bleiche. Bei der Blausäure erwähnt er zwar deren Gefährlichkeit 
für den Menschen, jedoch scheint es mir, als lege er dieser Tatsache nicht die 
verdiente Bedeutung bei. Nöller ®) betont, daß Blausäure nach stundenlangem 
Lüften noch in so starker Konzentration in den Häusern verbleibe, daß wieder¬ 
holt Todesfälle nach Ausgasungen mit HCN vorkamen. SO,-Gas dagegen macht 
sich schon in geringer Konzentration durch seinen stechenden Geruch und den 

*) Für Inhalt und Form sind die am Kopf der Dissertationen angegebenen 
Herren Referenten mitverantwortlich. 


Arch. r. Tlerhellk. L. 


14 



194 


K. Rasch: Versuche mit einem neuen 


Hustenreiz so bemerkbar, daß eine Schädigung der menschlichen Gesundheit 
nicht zu befürchten ist. S0 2 wurde in Form des Clatoyngases schon lange vor 
dem Kriege zur Desinfektion von Räumen verwandt, z. B. bei der Vertilgung 
von Ungeziefer auf den Pestrattenschiffen. Howard 1 ) benutzte es 1911 zur Be¬ 
freiung der Rindertransportschiffe von Zecken. Bei seinen Versuchen ergab sich, 
daß bei einer Konzentration von 4—5 VoL-Proz., die 3—4 Stunden Wirkung 
hatte, nur die vollgesogenen Nymphen und Weibchen zum Teil noch am Leben 
waren. Bei einem 2. Versuch, bei dem das Gas über 12 Stunden in 15 Vol.-Proz. 
wirken konnte, blieb nur ein besonders gut verpacktes Weibchen am Leben. Nach 
einer Wiederholung der Räucherung war der Raum zeckenfrei. Dasselbe Clayton- 
Gas verwandte man nach Noller*) seit langer Zeit auch in Brasilien zur Bekämpfung 
der Mücken in Gelbfieberhäusem mit bestem Erfolge. Nur müsse der Raum 
dicht sein, was man durch überdeckte große Zeltbahnen erreichen könnte. Dieser 
Gedanke ist von Flu 1 ) in Java bei der Bekämpfung der Flöhe verwirklicht worden. 
Flu bedeckte, durch die Erfolge des S0 2 bei der Ratten- und Insektenvertilgung 
auf Schiffen veranlaßt, die luftigen Häuser der Eingeborenen mit einem großen, 
imprägnierten Tuche und verbrannte dann in besonderen Öfen Stangenschwefel 
im Inneren der Wohnungen. Er erzielte damit gute Resultate, mußte aber nach 
der Räucherung den Lehmboden mit Kresolseifenlösung begießen, weil manche 
Flöhe sich der Einwirkung des SO a durch Verkriechen in die kleinen Löcher des 
Fußbodens entzogen. — In 4 Formen ist die Vergasung mit S0 2 in Deutschland 
angewendet worden: Verbrennung von Salforkose, von reinem Schwefelkohlen¬ 
stoff, von reinem Schwefel und Einleiten von verflüssigtem S0 2 aus Stahlbomben. 
Der reine Schwefelkohlenstoff besitzt nach Howard den Vorteil einer guten Dosier¬ 
barkeit, verbunden mit hoher Gasausbeute. Demgegenüber steht die Giftigkeit 
der CS 2 -Dämpfe und ihre starke Feuergefährlichkeit. Bei reinem Schwefel da¬ 
gegen verläuft der Oxydationsvorgang sehr langsam. Ein Zusatz von brennbaren 
Substanzen, wie Brennspiritus oder Alkohol, hat nur eine geringere Gasausbeute 
im Gefolge, weil dabei nicht mehr als 20% S verbrennen. Außerdem sind be¬ 
sondere Apparate zur Verbrennung notwendig, wodurch der Prozeß kompliziert 
wird. Festeren Fuß faßte das Salforkose-Verfahren, mit dem NöUer*) im Jahre 
1917 seine Versuche zur Räudebekämpfung anstellte. Er verbrannte in der 
6,064 cbm großen Gaszelle 200—220 ccm Salforkose, nachdem er in verschiedener 
Höhe Sarcoptesmilben und -eier bei leichten und erschwerten Bedingungen in die 
Zelle eingebracht hatte. Nach 30 Minuten waren die Milben bei den leichteren 
Bedingungen tot, nach 6 Stunden auch die übrigen. Schiemann 6 ) gibt, wie auch 
Hase, dem verflü&sigten S0 2 gegenüber dem durch Verbrennungsmethoden ge¬ 
wonnenen den Vorzug. Die Konzentration könne beliebig gesteigert werden, 
während bei den Verbrennungen die Flamme bei einer bestimmten Konzentration 
erstickt werde. Auch ergaben seine Versuche, daß das verflüssigte S0 2 eine sicherere 
Wirkung hätte als die Salforkose. Er brachte Läuse mit Nissen und Flöhe mit 
Flohlarven in Petrischalen und Reagensgläsem unter Bedingungen, die der Lebens¬ 
weise der Tiere möglichst nahekamen, zum Teil aber noch erheblich erschwert 
waren, in einem Zimmer unter und ließ dann S0 2 , einmal als Salforkose und ein¬ 
mal aus Stahlflaschen auf die Insekten einwirken. Es ergab sich, daß Bombengas 
in 2,8 Vol.-Proz. in 4 Stunden oder 4 Vol.-Proz. in V/ 2 Stunden genügte, Läuse 
wie Nisse abzutöten. Dagegen envies sich die nach Gebrauchsanweisung vorge¬ 
nommene Salforkoseräucherung als unzureichend zur Abtötung der Parasiten 
unter denselben Bedingungen trotz langfristiger Einwirkung. Auch eine Erhöhung 
der Salforkosemenge um das Doppelte hatte nicht den erwünschten Erfolg. 
Ebenso überlebten die Flohlarven die Behandlung mit Salforkose, während die 
Flöhe sich als tot erwiesen. Gute Ergebnisse erzielte Schiemann auch hier bei 



S0 2 abspaltenden Mittel zur Ungezieferbekämpfung. 195 

der Einleitung von verflüssigtem S0 2 aus Stahlbomben; es waren nämlich bei 
einer Konzentration von 2,5 Vol.-Proz. mit 4 Stunden Wirkungsdauer bzw, 
4 Vol.-Proz. in 2 Stunden weder Flöhe noch Flohlarven ajn Leben. Interessant 
sind die Mitteilungen Blaus 1 ) über die Insektenbekämpfung bei den Russen im 
Weltkriege. Wegen des hohen Preises kamen die russischen Arzte von der Be¬ 
handlung der Räume mit dem Claytongas ab und wandten sich der Räucherung 
mit reinem Schwefel zu. Es wurde von ihnen Sulfur citricum in bacillis angewandt, 
das in hochstehenden Eisenpfannen nach Übergießen mit wenig Spiritus abge¬ 
brannt wurde, und zwar kamen, je nach der Dichte des Raumes, auf jedes Kubik¬ 
meter desselben 60—100 g Schwefel in Anwendung. 

Im Jahre 1917 trat Nöller •*) mit dem Verfahren, Gase zur Bekämpfung der 
Hautparasiten auf dem Wirtstier zu verwenden, in der deutschen tierärztlichen 
Literatur hervor. Veranlaßt durch das Überhandnehmen der Sarcoptesräude des 
Pferdes, stellte er seine Versuche mit S0 2 und Blausäure an. Die Behandlung 
mit HCN hatte meist den Erfolg, daß die Pferde infolge der Gasresorption vor 
den Milben verendeten. Seine Begasungsversuche mit S0 2 dagegen führten zu 
einem vollen Erfolg, und zwar nicht nur bei der Sarcoptesräude des Pferdes, son¬ 
dern auch bei der des Rindes, des Hundes und der Psoroptesräude des Schafes. 
Eigenartigerweise konnte ich über die Gaszellenbekämpfung des Ungeziefers im 
engeren Sinne (Läuse, Flöhe, Haarlinge usw.) in der tierärztlichen Literatur nur 
wenig entdecken. Nöller*) sagt in seiner Abhandlung über Schädlingsbekämpfung 
nur, daß die S0 2 -Behandlung in der Gaszelle bei Pferdeläusen eine radikale Ver¬ 
nichtung derselben zur Folge habe. Hinz 9 ) begaste in der von ihm entworfenen 
und von der Firma Hauptner hergestellten Hundegaszelle auch Hunde, die mit 
Läusen und Flöhen behaftet waren. Nach seinen Versuchen genügte eine einmalige 
VjSttindige Begasung mit 4 Vol.-Proz. S0 2 zur Abtötung der Parasiten in allen 
ihren Stadien, wobei es gleichgültig war, ob er es mit einem kurzhaarigen oder 
langhaarigen Hunde zu tun hatte. JöcMe 10 ) tötete mit einer S0 2 -Konzentration 
von 4 Vol.-Proz. Dassellarven innerhalb 30 Minuten. Blausäure und Schwefel¬ 
kohlenstoff lieferten nicht so günstige Resultate. Bei der Begasung der Rinder, 
die in entsprechend umgestalteten Pferdegaszellen vorgenommen wurde, ergab 
es sich, daß zwar eine unmittelbare Abtötung der Dassellarven nicht erzielt wird, 
daß aber bei 6 Vol.-Proz. in 1 Stunde, was von den Rindern gut vertragen wurde, 
die Larven so geschädigt waren, daß sie in den darauffolgenden Tagen eingingen. 
In der Hauptsache wirkt das S0 2 auf Larven des 2. und 3. Stadiums, wohl wegen 
des größeren Sauerstoffbedürfnisses, so daß sich meiner Ansicht nach eine Wieder¬ 
holung der Behandlung in einem bestimmten Zeitraum empfehlen dürfte. Jöchle 
stellte weiter fest, daß die Wirkung des S0 2 durch Abscheren und Waschen der 
Beulenstellen intensiver würde. Greve n ) fand bei einem 1 / 2 Stunde lang mit S0 2 
begasten Rinde noch lebende Larven. Sogar freie Larven konnte Greve in einer 
geschlossenen Schale durch SO a -Begasung nicht töten. Die angewandten Kon¬ 
zentrationen, die doch für den Erfolg von äußerster Wichtigkeit sind, werden 
von Greve nicht angegeben. Bemerkenswert ist die Veröffentlichung von Lenz 12 ) t 
der, angeregt durch die Begasungserfolge bei parasitären Hautkrankheiten in der 
Tiermedizin, es unternahm, das Begasungsverfahren mit S0 2 für die Kopflaus¬ 
bekämpfung des Menschen dienstbar zu machen. Er kam bei seinen Versuchen 
zu dem Resultat, daß für Kopfläuse und ihre Eier 4 Vol.-Proz. bei einer Dauer 
von 12—15 Minuten zur Tötung genügen. Im ganzen begaste er 112 Schulkinder 
und machte nach 4—6 Wochen bei 40 Kindern, die stark verlaust gewesen waren, 
Stichproben, bei denen er nur 2 Rezidive feststellen konnte, die er auf Neu¬ 
ansteckung zurückführt. Wie man sieht, erzielte Lern? Verfahren sehr beachtliche 
Erfolge, die ein Weitergehen auf dem eingeschlagenen Wege bei der durch den 


14* 



196 


K. Rasch: Versuche mit einem neuen, 


Krieg und seine Nachwehen gesteigerten Verlausung der Bevölkerung — bis zu 
45% der Gemeindeschulkinder sind z. B. in München nach der Statistik der 
,,Kinderhilfe“ verlaust — wünschenswert erscheinen lassen. 

Aus den obigen Ausführungen geht hervor, daß die Begasung mit 
S0 2 bei der Bekämpfung des Ungeziefers auf dem Wirt unbestreitbar 
von bestem Erfolge gekrönt ist. Nachteile der Methode sind die Gefähr¬ 
lichkeit für den Patienten, die allerdings durch Beachten aller Vorsichts¬ 
maßregeln auf ein Minimum herabgedrückt werden kann, und die Un¬ 
bequemlichkeit ihrer Anwendung. Die letztere darf man besonders in 
der Landpraxis nicht unterschätzen. Nicht alle Besitzer dürften, auch 
bei stärkerer Verlausung, ihre Pferde oder Rinder meilenweit bis zu 
der Gaszelle des behandelnden Tierarztes schicken. Vor allem aber ist, 
besonders bei dem jungen Praktiker, der hohe Preis der Apparatur 
häufig ein Hinderungsgrund, sich mit einer Gaszelle zu versehen. Deshalb 
ist es zu begrüßen, daß von mehreren Fabriken Präparate in den Handel 
kommen, die das SO* bei der Behandlung abgeben, so daß der Effekt 
der Begasung mehr oder weniger erreicht wird. Ein sehr viel ver¬ 
wendetes Präparat dieser Art dürfte wohl das „Sulfoliquid“ der „Chem. 
Werke Marienfelde“ sein, das in der Marke AS ein sehr gutes Mittel 
bei der Therapie des Hufkrebses [Neumann 15 )] und in der Marke R 
ein ebensolches für die Räude- und Ungezieferbekämpfung darstellt. 
Während über die Räudebehandlung mit dem „Sulfoliquid“ Veröffent¬ 
lichungen nicht selten sind, fand ich nur eine solche über die Bekämpfung 
von Ungeziefer, trotzdem das Fabrikat in diesem Sinne häufig von den 
Praktikern angewandt wird. 

Witt 1 *) hat nämlich das Mittel bei gänzlich verlausten Jungrindem und einem 
Pferde angewandt. Das Pferd, das mit Läusen geradezu übersät war, wurde ge¬ 
schoren und mit dem Präparat eingepinselt. Die Wirkung war überraschend 
Auch bei den Jungrindem, die sich zum Teil schon ganz kahl gescheuert hatten, 
ist der Erfolg ausgezeichnet gewesen. Der Juckreiz war schon nach wenigen 
Minuten behoben. Sodann will Klein 11 ) mit einem Mittel „Totalisator“, einem 
Viehwaschpulvor, das ebenfalls S0 2 abspaltet, bei der Vernichtung der Schallaus¬ 
fliegen gute Erfolge erzielt haben. Es genügte nach seinen Versuchen 2 maliges 
Baden von 5 Minuten Dauer, um eine Herde frei von Schaflausfliegen zu machen. 
Interessant ist eine Mitteilung Blaus 1 ), nach der ein russischer Arzt, Posinikoic , 
während des Krieges die Kleiderläuse am Körper mit einem Mittel zu bekämpfen 
suchte, das auch S0 2 abspaltete. Er stellte eine Mischung von Acid. tartar. und 
Natr. bisulfat. her, die, leicht angefeuchtet, in Leinwandsäckchen unmittelbar an 
der Haut auf Brust und Rücken getragen wurde. Bei Körpertemperatur kommt 
es zu einem 24 Stunden dauernden Umsetzungsvorgang, bei dem SO Ä entsteht, 
und zwar sollen sich aus 100 g Natr. bisulfat. 22,41 SO* bilden. Postnikow machte 
an sich selbst Versuche, indem er überall am Körper in Leinwandsäckchen Kleider¬ 
läuse unterbrachte imd behauptet, daß durch das sich zwischen Körper und Hemd 
ausbreitende Gas sämtliche Versuchstiere abgetötet wurden. Inwieweit von der 
Erfindung im russischen Heere Gebrauch gemacht worden ist, entzieht sich unserer 
Kenntnis. 



SOg abspaltenden Mittel zur Ungezieferbekämpfung. 


197 


Der Direktor der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen 
Hochschule zu Berlin, Prof. Dr. Neumann, beauftragte mich damit, 
die Wirkung eines S0 2 abspaltenden Viehwaschpulvers auf Ektopara- 
siten unserer Haustiere zu untersuchen. Das betreffende Mittel sollte, 
bevor es in den Handel gebracht würde, erst einer Prüfung im Labora¬ 
torium unterzogen werden. Nach einer Mitteilung der Fabrik besteht 
das Viehwaschpulver zu 60% aus Natriumbisulfit und zu 50% aus 
Aluminiumsulfat, und zwar soll das Aluminiumsulfat aus dem Natrium¬ 
bisulfit schweflige Säure freimachen unter Bildung von Natriumsulfat 
und Aluminiumbisulfit, das durch Hydrolyse in schweflige Säure und 
Aluminiumhydroxyd gespalten wird. Das Präparat ist ein weißes, 
krystallinisches Pulver. Zum Gebrauch wird nach Anweisung der 
Fabrik das Pulver im Verhältnis 1 : 5 mit Wasser versetzt. Es entsteht 
so eine milchige Flüssigkeit, die nach S0 2 riecht und zum Husten reizt. 
Bald nach der Mischung scheidet sich ein weißer, kryBtallinischer 
Bodensatz ab, nämlich das obenerwähnte Aluminiumhydroxyd. Vor¬ 
teile des Präparates sind, daß es an sich wohlfeil ist und daß auch die 
Verpackung und der Versand sich erheblich billiger gestalten als z. B. 
bei dem „Sulfoliquid“. 

Es wurden von mir mit dem Pulver im ganzen 21 Versuche angestellt, 
und zwar prüfte ich bei jedem Versuch die Einwirkung der Lösung 
selbst und dann die des wirksamen Bestandteils, des S0 2 , bei derselben 
Konzentration auf das Ungeziefer. Ich unterschied also zwischen „Bad“ 
und „Begasung“. Dem Bade wurden die Parasiten in Petrischalen 
ausgesetzt. Zur Begasung verwandte ich an beiden Seiten offene 
Reagenzgläser, in deren Mitte ich ein Stückchen Gazetupfer einbrachte, 
auf welchem die Tiere lagen. Die so beschickten Gläser wurden nun 
in die Lösung gestellt, so daß die Parasiten nicht mit der Flüssigkeit, 
wohl aber mit dem in den Röhrchen befindlichen S0 2 in Berührung kamen. 
Nach dem Versuch wurden die Parasiten, nach der Behandlungsdauer 
gesondert, in kleine Glasschälchen und so in einen elektrischen Brut¬ 
schrank von +25° gebracht. Die Türen des Schrankes blieben ge¬ 
öffnet; außerdem stellte ich mehrere Schalen mit Wasser hinein, um 
eine Durchfeuchtung des Schrankraumes zu erzielen, weil sich ergab, 
daß die Tiere sonst eintrockneten. In bestimmten Zwischenräumen, 
die aus den einzelnen Tabellen zu ersehen sind, wurden die Tiere unter 
dem Mikroskop auf Lebensäußerungen hin untersucht. Die fliegenden 
Versuchstiere wurden beim Bad durch überdeckte Glasschalen und bei 
der Begasung durch die obere Öffnung verschließende leichte Gaze¬ 
stopfen am Entweichen gehindert. Die Aufbewahrung im Brutschrank 
geschah hier in Reagensgläsern mit Gazestopfen. Innerhalb einer be¬ 
stimmten Zeit gehen nun die vom Wirtstier entfernten Parasiten des 
Nahrungsmangels und der veränderten Lebensweise wegen zugrunde. 



K. J<&s£bt ml fcijüem fteuen, 


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Um .nun -Mtien Mn-ft.«tab für dk- Prüfung de*-.ftäpärälf'* zu haben, ließ 
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durch da* Bad als sulche« ihre Lebenaeoergie mehr oder weniger ein- 
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und zwar in den ersten drei um Culex pipiens: in den anderen um 
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daßfm mehret?* Ffdieh-db? Faradten 60 Shijodßtt ani : 

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äufwiv» Mäd mir in F&lfai &ifit> Infdtigere Wirkung dei 24 $bk£ 

wa konstaMeren ist. Das Pulver ist also zur Bekämpfung der Hundelaus 
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HAeifltttopluüs maerttwpüitlus, die Pferdelaiis. 

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.* ein etwa« gttnstigeibR Ergefeij)^, da hterdk- Tier?; «ach 3 Stunden starben 
1» übrigen sind die'Erfolge, die- fch mit, der Losung-erzielte. nicht dazu 
angetan. ■■-•;\< Anwendung' de,« Pulver? gegen Pierieläust* als angeseigt 
etsohetnoT) zu lassen. ” V - ^ - -' .’ ' - : , ,/F : 

liia. Rinderkus scheint, d? die Kontfullijere nur 15 Stunden am 
- Leberf tiljcben, rtnr eme geringe Widersteii-idsiähigktlt zu haben. Daher 
stjj.-i lin: Ergebnisse dieses Versuches auch besser, ctgenantycrwcisc- 
besonders bei der Begutiuijg. -Ente J stäindigb .Behandlung Tiattc tu Ta- 
helle l.i die vollständige VcruiehiMug de? Parasiten zur Pulste Auch 
fguijäl sich in dhi Haupt-Wtebe die behandelten Tiere nach 

.3 Stum.Hi -jp tot . Einige jedoch, bna? Bade sogar nach istUudige? 
Einwirkung der Lösung, lelithrt noch 12 StundeR läng, was gegenüber 




SO* absp^teiVdcn Mittel zw l7n^*i£f erUek atu pf unsr. 

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nicht zu empfehlen. 


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204 K. Rasch: Versuche mit einem neuen, SO* abspaltenden Mittel usw. 

Die Haarlinge zeigten trotz ihrer scheinbaren Zartheit eine recht 
erhebliche Resistenz. Die meisten starben, auch bei längerer Ein¬ 
wirkung des Mittels, nach 60, manche sogar erst nach 72 Stunden, 
wobei sie den Kontrollieren gleichkamen. Die Konzentration und 
damit das Pulver überhaupt ist also gegenüber der Lebenskraft der 
Haarlinge fast unwirksam. 

Von weiteren Versuchen mit dem Pulver wurde Abstand genommen. 

Zusammenfassung . 

1. Mit dem von mir untersuchten , S0 2 abspaltenden Viehvxischpulver 
(i bestehend aus Natriumbisulfit und Aluminiumsulfat) gelang es, Mücken 
in kurzer Zeit zu vernichten . 

2. Es war jedoch nicht möglich, damit andere Ektoparasiten unserer 
Haustiere wirksam zu bekämpfen . 

Aus diesem Grunde dürfte eine Verwendung des Mittels in der tier¬ 
ärztlichen Praxis nicht in Frage kommen, ein Umstand übrigens, der die 
herstellende Firma, die „ Chem . Werke Marienfelde“, veranlaßte, das Prä¬ 
parat nicht in den Handel zu bringen . 


Literaturverzeichnis. 

x ) Hase, Handbuch der ärztlichen Erfahrungen im Weltkriege 1914/18, Bd. 7. 
Verlag Barth, Leipzig 1922. — 2 ) Howard, An experiment in fumigation of ticks. 
Parasitology 4. 1911. — 3 ) Noller. Zur Biologie und Bekämpfung der Sarcoptes- 
milbe des Pferdes. Zeitschr. f. Veterinärkunde 1917, H. 12. — 4 ) Flu, Het uit- 
zwavelen van dessawoningen als middel ter bestrijding van pest. Geneesk. tijd- 
schr. y. Nederlandscli Ind., Deel 54. — 5 ) Hornung, Die Grundlagen der An¬ 
wendung von Schwefeldioxyd bei der Ungezieferbekämpfung. Inaug.-Diss., 
Berlin 1920. — 6 ) Schiemann, Uber schweflige Säure als Mittel zur Tötung von 
Läusen und Flöhen. Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. 8T, H. 3. — 7 ) Blau, 
Die planmäßige Insektenbekämpfung bei den Russen. Zeitschr. f. Hyg. u. In¬ 
fektionskrankh. 83. 1917. — 8 ) Nöller, Die Bekämpfung der hygienisch wichtigen 
tierischen Schädlinge. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh. 
1923. — •) Hinz, Uber Versuche der Begasung von Hunden mit SO*. Berlin, 
tierärztl. Wochensehr. 1919, Nr. 42. — 10 ) Jochte, Versuche zur Bekämpfung der 
Dasselplage mit giftigen Gasen. Inaug.-Diss., München 1920. — u ) Greve. Zur 
Bekämpfung der Dasselplage mit giftigen Gasen. Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 
1922, Nr. 49. — 12 ) Lenz, Über ein neues Verfahren zur Bekämpfung der Kopf¬ 
läuse mit Schwefeldioxyd. Münch, med. Wochenschr. 1921, Nr. 39. — 13 ) Witt, 
Aus der Praxis für die Praxis. Tierärztl. Rundschau 1921, Nr. 24. — 14 ) Klein, 
Neue Anwendungsweisen der schwefligen Säure als antiparasitäres Schwefelgas¬ 
bad (Sobaka und Totalisator) und als Heilmittel (Sulfargü und Bisulf&rgil). 
Tierärztl. Rundschau 1922, Nr. 12. — 16 ) K. Neumann und seine Mitarbeiter. 
Arch. f. Wissenschaft!, u. prakt. Tierheilk. 48 u. 49. 



Pseadohermaphroditismus bei der Ziege. 

Von 

Wilhelm Töllner, Jethausen. 

(Aus dem anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Berlin [Direktor: 
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. SchmaUz ].) 

[Beferent: Geh. Regiert! ugaret Prof. Dr. Schmal tz.) 


Auf Anregung des Direktors des anatomischen Instituts der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule Berlin, Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr .SchmaUz 
habe ich die Geschlechtsorgane eines Ziegen-Scheinzwitters, die mir in 
meiner Praxis zur Verfügung gestellt wurden, untersucht und nach¬ 
stehend beschrieben. 

Diese Arbeit stellt einen weiteren kasuistischen Beitrag innerhalb 
einer Serie ähnlicher Untersuchungen dar, die seit 1919 im genannten 
anatomischen Institut zur Bearbeitung stand und die noch nicht ab¬ 
geschlossen ist. 

Da in einer einleitenden Arbeit von Bellers 1 ) die grundlegende 
Literatur über den Begriff des Scheinzwitters ausgiebig behandelt ist, 
andererseits eine kritische Einordnung der hier in Frage stehenden 
Fälle erst nach Abschluß der Gesamtserie möglich sein wird, so erübrigt 
es sich für mich, auf Literatur näher einzugehen. 

Ich erwähne nur, daß außer der vorgenannten Arbeit von Bellers 
über Pseudohermaphroditismus beim Rothirsch die weiteren Fälle ein 
Schwein \QrasnicW)'] und vier Ziegen [Bach*), Brühlmeyer*), Bednhn 6 ), 
Rehfeldfi)] betreffen. 


Eigene Untersuchung. 

Äußere Beschreibung. 

Das Präparat stammt von einem mehrere Wochen alten Ziegenlamm, das 
an den äußerlich sichtbaren Teilen des Geschlechtsapparates insofern eine Ab¬ 
änderung zeigte, als weder ein Penis noch eine normale Vulva vorhanden war. 

Als äußerer Geschlechtsteü trat lediglich ein Gebilde besonders stark hervor, 
welches einer vergrößerten Klitoris glich. Es befand sich 1,2 cm unterhalb des 
Anus, wulstete sich unterhalb des Perineum ungefähr 1,4 cm über dessen Niveau 
hervor und war zum größten Teil von der behaarten Außenhaut überzogen. Aus 
diesem behaarten Hautüberzug ragte eine kurze Spitze, schwanzwärts empor¬ 
zeigend, frei hervor; sie war von unbehaarter Haut umschlossen. Oberhalb dieser 
Spitze führte als untere Abgrenzung des Perineum ein enges Loch in ein in der 
Beckenhöhle gelegenes Rohr. Dieses war für eine 0,3 cm starke Sonde gut passier¬ 
bar. Aus der erwähnten Außenöffnung war auch während des Lebens der Ham 
abgeflossen. 

Das vorsichtig aus der Becken- bzw. Bauchhöhle herausgelöste Präparat 
besteht aus dem erwähnten klitorisähnlichen Gebilde, der dicht darüber befind¬ 
lichen Harnaustrittsstelle und dem oberhalb derselben gelegenen After, sowie aus 



206 


W. Töllner: 


einem perinealen Hautstreifen. An den After schließt sich ein 7 cm langer Rest 
des Rectum, dessen ampullärer Abschnitt einen größten Außendurchmesser von 
1,5 cm besitzt. 

Die bereits erwähnte äußere Harnausflußöffnung geht in ein im Becken 
gelegenes Rohr über, welches die Achse eines ziemlich derben Stranges bildet, 
der einen äußeren Durchmesser von 1 cm aufweist. 

Von diesem Strang zweigt sich im Becken, ungefähr 2,5 cm kranial vor der 
Hamausflußöffnung, ein dünnes Rohr von 0,4 cm Außendurchmesser ab, welches 
nach 1,5 cm langem Verlauf in die Harnblase tibergeht, mithin die Urethra dar¬ 
stellt. 

Die Vesica urinaria selbst ist am formolgehärteten Präparat 3 cm lang und 
seitlich zusammengepreßt, so daß man ihren größten Durchmesser nicht genau 
ermitteln kann. Dagegen sind die durch das Fixieren in der zusammengedrückten 
Form bedingten beiden größten Durchmesser 2,2 cm dorso*ventral zu 1,4 cm 
transversal. 

Zwischen Harnblase und Rectum befindet sich der Genitalapparat. Er zeigt, 
vom Bauchfell umschlossen, makroskopisch die Form eines Uterus bicomis. Aus 
jenem vorerwähnten strangförmigen Rohr geht der „Genitalapparat“ makro¬ 
skopisch dort hervor, wo sich die freie Harnröhre abspaltet. Er verläuft von hier 
aus zuerst auf 2,6 cm als ein äußerlich einheitlicher Strang und läßt darauf für 
ein weiteres 1 cm langes kraniales Ende insofern eine Zweiteilung erkennen, als 
hier eine flache Längskerbe bereits äußerlich deutlich wird. Die Zweiteilung 
wird dann endgültig äußerlich offenbar, indem sich die beiden neben der 
Längsfurche befindlichen Hälften voneinander lösen und als „Comua uteri“ 
frei werden. 

Das linke Horn läßt sich äußerlich auf 2 cm, das rechte gleichfalls auf 1,8 cm 
Länge deutlich verfolgen. Beide Comua zeigen an ihrer caudalen Basis einen 
äußeren Durchmesser von 0,45 cm; beide laufen jederseits in einen feinen Strang 
aus, der je in direkter Verbindung mit einem Anhängsel der betreffenden Keim¬ 
drüse (cf. diese später) steht. 

Soweit jener Strang den inneren weiblichen Geschlechtsorganen gleicht, ein¬ 
heitlich ist und retroperitoneal liegt, ist er gemeinsam mit der Harnröhre von 
dem retroperitonealen Bindegewebe umschlossen. Wo er intraperitoneal sicht¬ 
bar wird, hat er sich bereits von der Harnröhre gelöst und ist zu beiden Seiten 
von Bauchfellfalten, die den Ligamenta lata des weiblichen Tieres gleichgestellt 
werden können, eingefaßt. Letztere zeigen in dieser Hinsicht keine Besonder¬ 
heiten und formen, indem sie caudal sich nach aufwärts wenden und auf daa 
Rectum überspringen, eine ausgeprägte Excavatio supragenitalis. Eine kleinere 
Excavatio infragenitalis stülpt sich zwischen den erwähnten Genitalstrang und 
der Harnblase ein. 

Wie bei einem normalen weiblichen Tier verlaufen die Harnleiter jederseits 
in der Ursprungslinie der als Ligamenta lata aufzufassenden Bauchfellfalten. 
Die an die Harnblase herantretenden Plicae umbilivales laterales sind sehr gut 
ausgebildet, ebenso die in ihnen erhaltenen Reste der obliterierten Nabelarterien. 
Auch das ventrale Ligamentum pubo-vesicale ist vorhanden und verhältnismäßig 
groß. 


Die Keimdrüsen. 

ln direktem Anschluß an das kraniale spitze Ende jedes Horaes schließt 
sich ein Gebilde an, welches als Keimdrüse mit zugehörigen Anhangsorganen 
erkennbar ist. Bei äußerer Besichtigung ähneln beide Keimdrüsen, besonders 
mit Rücksicht auf die erwähnten Anhangsorgane, den Hoden. 



Pseudohermaphroditismus bei der Ziege. 


207 


Die rechte Keimdrüse ist eiförmig, hat einen Längendurchm eeser von 1,1 cm, 
einen größten Breitendurchmesser von 0,8 cm und einen größten Höhendurch¬ 
messer von 1 cm. Dieser Keimdrüse angeschlossen sind wurstförmige Auflage¬ 
rungen von ungefähr 3 cm Gesamtlänge und einer durchschnittlichen Breite von 
0,4 cm. Abgesehen hiervon zeigt sich vor dem kranialen Ende der Keimdrüse 
die Anlagerung besonders umfangreich. Sie mißt bei 0,9 cm Breite 0.7 cm 
Höhe. 

Charakteristisch ist auch ein großer Gefäßkomplex, welcher in einer Bauch¬ 
fellfalte an die Keimdrüse herantritt. Er ist dem Plexus pampiniformis eines 
Hoden vergleichbar. 

Die linke Keimdrüse ist bohnenförmig, besitzt eine Länge von 1,3 cm, einen 
größten Dickendurchmesser von 0,8 cm und einen größten Höhendurchmesser 
von 0,9 cm. Auch ihr ist eine wurstförmige Auflagerung angefügt, welche ungefähr 
bei 2 6 cm Gesamtlänge um die Keimdrüse sich herumwinden. Diese Anlagerung 
ist auch vor dem kranialen Ende in ihrem Umfange verstärkt, jedoch etwas kleiner 
als die gleichartige Bildung an der rechten Keimdrüse. Die Maße betragen: 
0,6 cm breit, 0,5 cm hoch. Auch hier ist ein Gefäßplexus vorhanden und als 
Plexus pampiniformis aufzufassen. 


Feinere Präparation und mikroskopische Untersuchung. 

Die Keimdrüsen. 

Die rechte Keimdrüse zeigt mikroskopisch den Bau eines Hodens. 
Sie ist umgeben von einer festen fibrösen Kapsel, welche vorwiegend 
aus dichtem Faserbindegewebe zusammengesetzt ist, in welchem aber 
auch vereinzelte glatte Muskelzellen angetroffen werden. Von dieser 
Kapsel aus gehen breite bindegewebige Septen in das Innere, in denen 
auch die größeren Blutgefäße verlaufen. 

Die Drüsenschläuche sind stark gewunden, so daß man in jedweder 
Schnittrichtung fast ausschließlich Querschnitte zu sehen bekommt, 
die fast durchweg gleiche Durchmesser besitzen. Sie sind ausgekleidet 
von einem einschichtigen Epithel. Die einzelnen Zellen senden faden¬ 
förmige Protoplasmafortsätze in das Lumen des Drüsenschlauches 
hinein. Überall findet sich nur diese eine Art von Zellen, die als sog. 
Sertolische Fußzellen angesprochen werden müssen. Die Drüsentubuli 
münden sämtlich in einen zentral gelegenen rete testis, das in verhältnis¬ 
mäßig großer Ausdehnung angetroffen wird: als ein Sieb dicht neben¬ 
einander gelegener Querschnitte enger Kanäle, welche mit einem 
niedrigen einschichtigen Epithelbelag versehen sind. 

Zwischen den Drüsentubuli findet sich Zwischengewebe, teils als 
schmale Spangen, teils zu breiteren Zügen ausgedehnt. Dieses Zwischen¬ 
gewebe besteht einmal aus locker gebautem, feinfaserigem Binde¬ 
gewebe, andererseits aus eingelagerten besonderen Zellen, die den 
Leydigschen Zwischenzellen gleichen und als jenen homolog gelten 
können, wenn sie auch nicht die gleiche Größe und damit die charak¬ 
teristische Blockform erlangen. 



208 


W. Töllner: 


Die linke Keimdrüse zeigt in der mikroskopischen Struktur nicht die 
geringsten Abweichungen gegenüber dem Befunde an der rechten. Auch 
sie ist als Hode aufzufassen, dessen Tubuli aber nur eine einzige Schicht 
von Zellen: Sertolische Fußzellen, besitzen. Eine Spermiogenese oder 
als Geschlechtszellen aufzufassende Vorstufen einer solchen fehlen 
absolut. Auch hier entspricht das Zwischengewebe den von der rechten 
Keimdrüse her bekannten Bildern. 


Die Ausführungsgänge der Keimdrüsen. 

Die schon früher kurz erwähnten, den Hoden aufsitzenden knopf- 
und wurstförmigen Stränge erweisen sich als Nebenhoden, sowohl rechts 
wie links. Sie erweisen sich auch mikroskopisch als vollkommen gleich, 
so daß sie gemeinsam besprochen werden können. 

Derjenige Teil des Nebenhodens, welcher der Keimdrüse wie ein 
Helm aufsitzt, ist als Nebenhodenkopf zu bezeichnen. Er besteht aus 
fibrillärem Bindegewebe, in welchem schlauchförmige Drüsenaus¬ 
führungsgänge verlaufen. In dem den Hoden zugekehrten Teilen sieht 
man gleich weite Querschnitte dieser Gänge, die von einem einschichtigen 
kubischen Epithel ausgekleidet werden. Die Zellen sitzen einer feinen 
Basalmembran auf und sind nach dem weiten Lumen scharf abgegrenzt. 
Feine Auflagerungen auf dem freien Pol sind vielleicht als Beste von 
Cilien zu betrachten. Diese Ausführungsgänge können als Ductuli 
efferentes auf gef aßt werden. 

Von ihnen weichen die übrigen Hohlräume im Nebenhodenkopf bzw. 
in den folgenden Abschnitten des Nebenhoden nicht wesentlich ab. 
Die einzigen Unterschiede sind, daß die hier vorhandenen Hohlräume 
ein verschieden weites Lumen (in den einzelnen Nebenhodenabschnitten) 
besitzen. Ihre Eigenwand ist aber durchweg gleich gebaut, auch hier 
ist eine einzige Schicht kubischer bis niedrig zylindrischer Epithelien 
vorhanden, an deren freier dem Lumen zugekehrter Fläche Cilien nicht 
nachzuweisen sind. Bei genauem Hinsehen jedoch sieht man, daß unter 
diesem auffälligen Epithel noch eine Schicht ganz niedriger Basalzellen 
vorkommt. Diese Hohlräume sind daher durchweg Abschnitte des 
Ductus epididymidis, des Nebenhodenkanals, und demgemäß sind alle 
diejenigen Teile, die ihn einschließen, als Nebenhodenkörper und Neben¬ 
hodenschwanz, Cauda epididymidis, aufzufassen. Aus dem Neben¬ 
hodenschwanz geht sowohl rechts wie links ein einziger Auaführungsgang, 
der Ductus deferens hervor. 

Die mikroskopische Untersuchung ergibt ferner, daß jene einem 
Plexus pampiniformis verglichene Anlagerung lediglich aus einem Ge¬ 
flecht von dickwandigen Arterien und dünnwandigen Venen besteht. 
Es handelt sich also wirklich um einen Plexus pampiniformis. 



Pseudohermaphroditiamus bei der Ziege. 


209 


Der Ductus deferens, als solcher im mikroskopischen Bilde ohne 
weiteres erkennbar, zeigt den typischen Bau. Er besteht in dem kranialen 
Abschnitt aus einer drüsenlosen Schleimhaut und einer außerordentlich 
dicken Muscularis. Die Schleimhaut ist in wenige niedrige Falten gelegt; 
sie ist zusammengesetzt aus einer schmalen Tunica propria, welcher das 
Binnenepithel auf sitzt. Dieses besteht aus einer Schicht von Cylinder- 
epithelien, unter der vielfach niedrige Basalzellen liegen. Die Muscularis 
ist um ungefähr das 10—13 fache stärker als die Mucosa. Sie besteht 
aus kräftigen Bündeln glatter Muskulatur, die sich in allen möglichen 
Richtungen verflechten. 

Den eben geschilderten morphologischen Charakter behält der 
Ductus deferens rechts für 3,3 cm, links für 2 cm seiner Länge als 
kranialen Abschnitt bei. Dann verbreitert er sich und zeigt, außen 
gemessen, einen durchschnittlichen Querdurchmesser von 0,26 cm. In 
dieser Weise verläuft er auf ca. 4,3 cm, sowohl links wie rechts. Der 
histologische Bau ist hier durchweg ein anderer als in dem vorbeschriebe¬ 
nen kranialen Abschnitt. 

Der Zunahme des äußeren Querdurchmessers entspricht die Ver¬ 
größerung des inneren Hohlraumes. Dieser ist stark gebuchtet und 
bietet auf Querschnitten das Bild zahlreicher nebeneinander gelegener 
kleiner Hohlräume und Nischen, die sich um ein zentral gelegenes 
größeres Lumen anordnen. Sie sind voneinander getrennt durch breite 
und schmale Züge von feinfaserigem Bindegewebe, welches die Gesamt¬ 
heit der Hohlräume auch noch mit einer Scheide umschließt. Die epi¬ 
theliale Auskleidung ist durchweg gleich; sie besteht aus einer Schicht 
Cylinderzellen von mittlerer Höhe, welche starke Sekretionserschei¬ 
nungen erkennen lassen. Unter ihnen finden sich niedrige, dem Binde¬ 
gewebe direkt aufliegende Basalzellen. Das Ganze wird außen gemein¬ 
sam umschlossen von einer kräftigen Hülle, welche aus Bündeln glatter 
Muskulatur zusammengesetzt ist, die fast ausschließlich longitudinal 
verlaufen. Das Ganze ist als pars glandularis ductus deferentis an¬ 
zusehen. 

Dem Endabschnitt der nebeneinander herabziehenden Ductus 
deferentes angelagert sind zwei, ca. 2. cm lange, keulenförmige Gebilde, 
deren Außenfläohe unregelmäßige und zahlreiche Höckerchen aufweist. 
Querschnitte durch diese Gebilde, die einen durchschnittlichen, mittleren 
Durchmesser von 0,5 cm besitzen, zeigen ein Bindegewebsgerüst, welches 
aus breiten, mittleren und schmalen Zügen gebildet wird, wodurch da¬ 
zwischen gelegene Hohlräume abgegrenzt werden, die von Epithel 
ausgekleidet sind. Diese Hohlräume sind von verschiedenster Größe, 
aber durchweg stark gebuchtet. Die Epithelauskleidung setzt sich 
zusammen aus einer Schicht verhältnismäßig hoher Cylinderzellen, 
unter denen sich niedrige Basalzellen finden. Die Cylinderzellen zeigen 

15 


Arch. L Tlerhellk. L. 



210 


W. Töllner: 


zum Teil lebhafte Sekretionserscheinungen. Das Ganze ist außerdem 
von einer schmalen Außenschicht glatter Muskulatur umschlossen, 
deren Zellen vorwiegend zirkulär angeordnet sind. 

Nach ihrer Lage und ihrem mikroskopischen Bau müssen diese eben 
geschilderten Auflagerungen als Glandulae vesiculares gedeutet werden. 
Wie schon vorher gesagt, liegt jede dem Endabschnitt des zugehörigen 
Ductus deferens latero-ventral an. Der zentrale Ausführungsgang jeder 
Glandula vesicularis verbindet sich zuletzt mit dem betreffenden Ductus 
deferens zu einem ungefähr 0,5 cm langen Ductus ejaculatorius. Beide 
Ductus ejaculatorii münden in die Harnröhre (vgl. später). 


Der weibliche Anteil des Geschlechtsajyparates. 

Neben dem bisher beschriebenen, ausschließlich männlichen Anteil 
des Genitalapparates, setzt sich der weibliche Abschnitt aus folgendem 
zusammen: 

Am Ende jedes der beiden Nebenhoden, jederseitig nicht weit von 
der Austrittsstelle des Ductus deferens entfernt, setzt sich das Ende 
jedes Comu uteri an. Freipräpariert, hat das rechte eine Länge von 
ungefähr 3,2 cm, das linke eine solche von 2,5 cm. Der äußere Quer¬ 
durchmesser der Hörner ist an ihren einzelnen Teilen verschieden. Er 
beträgt im kranialen Drittel ungefähr 0,2 cm, im caudalen Drittel, 
dicht vor ihrer Vereinigung, 0,3 bis höchstens 0,4 cm. Jedes der Hörner 
beginnt mit einer kranialen, blind geschlossenen Spitze. Genaueste 
mikroskopische Untersuchung konnte nirgends einen offenen Zu¬ 
sammenhang zum Nebenhoden feststellen. Dagegen war bei beiden 
das zugespitzte Blindende deutlich im mikroskopischen Schnitt zu 
sehen. Rechts lag es der Kapsel des Nebenhoden auf, links buchtete 
es diese etwas gegen das Nebenhodeninnere vor, so daß es schein¬ 
bar in dieses hineinreichte; aber auch hier war zwischen Blindende 
des linken Uterushomes und dem Nebenhodenparenchym die binde¬ 
gewebige Kapsel des Nebenhoden als deutlich trennende Scheidewand 
erhalten. 

Der mikroskopische Aufbau der Uterushömer war auf beiden Seiten 
gleich. Die Wand setzt sich zusammen aus einer Serosa, einer Muscularis 
und einer Schleimhaut. Letztere zeigt eine sehr gut entwickelte Propria 
mucosae, die aus fibrillärem Bindegewebe besteht und reichlich Blut¬ 
gefäße (auch verhältnismäßig kräftige Arterien) enthält. Die Schleim¬ 
haut ist in wenige aber tiefe Falten gelegt, wodurch das Uteruslumen 
sehr eingeengt erscheint. Die Innenauskleidung besteht aus einem 
einschichtigen, kubischen Deckepithel. In das Cavum uteri münden 
wenige kurze, schlauchförmige Uterindrüsen, welche, schwach ge¬ 
schlängelt und von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet, in der 



Pseudohermaphroditismus bei der Ziege. 


211 


Propria mucosae gelegen sind. Mitunter sind solche Drüsen zu kleineren 
Retentionscysten umgewandelt. Die Muscularis ist ziemlich kräftig 
entwickelt und besteht in der Hauptsache aus zirkulär angeordneten 
glatten Muskelzellen. Diesen lagert sich außen eine schmale Schicht 
längsgerichteter glatter Muskulatur auf. 

Im Anschluß an das Zusammentreten der Hörner hat sich eine 
2,1 cm lange Pars indivisa wteri ausgebildet. Diese gliedert sich in ein 
kurzes 0,4 cm langes Corpus Uteri, das mikroskopisch gegenüber den 
Hörnern keine Besonderheiten und Abweichungen bietet. Caudal ver¬ 
engt sich das Corpus uteri etwas und geht über in die Cervix uteri. 
Letztere ist 1,7 cm lang und besitzt eine ziemlich kräftige Muscularis. 
Ihre Schleimhaut ist in lange Falten gelegt. Ihr caudaler Abschnitt 
springt etwas in die anschließende Pars uterina vaginae vor, so 
daß sich ein kurzer, 0,4 cm langer, dorsal gelegener Fomix vaginae 
ausbildet. 

Die Pars uterina vaginae ist vom caudalen Ende der Cervix uteri 
bis zur Einmündung in die Urethra (siehe später) 4,9 cm lang. Ihr 
äußerer Querdurchmesser beträgt zuerst 0,4 cm, später 0,9 cm. Ihre 
Schleimhaut ist in anfangs (kranial) höhere, späterhin niedrigere 
Längsfalten gelegt. Die Wand besteht aus einer kräftig entwickel¬ 
ten, aus dichten Bindegewebsbündeln zusammengesetzten, drüsen¬ 
freien Propria mucosae und einer außen darum befindlichen Muscu¬ 
laris, welche zirkuläre und longitudinale Bündel glatter Muskulatur 
umfaßt. 

Das Lumen ist ausgekleidet von einem hohen, zylindrischen 
Epithel, welches mehrschichtig (vielleicht auch nur mehrreihig) ist; 
die freien, dem Lumen zugekehrten Zellpole zeigen starke Sekretions¬ 
erscheinungen. 

Der sinus urogenitalis und Qescklechtshöcker. 

Von der früher erwähnten, unterhalb des Anus gelegenen äußeren 
Hamausflußöffnung bis zum Collum vesicae urinariae wäre die „Harn¬ 
röhre“ ca. 5 cm lang. Da aber die Ausführungsgänge sowohl des weib¬ 
lichen wie des männlichen Anteils der Geschlechtsorgane 2 cm kranial 
von der vorerwähnten Ausflußöffnung in die Urethra einmünden, so 
wäre dieser Caudalabschnitt dem Sinus urogenitalis bzw. der Pars 
vestibularis vaginae gleichzusetzen. 

Als eigentliche Harnröhre, d. h. in dem eben gekennzeichneten Sinne, 
als „Urethra feminina “, wäre dann nur jener Abschnitt anzusprechen, 
der zwischen Einmündung der Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane 
und dem Collum vesicae läge. Er ist ca. 3 cm lang und besitzt einen 
äußeren Querdurchmesser von durchschnittlich 0,7 cm. Der Caudal- 

15* 



212 W. Töllner: Pseudohermaphroditismos bei der Ziege. 

abschnitt (Sinus urogenitalis) dagegen hat einen durchschnittlichen 
äußeren Querdurchmesser von 1 cm. 

Beiden gemeinsam ist eine drüsenlose Schleimhaut, die in seichte 
Längsfalten gelegt ist und mit einem mehrschichtigen Plattenepithel 
gedeckt erscheint. Unmittelbar unter der Schleimhaut befindet sich 
ein Schwellmantel, dem sich außen ein recht starker, roter, quer¬ 
gestreifter Muskel, der Musculus urethralis, anlegt. Auch im Vestibular- 
abschnitt sind in der Propria mucosae bzw. in der Submucosa keine 
Drüsen nachzuweisen. 

Als Grenze zwischen eigentlicher Urethra und Pars vestibulari.- 
vaginae (bzw. Sinus urogenitalis) sehe ich die Einmündung der Aus¬ 
führungsgänge des Geschlechtsapparates an. Es münden in nächster 
Nachbarschaft miteinander sowohl Pars uterina vaginae, wie beiderseits 
lateral hiervon die beiden Ductus ejaculatorii. In der Nachbarschaft 
der Ductus ejaculatorii ist ein typischer Colliculus semindlis vorhanden, 
d. h. die beiden Mündungen der Ductus ejaculatorii liegen versteckt 
unter je einer starken Schleimhautfalte, die kranial konvergieren und 
sich winklig zusammenschließen, caudal, nach ungefähr 1 cm Verlauf, 
seicht auslaufen. Median und etwas caudal von diesem Faltenwinkel 
liegen in der Tiefe noch zwei ganz seichte und kurze Längsfalten, welche 
die Einmündung der Pars uterina vaginae umfassen. 

Aftergegend, Perineum und äußere Genitalien waren bereits eingangs 
beschrieben worden. Bei der näheren Präparation stellt sich heraus, 
daß jener knollige Körper, der unterhalb der Hamausflußöffnung (d. i. 
Ausmündung des Sinus urogenitalis) ganz wie eine Clitoris gebaut ist. 
Diese entspringt am Arcus ischiadicus mit zwei kurzen, ungefähr 0,5 cm 
langen Crura clitoridis, welche ungefähr einen äußeren Querdurchmesser 
von 0,3 cm besitzen. Ihnen an schließt sich ein kräftiges, in Windungen 
gelegtes Corpus clitoridis, das einen durchschnittlichen äußeren Quer¬ 
durchmesser von 0,7 cm aufweist. Die zwei Anfangswindungen er¬ 
strecken sich auf einen Raum von 1,5 cm in horizontaler Richtung 
hinter dem Zusammenschluß der beiden Crura, dann windet sich da.' 
Corpus clitoridis rechtwinklig um und verläuft auf weitere 1,3 cm 
vertikal aufwärts. Es ist in diesem Abschnitt bereits von der äußeren 
behaarten Haut umschlossen. Dicht unterhalb des spitz auslaufenden 
Endes (Apex clitoridis) wird diese äußere Haut haarlos und schlägt 
sich unter Faltenbildung nach einwärts um, bildet hinter der Spitze de.' 
Apex clitoridis eine seichte Bucht (Fossa clitoridis) und überwölbt dann 
den Apex um hiernach sich wieder herabzusenken und in die Schleim¬ 
haut der Pars vestibularis überzugehen. Dieser Teil der äußeren Haut, 
welcher die Clitorisspitze überzieht, ist als Präputium clitoridis auf- 
zufassen. 



A. Hahne: Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik usw. 213 

Ergebnis. 

1. Der weibliche Anteil des Geschlechtsapparates setzt sich zusammen 
aus Uterus bicomis, dessen Hörnenden blind geschlossen sind, Pars indivisa 
uteri und Pars uterina vaginae. Diese Einzelabschnitte zeigen an sich alle 
Eigenschaften des normalen weiblichen Geschlechtsapparates, wenn auch 
z. T. (z. B. Uterus) in reduzierter Form. 

2. Der männliche Anteil überwiegt insofern, als die Keimdrüsen als 
Hoden anzusprechen sind, die jedoch keine Spermatoblasten erkennen lassen. 

Die Ausführungsgänge der Keimdrüsen besitzen den Charakter von 
Nebenhoden und Ductus deferens. 

Ferner sind zwei Glandulae vesiculares vorhanden, deren Ausführungs¬ 
gänge sich je mit dem Endabschnitt des Ductus deferens der ensprechenden 
Seite zum Ductus ejacülatorius vereinen. 

3. Sowohl weiblicher wie männlicher Geschlechtsapparat münden in 
einem unmittelbaren Caudalfortsatz der Harnröhre, der von dieser Ein¬ 
mündung an bis zur Außenöffnung als Sinus urogenitalis angesehen 
werden muß. 

4. Unter dem Sinus urogenitalis findet sich eine Clitoris, die allerdings 
eine relativ erhebliche Größe zeigt und ebensowohl als verkümmerter Penis 
gelten kann. 


Literaturverzeichnis. 

l ) Bellers, Pseudohermaphroditismus masculimis internus bei einem Rot¬ 
hirsch. — *) Grasnick, Ein Fall von Pseudohermaphroditismus beim Schwein. — 
*) Bach, Ein Fall von Pseudohermaphroditismus bei der Ziege. — 4 ) Brühlmeyer, 
Ein Fall von Pseudohermaphroditismus bei der Ziege. — s ) Beduhn, Ein Fall 
von Pseudohermaphroditismus bei der Ziege. — •) ReJifeldt, Ein Fall von Pseudo¬ 
hermaphroditismus bei der Ziege. Sämtlich Inaugural-Dissertationen der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule Berlin. 


Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik des 
Bauschbrandes, zur Impfung und Entschädigungsfrage. 

Von 

Albert Rahne, 

approbiertem Tierarzt aas Böhne, Kreistierarzt In Husum. 

(Aus dem Institut der ambulatorischen Klinik der tierärztlichen Hochschule zu 
Berlin [Direktor: Prof. Dr. Schöttier].) 

[Referent: Prof. Dr. Schöttier.] 

Der Erforschung und Bekämpfung des Rauschbrandes hat man seit 
der Entdeckung des Rauschbrandbacillus in der Mitte der siebziger Jahre 
des vorigen Jahrhunderts durch Boüinger und Feser, sowohl in der 



214 


A. Rahne: Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik 


wissenschaftlichen Welt, wie im besonderen in tierärztlichen Kreisen, 
das größte Interesse entgegengebracht. Er kommt fast in allen Ländern 
der Erde vor, und sein Auftreten ist an bestimmte Gegenden, die eine 
bestimmte Bodenbeschaffenheit haben, gebunden. Man findet ihn 
heimisch sowohl auf den Weiden der Alpen, bis hinunter auf die kleinste 
Hallig Süderoog in der Nordsee. Wenn der Bauschbrand auch als eine 
exquisite Weide- und Bodenkrankheit bezeichnet werden kann, so gehört 
sein Auftreten auf dem Stalle doch nicht zu den Seltenheiten. Von 
272 im Kreise Husum in der Zeit vom 1. 1. 15 bis 31. 12. 22 an Bausch¬ 
brand verendeten Bindern sind 218 auf der Weide und 54 im Stall ge¬ 
storben. Während es sich auf der Weide meist um Einzeltodesfälle 
handelt, fallen der Krankheit bei Stallfütterung häufig mehrere Tiere 
zum Opfer. 

Der Bauschbrand befällt in der Begel Tiere im jugendlichen Alter, 
vor allem solche, die sich in gutem Nährzustande befinden. Als das 
gefährlichste Alter muß ich dasjenige zwischen 3 Monaten und 2 Jahren 
bezeichnen. Bauschbrand bei Schafen habe ich niemals gesehen. 

Die Krankheit verläuft stürmisch, ohne durch Fierberanfälle be¬ 
sonders gekennzeichnet zu werden. Ich habe bei kranken Tieren nur 
38,3—39,6° C beobachtet. Heilung kommt so gut wie gar nicht vor. 
Im übrigen zeigen die kranken Tiere große Hinfälligkeit, verbunden mit 
fast unfühlbarem Pulse. Die typischen Bauschbrandgeschwülste können 
auch fehlen. Nach den übereinstimmenden Untersuchungen, auch in der 
neuesten Literatur finden sich die Erreger des Bauschbrandes in der 
brandigen, morschen Muskulatur, in der Flüssigkeit der Subcutis, in 
der Galle, den Gelenken und Sehnenscheiden. Besonders häufig werden 
sie in der Milz, vor allem in der Leber sowie im Exsudat des Herzbeutels 
gefunden. 

Über die morphologischen und kulturellen Eigenschaften des Bausch¬ 
brandbacillus und der ihm verwandten Anaerobier, vor allem sein Verhält¬ 
nis zur Gruppe der Ödembacillen, sind die Meinungen noch heute geteilt. 

Die Diagnose des Bauschbrandes stützt sich außer den Symptomen 
am lebenden Tier auf den Nachweis der Bacillen, auf das Verhalten der 
Kultur, den Tierversuch, die aktive Immunisierung mit Hilfe ungiftiger, 
keimfreier Filtrate und vor allem auf den pathologisch-anatomischen 
Befund. 

Die Beschaffenheit der Bacillen kann als bekannt vorausgesetzt 
werden. Für ihr kulturelles Verhalten hat Zeisler in jüngster Zeit die 
Traubenzuckerblutagarplatte als den differential-diagnostisch wichtig¬ 
sten Nährboden gefunden. Er konnte auf diesem die verschiedenen 
Anaerobier durch ihnen eigene Wuchsformen unterscheiden und bedient 
sich eines Plattenkulturmikroskops. Er hält diese Methode zur Dia¬ 
gnostik des Bauschbrandes in Zweifelsfällen für unentbehrlich. 



des Rauschbr&ndes, zur Impfung und Entschädigungsfrage. 215 

Als Impftier kommt vor allem das Meerschweinchen in Betracht. 
Das Sektionsbild ist gekennzeichnet durch hämorrhagisch-ödematöse 
Infiltration der Unterhaut und durch die schwarzen, morschen Ver¬ 
änderungen der Muskulatur. Von besonderer Wichtigkeit ist im Klatsch¬ 
präparat von der Zwerchfelloberfläche der Leber die Anwesenheit von 
schmalen, vereinzelt, höchstens zu zweien liegenden Stäbchen. 

Gräub und Zschokke fanden ein sehr wenig toxisches Filtrat. Bei den mit 
ihrem Filtrat vorbehandelten Tieren konnten sie eine ausgesprochene Immunität 
hervorrufen. Die so vorbehandelten Meerschweinchen waren gegen eine spätere 
tödliche Rauschbrandinfektion geschützt. 

Uchimura erhärtete die Spezifität dieser Immunisierung insofern» als dieselbe 
gegenüber andersartigen Stämmen (Ödembacillen) vollkommen versagte. 

Zeisler kennt 2 Erreger des Rauschbrandes und bezeichnet denjenigen des 
spontanen Rinderrauschbrandes als 9f Fothschen Rauschbrandbacillus “ (Bacillus 
sarkophysematos Chauveani) und den Erreger des Pararauschbrandes (Miessner), 
wozu auch Geburtsrauschbrand, zum Teil auch der Rauschbrand der Schafe zu 
rechnen ist, mit dem Namen „Kittscher RauschbrandbaciUus '‘ (vibrion septique 
Pasteur Kochs und malignes ödem Hiblers). Er will beide in dem ihm verfügbaren 
Material von spontanen Rinderrauschbrand gefunden haben. Die Zeisler sehen 
Institutsarbeiten haben zweifellos großes, wissenschaftliches Interesse, ob ihnen 
aber schon jetzt ein praktischer Wert beizumessen ist, erscheint mir zweifelhaft, 
und ich schließe mich in dieser Beziehung den Ausführungen Foihs an. Ich selbst 
habe sowohl Rauschbrand bei Schafen, wie Geburtsrauschbrand bei Rindern und 
anderen Tieren nie gesehen. 

Miessner will auch nomenklatorisch zwischen zwei verschiedenen Erregern 
bei Rauschbranderkrankimgen unterscheiden und will zum Unterschied von dem 
spontanen Rauschbrand der Rinder den durch den Atttschen Rauschbrandbacillus 
hervorgerufenen mit dem Namen „Pararauschbrand“ und den Erreger als Bacillus 
Parasarkophysem atos bezeichnet haben. Ich würde die Ai# sehe Benennung 
„Pseudorauschbrand“ vorziehen. 

Die Rauschbrandkadaver sind fast ausnahmslos gut genährt. Die 
knisternde Beschaffenheit der Haut verteilt sich gewöhnlich auf den 
ganzen Tierkörper. Die typischen rauschbrandigen Veränderungen 
habe ich in den verschiedensten Muskelgruppen gefunden. Am häufig¬ 
sten waren die Hinter- und Vorderschenkel betroffen, dagegen nur 
2 mal die Zwischenrippenmuskeln, 2 mal die Kaumuskeln, 1 mal die Kau- 
und Kehlkopfmuskeln, 2 mal die Bauchmuskeln, 2 mal die Zwerchfellmus¬ 
keln, 1 mal die Halsmuskeln, 3 mal die Herzmuskeln und 6 mal die Lungen. 

Die erkrankten Muskelpartien sind in der übergroßen Zahl der Fälle 
schwarz, morsch, trocken, porös, stark mit Gasen durchsetzt und sprin¬ 
gen beim Durchschneiden unter Verbreitung eines widerlich-süßlichen 
Geruchs knisternd auseinander. Die morsche, poröse Beschaffenheit der 
Muskulatur tritt nicht selten auch bei der übrigen Körpermuskulatur 
in Erscheinung. Einmal habe ich, wo der Rauschbrand seinen Sitz in 
der Bauchmuskulatur hatte, neben einer stark entwickelten hämorrha¬ 
gischen Peritonitis ein handtellergroßes Blutgerinnsel in der Bauch- 



2X6 A. Rahne: Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik 

höhle gefunden. Alle diese Veränderungen können auch bei einem 
Rauschbrandkadaver fehlen, und man findet nur an einer versteckten 
Stelle einen typisch veränderten Muskel. Die Fleischlymphknoten sind 
stets blutig geschwollen und von markiger Konsistenz. 

In der Bauchhöhle befindet sich als regelmäßiger Befund ein blutig¬ 
seröser Erguß. Auf dem Bauchfell habe ich häufiger flockige oder haut¬ 
artige fibrinöse Auflagerungen gesehen. Dieselben können auch als 
griesartiger, rötlich-grauer Belag auftreten. 

In 75% der Fälle habe ich einen akuten Milztumor beobachtet, auch 
finden sich ab und zu in der Milz schwarz umschriebene Herde von 
gleicher Beschaffenheit wie die rauschbrandig veränderte Muskulatur. 

Die Leber zeigt fast immer charakteristische anatomische Ver¬ 
änderungen. Die Schwellung ist wechselnd, doch sieht man auf dem 
Durchschnitt fast regelmäßig okerfarbene, trockene, poröse, zunder- 
artige Herde von Erbsen- bis Walnußgroße. Bei notgeschlachteten Tieren 
habe ich diese Veränderungen vermißt. Wahrscheinlich spielen, wie auch 
Foth angibt, kadaveröse Vorgänge eine gewisse Rolle. Im Brustraum 
findet man die gleiche Flüssigkeit wie in der Bauchhöhle. In 20% meiner 
Befunde war das Brustfell, besonders das Rippenblatt, von Auflage¬ 
rungen verschiedenster Art belegt. Dieselben können von grießartiger, 
grauroter Beschaffenheit sein, aber auch als augenfällige fibrinöse 
Gerinnsel von netzartiger Form in Erscheinung treten. Die Fibrin¬ 
ausscheidungen sind häufig von so großer Intensität, daß es zu festen 
Verklebungen zwischen Lungen- und Rippenpleura kommt. 

Außer den typischen Rauschbrandherden in der Lunge finden sich 
dort keine besonders charakteristischen Veränderungen. Vor allem habe 
ich Blutungen vermißt. 

Die bei der Pleura beschriebenen Auflagerungen finden sich in gleicher 
Form auch auf dem Epikard. In der Muskulatur der Herzspitze habe ich 
dreimal einen Rauschbrandherd gefunden. Als diagnostisch wichtigstes 
Merkmal am Herzen ist mir fast stets die feste, ja harte Beschaffenheit 
desselben aufgefallen. Im Innern ist das Herz stets prall mit Blut gefüllt. 
Dasselbe ist von schwarzer Farbe und wie Gelatine geronnen. Mürb 
habe ich die Muskulatur des Herzens nie gefunden. 

Die Bekämpfung des Rauschbrandes hat man neben veterinär¬ 
polizeilichen Maßnahmen vor allem durch die Anwendung der verschie¬ 
densten Impfmethoden versucht. Die hauptsächlichsten und bisher 
am meisten angewandten Impfmethoden sind: 

1. 2 malige Impfung mit abgeschwächtem Virus ( Arloing , Comevin 
und Thomas), 

2. 1 malige Impfung mit abgeschwächtem Virus (Kitt), 

3. Schutzimpfung mit sporenbesetzten Fäden (Thomas, Verdun), 

4. Fothsche Impfung. 



des Banschbrandes, zur Impfung und Entschädigungsfrage. 


217 


Bei der Durchführung der Impfung nach den bisherigen Methoden 
haben sich zwar gewisse Schwierigkeiten gezeigt, doch hat sich 
in stark verseuchten Gebieten und Ländern die Impfung insofern be¬ 
währt, daß man in der Lage war, die Verluste nicht unerheblich herab¬ 
zudrücken. 

Die neueren, alle Bedingungen der zuverlässigen Wirksamkeit und 
bequemen Anwendung erfüllenden Impfstoffe, sind: 1. das im Schreiber- 
scheu Institut in Landsberg a. d. Warte hergestellte Sarlcovin und 2. das 
in Bern von Oräub und Zschokke gewonnene „keimfreie Filtrat“. Das 
Sarkovin soll lebende, abgeschwächte Rauschbrandsporen, im beson¬ 
deren die für die aktive Immunisierung wichtigen Toxine enthalten. Der 
Impfstoff ist flüssig, in Fläschchen gefüllt. Die Applikation erfolgt durch 
Einspritzen in das straffe Unterhautbindegewebe an der Außenfläche 
der Ohrmuschel. Die Dosis beträgt für Rinder 0,4 ccm, für Schafe und 
Kälber 0,2 ccm. Sowohl Rinder wie Schafe sollen geschützt werden. 
Der Impfschutz setzt erst 14 Tage nach der Impfung ein und soll min¬ 
destens 6 Monate dauern. Nach dem Institutsbericht sind im Jahre 
1922 6281 Schafe und 400 Rinder geimpft worden. Die Verluste gingen 
bei Schafen von durchschnittlich 8% vor der Impfung auf 0,4% nach der 
Impfung, desgleichen bei Rindern von durchschnittlich 15% auf 1% 
zurück. Ich selbst habe im ganzen 91 Rinder und Kälber in 11 ver¬ 
schiedenen Beständen geimpft. Von diesen verendeten vor Einsetzen 
der Schutzwirkung zwei. Die nicht geimpften beiden Kontrolltiere 
verendeten ebenfalls. Über die Sarkovinimpfung müssen noch größere 
Erfahrungen gesammelt werden. Die Wirkung soll eine reichlich viel¬ 
seitige sein. Die Technik bedarf noch der Verbesserung. 

Grävb und Zschokke gewinnen ihren Impfstoff, das keimfreie Filtrat, 
indem sie den Rauschbrandbacillus auf Bouillon, der sie organische 
Substanzen in Gestalt von Muskel, Leber oder Gehirn beifügen, kulturell 
züchten, auf dem Wege der Filtration durch Chamberlandkerzen. 
Nach der Injektion des Filtrates in Mengen von 1 —3 ccm traten weder 
lokale noch allgemeine Krankheitssymptome beim Meerschweinchen zu¬ 
tage. Sogar bei intraperitonealer Injektion bis 20 ccm des Filtrates blieb 
das Allgemeinbefinden ungestört. Bei Schafen und Rindern wurden 
die gleichen Resultate erzielt. Die mit Filtraten vorbehandelten Tiere 
waren gegen eine spätere Infektion mit Rauschbrandkeimen immun. 

Die Vorzüge der Filtratimpfung bestehen darin, daß: 

1. Fälle von Impfrauschbrand ausgeschlossen sind, 

2. der genau dosierbare Impfstoff gebrauchsfertig abgegeben wird, 

3. die Impfung bequem an Hals oder Schulter ausgeführt werden 
kann, 

4. die Impfung für alle Tiere gefahrlos und 

5. der Schutz gegen natürliche Rauschbrandinfektion zuverlässig ist. 



218 A. Rahne: Beitrag zur pathologisch-anatomischen Diagnostik 


Das Filtrat hat bei Anwendung größerer Dosen auch Heilwirkung. 
Einmal mit Filtrat geimpfte Tiere sind gegen eine mehrfach tödliche 
Dosis geschützt. Der Impfschutz kann durch eine zweite Impfung mit 
abgeschwächtem Material erhöht werden. Die ersten außerordentlich 
günstigen Resultate über die Impfung in der Praxis liegen außer von 
Korea (Naoshi Nitta) besonders aus der Schweiz vor. Im Bezirk Simmen¬ 
tal und im Amte Thum sind 1920 4820 Rinder mit Filtrat geimpft. Kein 
Fall von Impfrauschbrand. Bis Ende des Jahres sind 3 Tiere an Rausch¬ 
brand gestorben, das sind 0,6%. Der Kantontierarzt von St. Gallen 
schreibt, daß 1920 von dem mit Lyoner Impfstoff geimpften 6974 Rindern 
19 Stück der natürlichen Rauschbrandinfektion erlegen sind, während 
von dem im Frühjahr 1921 mit keimfreiem Filtrat geimpften 6542 Rin¬ 
dern nur 2 an Rauschbrand erkrankten. Von den im Frühjahr 1922 
geimpften 9141 Rindern ist im Laufe des Jahres nur eins an Rausch¬ 
brand gestorben. Im Kanton Claras sind 8045 Tiere mit Filtrat geimpft. 
Auch hier ist kein Fall von Impfrauschbrand beobachtet und im Laufe 
des Jahres nur 1 erkrankt. Beide Kantontierärzte berichten, daß sich 
der neue Impfstoff gegenüber allen anderen glänzend bewährt und die 
übrigen Verfahren gänzlich verdrängt hat. Die großen Vorzüge des 
Impfstoffes bestehen in seiner fertigen Abgabe, in flüssiger, durchaus 
steriler Form und in seiner hochwertigen Immunisierangsfähigkeit. 
Ich selbst hatte leider nur Gelegenheit, 19 Rinder auf der Weide und 7 auf 
dem Stalle zu impfen. Auch von mir sind weder Fälle von Impf- noch 
Spätrauschbrand beobachtet worden. Der Qrävb Bche Impfstoff wird 
allen Forderungen, die man an einem zuverlässigen Impfstoff stellt, 
gerecht. Bei einmaliger Impfung kann man eine Immunität von sechs 
Monaten annehmen. 

In Preußen beruht die Bekämpfung des Rauschbrandes haupt¬ 
sächlich auf den veterinärpolizeilichen Maßnahmen. Die Impfung bann 
nur durch die Landesregierungen angeordnet werden. In Bayern spielt 
die Impfung wie in der Schweiz eine Hauptrolle. Fast in allen Ländern, 
auch in Preußen, ist die Entschädigung für an Rauschbrand gefallene 
oder solche Tiere, bei denen nach dem Tode diese Krankheit festgestellt 
wird, vorgesehen. Die Entschädigung regelt sich nach den von den ein¬ 
zelnen Provinzialverbänden aufgestellten Entschädigungsreglements. 

In der Provinz Schleswig-Holstein starben an Rauschbrand und 
wurden entschädigt in den Jahren 1919 bis 1922,1420Tiere, und es wurde 
für diese eine Entschädigungssumme von 11 576 285 Mark gezahlt. In 
der Provinz Schleswig-Holstein hat der Rauschbrand besonders in den 
Jahren 1921 und 22 eine bedeutende Zunahme erfahren. Die bisherigen 
Bekämpfungsmaßnahmen, auch in Verbindung mit der Entschädigung, 
haben keinesfalls dazu beigetragen, die Verbreitung des Rauschbrandes 
in irgendeiner Weise einzudämmen. Es ist daher die Forderung berech- 



des Kauschbrandes, zur Impfung und Entschädigungsfrage. 219 

tigt, andere Maßnahmen anzuwenden und die Impfung mehr in den 
Vordergrund zu stellen, vor allem die Zahlung einer Entschädigung von 
der Impfung abhängig zu machen. Die staatlichen Behörden müssen 
danach streben, daß die Entschädigungsreglements entsprechend abge¬ 
ändert werden. Die Entschädigung dürfte in Zukunft nur gezahlt werden, 
wenn der Besitzer, wenigstens bei Betroffensein seines Bestandes, denNach- 
weis erbringen kann, daß seine Tiere geimpft sind. Als Impfstoff ist das 
keimfreie Filtrat nach Oräub und Zschokke dringend zu empfehlen. 

Die Bekämpfung des Rauschbrandes im allgemeinen, wie die Frage 
der Entschädigung im besonderen läßt sich nach dem heutigen Stande 
der Wissenschaft, mindestens in gefährdeten Gehöften, nicht mehr von 
der Impfung trennen, und die maßgebenden, gesetzlichen Körperschaften 
müssen den berechtigten Forderungen der Wissenschaft und der Praxis 
Rechnung tragen. 


Literaturverzeichnis. 

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heilk. 36. 1910. — •) Foth, Zeitschr. f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. u. 
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d. Bakt.- u. Serum-Instituts Landsberg a. d. W. 1922, S. 18. — 2l ) Stengel, Freiherr v., 
Reichs-V. S. G. 26. VI. 1909 mit den Bayr. Ausführungsbestimmungen 1912. — 
**) Schweizer Bundesgesetz betr. die Bekämpfung von Tierseuchen v. 13. VI. 1917 
und Vollziehungsverordnung dazu v. 30. VIII. 1920. — 23 ) Tittmann , Inaug.-Diss. 
1909, Beitrag zur Kenntnis des Rauschbrandes. — u ) Uchimura, Zeitschr. f. Hyg. 
u. Infektionskrankh. 9t. 1921. — 25 ) Warringshok, Berlin, tierärztl. Wochenschr. 
1911, Nr. 9. — *•) Warringshok und Schütt, Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1909, 
S. 826 und 967. — * 7 ) Weissenrieder, Schweiz. Arch. f. Tierheilk. 1921, H. 12. — 
**) Zeisler , Zeitschr. f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. u. Hyg. d. Haustiere 
tl, H. 1. — *•) Zeisler und Rassfeld, Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1922, Nr. 23, 
S. 300. 



Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hund, Rind 
und Pferd und Vorschläge zur zeitgemäßen wirksamen 
Bekämpfung dieser Seuche. 

Von 

Walther Majewski, 

Kreistierarzt in Scblawe (Pom.) 

(Aus der ambulatorischen Klinik der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin [Direktor: 

Prof. Dr. Schattier].) 

(Referent: Prof. Dr. Schöttler.] 


Die klinischen Symptome der Wut sind von der veterinärmedizi¬ 
nischen Autoren in den Lehrbüchern der speziellen Pathologie bzw. der 
Seuchenlehre so umfassend beschrieben, daß wohl kein jemals beobach¬ 
tetes Krankheitszeichen in dem Gesamtbilde fehlt. Und doch kommen 
gerade beim Hunde wie beim Rind und Pferd gar nicht so selten von der 
Regel abweichende Fälle vor, die es in hohem Grade erschweren, zu einer 
richtigen Diagnose intra vitam zu kommen. Bei der nach dem Kriege 
auch in den verschiedensten Binnenkreisen eingeschleppten Seuche und 
ihrem zurZeit praktisch unzulänglichen Bekämpfungsmodus hat es daher 
für jeden in der Außenpraxis stehenden Veterinärmediziner das größte 
Interesse, auch solche Wutfälle kennen zu lernen, die durch ihren nicht 
gewöhnlichen klinischen Verlauf ausgezeichnet sind. 

Bezüglich der Einzelfälle muß auf das Literaturverzeichnis hinge¬ 
wiesen werden. 

In fast 20 jähriger amtstierärztlicher Praxis hat Verfasser unter im 
ganzen 118 Fällen von Tollwut (102 beim Hund, 13 beim Rind, 2 beim 
Pferd), 9 Fälle von stiller Wut (3 beim Hund, 4 beim Rind, 2 beim Pferd) 
klinisch beobachtet, die durch ihre nicht gewöhnlichen Symptome ein 
wissenschaftliches Interesse beanspruchen können. 

Kasuistik . 

1. Beim Hund: Falt 1 . Der schwarzweiße, etwa 3jähr. Hütehund des Bauern 
Sch. in S. liegt teilnahmslos da, der Blick ist starr, Furcht verratend. Das linke 
Auge erscheint dunkler als das rechte, bei näherem Zusehen ist die linke Pupille 
erweitert , die rechte stark verengt . Einige Minuten spater das umgekehrte Bild: 
die linke Pupille zusammengezogen, die rechte erweitert. Das Maul ist nicht ge¬ 
schlossen, aus dem Maulwinkel fließt Speichel in geringer Menge heraus. Die 
Lippen und Backen sind etwas geschwollen. In vorgehaltenem Wasser leckt der 
Hund einige Male, dagegen vermag er aus einer Schale mit süßer Milch noch etwa 
V 2 1 voll langsam abzuschlucken. Auf Anruf erhebt er sich vom Lager, ohne jedoch 
das Hinterteil gleichmäßig stützen zu können. Der Hund wird vorschriftsmäßig 
eingesperrt; nach 2 Tagen Exitus letalis. Sektion negativ. Mikroskopischer Befund: 
negativ. Tierversuch: positiv. 

Falt 2. Der schlecht genährte, ca. 2 Jahre alte Schäferhund des Molkerei- 
Verwalters M. in W. ist seit einigen Tagen teünahmlos, unlustig und bei schlechtem 



\V\ Majewski: Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hund usw. 221 


Appetit in einem Kohlenkeller der Molkerei untergebracht. Beim Betreten des¬ 
selben erhebt sich der Hund und stellt sich breitbeinig mit vorgestrecktem Kopf 
und Hals hin, die Ohren dauernd gestellt. Dabei sind die Augen starr nach vorwärts 
und einwärts gerichtet* und der Bulbus zur Hälfte mit dem dritten Augenlid be¬ 
deckt* das hochgerötet dem Tiere ein schauriges Aussehen verleiht. Das ganze 
Bild erinnert an dasjenige eines tetanuskranken Pferdes, nur daß bei diesem 
der Prolaps der Blinzhaut temporär erfolgt und diese immer wieder zurück¬ 
schnellt, während im vorliegenden Falle die „rote Haut 4 . 4 den halben Augapfel 
dauernd bedeckt. Sektion: negativ. Mikroskopischer Befund: Negrisehe Kör¬ 
perchen. 

j Fall 3 . Am 10. II. 1923 stellte die Witwe S. in Sch. ihren schwarzen, ca. 
l l /*jähr. Hofhund zur Untersuchung mit der Anamnese, daß er anscheinend einen 
Kalbsknochen verschluckt habe und daher nicht fressen könne. Der kräftig ge¬ 
baute, jedoch stark abgemagerte und im Hinterleib aufgeschtirzte Hund steht an 
der Kette vor seiner Hütte mit gespreizten Vorderbeinen und steif gehaltenem 
Schwänze da: das Auge erscheint glanzlos und etwas getrübt, der Bulbus eingesunken; 
die Ohren werden lauschend gestellt. Dabei ist die Psyche nicht frei, der Hund er¬ 
kennt zwar noch seine Herrin, bekundet aber der Aufforderung zur Aufnahme des 
vorgehaltenen Futters kein Interesse. In einer Schale Wasser spült er sich das 
Maul aus und vermag auch etwas davon langsam abzuschlucken. Bei näherer 
Besichtigung fällt die beiderseitig erweiterte Pupille auf , die nach einiger Zeit sich 
wieder etwas verengt , jedoch nicht bis zu der normalen Weite. Dieselbe schließt sich 
auch nicht bei Einfallenlassen des Lichtstrahles aus einer elektrischen Taschen¬ 
lampe. In diesem Augenblick schnellt für einen Moment die gerötete Palpebra tertia 
über den Augapfel hervor und gleich wieder in ihre alte Lage zurück. Dasselbe 
wiederholt sich beim plötzlichen In-die-Hände-Klatschen und heftigen Zu¬ 
schlägen der Stalltür. Dabei bleiben die Behänge in dauernder Streckstellung. Ob¬ 
duktion: negativ (keine Fremdkörper usw.). Gehimuntersuchung: Negri sehe Kör¬ 
perchen. 

2. Beim Rind: Fall 4 . Eine graubunte, 8 Jahre alte Kuh des Bauern K. in P. 
erkrankte am 6. VII. 1919 auf der naßkalten Weide unter eigentümlichen Er¬ 
scheinungen: Indigestion mit mäßigem Fieber, leichter Kolik (Trampeln, Umsehen 
nach dem Hinterleib), unterdrückte Rumination und häufiger Absatz schleimigen 
Kotes unter „ blubbernden 44 Aftergeräuschen. Cerebrale Erregungszustände fehlen, 
eigentlicher Mastdarmzwang („Drängen auf den Kot 4/ ) nicht nachweisbar. Die Kuh 
geht nach 6 Tagen ein. Die Obduktion „bestätigt“ die Vermutung intra vit&m, daß 
die Krankheits- und Todesursache eine Futter(Weide)schädlichkeit sei — aus¬ 
geprägte, fleckige hämorrhagische Entzündung des Labmagens und gelatinöse 
Schwellung der Rectalschleimhaut. Eingesandtes Gehirn muß, da mikroskopischer 
Befund negativ, verimpft werden. 8 Tage darauf erkrankt in demselben Bestände 
ein zweites Rind, dieses jedoch unter typischen (auch cerebralen) Erscheinungen. Jetzt 
erst gesteht der Besitzer, der solange jede Lyssa-Infektionsmöglichkeit hartnäckig 
geleugnet, daß zu Beginn des Weideganges ihm ein fremder Hund zugelaufen wäre, 
den er gern behalten wollte, da er ein guter Hütehund zu werden versprach. Leider 
sei er bald totgeblieben! Später traf auch die Bestätigung der Wutdiagnose durch 
den Tierversuch betreffend der ersten Kuh ein. 

Fall 5. Am 25. IX. 1919 wurde Verfasser zu einer lahmen Kuh der Büdner¬ 
witwe M. in St. gerufen, die etwa 8 Wochen vorher von einem umherschweifenden 
Hunde auf der Weide in die Hinterfessel gebissen worden war. Die Kuh knickeUe 
im rechten Hinterfesselgelenk und drückte dasselbe nicht durch. Es wurde zunächst 
eine kühlend-adstringierende Behandlung eingeleitet. Bereits am 2. Tage darauf 
hatte sich auch auf der andern Hinterfessel dieselbe Schwäche („Knickein 44 ) ein- 



222 W. Majewski: Über attische Erscheinungen der Tollwut beim Hund, 


gestellt, die schließlich zur fortschreitenden Lähmung der ganzen Nachhand führte, 
so daß die Kuh am 5. Tage gar nicht mehr aufkommen konnte. Jetzt hatte auch 
die allmählich verschlechterte Futteraufnahme ganz aufgehört, und am 6. Tage 
war die Kuh über Nacht apoplektiform verendet. Sektion: negativ. Mikrosko¬ 
pisches Untersuchungsergebnis: positiv. 

Fall 6. Eine schwarzbunte, ca. 8jähr. Kuh steht völlig teilnahmslos da, der 
Augapfel ist nach hinten gedreht, so daß von der durchsichtigen Hornhaut wenig 
und fast nur die (weiße) Sklera zu sehen ist. Futter- und Getränkaufnahme unter¬ 
drückt. Kotabsatz erfolgt in 1 / 2 - bis 1 stündigen Intervallen, jedoch in ganz kleinen 
Mengen. Der Mist ist dünnbreiig, mit Schleim vermengt und wird unter „blubbem- 
dem“ Analgeräusch fallen gelassen, dabei wird der Schwanz ganz gestreckt ge¬ 
halten. Leichte Kolik. Nach erfolgter Beruhigung legt sich die Kuh langsam hin 
und verfällt in einen soporösen Zustand. Jetzt wird der im Schafstall angekettet 
liegende Hütehund geholt. Als die Kuh — eben noch völlig scblummersüchtig — 
des Hundes ansichtig wird, gibt sie sich mit ihrer letzten Kraft einen gewaltigen Ruck 
zum Auf stehen und will auf ihn losstürzen , dabei ein heiseres Brüllen ausstoßend (so 
lange nicht ein einziges Mal beobachtet). Sektion: negativ. Mikroskopischer Ge- 
himbefund: positiv. 

Fall 7. Eine hochtragende ostfriesische Sterke erkrankte plötzlich unter 
fieberhaften Verdauungsstörungen, verbunden mit hochgradiger „Lahmheit“: der 
linke Hinterschenkel wird nicht belastet, beim Herumdrücken nach der andern 
Seite knickt der Unterfuß zusammen (Überköten in der Fessel). Am andern Tag 
hat sich die Lahmheit verstärkt , die Sterke „knickelt“ jetzt zeitweise in beiden 
Hinterfesseln. Am 3. Tage Festliegen („Paresis ante partum“ ?). Es wird jetzt 
zeitweise etwas schleimiger Kot abgesetzt, wobei der After eine Zeitlang offen 
stehen bleibt und ein blasendes Geräusch entsteht; der Schwanz wird dabei gestreckt 
gehalten. Am 4. Tage weitere Verschlechterung. Obwohl nach der Anamnese 
eine Lyssainfektion ausgeschlossen werden muß (?), wird der im Kuhstall gehaltene 
Hirtenhund (die hochtragende Sterke war bereits vor Auftreten der ersten Er¬ 
scheinungen in den isoliert gelegenen Abkalbestall gebracht worden) herbeigeholt. 
Sobald die Sterke den Hund schon an der Tür zu sehen bekommt, nimmt ihr Auge 
einen wütenden Ausdruck an, sie versucht sich zu erheben und auf ihn los zu stürzen, 
dabei ein schwach heiseres Brüllgeheul ausstoßend. Zerlegung des polizeilich ge¬ 
töteten Tieres ergibt negativen Befund; die veterinärpolizeiliche Wutdiagnose wird 
mikroskopisch bestätigt. 

8« Belm Pferd: Fall 8. Am 3. Osterfeiertag 1923 wurde Verfasser zu einem 
jährigen Fohlen gerufen, das plötzlich unter ganz eigenartigen Symptomen er¬ 
krankt sei. Status praesens: Das gut entwickelte Halbblutfohlen steht mit 2 
andern ebenso gutgenährten Jährlingen in einer Box mit gesenktem Kopfe da, die 
Augen halb geschlossen. Zeitweise bekundet es eine leichte Kolik durch Umsehen 
nach dem Hinterleib und Scharren mit dem Vorderfuße. P. = 68, A. = 22, T. = 39,2°. 
Peristaltik herabgesetzt aber nicht aufgehoben. Kotabsatz unterdrückt. Durst¬ 
gefühl gesteigert , das Fohlen will andauernd Wasser aufnehmen, vermag aber nur 
wenig und ganz langsam abzuschlucken . Kurzfutter wird gar nicht angerührt, Heu 
nur in kleinen Mengen mit den Lippen erfaßt, jedoch entweder bald wieder fallen 
gelassen oder nur zusammengekaut, aber nicht abgeschluckt . Beim Verlassen der 
Box wiehert das Fohlen , das so lange ein dummkollerähnliches Benehmen gezeigt . 
einige Male ganz unmotiviert. Am nächsten Tage telephonischer Bericht: der 
Zustand hat sich verschlimmert; das Fohlen hätte nur mit Mühe nach dem andern 
Gehöft (zur individuellen Pflege bzw. Behandlung) überführt werden können, 
es habe im Kreuz fortwährend geschwankt und sei im neuen Stall sofort zusammen¬ 
gebrochen. Der Gesichtsausdruck wechsele noch öfter wie tags zuvor; einmal 



Rind und Pferd und Vorschläge zur zeitgemäßen wirksamen Bekämpfung. 223 

wiehere ee häufig ohne Anlaß, dann wieder stehe es ganz stumpfsinnig da. — Am 
3. Tage abermalige Untersuchung: das am Boden liegende, in der Nachhand 
völlig gelahmte Fohlen laßt sich ohne Zwangsmittel das (nicht verstellbare und 
zu große) Maulgatter einsetzen: normales Backzahngebiß, gut zerkaute, weiche 
Heuballen in den Backentaschen. Aus dem Pharynx läßt sich ein geformter, 
schluckfertiger Bissen hervorholen, der — fein durchgekaut — nur abgeschluckt 
zu werden braucht. Bei der Beleuchtung der Augen zeigen die erweiterten Pu¬ 
pillen träge Reaktion; bei allen Manipulationen ist das Ohrenspiel auffallend 
lebhaft. In einer Wanne vor- gehaltenen Wassers spült sich das Fohlen mit 
(nicht gelähmter) Zunge und Lippen das Maul fortwährend aus; ein Ansaugen 
des Wassers erfolgt nicht, noch viel weniger eine Aufnahme bis in den Pha¬ 
rynx, infolgedessen kein Regurgitieren! Nach beendeter Untersuchung legt sich 
das Fohlen wieder lang auf die Seite ruhig hin, fährt aber bei unvermuteten 
Geräuschen (Klatschen in die Hände, Zuschlägen der StaUttir) unter heftigen 
Zuckungen zusammen. In der Nacht apoplektiform Exitus letalis. Sektion: völlig 
negativ. Mikroskopischer Befund: negativ. Tierversuch: positiv (Kaninchen er¬ 
lagen der typischen Wut bereits nach 6 Wochen). Nachträglich ermitteltes In¬ 
kubationsstadium: 5 Monate! 

Fall 9. Eine jährige Fohlenstute zeigte lumbagoähnliche Erscheinungen, 
die nach Aderlaß zurücktraten. 3 Tage später völlige Inappetenz, Speicheln, 
leichte cerebrale Erregung, Angriffslust (leichtes Andrängen) gegen sich nähernde 
Personen, jedoch keine Beißsucht, vor allem auch nicht gegen die Nachbarpferde. 
Status praesens am 4. Krankheitstage: die Stute „steht“ mit der rechten Körper¬ 
hälfte dicht an der Krippe angelehnt und nur auf die rechten beiden Extremitäten 
gestützt da, jeden Augenblick umzufallen drohend. Blick ängstlich, Auge trübe, 
Pupillen starr erweitert, Ohrenspiel unregelmäßig (wie bei Dummkoller). Beim 
Klatschen in die Hände große Schreckhaftigkeit (wie bei Tetanus), dabei Hervor¬ 
treten der Blinzhaut. Die beiden linken Extremitäten knickein in den Fesseln. 
Der Durst ist gewaltig gesteigert, das Pferd nimmt eine größere Menge Wasser 
gierig auf; jedoch stürzt diese sofort in breitem Strahl aus den trompetenförmig 
erweiterten Nasenlöchern zurück, danach heftige Hustenstöße. Beim Heraus¬ 
führen aus dem Stalle zur Tötung kam die Stute nicht nur Kreuz und Lende, 
sondern fast noch mehr die Vorhand nicht stützen, so daß sie — die Vorder¬ 
beine immer nach einwärts setzend — eben noch aus der Stalltür herauszu¬ 
taumeln vermag. Sektionsbefund: völlig negativ. Veterinärpolizeiliche Dia¬ 
gnose: Tollwut, gestützt durch die spätere Feststellung, daß um die kritische 
Zeit (vor 6 Wochen) ein wutkranker, vagierender Hund die Fohlenkoppel pas¬ 
siert hatte und mit der Stute „in Berührung gekommen“ war (wahrscheinlich 
Biß am Kopf). 

Wenn man die in der Literatur veröffentlichten und die selbst¬ 
beobachteten atypischen Wutfälle berücksichtigt, so findet man nicht 
so selten folgende klinische Symptome (der stillen Wut): 

1. Beim Hund: a) Erscheinungen von seiten der Augen: Myosis 
und Mydriasis im Wechsel; später an der Grenze vom 2. zum 3. Stadium 
gehen diese in das Lähmungsstadium über, und es kommt zu Strabismus 
und Prölap8U8 palpebrae tertiae, dieser erst temporär (wie beim Tetanus), 
schließlich konstant. Noch später tritt infolge der cerebralen degene- 
rativen Prozesse am Bulbus selbst Schrumpfung ein — die durchsichtige 
Cornea wird trübe und glanzlos, b) Erscheinungen an den Ohren : Krampf 



224 W. Majewski: Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hund, 

der Ohrmuskelstrecker. — Gerade die eigentümlichen Symptome an 
den Augen erscheinen für die Wut spezifisch-pathognostisch gegenüber 
der nervösen Staupe der Hunde, bei der diese nicht nachgewiesen werden 
können, im Endstadium derselben vielmehr nur allgemeine paralytische 
Erscheinungen feststellbar sind. 

2. Beim Rind: a) Einseitiges oder beiderseitiges „ Knickein “ der Hinter - 
fesseln mit Lahmheit und konsekutiver Parese der Nachhand; häufig das 
erste Krankheitszeichen! b) Rectaler Tenesmus mit Tetanus der Schwanz¬ 
strecker. Dieses Phänomen muß als ein schwächerer Grad des meist 
in die Erscheinung tretenden und für die Tollwut des Rindes als spezi¬ 
fisch geltenden (typischen) „Drängens auf den Kot.“ aufgefaßt werden, 
c) Momentane Irritation der Psyche bei Konfrontation mit einem Hunde. 
In jedem Falle des Verdachts auf „stille Wut“ darf die Heranziehung 
dieses Prüfungsmittels nicht unterlassen werden. Wie die Beobachtungen 
lehren, wird auch die bisher keine cerebrale Reizung bekundende, fast 
soporöse Kuh beim Anblick eines Hundes in einem kurzen Moment des 
Wiedererwachens, gleich als ob sie sich des seinerzeitigen Bisses durch 
seinen Artgenossen erinnerte, alle Zeichen wilder Rachsucht deutlich 
erkennen lassen. Zu einer spontanen Auslösung dieses eigenartigen 
Phänomens kommt es in der Praxis nicht immer, da ein Hütehund, der 
dauernd im Stalle liegt, nicht überall vorhanden ist oder das erkrankte 
Rind durch frühzeitige isolierte Ausstallung ihn zu sehen nicht Gelegen¬ 
heit findet. 

3. Beim Pferd: a) Erscheinungen von seiten der Augen und Ohren 
(ähnlich wie beim Hund), b) unmotivierte 'psychische Erregungszustände 
(Schreckhaftigkeit, Wiehern usw.), c) Parese und Paralyse des Schluck¬ 
apparates und der Nachhand. 

Die geschilderten atypischen Erscheinungen sind bisher anscheinend 
nicht immer oder nicht genügend beachtet worden. Sie sollten aber 
wegen ihrer zweifellosen Spezifität gegebenenfalls zu ergründen nicht 
unterlassen werden. 

Nach den Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamtes hat sich 
zunächst im Jahre 1890 ein geringeres , in den Jahren 1896—1899 ein er¬ 
heblicheres Anwachsen der Tollwut im Deutschen Reiche bemerkbar ge¬ 
macht; dann aber nach vorübergehender Steigerung (1904) ein (vom 
Jahre 1910 an) rapides Sinken der Seuchenfälle bis zum Kriege nachweisen 
lassen. Dieser kurz vor dem Kriege günstige Seuchenstand kann nur 
zurückgeführt werden auf die strenge Durchführung der in dem neuen 
Reichsviehseuchengesetz vom 26. VI. 1909 erheblich erweiterten und ver¬ 
schärften veterinärpolizeilichen Bekämpfungsmaßregeln, sowohl nach 
der Seite der Abwehr wie der Unterdrückung. Ferner herrschte die 
Seuche vor dem Kriege jahraus jahrein fast ausschließlich in den Grenz- 



Rind nnd Pferd und Vorschläge zur zeitgemäßen wirksamen Bekämpfung. 225 

bezirken gegen Rußland und Österreich-Ungarn. Einschleppungen in 
die Binnenkreise gelang es stets in kürzerer Zeit zu unterdrücken. Mit dem 
Kriege hat sich auch hier das Gesamtbild vollständig geändert. Die Toll¬ 
wut hat während der Kriegszeit infolge der Abwesenheit einer großen 
Anzahl in der Seuchenbekämpfung tätiger Veterinärbeamter wieder ganz 
erheblich zugenommen. Man durfte aber annehmen, daß mit der Rück¬ 
kehr normaler Zustände nach dem Kriege sich die Zahl der Fälle ver¬ 
mindern würde. Trotzdem hat eine Abnahme der Wuterkrankungen 
nicht stattgefunden, sie haben im Gegenteil mehr und mehr um sich 
gegriffen. Von den Grenzdistrikten hat sich die Seuche stark nach dem 
Innern des Reiches ausgebreitet, im Osten nach Pommern, Mecklenburg, 
Brandenburg, im Westen nach den Reg.-Bezirken Minden und Arnsberg. 
Was den Reg.-Bezirk Köslin anlangt, ist bereits in der ganzen Nach¬ 
kriegszeit die Wutgefahr von Polen her gar nicht so groß, indem gerade 
die Binnenkreise dauernd stark verseucht, während die eigentlichen 
Grenzkreise so gut wie tollwutfrei sind. Es handelt sich also nicht um 
immer wieder erneute Einschleppung, sondern vielmehr um die Nicht¬ 
unterdrückung alter Seuchenherde, die bisher trotz aller immer wieder 
angeordneten — aber nicht wirksam durchgeführten — gesetzlichen Ma߬ 
regeln nicht haben ausgerottet werden können. 

Die Hauptursache dieses beklagenswerten Zustandes ist zweifellos 
zu suchen in der unglaublichen Indolenz der Bevölkerung. Man sollte 
meinen, daß die alle Augenblicke vorkommenden Bißverletzungen von 
Menschen allgemein eine gewisse Angst vor der Infektionsgefahr hervor- 
rufen müßten. Das ist leider nicht der Fall. Ferner hat die Polizei auf 
dem platten Lande ihre Autorität gewaltig eingebüßt. Dazu kommt 
weiter hinzu, daß die unteren Polizeibehörden die viehseuchenpolizei¬ 
liche Anordnung des Landrats, abgestumpft durch die vielen sonstigen 
Publikationen während des Krieges und vielleicht noch mehr in der Nach¬ 
kriegszeit, nicht immer lege artis „ortsüblich bekannt machen“, ge¬ 
schweige denn bis ins kleinste durchführen. So wirft sich die Frage auf, wie 
es dann unter den derzeitigen Verhältnissen doch möglich sei, der Seuche 
Herr zu werden. Denn daß man ihrer wie vor dem Kriege Herr werden 
muß, steht doch außer Frage; dazu wird die Gefahr immer bedrohlicher, 
daß ebenso wie im Kösliner Bezirk auch in anderen Binnenkreisen ende¬ 
mische Tollwutherde geschaffen werden und man diese Seuche durch 
Schleifenlassen der Zügel geradezu züchtet. 

I. Schon die im alten Viehseuchengesetz enthaltenen veterinär¬ 
polizeilichen Maßregeln, die doch noch unzulänglich waren, hatten sich 
nach dem Lobe von Schüder 39 ) als zweckmäßig und segensreicherwiesen. 
Auch der Jahresveterinärbericht des Regierungspräsidenten von Arns¬ 
berg 40 ) spricht sich aus, „daß die rigoros durchgeführten veterinär¬ 
polizeilichen Maßregeln schon 1905 sich tadellos bewährt hätten“. 

16 


Arch. f. Tierheilk. L. 



226 W. Majewski: Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hund, 

In dem Yiehseuchengesetz von 1909 (und den Ausführungsbestimmungen 
des Bundesrats) sind nun ausreichende und genügend wirksame Waffen 
gegeben , um die Tollwut erfolgreich zu bekämpfen. Von den im Gesetz 
vorgesehenen Erleichterungen ist jedoch allgemein kein Gebrauch zu machen , 
da bei dem derzeitigen Seuchenstande ein,»minder gefährdeter Bezirksteir* 
nicht *in Frage kommt. Es müssen also alle (auch die fakultativen) 
Maßregeln angeordnet und vor allem ihre Durchführung erzwungen 
werden. Dazu bleibt nur der Weg, der bereits vor einem Jahrzehnt 
der Maul- und Klauenseuche gegenüber von Nevermann mit so großem 
Erfolge beschritten wurde (Stationierung von Seuchenkommandos im 
Zentrum des Sperrgebiets usw.). Als zusätzliche Anordnung noch: 
„Sofortige Bekanntgabe jedes Wutfalles seitens des Kreistierarztes durch 
Postkarte an die benachbarten Kreistierärzte.“ 

II. Daneben erscheint der vo n Reuter* 1 ) gemachte und von Schubert* 2 ) 
stark unterstrichene Vorschlag der Einführung der Entschädigung auch 
für infolge Tollwut verendete bzw . getötete Hunde einer ernsten Beachtung 
wert. Es ist keine Frage, daß auch das Interesse der Hundebesitzer an 
der Abwehr und Unterdrückung der Seuche mehr herangezogen werden 
und daß dies auf dem gedachten Wege gelingen muß. Die tatsächliche 
Seite, die bestimmte Wertfestsetzung eines getöteten Hundes, bereitet 
heute keine unüberwindlichen Schwierigkeiten mehr. Es wäre der derzeitige 
Marktpreis als „gemeiner Wert“ zu ermitteln, der bei Rassehunden nach 
der derzeitigen Konjunktur für ein Tier gleicher Art verlangt wird, 
und für rasselose, aber durch gute Eigenschaften (Hütehund, Wach¬ 
hund, Begleiter usw.) ausgezeichnete Hunde deren Nutzwert, der als 
Kaufpreis für den zu beschaffenden Ersatz zu erlegen wäre. Persönliche 
Liebhaber- oder Luxuswerte müßten natürlich unberücksicht bleiben. 
Die Entschädigung müßte (wie bei Rindern und Pferden) von dem Gut¬ 
achten des beamteten Tierarztes allein abhängig gemacht werden, wobei 
in besonderen Fällen in dessen Ermessen gestellt ist 48 ), die Diagnose 
durch mikroskopische Untersuchung evtl. Tierversuch zu sichern. Zur 
Erzielung vermehrter Erfüllung der Anzeigepflicht ist Schubert* 2 ) darin 
beizupflichten, daß auch die nach dem Gutachten des beamteten Tier¬ 
arztes tollwutverdächtigen und wegen hochgradigen Ansteckungs¬ 
verdachts polizeilich getöteten Hunde entschädigt werden. Durch diesr 
Vorschrift würde dann auch häufiger der Fall eintreten, den der Gesetz¬ 
geber mit dem § 110, 1 und 2 im Auge gehabt hat, daß der Besitzer schon 
frühzeitig, womöglich telephonisch, dem Kreistierarzt direkt den Seuchen¬ 
fall anzeigt und dieser so auch noch zur Diagnose intra vitam Gelegen¬ 
heit findet. 

III. Schubert* 2 ) hat dann weiter den Vorschlag gemacht, den Eifer 
der polizeilichen Exekutivbeamten dadurch zu heben, daß ihnen für die 
von ihnen getöteten oder eingefangenen tollen Hunde (bei denen 



Rind und Pferd und Vorschläge zur zeitgemäßen wirksamen Bekämpfung. 227 

die Seuche freilich in jedem Falle mikroskopisch bzw. durch Tierver¬ 
such bestätigt, werden müßte) eine beträchtliche Belohnung ausgesetzt 
werde, wenigstens temporär, für durch Tollwut besonders gefährdete 
Zeiten und Gegenden. Gleichzeitig müßte dabei stets der Abschuß aller frei 
umherlaufender Hunde überhaupt zwingend vorgeschrieben werden, 
so daß eine solche Tötung jedenfalls zu rechtfertigen wäre. Auch diese 
Maßnahme erscheint durchaus zeitgemäß und verspricht in der Praxis 
gute Erfolge. Dagegen erscheint die temporäre Aufstellung von Fang¬ 
vorrichtungen weniger praktisch. Auch die von Mießner 46 ) empfohlene 
Zwangsimpfung aller Hunde in der gefährdeten Zone stehen mannig¬ 
faltige Bedenken entgegen, vielleicht könnte die Schutzimpfung als 
fakultative Maßnahme zur Erhaltung hochwertiger Rassehunde gefördert 
werden. 


Zusammenfassung. 

Als in der Praxis Erfolg versprechende zeitgemäße Maßnahmen zur 
Bekämpfung der Tollwut können vorgeschlagen werden: 

1. Rigoros durchgeführte Abwehr- und Tilgungsmaßregeln nach den 
Vorschriften des R.V.S.G., wobei bis auf weiteres sämtliche fakultativen 
Maßnahmen zu obligatorischen zu erheben sind. Erzwingung der Durch¬ 
führung der mit größter Beschleunigung zu publizierenden Anordnungen 
durch besondere Seuchenkommandos. Daneben 

2. Ausdehnung der Entschädigung seitens des Provinzialverbandes 
auf Hunde nach den Entschädigungssatzungen für Rinder und Pferde. 

3. Temporäre Aussetzung von Schußprämien für tollwutbehaftete 
Hunde. 


Literaturverzeichnis. 

4 ) Friedberger-Fröhner, Lehrbuch der spez. Pathologie und Therapie der Haus¬ 
tiere, II. Bd., 1904. — *) Huiyra-Marck, Spez. Pathologie und Therapie der Haus¬ 
tiere. 1922. — 3 ) Fröhner-Zwick, Lehrbuch der spez. Pathologie und Therapie der 
Haustiere, II. Seuchenlehre. I. Teil, 1919. — *) Dieckerhoff, Die Krankheiten des 
Pferdes. 1904. —•*) Batta in Ellenberger-Schütz, Jahresber. üb. d. Leist, a. d. Geb. 
d. Vet.-Med. 1912. — •) Mellis, Rev. veterinaire 1911, S. 284; Dtsch. tierärztl. 
Wochenschr. 1911, Nr. 36. — 7 ) Jakal in Ellenberger-Schütz, Jahresber. üb. d. Leist, 
a. d. Geb. d. Vet.-Med. 1918. — ®) Lipa, ebenda 1906. — ®) Pfeil, Monatsh. f. wiss. 
u. prakt. Tierheilk. *9, H. 5—6. — l0 ) Preuße, Veröff a. d. Jahresvet.-Ber. d. 
beamt. Tierärzte Preußens f. d. Jahr 1904, S 44. — ll ) Becker, ebenda 1907, S 36. — 
»*) Migge, ebenda 1908, S. 34. — l3 ) Elschner, ebenda 1909. S. 33. — 14 ) Wöl fei, 
Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1908, S. 266. — ,s ) Lipa in Ellenberger-Schütz, Jahres¬ 
ber. üb. d. Leist, a. d. Geb. d. Vet.-Med. 1906. — 14 ) Qreiner, Münch, tierärztl. 
Wochenschr. 1906, Nr. 24. — 17 ) Schmidt, Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1918, 
Nr. 27. — 18 ) Dammann, Veröff. a. d. Jahresvet.-Ber. d. beamt. Tierärzte Preußens 
f. d. Jahr 1905, S. 34. — »•) Hesse, ebenda 1907, S. 37. — 20 ) Kindler, ebenda 1909, 
S. 34. — * l ) 1Eisehblätter, ebenda 1908, S. 35. — **) Bauermeister, ebenda 1909, 
S. 34. — 23 ) Migge, ebenda 1909, S. 34. — 24 ) Bupprecht, ebenda 1910, S. 35. — 

16* 



228 W. Majewski: Über atypische Erscheinungen der Tollwut beim Hunde, 


w ) Arndt, ebenda 1910, S. 35. — u ) Nessl in Hutyra-Marek, Spez. Pathologie und 
Therapie 1922, S. 555. — 27 ) Heks, ebenda. — M ) Borelli , ebenda. — 29 ) Hering , 
Magazin f. d. ges. Tierheilk. 1842, S. 479. — 30 ) Merkt , Wochenschr. f. Tierheilk. 
u. Viehzucht £5, Nr. 22. 1881. — 3l ) Auerbach, Zeitschr. f. Veterinärk. 1918, S. 29. 
— 32 ) Mucha , Tierärztl. Rundschau 1922, Nr. 11. — 38 ) Hummel, Veröff. a. <L 
Jahresvet.-Ber. d. beamt. Tierärzte Preußens f. d. Jahr 1909, S. 35. — 34 ) Berner , 
ebenda 1910, S. 34. — 35 ) Arndf, ebenda 1912, S. 36. — 36 ) Darmagnac in Hutyra- 
Marek, Spez. Pathologie und Therapie, 6. Aufl., I. Bd., S. 554ff. — 37 ) OaÜier , 
ebenda. — 38 ) Mestre, ebenda. — 39 ) Schüder, Die Tollwut in Deutschland und ihre 
Bekämpfung. Festschrift zum 60. Geburtstage von Rob. Koch 1903, S. 389 ff. — 

40 ) Veröff. a. d. Jahrevet.-Ber. d. beamt. Tierärzte Preußens f. d. Jahr 1905. — 

41 ) Reuter , Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 1916, S. 183 ff. — u ) Schubert , Dtach. 
tierärztl. Wochenschr. 1922, Nr. 46, S. 601 ff. — 43 ) Veröff. a. d. Jahresvet.-Ber. 
d. beamt. Tierärzte Preußens f. d. Jahr 1909. — 44 ) Mießner, Dtsch. tierärztl. 
Wochenschr. 1923, Nr. 17, S. 195ff. 



Malte«! Ub. 

Ftb 21924 

ARCHIV 

FOB 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

E. ABDERHALDEN-HALLE A.S., ST. ANGELOPF-SOFIA, M. CA8PEB-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBEBGEB-DRESDEN, W. EBNST-SCHLEISSHEIM, 
W. PBEI-ZÜRICH, K. HOBSTETTER-JENA, P. HUTYBA VON SZEPESHELY- 
BUDAPEST, H. JAKOB-UTRECHT OIOLLAND), P.MABTIN-GLESSEN, J. MAREK 
BUDAPEST, ff.MIESSNEB-H ANNOVER, K.NEUM ANN-BERLIN, A.OLT-GIESSEN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 


50. BAND. 3. HEFT 
MIT 1 TEXTABBILDUNG 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1923 



Archiv tür uqU 50, B*mt f Beft K 


t>w «Aitbif för wiss«nsf.liafüiehe und praktische r fierhelTÜkntt 4 e c ' 

erscheint in Bänden ihn je 6 Heilen* //' , A f -* 

Das Archiv erscheint voiii öO* Bande ab^ itach MaUßrn&e des .Materials 

In zwan^loee'üj eur/eln bcrcehuBtcft HitfUitf. r<>»> donwi .whs einen Iian3 yao ?^tws 
42 Bogen hiliien. 

Der für dieses Arciiiv heretbndt^ Baiid^reislm.t seine Öiiltigiteii nur vvS.h^nd de? ffeioer 
des Erscheinens. N*ch Abschluß Tritts jeden Bundes tritt eine wesentliche 'ffchtihm# ein. 

An SendertitaAeJ:» verffeo den perreo Verfassern von Orijj’ina)aibotU i fi 3Ö fee.cn |tiare 
kostenlos gehefert. Öoeh bitter dt© Verl^^hUc^diRndtung, nur di© rttr iateSchlkhen 
Verweridnogr benötigten Jjeste.ti.eTi,• über .die Freietempiariahl Manu* 

bestellte Exemplare ;bet*e>t!ihet.. Rte^Hvrren Mitarbeiter / wurdim- jedoch- i». ihrem 

eigenen lotercäse dmtgend Vgeb^ten; Vhflter vom Verlage -tu erxr*£ejV am 

spätere unliebsame Übe^^AM^*jfcü vermeide«, /, V'|?H Cv‘:; : £ ': v 

Mänuskrtplsenätibj^h; VlUr' daa j&räivVp&lfeft' erbeten aitV- ^ ^ 

-t’ä 4 IS > A : MM .■ » 4 »K I . . .1 1 . fc ■ •* * . '. » A. «, v»M . - • . — • 


Herrn mvnn ;, Berti# NW* Luise#Mr^e : 5§i ?;;>?£#' 

Herrn Professor &r M fessrte r> Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh. jRvg.-Rnt Professor Dr Hvibsleiter t Jena t Veterinäranstali . 

Ea wmf ?4rttU*g©8»UU «te.ß di© ei ögeeimdten Arbeiten dom yAxtJuv^ wim alleiniger* 
Abdruck gegeben werden; Zweidroeko ^ind von der Aufnahme aosgescMom^. 

Im Interesse dorVmbwhngt gebotenen .Sollen die H&rren Verfasser äu| 

knappste Fassung ihrer Arbeiten wtd peddirknknng des AbbiUnngsmeterials auf das 
unbedingt .©rforderlle.b© . Mall bedacht s$ui 

Vfcrlagshttek Jviliua Spcmger 


60. Band. InhaUsverÄeicbxiis. .•• V.x' : -; 3. Heft. 

J. Originalim. Seite 

W&Mßiami, 0., und K* Traufweliu Versuche zut aktiven Bnmumaierung gegen 

Maul» und Klauenseuche . \ .. . . . . . . 229 

Schmidt* Wilhelm. Intravenöse Anwendung von Atepb&nprfipaniten bei Gelenk« 

erkrankiaigen, speziell bei der; ftoilaufartliritis Vau Serumtieren ..... 237 

Für&ftzvhv 4 m tiik<UUn>errsichnU9€* t i*k* lll. !7rn*rMav*eilr ’ 


ah Schwellenrelxmittet als Antiseptikum 

Valrm ä%lge lösiing Yatran pnrlii. 

Y»tr*n-P1tl*R ¥atr«R»Pudcr i :9 

Yatran.(»«in Valrm.Waiitfpaiv«f $ | 

Isc^wach ünd ^tark) \ ; v -y ■ •" _•_ •''• ; •• -'■ >v., ■■■ 

1 Nh D J K A T I Q N S. G E B i E T E 

Aktinomykosa Rira)*ratra^us, 5«xualt»idan KautorkrankutictR 

Botryomykow 8totsn«tMHus,St«rii<tlt itr HwitfMtaitp» 

WaniGMuaiMlIitnc «lut^tkffkranMMitan ITStutet? OtHfcs «xtema 4ar Hstffi&t 

P r Ci 3 pe H •!• »a d Spedi al- Li teia) u f stehe.n !iir V e,i fiju d jj 









Versuche zur aktiven Immunisierung gegen Maul- und 

Klauenseuche. 

Von 

Dr. 0. Waldmann und Dr. K. Trautwein. 

(Aus der Staatlichen Forschungsanstalt Insel Riems [Leiter: Dr. 0. Waldmann].) 

(Eingegangen am 18. August 1923.) 

Die in den letzten 40 Jahren immer wachsende Bedeutung der Vieh¬ 
wirtschaft für die Ernährung unseres Volkes hat es mit sich gebracht, 
daß zur Bekämpfung der wirtschaftlich schädlichsten Seuche in Deutsch¬ 
land, der Maul- und Klauenseuche, immer wieder nach einem wirk¬ 
samen aktiven Immunisierungsverfahren gesucht wurde. 

Dabei haben die außerordentlichen Erfolge der Jenner sehen Schutz¬ 
pockenimpfung die Hoffnung erweckt, daß es bei der Maul- und Klauen¬ 
seuche, die doch nicht wenig Parallelen mit der Pockenseuche zeigt, 
gelingt, ein ähnliches Verfahren der aktiven Immunisierung zu finden. 

Die unverkennbaren Analogien im Verlauf dieser beiden Infektionskrank¬ 
heiten ließen zunächst an eine wechselseitige Immunität denken. Ory 1 ) und 
Seibeii*) haben die Kuhpockenlymphe als Impfstoff gegen die Maul- und Klauen¬ 
seuche empfohlen. Die von ihnen berichteten Erfolge konnten aber bei der Nach¬ 
prüfung nicht bestätigt werden [Loeffler*), Anker*), Starovici*)]. Endgültig geklärt 
erscheint uns diese Frage durch die sehr überzeugenden amerikanischen Versuche 
[Möhler und Rosenau •)]. Im Jahre 1909 war mit japanischer Pockenlymphe 
die Maul- und Klauenseuche in Nordamerika eingeschleppt worden. Im Anschluß 
an die darauf erfolgten Seuchenausbrüche konnten die genannten Autoren ein¬ 
wandfrei beweisen, daß eine wechselseitge Immunität nicht besteht. Neuerdings 
sind Oins 1 ) und Uhlenhvth 8 ) zu denselben Ergebnissen gekommen. 

Weiter hat man, wieder nach Analogie der Pocken, eine Mitigierung des 
Maul- und Klauenseuchevirus zu erreichen versucht. Als Passagetier benützte 
Loeffler das Schwein, dessen Empfänglichkeit etwas hinter der des Rindes zurück¬ 
steht. Die Versuche waren erfolglos. 

Neuerdings haben Waldmann und Pape , sowie Waldmann und Trautwein 
durch Fortzüchtung des Virus im spontan nicht empfänglichen Meerschweinchen 
eine dauernde Mitigierung des Virus zu erreichen versucht. Bis heute ist das Virus 
durch 690 Meerschweinchenpassagen durchgeleitet worden , ohne daß es an seiner 
Virulenz für spontan empfängliche Tiere etwas eingebüßt hat. Diese umfangreichen 
Versuche zeigen, daß bei der Maul- und Klauenseuche die Verhältnisse doch un¬ 
endlich viel schwieriger liegen als bei den Menschenpocken. Dort gelingt es das 
Variolavirus durch einmalige Züchtung über das Rind zu mitigieren und zur 
Schutzpockenimpfung beim Menschen geeignet zu machen. Auf unsere Versuche 
soll weiter unten noch eingegangen werden. 

Arch. t Tferheflk. L. 


17 



230 


0. Waldmann und K. Trautwein: 


Man hat dann weiter versucht, durch physikalische Mittel wie Kälte [ Loeffler ■*), 
De BlieW), Vatlee und Carri 10 ), Rousseau 11 )], sowie durch chemische Mittel 
[ Behla lt ), Leclercq und Ntkod&me 13 ), Horvath 11 )] eine Abschwächung der Lymphe 
bzw. des Blutvirus möglichst bis zum Verlust der Pathogenität aber unter Er¬ 
haltung seiner antigenen Eigenschaften zu erreichen. Praktische Erfolge sind auch 
diesen Versuchen bis jetzt nicht beschieden gewesen. 

Eine besondere Gruppe bilden jene Versuche, bei denen die Autoren durch 
die Applikation von Blut kranker Tiere einen Immunisieningseffekt zu erreichen 
strebten. Dabei wurde von den Autoren auf die Art der Applikation (intravenös 
oder subcutan) besonderer Wert gelegt. Auch die Versuche von Nosotti 1 *) gehören 
hierher. Nosotti verdünnte den Blaseninhalt mit Kammerwasser oder Blutserum 
und impfte damit 2000 Rinder subcutan. Diese erkrankten zum Teil nicht, waren 
aber auch nicht immun, der andere Teil erkrankte an der Seuche. Cosco und 
Aguzzi 1 *) glaubten, durch die intravenöse Injektion von virulenten bzw. mit Virus 
beladenen roten Blutkörperchen, die sie von kranken Tieren gewannen, eine 
Immunität von dreimonatiger Dauer erzielen zu können. Die Nachprüfung der 
Versuche durch De Blieh ergab negative Resultate. An dieser Stelle müssen auch 
die Versuche von Horvath erwähnt werden, der mit defibriniertem virulenten 
Blut angeblich Immunität bis zu 3 Monaten erzeugen konnte. Rousseau machte 
ebenfalls Immunisierungsversuche mit defibriniertem Blut, das von kranken 
Tieren gewonnen und sofort nach der Entnahme auf die Temperatur des schmel¬ 
zenden Eises abgekühlt wurde. Er glaubte damit Erfolge erzielt zu haben. 
Reisinger 17 ) berichtet jedoch über ungünstige Resultate dieser Methode. 

Vallee und Carre 10 ) haben, ausgehend von Nosottis Versuchen, Immuni¬ 
sierungsversuche mit defibriniertem Virusblut angestellt, das durch mindestens 
einmonatigen Aufenthalt in der Kälte „stabilisiert“ werden soll. Im Gegensatz 
zu den anderen Autoren stellen sie die Hypothese auf, daß ohne eine mindestens 
lokale Aphthe keine Immunität entstehen könne und wollen mit ihrem Impfstoff 
eine nur lokale (buccale) Erkrankung erreichen ,die eine sechsmonatige Immunität 
zur Folge hat. Es soll schon hier erwähnt werden , daß unr diese Hypothese nicht 
für richtig halten. Nach unseren Versuchen läßt sich sehr wohl ohne die Erzeugung 
von Aphthen eine aktive Immunität erzielen. 

Als letzte Gruppe müssen jene Versuche erwähnt werden, die die Erzeugung 
einer Immunität durch simultane Impfung bezwecken. Hecker 1 *) empfahl Immun¬ 
blut und virulentes Blut subcutan zu spritzen. Diese Versuche haben einer Nach¬ 
prüfung nicht standgehalten [Nevermann 19 )]. 

An dieser Stelle dürfen auch die Versuche mit dem Loef(Urschen sogenannten 
Seraphthin erwähnt werden, bei denen das Virus mit Immunserum vermischt (sensi¬ 
bilisiert) wurde. Das Gemisch wurde Rindern intravenös und Schweinen intra¬ 
muskulär injiziert. Auch diese Versuche blieben ohne den gewünschten Erfolg. 

Immunisierungsversuche am Rinde, Unseren eigenen Immuni¬ 
sierungsversuchen lag, wie bereits oben erwähnt, zunächst die Annahme 
zugrunde, daß sich das Virus durch fortgesetzte Passagen von Meer¬ 
schweinchen zu Meerschweinchen abschwächen bzw. in eine Form über¬ 
führen ließe, die entweder überhaupt nicht mehr krank macht, aber 
Immunität hinterläßt, oder aber, ähnlich wie die Pockenvaccine, beim 
spontan empfänglichen Tier lediglich eine lokale Infektion hervorruft. 
die zur absoluten Immunität führt. Wir haben das Virus von Zeit zu Zeit 
auf insgesamt 30 Rinder und Schweine zurückgeimpft, ohne jemals eine 
Mitigierung in dem oben gedachten Sinne feststellen zu können. 



Versuche zur aktiven Immunisierung gegen M&ul- und Klauenseuche. 231 


Weiter haben wir versucht, das Virus , durch Überimpfung vom 
Meerschweinchen auf die ebenfalls empfängliche weiße Ratte zu miti- 
gieren. Wir mußten aber die Erfahrung machen, daß es hierbei eher 
zu einer Virulenzsteigerung als zu einer Abschwächung kam. 

Weiter haben wir auch versucht, durch Fortzüchtung von den 
generalisierten Aphthen aus eine Mitigierung zu erreichen. Diese Ver¬ 
suche mißlangen, da das generalisierte Virus nach einigen Meerschwein¬ 
chenpassagen abriß. War das sekundäre Virus infektiös, so zeigte es 
auch keine dauernde Abschwächung. Ebenso versuchten wir Passagen 
über passiv immunisierte Meerschweinchen, bei denen wir nur lokale 
Aphthen erzeugen konnten. Diese Versuche hatten dasselbe Schicksal 
wie diejenigen mit Lymphe aus generalisierten Aphthen. Endlich 
versuchten wir unter dem Einfluß der günstigen Meldungen von Cosco 
und Aguzzi über Immunisierungserfolge mit dem virulenten Meer¬ 
schweinchenblute bei den spontan empfänglichen Tieren zu immuni¬ 
sieren. Hierbei stießen wir auf eine Beobachtung, die uns wichtig genug 
erschien, Versuche in größerem Ausmaße vorzunehmen. Wir konnten 
zunächst feststellen, daß es nicht gelingt, enoachsene undurchseuchte 
Rinder durch subcutane bzw. intravenöse Einverleibung von sicher viru¬ 
lentem Blut maul- und klauenseuchekranker Meerschweinchen zu infi¬ 
zieren. Dabei wurde den Rindern 1—27 ccm Blut von Meerschweinchen, 
dessen Infektiosität durch Weiterimpfung auf Meerschweinchen in 
jedem Falle festgestellt war, subcutan ein verleibt. Das Blut wurde bei 
allen Tieren, bis auf zwei, reaktionslos vertragen. Diese beiden Tiere 
hatten im Anschluß an die Injektion Temperaturerhöhung auf 39,5 
bzw. 39,3°. Unsere anfängliche Meinung, daß das Virus nicht im Blasen¬ 
inhalt, aber im Blut des Meerschweinchens jene Abschwächung erfährt, 
die wir immer erwarteten, konnten wir selbst widerlegen; denn mit diesem 
Virusblut konnten wir bei cutaner Einverleibung beim Rinde eine Er¬ 
krankung hervorrufen. Es muß also, soweit bis jetzt zu erkennen, in der 
Hauptsache in der Art der Applikation die Ursache für das verschiedene 
Verhalten in bezug auf die Infektiosität gesucht werden. Im folgenden 
seien die Versuche im einzelnen dargestellt bzw. beschrieben. 

Den Versuchen dienten zunächst 30 erwachsene Rinder, die zum 
Zwecke der Serumherstellung von Händlern angeliefert wurden. Der 
Händler hatte nach Möglichkeit von jedem Rinde anzugeben, ob es 
Beständen entstammt, die innerhalb der letzten 2 Jahre durchgeseucht 
haben. Die Kenntnis dieser Tatsache ist für die Beurteilung von 
Immunisierungsversuchen unerläßlich. Außerdem haben wir die 
Empfänglichkeit bzw. Wiederempfänglichkeit bei allen Tieren im 
Experiment festgestellt. 

Die Einzelheiten dieser Durchseuchungsprüfung sind bereits ver¬ 
öffentlicht. (Siehe B. T. W. Jahrgang 1921, Nr. 38, S. 449.) Waldmann 

17 * 



232 


O. Waldmann und K. Trautwein: 


und Pape haben festgesteljt, was seither in vielfachen Versuchen von 
uns nachgeprüft und bestätigt wurde, daß Rinder, deren Serum in der 
Menge von 10 ccm keinerlei generalisationshemmende oder -verzögernde 
Wirkung beim infizierten Meerschweinchen ausübt, als hochempfänglich 
zu bezeichnen sind. Derartige Tiere zeigen nach spontaner und künst¬ 
licher Infektion den typischen Krankheitsverlauf. 

Wir haben demgemäß von allen 30 Rindern, die nach ihrer Ankunft 
auf der Insel sofort im unverseuchten Isolierstall aufgestellt wurden, 
zum Zwecke der Serumprüfung eine kleine Menge — 100 ccm — Blut 
entnommen. Hierauf wurden die Prüfungsversuche angesetzt. Zur 
Vermeidung von Zeitverlusten sind die Rinder, ohne das Ergebnis der 
Serumprüfung abzuwarten, sofort nach der Blutentnahme mit einer 
bestimmten Menge virulenten Meerschweinchenblutes gespritzt worden. 

Nach Versuchen der Anstalt [Setgraewx® 0 )] ist der Erreger bei nor¬ 
malem Infektionsablauf in der 28. bis 30. Stunde p. i. in optimaler 
Konzentration und Virulenz im Blute des Meerschweinchens vorhanden. 
Das zu dieser Zeit jeweils gewonnene Mischblut von mehreren Tieren 
wurde defibriniert und sofort auf die Versuchsrinder verimpft. Seine 
Virulenz wurde, wie bereits erwähnt, in allen Fällen durch Infektion 
von je 2 Meerschweinchen nachgeprüft. 

Nach 8 Tagen lag das Ergebnis der Serumprüfungsversuche vor. 
Danach haben sich von den 30 in den Versuchen verwendeten Rindern 
13 als hochempfänglich herausgestellt. Die mit dem Serum dieser Rinder 
gespritzten Meerschweinchen erkrankten generalisiert wie die unvorbe- 
handelten Kontrollen, das Serum aller übrigen Tiere vermochte die 
Generalisation bei den betreffenden Versuchsmeerschweinchen entweder 
ganz zu verhindern oder doch um einige Tage zu verzögern. Diese Rinder 
hatten also als durchgeseucht und nicht hochempfänglich zu gelten. 

Von den insgesamt 30 mit Meerschweinchenblut vorbehandelten Rin¬ 
dern wurden also 17 aus den Versuchen ausgeschaltet. Die 13 hochemp¬ 
fänglichen Rinder wurden nach Ablauf von 8—21 Tagen nach erfolgter 
Meerschweinchenblutinjektion in den Seuchenstall verbracht. Dort er¬ 
folgte sofort die Kontrollinfektion der Tiere. Der Veruschsverlauf bei den 
13 hochempfänglichen Rindern wird einzeln im folgenden wiedergegeben: 

1. Kuh 13 am 1. X. 1921 mit 5 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 15 Tagen mit 0,1 ccm Schweinelymphe intracutan an der Ober¬ 
lippe infiziert. Ohne Reaktion. 

2. Kuh 14 am 1. X. 1921 mit 5 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne Re¬ 
aktion. Nach 15 Tagen mit 0,1 ccm Schweinelymphe intracutan an der Oberlippe 
infiziert. Ohne Reaktion. 

3. Kuh 17 am 22. X. 1921 mit 3 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Tempe¬ 
ratur am 24. X. 39,4°, am 25. X. 39,1°, am 30. X. 39,5°, am 2. XI. 39,5°. Nach 
15 Tagen 0,1 ccm Schweinelymphe intravenös. Ara 10. XI. Temperatur 39,2 c , 
am 16. XI. 39,7°. Sonst ohne Befund. 



Versuche zur aktiven Immunisierung gegen Maul- und Klauenseuche. 233 

4. Kuh 19 am 22. X. 1921 mit 5 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Tempe¬ 
ratur am 28. X. 39,3°. Sonst ohne Befund. Nach 15 Tagen 0,1 cmm Schweine¬ 
lymphe intravenös. Ohne Reaktion. 

5. Kuh 20 am 22. X. 1921 mit 6 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 15 Tagen 0,1 ccm Schweinelymphe intravenös. Ohne Reaktion. 

6. Kuh 25 am 5. XI. 1921 mit 3 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 15 Tagen 5 ccm Schweinelymphe intravenös. Temperatur am 
20. XI. 39,1°, am 23. XI. 39,5°, am 27. XI. 39,1°. Sonst ohne Befund. 

7. Kuh 29 am 15. XI. 1921 mit 15 ccm Blut intravenös und 7 ccm Blut 
subcutan vorbehandelt. Ohne Reaktion. Nach 9 Tagen 10 ccm Meerschweinchen¬ 
blut subcutan. Ohne Reaktion. 

8. Kuh 31 am 15. XI. 1921 mit 15 ccm Blut intravenös und 7 ccm Blut 
subcutan vorbehandelt. Ohne Reaktion. Nach 9 Tagen 10 ccm Meerschweinchen¬ 
blut subcutan. Ohne Reaktion. 

9. Kuh 33 am 15. XI. 1921 mit 15 ccm Blut intravenös und 7 ccm Blut 
subcutan vorbehandelt. Ohne Reaktion. Nach 8 Tagen 3 ccm Schweinelymphe 
intravenös. Ohne Reaktion. 

10. Kuh 35 am 18. XI. 1921 mit 27 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 17 Tagen 2 ccm Schweinelymphe intravenös. Ohne Reaktion. 

11. Kuh 40 am 24. XI. 1921 mit 1 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 11 Tagen 1,8 ccm Schweinelymphe intravenös. Ohne Reaktion. 

12. Kuh 3 am 20. XII. 1921 mit 1 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 21 Tagen mit Schweinelymphe-Strohwisch im Maul infiziert. 
Am 11.1.1922 markstückgroße Erosion an Unterlippe. Am 12.1. geringes Speicheln. 
Keine Temperatursteigerung. Keine Generalisation. 

13. Kuh 4 am 20. XII. 1921 mit 1 ccm Blut subcutan vorbehandelt. Ohne 
Reaktion. Nach 21 Tagen mit Schweinelymphe-Strohwisch infiziert. Am 15. I. 
1922 talergroße Zwischenklauenerosion. Ebensolche Erosion am Ballen. Am 
17. I. Temperatur 39,5°. 

Die Versuchszusammenstellung zeigt, daß die Rinder das in der 
Menge von 1—27 ccm subcutan bzw. intravenös gespritzte Virusblut 
reaktionslos vertragen haben. Geringgradige Temperatursteigerung 
bis 39,5 bzw. 39,3° trat lediglich bei 2 Tieren auf. Temperaturen 
unter 39° sind in der Tabelle nicht angegeben. Bemerkenswert ist, 
daß die großen Dosen — 22 und 27 ccm — ganz fieberlos vertragen 
wurden. 

Die Kontrollinfektion der Tiere erfolgte unter äußerst schweren 
Bedingungen. Zunächst wurden die Tiere, bis auf 2, die mit virulentem 
Meerschweinchenblut infiziert wurden, mit sicher krankmachenden 
Dosen hoch virulenter Schweinelymphe intravenös bzw. intracutan 
oder durch energisches Einreiben von Lymphe mit einem Strohwisch 
ins Maul künstlich infiziert. Viruskontrollen waren die für die Zwecke 
der Serumherstellung täglich infizierten Schweine und Rinder. Sodann 
waren die Versuchstiere der dauernden Kontaktinfektion in den schwer 
verseuchten Ställen ausgesetzt. Sie standen zum Teil zwischen schwer 
erkrankten Rindern und wurden von demselben Wärter wie diese 
gepflegt. Trotzdem sind 11 von 13 Tieren gesund geblieben. 2 von diesen 
11 Tieren zeigten lediglich Temperaturerhöhung bis 39,5 bzw. 39.7°. 



ö. Waldmann und K. Trautwein: 


m 

(Zur klinischen Untersuchung wurden die Tiere niedergelegt, um eine 
genaue Klauenuntersuchung zu ermöglichen.) 

Das Versagen der Immunisierung bei den 2 erkrankten Tieren führen 
wir auf zu kleine Dosierung des Impfstoffes zurück. Es war natürlich unser 
Bestreben, durch immer niedrigere Dosierung die geringste, zum Immuni¬ 
sierungserfolg noch genügende Menge des Virusblutes zu ermitteln. Nach 
unseren Versuchen scheint der Erfolg bei 1 ccm zweifelhaft. Wir möchten 
5 ccm vorläufig für die wirksame Mindestdosis halten. 

Es ist aber auch naheliegend, daß geringe Grade von Immunität, 
die einer Spontaninfektion standhalten würden, durch die von uns 
angewandte rigorose Art der Kontrollinfektion durchbrochen werden. 
Das Vorhandensein eines gewissen Grades von Immunität bei den 
2 erkrankten Bindern ist unseres Erachtens daraus zu ersehen, daß 
die Erkrankung in einem Falle lokal und ohne Fieber und klinisch 
kaum bemerkbar verlief. Im andern Falle konnten wir die Erschei¬ 
nungen an den Klauen nur nach dem Niederlegen des Tieres feststellen. 
Versuche in der Praxis können unter Umständen zu einem besseren 
Ergebnis bzw. zu einer Verringerung der Virusdosis führen. * 

Uber das Ergebnis der Immunisierung suchten wir uns zum Teil 
schon vor der Kontrollinfektion auch auf serologischem Wege Gewi߬ 
heit zu verschaffen. Eine bei 3 Kühen (29, 31, 40) vorgenommene 
Serumprüfung ließ keine Zweifel darüber, daß durch die Vorbehand¬ 
lung bei diesen Tieren tatsächlich Immunkörper im Blute aufgetreten 
waren. Es ergab sich, daß das Serum der Rinder, das vor der Behand¬ 
lung in Mengen von 9—10 ccm die Generalisation nicht verhinderte, 
8—14 Tage nach der Virusblutimpfung in einer Menge von 2—3 ccm 
die Meerschweinchen vor der Generalisation zu schützen vermochte. 
Es zeigten die Versuchsrinder somit fast dieselben Serum werte wie 
Rekonvaleszentenserum, also Serum von spontan durchseuchten 
Rindern (1,5—2 ccm). 

Aus dem Ergebnis der Serumprüfung zusammen mit dem negativen 
Ausfall der Kontrollinfektion geht somit hervor, daß von 13 Groß- 
rindem nach subcutaner bzw. intravenöser Injektion von 1—27 ccm 
virulentem Meerschweinchenblut 11 aktiv immun geworden sind. 

Versuche an Kälbern und Schweinen. Nach dem ermutigenden 
Ausfall der Versuche am Großrind setzten wir dieselben am Schweine 
und Kalb fort. Es war anzunehmen, daß das virulente Meerschweinchen¬ 
blut bei diesen Tieren dieselbe antigene und dabei nicht krankmachende 
Wirkung wie bei den Rindern ausüben würde. Es sei gleich hier be¬ 
merkt, daß diese Annahme durch den Ausfall der Versuche sich als 
falsch erwiesen hat. 

Den Versuchen dienten 24 ebenfalls zunächst im Isolierstall unter¬ 
gebrachte Schweine, die mit 0,1—20 ccm Meerschweinchen virusblut 



Versuche zur aktiven Immunisierung gegen Maul- und Klauenseuche. 235 


subcutan bzw. intramuskulär gespritzt wurden. Von der intravenösen 
Injektion wurde Abstand genommen, weil sie bei 2 so behandelten 
Schweinen erhebliche anaphylaktoide Erscheinungen auslöste. 

Der Ausfall der Impfungen muß als ungünstig bezeichnet werden. 
Im Anschluß an die Blutimpfung erkrankten 14 Schweine nach drei- 
bis viertägiger Inkubation zum Teil leicht, zum Teil recht erheblich. 
9 Tiere vertrugen zwar die Blutimpfung reaktionslos, erkrankten 
jedoch nach der Kontrollinfektion im Seuchenstall, die mit der aller¬ 
dings sehr hohen Dosis von 0,5 ccm Schweinelymphe intravenös oder 
intracutan an der Rüsselscheibe oder im Maule vorgenommen wurde, 
wie die unvorbehandelten Kontrollen. Nur 1 Schwein reagierte auf 
die Blutimpfung sowie auf die Kontrollinfektion negativ. Da Schweine 
im allgemeinen weniger empfänglich sind als Rinder und keine Durch¬ 
seuchungsprüfung vorausgegangen war, so wird das im ganzen negative 
Ergebnis der Versuche am Schwein durch den einen positiven Fall 
nicht beeinflußt. Wir werden in der Folge versuchen, bei Schweinen 
evtl, mit simultaner Impfung zum Ziele zu kommen. 

Die Möglichkeit einer Impfung von Kälbern ist noch nicht geklärt, 
da uns für diese Versuche rtur 2 Tiere zur Verfügung standen. Zudem 
fanden die Versuche im Winter statt. In dem exponierten und kalten 
Isolierstall ging uns eines der empfindlichen Tiere während der Ver¬ 
suche interkurrent ein, das andere mußte notgeschlachtet werden. 
Die Fortsetzung der Kälberversuche hat sich bisher noch nicht er¬ 
möglichen lassen. 

Zusammenfassung. Zusammenfassend ergeben unsere Versuche, 
daß es zweifellos gelingt, mit virulentem Meerschweinchenblut bei 
subcutaner und intravenöser Injektion bei erwachsenen Rindern eine 
aktive Immunität ohne Erkrankung des Impftieres zu erzielen. Die 
Prüfung auf Schutzstoffe im Blute der immunisierten Tiere ergibt 
Ausschläge, die fast an die heranreichen, die bei durchgeseuchten 
Rindern gefunden werden. Von 13 Tieren erwiesen sich 11 als total 
immun und 2 als teilimmun. Letztere erkrankten lokal. 

Bei Schweinen sind wir mit dieser Methode der aktiven Immuni¬ 
sierung bis jetzt nicht zum Ziele gekommen. Falls sich in der Praxis 
eine Immunisierung der Schweinebestände überhaupt als notwendig 
erweisen sollte, müssen wir versuchen, durch simultane Impfung zum 
Ziele zu kommen und bei den Tieren durch gleichzeitige Einverleibung 
von Schutzserum die Erkrankung zu verhindern. 

Die Versuche wurden bereits im Jahre 1921/22 vorgenommen und 
mußten wegen der Erweiterungsbauten unserer Anstalt abgebrochen 
werden. Sie werden zu gelegener Zeit fortgesetzt. Auch beabsichtigen 
wir unter Umständen in geeigneten Beständen der Praxis zunächst in 
kleinem Umfange Immunisierungsversuche vorzunehmen. 



236 0. Waldmann und K. Trautwein: Versuche zur aktiven Immunisierung usw. 

Die Veröffentlichung der Versuche zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt, 
um auch andere Stellen, die sich mit der experimentellen Bearbeitung 
der Maul- und Klauenseuche beschäftigen, zu veranlassen, bei sich 
bietender Gelegenheit Versuche in der Praxis in kleinerem Umfange 
vorzunehmen. 


Literaturverzeichnis. 

*) Ory , Berl. tierärztl. Wochenschr. 1907, Nr. 29, S. 555. — 2 ) Seibert , zitiert 
nach Fröhner-Zwick , Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der Haus¬ 
tiere, 8. Auflage. Bd. II, Teil 1, S. 652. — 3 ) Loeffler , in Friedberger-Pfeiffer, 
Lehrbuch der Mikrobiologie. Bd. 2, S. 1091 ff. 1919. — 4 ) Anker , Berlin, tierärztl. 
Wochenschr. 1907, Nr. 49, S. 882. — 5 ) Starovici, zitiert nach Hutyra-Marek , 
Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. 5. Auflage. Bd. I, S. 369. — 
Ä ) Möhler und Rosenau , The origin of the recent outbreak of foot-and-mouth 
disease in the United States. Washington 1909. — 7 ) Gins und Weber, Zentral bl. 
f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, Orig. 88, 181. 1922. — 
8 ) Uhlenhuth, Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, 
Orig. 89, 165. 1923. — 9 ) De Blieh , Rapport omtrent onderzoekingen betreffende 
mond- en klauwzeer. Utrecht 1920. — 10 ) Vallee und Carre, Referat in Tierärztl. 
Rundschau 1923, Nr. 18, S. 230. — n ) Rousseau , zitiert nach Titze, Berl. tierärztl 
Wochenschr. 1921, Nr. 45, S. 532. — 12 ) Behla , Berl. tierärztl. Wochenschr. 1892, 
Nr. 49, S. 577 und 1898, Nr. 15, S. 171. — 13 ) Leclercq und Nikodbne , zitiert nach 
Hutyra-Marek, Lehrbuch der speziellen Pathologie und Therapie der Haustiere. 
5. Auflage. Bd. I, S. 369. — 14 ) Horvath , Referat in der Berl. tierärztl. Wochenschr. 

1921, Nr. 40, S. 475. — 15 ) Nosotti, zitiert nach Casper, Berl. tierärztl. Wochenschr. 
1907, Nr. 20, S. 401. — 1Ä ) Cosco und Aguzzi, Studi sperimentali sulTafta epizootica. 
Milano 1922. Prove d’immunizzazione contro l’afta epizootica. La clinica veteri- 
naria 1917, Nr. 8, S. 223. — 17 ) Reisinger , Referat in der Berl. tierärztl. Wochenschr. 

1922, Nr. 37, S. 434. — 18 ) Hecker , Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1900, Nr. 3, S. 21. 
— 19 ) Nevermann , Berl. tierärztl. Wochenschr. 1913, Nr. 30, S. 537. —*°) v. Seigneux , 
Referat in der Berl. tierärztl. Wochenschr. 1922, Nr. 2, S. 16. 



(Aus der Staatlichen Serumanstalt Kl.-Ziethen [Direktor Dr. WtidiUin].) 

Intravenöse Anwendung von Atophanpräparaten bei Gelenk¬ 
erkrankungen, speziell bei der Rotlauf arthritis von Serumtieren. 

' Von 

Assistent Dr. Wilhelm Schmidt. 

(Eingegangen am 6. Oktober 1923.) 

Von allen Abkömmlingen der Chinolincarbonsäure besitzt, wie 
Nicolaier und Dohm 1 ) als erste feststellten, die 2-Phenylcinchoninsäure 
„Atophan“ von der Konstitutionsformel 


HC C-COOH 



in besonderem Grade die Eigenschaft, die Hamsäureausscheidung beim 
Menschen zu vermehren. Auf Grund dieser Eigenschaft wurde das 
Atophan zunächst ein souveränes Mittel in der Gichtbekämpfung. Denn 
systematische Untersuchungen ergaben auf der einen Seite, daß es in 
seiner Wirkung auf die Harnausscheidung allen Salicylpräparaten 
weit überlegen war, andererseits wurden niemals außer einer Rot¬ 
färbung des Harns Störungen im Allgemeinbefinden beobachtet. Dar¬ 
über stimmen zahlreiche Literaturangaben ebenso überein, wie sie in 
ihren Erklärungen über den Wirkungsmechanismus auseinander gehen. 

Während Nicolaier und Dohm die gesteigerte Harnsäureausscheidung als 
Folge einer vermehrten Büdung auffassen, die sie wiederum als eine Art toxischer 
Wirkung des Atophans auf diejenigen Faktoren annehmen, welche bei der Harn¬ 
säureausscheidung in Betracht kommen, wirkt Atophan nach Starkensteina*) 
neueren Untersuchungen omnicellulär und führt dadurch zu einer Umstimmung 
des gesamten Organismus und seiner Vitalität. Seine früheren Tierversuche, die 
er im Verein mit Wieschoicski 3 ) anstellte, ergaben, daß es beim Frosch, Hund, 
Kaninchen, bei der Maus und Katze unter der Atophanwirkung zu leichten Krämp¬ 
fen und Paresen, bei Hunden und Katzen sogar zu einer eigenartigen komatösen 
Krankheit kommt. Die intravenöse Einverleibung ruft beim Kaninchen eine 
zentrale Beizung des Vagus- und Vasomotorenzentrums hervor, der dann eine 
Herabsetzung der zentralen Erregbarkeit folgt. Nach subcutaner Injektion sinkt 
beim Kaninchen und Hunde die normale Körpertemperatur um einige Grade, 



238 W. Schmidt: Intravenöse Anwendung von Atophanpräparaten 


Der Eintritt der durch Senfölinstillation ins Auge bedingten schweren Chemosis 
kann durch vorherige Atopbaninjektion beim Kaninchen (0,5 subcutsn pro kg 
Körpergewicht 1 Stunde vorher) vollkommen verhindert werden. Dohm*) stellte 
dann fest, daß das Atophan seine antiphlogistische Wirkung der Phenylgruppe 
verdankt, bzw. daß diejenigen Atophanderivate antiphlogistisch wirken, in denen 
die Phenylgruppe enthalten ist. Zahlreiche Berichte aus der ersten Zeit über 
Untersuchungen an gesunden und kranken Menschen zeigten übereinstimmend 
eine antipyretische, eine antiphlogistische und eine analgetische Eigenschaft des 
Atophans. Dementsprechend ist das Mittel außer bei der Gicht auch auf vielen 
anderen Gebieten der Humanmedizin seit langer Zeit in Anwendung gebracht 
worden. So wurde z. B. bei akutem und subakutem Gelenkrheumatismus des 
Menschen eine auffallend rasche Wirkung erzielt, während bei chronischem Ge¬ 
lenkrheumatismus dieser Effekt nicht beobachtet werden konnte. Bei gonor¬ 
rhoischen Gelenkaffektionen konnte in der Mehrzahl der Fälle keine Beeinflussung 
durch Atophan festgestellt werden. 

Ebenso wirksam wie das Atophan erwies sich seine 6-Methylverbindung 
(Paratopban), sowie dessen 8-Methoxyverbindung (Isatopban). Der Äthylester 
des 6-methylierten Atophans, Novatophan, hat sich nach den Untersuchungen 
von Bendix*) ebenso bewährt wie Atophan, vor dem es außerdem den Vorzug voll¬ 
kommener Geschmacklosigkeit besitzen soll. 

In der Veterinärmedizin scheint Atophan, nach den spärlichen 
Literaturangaben zu xuteilen, bisher keine größere Anwendung ge¬ 
funden zu haben. Nur Habersang ®) berichtet über einen Fall von 
Gelenkrheumatismus beim Pferd, den er mit Atophan (10,0 pro die) 
bessern konnte. 

In neuerer Zeit bringt die chemische Fabrik auf Aktien (vorm. 
Schering) das Atophan als Natronsalz in neutraler Lösung unter dem 
Namen „Atophan zur Injektion“ in den Handel. Damit wurde es 
möglich, Atophan mit anderen ähnlich wirkenden Arzneimitteln zu 
kombinieren und so seine Wirkung zu verstärken. Nach ZiegwaUners 7 ) 
Untersuchungen hat sich die Kombination von äa 0,5 Atophan- 
natrium und Natrium salicylicum bei der Behandlung des menschlichen 
Gelenkrheumatismus außerordentlich bewährt, so daß die genannte 
Firma nunmehr diese Kombination als „Atophanyl“ herstellt. Um 
die Wirkung dieses und eines anderen injizierbaren Atophanpräparates 
bei der Rotlaufarthritis der großen Serumtiere zu erproben, wurde der 
Staatlichen Serumanstalt von der Firma eine Anzahl Ampullen von 
je 42 ccm Atophanyl und „Präparat Nr. 227“ zur Verfügung gestellt. 
Präparat Nr. 227 setzt sich zusammen aus: 10% Atophan, 10% Natr. 
salicyl., 34% Hexamethylentetramin und 0,2% Novocainaoetat. 9 lahme 
Tiere erhielten zunächst 6 Tage jeden zweiten Tag 42 ccm Atophanyl 
intravenös injiziert und dann nach Bedarf in denselben oder längeren 
Zwischenräumen weitere Injektionen, wie folgende Protokolle zeigen: 

Maultier, 4 Jahre alt, ungefähr 1 / ! Jahr in der Anstalt. Seit etwa 8 Wochen 
Gonitü links, die 8 Tage lang vergeblich innerlich mit Natr. salicyl. (bis 80,0 pro 
die) behandelt worden war. Patient belastet in der Ruhe und im Schritt hinten 
linka nur die Zehe, im Trab überhaupt keine Belastung. Nach 2 Injektionen inner- 



bei Gelenkerkrankungen, speziell bei der Rotlaufarthritis von Serumtieren. 239 

halb von 4 Tagen versucht das Tier am 5. Tag den kranken Fuß im Schritt zu 
belasten. Am 6. Tag fußt es mit der ganzen Sohle im Schritt. Erhält nochmals 
42 ccm intravenös. 4 Tage später ist die Lahmheit im Schritt und bei Drehbe¬ 
wegungen nach beiden Seiten verschwunden, im Trab nur zeitweise leichte Stütz¬ 
beinlahmheit. 20 ccm intravenös. 3 Tage später ist der Gang bis auf eine schwache 
Verkürzung des Schrittes im Trab frei. Während einer lOtägigen Beobachtungs¬ 
zeit hält die Besserung an, dann tritt plötzlich wieder der alte Zustand ein. Darauf 
bekommt das Tier wiederum 3 mal je 42 ccm intravenös, ohne daß diesmal die 
Lahmheit vollkommen verschwindet. Nach der 3. Injektion fand wohl eine Be¬ 
lastung der ganzen Sohle im Schritt statt, im Trab dagegen wurde nur die Zehe 
belastet. Während der Behandlung mit Atophanyl wurde Patient nicht mit 
Rotlaufbacillen geimpft. Die 1. Rotlaufimpfung fand erst 3 Tage nach der letzten 
Atophanylinjektion statt. Nach der Impfung hochgradige Stützbeinlahmheit 
im Schritt. 

Nr. 2. Esel, etwa 15 Jahre alt, über 1 Jahr in der Anstalt. Seit ungefähr 
6 Wochen Gonitis links, die innerlich mit salicylsaurem Natron und äußerlich 
mit schmerzstillenden Einreibungen (Chloroform. Ol. Lini ää) 14 Tage lang ohne 
jeden Erfolg behandelt worden war. In der Ruhe wird der kranke Fuß meist 
entlastet. Im Schritt fußt Patient nur mit der Zehe, im Trab überhaupt keine 
Belastung. Nach 2 intravenösen Injektionen von je 20 ccm (kleines Tier, 1,04 m 
groß) belastet er wieder den kranken Fuß in der Ruhe und im Schritt, im Trab 
dagegen nur die Zehenspitze. 2 weitere Injektionen mit derselben Dosis innerhalb 
von 7 Tagen führten eine weitere Besserung herbei, so daß die Lahmheit bei der 
nächsten Impfung mit Rotlauferregem nahezu verschwunden war. 

Nr. 3. Maultier, 12 Jahre alt, 1 Jahr in der Anstalt. Omarthritis beiderseits 
seit ungefähr 4 Wochen. Nicht vorbehandelt. Im Schritt mittelgradige Hang¬ 
beinlahmheit. Patient ist nicht imstande, den Kopf zu beugen und vom Boden 
zu fressen. Nach 2 Injektionen von je 42 ccm ist der Gang etwas freier. Patient 
kann den Kopf bis auf 3 Handbreiten an den Boden heranbringen. Dieser Zustand 
bleibt nach einer 3. Injektion bis zur Impfung mit Rotlaufbacillen unverändert. 

Nr. 4. Pferd, 9 Jahre alt, 8 Wochen in der Anstalt. Allgemeiner steifer Gang 
auf allen 4 Beinen, schlechter Fresser. Kann ebenfalls den Kopf nicht abbeugen. 
Nicht vorbehandelt. Nach 2 Injektionen ist der Appetit besser, Patient kann vom 
Boden fressen. Eine 3. Injektion macht den Gang bis zur Rotlaufimpfung ziemlich 
frei. 2 Tage nach der Impfung ist der Gang wieder allgemein steif. Eine neue 
Injektion von 42 ccm schafft keine Besserung. 3 Tage nach der Impfung geht das 
Tier an Herzschwäche ein. 

Nr. 5. Pferd, 13 Jahre alt, 1 Monat in der Anstalt. Seit 8 Tagen hinten rechte 
schwere Stützbeinlahmheit. Tendinitis und Tendovaginitis des Krön- und Huf¬ 
beinbeugers. Nicht vorbehandelt. Patient schont den kranken Fuß in der Ruhe 
und belastet im Schritt nicht. Nach einer Injektion versucht er des öfteren im 
Schritt den kranken Fuß zu belasten. Nach der 2. Injektion ist die Lahmheit im 
Schritt fast verschwunden, im Trab leichte Stützbeinlahmheit. 3. Injektion 3 Tage 
später, am selben Tage Impfung mit einer größeren Menge Rotlaufkultur. Lahm¬ 
heit hinterher nicht verstärkt. 10 Tage nach der Impfung ist jede Lahmheit 
vensch wunden. 

Nr. 6. Pferd, 12 Jahre alt, nicht mit Rotlaufbacillen infiziert. Akute Dis¬ 
torsion im Fesselgelenk, hinten links, seit 3 Tagen. Ursache unbekannt. An¬ 
schwellung um den Fessel, vermehrt warm, schmerzhaft, Steilstellung des Fessels. 
Patient belastet in der Ruhe nur die Zehe. Im Schritt erhebliche Stützbeinlabm- 
faeit, die sich im Trab verstärkt. Nach einer Injektion versucht er den kranken Fuß 
zu belasten. Nach der 2. Injektion belastet er am 5. Tag im Schritt die ganze Sohle ? 



240 W. Schmidt: Intravenöse Anwendung von Atophanpr&p&raten 


im Trab leichte Stützbeinl&hmheit. Am 6. Tag ist die Lahmheit vollkommen 
verschwunden und tritt auch bei späteren Rotlaufinfektionen nicht wieder zum 
Vorschein. (4 Wochen Beobachtungszeit.) 

Nr. 7. Pferd, etwa 15 Jahre alt, 2 Monate in der Anstalt, 5 mal mit Rotlauf¬ 
bacillen geimpft. Diffuse Schwellung am linken Hinterbein vom Knie- bis Fessel¬ 
gelenk seit 3 Tagen, besonders ausgeprägt um das Sprunggelenk. Flexionsstellung 
in der Ruhe, der kranke Fuß wird im Schritt nicht belastet. Nach Kühlung Ver¬ 
schlimmerung. Nach 2 Injektionen wird im Schritt die Zehe belastet. Nach einer 
3. Injektion fußt Patient mit der ganzen Sohle, im Schritt leichte, im Trab mittel- 
gradige Stützbeinlahmheit. 3 Tage später wiederum 42 ccm intravenös. Darauf 
am nächsten Tag Lahmheit bis auf Steifheit verschwunden. Zustand bleibt un¬ 
verändert auch nach 3 Impfungen mit großen Rotlaufbacillenmengen. 

Nr. 8. Maultier, 9 Jahre alt, 7* Jahr in der Anstalt. Gonitis rechts seit 10 Tagen. 
Belastet in der Ruhe und im Schritt nur die Zehenspitze, schwere Stützbeinlahm¬ 
heit, trabt auf 3 Beinen. Nach einer Injektion versucht das Tier im Schritt die 
Sohle zu belasten, nach der 2. Injektion besteht im Schritt eine mittelgradige, im 
Trab eine erhebliche Stützbeinlahmheit. Ein Tag spater mit Rotlauferregern 
infiziert, im Anschluß daran 41° Fieber. 42 ccm Atophanyl. Temperatur nach 
*/i Stunde um 1° gefallen. Nach 4 Stunden ist die Temperatur wieder auf der 
alten Höhe und hält sich während der nächsten 2 Tage um 40°. Die Lahmheit 
ist nach der Impfung unverändert. 2 Tage später nochmals 20 ccm intravenös. 
Nach 2 Tagen 42 ccm intravenös und Impfung mit großer Rotlaufkulturmenge. 
Trotzdem fußt Patient 3 Tage später mit der ganzen Sohle im Schritt, im Trab 
leichte Stützbeinlahmheit. 20 ccm intravenös. Tot am nächsten Tag: Herzlahmung. 

Nr. 9. Pferd, 20 Jahre alt, 3 Wochen in der Anstalt. Nach einer Rotlauf¬ 
impfung Gonitis links. Besteht seit 8 Tagen. Patient belastet hinten links nur 
Zehe, im Schritt mittelgradige Stützbeinlahmheit, Trab auf 3 Beinen. 42 ccm 
Atophanyl und Impfung mit Rotlaufbacillen. Am nächsten Tag wird der kranke 
Fuß im Schritt nicht belastet. Drehen nach der gesunden Seite sehr schmerzhaft. 
Nach der 2. Injektion wird teilweise im Schritt die Zehe belastet, nach der 3. In¬ 
jektion im Schritt die Sohle, im Trab die Zehe. 4 Tage später unverändert. 2 Tage 
darauf Lahmheit bis auf Verkürzung des Schrittes hinten links verschwunden. 
Nochmals 20 ccm Atophanyl. Zustand während der nächsten 3 Tage unverändert, 
nach einer neuen Rotlaufimpfung wiederum Verschlechterung. 

In derselben Weise wurden 11 andere Serumtiere mit Präparat Nr. 227 behandelt: 

Nr. 10. Pferd, 12 Jahre alt, a / 4 Jahre in der Anstalt. Seit etwa 3 Wochen 
Omarthritis beiderseits. Patient steht steif vor der Krippe und ist nur mit Gewalt 
vorwärts zu bewegen. Hat seit 14 Tagen nicht gelegen. Die innerliche Behandlung 
mit Salicylsäure, salicylsaurem Natron (bis 80,0 pro die) kombiniert mit schmerz¬ 
stillenden Einreibungen ist ohne jeden Einfluß geblieben. Das Pferd ist in seinem 
Futterzustande ganz erheblich zurückgegangen. Es frißt nur noch, wenn es mit 
Gewalt an die Krippe geführt wird. 3 Injektionen haben nur den kleinen Erfolg, 
daß Patient leichter an die Krippe zu bringen ist. Der Appetit ist allerdings bereits 
nach der 2. Injektion bedeutend besser. Am 7. Tag gelingt es, die beiden Vorder¬ 
füße vom Boden emporzuheben, was vorher unmöglich war. Am 8. Tag 20 ccm 
intravenös. Bis zum 10. Tag unverändert. Nochmals 42 ccm intravenös. Am 
11. Tag geht Patient mit stolpernden, steifen Schritten auf die Koppel. Es besteht 
eine schwere Hangbeinlahmheit auf beiden Vorderbeinen, starke Abductions- 
stellung beiderseits. Besserung hält 6 Tage an. Am Morgen des 18. Tages liegt 
das Pferd und ist nicht mehr zum Aufsteben zu bringen. Schlachtung! Bei der 
Sektion Gelenkknorpel vom Humeruskopf mit zahlreichen rauhen Fortsätzen ver¬ 
sehen, Beginn einer inneren Ankylose. Endothel der Gelenkkapsel stark verdickt 



bei Gelenkerkrankungen, speziell bei der Rotlaufarthritis von Serumtieren. 241 


Nr. 11. Pferd, 15 Jahre alt, 4 l / t Jahre in der Anstalt. Polyarthritis infectiosa. 
Allgemeiner steifer Gang. Besonders ausgeprägt Omarthritis links, Hangbein¬ 
lahmheit vorn links, Schmerzen beim Beugen und Strecken des Schultergelenkes, 
kann nicht vom Boden fressen. Äußerlich vorbehandelt mit schmerzstillenden 
Einreibungen. Nach 2 Injektionen versucht Patient, Gras vom Boden zu fressen. 
Nach der 3. Injektion ist der Gang weniger steif. Patient bringt den linken Vorder¬ 
schenkel besser vor. Impfung mit Rotlaufbacillen, hinterher Verschlimmerung der 
Lahmheit. 2 neue Injektionen innerhalb von 6 Tagen stellen am 7. Tag wiederum 
den Zustand vor der letzten Impfung her. Wird 3 Tage später nochmals mit Rot¬ 
laufbacillen geimpft. Zustand bleibt unverändert während der folgenden Blut¬ 
entziehung. Hinterher besteht ein steifer Gang, Patient kann aber vom Boden 
fressen. 

Nr. 12. Pferd, 12 Jahre alt, 7i Jahr in der Anstalt. Sprunggelenksentzündung 
beiderseitig seit ungefähr 3 Wochen. Hinten rechts durch vorher angegebene 
Therapie (Nr. 10) etwas gebessert. Das linke Hinterbein wird in der Ruhe meist 
entlastet, im Schritt und im Trab schwere Stützbeinlahmheit. Patient liegt viel 
und kann nicht allein aufstehen. Nach 2 Injektionen von je 42 ccm innerhalb von 
4 Tagen belastet das Pferd am 5. Tag hinten links in der Ruhe und auch im Schritt. 
Drehung nach der gesunden Seite ist schmerzhaft. Im Schritt leichte, im Trab 
mittelgradige Stützbeinlahmheit. Erhält nochmals 20 ccm intravenös, darauf ist 
die Lahmheit 3 Tage später im Schritt verschwunden, im Trab leichte Sttitzbein- 
lahmheit. Wird von neuem mit Rotlaufbacillen infiziert. Im Anschluß an die 
Impfung wiederum erhebliche Stützbeinlahmheit, die aber nach 7 Tagen ohne 
Behandlung bis auf eine leichte Verkürzung des Schrittes verschwindet. Dann 
tritt plötzlich eine serös-eitrige Conjunctivitis auf, Bulbi treten auf beiden Seiten 
stark hervor, Sehvermögen vollkommen erloschen. Als Derivans erhält Patient 
auf beiden Halsseiten je 5,0 Ol. Terebinth. subcutan. Schwellung der Lider geht 
zurück. Allgemeinbefinden schwer gestört: Patient säuft und frißt wenig. 42 ccm 
Nr. 227 schaffen Besserung, Patient frißt wieder halbe Rationen. Das Nebenpferd 
ist auf dem linken Auge ebenso erkrankt. Krankheit bleibt aber hier auf das linke 
Auge beschränkt und das Sehvermögen erhalten (dieselbe Therapie). Pferd Nr. 12 
geht 3 Tage später an Herzlähmung ein. 

Nr. 13. Pferd, 10 Jahre alt, l / 2 Jahr in der Anstalt. Seit 14 Tagen Gonitis 
rechts ohne Erfolg in der angegebenen Weise vorbehandelt. Der kranke Schenkel 
wird meistens in Beugestellung gehalten. Erhebliche Stützbeinlahmheit im Schritt, 
die sich im Trab verstärkt. Nach 2 Injektionen wird der kranke Schenkel wieder 
belastet, im Schritt ist die Lahmheit fast verschwunden. Nach der 3. Injektion 
besteht nur noch im Trab eine leichte Stützbeinlahmheit, 2 Tage später wird 
Patient mit Rotlaufbacillen infiziert. Zustand bleibt unverändert. Nach 3 weiteren 
Rotlaufimpfungen tritt wieder eine mittelgradige Stützbeinlahmheit auf, die nach 
3 Injektionen innerhalb von 8 Tagen (1 mal 42 ccm, 2 mal je 20 ccm) verschwindet. 
Nach der nächsten Rotlaufimpfung trat keine Lahmheit auf. 

Nr. 14. Pferd, 12 Jahre alt, 1 / 2 Jahr in der Anstalt. Gonitis und Omarthritis 
link« ohne Erfolg 14 Tage in der beschriebenen Weise behandelt. Schlechter Fresser. 
Im Schritt mittelgradige, im Trab erhebliche Lahmheit. 2 Injektionen wirken 
bessernd auf den Appetit, bleiben aber ohne Einfluß auf die Lahmheit. Patient 
geht 2 Tage nach der letzten Injektion an Herzschwäche ein. 

Nr. 15. Pferd, 9 Jahre alt, 1 f t Jahr in der Anstalt. Seit 6 Wochen Gonitis 
rechts. Vorbehandelt wie oben ohne jeden Erfolg. Belastet im Schritt nur die Zehe, 
im Trab überhaupt nicht den kranken Schenkel. Nach einer Injektion fußt Patient 
mit der ganzen Sohle, nach 2 weiteren Injektionen besteht im Schritt eine leichte, 
im Trab eine mittelgradige Stützbeinlabmheit. Impfung mit Rotlaufbacillep. 



242 W. Schmidt: Intravenöse Anwendung von Atophanpräparaten 


2 Tage später besteht nur noch eine Verkürzung des Schrittes hinten rechts im 
Schritt, im Trab leichte Sttitzbeinlahmheit. 3 Tage darauf ist die Lahmheit ver¬ 
schwunden. Nach der nächsten Rotlaufimpfung tritt eine starke Omarthritis 
beiderseitig auf. Patient kann den Kopf nicht abbeugen. Die Lahmheit hinten 
rechts ist bis auf einen steifen Gang verschwunden. Dieser verliert sich nach 
2 Injektionen, nach einer 3. Injektion bekommt das Pferd den Kopf bis auf 2 Hand¬ 
breit an den Boden herab. Da das Serum trotz wiederholten Rotlaufimpfungen 
nicht genügend Antistoffe enthält, wird das Pferd verkauft. 

Nr. 10. Pferd, 13 Jahre alt, seit 2 Monaten in der Anstalt. Patient hatte eine 
schwere Blinddarmverstopfung tiberstanden und während anderthalb Wochen 
meist gelegen. Hinterher Schwellung auf rechtem Ellenbogenhöcker, auf linkem 
Htifthöcker eitrige Wunde, eiternde Schwellung über dem rechten Auge. Schwellung 
auf dem rechten Htifthöcker und handtellergroße, stark eiternde Wunde über dem 
linken Karpalgelenk. Gelenkhöhle geöffnet, Synovia fließt mit Eiter gemischt ab. 
Die eitrige Karpitis wird mit Jodtinktur behandelt. Okklusiwerband. Die anderen 
Schwellungen lassen nach Öffnung einen übelriechenden Eiter entleeren und 
werden antiseptisch behandelt. Außerdem besteht hinten rechts eine diffuse 
Anschwellung vom Knie- bis Fesselgelenk, vermehrt warm und schmerzhaft 
Patient frißt wenig. Temperatur 39,5 °. Nach einer Injektion geht die Anschwellung 
hinten rechts zurück, Appetit wird besser. Die Temperatur hält sich die beiden 
ersten Tage post injectionem um 38,5°. Am 3. Tag wiederum 20 ccm intravenös, 
2 Tage darauf ist die Anschwellung hinten rechts verschwunden. Die Wunde am 
Carpus wird mit Sulfofix behandelt und zeigt entschieden große Tendenz zur 
Heilung. 2 weitere Injektionen von je 42 ccm innerhalb von 6 Tagen. Appetit 
normal, Gesamtbefinden nicht gestört. Wunde wird offen behandelt, von den 
Rändern schiebt sich bereits ein etwa 1 ccm breiter Epithelsaum über die Wund¬ 
fläche. .Patient wird wieder mit Rotlauferregern geimpft. 

Nr. 17. Pferd, 5 Jahre alt, l 1 /* Jahre in der Anstalt. Omarthritis links seit 
ungefähr 10 Tagen. Äußerlich ohne Erfolg mit schmerzstillenden Einreibungen 
vorbehandelt. Im Trab mittelgradige gemischte Lahmheit. 2 Tage nach der 
ersten Injektion ist die Lahmheit bis auf eine Verkürzung des Schrittes vorn links 
verschwunden. Während der Blutentziehung wird mit der Behandlung ausgesetzt, 
nach 14 Tagen besteht nur noch die leichte Verkürzung des Schrittes. 

Nr. 18. Pferd, 7 Jahre alt, 6 Monate in der Anstalt. Gonitis links seit 8 Tagen. 
Flexionsstellung des kranken Schenkels in der Ruhe, im Schritt mittelgradige, im 
Trab erhebliche Sttitzbeinlahmheit. Nach der letzten Impfung tritt die Lahmheit 
in verstärktem Maße auf. Nicht vorbehandelt. 2 Injektionen von je 42 ccm haben 
nur den Erfolg, daß der kranke Schenkel in der Ruhe belastet wird. Die Lahmheit 
bleibt unverändert. Während der Blutentziehung wird die Behandlung unter¬ 
brochen. 14 Tage später ist die Lahmheit bis auf Verkürzung des Schrittes hinten 
links verschwunden. 

Nr. 19. Pferd, 12 Jahre alt, 2 Monate in der Anstalt. Omarthritis rechts seit 
4 Tagen. Nicht vorbehandelt. Patient kann den lahmen Schenkel nur langsam 
Vorbringen, starke Abductionsstellung. Nach 2 Injektionen ist der Zustand un¬ 
verändert. Nach 3 Injektionen ist die Lahmheit im Schritt bis auf unsicheren 
Gang verschwunden. Im Trab besteht noch mittelgradige Hangbeinlahmheit. 
Deshalb 3 Tage später nochmals 42 ccm intravenös. 4 Tage nach der letzten 
Injektion ist jede Lahmheit bis auf einen steifen Gang verschwunden. 

Nr. 20. Pferd, 10 Jahre alt, 7* J ft hr in der Anstalt. Gonitis und Sprung¬ 
gelenksentzündung rechts seit ungefähr 6 Wochen. Vergeblich 14 Tage lang mit 
schmerzlindernden Einreibungen vorbehandelt. In der Ruhe wird nur die Zehe 
hinten rechts belastet, im Schritt nimmt Patient nur für einen kurzen Augenblick 



bei Gelenkerkrankungen, speziell bei der Rotlaufarthritis von Serumtieren. 243 

die Körperlast mit dem kranken Schenkel auf. Trab auf 3 Beinen. Nach einer 
Injektion wird die Sohle in der Ruhe belastet, teilweise auch bereits im Schritt. 
Nach einer 2. Injektion belastet das Tier im Schritt die Sohle, es besteht nur noch 
im Trab eine leichte Stutzbeinlahmheit. Eine 3. Injektion 1 Tag vor der Rotlauf* 
impfung. Lahmheit hinterher bedeutend stärker. Bis zur nächsten Impfung mit 
Rotlaufkultur unverändert. Nach der Impfung besteht im Schritt eine leichte, im 
Trab eine mittelgradige Stützbeinlahmheit. Nach einer Injektion ist die Lahmheit 
im Schritt verschwunden; vor der nächsten Impfung 3 Tage Bpäter nochmals 
42 ccm intravenös. Hinterher im Schritt mittelgradige, im Trab erhebliche Stütz¬ 
beinlahmheit. Während der Blutentziehung wird die Behandlung unterbrochen. 

Sämtliche 8 mit Atophanyl behandelten Fälle von Rotlaufarthritis 
wurden durch die Behandlung gebessert. Die Heilung der nicht in¬ 
fektiösen Fesselgelenksdistorsion Nr. 6 konnte durch 2 Injektionen 
zum mindesten beschleunigt werden. In diesem Fall handelt es sich 
einwandfrei um eine Dauerheilung. Wie weit die an Heilung grenzenden 
Besserungen der übrigen infektiösen Lahmheiten von Bestand waren, 
vermag ich nicht zu entscheiden. Alle Tiere wurden während der Be¬ 
handlung mit Ausnahme von Nr. 1 und 10 zum Teil mehreren Impfungen 
mit Rotlaufbacillen unterworfen. Im allgemeinen genügten 3 In¬ 
jektionen von je 42 ccm innerhalb von 6 Tagen, um eine sinnfällige 
Besserung zu erzielen. 

Ähnli ch lagen die Verhältnisse bei der Anwendung des Präparates 
Nr. 227. Einen Unterschied in der Wirkung beider Atophanpräparate 
konnte ich nicht beobachten. Auch hier trat meist nach 3 Injektionen 
eine auffällige Besserung ein, die ich mit Salicylpräparaten niemals in 
ähnlicher Weise erreichen konnte. Über die Heilung in Nr. 13 und 
die Besserungen gilt das vorher Gesagte. Bei den beiden Tieren, die 
Während der Behandlung nicht mit Rotlaufbacillen geimpft wurden, 
war eine Heilung in dem einen Fall (Nr. 12) nicht mehr möglich, wie 
der Sektionsbefund ergab. Nr. 1 konnte durch wiederholte Injektionen 
wohl auffallend gebessert werden. Beim Aussetzen des Mittels verlor 
sich aber die Besserung nach 10 Tagen. Da auch bei den übrigen 
Tieren nach einer neuen Rotlaufimpfung zumeist wieder eine Ver¬ 
schlimmerung eintrat, scheint mir eine direkte Beeinflussung der im 
Endothel sitzenden Bacillen nicht stattzufinden, das Hauptmoment 
der Atophanwirkung liegt vielmehr in der analgetischen Wirkung. 
Denn übereinstimmend konnte bei sämtlichen behandelten Tieren 
schon nach 1 bis 2 Injektionen eine verbesserte Futteraufnahme und 
damit eine Hebung des Allgemeinbefindens konstatiert werden, was ich 
einer Schmerzlinderung gleichsetzen möchte. 

Eine Schädigung des Organismus habe ich nicht gesehen. Teil¬ 
weise wurden 5 Injektionen reaktionslos vertragen. Die Todesfälle 
sind auf die wiederholten Rotlauf impfungen zurückzuführen. Sie halten 
sich innerhalb der normalen Grenzen bei der Rotlaufimmunisierung. 



244 W. Schmidt: Intravenöse Anwendung von Atophanprftp&raten nsw. 

Die Bildung der Antistoffe wurde durch die Behandlung nicht gestört. 

Für die antiphlogistische Wirkung des Präparates scheint Nr. 16 ein 
Beispiel zu sein. Trotz bedenklichen Anzeichen von Decubitus und 
schwerer Störung des Allgemeinbefindens genügten in diesem Fall 
l 1 /* Injektionen, um eine Besserung herbeizuführen, und 2 folgende In¬ 
jektionen, um die Störung des Allgemeinbefindens zu beseitigen. 

Die für den Menschen festgestellte antipyretische Wirkung wurde 
in den Fällen Nr. 8 und 16 beobachtet. Sie ist aber so geringgradig, 
daß die Präparate in der Veterinärmedizin nicht als brauchbare Anti- 
pyretica angesprochen werden können. 

Somit konnte also bei Equiden eine auffällige analgetische, eine 
antiphlogistische und nebenbei auch eine antipyretische Wirkung 
des Atophanyls und des Präparates Nr. 227 festgestellt werden. Ob 
diese Präparate in der Praxis ebenso gute Erfolge zeitigen werden, 
müssen spätere Nachprüfungen ergeben. 

Zusammenfassung. 

1. Atophanyl und Präparat Nr. 227 sind besser als Salicylpräparate 
geeignet , bei der Rotlaufarthritis der großen Serumtiere eine auffallende 
Besserung herbeizuführen. 

2. Die Bildung der Immunkörper wird durch die intravenösen Injek¬ 
tionen nicht gestört. 

3. Beide Präparate zeigen eine deutliche analgetische, antiphlogistische 
und nebenbei auch eine antipyretische Wirkung. 

4. Bei Equiden wird der Oesamtorganismus durch die Behandlung 
nicht schädlich beeinflußt. 


Literaturverzeichnis. 

1 ) Nicolaier, A., und M. Dohm, Dtsch. Arch. f. klm. Med. 13. 1908. — *) Star¬ 
kenstein, E., Münch, med. Wochenschr. 1919, Nr. 8. — *) Starkenstein, E., und 
W. Wieschouxki, Prager med. Wochenschr. 16, L 1913. — 4 ) Dohm, Jf., Therapie 
d. Gegenw. 1913, H. 6. — *) Bendix, A., Therapie d. Gegenw. 1912. — •) Haber¬ 
sang, Monatsh. 1919, XXX, 177. — ? ) ZiegdtcaUner, Med. Klinik 1923, Nr. 22. 



(Aus der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden.) 


Beiträge zur Indikation und Ausführung der Hysterektomie 

bei kleinen Haustieren. 

Von 

Dr. Ewald Berge, 

Assistent. 

(Eingegangen am 5 . September 1923.) 

Die Veröffentlichungen über Operationen an den Geschlechts¬ 
organen unserer Haustiere mittels Laparotomie sind verhältnismäßig 
spärlich. Deshalb möchte ich im folgenden zur Vervollständigung der 
Kasuistik der in Frage stehenden Operationen über die Fälle berichten, 
welche von mir in den letzten Jahren in der Klinik für kleine Haustiere 
operiert worden sind. 

Der operative Eingriff findet seine Indikation in erster Linie in 
jenen Fällen, in denen eine normale Entwicklung der Föten aus be¬ 
stimmten Gründen unmöglich ist. Solche Ursachen sind: Wehen¬ 
schwäche, die durch Verabreichung von Exzitantien bzw. Odinegoga 
nicht behoben werden kann, fehlerhafte Lagen, Stellungen oder Hal¬ 
tungen, absolut zu große, abgestorbene und emphysematose Früchte. 
In den Fällen, in welchen die Geburt schon mehrere Stunden, unter 
Umständen mehr als 48 Stunden im Gange war, ohne daß ein Partus 
erfolgte, ist die geburtshilfliche Laparotomie der manuellen Entwicklung 
bzw. der Embryotomie entschieden vorzuziehen, da die Tiere durch 
die nicht operativen Eingriffe erfahrungsgemäß oft so erheblich ge¬ 
schwächt werden, daß nach kurzer Zeit der Tod infolge allgemeiner 
Schwäche eintritt. Andererseits ist besonders bei kleinen Zwerghund¬ 
rassen und anderen kleinen Tieren das Eingehen mit den Fingern oder 
Instrumenten sehr erschwert und die Gefahr sehr groß, daß die Geburts¬ 
wege verletzt werden und danach leichter zugänglich für Infektionen 
sind. Läßt das Allgemeinbefinden des Tieres die Prognose auf das 
Überstehen einer Operation mit der dazu notwendigen Narkose günstig 
erscheinen, dann sollte in jedem Falle zur Operation geschritten werden. 
Die operative Entfernung der Föten aus dem Muttertiere kann auf 
zweierlei Weise geschehen: entweder durch die Sectio caesarea, den 
Kaiserschnitt, bei welchem der Uterus erhalten bleibt, oder durch 
Amputation der Gebärmutter mitsamt seinem Inhalte, der Hvster- 

18 


Arch. f. Tierheflk. L. 



246 


PI Berge: Beiträge zur Indikation und 


ektomie. Die Sectio ist dann angezeigt, wenn die Geburt erst kurze 
Zeit im Gange ist, und noch keine Eingriffe per vaginam stattgefunden 
haben, eine Infektion des Uterus also voraussichtlich noch nicht ein- 
getreten ist. Ferner bleibt nur die Wahl des Kaiserschnittes dann, 
wenn das Fortbestehen der Zuchtfähigkeit gewünscht wird. In allen 
anderen Fällen aber, vornehmlich dann, wenn die Möglichkeit einer 
Infektion der Geburtswege bereits gegeben ist — Eingriffe von Laien, 
abgestorbene, emphysematose Früchte — dürfte die Resektion des 
Uterus von vornherein prognostisch am aussichtsreichsten zu be¬ 
werten sein. 

In zweiter Linie wird die Hysterektomie indiziert, wenn patho¬ 
logische Veränderungen am Uterus vorhanden sind. Dazu gehören 
zunächst die verschiedenen Formen der Metritis. 

Das Hauptsymptom bei der Gebärmutterentzündung der Hündin 
bildet der Ausfluß aus der Scheide. Bei akuten Entzündungen ist das 
abfließende Exsudat schleimig, dünnflüssig, fast geruchlos und nur in 
geringer Menge vorhanden. Bei chronischen Entzündungen wird das 
Exsudat dagegen reichlicher abgesondert, die Konsistenz ist zäher, 
bisweilen dickflüssig, rahmartig, in anderen Fällen mißfarben, mit 
blutigen Striemen durchsetzt oder fast schokoladenartig braun und im 
höchsten Grade übelriechend. Die Entleerungen des Exsudats erfolgen 
entweder dauernd, indem fortwährend Exsudat zwischen den ge¬ 
schwollenen Schamlippen hervordringt, oder es folgen schubweise 
Entleerungen größerer Mengen. Dies geschieht dann namentlich beim 
Niedersetzen der Tiere, beim Kot- und Urinabsatz. Bei der Unter¬ 
suchung der Scheide mit dem Speculum sieht man, daß verschieden 
große Exsudatmengen in der Vagina vorhanden sind, und daß sich das 
gleiche Exsudat aus dem mehr oder weniger weit geöffneten Mutter¬ 
mund ergießt. Das Allgemeinbefinden der Tiere ist vielfach nur un¬ 
erheblich gestört, meist ist nur vorübergehender Appetitmangel be¬ 
merkbar. In vereinzelten Fällen besteht dagegen höhergradige Tem¬ 
peratursteigerung oder Abmagerung. Eine besondere Form von Me¬ 
tritis bildet die Pyometra, d. h. jener Zustand, bei dem die Gebärmutter 
sich nur selten nach längeren Intervallen öffnet und das Exsudat ab¬ 
fließen läßt, oder bei dem ein vollkommener Verschluß des Muttermundes 
dauernde Exsudatansammlung im Uterus bewirkt. Dadurch kommt es 
zu einer starken Erweiterung der einzelnen Gebärmutterabschnitte, so daß 
diese unter Umständen eine deutliche Hervorwölbung der Flanken¬ 
gegenden zur Folge haben. Bei der Palpation der Bauchdecken läßt dann 
die Fluktuation des Uterusinhaltes die Diagnose sichern und eine etwa 
vom Besitzer des Tieres gemutmaßte Gravidität ausschließen. 

Eine radikale medikamentöse Behandlung, z. B. in Form von 
Spülungen, ist bei diesen Metritiden unserer kleinen Haustiere aus- 



Ausführung der Hysterektomie bei kleinen Haustieren. 247 

sichtslos. Die anatomischen Verhältnisse bei den Hunden, die lange 
Scheide, die außerdem kranial verhältnismäßig eng ist, der enge Cervical- 
kanal, machen die Einführung von Spülkathetem in den Uterus so gut 
wie unmöglich. Fast ganz ausgeschlossen ist aber das Einbringen von 
Kathetern in die engen und langen Uterushömer, deren Lumen über¬ 
dies bei chronischen Metritiden keine gleichweite Röhre darstellt. In 
das Innere der Hörner ragen vielmehr verschieden große entzündliche 
Gewebswucherungen, welche streckenweise den ganzen Hohlraum 
ausfüllen und auf diese Weise Anlaß zu Exsudatstauung und dadurch 
bedingten ampullenförmigen Erweiterungen der Hörner geben. Bei 
chronischen Metritiden finden weiterhin nach Retraktion des entzündlich 
proliferierten Gewebes vielfach Einziehungen der Uteruswände statt, 
die dann in Form von Knickungen und Strikturen das Entstehen von 
Nischen und Taschen bewirken, in denen sich das entzündliche Exsudat 
festsetzt. Selbst wenn aber teilweise mit Hilfe von Spülungen, etwa 
mit Wasserstoffsuperoxyd, auf mechanischem Wege eine Entleerung 
der Exsudatmengen erfolgen könnte, so ist doch kaum eine Heilung 
der hochgradigen pathologisch-anatomischen Veränderungen an den 
Geweben der Uteruswände zu erhoffen. Aus diesem Grunde ist eine 
radikale Therapie nur durch die Exstirpation der Gebärmutter zu 
erreichen, und solange das Allgemeinbefinden des Patienten die Operation 
noch aussichtsreich erscheinen läßt, ist sie in jedem Falle anzuraten. 
Vorsichtig ist die Prognose nur zu stellen bei der nicht selten vor¬ 
kommenden Pyometra alter Tiere, weil bei bejahrten Hündinnen 
häufig lebensgefährliche Herzschwäche als Folge der Narkose eintritt. 

Andere krankhafte Prozesse, welche die Hysterektomie indizieren, 
sind Tumoren am Uterus. 

Als eine weitere Indikation hat sich für uns die Resektion der Gebär¬ 
mutter dann ergeben, wenn von den Besitzern der Tiere die Kastration 
verlangt wird. Da es den Eigentümern aus Bequemlichkeitsrücksichten 
meist nur darum zu tun ist, daß bei Hündinnen die Konzeption und 
damit der Geburtsakt unmöglich gemacht werden soll, so habe ich 
hier in solchen Fällen an Stelle der Ovariotomie die Amputation des 
Uterus vorgenommen, um einerseits einen nach Exstirpation der Eier¬ 
stöcke vielleicht eintretenden übermäßigen Fettansatz zu vermeiden 
und andererseits durch Erhaltung der innersekretorischen Funktion 
der Ovarien den weiblichen Charakter des Tieres zu bewahren. 

Das zur Operation notwendige Instrumentarium besteht aus 2 Skal¬ 
pellen, 1 krummen und 1 geknöpften Schere, 1 anatomischen und 
1 Hakenpinzette, etwa 6 Arterienklemmen, 3 größeren und 3 kleineren 
gebogenen Nadeln, Nadelhalter, 2 Wundhaken, 6 Tuchklammem, Seide 
und eventl. Catgut, Thermokauter, 4 Tüchern zum Abdecken des 
Operationsfeldes, 1 Tuch zum Umwickeln des Thermokautergriffes, 

18 * 



248 


£. Berge: Beiträge zur Indikation und 


wenn zum. Brennen des Amputationsstumpfes (s. unten) kein Assistent 
zur Verfügung steht. Als Tücher zum Abdecken kann man in der 
Praxis am besten leinene Taschentücher verwenden, die mit dem In¬ 
strumentarium nach allgemein chirurgischen Regeln durch Auskochen 
zu sterilisieren sind. 

Die Vorbereitung des Tieres zur Operation besteht zunächst in 
Verabreichung eines Narkoticums. Wir injizieren dem Hunde je nach 
Größe und Alter eine entsprechende Menge Morph, hydrochlor. Die 
Dosis schwankt etwas zwischen 0,03 bei Zwerghundrassen und 0,08 bei 
großen Tieren, wie z. B. kräftigen deutschen Schäferhunden. 15 bis 
20 Minuten nach der Injektion — es muß mindestens das nach Morphium¬ 
injektion eintretende Erbrechen abgewartet werden — wird der Patient 
in Rückenlage durch Anbinden an den vier Extremitäten auf den 
Operationstisch fixiert. Darauf katheterisiert man zunächst die Blase, 
damit sie bei stärkerem Füllungszustande nicht bei der Operation dadurch 
stören kann, daß sie sich ballonartig zwischen die Wundränder hervor¬ 
drängt und den Zugang zur Gebärmutter verlegt. Dann wird die Haut 
der ventralen Bauchwand von der Beckensymphyse bis zum Schaufel¬ 
knorpel rasiert, mit Seifenspiritus abgewaschen und mit Benzin entfettet. 
Die Desinfektion des Operationsfeldes erfolgt durch Abreiben mit offizi- 
neller Jodtinktur oder 5% Thymolspiritus. Dann wird das Operationsfeld 
durch Anheften steriler Tücher mit Tuchklammern an die Haut ab¬ 
gedeckt, so daß in der Medianlinie ein ca. 3—4 cm breiter und 10 bis 
12 cm langer Hautabschnitt frei bleibt. Caudal muß dieser Ausschnitt 
bis nahe an die Beckensymphyse heranreichen. Bis zum Beginn der 
Operation wird das frei bleibende Hautstück mit steriler Gaze bedeckt. 
Sollte die Narkose noch nicht vollständig sein (Reaktion des Tieres 
beim Festklemmen der Tücher an die Haut), so verabreicht man dem 
Tiere Äther-Chloroformgemisch ää bis zur Toleranz. 

Die Schnittführung erfolgt etwa 1 / 2 cm neben der Linea alba in 
einer Länge von 6—10 cm. Zunächst wird die äußere Haut durch¬ 
trennt. Das dazu benutzte Messer wird dann beiseite gelegt und im 
weiteren Verlaufe der Operation nicht mehr benutzt, um das Steril¬ 
halten der tiefer liegenden Gewebsschichten nach Möglichkeit zu ge¬ 
währleisten. Die entstandenen Blutungen aus den Hautgefäßen werden 
sorgfältig durch Abdrehen oder Unterbinden gestillt. Dann wird die 
lockere Subcutis und schließlich die Muskulatur der Bauchdecke durch¬ 
schnitten. Hierbei auftretende Blutungen werden wiederum restlos 
zum Stehen gebracht. Das nunmehr freiliegende Peritoneum wird in 
der Mitte der Wunde mit der Hakenpinzette in einer Falte erfaßt, 
diese wird durchschnitten und durch die Öffnung eine geknöpfte Schere 
eingeführt, mit der nun nach beiden Längsrichtungen der Wunde hin 
das Bauchfell vollends eröffnet wird. Um ein Zurückziehen des Peri- 



Ausführung der Hysterektomie bei kleinen Haustieren. 


249 


toneums von den Wundrändem zu verhüten, wird es mit 2 Klemmen 
— jederseits eine — an die Muskulatur festgeklemmt. Die nun weiter 
zu verfolgende Operationstechnik ist für die geburtshilfliche Amputation 
des Uterus und die bei der Metritis indizierte Hysterektomie dieselbe. 
Es wird zunächst das eine Uterushom aus der Bauchhöhle heraus¬ 
gezogen. Dann wird das Mesovarium am tubenseitigen Ende des Homes 
doppelt mit Seide unterbunden und zwischen den Ligaturen durch¬ 
schnitten. Die im Mesometrium verlaufenden Uterusgefäße werden 
dann bündelweise bis an die Cervix heran ebenfalls doppelt unter¬ 
bunden und zwischen den Unterbindungen durchtrennt. Dann wird 
die gleiche Technik am anderen Uterushom, das gleichfalls aus der 
Bauchhöhle hervorgezogen wird, wiederholt. Nun wird die Cervix 
möglichst nahe am Schambein zweimal unterbunden und unter den 
Ligaturen ein Streifen steriler Gaze durchgezogen, um zu vermeiden, 
daß beim Durchtrennen des Collums Uterusinhalt in die Bauchhöhle 
gelangt. Der Uterushals wird dann zwischen den Ligaturen entweder 
durchschnitten, der abgeschnittene Uterus herausgenommen und auf 
den zurückbleibenden Stumpf mittels Thermokauter ein kräftiger 
Brandschorf gesetzt, oder es wird das Collum überhaupt nur mit dem 
Thermokauter durchgebrannt. Auf diese zweite Weise wird eine In¬ 
fektion der Bauchhöhle mit nicht sterilem Uterusinhalt am besten 
vermieden. Der unter die Cervix geschobene Gazestreifen wird jetzt 
wieder entfernt und nun erfolgt der Verschluß der Bauchdecken durch 
Etagennaht. Für die Naht des Peritoneums und der Muskulatur hat 
man die Wahl zwischen Catgut und Seide zur Verwendung als Näh¬ 
material. Ich verwende stets nur dünne geflochtene Seide, da das 
Nähen mit Catgut bei fetten Tieren durch das Schlüpfrigwerden der 
Fäden für den Operateur nicht angenehm ist, andererseits aber bei 
Verwendung von Seide niemals besondere Nachteile bei dem Heil¬ 
verlaufe zu beobachten waren. Es wird zunächst das Bauchfell mit 
Knopfheften für sich genäht, dann die Muskulatur mit der Fascie. Als 
dritte Schicht näht man die äußere Haut in der Weise, daß man in 
einigen Heften auch die Fascie mit erfaßt, um dadurch eine möglichst 
innige Verbindung der Haut mit ihrer Unterlage zu erzielen. Die Haut¬ 
wunde wird dann mit einem Streifen Noviformgaze bedeckt und darüber 
mit einigen Heften eine Entspannungsnaht angelegt. Ihre Anlage 
geschieht so, daß man in ca. l 1 /*—2 cm Entfernung von der Hautnaht 
einen Faden stärkerer Seide durch die Haut bis in die Subcutis führt 
und ca. x /, cm vom Einstich entfernt wundwärts wieder aussticht. 
Der Faden wird dann über die genähte Operationswunde hinweg¬ 
geführt und auf ihrer anderen Seite in umgekehrter Reihenfolge ebenso 
ausgeführt wie das erstemal. Je nach der Länge der Bauchdecken¬ 
wunde werden 3—4 solche Hefte in gleichmäßigen Zwischenräumen 



250 


E. Berge: Beiträge zur Indikation und 


über die Wunde verteilt und die freien Enden dann über der Wunde 
geknüpft, indem man dabei die zu beiden Seiten der Operationswunde 
gelegenen Hautteile wallartig an den bedeckenden Gazostreifen heran¬ 
treten läßt. Dadurch wird dieser gleichzeitig fest auf der Wunde fixiert. 
Dann wird das Operationsfeld mit Zellstoff abgedeckt und ein Verband 
angelegt, der zwischen die Hinterschenkel hindurch über den Rücken 
geführt werden muß, damit der schenkelwärts gelegene Teil der Wunde 
nicht etwa frei liegen bleibt. 

Eine Abänderung dieser Technik beobachtete ich bei den juvenilen 
Tieren, bei welchen die Sterilität gewünscht wird. Hier ziehe ich nach 
Eröffnung der Bauchdecke die Cervix hervor, unterbinde sie einmal 
und schneide so durch, daß der Stumpf mit der Ligatur in der Bauch¬ 
höhle zurückbleibt. Dann trenne ich stumpf den Corpus und die Hörner 
des Uterus vom Ligamentum latum beiderseits los und schneide die 
beiden Hörner von ihrer kranialen Befestigung am Mesovarium ab. 
Die dabei auftretenden geringfügigen Blutungen lasse ich unbeachtet. 
Der Verschluß der Bauchdecken geschieht dann derart, daß ich Peri¬ 
toneum und Muskulatur mit einer Naht gemeinsam nähe und darüber 
die Haut mit der Fascie hefte. Bei den dünnen Gewebsschichten jugend¬ 
licher Individuen ist zu befürchten, daß bei einer dreifachen Naht das 
Einheilen der Ligaturen schwerer vonstatten geht. 

In der eben geschilderten Weise habe ich auch den Verschluß der 
Bauchdecken nach der geburtshilflichen Hysterektomie bei der Katze 
und beim Kaninchen vorgenommen, da bei diesen kleinen Tieren die 
Muskulatur auch nur eine verhältnismäßig dünne Lage bildet. 

Die Fälle, in denen die Hysterektomie vorgenommen wurde, sind 
folgende: 

Fall 1. Schwarzer Zwergpinscher, braune Abzeichen, 8 Jahre alt, primipara. 
Die Hündin wird mit dem Vorbericht eingeliefert, daß seit 12 Stunden die Geburt 
im Gange sei, ohne daß bisher ein Partus erfolgt wäre. Das Tier ist leidlich munter, 
zeigt schwache Wehen, Temperatur 38,9°, Puls 118. Die manuelle Untersuchung 
der Vagina ergibt, daß die Vorderfüße eines Foetus in die Beckenhöhle eingetreten 
sind. Der Rumpf befindet sich vor dem Beckeneingang, Kopf ist nicht fühlbar. 
Wegen abnormer Haltung wird die Laparotomie ausgeführt. Der in die Becken¬ 
höhle eingetretene Foetus wird durch vorsichtiges Massieren durch die Uterus- 
wand hindurch vollständig wieder in die Gebärmutter zurückgeechoben und dann 
die Hysterektomie ausgeführt. Der Uterus enthält eine tote männliche Frucht 
in Rückenkopfhaltung und zwei lebende weibliche Junge. Die Aufzucht der 
beiden Welpen wird durch künstliche Ernährung und Aufbewahrung im Brut¬ 
schrank versucht, da eine Amme nicht erreichbar ist. Beide Tiere sterben am 
7. Tage. Die Heilung der Mutter geht per primam vor sich, die Nähte werden 
am 6. Tage entfernt. Entlassung nach weiterer Beobachtung am 11. Tage. 

Fall 2. Schwarzer Pinscherbastard mit weißem Brustfleck, 7 1 /* Jahre alt, 
jungfräuliches Tier. Die Hündin wird seit einigen Wochen auffallend dick, der 
Besitzer glaubt an Gravidität. Seit mehreren Tagen entleert sich aus der Scheide, 
namentlich beim Urinieren, eine schleimige Flüssigkeit. Vaginale Untersuchung 



Ausführung der Hysterektomie bei kleinen Haustieren. 


251 


stellt das Vorhandensein von schleimigem Exsudat in dem leicht geöffneten 
Muttermund fest. Diagnose: Metritis catarrhalis chron. Hysterektomie. Ent¬ 
fernung der Hefte am 5. Tage, Heilung per primam, Entlassung am gleichen Tage. 
Wieder vorgestellt nach 6 Tagen. Am caudalen Ende der Hautnaht eine haselnuß- 
große blaurote Anschwellung. Temperatur 39,5°. Absceß in der Naht. Nach 
Inciaion entleert sich eine geringe Menge Eiter und zwei Ligaturen. Desinfizierende 
Wundbehandlung, Heilung nach 8 Tagen. 

Fall 3. Wolfsgrauer deutscher Schäferhund, 5 Jahre alt; mäßiger Ernährungs¬ 
zustand. Seit mehreren Wochen schleimig-eitriger Ausfluß aus der Scheide. 
Muttermund ist geöffnet, die Scheide mit dicklichem, eitrigem Exsudat belegt. 
Metritis purulenta. Hysterektomie. Am 6. Tage Hefte entfernt, Heilung per 
primam. Am 7. Tage entlassen. 

Fall 4. Gestromter deutscher Schäferhund, 4 Jahre alt. Seit 8 Tagen wechseln¬ 
der Appetit; aus der Scheide eitriger Ausfluß, der sich tropfenweise dauernd 
entleert. Bei Palpation der Bauchdecken sind die Uterushömer als dick bleistift¬ 
starke, derbe Stränge fühlbar, Muttermund geöffnet. Metritis cat. chron. et 
purulenta. Hysterektomie. Am 5. Tage per primam geheilt, Nähte entfernt, am 
8. Tage entlassen. 

Fall 5. Weißbrauner Cocker-Spaniel, 4 1 / a Jahre alt. Nach der Anamnese 
hat das Tier zeitweise blutige Abgänge aus der Scheide gezeigt, vorzugsweise 
beim Urinabsatz. Untersuchung der Vagina negativ. Muttermund geschlossen. 
Bei Palpation der Bauchdecken in den Flankengegenden wird in der Bauchhöhle 
eine reichlich walnußgroße feste Masse fühlbar. Nach Klystier nicht verschwunden. 
Differentialdiagnose: Tumor im Uterus oder in der Blase. Harnuntersuchung 
negativ. Laparotomie. Geschwulst am Übergang des Corpus uteri zum linken 
Hom. Hysterektomie. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: Angiom der Uteruswand. Heilung per 
8ecundam nach 15 Tagen infolge Abstoßens von Nähmaterial aus der Muskelnaht 
am 5. Tage. 

Fall 6. Gelber Pinscherbastard, 4 Monate alt. Vom Besitzer wird Kastration 
gewünscht. Hysterektomie, Heilung p. p. Hefte am 6. Tage entfernt. Entlassen 
am 8. Tage. 

Fall 7. Wolfsgrauer deutscher Schäferhund, 2 8 /« Jahre alt. Die Hündin hat 
vor 3 Monaten das erstemal geworfen, Besitzer wünscht Kastration, Hyster¬ 
ektomie. Am 6. Tage Hefte entfernt, am 7. Tage nach Heilung p. p. entlassen. 
Nach 4 Wochen wieder vorgestellt. In der Mitte der Wunde ein Absceß mit einer 
Ligatur der Muskelnaht und nekrotischen Fascienteilen. Heilung am 9. Tage. 

Fall 8. Gelber Spitz, 3 1 /* Monate alt, zur Kastration eingeliefert. Hyster¬ 
ektomie. Am 7. Tage p. p. geheilt und entlassen. 

Fall 9. Schwarzer Pinscher mit braunen Abzeichen, 2 Jahre alt, zur Kastration 
vorgeführt. Hysterektomie. Am 4. Tage 39,6° Temperatur. Zwischen den Wund- 
rändem quillt eine geringe Menge einer blutig-eitrigen Flüssigkeit hervor. Die 
Hautnähte werden entfernt. Absceß in der Muskelnaht. Entfernen der nekro¬ 
tischen Fascienteile und desinfizierende Wundbehandlung. Am 14. Tage mit 
einer ungefähr 1 cm langen Hautwunde zur Nachbehandlung entlassen. 

Außer diesen Operationen bei Hunden habe ich je einmal die geburts¬ 
hilfliche Hysterektomie bei einer Katze und einem Kaninchen vor¬ 
genommen. 

Fall 10. Schwarz-weiße Katze, l 1 / 2 Jahre alt, primipara. Das Tier ist 59 Tage 
trächtig, hat vor 2 Tagen Anzeichen der Geburt in Gestalt schwacher Wehen 
gezeigt. Ein Partus ist bisher aber nicht erfolgt. Seitdem ist das Tier matt, teil- 



252 E. Berge: Beiträge zur Indikation und Ausführung der Hysterektomie usw. 

nahmslos und frißt nicht. Temperatur 38,5°, Puls unregelmäßig, sehr schwach, 
nicht zählbar. Durch Palpation der Bauchdecken wird das Vorhandensein eines 
Foetus festgestellt. Da eine manuelle Entwicklung des Jungen ausgeschlossen, 
wird Operation beschlossen. 

Narkose geschieht mit Äther-Chloroformgemisch ää bis zur Toleranz. Nach 
Eröffnung der Bauchhöhle tritt die stark gefüllte, etwa reichlich hühnereigroße 
Blase zwischen den Wundrändem hervor. Entleeren des Harnes erfolgt durch 
vorsichtiges Massieren der Blase vom Blasengrund her. Dann wird die Hyster¬ 
ektomie vorgenommen. Der Uterus enthält einen abgestorbenen Foetus, der 84 g 
schwer ist. Die Katze wird am nächsten Tage mit Verband dem Besitzer zurück¬ 
gegeben. Nach 5 Tagen werden die Hefte entfernt, am 9. Tage wird die Katze 
bei der zweiten Vorstellung geheilt entlassen, Heilung per primam. 

Fall 11. Blauer Wiener, primipara, 8 / 4 Jahr alt. 39 Tage tragend. Das Tier 
frißt seit 3 Tagen nicht mehr, Anzeichen der Geburt sind bisher nicht gemerkt 
worden. Durch Palpation der Bauchdecken können mehrere lebende Föten im 
Uterus festgestellt werden. Da die künstliche Entwicklung unmöglich ist, und 
dem Besitzer viel daran gelegen ist, daß ihm das Kaninchen als Pelztier erhalten 
bleibt, wird die Hysterektomie ausgeführt. Der Uterus enthält 6 lebende Früchte. 
Es wird das Tier ohne Verband gelassen und der Versuch gemacht, die Jungen 
am Muttertier säugen zu lassen, die Jungtiere werden aber im Verlauf dreier Tage 
von der Mutter gefressen. Heilung per primam. Entlassung am 6. Tage. 

In den vorliegenden 11 Fällen wurde demnach die Hysterektomie 
je einmal beim Hunde, bei der Katze und beim Kaninchen als geburts¬ 
hilfliche Operation vorgenommen, 3 mal wegen Metritis, Imal wegen 
eines Tumors im Uterus und 4 mal zur Erzielung der Sterilität. Heilung 
erfolgte 9 mal per primam, 2 mal per secundam. 



(Aus dem Pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Berlin 
[Direktor: Professor Dr. Nöller].) 

Sehistogonimus rarus (Braun), ein seltener Trematode in der 
Bursa Fabricii einer an Tetrameres-Invasion 
gestorbenen Hausente. 

Von 

Dr. H. Bittner, 

Oberasststent des Instituts. 

Mit 1 Abbildung. 

(Eingegangen am 6. Oktober 1923.) 

Am 16. 7. 23 kam im pathologischen Institut eine 6 Wochen alte 
Ente aus einem Bestände von 9 Stück zur Untersuchung, in dem nach¬ 
einander in kurzem Zeitraum 3 gleichaltrige Jungenten eingegangen 
waren. Die Tiere waren ca. 14 Tage alt aus der Havelniederung bei 
Rathenow gekauft worden. Schon zu diesem Zeitpunkt hatten die später 
Verendeten schlecht ausgesehen. Irgendwelche auffälligen Erscheinungen 
haben sie nicht gezeigt, nur reichlicher gefressen als die übrigen. Trotz¬ 
dem sollen sie bald mehr und mehr abgemagert sein und sich schließlich 
abseits von den andern gehalten haben. 

Die Sektion des außerordentlich schlecht genährten Tierchens 
ergab teigige Beschaffenheit der fischfleischartig blassen Muskulatur, 
Bronchitis und Bronchiolitis fibrinosa im Bereich der caudalen Hälfte 
der linken Lunge, und Jejunitis catarrhalis bei Gegenwart zahlreicher 
Darmparasiten (ca. je 50 Exemplare von Echinostomum revolutum [Froel.] 
und von Polymorphus minutus [Gze.] und einige Exemplare einer nicht 
mehr bestimmbaren Zestodenart). 

Am Drüsenmagen schimmerten schon vor der Eröffnung einige 
hanfkorngroße, unscharf begrenzte Flecken durch die Serosa hindurch, 
die auf Grund ihrer regelmäßigen Verteilung und ihres bräunlichroten 
Farbtons nicht als Blutungen angesehen werden konnten. Bei der 
Mageneröffnung erwies sich der Drüsenmagen als frei von Futter¬ 
massen (im Muskelmagen befanden sich neben Sternchen nur einige 
Halme unverdauten Grases). In dem dicken, milchweißen, schwer ab¬ 
hebbaren Schleimbelag des Drüsenmagens konnten mikroskopisch zahl¬ 
reiche 3,5—5 mm lange, fadendünne, weißliche Nematoden mit zarter 



254 H. Bittner: Schistogonimus rarus (Braun), ein seltener Trematode 

Querringelung und vier Längsreihen sehr starker, nach hinten ge¬ 
krümmter Domen und jederseits einer Halspapille 0,15 mm vom Vorder¬ 
ende festgestellt werden. Sie zeigten eine zylindrische Mundkapsel 
mit zwei Lippen am Eingang, zwei Spiculae von sehr ungleicher Länge 
(0,08 und 0,4 mm) und 5 Paar sehr deutlicher postanaler Domen. 

Nach Freilegung der gelblichweißen unveränderten Drüsenmagen¬ 
schleimhaut übersah man jetzt auch von innen her besonders bei durch¬ 
fallendem Licht die oben angegebenen Flecken. Sie rührten von blut¬ 
roten 2—2,5 mm langen, 1 — 1,2 mm breiten Parasiten her, die einzeln 
in je einer der eiförmigen tiefen Propriadrüsen (vgl. Wilczewaki [1870]; 
Cazin [1887]; Schreiner [1900]; Zietzschmann [1911]) wie in einer dick¬ 
wandigen, engen, weißen Cyste eingeschlossen waren und ihr Hinter¬ 
ende nach dem Magenlumen kehrten, während sie mit dem Vorderende 
in der Tiefe der Drüse festsaßen. Diese dicken Parasiten hatten etwa 
die Gestalt einer vierfächerigen; eiförmigen oder kugeligen Fracht, 
aus der an einem Pol ein kurzes, dünnes, stark bewegliches Kopfende, 
am anderen Pol ein kegelförmiger Schwanz mit zwei zarten Spitzen 
am äußersten Ende hervorragte. Der dicke, deutlich quergeringelte, 
durch vier Längsfurchen eingeschnürte Leib dieser Parasiten barg den 
sackförmigen, tiefschwarz pigmentierten Darm und den prall mit Eiern 
gefüllten, reichgeschlängelten Uterus. 

Es handelte sich hier also um einen Parasiten aus der durch ihren 
eigenartigen Geschlechtsdimorphismus gekennzeichneten Gattung Tro- 
pidocerca ( Diesing ), für die neuerdings wieder der alte Creplinsche Name 
Tetrameres (Travassos [1914, 1917, 1919]; Wharton [1918]) gebräuch¬ 
lich wird. Die erste Beschreibung dieser Gattung gibt Diesing (1835) 
unter dem Namen Tropisurus über Würmer aus dem Drüsenmagen 
eines Raubvogels aus Brasilien. Dieser Name wie auch der von Wieg¬ 
mann (1835) gebildete Tropidurus mußte — weil schon vergeben — f edlen. 
Der von Creplin (1846) gegebenen Benennung Tetrameres gebührt also 
vor allen anderen der Vorzug. Weitere Synonyme dieser vielbeschrie¬ 
benen Gattung sind: Astomum, Schiotthauber (1859) — Tropidocerca, 
Diesing (1860) — Acanthophorus, v. Linstow (1876). 

Die nähere Untersuchung des Hinterendes beider Geschlechter 
ergab, daß es sich um Tetrameres fissispina Diesing (1860) handelte. 
(Synonym hiermit ist auch der von Zürn [1882] Tropidocerca inflata 
genannte Parasit.) 

Alle Autoren, die diesen Wurm beobachtet haben, fanden ihn im 
Drüsenmagen (Proventrikulus) von Schwimmvögeln, besonders aber 
bei der Ente (Anas boschas domestica). Lieberkuhn (1855) hat ihn sehr 
häufig im August, September und Oktober beobachtet. Die Weibchen 
sah er stets mit dem Schwanzende nach dem Magenlumen hin inner¬ 
halb der Magendrüsen sitzen. Zürn (1882) erwähnt ihn bereits, wenn 



in der Bursa Fabricii einer an Tetrameres-Invasion gestorbenen Hausente. 255 

auch in unvollständiger Beschreibung, als gelegentlichen Entenpara¬ 
siten, der auch den Tod verursachen könne. Mühling (1898) fand 
ihn im März unter 13 Eisenten dreimal. RaiUiet (1893) gibt ihn schon 
als gefährlichen Parasiten der Hausente an. Während durch v. Linstow 
(1899, 1909), Neumann (1909) und Seurat (1914, 1915) weitere Er- 
kennungs- und Bestimmungsmerkmale angegeben werden, folgen 
dann bereits die ersten Beschreibungen von seuchenhaften Todesfällen 
unter Enten durch den Parasiten. Rust (1908) gibt an, daß auf einem 
Gute „seit Jahren die jungen Enten an den durch Tropidocerca fissi¬ 
spina verursachten Drüsenmagenveränderungen eingingen, während 
zugekaufte ältere Enten nicht erkrankten“. Eber (1918) beschreibt zwei 
Herde des Parasiten. In dem einen Falle (Nr. 156) waren innerhalb 
14 Tagen mehrfach junge Enten daran zugrunde gegangen; in dem 
anderen (Nr. 197) sollen 6 Enten nach und nach gestorben sein. Das 
Leiden soll auch in der Umgegend verbreitet gewesen sein. Auch 
Travassos (1914,1919), Hutyra und Marek (1920) und Fröhner und Zwick 
(1922) erwähnen derartige Massenerkrankungen. — Travassos (1914,1917) 
hat in Brasilien auch häufig bei Kücken einen Nematoden aus der Gattung 
Tetrameres im Drüsenmagen gesehen und ihn anfänglich unter T. fissispina 
gerechnet. Ransom (1916), Barbosa (1917) und Wkarton (1918) konnten 
diese Befunde bestätigen. Wharton (1918) fand den betr. Nematoden auf 
den Philippinen sogar unter 100 Kücken in 76 Fällen. Nach einer 
späteren Arbeit von Travassos (1919) ist der Kückenparasit jedoch so weit 
von T. fissispina unterschieden, daß Travassos ihm den neuen Namen 
T. confusa gibt. Skrjabin (1920), der ohne Kenntnis von dieser letzten 
Arbeit von Travassos diese Unterschiede ebenfalls erkannte, nennt den 
Parasiten aus dem Drüsenmagen des Huhnes T. travassosi, eine Bezeich¬ 
nung, die aber wohl wieder wird verschwinden müssen. 

Über die pathologisch-anatomischen Veränderungen, die T. fissispina 
an der Magenschleimhaut macht, liegen nur wenige Beobachtungen vor. 
Nach Lieberkuhn (1855) und allen anderen Zoologen liegen die weib¬ 
lichen Parasiten ebenso wie in dem von mir gesehenen Falle innerhalb 
der Magendrüsen. (Die tiefen Propriadrüsen gehören zur Mucosa.) 
Fiebiger (1923) verlegt dagegen ihren Sitz in submuköse Cysten, wobei 
es sich jedoch wohl nur um einen Beobachtungsfehler handeln wird. 
Rust (1908) und Eber (1918) erwähnen auch Geschwüre, die dann auch 
von allen späteren Autoren angeführt werden. Sie scheinen ein fort¬ 
geschrittenes Stadium oder eine Sekundärerscheinung darzustellen 
und wurden von mir nicht beobachtet 1 ). Der Tod der befallenen Tiere 

J ) Inzwischen habe ich einen zweiten sehr interessanten Fall von seucben- 
haftem Sterben durch Invasion mit Tetrameres fissispina beobachtet. Nach dem 
Vorbericht waren auf einem Gut bei Wittstock a. D. alljährlich im August und 
September massenhaft Entenkücken verendet, während die erwachsenen Enten 



256 H. Bittner: Schistogonimus rarus (Braun), ein seltener Trematode 

tritt unter allmählicher Abmagerung durch Blutarmut und Entkräftung 
(Störung der Drüsenfunktion und Blutsaugetätigkeit des Weibchens) ein. 

Die histologischen Veränderungen an der Drüsenmagenschleimhaut 
sind nach Grosso (1914) eine geringgradige Druck- und Dehnungs¬ 
atrophie des Drüsenepithels, das in einem Zustand der Ruhe angetroffen 
wird, und sekundär eine durch zugrunde gehende Drüsenzellen ver¬ 
ursachte geringgradige Eosinophilie im periglandulären Bindegewebe. 
Travassos (1914, 1919) findet bei verschiedenen Vögeln nur das Epithel 
der „Lieberkühnschen Drüsen“ (?) atrophiert. Auch ich habe mehrere 
mit geschlechtsreifen Weibchen gefüllte Drüsen in Serienschnitten 
untersucht. Hiernach kann ich zunächst bestätigen, daß sie das Hinter¬ 
ende (zur leichten Eiabgabe) nach dem Magenlumen kehren. Das 
Vorderende dagegen ist der Tiefe des zentralen Drüsenraumes an¬ 
gepreßt. Hier und an den Seiten zeigt sich der starke Druck des dicken 
Parasiten auch in einem Zusammendrücken der einzelnen Drüsen¬ 
tubuli und einer mehr oder weniger weitgehenden, aber'stets gering¬ 
gradigen Epitheldegeneration. Eine entzündliche Reaktion dagegen 
oder Ansammlungen eosinophiler Leukocyten habe ich nicht beobachtet. 
(Die von Grosso beschriebene Eosinophilie dagegen habe ich bereits 
gelegentlich an ganz gesunder Drüsenmagenschleimhaut gesehen.) 

An der Aufklärung des Entwicklungszyklus dieses Parasiten haben 
v. LinsUrw (1879), Seurat (1914), Travassos (1919) u. a. vergebens ge¬ 
arbeitet. Alle Nematoden der Gattung Tetrameres sind ovovivipar. 
Die Eier entwickeln sich in flüssigen oder wenigstens in feuchten Medien 
weiter ( Seurat , 1914). In Kulturen von Larven, die Travassos (1919) 
von T. confusa gelangen, hielten sie sich einige Zeit innerhalb der Eier 
und schlüpften auch gelegentlich aus. Über ihr weiteres Schicksal 
wird nichts angegeben, v. Linstow (1879) und Travassos (1919) denken 
im Gegensatz zu Neumann (1909) an einen Zwischenwirt. Die An¬ 
gabe von Rust (1908), daß hierfür Daphnia pulex wie bei Dispharagus 
uncinatus (Hamann, 1893) in Frage käme, die später von anderen Auto¬ 
ren als mehr oder weniger sicher wiederholt wird, ist durch keinerlei 
Beobachtung gestützt. Dagegen spricht jedoch, daß die Wirte fast 

und das sonstige Hausgeflügel keine Veränderungen gezeigt hatten. Die Sektion 
der eingesandten Stücke ergab im DrUscnmagen etwa 25 weibliche Exemplare 
von Tetrameres fissispina in den Lumina der tiefen Propriadrüsen des Drüsen- 
inagcns. Im Magenschleim waren reichlich die typischen dickschaligen, lang¬ 
elliptischen, embryonierten Tetramercscicr, aber keine männlichen Parasiten nach¬ 
zuweisen. Außerdem aber lagen an der Übergangsstelle des Drüsenmagens in 
den Muskelmagen einige haselnußgroße, derbwandige Cysten, die in Form von 
linsengroßen Geschwüren mit zackigem Rande nach dem Magenlumcn dureb- 
gebroehen waren und ausschließlich zahlreiche Exemplare von Dispharagus uncina- 
lus (Spiroptera uncinata) enthielten. Bei dieser Mischinvasion waren also die 
geschwürigen Veränderungen sicher nicht auf Tetrameres zurückzuführen. 



in der Bursa Fabricii einer an Tetrameres-Invasion gestorbenen Hausente. 257 


aller anderen Arten der Gattung Tetrameres auf dem Lande oder 
auf Bäumen leben. In dem von mir gesehenen Falle liegt die Invasion 
wahrscheinlich vor dem Kauf der Tiere, d. h. innerhalb der beiden 
ersten Lebenswochen. Im übrigen ist das Vorhandensein einer gleich¬ 
zeitigen Lungenentzündung in einem von Eber (1918) berichteten und 
in meinem Falle vielleicht 
mehr als ein bloßes zufälliges 
Zusammentreffen. — Aus der 
Tatsache, daß man gelegent¬ 
lich sehr junge Weibchen 
auch im Lumen des Magens 
angetroffen hat (.Lieberhühn 
[1855]; Trava88oa [1919]), 
wird man schließen müssen, 
daß die Weibchen erst nach 
der Befruchtung in die Drü¬ 
senlumina einwandem und 
hier heran wachsen. (Eine 
ähnliche Anpassung findet 
sich z. B. bei Sarcopsylla 
penetrans.) 

War mit diesem starken 
Befall des Drüsenmagens 
durch die besprochenen Para¬ 
siten also die Todesursache 
auch schon geklärt, so ergab 
doch die Durchuntersuchung 
der Ente noch einen weiteren, 
und zwar recht seltenen 
Fund. In der Bursa Fabricii 
fanden sich nämlich 32 grau 
durchscheinende platte Tre- 
jmatoden , von denen die un¬ 
fertigen jugendlichen Exem¬ 
plare einen zungenförmigen, 
die ausgewachsenen einen 
bimförmigen Umriß hatten, der durch eine leichte Einziehung an dem 
breiten gerundeten Hinterende noch besonders verdeutlicht wurde. 

Sie sind 0,29—0,4 cm lang und haben eine größte Breite von 0,11—0,17 cm. 
Ihr Körper ist nicht immer bestachelt. Sind jedoch Stacheln vorhanden, so lassen 
sie das äußerste Kopfende und den Hinterleib von den Enden der Darmschenkel 
ab stets frei. Vom Mundsaugnapf bis in die Höhe der Hoden stehen die Stacheln 
dicht. Von da ab werden sie nach dem Hinterende zu spärlicher. Sie sind 0,011 mm 
lang, nach hinten gekehrt und nicht gebogen. Die beiden Saugnäpfc sind etwa 



Abb. 1. Schistogonimus rarus. cf = männliche Geschlechts- 
Öffnung; m = Mundsaugnapf; Q-weibliche Geschlechts¬ 
öffnung; ph = Pharynx; e = Cirrusbeutel; da = Darm; 
do = Dotterstock; b = Bauchsaugnapf; k = Keimstock; 
h = Hode; u = Uterus; e - Exkretlonsöffnung. 


<03 Qi 



258 H. Bittner: Schistogonimus rarus (Braun), ein seltener Treinatode 

gleich groß, der Mundsaugnapf meist queroval (0,3 : 0,32 mm), der Bauchsaug¬ 
napf öfter längsoval (0,37 : 0,31 mm). An den fast kugligen, gut erkennbaren 
Pharynx (0,31 : 0,155 mm) schließt sich der gerade verlaufende Oesophagus an, 
der sich nach 0,17—0,25 mm gabelt. Die beiden Darmschenkel sind inmitten ihres 
Verlaufs so einwärts abgebogen, daß der gesamte Verdauungsapparat umgekehrt 
lyraförmig erscheint. — Dorsal vom Mundsaugnapf, jedoch stets rechtsseitig etwas 
hinter ihm hervorragend, liegt der großlappige Keimstock. Die Dotterstöcke 
überragen die Darmschenkel nach innen hin. Ihr vorderes Ende schneidet meist 
mit dem Vorderrand des Bauchsaugnapfes ab oder überragt diesen doch nur wenig. 
Hinten reichen die Dotterstöcke nur bis zum Hinterrand der kugligen oder häufiger 
ovalen glattrandigen Hoden. Diese liegen seitlich symmetrisch unmittelbar hinter 
dem Bauchsaugnapf im inneren Winkel der hier einwärts gekehrten Darmschenkel 
und messen 0,17 : 0,09 mm. Der Cirrusbeutel ist nur wenig gewunden, manchmal 
fast gestreckt und reicht knapp bis zur Darmgabelungsstelle. Die männliche 
Geschlechtsöffnung liegt links neben dem Mundsaugnapf auf einer deutlichen 
Wanderhebung. Am auffälligsten ist der Bau des Uterus. Dieser liegt mit dichten 
Schlingen zwischen den Darmschenkeln und überragt sie seitlich kaum einmal 
ein wenig, nach hinten aber nie. Den Bauchsaugnapf umkränzt er mit lockeren 
Schlingen linksseitig und bildet dann zwischen Bauch- und Mundsaugnapf noch eine 
große Zahl enger Windungen und Schlingen, um sich erst neben dem Cirrusbeutel 
mehr zu strecken. Diesen begleitet er bis etwa zur Mitte, biegt dann aber im 
scharfen Winkel nach dem linken Seitenrand um und mündet hier weit von der 
Kuppel, die den männlichen Genitalporus anzeigt. — Von der Einziehung am 
Hinterrand des Parasiten sieht man manchmal ein zartes, verästeltes Gangsystem 
ausgehen, so daß man an ihr eine Excretionsöffnung annehmen kann. — Die Eier 
sind ungefärbt und durchscheinend, deutlich gedeckelt, am gerundeten Hinterende 
mit einem kurzen undeutlichen Fortsatz versehen, 0,023—0,0255 mm lang und 
0,014—0,0153 mm breit. 

Auf Grund dieser Merkmale gehört der Wurm in die Nähe der Gat¬ 
tung Prosthogonimus. Braun (1901, 1902), der diese Gattung ord¬ 
nete, hat einen ähnlichen Trematoden sogar noch hierunter gezählt. 
Lühe (1909) stellte ihn dann wegen der getrennt liegenden Genital¬ 
öffnungen in eine neue Gattung Schistogonimus, was auch von anderen 
Autoren (Skrjabin, 1913) anerkannt worden ist. Die Gattung Schisto¬ 
gonimus umfaßt zur Zeit nur einen Vertreter: Schistogonimus rarus . 
Von ihm unterscheidet sich der oben beschriebene Parasit nur durch 
etwas geringere Größe. Die Abweichungen, die sich dadurch in allen 
Maßen ergeben, sind jedoch so gering, daß sie es gestatten, die be¬ 
schriebenen Trematoden als Schistogonimus rarus (Bm.) zu bezeichnen. 
Von einer Bestachelung des Körpers erwähnen Braun und Lühe nichts, 
während die von mir gesehenen Parasiten solche in der Hälfte der Fälle 
zeigten. Es handelt sich hier aber wohl um ein wenig beständiges 
Merkmal. 

Schistogonimus rarus ist bisher nur in ganz wenigen Fällen gefunden 
worden. Die meist vereinzelt auf getretenen Exemplare fanden sich 
je einmal im Teichhuhn (Fulica atra), Braun (1901), in der Löffelente 
(Spatula elypeata) Braun (1901), Lühe (1909) und in der Wildente 
(Anas boschas fera) Braun (1901). Lawrow (1907) hat das Vorkommen 



in der Bnrsa Fabricii einer an Tetrameres-Invasion gestorbenen Hausente. 259 

des Parasiten im Wolgagebiet, Nicoll (1923) auch in England, beide 
aber nur in Einzelfällen aus der Wildente gemeldet. Bei Haustieren 
ist er noch nicht gesehen worden. 

Sein Wohnsitz war in allen Fällen die Bursa Fabricii, eine Eigen¬ 
art, durch die er ebenfalls seine nahe Verwandtschaft zur Gattung 
Prosthogonimus bekundet. Hier scheint es sich jedoch um einen 
streng obligaten Parasiten der Bursa Fabricii zu handeln. Im vor¬ 
hegenden Falle ist es kaum anzunehmen, daß der Parasit erst in dem 
Hühnerhofe des zweiten Besitzers, in dem die Enten ohne Schwimm¬ 
gelegenheit gehalten wurden, sondern schon im Geburtsort, also in den 
beiden ersten Lebenswochen, aufgenommen worden ist. Es ist nicht 
bekannt, daß er in der Bursa irgendwelche Veränderungen macht 
(<Schantyr und Pauhul [1912], Joest [1919]). In dem von mir beschriebe¬ 
nen Falle war die Bursa 2 : 0,7 cm groß. Ihre Innenfläche war in 
hohe, parallele Falten gelegt, die Schleimhaut röthchgelb, feucht und 
stark transparent. Die histologische Untersuchung ergab, daß das 
Organ sich schon in der Rückbildung befand (Jolly [1911]). Die Rück¬ 
bildung der Bursa verläuft ja, wie wir aus den Untersuchungen von 
Jolly wissen, in recht verschiedener Form, nämlich entweder mit dem 
allmählichen Ersatz der lymphatischen Apparate durch Primitivfollikel 
(wie beim Thymus) und Bindegewebe, oder mit Abtransport der Lympho- 
cyten in einer Art Entzündung oder mit partieller oder totaler 
Nekrose. Sollte man also annehmen, daß im vorhegenden Falle die 
Rückbildung am ehesten auf den Weg einer Entzündung gedrängt 
würde, so ist das doch nicht der Fall. Meine histologischen Unter¬ 
suchungen ergaben keine Spur von einer entzündlichen Reaktion, 
sondern lediglich eine Bindegewebsvermehrung in allen Schichten des 
Organs, die gewöhnlichste Form der Rückbildung der Bursa. 

Dieser Parasitenfund zeigt an sich nur erneut, daß gewisse Trema- 
toden ihren Lieblingssitz in der Bursa Fabricii des Geflügels haben, 
daß insbesondere Schistogonimus rarus auch bei der Hausente vor¬ 
kommt. Bei der Wichtigkeit der so nahe verwandten Gattung Prostho¬ 
gonimus für die Geflügelpathologie wird man jedoch auch an solchen 
Ergebnissen nicht vorübergehen dürfen. 


Literaturverzeichnis. 

Tetrameres fissispina. 

Barbosa, Quartim (1917), Gastro helmintose das aves domesticas. These 
inaugural Rio de Janeiro. — Cazin, M. (1887), Recherches anatomiques, histo- 
logiques et embryologiques sur l’appareü gastrique des oiseaux. Ann. des Sciences 
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Abt. I, Orig., 14, 555—557. — Hutyra, F . v., und J. Marek (1920), Spezielle Patho¬ 
logie und Therapie der Haustiere. Bd. 2. Jena: G. Fischer. — Joest, E. (1919), 
Spezielle pathologische Anatomie der Haustiere. Bd. 1, S. 424 (Tropiaurus). Bd. 2, 
S. 462—464 (Bursa Fabricii). Berlin: R. Schoetz. — Lenclcart, R . (1860), Bericht 
über die wissenschaftlichen Leistungen in der Naturgeschichte der niederen Tiere 
während des Jahres 1859. Arch. f. Naturgesch. 1, 103—264. — Lieber kühn, N. 
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minthologie. Nachtrag. Hannover: Hahnsche Buchh. — Linstow, O. v. (1899), 
Zur Kenntnis der Genera Hystrichis und Tropidocerca. Arch. f. Naturgesch. 1, 
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Helminthenfauna der Wirbeltiere Ostpreußens. Arch. f. Naturgesch. 1, 1—118. — 
Neumann, L. G. (1909), Parasites et maladies parasitaires des animaux domestiques. 
3. Aufl. Paris: Asselin et Houzeau. S. 318 u. 367. — Raiüiet, A . (1886), Elements 
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a. d. Jahresvet.-Ber. Preußen f. d. Jahr 1905. Jg. 6, Teil 2, S. 30. — Schreiner, 

K. E. (1900), Beiträge zur Histologie und Embryologie des Vorderdarraes 
der Vögel. I. Vergleichende Morphologie des feineren Baus. Zeitschr. f. wiss. Zool. 
68, 481—580. — Seurat, L. Q . (1914), Sur un Tropidocerca parasite d’un Echassier. 
Cpt. rend. des söances de la soc. de biol. 76 (Jg. 66, Bd. 1), 778—781. — Seurat . 

L. G . (1915), Sur deux Tropidocerca des Ardeidae. Cpt. rend. des säances de la 
soc. de biol. 78 (Jg. 67, Bd. 1), 279—282. — Seurat , L. G. (1914), Sur la morpho- 
logie de l’ov^jecteur des Tropidocerca. Cpt. rend. des s&nces de la soc. de biol. 
76 (Jg. 66, Bd. 1), 173—176. — Skrjabin, K. J. (1920), Nematody domaschnich 
ptiz. (Opyt monografitseheskoi rasrabotki.) I. Kruglyje tscherwi kurizy, indjeki, 
zjes&rki, pawlina i golubja. Istwestija Donskogo Weterinamago Instituta 1920, 
Bd. 1 u. 2, 82 S. (Nematoden der Hausvögel. [Versuch einer monographischen 
Bearbeitung.] I. Die Rundwürmer des Haushuhns, Truthuhns, Perlhuhns, Haus¬ 
pfaues und der Haustaube. Mitteilungen aus dem Don-Veterinärinstitut.) — 
Skrjabin , K . J. (1923): Parasititscheskije Nematodes pressnowodnoj fauny Jewro- 
pejskoj i, ottschasty, Asiatskoj Rossij. — Pressnowodnaja fauna Jewropejskoj Roe&ij. 



in der Bursa Fabricii einer an Tetrameres-Invasion gestorbenen Hausente. 261 

W. 2. (Die parasitischen Nematoden der Süßwasserfauna Europaisch-Rußlands und, 
teilweise, Asiatisch-Rußlands.—Süßwasserfauna Europaisch-Rußlands H.2.) Heraus¬ 
gegeben von S. A. Semov, N. K. Kolzoff und W. J. Meißner . 98 S. 20 Taf. Moskau. — 
Travaaaoa, L. (1914), Beiträge zur Kenntnis der brasilianischen Helminthenfauna. 
IH. Über die brasilianischen Arten des Genus Tetrameres Creplin 1846. Memorias 
do Inst. Oswaldo Cruz C, 150—162. — Travaasos, L. (1917), Gastro-helmintose das 
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Bau der Magendrüsen der Vögel. Inaug.-Diss. Breslau. 30 S. — Zietzechmann, O. 
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vergleichenden mikroskopischen Anatomie der Haustiere. Bd. 3, S. 377—416. — 
Zürn , F. A. (1882), Die Krankheiten des Hausgeflügels. Weimar: B. F. Voigt. 

* Schietogonimua rarua . 

Braun , M. (1901), Trematoden der Bursa Fabricii, des Eileiters und der Eier 
der Vögel. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, 
Orig., 25, 12—19. — Braun , M. (1901), Über einige Trematoden der Creplinschen 
Helminthensammlung. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., 
Abt. I, Orig., 25, 258—260. — Jelly, J, (1911), La bourse de Fabricius et les Organes 
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(1911), Sur les modifications histologiques de la bourse de Fabricius ä la suite du 
jeune. Cpt. rend. hebdom. soc. biol. II (Jg. 63, Bd. 2), 323—325. — JoUy, J. 
(1911), Sur l’involution de la bourse de Fabricius. Cpt. rend. hebdom. soc. biol. 
Jg. 63, Bd. 1, S. 564—567. — Jolly , J. (1911), Sur la fonctions Mmatopoiötique 
de la bourse de Fabricius. Cpt. rend. hebdom. soc. biol. 75 (Jg. 63, Bd. 1), 498 
bis 600. — JoUy 9 J. (1911), Histogto^se des follicules de la bourse de Fäbricius. 
Cpt. rend. hebdom. soc. biol. Ti (Jg. 63, Bd. 1), 422—424. — Lawrow , S. (1907), 
Resultate der Untersuchungen der Würmerfauna des Wolga-Flusses und der Wiesen* 
Seen bei Saratow. Arb. a. d. biol. Wolga-Station 3 , Nr. 3, 86 S. — Lühe , M. (1909), 
Trematodes. In Brauer , A. f Die Süßwasserfauna Deutschlands. H. 17: Parasi¬ 
tische Plattwürmer. Jena: G. Fischer. — Nicoll y W. (1923), A reference list to 
the trematode parasites of British birds. Parasitology 15, Nr. 2, S. 151—202. — 
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wesen Nr. 22, S. 1152—1157. — ScharUyr , J. und Paubd % E . (1912), Zur Patho¬ 
logie der Bursa Fabricii. Zeitschr.* f. wiss. u. prakt. Vet.-Med. Liefg. 1, S. 17—28. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


19 



Beiträge zur klinischen Diagnose der Trächtigkeit der Stuten 1 ). 

Von 

Willy Holthöfer, Eaddestdorf. 

(Eingegangen am 9. Oktober 1923.) 

Die Feststellung der Trächtigkeit von Stuten ist eine interessante 
und wichtige Aufgabe des Tierarztes, einmal macht der Züchter seine 
wirtschaftlichen Maßnahmen von dem Ergebnis der Untersuchung 
abhängig, zum anderen ist eine Sterilitätsbekämpfung ohne Beherrschung 
der rectalen und vaginalen Untersuchung zur frühen Diagnosestellung 
undenkbar. 

Zunächst wurden unter Anleitung von Herrn Prof. Schöttler im 
September 1920 eine Reihe von Untersuchungen an gedeckten hanno¬ 
verschen Stuten in den Kreisen Neuhaus a. Oste und Stade vorge¬ 
nommen. In den folgenden Jahren wurde Material aus der Sterilitäts¬ 
station der Untersuchungsstelle für Fohlenkrankheiten zu Stade durch 
Herrn Dr. Lütje zugänglich gemacht. 

Im ganzen wurden 400 nichtgravide Stuten untersucht, von denen 
10 einen krankhaften Uterus, der eine Verwechslungsmöglichkeit mit 
tragenden Stuten geben konnte, aufwiesen. 297 untersuchte Stuten 
erwiesen sich als trächtig, und zwar 30 innerhalb der ersten 3 Monate, 
78 im 4. und 5. Monat, 85 im 6. und 7. Monat und 104 waren hoch¬ 
trächtig. Etwa 60 Stuten wurden bald nach der Geburt oder Fehl¬ 
geburt untersucht. 

Zunächst ist die wichtige Frage zu erörtern, wann der Uterus 
sicher unträchtig ist. Bei der vaginalen Untersuchung findet man bei 
güsten Stuten den Muttermund und den Kanal der Cervix so locker 
geschlossen, daß man ihn leicht mit 1—2 Fingern öffnen kann. Während 
der Rosse kann man oft die ganze Hand einführen. Gewöhnlich ist 
bei älteren Stuten das rechte Horn etwas stärker entwickelt, der Uterus 
ist von einem schlaffen entleerten Dünndarmteil in seiner Konsistenz 
nicht zu unterscheiden, gereizte Abschnitte des Uterus ähneln dem 
Ilium. Man kann die Kontraktion und das Erschlaffen des Uterus 
feststellen. Schöttler empfiehlt, die Prüfung vom rechten Ovar zu 
beginnen, von hier aus das rechte Horn bis zur Gabelungsstelle und 

*) Auszug aus der gleichbetitelten Promotionsarbeit, die im Institut für 
Geburtskunde der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin niedergelegt ist. 



W. Holthöfer: Beiträge zur klinischen Diagnose der Trächtigkeit usw. 263 


aufwärts das linke Hom und Ovar abzutasten. Nach erneutem Ab¬ 
gleiten bis zur Bifurkation wird Spannungs- und Füllungsgrad des 
Körpers und seine Größenverhältnisse ermittelt. 

Die walnuß- bis hühnereigroßen Eierstöcke liegen etwa 3—6 Finger 
breit unterhalb und seitlich vom Kreuzdarmbeingelenk; es ist nötig, 
mindestens bis zur Mitte des Oberarms im Mastdarm vorzudringen, 
um durch mähende seitliche Kreisbewegungen ein Ovar zu erfassen. 
Bei älteren Stuten beträgt die Länge des Ligamentum proprium oft 
bedeutend mehr als 5 cm, hier muß man erst an den Aufhängebändem 
entlanggleiten, bis man die Eierstöcke an ihrem Ende, oft von Darm¬ 
abschnitten bedeckt, vorfindet. Während der Brunst war es bei der Ex¬ 
ploration vom Mastdarm aus nicht möglich, eine Kongestionshyperämie 
zu ermitteln, während nach dem Einfahren der Hand durch den Gebär¬ 
muttermund die zwischen Daumen und Zeigefinger angehobene Schleim¬ 
hautfalte dicker war und bei Druck ödemartige Beschaffenheit aufwies. 

Bei der Untersuchung über den Zeitpunkt des definitiven Schlusses 
des Muttermundes bei eingetretener Trächtigkeit haben sich bei an¬ 
geblich güsten Stuten einige Anhaltspunkte finden lassen. In den 
ersten Wochen weist der Gebärmuttermund noch keine Formverände¬ 
rungen auf, er fühlt sich schlaff und weich an. Erst zur Zeit der Ei¬ 
hautverankerung im 2. Monat wird der Cervicalkanal verschlossen. 
Der kurze und breit aufsitzende, etwas kugelförmige Muttermund 
wird vorübergehend länger, mehr stiftförmig und wesentlich dünner 
und härter, gummiartig in seiner Konsistenz, das ganze Scheiden¬ 
gewölbe ist merklich trocken. 

Die lose und beweglich in den breiten Mutterbändem geschlängelt 
verlaufende Art. uterina media ist vom 4. Monat ab einseitig stark 
vergrößert, ein Uteringeräusch ist auch jetzt noch nicht mit Sicherheit 
zu erkennen. Man kann ein Schwirren auch bei graviden und nicht- 
graviden Pferden an den übrigen Beckengefäßen auslösen, dieses kann 
aber bei einiger Übung von dem echten Gefäßschwirren unterschieden 
werden. Vom 5. Monat ab war in allen Fällen, mehr oder wenig deut¬ 
lich, Gefäßschwirren wahrzunehmen. Im übrigen lassen sich am träch¬ 
tigen Uterus 5 verschiedene Phasen unterscheiden: 

1. Loses Umhergleiten des befruchteten Eies in der Gebärmutter 
bis zur 5. Woche. 

2. Fünfte bis zwölfte Woche: Bildung der Eihäute und Verankerung 
auf der Gebärmutterschleimhaut, allmähliche Größenzunahme der 
Fruchtblase. 

3. Vierter Trächtigkeitsmonat: Größenzunahme des gesamten 
Uterus in Teilabschnitten und im ganzen. 

4. Fünfter bis siebenter Monat: Allmähliches Herabsinken des 
Uterus mit der größer werdenden Frucht und der Fruchtwasser. 

19* 



264 


W. Holthöfer: 


5. Achter bis elfter Monat: Allmähliches Hineinwachsen des träch¬ 
tigen Uterus in den Bereich des untersuchenden Armes bei gleich¬ 
zeitigem Auftreten äußerer Trächtigkeitsmerkmale. 

In der ersten Phase lassen sich keinerlei Veränderungen vom Uterus 
ermitteln, welche eine stattgehabte Konzeption sicherstellen. In der 
5.—6. Woche ließ sich bei einzelnen Stuten bereits eine Vergrößerung 
eines Hornes nach weisen. Deutlicher wurde der Befund in der 7. bis 
8. Woche. Hier konnte bei 8 Stuten eine deutliche fluktuierende Auf¬ 
treibung eines Hornes bis Hühnereigröße ermittelt werden. Bemerkens¬ 
wert war, daß in diesen Fällen das nichttragende Horn deutlich auf 
Reize zusammenziehend reagiert. Von der 9. bis 12. Woche dagegen 
machte die Feststellung bei allen 30 Pferden keine Schwierigkeit mehr. 
Für gewöhnlich war eins der Hörner oder auch bei Reiz der Körper 
wurstförmig oder kugelig aufgetrieben, so daß der ungleichmäßige 
Befund an den einzelnen Uterusabschnitten die Diagnose ohne weiteres 
sicherte. 

In der 3. Phase im 4. Monat wurde der stark ausgedehnte Uterus 
entweder kurz hinter dem Becken auf den Därmen liegend oder im 
Beckeneingang wahrgenommen. Häufig konnten jetzt beim Abtasten 
Teile des Foetus gefühlt werden. Entweder war zu dieser Zeit ein 
Horn weit ausgebuchtet fluktuierend oder ein. Hom und der Uterus¬ 
körper waren mehr diffus fluktuierend. In anderen Fällen waren die 
Hörner schlaffer, dagegen der Körper wie ein Luftballon aufgebläht, 
während der Gebärmuttermund stiftförmig hervorragte. 

Im 5. Trächtigkeitsmonat wurde bei einer großen Anzahl von 
Stuten der Uterus noch in greifbarer Nähe hinter dem Beckeneingang 
vorgefunden, so daß die Palpation des stark geblähten Organs keine 
Schwierigkeiten machte. Im 6. und 7. Monat war der Uterus herunter¬ 
gesunken, eine Ausnahme machten 3 Erstlings-Stuten, bei denen sich 
die Gebärmutter niemals so weit entfernte, daß sie sich der Palpation 
entzogen hatte. Im übrigen konnten die Befunde von Albrechtsen 
bestätigt werden. Die Cervix war stets über den vorderen Rand des 
Beckens etwas herabgesunken, ragte nur wenig stiftförmig von unten 
nach oben in das Scheidengewölbe hinein, der Anfangsteil des Gebär¬ 
mutterkörpers war plattgedrückt dünn, in seltenen Fällen gelang es 
noch, ein geblähtes Uterushom zu touchieren. Dagegen war es sehr 
häufig möglich, infolge der durch das Suchen hervorgerufenen Spring¬ 
bewegungen die Anwesenheit des Fohlens im Uterus festzustellen. 
Die Gebärmutterbänder waren straff gespannt, die Eierstöcke herab¬ 
gesunken oder nicht auffindbar. In Verbindung mit dem Befund an 
der Arteria uterina media und bei gleichzeitigem Fehlen des nicht¬ 
graviden Uterus reichen die beschriebenen Merkmale zur Feststellung 
der Trächtigkeit aus. 



Beiträge zur klinischen Diagnose der Trächtigkeit der Stuten. 265 

Am Ende der Trächtigkeit, im 8. bis 11. Monat, erübrigt sich jede 
Hilfsmethode, da der Uterus gut abzutasten ist. 

Um zu ermitteln, ob und wie lange das Uteringeräusch nach der 
Geburt festzustellen ist, wurden 60 Stuten untersucht. Im Anschluß 
an Schwergeburten wurde zuweilen das Schwirren einige Zeit nach 
dem Abgehen der Nachgeburt bemerkt, es war am nächsten Tage 
verschwunden. — Bei 2 Abortstuten hielt es dagegen infolge mangel¬ 
hafter Kontraktion eines Homes (Gebärmutterentzündung) lange an. 
In einem Falle mit starker Wandverdickung des Uterus und großer 
Eiteransammlung in dem ausgebauchten Home war ein gleiches 
Schwirren wie beim tragenden Uterus festzustellen, der Gebärmutter¬ 
mund war weit geöffnet. 

Bei 10 güsten Stuten boten sich Verwechslungsmöglichkeiten mit 
dem graviden Uterus. In einem Falle handelte es sich um eine gänseei¬ 
große Cyste in der Gebärmutterschleimhaut, welche eine Fruchtblase 
hätte Vortäuschen können. In einem weiteren Falle befand sich eine 
kindskopfgroße Neubildung, die sich aber durch ihre Derbheit ohne 
weiteres unterscheiden ließ, im linken Gebärmutterhom. Zweimal 
war die Gebärmutterschleimhaut stark gewuchert, wobei in einem der 
Fälle proliferierte Lyinphknoten (Lymphadenitis) wahrgenommen 
wurde. In den übrigen Fällen handelte es sich um eine starke Aus¬ 
buchtung eines Horns infolge Eiteransammlung, wobei zweimal der 
Gebärmuttermund fast hermetisch geschlossen war. Eine übermäßige 
Erweiterung der Arteria uterina media auf einer Seite oder Gefä߬ 
schwirren wurde in allen diesen Fällen nicht bemerkt. 



Bücherbesprechungen, 


Fröhner, E. Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden für Tierärzte. 

6. Aufl. Stuttgart, Ferdinand Enke, 1923. 

Fröhners Klinische Diagnostik weist, wie das Vorwort hervorhebt, folgende 
Neuerungen und Änderungen auf: Die Methoden zum Nachweis der Räudemilben, 
zur Anämiediagnose, die Laryngoskopie, der Nachweis der Parasiteneier im Kot, 
die Blutsedimentierung sind neu- bzw. umgearbeitet worden. Auch die Abschnitte 
bakteriologische Diagnostik (Kitt), topographische Anatomie (von Sussdorf), 
Untersuchung des Nervensystems (Dezler), Milchuntersuchung ( Reinhardt) sind 
vervollständigt worden. 

Die Hoffnung des Autors wird in Erfüllung gehen, daß das Buch, wie in den 
verflossenen 30 Jahren, auch einer kommenden Tierärztegeneration ein zuver¬ 
lässiger Berater sein wird. 

Ausstattung tadellos. Nn. 

Sjollema, B. Ergebnisse und Probleme der modernen Ernährungslehre. 

München und Wiesbaden, S. F. Bergmann, 1922. Grdz. 8.— M. 

Unter Verwertung der gesamten ausländischen, darunter besonders der 
amerikanischen Literatur gibt der Autor hauptsächlich eine umfassende Über¬ 
sicht über den Stand der Vitaminforschung, die den heute schon fast unübersichtlich 
gewordenen Stoff geschickt ordnet. Es schließen sich an Abschnitte über die 
Ungleichwertigkeit der Eiweißstoffe und die Bedeutung der Aminosäuren für den 
tierischen Organismus. Einzelne Nahrungs- und Futtermittel sind mit Bezug auf 
„das Fehlende“ besonders bearbeitet. 

Alle Abschnitte geben in kurzen Zusammenfassungen die wesentlichen Er¬ 
gebnisse der mitgeteilten Versuche gedrängt mit kritischen Erläuterungen wieder, 
so daß sich auch der Femerstehende schnell und sicher orientieren kann und das 
Buch direkt als Nachschlagebuch benutzt werden kann, zumal die Literatur 
überall genau angegeben ist. Nn. 

Zletschmann, 0. Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte der Haustiere, I. Ab¬ 
teilung. Mit 164 Abbildungen. Berlin, Rieh. Schoetz, 1923. Preis: Grdz. 

geb. 6.— M. 

Die Aufgabe, die sich Verfasser laut Vorwort gestellt hat, ist, soweit der 
bisher erschienene erste Teil in Frage kommt, voll gelöst. Berücksichtigt sind in 
erster Linie die Haussäugetiere; teilweise wird auch der Hausvögel gedacht; 
soweit es zum Verständnis höherer ontogenetischer Vorgänge nötig war, sind 
Entwicklungsformen niederer Wirbeltiere zugrunde gelegt worden. 

Da Ref. sich eine ausführliche Besprechung für das Gesamtwerk vorbehält, 
so kann das Urteil über den I. Teil, für den Bemerkungen grundsätzlicher Art 
nur in bezug auf einige Kleinigkeiten zu machen wären, in wenige Worte gefaßt 
werden: Auf 182 Seiten werden die Tatsachen der allgemeinen Entwicklungs¬ 
geschichte und wichtiger Grenzgebiete zusammengetragen in einer Fülle, die bei 
der überall auffallenden größten Genauigkeit nur möglich war durch die kurze , 
und überaus prägnante Textfassung. Diese lobenswerte Kunst ist hier vergeeell- 



Bttcherbesprechungen. 


267 


Behaftet mit einer Klarheit und Eleganz der Darstellung, welche das Studium 
des Werkes zu einem reinen Genuß werden läßt. Schon die geschickte Auswahl 
der zahlreichen Abbildungen zeigt bereits beim Durchblättem, daß Verl den 
behandelten Stoff absolut beherrscht. 

Die Wiedergabe der Abbildungen sowie die übrige buchtechnische Ausstattung 
ist ein erneuter Beweis für die ernsthafte und künstlerische Sorgfalt, mit welcher 
der bekannte Verlag trotz aller Ungunst der Zeit seine Werke hinaussendet. 

Das Buch kann nicht nur tierärztlichen Kreisen, sondern auch Zoologen und 
Landwirten in weitestem Maße empfohlen werden. Drahn (Berlin), 

Meisenheimer, J. Die Vererbungslehre in gemeinverständlicher Darstellung 

Ihres Inhalts. Jena, Gust. Fischer, 1923. Preis: Grdz. brosch. 3.60, geb. 5.—. 

Der bekannte Zoologe wendet sich an einen Leserkreis, der „mit den Grund¬ 
begriffen moderner Bildung vertraut“ ist. Nicht im landläufigen Sinne „populär“ 
ist das, was Verf. bietet. Wohl aber wird die von hoher darstellerischer Kunst, 
Beherrschung der Literatur und überlegener Urteilsfähigkeit zeugende Klarheit 
und Eindringlichkeit des Textes für viele (auch für bereits biologisch Geschulte) 
einen bisher im Buchhandel nicht vorhandenen Schlüssel zu dem schwer zu¬ 
gänglichen, so spröde erscheinenden und doch so reizvollem Gebiet der Vererbungs¬ 
wissenschaft bedeuten. Auf 130 Seiten werden (durch 39 Abbildungen unterstützt) 
die grundlegenden Begriffe, Theorien und Ergebnisse der modernen Vererbungs¬ 
lehre dargelegt. Eine erfreuliche Objektivität unterscheidet streng sachlich 
zwischen Hypothese und Tatsache; das ist eine begrüßenswerte Abweichung 
von den meisten Lehrbüchern der Erbkunde. 

Das kleine Werk bietet für alle Interessenten in tierärztlichen und land¬ 
wirtschaftlichen Kreisen eine wertvolle Einführung in das behandelte Gebiet und 
eignet sich besonders auch als Vorstudium für die Lektüre der größeren Lehr¬ 
bücher. Manchen Vorteil wird der Studierende haben, wenn er das Buch vor 
dem Hören der „allgemeinen Tierzucht“ ehrlich durcharbeitet. 

Was Papier, Druck und Abbildungen anbelangt, so hat der Verlag dem 
Buche, das angelegentlichst zur Anschaffung empfohlen wird, größte Sorgfalt 
angedeihen lassen. Drahn (Berlin). 

Im Verlag E.jA. Seemann,'Leipzig,'erschienen: 

1. Herter (Göttingen), Mechanische Sinnesorgane und Gehör. 2. Hoff mann 

(Jena), Augen und andere Lichtsinnesorgane. 3. Hempelmann (Leipzig), 

Der Bauplan des Tierkörpers im Zusammenhang mit der Umwelt. 

4. Veit (Marburg), Die Entwicklung des Menschen bis zur Geburt. 

5. Matthes (Breslau), Schutz- und Stützorgane der wirbellosen Tiere. 

6. Giersberger (Breslau), Physik und Chemie der Zelle. 

Der Herausgeber (Prof. W. Stempelt, Münster) möchte die neuesten Forschungs¬ 
ergebnisse über den lebenden Organismus in gediegener, knapper Form weiten 
Kreisen zugänglich machen. Besonderer Wert ist darauf gelegt, daß der Anschau¬ 
lichkeit durch möglichst zahlreiche, sorgfältig ausgewählte Abbildungen, Photo¬ 
gramme und andere graphische Darstellungen genügt wird. Es sind auch viele 
Mikroplastbilder der Seemann sehen Lichtbildanstalt vorteilhaft verwendet. Auf 
den engen Raum von 75—100 Seiten konnten nur bewährte Fachmänner das We¬ 
sentliche zusammenfassen. Die Abhandlungen sind um so willkommener, als vielen 
die Beschaffung größerer Neuerscheinungen nicht mehr möglich sein wird. Das gute 
Papier und die geschmackvolle äußere Form sprechen ebenfalls für die Bändchen. 

Dr. Hans Neumann , Liegnitz. 



268 


Bücherbesprechungen. 


Eidmann, Hermann, Die Entwicklungsgeschichte der Zähne des Menschen 
mit Berücksichtigung des Wirbeltiergebisses. Berlin, Hermann Meusser. 
1923. 204 Seiten. Grundpr. 12 Mark. 

Eine zusammenfassende Darstellung der Entwicklungsgeschichte der Zähne 
zu geben, hat sich der Verf. zur Aufgabe gestellt. Das Werk befaßt sich in der 
Hauptsache mit der Zahnentwicklung des Menschen, die bisher am weitgehendsten 
erforscht ist. Einleitend wird ein kurzer Abriß der allgemeinen Entwicklungs¬ 
geschichte gegeben. Ein Kapitel ist dem Vergleich mit dem Wirbeltiergebiß ge¬ 
widmet. Zahlreiche Textfiguren, insbesondere die technisch vollendeten Original¬ 
abbildungen erläutern den klar geschriebenen Text, der von einem ausführlichen, 
23 Seiten umfassenden Literaturverzeichnis beschlossen wird. Das Werk, das die 
zahlreichen in der anatomischen, zoologischen und zahnärztlichen Literatur ver¬ 
streuten Arbeiten zusammenfassend würdigt, verdient auch in der tierärztlichen 
Literatur die gebührende Beachtung zu finden. Druck und Ausstattung sind vor¬ 
züglich. C. Reinhardt , Berlin. 

tiatermanns landwirtschaftlicher Kalender für Tierzüchter. 3. Jahrgang. 
Berlin, August Reher, 1924. 2 Goldmark. 

Kalendarium und Zuchtregistertabellen zur Eintragung sind praktisch an- 
geordnet. Bei den Gewährmängeln ist der letzte Satz falsch (Anzeigefrist). Mit 
den kurzen Angaben über Gew&hrmängel wird der Landwirt nicht viel anfangen 
können. Eine etwas ausführlichere rechtliche Belehrung würde ihm wohl er¬ 
wünscht sein. Die „Viehstall-Apotheke“ und einige Anzeigen, die zur Kur¬ 
pfuscherei anreizen, würden besser in der nächsten Auflage fortgelassen werden. 
Die übrigen Angaben sind geschickt ausgewählt und übersichtlich geordnet. Ein 
Verzeichnis der Züchtervereinigungen und der Tierzuchtinspektoren schließt sich 
an. Die Vieh Züchtungsergebnisse von 1914 und 1922 sind am Schlüsse gegen¬ 
übergestellt. Die Seite 72 (Empfehlung der Fütterung von Knochenpracipitat) 
gehört nicht in den Text, sondern in den Anzeigenteil; sonst hätten alle oder 
doch zahlreiche technische Futtermittel Erwähnung finden müssen. Vielleicht 
könnten in der nächsten Auflage auch die Personalien der amtlich in der Tier¬ 
zucht tätigen Männer (Ministerien, Hochschulen) und eine Zusammenstellung 
der Tierzuchtinstitute gebracht werden. Nn. 



DISSERTATIONEN DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE 

BERLIN*) 


(Aus dein Tierpathologischen Institut der Universität München [Vorstand: 

Prof. Dr. Th. Kitt].) 

Untersuchung über das Vorkommen von Bakterien in den 
Nasennebenhöhlen bei Pferd und Rind, nebst einer Studie 

über Schleimcysten. 

Von 

Martin Zunker, Franzburg (Pommern), 

Tierarzt. 


[Referent: Prof. Dr. W . Söller .] 

Schon seit langer Zeit sind die Erkrankungen der Nasenneben¬ 
höhlen von therapeutischem Interesse gewesen. Mit dem Aufblühen 
der bakteriologischen Technik erschienen auch bald Mitteilungen über 
die Anwesenheit von Mikroorganismen in den pathologischen Exsu¬ 
daten und Transsudaten. Um deren Bedeutung aber richtig würdigen 
zu können, mußte man zunächst die Frage klären, welche Bakterien 
als regelmäßige oder häufige Bewohner der Nebenhöhlen auf treten. Diese 
Verhältnisse scheinen bei den Haustieren noch nicht genügend er¬ 
forscht zu sein. Deshalb habe ich Anlaß genommen, Untersuchungen 
darüber auszuführen, deren Ergebnisse in folgendem niedergelegt sind. 

Literatur über den Keimgehalt der Nasennebenhöhlen. 

Der erste, der die normalen Nasennebenhöhlen, und zwar bei Menschen, 
bakteriologisch untersuchte, war v. Besser 1 ). Seine Erfahrungen blieben jedoch 
auf die alleinige Untersuchung von den Stirnhöhlen an 3 Leichen beschränkt. 
Nachdem von der Schädelhöhle aus die hintere Sinuswand aufgemeißelt worden 
war, wurde unter Verwendung einer sterilen Platinöse eine Probe herausgenommen 
und in Agar verteilt. In keinem Falle konnte v. Besser nachweisbares Wachstum 
von Mikroorganismen erzielen. 

Eine umfassendere Untersuchung normaler Nebenhöhlen ist später durch 
Frankel 2 ) durchgeführt worden. Bei der großen Zahl (146) seiner Obduktionen 
fand er in 28 Fällen die Nebenhöhlen frei von pathologisch-anatomischen Ver¬ 
änderungen. Aber nur in 13 Fällen erwiesen sich die Nebenhöhlen steril. Bei 
weitem am häufigsten wurden in der Oberkieferhöhle Mikroorganismen gefunden. 
Zusammenfassend äußert sich Fränkel dahingehend, daß ,,ein großer Teil von 
in bezug auf das Verhalten der Nasennebenhöhlen normalen Menschen in diesen 
Kavitäten Mikroorganismen beherbergt, von denen wir wissen, daß sie bei vielen, 
namentlich entzündlichen Prozessen der menschlichen Atmungsorgane eine hervor- 

*) Für Inhalt und Form sind die am Kopf der Dissertationen angegebenen 
Herren Referenten mitverantwortlich. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


20 



270 M. Zunker: Untersuchung über das Vorkommen von Bakterien in den Nasen* 

ragende Bolle spielen“. Ferner wird die Beziehung von Nebenhöhlenerkrankungen 
zu anderen krankhaften Prozessen erörtert. Besonders häufig wurden Beziehungen 
zu Lungenerkrankungen, wie Tuberkulose und fibrinöser Pneumonie, gefunden. 
Doch darf man wohl nicht die Nebenhöhlenerkrankung als primär, sekundär zu 
Lungenaffektionen führend, auffassen, da in den Nebenhöhlen zum Teil andere 
Bakterien nachgewiesen wurden als der in den Lungen wirkende Pneumokokkus. 
Auch war mehrfach die Nasenhöhle selbst intakt, nur die Nebenhöhlen erkrankt. 
Das würde gegen die vielfach, u. a. auch von 2juckerkandl 3 ) vertretene Auffassung 
sprechen, daß Nebenhöhlenerkrankungen häufig durch Fortleit ung von der Haupt - 
höhle aus entstünden. So waren unter 146 Fällen nur 4 mal Haupt- und Neben¬ 
höhle gleichzeitig erkrankt. Was die Formen der Erkrankungen anlangt, so 
ließen sich konstante Beziehungen zu bestimmten Mikrobenarten nicht feststellen. 
Ein und derselbe Mikroorganismus vermag in dem gleichen Gewebe ganz ver¬ 
schiedene Krankheitsbilder zu erzeugen. 

Des weiteren haben sich Calamida und Bertardli 4 ) mit diesen Fragen be¬ 
schäftigt. Diese Arbeit bietet für die Tierheilkunde um so mehr Interesse, als sie 
Untersuchungen an Hunden enthält. Die Untersuchungstechnik war folgende: 

Zunächst wurde die Knochenhaut über den betreffenden Höhlen abgelöst, 
dann mit sterilen Messern eine Öffnung hineingeschnitten, doch so, daß die Schleim¬ 
haut der Nebenhöhlen nicht verletzt wurde. Dieselbe wurde besondere mit einer 
glühenden Nadel angebohrt und dann mit der Platinöse Material entnommen. 
Da es sehr schwer ist, mit der Öse genügend Material von der relativ trockenen 
Schleimhaut zu entfernen, benutzten die Verfasser Ausspülungen mit sterilem 
Glycerin, Bouillon oder Wasser. Die an 20 Hunden geprüften Stirnhöhlen erwiesen 
sich beiderseits steril. Einmal wurde ein coliähnliches, nicht tierpathogenes Stäbchen 
ermittelt, in einem anderen Falle Proteusbacillen. Doch deuten die Verfasser 
diesen Befund als Verunreinigung. Die Kieferhöhlen waren in 16 von 20 Fällen 
bacillenleer. Die Ethmoidal höhlen wurden 8 mal geprüft und steril befunden. 
Ferner wurden 12 Menschenleichen untersucht und sämtliche Höhlen bis auf eine 
Stirnhöhle bakterienfrei gefunden. Daneben widmeten sich die Verfasser be¬ 
sonderen Versuchen über die Möglichkeit des Eindringens von Mikroben in die 
Nasennebenhöhlen. Geringe Kulturmengen (B. prodigiosus, pyocyaneus, subtilis) 
wurden mit einer Spritze in die Nasenhöhle verbracht und die Tiere alsdann 
8—24 Stunden nach der Inokulation getötet. Die Verfasser vertreten die Ansicht, 
daß Mikroorganismen verhältnismäßig leicht in die Nebenhöhlen gelangen können, 
und zwar am leichtesten nach der Kieferhöhle. 18 Stunden nach der Einspritzung 
waren die Mikroorganismen in der Regel schon aus den Nebenhöhlen wieder ver¬ 
schwunden. Im Gegensatz zu Fränlcel kommen Calamida und Bertarelli also zu 
der Ansicht, daß bei Mensch und Hund in normalen Verhältnissen die Neben¬ 
höhlen fast immer steril sind. Diese Abweichung erklärt sich wohl daraus, daß 
letztere ausdrücklich betonen, niemals später als 20 Stunden post mortem die 
Proben entnommen zu haben. Fränkei dagegen scheint diesen Zeit Verhältnissen 
nicht besonders Rechnung getragen zu haben; denn er erwähnt nur in 2 Fällen, 
daß die Sektion 8 bzw. 13 Stunden post mortem stattgefunden hätte. 

Diesen Verhältnissen mißt Tärne b ) besondere Bedeutung bei. Von den 
36 Fällen, in denen die Nebenhöhlen keine sichtbaren Veränderungen aufwiesen, 
wurden die Untersuchungen 29 mal innerhalb von 2 bis höchstens 2 Stunden 
20 Minuten nach dem Tode vorgenommen. In allen diesen Fällen waren die 
Nebenhöhlen steril, während bei den übrigen 14, zwischen 3 und 25 Stunden 
post mortem untersuchten Leichen nur die Hälfte der Nebenhöhlen frei von 
Bakterien war. Es ließ sich ihr Auftreten jedoch nicht in direkte Beziehung zu 
der seit dem Tode* verflossenen Zeit bringen. Die Einwanderung scheint vielmehr 



nebenhöhlen bei Pferd und Rind, nebst einer Studie über Schleimcysten. 271 

einige Stunden nach dem Tode zu beginnen und bisweilen rasch, bisweilen lang¬ 
sam vor sich zu gehen; dabei wieder leichter nach der Kieferhöhle als nach der 
Stirnhöhle. Außer an Menschen untersuchte Tome, auch an 6 frisch geschlachteten 
Kälbern die Kiefer- und Stirnhöhlen, die sich stets als steril erwiesen. Folgendes 
Verfahren diente zur Probeentnahme: 

Nach möglichst schneller Entfernung der Haut von dem Kalbskopfe wurden 
die vorderen Wände der Kiefer- und Stirnhöhlen mit glühendem Eisen kauterisiert. 
Mit sterilem Hohleisen wurde alsdann eine Öffnung in die betreffende Wandung 
gemacht, worauf mit einem scharfen sterilen Löffel eine kleine Probe von der 
inneren Wandung der Höhle abgeschabt und sofort in Agar oder Gelatine verteilt 
wurde. Eine andere Probe wurde zur direkten mikroskopischen Untersuchung 
auf Objektträgern ausgestrichen. Der Kopf wurde dann durch einen sagittalen 
Schnitt gespalten und die vorderen Sinuswände weggemeißelt, um einen Einblick 
in das Innere der Höhlen zu gewinnen. 

Des weiteren hat Tome eine Reihe von Versuchen angestellt, um zu ermitteln, 
ob das Flimmerepithel der Nebenhöhlen bei dem Zustandekommen dieser Sterilität 
beteiligt wäre. An gespaltenen Köpfen wurden fein verteilte Rußkömchen in 
die Nebenhöhlen gebracht. Binnen kurzem wurden alsdann die Rußteilchen 
gegen den Ausgang der Höhle verschoben, und zwar betrug die Geschwindigkeit 
etwa Vf cm in der Minute. Die gleichen Beobachtungen konnten auch an einer 
frischen menschlichen Leiche gemacht werden. Schließlich prüfte Töme auch 
noch das Nebenhöhlensekret auf bakterienfeindliche Wirkungen an Milzbrand¬ 
bacillen. Er konnte feststellen, daß das Sekret recht bedeutende bactericide Fähig¬ 
keiten hatte; z. B. nach halbstündigem Aufenthalt im Sekret hatte nur ein ganz 
geringer Teil der Bakterien sich noch entwicklungsfähig erhalten. 

Eigene Untersuchungen. 

Material und Technik . 

Meine eigenen Untersuchungen erstrecken sich auf das Pferd und Rind und 
wurden folgendermaßen ausgeführt: 

Bei der Öffnung der Nasennebenhöhlen des Pferdes hielt ich mich im all¬ 
gemeinen ganz an die in der Fleischbeschau vorgeschriebene Technik. Nur trug 
ich Sorge, daß der Längsschnitt stets etwas nach einer Seite verschoben wurde, 
um die medianen Septen möglichst unversehrt zu erhalten. Dieselben wurden 
alsdann zur Probeentnahme mit sterilem Messer oder Knochenschere durch¬ 
schnitten. Auf diese Weise gingen zwar immer die Stirnhöhle und Gaumenkeilbein- 
höhle der einen Kopfseite für die bakteriologische Untersuchung verloren, aber 
es war so leichter möglich, unter Beachtung aseptischer Vorsichtsmaßregeln die 
Höhlen zugänglich zu machen. Am gespaltenen Schädel wurde die Nasenscheide¬ 
wand herausgetrennt und zurückgeklappt. Alsdann wurde mit einer Schere in 
die vorher mit Alkohol abgebrannte Nasenmuschel eine kleine Öffnung geschnitten. 
Nachdem so eine Sekret probe aus den Muschelhöhlen entnommen war, wurden 
die Muscheln ganz abgetragen und dadurch über den Canalis infraorbitalis hinweg 
der Weg in die Kieferhöhle freigelegt. Die vordere und hintere Abteilung der 
Kieferhöhle ebenso wie die dorsale und ventrale Muschel höhle haben bei der 
bakteriologischen Untersuchung keine gesonderte Berücksichtigung erfahren. Von 
den Nebenhöhlen stehen die Muschelhöhlen und die Kieferhöhlen beim Pferde 
mit der Nasenhöhle in direkter Verbindung, und zwar geht der Zugang zu den 
Muschelhöhlen vom mittleren Nasengang aus, der Zugang zur Kieferhöhle Hegt 
zwischen der dorsalen und ventralen Muschel. Nur indirekte Verbindung mit der 
Haupthöhle haben die Stirnhöhle und Gau men keilhein höhle. Die Kieferstirn¬ 
höhlenöffnung ist etwa 4 cm lang und 3 cm breit, während die Öffnung zur Gaumen- 
keilbeinhöhle nur 1—2 cm Breite und 2—3 cm Länge mißt. 


20* 



272 M. Zimker: Untersuchung über das Vorkommen von Bakterien in denNasen- 

Beim Rinde ist die Zahl der Nebenhöhlen erheblich größer, und zwar stehen 
mit der Nasenhöhle in direkter Verbindung die Muschelhöhlen durch den dorsalen 
bzw. ventralen Nasengang, die Kieferhöhle durch die Nasenkieferhöhlenspalte 
mit dem mittleren Nasengang. Diese Spalte ist etwa 2 cm lang und 3—4 cm breit. 
Sämtliche übrigen Höhlen haben mit der Nasenhöhle selbst keine direkte Ver¬ 
bindung. Die Gaumenhöhle kommuniziert durch die 5—8 cm lange ovale Kiefer¬ 
gaumenhöhlenöffnung mit der Kieferhöhle. Caudodorsal von dieser Spalte, bis¬ 
weilen auch mit ihr verschmolzen, führt eine rundliche, 3—4 1 /* cm lange Öffnung 
zur Tränenbeinhöhle. Kiefer-, Gaumen- und Tränenbeinhöhle bilden somit beim 
Rinde ein System von Höhlen, die durch große Öffnungen miteinander in Ver¬ 
bindung stehen. Andere liegen die Verhältnisse bei der Stirnhöhle. Meist finden 
sich mehrere selbständige Abteilungen, die jede für sich durch einen schmalen 
Kanal mit den Siebbeinzellen in Verbindung stehen. Bei meinen Versuchen wurde 
stete nur die größere Haupthöhle untersucht, die ja auch der Stirnhöhle des Pferdes 
entsprechen dürfte. Die Keilbeinhöhle wurde nicht berücksichtigt, da sie am 
frisohen Schädel durch Fett und Spongiosablättchen ausgefüllt ist und somit nicht 
als Höhle erscheint. Durch einen Querschnitt, der in der Ebene des 6. Backzahnes 
den Nasenteil vom Kopfe trennte, wurden gleichzeitig Kiefer-, Gaumen-, Tränen¬ 
bein- und Muschelhöhlen eröffnet und waren zur Probeentnahme leicht zugänglich. 
Die Stirnhöhle wurde nach der Längsspaltung des Schädels vom Septum aus 
geöffnet. Nach erfolgter Probeentnahme wurden die Höhlen mit Säge und Meißel 
so weit freigelegt, daß das Innere genau übersehen werden konnte. Fanden sich 
irgendwelche Veränderungen der Schleimhaut oder Zeichen von Verunreinigung 
mit Blut- und Futterbrei, so wurden die betreffenden Höhlen ohne weiteres von 
der Verwertung in nachfolgender Statistik ausgeschlossen. 

Die Technik bei der Entnahme von Proben mußte gewisse Änderung der 
sonst üblichen Form erfahren, da die Untersuchungen in den Hallen des Schlacht¬ 
hofes vorgenommen wurden. Die unmittelbare Überimpfung von Sekret mit der 
Platinöse dürfte bei der Trockenheit der betreffenden Schleimhäute nicht immer 
genügend zuverlässig ausfallen. Darauf wiesen Calamida und Bertareüi bereits hin 
und benutzten deshalb Ausspülungen mit Bouillon, Glycerin und Wasser. Da 
dies Verfahren aber draußen im Schlachthof nur schwer durchzuführen war, 
versuchte ich mit schmalen sterilen Messern die Nebenhöhlen auszukratzen und 
verteilte das so erhaltene Material zunächst in physiologischer Kochsalzlösung, 
aus der dann die Nährböden beimpft wurden. Da' jedoch für jede Nebenhöhle 
ein besonderes Messer gebraucht wurde, waren umfangreichere Untersuchungen 
außerordentlich behindert. Weiter benutzte ich dann festgedrehte sterile Watte¬ 
tupfer, mit denen ich an steriler Pinzette die Schleimhaut gründlich abwischte. 
Jeder Tupfer wurde in einem sterilen Reagensröhrchen transportiert und im 
Institut sofort weiter verarbeitet. Der infizierte Wattetupfer wurde zunächst in 
6—8 ccm physiologischer Kochsalzlösung ausgewaschen und mit dieser Lösung 
die Nährböden beimpft. Die Kulturröhrchen wurden sowohl bei Brutschrank- 
ternperatur als auch bei Zimmertemperatur gehalten. Da nach den vorliegenden 
Notizen mit einem geringen Keimgehalt der Nebenhöhlen zu rechnen war, stellte 
ich zunächst vergleichende Untersuchungen über die Zuverlässigkeit meiner 
Untersuchungsmethode an, indem ich infizierte Tupfer auch unmittelbar mit 
dem Nährboden in Berührung brachte. Dabei stellte sich dann heraus, daß 
in einzelnen Fällen durch die Verdünnung in physiologischer Kochsalzlösung 
Sterilität vorgetäuscht wurde, in denen der Kontrollvereuch mit unver¬ 
dünntem Material einzelne Kolonien auf der Kultur zeigte. Es scheint also 
die physiologische Kochsalzlösung nicht ganz indifferent zu sein, worauf 
d'H ereile*) besonders hingewiesen hat. 



nebenhühlen bei Pferd und Rind, nebst einer Studie über Schleimcysten. 273 

Befunde. 

Von 12 Pferden wurden 47 Nasennebenhöhlen bakteriologisch unter¬ 
sucht und davon 40 steril befunden. Nach den einzelnen Höhlen ge¬ 


ordnet, ergibt sich folgende Tabelle: 

13 untersuchte Muschelhöhlen.davon 11 steril 

15 ., Kieferhöhlen. ., 12 

11 „ Stirnhöhlen., 9 

8 „ Gaumenkeilbeinhöhlen., 8 


Die Untersuchungen an 23 Rindern habe ich in 2 Gruppen eingeteilt, 
von denen die erste Rind Nr. 1—7 umfaßt und zeitlich vor den Unter¬ 
suchungen an Pferden bearbeitet wurde. An diesen 7 Rindern prüfte 
ich 36 Nebenhöhlen; 16 davon waren steril. Nachdem die oben ange¬ 
führten Ergebnisse bei Pferden so wesentlich anders ausfielen, galt 
es zu ermitteln, ob sich hier ein Fehler in der Technik offenbarte oder 
ein genereller Unterschied zwischen Pferd und Rind. Ich mußte mich 
für das erstere entscheiden; denn ich hatte bei den Untersuchungen an 
den 7 Rindern nicht auf die seit dem Tode verflossene Zeit geachtet, 
während die Probeentnahme bei den Pferden unmittelbar nach der 
Tötung erfolgte, mit ganz wenigen Ausnahmen innerhalb der ersten 
halben Stunde. Diese Erwägungen fanden dann bei den weiteren Ver¬ 
suchen an Rindern Berücksichtigung. Und es wurden somit beim Rinde 
in der Tat ähnliche Verhältnisse wie beim Pferde vorgefunden. 

Am Rind Nr. 8—23 prüfte ich insgesamt 72 Nasennebenhöhlen 
und fand 61 steril. Das waren 84,7% gegen 85,1% beim Pferde. Im 
einzelnen ergaben sich folgende Verhältnisse: 

13 untersuchte Muschelhöhlen.davon 11 steril 


12 

„ 

Stirnhöhlen. 

. 12 

18 

,, 

Kieferhöhlen. 

. 15 

15 


Tränenbeinhöhlen. 

... 12 

14 


Gaumenhöhlen. 

... „ 11 


Die Infektion der Nasennebenhöhlen am lebenden Tiere wird derart erfolgen, daß 
der Schleimhaut mit der einströmenden Luft Keime zugetragen werden. Je weiter der 
Zugang zu den einzelnen Höhlen ist, um so eher wird man Bakterien in ihnen vor¬ 
finden. Das entspricht auch ganz den mitgeteilten Befunden; denn die schwer zu¬ 
gängliche Gaumenkeilbeinhöhle des Pferdes sowie die Stirnhöhlen beim Rinde waren 
in keinem Falle infiziert. Nach dem Tode kommt für die Verbreitung der Keime der 
Luftstrom weniger in Betracht. Dagegen können auf der Oberfläche Bakterien 
wachsen, so wie sich auf der Agarplatte manche Arten ganz rapid ausbreiten. Die 
Keimarmut oder gar vollkommene Sterilität der Nebenhöhlen entspricht ganz den im 
übrigen an den Atmungsorganen gefundenen Verhältnissen. So wird z. B. die Luft¬ 
röhre fast stets frei von Organismen gefunden, weil die Keime vorher bereits abge¬ 
fangen werden und nur ein kleiner Teil die Stimmritze passiert, um sofort wieder 
durch die Flimmerbewegung entfernt zu werden. Von Wichtigkeit für die Beurteilung 
dieser Verhältnisse ist die Kenntnis der Luftströmung in der Nasenhöhle und den 
Nebenhöhlen. Nach den Untersuchungen von Braune und Glasen 1 ) stellen die Neben¬ 
höhlen eine Art von Windkesseln vor. Bei der Luftansaugung zu Beginn der Ein¬ 
atmung strömt die Luft aus den Nebenhöhlen zum Kehlkopf. Auf diese Weise ent- 












274 M. Zunker: Untersuchung über das Vorkommen von Bakterien in denNasen- 

steht in den Nebenhöhlen eine Luftverdünnung, die auf die durch die Nasenlöcher ein- 
ßtrömende Luft ansaugend wirkt. Die in die Nebenhöhlen gelangende Luft streicht 
also immer über die breiten Oberflächen der Nasen muscheln, wo die Mehrzahl der 
Mikroben bereits haften bleiben wird. Die große Menge der in der Luft enthaltenen 
Bakterien wird bereits im Vestibulum nasi mit den Vibrissen abgefangen. Während 
sich hier stets Keime in größerer Zahl nachweisen lassen, ist die eigentliche Schleim¬ 
hauthöhle arm an Mikroorganismen, nach den Untersuchungen am Menschen von 
Thomson, St. Clair und Hewlett 8 ) sogar in 80% aller Fälle steril. Wenn also die 
Nasenhöhle selbst schon arm an Mikroorganismen ist, so nimmt es nicht wunder, 
in den Nebenhöhlen in der Regel Sterilität zu finden. 

Die Vorgefundenen Bakterien, deren Spezies im einzelnen nicht überall 
bestimmt werden konnte, waren im allgemeinen saprophytischer Natur. 
Pathogene Formen, wie die Bacillen des Starrkrampfes, malignen Ödems, 
Nekrose oder bipolare Formen wurden nicht beobachtet; lediglich Coli- 
bakterien, farbstoffbildende Eitererreger, Staphylococcus pyogenes 
aureus, albus, citreus, Bacillus fluorescens und eine Hefeart wurden an¬ 
getroffen. Die Zahl der aufgegangenen Kulturen war stets nur gering. 

Untersuchungen über Schleimcysten in Nasennebenhöhlen. 

Bei der Öffnung von Nasennebenhöhlen von Rindern habe ich mehr¬ 
fach kleine Cysten auf der Schleimhaut gefunden, deren Bau im folgen¬ 
den näher beschrieben werden soll. Denn die Entstehungsweise dieser 
Bildungen und ihr Zusammenhang mit verschiedenen pathologischen 
Prozessen in den Nebenhöhlen, insbesondere mit dem Hydrops der 
Höhlen, scheint immer noch nicht ganz aufgeklärt. 

Literatur. 

Auf das Vorkommen dieser Gebilde bei Tieren hat schon Qovbeaux ?) (1851) 
aufmerksam gemacht. Ich muß ihm darin beistimmen, daß diese Cysten beim 
Rinde keineswegs sehr selten sind. Sie werden eben im allgemeinen nur übersehen, 
da die Nebenhöhlen selten ganz geöffnet werden. In der Menschenheükunde hat 
dann bald darauf Giraldes 10 ) eine Arbeit über diese Cysten veröffentlicht (1854). 
Besondere Notizen finden sich dort über den Inhalt der Cysten, und zwar fand 
sich Schleim mit einer imgleich größeren Menge von Eiweiß, als im normalen Schleim 
enthalten ist. Unter dem Mikroskop sah Giraldes Haufen unregelmäßiger Körner, 
zusammengehalten durch eine durchscheinende, mit veränderten Blutkörperchen 
und Fetttröpfchen vermischte Substanz, hier und da Zellen mit körnigem Inhalt, 
Trümmer von Epithelien, namentlich eine große Menge krystallinischen Cholesterins. 
Ähnlichen Cysteninhalt beschreibt auch Luschka 11 ) in seiner Arbeit über die 
Schleimpolypen der Oberkieferhöhle, und zwar scheidet Luschka zwischen großen 
und kleinen Cysten. Letztere zeigten feine Molekularsubstanz, freies Fett, Fett- 
kömchenaggregate, sparsam rundliche Zellen. Erstere dagegen enthielten helles 
Fluidum mit käsigen Klumpen, die aus Fettkrystallen und Corpora amylacea 
bestanden neben den oben beschriebenen Elementen. Das Ganze glich dem ein¬ 
gedickten Schleim. An den Drüsen, sowohl am Hauptschlauch wie an den Neben¬ 
schläuchen, beobachtete Luschka häufig blasenartige Erweiterungen und glaubt 
in ihnen eine Entartung zu sehen, die zur Bildung von Cysten führen könne. Die 
gleiche Wahrnehmung hat Paulsen 12 ) gemacht. Auch er sah häufig Ausbuchtungen 
der Ausführungsgänge nahe der Mündung, die manchmal sogar ganz beträchtliche 
Erweiterungen darstellten und mit geronnenen Sekret massen angefüllt waren. Fast 
stets fanden sich diese Erweiterungen in der Schleimhaut des Pferdes. 



nt'henhülilc»]) b<‘i Pferd und Rind, nebst einer Studie über Sclileimeysten. 275 

Wiederholt habe ich in der Literatur Hinweise darüber gefunden, daß selten 
»■ine Cvste allein vorhanden ist. Heymann™) sah neben einer größeren sehr häufig 
eine reichliche Menge ganz kleiner Cysten. Zuckerkand^) beschreibt Fälle, in 
denen es durch Verstopfung der Ausflihrungsgänge zur vollständigen Ausfüllung 
der Drüsen mit Sekret kam. Die Drüsen waren dann mit bloßem Auge als weiße, 
beetartig angeordnete Kügelchen in der Schleimhaut zu erkennen. Das würde 
dafür sprechen, daß die Cystenbildung nicht auf Bildungsanomalie einer einzelnen 
Drüse beruht, die dann zur Verstopfung des Ausführungsganges führt, sondern 
daß derartige Reize in der Regel größere Schleimhautteile treffen. Insbesondere 
hätte man da an EntzündungsVorgänge in der Schleimhaut zu denken. In Hin¬ 
sicht auf die Ätiologie dürften die Cysten mit den echten Schleimhautpolypen 
nahe verwandt sein; denn in den Polypen werden die gleichen Cysten häufig 
beobac htet und sind dort bereits 1855 von BUlroth u ) beschrieben worden. 

Eigen* Befunde. 

Nach meinen eigenen Untersuchungen kann ich die Cysten in 
2 Gruppen einteilen, und zwar haben die Cysten der einen Art hellen, 
durchscheinenden, glasigen Inhalt, die anderen dagegen trüben, un¬ 
durchsichtigen, grünlichen oder gelblichen Inhalt. Beide Formen kommen 
nebeneinander vor, und zwar betreffen die durchscheinenden meist 
kleinere Gebilde. Die makroskopische Unterscheidung finden durch 
die mikroskopische Untersuchung ihre Bestätigung. Während die 
hellen durchscheinenden Cysten keine körperlichen Elemente enthielten, 
sofern man nicht beim öffnen der Cyste Wandzellen mit dem Inhalt 
vermischt, so fanden sich in den trüben grünlichen Gebilden zahlreiche 
Eiterkörperchen und Kokken, vereinzelt Cholesterinkrystalle. Bei 
der Verimpfung von Cysteninhalt auf Nährböden waren erstere stets 
steril, letztere ließen in der Regel Kolonien entstehen. Aber auch in 
den Fällen, wo die Kulturen der grünlichen Cysten nicht angingen, 
wurden mikroskopisch Mikroorganismen nachgewiesen, nur waren sie 
dann schwer tingierbar. Es dürfte sich eben um abgetötete Formen 
gehandelt haben, was bei den bakterienfeindlichen Eigenschaften des 
Schleimdrüsensekretes nicht weiter verwunderlich ist. 

Zu eingehendem Studium des Baues der Cysten habe ich dieselben 
vorsichtig von der knöchernen Unterlage abpräpariert, in Formalin 
gehärtet und zum Schneiden in Paraffin eingebettet. Die Schnitte 
wurden dann 15—8 dünn angefertigt und mit Hämatoxylin gefärbt. 
Bei der Feinheit der Objekte ist es sehr schwer, die äußeren Zellschichten 
der Cysten wand unversehrt zu erhalten. Deshalb ergänzte ich die 
Schnittpräparate noch durch Untersuchungen von frischem Material. 
Am besten eignen sich zum Studium kleine Cysten, die bei vorsichtiger 
Behandlung in situ erhalten und geschnitten werden können. 

Die Wandung der Cysten besteht aus 3 Schichten: 

1. Äußere Epithelschicht; 

2. Bindegewebsschicht; 

3. Innere Epithelschicht. 



276 M. Zänker: Untersuchung über das Vorkommen von Bakterien usw. 


Die äußere Epithelschicht besteht aus einschichtigem flimmernden 
Zylinderepithel, das in seiner Form ganz der oberen Schleimhautzell - 
schicht entspricht und auch ohne Abgrenzung allmählich in diese über¬ 
geht. Darunter liegt eine Bindegewebssehicht von wechselnder Dicke. 
An der Basis der Cysten ist sie meist pfeilerartig verbreitert. Dort 
findet man auch Drüsenzellen eingelagert. Die innere Schicht besteht 
aus kubischem einschichtigen Epithel, das die ganze Cyste innen gleich¬ 
mäßig auskleidet. Unter der Cyste ist die Submucosa verdünnt und 
enthält keine Drüsenschläuche, die sich dagegen zu beiden Seiten der¬ 
selben regelmäßig als gewundene Schläuche zeigen. 

Da häufig mehrere Drüsenschläuche in einem gemeinsamen Aus¬ 
führungsgang münden, besteht auch die Möglichkeit, daß mehrere 
Schläuche cystenartig auftreiben. Dies konnte ich in einem Fall be¬ 
obachten. Da fand sich in dem verbreiterten Bindegewebe eine 
schmale längliche Cyste, deren Spitze als typischer Drüsenschlauch 
weiterführte. In einem anderen Falle lag ganz flach am Boden der 
Hauptcyste, durch einschichtiges, kubisches Epithel von dem Haupt¬ 
lumen abgegrenzt, eine zweite kleine Cyste, deren Inhalt besonders 
intensiv gefärbt erschien. 

Da ich nur kleine, nicht infizierte Cysten zum Schneiden verwandte, 
habe ich im Cysteninhalt der Schnitte nie körperliche Elemente gefunden; 
es sei denn einzelne Epithelzellen, die sich von der inneren Wand los¬ 
gelöst hatten. Die von den oben zitierten Autoren erwähnten Funde 
von Zellen, Zelltrümmern, Fett und Cholesterin konnte ich nur bei den 
infizierten Cysten bestätigen. Es hat sich anscheinend in den Fällen 
um ältere Cysten gehandelt, was auch durch das Vorkommen von 
Cholesterinkrystallen bestätigt wird. Denn letzteres wird nur im Eiter 
und in alten cystösen Inhaltsmassen in größerer Menge gefunden, 
während es sonst in den Körpersäften nur in Spuren vorhanden ist. 
Auf die Beziehungen solcher Cysten zum Hydrops der Nebenhöhlen 
näher einzugehen, muß ich mir hier versagen. Es ist mir nur ein Fall 
von Hydrops der linken Gaumenhöhle beim Rind zu Gesicht gekommen. 
Bei der Öffnung der Nebenhöhle flössen etwa 250 ccm glasiger wässerig- 
schleimiger Flüssigkeit ab, in der 3 erbsengroße Cysten, frei von der 
Wand abgerissen, schwammen. Über die Herkunft der großen Schleim- 
masse konnte nichts Sicheres ermittelt werden. 

Durch die vorliegenden Untersuchungen wird die Auffassung 
gestützt, daß es sich um Retentionscysten der Drüsen handelt. 
Zur Illustration werden der ungekürzten Arbeit*) 2 Abbildungen 
beigegeben: 1. Die Photographie einer einzelnen Cyste aus der Ober¬ 
kieferhöhle vom Rind; 

*) Diese befindet sich im Pathologischen Institut der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule, Berlin. 



W. Meinicke: Beitrag zur Kenntnis einer lecksuchtähnl. Erkrankung usw. 277 

2. eine Abbildung aus Kitts Lehrbuch der pathologischen Anatomie 
nach einem Präparat aus der Sammlung des Tierpathologischen Instituts. 


Literaturverzeichnis. 

l ) Besser , L. v., Über die Bakterien der normalen Luftwege. Beitr. z. pathol. 
Anal. u. z. allg. Pathol. 4, Heft 4. — 2 ) Fränkel, Eugen (1896), Beiträge zur Patho¬ 
logie und Ätiologie der Nasennebenhöhlenerkrankungen. Virchows Arch. f. pathol. 
Anat. u. Physiol. 143, 42—98. — 3 ) Zuckerkand!, E . (1882, 1892), Normale und 
pathologische Anatomie der Nasenhöhle und ihrer pneumatischen Anhänge. 2 Bde. 
Wien. — 4 ) Calamida , U. und E. Bertarelli (1902), Über die Bakterienflora der 
Nasensini und des Mittelohres. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektions- 
krankh., Abt. I, Orig. 3t, 428 — 433. — 6 ) Tome, Fr. (1904), Studien über die 
bakteriellen Verhältnisse der Nasennebenhöhlen und ihre Schutzmittel gegen 
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Berlin 1856. 


(Aus der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Prof. Dr. K. Neumann].) 

Beitrag zur Kenntnis einer lecksuchtähnlichen Erkrankung 
des Rindes im Spreewald. 

Von 

Wilhelm Meinicke, Berlin, 

Oberstabsveterin&r a, D. 

[Referent: Prof. Dr. Kurt Neumann.] 

Im Laufe der letzten 3 Jahre hatte ich Gelegenheit, im Spreewald¬ 
dorfe Altzauche eine Erkrankung der Rinder zu beobachten, welche 
unter lecksuchtähnlichen Erscheinungen verlief. Diese Krankheit ist 
seit Generationen in der Gegend bekannt, scheint aber erst nach dem 
Kriege in verstärktem Maße aufzutreten. Das läßt den Verdacht auf- 
kommen, daß die Ursache in einseitiger Fütterung bei gleichzeitigem 



278 


\V. Meinicke: Beitrag zur Kenntnis 


Kraftfuttermangel zu suchen ist. Die Krankheitserscheinungen (Ab¬ 
magerung, Osteomalacie, Allotriophagie) setzen bald nach Beginn der 
Heufütterung ein und nehmen im Laufe des Winters an Intensität zu, 
so daß die Besitzer zu Notschlachtungen gezwungen sind. Wenn es 
gelingt, die Tiere bis zum Frühjahre durchzuhalten, so tritt mit be¬ 
ginnender Grünfütterung eine verhältnismäßig schnelle Genesung ein. 

Auf Veranlassung des Direktors der Poliklinik für große Haustiere 
der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, Prof. Dr. K . Neumann , stellte 
ich darüber Beobachtungen an, wie sich die Rinder in der genannten 
Gegend in der Übergangszeit von der Trocken- zur Grünfütterung ver¬ 
halten; insbesondere wurde die Zu- bzw. Abnahme des Hämoglobin¬ 
gehalts in vierwöchigen Abständen während einer Beobachtungszeit von 
5 Monaten untersucht. 

Altzauche ist ein Spreewalddorf am Nordausgang des unteren Spreewalds mit 
ungefähr 300 Einwohnern (kleinbäuerliche Besitzer). Der Rindviehbestand beträgt 
rund 100 Kühe und Jungrinder sowie 20 Zugochsen. Die Kühe und Jungrinder 
werden das ganze Jahr über im Stalle gehalten, da keine Weidemöglichkeit besteht. 
Die hygienischen Verhältnisse liegen für Mensch und Tier gleich ungünstig. 

Die wendische Enklave im deutschen Sprachgebiete hat sich eben in jeder 
Richtung ihre slawische Eigenart bewahrt. In niedrigen, übermäßig warmen 
Ställen, in denen ängstlich jeder Luftzutritt abgesperrt ist, stehen die rasselosen, 
schlecht ernährten Tiere, oft noch mit überlangen Stallklauen behaftet. Die Mög¬ 
lichkeit des Weideganges ist nicht gegeben. Infolge der schlechten wirtschaftlichen 
Verhältnisse nach dem Kriege wird fast ausschließlich Heu gefüttert. Das Spree¬ 
waldheu ist seiner botanischen Zusammensetzung nach als ein Heu 2. Güte zu be¬ 
zeichnen ; neben erstklassigen Futtergräsern nehmen aber Sauergräser (Segge, Binsen. 
Schachtelhalm, vereinzelt auch Havelmilizgras, besonders an den Wasser lauf rändern) 
einen großen Platz ein. Vor dem Kriege wurde das Heu wegen seiner geringen Qualität 
vielfach nur zu Verpackungszwecken für Glas waren als sog. Packheu verkauft. 

Bedingt durch die Auflösung der Spree in zahlreiche Flußläufe und Gräben 
ist die Heuerwerbung in jenen Gegenden mit besonderen Schwierigkeiten und 
schweren körperlichen Anstrengungen verknüpft. 

Infolge der Unmöglichkeit, auf den einzelnen Wieseninseln Gespanne ver¬ 
wenden zU können, muß das Grünfutter bzw. das Heu in Traglasten zu den Kähnen 
gebracht werden. 

Sind die Niederschläge zur Zeit der Heuernte groß, so müssen die Bewohner, oft 
knietief im Wasser w atend, die Heuernte einbringen; zur Durchführung der Trock¬ 
nung des Heues muß dann dasselbe auf die höher gelegenen Äcker gebracht w'erden. 

Auf Grund all dieser Schwierigkeiten haben die Spreewäldler schon seit alters 
her den Brauch, das Heu auf Stangenholzgestellen, etwa 25 cm vom Boden ent¬ 
fernt, zu schobern und dasselbe im Winter nach eingetretenem Frost mit Schlitten 
oder Wagen einzufahren und zu lagern. Dadurch., daß das in kleinen Schobern 
von etwa 20—30 Zentnern aufgestapelte Heu bis zum Winter den Witterungs- 
Verhältnissen und -einflüssen ausgesetzt ist, dürfte eine weitere Minderung in der 
Qualität cintretcn. Allgemein herrscht bei den Bewohnern die Auffassung, daß 
bei dieser Gewinnungsart das Heu durch Gärungsprozesse eine Besserung erfährt. 

Bemerkenswert ist, daß nach trockenen, regenarmen Sommern, wie es das 
Jahr 1921 war, erfahrungsgemäß das Heu bei der Verfütterung in dem darauf 
folgenden Winter eine besonders krankmachende Wirkung zu entfalten scheint. 



einer lecksuchtähnlichen Erkrankung des Kindes im Spreewald. 279 

Bei den zur Ackerarbeit verwandten Zugochsen werden die in Rede stehenden 
Krankheitserscheinungen trotz gleicher Fütterung nicht beobachtet. Neben der 
höheren physiologischen Belastung des weiblichen Rindes dürfte also auch die 
dauernde Stallhaltung unter mangelhaften hygienischen Bedingungen als be¬ 
günstigender Faktor in Frage kommen. 

Vor Beginn meiner Untersuchung wurden einige Tiere wegen osteomalacischer 
Erscheinungen notgeschlachtet. Während der Dauer meiner Beobachtungen trat 
kein Fall mehr auf. 

Die Untersuchung der Tiere wurde in der Weise vorgenommen, daß n 7 Be¬ 
ständen 17 Kühe und 2 Arbeitsochsen zur Beobachtung kamen. 

Die 1. Untersuchung fand gegen Ende der Trockenfütterungsperiode statt 
am 29. IV. 1922; die 2. Untersuchung wurde mit Verabreichung der 1. Grünfutter¬ 
gabe vorgenommen und daran noch 2 weitere Untersuchungen in Abständen vun 
je 4 Wochen. 

Neben dem klinischen Befund wurde jedes ma* der Hämoglobinwert des 
Blutes mit dem SaMi-Graies sehen Hämometer bestimmt. 

Bei der Auswahl der Tiere wurden anderweitig erkrankte (Tuberkulose) nach 
Möglichkeit ausgeschlossen. Die Untersuchung des Respirations-, Zirkulations¬ 
und Digestions- sowie des Urogenitalapparates ergab keine Abweichungen vom 
Gewöhnlichen *). 

Die Messungen mit dem Sahli sehen Instrument können für klinische Unter¬ 
suchungen als ausreichend genau erachtet werden; die Fehlgrenze beträgt ö 01 ). 
Das normale Rinderblut hat nach Wetzl 2 ) einen Hämoglobingehalt von 65° im 
Mittel; du Toit 8 ) stellte an 7 Rassekühen der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
einen Mittelwert von 62° fest, während nach Schwanitz 4 ) die unterste Grenze für die 
Normalwerte bei 68° liegt und häufig Schwankungen bis zu 82° auf weist. Die 
meisten Hämoglobinbestimmungen bei Rindern, die übrigens im ganzen nicht allzu 
zahlreich sind, sind mit anderen Apparaten vorgenommen worden und köimen deshalb 
zum Vergleich nicht ohne weiteres herangezogen werden. Jedenfalls sind Werte unter 
65° (dem Mittelwert Wetzls , der unter Berücksichtigung der Fehlergrenze mit den 
anderen Angaben gut in Einklang steht) als Bubnormal zu betrachten. 

Um den physiologischen Tagesschwankungen des Hämoglobingehalts nicht 
unterworfen zu sein, wurden die Tiere immer zur gleichen Tageszeit (1 Stunde 
vor der Mittagsfütterung) untersucht. 

Wie Scheuermann A ) und Hof mann*) feststellen, ist der Hämoglobingehalt 
am größten bald nach der Fütterung, während er in der Zeit bis zur nächsten 
Fütterung allmählich absinkt. Müller 1 ) fand neuerdings bei Pferden, daß der 
Hämoglobingehalt seinen tiefsten Wert vor der Mittagsfütterung erreicht. 

Geschlecht, Alter und Trächtigkeit können ferner einen Einfluß auf den 
Hämoglobingehalt des Blutes haben; so ist bei weiblichen Tieren der Hämoglobin - 
gehalt höher als bei männlichen 5 ) 6 ); eine Mittelstellung nehmen die Kastraten 
ein. Beim Rinde steigt der Hämoglobingehalt im Alter von 1 —8 Jahren nur in 
engen Grenzen, während er im Alter wieder abnimmt 6 ). Auch bei der Trächtigkeit 
ist eine Abnahme zu verzeichnen; die niedrigsten Häruoglobimverte fallen nach 
Scheuermann in die Mitte der Trächtigkeit. Die Beeinflussung des Hämoglobin - 
wertes im Blute durch Arbeit kommt für vorliegende Untersuchungen nicht in 
Frage, da die beiden Zugochsen ebenso wie die stets im Stalle gehaltenen Kühe 
nur an arbeitsfreien Tagen (Sonntagen) untersucht wurden. 

Von pathologischen Einflüssen, welche eine Veränderung des Hämoglobin- 
gehaltes im Blute bewirken können, käme neben der Tuberkulose, welche ich in 

*) Die ausführlichen Untersuchungsbefunde sind in der Poliklinik für große 
Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin niedergelegt. 



280 


W. Meinicke: Beitrag zur Kenntnis 


keinem Falle klinisch nachweisen konnte (Tuberkulin-Augenprobe aus äußerem 
Grunde nicht durchführbar), nur die Wirkung einseitiger Fütterung in vorliegendem 
Falle in Frage. 

Wie Winter 8 ), Bilio 9 ), Neumann und Reinhardt 10 ) festgestellt haben, erfahrt 
der Hämoglobingehalt des Rinderblutes eine Abnahme bei einseitiger Fütterung 
mit Meliorationsmoorwiesenheu, welche zu experimenteller Erzeugung der Leck¬ 
sucht vorgenommen wurde; auch nach v. Ostertag und Zuntz ist die Lecksucht von 
einer Hämoglobinabnahme begleitet. 

Die von mir ermittelten Anfangswerte des Hämoglobins im Blute der 
17 untersuchten Kühe bewegten sich zwischen 40° und 68°, die Endwerte 
zwischen 52° bis 80° bzw. bei den beiden Zugochsen die Anfangswerte 
zwischen 68° bis 72°, die Endwerte zwischen 65° bis 85°. Mit Rücksicht 
auf die durch Eintragung der ermittelten Hämoglobinwerte gewonnenen 
Kurven können bei den untersuchten Tieren zwei Gruppen unterschieden 
werden, die in ihrem Verlaufe voneinander abweichen. 

Die 1. Gruppe umfaßt 7 Tiere und ist dadurch gekennzeichnet, daß der bei 
der 1. Untersuchung ermittelte Hämoglobin wert bis zum Einsetzen der Grün- 
fütterung ansteigt, dann absinkt und bei Abschluß der Untersuchung einen er¬ 
neuten Anstieg aufweist, der erheblich über dem Anfangswert und auch über dem 
mittleren Wert liegt. 

In der 2. Gruppe, zu welcher 6 Kühe und 2 Zugochsen gehören, ist unmittel¬ 
bar vor Beginn der Grünfütterung der niedrigste Hämoglobin wert erreicht, wäh¬ 
rend mit Einsetzen des Futterwechsels bis zum Abschluß der Untersuchung ein 
ständiger Anstieg zu verzeichnen ist. 

In dieser Einteilung sind 4 Tiere nicht einbegriffen; bei 3 von ihnen ist bis 
zur 3. Untersuchung, d. h. 4 Wochen nach Einsetzen der Grünfütterung, ein An¬ 
stieg vorhanden, der bei Abschluß eine Abnahme aufweist, während das 4. Tier 
im Verlauf der ganzen Untersuchung eine ständige, aber geringe Abnahme des 
Hämoglobingehaltes zeigt. 

Für dieses unterschiedliche Verhalten der einzelnen Tiere ist weder 
im Alter noch in der Fütterung ein ursächliches Moment zu erblicken, 
da in beiden Gruppen sich Tiere verschiedenen Alters befinden und 
andererseits Tiere des gleichen Bestandes sowohl der einen als der 
anderen Gruppe angehören oder aber sogar eine Ausnahmestellung ein- 
nehmen. Man wird daher einmal an die bei einzelnen Rindern bestehenden 
individuellen Unterschiede zu denken haben; andererseits dürfte der 
Grad der Erkrankung, in dem das einzelne Tier bei der Untersuchung 
angetroffen wurde, eine Bedeutung für das unterschiedliche Verhalten 
der Hämoglobin werte vor bzw. nach Einsetzen der Grünfütterung haben. 

Hier käme vor allem das Resorptionsvermögen von seiten der Darm¬ 
wand in Frage, das auf Grund eines gestörten Kalkstoffwechsels nach 
Ansicht einiger Forscher verändert sein kann [Pitz , MacCoUum , zitiert 
nach Sjollerna 11 )]. 

Gemeinsam ist jedoch mit einer Ausnahme allen Tieren eine Zunahme 
des Hämoglobingehaltes im Blute bei Abschluß der Untersuchung gegen¬ 
über den ermittelten Anfangswerten. 



einer lecksuchtahnlichen Erkrankung des Rindes im Spreewald. 281 


Während bei Beginn der Untersuchung nur 4 weibliche Rinder 
einen normalen Hämoglobingehalt (65° Sahli und darüber) auf weisen, 
sind bei Abschluß 11 Rinder mit normalem Hämoglobinwert zu ver¬ 
zeichnen. Die beiden Zugochsen hatten während der Beobachtungszeit 
normalen Hämoglobingehalt im Blute. Bei einer Kuh zeigte der anfäng¬ 
lich normale Hämoglobin wert eine geringe Abnahme (67 °—64°), die 
jedoch innerhalb der Fehlergrenze liegt. 

Zusammenfassung. 

Bei einer Reihe von Kühen (17 Stück) aus dem Spreewalddorfe 
Altzauche wurde vor dem Einsetzen der Grünfütterung (Ende April 
1922) zumeist (bei 13 Kühen) ein subnormaler Hämoglobingehalt ge¬ 
funden; nach Verabreichung frisch geschnittenen Grases war in einer 
weiteren dreimonatigen Beobachtungszeit bei 16 Tieren ein Anstieg 
des Hämoglobingehaltes festzustellen, durch den 11 von 17 untersuchten 
Kühe wieder einen normalen Hämoglobin wert bei Abschluß der Unter¬ 
suchung (Anfang August) erreichten; gleichzeitig trat eine Besserung 
in dem Gesamthabitus der Tiere ein. Die Tiere, welche außer Abmagerung, 
struppigem Haarkleid, verminderter Freßlust keine klinischen Erschei¬ 
nungen zeigten und, soweit klinisch feststellbar, frei von interkurrenten 
Krankheiten waren, entsta mm en einem Gesamtdorfbestande von etwa 
100 Rindern, in dem nach dem Kriege in besonders auffallender Weise die 
beschriebenen Erscheinungen auf traten, und die in vielen Fällen wegen 
Knochenbrüchigkeit oder Kräfteverfall zu Notschlachtungen führten. 

Da aus den angestellten anamnestischen Erhebungen sich ergibt, daß 
die Tiere mit beginnender Grünfütterung sich verhältnismäßig rasch 
erholen — wie ich gleichfalls durch meine Untersuchung feststellen 
konnte —, sofern des Kräfte verfall nicht zu weit vorgeschritten ist, liegt 
die Vermutung nahe, in dem beschriebenen Falle an eine defiziente 
Ernährungskrankheit zu denken. 

Dieser Mangel in der verabfolgten Futterration kann entweder durch 
zu geringe oder überhaupt fehlende Kraftfuttermengen bedingt sein 
oder durch Mangel an akzessorischen Nährstoffen (Vitaminen) in der 
fast ausschließlich dargereichten Heuration hervorgerufen sein; schlie߬ 
lich ist auch an eine unvorteilhafte Zusammensetzung der Mineral¬ 
bestandteile im Heu des Spreewaldes, vielleicht in erster Linie an einen 
Kalkmangel zu denken, der sich in Verbindung mit geringem oder gänz¬ 
lich fehlendem Vitamingehalt des Futters um so empfindlicher bemerk¬ 
bar macht [Bickel 12 )]. Hansen 12 ) betonte erst kürzlich die Bedeutung 
der Vitamine, vor allem des C-Vitamins im Heu für die Fütterung land¬ 
wirtschaftlicher Nutztiere; er erinnert daran, daß der antiskorbutische 
oder der C-Faktor gegen Austrocknung sehr empfindlich ist und daß 
mit diesem Schwinden des C-Faktors die geringe Futterwirkung alten 



282 W. Meinicke: Beitrag zur Kenntnis einer Jecksuchtähnl. Erkrankung usw. 

Heues zu erklären ist. SjoUema 11 ) weist darauf hin, daß eine Erkrankung 
der südafrikanischen Rinder, die Stief- oder Lamziekte, als eine defhdente 
Ernährungskrankheit aufzufassen ist und daß Rinder zweifellos für 
Mangel an C-Stoffen empfindlich sind. Meyrowitz 14 ) glaubt allerdings 
die Lamziekte auf Grund der mit der Humalcaltherapie gemachten 
günstigen Erfahrungen diese Krankheit mit der Lecksucht unserer hei¬ 
mischen Rinder in Parallele stellen zu sollen. Neumann und Reinhardt 13 ) 
kommen ebenfalls auf Grund von Versuchen einer Humalcalbehandlung 
lecksuchtkranker Rinder in Ostpreußen zu der Ansicht, daß es sich bei 
der Lecksucht um eine durch Vitaminmangel begünstigte Störung im 
Mineralstoffwechsel handelt. Sie stellten bei der Lecksucht der Rinder, 
wie auch früher v. Ostertag und Zuntz, eine Abnahme des Hämoglobin - 
gehaltes im Blute fest. 

Schlußfolgerung: 

Auf Grund dieser Beobachtungen und der von mir erhobenen Be¬ 
funde halte ich mich zu der Auffassung berechtigt, daß die von mir 
im Spreewalddorfe Altzauche untersuchte Rindererkrankung unter 
einem ähnlichen Bilde wie die Lecksucht verläuft und auch auf ähnliche, 
wenn nicht sogar die gleiche Ursache zurückgeführt werden muß. 

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Die Beschälseuche in der Altmark 1922 und 1923. 


Von 

Walter Kühne, Langenreichenbach b. Torgau, 

Tierarzt. 

[Referent: Geheimer Hegierung8rat Prof. Dr. Fröhner.] 


Im Juli 1922 wurde in den 3 Kreisen der Altmark Salzwedel, 
Osterburg und Stendal der Ausbruch der Beschälseuche festgestellt. 
Bei der gewaltigen Ausbreitung, die die Krankheit angenommen 
hatte, erhielt ich vom Minister für Landwirtschaft den Auftrag, als 
Hilfstierarzt an der Bekämpfung der Seuche mit tätig zu sein. Meine 
Aufgabe bestand darin, die Ermittelungen weiterzuführen, welche 
Pferde mit den erkrankten oder verdächtigen in geschlechtliche 
Berührung gekommen waren, und die alle 4 Wochen angeordneten 
klinischen Untersuchungen und die erforderlichen Blutentnahmen 
auszuführen. Vom Oktober 1922 bis März 1923 erledigte ich die 
verseuchten Deckstationen der Kreise Osterburg und Salzwedel von 
Brunau, dem Mittelpunkt des Seuchengebietes, danach wurde ich 
bis Ende Juli dem Kreise Stendal in gleicher Eigenschaft über¬ 
wiesen, so daß ich Gelegenheit hatte, sämtliche der Ansteckung 
verdächtigen Pferde der 3 Kreise für die Dauer von mehreren 
Monaten zu beobachten. Die Tiere wurden zwecks Untersuchung an 
bestimmten Tagen und Orten zusammengezogen; von den etwa 1640 
unter Beobachtung stehenden Pferden wurden außer den vor meiner 
Zeit verendeten in den Kreisen Osterburg 11, Salzwedel 31 und Stendal 
3 Stuten als krank befunden. Während die Behandlung der kranken 
Pferde von den ansässigen Tierärzten ausgeführt wurde und nicht zu 
meinen Aufgaben als Hilfstierarzt gehörte, hatte ich doch reichlich Ge¬ 
legenheit, ihre Wirkung auf die Krankheitserscheinungen und das Er¬ 
gebnis der Blutuntersuchung zu verfolgen. 

Im Herbst 1910 wurde die Beschälseuche in die AUmark durch einen 
Hengst ,,Faust“ eingeschleppt, der aus dem verseucht gewesenen Kreise 
Weißensee (Thür.) stammte. Im Februar 1921 wurde der Hengst von 
dem Besitzer G. in B. (Kr. Osterburg) an die Gutsverwaltung Vienau 
(Kr. Salzwedel) Weiterverkauf und zur Zucht verwendet; hier ging er 
allmählich im Nährzustand zurück, wurde deckunlustig und -unfähig. 
Trotz Behandlung, Schonung und Weidegang verschlechterte sich sein 
Befinden, so daß er wieder verkauft und im Dezember des gleichen Jahres 
geschlachtet wurde. Die wenigen Stuten, die ,,Faust" belegt, aber nicht 
l>efruchtet hatte, wurden nun zu benachbarten Deckstationen geführt 
und trugen zuerst dazu bei, die Beschälseuche zu verbreiten. Vienau 
ist somit als der ursprüngliche Seuchenherd anzusehen, und es läßt sieh 



W. Kühne*: 


<nü ü:ieht^koit «let Weg und die Ausbreitung der Krankheit »l*>r das 
t%Vdt>isUt*ht^‘bk^ de r AHmark verfolgen. V" 

Jm Onhrburg wurde« naüh^iMicb jitfmtrt die ri<*ckf«t*tn«.m*i> 

Biwwit.hsl öüt 2 H^ngsteti r Voö denen der emo infolge- Kehlkopflähmung 
hip» tp-ft erstickte untl der zwdte trotz Beliandluvtg mit Bayer 

205 kiimagertf tirtd vermiete. fäiwu; die Stätkw Ost^rfaurg mit >% die 


lir &*rtk»w tuifl S&nur erkrankten die 5- Hnugaic- :ianter Jj^käfe<yj;he- 
vorddehtigen ,««d icp V^riadl ; : von 5 Ir -i^Sairen 

3 Hengste verendet m>d 2 getötet worden- Beiden Zetlegauigt«* Uhd 
durch I mpf versuche «n Hygieniec heu institut der Tierärztlichen Heeb 
■schule in Berlin wurde ndektios* Anämie festges-teUt Iroinerldn galten 
du yen den Hengsteji gedeckten fluten als - ».WM?liäl«eue.h«rf»fit/!ekuo,t’;s- 
yerdijehtig;. sch r häutigvi«d*lnmg. »dl si e der blüiisclioo ritnd; ^fcer als 
»ogeordthd der. BiutmUersrndnibg, um den öescMl*efiehev*y-d3eht, 
. von dem ich duioti da». vnllkowm?m ,; fehlen kUnwehcr Sytn«>.tome nicht 
überzeugt war, beseitigt «u Wissen und de« Bitieri der BesitSer 'ihre 
Stuten zur Zucht vewerteij £ii Itfkdien.. 

JVlischtnfektiot! beider Sei.ic.hen • in ErwHgung gm«geri wur-dc blieben 
die Stuten gesperrt. 

Im Kratze. KalzuvM v.urderi» vtjfji Vjf-jiiU? a/uädie JDt^feifcaWöW O&sMP- 

Md, die. GejinsBetisehaftsifi Bnuiau, Baarä und Bidwie verseucht. VVüh- 

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Tnhiliafizch*: $jber<neht dar: vtrscwhteti Dechttationen. 


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Die Beschälseuche in der Altmark 1922 und 1923. 


285 


rend von den 8 Deckhengsten dieser Stationen nur 4 serologisch ver¬ 
dächtig und 1 erkrankt war, zeigten die übrigen nicht die geringsten 
Verdachtserscheinungen, obwohl die von ihnen gedeckten Stuten hin¬ 
reichend das Vorhandensein der Beschälseuche aufwiesen. 

In gleicher Weise waren im K reise Stendal die 3 ansteckungs verdächtigen 
Hengste der Genossenschaft Dobberkau bei sämtlichen Untersuchungen in 
jeder Hinsicht unverdächtig. Von den 271 gedeckten Stuten wurden 12 
als blutkrank befunden, von ihnen waren aber nur 3 auch klinisch krank. 
Die Hengste der Genossenschaft Schinne erwiesen sich als serologisch ver¬ 
dächtig. Wiederholte Untersuchungen der Hengste und Stuten ließen je¬ 
doch den Verdacht nicht aufrechterhalten, so daß das Deckverbot für 
die Genossenschaft aufgehoben wurde. Nach einer starken Inanspruch¬ 
nahme eines Hengstes reagierte die 7 Tage nach der Freigabe entnommene 
Blutprobe stark positiv, so daß das Deckverbot erneuert und die Unter¬ 
suchungen wieder eingeleitet wurden. Weder bei den Hengsten noch bei 
den Stuten bemerkte ich irgendwelche Verdachtserscheinungen. 

Zusammenfassung. 

1. Da die Beschälseuche erst l 1 ^ Jahre nach ihrem Einschleppen 
erkannt wurde und meine Tätigkeit auch erst nach dieser Zeit einsetzte, 
können über das Minimum der Inkubationszeit keine genauen Angaben 
gemacht werden, zumal ich auch die Aussagen der Besitzer über die 
Anfangserscheinungen nicht als objektiv ansehen möchte. Wenn man 
ihnen doch einen Wert beimessen kann, so glaube ich zu erkennen, daß 
sich das Inkubationsstadium im Anfänge einer Seuohenperiode auf 
wenige Wochen beschränkt, im weiteren Verlauf aber eine allmähliche 
Verlängerung zu erfahren scheint, eine Beobachtung, die ich mit der 
später erwähnten Abschwächung der Morbidität und Mortalität in Zu¬ 
sammenhang bringen möchte. Bei den Untersuchungen, die bei den 
meisten Deckstationen frühestens 5—6 Monate nach ihrer Infizierung 
einsetzte, wiesen viele Stuten bereits klinisch-verdächtige Erschei¬ 
nungen auf, bei einzelnen traten nach 9 und sogar erst nach 11 Monaten 
frische lokale Veränderungen auf. Es ist leicht möglich, daß die Anfangs- 
erscheinxmgen zu imbedeutend vorhanden gewesen sind, um erkannt 
worden zu sein, und daß diese späten Erscheinungen als Rezidive anzu¬ 
sehen sind. An den meisten Hengsten konnte ich nicht die geringsten 
Veränderungen an den Genitalien oder anderweitig beobachten, obwohl 
der Nachweis ihrer Infektion erbracht, und die von ihnen gedeckten Stuten 
hinreichend das Vorhandensein der Krankheit bewiesen. Die Hengste 
der Deckstation Güssefeld zeigten etwa 5—7 Monate nach ihrer Infektion 
krankhafte Veränderungen am Penis und Hoden. 

2. Bei weiblichen Tieren wurden als Symptome des Primär Stadiums, 
die sich in der Regel auf die Genitalien beschränken, ödematöse Schwel- 

21 


Arch. f. Tlerheilk. L. 



286 


W. Kühne: 


lung der Labien und ikterische Verfärbung ihrer Schleimhäute, vorüber¬ 
gehend Ausfluß von grauschleimigem oder rötlichem Exsudat und Kröten¬ 
flecke, ferner Schwellung des Euters, des Unterbauches, der Kehlgangs- 
und Kniefaltenlymphknoten beobachtet. Die Schwellung der Scham- 
Uppen verursacht häufig einen mangelhaften Schluß mit Sichtbarwerden 
der ebenfalls geschwollenen Klitoris. Knötchen und bläschenähnliche 
Veränderungen auf der Scheidenschleimhaut beobachtete ich nur ein¬ 
mal, sie erfuhren aber bei wiederholten Untersuchungen keine Ver¬ 
schlimmerung, so daß ich mich der Ansicht anderer Autoren anschließe, 
daß derartige zufälhge, lokale Erscheinungen nicht wesentlich zur Krank¬ 
heit gehören. Das Auftreten und die Dauer des Bestehens der Symptome 
ist großen Schwankungen unterworfen; es hegt in ihrer Art, mit der 
Verallgemeinerung der Krankheit häufig zu verschwinden, so daß sie 
latent weiterzulaufen scheint. Von Bestand auch im späteren Stadium 
der Seuche können sein die ikterische Verfärbung der Schleimhäute, 
Schwellung der Kehlgangs- und Kniefaltendrüsen und zuweilen auch die 
Krötenflecke. Bei 4 Stuten machte ich die Beobachtung, daß die Krank¬ 
heitserscheinungen nach dem infektiösen Deckakt entweder nicht oder 
zu unbedeutend auftraten, um erkannt zu werden, sondern erst nach 
Einsetzen erneuten geschlechtlichen Verkehrs im folgenden Jahre zur 
Eruption gelangten, wobei es mir unwichtig erscheint, ob hierbei der 
die Stute deckende Hengst gesund oder krank ist. 

Pigmentlose Stellen (. Krötenflecke) an den Geschlechtsteilen der Stuten 
sind nicht immer als Merkmale der Beschälseuche anzusprechen, häufig 
sind es angeborene Erscheinungen, z. B. bei Schimmeln oder Füchsen 
mit hellen Mähnen, Schweifen oder anderen pigmentarmen Körperstellen; 
erworben können diese Flecke werden infolge Wunden durch Schweif¬ 
riemen oder durch Einreißen der Schamlippen infolge einer Geburt. 
Mit Pigmentverlusten sah ich nur etwa den 4. Teil der infizierten Stuten 
behaftet, bei mehreren konnte ich das plötzliche Auftreten verbunden 
mit Scheidenschwellung und ihren Wechsel an Größe und Gestalt beob¬ 
achten und sie als typische Krötenflecke ansehen. Geschwüre an den 
Schamlippen als Ursache von pigmentlosen Stellen erkannte ich nur in 
einem Falle. 

3. Die Symptome des Sekundärstadiums treten gewöhnlich nach der 
Generalisation der Krankheit ein; als allgemeine Erscheinungen beob- 
aehtete ich Nachlassen im Temperament, Zurückgehen im Nährzustand. 
Verlust des glatten Haarkleides, baldiges Ermüden nach der Arbeit und 
schließlich Abmagerung. Den Ausbruch eines Quaddelexanthems er¬ 
kannte ich zweimal bei derselben Stute; der Zwischenraum der beiden 
Eruptionen erstreckte sich auf 3 Monate. Während Bestehens der 
Quaddeln, die Handtellergröße erreichten und schließlich so zahlreich 
auftraten, daß sie ineinandcrflossen, bestand starke Hyperästhesie der 



Die Beschälseuche in der Altmark 1922 und 1923. 287 

Haut und eine geringgradige Steigerung der Körpertemperatur. Das 
Vorhandensein eines Talerfleckes stellte ich nur einmal bei einer Stute 
fest, und zwar ungefähr 1 Jahr nach ihrer Infektion; eine erhöhte Empfind¬ 
lichkeit beim Betasten oder Temperaturerhöhung lag nicht vor. Es ist 
nicht ausgeschlossen, daß bei der geringen Aufmerksamkeit des Besitzers 
und der nur aller 4 Wochen von mir stattgehabten Untersuchung bisher 
Talerflecke oder andere Symptome übersehen worden sind. Als hervor¬ 
ragende Erscheinungen bei stark erkrankten Pferden sind die Störungen 
im Nervenapparai zu betrachten. Lieblingssitze für Lähmungen waren 
die Nachhand und das Gesicht; bei der ersten Gruppe zeigten sich ge¬ 
spannter Gang, Schwanken der Hinterhand, häufig ein- oder beider¬ 
seitige Atrophie der Kruppenmuskulatur, Beschwerden und schließlich 
Unvermögen der Pferde, sich zu erheben. Mit hochgradigen Lähmungen 
des Facialisnerven habe ich 2 Stuten zu verzeichnen; die Lähmungen 
beschränkten sich, wie dies sehr häufig ist, auf eine Seite und verur¬ 
sachten Herabhängen eines Ohres, seitliches Heraushängen der Zunge, 
Schiefstellung der Oberlippe nach der gesunden Seite mit Verengerung 
des Nasenloches auf der erkrankten und Herunterhängen der Unterlippe. 
Bei einem Hengst beobachtete ich Lähmung des Hebers des rechten 
oberen Augenlidnerven, die eine einseitige und unvollständige Ptosis 
hervorrief. Geringgradige Lähmungen der Gesichtsnerven wurden meh¬ 
rere Male erkannt, erfuhren aber durch Behandlung scheinbar eine 
Besserung und verschwanden zum Teil. Conjunctiviten und Keratiten 
habe ich in der Altmark nicht beobachtet, einmal jedoch seinerzeit im 
Kreise Raudow bei einer Stute, bei der sich allmählich eine einseitige 
Keratitis mit anschließender Erblindung entwickelte. 

4. Mit der Verallgemeinerung der Krankheit und dem Auftreten 
der Symptome des Sekundärstadiums, das die Folge einer hämatogenen 
Invasion der Krankheitserreger oder ihrer Toxine sein muß, findet nicht 
selten bei der Untersuchung des Butes eine positive Reaktion statt; 
in hiesigem Seuchengebiete traten Reaktionskörperchen frühestens 
5 Monate, bei den meisten Stuten im 6.-8. Monate nach der Infektion 
auf, in einigen Fällen ließen sie sogar 15 und 17 Monate auf sich warten. 
Vergleicht man die im ersten Teil der Arbeit verzeichneten Krankheits¬ 
geschichten mit den Blutergebnissen, so kann man erkennen, daß sich 
das Blutuntersuchungsverfahren in sehr vielen Fällen als ein wertvolles 
Hilfsmittel erwiesen hat sowohl zur Sicherung der Diagnose als auch 
zur schnellen Ermittelung von Pferden, die klinisch noch unverdächtig 
waren. Bei der gewaltigen Anzahl von Blutuntersuchungen, denen das 
Veterinär-Untersuchungsamt gerecht werden mußte, ist es nicht aus- 
bleiblich, daß häufig positive Ergebnisse gezeitigt wurden, die der¬ 
jenige als nicht zutreffend ansehen konnte, der die Pferde monatelang 
in einem vollkommen gesunden Zustande befunden hat, und umgekehrt. 

21 * 



288 


W. Kühne: 


Wiederholt war ich den Fragen von Besitzern ausgesetzt, warum die 
Hengste der Stationen Osterburg und Dobberkau, Michel, Sturmvogel 
und Momme, die offensichtlich Stuten krank gemacht hatten, nicht 
selbst Krankheitserscheinungen oder positive Blutbefunde ergaben. 
Eine Erklärung könnte darin zu finden sein, daß die Krankheitserreger 
sich entweder nur zeitweise im Smegma aufgehalten haben und ganz 
mechanisch beim Deckakt die Stuten übertragen wurden oder sich noch 
in ihren Prädilektionsstellen, den Hoden, aufhalten, und eine hämatogene 
Invasion noch nicht stattgefunden hat. Die größten Zweifel wurden her¬ 
vorgerufen durch die Blutergebnisse der Hengste in Schinne. Wenn die 
Annahme bestehen bleiben soll, daß sich Isidor im Jahre 1921 und Student 
im folgenden Jahre auf dem Wege über die Stuten infiziert hat, so müßten 
doch am Ende der Deckperiode 1923 auch Stuten erkrankt sein; denn 
daß die Beschälseuche bei 88 Stuten 2 Jahre latent verläuft, wäre meines 
Erachtens eine Seltenheit. Ferner winden Stuten für serologisch ver¬ 
dächtig befunden, die überhaupt noch nicht oder vor der Infektion des 
Hengstes gedeckt waren. In einem Falle reagierte eine dreijährige, un¬ 
gedeckte Stute, die sich allerdings mit einer ansteckungsverdächtigen, 
aber seronegativen Stute der Deckstation Schinne auf gleichem Gehöft 
befand, bei 8 Untersuchungen 5 mal stark positiv. Das Veterinär-Unter¬ 
suchungsamt bezeichnete sie als verdächtig und schloß sie von der Zucht 
aus; obwohl ich bei ihr eine Vergrößerung der Kehlgangs- und Knie¬ 
faltenlymphknoten bemerkte, glaubte ich nicht an Beschälseuche verdacht. 
Gleichzeitig mit der Untersuchung in Potsdam ließ der Besitzer eine 
Untersuchung durch das Bakteriologische Institut in Landsberg (Warthe) 
einleiten, wo das Blut auf Coli und Paratyphus untersucht wurde und 
ebenfalls eine starke Reaktion zeitigte. Das Institut machte den Besitzer 
auf die Gefahren des seuchenhaften Verfohlens und der Fohlenlahme 
aufmerksam, wenn die Stute gedeckt und tragend würde. 

Da auch eine Anzahl klinisch-kranker Stuten entweder keine oder nur 
sehr geringgradige Reaktionen zeigte, kann das BlutuiüersuchungGier¬ 
fähren noch nicht als sicher zur Feststellung der Diagnose angesehen iverden. 
Als verfehlt möchte ich es betrachten, wenn Stuten, deren Ansteckungs¬ 
möglichkeit so gut wie ausgeschlossen ist, auf Grund von positiven Blut¬ 
ergebnissen für verdächtig bezeichnet und von der Zucht ausgeschlossen 
werden. 

5. Betrachtet man den Verlauf der Krankheit in den verschiedenen 
Deckstationen, so ist ein Sinken der Morbidität und Mortalität während 
des Seuchenganges unverkennbar. In der zuerst infizierten Deckstation 
Vienau ist der Hengst Faust erkrankt und notgeschlachtet worden, 
von den 9 gedeckten Stuten sind 2 verendet und eine geschlachtet; von 
den 6 untersuchten reagierten 6 positiv, klinisch erkrankt waren 4. In 
der zunächst verseuchten Station Briesenthal sind die beiden Hengste 



Die Beschälseuche in der Altmark 1922 und 1923- 


289 


erkrankt und verendet; von den 31 Stuten sind 9 verendet, 7 waren 
seropoeitiv und klinisch krank. In der weit später infizierten Station 
Dobberkau sind von 3 Hengsten 271 Stuten gedeckt, die Hengste waren 
stets unverdächtig, von den Stuten reagierten serologisch 12, erkrankt 
sind 3 (davon 2 seropositive und 1 seronegative), von ihnen ist 1 ver¬ 
endet. Die noch im August infizierte Genossenschaft Bühne wies keine 
verdächtigen Pferde auf. Es erweckt den Anschein, als ob die Trypano¬ 
somen nicht infolge Passagen durch Tierkörper virulenter, sondern 
schwächer werden. 

6. Die Übertragung der Seuche erfolgte in der Hegel durch den Deck¬ 
akt. Eine außergeschlechtliche Infektion hatte ich einmal bei einem 
P/j Jahre alten Fohlen zu beobachten Gelegenheit. Das Tier, das von 
einer Stute stammte, die im Jahre 1921 von Michel gedeckt und im April 
1922 verendet war, erkrankte im September 1922 an beschälseuche- 
verdächtigen Erscheinungen. Da ich eine Vererbung der Krankheit 
für ausgeschlossen halte, kann die Übertragung nur von einer Stute her¬ 
rühren, die im April und Mai 1922 von obigem Hengst gedeckt, krank wurde 
und sich in gleichem Stall befand. Die Infektion muß durch den Kontakt 
der beiden Tiere erfolgt sein; eine galaktogene Invasion, wie sie einige 
Autoren für möglich halten, durch die Milch von der kranken Stute 
auf das fremde und l 1 / 2 Jahre alte Fohlen, ist mir sehr unwahrscheinlich. 

7. Bei dem Seuchengang in der Altmark fand eine Behandlung nur mit 
Bayer 205 statt; gewöhnlich wurde von den Tierärzten Dosen von 2 g 
in Abständen von etwa 14 Tagen infundiert. Wenn auch das Mittel auf 
den Nährzustand und das Allgemeinbefinden der Tiere eine hervorragende 
Wirkung auszuüben vermag, so ist es nach meinen Beobachtungen nicht 
geeignet, als Heilmittel bei Beschälseuche angesehen zu werden ; ich gebe 
jedoch zu, daß die angewandte Dosierung im Vergleich zu anderen 
Autoren, die bei größeren und häufigeren Dosen bessere Erfolge gesehen 
haben, zu klein gewesen ist. 

Bei Hengsten hat man eine frühzeitige Kastration als Heilmittel 
erblickt. Da aber die Feststellung der Seuche bei männlichen Tieren, 
wie viele Beispiele gezeigt haben, selten durch Symptome oder positive 
Blutreaktionen, sondern erst durch die Erkrankung der von ihnen ge¬ 
deckten Stuten erfolgt, läßt sich nunmher nicht nachweisen, ob der 
Kastrat geheilt ist oder nicht, da der Nachweis durch die Stuten weg¬ 
fällt. Jedenfalls wird aber durch die Kastration erreicht, daß die Weiter¬ 
verbreitung der Krankheit durch den Deckakt unterbunden ist. 

8. Als die einzige Art der Bekämpfung der Beschälseuche haben sich 
auch in diesem Seuchengebiet die veterinärpolizeilichen Maßnahmen von 
Erfolg erwiesen. Die als krank befundenen Pferde wurden durch Auf¬ 
brennen eines 10 cm hohen B auf beide Hinterbacken, die seuche- und 
ansteckungsverdächtigen in gleicher Weise durch Haarschnitt und durch 



290 W. Kühne: Die Beschälseuche in der Altmark 1922 und 1923. 


Aufbrennen eines B auf die Vorderhufe kenntlich gemacht und von der 
Zucht ausgeschlossen. Aus den Kreisen Osterburg, Stendal, Salzwedel 
und dem nördlichen Teil des Kreises Gardelegen wurde ein Beobachtungs¬ 
gebiet gebildet, in dem die zum Decken zugelassenen, gekörten Hengste 
alle 14 Tage klinisch und alle 4 Wochen serologisch untersucht wurden. 
Zu diesen Hengsten durften nur Stuten aus dem bezeichneten Beob¬ 
achtungsgebiet zugeführt werden, bei denen eine zweimalige Blutunter¬ 
suchung und eine vor dem Deckakt vorgenommene klinische Unter¬ 
suchung ihre Unverdächtigkeit ergeben hat. Für die Stutenbesitzer waren 
diese Maßnahmen wohl mit Kosten und Unbequemlichkeiten verbunden, 
aber zur Tilgung der Seuche unbedingt erforderlich und von Erfolg. 

Der Auftrieb von Hengsten und Stuten auf die im Beobachtungs¬ 
gebiet stattfindenden Märkte wurde verboten; dies Verbot wurde jedoch 
mit Leichtigkeit umgangen, indem die Stuten am Abend vor dem Markte 
verhandelt wurden. Für Hengste von mehr als einem Jahr und Stuteu 
von mehr als 2 Jahren wurde eine Ausfuhr nur mit Genehmigung des 
Regierungspräsidenten auf Grund einer amtstierärztlichen Bescheinigung 
über die Unverdächtigkeit der Pferde erteilt. Auch diese Verordnung 
wurde umgangen, indem die Pferde das Beobachtungsgebiet auf dem 
Landwege verließen. 

9. Durch den beschriebenen Seuchengang hat die Pferdezucht der 
Altmark keine geringen wirtschaftlichen Schäden erfahren. Von den ge¬ 
körten Hengsten fielen 26 für die Deckperiode 1923 und schalten viel¬ 
leicht überhaupt für die Nachzucht aus; an Stuten wurden zu Anfang 
der Periode etwa 1630 wegen Ansteckungsverdacht von der Zucht aus¬ 
geschlossen, ein kleiner Teil von ihnen wurde jedoch wieder freigegeben, 
da sich ihr Verdacht als unbegründet erwiesen hatte. Wie hoch sich der 
Ausfall an Fohlen belaufen wird, darüber werden die folgenden Jahre 
einen Überblick bringen. Für die Gestüte und Hengstbesitzer ist das Aus¬ 
bleiben der Deckgelder keine geringe Einbuße; die Stutenbesitzer erfuhren 
durch die alle 4 Wochen sich wiederholenden Zusammenziehungen ihrer 
Pferde zwecks klinischer Untersuchung Verluste an Arbeitszeit und 
-leistung und durch die Kennzeichnung der Stuten Verkehrsbeschrän¬ 
kungen und Herabminderung ihres Kauf- und Nutzungswertes. 

Literaturverzeichnis. 

1949: Fröhner, Untersuchungen über die Beschälseuche in Ostpreußen. Monats¬ 
hefte f. prakt. TierheUk. 20. — 1915: Miessner-Evers, Ansteckender pustulöeer 
Hautausschlag der Geschlechtsteile. Dtsch. tierärztl. Wochenschr. Nr. 43. — 
1918: Mieesver, Kriegstierseuchen und ihre Bekämpfung. Hannover, 3. AufL — 
1919: Beck, Zur klinischen Diagnose des Bläschenausschlages der Pferde. T. R. 
Nr. 27. — 1920: Möller, Die Beschälseuche in Polen in den Jahren 1916—1918. 
Monatshefte f. prakt. Tierheilk. 30 (enthält die Literatur bis zum Jahr 1920). — 
Böhmen, Zur Serodiagnostik der Beschälseuche. Berlin, tierärztl. Wochenschr. 



W. Schmidt: Über die Wirkung: und Anwendbarkeit des Flavizid usw. 291 

Nr. 45. — Ellinger , Neuere Behandlungsmethoden gegen die Beschälseuche. 
Berlin, tierärztl. Wochenschr. Nr. 42. — Pfeiler , Über bisher bei der Behandlung 
der Beschälseuche mit Bayer 205 gemachte Erfahrungen. Mitt. d. Tierseuchenstelle 
d. Thür. Landesanstalt Jena, Nr. 5—8. — 19t 1: Böhmen und David , Zur Sero¬ 
diagnostik der Beschälseuche. Berlin, tierärztl. Wochenschr. Nr. 20. — Nolle, 
Die Beschälseuche im Reg.-Bez. Erfurt. Inaug.-Diss. Stuttgart. — Böhmen, 
über ein neues serologisches Verfahren zum Nachweis von Infektionskrankheiten. 
Berlin, tierärztl. Wochenschr. Nr. 3. — Maag , Klinische Beobachtungen über die 
Beschälseuche in Südwestafrika 1918/1919. Berlin, tierärztl. Wochenschr. Nr. 12. — 
Miessner-Maag , Chemotherapeutische Versuche mit Bayer 205 bei Beschälseuche. 
Dtsch. tierärztl. Wochenschr. Nr. 11. — Nusshag , Komplementbindung und Be¬ 
schälseuche. Berlin, tierärztl. Wochenschr. Nr. 34. — Nusshag, Ein Beitrag zur 
Übertragungsweise der Beschälseuche. Dtsch. tierärztl. Wochenschr. Nr. 38. — 
Nusshag , Allergische Reaktionen bei der Beschälseuche. Berlin, tierärztl. Wochen¬ 
schr. Nr. 48. — Nusshag, Zur Diagnostik der Beschälseuche. Münch, tierärztl. 
Wochenschr. Nr. 34. — Nusshag, Ein Beitrag zur Pathologie und Diagnostik der 
Beschälseuche. Monatshefte f. prakt. Tierheilk. 2#. — David, Über den Einfluß 
der Neosalvareanbehandlung auf den Ausfall der Komplementablenkung bei 
Beschälseuche der Pferde. Inaug.-Diss. Berlin. — 1921/1922: Führer-Pfeiler. 
Versuche zur Behandlung der Beschälseuche mit Bayer 205 in der Praxis. Mitt. 
d. Tierseuchenstelle d. Thür. Landesanstalt Jena, Nr. 11/12 und Nr. 1. — 19tt: 
Pfeiler , Prophylaxe bei Beschälseuche. Ebenda Nr. 2. — Dahmen, Die Serodiagno¬ 
stik der Beschälseuche. Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 47, Nr. 5. — Pfeiler, 
Kasuistische Mitteilungen über ein anscheinendes Versagen der Bayer 205-Be¬ 
handlung. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh, Abt. I, Orig. 
88. — Hauhold . Über Erscheinungen und Behandlung der Beschälseuche. Dtsch. 
tierärztl. Wochenschr. Nr. 31. — Neumann und Dahmen, Zur Diagnose der Be¬ 
schälseuche. Hodenpunktion. Berlin, tierärztl. Wochenschr. Nr. 40. — Habersang, 
Beobachtungen über Beschälseuche. Berlin, tierärztl Wochenschr. Nr. 47. — 
IMS: Pataki, Zur Behandlung der Beschälseuche. Arch. f. wiss. u. prakt. Tier¬ 
heilk. 49, Nr. 4 und 5. — EUinger, Beiträge zur Beurteilung der Abheilungsvorgänge 
bei der Beschälseuche. T. R. Nr. 20. 


Uber die Wirkung und Anwendbarkeit des Flavizid 
als Antisepticum in der Veterinärmedizin. 

Von 

W. Schmidt, Glowitz (Kr. Stolp), 

K reist ierarst. 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Regenbogen .J 

Von den beiden Hauptgruppen der Desinfektionsmittel, den anor¬ 
ganischen und organischen, wirken die ersteren, insbesondere die Al¬ 
kalien, Säuren und Schwermetalle, hauptsächlich durch ihre Affinität 
zum Eiweiß auf den Bakterienleib ein. Dies hat den Nachteil, daß 
derartige Desinfektionsmittel in stärkerer Konzentration angewandt 
werden müssen und dann gleichzeitig einen mehr oder weniger schädi¬ 
genden Einfluß auf das tierische Gewebe ausüben. 




292 


W. Schmidt: Über die Wirkung und Anwendbarkeit 


Im Gegensatz hierzu spielt bei den organischen Desinfektionsmitteln 
die Affinität zum Eiweiß eine nur untergeordnete Rolle; ihre keimtötende 
Wirkung beruht vielmehr in erster Linie auf ihrer Lipoidlöslichkeit 1 ). 
Sie zeichnen sich daher vor den anorganischen Desinfektionsmitteln 
durch eine relative Ungiftigkeit aus. Von einem idealen Desinfektions¬ 
mittel wäre zu verlangen, daß es ungiftig ist, sich leicht in Wasser und 
Lipoiden löst, beim Zusammentreffen mit Serum in seiner Wirkung nicht 
nachläßt, das tierische Gewebe nicht schädigt, schnell und dauernd auf 
Krankheitskeime einwirkt, die Instrumente nicht angreift, sich lange 
Zeit hält und relativ billig in der Anwendung ist. Diese Forderungen 
erfüllen auch die Farbstoffe, deren keimtötende Wirkung erst in letzter 
Zeit mehr und mehr erkannt worden ist. 

Das unter den Namen „Flavizid“ von der Aktiengesellschaft für 
Anilinfabrikation in Berlin in den Handel gebrachte Präparat ist ein 
Acridiniumfarbstoff, und zwar ein 2,7 Dimetyl-, 3 Dimethylamino-, 
6 Amino-, 10 Methylacridiniumchlorid. In reiner Substanz stellt es ein 
rotbraunes geruchloses Pulver dar, das sich in Wasser und Alkohol 
sehr leioht mit rotgelber Farbe löst. Die Lösungen schäumen beim 
Schütteln und haben bitteren Geschmack; verdünnte Lösungen, be¬ 
sonders alkoholische, zeigen starke Fluorescenz. Es ist in verschiedenen 
Formen als loses Pulver, als Pastille, als Salbe, als Streupulver und als 
sterile Lösung in zugeschmolzenen Ampullen im Handel erhältlich. 

Zu therapeutischen Zwecken hat das Flavizid bisher nur in der Human - 
medizin Verwendung gefunden. Zunächst hat Langer 2 ) sich in einer 
theoretischen Abhandlung über die Chemotherapie mit den Acridininm- 
farbetoffen befaßt und nachgewiesen, daß die Wirksamkeit derselben im 
wesentlichen gebunden ist an die Kuppelung mit Methylradikalen. 
Die schnellste und stärkste Einwirkung fand sich bei einem Stoff von 
der chemischen Konstitutionsformel 

dWWH s 

H 2 nU\/Un(CH 3 ) 2 

N 

ch 3 cc 

dem Flavizid. 

Die eigentliche Wirkung der Farbstoffe ist weniger eine chemische 
ab vielmehr eine physikalische. Auf dem Wege der Diffusion gelangen 
die Farbstoffe je nach ihrer Molekulargröße mehr oder weniger schnell 
duroh die Bakterienmembran in das Innere der Zelle und üben dort 
ihre schädigende oder abtötende Wirkung aus. Bei der Lösung im Proto¬ 
plasma findet eine gewisse Quellung der Moleküle statt. Hierauf sowie 
auf der Teilchengröße an sich beruht die Dispersität und die Entfaltung 
einer mehr oder weniger intensiven Dauerwirkung (Reversibilität- 



des Flavizid als Antisepticum in der Veterinärmedizin. 


293 


Irreversibilität). Die Dispersität nimmt also mit zunehmender Teil¬ 
chengröße ab, die Irreversibilität zu. Eine gewisse Grenze ist natürlich 
auch hier gezogen, weil bei allzugroßen Molekülen eine Diffusion schlie߬ 
lich überhaupt nicht mehr stattfinden kann. 

Bei den Acridiniumfarbstoffen wird die Molekulargröße bedingt 
durch die Anzahl der Methylradikale. So ist auch die Differenz zwischen 
Reversibilität und Irreversibilität beim Trypaflavin, welches kleinere 
Moleküle besitzt, erheblich größer als beim Flavizid mit relativ großen 
Molekülen. Trypaflavin wirkt 2 ) auf Staphylokokken abtötend in Ver¬ 
dünnung von 1 : 32000, entwicklungshemmend in Verdünnung von 
1 : 100 000; Flavizid wirkt abtötend auf Staphylokokken in Verdünnung 
von 1 : 320 000, entwicklungshemmend in Verdünnung von 1 : 500 000. 
Da die Abnahme der Dispersität beim Zusammentreffen mit Serum 
außerdem noch von der Dauer des Kontaktes abhängt, so eignen sich 
Präparate mit geringerer Dispersität (Flavizid) mehr für die chemo¬ 
therapeutische Antisepsis, während eine größere Dispersität (Trypa 
flavin) bei der sogenannten inneren Desinfektion mehr Erfolg verspricht. 

Was die Bactericidität anbelangt, so zeichnet sich nach Langer *) das Flavizid 
besonders durch seine außerordentlich schnelle Wirkung aus, ohne daß dieselbe 
beim Zusammentreffen mit Serum irgendwie herabgesetzt würde. Spezifisch 
scheint die Wirkung auf Diphtheriebacillen zu sein, die schon in Verdünnungen 
von 1 : 1 000 000 abgetötet werden. Die Giftigkeit ist relativ gering, indem Kanin¬ 
chen bis zu 0.007 g pro Küogramm Körpergewicht ohne Schädigung vertragen. 
Auf Schleimhäute (Conjunctiva) ist es in Konzentrationen von 1 : 50 noch völlig 
reizlos. Die Lösungen sind lange haltbar und werden auch durch Lichteinwirkung 
nicht zersetzt. Experimentell hat sich Flavizid auf grampositive Bakterien be¬ 
sonders wirksam erwiesen. Auffallend schnelle Heilung erzielte Langer 3 ) bei der 
Furunkulose der Säuglinge nach Spaltung der Abscesse durch Spülungen mit 
0,1% Flavizidlösung. Nicht abscessierende Furunkel wurden durch Injektion 
von 0,02 bis 0,1% Flavizidlösung zur Abheilung gebracht. Infolge seiner Reiz¬ 
losigkeit eignet sich das Flavizid auch besonders zur Behandlung von Empyemen 
in Konzentration bis 1 : 1000; im übrigen genügt eine Verdünnung von 1 : 5000. 
Übereinstimmend berichten Langer 4 ), Spitzner *), Grosche 6 ), Biemann 1 ) und Schel- 
cher 8 ) über die spezifische Wirksamkeit auf Diphtheriebacillen, wo sich das Flavizid 
außerdem noch durch seine Ungiftigkeit und Reizlosigkeit andern Mitteln (Op- 
tochin, Eukupin) gegenüber überlegen zeigt. Ähnlich günstige Beurteilung findet 
das Flavizid auch im Ausland 9 ), ,0 ). Ebel 11 ) und Kallmann 12 ) erzielten gleichfalls 
günstige Resultate bei Furunkulose und chronischen Ekzemen aller Art. Sie heben 
beide die gute Granulationswirkung hervor. Wolff™) hält eine 1—2proz. alkoho¬ 
lische Flavizidlösung einer 5—lOproz. Jodtinkturlösung für gleichwertig, in der 
Tiefenwirkung als überlegen. Während durch die Jodierung der Bauchdecken 
öfters Adhäsionsileus beobachtet wurde, konnte eine derartige 4 Nebenwirkung 
bei Anwendung von Flavizid nicht beobachtet werden. Wolff hat eine eitrige 
Gallenblasenfistel sowrie eine perforierte Appendicitis durch Behandlung mit 
Flavizidalkohol ohne Komplikation zur Heilung gebracht. 

Als relativ geringer Nachteil erwies sich die Farbcnwdrkung des Flavizids, 
die aber nicht besonders ins Gewicht fällt, da selbst aus der Wäsche sich die Farbe 
durch Kochen mit Seifenlauge leicht entfernen läßt. 



294 


W. Schmidt: Über die Wirkung- und Anwendbarkeit 


Von Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Regenbogen erhielt ich den Auftrag, 
das Flavizid auf seine Anwendbarkeit in der Veterinärpraxis zu erproben. 

In der veterinärmedizinischen Literatur sind Versuche mit Flavizid noch 
nicht bekannt geworden, wohl aber haben nahe verwandte Stoffe aus derselben 
Reihe, nämlich das Trypaflavin 14 ) und Rivanol 16 ) die gute Verwendbarkeit der 
Acridiniumfarbstoffe in der Veterinärpraxis erwiesen. Ähnlich wirksam zeigten 
sich noch die Chininderivate Eukupin und Vuzin 16 ). Diese mehr oder weniger 
im Sinne einer therapeutischen Antisepsis angestellten Versuche gaben auch mir 
den Richtweg für meine eigenen Untersuchungen an, ohne mich jedoch auch in 
der Art der Applikation irgendwie streng daran zu halten. Subcutane und intra¬ 
muskuläre Injektionen, wie sie Engter 1Ä ) beim Eukupin und Silbersiepe u ) beim 
Rivanol zur Anwendung brachten, waren für mich auf Grund der anfänglichen 
Angaben der Hersteller zunächst nicht möglich. Später wurde auch die cutane 
Anwendbarkeit in Verdünnung von 1 : 50 000 zugegeben und ich bin in einigen 
wenigen Fällen mit Erfolg auch zur Infiltration geschritten. 

Zur Verwendung gelangten alkoholische Lösungen von 0,5 bis 2%, wässerige 
Lösungen von 1 : 100 000 bis 1 : 5000, ferner Flavizidstreupulver sowie die Salben¬ 
form als Flavizidresorbin. 

Eigene Versuche. 

1, Toxische Vorversuche, 

Kaninchen vertragen 0,006 bis 0,0075 g pro Kilogramm Körpergewicht intra¬ 
venös bzw. intraperitoneal und 0,02 pro Kilogramm per os ohne Gesundheits¬ 
schädigung. Ebenso nehmen 9 Hühner eine Lösung von 0,2 : 1000 täglich 1 Woche 
lang ohne merkbare Schädigung als Trinkwasser auf. Von Ziegen werden 0,003 g 
pro Kilogramm intravenös reaktionslos vertragen, während eine Dosis von 0,082 g 
pro Kilogramm eine ca. 2 Stunden dauernde Erhöhung der Pulsfrequenz von 65 
auf 105 und der Atemziffer von 16 auf 22 hervorruft. 

2 Pferden von ca. 350 kg Lebendgewicht wird ohne Schädigung 3 Tage lang 
je 1—2 g Flavizid intravenös einverleibt. 

Subcutan rufen Injektionen von je 20 ccm einer 1 / a proz. wässerigen Flavizid- 
lösung bei 2 Pferden ein umfangreiches entzündliches Ödem hervor; bei dem einen 
Pferde tritt nach ca. 8 Wochen spontan allmählich Rückgang der entzündlichen 
Erscheinung ein, während es bei dem 2. Pferde zu tiefergehender Nekrose und Ab- 
scedierung kommt, die eine chirurgische Nachbehandlung erforderlich macht. 

II, Wundbehandlung. 

1. Eine frische Hautlappenwunde in Form eines Dreiecks von je 10 cm Seiten¬ 
lange bei einer Ziege wird nach Reinigung mit Flavizidlösung 1 : 1000 mit Flavizid¬ 
streupulver bestreut und durch Knopfnaht geschlossen. Heilung per primam in 
8 Tagen. 

2. Eine umfangreiche, durch einen Deichselstoß hervorgerufene Quetsch¬ 
wunde ca. 25 cm tief und horizontal rechts neben dem Brustbein eines Pferdes 
verlaufend, gelangt am 30. VI. 1921 zur Behandlung. Der Wundkanal wird nach 
unten hin gespalten, Gewebstrümmer mit Messer und Schere entfernt, die Wunde 
mit Flavizid 1 : 5000 gereinigt. Weitere Behandlung: Dauerspülung mit Flavizid 
1 : 100 000. Das Allgemeinbefinden bleibt ungestört. In der Zeit vom 3. VTL 
bis 5. VII. 1921 tritt frische Granulationsbildung auf. Am 13. VH. werden mit 
dem rechten Vorderfuß schon wieder Gehversuche gemacht, auch legt sich Pat. 
spontan hin und steht ohne Hilfe auf. Heilung verläuft ohne Komplikation, so 
daß Pat. am 12. VIII. wieder zur leichten Arbeit verwandt w r erden kann unter 
Zurückbleiben einer ca. 10 cm langen fingertiefen Narbeneinsenkung. 

3. Bei einem Pferde ist am 22. IV. 1921 von mir im Anschluß an einem Nagel¬ 
tritt die Resektion der Hufeisenbeugesehne vorgenommen worden. Nachdem das 



des Flavizid als Antisepticum in der Veterinärmedizin. 295 

Tier schon geraume Zeit wieder zur Arbeit verwandt wird, tritt am 29. VIII. 
plötzlich in der Feeseibeuge eine Fistel neben hochgradiger Lahmheit auf. Der 
Fistelkanal verläuft nach der Ballengrube hin. Behandlung besteht in Spaltung 
des Fistelkanals bis zum Strahlpolster, Irrigation mit Flavizidlösung 1 : 5000 
und Verband mit Flavizidalkohol 0,5 zu 200, der täglich erneuert wird. Bei einem 
gelegentlichen Besuch am 19. IX. ist nur noch geringe Lahmheit vorhanden; die 
Wunde zeigt gesunde Granulation und sezemiert nur gering. Unter Trocken - 
behandlung mit Flavizidstreupulver und Schutzverband dauernde Heilung am 
29. IX. 

4. Am 21. VIII. 1921 gelangt ein Pferd zur Behandlung, das sich vor etwa 
8 Tagen an einem Eggenzinken am Ballen des linken Hinterfußes verletzt hatte. 
Befund: ca. 5 cm lange Stichwunde am rechten Ballen des linken Hinterfußes in 
gerader Richtung auf die Beugesehnen hin. aus der sich schmutziggrüner, stinken¬ 
der Eiter entleert. Hochgradige Lahmheit, Sensorium benommen, Appetit schlecht, 
Temperatur 38,9°. Behandlung: Spaltung und Reinigung des Wundkanals, 
feuchter Verband mit Flavizidlösung 1:10 000. Nachdem am 24. VIII. auch die 
Beugesehnenscheiden in Mitleidenschaft gezogen befunden werden, tritt unter 
Temperaturerhöhung bis auf 40,4° allgemeine Schwäche und umfangreiche De- 
cubitalgangrän ein, so daß am 6. X. Schlachtung erfolgt. Chirurgische Eröffnung 
der erkrankten Sehnenscheiden, intravenöse Injektion von Ser. artificiale und 
3 g Flavizid rufen nur vorübergehende Besserung hervor, können aber die Schlach¬ 
tung nicht mehr aufhalten. 

5. Eine Rißwunde von 15 cm Länge in der Kruppenmuskulatur eines Pferdes 
heilt unter Behandlung mit Flavizidlösung 1 : 10 000 und Flavizidstreupulver 
ohne Naht in 10 Tagen. 

6. Am 24. II. 1922 zieht sich ein scheugewordenes Pferd durch Hineinrennen 
in einen Zaun an der rechten Seitenbrust eine 35 cm lange, bis auf die Rippen 
gehende, horizontal flachhalbmondförmig nach unten verlaufende Muskelwunde 
zu. Behandlung: Spaltung an der tiefsten Stelle nach unten hin, Berieselung mit 
Flavizidlösung 1 : 100 000 und Bestreuen mit Flavizidstreupulver. Allgemein¬ 
befinden bleibt dauernd ungestört. Temperatur durchschnittlich 38,5°. Am 26. II. 
Beginn normaler Granulationsbildung. Die Heilung wird durch Benagen seitens 
des Pat. verzögert, erfolgt aber sonst ohne jegliche Komplikation, in Dienststellung 
etwa 8 Wochen nach Eintritt der Verletzung. 

7. Ein etwa 22 cm langer, nach unten hin in der Richtung des M. semiten- 
dinosus verlaufender Fistelkanal an der linken Kruppe eines Pferdes wird, da der 
Besitzer Spaltung nicht zuläßt, durch Ausspritzung mit Flavizidalkohol 1 : 500 
in 12 Tagen zur Abheilung gebracht. 

8. Im Anschluß an Spatbrennen entsteht am 21. VI. 1922 durch Scheuern 
des Pat. eine eitrige Phlegmone in der Umgebung des Sprunggelenks. Temperatur 
39,1°, starke Lahmheit. Behandlung: Flavizidumschläge 1 : 5000. Am 26. VI. 
Verschlimmerung der Lahmheit, eine Brandnarbe entleert mißfarbenen Eiter, 
Temperatur 39,6°. Außer den Flavizidumschlägen 0,2 : 40 Flavizidlösung intra¬ 
venös. Am 31. VH. Besserung, intravenöse Injektion wiederholt. Abheilung der 
Phlegmone am 23. VII. Nach einigen Wochen Weidegang ist auch die durch 
Inaktivitätsatrophie entstandene Lahmheit beseitigt. 

9. 10, 11. Geschirrdrucke werden zum Teil sogar bei weiterem Dienstgebrauch 
erfolgreich mit Flavizidalkohol oder Flavizidresorbin behandelt, wobei sich die 
Reeorbin behandlung besonders bewährt. 

12. Ein Rezidiv eines Einschusses beim Pferd, erfolglos mit Eugalaktan be¬ 
handelt, kann auch durch zweimalige intravenöse Injektion von je 1 g Flavizid 
nicht beeinflußt werden. 



296 


W. Schmidt: Über die Wirkung und Anwendbarkeit 


13, 14, 15. Nageltritte werden nach Reinigung mit heißer Flavizidlöeung 
1 : 10 bis 5000 mit alkoholischen Flavizidtampons bedeckt unter Splintverband 
oder Deckeleisen gehalten. Heilung ohne Eiterung in durchschnittlich 3—6 Tagen. 

III. Operationen. 

1. 7 Hengste, 6 Bullen und 2 Eber werden kastriert unter ausschließlicher Be¬ 
nutzung von heißer Flavizidlöeung 1 :5000 und 2 proz. Flavizidalkohol als Desinfek¬ 
tionsmittel für Hände, Instrumente und Operationsfeld. Keinerlei Komplikationen. 

2. Ebenso erfolgt bei einer Entropiumoperation beim Hund unter alleiniger 
Benutzung von Flavizid als Desinfiziens Heilung per primam in 13 Tagen. 

3. Bei der Amputation des Schweifes eines Hundes unter ausschließlicher 
Flaviziddesinfektion erfolgt Heilung per primam in 10 Tagen. 

IV. Hautkrankheiten. 

1. Eine bereits monatelang vom Besitzer erfolglos behandelte 15 cm lange 
und 4 cm breite sog. Sommerwunde am Pferde heilt unter Pinselungen mit 1 proz. 
Flavizidlöeung in ca. 14 Tagen ohne Rezidiv ab. 

2, 3, 4. Bei Mauke und Kettenhang wird mit Flavizidspiritus, Flavizidstreu- 
pulver und Flavizidresorbin schnelle Abheilung erzielt. 

5. Bei einer umfangreichen multiplen Furunkulose in der Sattellage eines 
Pferdes, die mit Flavizidresorbin behandelt wird, treten Rezidive auf, da das Tier 
dauernd weitergeritten wird. Nach Aussetzen des Reitens erfolgt unter Weiter¬ 
behandlung mit Flavizidresorbin in 8 Tagen endgültige Heilung. 

6. Ein chronisches, nässendes Rückenekzem beim Hunde wird durch Flavizid¬ 
resorbin in 10 Tagen beseitigt. Nach 8 Wochen tritt ein Rezidiv auf, das unter 
Flavizidresorbinbehandlung in wenigen Tagen endgültig verschwindet. 

7. 8, 9. 3 Fälle von teilweise umfangreicher squamöser Akarusraude beim Hunde 
werden mit Flavizidbädem 1 : 100 000, Pinselungen mit 1 proz. Flavizidalkohol, 
spez. aber mit Flavizidresorbin behandelt. Endgültige Heilung in 16—24 Tagen. 

V. Infektionskrankheiten. 

1 Fall von periodischer Augenentzündung bei einem 1 / i Jahr alten Fohlen 
kann durch intravenöse Infektion von je 0,1 g Flavizid in Intervallen von 8 Tagen 
nicht beeinflußt werden. Auch Salvarsanbehandlung sowie Aolan können den 
letalen Ausgang nicht verhindern. 

2. 1 Fall von Morbus maculosus beim Pferd im Anschluß an Druse mit aus¬ 
gebreiteter Furunkulose am Kopfe wird erfolglos mit Flavizidwaschungen und 
zweimaligen intravenösen Injektionen von je 1 g Flavizid behandelt. 4 Tage nach 
der letzten Injektion erfolgt nach scheinbarer Besserung plötzlich Tod infolge 
Herzschlages. 

3. Bei einem plötzlich ohne erkennbaren Grund aufgetretenen profusen 
Durchfall beim Pferde wird innerlich täglich 3 mal je 0,1 g Flavizid im Trinkwasser 
verabreicht. Am nächsten Tage zeigen sich Erscheinungen der Hufrehe. Behand¬ 
lung: Außer der Verabreichung des Flavizids per os 2 Tage hintereinander je 1 g 
Flavizid intravenös und Aderlaß. Der Durchfall ist hierauf verschwunden, die 
Erscheinung der Hufrehe sind jedoch unbeeinflußt. Flavizidbehandlung wird 
abgebrochen. 

4. Ein Fall von Katarrhalfieber bei einer Kuh wird versuchsweise durch intra¬ 
venöse Injektion von Flavizid behandelt. Dreimalige Injektion von je 0,5 g Fla¬ 
vizid in Intervallen von 1—2 Tagen bleiben ohne Einfluß auf die Erkrankung. 
Auch Eugalaktaninjektion bringt keinen Erfolg. Es erfolgt Schlachtung. 

VI. Verschiedenes . 

1. In eine etwa wallnußgroße Epulis (dem Befunde nach vermutlich ein 
Osteosarkom) am Unterkiefer eines Hundes werden, da eine Operation infolgt' 



des Fl&vizid als Antisepticum in der Veterinärmedizin. 


297 


Miterkrankung des Kiefers aussichtslos erscheint, versuchsweise am 16. VIII. 
1921 etwa 6 ccm einer 1 proz. Flavizidlösung injiziert. Am 28. VIII. hat sich, 
ohne daß eine entzündliche Reaktion eintritt, der Tumor um die Hälfte verkleinert. 
Wiederholung der Flavizidinjektion. Am 10. IX. ist der Tumor bis auf eine ge¬ 
ringe Anschwellung des Kiefers verschwunden. Nach nochmaliger Flavizidin¬ 
jektion endgültige dauernde Heilung, die noch nach 1 Jahre durch gelegentliche 
Nachkontrolle bestätigt werden kann. 

2. Ein inoperabler derber Tumor in der rechten Schamlippengegend einer 
Kuh wird versuchsweise mit Infiltration von lproz. Flavizidlösung behandelt. 
Der zunächst mannsfaustgroße Tumor ist in der Zeit vom 17. VII. 1922 bis 4. VIII. 
1922, nachdem in der Zwischenzeit gelegentlich die Injektion wiederholt wurde, 
bis zu Mannskopf große angewachsen. Konsistenz äußerst derb, keine Schmerz¬ 
haftigkeit. Da Hambeschwerden auftreten, das Tier hochtragend ist und der 
Tumor ein absolutes Geburtshindemis darstellt, erfolgt Schlachtung. Die Natur 
des Tumors konnte leider nicht mehr näher festgestellt werden. 

3, 4. 2 Fälle von Otorrhöe beim Hunde, davon einer hochgradig und chronisch, 
werden erfolgreich mit 1 proz. Flavizidalkohol und Flavizidstreupulver behandelt. 
Heilung in 7—19 Tagen. 

5. Eine abscedierende Beugesehnenentzündung, bisher mit Kaporitum- 
schlägen behandelt, gelangt am 21. III. 1923 zur Behandlung. Befund: Außer 
2 etwa fingerstarken Wundöffnungen am Fesselkopf des linken Hinterfußes, durch 
die man in die Sehnenscheidenhöhle gelangt, fluktuierende schmerzhafte An¬ 
schwellung am Strecksehnenansatz desselben Fußes sowie in der Gegend der 
Beugesehnen des linken Vorderfußes. Behandlung: Ausspülung der eröffneten 
Sehnenscheide mit Flavizid 1 : 5000 und feuchte Umschläge mit derselben Lösung, 
20 ccm 1 / a proz. Flavizidlösung intravenös, scharfe Einreibung der fluktuierenden 
Anschwellungen. Am 23. III. Nachlassen der Entzündungserscheinungen an der 
eröffneten Beugesehnenscheide ebenso der Lahmheit hinten links, dagegen Lahm¬ 
heit vorn links verschlimmert, ebenso die Fluktuation der Beugesehnenscheide vom 
links deutlicher. Pat. muß im Hängeapparat stehend erhalten werden. Behand¬ 
lung: Aussagen der erkrankten Sehnenscheiden vom links und hinten links (Streck¬ 
sehnenansatz) mittels Pravazspritze und Injektion von Flavizid 1 : 50 000, im 
übrigen dieselbe Behandlung. Am 28. III. bedeutende Besserung spez. der Lahm¬ 
heit vom links, Fluktuation bei den mit Flavizidlösung injizierten Sehnenscheiden 
fast vollkommen verschwunden. Behandlung dieselbe, außerdem cutane Infil¬ 
tration der Wundöffnungen hinten links mit Flavizid 1 : 50 000. Am 1. IV. Lahm¬ 
heit verschwunden, Pat. fängt an spontan hemmzugehen und kann ohne Hilfe 
aufstehen. Die Umschläge um die linke Hinterfessel werden fortgesetzt. Am 
5. IV. zeigt die Heilung normalen Verlauf und bei Weidegang unter leichtem Schutz¬ 
verband ist das Tier in einigen Wochen wieder vollkommen hergestellt. 

6. Ein Ausleihpferd des Reiterregiments 5, Stolp, zieht sich beim Holzfahren 
am 2. III. 1923 eine Verletzung am Fesselkopf des linken Hinterfußes zu. Die 
Untersuchung am 6. HI. ergibt hochgradige Lahmheit phlegmonöse Anschwellung 
bis zum Sprunggelenk, an der Außenseite des Fesselkopfes Absceß mit erbsen¬ 
großer Öffnung. Beim Reinigen mit scharfem Löffel kommt erbsengroßer Knochen¬ 
splitter und Sehnengewebe zum Vorschein. Behandlung mit Burow, Kaporit 
bis 23. III. erfolglos. Am 23. HI. und 25. III. intravenöse Injektion von je 20 ccm 
, / 2 proz. Flavizidlösung. Außer geringgradiger Temperaturerhöhung und Appetit¬ 
losigkeit am Tage der Injektion keine Änderung des Befundes. Von einer Infiltra¬ 
tion wird infolge der derben Schwellung Abstand genommen. Wegen Aussichts¬ 
losigkeit des Falles erfolgt Tötung. Sektionsbefund ergibt Zerreißung des Kapsel¬ 
bandes, Absplitterung eines erbsengroßen Knochenslitters von der unteren Gelenk- 



298 W. Schmidt: Über die Wirkung und Anwendbarkeit des Flavizid usw. 


fläche des Metataraus, beginnende Usur der Gelenkknorpel, Eiteransammlungen 
in der Fesselbeinbeuge. (Obiger Bericht wurde mir in liebenswürdiger Weise von 
dem Regimentsveterinär, Herrn Oberstabsveterinär Wiehert übersandt.) 

7. Am 11. IV. 1923 Pferd mit Schlagverletzung am linken Olecranon. Starke 
entzündliche Schwellung vom Olecranon bis zum Carpalgelenk. In der Höhe des 
Ellbogengelenkes an der Außenseite einige Hautabschürfungen sowie eine bleistift¬ 
starke Wundöffnung. Bewegung des Gelenkes nicht besonders schmerzhaft, 
Crepitation nicht nachweisbar, Allgemeinbefinden nicht gestört, Temperatur 
38,3°. Behandlung: Infiltration von 40 ccm Flavizidlösung 1 : 50 000 an ver¬ 
schiedenen Stellen der Anschwellung. Am 13. IV. Allgemeinbefinden gut, Tem¬ 
peratur 38,5°, Anschwellung und Schmerzhaftigkeit derselben sind zurückgegangen. 
Erneute Flavizidinfiltration. Am 16. IV. weiterer Rückgang der Schwellung sowie 
der Druckempfindlichkeit. Beim Beugen und Strecken des Ellbogengelenkes keine 
Schmerzen, keine Crepitation, Fuß wird aber nicht belastet. Deutliche Crepita¬ 
tion bei seitlichem Druck auf das Olecranon. Wunde sezemiert gering, serös- 
blutig. Beim Sondieren stößt man auf Knochen. Ein Splitter wird entfernt, 
weitere Palpation ergibt totale Fraktur des Olecranon. Keinerlei Eiteransamm¬ 
lungen oder sonstige Infektionserscheinungen. Wegen Aussichtslosigkeit der 
Wiederherstellung geschlachtet. 

Außer diesen bisher erwähnten Fällen habe ich Flavizid in meiner Praxis 
weitgehend bei jeder Art von Wunden, spez. auch in der Geburtshilfe bei septischen 
Metritiden mit stets gleichbleibendem Erfolge angewandt, wobei besonders die 
Reiz- und Giftlosigkeit zutage kam. Außer dem Rivanol 16 ), das ja auch ein 
Acridiniumabkömmling ist, dürfte es kaum ein ähnliches gleichwertiges Anti- 
septicum geben. 

Zusammenfassung, 

Das Flavizid zeichnet sich aus durch: 

1. Relative Ungiftigkeit, selbst hohe Dosen von 7 mg pro kg und 
darüber werden gut vertragen. 

2. Leichte Löslichkeit in Wasser und Alkohol. 

3. Unbegrenzte Haltbarkeit (die Lösungen für die Versuche VI, 5 
und 7 rühren von einer Stammlösung 0,1 : 1000 her, die im April 1922 
angesetzt und dauernd bei Zimmertemperatur dem Licht ausgesetzt war). 

4. Starke keimtötende Wirkung auch in verdünnten Lösungen bis 
1 : 100000, die durch Zusammentreffen mit Ser. nicht vermindert wird. 
Daher auch lokale Tiefenantisepsis möglich. 

5. Reizlosigkeit gegenüber Wunden und Schleimhäuten. (Nur starke 
Konzentrationen rufen bei subcutaner Applikation Entzündungser¬ 
scheinung, bisweilen Nekrose hervor, aber längst nicht in dem Maße 
wie z. B. das Salvarsan.) 

6. Nichtangreifen der Instrumente. 

7. Relative Billigkeit, da sparsam im Verbrauch (1 Gr. 1300 Mk.). 

Indikation für die Anwendung des Flavizid: Desinfiziens bei allen Ope¬ 
rationen, lokales und Tiefenantisepticum bei Wunden jeder Art, Sehnen¬ 
scheiden und Gelenkwunden, Phlegmonen, septischen Metritiden, Diphthe¬ 
rie der Schleimhäute, Furunkulose, Ekzemen und parasitären Hautkrank¬ 
heiten (Acarus), wobei sieh besonders die Salbenform bewährt hat. 



E. Lingk: Ein Fall von Pseudohermaphroditismus beim Schwein. 299 


Bei der inneren Desinfektion habe ich merkbare Wirkung nickt beob¬ 
achten können. Anscheinend ist die Dispersität des Flavizids zu gering, 
um bei dem langen Kontakt mit Serum noch eine spezielle keimtötende 
Wirkung auszuüben. Vielleicht waren auch die von mir angewandten 
Dosen zu gering oder müssen öfters wiederholt werden. 

Die Versuche VI, 1 und 2 bedürfen noch weiterer Klärung. Bei 
versuchsweise mit Flavizidininfiltrationen behandelten Aktinomycomen 
des Rindes hatte ich keinerlei Erfolg. 

Die Farbenwirkung des Flavizids ist für die Veterinärpraxis von 
keinerlei Bedeutung. 

Alles in allem zeigt das Flavizid deren 7 angenehme Eigenschaften, 
daß es die Aufmerksamkeit der Praktiker wohl verdient. 


Literaturverzeichnis. 

*) Kotte und Heisch , Die experimentelle Bakteriologie und die Infektions¬ 
krankheiten. — *) Langer , Zur Theorie der chemotherapeutischen Leistung. Dtsch. 
med. Wochenschr. 1920, Nr. 37. — 8 ) Langer , Klinische Erfahrungen mit Flavizid. 
Dtsch. med. Wochenschr. 1920, Nr. 41. — 4 ) Langer , Die Behandlung der Diphtherie¬ 
bacillenträger mit Diphthosan. Therap. Halbmonatshefte 1923, Nr. 20. — 5 ) Spitz- 
ner , Die Prophylaxe und Behandlung der Di-Bacülenträger im Säuglingsalter. 
Jahrb. f. Kinderheilk. 9$. 1921. — •) örosche , Zur Behandlung der Di-Bacillen - 
träger mit Diphthosan. Med. Klinik 1922, H. 1. — 7 ) Biemann f Diphthosanbehänd - 
lung bei Diphtherie bacillenträgem. Münch, med. Wochenschr. 1922, Nr. 1. — 
8 ) Schelcher, Zur Behandlung der Di-Bacillenträger mit Diphthosan. Klin. Wochen¬ 
schr. 1, Nr. 6. 1922. — •) Werdt, V. (Aarau), Die Prophylaxe der Diphtherie. 
Schweiz, med. Wochenschr. 1922, Nr. 44. — 10 ) Bernhardt , Vas (Budapest), Az 
ellenörzö bakteriologiai vizsgala to krol. 1922. — n ) Ebel , Über die Anwendung 
von Flavizid. Dermatol. Wochenschr. 1921, S. 26a. — ia ) Kattmann , Über die 
Anwendung von Flavizid in der Dermatologie. Med. Klinik 1921, Nr. 49. — 1Z ) Wolff , 
Flavizid als Desinfiziens in der Chirurgie. Zentralbl. f. Chirurg. 1921, Nr. 26. — 
14 ) Glöckner , Erich , Uber Versuche mit Trypaflavin in der Veterinärchirurgie. 
Inaug-Diss. Dresden-Leipzig 1919. — 15 ) Silbersiepe und Pape , Uber chemo¬ 
therapeutische Antisepsis mit besonderer Berücksichtigung des Rivanols. Berlin. 
Tierarztl. Wochenschr. 1922, Nr. 51. — 1Ä ) Engler , Untersuchungen über «die Ver¬ 
wendbarkeit von Eukupin bihydrochloricum in der Veterinärchirurgie. Inaug.- 
Diss. Berlin 1922. 


Ein Fall von Pseudohermaphroditismus beim Schwein. 

Von 

Ernst Lingk, Treptow, 

Schlftchthofdirektor. 

[Referent: lteg.-Iiut Prof. Dr. Schmattz .J 

Im anatomischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu 
Berlin sind 7 Fälle von Scheinzwittertum seit 1919 bearbeitet 
worden: 5 davon betreffen Ziegen, einer einen Rothirsch und einer ein 




300 


E. Lingk: 


Schwein 1 ). Das mir zur Untersuchung überlassene Präparat war dem 
Institut in ausgelöstem Zustande zugegangen und hatte bei der kunst¬ 
losen Auslösung Beschädigungen erlitten, die gleichwohl die Unter¬ 
suchung in der Hauptsache nicht behinderten. 

Das Schwein mochte etwa 1 Jahr alt gewesen sein, d. h. es hatte 
das Alter erreicht, in dem Schweine in der Regel zur Schlachtung kommen. 
Ein Bericht über das Verhalten des lebenden Tieres lag nicht vor. Das 
Präparat war etwa 50 cm lang. Der auffälligste Bestandteil ist ein 
Hohlorgan von der Form eines weiten Schlauches mit verengertem 
(caudalem) Endstück. Letzteres hat jederseits ein hodenförmiges An¬ 
hängsel, das mit dem Schlauch durch einen Strang bzw. Gang verbunden 
ist. Dieser mündet, linkerseits etwas weiter kranial als rechts, in den 
genannten Schlauch. Mit dem linken hodenförmigen Anhängsel steht 
durch eine Bindegewebsmasse ein Organ in Zusammenhang, das Penis 
oder Klitoris zu sein scheint. Dieser Zusammenhang ist offenbar ein 
zufälliger infolge der kunstlosen Auslösung des ganzen Präparates aus 
dem Körper beim Schlachten. 

Anatomische Untersuchung. 

Vom Uamapparat fehlen dem Präparat die beiden Nieren, die Harn¬ 
leiter und die Harnblase. Von der Harnröhre ist lediglich ein kurzer 
Stumpf erhalten, der ventral in die schlauchförmige Fortsetzung des 
Uterus mündet. Die Mündungsstelle liegt genau da, wo der Schlauch 
sich ampullenförmig erweitert, d. h. 14,5 cm vom caudalen Ende ent¬ 
fernt (s. unten). Ihr Lumen hat einen Durchmesser von 5 mm. Sie steht 
durch den Kanal im Schlauch in Verbindung mit der Außenwelt. 

An den äußeren Geschlechtsorganen tritt zunächst ein überwiegend 
männliches Gepräge hervor. Ihr charakteristischer Bestandteil ist ein 
5,5 cm langes, 2 cm im Durchmesser messendes, im Querschnitt rundes 
Gebilde, das in situ wahrscheinlich ventral von der Geschlechtsöffnung 
gesessen hat. Eis ist leicht gekrümmt, so daß die äußere Haut auf der 
konvexen Seite glatt verläuft, auf der konkaven dagegen in mehrere 
Falten gelegt ist. Das Gebilde läuft spitz am und trägt an der Stelle, 
wo es sich verjüngt, einen 6 mm langen Fortsatz, oberhalb dessen eine 
Öffnung mündet. Man gelangt beim Sondieren derselben in einen Gang, 
der 6,8 cm lang ist und anscheinend blind endigt. Auf dem Längs¬ 
schnitt erscheinen, infolge der Krümmung des Ganzen, mehrere Stücke, 
die als Teile eines kavernösen Körpers anzusprechen sind. Ihre Bälkchen- 

1 ) Bellers Pseudohermaphroditismus masc. int. beim Rothirsch. Inaug.-Diss. 
Berlin 1920. — Pb. bei der Ziege dcsgl. von Brühlmeyer und Rehfeldl 1921. von 
Beduhn 1922, von Töhner 1923. Bach, noch nicht publiziert. — Ps. beim Schwein 
von Grasnick 1921. — Dort findet sich auch eine vollständige Zusammenstellung 
der Literatur; insbesondere der schon veröffentlichten Fälle von Scheinzwittertum 
bei Haustierarten. 



Ein Fall von Pseudoliennaphroditismus beim Schwein. 


301 


Struktur und die sie umgebende Tunica albuginea sind makroskopisch 
deutlich erkennbar. Das ganze Gebilde entspricht der Klitoris oder dem 
Penis. In Anbetracht seiner Größe kann es als verkümmerter Penis 
angesprochen werden. 

Einen Bestandteil der äußeren Organe bildet auch das Ende des 
oben schon als Hauptbestandteil erwähnten Schlauches, der sich als 
Uterus und Vagina erweisen wird. Sein Endstück, entsprechend dem 
Vestibulum und der Vulva, zeigt eine trichterförmige, mit Schleimhaut 
ausgekleidete Vertiefung auf, die in einen Gang führt, der eine Sonde 
tief eindringen läßt. Leider ist die äußere Haut in der Umgebung bei 
der kunstlosen Auslösung ganz verloren gegangen. 

Das Hauptstück der inneren Genitalorgane ist ein verunstalteter, 
ausgeweiteter, übergroßer Uterus, der etwa 4 1 /» Liter Wasser faßt. Er 
ist blasenförmig, etwa in der Gestalt einer Schweineniere und bildet 
einen rechten und einen linken Sack, die beide durch eine leichte Ein¬ 
schnürung gegeneinander abgegrenzt sind. Die Wand besteht aus einer 
derben lederartigen Haut, bei der man unschwer 3 Schichten: Serosa, 
Muscularis und Mucosa unterscheiden kann. Der eine Sack hat eine 
Länge von genau 20 cm, der andere ist 22 cm lang, von der Schnür- 
furche an gerechnet; beide entsprechen offenbar den Uterushömem 
und sollen so bezeichnet werden. Im Verhältnis zur normalen Form 
der Comua uteri des Schweines sind sie sehr verkürzt, aber stark er¬ 
weitert. 

Bei der Eröffnung des Uterus sieht man, daß es sich um einen Hohl- 
raum handelt. Der äußeren Einschnürung zwischen den Hörnern ent¬ 
spricht im Innern ein 1,2 cm hoher Wulst, der vom Scheitel ab auf der 
einen Seite in gerader Linie caudal verläuft und sich in einer Entfernung 
von 5,5 cm vom Fundusrand verliert, der auf der andern Seite aber 
quer durch das längere Horn in lateraler Richtung verläuft und eine 
Scheidewand in Form eines Dreiecks bildet, das 8 cm, 9,75 cm und 16,5 cm 
Seitenlänge hat. Dadurch wird der 22 cm lange Abschnitt in eine cau- 
dale und eine kraniale Abteilung zerlegt. Der aus dem Zusammenschluß 
der beiden Hörner hervorgehende schlauchförmige Uteruskörper ist 
mit den Hörnern verbunden durch Bauchfellfalten, in denen Gefäße 
und Nerven verlaufen. 

Wenn man den Vergleich dieses Uterus mit der Form einer Schweine¬ 
niere (s. oben) heranzieht, so zeigt er dort, wo bei der Niere der Harn¬ 
leiter eintritt, einen trichterförmigen Ausführungsgang, eben das Corpus 
uteri. Entsprechend den verschiedenen Größen der beiden Hörner ist 
auch dieser Uteruskörper nicht ganz symmetrisch gebaut, vielmehr 
ist die dem längeren Horn entsprechende Hälfte größer. Vom Scheitel 
(der erwähnten Einschnürung zwischen den Hörnern) ab hat das ganze 
Organ 50 cm sagittale Länge. Davon entfallen 23 cm auf den durch 
Arcb. f. TierheJlk. L. 22 



302 


E. Lingk: 


Zusammenschluß der erweiterten Hörner entstehenden blasenförmigen 
Teil des Uterus und 27 cm auf die schlauchförmige Fortsetzung des 
Uteruskörpers, der in die Vagina übergeht. 

Dieser 27 cm lange schlauchförmige Endabschnitt des Genital¬ 
apparates steht durch einen Gang mit dem äußeren Genitale anderer¬ 
seits in Verbindung. Er erscheint in der caudalen Hälfte auf dem 
Querschnitt oval; die Durchmesser betragen 3,2 und 1,7 cm, der größere 
liegt transversal. Man kann an dem Endschlauch deutlich 3 Schichten 
unterscheiden. Die innere Schicht zeigt im kleinen Durchmesser einen 
Radius von 9 mm, die mittlere einen solchen von 4 mm und die äußere 
einen von 3 mm. Im Innern verläuft ein 4 mm weiter, längsoval zu¬ 
sammengedrückter Kanal, der mit einer faltenreichen Schleimhaut aus¬ 
gekleidet ist. Der Schlauch ist aber nicht etwa überall gleich weit; 
er hat vielmehr, 14,5 cm vom caudalen Ende entfernt, eine ampullen¬ 
förmige Erweiterung von 7 1 /* cm Länge. An ihrem kranialen Ende 
liegt die Anheftungsstelle des rechten Hodengekröses, während das des 
linken Hodens an der Stelle sich in der Bauchfellfalte verliert, wo der 
blasenförmige Abschnitt des Uterus in die schlauchförmige Fortsetzung 
übergeht. Daß aip caudalen Ende der Erweiterung die Harnröhre 
mündet, ist oben bereits beim Hamapparat gesagt worden. Der ampullen¬ 
förmige Teil selbst ist in viele Längsfalten gelegt. Auf ihm finden sich 
— durch Bindegewebe mit der Muskularis verbunden — muJtiloculärc 
flache Diüsenpakete von Erbsen- bis Bohnengröße; sie sind pls An¬ 
deutungen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen aufzufassen. 

Die Keimdrüsen. Die Enden der beiden Uterushörner sind blind 
geschlossen und unterhalten nicht die geringsten organischen Ver¬ 
bindungen mit den Keimdrüsen. 

Die linke Keimdrüse besitzt Form und Größe eines Hühnereies, ist 
öVg cm lang und zeigt schon bei äußerer Betrachtung deutlich, daß es 
sich um einen, wenn auch unvollkommen entwickelten, Hoden handelt. 
Ferner sind Kopf und Schwanz des Nebenhodens klar zu erkennen. 
Nach Eröffnung der gemeinschaftlichen Scheidenhaut sieht man einen 
typischen Hoden vor sich. Die Oberfläche ist überall glatt und glänzend 
und läßt zahlreiche gefüllte Venen durchscheinen. Die Schnittfläche 
zeigt ein hellbraunes, festgefügtes und feingekömtes Aussehen, das 
von dem des normalen Hodens insofern abweicht, als es die Struktur 
der verschlungenen Tubuli vollständig vermissen läßt und an den 
Durchschnitt der Muskelschicht eines Geflügelmagens erinnert. Der 
Nebenhoden ist atrophisch. Der Kopf, der noch am deutlichsten aus¬ 
geprägt ist, liegt caudal in einem kleinen Sack der Tunica vaginalis 
comm. Präpariert man den Nebenhoden vorsichtig stumpf ab, so sieht 
man, daß ein verbindender Kanal zwischen Nebenhoden und Hoden 
nicht vorhanden ist, vielmehr die Verbindung nur durch lockeres Binde- 



Ein Fall von Pseudoherm&phroditismas beim Schwein. 303 

gewebe hergestellt wird. Mithin ist die Keimdrüse völlig isoliert. Die 
sich anschließende Tunica vaginalis comm. wird nur durchbrochen von 
den Blutgefäßen, die den Hoden versorgen. Was bei oberflächlicher 
Betrachtung als Ductus deferens erscheinen könnte, sind lediglich die im 
Bindegewebe eingebetteten zu- und ableitenden Blutgefäße. Sie bilden 
einen 18 cm langen Strang, der anfänglich kräftig entwickelt ist, dann sich 
etwas verjüngt und im serösen Überzug des linken Homes endigt. Hoden 
und Nebenhoden mit Ausführungsgang haben ein Gewicht von 107 g. 

Die rechte Keimdrüse läßt ebenfalls bereits bei äußerer Betrachtung 
den Bau eines unvollkommen entwickelten Hodens erkennen, unter¬ 
scheidet sich aber doch in manchen Punkten von der linken. Das Ge¬ 
wicht beträgt samt Nebenhoden und Ausführungsgang 72 g. Die Tunica 
vaginalis comm. ist ein sehr feines dünnhäutiges Gebilde. Der Neben¬ 
hoden ist nicht gegliedert in Kopf und Schwanzabschnitt und sitzt dem 
Hoden an seiner konvexen Krümmung als plattgedrücktes, 3 cm langes 
Gebilde auf. Auch hier fehlt der verbindende Kanal zwischen Hoden 
und Nebenhoden, wie auch der Ductus deferens; in dem als Ductus 
deferens erscheinenden bindegewebigen Strange verlaufen lediglich die 
zu- und ableitenden Blutgefäße samt Nerven. Der Hoden selbst ist nicht 
langgestreckt, sondern mehr rundlich gebaut und seitlich etwas platt¬ 
gedrückt. Um einen Vergleich zu gebrauchen, erinnert das Gebilde 
der Form nach etwa an das Herz eines Hundes. 

Die Tunica vaginalis propria erscheint als undurchsichtige, glatte, 
glänzende, bläuliche Haut. Die Schnittfläche des Hodens weist ein 
hellbraunes, feinkörniges Aussehen auf; sie erinnert ebenfalls lebhaft 
an den Schnitt durch die Muskelschicht eines Geflügelmagens. 

Was aber an dem rechten Hoden ganz besonders auffallend erscheint, 
ist ein mit ihm verbundenes Gebilde, das sich in einen strangförmigen 
Abschnitt von 22% cm Länge und in einen plattgedrückten, nieren¬ 
förmigen Körper gliedert, der seinerseits 4 1 /, cm lang, 3 cm breit und 
6 mm hoch ist. Dieses Gebilde ist an der kranialen schmalen Hoden¬ 
fläche gelegen; sein strangförmiger Abschnitt verläuft neben den 
Hodengefäßen auf den Uteruskörper zu: der „Körper“ zeigt auf dem 
Querschnitt ein gleichmäßiges netzförmiges Gebilde, das kleine Höh¬ 
lungen umschließt, und erinnert in Form und Aufbau etwas an einen 
Gummischwamm. Die Natur dieses Gebildes war nur durch die histo¬ 
logische Untersuchung aufzuklären. 

Histologische Untersuchung. 

Die Präparate wurden durch Einlegen in Alkohol von steigender 
Konzentration vollständig entwässert, in Paraffin eingebettet und ge¬ 
schnitten. Die Färbung geschah nach den üblichen Methoden (Häma- 
toxylin-Eosin, Hämalaun, van Gieson, Fettfärbung). 


22* 



304 


E. Lingk: 


Die Präparate von dem am rechten Hoden gelegenen plattgedrückten, 
nierenförmigen Gebilde zeigen ein derbes, grobmaschiges, von Zwischen¬ 
wänden durchzogenes und in zahllose, kleine knäuelförmige, tubulöse 
Hohlräume von verschieden weitem Lumen zerfallendes Material. Bei 
schwacher Vergrößerung erkennt man, daß diese Hohlräume eine ovale 
und vielgestaltige Form haben. Sie sind durch dichtes Bindegewebe 
voneinander getrennt und weisen eine relativ dicke Wandung auf. 
Das Bindegewebe führt zahllose kleine, mit Blut angefüllte Gefäße. 
Die Hohlräume enthalten neben einer deformierten Masse noch kern¬ 
haltige Zellhaufen. Bei starker Vergrößerung sieht man, daß die 
Wandschicht aus einer starken Muscularis mit glatten Muskelzellen 
besteht, die zirkulär laufen. Ihr liegt in einfacher Lage — vielfach 
von der Unterfläche losgelöst (offenbar infolge der ursprünglich 
unsachgemäßen Behandlung des Präparates) — ein kubisches Epithel 
auf. Eine Membrana propria ist nicht vorhanden. Es handelt sich 
hier um einen Abschnitt der Samenleitung. Der anatomischen Lage 
nach könnte man zunächst meinen, das Gebiet des Ductus epididy- 
midis (cauda epididymidis) vor sich zu haben, doch spricht die 
ausgeprägte Muskelschicht — die sich bekanntlich auf die Samen¬ 
leiter zu ja immer mehr verdickt — für den Übergang in den Anfangs¬ 
abschnitt des Ductus deferens. 

Die aus dem vermutlichen Hoden hergestellten Präparate zeigen 
bei de/ histologischen Untersuchung ein Gewebe, das zunächst am 
meisten an Lebergewebe erinnert. Es besteht nämlich aus zahllosen 
dichtliegenden, großen, polygonalen oder annähernd runden Zellen, die 
einen runden, teils zentral, teils peripher liegenden Kern auf weisen. 
Das Protoplasma ist deutlich gekörnt. Sie hegen pflasterähnlich, mosaik¬ 
artig nebeneinander. Dazwischen schlängeln sich vereinzelt Binde¬ 
gewebsfasern hindurch. Eingelagert in dieses Gewebe sind zahlreiche 
Fettnester, die von einem dichten Netz kleiner protoplasmaärmerer 
Zellen von spindelförmigem Aussehen umlagert zu sein pflegen; daneben 
fehlen Gefäße nicht. Das Bindegewebe ist außerordentlich spärlich, 
nur vereinzelt sieht man eine breitere bindegewebige Brücke. Ohne 
Kenntnis des anatomischen Zusammenhanges würde man glauben, 
Leber oder einen Tumor vor sich zu haben. Die Schnitte lassen jede 
Hodenstruktur vermissen. Tu buh contorti testis sind nicht zu finden. 
Auffallend sind zunächst die Fettnester, die doch immerhin im Gewebe 
Fettstränge darstellen. Man könnte beim flüchtigen Hinsehen an Tubuli 
contorti denken, doch fehlen die Wandungen mit allen ihren kenn¬ 
zeichnenden Bestandteilen. Dagegen können die das Bild beherrschenden 
oben beschriebenen großen Zehen doch nur als Äquivalent der Leydig- 
schen Zwischenzellen angesproohen werden, die ja auch im normalen 
Eberhoden in übergroßer Menge vorhanden sind. 



Ein Fall von Pseudohermaphroditismus beim Schwein. 


305 


Die aus dem vermeintlichen Schwellkörper hergestellten Schnitte 
machten bei der Vorbereitung in technischer Beziehung große 
Schwierigkeiten. Wegen seiner derben, grobfaserigen und sehnigen 
Beschaffenheit war das Gewebe kaum mit dem Mikrotom zu 
schneiden. Die einzelnen Gewebslagen waren miteinander ver¬ 
flochten. Bei der histologischen Untersuchung zeigte es sich, daß 
das Ganze aus verflochtenen Lagen durch Bindegewebe getrennter, 
glatter Muskulatur bestand. 

Zusammenfassung. 

Das Ergebnis meiner Untersuchung fasse ich in folgenden Sätzen 
zusammen: 

1. Über den sekundären Geschlechtscharakter läßt sich wegen des 
mangelhaften Vorberichtes nichts sagen. Die äußeren Genitalien zeigen, 
soweit sie aus dem Präparat erkennbar sind, einen gemischten Charakter, 
denn das 5,5 cm lange Glied kann sowohl als verkümmerter Penis, wie 
als vergrößerte Klitoris auf gefaßt werden. Der darin verlaufende Gang 
hat mit den Hamwegen nichts zu tun; vielmehr mündet die Harnröhre 
für sich (Nr. 2). 

2. Die Harnröhre mündet in einen, den Uterus fortsetzenden 
Schlauch (die Vagina). 

3. Der weibliche Anteil der inneren Geschlechtsorgane besteht aus 
einem verunstalteten, übermäßig weiten Uterus mit 2 blindgeschlossenen 
Hörnenden. Ovarien und Eileiter sind nicht vorhanden. Die schlauch¬ 
förmige Fortsetzung des Uterus deutet im Anfangsteil, wenn auch 
schwach, eine Cervix an. Die folgende ampullenförmige Erweiterung 
ist als Vagina anzusehen, zumal in ihr die Harnröhre mündet und die 
Schleimhaut in viele Falten gelegt ist. 

4. Der männliche Anteil der inneren Geschlechtsorgane zeigt als 
ausschlaggebenden Befund 2 Hoden, die, makroskopisch betrachtet, 
äußerlich typischen Hodenbau zeigen, wenn sie auch nicht vollkommen 
entwickelt sind. Die histologische Untersuchung ergibt jedoch das völlige 
Fehlen nicht allein der Spermioblasten, sondern sogar der Tubuli con- 
torti. Das ganze Organ ist eingenommen von großen polygonalen, pflaster¬ 
ähnlich angeordneten Zellen, die nur als Leydigsehe Zwischenzellen 
gedeutet werden können. Ein Zweifel daran, daß die Organe als 
Hoden zu deuten sind, wird außerdem durch den Nebenhoden, der 
ziemlich typische histologische Verhältnisse zeigt, ausgeschlossen. Eben¬ 
so ist der Samenleiter nachzuweisen. 

Die untersuchten Organe gehörten demnach einem Scheinzwitter, 
dessen Geschlechtsorgane in ihren Innenbezirken teils weiblichen, teils 
männlichen, in ihren externen Abschnitt gemischten Charakter auf¬ 
weisen. Alles, was genetisch aus den Müller sehen Gängen hervor- 



306 E. Lingk: Ein Fall von Pseudohermaphroditismus beim Schwein. 

geht — wobei das Fehlen der Eileiter berücksichtigt werden muß —, 
ist morphologisch im Verhältnis zu dem normalen weiblichen Ge¬ 
schlechtsapparat hypertrophisch. Das Fehlen weiblicher Keim¬ 
drüsen und das Vorhandensein von unvollkommen entwickelten 
männlichen Geschlechtsorganen drängt den weiblichen Charakter 
zurück. Dieser kann daher für die nomenklatorische Einreihung 
keine Berücksichtigung finden. Es liegt also ein Pseudohermaphro¬ 
ditismus masculinus internus vor. 



1a® ^ 

ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

E. ABDERHALDEN-HALLE A. S., ST. ANGELOFF-SOFIA, M. CA8PER-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. ERNST-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH, K. HOBSTETTER-JENA, F. HUTYRA VON SZEPESHELY 
BUDAPEST,H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK¬ 
BUDAPEST, H.MIE88NER-HANNOVER, K.NEÜMANN-BERLIN, A.OLT-GIESSEN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 
50. BAND. 4. HEFT 

MIT 2 TEXTABBILDUNGEN 




BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1924 


















Empfiehlt.es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei 
Notschlachtungen aus Anl aß bestimmter Krankheiten bzw. 
Krankheitsgruppen verbindlich zu fordern 1 )? 

Von 

Dr. med. vet. Felix Grüttner, 

Stadttlerant in Köln. 

(Eingegangen am 3. September 1923.) 

Die bakteriologische Fleischbeschau gliedert sich durch ihre besondere 
Technik und durch ihre Untersuchungsziele als Teilstück in das Gesamt¬ 
bild der praktischen Fleischbeschau ein. Sie ergänzt die klinische und 
die grobsinnliche anatomische Untersuchungsmethode und sucht die 
Bakterien und andern Keime festzustellen, die zu Lebzeiten der Schlacht¬ 
tiere eine Krankheit bei ihnen hervorrufen und bei der Verwertung 
des Fleisches als Nahrungsmittel auf den Menschen übertragen können. 

Es kommen also nicht die Fälle in Betracht, in denen menschen¬ 
pathogene Bakterien ursprünglich bakterienfreies Fleisch erst nach 
der Schlachtung des Tieres befallen und in ihm lediglich einen Erhaltungs¬ 
und Nährboden zum Übertragen einer Krankheit aus einer andern 
Krankheitsquelle finden. Diese, im allgemeinen unter dem Namen Hack¬ 
fleischvergiftungen zusammengefaßten Vorkommnisse können wir in das 
Gebiet der Nahrungsmittelkontrolle rechnen, und ihre Feststellung und 
Beurteilung ist Sache der bakteriologischen Nahrungsmitteluntersuchung. 

Eine besondere Bedeutung hat die bakteriologische Fleischbeschau 
für die Notschlachtungen erlangt, denn hier soll sie vor allem einen 
Ersatz für den Ausfall der zur Beurteilung des Fleisches so überaus 
wichtigen Symptome am lebenden Tiere bieten. 

Es liegt daher die Frage nahe, in welchen Krankheitsfällen gerade 
bei Notschlachtungen die bakteriologische Fleischbeschau wissenschaft¬ 
lich begründet ist, und da die gesamte Fleischbeschau eine bis ins 
einzelne gesetzlich festgelegte, höchst verantwortungsvolle Amts¬ 
ausübung ist, weiterhin die Frage, ob die bakteriologische Untersuchung 
in diesen Fällen auch verbindlich zu fordern ist. 

Zur Beantwortung dieser Fragen ist zuerst die Frage zu stellen: 
Gibt es überhaupt bestimmte Krankheiten oder Krankheitsgruppen, 

*) Vortrag, gehalten am 28. VII. 1923 im Verein rheinpreußischer Tierärzte 
und Verein der Schlachthoftier&rzte der Rheinprovinz. 

Arch. f. Tlerheiik. L. 


23 



308 F* Grüttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 


die durch den Fleischgenuß vom Tier auf den Menschen übertragbar 
sind? Die Frage ist leicht mit ja zu beantworten. Man braucht nur 
den Milzbrand, den Rotz und die Tuberkulose zu nennen. Wenn man 
aber von dem Arbeitsgebiet der bakteriologischen Fleischbeschau 
spricht, denkt man an diese Fälle erst in zweiter Linie. Durch den 
täglichen Sprachgebrauch weiß man schon, daß das Hauptziel der 
bakteriologischen Untersuchung die Diagnostizierung der Tierkrank¬ 
heiten ist, welche durch den Fleischgenuß beim Menschen das Krank¬ 
heitsbild der sogenannten Fleischvergiftung hervorrufen. 

Während man es bei den vorher genannten Krankheiten bei Mensch 
und Tier mit einem ziemlich feststehenden Krankheitsbild und einem 
klar zu bestimmenden Erreger mit ziemlich konstanten pathogenen 
Eigenschaften zu tun hat, zeigt die Fleischvergiftung beim Menschen 
zwar auch ein ziemlich eng umschriebenes Krankheitsbild, als seine Quelle 
jedoch bei den Schlachttieren eine Fülle der verschiedensten Krankheits¬ 
symptome, die sich nicht ohne weiteres zu einem einheitlichen Bilde 
zusammenfassen lassen und sich im Symptomenkomplex der mensch¬ 
lichen Fleischvergiftung großenteils gar nicht wiederfinden. Auf den 
ersten Blick scheint es sich also gar nicht um eine eigentliche Krankheits¬ 
übertragung zu handeln, zumal da bei gleichem pathologischen Befunde 
das Fleisch das eine Mal eine gesundheitsschädliche Wirkung auslöst, 
ein anderes Mal wieder nicht. 

Geht man die Kasuistik der Fleischvergiftungen durch, so findet 
man beim Menschen stets denselben Erreger, oder genauer gesagt immer 
einen Erreger aus derselben Bakteriengruppe, der Gruppe der Para¬ 
typhusbakterien. Die Fleischvergiftung muß also unter die Krankheits¬ 
formen des Paratyphus eingeordnet werden. 

Man unterscheidet beim Paratyphus des Menschen drei Formen: 

1. die typhöse Form, 

2. die gastroenteritische Form und 

3. die choleraähnliche Form. 

Alle drei Formen können bei derselben Epidemie auftreten, und es 
kann sich beim einzelnen Menschen die eine aus der andern entwickeln, 
besonders die typhöse Form aus der gastroenteritischen. 

Die typhöse Form hat im Krankheitsbild Ähnlichkeit mit dem 
Typhus und wird vom Kliniker leicht mit diesem verwechselt. Als 
Erreger dieser Form ist in erster Linie der eigentliche Paratyphusbacillus. 
Typus SchottmiiUer, verantwortlich zu machen. 

Sie wird nicht besonders häufig beobachtet und spielt für uns auch 
keine bedeutende Rolle, denn das charakteristische Bild der Fleisch¬ 
vergiftung spielt sich unter den Anzeichen der gastroenteritischen Form 
ab. Bei dieser setzen die Krankheitserscheinungen meist nach einer 
nur 2—24 Stunden dauernden Inkubation plötzlich ein. Nach schnellem 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 309 

Temperaturanstieg und eventuell kurzem Schüttelfrost treten Brech¬ 
durchfall und kolikartige Leibschmerzen auf. Der Stuhl ist dünnflüssig 
und stinkend. Nervöse Störungen, wie Kopfschmerz, Schwindel, Un¬ 
ruhe, Gelenkschmerzen, sind bemerkenswerte Symptome und stehen 
mitunter im Vordergründe des Krankheitsbildes. In besonders schlim¬ 
men Fällen kommen zuweilen Muskellähmungen des Schlundes, der 
Augen und Extremitäten' vor. Die Dauer der Krankheit beträgt nur 
wenige Tage. Kontaktinfektionen von Mensch zu Mensch werden im 
Gegensatz zur typhösen Form sehr selten beobachtet. Die Sterblichkeit 
ist sehr verschieden. Der Sektionsbefund ist oft schwer zu deuten; 
besonders steht er bei perakuten Fällen durch die schwach ausge¬ 
prägten anatomischen Veränderungen in scheinbarem Gegensatz zu 
dem schweren klinischen Befund. So gut wie nie fehlen Veränderungen 
am Darm, können sich aber gerade nach stürmischem Krankheits¬ 
verlauf auf geringes ödem und starke Gefäßfüllung der Schleimhaut 
bei sonst normalem Befunde beschränken. Die Veränderungen waren 
einmal bei 3 Sektionen nach einer Massenerkrankung so schwach aus¬ 
geprägt, daß der Sektionsbefund zur Ermittelung der Todesursache nicht 
ausreichte. In anderen, besonders weniger stürmisch verlaufenen 
Fällen ist die Feststellung von Petechien der serösen und Schleimhäute 
sehr wichtig, und weiterhin kann es zur Schwellung der Darmfollikel, 
zu Darmgeschwüren, fettiger Degeneration der Leber und Nieren, zu 
Milzschwellung und sonstigen auffälligen septicämischen Veränderungen 
kommen. Der lymphatische Apparat ist beim Paratyphus im Gegensatz 
zum Typhus meist nicht beteiligt. Als Eingangspforte der Paratyphus¬ 
bacillen ist in erster Linie der Verdauungsapparat zu nennen, dann 
aber auch bei der Frau Scheide und Harnröhre (meist vom Darm aus). 

Die choleraähnliche Form tet in der Heftigkeit des Krankheitsbildes 
noch weitgehender als die gastroenteritische und zeigt bei der Sektion 
noch unbestimmtere Veränderungen. 

Als Erreger der gastroenteritischen und choleraähnlichen Form hat 
man in den meisten Fällen den Bacillus enteritidis Gärtner und Breslau 
festgestellt. Außerdem ist mit den bisher genannten wichtigsten Ver¬ 
tretern der Paratyphusgruppe die Reihe der Bakterien, die gelegentlich 
als Erreger einer Fleischvergiftung ins Feld geführt worden sind, noch 
nicht gefüllt. 

Sind nun aber immer Paratyphusbacillen die Erreger der Fleisch¬ 
vergiftung — und unsere augenblicklichen Untersuchungsmethoden 
lassen nicht daran zweifeln — so ist der Zusammenhang zwischen der 
Fleischvergiftung und der sie verursachenden Krankheit des Schlacht¬ 
tieres nicht anders zu erklären, als daß der Erreger der Fleischver¬ 
giftung auch der Erreger der betreffenden Tierkrankheit ist oder bei 
ihrer Entstehung zum mindesten eine mitbestimmende Rolle hat. 

23* 



310 F« Grüttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau beiNot- 

Wir werden also auch beiden Schlachttieren das Vorkommen einer Krank¬ 
heit oder einer Krankheitsgruppe voraussetzen können, der man nach 
ihrem Erreger und ihrem Verlauf den Namen Paratyphus geben muß. 

Man kennt bei den Kälbern schon lange eine pathologische Ver¬ 
änderung, die durch ein Bacterium der Paratyphusgruppe hervor¬ 
gerufen wird; es ist die miliare Lebernekrose . Bacillus noduli faciens bovis 
wurde der Erreger genannt. Auch in anderen Krankheitsherden des 
Kalbes fand man hier und da Paratyphusbacillen. 0. Müller in Königs¬ 
berg und vor allem Karsten , der in Holstein umfangreiche Unter¬ 
suchungen angestellt hat, haben das Verdienst, das Bild eines seuchen- 
haft auftretenden Kälberparatyphus zusammengefaßt zu haben, zu 
dessen Gesamtbefund die Lebernekrose und andere, bisher anderweitig 
eingeordnete Symptome und Veränderungen gehören. Die Krankheit 
befällt vorzugsweise Kälber von 2—8 Wochen, auch ältere, selten aber 
Tiere über 6 Monate. 

Der klinische und pathologisch-anatomische Befund beim Kälber¬ 
paratyphus ist sehr wechselnd. In leichten Fällen ist Fieber das einzige 
Merkmal, in schwereren Fällen kommt auffallende Mattigkeit dazu und 
nach kurzer Verstopfung leichter Durchfall. Der Kot ist meist salben¬ 
artig, also nicht so dünnflüssig wie bei der Ruhr. Die Milchaufnahme 
ist entsprechend der Schwere des allgemeinen Krankheitsbildes ver¬ 
hältnismäßig wenig herabgesetzt. Der Verlauf der Krankheit ist meist 
akut. Die Tiere genesen oder sterben in 8—14 Tagen. Die Sterblichkeit 
ist auf 25—30% berechnet. Bei längerer Krankheitsdauer können sich 
Pneumonie und Gelenkentzündungen entwickeln. Die anatomischen 
Veränderungen sind am undeutlichsten nach kurzem, heftigem Verlauf 
ausgeprägt und bestehen zuweilen nur in Blutungen in den serösen 
und Schleimhäuten und in den Organen. Im übrigen ist ein fester 
Milztumor, der das 2—7 fache der normalen Milz ausmachen kann, 
die auffälligste Veränderung. Weiterhin findet man katarrhalische 
Dünndarmentzündung, streifige Blutungen in den Nieren, pneumonische 
Herde, zuweilen auch diffuse oder auf die Follikel beschränkte circum- 
scripte diphtherische Entzündung des Dünndarms und in 1 / 6 der Fälle 
graue bis goldgelbe, eben sichtbare nekrobiotische Herde in der Leber, 
gelegentlich aber auch in Milz und Nieren. Die Veränderungen an den 
im Laufe der Seuche erkrankten Gelenken sind meist viel geringfügiger, 
als nach dem Lebendbefund anzunehmen war. Nach Ablauf der septi- 
cämischen Krankheit können in den einzelnen Organen chronische 
Veränderungen von rein lokalem Charakter Zurückbleiben. 

Als Erreger der Krankheit ist in fast allen Fällen der Bacillus enieri- 
tidis Gärtner einwandfrei festgestellt worden, der sich in seinem kul¬ 
turellen und serologischen Verhalten nicht von dem beim Menschen 
vorkommenden Gärtnerbacillus unterscheiden läßt; selten ist der 



Schlachtungen ans Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 311 

Paratyphusbacillus SchottmüUer gefunden worden. Bei Pneumonien 
der Kälber ist es oft zweifelhaft, ob der Bacillus eine primäre oder 
sekundäre Bolle spielt, wie denn überhaupt Mischinfektionen die 
Deutung des klinischen und Sektionsbildes sehr erschweren können. 

Was nun die Übertragbarkeit des Kälberparatyphus auf den Menschen 
betrifft, so ist durch Tatsachen erwiesen, daß Fleisch paratyphus- 
kranker Kälber schon oft ohne Schaden von Menschen verzehrt worden 
ist, sowohl in Fällen, in denen der Fleischbeschau- und bakteriologische 
Befund Krankheitsherde von rein lokalem Charakter dartat, als auch 
in anderen Fällen, in denen der Bacillus enteritidis Gärtner im Blut 
und Muskelfleisch der Kälber nachgewiesen war und sich für Mäuse 
pathogen erwies, selbst bei Notschlachtungen kurz vor dem Verenden 
der Kälber. Noch weniger sind Kontaktinfektionen von Kalb auf 
Mensch beim Pflegen und Warten der paratyphuskranken Kälber¬ 
bestände beobachtet worden. 

Auf der anderen Seite ist bekannt, daß etwa der 5. Teil aller Fleisch¬ 
vergiftungen auf den Genuß von Kalbfleisch zurückzuführen ist. In 
der Kasuistik sind ab Krankheitserscheinungen bei Kälbern vor allem 
Darm- und Gelenkentzündung genannt, weniger oft Lungenentzündung, 
ab bakterieller Krankheitsüberträger meist der Bacillus enteritidis 
Gärtner. Wir finden also den Gärtnerbacillus wieder und haben Sym¬ 
ptome vor uns, die wohl in das Gesamtbild des Paratyphus hinpassen; 
auffälligerwebe sind aber der für Kälberparatyphus charakteristische 
Milztumor und die Lebernekrose nie erwähnt. 

Eins findet man dagegen ab Gemeinsames in allen Fleischver¬ 
giftungsfällen wieder: Stets handelt es sich um Kälber, die wegen 
schwerer allgemeiner Krankheitserscheinungen mehr oder weniger 
nahe dem Verenden notgeschlachtet worden sind oder gar schon ver¬ 
endet waren. Im übrigen sind die Literaturan gaben so lückenhaft, daß 
das Wesen der Kälbererkrankung und ihre Übertragung auf den Men¬ 
schen sehr selten einwandfrei feststeht. Bei der Moorseeler Fleisch¬ 
vergiftung 1892 dürfte z. B. der Zusammenhang zwischen Fleisch¬ 
vergiftung und Tierkrankheit außer Zweifel liegen. Das Fleisch eines 
notgeschlachteten und eines eingegangenen Kalbes, die starken Durch¬ 
fall, dunkelrote Därme und Leberschwellung gezeigt hatten, verur¬ 
sachte in gut gekochtem und gebratenem Zustande in 3—24 Stunden 
nach dem Genuß eine Fleischvergiftung, und zwar wurde das Fleisch 
schon am Tage der Schlachtung und am nächstfolgenden Tage verzehrt, 
so daß eine nennenswerte postmortale Infektion nicht geltend gemacht 
werden konnte. Aus dem Fleische wurde der Bacillus Gärtner isoliert 
und mit pathogenem Erfolge auf 2 Kälber verimpft. 

Beim Kinde haben Bugge und Diercks eine Paratyphusseuche fest¬ 
gestellt. Die Krankheit tritt besonders bei älteren Rindern auf. Sie 



312 F. Grtlttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Kot¬ 


befällt erst einige Tiere und breitet sich dann nach und nach im Be¬ 
stände aus. Die Tiere werden hinfällig und gehen auffallend schnell 
im Nähraustande zurück. Das am meisten hervortretende Krankheits¬ 
zeichen ist ein seuchenhafter akuter Durchfall. Der Kot ist dünnflüssig, 
blutig oder schleimig durchsetzt. Bei der Sektion findet man die Magen- 
und Dünndarmschleimhaut geschwollen und viele Petechien in ihr. 
Die Darmlymphdrüsen sind geschwollen und vergrößert, die Leber ist 
vergrößert und enthält zahlreiche graugelbe oder grauweiße kleine 
Herde. 

Auch hier wurde als Erreger der Bacillus enteritidis Gärtner fest¬ 
gestellt, der sich für Mäuse pathogen erwies und keine Unterscheidungs¬ 
merkmale gegenüber dem bei Menschen gefundenen Enteritisbacillus 
zeigte. Das Fleisch der geschlachteten Tiere wurde ohne Schaden 
verzehrt, auch in einigen Fällen, in denen keine bakteriologische Unter¬ 
suchung stattgefunden hatte. Dagegen wurde auf dem Seuchenhofe 
und in der Nachbarschaft bei mehreren Personen zur selben Zeit das 
Auftreten von Mattigkeit und heftigen Durchfällen beobachtet, ohne 
daß allerdings ein Zusammenhang mit der Rinderseuche nachgewiesen 
werden konnte. 

Mießner und Kohlstock haben einen anderen, durch Enteritisbacillen 
verursachten Seuchengang bei Rindern beschrieben. Die Veränderungen 
bestanden in croupöser Darmentzündung, Trübung und Schwellung 
der Leber, Vergrößerung der Milz auf das 3—4 fache. Der Erreger 
erwies sich bei Fleischverfütterung für Mäuse pathogen und konnte 
aus dem Herzblut der Mäuse rein gezüchtet werden. Über eine Über¬ 
tragung auf den Menschen wird nicht berichtet. 

Schließlich erwähnt Hülphers eine schwere infektiöse Gastroenteritis 
in einem Bestände von 40 Rindern, von denen 6 erkrankten und 6 
starben. Erreger war der Bacillus paratyphosus B. 

Aus der Kasuistik der Fleischvergiftungen durch Rindfleisch, die 
man diesen Beobachtungen gegenüberstellen kann, seien einige be¬ 
merkenswerte Beispiele herausgegriffen, so vor allem die Fleisch¬ 
vergiftung von Frankenhavsen 1888. Nach dem Genüsse von rohem 
und gekochtem, gut aussehendem Fleisch einer Kuh, die an unstill¬ 
barem Durchfall gelitten hatte und nach der Schlachtung nur partielle 
Rötung der Därme zeigte, erkrankten 59 Personen, eine tödlich. Diese 
Fleischvergiftung ist deswegen besonders wichtig, weil zum ersten Male 
durch den Nachweis eines Bacteriums, und zwar des Enteritisbacillus 
Gärtner, als Krankheitserreger im Tier- und Menschenkörper auf 
wissenschaftliche Weise der Zusammenhang zwischen der Menschen- 
und Tierkrankheit hergestellt wurde. 

Weiter ist die 1916 vorgekommene Fleischvergiftung in Kochel zu 
nennen. Eine Kuh war kurze Zeit nach dem Gebären wegen Durchfalls 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen U9W. Bl3 


notgeschlachtet worden. Außer einer leichten Entzündung des Dünn¬ 
darmes waren bei der Fleischbeschau keine auffallenden Veränderungen, 
vornehmlich keine Sepsis wahrzunehmen. Das Fleisch wurde daher 
von dem untersuchenden Tierarzt als minderwertig in den Verkehr 
gegeben. Nach dem Genüsse erkrankten 25 Personen, am schwersten 
die, welche von der Leber gegessen hatten. Als Krankheitsüberträger 
wurde der Bacillus paratyphosus B festgestellt. Olage macht jedoch 
darauf aufmerksam, daß die bakteriologische Untersuchung des Fleisches 
erst 7 Tage nach der Schlachtung an eingepökeltem oder bereits ip 
Fäulnis übergegangenen Resten vorgenommen wurde, also der Beweis 
einer Krankheitsübertragung keineswegs unanfechtbar zu nennen ist. 

Den merkwürdigsten Fall, der überliefert ist, stellt die Fleisch¬ 
vergiftung von St. Johann dar. Hier erfolgte die Massenerkrankung 
nach dem Genuß von Fleisch eines notgeschlachteten Ochsen, bei dem 
es nach Festklemmen eines Harnsteines in der Harnröhre zur Blasen¬ 
ruptur gekommen war. Bei den erkrankten Menschen und im Fleische 
des Ochsen wurde der Bacillus enteritidis Gärtner nachgewiesen. Be¬ 
merkenswert war jedoch, worauf wiederum Olage hinweist, daß die 
bakteriologische Untersuchung des Fleisches erst 9 Tage nach der 
Schlachtung erfolgte, und daß nur der 5. Teil der mit dem Fleische des 
Ochsen belieferten Personen erkrankte, so daß trotz Notschlachtung 
und Massenerkrankung die Möglichkeit einer postmortalen Infektion 
des Fleisches nicht von der Hand zu weisen ist, ganz abgesehen von 
dem für Paratyphusinfektion einzig dastehenden Krankheitsbilde. 

Im übrigen sind es aber auch beim Rinde immer Notschlachtungen, 
bei denen das Fleisch Ursache von Fleischvergiftungen war. Fast 
immer handelte es sich um Kühe, und die Notschlachtung erfolgte 
wegen schwerer Allgemeinerkrankung infolge von Darmentzündung, 
Euter- und vor allem Gebärmutterentzündung, Zurückbleiben der 
Nachgeburt oder ähnlichen Folgen eines gestörten Geburtsaktes. 

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß man beim Menschen 
Paratyphuserkrankung auch nach dem Genuß von Milch paratyphus¬ 
kranker Kühe beobachtet haben will. 

Wir haben also beim Rinde auch eine oder mehrere Formen von 
Paratyphusseuche , aber ein Zusammenhang zwischen ihr und den 
Fleischvergiftungen sowie den Krankheitszuständen beim Rinde, die 
als Ursache einer Fleischvergiftung angeführt sind, ist noch schwerer 
herzustellen als bei Kälbern. 

Bei Schafen sind einige, besonders im Tierseucheninstitut Hannover 
von Schermer und Ehrlich sowie von Karsten untersuchte Fälle bekannt 
geworden, in denen Schafherden von einem seuchenhaften Verlammen 
befallen wurden, als dessen Erreger der Bacillus paratyphosus B nach¬ 
gewiesen wurde. Sonstige Rrankheitserscheinungen fehlten, oder die 



314 F. Grüttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 


Tiere zeigten eine mehr oder weniger schwere, zum Teil tödliche All¬ 
gemeinerkrankung. Zum Zustandekommen einer Fleischvergiftung 
gaben die Fälle keinen Anlaß. 

Überhaupt ist Schaffleisch selten die Ursache einer Fleischvergiftung, 
und trotzdem hat es 1919 in Überruhr Gelegenheit zu der größten 
bisher bekannten Fleischvergiftung gegeben. In einer Schafherde 
erkrankten 300 Tiere seuchenhaft; 100 von ihnen starben, 40 wurden 
notgeschlachtet. Die Krankheitserscheinungen waren Fieber, Con- 
junctivenschwellung, dünnbreiige bis wässerige, teils mit Blut unter¬ 
mischte Durchfälle, große Schwäche und schnell vorschreitende Ab¬ 
magerung. In 2—14 Tagen erfolgte Tod oder Genesung. Die anato¬ 
mischen Veränderungen bei den notgeschlachteten Schafen beschränkten 
sich auf eine mäßig verwaschene Rötung der Dünndarm- und Lab¬ 
magenschleimhaut, nur bei einem Teil der Tiere waren ausgedehnte 
Schwellung und Rötung der Darmschleimhaut vorhanden sowie Pete¬ 
chien in der Darmschleimhaut und der Darraserosa. Das Fleisch wurde 
wegen der geringen, anscheinend auf den Darm beschränkten Ver¬ 
änderungen zum Verkehr zugelassen und verursachte eine Fleisch¬ 
vergiftung, an der mehr als 2000 Menschen erkrankten und 3 starben. 
3—6 Stunden nach dem Fleischgenuß setzte Brechdurchfall ein. Die 
Krankheit dauerte 8—14 Tage. Nach dem Verzehr gut durchgekochten 
Fleisches kamen nur vereinzelte Krankheitsfälle vor. Bemerkenswert 
waren die mehrfachen Kontaktinfektionen von Mensch zu Mensch 
sowie die Erkrankungen nach Berühren des Fleisches beim Auswiegen, 
Erscheinungen, die sonst nie bei Fleischvergiftungen beobachtet worden 
sind. Als Erreger der Seuche und der Fleischvergiftungen wurde der 
Bacillus paratyphosus B nachgewiesen. Das Serum einiger erkrankter 
Schafe zeigte einen hohen Agglutinationstiter gegenüber dem Erreger. 

Der Zusammenhang zwischen Menschen- und Tierkrankheit dürfte 
hier kaum einem Zweifel begegnen; auch treffen wir hier zum ersten 
Male eine Fleischvergiftung größeren Maßstabes im Anschluß an eine 
ParatyphusseucAe bei Tieren. 

Bei Ziegen sind keine Krankheiten bekannt, die zu Fleischvergif¬ 
tungen Anlaß gegeben haben, jedoch zeigten künstliche Übertragungs¬ 
versuche mit menschenpathogenen Paratyphus- und Gärtnerbacillen- 
daß diese imstande sind, bei der Ziege Krankheitserscheinungen hervor, 
zurufen, ohne allerdings einen typischen Befund zu ergeben. 

Beim Schweine verursacht der zur Gruppe der Paratyphusbacillen 
gehörende Bacillus suipestifer, der ab Saprophyt im Darm gesunder 
Schweine vorkommt, in Symbiose mit dem ultravisiblen Schweine¬ 
pestvirus das Krankheitsbild der Schtveinepest. Nahe verwandt mit 
ihm sind der Bacillus suipestifer Voldagsen und der Glässersche Bacillus 
typhi suis. Die Krankheitsbilder sind ähnlich der Schweinepest. 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 315 


Der Voldagsenbacillus ist einmal als Ursache einer Fleischvergiftung 
angegeben worden. Die Angaben gehen aber auseinander, ob es sich 
um den Genuß von Rind- oder Schweinefleisch gehandelt hat; also ist 
wenig mit der Feststellung anzufangen. Im übrigen zeigt eine jahr¬ 
zehntelange Erfahrung, daß die Krankheiten des Schweines vom Cha¬ 
rakter der Schweinepest durch den Fleischgenuß nicht auf den Menschen 
übertragbar sind. 

Die Kasuistik der Fleischvergiftungen nach Verzehr von Schweine¬ 
fleisch gibt eine recht unklare Übersicht, und die Angaben der einzelnen 
Fälle sind äußerst lückenhaft. Bei der Fleischvergiftung von Oberurfd 
wird der Bacillus suipestifer als Krankheitsüberträger beschuldigt, 
jedoch gibt Olage dabei zu bedenken, daß es sich um Schweine aus einem 
wissenschaftlichen Institut handelte, in dem Paratyphusbacillen ge¬ 
züchtet wurden und eine Verschleppung menschenpathogener Keime 
nicht ausgeschlossen ist. Außerdem werden Pyämie und entzündliche 
Darmerkrankungen mit Paratyphusbacillenbefund als Ursache von 
Fleischvergiftungen durch Schweinefleisch genannt. Einwandfrei be¬ 
wiesen ist die Übertragung einer dieser Tierkrankheiten aber auch in 
keinem Falle. 

Schließlich gibt es beim Pferde eine Paratyphusseuche, und zwar in 
drei verschiedenen Formen: 

1. Die Septicaemia neonatorum bei den Fohlen. Bei akutem Verlauf 
führt die Krankheit unter schweren Störungen des Allgemeinbefindens 
meist zum Tode. Der Sektionsbefund zeigt Blutungen unter den serösen 
Häuten und in der Darmschleimhaut, in schweren Fällen auch Schwellung 
der Organe, besonders der Milz. Bei chronischem Verlauf tritt Ent¬ 
zündung der Gelenke, besonders der Knie- und Sprunggelenke, in den 
Vordergrund der Erscheinungen, und mit derZeit schließen sich Phleg¬ 
monen und Abscesse an. 

Die 2. Form ist die Paratyphusruhr der Fohlen. Sie kommt nament¬ 
lich bei Absatzfohlen von 4—6 Monaten vor. Die Krankheit findet 
unter Fieber und Durchfall entweder schnell mit dem Tode ihren Ab¬ 
schluß, oder sie geht, sich über Wochen hinziehend, allmählich in 
Heilung oder tödlich endende Abmagerung über. Als anatomische Ver¬ 
änderungen sind katarrhab'sche und hämorrhagische Darmentzündung 
zu nennen, dazu häufig septicämische Veränderungen, wie Milztumor 
und Petechien; auch sind feine Nekroseherde in der Leber und hin und 
wieder Gelenkentzündungen beobachtet worden. Das Bild erinnert 
also an den Paratyphus der Kälber. 

3. kommt der Paratyphusbacillus bei erwachsenen Pferden als 
Erreger des Abortus der Stuten in Betracht. Der Abortus geht mit 
mehr oder weniger heftiger Allgemeinerkrankung der Stuten einher; 
Kolikerscheinungen werden beobachtet, geringgradiges Fieber, Ödeme 



316 F. Grttttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 

der Extremitäten, Euteranschwellungen, kurz vor dem Abortus An¬ 
schwellung des Wurfes und schleimig-eitriger Scheidenausfluß; nach 
dem Abortus Metritis, allerdings meist leichten Grades. Der schoko¬ 
ladenbraune Ausfluß enthält reichlich Paratyphusbacillen. Als Nach¬ 
krankheiten können Hufrhehe und metastatische Eiterungen auftreten. 
Auch wird allgemeine Sepsis mit tödlichem Ausgang beobachtet. Nach 
Untersuchungen im Reichsgesundheitsamte sind die Bacillenstämme 
beim Pferdeabortus nicht einheitlicher Natur. Am häufigsten war 
der Bacillus enteritidis Gärtner vertreten, dann aber auch der Bacillus 
paratyphosus B. Im Serum der Stuten konnten Antikörper festgestellt 
werden. 

Fleisch von paratyphuskranken Fohlen ist erwiesenermaßen schon 
oft ohne gesundheitlichen Schaden genossen worden. Auch ist noch 
keine Fleischvergiftung im Anschluß an Stutenabortus bekannt ge¬ 
worden. Wohl werden einige Fälle von Pyämie als Ursache für Fleisch¬ 
vergiftungen genannt, aber es läßt sich vorläufig höchstens die Theorie 
auf stellen, daß sie einer Paratyphuskrankheit ihren Ursprung ver¬ 
dankte. 

Die Fleischvergiftung von Vohwinkel hat man auf den Genuß des 
Fleisches von einem Pferde zurückgeführt, das wegen fieberhafter Er¬ 
krankung der Atemwege und des Darmes und Durchfall notgeschlachtet 
worden war. Nach dem Genüsse des Fleisches erkrankten 400 Personen, 
darunter 2 tödlich. Es war aber nur der Teil des Fleisches krankmachend, 
der mit dem Fleisch von 4 anderen Pferden verarbeitet worden war. 
auch wurde im Geschäft eine darmkranke Person ermittelt, die als 
Krankheitsquelle in Verdacht kommen mußte. 

Also wieder Massenerkrankung im Anschluß an eine Notschlachtung 
und beim Tiere Krankheitserscheinungen, die man wohl in einen para¬ 
typhusverdächtigen Symptomenkomplex einreihen kann, und doch 
sprechen sehr viele Umstände gegen die Übertragung der Krankheit 
vom Pferde auf den Menschen. 

Im allgemeinen gelten beim Pferde vor allem KolikfäUe als Ursache 
von Fleischvergiftungen, obwohl ich in der reichhaltigen Zusammen¬ 
stellung in Ostertags Lehrbuch keinen Fall mit einwandfrei nachge¬ 
wiesener Krankheitsübertragung finden kann. M. Müller führt dagegen 
einige Fleischvergiftungsfälle im Anschluß an Kolik an, bei denen der 
pathologisch-anatomische Befund im Gegensatz zu den heftigen klini¬ 
schen Erscheinungen wenig auffällige Veränderungen zeigte. Der 
Beweis einer Krankheitsübertragung ist aber nach Olages Ausführungen 
auch hier nicht einwandfrei erbracht. 

Die Einreihung der Kolik in die Krankheiten, auf die man erfahrungs¬ 
gemäß eine Fleischvergiftung glaubt zurückführen zu können, ist kein 
glücklicher Schritt. Hat man sich in der Zusammenstellung bei den 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 317 

anderen Tiergattungen statt mit abgeschlossenen Krankheitsbildem 
schon mit einzelnen Symptomen begnügen müssen, wie Darm- und 
Gelenkentzündung, so wird mit der Kolik des Pferdes lediglich ein 
subjektives Krankheitsmoment hervorgehoben, das durch die ver¬ 
schiedenartigsten krankhaften Veränderungen bedingt sein kann. 
Man sollte im Kapitel der Fleischvergiftungen den Sammelbegriff der 
Kolik fallen lassen, er ist für unsere Zwecke unwissenschaftlich, zumal 
da er gerade bei Notschlachtungen für die Fleischbeschau eine ganz 
untergeordnete Rolle gegenüber dem Richtwege haben kann, den die 
anatomischen Veränderungen geben. Nicht die Kolik, sondern die 
unter den Erscheinungen der Kolik verlaufende akute Darmentzündung 
muß bei der Befundaufnahme in den Vordergrund gestellt werden. 

Aus dieser Zusammenstellung der Paratyphuskrankheiten geht hervor, 
daß es beim Menschen eine Paratyphuskrankheit gibt, die in Form 
der sogenannten Fleischvergiftung nach dem Genuß von Fleisch krank 
befundener Tiere beobachtet wird, und daß andererseits bei den ein¬ 
zelnen Schlachttiergattungen ebenfalls Paratyphuserkrankungen mit 
mehr oder weniger scharf umschriebenem klinischen und pathologisch¬ 
anatomischen Befunde Vorkommen. 

Sucht man aber nach den pathogenetischen Zusammenhängen 
zwischen allen diesen Paratyphuserkrankungen untereinander und mit 
den Krankheitsbildem, die in der empirischen Aufzählung als Ursache 
von Fleischvergiftungen angeführt werden, und will hiernach das Wesen 
der Fleischvergiftung als einer Krankheitsübertragung von Tier auf 
Mensch ergründen, so kommt man zu einem Ergebnis, das reich an 
Widersprüchen und offenen Fragen ist. 

Vielfach hat es den Anschein, daß sich der Krankheitserreger einer 
bestimmten Tiergattung so angepaßt hat, daß er im allgemeinen nur 
für diese noch pathogen ist und bei ihr charakteristische pathologische 
Veränderungen hervorruft, die bei der Paratyphuserkrankung einer 
anderen Tiergattung nicht gefunden werden. Ich stelle zum Beleg nur 
den Rinderparatyphus dem Pferdeabortus gegenüber. Dem kann ich 
aber auf der andern Seite die auffallende Ähnlichkeit der Krankheits¬ 
bilder beim Kälber- und Fohlenparatyphus entgegenhalten und das 
bei Mensch und Tier so oft wiederkehrende Bild des akuten Darm¬ 
katarrhs mit heftigen klinischen Erscheinungen und schwach aus¬ 
geprägten anatomischen Veränderungen, sowie die mannigfache Be¬ 
teiligung der Geburtswege an den Krankheitserscheinungen mehrerer 
Seuchenformen. 

Mehr Beweiskraft als diese Gegenüber- und Zusammenstellungen 
müssen naturgemäß bewußte Übertragungen des Erregers der einzelnen 
Krankheitsformen haben. So ist nach Versuchen von Schermer und 



318 F. Grüttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 

Ehrlich der Paratyphus der Kälber auf natürlichem Wege auf Ferkel 
übertragbar und erzeugt bei ihnen eine Seuche, die dem Schweine* 
paratyphus gleicht. Ein sehr interessantes Beispiel für die Übertragungs¬ 
möglichkeit des Paratyphus bringt Schihayama (nach M. Müller zitiert): 
Ein Pferd verzehrte zufällig Paratyphusbacillen, die zur Vertilgung 
von Mäusen bestimmt waren. Das Pferd ging nach 7 Tagen ein. Durch 
den Genuß des Pferdefleisches erkrankten 34 Personen. Bei den er¬ 
krankten Personen und in dem Pferdefleisch wurden Paratyphus¬ 
bacillen nachgewiesen. Leider ist nichts über den klinischen und Sek¬ 
tionsbefund berichtet. 

Zur weiteren Klärung dieser Frage hat man bei mehreren Gelegen¬ 
heiten die Erreger einer Fleischvergiftung auf Tiere übertragen, und 
zwar nicht nur auf kleine Versuchstiere, sondern auch auf die schlacht¬ 
baren Haustiergattimgen, von denen die Fleischvergiftung herrührte. 
So winden bei der Fleischvergiftung von Moorseele 2 Kälber mit dem 
aus den erkrankten Menschen gezüchteten Bacillus enteritidis infiziert. 
Die Tiere bekamen nach subcutan oder per os erfolgter Einverleibung 
großer Kulturmengen Fieber, zeigten Niedergeschlagenheit und stinken¬ 
den Durchfall mit Blutbeimengungen im Kot. Der Sektionsbefund 
ergab Enteritis. Die Übertragung einer heftigen Allgemeinerkrankung 
mit dem Bacillus enteritidis Gärtner als Erreger von Kalb auf Mensch 
und von Mensch auf Kalb zurück erscheint hier einwandfrei durch¬ 
geführt; nur fällt dabei auf, daß am Anfang und am Ende des Über¬ 
tragungsweges die Kälber in ihrem Krankheitsbilde viele der für Kälber¬ 
paratyphus charakteristischen Organveränderungen anscheinend ver¬ 
missen lassen. 

Es liegen noch andere Versuche vor, in denen aus erkrankten Men¬ 
schen oder aus krankmachendem Fleisch gezüchtete Paratyphusbacillen 
auf Kälber und Rinder, auch Ziegen übertragen wurden. Verschiedent¬ 
lich zeigte sich auch deutliche pathogene Wirkung, aber die Herkunft 
der Bacillen, die verimpft wurden, war meist nicht einwandfrei auf 
Fleisch zurückzuführen, das intravital infiziert war, und dann lassen 
die Krankheitsbilder der künstlich infizierten Tiere einen charakteristi¬ 
schen klinischen und anatomischen Befund, der den Übertragungsweg 
restlos aufklärt, vermissen. 

Zusammenfassend ist nach Kölle-Wassermann die Pathogenität der 
Fleischvergiftungsbakterien bewiesen für Kälber, Kühe, Schweine und 
Ziegen; die Pathogenität der Schweinepest für junge Kälber und Rinder 
und die des Mäusetyphus für Kälber, Pferd, Schaf, Schwein und Mensch. 

Man muß also zugeben, daß unter den Paratyphuserkrankungen 
wohl die Möglichkeit einer mannigfachen gegenseitigen Übertragung 
besteht. Die Übertragung ist aber unsicher. Sie ist, ähnlich wie bei 
anderen ansteckenden Krankheiten, im Einz elfalle von der Empfang- 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Kranich, bzw. Krankheitsgruppen usw. 319 


lichkeit für die Ansteckung und anderen Nebenumständen abhängig, 
verdankt ihre Unsicherheit aber vor allem der großen Viruienzschioankung 
der Paratyphuserreger, sowohl innerhalb einer und derselben Tiergattung 
wie vor allem auch anderen Tiergattungen und dem Menschen gegenüber. 

Und in dieser, der Natur der Paratyphusbacillen eigenen Virulenz* 
Schwankung, die uns oft in geradezu launenhafter Unberechenbarkeit 
entgegentritt, müssen wir in erster Linie den Grund für die Schwierig¬ 
keiten suchen, die uns zur Erkennung der pathogenen Zusammen¬ 
hänge und im besonderen bei der Beurteilung eines zur menschlichen 
Nahrung bestimmten Tierkörpers begegnen. 

Denn wir kennen wohl viele gemeinsame Merkmale der beim Men¬ 
schen und den Schlachttieren vorkommenden Paratyphusbacillen, 
derentwegen wir sie auch zu einer Gruppe zusammenfassen, kennen 
auch von Jahr zu Jahr immer mehr Unterschiede zwischen den ein¬ 
zelnen Stämmen dieser Gruppe (Bacillus paratyphosus B Schottmüller, 
enteritidis Gärtner und Breslau, Suipestifer usw.). 

Aber alle diese Unterscheidungsmerkmale sind biochemischer und 
serologischer Natur, nicht aber pathogenetischer. Trotz mancher 
Versuche, die vielleicht in Zukunft hier und da Erfolg haben werden, 
ist es uns bisher nicht gelungen, die Stämme nach ihrer Virulenz für 
die einzelnen Tiergattungen, einschließlich den Menschen, zu trennen. 
Oft genug hat gerade das Ausbleiben einer Fleischvergiftung gegen die 
Identität zweier kulturell und serologisch völlig gleichen Gärtnerstämme 
gesprochen, und aus der Pathogenität für Versuchsmäuse kann man 
nicht ohne weiteres die Pathogenität für Menschen ableiten. Es ist 
aber vorläufig aus einem anderen Grunde auch noch die Frage, ob es 
überhaupt möglich sein wird, eine systematische Trennung der Stämme 
nach ihrem pathogenen Verhalten zu erreichen, denn die Beobachtung 
zeigt, daß ein bestimmter Bacillenstamm der Paratyphusgruppe von 
gleichbleibenden biochemischen und serologischen Eigenschaften in 
Anpassung an die äußeren Verhältnisse die mannigfachsten Wandlungen 
zeigen kann. Er gedeiht in der Außenwelt, kommt als harmloser Sapro- 
phyt im Organismus völlig gesunder Tiere vor und ruft andere Male 
Krankheitsbilder verschiedenster Schwere hervor. Laboratoriums¬ 
versuche stützen die Richtigkeit dieser Beobachtung und zeigen, wie 
z. B. durch Kulturzüchtung allmählich avirulent gewordene Fleisch¬ 
vergiftungsstämme durch Mäusepassage ihre Virulenz wieder erlangen. 
Ja selbst die kulturellen und serologischen Eigenschaften eines Bacillen¬ 
stammes können sich im Verlaufe der Fortzüchtung ändern und die 
systematische Eingruppierung des Stammes verwirren, wie die Ver¬ 
suche Olässers mit seinem Bacillus typhi suis zeigen. 

Tritt die Unbeständigkeit der Eigenschaften, besonders der Virulenz, 
gerade bei der Gruppe der Paratyphusbacillen besonders kraß in die 



320 F. Grtlttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 

Erscheinung und beschäftigt uns wegen der Krankheitsübertragbarkeit 
auf den Menschen in erhöhtem Maße, so müssen wir uns aber zum 
Ausbau einer erfolgreichen Auswahl und Untersuchungsmethode der 
Fälle, die zu einer Fleischvergiftung Anlaß geben können, vor Augen 
halten, daß die Paratyphusbaciüen durch die Veränderlichkeit ihrer 
Lebensäußerungen im Grunde durchaus keine Sonderstellung im Reiche 
der Bakterien einnehmen. 

Wohl gibt es Krankheitserreger, die sich trotz mannigfacher Ver¬ 
wandtschaft mit anderen Bakterien schon derart einer bestimmten 
Daseinsform angepaßt haben, daß sie uns in der Frage der Virulenz 
und Arteigenheit trotz bestehender Schwankungen bei entsprechender 
Untersuchung längst nicht so schwere Probleme auf geben wie die Para¬ 
typhusbacillen; ich erinnere wieder an Milzbrand, Rotz und Tuber¬ 
kulose. Andererseits gibt es aber auch Bakteriengruppen, die sich in 
ähnlicher Weise wie die Paratyphusbacillen den verschiedensten Lebens¬ 
bedingungen anzupassen wissen und bei den verschiedenen Tiergattungen 
je nach stammeseigener Virulenz und äußeren Infektionsbedingungen 
die mannigfachsten Krankheitsbilder erzeugen. Man kann hier zum 
Vergleich die Erreger der hämorrhagischen Septicaemie und die Eiter¬ 
erreger nennen. Und wenn Kitt in seinem Lehrbuch der Bakterienkunde 
bei der Besprechung der Septicaemia pluriformis sagt: „Wir haben 
es bei Ausbruch der einen oder anderen Krankheit mit umschriebenen 
Krankheitsformen und mit Krankheitserregern zu tun, welche stammes¬ 
geschichtlich verwandt, durch Anpassung als Varietäten oder Rassen 
von bestimmter, immerhin wandelbarer Virulenzqualität erscheinen“, 
so hätte er diese Worte in vieler Hinsicht auch zur Charakterisierung 
der-Gruppe der Paratyphusbakterien und der verschiedenen durch sie 
hervorgebrachten Krankheitsforraen prägen können. 

Auf dem Wege dieses Gedankenganges findet man aber auch eine 
Erklärung für das unberechenbare Auftreten der Fleischvergiftungen 
und für die Schwierigkeit, die Fleischbeschaubefunde zu deuten. 

Die Entstehung einer Fleischvergiftung durch Verzehr des Fleisches 
eines gesunden oder an einer bakteriell rein lokalen Erkrankung leidenden 
Tieres, auch wenn es sich um Paratyphus handelte, ist bisher noch 
nicht nachgewiesen worden. Auch hat sich, außer der Fleischvergiftung 
von Überruhr, noch nie bei einer Fleischvergiftung der Zusammenhang 
mit einer typischen Paratyphustierseuche erbringen lassen, sondern es 
hat sich bei den Tierkrankheiten stets um Fälle gehandelt , die einzeln auf¬ 
traten und in der Zusammenstellung nur das als Gemeinsames zeigen, 
daß die Tiere an einer schweren, meist akuten und zur Notschlaehtung 
führenden Allgemeinerkrankung litten, die sich in der Regel an heftige 
lokale Entzündungsherde anschloß. Es mußten also anscheinend erst 
besondere Umstände in den einzelnen Fällen die Paratyphusbacillen 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 321 

zu solcher Virulenz befähigen, daß sie nicht nur die schwere sporadisch 
auftretende Krankheit im Tierkörper auslösen konnten, sondern auch 
bei der Übertragung auf den von der Tiergattung abweichenden mensch¬ 
lichen Körper die genügende Pathogenität zum Hervorrufen einer 
ebenfalls schweren Krankheit hatten. 

Unter den Entzündungsherden, die beim Schlachttiere den Ausgang 
zur Allgemeininfektion geben, ist bei den zu Fleischvergiftungen führen¬ 
den Paratyphusfällen in erster Linie der Darm, dann aber auch die 
anderen inneren Organe zu nennen. Mag man zum Zustandekommen 
einer schweren Darmerkrankung des Tieres die primäre Einwirkung 
der Paratyphusbacillen für sich oder mit sekundärer Unterstützung 
anderer pathogener Keime für ausreichend halten, so liegt es viel häufiger 
näher, in einer Schwächung des Organismus durch andere Krankheits¬ 
prozesse einen günstigen Boden für das Eindringen und außergewöhnlich 
heftige Auswirken der Paratyphusbacillen vorbereitet zu sehen. Be¬ 
sonders günstig ab Eintrittspforte und Boden zur Weiterentwicklung 
scheinen außer dem Darm die Geburtswege der Kuh zu sein, wenn sie 
durch Störungen des Geburtsaktes geschwächt und der verschieden¬ 
artigsten Infektion ausgesetzt sind. 

So kann man es verstehen, daß oft auch Miachinfektionen das ana¬ 
tomische Bild in seiner Bedeutung für die Fleischbeschau verschleiern 
und verschieden lokalisierte und charakterisierte Entzündungsherde ab 
Ausgangspunkt auftreten, von denen aus — wie es nach unserer bisheri¬ 
gen Kenntnis scheint — die Paratyphusbacillen die Blutbahn und somit 
den ganzen Körper überschwemmen und dadurch eine Allgemeinerkran¬ 
kung hervorrufen, die wir mit dem Namen Blutvergiftung bezeichnen. 

Um aber die Heftigkeit der Allgemeinerkrankung, die, wie gesagt, 
einen wesentlichen Faktor zur Erzeugung einer Fleischvergiftung aus¬ 
macht, erklären zu können, ist es mit der Bakterienvermehrung und 
Ausbreitung nicht getan, sondern man muß den Erregern eine besonders 
starke Toxinbildung zuschreiben, auf der die höheren Virulenzgrade 
des Erregers beruhen und die zu dem stürmischen Krankheitsverlauf 
führen. Diese Toxin Wirkung erklärt auch die gerade bei den Menschen, 
die an Fleischvergiftung erkrankten, beobachtete kurze Inkubations¬ 
zeit, das Hervortreten der nervösen Erscheinungen und den an sich 
nichtssagenden Sektionsbefund. Es sind also zum Zustandekommen 
einer Fleischvergiftung anscheinend dreierlei Vorbedingungen beim 
Schlachttiere erforderlich: 

1. es muß eine Blutvergiftung vorliegen; 

2. die Blutvergiftung muß durch Paratyphusbacillen hervorgerufen 
sein, und 

3. die Paratyphusbacillen müssen eine hohe toxische Wirkung zum 
Ausdruck gebracht haben. 



322 F. Grttttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 

Wenn M. Müller daher sagt, daß der Paratyphus des Menschen nach 
dem Genüsse des Fleisches eines kranken Tieres nicht aus der Blut¬ 
vergiftung, sondern aus dem Paratyphus der Schlachttiere entsteht, 
so kann er durch eine solche Gegenüberstellung meines Erachtens leicht 
die Begriffe verwirren, denn die Blutvergiftung ist ein Sammelbegriff 
für eine mit Störungen des Allgemeinbefindens einhergehende Infektion 
des Blutes; sie kann durch die verschiedensten Bakterien — auch 
Paratyphusbakterien — bei genügender Virulenz entstehen. Ent¬ 
sprechend der gemeinsamen Quelle bakterieller parasitärer Lebens¬ 
äußerung weist sie aber im allgemeinen so viele gemeinsame Züge auf, 
daß zu Lebzeiten aus den klinischen Symptomen die Art des Erregers 
oft nur sehr schwer oder gar nicht festgestellt werden kann, und dem¬ 
entsprechend zeigt auch der anatomische Befund so viele gemeinsame 
Merkmale, daß er uns sehr oft zur Stellung der Differentialdiagnose 
nicht genügt. Wir sind gezwungen, uns nicht mit den Wirkungen des 
Erregers zufriedenzugeben, sondern den Erreger selbst aufzufinden. 
Daher kommt die Seuchendiagnostik und die sich auf sie stützende 
Seuchenbekämpfung nicht ohne die bakteriologischen Hilfsmittel aus, 
und daher sind wir sehr oft auch nicht in der Lage, eine paratyphöse 
Blutvergiftung ohne bakteriologische Untersuchung festzustellen oder 
auszuschließen. Nach M. Müller ist das Toxin der Paratyphusbacillen 
in erster Linie ein Nervengift, und dadurch kennzeichnet sich seine 
Wirkung nicht wie die anderer Septicämieerreger, die eigentliche Eiwei߬ 
gifte bilden, durch umfangreiche Eiweißzerstörungen im Tierkörper. 
Diese Erklärung ist zum Teil sicher anzuerkennen (man kann zu ihrer 
Stütze das gute Aussehen des Fleisches in manchen Fleischvergiftungs¬ 
fällen heranziehen), kann aber doch nicht als ausreichend bezeichnet 
werden und gibt den Paratyphusbacillen eine Sonderstellung, die ihnen 
nicht zukommen dürfte. Denn abgesehen von perakuten Fällen kommt 
es auch bei den septicämischen Paratyphusformen zu deutlich sichtr 
baren anatomischen Veränderungen, wie stärkerer Blutfülle der haupt¬ 
sächlich infizierten Organe, Petechien in Serösen und Schleimhäuten, 
später diphtherischen und nekrotischen Veränderungen in den Organen 
und schließlich Residuen pyämischer Art. Die Ausbildung solcher 
Veränderungen teilen die Paratyphussepticämien aber grundsätzlich 
mit allen bakteriellen Septicämien, und andererseits können auch andere 
als Paratyphussepticämieerreger unter Umständen eine sehr starke 
Toxinbildung entwickeln und dann bei stürmischem klinischen Verlauf 
nur schwach ausgeprägte anatomische Veränderungen zur Folge haben. 

Daher sind erfahrungsgemäß die für einen bestimmten Septicämie¬ 
erreger typischen Veränderungen, besonders im perakuten Stadium 
(aber auch nicht selten im weiteren Verlauf) oft so unscharf ausgeprägt 
oder gehen so sehr in dem Bild allgemeiner scpticämischer Verän- 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Kr&nkh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 323 

derungen unter, daß wir schließlich nur nach den Grundsätzen der all¬ 
gemeinen Pathologie auf die Sepsis erzeugende Einwirkung irgendeines 
bacillären — oder sogar anderen pflanzlichen — Giftes schließen, 
vielleicht die Auswahl auch schon differentialdiagnostisch etwas be¬ 
schränken können; die sichere Entscheidung bleibt aber der bakterio¬ 
logischen Untersuchung Vorbehalten. 

Dieses Einordnen der Paratyphusbacillen in die pathogenen Bak¬ 
terien, insbesondere die Septicämieerreger, und die Berücksichtigung 
der Grundsätze der allgemeinen Krankheitslehre bei der Beurteilung 
der einzelnen Fälle, wird uns nun aber auch die Beantwortung der Thema¬ 
frage leichter machen. 

Bein theoretisch genommen ist die einzige Antwort darauf, bei 
welchen Krankheiten bzw. Krankheitsgruppen im Anschluß an Not- 
schlachtungen die bakteriologische Fleischbeschau angezeigt ist: bei 
den Paratyphussepticämien. Aber praktisch ist wenig mit dieser Ant¬ 
wort anzufangen, weil eben die Fälle, die durch ein typisches patho¬ 
logisch-anatomisches Krankheitsbild auf die Diagnose Paratyphus 
hindeuten, für die Entstehung einer Fleischvergiftung die am wenigsten 
gefährlichen sind. Bei der Schweinepest dürfte sich sogar nach wie vor 
die bakteriologische Nachprüfung erübrigen. Die zur pathogenen 
Wirkung des Suipestiferbacillus erforderliche Symbiose mit dem ultra- 
visiblen Virus gibt dem Suipestifer wohl schon eine Sonderstellung 
in der Paratyphusgruppe, die uns vor allzu schematischer Gruppierung 
bewahren sollte. 

Um alle und besonders die erfahrungsgemäß der Übertragungs¬ 
fähigkeit auf Menschen verdächtigen Fälle bei der Fleischbeschau zu 
erfassen, müssen wir den Kreis der Verdachtsmomente viel weiter 
fassen und wegen der Gemeinsamkeit vieler septicämischen Verände¬ 
rungen alle Befunde berücksichtigen, die überhaupt den Verdacht auf 
eine Blutvergiftung geben. Hierbei müssen wir aber in einem umlernen 
und in der Fleischbeschau den Boden der alten Ausführungsbestimmun¬ 
gen verlassen. Nach diesen Bestimmungen war der Tierarzt in der 
Ausübung seines Amtes gedeckt, wenn er bei Notschlachtungen. das 
Vorhandensein einer Blutvergiftung lediglich nach dem anatomischen 
Befund feststellte und seine Beurteilung des Fleisches danach richtete. 
Durch die neueren Ergebnisse der Bakteriologie und durch die Kasuistik 
der Fleischvergiftungen wissen wir aber, daß die Schwere einer Krank¬ 
heit beim Schlachttier und die Gefahr ihrer Übertragbarkeit auf den 
Menschen nicht nach der Ausbreitung der makroskopisch wahrnehm¬ 
baren anatomischen Veränderungen abzustufen ist, sondern vor allem 
nach der Intensität der klinischen Symptome. Die Art des Krankheits¬ 
erregers kann meist erst die bakteriologische Untersuchung bestimmen. 
Diese wird aber geradezu unerläßlich, wenn der Lebendbefund fehlt, 

24 


Arch. f. Tlerhellk. L. 



324 F. Grtlttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 


also bei Notschlachtungen, zu denen vielleicht eine schwere Allgemein¬ 
erkrankung die Ursache war. Und aus den oben angeführten Gründen 
müssen gerade die unscheinbarsten akuten Entzündungsherde, sogar 
wenn sie dem bloßen Auge örtlich begrenzt und der übrige Tierkörper 
völlig gesund erscheint, schon als Anlaß zur bakteriologischen Unter¬ 
suchung auf Blutvergiftung, insbesondere auf Paratyphusblutvergiftung 
dienen. 

So können wir als Antwort auf die Themafrage keine Krankheiten 
und Krankheitsgruppen nennen, sondern lediglich entzündliche Verände¬ 
rungen, welche am lebenden Tiere Krankheitssymptomen entsprechen. 

Aber auch mit dieser Fassung, die wissenschaftlich sicher den Kern¬ 
punkt der Frage trifft, sind für die praktische Ausführung bei der 
Buntscheckigkeit des Erfahrungsmaterials durchaus nicht alle Wider¬ 
sprüche beseitigt und alle Lücken ausgefüllt. 

So ziehen denn die neuen BBA. die bakteriologische Fleischunter¬ 
suchung als notwendige Erweiterung und Ergänzung der anatomischen 
Untersuchungstechnik in den Bereich der amtlichen Fleischbeschau, 
suchen ihr aber durch ein näheres Eingehen auf die verschiedenen 
Verdachtsmöglichkeiten eine festere Grundlage zu geben, als sie durch 
eine kurze summarische Vorschrift gegeben werden könnte. 

§ 29 der BBA. verlangt die bakteriologische Fleischuntersuchung 
„beim Vorliegen des Verdachts auf Blutvergiftung sowie in allen anderen 
Fällen von Erkrankungen der Schlachttiere oder Mängeln des Fleisches, 
in denen das Vorhandensein von Erregern der Fleischvergiftung im 
Fleische vermutet werden kann“. 

Der Kommentar führt als Beispiel für die „anderen Fälle von Er¬ 
krankungen“ die miliare Organnekrose des Kalbes an und für die 
„Mängel des Fleisches“ „verdächtige Abscesse im Fleische“, geht also 
auf die Fälle mit typischen Paratyphusveränderungen ein, bei denen 
die bakteriologische Untersuchung die Diagnose zu sichern hat und 
den septischen oder lokalen Charakter der Erkrankung feststellen muß. 

„Der Verdacht auf Blutvergiftung liegt“, nach § 33 ( 1 ) 7, „namentlich 
vor bei Notschlachtungen infolge von Entzündungen des Darmes, des 
Euters, der Gebärmutter, der Gelenke, der Sehnenscheiden, der Klauen 
und der Hufe, des Nabels, der Lungen, des Brust- und Bauchfells und 
von Allgemeinerkrankungen im Anschluß an eitrige oder brandige 
Wunden.“ Mit dieser Fassung ist auf die Mischinfektionen Bedacht 
genommen und auf die verschiedenen sich an einen lokalen Entzündungs¬ 
herd anschließenden Blutvergiftungen, deren Erreger erst durch die 
bakteriologische Untersuchung diagnostiziert werden kann und der 
unter Umständen der Paratyphusgruppe angehören kann. 

Mittlerweile sind mehrere Verfügungen größeren oder kleineren 
Wirkungskreises herausgekommen, die die Verdachtsmomente für die 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 325 

bakteriologische Untersuchung in mancher Hinsicht noch etwas anders 
formen, so die Amsberger Verfügung aus dem Jahre 1914, nach der in 
allen Verdachtsfällen sogenannter Blutvergiftung, vornehmlich aber 
bei Pferdeschlachtungen und bei solchen Notschlachtungen, bei denen 
die Ursache nicht einwandfrei ermittelt ist, die bakteriologische Unter¬ 
suchung zu veranlassen ist. 

Standfuß gibt in einem für den Potsdamer Bezirk bestimmten Ent¬ 
wurf als Verdachtsmomente an: Notschlachtungen infolge von akuten 
Entzündungskrankheiten, insbesondere von sogenannten Kolikerkran¬ 
kungen bei Pferden, ferner, wenn die Art der Erkrankung, die zur Not¬ 
schlachtung geführt hat, nicht zweifelsfrei aufgeklärt ist, zu späte 
Ausweidung und plötzlicher Tod durch äußere Einwirkung ohne 
vorherige Krankheit. 

M. Müller weist wiederholt auf die Wichtigkeit der Fälle eines 
dürftigen Beschaubefundes bei Notschlachtungen hin und führt unter 
anderem noch schwere Krankheitsfälle, in denen zu spät ausgeschlachtet 
worden ist, als verdächtig an, weil in ihnen eine Einwanderung von 
Bakterien aus dem Darm und eine Anreicherung im Fleisch erleichtert 
werden kann. 

Manche Tierärzte gehen sogar so weit, daß sie unterschiedslos für 
alle Notschlachtungen die bakteriologische Untersuchung verlangen. 

Die Pressedebatte der letzten Zeit zeigt, daß über die Grundgedanken 
Einigkeit herrscht, daß es nämlich bei der bakteriologischen Fleisch¬ 
untersuchung in erster Line auf die Feststellung der Paratyphusblut - 
Vergiftung ankommt. Über die Auswahl der Verdachtsfälle herrscht 
aber große Meinungsverschiedenheit, und es scheint bis jetzt noch keine 
allseitig befriedigende Formel als Ausführungsbestimmung gefunden 
zu sein. Es dürfte auch sehr schwer halten, eine zu finden. Die Schwie¬ 
rigkeit liegt in der besprochenen klinischen und anatomischen Un¬ 
bestimmtheit der Paratyphusblutvergiftung und der Ähnlichkeit ihres 
Krankheitsbildes mit Blutvergiftungen anderer Erreger. Erhöht wird 
die Schwierigkeit aber noch dadurch, daß unsere Kenntnis vom Wesen 
der Fleischvergiftung noch jung und sehr lückenhaft ist. Die im Laufe 
der Jahre gesammelten Vorkommnisse konnten großenteils nicht ge¬ 
nügend durchgearbeitet werden, weil die bakteriologischen Unter¬ 
suchungsmethoden noch unbekannt waren oder nicht in einer Weise 
zur Anwendung kommen konnten, die heutigen Ansprüchen genügt. 
Auch haben oft äußere Umstände eine eingehende Untersuchung 
gehindert. 

Wie an der Hand einiger Fälle in diesen Ausführungen angedeutet 
wurde, ist zum Beweis einer Fleischvergiftung eine ganze Kette von 
Beweisumständen erforderlich; diese Kette ist aber bei den meisten 
Erkrankungen nach dem Genuß von Fleisch kranker Tiere aus vielen 

24* 



326 F. Grüttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau bei Not- 

Gründen nicht lückenlos zu erbringen gewesen, und die literarischen 
Angaben sind daher meist so unvollständig, daß sie zu einer nachträg¬ 
lichen Prüfung nicht ausreichen. Vielleicht ist aus mancherlei äußeren 
Gründen gerade bei Notschlachtungen das Fleisch eher postmortalen 
Paratyphusinfektionen ausgesetzt und für sie empfänglich, als Fleisch, 
das unter besseren sanitären Umständen in den Handel kommt. Die 
Anzahl der Fälle, in denen nach dem heutigen Stande unserer Wissen¬ 
schaft einwandfrei nachgewiesen worden ist, daß es sich nicht um eine 
postmortale Infektion des Fleisches handelte, sondern um eine wirk¬ 
liche Krankheitsübertragung von Tier auf Mensch, ist sehr gering, 
genügt aber doch, um die Bekämpfung solcher Fälle in Rechnung zu 
stellen. 

Alle diese Schwierigkeiten zwingen uns, den Rahmen der Verdachts- 
fälle möglichst weit zu ziehen und vorläufig noch manche Krankheits- 
bilder aufzunehmen, für deren Zugehörigkeit zur Paratyphusinfektion 
bisher nur mutmaßliche Unterlagen vorhanden sind. Vor allem müssen 
wir, wenn der Lebendbefund fehlt, beim Vorliegen einer Blutvergiftung 
durch Paratyphusstämme, die die gleichen kulturellen und serologischen 
Merkmale wie menschenpathogene Stämme zeigen, das Fleisch als 
gesundheitsschädlich behandeln bzw. bei lokalem Bakterienbefund 
mindestens die befallenen Organe, ohne daß wir einen eigentlichen 
Beweis der Menschenpathogenität erbringen können. Auf der anderen 
Seite wird aber auch ein negativer Bakterienbefund in vielen Fällen 
den pathologisch-anatomischen Verdacht auf Blutvergiftung aufheben 
und das Fleisch vor Vernichtung bewahren. 

Gewiß wird man mit der weiteren Entwicklung der Forschung später 
klarer sehen. • Bis auf weiteres müssen wir uns mit dieser Handhabung 
begnügen und können daher in der reichsgesetzlichen Vorschrift, die 
uns in den neuen BBA. gegeben ist, eine Zusammenfassung erblicken, 
die nicht alle Lücken füllen kann, aber den zeitlichen Anforderungen 
als allgemein gültige Richtschnur vollauf genügt. 

Es mag kleineren Wirkungskreisen unbenommen sein, im Anschluß 
an den Sinn der BBA. in ihren Verfügungen diese oder jene einheitliche 
Zusammenfassung oder Ergänzung zu machen. Eine wertvolle Er¬ 
gänzung der BBA. wäre meines Erachtens die Vorschrift der bakterio¬ 
logischen Untersuchung bei Notschlachtungsfällen, in denen Teile des 
Tierkörpers fehlen. Der § 33 der BBA., der Kommentar • und die 
angefügte bakteriologische Untersuchungsanweisung berücksichtigen 
neben der Prüfung auf Fleischvergiftung übrigens auch den Nachweis 
anderer Bakterien, die die Haltbarkeit des Fleisches beeinträchtigen 
und in größeren Mengen durch den Verzehr des Fleisches die mensch¬ 
liche Gesundheit schädigen können (z. B. Proteus- und Kolikbak¬ 
terien). 



Schlachtungen aus Anlaß bestimmter Krankh. bzw. Krankheitsgruppen usw. 327 

Zum Schluß noch kurz die Beantwortung der Frage, ob nach den 
hier festgelegten Normen die bakteriologische Fleischuntersuchung 
nicht nur als wissenschaftlich begründet zu betrachten ist, sondern 
auch verbindlich gefordert werden soll. Nach §29 der BBA. hat sie zu 
erfolgen, „soweit möglich“. Das erweckt den Anschein, als habe das 
Gesetz nicht die verbindliche Form beabsichtigt. In dem Kommentar 
zu dem Paragraphen wird man aber davon unterrichtet, daß die Ein¬ 
schränkung „soweit möglich“ durch die gegenwärtigen Verhältnisse 
geboten ist, „weil noch nicht überall die Einrichtungen für eine rasch 
durchführbare bakteriologische Fleischuntersuchung bestehen“. 

Der Kommentar weist dann auf die Aufgabe der Behörden und 
der in der Fleischbeschau tätigen Tierärzte hin, den Ausbau der bak¬ 
teriologischen Fleischbeschau zu fördern. Es entspricht also dem 
Sinne des Gesetzes, daß überall da, wo die praktische Durchführbarkeit 
gewährleistet ist, die bakteriologische Untersuchung in allen Verdachts¬ 
fällen verbindlich gefordert wird und daß im übrigen die praktische 
Durchführbarkeit möglichst bald überall herbeigeführt wird. Es ist 
dies allerdings noch eine sehr schwierige Aufgabe, über die nachher von 
anderer Stelle noch wird gesprochen werden müssen. 

Die verbindliche Fordernng ist jedoch auch eine einfache Schlu߬ 
folgerung im Aufbau des ganzen Fleischbeschaugesetzes, in dem der 
Tierarzt die Verantwortung auf sich nehmen soll, mit allen wissen¬ 
schaftlichen Hilfsmitteln auf der einen Seite die Gesundheit des Menschen 
zu schützen, auf der anderen große Werte des Nationalvermögens vor 
unnötiger Vernichtung zu retten. Nach den alten Bestimmungen war 
er verpflichtet, auf Grund der damaligen Kenntnisse den für die mensch¬ 
liche Gesundheit bedenklichen Begriff der Blutvergiftung beim Schlacht¬ 
tiere nach dem anatomischen Befunde zu erfassen. Der Fortschritt 
der wissenschaftlichen Erkenntnis hat ihn gelehrt, daß diese Art der 
Beurteilung nicht ausreicht. Wir würden wenig Verständnis im Publi¬ 
kum sowie in der Ärzte- und Richterschaft finden, wenn wir diese 
Erkenntnis nicht als Leitsatz zu bindenden Pflichten in der Ausübung 
unseres Amtes zu verwerten suchten. 

So haben wir in der Aufnahme der bakteriologischen Untersuchungs¬ 
methode in die BBA. eine Bestimmung erhalten, die für den Ausbau 
und die wissenschaftliche Vertiefung unseres Arbeitsgebietes eine Not¬ 
wendigkeit war und dankbar von uns begrüßt werden muß. Unsere 
Aufgabe ist es nun, auf der gegebenen Grundlage weiterzubauen, 
daß die Grundgedanken unserer Vorschriften mit der weiter fort¬ 
schreitenden wissenschaftlichen Erkenntnis stets Schritt halten und 
wir die Ausführung des Fleischbeschaugesetzes immer weiter vervoll¬ 
kommnen können, getreu dem Wahlspruch: „Was du ererbt von deinen 
Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“ 



328 F. Grüttner: Empfiehlt es sich, die bakteriologische Fleischbeschau usw. 

Zusammenfassend kann gesagt werden , daß als Anlaß für die bakterio¬ 
logische Fleischuntersuchung bestimmte Krankheiten oder Krankheits¬ 
gruppen nicht aufgestellt werden können , sondern daß die bakteriologische 
Fleischuntersuchung im Anschluß an Notschlachtungen bei allen akuten 
entzündlichen Veränderungen vorgenommen , und daß ihre Ausführung 
dort , wo sie möglich ist , verbindlich gefordert werden muß . 


Literaturverzeichnis. 

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1921 . Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 32, Heft 13 . — Reg.-Bez. Merseburg, 
Polizeiverordnung vom 31 . X. 1922 . Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 33, Heft 10. 
— Die Ausführungsbestimmungen A zum Reichs-Fleischbeschaugesetz ( 10 . VIH. 
1922 ) mit Erläuterungen von v . Ostertag. Berlin 1922 . — Berl. tierärztl. Wochenschr. 
1923 , S. 201 . — Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 27, 161 ; 31, Heft 10 ; 3t, Heft 12 ; 

33, Heft 6. 



(Aus der Serumabteilung [a. o. Prof. Dr. K. Bierbaum ] des Hygienischen Instituts 
der Tierärztlichen Hochschule in Berlin [Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. 

P. Frosch],) 

Über die Haltbarkeit des nach dem Verfahren 
der 6. A. Krause & Co. A.-G. in München 
gewonnenen Rotlauftrockenserums. 

Von 

Prof. Dr. K. Bierbaum. 

(Eingegangen am 9. November 1923.) 

Die Firma 0 . A. Krause Co. A.-G. in München hat ein Verfahren 
ausgearbeitet, durch das es gelingt, sehr viele Naturprodukte pflanz¬ 
licher und tierischer Herkunft, sowie die daraus gewonnenen Kunst¬ 
produkte, ferner aber auch eine große Reihe chemisch hergestellter 
Stoffe durch Trocknung in eine Form überzuführen, in der sie schädigen¬ 
den Einflüssen (Feuchtigkeit, Luft, Licht, Mikroorganismen u. a.) 
nicht mehr ausgesetzt sind. Ursprünglich nur in der chemischen Gro߬ 
industrie angewandt, ist das Verfahren auch zur Konservierung anderer 
Substanzen, insbesondere von Milch, Eiern, Blut usw. benutzt worden. 
In neuerer Zeit ist die Firma dazu übergegangen, auch tierische Immun¬ 
sera nach dieser Methode zu konservieren. Das Trocknungsverfahren 
ist folgendes: 

In dem Trockenraum befindet sich eine durch eine Dampfturbine angetriebene 
Metallscheibe, die sogenannte Zerstäubungsscheibe. Die Dampfturbine und damit 
auch die Scheibe drehen sich mit einer Geschwindigkeit von 5—10000 Umdre¬ 
hungen in der Minute. Aus einem über dem Trockenraum angebrachten Gefäß 
fließt die zu trocknende Flüssigkeit in stetigem Strahl auf die Mitte der Zerstäu¬ 
bungsscheibe, wird durch die Zentrifugalkraft nach dem Rande der Scheibe ab¬ 
gedrängt und von dort aus mit einer außerordentlich großen Geschwindigkeit in 
den Raum hinausgeschleudert und gleichzeitig zerstäubt. Dadurch bildet sich um 
die Scheibe herum ein scheibenförmiges Gebilde feinster Nebelteilchen, die mit der 
trocknen Luft in Berührung treten und blitzartig schnell ihr Wasser abgeben, 
also trocken werden, ohne sich dabei merklich zu erwärmen. Um den Wasser¬ 
dampf zu entfernen, wird von unten oder von der Seite her in ganz bestimmter 
Anordnung ein Strom warmer (ca. 70—73°) Trockenluft zugeführt. Die besondere 
Anordnung und die Stärke dieses Luftstromes bedingt es, daß die Verdampfung 
des Wassergehaltes bei niedriger Temperatur erfolgt. Z. T. fallen die getrockneten 
Teilchen in dem warmen Luftstrom zu Boden und verlieren dabei den letzten 
Rest ihrer Feuchtigkeit; z. T. werden sie von dem aufsteigenden Luftstrom mit¬ 
genommen, abgeftihrt, durch eine Filteranlage von der Luft getrennt und 



330 K. Bierbaum: Über die Haltbarkeit des nach dem Verfahren der 


gesammelt. Sowohl die im Trockenraum zu Boden sinkenden als auch die vom 
Luftstrom mitgeführten und abgeschiedenen Teilchen werden ohne weiteres sofort 
als staubfeine Pulver erhalten, die im allgemeinen zwischen 2 und 5 v. H. Wasser 
enthalten, mithin sehr weitgehend getrocknet sind 1 ). 

Die Vorteile des Verfahrens bestehen hauptsächlich darin, daß die 
zur Trocknung bestimmte Flüssigkeit nur für den Bruchteil von Se¬ 
kunden höheren Temperaturen, die eine sonst unvermeidliche Schädigung 
der Substanz bedingen, ausgesetzt ist. Da mit der blitzartig schnellen 
Wasserverdunstung ein sehr hoher Wärme verbrauch verbunden ist. 
erfolgt die Trocknung bei relativ niedriger Temperatur. Solange die 
zerstäubten Flüssigkeitsteilchen noch Wasser enthalten und demzufolge 
Schädigungen ausgesetzt sind, werden sie infolge der intensiven Ver¬ 
dunstung des Wassergehaltes nicht nennenswert erwärmt; die Er¬ 
wärmung erfolgt erst dann, wenn sie bereits so gut wie gänzlich getrock¬ 
net sind und dann keiner Schädigung durch Wärme mehr unterliegen. 
Nach Angabe der Fabrik gelingt es mit Hilfe des Verfahrens, Stoffe 
durch Trocknung in brauchbare Form zu überführen, ohne daß störende 
chemische Veränderungen an ihnen auftreten. Die erhaltenen Pulver 
stellen nach ihrer Wiederauflösung in Wasser eine völlige Reproduktion 
des Naturproduktes dar. Die kolloidale Mischung erscheint nicht gestört, 
Eiweißkörper koagulieren nicht, Fermente und ähnliche Stoffe bleiben 
praktisch in voller Wirksamkeit erhalten. Nachbehandlungsprozesse 
wie Mahlen und Sieben fallen weg 1 ). 

Eine Prüfung der Haltbarkeit von Rotlaufserum, das nach dem 
Krause sehen Verfahren getrocknet war, ist zuerst von Immendörfer 2 ) 
in der bayerischen veterinär-polizeilichen Anstalt in Oberschleißheim 
vorgenommen worden. Er konnte zunächst feststellen, daß karboli- 
siertes Rotlaufserum 3 Monate nach der Trocknung völlig abgeschwächt 
war, sich also für das Verfahren nicht eignete. Bessere Resultate lieferte 
unkonserviertes, dem Trocknungsprozeß unterworfenes Serum. Nach 
Immendörfer erfahren die Immunstoffe des Rotlaufserums durch den 
Trocknungsprozeß an sich keine Minderung. Die Löslichkeit war noch 
nach 5 Monaten voll erhalten. Im Trockenserum war die Haltbarkeit 
der Immunkörper besser als im flüssigen, karbolisierten Kontrollserum. 
Nach 90 Tagen zeigte sich eine beginnende Abschwächung auch bei 
dem getrockneten Serum. Um eine dauernde Haltbarkeit zu erzielen, 
ist eine Nachbehandlung, die den absoluten Trockenzustand gewähr¬ 
leistet, erforderlich. Ich komme auf die Ergebnisse Immendörfers noch 
zurück. 

In Anbetracht der Bedeutung, welche das Krause sehe Verfahren 
für die Praxis der Serumfabrikation im Falle seiner Zuverlässigkeit 
besitzen mußte, hat das Preußische Ministerium für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten durch Erlaß vom 11. Juli 1921 das Hygienische 



G. A. Krause & Co. A.-G. in München gewonnenen Rotlauftrockenserums. 331 

Institut mit einer Nachprüfung des Verfahrens beauftragt. Die Versuche 
sind in der Serumabteilung des Instituts in folgender Form ausgeführt 
worden: 

Das erforderliche Rotlaufserum stammte von einer Blutung einer An¬ 
zahl Rotlaufserumpferde der damaligen Rotlaufanstalt der Preußischen 
Landwirtschaftlichen Verwaltung. Dieses Serum wurde in 3 Teile geteilt: 

Serum A 5 Liter Serum ohne Zusatz; 

Serum B 5 Liter Serum mit Zusatz von physiologischer Kochsalz¬ 
lösung im Verhältnis 1 : 10; 

Serum C 1 Liter Serum mit Zusatz von 5 proz. Carboikochsalzlösung 
im Verhältnis 1 : 10. 

Serum C und je 10 ccm der Sera A und B wurden unmittelbar nach 
Gewinnung in der Serumabteilung einer Prüfung auf Wertgehalt unter¬ 
zogen, die restlichen Sera A und B sofort durch Boten zu der Firma 
Krause in München gebracht, dort dem Trocknungsverfahren unter¬ 
worfen und nach hier zurückgeschickt. 

Das Serum A hatte vor der Trocknung einen Titer von 150 I. E.. 
das Serum B vor der Trocknung und das flüssige Kontrollserura C über¬ 
einstimmend einen zwischen 100 und 75 I. E. liegenden Titer, ver¬ 
glichen mit dem 100 I. E. enthaltenden Standardserum des staat¬ 
lichen Instituts für experimentelle Therapie in Frankfurt a. M. Als 
Prüfungsverfahren diente die amtliche Wertbemessungsmethode für 
Rotlaufserum an weißen Mäusen. Die Prüfung auf Keimgehalt ergab 
für die Sera A und B vor der Trocknung und für Serum C völlige Keim¬ 
freiheit, dagegen hatten die Sera A und B nach der Trocknung eine 
Keimzahl von etwa 12 000 Keimen in 1 g. Die Trockensera A und B 
stellten ein feines, schwach gelblich gefärbtes, amorphes Pulver dar, 
daß sich in der von der Firma Krause vorgeschriebenen Menge Wasser 
(für A in 9,1 proz., für B in 9,3 proz. Lösung) im Verlauf von 1 bis 
l l / 2 Stunden bei Zimmertemperatur unter gelegentlichem Umschütteln 
während der Gesamtdauer des Versuches gleichmäßig gut und voll¬ 
ständig löste. Das wiederaufgelöste Trockenserum hatte Farbe und 
Aussehen des nativen Serums. Die Löslichkeit der Trockensera war fast 
2 Jahre nach der Trocknung noch unverändert gut. 

Die Trockensera A und B und das flüssige Serum C sind 20 Tage 
nach der Trocknung bzw. ersten Prüfung erneut und darauf in Abständen 
von etwa 4 Wochen insgesamt 12 mal, jedesmal im Vergleich mit dem 
genannten Standardserum, geprüft worden. Zusammenfassend kann 
über die Ergebnisse der Prüfungen folgendes gesagt werden: 

Der Trocknungsprozeß an sich übte auf den Wertgehalt des flüssigen 
Serums zunächst nur einen unerheblichen Einfluß aus. Das Serum A 
war bei der ersten Nachprüfung ganz geringgradig abgeschwächt, inso¬ 
fern, als nach der Trocknung von den mit 150 I. E. gespritzten beiden 



332 K. Bierbaum: Über die Haltbarkeit des nach dem Verfahren der 

Mäusen eine noch starb, dagegen war der Titc: des Serums B nach der 
Trocknung der gleiche geblieben wie vorher. Nach etwa 3 Monaten 
setzte bei Serum A eine allmählich zunehmende Abschwächung ein, 
so daß bei der letzten Prüfung nach 12 Monaten nur noch ein Titer 
zwischen 50 und 75 I. E. vorhanden war. Im wesentlichen gleich verhielt 
sich Serum B, das infolge des Zusatzes von Kochsalzlösung im Verhältnis 
1 : 10 von vornherein einen etwas niedrigeren Titer (100—75 I. E.) 
hatte. Hier begann sich die Abschwächung, die ebenfalls allmählich 
an Stärke zunahm, etwa vom 5. Monat an bemerkbar zu machen. 
Nach 12 Monaten betrug der Titer des Serums nur noch etwa 50 I. E. 
Der Titer des flüssigen, mit 0,5 Carbolsäure konservierten Serums C 
hatte sich dagegen während der Dauer des Versuches unverändert 
gehalten, er lag noch nach einem Jahr zwischen 100 und 75 I. E., so 
wie er zu Beginn des Versuches gewesen war. 

Aus den Versuchen ergibt sich also, daß das in gewohnter Weise 
mit Carbolsäure konservierte flüssige Rotlaufserum bezüglich der 
Haltbarkeit seiner Schutzstoffe dem nach dem Verfahren der Firma 
Krause hergestellten Trockenserum überlegen war. Wenn man nach 
einer Erklärung dieses zunächst auffällig erscheinenden Versuchs¬ 
ergebnisses sucht, so wird man sie in dem hohen Keimgehalt des Trocken¬ 
serums finden. Die Sera A und B waren nach der Gewinnung im flüssigen 
Zustande steril, ihre Verunreinigung mit Keimen erfolgte wahrscheinlich 
gelegentlich des Trocknungsprozesses. Das Serum C war dagegen keim¬ 
frei und ist es auch infolge seines Carbolgehaltes geblieben. Der ab¬ 
schwächende Einfluß des Keimgehaltes auf die spezifischen Schutzstoffe 
der Immunsera ist hinreichend bekannt und neuerdings auch für anti¬ 
bakterielle Sera experimentell festgestellt (Joseph und Haibach, eigene 
Versuche). 

Aus unseren Versuchen ergibt sich also, daß das nach dem Verfahren 
der Firma Krause getrocknete Rotlaufserum sich bezüglich der Haltbar¬ 
keit seiner Schutzstoffe keineswegs konstanter verhält als ein in ge¬ 
bräuchlicher Form konserviertes flüssiges Serum. A priori war das 
nach unseren Kenntnissen über die Haltbarkeit der spezifischen Schutz¬ 
stoffe der auf andere Weise gewonnenen Trockensera (z. B. im Vakuum- 
exsiccator oder im Faust-Heimschon Apparat) auch nicht anzunehmen. 
Aus den Feststellungen von Ehrlich und seinen Mitarbeitern wissen wir, 
daß solche Trockensera sich nur dann konstant erhalten, wenn sie unter 
völligem Abschluß von Feuchtigkeit und Luft im Vakuum auf bewahrt 
werden. Das Verfahren der Firma Krause bringt also gegenüber den 
schon bekannten Verfahren der Serumtrocknung nichts fundamental 
Neues, zur Zeit haftet ihm sogar noch der Ubelstand an, daß bei der 
Trocknung der Sera ihre bakterielle Verunreinigung nicht auszuschließen 
ist. Aber selbst wenn, wie anzunehmen ist, dieser Ubelstand zu beheben 



6. A. Krause & Co. A.-G. in München gewonnenen Rotlauftrockenserums. 333 


wäre, würde sich die Haltbarkeit der Krause sehen Trockensera im 
Vergleich zu einem nach der üblichen Methode konservierten keim¬ 
freien flüssigen Serum nicht erhöhen, solange nicht der schädigende 
Einfluß von Luft und Feuchtigkeit völlig auszuschließen ist. An sich 
natürlich ausführbar, würde das Verfahren dadurch stark verteuert 
und für praktische Zwecke wohl undurchführbar gemacht werden. 

Zum Schluß noch einige Bemerkungen zu den Ergebnissen und 
Folgerungen Immendörfers. 

Die Unschädlichkeit des Trocknungsprozesses an sich auf die 
Immunkörper des Rotlaufserums haben meine Versuche ebenfalls 
bestätigt. Auch bezüglich des Beginns der Abschwächung bestehen keine 
wesentlichen Differenzen. Das unterschiedliche Verhalten des flüssigen, 
mit Carbol konservierten Rotlaufserums in Immendörfers Versuchen 
wird durch den hohen Keimgehalt seines Serums (20 000 Keime in 1 ccm), 
dessen Bedeutung für die Haltbarkeit der Schutzstoffe schon erörtert 
wurde, hinreichend erklärt. Nicht anzuschließen vermag ich mich 
Immendörfer hinsichtlich der Deutung der Versuche, durch die er nach¬ 
gewiesen zu haben glaubt, daß sein vor der Trocknung 180 I. E. enthal¬ 
tendes Serum, das unmittelbar nach dem Trocknungsprozeß auf 1001. E. 
zurückgegangen war, 20 Tage nach der Trocknung wieder auf 150 I. E. 
und nach 50 Tagen sogar auf den ursprünglichen Titer von 180 I. E. 
angestiegen war. Ich glaube, daß diese Resultate viel besser durch 
Virulenzschwankungen der benutzten Prüfungskultur, als durch eine 
hypothetische Vermehrung der Immunstoffe außerhalb des Tierkörpers 
erklärt werden können. 

Wenn Immendörfer schließlich aus seinen Versuchen mit Rotlauf¬ 
serum „mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ die 
Annahme für berechtigt hält, daß sich Maul- und Klauenseucheserum 
ebenso verhält, so scheint mir dieser Schluß zu weitgehend. An sich 
ist es schon bedenklich, von der experimentell belegten Haltbarkeit 
der Immunkörper eines antibakteriellen Serums ohne weiteres auf ein 
gleichsinniges Verhalten eines anderen antibakteriellen Serums zu 
schließen. Ganz abwegig ist es meines Erachtens aber, aus der Haltbar¬ 
keit der Schutzstoffe eines antibakteriellen Serums das Gleiche für ein 
gegen ein fütrierbatas Virus gerichtetes Serum zu folgern, über dessen 
Immunitätsmechanismus wir bisher so gut wie nichts wissen. Hier wird 
der spekulative Schluß den exakten Versuch unmöglich ersetzen können. 


Literaturverzeichnis. 

*) Druckschrift der Metallbank und metallurgischen Gesellschaft A-G. 
Frankfurt a. Main, Abtl. Krause-Verfahren. — *) Immendörfer, Max, Das Trock¬ 
nungsverfahren nach Krause als Konservierungsmittel für Rotlaufserum. Inaug.- 
Diss. München 1921. 



(Aus dem Hygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Frosch].) 

Die Ermittlung des Alkalitätsoptimums für die Züchtung des 
Rotlaufbacillus mit Hilfe des Komparatorverfahrens 
nach Michaelis. 

Von 

Polizeitierarzt Dr. Kettlitz, 

früherem Assistenten am Institut. 

Mit 1 Textabbildung. 

(Eingegangen am <5. September 1923.) 

Die wichtige Reaktion des Nährmittels bei der Züchtung der Mikro¬ 
organismen ist charakterisiert durch den Gehalt an Alkali resp. freier 
Säure, und zwar durch den wirksamen, den dissoziierten Bestandteil. 
Die Bestimmung der Reaktion erfolgte bisher auf titrimetrischem Wege 
(Phenolphthalein, Lackmus, Methylorange usw.), auf dem nicht allein 
der wirksame Anteil, sondern die ganze vorhandene Säuremenge fest¬ 
gestellt wird. Dieses Verfahren wird jedoch nicht allen Ansprüchen 
gerecht, weil trotz gleicher freier Säure der dissoziierte Anteil und 
damit der Gehalt an Wasserstoffionen ein verschiedener sein kann. 
Die genaueste Bestimmung der Reaktion einer Lösung liegt also in der 
Feststellung ihrer Wasserstoffionenkonzentration. Michaelis hat in 
seiner colorimetrischen Methode ein Verfahren für die Praxis und 
speziell für die Bakteriologie ausgearbeitet, über dessen Einzelheiten 
ich auf die einschlägigen Arbeiten verweise. Nach einem von Micha¬ 
elis angegebenen besonderen Alkalisierungsverfahren gelingt es leicht, 
eine Reihe von Nährböden mit abgestufter Alkalität, oder wie er sich 
ausdrückt von steigendem resp. fallendem Wasserstoffexponenten ( p H ) 
herzustellen. 

In einer Anzahl von Versuchen mit Nähragar und Nährbouillon 
habe ich mich des Michaelis sehen Komparator-Verfahrens bedient , 
um die optimalen Wachstumsbedingungen für die Züchtung des Bacillus 
rhusiopathiäe suis aufzufinden. Der Rotlaufbacillus wurde gewählt, 
weil seine Züchtung aus den zur Untersuchung auf Rotlauf einge¬ 
gangenen Schweineorganen gelegentlich auf Schwierigkeiten stieß und 
außerdem bei der Herstellung von Rotlaufserum möglichst gut ge¬ 
wachsene Kulturen von großem Wert sind. 



Kettlitz: Die Ermittlung des Alkalitätsoptimums für die Züchtung usw. 335 

Die Herstellung derNährböden mit abgestufter Alkalität gestaltet sich 
für größere Reihen von p B 6,8» 7,0, 7,2 usw. bis 8,4, die für genauere 
Versuche notwendig sind, durch das einzelne Austitrieren immerhin zeit¬ 
raubend. Außerdem kommt hinzu, daß in dem höheren p H -Bereich die 
Nährböden nach dem ersten Sterilisieren in der Alkalität zurückgehen, 
was wahrscheinlich auf Bildung von Alkalialbuminaten und auf Ausfallen 
von tertiärem Calciumphosphat, das im Niederschlag nachgewiesen wurde, 
zurückzuführen ist. Um beides zu umgehen, empfehle ich daher als 
zweckmäßig, sich die Reihe durch Mischen verschiedener Bruchteile eines 
Standardnährhodens von 8,4 p B und 7,0 p g wie folgt herzustellen: 

Von p B 8,4 Vn 7,0 

7» + 7t = 7,2 Vb 
V» 4- 7, = 7,4 Vh 
7t + 77 = 7,6 Vh 
77 + 7t = 7,8 Vh 
s li + 2 lt — 8,0 Vh 

7? + l /i — Vh 

6,8 p g erhält man durch Zurücktitrieren von 7,0 p B mit n-HCl. Das 
Mischen von stark alkalischer mit saurer Lösung ruft eine zu große 
Zustandsänderung und damit die oben angeführten Nachteile hervor. 

Züchtungsversuclte in Bouillon. 

(Zur Herstellung der Bouillon wurde Pferdefleischwasser benutzt.) 

Ich hatte schon Anfang vorigen Jahres durch einige Reihenversuche 
festgestellt, daß eine Bouillon von p B 8,2 bei einem 1 proz. Peptongehalt 
dem Wachstum des Rotlaufbacillus am günstigsten ist. Dieser Alkali¬ 
tätsgrad entspricht ungefähr den Angaben von Petri und Maußen, 
daß mit einem Zusatz von 10—15 ccm Normal-Natronlauge auf den 
Liter der auf Lackmus eingestellten Bouillon das Alkalitätsoptimum 
erreicht ist. Peters hat eine Bouillon von p B 8,4 als Optimum gefunden. 
Nach Petri und Maaßen konnte bei der Züchtung der Rotlaufbakterien 
bei höherem Peptongehalt die Alkalimenge erhöht werden. Es war 
daher wahrscheinlich, daß bei Herabsetzen der Peptonmenge und damit 
Schaffung ungünstigerer Wachstumsbedingungen der Einfluß von 
Alkalitätsunterschieden stärker in Erscheinung treten mußte. Aus 
diesem Grunde wurde in den Versuchen mit einer Bouillon von einem 
0,2 proz. Peptongehalt nach SlicJcdorn gearbeitet. Um möglichst ein¬ 
wandfreie Resultate zu bekommen, wurden 8 verschiedene, 2 Labo¬ 
ratoriumstämme und 6 frisch aus Schweineorganen gezüchtete, benutzt. 
Es wurden immer 9 Bouillonröhrchen verschiedener Alkalität von 
p B 6,8 bis p B 8,4 beimpft und 24 resp. 48 Stunden im Brutschrank 
belassen. Wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Stämmen 
zeigten sich in dem Versuchsergebnis nicht. Am klarsten und ein¬ 
deutigsten waren die Resultate, die durch Beobachtung nach 24 Stunden 



336 Kettlitz: Die Ermittlung des Alkalit&tsoptimums für die ZQchtung des 


gewonnen wurden. Die Bouillon p B 6,8 war stets klar geblieben, von p B 7,0 
bis 7,8 zeigte sich eine zunehmende Trübung, die bei 7,8 am stärksten 
hervortrat, um von da bis 8,4 wieder abzunehmen. Es ließ sich meist 
p B 7,8 als Optimal-Nährboden ermitteln. Nach 48 ständigem Wachstum 
traten die Unterschiede zwischen den einzelnen Röhrchen von verschie¬ 
denem p g nicht mehr so scharf hervor. p H 6,8 zeigte sich auch jetzt noch 
unbewachsen, von p H 7,0 bis 7,4 wurde wieder eine zunehmende Trübung 
beobachtet, in p B 7,6, 7,8, 8,0 zeigte sich leichter Bodensatz und starke 
Trübung, die von p H 8,0 bis p B 8,4 wieder abnahm. Die Resultate nach 
48ständigem Wachstum werden durch folgende Tabelle illustriert: 


Es bezeichnet: —kein Wachstum, + spärliches, ++ mäßiges, +-r-f- gutes 
Wachstum. 


!! 1 

Pa 6,8 1 7,0 

7,2 

7,4 

7,6 

7,8 

8,0 

i 

8,2 ! 8,4 

Wachstum nach i 

48 Stunden . . ; — + 

+ + 1 

+ + 

+ + + 

+ + + 

+++ 

+ + i — 


Um das Wachstum der Rotlaufbacillen in Bouillon von verschiede¬ 
nem p B zahlenmäßig zu bestimmen, wurden die Versuche mit 5 Stämmen 
wiederholt und die Kulturen nach 24 ständigem Wachstum ausgezählt. 
Angewandt wurde das mikroskopische Plattenzählverfahren nach Heim. 
Die Kulturen wurden 10 fach verdünnt, die Agarplatte mit einem 
Tropfen dieser Verdünnung (ca. 0,02 ccm) beimpft und die nach 
24 Stunden auf gegangenen Kolonien gezählt*). Hieraus wurde die Menge 
der pro ccm in den Bouillonkulturen von verschiedenen p B zur Ent¬ 
wicklung gekommenen Keime errechnet und das Durchschnittsresultat 
der Versuche in der Tabelle niedergelegt. 


p^Gehalt der Bouillon. 

6,8 

7,0 

7,2 

7,4 7,6 

1 1 1 

7,8,8,0; 8,2 8,4 

Anzahl der pro Kubikzentimeter zur Entwick¬ 
lung gekommenen Keime in Millionen . . . 

__ 

1,4 

2,6 

4,1 «,* 

1 ! i 

i 

8,* 7,1 4,6 1.1 


Morphologisch bemerkenswert war, daß die Fadenbildung der Rot¬ 
laufbacillen in den stärker alkalischen Nährböden zurücktrat und die ein¬ 
zelnen Bacillen dicker wurden als in den Nährböden von niederem p B . 

Es war anzunehmen, daß die Alkalität nicht nur auf die Vermehrung 
und Morphologie der Rotlaufbacillen, sondern auch auf ihre Virulenz 
von Einfluß sein würde. Deshalb wurde folgender Versuch angesetzt: 

Ein frisch aus Organmaterial herausgezüchteter Stamm wurde 
zunächst auf seine Virulenz geprüft**). 

*) Der Tropfen wurde mit Hilfe einer fein ausgezogenen Capillare aufgebracht. 

**) Die Virulenzbestimmung erfolgte in der Serumabteilung (Prof. Dr. Bier- 
bäum), um ein Vergleichsobjekt in dem für die staatliche Serumprüfung benutzten 
Stamm zu haben. Aus diesem Grunde wurde er auch in einer lproz. Pepton- 
bouillon und nicht in der zu den Versuchen benutzten 0,2proz. Bouillon gezüchtet. 







Kotlaufbacillus mit Hilfe des Komparatorverfahrens nach Michaelis. 337 


Virulenzbestimmung 24 ständiger Bouillonkultur bei intraperitonealer In¬ 
fektion von weißen Mäusen. Injizierte Menge 0,3 com Volumen. 


Menge | 

Stamm Kirsch 

1. 1 : 900 . 

+ 3 

2. 1 : 3000 . 

+ 3 

3. 1 : 9000 . 

4 - 4 

4. 1 : 30 000 . 

-f- 5 

5. 1 : 90 000 . 

+ 5 

6. 1 : 300 000 . 

+ 5 


Der Stamm war somit vollvirulent. Er wurde hierauf in lproz. 
Pepton-Pferdebouillon von p B 8,2 in regelmäßigen Abständen von 
Woche zu Woche weiter gezüchtet, analog dazu erfolgte seine W'eiter- 
züchtung in 1 proz. Pepton-Pferdebouillon von p H 7,4. Nach 10 maligem 
Überimpfen wurde eine erneute Virulenzbestimmung vorgenommen. 

I Stamm Kirsch Stamm Kirsch 
P B p a 7.4 


1. 

i 

900 . 

. : +5 

-f 4 

2. 

1 

3000 . 

+ 3 

+ 5 

3. 

1 

9000 . 

• i +5 

+ 3 

4. 

1 

30000 . . . . 

+ 5 

' überlebt 

5. 

1 

90000 . . . . 

+ 3 

1 

0. 

1 

300 000 ... . 

-t- 6 

»* 


Der in p B 8,2 fortgezüchtete Stamm ist also vollvirulent geblieben. 
Die Beurteilung muß aber eine Einschränkung erfahren. Es ist zu 
berücksichtigen, daß bei gleichem Volumen Kultur p g 8,2 einen weit 
größeren Keimgehalt hatte als Kultur p B 7,4 (vergl. oben). Um den 
Einfluß der Alkalität auf die Virulenz kennen zu lernen, sind also 
weitere Versuche notwendig, die eine genaue Bestimmung des Keim¬ 
gehaltes der zur Virulenzprüfung benutzten Kulturen zur Voraus¬ 
setzung haben. 

Züchtungsversuche auf Agar mit abgestufter Alkalität. 

(2% Agar mit lproz. Peptonzusatz.) 

Für diese Versuche wurde das Koch sehe Plattenverfahren gewählt . 
Es wurden 9 Agarplatten von den verschiedenen p H 6,8 bis 8,4 her- 
gestellt. Diese wurden dann stets mit der gleichen Kulturmenge aus 
einer Capillare beimpft und nach 24- resp. 48stündigem Verweilen im 
Brutschrank beobachtet. Durch eine Anzahl Vorversuche wurde er¬ 
mittelt, daß die Beurteilung der Versuchsplatten am günstigsten und 
leichtesten war, wenn man für ihre Beimpfung als Ausgangsmaterial 
die zirka 2000fache Verdünnung einer gut gewachsenen 24stündigen 
Bouillonkultur nahm. Die Versuche selbst wurden mit 3 frisch aus 
Organmaterial herausgezüchteten Stämmen und 2 alten Laboratoriums- 


Menge 















338 Kettlitz: Die Ennittlung des Alkalitfttsoptimiuus für die Züchtung des 


stammen ausgeführt. Wesentliche Unterschiede zeigten sich bei den 
einzelnen Versuchen zwischen den verschiedenen Stämmen nicht. 
Das Ergebnis ist in nachfolgender Tabelle zusammengefaßt: 

Es bezeichnet: — kein Wachstum, + Wachstum (z. T. nur mikroskopisch 
sichtbar), ++ mäßiges Wachstum, + + + gutes Wachstum. 


Pb . 

Beobachtung 
nach 24 Stdn. . 


68 ! 70 ! 72 ! 74 1 76 78 ! 80 82 84 


+ + ; + ++ i + + + 


+ + +| ++ -r 


Nach 48stündigem Verweilen im Brutschrank traten die Unter¬ 
schiede im Wachstum auf den Agarplatten — die Verhältnisse lagen 
hier ähnlich wie bei den Versuchen mit den flüssigen Nährböden — nicht 
so stark hervor. Um ein zahlenmäßiges Bild von dem Versuchsergebnis 
zu bekommen, ■wurden die Versuche wiederholt und einige Platten 
ausgezählt. Die Zahlen der auf den Platten zur Entwicklung gekomme¬ 
nen Keime sind in nachfolgender Tabelle niedergelegt: 



| Dauer der 

I 




Stamm 

| Bebrütung 

^ P 

7,8 p H 

8,2 P„ 

8,4 p H 


der Platte 





1. Frankfurt . . 

| 24 Std. 

17525 — 

21525 

17425 

_ 

2. Beber . . . 

i; 24 „ 

! 15887 ' — 

25625 

18450 

— 

3. Schroeder . . 

24 „ 

! 15882 

21525 

— 

15375 

4. Rosin .... 

, 48 „ 

— 21525 

| 27675 

24190 

— 

5. Kirsch . . . 

li 48 „ 

22038 , — 

24600 

; — 

14020 


Wie aus der Tabelle ersichtlich ist (Vers. 1, 2, 3), sind auf den Agarplatten 
von dem sowohl an der unteren als auch an der oberen Grenze der Alkalität liegen¬ 
den p H bedeutend weniger, z. T. nur */s der Keime zur Entwicklung gekommen, 
wie auf der als Optimalagar zu bezeichnenden Platte von p B 7,8. Nach 48stündigem 
Wachstum jedoch (Vers. 4, 5) treten diese Unterschiede nicht mehr so schroff 
hervor. 

Eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung des für das Wachstum 
des Rotlaufbacillen optimalen p H des Agars bildet auch die Größe der 
auf ihm zur Entwicklung gebrachten Kolonie. Ich habe 6 verschiedene 
Stämme daraufhin untersucht. Die Agarplatten wurden so dünn besät, 
daß die Kolonien frei zur Entwicklung kommen konnten und sich 
gegenseitig im Wachstum nicht hemmten. Die Messung der Kolonien, 
die mit dem Stufenmikrometer nach Leitz ausgeführt wurden, erfolgten 
erstmalig nach 24stündigem Verweilen der Platten im Brutschrank. 
Die gemessenen Kolonien wurden genau signiert, die Agarplatten 
weitere 24 Stunden bebrütet und die Messung wiederholt. Die Messungen 
haben selbstverständlich nur relativen Wert, weil die Kolonien auf der 
Platte an und für sich in der Größe differieren. Sie erfolgten deshalb 
immer an mehreren Kolonien, aus denen der Durchschnitt errechnet 
wurde. Das Durchschnittsergebnis der Versuche ist in den Kurven 











Rotlaufbacillus mit Hilfe des Komp&ratorverfahrens nach Michaelis. 339 


V0\ 


30 


20 


10 


niedergelegt. Die Zahlen der Ordinate geben die Größe der Kolonien 
in lOOstel mm an, die Zahlen der Abszisse den zur Züchtung benutzten 
p H des Agars. 

Aus Kurve 1 ersieht man, daß die Größenunterschiede der Kolonien 
auf dem Agar von verschiedenen p B nach 24 ständigem Wachstum 
doch recht beträchtliche sind, aus Kurve 2, daß nach 48 ständigem 
Wachstum sich die Größenunter¬ 
schiede zum Teil ausgeglichen haben. 

Aus dem Vergleich beider Kurven 
ist ersichtlich, daß auf dem Agar 
von p B 7,8 bis p B 8,4 die Kolonien 
das Maximum ihrer Entwicklung in 
den ersten 24 Stunden erreichten, es 
findet später kaum noch eine Grö¬ 
ßenzunahme statt, auf dem Agar 
von niederem p H aber (7,2 und 7,4) 
liegt das Hauptwachstum in den 
zweiten 24 Stunden. Es wurde also auch auf diesem Wege als opti¬ 
maler p B des Agars zur Züchtung der Rotlaufbacillen p B 7,8 ermittelt. 

Es läßt sich praktisch aus diesen Versuchen folgern, daß man zur 
Isolierung der Rotlaufbacillen beim Herauszüchten aus stark ver¬ 
unreinigtem Material Agar von p B 7,8 benutzen muß, um ein even¬ 
tuelles Überwachsen von wenigen Rotlaufkeimen durch schnellwach¬ 
sende Saprophyten zu verhüten. 





— 




/ 

/ 


/ 





/ 

/ 

/ 

/ 

r 




S 

V 

_1 







7,*t 7,6 1,8 Bfi 8,2 

i Messungen der Kolonien 
nach 24 Std. 

Kurve 2.-Messungen derselben 

Kolonien nach 48 Std. 


10 7,2 

Kurve 1. 


Zvsammenfassvng. 

Das Michaelis sehe Komparatorverfahren hat sich zur Ermittelung 
des Alkalitätsoptimums bei der Züchtung der Rotlaufbacillen gut be¬ 
währt. Daß es an Genauigkeit den bisher üblichen Methoden überlegen 
ist, ist in der Einleitung schon ausführlich dargelegt worden. Die 
graduelle Abstufung in der Alkalität, gemessen an dem verschiedenen 
Pb- Gehalt, ist für bakteriologische Zwecke zweifellos eine Verbesserung. 
Die Übergänge vom guten zum schlechten Wachstum der Bakterien 
bei wechselnder Alkalität des Nährbodens sind natürlich fließende, 
so daß sich das Optimum erst aus einer großen Anzahl von Versuchen 
mit einiger Sicherheit bestimmen läßt. Ob die bei dem Michaelis sehen 
Verfahren zur Anwendung kommende Natronlauge im Gegensatz zu der 
bisher meist zur Alkalisierung der Nährböden gebrauchten Sodalösung dem 
Wachstum aller Bakterien zusagt, was Delemann bestreitet, bleibt weite¬ 
ren Versuchen Vorbehalten. Im übrigen ist das Michaelis sehe Kompa¬ 
ratorverfahren nach kurzer Übung von jedem leicht zu handhaben. 

Als Alkalitätsoptimum wurde in den Versuchen mit einer 0,2proz. 
Peptonbouillon für Rotlaufbacillen p B 7,8 gefunden. Bei einem 2 proz. 

25 


Arch. f. TierheUk. L. 




340 Kettlitz: Die Ermittlung’ des Alkalitätsoptimuins für die Züchtung usw. 

Agar mit lproz. Peptonzusatz lag das Optimum ebenfalls bei j> H 7.S. 
Die Virulenz der Bacillen erlitt nach 10 maligem in achttägigen Ab¬ 
ständen erfolgtem Uberimpfen in einer 1 proz. Peptonbouillon von 
p H 8,2 keine Einbuße. 


Literaturverzeichnis. 

Michaelis , Die Prüfung der Alkali tat in Nährböden. Zeitschr. f. Immunitäts¬ 
forsch. u. exp. Therapie, Orig. 1921, S. 194. — Michaelis , Dtsch. med. Wochenschr. 
1921, Nr. 21. — Michaelis , Die Waaserstoffionenkonzentration. Berlin 1914. — 
Stickdom, Die Alkalität der Nährböden. Zeitschr. f. Immunitätsforsch, u. exp. 
Therapie, Orig. 1922, S. 576. — Bongert, Bakteriologische Diagnostik 1921. — 
Heim , Lehrbuch der Bakteriologie 1918. — Deelmann , K. G. A. Arbeit 13 , 374. — 
Peters , Die Wachstumsverhältnisse einer Bakterie auf Nährböden. Inaug.-Diss. 
Hannover 1922. — Petri und Maassen , K. G. A. Arbeit 8, 318. 



(Aus der Staatlichen Serumanstalt Klein-Ziethen [Direktor: Dr. Weichlein].) 


Experimentelle Untersuchungen über die 
Immunitätsyerhältnisse nach der Rotlaufsimultanimpfung 
unter besonderer Berücksichtigung der Empfänglichkeit. 

Von 

Dr. Wilhelm Schmidt, 

Assistent. 

(Eingegangen am 22. November 1923.) 

In Deutschland wird allgemein die Wertigkeit des Rotlaufserums 
an Mäusen geprüft, und es darf nur solches Serum in den Verkehr ge¬ 
bracht werden, von dem 0,015 ccm eine Maus von 15 g Körpergewicht 
gegen die entweder 1 Stunde (weiße Mäuse) oder 24 Stunden (graue 
Mäuse) später vorgenommene intraperitoneale Injektion von 0,01 ccm 
einer 24ständigen Bouillonkultur schützen. Die Serumprüfungsmäuse 
werden also derselben Serovaccination unterworfen, wie sie bei 
Schweinen in der Praxis mit dem Erfolg ausgeführt wird, daß diese 
Tiere durch die gleichzeitige Behandlung mit Kultur und Serum einen 
5 Monate langen Schutz gegen eine Rotlaufinfektion erwerben. Neuer¬ 
dings und besonders im vergangenen Sommer vermehren sich aber die 
Angaben, die über eine weniger lange Immunität zu berichten wissen. 
Fachmännische Impfung vorausgesetzt, dürften diese Mißerfolge nur 
zu einem kleinen Teil mit technischen Fehlern erklärt werden können. 
Mir scheint vielmehr ein anderer Umstand mehr Berücksichtigung zu 
verdienen, als es bisher geschehen ist. Die einzelnen Schweinerassen 
besitzen durchaus nicht dieselbe Empfänglichkeit für Rotlauf. Während 
die englischen Rassen sich durch besonders hohe Empfänglichkeit aus¬ 
zeichnen, besitzt das deutsche Landschwein eine große natürliche 
Resistenz. Da wir aber in Deutschland fast überall durch englische 
Blutzufuhr unsere Zuchten veredelt haben, dürfte sich die natürliche 
Rotlaufresistenz unserer Schweine mit der Hebung der Zucht verringert 
haben. Es ist deshalb von Interesse, an für Rotlauf hochempfänglichen 
Versuchstieren die Immunitätsverhältnisse nach der Simultanimpfung 
festzustellen. Für solche Versuche eignen sich am besten weiße Mäuse, 
welche bei der Simultanimpfung mit einer unbedingt tödlichen Dosis 
Rotlaufkultur infiziert werden. 



342 


W. Schmidt: Experimentelle Untersuchungen über die 


Die Literaturangaben über Reinfektionsversuche an Rotlaufimmunmäusen 
sind nicht zahlreich und auch nicht übereinstimmend. Nach Spats 2 ) Untersuchun¬ 
gen ist die durch kombinierte aktive Immunisierung erzeugte Immunität bei 
Mäusen nur in jenen Fällen von längerer Dauer, in denen ganz geringe, zum Schutz 
aber noch ausreichende Serummengen verwendet wurden. In diesem Fall werden 
nach seinen Angaben nicht alle Aggressine der Rotlaufbacülen durch das Serum 
paralysiert, während die verbleibenden den Organismus zur Bildung von neuen 
eigenen Schutzstoffen anregen, wodurch die aktive Immunität zustande kommt, 

Prettner 1 ) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Auch in seinen Versuchen zeigten 
Mäuse, denen bei der Simultanimpfung große Serummengen injiziert worden waren, 
bei der Reinfektion mit Rotlauferregern nur eine geringe Resistenzerhöhung, 
während Mäuse, die mit einer geringeren Serum- als Kulturmenge geimpft waren, 
noch nach 8 Wochen eine Immunität aufwiesen. Im übrigen kommt er auf Grund 
seiner Versuche zu dem Resultat, daß durch das mitinjizierte Serum bei der Simul- 
tanmethode der Rotlaufimpfung die Bakterien so stark beeinflußt werden, daß 
sich keine nachweisbaren Mengen von Schutzstoffen bilden und die Simultan¬ 
methode somit nur eine „sozusagen modifizierte höhere Art der passiven Immuni¬ 
sierung“ sei. Durch das Serum werden nach seiner Meinung hinreichend Stoffe 
in den Organismus gebracht, die im Verein mit den Körperzellen die Bakterien 
vernichten. Es sollen sich die Zellen dabei, obwohl aktiv beteiligt, viel träger 
verhalten als bei alleiniger Injektion von Bakterien, die ohne fremde Beihilfe 
von ihnen überwunden werden müssen. 

Wenn Burglcari x ) graue Serumprüfungsmäuse 14 Tage bis 9 Wochen nach 
der Simultanimpfung mit 0,01 ccm Kultur infizierte, konnte er keine Immunität 
gegen die Reinfektion festetellen. Dagegen blieb bei der Reinfektion mit 0,001 ccm 
Kultur eine ziemliche Anzahl von Mausen am Leben, und zwar erzielte er die 
besten Resultate bei einer Reinfektion in der Zeit von 14—24 Tagen nach der 
Serovaccination. 

Alten 2 ) konnte durch Vorbehandlung mit thermisch abgetöteten Rotlauf- 
bacillen nur eine geringfügige Resistenzerhöhung der Mäuse gegenüber der Reinfek¬ 
tion mit virulenten Rotlauferregern erzielen. 

Bierbaum 3 ) war es möglich, durch intraperitoneale Infektion mit 0,01 cem 
einer 24 ständigen Bouillonkultur pnd gleichzeitiger intravenöser, bzw. subcutancr 
SalvarsananWendung eine Anzahl von Mäusen am Leben zu erhalten; jedoch be¬ 
saßen diese gegenüber einer späteren Infektion mit derselben Dosis Rotlaufkult\ir 
keine Immunität. 

In bereits früher von mir ausgeführten Reinfektions versuchen*) benutzte 
ich zur Reinfektion 0,0001 ccm einer 24stündigen Bouillonkultur, eine Dosis, die 
der Dosis letalis minima offenbar sehr nahe lag, da sie die Kontrollmäuse erst 
nach 11—12 Tagen tötete, während 0,01 ccm derselben Kultur den Tod der Mäuse 
im allgemeinen innerhalb von 3 Tagen herbeiführte. Aber selbst dieser minimalen 
Reinfektionsdosis gegenüber zeigten die Mäuse nur eine geringgradige Immunität. 
Sie verendeten sämtlich 1—7 Tage später als die Kontrolliere. Bei diesen Ver¬ 
suchen hatte ich ferner fest gestellt, daß noch über 50% derjenigen Serumprüfungs- 
raäusc, welche die 8 tägige Prüfung überstanden hatten, später durchschnittlich 
in der Zeit vom 14. bis 17. Tag nach der Simultanimpfung an Rotlaufseptikämie 
zugrunde gingen. Rotlauf bacillen besitzen demnach auch im immunisierten 
Mäuseorganismus eine längere Lebensfähigkeit, was nicht für eine direkte Beein¬ 
flussung der Bacillen durch das Immunserum in vivo spricht. Ebensowenig ließ 
sich in Späts 2 ) Versuchen das Rotlaufimmunserum durch Behandlung mit großen 
Bacillenmassen in vitro erschöpfen, so daß man wohl mit ihm eine antiaggressive 
Wirkung des Rotlaufimmunserums annehmen darf. Nach seiner Ansicht enthält 



Immunitätsverhältnisse nach der Rotlaufsimultanimpfung usw. 343 


das Rotlaufserum keine bakterienfeindlichen Substanzen und paralysiert nur die 
Angriffsstoffe der Bacillen, die gegen die natürlichen Abwehrstoffe des Organismus 
gerichtet sind. Verschwinden bei der Immunisierung nach einer gewissen Zeit 
die letzten Beste des einverleibten Immunserums, „so werden die Bakterien wieder 
Herr der Situation und vollbringen — jetzt ungestört — ihr vernichtendes Werk.“ 

Wenn man von dieser Voraussetzung ausgeht, d. h. nimmt man mit 
Spät Antiaggressine als wirksamen Bestandteil des Rotlaufserums an, 
dann wird es verständlich, daß nach der Simultanimpfung nur in den 
Fällen eine aktive Immunität erzielt werden kann, wo die Serummenge 
so niedrig bemessen wurde, daß die Immunkörper zum Schutz des 
Lebens wohl ausreichen, daß andererseits der Organismus zur voll¬ 
ständigen Überwindung der mitinjizierten Bacillen noch eigene Anti¬ 
körper ins Feld führen muß. Bei der hohen Empfänglichkeit der Maus 
für Rotlauf dürfte diese Grenze sehr schwer zu finden sein. 

Für meine neuen Reinfektionsversuche wurden die Serumprüfungs¬ 
mäuse der Staatlichen Serumanstalt benutzt, die ausnahmslos intra- 
peritoneal reinfiziert wurden. Von den verendeten Mäusen wurde durch 
nach Gram gefärbten Milzausstrich festgestellt, ob der Tod an Rotlauf 
erfolgt war. Außerdem wurde unter Beachtung des oben Gesagten, 
von einigen Ausnahmen abgesehen, die Reinfektion auf die Zeit nach 
dem 17. Tag verlegt. 

1. Versuchsreihe. Vorbehandelt mit 0,01 ccm Serum und 0,01 ccm Kultur. 


Nr. 

Reinfektion nach 

Mit ? ccm Kultur 

Tod nach 

Bemerkung 

1 

10 Tagen 

0,01 

2 Tagen 

Rotlauf 

2 

10 

9f 

0,01 

2 


„ 

3 

10 

99 

0,01 

2 

,, 

99 

4 

10 


0,001 

3 

99 

99 

5 

10 

99 

0,001 

5 


99 

6 

10 

99 

0,001 

ö 

„ 

99 

7 

22 

99 

0.01 

1 


Kein Rotlauf 

8 

22 

99 

0,01 

2 


Rotlauf 

9 

22 


0,001 

6 


9 9 

10 

22 

99 

0,001 

20 

V 

99 

11 

22 

99 

0,001 


— 

— 

12 

33 

99 

0,01 

5 


Rotlauf 

13 

33 

99 

0,01 

6 

99 

9 9 

14 

33 

99 

0,01 

6 

9 9 

99 

15 1 

33 

99 

i 0,001 

8 



16 

33 

99 

1 0,001 

8 

99 


17 

33 

99 

0,001 

19 

99 

99 

18 

48 

99 

j 0,01 

5 

99 

9 

19 

48 

99 

0,01 

3 

99 

99 

20 

48 

99 

i 0,001 

10 

99 

99 

21 

Kontrollraaus 

0,01 

3 Tagen 

Rotlauf 

22 

99 


1 0,01 

4 

99 


23 

» 


0,001 

6 

9 • 

99 

24 

; * 


0,001 

7 

>r 











344 W. Schmidt: Experimentelle Untersuchungen über die 

Aus vorstehender Tabelle ergibt sich, daß die Mäuse, welche schon 
am 10. Tag nach der Simultanimpfung infiziert wurden, bei der Be¬ 
handlung mit 0,01 ccm und 0,001 ccm Kultur keine Spur von Immunität 
zeigten. Sie gingen sämtlich früher an Rotlaufseptikämie ein als die 
entsprechenden Kontrollen, wie es nach den früheren Untersuchungen 
zu erwarten war. Nach 22 Tagen besaßen die Mäuse bei der Reinfektion 
mit 0,01 ccm keine Immunität, dagegen trat eine solche deutlich bei 
0,001 ccm zutage. 33 Tage nach der Simultanimpfung bestand allgemein 
eine erhebliche Resistenzerhöhung, die bei einer Reinfektion nach 
48 Tagen mit 0,01 ccm bis auf geringe Spuren verschwunden war. Die 
mit 0,001 ccm nach 48 Tagen infizierte Maus besaß noch eine deutliche 
Resistenzerhöhung. 

In den folgenden Versuchsreihen 2—6 wurde dieselbe virulente 
Kultur zur Reinfektion benutzt. 

2. Versuchsreihe. Vorbehandelt mit 0,008 ccm Serum und 0,01 ccm Kultur. 


Nr. 

Reinfektion nach 

Mit ? ccm Kultur 

Tod nach 

Bemerkung 

25 

10 Tagen 

0,01 

6 Tagen 

Rotlauf 

26 

10 „ 

0,001 

3 „ 

*> 

27 

33 „ 

0,01 

5 „ 


28 

33 „ 

0,01 

5 

»* 

29 

33 „ 

0,001 

15 „ 

>* 

30 

33 „ 

0,001 

12 „ 1 


31 

i 33 „ 

0,001 

10 „ 

i *9 


Gegenüber 0,01 ccm Kultur zeigten alle Mäuse mit Ausnahme von 
Nr. 26, die bereits nach 10 Tagen reinfiziert wurde, eine geringfügige 
Resistenzerhöhung, während eine solche bei Verwendung der 10 mal 
kleineren Kulturdosis 33 Tage nach der Simultanimpfung auffallend 
in Erscheinung trat. 

3. Versuchsreihe. Vorbehandelt mit 0,005 ccm Serum und 0,01 ccm Kultur. 


Nr. 

Reinfektion nach 

Mit ? ccm Kultur 

Tod nach 

Bemerkung 

32 

10 Tagen 

10 

0,01 

3 Tagen 

Rotlauf 

33 

0,01 

3 „ 


34 

! 33 ,, 

0,01 

o ,, 

»• 

35 

33 ,, 

0 01 

8 „ 


36 

33 „ 

0,01 

9 „ 

99 

37 

33 „ 

0,001 

8 „ 

„ 

38 

33 „ 

0,001 

10 „ 

1 ” 

39 

! 33 ., 

0,001 

5 „ 

I 9» 

4° , 

33 „ 

0,001 

2 ” 

1 Wenig Rot¬ 
laufbacillen 

41 1 

! 33 „ 

0,001 

10 „ 

Rotlauf 

42 

33 ,, 

0,001 

— 

j — 

43 

33 „ 

0,001 

— 

— 

44 

i 22 „ 

0,01 

— 

— 

45 

; 22 „ 

0,01 

— 

— 











Immunit&tsverhältmsse nach der Rotlaufeiroultanimpfung usw. 


345 


Nach 10 Tagen bestand gegenüber einer Reinfektionsdosis von 
0,01 ccm auch hier keine Immunität. Bei Verwendung einer kleineren 
Serum- als Kulturmenge kommen nach 33 Tagen anscheinend bereits 
individuelle Resistenzunterschiede zur Geltung. Denn während die 
mit 0,01 ccm reinfizierten Mäuse eine deutliche Resistenzerhöhung 
zeigen, geht ein Teil von den mit 0,001 ccm infizierten Mäusen früher 
als die Kontrolltiere ein, bei einem anderen Teil tritt eine deutliche 
Resistenzerhöhung hervor, bei Nr. 42 und Nr. 43 besteht eine Immunität. 
Die Mäuse Nr. 44 und Nr. 45 sind Bastarde, hervorgegangen aus einer 
Kreuzung von grauen und weißen Mäusen. Bei ihnen scheint das 
Optimum zwischen Serum und Kultur in dem Verhältnis 0,005 ccm 
Serum und 0,01 ccm Kultur zu liegen. Denn bei einer Reinfektion mit 
0,01 ccm Kultur 22 Tage nach der Simultanimpfung bleiben sie am 
Leben. 

4. Versuchsreihe: Nr. 46. 1 Maus, vorbehandelt mit 0,0025 ccm 
Serum und 0,01 ccm Kultur, wird nach 33 Tagen mit 0,01 ccm Kultur 
reiiifiziert. Sie geht erst am 15. Tag post infek. an Rotlauf ein, sodaß 
hier eine ganz erhebliche Resistenzerhöhung duroh 1 malige Serovaoci- 
nation bewirkt sein muß. 

5. Versuchsreihe. Vorbehandelt mit 0,02 ccm Serum und 0,01 ccm Kultur. 


Nr. 

Reinfektion nach 

Mit ? ccm Kultur 

Tod nach 

Bemerkung 

47 

22 Tagen 

o,oi ! 

3 Tagen 

Rotlauf 

48 

22 „ 

0,01 i 

4 „ 

9» 

49 

22 „ 

0,01 

ö „ 

99 

50 

22 

0,001 

5 „ 

99 

51 

22 „ 

0,001 

7 „ 


52 

33 „ 

0,01 

2 „ 

9t 

53 

48 ! 

0,01 

3 „ 

99 


Betrug die Serummenge das Doppelte der Kulturdosis, so war 
22 Tage nach der Simultanimpfung gegenüber derselben und der 10 mal 
kleineren Kulturmenge kein Schutz mehr vorhanden mit einer Aus¬ 
nahme (Nr. 49), wo eine unbedeutende Resistenzerhöhung festgestellt 
werden konnte. Nach 33 und 48 Tagen bestand ebenfalls keine Immuni¬ 
tät mehr. 

6. Versuchsreihe. Vorbehandelt mit 0,03 ccm Serum und 0,01 ccm Kultur. 


Nr. 

j Reinfektion nach 

Mit ? ccm Kultur 

Tod nach | 

Bemerkung 

54 

22 Tagen 

0,01 

2 Tagen 

Rotlauf 

55 

22 „ 

0,01 

5 ,. 

•9 

56 

22 „ 

0,001 

6 „ 

i: 

57 

22 ,, 

0,001 

7 „ 

99 

58 

|l 48 „ 

0,001 

4 „ 

99 

59 

! 48 ,. 

0,001 

| 5 „ 

91 

60 

48 „ 

0,001 

1 4 „ 

11 




















346 W. Schmidt: Experimentelle Untersuchungen Uber die 

Abgesehen von Nr. 54 mit geringfügiger Resistenzerhöhung zeigte 
sich, wie zu erwarten war, bei noch größerer Serummenge als in der 
5. Versuchsreihe keine Spur von Immunität. Schon nach 22 Tagen 
scheint eine solche selbst bei ganz niedriger Reinfektionsdosis nicht 
mehr zu bestehen. 

Es konnten also in diesen Versuchen die Angaben jener Autoren 
durchaus bestätigt werden, die eine Immunität bei Mäusen von einer 
kleineren Serum- als Kulturdosis bei der Serovaccination abhängig 
machen. Bei 56 Mäusen wurde nach der Simultanimpfung nur 5 mal 
eine absolute Immunität beobachtet. Diese Tiere blieben während 
einer 23tägigen Beobachtungszeit klinisch vollkommen gesund. Ab¬ 
gesehen von den beiden Bastardmäusen Nr. 43 und Nr. 44, die mit 
0,005 ccm Serum und 0,01 ccm Kultur vorbehandelt waren und nach 
22 Tagen eine Reinfektion mit 0,01 ccm Kultur überstanden, hatten 
von den übrigen 3 weißen Immunmäusen Nr. 41 und Nr. 42 bei der 
Serovaccination halb soviel Serum wie Kultur erhalten, während Nr. 11 
mit gleicher Serum- und Kulturmenge vorbehandelt war. Alle 3 wurden 
mit 0,001 ccm Kultur von neuem infiziert, und zwar die beiden ersten 
nach 33, Nr. 11 dagegen nach 22 Tagen. Im übrigen konnte in diesen 
Versuchen des öfteren eine mehr oder weniger starke Resistenzerhöhung 
festgestellt werden. Ganz offenbar ist der Grad der Resistenzerhöhung 
abhängig sowohl von der Serummenge bei der Simultanimpfung als 
auch von der Höhe der zweiten Kulturdosis und dem Zeitpunkt der 
Reinfektion. Bei der Vorbehandlung mit gleicher Serum- und Kultur¬ 
menge besteht gegenüber einer gleichgroßen Reinfektionsdosis nur 
ausnahmsweise eine geringgradige Resistenzerhöhung; bei einer 10mal 
kleineren Reinfektionsdosis tritt allgemein eine erhebliche Reeistenz- 
erhöhung zutage. Ebenso liegen die Verhältnisse bei der kleineren 
Serummenge. Beträgt die Serummenge nur die Hälfte der Kulturdosis, 
so tritt fast regelmäßig ein ziemlicher Grad von Resistenz gegenüber 
einer späteren Infektion auch mit der gleichen Kulturdosis auf. Die 
Resistenz ist noch stärker, wenn bei der Simultanimpfung Serum und 
Kultur im Verhältnis 1: 4 injiziert werden. Wird mehr Serum als Kultur 
bei der Vorbehandlung verwendet, so fällt proportional mit dem Steigen 
der Serummenge der Grad der Resistenzerhöhung. Bei doppelter und 
dreifacher Serumdosis ist eine geringe Resistenzerhöhung nur ausnahms¬ 
weise vorhanden. Über den Zeitpunkt der zweiten Kulturinjektion 
ist folgendes zu sagen: In den 10 Fällen, wo die Reinfektion schon 
10 Tage nach der Simultanimpfung vorgenommen wurde, bestand fast 
allgemein eine Überempfindlichkeit selbst der 10 mal kleineren Kultur¬ 
dosis gegenüber. Damit werden meine früheren Untersuchungen be¬ 
stätigt, und es ist deshalb für die zweite Kulturinjektion bei Mäusen 
im allgemeinen frühestens der 18. Tag nach der Serovaccination zu 



Imiüunitäteverhältnisse nach der Rotlaafrimalt&niinpfung usw. 


347 


wählen. Für die Reinfektion mit der Kulturdosis der Simultanimpfung 
scheint nach diesen Versuchen das Optimum in der Zeit zwischen 
22—33 Tagen und in einer möglichst kleinen Serummenge bei der 
Vorbehandlung zu liegen derart, daß die Serummenge niemals die 
Kulturdosis bei der Vorbehandlung übersteigen darf. Unter Be¬ 
obachtung dieser Umstände kann man in der Mehrzahl der Fälle 
eine zum Teil erhebliche Resistenzerhöhung erzielen. Eine absolute 
Immunität der simultan geimpften Mäuse gegenüber 0,01 ccm Kultur 
besteht nicht. 

Günstiger liegen die Verhältnisse offenbar bei der Reinfektion mit 
0,001 ccm Kultur, wenn man Mäuse mit möglichst geringen Serum¬ 
mengen und die Zeit von 22—33 Tagen nach der Simultanimpfung 
für die Reinfektion benutzt. In meinen Versuchen bestand dann fast 
regelmäßig eine nicht unbedeutende Resistenz, in einigen wenigen 
Fällen sogar eine aktive Immunität (Nr. 11; Nr. 42; Nr. 43). 

Um zu prüfen, ob diese aktive Immunität auch gegenüber einer 
größeren Menge Rotlaufkultur ausreichen würde, wurden die 5 über¬ 
lebenden Mäuse der ersten 6 Versuchsreihen 23 Tage später wiederum 
mit 0,25 ccm vollvirulenter Kultur infiziert. 

6. Versuchsreihe. 2. Reinfektion mit 0,25 ccm Kultur 23 Tage nach der 1. Re¬ 
infektion. 


— 



| Simultanimpfung 

1. Reinfektion 

Nr. 

Tod nach 

Bemerkung 

Serum ccm | 

Kultur ccm 

nach 

mit ? ccm 




| Kultur 

ii i 

1 17 Tagen 

Rotlauf 

0,01 

0,01 

22 Tagen ! 

0,001 

42 

6 „ 


0,005 

0,01 

i ,, 

1 0,001 

43 

8 „ 

>* 

0,005 

0,01 

33 „ 

0,001 

44 

10 „ 


j 0,005 

0,01 

(22 „ 

0,01 

46 

— 

— 

j 0,005 

0,01 

122 „ 

0,01 

61 

1 Kontrollmaus 0,25 ccm f 2. Tag Rotlauf 



Nur die Bastardmaus Nr. 45 besaß dieser großen Reinfektions¬ 
dosis gegenüber eine absolute Immunität (4 Wochen Beobachtungs¬ 
zeit!) Wie weit es sich hierbei um eine Kreuzungseigentümlichkeit 
handelt, vermag ich nicht zu entscheiden. Immerhin scheinen diese 
Kreuzungsprodukte für die exakte Serumprüfung ungeeignet zu sein. 
Die übrigen Mäuse besaßen einen hohen Grad von Resistenz und erlagen 
der Rotlaufinfektion bedeutend später als die Kontrollmaus. Demnach 
gelang es nicht, bei weißen Mäusen nach einer Simultanimpfung einen 
solchen Grad von Rotlaufimmunität nachzuweisen, daß sie die Rein¬ 
fektion mit großer Kulturdosis überstanden. 

Unter Berücksichtigung dessen, was vorher über den Einfluß der 
Serummenge bei der Vorbehandlung, den Zeitpunkt der Reinfektion 
und die Höhe der zweiten Kulturinjektion auf den Grad der Resistenz- 



348 W. Schmidt: Experimentelle Untersuchungen Ober die 

erhöhung gesagt wurde, verwendete ich im folgenden Versuch zur Rein¬ 
fektion eine schwache, durch mehrere Generationen im Laboratorium 
fortgezüchtete Kultur, von der den überlebenden Serumprüfungsmäusen 
eine der Dosis letalis minima möglichst naheliegende Menge 18 Tage 
nach der Simultanimpfung intraperitoneal injiziert wurde. Diese Dosis 
lag bei 0,0001 ccm. Denn von zwei damit infizierten Mäusen starb die 
eine erst nach 21 Tagen an Rotlaufseptikämie, während die andere am 
Leben blieb. 

7. Versuchsreihe. Reinfektion mit 0,0001 ccm einer schwach virulenten 24stün- 
digen Bouillonkultur 18 Tage nach der Simultanimpfung. 


Nr. 

Tod nach 

Bemerkung 

| Simultanimpfling 



| Serum ccm 

Kultur ccm 

62 

_ 

_ 

' 0,01 

0,01 

63 

1 — 1 

— 

0,01 

0,01 

64 

i 1 Tag 

: Kein Rotlauf 

0,015 

0,01 

66 

! — 

— 

i 0,016 

0,01 

66 

| 23 Tagen 

Rotlauf 

0,005 

0,01 

67 

| — 

— 

0,02 

0,01 

68 

i — 

— 

0,02 

0,01 

69 

— 

— 

0,02 

0,01 

70 

— 

— 

' 0,02 

0,01 

71 

j — 

— 

! 0,02 

0,01 

72 1 

| 5 Tagen 

Rotlauf 

0,03 

0,01 

73 

J — l 

— 

0,03 

0,01 

74 j 

6 Tagen 

Rotlauf 

0,03 

0,01 

75 i 

! 6 „ 

»* 

0,03 

0,01 

76 

— 

— 

0,01 

0,01 

77 

— 

— 

0,015 

0,01 

78 1 

1 _ 

_ ! 

0,015 

0,01 

79 j 

1 — 

— 

0,01 

0,01 

80 


— 

0,015 

0,01 

81 

| — 

— 

0,01 

0,01 

82 

Kontrollmaus 

0,0001 ccm 

121. Tag 

Rotlauf 

83 

I Kontrollmaus 

0,0001 ccm 

j 

— 


Die mit 0,01—0,02 ccm Serum bei der Simultanimpfung vorbe¬ 
handelten Mäuse blieben sämtlich bei der Reinfektion am Leben mit 
Ausnahme von Nr. 64, die interkurrent einging. Die kleinere Serum¬ 
menge 0,005 ccm in Nr. 66 hatte dagegen nur eine geringgradige Re¬ 
sistenzerhöhung bewirkt, was wohl mit einer zeitlich verfrühten Re¬ 
infektion erklärt werden kann. Die mit 0,03 ccm Serum vorbehandelten 
Mäuse gingen erheblich früher als die Kontrollmaus ein, mit Ausnahme 
Nr. 73, die am Leben blieb. Alle überlebenden Mäuse dieser Ver¬ 
suchsreihe und die oben erwähnte Bastardmaus wurden nach 33 Tagen 
mit 0,5 ccm vollvirulenter Rotlaufkultur intraperitoneal behandelt. 
2 Kontrollen erlagen nach 1 und 2 Tagen der Infektion. Ebenso ver¬ 
endeten Nr. 63 und Nr. 67 am 2. Tag an Rotlauf, während die über- 





1 mmunitätsverh&itnisae nach der Rotlaufsimultanimpfung' usw. 349 

lebende Kontrollmaus Nr. 83 am 3. Tag an der Infektion zugrunde 
ging. Die übrigen Mäuse blieben während einer 28 tägigen Beobachtungs¬ 
zeit am Leben. Demnach ist es möglich, selbst die hochempfindlichen 
weißen Mäuse aktiv gegen Rotlauf zu immunisieren, wenn man der 
Simultanimpfung frühestens nach 18 Tagen eine möglichst niedrige 
abgeschwächte Kulturinjektion folgen läßt. Unter der Wirkung dieser 
abgeschwächten Bacillen produziert der durch die Simultanimpfung in 
seiner Widerstandskraft erhöhte Organismus genügend eigene Antistoffe 
und erwirbt so eine aktive Immunität. Nimmt man 15 g als Durch¬ 
schnittsgewicht einer weißen Maus an, so gelang es in meinen Ver¬ 
suchen, 80% der Tiere durch diese kombinierte Vorbehandlung selbst 
gegen eine intraperitoneale Infektion mit 1 / 80 des Körpergewichts zu 
schützen. Dieser Schutz bestand noch 33 Tage nach der zweiten Kul¬ 
turinjektion. 


Zusammenfassung. 

1. Bei der Simultanmethode der Rotlaufimmunisierung sind Serum 
und Kultur derart aufeinander abzustimmen, daß der Organismus 
wohl hinlänglich gegen die schädigenden Einflüsse der Bacillen ge¬ 
schützt ist, aber noch genügend unter dem Einfluß der Kultur steht, 
um eigene Schutzstoffe zu bilden. 

2. Je empfänglicher sich eine Tierart für Rotlauf zeigt, um so 
schwieriger ist dies Verhältnis zu finden, und um so längere Zeit 
braucht der Organismus für die Bildung ausreichender eigener Anti¬ 
körper. 

3. Bei hochempfindlichen weißen Mäusen ist dieser Prozeß durch¬ 
schnittlich erst 14—17 Tage nach der Vorbehandlung beendet, weshalb 
für die Reinfektion frühestens der 18. Tag zu wählen ist. 

4. Durch Vorbehandlung mit Rotlaufkultur und Serum gelingt es 
nur ausnahmsweise, Mäusen eine erhöhte Resistenz gegenüber der 
gleichen Kulturdosis zu verleihen, während gegenüber einer kleineren 
Reinfektionsmenge meist eine erhebliche Resistenzerhöhung in Er¬ 
scheinung tritt. 

5. Der Grad der Resistenzerhöhung steigt proportional mit dem 
Fallen der Serummenge bei der Simultanimpfung und ist bei Mäusen 
am ausgeprägtesten 22—33 Tage nach derselben. 

6. In 80% der Fälle kann man bei Mäusen einen mindestens 33 Tage 
langen Schutz gegen eine vielfach tödliche Rotlaufkulturdosis erzielen, 
wenn nach der Simultanimpfung im Stadium der Resistenzerhöhung 
eine minimale schwachvirulente Kulturmenge injiziert wird. 

Daraus ergibt sich für die Praxis der Rotlaufschutzimpfung beim 
Schwein , daß von einer ziveiten KvMurinjektion unbedingt dann Gebrauch 



350 


W. Schmidt: Experimentelle Untersuchungen usw. 


gemacht werden muß , wenn hochgezüchtete, also wenig resistente Rassen 
gegen Rotlauf zu immunisieren sind. Bei resistenten Landrassen dagegen 
kann die allgemein gebräuchliche , einfache Schutzimpfung genügen , wenn 
Serum und Kultur gut aufeinander abgestimmt sind. 


Literaturverzeichnis* 

*) Preüner , M., Zeitschr. f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. u. Hyg. 
d. Haustiere 2, 353. 1907. — 2 ) Spät, W., Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. C9, 
463. 1911. — 3 ) Bierbaum , K ., Dtsch. med. Wochenschr. 1912, Nr. 43. — 4 ) Burg - 
hart , K ., Inaug.-Diss. Hannover 1913. — ß ) Giften, 2£., Inaug.-Diss. Hannover 
1914. — 8 ) Schmidt , FT., Inaug.-Diss. Berlin 1923. 



Bücherbesprechungen 


Zur Aufklärung . 

Dio in Bd. 50, H. 1, enthaltene Besprechung des 4. Bandes meiner Anatomie 
durch Prof. Drahn gibt bezüglich der von Prof. Schauder bearbeiteten Abschnitte 
über Impftiere und Hausvögel kein durchweg richtiges Bild. Daher zur Auf¬ 
klärung folgendes: 

1. Schon bei der Anlage des ganzen Werkes war von mir die Darstellung der 
Impftiere und Vögel nach anderen Gesichtspunkten als die der übrigen Haustiere 
geplant, d. h. wie bisher in der Veterinäranatomie bezüglich der Vögel üblich, mehr 
in Form eines Anhanges (siehe Vorrede und Schlußwort im 4. Bande sowie die Ein¬ 
leitung zum Abschnitt Impftiere). In der Vorrede heißt es, die Darstellung der 
Impftiere solle nur so weit gehen, daß die in Instituten und Laboratorien arbeiten¬ 
den Tierärzte die für Impfungen und Sektionen dieser Tiere durchaus notwendigen 
anatomischen Anhaltspunkte erhalten. Für physiologische Versuchszwecke wollte 
ich die Anatomie der Impftiere nicht bearbeiten bzw. bearbeiten lassen, weil mir 
bekannt war, daß der Gegenstand schon von verschiedenen Seiten in Angriff ge¬ 
nommen ist und von dorther über kurz oder lang wohl auch eine systematisch - 
anatomische Darstellung in der genannten Richtung erwartet werden darf. Ich 
wollte also anderen nicht vorgreifen und nur das ausführen, was mir schon seit 
langen Jahren als wünschenswert vorgeschwebt hatte. 

Die Anatomie der Vögel ist in der neuen Auflage bedeutend erweitert, textlich 
von 26 auf 60 Seiten. Dies und die Vermehrung der Abbildungen von 6 auf 47 be¬ 
weist, daß eine „beeilte Durcharbeitung“ nicht stattgefunden hat. 

2. Wenn die Literatur eingehend und unter Nennung der Autoren in Text und 
Literaturverzeichnis aufgeführt ist, so verdient dies meines Erachtens keine Aus¬ 
stellung. Zitate aus wertvollen Monographien sind allgemein üblich. Für Kritik 
ist ein Lehrbuch nicht der gegebene Ort. 

3. Von den Bildern der Lieferung 4 wurde, wie auch in anderen Teilen des Wer¬ 
kes, eine Anzahl absichtlich in möglichst einfacher Darstellung gehalten, um die 
Besonderheiten der Teile unter bewußtem Verzicht auf künstliche Wirkung schärfer 
hervortreten zu lassen. Wo es auf Plastik ankam, ist ihr auch von Herrn Schauder 
durchweg Rechnung getragen, selbst bei Gegenständen, deren zeichnerische Dar¬ 
stellung die denkbar schwierigste war. Ich selbst hätte es nicht besser gemacht. 
Vor der Wiedergabe habe ich die Bilder selbst genau geprüft und auch Herrn 
Kollegen Olt als Sachverständigem vorgelegt, der sein durchaus lobendes Einver¬ 
ständnis mit deren Behandlung äußerte. 

Im Anschluß hieran möchte ich bezüglich der in Bd. 49, H. 6, enthaltenen 
Bemängelung der von mir hergestellten Tafel II, Bd. 4 (Oberflächliche Muskeln 
der Katze) bemerken, daß wir dem Urteile Drahns nicht zustimmen. Herr Kollege 
OÜ bittet mich im Gegenteil, ausdrücklich zu erklären, daß er dieses Bild wegen 
seiner künstlerisch und anatomisch richtigen Behandlung nicht missen möchte. 

Martin (Gießen). 



352 


Bttcherbesprechungen. 


Bemerkungen zu vorstehender „Aufklärung'". 

Bei Bücherbesprechungen hat meiner Meinung nach der Referent das ihm Auf¬ 
fallende offen zu erörtern; dabei bleibt es Autor und weiteren Interessenten un¬ 
benommen, anders zu denken; unter diesen Voraussetzungen können sachliche Ein¬ 
wendungen auch nicht verletzend wirken. 

Aus Punkt 1 obiger Aufklärung kann ich nur eine Bestätigung meiner 
Äußerungen entnehmen, die ich dahin aufrechterhalte, daß gegenüber der 
absichtlich kurzen und anhangsweisen Darstellung der Vogel- und Impf¬ 
tieranatomie größere Vollständigkeit entsprechend der Anlage des Gesamtwertes 
für den Benutzer (schon im Interesse schneller Orientierungsmöglichkeit durch ein 
Werk) wünschenswert gewesen wäre. Zu 2 hatte ich nirgends Veranlassung, auf 
Unterlassung von Autorennennung hinzuweisen, habe also in dieser Hinsicht keine 
Ausstellungen gemacht. Kritik braucht in einem Lehrbuch allerdings nicht aus¬ 
gesprochen zu werden, aber die „Zitate aus Monographien“ müssen kritisch t*r- 
arbeüet werden: wo gegensätzliche Anschauungen in der Literatur auf treten, 
könnte auch ein Lehrbuch durch eigene Ergänzungsuntersuchungen kritische Klä¬ 
rung bewirken. Zu 3 habe ich bei Besprechung früherer Lieferungen betont, daß 
ich die mit einfachen Mitteln arbeitende Martin sehe Zeichentechnik nicht allein 
für sehr instruktiv, sondern auch für künstlerisch schön halte: die wenigen an rich¬ 
tiger Stelle treffend hingesetzten Striche gewähren ein plastisches Bild und ver¬ 
mitteln eine schnelle Aufnahmemöglichkeit von seiten des Lesers; in der letzten 
Lieferung geht meiner Meinung nach in einem Zuviel von Strichen die sichere Be¬ 
tonung der Linienführung für die Einzeldarstellungen eines Bildes und damit auch 
die „instruktive Klarheit“ häufig verloren; die große anatomische Sorgfalt habe 
ich ausdrücklich hervorgehoben. Meiner Ansicht über die Tafel betr. Katzen¬ 
muskulatur nicht zuzustimmen, ist gutes Recht des Autors; trotzdem halte ich es 
für zweckmäßig, wenn gerade dies Bild gelegentlich durch eine Neuzeichnung er¬ 
setzt werden würde. 

Im übrigen habe ich in meiner letzten Besprechung deutlich betont, daß meine 
Bemerkungen lediglich „Wünsche“ seien; wenn ich mich nicht gescheut habe, diese 
freimütig zu äußern, so wird das weder dem bewährten Rufe des Herrn Geheimrats 
Martin als Anatomen noch seinem Werke den geringsten Abbruch tun. 

Drahn (Berlin). 

Statistischer Veterinärbericht über das Reichsheer für das Berichtsjahr 1922, 

bearbeitet vom Heeres-Veterinär-Untersuchungsamt. 

Das Reichsheer hatte im Berichtsjahre 42 000 Pferde und 39 106 Krankheits¬ 
fälle. Geheilt bzw. wieder dienstfähig wurden 96,58% der erkrankten Tiere. Der 
Gesamtverlust betrug 1,84% der Iststärke. Durch hohe Zugangszahlen fallen 
auf: Augenerkrankungen 1595 Fälle; Emährungskrankheiten 4066 (darunter 
2732 Kolikfälle); Wunde 17 050; Hufkrankheiten 7236 (darunter 118 Vernage¬ 
lungen, 348 Steingallen und 806 Hufgesehwiire); Sehnen- und Sehnenscheiden¬ 
erkrankungen 2419. An Seuchen herrschten Rotz, ansteckende Blutarmut, an¬ 
steckender Katarrh der oberen Luftwege, Druse, Starrkrampf, ansteckende Lymph- 
gefäßentzündung, Blutfleckenkrankheit, Räude. 

Ein P f crd mit positivem serologischen und negativem MaUein-Augenbefund 
ei wies sich bei der Zerlegung als rotzfrei. 2 Fälle von Rotz wurden bei den syste¬ 
matisch durchgeführten Blut Untersuchungen ermittelt. Die Brustseuche ist zum 
ersten Male seit Einführung der statistischen Veterinär berichte im Berichtsjahre 
nicht aufgetreten. An infektiöser Anämie erkrankten neu nur 18 Pferde; hier¬ 
von waren 13 Pferde als „Leihpferde“ von Pferden der Zivilbevölkerung ange¬ 
steckt. Unter den anämieverdächtigen Pferden wurde mehrmals Piroplasmose 



Bücherbesprechungen. 


353 


als Krankheitsursache gefunden. Im Dezember 1922 waren die Pferdeheeres- 
beetände räudefrei. Ein kleines Pferd (Leihpferd) verunglückte in der SO r Ga$- 
zelle. Bei Verdacht auf periodische Augenentzündung wird empfohlen, 30 ccm 
einer 4proz. Jodkaliumlösung intravenös zu geben. Die Kolikerkrankungen 
traten hauptsächlich in den Monaten Juli, August, September auf. 

Der Belicht 1921 gibt auf S. 87 an, daß 1071 Pferde an Hufzwang erkrankt 
waren. Ich hatte daran die Bemerkung geknüpft, daß das nicht Vorkommen sollte. 
Der neue Bericht geht hierauf ein und sagt, wie übrigens auch aus der Zusammen¬ 
stellung auf S. 11 hervorgeht, daß nur 114 an Zwanghufen gelitten haben. Ich nehme 
also alles zurück, bemerke nur, daß der Druckfehlerteufel im Veterinärbericht selbst 
daran schuld war. Die große Zahl der 1922 festgestellten Hufgeschwüre wird auf 
die Verwendung der Torfstreu zurückgefühlt. Der Hufkrebs wurde unter anderem 
auch mit S0 2 abspaltenden Arzneimitteln behandelt; ein Pferd wurde nicht ge¬ 
heilt, ein anderes erst, als ein Druckverband mit Huflederkittsohle und Deckel¬ 
eisen die Sulfoliquidbchandlung unterstützte. 

Unter den „Geschwülsten“ wird ein Hämatom, eine Schleimcyste, eine Balg¬ 
geschwulst angeführt. Das geht doch nicht an. Die hübsche Seuchenübersichts¬ 
karte, die noch der vorige Bericht enthielt, ist diesmal in Fortfall gekommen, 
ein Zeichen unserer Verarmung. 

Der Bericht ist diesmal, wenn auch ein größeres Druckformat gewählt wurde, 
kürzer gehalten: 79 Seiten gegenüber 112 Seiten im Vorjahr. Das Vorwort hebt 
hervor, daß durch den jetzt straffer organisierten Veterinärdienst eine genauere 
Berichterstattung ermöglicht wurde. 

Man erhält auch aus diesem Bericht den Eindruck, daß für unsere Truppen¬ 
pferde alles geschieht, was geschehen kann. Mag die Saat bald reifen. Nn. 

Lehrbuch der medizinischen Entomologie. Von Dr. Martini , wissenschaft¬ 
lichem Mitarbeiter am Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten, Hamburg. 
Jena, Gustav Fischer, 1923. 

Die Bedeutung der medizinischen Entomologie für die Seuchenabwehr, die 
namentlich während des Weltkrieges hervorgetreten ist, hat Verfasser veranlaßt, 
dieses wichtige Teilgebiet der angewandten Kerbtierkunde lehrbuchmäßig zu 
bearbeiten, um so mehr da ein Handbuch über medizinische Entomologie in 
deutscher Sprache bisher fehlte. 

Die medizinische Entomologie beschränkt sich wie die wirtschaftliche Ento¬ 
mologie (Forstzoologie) aus praktischen Gründen nicht auf die durch die Zoo¬ 
logie für die Entomologie gezogenen Grenzen, d. h. nur auf die Insekten, sondern 
sie zieht auch einige Arachnoidengruppen in den Bereich ihrer Betrachtung, die 
in gleicher Weise wie die Insekten für die Gesundheit der Menschen und der 
Tiere von ärztlicher Bedeutung sind. 

Die Einteilung des umfangreichen Stoffes ergibt sich aus dem Zweck des 
Lehrbuches und umfaßt die Abschnitte a) Wesen und System der Gliederfüßler 
nebst zoologischen Vorbemerkungen über die Nomenklatur und die Anwendung 
der dem Text eingefügten Bestimmungstabellen zur Feststellung der Art des 
fraglichen Tieres; b) die Gliederfüßler als Gifttiere, c) als Schmarotzer, d) als 
Krankheitüberträger und endlich e) die Ungezieferbekämpfung. 

Dank der vorzüglichen und zweckmäßigen Ausstattung des Werkes durch 
den bekannten Verlag von G'ustav Fischer in Jena ist dem Autor ein Standard¬ 
werk gelungen, in welchem das medizinisch Wichtige über die Insekten, Zecken, 
Milben usw. vollständig, aber präzis gefaßt, wiedergegeben ist. Für die veteri¬ 
nären Bedürfnisse könnten die in veterinär-hygienischer und veterinär-polizei¬ 
licher Beziehung wichtigen Gliederfüßler etwas eingehender behandelt werden. 
Außerdem wäre darauf hinzuweisen, daß für die Verbreitung des Milzbrandes 



354 


Bücherbesprechungen. 


bei Schafen auch die Schaflausfliege, Melophagus ovinus, in Betracht kommt. 
Auch wäre für empfindsame Leser des Lehrbuches eine euphemistische Ausdrucks¬ 
weise auf S. 397 anstatt der gewählten burschikosen Begriffe für Defäkation und 
Urinieren vielleicht empfehlenswert. 

Die Medizinische Entomologie von Martini kann Ärzten und Tierärzten zur 
Orientierung über die Gliederfüßler als Krankheitsüberträger warm empfohlen 
werden. Bongert. 

Leonhardt, 0., Polizeihund- und Schutzhundkalender. Taschenbuch für Polizei-, 
Schutzhundführer und -Züchter, sowie für alle Freunde der Polizeihundsache, 
3. Jahrgang, 1924. 

Für den Polizei- und Schutzhundführer ist das vorliegende Büchlein, abge¬ 
sehen von dem Kapitel über die Behandlung der Hundekrankheiten, ganz wert¬ 
voll. Es enthält u. a. ein Tagebuch für Nasenarbeiten in der Praxis, eine kurz- 
gefaßte Abrichteanleitung, Angaben über die erste Hilfe bei Unglücksfällen des 
Menschen und schließlich die Bestimmungen über Beförderung von Hunden auf 
der Eisenbahn. Die Haftpflichtbestimmungen, die für jeden Hundebesitzer außer¬ 
ordentlich wichtig sind, hätten zum besseren Verständnis unbedingt einer Erläu¬ 
terung bedurft. Was jedoch das Kapitel: Behandlung der am häufigsten vor¬ 
kommenden Krankheiten des Hundes angeht, so muß man jeden Besitzer in 
seinem eigensten Interesse davor warnen, seinen Hund nach den dortigen An¬ 
gaben zu behandeln. Erstens sind diese Angaben viel zu oberflächlich, ferner 
sind Präparate angeführt, wie Kalomel. Morphium, Chloralhydrat, Apomorphin, 
Atropin usw., die ohne ärztliche Verordnung überhaupt nicht abgegeben werden 
dürfen, und schließlich überläßt Verfasser bei diesen stark wirkenden Arzneien bzw. 
Giften, vorausgesetzt, daß sie doch auf irgend eine Weise in die Hand des Hunde¬ 
besitzers gelangen sollten, diesem die Dosierung, eine geradezu unfaßbare Fahr¬ 
lässigkeit. Am unglaublichsten aber ist es, daß teilweise sogar falsche Angaben 
gemacht werden. Die angeführte Santonindosis z. B. von 0,3—0,4 im Laufe eines 
Tages würde Welpen mit Sicherheit töten, und die gleichzeitige Verabreichung 
von Filixpräparaten mit Rizinusöl ist infolge Erhöhung der Giftwirkung eben¬ 
falls nicht ungefährlich. Es wäre für das Büchlein besser gewesen, wenn in diesem 
nicht nur unbrauchbare, sondern sogar gefährliche Kapitel keine Aufnahme ge¬ 
funden hätten. Kuhn , Berlin. 



DISSERTATIONEN DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE 

BERLIN*). 


(Aus dem Städt. Hygienischen Universitäts-Institut in Frankfurt a. M. 
[Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. M. Neißer].) 


Die Anwendung der Riffart-Gersbach sehen quantitativen 
Ausgestaltung der Abderhaldensehen Reaktion zur Feststellung 
der Schwangerschaft beim Rinde. 

Von 

Arthur Dietz jun., Frankfurt a. M., 

Tierarzt. 


[Referent Prof. Dr. SchötUer.] 


I. Einleitung. 

Seit den Untersuchungen von Schmarl und Veit wissen wir, daß 
während der Schwangerschaft Chorionzottenzellen aus der Placenta 
direkt in die Blutbahn gelangen und hier als blutfremde Zellen auf treten. 
Gleich den mit der Nahrung aufgenommenen Eiweißkörpem werden sie 
hier nach der Abderhaldenachen Vorstellung abgebaut. Das Blut reagiert 
nämlich auf diese blutfremden Stoffe durch die Vermehrung und Abgabe 
von gewissen Fermenten, die in geringer Menge normalerweise bereits 
vorhanden sein können. Diese Abbaufermente des Blutserums für 
Placentaeiweiß erfahren also während der Zeit der Schwangerschaft 
unter deren Einfluß eine spezifische Steigerung. Serum von Schwan¬ 
geren mit Placenta zusammengebracht wird somit reichlicher Placenta- 
abbauprodukte liefern als Serum von nichtträchtigen Tieren. Die in 
dieser Richtung hin von Abderhalden ausgeführten ersten Untersuchun¬ 
gen bei menschlicher Schwangerschaft erschienen vielversprechend. 

Die große praktische Bedeutung der Abderhaldenachen Vorstellung 
für die Frühdiagnose der Schwangerschaft bei Tieren liegt auf der Hand. 

Die Ergebnisse der zahlreichen Veröffentlichungen sind aber widersprechend. 
Während ein Teil der Autoren, wie Miessner'), Schlimpert und Issel 3 ), Schüttlet?), 
Mieesner und Berge*), Rehbock 6 ) und Wecke*), gute Ergebnisse erzielte, lehnt ein 
anderer Teil, wie Falk 1 ), Behne*), Richter und Schwarz*), Baebiger 10 ), Raebiger, 
Wiegert, Seibold und Roepke 11 ) und Bernhard 11 ), die Brauchbarkeit d^r Abder¬ 
halden sehen Reaktion ab. Wieder andere Autoren, wie Naumann 13 ), Pfeiler 1 *), 
Pfeiler , Standfuß und E. Roepke 1 *) und Weise 14 ), erkennen die Richtigkeit der 
Abderhalden sehen Vorstellung an, finden aber in der Methodik noch eine Reihe 
Mängel, welche vorläufig nicht gestatten, die Reaktion sicher zu nennen. 

*) Für Inhalt und Form Bind die am Kopf der Dissertationen angegebenen 
Herren Referenten mitverantwortlich. 


Arcb. L Tlerbellk. L. 


26 



356 


A. Dietz jun.: Die Anwendung der Riffart-Gersbach sehen 


Die Methodik der Abderhaldens chen Reaktion ist kompliziert und noch immer 
umstritten. 

Zum Nachweise der Schwangerschaft werden von Abderhalden die ver¬ 
schiedensten Methoden angewandt: Das Dialysierverfähren, die optische Methode, 
die interferometrische Methode, die Refraktionsmethode und die Trübung»- odei 
sog. direkte Methode. Der Gang dieser Verfahren wird als bekannt vorausgesetzt. 

Neuerdings hat Riffarl 11 ) unter Verwendung der Dialysiermethode ein colorime- 
trisches quantitatives Verfahren zur Bestimmung der beim Eiweißabbau frei werden¬ 
den Aminosäuremengen ausgearbeitet und in die Methodik der Nahrungsmittelchemie 
eingeführt. Qersbach 18 ) hat diese Methode nachgeprüft und, wie aus seinen Publika¬ 
tionen hervorgeht, mit Erfolg zum Nachweis der Schwangerschaftsfermente benutzt. 

Die Nachprüfung des Abderhalden sehen Dialysierverfahrens zur Feststellung der 
Schwangerschaft beim Rinde und vor allem die Nachprüfung der Riffart-Gersbach - 
sehen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion war das Thema dieser Arbeit. 

II. Gang der Untersuchungen . 

Zu Beginn meiner Versuche, wobei ich mich peinlichst an die von Abderhalden 
gegebenen Grundregeln hielt, wurde die Prüfung der von der Firma Schleicher und 
Schüll in Düren bezogenen Dialysierhtilsen vorgenommen. Sie wurden mindestens 
48 Stunden in keimfreiem Wasser in verschlossener Flasche geweicht, und vor jeder 
Prüfung und auch späterhin vor jedem neuen Versuche 3 Min. gekocht. Hierauf 
wurden sie einzeln mit einer sterilen, in ihrem fassenden Teile mit einer glatten 
Flache versehenen Pinzette erfaßt. Zur Prüfung auf Undurchlässigkeit für Eiweiß 
wurden sie mit 1,5 ccm frischem Serum mittels steriler Pipette beschickt, wobei 
besonders darauf geachtet wurde, daß keine Beschmutzung der Außenfläche der 
Hülse mit Serum eintrat. Die so gefüllte Hülse wurde nunmehr in ein kleines 
weithalsiges mit 20 ccm destillierten Wassers gefülltes Erlenmeyerkölbchen gestellt 
und Inhalt und Außenflüssigkeit mit Toluol üterschichtet. Das mit steriler Watte 
verschlossene Kölbchen wurde 16 Stunden bei 37° gehalten. Sämtlichen Ver¬ 
suchen liegen diese Bedingungen bezüglich der Wärmegrade des Brutschrankes 
und der Dauer des Verweilens in demselben zugrunde. Es wurden stets 12 Hülsen 
gleichzeitig in dieser Weise zur Prüfung angesetzt. Nach 16 Stunden wurde zur 
Prüfung geschritten. Ich prüfte das Vorhandensein von Eiweiß mit Hilfe des 
Sjriegler- Pollaci sehen Reagenzes. Das Reagens selbst besteht aus 1 g Weinsaure, 
5 g Sublimat und 15 g Kochsalz in 100 ccm destillierten Wassers. Zu dieser Lösung 
fügt man 5 ccm 40 proz. Formaldehydlösung. 10 ccm Dialysat werden mit 4 ccm 
des Reagenzes unterschichtet, wobei das Auftreten eines weißen Ringes an der 
Bertihrungsstelle beider Flüssigkeiten für das Vorhandensein von Eiweiß spricht. 
Während meiner alle 14 Tage bis 3 Wochen stattfindenden Prüfungen habe ich 
nur 2 Hülsen gefunden, die eiweißdurchlässig waren. Meine Versuche erstreckten 
sich über eine Dauer von über 5 Monaten. 

Nachdem ich bei diesen Hülsen völlige Eiweißundurchlässigkeit festgestellt 
hatte, wurden Hülsen und Kölbchen ihres Inhaltes entleert, gründüchst unter 
fließendem Wasser gereinigt und 3 Min. gekocht. 

Die Prüfung auf gleichmäßige Durchlässigkeit für Peptone wurde hierauf an¬ 
geschlossen. Die Hülsen wurden mit 2,5 ccm einer 1 proz. Seidenpeptonlösung 
beschickt. Diese Lösung, sowie die Außenflüssigkeit wurden mit Toluol über¬ 
schichtet, durch sterile Watte verschlossen und 16 Stunden bei 37° gehalten. Zu 
je 10 ccm der zu prüfenden DiaJysate wurden 0,2 ccm einer 1 proz. wässerigen 
Ninhydrinlösung hinzugefügt. Das Ninhydrin wurde mir von den Höchster Farb¬ 
werken in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt. Die 1 proz. Lösung wurde 
stets nur in Mengen von 50 ccm angesetzt und in brauner Flasche im Eisschranke 
aufbewahrt. Entgegen den Abderhalden sehen Vorschriften erhitzte ich gleich 



quantitativen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion usw. 357 

alle in den Reagensgläsern befindlichen Dialysate + Ninhydrin auf einmal in 
einem Wasser bade, nachdem die Reagensgläser in einem Einsatz verbracht worden 
waren und zwar 30 Min. lang. Ungleichmäßiges Erhitzen, Überkochen und Platzen 
der Reagensgläser beim Kochen über der Flamme wurde so vollkommen vermieden. 
Nach dem Kochen wurden die einzelnen Farbentöne verglichen, und die in dem 
Farbton abweichenden Hülsen wurden ausgeschieden. 

Da die Bereitung der Organe von ausschlaggebender Bedeutung für den Er¬ 
folg des Dialysierverfahrens ist, so wurde auf deren Herstellung besondere Sorgfalt 
verwandt. Im Prinzip handelt es sich darum, daß die Organe keine Stoffe mehr 
aufweisen, die dialysierbar sind und auf Ninhydrin reagieren. Die von mir ver¬ 
wandten Piacenten wurden stets von am gleichen Tage geschlachteten Tieren 
entnommen und an demselben Tage verarbeitet. Ich schnitt nach Entfernung der 
Eihäute und sonstigen anhaftenden Gewebstcile die aus dem hiesigen Schlacht¬ 
hofe gewonnene Placenta foetalis in etwa haselnußgroße Stückchen und entblutete 
diese dann noch vollständig durch Auspressen mit der Hand unter fließendem 
Wasser solange, bis sie grauweiß aussahen, und das abfließende Wasser klar blieb. 
Hierauf kochte ich die ganze Menge. Bei der Bereitung meiner letzten Piacenten 
verfuhr ich so, daß ich das ganze sorgfältig entblutete und von Gewebsteilen und 
-Säften ausgewaschene Substrat unter fließendes, beinahe kochendes Wasser stellte, 
wodurch der ganze Kochprozeß wesentlich verkürzt wurde. Die weitere Hitze¬ 
koagulation der Eiweißkörper wurde nunmehr in einem größeren Glaskolben mit 
reichlichem Uberschuß an destilliertem Wasser vorgenommen. Das Kochwasser 
wurde regelmäßig alle 15 Minuten gewechselt, das Gewebe hierbei stets in einem 
Tuche gründlich ausgepreßt, mit destilliertem Wasser abgespült und dann wieder 
gekocht. Nach 6—8 maligem Kochen wurde ein Teil des Kochwassers durch weiße 
entfettete Watte, die durch ein Papierfilter im Glastrichter gehalten wurde, filtriert 
und geprüft, ob noch positive Ninhydrinreaktion auftrat. Wenn dies nicht mehr der 
Fall war, wurde das Kochwasser abgegossen, das Substrat in einen anderen, schon 
gebrauchten sterilen Kolben gebracht, reichlich mit destilliertem Wasser bedeckt, 
das ganze mit Toluol überschichtet, und der Kolben im Eisschrank aufbewahrt. Bei 
meinen weiteren Versuchen verteilte ich die in kleinste Stückchen zerschnittenen 
Placentastückchen auf mehrere kleine Kölbchen von ca. 50—100 ccm Inhalt und be¬ 
wahrte sie, wie oben angegeben, auf. Die Placenta gab aber nach einiger Zeit trotz 
ihres anfänglichen ninhydrinnegativen Verhaltens immer wieder mit Ninhydrin 
positiv reagierende Stoffe an das Kochwasser ab. Ich habe daher nicht mehr sämt¬ 
liche Placentastückchen, sondern nur geringe Mengen — etwas mehr, als ich jedes¬ 
mal zu den Versuchen zu benötigen glaubte — vor jedem Versuch mit der 5fachen 
Menge Wassers so oft ausgekocht, bis das Kochwasser ninhydrinnegativ wurde. 

Bei der Gewinnung und Behandlung des Serums war ich bemüht, völlige Keim¬ 
freiheit zu erzielen und außerdem alle Momente auszuschalten, die eine Hämolyse¬ 
bildung begünstigten. Die Blutproben stammten teilweise aus Rinderbeständen 
meiner Privatpraxis, zum größeren Teile erhielt ich sie vom hiesigen städtischen 
Schlachthofe, wo ich sie selbst den Tieren entnahm. Hier erfolgte die Blutent¬ 
nahme teilweise mit der Hohlnadel von lebenden Tieren, teilweise bei der Schlach¬ 
tung der betreffenden Tiere, die in der üblichen Weise betäubt wurden und denen 
ohne Verletzung des Schlundes die großen Halsgefäße geöffnet worden waren. Von 
dem hervorschießenden Blutstrahle wurde etwas ablaufen lassen und dann in einem 
sterilen Gefäße aufgefangen. Das Blut blieb ca. 5—6 Stunden in einem mäßig tempe¬ 
rierten Raume zugedeckt stehen. Nach dieser Zeit — ich habe in der Regel ca. J / 4 1 
Blut entnommen — hatte das Blut reichlich Serum abgesetzt. Das völlig hämo¬ 
globinfreie, klare hell- bis dunkelgelbe Serum wurde in sterile große Zentrifugen¬ 
gläser umgefüllt, V 4 Stunde zentrifugiert und am gleichen Tage verarbeitet. 


26 * 



358 A. Dietz jun.: Die Anwendung der Riffart-Gersbach sehen 

Ich habe meine Versuchsreihen sowohl nach der Abderhalden sehen 
Originalmethode, als auch nach der Qersbach-Riffartaehen quantitativen 
Methode angestellt. Rif fort wies besonders auf die Dauer der Erhitzung, 
die Menge des zu benützenden Ninhydrins, die Wasserstoffionenkon¬ 
zentration und den Gehalt der zu untersuchenden Lösungen an Amino¬ 
säuren hin, alles Faktoren, die die Ninhydrinreaktion hauptsächlich be¬ 
einflussen, und er erhitzt seine ganze Versuchsreihe, die beliebig groß sein 
kann, auf einmal und gleichmäßig in einem lebhaft kochenden Wasser bade. 
Wichtiger ist aber die Abhängigkeit der Ninhydrinreaktion von der 
Wasserstoffionenkonzentration, wie dies Riffart durch ausgedehnte Ver¬ 
suche nachwies. Es sei hier auf die Publikation von Riffart hingewiesen. 

Während Abderhalden zu den zu untersuchenden Flüssigkeiten 
0,2 ccm der lprcz. Ninhydrinlösung hinzugibt, erachtet Rif fort eine 
Menge von 1 ccm zur Erzielung einer typischen Reaktion für notwendig. 
Nach Oerebach genügt jedoch die Hälfte, nämlich 0,5 ccm der 1 proz. 
Ninhydrinlösung, und auch ich habe mich bei meinen Versuchen dieser 
Menge bedient. Riffart ging nun weiter daran, die bei den Abbauvor¬ 
gängen freigewordenen Aminosäuremengen colorimetrisch quantitativ 
zu bestimmen. Beim Vorversuche hatte Riffart festgestellt, daß das 
Sörenseneche Phosphatgemisch p tf = 6,976 als das günstigste zu be¬ 
trachten sei — der Farbstoff trat hier am reinsten und stärksten auf und 
zeigte die charakteristische Blauviolettfärbung — darum wählte er dieses 
Phosphatgemisch zum Vergleich für die zu untersuchenden Lösungen. 
Die zu untersuchenden Dialysate, sowie das Phosphatgemisch mit p a = 
6,976, werden mit 0,05 ccm einer 0,01 proz. alkoholischen Neutralrot¬ 
lösung versetzt und die Untersuchungslösungen mit "/ 400 Säure bzw. 
Lauge auf den Farbton des Phosphatgemisches eingestellt. Um nun zu 
verhindern, daß während des Erhitzens sich die Wasserstoffionen¬ 
konzentration in dem Untersuchungsröhrchen -ändert, winde diesem 
nach der Angabe Sörensens* 3 ) die gleiche Menge Phosphatgemisch als 
Puffer zugesetzt. Riffart wies nach, und daraus erhellt die Wichtigkeit 
des Zusatzes des sog. Puffers, daß bei kleineren Aminosäuregehalten 
ohne Zusatz eines Puffers keine Färbungen auftraten, während mit 
Puffer bei denselben Aminosäuremengen noch schöne Färbungen auf¬ 
traten. Er stellte sich nun eine Reihe von Asparaginsäurelösungen mit 
verschiedenen Konzentrationen von 0,1, 0,06, 0,05, 0,04 usw. bis 0,001% 
her. Je 2 ccm dieser wäßrigen Asparaginsäurelösungen versetzte er mit 
0,05 ccm Neutralrotlösung als Indicator, fügte 2 ccm des Phosphat¬ 
gemisches als Puffer sowie je 1 ccm der 1 proz. Ninhydrinlösung hinzu 
und erhitzte diese 30 Minuten im lebhaft siedenden Wasserbade. Es 
zeigte sich, daß bis zur Konzentration von 0,003% Asparaginsäure 
Blauviolettfärbung ohne Schwierigkeit erzielt werden kann. Diese 
Menge entspricht 0,00028% Aminosäurestickstoff, rund 3 mg Amino- 



quantitativen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion usw. 359 


säurestickstoff im Liter. Auf Grund seiner weiteren Versuche stellte 
er fest, daß der Ausfall der Ninhydrinreaktion ganz allein von der Kon¬ 
zentration des AminosäurestickBtoffes abhängig ist. Oersbach hat auf 
Grund dieser quantitativen Aminosäurestickstoff-Bestimmungsmethode 
die Abderhaldenache Reaktion zwecks Feststellung der Schwanger¬ 
schaft nachgeprüft und weiter ausgebaut. Zur Ausführung dieser 
Methode sind nun folgende Lösungen erforderlich: 

1. Aaparaginsäurelösungen in den Konzentrationen 2, 3, 4, 6, 8, 10, 12 mg 
Aminos&urestickstoff im Liter. 

2. Lösung von primärem Kaliumphosphat nach Sörensen, welche 9,078 g 
Kaliumphosphat im Liter enthält. 

3. Lösung von sekundärem Natriumphosphat nach Sörensen, welche 11,876 g 
Natriumphosphat ira Liter enthält. 

4. Neutralrotlösung 0,1g Neutralrot in 1000 ccm 60proz. Alkohols. 

6. ”' 400 NaOH und H,S0 4 . 

6. 1 proz. wässerige Ninhydrinlösung. 

Das zu den Lösungen benützte Wasser muß frei von Kohlensäure 
sein und soll in einem alten oft gebrauchten Glaskolben ausgekocht sein 
[T. Michaelis 19 )]. Die Vergleichslösungen der Asparaginsäurereihe 
werden mit Toluol überschichtet, um eine Zersetzung durch äußere 
Einflüsse zu vermeiden. Bei der Entnahme der mit Toluol überschich¬ 
teten Vergleichslösungen muß man jedoch darauf achten, daß kein 
Toluol mitentnommen wird. Die Neutralrot- und die Ninhydrinlösung 
setzt man zweckmäßig nur in kleinsten Mengen an und bewahrt sie in 
dunkelbraunen Flaschen auf. Als Stammlösungen zur Herstellung der 
oben genannten Asparaginsäurereihe stellt man sich eine Lösung her, 
die 100 mg Aminosäurestickstoff im Liter enthält. Aus dieser Lösung 
werden durch Verdünnen von 2, 3, 4, 6, 8 ccm usw. auf 100 ccm die 
einzelnen Vergleichslösungen hergestellt. Es ist nicht angängig, die 
Vergleichslösungen länger als 4 Wochen zu benützen. 

Die Bestimmung des Aminosäurestickstoffes gestaltet sich nun wie 
folgt: Auf ein Reagensglasgestell werden entsprechend gekennzeichnete 
einwandfrei gereinigte, vollkommen trockene Reagensgläser gestellt. 
In der oberen Reihe stehen die mit 2, 3, 4, 6 usw. gezeichneten Gläser 
zur Aufnahme von 2 ccm der entsprechenden Asparaginsäurelösungen. 
Hieran anschließend steht das mit P gezeichnete Reagensglas zur Auf¬ 
nahme des Puffers (Phosphat gemisch), der im Verhältnis von 2 Teilen 
Kaliumphosphat zu 3 Teilen Natriumphosphat hergestellt wird. In der 
unteren Reihe stehen die entsprechend gekennzeichneten Reagensgläser 
zur Aufnahme der zu untersuchenden Dialysate. Nun werden je 2 ccm 
der Asparaginsäurevergleichslösungen und in das mit P bezeichnete 
Röhrchen 2 ccm des frisch hergestellten Phosphatgemisches pipettiert, 
während in die Reagenzgläser der unteren Reihe je 2 ccm der Dialysate 
verbracht werden. Dem Inhalte eines jeden Röhrchens wird nunmehr 



360 A. Dietz jun.: Die Anwendung der Riffart-Gersbachsehen 

0,05 ccm der Neutrallösung als Indicator zugesetzt. Die nunmehr in den 
einzelnen Gläsern entstandenen Farbenunterschiede werden durch vor¬ 
sichtiges tropfenweises Zufließenlassen von n / m Lauge bzw. n l m Säure 
ausgeglichen und zwar werden alle gleichmäßig auf die Farbstufe des 
Phosphatgemisches eingestellt. Bei der Neutralisation entstandene 
Volumenunterschiede werden durch entsprechenden Zusatz von Tropfen 
destillierten Wassers ausgeglichen. Zu den so neutralisierten Lösungen 
setzt man nunmehr je 2 ccm des Phosphatgemisches sowie je 0,5 ccm der 
lproz. Ninhydrinlösung. Die einzelnen Röhrchen werden gut umge- 
schüttelt und in einen Einsatz verbracht, der in ein lebhaft siedendes 
Wasserbad gestellt wird. Nach einer Kochzeit von 30 Minuten wird der 
Einsatz mit allen Gläsern gleichzeitig herausgenommen, und nach einer 
weiteren halben Stunde werden die Farbstoffreaktionen vergleichend 
abgelesen und notiert. Während des Erhitzens soll man einzelne Röhr¬ 
chen nicht aus dem Wasserbade herausnehmen, um gleiche Bedingungen 
für alle Gläschen zu erhalten. Nach Verbringen der Röhichen auf das 
Reagensglasgestell, und zwar in der oben beschriebenen Reihenfolge, 
zeigt sich, daß das Röhrchen, mit 2 bezeichnet, mit dem Stickstoff¬ 
gehalt 2 mg/1 keine Farbreaktion aufweist, sondern gelblichweiß ge¬ 
blieben ist; es sind nur 3 mg/1 Stickstoff mit der Ninhydrinreaktion 
nachweisbar. Das mit 3 bezeichnete Röhrchen, das 3 mg/1 Stickstoff 
enthält, ist schwach violett gefärbt. Es steigert sich diese Blauviolett¬ 
färbung in den folgenden Gläschen weiter bis zu der Stickstoffmenge, die 
eine tiefblaue Färbung hervorruft. 

Die zu untersuchenden Röhrchen werden nun mit der eben beschrie¬ 
benen Asparaginsäurereihe verglichen und die erzielten Werte notiert. 

Genbach hat, da ihm die vom Menschen zur Verfügung gestellten 
Serummengen nicht immer ausreichten, die Methode der Abderhalden- 
sehen Reaktion noch weiter modifiziert und eine sog. Divisionsmethode 
geschaffen. Nach Abderhalden braucht man 2 Dialysierschläuche, die 
beide 1,5 ccm Sei um enthalten, während dem ersteren noch 1 g Organ 
hinzugefügt wird. Die Schläuche stehen in Erlenmeyerkölbchen mit 
20 ccm Aqu. dest. Außenflüssigkeit. Man benötigt also 3 ccm Serum. 
Genbach versuchte nun mit kleineren absoluten Mengen, aber bei glei¬ 
chem Verhältnis von Inhalt und Außenflüssigkeit, seine Versuche anzu¬ 
setzen und stellte fest, daß man ohne Störung den Versuch mit 0,3 ccm 
Serum und 4 ccm Außenflüssigkeit ausführen kann. Die fehlende Menge 
Serum ersetzt er durch 1,2 ccm physiologische Kochsalzlösung. Diese 
Versuche können natürlich wegen der nur geringen Menge an Außen¬ 
flüssigkeit nicht in dem Erlenmeyerkölbchen ausgeführt werden, son¬ 
dern es müssen die Hülsen in große Zentrifugengläser gebracht werden, 
wodurch erreicht wird, daß die Außenflüssigkeit die Höhe der Innenflüs¬ 
sigkeit überragt. Außerdem setzte Genbach bei jedem Versuche 3 Kon- 



quantitativen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion usw. 361 


trollen an. Er prüfte 1, das zu untersuchende Serum allein auf nin- 
hydrinpositive Stoffe; 2. untersuchte er das bei 58—60° inaktivierte 
Serum auf Abbauvermögen, und 3. setzte er noch eine Organkochsalz¬ 
kontrolle ein. Neben diesen Variationen und Kontrollen wurde bei allen 
Versuchen zur eigenen Kontrolle und zur Kontrolle der Abderhaldenachen 
Originalmethode diese letztere stets mitausgeführt. 

Eine Differenz von 2 mg/1 Stickstoff oder mehr spricht nach Oers- 
hoch für den durch spezifische Fermentwirkung erfolgten Abbau des 
Placentaeiweißes, während eine Differenz, die kleiner als 2 mg/1 Stick¬ 
stoff ist, den Ausfall der Reaktion als negativ erscheinen läßt. 

III. Eigne Versuche. 

Auf Grund dieser Oersbachachen Angaben baute ich meine Versuchs¬ 
reihe in gleicher Weise auf und untersuchte 6 trächtige Kühe bzw. Rinder, 
die auch alle eine positive Reaktion ergaben, während ich bei der Unter¬ 
suchung von 32 Ochsen 16 positive und 16 negative Reaktionen erhielt. 

Als typisches Beispiel meiner Versuchsanordnung führe ich ein be¬ 
liebiges Protokoll eines meiner Versuche an: 



Serum 

NaCl 

Placenta 

Aqu. dest. 
außerhalb 
der Hülse 

Menge des 
untersuchten 
Dlalysates 

1 . 

1,5 

_ 

1 

20 

10 

2. 

1,5 

— 

— 

20 

10 

3. 

1,5 

— 

1,0 

20 

2 

4. 

1,5 ia. 

— 

f 1,0 

20 

2 

5. 

1,5 

— 

— 

20 

2 

6. 


1,5 

1,0 

20 

2 

7. 

0,3 

1,2 

1,0 

4 

2 

8. 

0,3 ia. 

1,2 

1,0 

4 

2 

9. 

0,3 

1,2 

— 

4 

2 


Wie aus diesem Protokoll hervorgeht, bediente ich mich stets 3 ver¬ 
schiedener Methoden. 

Zunächst führte ich die Abderhaldemche Originalreaktion (Röhrchen 
1 und 2) aus, dann die colorimetrische quantitative Methode nach 
Riffart-Oersbach (Röhrchen 3—6) und schließlich die quantitative Methode 
mit der Oersbachachen Modifikation der kleinen Serummengen (Divi¬ 
sionsmethode) (Röhrchen 7—9). 

Ich fand, daß in manchen Fällen die alte Abderhaldenache Methode 
negative Ergebnisse ergab, wo die Riffart-Oersbachache Methode ein 
positives Ergebnis zeigte. Ich beobachtete aber auch Fälle, wo die 
Abderhaldenache Methode positive Resultate brachte, während die 
quantitative Methode negativ ausfiel. Erwähnt sei noch, daß ich bei den 
ersten Versuchen die Inaktivkontrollen nicht ausführte, daß ich sie erst 
später, nachdem ich mich von der Wichtigkeit dieser Kontrolle überzeugt 
hatte, stets ansetzte. 



362 


A. Dietz jun.: Die Anwendung der Riffart-Gersbach sehen 


IV. Hemmungsstoffe. 

In den ersten, mit dem Serum trächtiger Rinder ausgeführten Ver¬ 
suchen zeigte sich das auffallende Ergebnis, daß mit der Abderhalden sehen 
Originalmethode, sowie mit der quantitativen Methode, aber bei unver¬ 
dünnten Serummengen, fragliche Resultate erzielt wurden, während ich 
mit verdünnten Serummengen stark positive Werte bekam. Zur Erläute¬ 
rung sei das Protokoll eines typischen Versuches hier angeführt. 


Trächtige Kuh im 6. Monat. 



Serum 

NaCl 

Placenta 

Aqu. deat. 

Dialysat 

Resultat 

1 . 

1,5 

_ 

1,0 

20 

10 

schwach violett 

2. 

1,5 

— 

— 

20 

10 

negativ 

3. 

1,5 

i 

1,0 

20 

2 

27 , 

4. 

1,5 


— 

20 

2 

2 

6. 

0,3 

1,2 

1,0 

4 

2 

10 

6. 

0,3 

1,2 

— 

4 

2 

2 


Dieses Ergebnis führte mich zu der Annahme, daß im Serum des 
Tieres vielleicht Hemmungsstoffe vorhanden sind, die eine positive 
Ninhydrinreaktion selbst bei vorhandenen spezifischen Fermenten zu 
verhindern in der Lage sind. Bei einer Verdünnung des Serums müßte 
demnach auch eine Verdünnung der Hemmungsstoffe eintreten, und 
infolgedessen auch die Ninhydrinreaktion bei einer Verdünnung des 
Serums stärker werden. 

Aus diesem Grund machte ich folgenden Versuch. Ich brachte fallende 
Mengen Serum mit gleicher Placentamenge zusammen, um zu sehen, ob 
bei verschiedenen Serummengen ein verschiedenes Resultat eintreten 
würde. Diese Versuche und andere scheinen für meine Vorstellung von den 
„Hemmungsstoffen“ zu sprechen, indem tatsächlich bei den stärkeren 
Verdünnungen die Ninhydrinreaktion meist etwas stärker wurde. 


Trächtige Kuh. 



Serum 

NaCl 

Placenta 

Aqu. dest. 

Dialysat 

| Resultat 

1 . 

1,5 


1,0 

20 

2 

3 

2. 

i 1,2 

0,3 

1,0 

16 

2 

5 

3. 

' 0,9 

0,6 

1,0 

12 

2 

4 

4. 

0,6 

0,9 

1,0 

8 

2 

3 

5. 

0,3 

1,2 

1,0 

4 

2 

4 

6 . 

1,5 

— 

— 

20 

2 

2 


Bei diesen Versuchen habe ich jedesmal die gleiche Menge Dialysat 
zur Prüfung entnommen, nämlich 2 ccm. Dadurch, daß ich bei Ver¬ 
ringerung des Serums auch eine Verringerung der Außenflüssigkeit 
vornahm, habe ich für alle Versuche gleiche Bedingungen geschaffen, 
indem ich in dem untersuchten Dialysate stets die gleiche errechnete 
diffundierte Aminosäuremenge nachwies. 




quantitativen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion usw. 363 


V. Hungervereuche. 

Im Verlaufe meiner Untersuchungen zeigte es sich, daß die an man« 
chen Tagen angesetzten Versuche — ich setzte meist 2—3 Versuche 
von verschiedenen Seris gleichzeitig an — alle positiv ausfielen oder aber 
alle mehr oder weniger negative Resultate aufwiesen. Durch die reich* 
lieh in jedem Versuche vorhandenen Kontrollen wurde es mir klar, daß, 
wie ich zu Anfang immer annahm, der Fehler nicht bei mir liegt, 
sondern auf andere Momente zurückzuführen ist. 

Nach den Untersuchungen Boldyreffs * 3 ) bleibt der Magen- und Darm* 
traktus mit seinen Drüsen auch außerhalb der Zeiten der Verdauung 
nicht in Ruhe. Diese Organe befinden sich in einer intensiven dauernden 
Tätigkeit, die nur unterbrochen ist durch in periodischen Intervallen 
auftretende kurze Zeiten der vollkommenen Ruhe. In dieser Zeit der 
Tätigkeit kreist im Blute ein proteolytisches Ferment, mit dem man eine 
positive Abderhaldens che Reaktion erzielen kann. Wenn man nun das 
Blut zu einer Zeit untersucht, in der Magen und Darm in Tätigkeit ist, 
wird man stets positive Resultate erzielen, auch bei Männern und Nicht¬ 
schwangeren. Weiter wird man bei Schwangeren keine positive Abder¬ 
haldenache Reaktion erhalten, wenn man das Blut zu einer Zeit ent¬ 
nommen hat, in der gerade Ruhe im Verdauungsapparate herrschte. 

Im gleichen Sinne haben schon verschiedene Autoren darauf hin 
gewiesen, daß es vermieden werden müsse, das Blut während oder kurz 
nach der Fütterung zu entnehmen, und daß die Art der Fütterung für 
den Ausfall der Reaktion von Bedeutung ist. Es stellte sich mm bei 
meinen Versuchen heraus, daß, wenn das Blut den Tieren im Schlachthof 
am Montag, d. h. 2 Tage nach Verlassen der Stallhaltung, wo sie unter 
intensiver Fütterung mit proteinreicher Nahrung standen, das Blut 
entnommen wurde, die Abderhaldensche Reaktion meist positiv war. 
Wurde das Blut aber den Kühen und Ochsen des gleichen Transportes 
am Mittwoch oder Donnerstag, nachdem sie mehrere Tage nur wenig 
Heu und Wasser erhalten hatten, entnommen, so fiel die Abderhalden- 
sehe Reaktion meist negativ aus. Diese Erscheinung veranlaßte mich, 
die Sera zweier Rinder 3 Tage lang täglich zu untersuchen. Die Tiere, 
es handelte sich um gut genährte Rinder, die aus einer Stallhaltung 
kamen, wurden während dieser Zeit auf magere Kost gesetzt, d. h. sie 
erhielten nur in geringen Mengen Heu und Wasser. Das Ergebnis dieser 
2 Versuche war folgendes: 

Rind 1 war am 1. Tage deutlich positiv (Differenz 6), am 2. und 
3. Tage war es negativ. Rind 2 war am 1. Tage positiv (Differenz 4), 
am 2. Tage positiv (Differenz 3) und am 3. Tage negativ. Leider war es 
mir nicht möglich, mehr Versuche in diesem Sinne anzustellen, da sich 
die Besitzer zu den Maßnahmen des Hungernlasse ns ihrer Tiere nicht 
herbeiließen. 



364 


A. Dietz jun.: Die Anwendung der Riffart-Ge rsbach sehen 


VI. Weitere Fehlerquellen. 

Was nun weitere Fehlerquellen bei dem Dialysierverfahren anlangt, 
so ist von vielen Seiten auf die nicht einwandfreie Beschaffenheit der 
Hölsen, ferner auf hämolytisches Serum, ungenügend zubereitete 
Placenta, unsaubere Utensilien und evtl, auch auf Verunreinigungen 
des Serums durch Bakterien hingewiesen worden. Ich habe, in der An¬ 
nahme, daß meine Anfangsversuche Fehlerquellen enthielten, die ich 
mir selbst zuschreiben müßte, die Fortsetzung meiner Versuchsreihen 
«ine zeitlang unterbrochen und mich lediglich mit der Nachprüfung der 
Fehlerquellen befaßt. Die Versuche wurden in den Monaten Juli und 
August, also in den heißesten Monaten des Jahres, wo sich immer etwas 
Handschweiß bildet, angestellt. Um festzustellen, ob vielleicht durch 
diesen Schweiß ninhydrinpositive Stoffe in das Dialysat kommen könnten 
habe ich die Hülsen rücksichtslos in die Finger genommen, habe sie 
mit 1,5 ccm gekochten Leitungswasser beschickt, in mit 20 ccm Außen¬ 
flüssigkeit gefüllte Kölbchen gestellt und 16 Stunden im Brutschrank 
bei 37 0 gehalten. Die am nächsten Tage mit der Außenflüssigkeit vor¬ 
genommene Ninhydrinprobe fiel negativ aus. Schweiß und Leitungs¬ 
wasser kommen also als Fehlerquellen nicht in Betracht. 

Wie schon weiter oben erwähnt, wurden während meiner zahlreichen 
Versuche von den hier zur Verflüssigung stehenden 24 Hülsen nur 2 wegen 
Eiweißdurchlässigkeit ausgeschieden. Daß Fehler in den Hülsen nicht 
bestanden haben, beweisen die zahlreichen im hiesigen Institute am 
gleichen Tage und mit dem gleichen Material, aber mit anderen Hülsen 
und von anderen Personen ausgeführten Kontrollversuche, die in fast 
allen Fällen ganz genau mit den von mir protokollierten Versuchen ein¬ 
wandfrei übereinstimmen. 

VII. Der Einfluß von Bakterien auf die Abderhaldensche Reaktion. 

Die von mir verwandten Sera waren stets frei von Hämoglobin und 
ohne Trübung; von Zeit zu Zeit, namentlich, wenn wieder Ochsensera 
positive Reaktionen ergaben, erschien es mir wichtig, festzustellen, ob 
diese Resultate nicht auf bakteriellen Einfluß im Serum zurückzuführen 
seien. Tatsächlich konnte ich einige Male aus den Seris von Ochsen, mit 
denen ich eine positive Abderhaldensehe Reaktion erzielt hatte, Bak¬ 
terien herauszüchten. Es handelte sich dabei um Proteus- und in einem 
Falle um Heubacillen. Ausnahmsweise hatte ich an diesen Tagen einen 
bei der Blutgewinnung im hiesigen Schlachthause beschäftigten Mann 
mit der Blutentnahme beauftragt. Das Serum Nr. 21a, das sich im 
Sterilitätsversuche vom 4. X. 22 als steril erwiesen und eine negative 
Abderhaldensche Reaktion ergeben hatte, wurde am 5. X. 22 mit dem aus 
einer anderen Serumprobe gezüchteten Heubacillus G 2 meiner Samm¬ 
lung beimpft und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen. 



quantitativen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion usw. 365 


Ich fand am nächsten Tage bei der mikroskopischen Untersuchung des 
Serums reichlich Heubacillensporen vor. Mit diesem sporenhaltigen 
Serum wurde der Versuch angestellt und fiel, da sich keine ausgekeimten 
Bakterien im Serum befanden, negativ aus. 










366 


A. Dietz jun.: Die Anwendung der Riffart-Gersbach sehen 


zeigten mir, daß eine halbstündige Inaktivierung bei 60° genügte, um 
Bakterien abzutöten. Gerinnen des Serums habe ich hierbei niemals 
beobachtet. Diese Versuche veranlaßten mich, die Inaktivierung nun¬ 
mehr stets bei 60° vorzunehmen, und hatte ich bei dieser Temperatur 
in meinen Kontrollen nie mehr ninhydrinpositive Ergebnisse. 

IX. Ergebnisse. 

Ich stellte im ganzen 48 Versuche an, und zwar stammten 8 Sera von 
trächtigen Kühen, 7 Sera von nichtträchtigen Kühen und 33 von 
Ochsen bzw. von männlichen Jungtieren. Zusammengefaßt zeigten alle 
mit beiden Methoden ausgeführten Versuche folgendes Ergebnis: 


6 

1 

1 


3 

1 

1 


9 

15 

3 

2 

2 

2 


8 trächtige Kühe. 

Abderhaldeneche Methode: Riffart-Oersbacheche Methode: 

+ + 


— + 

7 nichtträchtige Kühe. 

Abderhaldeneche Methode: Riffart-Oersbacheche Methode 

+ + 


— + 

+ — 

33 Ochsen bzw. männliche Tiere. 

Abderhalden sehe Methode: Riffari-Qtrsbach sehe Methode: 

+ + 


— + 

+ — 

+ — 

+ + 


Zusammenfassung. 

1. Unter den von Abderhalden angegebenen Methoden zur Fest¬ 
stellung seiner Abbaufermente spielt immer noch die sogenannte Dia- 
lysiermethode die größte Rolle. 

2. Die quantitative Ausgestaltung dieser Methode durch Riffart- 
Oersbach und die Anwendung kleinerer Serummengen (Divisionsmethode) 
nach Gersbach bedeuten einen Fortschritt. Es wurden deswegen hier 
zum ersten Male beide Methoden zur Untersuchung von Tierseris ver¬ 
wendet. 

3. Auch die so verbesserte Abderhalden -Methode ist kompliziert und 
subtil. Es konnte z. B. gezeigt werden, daß Heubacillen und Proteus¬ 
bacillen in verhältnismäßig kurzer Zeit Placentaeiweiß so abbauen, daß 
ninhydrinpositive Substanzen entstehen. 

4. Schon oft ist die Vermutung ausgesprochen worden, daß die 
Verdauungstätigkeit von Einfluß auf das Vorhandensein von Placenta- 
Abbaufermenten sei; es gelang in vorliegender Arbeit nachzuweisen, 



quantitativen Ausgestaltung der Abderhalden sehen Reaktion usw. 367 

daß das Serum von Rindern, die nach reichlicher Fütterung positiv 
reagierten, 2 Tage später, nachdem sie auf schmale Kost gesetzt waren, 
negativ reagierten. Es erklärt sich durch die Verschiedenheit der 
Fütterung wohl auch die Verschiedenheit in der Reaktion von Tieren, 
die zum Schlachten im Schlachthof untergebracht sind, und solchen, 
welche in Mastfütterung stehen. 

5. Das gesamte Ergebnis zeigt, daß von 8 trächtigen Rindern nach 
der alten Abderhaldenachen Methode 6, nach der Riffart-Oersbachachen 
Methode 7 positiv waren. In Übereinstimmung mit den Angaben der 
aufgeführten Literatur zeigt also das Serum trächtiger Rinder fast 
immer positive A.R. 

6. Von 7 nichtträchtigen Rindern oder Kühen geben nach beiden 
Methoden 4 negative und 3 positive A.R. 

7. Von 33 Ochsen geben nach der A.M. 18 negative und 15 positive 
A.R., nach der Riffart-Qersbockechen Methode 19 negative und 14 posi¬ 
tive A.R. 

8. Eine positive A.R. ist ohne Bedeutung für die Erkennung der 
Schwangerschaft beim Rinde, aber allein die Tatsache, daß trächtige 
Rinder so gut wie immer positive A.R. geben, zeigt, daß die A.R. be¬ 
sondere Erscheinungen des Stoffwechsels anzeigt. Damit steht vielleicht 
im Zusammenhang, daß unter den kastrierten Tieren (Ochsen) die A.R. 
besonders häufig auftritt. 


Literaturverzeichnis. 

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ner, H., Dtsch. tier&rztl. Wochenschr. 1913, Nr. 26. — *) Schlimpert, H. und E. Issel, 
Münch, med. Wochenschr. 1913, S. 1759. — 4 ) Schattke, Zeitschr. f. Veterinärk. 
mit bes. Berücksicht, d. Hyg. *5, 425. 1913; Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1914, 
Nr. 23. — *) Miessner, H. und R. Berge, Dtsch. tier&rztl. Wochenschr. 1914, S. 529. 

— *) Rehbock, F„ Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 49, H. 4 und 5. 1914; Berlin, 
tierärztl. Wochenschr. 1915, Nr. 44. — 7 ) Wecke, Emst R., Fermentforschung I, 
379. 1915. — ®) Falk, M., Berlin, tierärztl Wochenschr. 1913, Nr. 8. — l ) Behne, K., 
ZentralbL f. Gyn&kol. 38, 74. 1914. — *) Richter, J. und J. Schwan, Zeitschr. f. 
Tiermed. 1913, H. 10. — 10 ) Raebiger, H„ Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1913, Nr. 44. 

— u ) Raebiger, H., E. Wiegert, E. Seibcld und .4. Roepke, Berlin, tierärztl. Wochen¬ 
schr. 1915, Nr. 8 und 9. — M ) Bernhardt, Zeitschr. f. Gestütk. 1915, S. 33; Berlin. 
tier&rztL Wochenschr. 1915, Nr. 19. — 13 ) Naumann, Dtsch. med. Wochenschr. 
1913, S. 2086; Berlin, tier&rztl. Wochenschr. 1914, Nr. 2. — n ) Pfeiler, W., Berlin, 
tierärztl. Wochenschr. 1915, Nr. 10. — u ) Pfeiler, W., R. Standfuss und Erika 
Roepke, ZentralbL f. Bakteriol, Parasitenk. u. Infektionskrankh.. Abt. 1, Orig. 75, 
525. 1915. — M ) Weise, Arch. f. Byg. 85, 61. 1916. — 17 ) Riffart, Biochem. Zeit- 
Bchr. 131. 1922. — 18 ) Oersbach, Münch, med. Wochenschr. 1922, Nr. 41. — w ) Mi¬ 
chaelis, Die Wasserstoffionenkonzentration. Berlin 1914, S. 171. — *°) Boidyreff, 
Cpt. rend. des slances de la soc. de bioL 86. 1917. — n ) Frank und Heimann, 
Berlin. tierärztL Wochenschr. 1913, Nr. 16. — **) Sachs und Oellingen, Klin. Wochen¬ 
schr. 1922, Nr. 45. — **) Sörensen, Biochem. Zeitschr. XI. 1909. 



(Aus dem Pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Prof. Dr. fl oller)*) 


Die frühen cellularen Reaktionen des Mäusekörpers 
nach der Einspritzung einiger Flagellatenkulturen. 

Von 

Walther Krey, Jena, 

approb. Tierarzt, Kgl. Preuß. Haupunann a. D. 

[Referent: Prof. Dr# W. Köüer^ 


A. Einleitung. 

Wenn wir die neuere Entzündungslehre betrachten, so macht sich immer 
mehr das Bestreben bemerkbar, die cellularen Reaktionen als spezielle Abwehr¬ 
vorrichtungen gegenüber spezifischen Substanzen aufzufassen und zu erweisen. 
Von den polymorphkernigen Leukocyten ist ihre spezielle Rolle (Bakterienfressen 
und Abgabe proteolytischer Fermente) ja längst erwiesen. Von den Lymphocyten 
hat Berge! versucht, eine Spezialfunktion insofern festzustellen, als er ihr Ver¬ 
hältnis zu den Lipoiden prüfte und fand, daß sie sich dt roh die Abgabe lipoid¬ 
spaltender Fermente auszeichneten. Bergei hat bei seinen Untersuchungen nicht 
scharf zwischen Lymphocyten und der Gruppe der Histiocyten unterschieden, 
sondern vielmehr diese Gruppen als zusammengehörig betrachtet. Zu dieser An¬ 
schauung mag er vielleicht teilweise durch die gleiche Funktion der Zellen im 
Fettstoffwechsel gekommen sein. In den übrigen Funktionen und insbesondere 
in dem Verhalten zur vitalen Farbstoff Speicherung läßt sich die Zusammen¬ 
stellung Bergeis nach dem neueren Stande der Wissenschaft nicht mehr ganz 
halten. W'ährend die Lymphocyten nämlich keinerlei Fähigkeiten der Phago- 
cyto8e besitzen und nur geringe Beweglichkeit zeigen, zeichnet sich die Gruppe 
der Histiocyten durch große Fähigkeit der Ortsbeweglichkeit und eine geradezu 
auffällige Freßfähigkeit aus. Diese Frcßfähigkeit erstreckt sich insbesondere 
auf alle größeren Bissen (Leukocyten, rote Blutkörperchen, andere Körperzcllen, 
beigebrachte feinverteilte Fremdkörper, Parasiten, Trypanosomen, rote Blut¬ 
körperchen mit Parasiten, Pilze u. a. m.). 

Dabei sei auch gleich erwähnt, daß die Makrophagen und die verwandten 
Zellen des histiocytären Apparats nicht nur die Vernichtungsstelle, sondern auch 
häufig die Entwicklungsstatte von Protozoen und Pilzen werden (Beispiele: 
Leishmaniosis, Chagassehe Krankheit, Lymphangitis epizootica). Bei der Tat¬ 
sache, daß bei dieser Gruppe der Erkrankungen im späteren Verlauf fast nur der 
histiocytäre Apparat des Körpers befallen ist, während die neutrophilen Leuko¬ 
cyten ganz unbeteiligt und die Lymphocyten schwach oder gar nicht beteiligt 
sind, mußte es als eine wertvolle Aufklärung erscheinen, wenn durch Versuche 
einmal festgestellt wurde, ob die spätere Beteiligung des histiocytären Apparates 
sich auch schon unmittelbar nach der Zuführung solcher Erreger oder Organismen 
auffällig bemerkbar machte, die solche Erkrankungen mit besonderer Beteiligung 
des histiocytären Apparates zur Folge haben. Insbesondere war auch die Frage 
einer Prüfung wert, ob in der Reaktion ein Unterschied zwischen Protozoen be¬ 
steht, die vom Körper vernichtet werden, ohne daß sie die Fähigkeit besitzen, zu 
einer dauernden Ansiedlung im histiocytären System zu führen, und solchen, 
denen es möglich ist, sich im histiocytären System dauernd anzusiedeln und so 
zu einer Erkrankung des Organismus zu führen. 



W. Krey: Die frühen cellulären Reaktionen des Mäusekörpers usw. 369 

B. Literatur» 

7. Benennung. Alle die Zellen, die man heute mit dem Namen Makrophagen 
oder Histiocyten bezeichnet, ermangeln nicht zahlreicher Fachbezeichnungen. 
Es ist vielleicht dienlich, innerhalb der Gruppe der Gewebswanderzellen und 
ihrer nächsten Verwandten zu unterscheiden zwischen 1. beweglichen Gewebs¬ 
wanderzellen mit hauptsächlichem Vorkommen im lockeren Bindegewebe und in 
den Säften (Blut) und 2. spezifischen Gewebswanderzellen in besonderen Organen. 
Für die 1. Gruppe der stark beweglichen Wanderzellen in der Säftebahn und in 
den Saftspalten des lockeren Bindegewebes mögen folgende Bezeichnungen dienen: 

Histiocyten, histiogene Wanderzellen, histiocytäre Wanderzellen, Makro¬ 
phagen, Erythrophagen, große mononucleäre Leukocyten, mononucleäre Leuko- 
cyten, mononucleäre Agranulocyten, Monocyten, große leukocytoide Wander¬ 
zellen, Großlymphocyten, Klasmatocyten, Endothelioleukocyten, Siderocyten, 
Mycetophagen, Pyrrholzellen, Polyblasten, rhagiokrine Zellen. 

Für die 2. Gruppe mit besonderer Entwicklung in verschiedenen Organen 
und mit besonders naher Verwandtschaft mit den noch festsitzenden Endothelien, 
von denen sie sich lediglich durch vermehrte Phagocytose auszeichnen, seien be¬ 
sonders genannt: Die großen (Reticulo-) Endothelzellen in Lymphdrtisen, Milz 
usw., die Pulpazellen oder Splenocyten in der Milz und die Kupffer sehen Stern - 
zellen in der Leber. AlsSynonima gelten: Reticulumzellen, ruhende Wanderzellen, 
Endotheliocyten, klasmatocytenähnliche Adventitiazellen, contractile Zellen. 

77. Unterscheidung . Die Unterscheidung dieser Zellen von den morphologisch 
nächst verwandten Zellen ist im Blute in herkömmlicher Weise schon lange durch¬ 
geführt worden, weil hier die typischen Makrophagen durch ihre Größe und ihren 
Protoplasmareichtum sich leicht von den meist kleineren Lymphocyten unter¬ 
scheiden ließen. Das Verdienst, das ganze Problem der Zusammengehörigkeit 
dieser Zellen mit den Zellen des lockeren Gewebes einerseits erkannt zu haben, 
und andererseits die Stellung der Makrophagen als besondere selbständige Gruppe 
der Leukocyten praktisch angewandt zu haben, gebührt teils der Aschoffschen 
Schule (Aschoff, Kiyono) und teils den Blutforschern, die eine Dreiteilung der 
Leukocytengruppen vertreten ( Pappenheim , V. Schilling). 

77. 2. Morphologie. Im Blute ( Kiyono , S. 49ff.) sind die Makrophagen die 
größten vorhandenen Elemente; sie sind größer als die polynucleären Leukocyten. 
Ihre Form ist gewöhnlich rundlich. Der periphere Rand des Protoplasmas ist 
glatt mit kurzen stumpfen Fortsätzen. Der Kern liegt exzentrisch. Er ist oval, 
die dem Zentrum der Zelle zugekehrte Seite ist abgeplattet, oft von Bohnen- oder 
Nierenform. Der Kern färbt sich heller als der der Lymphocyten, das Proto¬ 
plasma ist gewöhnlich schwach basophil und färbt sich in der Nähe der Kerne 
oft heller. 

Im lockeren Bindegewebe ( Kiyono , S. 30) zeigt sich ein ähnliches Bild. Der 
Kern ist rundlich oval oder nierenförmig, kleiner als der der Fibroblasten. Das 
ganze Kerngerüst ist aber dichter und dicker formiert, hin und wieder mit größeren 
Körnern ausgestattet, infolgedessen also auch dunkler. Das Protoplasma liegt 
in den Gewefcsspalten und sendet überall Ausläufer aus. Es hat eine feine retiku¬ 
läre Struktur, ist dunkler gefärbt, und die Umrisse des Zelleibes sind viel schärfer 
begrenzt als die Umrisse der Fibroblasten. Die Grundform ist gewöhnlich rundlich. 

Nägeli (Marckand , S. 6) schreibt ihnen eine sehr feine, dichte und gleichmäßige 
Granulierung des schwach basophilen Protoplasmas zu. 

77. 2. Verhalten zur Oxydasereaktion. Während die Zellen, die man am leich¬ 
testen mit den Makrophagen verwechseln könnte, nämlich die Myeloblasten oxydase- 
positiv sind, sind die Zellen des histiocytären Systems oxydasenegativ oder geben 
nur eine ganz schwache Reaktion. Es zeigt sich also, daß da, wo die morphologischen' 



370 W. Krey: Die frühen cellulären Reaktionen des Mäusekörpers 

Unterschiede im Stiche lassen, insbesondere bei der sehr ähnlichen Zellgruppe 
der Myeloblasten, die Oxydasereaktion als Unterscheidungsmittel ergänzend Ver¬ 
wendung finden kann. 

II. 3. Verhalten zur vitalen Farbstoffspeicherung . Während die Lymphocyten 
and Lymphoblasten vital Farbstoffe (Trypanblau und Car min) nach Einspritzung 
der Farbstoffe in die Blutbahn oder in die Bauchhöhle nicht speichern, zeigen die 
Histiocyten eine ausgeprägte Fähigkeit vitaler Farbstoff Speicherung. Es ist dabei 
allerdings zu betonen ; daß die Makrophagen des strömenden Blutes nur ausnahms 
weise diese Reaktion deutlich zeiven. 

III. Funktion . Bieten Morphologie und chemische Reaktion schon eine 
ziemlich sichere Differenzierungsmöglichkeit, so wird diese noch verbessert, wenn 
wir die Funktion unserer Zellgrupoen nach Bewegung und Phagocytose berück¬ 
sichtigen. 

III. 1. Betregung. Was die Beweglichkeit und Formveränderlichkeit der 
nicht fixierten Zellen des histioevtaren Systems betrifft, so können die f.e ; beweg¬ 
lichen Histiocyten zu den beweglichsten und form veränderlichsten Wanderzellen 
des Körpers gerechnet werden. So erklärt es sich auch, daß die Makrophagen im 
entzündeten Bezirk ziemlich früh au treten. 

III. 2. Phagocytose. Besonders gekennzeichnet aber wird der funktioneDe 
Charakter der Histiocyten durch ihre Freßtätigkeiw Kurz zusammenfassend läßt 
sich sagen, daß die Fähigkeit der Phagocytose eine außergewöhnlich große ist, und 
daß sie sich hauptsächlich auf größere Bissen erstreckt. Die Objekte der Freßtätig- 
keit sind recht verschieden. Zunächst erg ; bt sich aus den zahlreichen Arbeiten über 
Fettstof fablagerung in den inneren Organen und aus den Borget sehen Befunden, 
daß bei Zuführung von Lipoiden diese in Tröpfchenform zur Aufnahme gelangen. 

Besonders erstreckt sich die Phagocytose auf rugrunde gegangene Körpe - 
zellen. Sei es nun, daß man den Erythrocyten wegen ihres Lipoidmantels eine 
besondere Anziehung im Sinne Bergeis zuschre bt, sei es. daß die Erythrocyten 
grade wegen ihrer Größe und ihrer physikalischen Beschaffenheit eine besonders 
^roße Anziehungskraft ausüben, Tatsache ist jedenfalls, daß grade die Erythro¬ 
cyten häufig das Objekt der Phagocvtose darstellen. Das geschieht schon im nor¬ 
malen Stoffwechsel in der Milz (Ervthrophagen), häutig aber gesteigert im Gewebe 
(Typhus) und besonders bei Schädigung der roten Blutkörperchen durch Toxine 
oder Gifte sowohl gesteigert im Gewebe, wie auch im peripheren Blut (Typhus, 
Malaria, Piroplasmose). Nimmt dieses Auffressen der eigenen Blutkörperchen 
großen Umfang an, so kommen wir zu dem Bilde der Autoerythrophagoeytoee. 

Häufig sind auch Eiterkörperchen das Objekt der Phagocytose. Derartige 
Phagocytose setzt besonders am Rande von Eiterherden und im benachbarten 
Gewebe ein. 

Noch viel mehr als Körperzellen werden größere Paras.tcn gefressen. Freilich 
gelingt es ihnen nicht immer, den Parasiten zu vernichten, und es lassen sich daher 
keine scharfen Grenzen ziehen zwischen den Fällen, in denen der Makrophage 
Vemichtungssteile des Parasiten ist, und den Fällen, in denen der Parasit sich 
gegen die Vernichtungskraft des Makrophagen Bchützt und nun in ihm »eine Ent 
Wicklung durchmacht. So können als Beispiele zweifelloser Vernichtungstät i#keit 
aufgefaßt werden zahlreiche Beispiele von Aufnahme von Protozoen in Histio- 
cyten (Malaria, Vogelmalaria, Piroplasmose). In diesen 3 angezogenen Beispielen 
ereignet es sich freilich häufig, daß nicht nm die Parasiten verschluckt werden, 
sondern vielmehr meist das rote Blutkörperchen, in das der Parasit eingedrungen 
ist (vgl. Schuberg und Beichenow u. o.). 

Bei der Chagassohen Krankheit des Mensehen wird der Erreger Schizo- 
trypanum cruci, zweifellos häufig von den Makrophagen phagocyter aufgenommen, 



nach der Einspritzung einiger Flagellatenkulturen* 


371 


aber andererseits werden die Makrophagen auch häufig die Entwicklungsstelle 
für diesen Parasiten. Bei der Leishmaniose spielen die Histiocyten in dei Haut 
oder in Leber und Milz die Hauptrolle als Aufnahmestatte für die Parasiten, aber 
auch hier macht der Parasit in diesen Zellen seine Vermehrung durch und wird 
später von ihnen nicht mehr geschädigt. Im Gegenteil werden die Zellen von dem 
Parasiten geschädigt (Hypertrophie, Degeneration). Die Leishmaniose b'etet ein 
typisches Beispiel« wie eine rein histiocytäre Reaktion spater als wichtigstes Merk* 
mal nachzuweisen ist. Die histiocytären Wucherungen und Vergrößerungen 
geben sowohl den Schwellungen der parenchymatösen Organe (Leber und Milz), 
als auch den Beulen und Geschwüren der Haut das Gepräge. 

Ähnliche Verhältnisse liegen vor beim Befall der Histiocyten mit den Ver 
mehrungsformen von Theileria, Haemoproteus, Toxoplasma und Hämogregarinen. 

Waren dies einige Protozoenkrankheiten, bei denen die Histiocyten als Fund¬ 
stellen oder Reaktionszellen die Hauptrolle spielen, so liegen gleiche Verhältnisse 
auch bei zahlreichen Pilzkrankheiten vor. So spielen diese Zellen ja besonders 
bei der Aufnahme des Erregers der Lymphangitis epizootica, des Cryptococcus 
farciminosus, eine so große Rolle, daß Joes* dort zu der großen Reihe der schon 
vorhandenen Namen für diese Zellen noch den Namen Mycetophagen hinzufügte. 
Weitere Pilzkrankheiten, bei denen Makrophagen als Fundstelle der Pilze eine 
Rolle spielen, sind: Erkrankung durch Histoplasma capsulatum, Sporotrichum ( ?), 
und teilweise sogar Aktinomykose, bei der einzelne Pilzglieder durch Makrophagen 
aufgenommen werden. 

Waren dies in groben Zügen die Hauptaufgaben der Makrophagen bei der 
Aufnahme von Fett. Körperzellen, tierischen und pflanzlichen Parasiten größeren 
Formats, so sei darauf verwiesen, daß diese Zellen besonders in ihren festsitzenden 
Varietäten auch noch als Ablagerungestntte weiterer Substanzen oder als Ent 
Wicklungsstätte von Organismen bakterieller Natur gelten müssen. Ihre Rolle 
als Farbstoff speichernde und Fremdkörper auffangende Zellen erstreckt sich nicht 
nur auf gelöste Farbstoffe (Silberlösungen), sondern auch auf Tusche, Zinnober 
und andere staubförmig verteilte Aufschwemmungen. An bakteriellen Parasiten, 
die ihre Vermehrung in den Stemzellen durchmachen, sei noch auf die Rickettsien¬ 
befunde in Fleckfiebermeerschweinchen hingewiesen. 

Bei einigen Krankheiten mit filtrierbarem Virus als Krankheitserreger ver¬ 
ursachen die Histiocyten Wucherungen in der Leber, so bekanntlich bei dem Virus 
der infektiösen Anämie der Pferde. Hier ist allerdings nicht geklärt, ob die Wuche¬ 
rungen auf Vermehrung des imbekannten Virus in den Zellen zuiückzuführen sind 
oder, was wahrscheinlicher ist, auf die gesteigerte Zuführung von geschädigten 
roten Blutkörperchen, die in den Leberendothelien vernichtet werden. 

IV. Literalurateüen , Was die pathologische Anatomie derjenigen Erkran¬ 
kungen anbetrifft, deren Erreger zu unseren Versuchen benutzt wurden, so würde 
es zu weit führen, hier die gesamte Literatur aufzuführen. Es soll hier vielmehr 
genügen, auf zusammenfassende Arbeiten für denjenigen hinzuweisen, der zum 
Verständnis der cellularen Reaktionen weitere Einzelheiten einsehen möchte. So 
sei bezüglich der Chigasschen Krankheit verwiesen auf M . Mayer (1923). Die 
Literatur über Leishmaniose findet sich besonders in M . Mayer (1913), U. Oabbi 
(1923) und R. Kudicke (1923). 

C. Material und Technik« 

Um die Frage der Frühreaktion des Körpers auf Zuführung großer Mengen 
von Organismen, deren Entwicklung oder Vernichtung hauptsächlich im histio¬ 
cytären System des Körpers stattfindet, zu prüfen, wurden von den von Prof. 
Dr. Noller gehaltenen Flagellaten-Reinkulturen 3 ausgewählt: 


Arch. t Tierhellk. L. 


27 



372 W. Krey: Die frühen cellulären Reaktionen des Mausekörpers 

1. Leptomonas fasciculata, ein Flagellat aus der Stechmücke Theobaldia 
annulata (= Culex annulatus). Diese Kultur dient als Beispiel für einen Flagel¬ 
laten, der im Organismus der Maus restlos vernichtet wird, ohne daß es ihm ge¬ 
lingt, sich im histiocytären System anzusiedeln und zu vermehren. 

2. Leishmania tropica, der Erreger der Orientbeule. Diese Flagellatenkultur 
dient als Beispiel für einen Flagellaten, der die Fähigkeit besitzt, sich im histio¬ 
cytären System anzusiedeln und hier Proliferationen und an oberflächlich gelegenen 
Stellen Ulcerationen zu erzeugen. Dieser Flagellat bleibt bei seiner Vermehrung 
auf das histiocytäre System beschränkt. 

3. Schizotrypanum cruci, der Erreger der ChagaSachen Krankheit des Men¬ 
schen. Dieses Geißeltier macht seine Vermehrung in den histiocytären Zellen der 
verschiedensten Organe durch, hat aber auch die Fähigkeit, andere Körperzellen 
(Muskulatur, Fettzellen, Nervenzellen, Fibroblasten) zu befallen und nach einer 
bestimmten Entwicklungszeit in das Blut auszuschwärmen, in dem es sich pe¬ 
riodisch aufhält. 

Die Versuche wurden in der Weise durchgeftihrt, daß jeweils von gutgewachse¬ 
nen Platten die Flagellaten mit sterilem Pinsel abgenommen und in l—2 ccm 
steriler Kochsalzlösung aufgeschwemmt wurden. Es entstand so eine milchig 
getrübte Flüssigkeit, die sofort nach ihrer Herstellung Mäusen unterhalb der 
Kniekehle in die Unterschenkelmuskulatur oder in die Haut über dem Unter¬ 
schenkel eingespritzt wurde. In den folgenden Tagen wurden die Mäuse getötet, 
und die Muskulatur und die Haut wurden hart am Knochen, so daß die Kniekehl- 
lymphdrüsen in der Regel mitgefaßt wurden, mit der Schere abgeschnitten und 
fixiert, entweder in lOproz. Formalin oder in konzentrierter wäßriger Sublimat¬ 
lösung oder in Schavdinn schem SublimatalkohoL Das Material wurde nach der 
üblichen Vorbehandlung in Paraffin eingebettet und dann geschnitten. Es wurde 
der größte Wert darauf gelegt, daß zum mindesten die Einspritzungsstelle, aber 
auch möglichst die Lymphdrüse gefunden wurde. Die Färbung geschah mH 
Hämalaun-Eosin. einer einfachen Färbung, die aber hinreicht, um die Parasiten 
genau darzustellen und um auch die Haupttypen der Zellen zu unterscheiden. Die 
zunächst geplante Benützung von Kaninchen oder Ratten mit intra vitaler Carmin- 
Speicherung zu den Versuchen zum Zwecke der sicheren Unterscheidung der 
Histiocyten mußte aus Mangel an Versuchstieren aufgegeben werden. 

Die Versuche wurden in der Regel so durchgeführt, daß von der Einspritzung 
ab in ein- oder zweitägigen Abständen einzelne Mäuse verarbeitet wurden. Die 
Durchsuchung geschah mit Hilfe des Immersionssystems, nachdem mit schwacher 
Vergrößerung die Zellhaufen, in denen die Parasiten vermutet wurden, als be¬ 
sonders aussichtsreiche Fundstätten aufgesucht waren. Besonderer Wert wurde 
in den älteren Versuchsstufen auch auf die Durchsuchung der Kniekehllymph- 
drüse gelegt, weil auch in ihr Parasiteneinwanderung oder Parasitenvermehrung 
vermutet werden mußte. Eine Ausdehnung der Versuche über den 10. Tag unter¬ 
blieb, da ja dem Zweck des Themas entsprechend nur die Frühstufen der Reaktion 
des Körpers auf die Parasitenzufuhr geprüft werden sollten. 

D. Befunde. 

(Gekürzte Zusammenfassung der in der Urschrift der Arbeit ausführlich 

gegebenen Befunde.) 

/. Schizotrypanum . Nach Einspritzung großer Flagellatenmengen 
finden sich: 

Nach 24 Stunden um die Blase der eingespritzten Flüssigkeit dichte 
Mäntel von polymorphkernigen Leukocyten, welche schon weit in die 



nach der Einspritzung einiger Flagellatenkulturen. 


373 


Flüssigkeit vorgerückt sind, in der Mitte aber noch freie Flüssigkeit 
übrig lassen. Kompaktkernige, makrophagengleiche Zellen sind ver¬ 
einzelt schon vorhanden, besonders in der Nachbarschaft dieses Leuko- 
cytenwalles. Schizotrypanum findet sich noch frei in der Flüssigkeit 
innerhalb der Blase, zum größten Teil aber im Leukocytenwall innerhalb 
von polymorphkernigen Leukocyten. In Makrophagen außerhalb des 
Leukocytenwalles finden sich nur vereinzelt einige Schizotrypanum- 
exemplare. 

Nach 2 Tagen ist das Bild, was die polymorphkernigen Leukocyten 
anbetrifft, noch das gleiche. In der Umgebung des Walles finden sich 
aber auch Makrophagen und fibroblastenähnliche Zellen mit Schizo¬ 
trypanum vollgepfropft. Schon an diesem Tage ist also eine besondere 
Vorliebe der Makrophagen für Schizotrypanum deutlich erkennbar. 

Nach 3 Tagen machen sich im Leukocytenherd starke Degenerations¬ 
erscheinungen bemerkbar (Kernzerfall der polymorphkernigen Leuko¬ 
cyten). In der Nachbarschaft ist die Zahl der Makrophagen groß, und sie 
sind mit Schizotrypanum vollgepfropft. Außerdem erscheinen auch Fibro¬ 
blasten und vereinzelt auch Fettzellen mit Schizotrypanum befallen. 

Nach 4 und 5 Tagen ist das Bild im großen und ganzen noch dasselbe. 

Nach 7 und 9 Tagen haben sich an der Stelle der Einspritzung Herde 
gebildet, die als frisches Granulationsgewebe aufzufassen sind und 
zwischen die Muskelzellen hineinreichen. Diese Infiltrate bestehen in 
erster Linie aus Fibroblasten und Makrophagen und zeigen die Parasiten 
hauptsächlich in den Makrophagen. 

Nach 9 Tagen finden sich bereits unmittelbar am Bande solcher 
Infiltrationsherde Muskelfasern, die mit den bekannten intracellulären 
Vermehrungsherden befallen sind. 

Nach 10 Tagen ist das Bild das gleiche wie am 9. Tage, nur lassen 
Bich im Gegensatz zu den Vortagen in der einige Millimeter von der Ein¬ 
spritzungsstelle entfernten Kniekehllymphdrüse schon verhältnismäßig 
große Mengen von Beticulumzellen feststellen, die mit Parasiten voll¬ 
gestopft sind. 

II. Leishmania. Nach Einspritzung von Kulturen des Erregers 
der Orientbeule findet sich in den beiden ersten Tagen nahezu das gleiche 
Bild wie bei Schizotrypanum und Leptomonas: um die Einspritzungs¬ 
flüssigkeit sammelt sich ein Leukocytenwall an, in dem eine ausgedehnte 
Parasitenaufnahme von Seiten der polymorphkernigen Leukocyten 
nachzuweisen ist. Makrophagen finden sich besonders vom 2. Tage ab 
im und am Leukocytenwall. An diesem Tage ist bereits Parasitenauf¬ 
nahme in Makrophagen nicht selten nachzuweisen. Beachtenswert ist, 
daß bereits nach 1 und 2 Tagen in der Nachbarschaft in den Saftspalten 
der Hautpapillen und der Muskulatur starke Parasitenanhäufungen 
nachzuweisen sind, teils intracellulär, teils frei. 


27* 



374 W. Krey: Dio frühen cellulären Reaktionen des Mäusekörpers 

Nach 3 Tagen sind die Parasiten noch häufig in polymorphkernigen 
Leukocyten nachzuweisen, in größter Menge aber in den Makrophagen 
der Umgebung. 

Nach 5 Tagen nimmt die zellige Reaktionszone den Charakter jungen 
Granulationsgewebes an mit besonderer Beteiligung von Makrophagen. 
Leukocyten sind allerdings noch nachzuweisen. Die Parasitenmenge 
ist nicht sehr groß und findet sich hauptsächlich in Makrophagen in 
den Zügen des Bindegewebes um die benachbarte Kniekehllymphdrüse. 

Nach 6 Tagen finden sich in diesem Gewebe immer noch neutrophile 
Leukocyten und schwach eosinophil gekernte Leukocyten mit Ringkern 
(stabkemige Leukocyten). Parasiten im Reaktionsgewebe sowie in den 
in die Muskulatur hineinstrebenden Infiltrationszügen werden haupt¬ 
sächlich in Makrophagen gefunden. 

Nach 10 Tagen findet sich ein Gewebe, das fast nur aus Histiocyten 
mit eingesprengten Fibroblasten besteht, und das besonders in den Makro¬ 
phagen von Leishmanien geradezu gepflastert ist. Dieses Gewebe macht 
den Eindruck des Gewebes am Rande einer fertigen Orientbeule. 

III. Leptomonas. Nach 1 und 2 Tagen zeigen sich als hauptsächliche 
Reaktionszellen neutrophile Leukocyten. Diese Zellen nehmen in großem 
Maße Flagellaten auf, die sie bereits nach 2 Tagen so weit verdaut haben, 
daß die Blepharoplasten undeutlich werden, und daß die Flagellaten als 
solche nur noch durch ihre Lagerung in den Vakuolen in den befallenen 
Zellen erkennbar sind. 

Nach 2 Tagen beteiligen sich auch Makrophagen in mäßigem Maße 
an der Flagellatenaufnahme. 

Nach 3 Tagen sind noch die gleichen Zellen vorhanden und vereinzelt 
lassen sich noch schattenhaft die Reste der Flagellaten in beiden Zell¬ 
gruppen wahmehmen. 

Nach 4 Tagen ist bereits ein junges Granulationsgewebe aus epi- 
theloidzellenartig angeordneten Fibroblasten mit vielen Makrophagen 
nachzuweisen. Herdförmig in dieses Gewebe eingesprengt finden sich 
allerdings noch polymorphkernige Leukocyten. Parasiten sind nirgend 
mehr aufzufinden. 

In den nächsten Tagen, bis abschließend mit dem 7. Tage, ändert sich 
das Bild der Granulierung insoweit, als die polymorphkernigen Leuko¬ 
cyten als Infiltrationszellen verschwinden. 

E. Zusammenfassung. 

Betrachten wir die Ergebnisse unserer Versuche zusammen fassend, 
so können wir festst llen: 

1. Bei sämtlijhen 3 Flagellatenarten findet sich am 1. und 2. Tage 
als Hauptreaktion auf die Flagellatenzufuhr eine sehr starke Anhäufung 
polymorphkerniger Leukocyten. Diese Leukocyten beteiligen sich in 



nach der Einspritzung einiger Flagellatenkulturen. 375 

gleich großem Umfange bei allen 3 Flagellaten an der Vernichtung der 
eingespritzten Geißeltiere. 

2. Makrophagen treten in namhafter Anzahl zuerst auf in allen 
3 Fällen nach 2 Tagen. 

3. Bei Leptomonas fascic.lata geschieht fast die gesamte Flagellaten* 
Vernichtung durch polymorphkernige Leukocyten, ohne daß es über¬ 
haupt zu Anhäufung und Beteiligung der Makrophagen in größerem 
Maße kommt. Nach 4 Tagen kommen Leptomonaden nicht mehr zu 
Beobachtung. An der Stelle der Einspritzung ist junges Granulations¬ 
gewebe nachweisbar. Bis zum Eindringen in die Lymphdrüse kommen die 
Leptomonaden in wesentlicher Menge nicht. 

4. Bei Leishmania tropica treten die Makrophagen nach 2 Tagen in 
großer Menge auf, und der Befall derselben ist deutlich zu beobachten. 
Parasiten in den neutrophilen Leukocyten finden sich bis zum 3. Tage. 
Vom 5. Tage ab sind aber die Makrophagen die eigentliche Fundstelle der 
Hauptmenge der Parasiten. Nach 5 Tagen ist junges Granulationsgewebe 
vorhanden, undnachlOTagenfindetsichein Gewebe, bestehend vorwiegend 
aus Makrophagen mit zwischengeschalteten Fibroblasten. Die Makropha¬ 
gen sind mit Leishmanien geradezu gepflastert. Es scheint, als'ob eine 
Vermehrung der Parasiten in den Histiocyten bereits begonnen hat. 

5. Bei Schizotrypanum cruci findet die Vernichtung der Parasiten 
durch Leukocyten bis zum 3. Tage statt, an dem der Leukocytenherd 
zu zerfallen beginnt. Am 2. Tage treten Makrophagen in größerem Um-, 
fange auf. Am 9. Tage werden granulationsgewebeartige Herde gefunden; 
ferner sind an diesem Tage zum ersten Male in den an die Einspritzungs¬ 
stelle angrenzenden Muskelfasern die von Schizotrypanum bekannten Ver¬ 
mehrungscysten nachzuweisen. Nach 10 Tagen ist ein Teil der Reticulo- 
endothelien der Kniekehllymphdrüse mit Parasiten befallen. 

Es läßt sich also feststellen, daß bei Zufuhr großer Flagellatenmengen 
bei allen 3 Flagellatenarten bis zum 2. Tage die Flagellatenvemichtung 
von den polymorphkernigen Leukocyten besorgt wird. Vom 2. Tage 
ab treten die Makrophagen bei Leishmania und Schizotrypanum in den 
Vordergrund als Parasitenfundstätte und beherrschen von da ab das 
Bild, bis etwa noch spezifische Vermehrungsvorgänge in fixen Zellen 
(bei Schizotrypanum) nachzuweisen sind. Bei Leptomonas fasciculata, 
die nicht an den Körper angepaßt sind, ist die Vernichtung der Flagel¬ 
laten bereits nach 4 Tagen so weit fortgeschritten, daß die Flagellaten 
im histologischen Material nicht mehr als solche erkennbar sind. 

Nach Beendigung meiner Arbeit ist es mir eine angenehme Pflicht, 
Herrn Prof. Dr. Nöller für die Anregung zu dieser Arbeit sowie für seine 
weitgehende Belehrung und Förderung meinen verbindlichsten Dank 
auszusprechen. 



376 


F. Wessel: 


Literal u r ver7 e ichn is. 

Aschoff , L. (1913), Fan Beitrag zur Lehre von den Makrophagen auf Grund 
der Untersuchungen des Herrn Dr. Kiyono . VerhandL d. dtsch. pathol. Ges. 
16. Tagung 1913, S. 107—110. — Bergei , 8 . (1921), Die Lymphocytose. Verlag 
J. Springer, Berlin. — Oabbi , U. (1923). Kala-Azar oder die innere Leishmaniosis 
Menst, Handbuch der Tropenkrankheiten. 2. Aufl., 4, 687—727. — Kiyono , K . 
(1914), Die vitale Carminspeicherung. Verlag G. Fischer, Jena. — Koch , J. 
(1922). Die Tätigkeit und die Bedeutung der Capillarendothelien bei der häma¬ 
togenen Allgemeininfektion. 9. Tagung d. dtsch. Vereinigung f. Mikrobio], in 
Würzburg; Ber. Zentralbl. f. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. 1, 
Orig. 89, Beiheft. 243—247. — Kvdicke , /?. (1923), Die Blutprotozoen und ihre 
nächsten Verwandten. Mense , Handbuch der Tropenkrankheiten. 2. Auf]., 4, 
301—611. — Marchand , F. (1913), Uber die Herkunft der Lymphocyten und 
ihre Schicksale bei der Entzündung. Verhandl. d. dtsch. pathol. Ges., 16. Tagung 
1913, 5—80. — Mayer , M. (1913), Leishmanien. Rolle-Wassermann, Handbuch 
der pathologischen Mikroorganismen. T, 419—467. — Mayer , M. (1923). Cha- 
g8 8sche Krankheit (amerikanische Trypanosomenkrankheit). Mense , Handbuch 
der Tropenkrankheiten. 2. Aufl., 4, 612—619. — Schilling , F. (1914), Ange¬ 
wandte Blutlehre für die Tropenkrankheiten. Mense , Handbuch der Tropenkrank- 
beiten. 2. Aufl., 2, 1—170. — Schilling , F. (1922), Das Blutbild und seine klinische 
Verwertung. Verlag G. Fischer, Jena. 


(Aus der Poliklinik für große Haustiere [Direktor: Prof. Dr. Nettmann].) 

Zur Bewertung der Paro-Strickhufeisen. 

Von 

Fredy Wessel, Charlottenburg, 

approb. Tierarzt. 

Mit 1 Textabbildung. 

[Referent: Prof. Dr. K. AVtrmä«*-] 

Im Jahre 1893 hat Herr Professor Dr. Born im „Hufschmied“ über 
die ersten großen Beschlagsversuche mit Strickeisen bei den Pferden 
der Berliner Pferdebahn Mitteilung gemacht. Bis 1878, so schreibt er, 
wurden dort Falzhufeisen mit Schraubstollen verwendet, dann benutzte 
man Steckstollen, und von 1889 ab kamen Strickeisen in Gebrauch. 
Zuerst erstreckte sich der Strickeisenbeschlag nur auf die Vorderhufe, 
und es wurden die gewöhnlichen im Handel vorkommenden Strick¬ 
eisen benutzt. Später jedoch wurden die Steckstollenlöcher fortgelassen, 
und die Strickeinlage reichte bis an den Rand der Schenkelenden. Dann 
nahm man endlich statt des Schmiedeeisens gegossenes und nach dem 
Temperprozeß (Glühfrischprozeß) hergestelltes Eisen als Grundmaterial 
der Strickeisen; so entstanden die sog. Temperguß-Strickeisen. Im 
Jahre 1894 wurden in Wien zuerst Tempergußeisen mit dem ersten 
Preis ausgezeichnet, und zwar die fabrikmäßig von M. Hanna Söhne in 



Zur Bewertung der Paro-Strickhufeisen. 


377 


Wien erzeugten Tempergußeisen. Ihr Vorzug besteht darin, daß sie 
sich nach jeder Hufform passend richten lassen, daß man Kappen 
aufziehen und neue Nagellöcher anbringen kann, und daß diese Eisen 
den Schmiedeeisen gegenüber eine längere Haltbarkeit aufweisen. Auf 
der Ausstellung, auf der Straße, in den Werkstätten, überall sah man 
in Berlin Fabrikhufeisen, und unter diesen nimmt das Strickeisen die 
erste Stelle ein. Seit dem Aufkommen desselben in den siebziger Jahren 
hat es viele Wandlungen durchgemacht und hat sich in Berlin so 
eingebürgert, daß es dort den ersten Bang einnimmt. Nicht nur. 
leichte und schwere Wagenpferde, sondern auch Reitpferde sieht man 
mit Strickeisen aus Temperguß. Dank der vorzüglichen Eigenschaften 
derselben in bezug sowohl auf Material als auch auf seine Herstellung 
nach Form, Stärke, Breite, Tragfläche und Lochung dient es in Ver¬ 
bindung mit Einlagen aus Kork oder Filz nicht nur als stollenloser 
Sommer-, sondern auch bereits als ebensolcher Winterbeschlag. Der 
hervorstechendste Vorteil besteht in seiner das Gleiten vermindernden 
Eigenschaft. 

Kurz erwähnen möchte ich hier die für den Hufbeschlag in Frage 
kommenden Eisensorten. Man unterscheidet ja bekanntlich: 

1. Roh- oder Gußeisen mit mehr als 2% Kohlenstoff, 

2. Schmiedbares, aber nicht härtbares Schmiedeeisen mit 0,02 bis 
0,6% Kohlenstoff, 

3. Schmiedbaren und härtbaren Stahl. 

Es werden aus dem reinen lichtgrauen Roheisen auch Hufeisen 
hergestellt, die Gußeisen, welche dem Temperprozeß (Glühfrischprozeß) 
unterworfen werden müssen. Es werden nämlich die Gußeisen mit 
einem Gemenge von Roteisenstein, Braunstein und Hammerschlag 
umgeben, schichtweise in gußeiserne oder tönerne Kasten gepackt, 
in gemauerten Kammern, bei Kirschrotglut 3—6 Tage geglüht und 
alsdann langsam erkalten gelassen. So macht man die Gußeisen ohne 
Änderung ihrer Gestalt schmiedbar, hämmerbar und weniger spröde. 

Bei dem für den Huf unerläßlichen Zurichten und Anpassen der 
Eisen kommt es leider allzu häufig vor, daß dieselben zerbrechen. Bei 
den heutigen hohen Kohlenpreisen und Arbeitslöhnen ist dies ein emp¬ 
findlicher Nachteil. 

Schmiedeeisen kommt zur Herstellung von Hufeisen als sog. Huf¬ 
stab oder Stabeisen aus Schweißeisen in den Handel. Aus Stahl werden 
die Halbmond-, Dreiviertel- und Rennhufeisen hergestellt und zum 
großen Teil die Griffe und Stollen; besonders wird bester, härtbarer 
Bchweißstahl zur Herstellung der Schraubstollen verwendet. 

Es wurden nun neuerdings von der Firma Landecker db Albert in 
Nürnberg offene Taueisen aus Schmiedeeisen als Patent-Rinnen-Huf* 
eisen in den Handel gebracht, deren Festigkeit derart ist, daß sie sich 



378 


F. Wessel: 


unter der Körperlast des Pferdes nicht verbiegen. Diese Eisen werden 
maschinenmäßig so hergestellt, daß eine Platte nach den Maßen des 
fertigen Hufeisens ausgestanzt, durch Ziehen und Pressen in die Huf¬ 
eisenform gebracht, gleichzeitig mit der Zehenkappe versehen und ge¬ 
locht wird. Das Material ist sehr gut, so daß sich die Eisen wie ge¬ 
schmiedete bearbeiten und der Form des Hufes anpassen lassen. Die 
Eisenrinne wird entweder mit Taueinlage versehen oder offen gelassen 
und füllt sich dann mit Erdreich usw. Am Zehenteil des Eisens kann 
zur Verstärkung eine Stahleinlage angebracht werden, welche entweder 
angenietet oder mit den Hufnägeln befestigt wird. 

Da das offene gegossene Taueisen, wenn es zur Hälfte abgenutzt 
ist, sich leicht verbiegt, hat man das geschlossene Taueisen mit und 
ohne Stollenlöcher hergestellt; letzteres ist das sog. Posteisen. Es wurden 
dann noch Taueisen mit nach vom gebogenem Steg, die sog. herzförmigen 
Eisen, die wegen ihrer vielen Nachteile, Druck auf die Hufbeinbeuge¬ 
sehne, auf das Strahlbein und das Hufgelenk, bald weniger verwendet 
wurden, und das Taueisen mit nach hinten gebogenem Steg ( Oerlach - 
sches Eisen) hergestellt. Dann wurde das von Oberveterinär Duvinage 
für die Pferde des Königlichen Marstalles in Berlin, das sog. Marstall- 
strickeisen konstruiert. Dies ist ein Strickschlußeisen mit massivem, 
schmalem Schlußsteg. Dieser letztere ist leicht zu stauchen und zu 
strecken, so daß sich das Eisen den weiten und engen Hufen anpassen 
läßt. Ferner bietet dieses Eisen den Vorteil, daß man durch Korkein 
lagen bequem die hinteren Partien des Hufes belasten und mit zum 
Tragen heranziehen kann. Das von Eberlein angegebene Strahlpolster¬ 
eisen, das ein kombiniertes Platteneisen darstellt, sowie das Strahl¬ 
eisen, bei dem der Steg nach hinten gebogen und nach vom schneppen- 
förmig verlängert ist, haben sich nicht lange halten können. Auch das 
Winkelstegeisen von Siebert in Berlin, das ein geschlossenes Eisen mit 
nach vom verbreitertem Verbindungssteg darstellt, ist bald wieder 
aus der Mode gekommen. Hingegen hat sich eine besondere Form des 
Patent-Rinnen-Hufeisens von Landecker <Ss Albert, das Stegeisen, dessen 
Steg breit ist und doppelte Taueinlage hat, ganz gut bewährt. Auch 
die Polster- und Platteneisen sind, da sie sich schwer oder gar nicht 
richten lassen, nicht lange in Gebrauch gewesen. Für den Beschlag 
von weiterer großer Wichtigkeit sind die Hufeinlagen oder Sohlen 
geworden, und zwar klemmt man dieselben zwischen die Eisenschcnkel 
ein. Dieselben sind aus dem verschiedenartigsten Material hergestellt 
worden. Aus Stroh, Hanf, Bast, Kokosfasern, Filz und Kork, aus Leder 
mit Gummiauflage oder auch aus reinem Gummi (Hartmanns Gummi¬ 
puffer). Ab und zu wird auch der sog. Huflederkitt als Einlage benutzt. 
Dieser stellt eine lederartige, rotbraune Masse dar, welche aus Gutta¬ 
percha, Kautschuk und anorganischen Bestandteilen besteht. In der 



Zur Bewertung der Paro-Strickhufeisen. 


379 


letzten Zeit las man nun in fast allen Schmiedezeitungen Anpreisungen 
und Berichte über ein neues Strickhufeisen, das sog. Paro-Eisen, daß 
sich durch seine Billigkeit als auch durch seine Leichtigkeit und Haltbar¬ 
keit auszeichnen sollte. 

Es ist mir nun von dem Direktor der Berliner Poliklinik für große 
Haustiere, Herrn Professor Dr. Neumann, der Auftrag zuteil geworden, 
diese von einer Berliner Fabrik hergestellten Strickhufeisen von Siemens- 
Martinqualität auf ihre Brauchbarkeit zu untersuchen. 

Das neue Eisen ist in Deutschland patentiert und unter der Schutz¬ 
marke „Paro-Tauhufeisen“ bereits in den Handel gebracht. Es wird 
auf kaltem Wege hergestellt. Als Ausgangsmaterial dient ein ge¬ 
schütztes U-Profil, dessen Schenkel so bemessen sind, daß beim Biegen 
in die Hufeisenform, wobei der innere Schenkel gestaucht und der 
äußere stark gestreckt wird, beide Schenkel gleiche Höhe und Stärke 
behalten. Es sind bis jetzt 4 U-Profile im Gebrauch. Der Biegevorgang 
geschieht mit Hilfe von Spezialmaschinen, die den Profileisenstab auf 
kaltem Wege in die Hufeisenform biegen. Durch Änderung der Länge 
der einzelnen Profileisenstäbe und durch Wahl passender Querschnitte 
ist es möglich, jede gewünschte Größe und Form herzustellen. Die 
Nummernbezeichnung der Paro-Tauhufeisen ist die gleiche wie bei 
den Militär- oder sonst üblichen Tauhufeisen. Die Fabrikation ist so 
einfach gestaltet, daß in wenigen Minuten ein Hufeisen fertig ist. Die 
neuen Eisen besitzen Stollenlöcher, können aber auch unten glatt, 
mit Schraubstollen oder mit angebogenen Hakenstollen verwendet wer¬ 
den. Die Aufzüge werden vorgestanzt und können beim Schmieden 
ausgezogen werden. Die Fabrikation geschieht unter völliger Ver¬ 
meidung von Kohle; die neuen Eisen sind leichter und billiger als die 
Tempergußeisen, was leicht zu verstehen ist, denn schon vor dem 
Kriege war Walzeisen wesentlich billiger als Gußeisen. Das aus Siemens- 
Martinqualität hergestellte Rohmaterial hat eine Festigkeit von 45 bis 
50 kg pro Quadratmillimeter und eine Dehnung von 15—20%. Bei einer 
genauen Betrachtung und sachgemäßen Zurichtung zum Beschlag der 
beiden verschiedenen Hufeisen, des Tempergußeisens und des Paro-Eisens, 
kann man schon einen großen Teil ihrer Vor- resp. Nachteile erkennen. 

I. Tempergußeisen. 

a) Vorteile. Der Nagelkopf findet in einer Kammer gleichmäßige 
Aufnahme, wodurch die Befestigung des Eisens erhöht wird. Die Kappen 
(Aufzüge) sind kräftig und der Höhe, Stärke und Breite der Eisen ent¬ 
sprechend. Die Lochung ist am Tragrand der Wandstärke entsprechend, 
d. h. an der Zehe tiefer als am Tragerand gelocht. Die Gewindelöcher 
haben eine Versenkung zur Aufnahme der Stollen, so daß dieselben 
hierdurch viel Halt bekommen. 



380 


F. Wessel: 


b) Nachteile. Bei der jetzigen Knappheit der Kohlen und dem hohen 
Preis derselben ist der Guß oft nicht gut getempert, so daß die Huf¬ 
eisen beim Richten und bei zu starkem Erhitzen leicht zerbrechen. 

II. Paro-Eisen. 

a) Vorteile. Dieses Siemens-Martin-Eisen erweist sich als ziemlich 
weiches Material und läßt sich bei jeder Temperatur richten und formen. 
Die Nagellöcher sind wie beim Tempergußeisen. Ferner ist der Preis 
ein wesentlich geringerer, wie die folgende Gegenüberstellung der Preise 
ergibt. 

Gegenüberstellung. 


1923 

Paro- Tauhufeisen 

Tempergußeisen 

Ende April 

M. 3 850 pro kg 

M. 5 200 pro kg 

Anfang Mai 

„ 4160 „ „ 

„ 5 200 „ „ 

Anfang Juni 

„ 6 500 „ „ 

„ 8 050 „ „ 

Mitte Juni 

„ 7 900 „ „ 

„ 9 000 „ „ 

Anfang Juli 

„ 10 900 „ „ 

13 000 „ „ 


b) Nachteile. Im rohen Zustande ist der Tragerand meist nicht plan. 
Die Ansätze zu den Aufzügen sind aus dem Tragerand gestanzt und 
müssen, nachdem das Eisen erwärmt wurde, mit einem ovalen Dom 
durchgedrückt und über der Amboßkante ausgezogen werden; dadurch 
zeigen die Kappen außen an der Oberkante eine abgekniffene Rinne. 
Durch das Durchdrücken werden die Kappen in ihrer ganzen Basis 
breiter und höher; sie sind zwar nicht so kräftig wie beim anderen Eisen, 
doch ergibt sich, daß sie den Verhältnissen entsprechen. Vor und hinter 
der Kappe kann ein Teil der Wand zum Nageln nicht verwendet werden. 
Die Schenkelenden sind abgestanzt und zeigen somit keine Abrundung 
und vollen Abschluß wie beim Tempergußeisen. Bei Wintereisen mit 
Stollenlochung ist ein Teil eingelegt, welcher von der äußeren und inneren 
Kante fixiert wird. Es entsteht dadurch ein niedrigerer Teil, der je 
nach Größe der Eisen ungefähr 20—25 mm lang ist (vom Schenkelende 
ab gemessen). Das Gewinde kann an den unteren 3 Gängen nur von 
der äußeren und inneren Seite axisgeschnitten werden, da nach hinten 
und vom hohle Räume sind. Ferner fehlt die Versenkung am unteren 
Ende des Stollenloches. 

Neuerdings werden in Abstellung dieser Übelstände die neuen 
Paro-Eisen mit fertigen Aufzügen geliefert. 

Zur Beobachtung kamen 10 Pferde, an denen der Beschlag in der 
Art erprobt wurde, daß jeweils ein diagonales Gliedmaßenpaar mit 
Paro-Strickhufeisen, das andere Diagonalpaar dagegen mit Tempergu߬ 
eisen beschlagen wurde. Beim nächsten Beschläge wurde dann in ent¬ 
sprechender Weise gewechselt. Die Einzelheiten bezüglich der Gangart 
und Gliedmaßenstcllung der Versuchspferde gehen aus nachfolgender 
Aufstellung hervor. 



Zur Bewertung da* Paro-Striekhufeisetn 381' 

Höhe md Breite der Pan)- und Tem pertfüßtisen- 



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1. Br&uoer Wallach, Hannoveraner» Größe l HO m Bandmaß Alter ca. 8 Jakre, 
.tilitfelsch^'iDK:« • 12 Zentner* Stellung •' tpttt Miiten 

^getmäßji;, l^t^mthiijiun.noü ftehalä de* t&mntmm- • ’ 

2..•.8uhwarxbrau ner WnlWli. Hanrm>eT&ner,- isaC Ö Jahre tdU LBO rn Xfeod- 
maß v f^vieht f' ''S^rfic^üitel^iviluin^ * TdfäMtöifr 

X Brauner i;ii> Iß Jahre alt, nnteterinver^ö -. : -^rfirröfle 

•.1%/S fei Bandmaö. fl ieht * J geiHtrer« SteHnng vorn 

0&1%Ö , 

4. Brauner Waüach r Rthuippcr an der Oberlippe. Hannoveraner, Aller ca. 

12 Jahrüv Größe 1,77 m Bandmaß, Gewicht 11 Zentner. Öang&rt flach* Zehen* 
»lod SchenkdÄteilHiig regelmäßig. 

3.Sbhi«inrel# Stute* 14 Jahre all* Batidmaß r T^cht«« Wagen¬ 
pferd» Stetvieiu und SeheivkeLMellurig regtdrnäßtg. 

Öie turn folgenden P/crd< wurden mir von einer Firma in der Efeas-iet^trafie 
«um Ik^ohlag mit ParO'Ei^eiV yur Verfügung gestellt. Es wurden nur wiche Pferde 
•Alte',«iöe.;4^f^Ji.mÄÖig'e Zehfchh und. Sghen'fcelateUirog hatten: 

•;*)»; Stichelhaare m der SAttellagty c& VZ Jalm* all, 

Größe 3 ,öS. td S^öui|ü&Ö, 'l^fetes' •l\>gcnpferd,: Gericht Öfy* &ör* &)$!& 

’ l.JHmfeelhraurie Stute, blind* r-a/9 Jahvo alt-, Größe ifiö m Ge- 

wicht "$>/* Zentner, mittcteehwer»** VVadenplerfl 

\8^ Dunkelbrauner Wallach, SfiefeefÖiftäre au der SHrn^ Grdße I k t53 rn Band- 
Alter ca» 10 dalire, iieW&ht- •lT#^ö£r,Wxvgäepfdejrd. 
Stellung y. leicht bcnlctw und xeheqftn^ A* rejrelmä.ß^- - ^ 

9. Schwarrer Hengst, ea 10 J^hre ^)4H^"';''Oje^.^' IM th-y Bandmaß, Gewicht 

7^ Zenliior* mittelschw^rw WÄg*;npfer«l >, H ' 

10. jSeJiwäwr Wallach {Paßpfvcd vorn 9. Pferd), ca. 12 Jahni alt. Größe 

1.61 m Bandmaß, Gewicht 7 2e*ntiierV nutt^kcdiweref? Wagetipfeiil, : '|''■ V ;. . •’.■• ^ . • jy 




382 


P. Wessel: 


Schematische Darstellung der Eisenabnützung in natürl. Hohe und x /i natürL Länge 


Paro-Eisen Tempergußeisen Paro-Eisen Tempenrnfielsen 



Abkürzungen: 0 = offenes; 0 = geschlossenes; P = Paro-; T = Terapereiaen. 


Zur leichteren Übersicht hat die Abnutzung der einzelnen Eisen in 
den beigegebenen Tafeln eine graphische Darstellung erfahren*). Wegen 

*) Die ausführlichen Versuchsprotokolle sind in der Bibliothek der Poliklinik 
für große Haustiere niedergelegt. 



















Zür Bewertung der Paro-Strickhufeisen. 


383 


räumlicher Beschränkung wurden die Eisen auf 1 /, natürlicher Höhe und 
auf */• natürlicher Länge verkürzt dargestellt. Die römischen Zahlen 
bezeichnen die einzelnen Versuchspferde, neben der Bezeichnung der 
betreffenden Hufe ist noch die Tragezeit der Eisen in Tagen angegeben* 
Im ganzen wurden 24 offene Paro-Eisen, 24 offene Tempergußeiseh, 
24 geschlossene Paro-Eisen, 24 geschlossene Tempergußeisen aufge¬ 
schlagen. 

Es zeigte sich, daß die Paro-Eisen mit 2 Ausnahmen, in denen die Ab¬ 
reibung der der Tempergußeisen gleich war, immer weit stärker abgerieben 
und abgenutzt waren als die Tempergußeisen. Im Durchschnitt war 
die Höhe bei der Abnahme der alten Eisen bei den Tempergußeisen 
noch ungefähr doppelt so groß als bei den Paro-Eisen, ganz gleich, ob 
es offene oder geschlossene Eisen waren. Zerbrochen waren 4 offene 
und 1 geschlossenes Tempergußeisen sowie 5 offene und geschlossenes 
Paro-Eisen; 1 Paro-Eisen war muldenförmig verbogen. 

Zusammenfassung. 

1. Bei 10 Pferden wurde die Brauchbarkeit der in der letzten Zeit 
in den Handel gebrachten Paro-Strickhufeisen geprüft und zum Ver¬ 
gleich die in Berlin allgemein üblichen Temperguß-Strickhufeisen ver¬ 
wendet. 

2. Es hat sich gezeigt, daß bei schweren Arbeitspferden die Paro- 
Eisen immer stärker abgenutzt und abgerieben waren als die Temper- 
gußeisen und die Pferde dadurch viel häufiger beschlagen werden 
mußten. 

3. Für die Pferdebesitzer werden die Vorteile der Paro-Eisen, größere 
Billigkeit und Leichtigkeit, dadurch hinfällig, daß erstens die Pferde 
viel öfter beschlagen werden müssen, und daß zweitens bei dem häufigen 
Erneuern der Hufeisen ein Zeitverlust und ein starkes Abnutzen des 
Hufhoms entsteht. 


Literal »Verzeichnis. 

*) Horn, Über den ältesten Hufbeschlag des Pferdes. Dresden 1912. — 
*) HM, A. A., Geschichte des Hufbeschlags. Hainichen L Sa. 1913. — *) Columella, 
De re rustica. Buch II, 73, edit. Mannheim. — 4 ) Xenophon, Anabasis. Buch IV, 
Kap. 5. — •) Aristoteles, De animalibus historiae. Buch II. Kap. 2. — *) Suetonius, 
Vita Imp. Vespas de Facetis. Buch XXIII, S. 120. — T ) Plinius, Hist. Nat. Buch 
XXXIH, Kap. 2. — •) Suetonius, De Nerone ipso tranquülas. Buch XXX, S. 69. — 
*) Kösters, Lehrbuch des Hufbeschlags. 1911. — ,# ) Eberlein, Leitfaden des Huf- 
beschlags. 1914. — n ) Lunqwitz, A., Der Hufschmied. 1884—1908. — w ) Rueff, 
Zur Geschichte der Hufbeschlagskunde. Stuttgart 1864. 



(Aus dem Pathologischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 

[Direktor: Prof. Dr. Nöüer\) 


‘Zur pathologischen Histologie der herdförmigen Veränderungen 

bei Geflügelcoccidiose. 

Von 

Herbert Rosencrantz, Berlin, 

approb. Tierarzt. 

[Referent: Prof. Dr. W. Nöüer] 

Wenn wir die durch Coccidien verursachten Dannveränderungen bei unseren 
Haustieren betrachten, können wir nach dem Bilde der vorliegenden Veränderungen 
in einfache Desquamation der Darmepithelien, in katarrhalische Darmentzündung 
und in hämorrhagische Darmentzündung einteilen. Wenn wir die Form und die 
Verteilung der Coccidien und die durch sie bedingten Veränderungen zum Ein¬ 
teilungsprinzip machen, können wir bei den Veränderungen diffuse einerseits und 
herdförmige andererseits unterscheiden. Diffuse Veränderungen dürften haupt¬ 
sächlich dann vorliegen, wenn die Coccidien in ihren beweglichen ungeschlecht¬ 
lichen Formen (Merozoiten) in den Darmbrei hinausgelangen und so von Darmzotte 
zu Darmzotte verschleppt werden. Herdförmige Veränderungen dürften vor¬ 
wiegend bei den Coccidienarten vorliegen, bei denen weniger die Zottenspitzen, 
sondern mit Vorliebe auch die Blindenden der Krypten befallen werden, und ins¬ 
besondere auch bei denjenigen Formen, die über das Drüsenepithel hinaus noch 
tiefer in das Gewebe hineinzudringen in der Lage sind. Besonders bekannt für im 
allgemeinen ziemlich diffuse Ausbreitung der Veränderungen im Darm sind das 
Schweinecoccid, Hundecoccidien aus der Gattung Isospora und in manchen Fällen 
Kaninchencoccidien aus der Gattung Eimeria. Aber bereits das Kaninchencoecid 
ruft nicht allein diffuse Veränderungen, sondern gelegentlich auch herdförmige 
Veränderungen hervor. Besonders gekennzeichnet durch ihre meist ausgesprochen 
herdförmigen Veränderungen sind die Coccidiosen des Schafes, der Ziege und des 
Hasen. — Bei der Geflügelcoccidiose liegen sowohl diffuse wie herdförmige Ver¬ 
änderungen vor. Während nun die diffusen Veränderungen sowohl in ihrer Histo¬ 
logie wie in ihrer Parasitologie gut untersucht worden sind, ist dies bei den herd¬ 
förmigen noch nicht genügend der Fall. Insbesondere läßt die histologische Unter¬ 
suchung noch viel zu wünschen übrig. Es war deshalb meine Aufgabe, an 2 Fällen 
von Geflügelcoccidiose mit sehr ausgeprägten herdförmigen Veränderungen das 
histologische Bild , den Parasitenbefund und die' Beziehung der herdförmigen Ver¬ 
änderungen zu den diffusen zu untersuchen. 

Wenn wir die Reihe unserer Haustiercoccidien durchsehen, so fällt insbeson¬ 
dere bei Hund und Katze, beim Schwein, beim Rinde und teilweise beim Kanin¬ 
chen das Vorkommen einer diffusen Coccidiose auf. Die betroffenen Darm teile 
pflegen diffus mit Coccidien besetzt zu sein und entweder makroskopisch über¬ 
haupt nicht von der Umgebung sich abzuheben oder aber jedenfalls diffus gegen¬ 
über den gesunden Stellen verändert zu sein; so werden z. B. bei der Rindercocei- 
diose im Dickdarm die bekannten auffälligen Veränderungen (hämorrhagische 
Darmentzündung) durch die Coccidien verursacht. 

Diffuse durch Coccidien verursachte Veränderungen im Darm erwähnt Bei - 
chenow auf Grund der Literatur in seiner Bearbeitung der Coccidien in Prowazek- 



H. Rosencrantz: Znr pathologischen Histologie usw. 385 

Noller, Handbuch der pathogenen Protozoen, bei der Rindercoccidiose. Bei dieser 
ist nach den Literaturangaben, die Reichenow im Handbuch von Prowazek-Noller 
gemacht hat, im Falle leichter Erkrankung die Schleimhaut des Mastdarms und 
zuweilen des Blinddarms geschwollen, hyperämisch, zeigt starke Faltenbildung 
und erscheint infolge Desquamation von Epithelien rauh; im Falle schwerer 
Erkrankung sind diese diffusen Veränderungen hochgradiger und erstrecken sich 
auf den ganzen Dickdarm. — Ferner erwähnt Beichenow ebenda das Auftreten 
von diffusen Veränderungen bei der Kaninchencoccidiose, die bei dieser allerdings 
meist neben herdförmigen Veränderungen angetroffen werden. Nachdem er 
die herdförmigen Veränderungen beschrieben hat, sagt er, daß diese Herde bei an 
Darmcoccidio8e verendeten Kaninchen so dicht stehen, daß sie ineinander über¬ 
gehen und „nur kleine Inseln unveränderter Schleimhaut zwischen sich lassen**. 
Die Schleimhaut ist in diesen Fällen gerötet und mit großen Mengen von Schleim 
bedeckt. — Über diffuse Veränderungen bei der Schweinecoccidiose berichten 
NöUer und Frenz auf Grund des Befundes an zwei 10 Tage alten Ferkeln. Die 
Veränderungen bestanden hier teilweise in starker Injektion der Gefäße, zum Teil 
in katarrhalischen, zum Teil bereits aber in hämorrhagischen Entzündungen des 
Darmes. Besonders stark verändert war das Jejunum. 

Herdförmige Veränderungen, die bereits früher von zahlreichen Forschern 
erwähnt wurden, sind besonders von Nöller , Schürjohann und Vorbrodt bei der 
Ziegen - und Schafcoccidiose histologisch bearbeitet worden. Diese herdförmigen 
Veränderungen sind makroskopisch gekennzeichnet durch das Auftreten knötchen¬ 
artiger Herde in der Mucosa, die grauweiß bis gelbweiß durch die Serosa 
durchschimmem und schwach erhaben in das Darmlumen vorgewölbt sind. Ihre 
Größe schwankt zwischen der einer Stecknadelspitze und dem Umfang eines 
Hanfkornes. Sie sind teils rundlich oder oval und strichförmig, teils dreieckig 
oder aber ringförmig mit dunklem Zentrum der Unterlage mit breiter Basis auf- 
sitzend. Die mikroskopische Untersuchung ergibt, daß diese weißlichen Herde 
zustande kommen, insbesondere durch die ungeheure Anhäufung von Makro¬ 
gameten und Mikrogametocyten in den Epithelien der Drüsenschläuche von der 
Zottenspitze bis herunter zum Drüsenblindende. Durch den starken Massenbefall 
fast sämtlicher Epithelzellen kommt zunächst eine Streckung der Drüsen in ihrer 
Länge zustande. Die Herdchen erscheinen also erhaben. Durch die Kömelung 
der Makrogametocyten bekommen die an Makrogameten reichen Stellen eine helle 
(weißliche) Eigenfarbe. Die Herde erscheinen also hellgrau bis weißlich. Da die 
benachbarten Schleimhautteile gänzlich oder fast frei von Coccidien sind, erscheinen 
sie durchsichtiger und dunkler. Die Herde heben sich also scharf von der Um¬ 
gebung ab. 

Im allgemeinen waren also die herdförmigen Veränderungen bei der Ziegen- 
und Schafcoccidiose auf eine starke Anhäufung von Makrogameten zurückgeführt 
worden. Daß diese Gameten aus ungeschlechtlichen Vorstufen hervorgehen, ist 
klar. So war es auch bereits Vorbrodt in seiner ausführlichen Arbeit über das 
Schafcoccid gelungen, als Vorstufen der Makrogametenherde scharf abgegrenzte 
Schizontenherde in dichter Lagerung im Schafdarm aufzufinden. In der Urschrift 
seiner Dissertation gibt er von einer Zottenspitze aus einem solchen Herde eine 
genaue Abbildung. — Chronische Veränderungen bei der Ziegencoccidiose, bei denen 
im Gegensatz zu den frischen, von NöUer , Schürjohann und Vorbrodt beschriebenen 
Herdchen bereits herdförmige Bindegewebswucherungen der Mucosa vorhanden 
sind, beschreibt in ihrer Histologie Beitsma 1922/23, nachdem diese Herdchen 
bereits früher von verschiedenen Forschem erwähnt worden sind. Die Bemerkung 
Reitsmas 1923, daß Nöller und seine Mitarbeiter „pathologisch-anatomisch nicht 
wesentlich viel Neues <( mitgeteilt hätten, ist dahin zu berichtigen, daß gerade durch 



386 


H. Rosenerantz: Zur pathologischen Histologie 


diese Arbeit die frischen herdförmigen Veränderungen zum erstenmal einer sorg¬ 
fältigen Untersuchung unterzogen worden sind, und daß insbesondere alle Er¬ 
klärungen für das Aussehen und die Gestalt der Herdchen gegeben worden sind. 
Da in dem Material von NöUer die von Reüsma beschriebenen chronischen Ver¬ 
änderungen nicht Vorlagen, so war wohl nicht zu erwarten, daß sie beschrieben 
wurden. — Nachdem bei Ziege und Schaf die Herde in ihrer Entstehungsweise 
ausführlich beschrieben worden waren, gibt Nieschulz bei dem von ihm vor kurzem 
beschriebenen Hasencoccid (Eimeria leporis) eine Entstehung von Herdchen auf 
dem gleichen Wege an, wie sie Nöller , Schürjohann und Vorbrodt bei der Ziegen- 
und Schafcoccidiose beschrieben haben. Auch bei ihm handelt es sich bei den 
.makroskopisch scharf abgegrenzten Herden hauptsächlich um Makrogameto- 
.cytenherde. 

Weniger genau beschrieben sind die auch beim Kaninchencoccid vorkommenden 
Herde, über die Reichenow in seiner Bearbeitung der Coccidien in Prowazek-Nötter 
die Literatur zusammenstellt. Nach dieser Stelle handelt es sich bei den herd¬ 
förmigen Veränderungen bei der Darmcoccidiose des Kaninchens um makrosko¬ 
pisch erkennbare kleine, 2—6 mm ausgedehnte, gelblichweiße Flecken, die bis 
linsengroß werden können und kaum über die Schleimhautoberfläche hervorragen. 
Mikroskopisch sieht man in diesen Herden die Epithelzellen mit Coccidien befallen 
und beobachtet Wucherungen des befallenen Epithels, die zu Vergrößerung der 
Zotten, zu Verlängerung und Erweiterung der Drüsenlumina geführt haben. 

Bei der Geflügelcoccldiose sind die herdförmigen Veränderungen zwar schon 
oft gesehen und erwähnt, aber abgesehen von einer kurzen Angabe von Qüntker 
noch niemals genauer histologisch untersucht worden: So fanden sich nach 
Echardt-Neuss (1903) bei einem Huhn in der Darmschleimhaut „mehlstaubartige 
Pünktchen“, die sich als „Coccidienhäufchen“ erwiesen. Fantham (1910) berichtet, 
daß er besonders in den Blinddärmen umschriebene Entzündungsherde fand. 
Girard (1913) beobachtete vielfach kleine blutende Geschwüre in der Blinddarm¬ 
schleimhaut und ist der Ansicht, daß dieselben durch die Wirkung der Coccidien 
entstanden seien. Die Möglichkeit, daß die Geschwüre in der Blinddarmschleim¬ 
haut durch Wurminvasion entstanden sein könnten, an die Gerard bei ihrem 
Auffinden meines Erachtens hätte denken müssen, läßt er vollkommen unberück¬ 
sichtigt. — Curson (1920) teilt in seiner Arbeit über Gef lüge lcoccidiose mit, daß 
er zuweilen weiße Knötchen in der Blinddarmschleimhaut fand, die aus angehäuften 
Coccidien und Epithelien bestanden. Berge (1921) erwähnt in seiner Abhandlung 
über „Coccidiose der Kücken“, daß auf der Blinddarmschleimhaut mehrere kleine, 
stecknadelkopfgroße weiße Herde sichtbar waren. Auch Meyer (1922) beschreibt 
neben diffusen umschriebene knötchenartige entzündliche Veränderungen, die 
im ganzen Darm oder in Teilen desselben Vorkommen und in denen sich stets 
massenhaft Coccidien nachweisen lassen. Zuletzt erwähnt Günther (1922) das Vor¬ 
handensein von zahlreichen kleinen, etwa stecknadelkopfgroßen, weißlichen 
Herdchen in der Blinddarmschleimhaut. Er bringt auf S. 26 der ungekürzten 
Arbeit von seinem Kücken Nr. 7 einige Notizen über die Parasitologie solcher 
Herdchen, indem er sagt, daß in ihnen teilweise Nester von großen Schizonten 
mit Merozoiten gefunden wurden. 

Material und makroskopische Befunde. 

Mein Material umfaßt das ganze der Günther sehen Arbeit zugrunde liegende 
Material sowie einen weiteren Fall von Kückencoccidiose. Von dem ganzen Material 
Günthers kam für meine Zwecke nur das Kücken Nr. 7 in Frage, über das Günther 
auf S. 25 seiner Dissertation berichtet und dessen Sektionsbefund ich im folgenden 
anführe. 



der herdförmigen Veränderungen bei Geflügelcoccidiose. 387 

Sektionsbefund von Kücken Nr. 7: Das Kücken Nr. 7 war lebend am 14. VL 
1921 im Institut eingeliefert worden und verendete am nächsten Tage. Im Anfangs¬ 
teil des Dünndarmes waren die Gefäße injiziert. Der Darm war von bläulichgrauer 
Farbe. 27 cm hinter dem Pylorus verminderte sich plötzlich der Dirm in seiner Weite 
um die Hälfte und zeigte hier rötlichweiße Farbe und stark injizierte Gefäße. 
Die Darmwand war verdickt. An der Außenfläche des Darmes waren zahlreiche 
Knötchen von Nadelspitzen- bis Grießkomgröße, scharf von der Umgebung ab¬ 
gesetzt, gelblichweiß, wenige mit rotem Hof, zahlreiche mit zentralem Zerfall, 
sichtbar. Beide Blinddärme waren spindelförmig erweitert und zeigten schmutzige 
Auflagerungen. In der Wand befanden sich Knötchen und plattenförmige Ver¬ 
dickungen. — Der zweite meiner Arbeit zugrunde liegende Fall von Kücken- 
coccidiose zeigte folgenden Befund: 

Sektionsbefund von Kücken Nr. 8: Das Kücken Nr. 8 wurde am 16. VI. 1921 
im Institut getötet und zeigte bei der Sektion über den ganzen Darm verstreut 
eine Reihe herdförmiger Veränderungen wie das Kücken Nr. 7 Günthers. Seine 
gesamte Darmlänge betrug 79 ccm, die Blinddarmeinmündung lag 75 cm vom 
Magenausgang entfernt. Da bei Kücken Nr. 8 auf die histologische Bearbeitung 
Wert gelegt wurde, wurde der Darm nicht aufgeschnitten, sondern im ganzen 
unmittelbar nach der Herausnahme in Formalin fixiert. Im übrigen ist noch 
hervorzuheben, daß die Wand des einen Blinddarms am Ende blutig infiltriert 
war. — Die zu untersuchenden Herde waren in den beiden meiner Arbeit zugrunde 
liegenden Fällen über den ganzen Darm verstreut. Was das makroskopische Aus¬ 
sehen der Herde anbetrifft, so waren diese stecknadelspitzen- bis hirsekomgroß, 
zeigten gelblichweiße Farbe, waren von der Serosa durch die Darmmuskulatur 
hindurch sichtbar, lagen teils einzeln, teils zu mehreren beisammen und hoben 
sich scharf von der Umgebung ab. Einige Herdchen ließen seichte Eindrücke 
erkennen, so daß ein ringförmiger Rand hervortrat. 

Technik für die mikroskopische Untersuchung. 

Zur mikroskopischen Untersuchung wurden die Darmstückchen in Formalin 
oder Sublimat fixiert und dann in Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden in 
einer Dicke von 5—6/* angefertigt und in der üblichen Weise mit Hämalaun- 
Eosin gefärbt. 

Ergebnisse der Untersnchnng der herdförmigen Veränderungen. 

Es würde zu weit führen, wenn ich jedes einzelne histologische Präparat zu 
meinen Untersuchungen heranziehen wollte; ich beschränke mich darauf, die mir 
für die Entwicklung der Herdchen am wichtigsten erscheinenden Veränderungen 
zu beschreiben und ordne meine Befundberichte sogleich nach den Entwicklungs¬ 
stufen der Veränderungen. 

Stufe 1: Das Herdchen 1 von Kücken 8, 33—35 cm nach Magen, umfaßt 
ein kleines geschnittenes Kryptenblindende. Dieses liegt zwischen in der Längs¬ 
richtung im Schnitt getroffenen Krypten in der Nähe der Muscularis mucosae. 
Bei genauerer Betrachtung sieht man, daß in dem Kryptenblindende jede Epithel- 
zeUe ein- oder mehrfach von jüngsten Coccidienstadien befallen ist. Diese jüngsten 
Coccidienstadien in den Epithelzellen sind Sporozoiten bzw. junge zu Schizonten 
heranwachsende, die in die Epithelien eingewandert sind und sich dort abgekugelt 
haben. Die Coccidien liegen in jeder Epithelzelle meist nach dem Lumen der Krypte zu. 
Im Lumen der Krypte sieht man einen mit Eosin stark gefärbten Plasmaerguß 
und einige Kerne, die wahrscheinlich von polymorphkernigen Leukocyten her¬ 
stammen. In der unmittelbaren Umgebung der Krypte sieht man eine helle Zone, 
in der eine Lockerung des Gewebes, charakterisiert durch weites Auseinanderstehen 
der Kerne, sich bemerkbar macht und Wirbelstellung der Fibroblasten zu beobacht 
Aroh. f. Tierheük. L. 26 



388 


H. Kosencrantz: Zur pathologischen Histologie 


ten ist. Sowohl in dieser hellen Zone als auch in der weiter unten erwähnte» 
dunkleren Zone sieht man vereinzelt eosinophile Leukocyten. Die beschriebene 
Zone erscheint hell, weil die Zellen in ihr lockerer stehen und Zwischenräume 
zwischen sich lassen, die wahrscheinlich auf stattgefundene Flüssigkeitsergüsse im 
Gewebe zurückzuführen sind. Uber den Epithelzellen sieht man große Kerne liegen, 
die in Gestalt und Größe an Makrophagen erinnern. An die helle Zone, die das 
Kryptenblindende umgibt, schließt sich eine dunklere Zone an, die sich bei genauerer 
Betrachtung als starke, besonders am Rande der längsgeschnittenen Krypten sich 
erstreckende, kleinzellige (lymphocytäre) Infiltration erweist. Nach der Muscu- 
laris hin reicht die helle Zone unmittelbar bis an die Muscularis mucosae heran. 

Stufe 2: Das Herdchen 2 von Kücken 7, 45—47 cm nach Magen, liegt zwischen | 
2 geschnittenen Krypten blindenden und reicht bis an die Muscularis mucosae i 
heran. Bei genauerer Betrachtung sieht man, daß dieses Herdchen im Gegensatz 
zu einigen unter den folgenden Stufen beschriebenen kompakt ist, und daß keine | 
Entzündungsprodukte in seiner Mitte vorhanden sind. Was die Parasiten anbetrifft, 
so sind in dem Herdchen Schizonten vorhanden, die sich durch ihre Kleinheit 
sowie dadurch auszeichnen, daß sie nur wenige Kerne, in diesem Schnitt meist 
6—8, enthalten. Die Schizonten liegen in Makrophagen bzw. ähnlichen Zellen 
und sind in das wabenartige Netzwerk des Gewebes eingebettet. Die wabenartige 
und netzige Struktur des Herdgewebes kommt dadurch zustande, daß zwischen 
den Zellen des lockeren Gewebes, in dem die Schizonten liegen, zahlreiche vakuolen¬ 
artige Zwischenräume von rundlicher oder mehr länglicher, eiförmiger Gestalt 
sich gebildet haben. Auch in der Nachbarschaft, außerhalb des eigentlichen Herdes, 
zeigt das Gewebe die schon beschriebene wabenartige und netzige Struktur. In 
diesem dem Herd benachbarten Gewebe sind auch Fibroblasten und polymorph- I 
kernige Leukocyten, letztere in geringerer Zahl, vorhanden. In dem in un- | 
mittelbarer Nachbarschaft der Hauptmasse des Herdes hegenden geschnittenen ! 
Kryptenblindende sind auch einige Epithehen von je einem Schizonten befallen. 
Sonst sind in der Umgebung dieses Herdes keine Parasiten nachzuweisen. 

Stufe 3: Das Herdchen 3 von Kücken 7, 4—6 cm nach Magen, liegt in der 
Mucosa des Duodenum am Zottengrund und reicht bis in die Muscularis mucosae 
hinein. Die Parasiten dieses Herdes sind große Schizonten mit zahlreichen Kernen, 
die über den ganzen Herd verteilt sind. Im Bereich des Herdchens sieht man 
2 geschnittene Drüsen. Die eine stehengebliebene Drüse liegt am Rande des Herdes, 
begrenzt ihn gewissermaßen, die andere hegt auf der gegenüberliegenden Seite 
des Herdes, wird zum größten Teil aber noch von den Schizonten und dem Gewebe, 
in das diese eingelagert sind, umfaßt. Während die Tunica propria mucosae keine 
besonderen Veränderungen zeigt, beobachtet man an dem den Herd unmittelbar 
umgebenden Gewebe die schon bei Stufe 2 beschriebene netzige Struktur. Das 
letztere Gewebe enthält neben lymphocytären Zehen in ziemlicher Anzahl poly¬ 
morphkernige Leukocyten. 

Stufe 4: Das Herdchen 4 von Kücken 7, 26—27 cm nach Magen hegt am 
Zottengrund und reicht bis an die Muscularis mucosae heran. Die Parasiten 
dieses Herdes sind auch große Schizonten mit zahlreichen Kernen. Der proto¬ 
plasmatische bzw. kernige Inhalt der Schizonten ist in einigen von ihnen aber 
nicht mehr deutlich zu erkennen, sondern ist zu einer runden Masse zusammen¬ 
geschrumpft, die im Schnitt ganz dunkel gefärbt erscheint und die Schizontengrenze 
nicht mehr vollkommen ausfüllt. Ferner sind die Schizonten hier zum erstenmal 
nicht über den ganzen Herd verteilt, sondern lassen das Zentrum des Herdes frei. 

In diesem Zentrum sieht man nun bei genauerer Betrachtung einen Bezirk von 
Zeilen, die zum größten Teil gut erhalten sind und nur vereinzelt Kernzerfall 
zeigen. Nach Gestalt, Größe und Kembeschaffenheit sind diese Zehen im Zentrum 



der herdförmigen Veränderungen bei Geflügelcoccidiose. 389 

des Herdchens als Epithelzellen anzusehen. An einer Stelle grenzt an den Rand 
dieses Herdes ein geschnittenes Kryptenblindende, dessen Epithelien vereinzelt 
von jungen Schizonten befallen sind. Das den Herd umgebende Gewebe enthält 
keine Parasiten, zeigt zum Teil kleinzellige (lymphocytäre) Infiltration und erscheint 
heller, weil die Zellen (Lymphocyten und vereinzelt polymorphkernige Leukocyten) 
in loserem Zusammenhang stehen und Zwischenräume zwischen sich lassen. 

Stufe 5: Das Herdchen 5 von Kücken 8, 9—11 cm nach Magen, liegt am 
Grunde einer Zotte und erstreckt sich bis an die Muscularis mucosae. Die Parasiten 
sind hier große Schizonten mit zahlreichen Kernen, die aber in diesem Herd im 
Gegensatz zu dem als Stufe 2 beschriebenen nicht über den ganzen Bezirk verteilt 
sind, sondern das Zentrum freilassend wallartig an die Peripherie des Herdchens 
vorgerückt sind. Im Zentrum des Herdchens sieht man bei genauerer Betrachtung 
in unmittelbarer Nachbarschaft der Muscularis einen mit Eosin stärker gefärbten 
Bezirk, der aus Bluttrümmem und degenerierten Zellen besteht, deren Kerne zum 
größten Teil zerfallen sind. Das übrige innerhalb des peripheren Schizontenwalls 
liegende Gewebe, die Tunica propria mucosae, zeigt — wie schon bei Stufe 2 be¬ 
schrieben — ebenfalls wabenartige und netzige Struktur, die auf stattgefundene 
Flüssigkeitsergüsse hindeutet. Außerdem sind in letzterem Gewebe zahlreiche 
lymphocytäre Zellen, eosinophile Leukocyten und, wenn auch nicht so zahlreich 
wie die vorhergehenden, polymorphkernige Leukocyten, also Zellen der Entzündung 
vorhanden. Die den Schizontenwall von außen unmittelbar umgebende Tunica 
propria mucosae zeigt dieselbe Struktur und dieselben Zellen wie das gleiche 
eben beschriebene Gewebe innerhalb des Schizontenwalls.. nur daß in der außen 
gelegenen Tunica propria auch noch Fibroblasten zu beobachten sind. Es handelt 
sich hier also um einen Herd, bei dem eine Freilassung des Zentrums von Schizonten 
stattgefunden hat und bei dem innerhalb des Schizontenringes Entzündungs¬ 
produkte plasmatischer und zelliger Natur, wahrscheinlich herbeigeschafft durch, 
die zerstörende Natur der Parasiten, sich angehäuft haben. Das Nachbargewebe, 
auch die Epithelien, sind frei von Parasiten. 

Stufe 6: Das Herdchen 6 von Kücken 8, 33—35 cm nach Magen, liegt am 
Zottengrund zum größten Teil zwischen einer längsgeschnittenen Krypte und 
2 geschnittenen Kryptenblindenden bzw. um diese herum, was besonders zu be¬ 
merken ist, und reicht bis in die Muscularis mucosae hinein. Die großen Schizonten 
sind auch hier nicht über den ganzen Herd verteilt, sondern sind an die Peripherie 
gerückt. Im Zentrum des Herdchens befindet sich ein mit Eosin stark gefärbter, 
Bezirk, in dem Trümmer von roten Blutkörperchen und verschiedene Zellen 
unregelmäßig verstreut liegen. Die Zellen dieses Bezirks sind teils lymphocytärer 
Natur, teils zeigen sie Degenerationen, Lockerung und körnigen Zerfall des Kerns« 
Außerdem fällt in diesem Bezirk noch eine große runde Zelle mit großem Kern, 
auf, in die ein rundes Körperchen eingelagert ist. Abgesehen von dem eben be¬ 
schriebenen Bezirk zeigt die innerhalb der peripher gelagerten Schizonten befind¬ 
liche Tunica propria mucosae den schon mehrfach geschilderten netzartigen Bau 
und enthält neben lymphocytären Zellen ziemlich viele eosinophile und vereinzelte 
polymorphkernige Leukocyten. Denselben Bau zeigt auch die außerhalb der. 
peripher gelegenen Schizonten liegende Tunica propria mucosae. 

Stufe 7: Das Herdchen 7 von Kücken 8, unteres Drittel des Blinddarms I, 
liegt in der Nähe eines Kryptenblindendes, das es zum Teil umfaßt, zwischen 
2 längsgeschnittenen Krypten und grenzt unmittelbar an die Muscularis mucosae. 
Die Parasiten sind hier zum erstenmal Oocysten, die über den ganzen Herd verteilt 
sind; man beobachtet unter diesen viele degenerierte Oocysten, die sich dadurch 
auszeichnen, daß ihr Protoplasmainhalt, der im Schnitt sehr dunkel gefärbt er¬ 
scheint, kuglig zusammengeschrumpft ist und die Oocystenhülle. nicht mehr 


28 * 



390 


H. Rosencrantz: Zur pathologischen Histologie 


vollkommen ausfüllt. Die Tunica propria mucosae, in der die Oocysten liegen, 
erscheint heller als das in der Nachbarschaft des Herdes liegende Gewebe, weil 
die Zellen weiter voneinander entfernt stehen und Lücken zwischen sich lassen; 
außerdem beobachtet man in ihr in geringer Zahl Fibroblasten. 

Stufe 8: Das Herdchen 8 von Kücken 8, Blinddarm I, oberes Drittel — Spitze, 
liegt am Grunde zwischen 2 längsgeschnittenen Krypten und reicht bis in die Musen - 
laris mucosae hinein. Die über den ganzen Herd verteilten in der Tunica propria mu¬ 
cosae des Blinddarms liegenden Parasiten sind Oocysten. Bei genauerer Betrachtung 
sieht man, daß einige von den Oocysten abgekapselt sind, was besonders hervorzu¬ 
heben ist, und daß ein Teil von ihnen degeneriert ist, wie schon bei der vorhergehen¬ 
den Stufe beschrieben wurde. Das Herdgewebe sowie das den Herd unmittelbar um¬ 
gebende Gewebe erscheint, verglichen mit der weiteren Umgebung, heller, weil die 
Zellen lockerer stehen und kleine Zwischenräume zwischen sich lassen. Indem den 
Herd unmittelbar umgebenden Gewebe sieht man außer lymphocytären Zellen in 
geringer Zahl Fibroblasten und vereinzelt polymorphkernige Leukozyten. 

Stufe 9: Das Herdchen 9 von Kücken 8, Blinddarm I mittleres Drittel, 
liegt in Mucosa und Submucosa des Blinddarms und ist an der der Ringmuskel- 
schicht zugekehrten Seite durch die Muscularis mucosae durchgebrochen. Bei 
genauerer Betrachtung sieht man links und rechts vom Herdchen je eine Krypte; 
die linke ist im Schnitt in ihrem Blindende, die rechts liegende in schräger Richtung 
getroffen. Die über das ganze Herdchen verteilten Parasiten sind Oocysten, deren 
Protoplasmainhalt meist kuglig zusammengeschrumpft ist und den Cysteninhalt 
nicht mehr vollkommen ausfüllt. Teilweise sind die Cystenhüllen überhaupt leer, 
d. h. sie lassen keinen Protoplasmainhalt mehr erkennen. An der Durchbruch&stelle 
durch die Muscularis mucosae sieht man einige Oocysten in der Unterbrechung 
der Muscularis mucosae liegen, ferner sieht man auch, wie mehrere Oocysten bereits 
unterhalb der Muscularis mucosae sich angesiedelt haben. In dem das Herdchen 
umgebenden lockeren Gewebe sieht man, besonders an der dem Darmlumen 
zugekehrten Seite, Zellen, deren Kern gelockert ist, ferner Fibroblasten und in 
geringer Zahl auch polymorphkernige Leukocyten. In der Nachbarschaft der 
Krypten beobachtet man, hauptsächlich in der Nähe der Muscularis mucosae, 
starke Zellenvermehrung, die sich durch dichte Lagerung der Kerne bemerkbar 
macht (kleinzellige Infiltration). 

Stufe 10: Das Herdchen 10 von Kücken 8, Blinddarm H, unteres Drittel, liegt 
am Grunde der Krypten und um mehrere Drüsen herum, was besonders zu bemerken 
ist, und reicht bis an die Muscularis mucosae. Die in der Tunica propria mucosae 
liegenden Oocysten dieses Herdchens sind über den ganzen Herd verteilt und größten¬ 
teils degeneriert. Sie liegen aber nicht so dicht beieinander wie bei den vorhergehen¬ 
den Stufen, denn sie sind um 4 längsgeschnittene Krypten und ein Kryptenblind¬ 
ende herum gelagert. Die in dem Herd liegenden Drüsen zeigen cystöse Erweite¬ 
rung und ihre Lumina sind zum Teil mit Exsudat gefüllt, das sich im Schnitt stark 
mit Eosin gefärbt hat. Dies Exsudat ist teils plasmatischer, teils zeUiger Natur. Die 
Kerne der in den Drüsenlumina liegenden Zellen sind meist degeneriert; sie scheinen 
größtenteils von Epithelien und polymorphkernigen Leukocyten herzustammen. 

Zusammenfassung. 

I. Wenn auch beim Hühnercoccid das Vorkommen der herdförmigen Ver¬ 
änderungen nicht regelmäßig zu beobachten ist, so gibt es doch Fälle, in denen 
herdförmige Veränderungen mit scharf abgegrenzter Lokalisation der Parasiten 
sich nachweisen lassen, ohne daß in diesen Herden eine Mitwirkung von Würmern 
bei der Entstehung zu beobachten ist. 

H. Die herdförmigen Veränderungen waren in den beiden meiner Arbeit 
zugrunde liegenden Fällen über den ganzen Darm verstreut. 



der herdförmigen Veränderungen bei Qeflügelcoccidiose. 


391 


III. Die Herde schwankten in der Größe zwischen der einer Stecknadelspitze 
und der eines Hirsekorns, waren gelblichweiß und von der Serosadurch^die^Darm- 
muskulatur hindurch sichtbar. 

IV. Die mikroskopischen Befunde lassen sich nach folgenden Gesichtspunkten 
kurz zusammenfassen: 

Die ersten Veränderungen sind Parasitenanhäufungen, und zwar Anhäufungen 
von jüngsten Schizonten im Blindende von Drüsenschläuchen. In solchen stark 
befallenen Drüsen machen sich bereits Exsudationspfröpfe bemerkbar und um 
diese Drüsen herum zeigt sich eine Auflockerung des Gewebes, die auf eine offen¬ 
bare Schädigung und Durchsaitung der Umgebung mit Exsudat zurückzuführen 
ist. Die weiter entwickelten Stufen sind zunächst charakterisiert durch die Anhäu¬ 
fung junger Schizonten in einem Herde aus Epithel- oder wabenartig zusammen¬ 
gelagerten makrophagengleichen Zellen, die jeweils einen Schizonten im Innern 
aufweisen. Die nächsten Stufen der herdförmigen Veränderungen sind charak¬ 
terisiert durch das Vorrücken der nunmehr herangewachsenen, vielkemigen 
Schizonten in der Propria mucosae unter Umgehung von etwa vorhandenen 
Drüsenblindenden, welche im Herde erhalten bleiben können. Innerhalb des 
Parasitenwalles macht sich nunmehr die Anhäufung von Exsudat (plasmatischem 
und zelligem) bemerkbar. Diese Herde können wahrscheinlich bei Reifung der 
zahllosen Merozoiten der Ausgangspunkt größerer diffuser Erkrankungsherde 
im Darm werden, die ja als diffuse Veränderungen häufig beschrieben worden sind. 
Neben diesen Hauptformen der Veränderungen fanden sich als Endstufen auch 
Herde mit unaufgeteilten Oocysten. Besonders im Blinddarm kann bei diesen Herden 
festgestellt werden, daß meist die Reste einer akuten Entzündung geschwunden sind 
und daß meist eine Abkapselung der Oocysten, die als ziemlich reaktionslos ver¬ 
tragene Fremdkörper wirken, stattgefunden hat. Bei diesen Oocystenherden im 
Blinddarm ist nicht selten ein Durchbruch durch die Muscularis mucosae nachzu¬ 
weisen. In der Umgebung solcher Herde machen sich häufig cystöse Erweiterungen 
der Drüsen bemerkbar. Es ist aus den an den Därmen abgelaufenen Prozessen schwer 
ersichtlich, ob es sich beim Zustandekommen dieser Veränderungen um eine Re¬ 
generation der Drüsenstümpfe in dem vernichteten Bezirke handelt, oder ob es sich 
vielmehr, was mir wahrscheinlicher erscheint, um Retentionscysten im ehemals ent¬ 
zündeten Gewebe handelt, die hervorgerufen werden einerseits durch die jetzige 
oder frühere Exsudatanhäufung in der Drüse, andererseits durch den Druck des 
umgebenden entzündeten Gewebes auf die Drüsenmündungsabschnitte. 

V. Die herdförmigen Veränderungen können für sich allein auftreten, können 
aber auch mit diffusen Veränderungen in gleichen oder anderen Darmteilen ver¬ 
bunden sein. Zur einwandfreien Klärung der Todesursache bei Kücken ist deshalb 
in allen Fällen nicht nur die bloße Untersuchung des Darminhaltes auf Coccidien- 
oocysten angezeigt, sondern auch die Untersuchung der beschriebenen Herde auf 
Schizonten und Merozoiten. 

VI. Vergleichen wir die herdförmigen Veränderungen bei der Coccidiose des 
Huhnes mit denen bei den Coccidiosen der übrigen Tiere, so sind die Herde nach 
unserem Material ausgezeichnet: 

1. durch das häufige Vorkommen von Schizonten und Merozoiten; 

2. durch die bevorzugte Lokalisation der jüngsten Schizonten, welche zur 
Ausbildung solcher herdförmigen Veränderungen Anlaß geben können, am Grunde 
der Drüsen und durch das Freibleiben der Zottenspitzen; 

3. in späteren Entwicklungsstufen der herdförmigen Veränderungen durch 
das Vorrücken der Schizonten in der Propria mucosae und das dadurch bedingte 
Tiefgreifen der Veränderungen ins Gewebe (dichtes Heranrücken und sogar Ein¬ 
dringen in die Muscularis mucosae). 



392 


E. Struwe: 


Die herdförmigen Veränderungen bei der Geflügelcoccidiose unterscheiden 
sich durch diese Bevorzugung des Gewebes jenseits des Epithels wesentlich von den 
herdförmigen Veränderungen, wie sie bei den Coccidiosen des Schafes, der Ziege, 
des Hasen und teilweise des Kaninchens beobachtet werden. 

Am Schluß meiner Arbeit ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. 
Dr. Noller für die Überlassung des Materials sowie für die vielseitige Anleitung 
und Unterstützung zu danken. 

Literaturverzeichnis. 

Berge , E. (1921), Coccidiose der Kücken. Dtsch. Tierärztl. Wochenschr. tt, 
Nr. 31, S. 386—387. — Curson, H. H . (1920), Coccidiosis of the FowL Journal 
of the Departement of Agriculture. Pretoria 1920. — Eckardt-Neuss (1903), Über 
Coccidiosis intestinalis beim Geflügel. Berl. Tierärztl Wochenschr. 15 , Nr. 11, 
S. 177—180. — Fantham , H. B . (1910a), The morphology and life-history of 
Eimeria avium. Proc. Zool. Soc. London S. 672. — Fantham , H . B . (1910b), 
Experimental studies on avian coccidiosis especially in relation to young grouse, 
fowls and pigeons. Proc. Zool. Soc. London S. 708. — Frenz , Otto (1923), Beitrage 
zur Kenntnis der Sctnveinecoccidiose. Vet.-med. Inaug.-Diss. Berlin 1923. — 
Oerard , P. (1913), Le cycle evolutif d’une nouvelle coccidie aviaire. Eimeria bracheti 
(n. sp.). Arch. f. Protistenkunde 25, 193. — Günther , Kurt (1922), Sitz und tödliche 
Veränderungen des Hühnercoccids in Beziehung zur Artenfrage. Vet.-med. Inaug.- 
Diss. Berlin 1922. — Meyer , Emil (1922), Ein Beitrag zur Verbreitung und Bedeu- 
dung der Geflügelcoccidiose. Dtsch. TierärztL Wochenschr. 35 , Nr. lö, S. 193—195. 
— Nieschulz, Otto (1923), Über Hasencoccidien (Eimeria leporis n. sp.). Dtsch. 
Tierärztl. Wochenschr. 31 , Nr. 21, S. 245—247. — Reichenow, E. (1920), Die Cocei- 
dien. In: Prowazek-Nöller, Handbuch der pathogenen Protozoen. J. A. Barth. 
Leipzig 3 , Lief. 8., S. 1138—1293. — Reitsma , K . (1923), Coccidiosis der Ziege. 
Zeitschr. f. Infektionskrankh., parasitäre Krankh. u. Hyg. d. Haustiere 25, H. 1, 
S. 50—62. — Schürjohann, Stephan (1922), Zur Kenntnis der Ziegencoccidiose. 
Vet.-med. Inaug.-Diss. Berlin 1922. — Vorbrodt , Karl (1923), Zur Kenntnis der 
Schafcoccidiose. Vet.-med. Inaug.-Diss. Berlin 1923. 

Die fünf der Urschrift dieser Dissertation beigegebenen Zeichnungen der 
Entwicklungsstufen 1, 2, 5, 6 und 9 der Coccidienherde befinden sich im Patho¬ 
logischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 


(Aus dem Laboratorium des Fleischbeschauamtes K. in Hamburg 
[Obertierarzt: Dr. Nieberle ].) 

Untersuchungen über das Vorkommen von Fett in der Niere 

des Schafes. 

Von 

Edmund Struwe, Letzlingen, 

Veterinärrat. 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. &dta»a&2.] 

Über das Vorkommen von Fett in Schafnieren sind in der Literatur nur wenige 
Angaben vorhanden. 

Während v. Ostertag 1 ) und Kitt 2 ) bei Schafen das Vorkommen von Fett¬ 
nieren erwähnen, hat Pfeiffer *) solche nicht feetstellen können, r. Ostertag 1 ) 



Untersuchungen über das Vorkommen von Fett in der Niere des Schafes. 393 


sagt in seinem „Handbuch der Fleischbeschau“, 0. Auflage, -1910: „Bei hochge- 
mästeten Schweinen, seltener bei Rindern und Schafen, kann die Farbe der Nieren 
infolge Fettinfiltration der gewundenen und geraden Harnkanälchen graubraun 
und trübe werden. (Bei mikroskopischer Untersuchung findet man die Epithel¬ 
auskleidung der genannten Kanälchen mit großen Fetttropfen prall gefüllt).“ 

Kitt 1 ) schreibt in Beinern Lehrbuch der pathologischen Anatomie (1906): 
„Das Nierenepithel der Katzen und Hunde enthält schon physiologisch Fett 
in Tröpfchenform außerordentlich reichlich, so daß die Markzone der Nieren auf dem 
Halbierschnitt oft ganz wie Fettgewebe transparent weiß aussieht und fettig 
sich anfühlt. Gegenüber dieser schon von Leisering als normal angesprochenen 
Fettablagerung ergibt sich eine totale, insbesondere den Rindenbezirk ergreifende 
Verfettung der Nieren, Adipositas, Degeneratio adiposa renum, als etwas Patho¬ 
logisches in ähnlicher Weise wie die Fettleber. Man trifft die Fettnieren namentlich 
beim Schwein, Schaf und Rind, sowie bei der Katze (Cagny) als einen abnormen 
Steigerungszustand physiologischer Fettablagerung (ex alimentis) und als Zerfalls- 
erscheinung des Nierengewebes (hier mit Kemverlust und Umwandlung der Epi- 
thelien zu Fettkörnchenkugeln); perniziöse Anämie und Intoxikationen können die 
Ursache sein. Evidente Fettnieren sind in toto hellgraugelb, lehmfarbig, ockerfarbig 
oder f ast weiß, auf der Oberfläche glatt und glänzend, sonst schlaff, welk, weichschneid¬ 
bar. Die Rindensubstanz ist verbreitert, im Kolorit an Heringsmilch erinnernd, die 
Marksubstanz hellrotgrau. Von der Schnittfläche, die sich klebrigfettig anfühlt, ge¬ 
winnt man einen milchigen gelben Saft, der massenhaft Fetttropfen vorzeigt.“ 

Das Attische Werk enthält auch zwei Abbildungen (eine kolorierte) von Fett¬ 
nieren beim Schaf. 

Pfeiffer*) veröffentlicht in seiner Arbeit „Über den Fettgehalt der Nieren“, 
im Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde, Band 38, 1912, 
als Resultat seiner an 4 Schafen vorgenommenen Untersuchungen: „Die Schafs¬ 
nieren fand ich in erkranktem wie gesundem Zustand fettfrei. Wenn ihre Gewebs- 

zonen sich überhaupt sudanophil zeigten, so war dies kaum merklich. Es 

scheint die Niere der Wiederkäuer im gesunden oder kranken Allgemeinzustand 
des Körpers Fett nicht gern morphologisch in Erscheinung treten zu lassen.. . . 
Was die Fettniere der Autoren angeht, so habe ich solche in geschilderter Weise 
nie gesehen. Sicher wären genaue, feinere histologische Beschreibungen erwünscht.“ 

Da dieser Wunsch für die Niere des Schafes bislang in genügender 
Weise nicht erfüllt ist, übertrug Herr Dr. Nieberle es mir, die Frage 
über das Auftreten von Fett in der Schafniere unter normalen und 
pathologischen Verhältnissen erneut einer Prüfung zu unterziehen. 

Bezüglich der Deutung der dabei erzielten Resultate ist hier in erster Linie 
zu verweisen auf die in den Monatsheften für Tierheilkunde Bd. 25, Nr. 11 und 12 
veröffentlichte, also leicht erreichbare Arbeit von Nieberle „Zur Kenntnis der 
sog. Fettniere bei Schwein und Rind“. Ebenso verweise ich besonders auf Pfeiffers 
Arbeit in diesem Archiv Bd. 38 (1912) „Über den Fettgehalt der Niere“ aus dem 
pathologischen Institut der tierärztlichen Hochschule zu Berlin). 

Während Pfeiffer*) der Ansicht ist, daß Fett in den Nieren des Schweines 
und Rindes sowohl normalerweise, als auch unter pathologischen Verhältnissen 
kaum vorkommt, oder nur in beschränktem Umfang bei Schweinen auftritt, hat 
Nieberle 1 ) in sämtlichen von ihm untersuchten Schweinenieren Fett in wechselnder 
Menge nachgewiesen. In dem eine Fettniere des Schweines betreffenden Fall 
stellte Nieberle fest, daß im sekretorischen Teil des Kanalsystems hochgradiger 
Fettgehalt vorhanden war, während der resorptive Teü und der Glomerulusfiltrier- 
apparat ganz frei von Fett war oder nur Spuren davon enthielt. 




394 


E. Struwe: 


Außerdem wies das Fett im sekretorischen Abschnitt zum größten Teil eine 
ausgesprochene basale Lagerung auf, während es im resorptiven Abschnitt un¬ 
regelmäßig zerstreut in der Zelle lag. 

Nieberle kommt dann zu dem Schluß, daß die beschriebene hochgradige Fett¬ 
niere des Schweines nichts besonders Abnormes darstellt, vielmehr der Ausdruck 
eines — wenn auch hochgradigen — physiologischen Geschehens ist. 

Was nun den Fettgehalt der Niere des Rindes anlangt, so fand Nieberle in 
zwei „Fettnieren“, die von einer älteren mageren Kuh stammten, die als auffälligste 
Veränderung eine hochgradige Fettleber zeigte, „einen hochgradigen Fettgehalt 
im sekretorischen Kanalabschnitt bei fast völliger Fettfreiheit des resorptiven 
Abschnittes. Die Anordnung des wenigen Fettes im resorptiven Abschnitt war 
unregelmäßig innerhalb der Zellen, während im sekretorischen Abschnitt die 
Anordnung zum großen Teil ausgesprochen basal war“. 

Um die Nieren normaler Schlachtrinder generell auf ihren etw. Fettgehalt zu 
prüfen, wählte Nieberle Rinder in verschiedenem Mastzustand aus, und stellte fest, 
daß in fast allen Fällen ein gewisser Fettgehalt vorhanden war, und zwar mit be¬ 
sonderer Vorliebe in den Hauptstücken 3 und ganz speziell in der Pars medullans. 

Nur war die Menge dieses Fettgehaltes im Vergleich zu derjenigen der Nieren 
des Schweines verschwindend klein. In der Regel waren nur vereinzelte bis kern¬ 
große Tropfen in dem Plasma der Epithelien vorhanden, und nur ausnahmsweise 
steigerte sich deren Menge so, daß die betreffenden Kanalabschnitte bereits bei 
schwacher Vergrößerung durch ihre rote Farbe auffielen. Neben diesem groß* 
tropfigen Fett in den Hauptstücken konnten außerdem, über das ganze Kanal¬ 
system verteilt, in gleicher Weise wie beim Schwein, äußerst feine gelbrote Granula 
nachgewiesen werden, die jedoch nur bei Ölimmersion deutlich in Erscheinung 
traten. Auch im Lumen der arteriellen Gefäße fand sich öfters eine rötlich gefärbte 
feingranuläre Emulsion. Im allgemeinen ist also auch die Niere des Rindes regel¬ 
mäßig fetthaltig. Der Fettgehalt ist jedoch relativ stets sehr gering, aber — und 
das muß besonders hervorgehoben werden — regelmäßig nur auf den sekretorischen 
Kanalabschnitt beschränkt.“ 

Beim Pferde liegen systematische Forschungen über den Fettgehalt der Niere 
nicht vor. Pfeiffer 3 ) hat einige Pferde daraufhin untersucht und gefunden, daß 
das gesunde Organ im allgemeinen kein Fett in morphologisch sichtbarer Form ent¬ 
hält. Beim Reh fand Pfeiffer kein Fett. Andere Untersuchungen am Reh liegen 
nicht vor. 

Bei der Katze ist festgestellt, daß die Nieren regelmäßig Fett enthalten. Pfeiffer *) 
hat 3 Katzen daraufhin untersucht und fand in allen 3 Fällen den Glomeralu? 
und die Bowman sehe Kapsel fett frei. Stets war Fett im Hauptstück anzutreffen. 
I . Albert Witt 7 ) hat systematisch eine größere Anzahl von Katzennieren auf Fett¬ 
gehalt untersucht und festgestellt, daß 1. die Katzenniere regelmäßig fetthaltig 
erscheint, 2. die Lage des Fettes eine gesetzmäßige ist, indem nur der sekretorische 
Abschnitt die große Masse des als Neutralfett anzusprechenden Fettes, und zwar 
in ganz bestimmter Anordnung enthält, während im resorptiven Teil anders ge 
artetes Fett, unregelmäßig verteilt, sich in verhältnismäßig sehr geringer Menge 
vorfindet und es sich bei diesen gelblich-braun gefärbten Elementen vielfach 
um fetthaltige Abnutzungspigmente handeln dürfte, 3. der Fettgehalt in den 
beschriebenen Abschnitten stets sehr ausgeprägt ist, 4. die gesetzmäßige Lagerung 
des Fettes bereits beim Embryo vorhanden ist, 5. Geschlecht, Alter, Nährzustand 
und Nahrungsaufnahme der Tiere auf den Fettgehalt ihrer Nieren ohne Einfluß ist 

Uber die Verhältnisse beim Hund liegen mehr Untersuchungen vor. 

Ellenberger und Günther*), Kitt?), Bibbert 9 ), Hansemann 10 ), Schachowa 11 )* 
Wisskirrhen 12 ), Peter*), Pri/m 1 *), Pfeiffer*), Max Witt 14 ) und Henschen 1 *) bestätigen 



Untersuchungen über das Vorkommen von Fett in der Niere des Schafes. 395 


übereinstimmend das physiologische Vorkommen von Fett in Tröpfchenform 
in Hundenieren. Bezüglich der Lokalisation des Fettes innerhalb des Nieren¬ 
parenchyms liegen seitens obiger Autoren die verschiedensten Befunde vor; am 
häufigsten wurde Fett im Hauptstück angetroffen. 

„Zwischen den Fleischfressern und den Pflanzenfressern bestehen nach Hetl¬ 
ichen (15; S. 235) erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Nierenverfettung. 
Die Niere der letzteren ist im Vergleich mit der Niere der ersteren sowohl unter 
normalen wie pathologischen Verhältnissen als fettarm zu bezeichnen. 

Beim Schafe, bei der Ziege und bei wilden und halbwilden Wiederkäuern, 
wie Reh, Elch und Renntier, gestalten sich die Verhältnisse im großen wie 
beim Rinde. In der Regel ist der Festgehalt minimal, aber es kommen auch bei 
diesen Tieren in seltenen Fällen starke Verfettungen vor, bei denen vor allem 
die Hauptstücke befallen sind.“ (15; S. 236.) 

Technik. 

Um das Harnkanälchensystem zu differenzieren, wurden einige 
Nieren nach AÜmann-Schridde 17 ) behandelt. Hierzu wurden die Nieren 
lebenswarm in Formalin gehärtet. Die lebenswarme Fixation ist not¬ 
wendig, da gerade das Nierengewebe sehr bald kadaveröse Veränderungen 
erleidet, die die histologischen Feinheiten verwischen. 

Kleine Gewebsstücke wurden dann 24 Stunden in Müller sehe Flüssig¬ 
keit gelegt und in Paraffin eingebettet. Die 2—3 Mikra dicken Paraffin¬ 
schnitte wurden nun auf Objektträger geklebt, entparaffiniert und eine 
halbe Stunde einer 10%igen Osmiumtetroxydlösung bei Lichtabschluß 
ausgesetzt. Nach dem Entwässern wurden die Schnitte mit Anilinwasser- 
Säurefuchsin etwa 15 Minuten gefärbt, indem man die Farblösung 
auf dem Objektträger mehrere Male bis zum Auf steigen von Dämpfen 
erwärmte. Nach dem Erkalten erfolgte die Differenzierung in Pikrin¬ 
säure-Alkohol so lange, bis das Präparat einen hellgelblich-roten 
Farbenton angenommen hatte, und darauf die Einbettung der Schnitte 
in Kanadabalsam. 

Als Material zu meinen Untersuchungen verwandte ich die Nieren 
ron 27 Schafen verschiedenen Alters. 

Zum Nachweis von Fett wurde sämtliches Material 24 Stunden 
in 10%igem Formalin gehärtet. 

Es wurden Gefrierschnitte mit dem Jung sehen Kohlensäure-Gefrier- 
mikro tom in Dicke von 10 Mikra hergestellt. Dann wurde die Fett¬ 
färbung mit dem Azo-Farbstoff Scharlach R nach Herxheimer angewandt. 

Der Vorgang ist folgender; 

1. Die Schnitte werden in 70%igem Alkohol aufgefangen. 

2. Färbung in der acetonhaltigenScharlach-R-Lösung 2—3 Minuten. 

3. Kurzes Abwaschen in 50%igem Alkohol. 

4. Auswaschen in Wasser. 

5. Nachfärben in Hämatoxylin. 

€. Auswaschen in Wasser. 

7. Aufziehen des Schnittes, Trocknen, Einlegen in Glycerin-Gelatine. 



396 


E. Struwe: 


Eigene, Untersuchungen. 

In den nach Altmann-Schridde gewonnenen Präparaten kann man 
bei schwacher Vergrößerung deutlich erkennen, daß die Granula in 
verschiedener Stärke hervortreten. 

Bei ölimmersion sieht man, daß das Glomerulusendothel sowie 
die viscerale und parietale Kapsel frei von Granulierung sind. In der 
Gegend des Harnpols, beim Übergang des platten Epithels zum ku¬ 
bischen beginnt die Granulierung und setzt sich im anschließenden Teil 
des Hauptstückes fort. Die Granula sind an der Basis der Zellen im 
allgemeinen zu Stäbchen gereiht, doch ist diese Anordnung nicht so 
regelmäßig, wie sie Suzuki für die anderen von ihm untersuchten Tiere 
nachgewiesen hat. Die Granulierung des aus dem Glomerulus hervor¬ 
gehenden Hauptstückes 1 ist ebenfalls nicht so stark, wie sie Suzuki 
beschreibt. In den medialen Abschnitten ist die Granulierung stärker 
als zu Anfang, ebenso an dem distalen Abschnitt des Hauptstückes. 
Gegen das Lumen lassen die Zellen deutlich einen schmalen gelb¬ 
gefärbten Saum erkennen, der frei von Granula ist. Dieser Saum ist 
zum Teil nach innen gerade und es tritt dann seine bürstenartige Be¬ 
schaffenheit deutlich hervor, öfter aber sendet er brückenartig Balken 
in das Lumen hinein. In der Pars medullaris sind die Hauptstücke 
am stärksten granuliert, jedoch ist die stäbchenförmige Anordnung 
der Granula nicht mehr zu beobachten. Die Granula machen einen 
kompakteren Eindruck. Das Lumen der Hauptstücke in der Pars 
medullaris ist eng. Dadurch geben sich diese Teile als Hauptstücke 3 
zu erkennen. Hauptstück 1 kann durch seinen Abgang aus dem Glo¬ 
merulus jedenfalls sicher festgestellt werden, während sich eine Unter¬ 
scheidung von 2 und 3 kaum ermöglichen läßt, da, wie oben angeführt 
beim Schaf im Gegensatz zu den anderen angeführten Tieren die Granula 
im Hauptstück 2 und 3 nicht lockerer gelagert sind, sondern in kom¬ 
pakterer Form auftreten als im Hauptstück 1, wodurch eine scharfe 
Unterscheidung zwischen beiden nicht möglich ist. Beim Übergang 
in die Herde sehe Schleife läßt die Granulierung stark nach. Der ab¬ 
steigende dünne Teil der Schleife zeigt flache Epithelien (längliche 
Kerne und flache Zellen), und eine ganz feine Granulierung, die sich 
auf die unmittelbare Umgebung der Zellkerne beschränkt. Im auf¬ 
steigenden dicken Teil der Herde sehen Schleife ändert sich das Bild 
wieder. Die Granula treten wieder reichlicher auf und zeigen eine 
relativ grobe Kömelung, die teilweise Stäbchenform zeigt. Im großen 
und ganzen liegen sie unregelmäßig, jedoch ist die perinucleäre 
Lage bevorzugt. Das Lumen ist weiter als im dünnen Teil der 
Schleife, der Bürstensaum fehlt vollständig, einzelne Zellen treten 
in das Lumen hervor, sozusagen glotzaugenförmig, wodurch der 
Tnnenkontur geschlängelt verläuft. 



Untersuchungen Uber das Vorkommen von Fett in der Niere des Schafes. 397 


Abgesehen vom fehlenden Bürstensaum unterscheidet sich dieser 
Abschnitt vom Hauptstück durch die größere Feinheit der Granulierung, 
sowie dadurch, daß eine allgemeine stäbchenförmige Anordnung der 
Granula nicht vorhanden ist, sowie durch die in das Lumen hervor¬ 
tretenden Zellen. 

An der Anlegestelle am Glomerulus, dem Zwischenstück, sehen wir 
noch reichlichere aber feinkörnige Granulierungen. Die Granula um¬ 
geben den Kern vollständig und verdecken ihn sozusagen. Beim Schalt¬ 
stück ist die unregelmäßige Granulierung wieder verschwunden und hat 
der stäbchenförmigen Platz gemacht. Die Granuliemng ist bedeutend 
stärker. Die verhältnismäßig starken Stäbchen, die in regelmäßiger 
Reihe stehen, beginnen an der Zellbasis und reichen, den Zellkern 
einschließend und über ihn hinausgehend, bis zum Lumen, wo ihnen 
einige feine Granula aufzuliegen scheinen. Das Hauptunterscheidungs¬ 
mittel gegenüber den Hauptstücken ist der hier fehlende Bürstensaum. 
Von ihrer Umgebung heben sie sich durch die tiefdunkelrote Färbung 
der Stäbchen deutlich ab. Hierdurch sind sie schon bei schwacher 
Vergrößerung zu erkennen. 

Die Sammelrohre zeigen dagegen nur geringe Granulierung, so¬ 
zusagen staubförmig, die unregelmäßig, meist perinucleär, die großen 
Kerne umgibt. Das Lumen der Sammelrohre ist weit. 

Mit Hilfe der Altmannsehen Granula kann man also das Harnkanal¬ 
system in zwei Abschnitte einteilen, einen sekretorischen und einen 
resorptiven. Die Grenze zwischen beiden Abschnitten ist der dünne 
Henle. Der sekretorische Teil ist kenntlich an dem Bürstensaum, 
während dieser dem resorptiven Teil vollständig fehlt. Am intensivsten 
ist die Färbung bei den Schaltstücken. Man kann die Granulafärbung 
eine spezifische Schaltstückfärbung nennen. 

Die einzelnen Untersuchungsbefunde*) an 27 Schafnieren ergeben folgende 

Zusammenfassung. 

Mittels der Altmann sehen Granulafärbung war es möglich, eine 
genaue histologische Differenzierung des Hamkanalsystems des Schafes 
durchzuführen und es in zwei Abschnitte einzuteilen, einen sekreto¬ 
rischen und einen resorptiven Abschnitt. 

Zu ersterem gehören Glomerulus, Hauptstück 1, 2 und 3 und ein 
Teil des dünnen Herde (Schenkels der Henle sehen Schleife), zu letzterem 
der dicke Henle, die Schaltstücke und die Sammelrohre. Der sekreto¬ 
rische Abschnitt ist kenntlich an dem Bürstensaum. Dieser fehlt dem 
resorptiven Abschnitt vollständig. Hauptstück 2 und 3 lassen sich 
beim Schaf kaum voneinander unterscheiden, da in ihnen die Granula 

*) Niedergelegt im Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule 
Berlin. 



398 E. Struwe: Untersuchungen über das Vorkommen von Fett in der Niere usw. 

einen kompakteren Eindruck machen als im Hauptstück 1 und nicht 
lockerer auftreten. Deutlich erkennbar ist dagegen der dünne Henle 
am flachen Epithel und ganz geringer Granulierung, der dicke Henle 
durch reichlichere Granulierung und glotzaugenförmiges Hervortreten 
einzelner Zellen, die Schaltstücke durch die intensive Färbung der 
stäbchenförmig angeordneten Granula und den fehlenden Bürstensaum, 
und die Sammelrohre durch die geringe Granulierung und perinucleäre 
Lage der Granula, sowie das weite Lumen. 

Von der vitalen Carmininjektion mußte unter den heutigen Ver¬ 
hältnissen, d. h. den enormen Kosten des lebenden Materials, leider 
abgesehen werden. 

Sämtliche untersuchten Fälle wurden mit der Scharlachfärbung 
fettfrei befunden. Dadurch ist festgestellt, daß die Niere des Schafes 
unter physiologischen Verhältnissen regelmäßig kein Fett enthält 
im Gegensatz zum Rinde, wo wenigstens ganz geringe Mengen Fett 
im sekretorischen Abschnitt nachgewiesen sind. 

Unter pathologischen Verhältnissen wurde von mir beim Schaf 
ebenfalls kein Fett festgestellt. 

Was die von v. Ostertag und Kitt beschriebene Fettniere beim Schaf 
anlangt, so kommt dieselbe offenbar unter pathologischen Verhältnissen 
vereinzelt vor. 

Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Dr. Nieberle für 
die Übertragung der Arbeit meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 

Literaturverzeichnis. 

*) v. Ostertag, Handbuch der Fleischbeschau, 6. AufL 1910. — *) Kitt , Lehrbuch 
der pathologischen Anatomie, 1906. — 8 ) Pfeiffer , Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. 
38 , 1912. — 4 ) Nieberle , Zur Kenntnis der sog. „Fettniere“ beim Schwein und Rind. 
Monatshefte f. prakt. Tierheilk. 33. — 4 ) Peter , Carl , Untersuchung über Bau 
und Entwickelung der Nieren. Jena 1909. — 6 ) Suzuki , Zur Morphologie der 
Nierensekretion. Jena 1912. — 7 ) Witt, Albert , Untersuchungen über Vorkommen 
und Bedeutung von Fett in den Nieren der Katzen. Inaug.-Diss. Hannover 1920. — 
•) EUenberger und Günther, Grundriß der vergleichenden Histologie der Haussäuge¬ 
tiere. II. Aufl. — •) Ribbert, Die morphologischen Verhältnisse in Gegenwart 
von Fett in den Zellen und ihre Verwertung für die Frage nach der Herkunft de> 
Fettes. Verhandl. d. dtsch. pathol. Ges. Kassel 1903. — 10 ) Hansemann , David, 
Über die Fettinfiltration der Nierenepithelien. Virchows Archiv 148, 1897. — 
n ) Schachowa, Untersuchungen über die Niere. Inaug.-Diss. Bern 1876.— 1Ä ) Wi*s- 
kirchen , Über das Verhalten der fettigen Substanzen in der Hundeniere. Frankfurt 
Zeitschr. f. Pathol. 4 . — 1S ) Prym, P., Die Lokalisation des Fettes im System 
der Harnkanälchen. Frankfurt. Zeitschr. f. Pathol. 5 1, 1910. — 14 ) Witt, Max, 
Untersuchungen über das Vorkommen von Fett in der Niere des Hundes unter 
normalen und pathologischen Verhältnissen. Inaug.-Diss. Leipzig 1920. — 
1§ ) Henschen, E. Joest, Spezielle pathologische Anatomie der Haustiere Bd. HI. 
Berlin 1923. — 1€ ) Herxheimer , Technik der pathologisch-histologischen Unter 
suchung. 1912. — 17 ) Schridde-Naegeli, Die hämatologische Technik, 1910. 




ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

E. ABDERHALDEN-HALLE A. S., 8T. ANGELOFF-SOFIA, M. CASPER-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. ERNST-SCHLEISSHEIM, 
W. PREI-ZÜRICH. K. HOBSTETl'ER-JENA, P. HUTTRA VON SZEPESHELT- 
BUDAPEST, H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GEESSEN, J. MAREK- 
BUDAPEST, HJDE8SNER-HANNOVER, K.NEUM ANN-BERLIN, A.OLT-GEESSEN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. ZSCHOKKE-ZÜRICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 

50. BAND. 5. HEFT 

MIT 1 TEXTABBILDUNG 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1924 


Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde. 50. Band, Heft 6. 


ii 


Das „Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde“ 

erscheint in zwanglosen, einzeln berechneten Heften, von denen je sechs einen Band 
von etwa 42 Bogen bilden. 

Der für dieses Archiv berechnete Bandpreis hat seine Gültigkeit nur während der Dauer 
des Erscheinens. Nach Abschluß eines jeden Bandes tritt eine wesentliche Erhöhung ein. 

An Sonderdrucken werden den Herren Verfassern von Originalarbeiten bis 30 Exem¬ 
plare kostenlos geliefert. Doch bittet die Verlagsbuchhandlung, nur die zur tatsächlichen 
Verwendung benötigten Exemplare zu bestellen. Über die Freiexemplarzahl hinaus 
bestellte Exemplare werden berechnet. Die Herren Mitarbeiter werden jedoch in ihrem 
eigenen Interesse dringend gebeten, die Kosten vorher vom Verlage zu erfragen, um 
spätere unliebsame Überraschungen zu vermeiden. 

Manuskriptsendungen für das Archiv werden erbeten an: 

Herrn Professor Dr.Neumann, Berlin NW, Luisenstraße 56, 

Herrn Professor Dr. Miessner, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh. Reg-Rat Professor Dr. Hobstetter, Jena , Veterinäranstalt. 

Es wird vorausgesetzt, daß die eingesandten Arbeiten dem „Archiv“ zum alleinige* 
Abdruck gegeben werden; Zweidrucke sind von der Aufnahme ausgeschlossen. 

Im Interesse der unbedingt gebotenen Sparsamkeit wollen die Herren Verfasser auf 
knappste Fassung ihrer Arbeiten und Beschränkung des Abbildungsmaterials auf das 
unbedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Verlagsbuchhandlung Julius Springer 


50. Band. Inhaltsverzeichnis. 5. Heft 

1. Originalien . Seite 

Leonhardt, W. Klinische Studien Uber Ponndorfimpfungen bei Rindern ... 399 
Dahmen, Hans. Beitrag zum Studium der Lungenseuche. UI. Mitteilung . . . 415 
Lund, L. Primäres Spindelzellensarkora mit sekundärer schleimiger Metamorphose 

(Sarcoma myxomatosum) in der Leber einer Kuh.422 

Stoss, A. 0. Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. (Mit 1 Text¬ 
abbildung) .'.428 

2. Bücherbesprechungen .443 

3. Dissertationen. 

Lappe, Bernhard. Beiträge zur Kenntnis der Pathologie der durch Sclerostomum 

edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen . ..447 

Sickmüller, Emil. Uber die Infektionsverhältnisse bei dem Wasserfroschcoccid 
Isospora lieberkühni und die durch diesen Parasiten in der Wasserfroschniere 
verursachten Veränderungen im Laufe des Jahres und bei den verschiedenen 

Altersstufen der Frösche.458 

Galke, Karl. Stalagmometrische Untersuchung des Pferdeserums unter besonderer 

Berücksichtigung der Trächtigkeit . ..468 

Freundlich, Walter. Über ein Adenocarcinom bei der Katze nebst einer Zusammen¬ 
stellung der Literatur über die Tumoren der Katze .477 

Schütte, Emil. Der Fettgehalt des Knorpels unserer Haustiere.487 

Metz, Hans. Die Struktur der Ohrknorpel des Pferdes.494 


^IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIilllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllillllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllHI^ 
| VERLAG VON JULIUS SPRINGER IN BERLIN W9 1 

| Tier-Augenheilkunde | 

2 Von Dr. G. Schleich = 

~ o. ö. Professor an der Universität Tübingen, früher an der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart 2 

| Mit 3 Textfiguren. (VIII, 239 S.) 1922. | 

2 (Bildet zugleich Kapitel XXI, von „Handbuch der gesamten Augenheilkunde, 2 
2 begründet von A. Graefe und Th. Saemisch, zweite Auflage.) 2 

2 Gebunden 8.50 Goldmark / Gebunden 2.20 Dollar 2 

illlllllllllllllllllllllllllltllllllllllllllllllH 




















Klinische Studien über Ponndorfimpfungen bei Bindern. 

Von 

Dr. W. Leonhardt, Wismar i. Mecklb., früher Tamowitz, O.-S., 

Ob er« tabs veterinär a. D. 

(Eingegangen am 30. Oktober 1923.) 

Im Spätherbst 1921 wurde ich durch einen Nervenarzt auf die Bro¬ 
schüre ,.Die Heilung der Tuberkulose und ihrer Mischinfektionen durch 
Cutanimpfung“ von Dr. Ponndorf aufmerksam. Das Sächsische Serum¬ 
werk, Dresden (Abteilungsleiter Dr. Böhme .), nahm lebhaftes Interesse 
an meinem Plan, auf der Basis der in der Münch, med. Wochenschr. 1922 
Nr. 9 veröffentlichten Arbeit Böhmes beim Bind Praxisversuche anzu¬ 
stellen. Ich erhielt kombinierte Hautimpfstoffe aus bovinem Alttuber¬ 
kulin und bovinem Tuberkelbacilleneiweiß für das Rind. Böhme ist als 
Mitarbeiter Ponndorfs in Bd. 53, H. 4 von Brauers Beitrag, z. Kl. d 
Tuberk. besonders auf die biologischen Zusammenhänge der Haut¬ 
impfung näher eingegangen; ich kann daher Interessenten darauf ver¬ 
weisen. Belegt sind die Erfolge bei Tuberkulose und ihren Mischinfek¬ 
tionen, resp. anderen Erkrankungen durch zahlreiche Krankengeschich¬ 
ten Ponndorf8 und in späteren Veröffentlichungen anderer 1 ) (s. Literatur 
in oben erwähnten Arbeiten). Besonders hervorstechend mußte für die 
Anwendung am Rind die hundertfach bestätigte Gewichtszunahme 
in Verbindung mit der Hebung des Allgemeinbefindens sein; hier 
standen wirtschaftliche Erfolge im Bereich der Möglichkeit. Von 
einem Einfluß der Impfungen auf die Milchproduktion ist aus den 
bei den Menschen gesammelten Erfahrungen nichts bekannt. Ich war 
später daher durch die Mitteilung der Wirtschaftsbeamten, nach deren 
Melkergebnis sich die Menge der Milch nach der Impfung durchschnitt¬ 
lich pro Kuh und pro Tag um 5 Liter erhöht haben sollte, angenehm 
überrascht. 

Ich hielt es von Wert, der Frage näher zu treten, ob es durch diese 
spezifische Methodik gelingt, das Rind wenigstens mit Durchschnitts¬ 
gewissheit für die Dauer seines wirtschaftlich begrenzten Lebens zu 

*) Die Ponndorfimpfungen haben sich neuerdings beim Menschen nicht in 
allen Fäüen als wirksam erwiesen. Schriftl. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


29 



W. Leonhardt: 


400 

schützen und zu heilen. Alle bisher bei Rindern angewandten Ver¬ 
fahren, insbesondere das von Ostertag vorgeschlagene Tuberkulose¬ 
tilgungsverfahren, haben ja — hierüber ist sich heute wohl die Mehrzahl 
der Praktiker nicht mehr im unklaren — ganz unbefriedigende Resul¬ 
tate gezeitigt, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit, diesen Bekämp¬ 
fungsapparat weiterhin ■wirtschaftlich zu tragen. Der vergleichende 
Überblick über jahrelang bekannte und beobachtete Bestände unter 
Heranziehung aller durchführbaren Registriermittel dürfte die Grund¬ 
lage für eine Beurteilung der Wirksamkeit eines Impfstoffes abgeben 
können. Eine so durchgeführte Beobachtung wird nicht selten mit 
„exakten Versuchen“ Schritt halten können! In unserer Zeit der Milchnot 
zieht kein Landwirt Kälber von tuberkulösen Kühen auf, sicher nicht 
zu Versuchszwecken; das kann auch der Staat heute nicht. Deshalb 
mußte ich meine Versuche den wirtschaftlichen Bedürfnissen meiner 
Versuchsgüter anlehnen. Die erste Impfung wurde in dem Fürst!. 
Henckel von Donnersmarckschen Wirtschaftsamt Babinitz ausgeführt, 
und da sich hier gleich ein bedeutender und offensichtlicher Erfolg zeigte, 
kamen andere Stellen hinzu. Ich habe so in einem Jahre ca. 4000 Imp¬ 
fungen ausführen können. Die Tuberkulose zeigt ja bekanntlich höchst 
ungleiche Bilder einer starken Chronizität. Oft gibt es in einem Be¬ 
stände von 60—70 Jung- und Altrindem nicht ein einziges Tier, das 
dem Tierarzt und Landwirt krank erscheint. An das Husten hier und 
dort ist man so gewöhnt, daß man es als Krankheitssymptom allein 
kaum mehr bewertet. Selbst die beste und wirksamste Impfung würde 
das äußere Bild des geimpften Bestandes oft kaum verändern, denn die 
Heilvorgänge im Körper finden äußerlich oft keinen sichtbaren Aus¬ 
druck, besonders wenn sich der Bestand in gutem Nährzustand befindet 
und der Milchertrag auch zufriedenstellend ist. Dennoch weiß der er¬ 
fahrene Landwirt recht wohl, welche großen Verluste er jährlich durch 
die Tuberkulose erleidet. In manchen großen Beständen ist es nicht 
möglich, auch nur ein einziges Kalb zu einer guten Nutzkuh hochzu¬ 
ziehen; die fortschreitende Tuberkulose zwingt zur frühzeitigen Schlach¬ 
tung und der Bestand selbst wird jährlich auf dieselbe Weise gelichtet. 
Die Milch versiegt, die Kühe magern ab, rindern nicht, rindern um oder 
sind unfruchtbar. Ich kann mich der Ansicht Böhmes auf Grund meiner 
jahrzehntelangen Erfahrungen nur anschließen, wenn er in den weitaus 
meisten Fällen die Tuberkulose in dieser oder jener Form als die letzte 
Ursache dieser Verluste anzusehen geneigt ist. Auf einem meiner Ver¬ 
suchsgüter kamen 75% des Bestandes wegen wirtschaftlicher Unren¬ 
tabilität jährlich zum Verkauf, ohne daß aber in jedem Falle eine klinisch 
ausgeprägte Tuberkulose vorlag. 

Da die Verluste in den verschiedenen Jahren wechseln und die ver¬ 
schiedensten Umstände günstige oder ungünstige Folgen für den Ge- 



Klinische Studien über Ponndorfimpfungen bei Kindern. 401 

sundheitsbestand der Rinder haben, stößt der einwandfreie Nachweis für 
die Wirksamkeit von Impfungen häufig auf Schwierigkeiten. Erst jahre¬ 
lange Beobachtungen an lebenden und geschlachteten Rindern und vor 
allem Kontrollversuche, könnten mühsam die volle Gewißheit und den 
Grad der Heilwirkung einer Tuberkulose-Impfung ermitteln. Die schein¬ 
bar großen Erfolge, die ich mit der Impfung hatte, werden hoffentlich die 
Staatsregierungen veranlassen, auf dem Wege großzügiger Experimente 
die Tuberkulosefrage für das Rind weitgehendst zu klären. Bis dahin sollte 
es aber den Landwirten dringend anempfohlen werden, impfen zu lassen, 
da an der Wirksamkeit nach meiner Ansicht tatsächlich nicht zu zwei¬ 
feln ist, wenn auch der Erfolg in vereinzelten Fällen fraglich erscheint. 

An der Hand vorhandener Probemelklisten habe ich die Milch¬ 
produktion der geimpften Kühe in den verschiedenen Phasen festgestellt 
und habe besonderen Wert darauf gelegt, die höchsten Milchziffern in 
den Laktationsperioden vor der Impfung mit denen nach der Impfung 
zu vergleichen. Denn ich gehe von der wohl richtigen Annahme aus, 
daß eine durch Tuberkulose innerlich kranke Milchkuh in der Regel 
auch bei bester Fütterung geringere Milchhöchstleistungen aufweisen 
wird als eine gesunde oder solche, die sich durch die Impfungen auf dem 
Wege der Heilung befindet. Wenn sich erweisen läßt, daß der Milch¬ 
ertrag regelmäßig in der Laktationsperiode nach der Impfung unter 
sonst gleichbleibenden Verhältnissen wesentlich ansteigt, so dürfte man 
berechtigt sein, den Einwand auszuschalten, daß die wesentlich höhere 
Milchproduktion lediglich einer besseren Fütterung und Pflege zuzu¬ 
schreiben sei. Daß die Milchproduktion bei kachektischen tuberkulösen 
Kühen durch Impfungen allein nicht erhöht werden kann, liegt auf der 
Hand. Ich lasse nun die Berichte über meine Impfungen folgen. 

Fürstlich Henckel von Donner smarcksches Out in Alt-Tarnowitz. 

Impfung am 25. VIII. 1922 und am 6. IX. 1922 mit bovinem Tuberkulose- 
Hautimpfstoff. Nährzustand der Kühe zur Zeit der Impfung durchweg mäßig, 
zum Teil schlecht, nur einige gut genährte Tiere. Eine sehr große Zahl hatte den 
typischen langen Lungenhusten. Auffallend war, daß der Husten beim Anlegen 
des 2. Impffeldes oder durch Druck auf die entzündlich geschwollenen Impffelder 
(Rinder mit Reaktion) sehr oft ausgelöst wurde. Wägungen fanden nicht statt. 
Der Nährzustand ist Ende März 1923 durchweg gut. 

Die Feststellung der lokalen Reaktionen ergab, abgesehen von den älteren 
Ochsen, die geringe oder überhaupt keine lokalen Reaktionen zeigten, in dem ge¬ 
impften Bestand von 56 Rindern folgendes Bild: 

Lokale Reaktion 45 Rinder, keine lokale Reaktion 11 Rinder. Es zeigten 
sehr starke Reaktion 8 Rinder, starke Reaktion 17 Rinder, mittlere Reaktion 9 Rin¬ 
der, geringe oder vereinzelte Reaktion 11 Rinder. 

In den meisten Fällen war die Lokalreaktion (Rötung, Schwellung, selbst 
Exsudation) bei der 1. und 2. Impfung von gleicher Intensität, bei wenigen Rindern 
war sie bei der 2. Impfung stärker, bei einigen Rindern umgekehrt. Von den ge¬ 
impften 6 Kälbern zeigten 4 starke und sehr starke Reaktion, während 2 zweifcl- 

29* 



402 


W. Leonhardt: 


hafte Reaktion aufwiesen. Die Kälber befinden sich im März (*/ s Jahr nach der 
Impfung) sämtlich in vorzüglichem Nährzustand. — Ein Jungbulle 1 ) reagierte 
nicht und schien gesund zu sein. Ein junger Ochse hustete und war im dürftigen 
Nährzustand, er reagierte bei beiden Impfungen nicht. Er wurde im Februar 
1923 geschlachtet und war hochgradig tuberkulös; es zeigte sich hier das gleiche 
Bild wie beim stark tuberkulösen Menschen ohne Hautreaktivität. 

Der Raummangel verbietet es leider, die genauen Angaben in über¬ 
sichtlicher und damit auch überzeugenderer Tabellenform zu bringen; 
ich mußte mich daher entschließen, die hauptsächlichsten Feststellungen 
auf kurzen Raum zusammenzudrängen, glaube aber, daß auch dadurch 
der Haupteindruck des Einflusses der Impfungen auf die Milchproduk¬ 
tion und die Sexualleiden genügend hervorgehoben bleibt. Die Milch¬ 
zahlen ließen sich, wie bereits gesagt, an Hand gut geführter Milchbücher 
teilweise jahrelang verfolgen und gaben vorzügliche Vergleichswerte ab. 
die in diesen Fällen jede Täuschung ausschließen, aber auch einen Rück¬ 
schluß auf die nur kürzere Zeit beobachteten Fälle zulassen konnten. 
So wurden beispielsweise von 1919—1922 Höchstziffem nicht über 
8,5 1, (am Impftage 5,5 1) beobachtet, die 14 Tage nach den Impfungen 
auf 14,8 1 anstiegen und noch nach 8 Wochen sich auf 10,51 hielten. 
Andere Zahlen: Höchstziffer in gleicher Zeitspanne 6,21, 111, 8,21. 
Eine Kuh gab nach dem Kalben 10,81, vorher Höchstziffer 4,7—7,6, 
dann aber noch 8 Monate nach dem Kalben (6 Monate nach der Impfung) 
Höchstleistung von 11,7 1; eine andere gab erst 4 Monate nach dem 
Kalben 9,81 Höchstmaß, 12 Monate nachher aber (7 Monate nach den 
Impfungen), statt trocken zu stehen, 7,61 Milch. Ein weiteres Beispiel: 
Höchstmilchziffer vor der Impfung 10,8, am 20. 1. 22, nach der Impfung 
und dem Kalben, 14,2, während die Milchmenge in der vorhergehenden 
Laktationsperiode von Januar bis Mitte August, von 10,8 auf 2,5 fiel 
und dann 5 Monate = 0 war. Der geringe Milchertrag in der Laktation» 
Periode vor der Impfung dürfte auch der initialen Tuberkulose zuzu¬ 
schreiben sein. Nach der Impfung besserte sich der Gesundheitszustand 
und die Milchmenge ganz erheblich. 

Oder: Höchstziffer 3 Monate nach dem Kalben im Juni 11,2 1; die 
Milch geht kurz vor der Impfung auf 7,2 herunter, steigt kurz nach der 

1 ) Dieser sehr gut genährte und für gesund gehaltene Jungbulle zeigte etwa 
1 Jahr nach der Impfung plötzlich ausgeprägte Symptome der Gehirnentzündung 
(Taumeln, Vorwärtsdrängen, Bewußtseinsstörungen usw.). Er wurde geschlachtet 
und wies in allen inneren Organen hochgradige Tuberkulose auf. Persönlich 
konnte ich nur die Nieren, die selten stark tuberkulös entartet waren, und das 
Gehirn untersuchen. Die Pia über dem Kleinhirn und der Medulla war stark ver¬ 
dickt, schmierig-eitrig, gerötet; in einer Kleinhimhälfte walnußgroßer Erweichungs¬ 
herd. Die Fleischlymphknoten waren frei von Tuberkeln. Es kann somit an¬ 
genommen werden, daß der Jungbulle wegen hochgradig vorgeschrittener Tuber¬ 
kulose bei der Impfung nicht reagierte, daß die Impfung aber die Weiterentwick¬ 
lung der Tuberkulose ein Jahr lang hemmte. 



Klinische Studien Uber Ponndorfimpfungen bei Kindern. 


403 


Impfung auf 9,1, beträgt erst Mitte November, 9 Monate nach dem 
Kalben, 8,21 und sinkt ohne eine Trockenperiode auf 2,2. Die hohe 
Milchproduktion nach der Impfung und vor dem Kalben ist auffallend 
und macht den Erfolg der Impfung sehr wahrscheinlich. 

Ferner Fall 7: Hier steigt die Milchziffer, die nach dem Kalben 
am 1. Juli und vor der Impfung nur 7,7 1 beträgt, von Mitte Dezember 
in außergewöhnlicher Weise und erreicht nach 9 Monaten (nach dem 
Kalben und nach den Impfungen) 15,81. Diese enorme Steigerung der 
Milch bei dieser tuberkulösen Kuh dürfte zweifelsfrei auf die Wirkung 
der Impfungen zurückzuführen sein. 

Auf der großen Linie zeigt sich, daß bei diesem infizierten Material 
die Höchstmenge bis zu 8 Wochen nach dem Kalben an sich nicht erreicht 
wird, sondern deutlich erst durch den Einfluß der Impfungen eintritt 
und bis 9 Monate nach dem Kalben anhält, wo man erfahrungsgemäß 
entweder schließliches Trockenstehen oder mehrfach geringere Milch¬ 
menge erwarten mußte. Steigerungen bald nach den Impfungen von 
9,4, 10,9, 10,8, 10,6, 12,8, 8,5 usf. auf 15,2,14,4, 13,8, 12,6, 14,1, 14,6 usf. 
geben den allgemeinen Eindruck wieder. Fall 10 dagegen zeigte sich auch 
durch wiederholte Impfung völlig refraktär, ebenso Nr. 14. Dieser Aus¬ 
gang wird solche Fälle betreffen, deren Hautfunktion infolge dort be¬ 
sonders wirksam gewesener toxischer Zellschädigung jene Leistungen 
dieses Organes verhindert, die wir bei der großen Mehrzahl unseres gut 
beobachteten und zahlenmäßig hinreichenden Materials als „biologische 
Sonderfunktion “ mit Böhme anzunehmen wohl berechtigt sind. Ein 
Fall (18) zeigt sogar, auf 9 Monate verteilt, eine ansteigende Milchkurve 
von 8,5—14,6!; eine andere Kuh gibt 13 Monate post partum, bald nach 
der 2. Impfung, noch 6,3 1. Auch ein Tier mit erheblicher Tuberkulose 
gibt 11 Monate nach dem Kalben noch 5,2 1, eine andere 8 Monate später 
10,51; eine andere, nicht stärker tuberkulöse als die eben erwähnten, 
zeigt nicht den geringsten Einfluß2,5). Fall 29 (Partus 20. 7. 22. 16.8, vor 
der Impfung, 5,7, 15, 9., nach der Impfung, 5,3, 1. 3. 23 14,1, 15. 3. 23 
sogar 14,8) zeigt, daß man gelegentlich auch mit Spätwirkungen, aber 
offensichtlichster Art ohne Futterbeeinflussung, wird rechnen müssen; 
das wird erklärlich, wenn wir nicht vergessen, daß auch diese Impfungen 
keine schablonenhafte Wirkung erwarten lassen können, sondern indi¬ 
viduell nach uns unbekannten Gesetzen stärkste Schwankungen in 
Betracht gezogen werden müssen. Die Spätwirkungen werden biolo¬ 
gisch sehr leicht dadurch erklärlich, daß der Impfstoff ja bedeutende 
Mengen ungelöster Bacilleneiweiße enthält, die, wie erwiesen wurde, 
einer kontinuierlichen aber langsamen Zerlegung und Auflösung an¬ 
heimfallen. 

Auf Vorschlag Böhmes impfte ich auch besonders Rinder, die während 
eines längeren Zeitraumes nicht gerindert bzw. umgerindert hatten oder 



404 


\V. Leonhardt : 


andere Sexualleiden zeigten. Hierauf wird noch zurückzukommen sein. 
Rinder mit starken Zeichen schwerer Tuberkulose zu impfen, halte ich 
für verfehlt; der Gesamterfolg ist zu gering und nicht geeignet, sich von 
den Grenzen der Leistungsfähigkeit dieser Methode zu überzeugen. Die 
Sektionsergebnisse solcher Schlachtungen haben mir das auch stets gezeigt. 

Einschließlich der 6 geschlachteten stark tuberkulösen Kühe haben 
38 von genau 44 kontrollierten Kühen in ihrer Milchproduktion eine 
ganz erhebliche Steigerung nach der Impfung zu verzeichnen. Die Steige¬ 
rung ist nicht ganz kurze Zeit nach der Impfung zu bemerken, sondern der 
Höhepunkt liegt ca. 4—5 Monate später; das will mir besonders als Be¬ 
weis dafür erscheinen, daß wir es nicht mit jenem schnell in die Erschei¬ 
nung tretenden unspezifischen Aufflammen und Verlöschen wie nach Pro¬ 
teinkörpertherapie zu tun haben, sondern spezifische Heilungs-, speziell 
Entgiftungsprozesse nach den Impfungen einsetzen. Die Gesamttages¬ 
menge der Milch betrug am 16. Aug. 1922 in diesem Bestand 279 1. Es 
waren vorhanden: 41 müchgebende Kühe , 3 waren trocken, bei 1 wurde 
ein Kalb ernährt. Die Gesamtmenge (Höchstziffer) nach der Impfung im 
März betrug 423, es waren nur 31 milchgebende Kühe vorhanden, die je 
1 Kalb ernährten und 2, die trocken standen. Wenn man die Milchmenge 
für August und für März auf dieselbe Zahl Milchkühe berechnet, so ist 
die Gesamttagesmenge der Milch von 279 auf 559,45 1 gestiegen, mithin 
um mehr als das Doppelte. Dabei muß aber noch folgender Umstand von 
erheblicher Bedeutung mit berücksichtigt werden: 

Vor der Impfung hatten 34 Kühe gekalbt, und zwar auf Januar- 
Februar 1912 allein 18, nach der Impfung nur 10 Kühe. 

Nach der jeweiligen Zeit der Partus hätte man erwarten sollen, daß 
die Milchmenge von Mai bis August vor der Impfung zur Zeit des Weide¬ 
ganges (beste Weide) etwa 3 mal so hoch hätte sein müssen als nach der 
Impfung! Wenn nun auch die Fütterung und Pflege der Kühe besonders 
von November bis März recht gut war (das war sie zur Zeit des Weide¬ 
ganges auch), so erscheint es doch zwingend, einen erheblichen Teil der 
Besserung der Milchmenge in Übereinstimmung mit der Besserung des 
Gesundheitszustandes den Impfungen zuzuschreiben. Von Mitte Novbr. 
ab erhielten pro Tag: 

20 Kühe 85 Pfd. Sonnenblumenkuchen, 

45 Kühe 150 Pfd. Rapskuchen, 
pro Kuh 50 Pfd. Rüben, 
ferner Spreu und Haferstroh. 

Fütterung von Januar ab: 

30 Kühe 130 Pfd. Sonnenblumenkuchen, 

45 Kühe 150 Pfd. Rapskuchen, 
pro Kuh 50 Pfd. Rüben, 
ferner Spreu und Haferstroh. 



Klinische Studien über Ponndorfimpfungen bei Kindern. 


405 


Vergleicht man also unter Berücksichtigung der Hauptfaktoren die 
Milchmengen vor der Impfung mit denen nach den Impfungen, so 
ergibt sich, rein rechnerisch, die ungemein hohe Steigerung der Ge¬ 
samtmilch um das 6fache! Wenn nun auch die berechnete Steige¬ 
rung der Milchmenge um das 6fache stutzig machen muß und diese 
kolossale Steigerung, abgesehen von etwas stärkerer Fütterung, auf 
individuelle Verschiedenheiten mit zurückzuführen sein wird, so 
hat es jeder Leser an der Hand, die Rechnung nachzuprüfen. Die 
Schlußrechnung kann noch diskutabel sein, die Zahlen aber, beson¬ 
ders in ihrem Vergleich mit den früheren Summen, sind einwandfrei 
und ich weise von vornherein zurück, daß ich eine 6fache Steigerung 
der Milch als alleinige Folge der Impfung als Tatsache behaupten 
wollte. Ich behaupte auf Grund meiner Ziffern aber, daß die Imp¬ 
fungen unter Umständen einen außergewöhnlichen Einfluß auf die 
Milchproduktion ausüben. Es kann sich hier auf keinen Fall um einen 
Scheinerfolg handeln. 

Gräfl. Henckel v. Donnersmarcksche Domäne Carlshof * 

Hier impfte ich 10 Kühe 2 mal. Dieser Bestand war stark tuber¬ 
kulös; es lag mir jedoch daran, auch schwer kranke Tiere zu impfen. 
Die Hälfte stand während der Impfungen trocken, hatte seit l 1 /* bis 
2 Jahren nicht gekalbt, wohl aber vielfach umgerindert. Nur 3 Tiere 
gestatten daher auch von einem merkbaren Einfluß der Impfungen 
zu sprechen. ,,Atlanta“ zeigte vor der Impfung 2 faustgroße Kno¬ 
ten der Kehlgangslymphdrüsen, die sich nach den Impfungen auf 
Vs ihrer früheren Größe zurückbildeten; plötzlich tritt auch wieder 
Rindern auf. ,,Mathilde“ erholte sich sichtlich, gibt 15 Monate 
nach dem Kalben 8,251 Milch und zeigt Rückkehr zu normaler 
Sexualfunktion. Sie wurde ebenfalls nur 2mal geimpft; vielleicht 
hätten hier einige weitere Impfungen noch bessere Resultate gezeigt, 
besonders hinsichtlich der Trächtigkeit. Ähnlich verhält es sich bei 
„Viola“, die offensichtlich stark tuberkulös ist, schließlich aber 
noch 10 Monate post partum 7V 2 1 Milch gibt. Bemerkenswert ist 
hier ferner, daß eine seit unbekannter Zeit bestehende Hüftlahmheit 
restlos verschwunden ist. 

Die lokalen Hautreaktionen verliefen bei allen Fällen hinsichtlich 
Stärke und Dauer scheinbar regellos; es war mir nicht möglich, aus diesen 
Erscheinungen irgendwelche prognostischen Schlüsse zu ziehen. Viel¬ 
leicht geben weitere für diesen Zweck angestellte Untersuchungen ge¬ 
wisse Anhaltspunkte, die mit den für den Menschen geltenden Allergie- 
Verhältnissen Parallelen auf weisen. Bemerkenswert ist höchstens, daß 
refraktäre, schwer tuberkulöse Tiere überhaupt keine Reaktionen er¬ 
nennen ließen. 



W. Leonbardt: 


406 


Rittergut Rybna ( O.-S .). 

(Besitzer: Rittmeister v. Koschützki.) 

Vor der Impfung war der Bestand durchweg in schlechtem Nähr¬ 
zustand. Von den 41 Kühen hatten 5 verkalbt, in mehreren Fällen 
blieb die Nachgeburt zurück. Eine große Zähl Kühe rinderte um oder 
rinderte überhaupt nicht. Eine sehr große Anzahl von Rindern hustete. 
Etwa 6 Rinder wurden zum Schlachten verkauft. Es wurde hochgradige 
Tuberkulose bei der Schlachtung festgestellt. Der Milchertrag war sehr 
gering. Da Wirtschaftsbücher und Milchlisten nicht in der Weise ge¬ 
führt wurden, daß man sie für wissenschaftliche Zwecke als Unterlage 
brauchen konnte, kann nur das angegeben werden, was mir über eigene 
Beobachtung hinaus noch durch den Besitzer und dessen Inspektor 
mitgeteilt wurde und was mir aus der jahrelangen Praxis auf diesem 
Gute bekannt war. Es wurden 60 Jung- und Altrinder geimpft. 22 Kälber, 
2 Jungochsen, 4 Kalben am 13. 22. 5. und 5. 7. 22 und 41 Kühe am 
22. 5., 1. 6. und 5. 7. Ein größerer Teil der Kalbinnen war recht mager, 
hustete und zeigte das Bild klinischer Tuberkulose. Lokale Reaktionen 
waren wie folgt festzustellen: 

Jungrinder: 28. 5 reagierten nicht, 8 gering, 8 mittelstark, 6 stark, 
1 sehr stark (tragende, sehr magere Kalbin); Altrinder 31. 3 reagierten 
nicht, 4 gering, 16 mittelstark, 12 stark, 6 sehr stark. Der Einfluß der 
Impfungen auf den Gesundheitszustand des Rybnaer Viehbestandes 
wissenschaftlich und einwandsfrei festzustellen, ist schwierig, zumal 
die schwierigen Umstände exakte Messungen, Wägungen und genaue 
klinische Einzeluntersuchungen nicht zuließen. Es kann nur folgendes 
bestimmt gesagt werden: Außer mir waren der Besitzer von dem Eifolg 
ebenso überzeugt, wie der Inspektor und die Tierwärter. Die Tiere ent¬ 
wickelten sich gut, das Husten war nur vereinzelt zu hören und die Milch¬ 
menge stieg absolut. Ein Verkalben kam nach der Impfung bis Anfang 
April nickt mehr vor, das Rindern hat sich, wie mir der Besitzer Anfang 
April mitteilte, normal vollzogen, Nachgeburten blieben nicht zurück. 
Abgesehen von einer stark tuberkulösen Kalbin, die einige Wochen 
nach den Impfungen verkauft wurde, brauchte nach dem Impfen nicht 
eine einzige Kuh mehr verkauft zu werden. Krankheiten anderer Art, 
wie Euterentzündungen usw. kamen nach den Impfungen bis Anfang 
April nicht mehr vor. Ich habe mich im April letztmals von dem allge¬ 
meinen Zustand des Viehbestandes überzeugt. Er war ein augenfällig 
besserer. 

Fütterung : Sie besteht im April in 10 Pfd. Kartoffeln, 2 Pfd. schlech¬ 
ter Roggenkleie, 10 Pfd. Rüben, Stroh, Spreu pro Kuh, mithin wesent¬ 
lich geringer als in Alt-Tamowitz. 

Ich muß nun zum Schluß dieses Berichtes über eine wissenschaftlich 
sehr interessante Beobachtung berichten. Als ich im Mai/Juli 22 auch 



Klinische Studien über Ponndorfimpfungen bei Rindern. 407 

4 Saugkälber impfte, von denen 3 nicht im geringsten (wie gewöhnlich) 
reagierten, bemerkte ich bei einem etwa 8—14 Tage alten, nicht gut 
genährten Kalbe merkwürdigerweise eine starke lokale und allgemeine 
Reaktion. Ich konnte mir nicht gut denken, daß das Tier tuberkulös 
sein könnte. Ich machte aber den Besitzer auf diese merkwürdige Er¬ 
scheinung und die Möglichkeit einer spezifischen Erkrankung aufmerk¬ 
sam. Als ich nun die zweite Impfung vomahm, hustete das Kalb öfter 
in der charakteristisch tiefen, hauchenden, nicht lauten Art. Die Aus¬ 
kultation ließ gemeinsam mit der wiederum eindeutigen Reaktion den 
Infektionsverdacht immer dringlicher werden. Das Kalb hatte in der 
kurzen Zeit schon eine tuberkulöse Bronchitis oder Lungentuberkulose 
erworben. Als ich mich dann nach der Herkunft dieses Kalbes erkundigte, 
konnte ich feststellen, daß die Mutter jene Kuh war, die wegen hoch¬ 
gradiger Abmagerung nicht geimpft, sondern zum Schlachten verkauft 
und als hochgradig tuberkulös ermittelt wurde. Für das weitere Schick¬ 
sal dieses Impflings hatte ich nun das größte Interesse. Anfang April 
1923 untersuchte ich sämtliche 4 im Mai/Juli geimpften Kälber und vor 
allem den Impfling mit der damaligen Reaktion. Sämtliche herange¬ 
wachsenen Kälber befanden sich in vorzüglichem Nährzustand, ganz 
besonders aber auch das erwähnte Kalb. Die früher deutlich ausge¬ 
prägten klinischen Merkmale waren restlos geschwunden. Bei der stark 
verbreiteten Tuberkulose dieses Bestandes, bei der ererbten tuberkulösen 
Anlage des einen wird das weitere Schicksal dieser Kälber von wesent¬ 
licher Bedeutung sein. Besonderes Augenmerk werde ich auf das krank 
gewesene Kalb richten, um bei der Schlachtung genaueren Einblick in 
die anatomischen Verhältnisse zu erhalten. 

Prinzlich von Hohenlohesche Güter Boronow, O.-S., Kreis Lublinitz und 

Cieschowa. 

Anschließend an die durch den Inspektor in Babinitz der Prinzlich 
v. Hohenloheschen Güterdirektion mitgeteilten Erfolge wurde ich damit 
beauftragt, auf den Gütern Boronow und Cieschowa gegen die auch 
dort herrschende Tuberkulose und zugleich gegen das seuchenhafte Ver- 
kalben Impfversuche zu unternehmen. Es wurde mir mitgeteilt, daß die 
Abortusseuche bereits ca. 8 Jahre in Boronow herrschen; vom 1.10.21 bis 
1. 10. 22 hatten 9 Kühe verworfen, das sind 32% und nur 28 gekalbt. 
Dr. Schumann, Breslau, hatte alle Jahre die inneren Organe klinisch 
untersucht und behandelt; in den Jahren 1919 und 1921 sei 4—5mal 
mit Abortin ohne Erfolg geimpft und die von Dr. Schumann als tuber¬ 
kulös bezeichneten Rinder seien ausrangiert worden. Der Bandseile 
Abortusbacillus sei gleichfalls festgestellt worden. Ich untersuchte den 
Bestand Ende August 1922. Der Nährzustand der Tiere war durchweg 
gut, desgleichen der Milchertrag. 



408 


\V. Leonhardt: 


Hier kamen Jungtiere, 2 Bullen und 47 Kühe zur Impfung, und zwar 
wurden 3 Impfungen, und zwar am 28. 8., 6. 9. und 22.9. 22 vollzogen. 
Für diesen Bestand übermittelte mir Dr. Böhme einen besonderen Haut¬ 
impfstoff, der dadurch charakterisiert sein sollte, daß der auch für frühere 
Impfungen benutzte bovine Tuberkulosehautimpfstoff noch mit ganz 
frisch hergesteUten lebenden Bangbacillen vermischt war. Er betonte 
im Begleitschreiben ausdrücklich, daß er nicht der Überzeugung sei, daß 
das Abortieren weder durch diesen Bacillus letzten Endes verursacht, noch 
durch ihn spezifisch beseitigt werden könne, sondern die tuberkulöse Infek¬ 
tion — klinisch erkennbar oder verborgen — in Form chronischer Intoxika¬ 
tion verantwortlich sei. Werde diese durch die Impfungen mit spezifischen 
Tuberkulose-Impfstoffen behoben, so würden auch bald die Geschlechts¬ 
funktionen wieder normal. Nur am 6.9.22 konnte ich mir Notizen über die 
noch vorhandenen lokalen Impfreaktionen machen. 23 Impflinge zeigten 
an diesem Tage keine sichtbare Lokalreaktion mehr, 19 noch eine gering¬ 
gradige, 8 eine mäßige, 9 eine starke und 4 eine sehr starke, borkig-krustige. 
Von den 47 Kühen hatten 40 Anomalien der Geschlechtsfunktionen, was sich 
durch 2—12 faches Umrindem und durch Verwerfen gekennzeichnet hatte! 

Wie gestaltete sich nun die Seuche im Verlauf von 9—10 Monaten 
nach den Impfungen ? Ich bemerke ausdrücklich, daß über das Rindern 
und sonstige Vorkommnisse in dem Musterstall genaueste Aufzeich¬ 
nungen in den Wirtschaftsbüchern stets geführt waren. Ich habe den 
Bestand Anfang Juli untersucht und die Befundserhebungen mit Nieder¬ 
schriften in den Wirtschaftsbüchern verglichen. Soweit nun die ge¬ 
impften Rinder in Frage kommen, ist von einer ganz außergewöhnlichen 
Beeinflussung des Krankheitsbildes durch die Impfungen zu sprechen. 
Während in einem Zeiträume von 12 Monaten bis 1. 10. 22 nur 28 Kühe 
gekalbt hatten, brachten bereits in 9 Monaten nach dem 1. 10. 22 36 Kühe 
gesunde Kälber zur Welt oder waren hochtragend. Verworfen hatte in dieser 
Zeit keine Kuh und die Geschlechtsanomalien (Umrindem), die vom 
1. 10. 21 bis 1. 10. 22 sich bei 40 Kühen bemerkbar gemacht hatten, 
waren am 1. Juli 23 nur noch bei 8 Kühen zu bemerken, abgesehen von 
3 Kühen, die in der Berichtszeit wegen chronischen Gebärmutterkatarrhs 
und hochgradiger Tuberkulose überhaupt nicht mehr gedeckt waren. 
Davon, daß die Impfungen vielleicht auch prophylaktische Wirkung 
bei Abortus nur bei den Jungrindem auslösen, konnte ich mich weder 
hier noch in Cw. einwandfrei überzeugen. Ich glaube eher annehmen 
zu sollen, daß der therapeutischen Impfung der Hauptwert zufällt. 

Impfungen auf den Rittergütern Dobroslowitz und Wronin, Kreis Bauerwitz 

Am 21. Juli 1922 impfte ich die Rindviehbestände auf den Ritter¬ 
gütern Dobroslowitz und Wronin, in jedem Bestände ca. 70 Rinder. 
Wegen der bedeutenden Entfernung von meinem Wohnsitze mußte ich 



Klinische Studien über Ponndorfinipfungen bei Rindern. 


409 


die Fortführung der Impfungen dem Kollegen Dr. Müder, Bauerwitz, 
überlassen, desgleichen die Beurteilung der Impfungen. 

In Wronin wurde nur gegen Tuberkulose geimpft. Die Impftiere 
befanden sich zur Zeit der ersten Impfung in recht gutem Nährzustand. 
Über die Reaktionen sind vom Kollegen MüUer leider keine genauen 
Feststellungen gemacht worden. Im ganzen wurde der Wroniner Be¬ 
stand 3 mal mit Tuberkulose-Hautimpfstoff geimpft. Nach dem Bericht 
des Herrn Dr. Müder im Mai 1923 sind wegen Tuberkulose keine Tiere 
zur Schlachtung gekommen. Milchertrag und Nährzustand blieben 
sehr gut. Im April hatten in dem Bestand 4 Kühe abortiert. Die sero¬ 
logische Blutuntersuchung ergab Infektion mit dem .Ban^schen Bacillus. 

In Dobroslowitz, wo die Abortusseuche vor der Impfung in sehr hohem 
Grade herrschte, wurde am 21. 7. 22, am 21. 9. 22 und am 6. 11. 22 mit 
dem Abortushautimpfstoff geimpft und am 12. 12. 22 mit reinem Tuber¬ 
kulosehautimpfstoff. Über die Reaktionen fehlen leider die Angaben, 
desgleichen über das Kr ankheitsbild der Seuchen vor den Impfungen, 
so daß der Müllersche Bericht kritisch nicht gut herangezogen werden 
kann, zumal auch die von mir gestellten Fragen nicht genügend beant¬ 
wortet wurden. Nach den Impfungen abortierten im Januar 23 noch 
2 Kühe und später, jedenfalls vor dem 1. Mai, noch weitere 2 Kühe. Ob 
diese 4 Rinder jung oder alt waren und ob sie etwa schon früher verkalbt 
hatten, darüber fehlen die Angaben. 3 hatten normal gekalbt, 3 bis 
4 sollten tragend sein und der Rest von 24 Kühen sei noch nicht tragend 
geblieben. Diese letztere Angabe kann keine endgültige sein, da sie 
summarisch und vorzeitig gegeben ist, besonders aber mit meinen dies¬ 
bezüglichen Erfahrungen im Widerspruch steht, das lehrt sehr anschau¬ 
lich die Beurteilung in Boronow. Hier war nach den Impfungen ein 
erneutes Rindern bei einer großen Zahl von Rindern aufgetreten. Der 
Inspektor war geneigt, aus diesem Umstand einen Mißerfolg zu schließen. 
Ich erklärte ihm damals, daß gerade aus diesem Umstande der Erfolg 
konstatiert werden könnte, wenn nämlich nach diesem Rindern keines mehr 
auftreten würde. Es wäre dann ganz natürlich, daß eben nach dem 
letzten Rindern vor der Impfung keine Befruchtung stattgefunden habe, 
sondern daß erst die Impfung ein „gesundes“ physiologisches Rindern 
mit erfolgreicher Befruchtung bewirkt habe. In Wirklichkeit ist das 
dann auch der Fall gewesen. Ich muß gestehen, daß in Dobroslowitz die 
nötige Lust und Liebe für die Impfungen und auch das Verständnis für 
das Problem bei allen Beteiligten recht zu wünschen übrig ließen, ohne 
die absolute und objektive Mitarbeit eben in so wichtigen Fragen nicht 
denkbar sind. 

Sonstige Beobachtungen. 

In den vielen Fällen, wo ich in kleinen Wirtschaften 2—3 Kühe 
impfte, wurde durchweg eine erhebliche Zunahme des Nährzustandes 



410 


\V. Lconhardt: 


beobachtet. Sie war manchmal sehr auffallend, in vereinzelten Fällen 
habe ich aber auch nach ca. 5 Monaten einen starken Rückfall beob¬ 
achten können, so daß der Besitzer bedauerte, die Kuh nicht schon ver¬ 
kauft zu haben, als sie sich in dem der Impfung anfangs folgenden 
besseren Nährzustand befand. Worauf diese Rückfälle hier zurück¬ 
zuführen und ob ihnen evtl, durch weitere Impfungen hätte begegnet 
werden können, vermag ich nicht zu entscheiden. Zumeist konnte ich 
bei den kleinen Besitzern allerdings nur 2 Impfungen ausführen. 

Fürst von Donnersmarcksches Out Babinitz, Kreis Lublinitz. 

In dem Rindviehbestand dieses Gutes führte ich die ersten Imp¬ 
fungen aus. 

In dem Bestand befanden sich 56 Kühe. Das Bild des gesamten 
Viehbestandes war im Februar 1922 vor der Impfung ein überaus schlech¬ 
tes und dem Inspektor, der die Wirtschaft gerade erst in Verwaltung 
genommen hatte, lag es daran, den Viehbestand in seinem Nähr- und 
Gesundheitszustand zu heben. Die Tiere waren durchweg mager, hatten 
ein struppiges, aufgebürstetes Haar, klagenden Blick, zeigten müde 
Bewegungen, und eine ungewöhnlich große Zahl Kühe husteten im Stall 
stark. Der Bestand schien durch und durch von Tuberkulose verseucht 
zu sein. Außerdem herrschte auch hier seit einigen Monaten die Abortus- 
seuche, so daß fast jede Kuh abortierte und die Nachgeburt behielt. Sie 
mußten sämtlich mit großer Mühe manuell entfernt werden und an ihrer 
Oberfläche befand sich der bekannte schmierig-eitrige Belag. Das 
Landsberger Institut gab an, im Februar den Bangscb.cn Bacillus er¬ 
mittelt zu haben. Bei einem Ende Februar eingesandten Foetus wurden 
„Kokken“ festgestellt. Im Januar war 2 mal mit Abortin geimpft 
worden. Der Zahl nach hatten verkalbt im Dezember 3, im Januar 3 
und im Februar, trotz spezifischer Abortinimpfung, 7 Kühe, normal 
gekalbt im Dezember 1, im Januar 1 Kuh. Damit nicht genug, hatten 
sogar 45 Kühe des Bestandes in 3—16 Monaten nicht gerindert, und zwar 

4 noch nicht nach 3 Monaten 


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Ein wie hoher wirtschaftlicher Verlust durch alle diese Umstände 
erwachsen war, braucht nicht erläutert zu werden. 

Die Milchproduktion des gesamten Bestandes war überaus dürftig. 
Sie betrug am 1. Januar 1922 pro Kuh 3,2 Liter, mehrere Kühe des 
Bestandes wurden wegen hochgradiger Tuberkulose zum Schlachten ver¬ 
kauft. Die Ernährung war vor Ende Februar nicht allzu günstig ge- 







Klinische Studien über Ponndorfiinpfunge» bei Kindern. 411 

wesen; sie betrug 2 Pfd. Kleie pro Tag als Kraftfutter. Im März dagegen 
erhielten sie 3 Pfd. Kleie und 3 Pfd. Leinkuchen, im April 2 Pfd. Lein* 
kuchen und im Mai außerdem Schlempe. — Im April und Mai wurden 
mm 2 Hautimpfungen mit Tuberkulose-Abortusimpfstoff und 3 bis 
4 Ponndorfimpfungen nur mit Tuberkulose-Hautimpfstoff ausgeführt. 
Ich will mich im Interesse objektiver Würdigung auf die Mitteilung der 
markantesten Resultate beschränken. Das Rindern trat bis 2. Juni 
bereits bei 22 Kühen ein und im Verlauf des Juni haben sämtliche übrigen 
gerindert und sind sämtlich trächtig geworden. 6 Kühe kalbten nach den 
Impfungen normal, nur 1 Kuh kalbte 5 Tage zu früh nach der ersten 
Tuberkuloseimpfung, die Nachgeburt löste sich aber gut ab und das Kalb 
blieb lebend. 

Der Durchschnittsertrag an Milch pro Kuh war: 


1. Januar . 

. . 3,2 1 

1. Februar 

. . 4,8 1 

1. März . . 

. . 5,9 1 

1. April . . 

. . 7,2 1 

1. Mai . . . 

. . 8,3 1 

1. Juni . . 

. . 9,8 1 


Diese äußerst peinlich registrierten Unterlagen danke ich der Gutsver- 
waltung Babinitz, die mir eine Abschrift des Melkergebnisses sandte und 
unter anderem bemerkte: „Bei Zusammenstellung der Liste hatte ich 
wieder von neuem die Freude, beobachten zu können, mit welchen 
Riesenschritten die Milch von Monat zu Monat zugenommen hat und 
daß dies für uns von überaus großem Nutzen ist, kann man daraus er¬ 
kennen, daß wir jetzt in der Lage sind, die Arbeiterlöhne durch die 
Milcheinnahmen zu decken. Freue mich aufrichtig zu dem glänzenden 
Erfolg.“ 

Die Weidefütterung bei den Kühen begann Ende Mai. Man könnte 
nun denken, daß die Erhöhung der Milchproduktion lediglich auf die 
intensivere Fütterung zurückzuführen wäre. Zweifellos hat die Fütterung 
einen wesentlichen Anteil an der Milchproduktion, aber durch Kontroll- 
versuche und strenge Vergleiche und unter Berücksichtigung aller 
Faktoren, die auf die Milchproduktion von Einfluß waren (das Kalben, 
Verkalben, das Altmelkendsein) konnte ich feststellen, daß bei gleicher 
Fütterung die geimpften und nicht geimpften Kühe einen wesentlichen 
Unterschied aufwiesen. Ich muß es mir aus Raummangel versagen, hier 
die genauen Registrierlisten wiederzugeben, die aber jedem bei mir oder 
der Verwaltung zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen. Die erste 
Serie von 28 Kühen, 2mal geimpft, wies eine Zunahme an Milch in dem 
Zeitraum vom 1. Februar bis 1. Mai 1922 um 145,251 pro Tag, während 
die zweite ungeimpfte Serie (28 Kühe) in derselben Zeit nur eine Zunahme 
von 99,25 1 pro Tag aufwies; mithin hatten die 28 geimpften Tiere ein 
Plus von 46 Litern pro Tag zu verzeichnen. 





412 


W. Leonhardt: 


Ich untersuchte auch die Frage, ob altmelkende sicher tuberkulöse 
Kühe durch die Impfung mehr an Milch gewinnen als altmelkende 
zweifelhaft tuberkulöse Kühe und als altmelkende gesunde Kühe. Das I 
Ergebnis der Untersuchung war interessant. Bei gleicher Fütterung stieg 
die Milchmenge der altmelkenden, tuberkulösen Kühe durchschnittlich 
um 2,37 1, die der zweifelhaft tuberkulösen um 1,70 1, die der alt melken¬ 
den, gesunden Kuh um 0,751! — Wenn man mit diesen Ergebnissen 
die ein Jahr später in Alt-Tamowitz erzielten verblüffenden Milch¬ 
steigerungen vergleicht, so dürften die im Jahr vorher vorsichtig und 
unter interessierter Kontrolle der Gutsverwaltung angestellten Be¬ 
rechnungen wohl der Wahrheit sehr nahe kommen. Das absolute Gewicht 
der Impflinge vor und nach der Impfung konnte nicht festgestellt werden. 
Die gute Freßlust bald nach der Impfung und die augenfällige Besserung 
des Nährzustandes wurden allgemein bestätigt. Photographische Auf¬ 
nahmen hätten wohl überzeugend dartun können, in welch auffälligem 
Maße eine Änderung eintrat, aber um Beweisführungen in all den Fragen 
gründlich anzustellen, fehlten die erforderlichen Geldmittel. 

Auf die Technik der Impfung und besonders über biologische Fragen 
kann ich nicht eingehen. Ich hoffe, daß Herr Dr. Böhme, dem ich manche 
Anregung und vor allem die Herstellung der Impfstoffe verdanke, mir 
die Arbeit abnehmen wird. Von ganz überragender Bedeutung aber 
scheint mir eine weitere Prüfung der Frage, inwieweit und in welcher 
Form sich klinisch erkannte, besonders aber beginnende Tuberkulose 
mit Abortus vergesellschaftet finden und bis zu welchem Grade der 
infektiöse Abortus sich dann durch spezifische Tuberkidoseth.er&j>k 
beeinflussen läßt. Meine diesbezüglichen Beobachtungen scheinen viel 
für die Böhme sehe Auffassung zu sprechen, da unter dieser Therapie 
auch im allgemeinen die sexuellen Störungen, einschließlich Verwerfen, 
eindeutig beeinflußt werden. Zunächst möchte ich nur durch diese Arbeit 
die Kollegen anregen, die Impfung in größtem Umfange aufzunehmen. 
Die Kritik wird auch diesem Verfahren nicht erspart bleiben. Ich halte 
sie sogar für gut, weil dann die ungeklärten Fragen um so eher einer 
Lösung zugeführt werden können, zumal es sich hierbei ganz natürlich 
nicht um allseits abgeschlossene Beobachtungen und Auslegungen 
handeln kann. 


Schluß. 

Ich habe die von mir gemachten Beobachtungen so objektiv wie 
möglich geschildert und war bemüht, nichts zu verschweigen, was gegen 
einen Erfolg sprechen könnte. Aber alles in allem komme ich zu dem 
Schluß, daß wir durch die Ponndorfimpfungen mit spezifischen Haut¬ 
impfstoffen, besonders in der von Böhme vorgeschlagenen Erweiterung 
auf sexuelle Anomalien nicht nur ein Mittel haben, Immunität und 



Klinische Studien über Ponndorfiinpfungen bei Rindern. 


413 


Resistenz gegen Tuberkulose herbeizuführen, sondern auch hohe wirt¬ 
schaftliche Werte in bezug auf Milch- und Fleischproduktion solcher 
offen oder verborgen tuberkulöser Rinder zu erzeugen, deren völlige 
Heilung nicht mehr möglich ist. 


Nachschrift der Schriftleitung. 

Um Nachprüfer dieser Arbeit zu recht vorsichtiger und sorgfältiger 
Beurteilung ihrer Befunde anzuregen, bringe ich hier anschließend 
5 Referate aus der Klinischen Wochenschrift 1923/24. 

Die Heilung der Tuberkulose und ihre Mischinfektionen (Skrofulöse, Rheuma¬ 
tismus, Basedowkrankheit u. a.) durch Cutanimpfung. Von W. Ponndorf. 
2. verm. u. verb. Aufl. 1 farbige Taf. V, 189 S. Leipzig: F. C. W. Vogel. 
1923; Grundzahl: geb. 6.—. 

Nachdem die erste Auflage von 3000 Exemplaren in etwa zwei Jahren ver¬ 
griffen ist, erscheint das Büchlein in zweiter Auflage in wenig veränderter 
Gestalt. Die schnelle Aufnahme der ersten Auflage kann als Beweis dafür 
gelten, daß die praktischen Ärzte nach einem Verfahren hungern, daß ihnen 
eine aktive Behandlung der Tuberkulose ermöglicht; ob nicht auch als ein 
Beweis für einen Mangel der Leser an Kritik, mag dahingestellt bleiben. Auch 
die neu eingefügten Kapitel (Hautimpfstoffe, Anaphylaxie, Frauenleiden, 
Kinderimpfungen) zeigen die Unbekümmertheit, mit der Ponndorf die schwierigsten 
Tuberkuloseprobleme mit primitiven Gedankengängen, oft von unrichtigen 
Voraussetzungen ausgehend und gesicherte Ergebnisse der Wissenschaft über¬ 
gehend und alle Werte um wertend, löst: sie wird nur übertroffen von der 
Genialität, mit der er die heterogensten Dinge (Psoriasis, Enteroptose, Gicht, 
Onanie) in Beziehung zur Toxinwirkung der Tuberkelbazillen setzt und 
folgerichtig mit Ponndorf-Impfung heilt. Wissenschaftlich ist das Buch nicht 
ernst zu nehmen, und für die Praxis wird leider die gute Idee (intensive 
spezifische und unspezifische Reizwirkung), die vielleicht im Ponndorf-Verfahren 
steckt, durch die Kritiklosigkeit der Anwendungsempfehlung diskreditiert. 

ülrici, Sommerfeld-Osthavelland. 

Ist die Ponndorfsche Cutanimpfung ein ungefährliches Verfahren? Von 
Unverricht . (III. Med. Klin. Berlin.) Med. Klinik Jg. 19, Nr. 24, S. 828. 1923. 

Verf. teilt 3 Fälle mit, in denen nach Ponndorfscher Impfung selbst bei 
Applikation kleiner und kleinster Mengen Impfstoff Allgemein- und Herdre¬ 
aktionen, in einem Fall mit Hämoptoe, und anschließend Verschlechterung des 
Allgemein- und Lungenbefundes auftraten, ein Beweis, daß man bei dem Ponn- 
dorfschen Verfahren leicht eine Uberdosierung riskiert. Das Verfahren kann 
daher nicht als harmlos gelten. Deutsch . 

Beitrag zur Anatomie der Ponndorf-Impfreaktion. Von H . Koopmann. 
Dermatol. Wochenschr. Bd. 76, Nr. 26a, S. 557. 1923. 

Bei der intracutanen Einverleibung von Tuberkulin entsteht durch paren¬ 
teralen Abbau ein giftiges Zwischenprodukt, das zuerst Degeneration des 
Epithelzellenleibes und ihres Kerns (später auch Proliferation), dann entzünd¬ 
liche Veränderungen im Papillarkörper und der Cutis ohne spezifisch tuberku¬ 
lösen Charakter bewirkt. Erst im Spätstadium der Reaktionen, wie sie auch 
durch die langsamere Wirkung verdünnter Tuberkulinmengen erzeugt werden 



414 W. Leonhardt: Klinische Studien Uber Ponndorfiinpfungen bei Rindern. 

können, entstehen tuberkuloide Strukturen der Impfpapeln. Die sekund&r un- 
spezifischen Veränderungen der akuten Reaktionen bewirken auch eine Modifi¬ 
kation des Blutbildes. Buschkt* 

Ober Erfahrungen mit der Ponndorf-Impfung. Von E . Richter . Med. Klinik 
Jg. 19, Nr. 31, S. 1082. 1923. 

Die Ponndorf-1mpfung kann auf Grund von Erfahrungen bei Tuberkulose, 
rheumatischen Affektionen und Erysipel nicht als brauchbare Methode gelten. 

Herzfeld. 

Die Ponndorfsche Impfung. Von E . Hassencamp . (Med. Klin., Halle.) Dtsch. 
med. Wochenschr. Jg. 49, Nr. 31, S. 1010. 1923. 

Scharfe Kritik der Ponndorfschen Anschauungen über die Sonderstellung 
der Haut in der spezifischen Behandlung der Tuberkulose und der unkritischen 
Darstellung in seinem bekannten Buch. Die Ponndorfsche Methode ist nicht 
anders zu werten wie jede Tuberkulinbehandlung: lediglich als ein Faktor in 
der Tuberkulosebehandluug, und zwar ein beschränkt wirkender. Deutsch. 

K. Neumann. 



(Aus dem hygienischen Institut der tierärztlichen Hochschule Berlin [Direktor: 

Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Frosch].) 

Beitrag zum Studium der Lungenseuche 1 ). 

III. Mitteilung. 

Von 

Prof. Dr. Hans Dahmen, 

wissenschaftlichem Hilfsarbeiter. 

(Eingegangen am 27. November 1923.) 

Durch einen Erlaß des Herrn Landwirtschaftsministers war angeord¬ 
net worden, daß von sämtlichen Tieren, die wegen Lungenseuche ab¬ 
geschlachtet werden sollten, eine Blutprobe zur Untersuchung gestellt 
werde. Nachfolgend gebe ich in der Tabelle I die bei diesen Unter¬ 
suchungen gefundenen Reaktionen. Die Blutproben sind am Tage 
der Schlachtung entnommen und durch Eilboten der Untersuchungs¬ 
stelle zugesandt worden. 

Die Ergebnisse wurden erzielt mit der Komplementablenkung und 
der P.-A.-Reaktion (Präcipitations-Agglutinations-Reaktion). Danach 
gelangten 18 Einsendungen mit insgesamt 204 Blutproben zur Unter¬ 
suchung. Von diesen 203 Tieren wurden bei der Sektion 92 Tiere als 
lungenseuchekrank und 112 Tiere als gesund gefunden. Von den 
92 lungenseuchekranken Tieren reagierten 89% mit mindestens einer 
Reaktion positiv und 11% mit mindestens einer Reaktion zweifelhaft. 
Von den negativ reagierenden Tieren wurde keines als lungenseuche¬ 
krank ermittelt. Hierbei muß berücksichtigt werden, daß die an¬ 
geführten Reaktionen nur in einer 1 maligen Untersuchung erzielt 
worden sind. 

In der Zusammenstellung sind 2 Bestände G. in B. und N. in P. 
angeführt, deren Tieren ebenfalls am Tage der Schlachtung Blut ent¬ 
nommen worden ist. In den früheren 2—3 maligen Untersuchungen 
konnte in diesen Beständen nie ein Tier ermittelt werden. Bei G. in B. 
lagen zwischen der letzten Blutuntersuchung (Januar) und der Schlach¬ 
tung (Juni) 5 Monate. Die Beobachtungsfrist lief im April ab. Es ist 
hier nicht bekannt, ob in der Zeit von Januar bis Juni neue Tiere in 
den Bestand gebracht worden sind. Die Tatsache, daß die Blutunter- 

*) Nach einem Bericht an den Herrn Landwirtschaftsminister B.-N. 864/23 
vom 6. Nov. 1923. 


Arch. t. Tierhellk. L. 


30 



416 


II. Dahnien: 


Tabelle I. 

Kpl. = Komplementablenkungs-Reaktion, P.-A. = P.-A.-Reaktion. 
Übersicht über die bei der Schlachtung verseuchter Bestände gefundenen Reaktion* n. 


Besitzer 


Kpl. 1 
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73 

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Buchung am Tage der Schlachtung sämtliche kranken Tiere ermitteln 
konnte, und auch die Ergebnisse der serologischen Untersuchung anderer 
Bestände am Tage der Tötung, ohne Kenntnis des Zerlegungsbefundes, 
legen nahe, daß hier irgend etwas nicht geklärt ist. Das gleiche gilt auch 
für den Bestand N. in P. Die Blutuntersuchung hätte in beiden Fällen 
bei mindestens einer der mehrmaligen Untersuchungen den Überträger 
der Lungenseuche ermitteln müssen, zumal sämtliche kranken Tiere 
bei der Schlachtung durch die Blutuntersuchung erfaßt werden konnten. 
Der Beweis für die Annahme, daß ein Sequestertier in dem Bestand 
gewesen sei, ist bislang noch nicht erbracht. Dagegen sind dem Ver¬ 
nehmen nach neue Tiere nach der letzten Blutentnahme am 10. VIII 
in den Bestand N. in P. eingeführt worden. Bei der Zerlegung der 
bisher geschlachteten Tiere ist noch kein Prozeß gefunden worden, 
der sich nicht innerhalb der fraglichen Zeit hätte entwickeln können 
Bei den Zerlegungen, an denen ich teilnahm, hat sich herausgestellt, 
daß bei geringfügigen Prozessen nicht immer eine einheitliche Ansicht 
über deren Natur herrscht. So wurde jüngst von mir ein etwa hasel¬ 
nußgroßer Sequester als Lungenseuche angesprochen, welcher Ansicht 
sich die übrigen Sachverständigen aber nicht anschließen wollten. 



















Beitrag zum Studium der Lungeiweuehe. 


417 


Erst die weitere Zerlegung gab der Ansicht recht, da eine frische, dem 
Sequester benachbarte Erkrankung gefunden wurde. Ebenfalls zeigte 
sich ein lobulärer, frisch erkrankter Herd, bohnengroß, mit zentraler 
hämorrhagischer Entzündung. Die Blutuntersuchung war positiv. 
Derartige kleine Herde werden leicht übersehen oder auf einen anderen 
Ursprung zurückgeführt. Bei solchen Herden besteht auch die Mög¬ 
lichkeit, daß sie vollständig ausheilen. Dann würde der Fall eintreten, 
daß ein positives Blutuntersuchungsergebnis ohne pathologisch-ana¬ 
tomische Bestätigung bleibt, wie dies ja auch in den oben angeführten 
Beständen gefunden wurde. 

In einem Bericht vom 1. V. an den Herrn Landwirtschaftsminister 
war über die Untersuchungen vom 1. X. 1922 bis 1. IV. 1923 berichtet 
worden. In der damaligen Zeit waren insgesamt 5 118 Tiere unter¬ 
sucht worden. Bei diesen Untersuchungen waren mit meinem Fällungs¬ 
antigen im Komplementablenkungsversuche von 117 kranken Tieren 

stark positiv ... 96 Tiere = 82 % 
zweifelhaft .... 18 „ = 15,4% 

negativ. 3 „ = 2,6%, 

so daß also die Komplementablenkung in jener Berichtszeit 97,4% 
der erkrankten Tiere ermitteln konnte. 

In der Berichtszeit vom 1. IV. bis 1. X. 1923 sind insgesamt 
4 256 Proben untersucht werden. Darunter waren 139 kranke Tiere. In 
der nachfolgenden Aufstellung (Tabelle II und III) über diese 139 Tiere 
sind die Anteile der einzelnen Methoden (Komplementablenkung und 
P.-A.-Reaktion) an den Ergebnissen tabellarisch angeordnet. 

Nach dieser Aufstellung sind insgesamt 139 lungenseuchekranke 
Rinder (bestätigt durch die Zerlegung) zur Untersuchung gekommen. 
Von diesen 139 Rindern reagierten mit der Komplementablenkung und 
P.-A.-Reaktion positiv 76 Tiere, Komplementablenkung positiv, P.-A.- 
Reaktion zweifelhaft oder negativ 23 Tiere, P.-A.-Reaktion positiv, 
Komplementablenkung zweifelhaft oder negativ 22 Tiere. Insgesamt 
also reagierten mit mindestens einer Reaktion positiv 121 Tiefe = 87,1%. 
Mit der Komplementablenkung und P.-A.-Reaktion reagierten zweifel¬ 
haft 10 Tiere, mit der Komplementablenkung zweifelhaft, mit der 
P.-A.-Reaktion negativ 4 Tiere, mit der P.-A.-Reaktion zweifelhaft, 
mit der Komplementablenkung negativ 3 Tiere, insgesamt also 
17 Tiere = 12,2% zweifelhaft. Nicht ermittelt wurde 1 Tier = 0,7%. 

Auch hierbei muß berücksichtigt werden, daß die angeführten 
Reaktionen nur in einer 1 maligen Untersuchung erzielt worden sind. 
Außerdem ist der Bestand, in dem die negative Reaktion bei positivem 
Zerlegungsbefund aufgetreten ist, erst 14 Tage nach der Blutunter¬ 
suchung zur Abschlachtung gelangt. Auf Grund der Tatsachen, daß 
einerseits von 154 Fällen, in denen mit beiden Reaktionen ein negatives 

30* 




118 Jff Dahmen: 


Tabelle fl, V btt sicht ater die tu verbuchten Beständen « jefundtntn Itmktifur*n. 


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T>a»- Fätlungsextrakt-, das seit -Oktober 1922 im Komplement 
aldenktHjg* versuch verwandt wir*.!, bat, wie oben -erwähnt, wäbmiii 
der damaligen Berichts-Zeit 97% der erkrankte« Tiere ermittelt. IMet* 
ZuM ist aneb diesmal mit iH3% erreicht worden, so »faß dieses Aiitigw* 
eine tu ts/mb liebe. Stabilität der Untersuchungen gewährleistet, AU 
»•men wvm ntiiehen Umstand füge ich hinzu, daß eine. „Flücktigkrit 
: dtyr. fteaktiön bei dch* FäUungaantigeto nicht anftritt . Einmal «rsjelb’ 

' Reaktionen la.sv*r* sieh auch noch am folgenden Tage nach Sedirnen 
tierune d;-> Hlutkorpvrchen im gleichen Maße beurteilen. 





Beitrag zum Studium der Lungenseuche. 419 


Tabelle 111. Übersicht über die in verseuchten Beständen gefundenen Reaktionen. 



Die in den Kreis der Untersuchungen gezogene Agglutination muß 
durch Beobachtung und nach ultraphotographischen Aufnahmen 1 ) als 
ein Präcipitationsvorgang gedeutet werden, der durch eine Aggluti¬ 
nation unterstützt wird. Für diese Reaktion ist deshalb der Name 
Präcipitation-Agglutinations-Reaktion (abgekürzt P.-A.-Reaktion) vor¬ 
geschlagen. Für diese Methode, für deren Reaktionsverlauf zunächst 
3 Stunden angesetzt waren, konnte durch vergleichende Untersuchungen 
ein 1 ständiger Aufenthalt im Brutschrank als genügend erachtet 
werden. Weitere Untersuchungen führten dann zu einer weiteren 
wesentlichen Abkürzung durch den Gebrauch des Wasserbades. Der 
Reaktionsverlauf gestaltet sich demnach folgendermaßen: 

Zu 0,1 ccm des zu untersuchenden aktiven Serums wird 0,5 ccm 
physiologischer Kochsalzlösung und 0,5 ccm einer Serumbouillonkultur, 
die 0,5% Traubenzucker enthält, gegeben. Durch Schütteln wird eine 
gute Verteilung der Reagenzien erreicht, worauf die Proben für eine 
1 / i Stunde in ein Wasserbad von 37° gestellt werden. Danach werden 
die Untersuchungsröhrchen 10 Min. lang bei 2000 Umdrehungen zentri¬ 
fugiert und die Reaktion abgelesen. Die positiv reagierenden Proben 
zeichnen sich bei der Besichtigung durch eine vollständig klare Unter- 


J ) Durch Herrn Geheimrat Prof. Frosch. 





420 


I [. Dahmou: 


suchungsflüssigkeit gegenüber den negativen Proben aus. Beim 
Schüttebi der Röhrchen löst sich bei den positiven Proben ein Häutchen 
von etwa 1 / 2 —*/ 4 cm Durchmesser und etwa Dicke ab. 

Bei den negativen Proben geht der abzentrifugierte Bodensatz in einer 
Schliere hoch und läßt sich • durch geringes Schütteln leicht in der 
Untersuchungsflüssigkeit gleichmäßig verteilen. Die bei der positiven 
Reaktion auftretenden Häutchen lassen sich auch durch sehr starkes 
Schütteln nicht zerstören. Zweifelhafte Reaktionen werden durch 
mehr oder weniger starke Flockungen angezeigt. Die P.-A.-Reaktion 
ist demnach eine gute und kurzfristige Reaktion. 

Die Komplementablenkung und die P.-A.-Reaktion ergänzen sich 
in ihren Ergebnissen. So reagierten nach der anliegenden Aufstellung 
(Tab. II) mit der Komplementablenkung positiv und mit der P.-A.- 
Reaktion negativ 11 Tiere und auf der anderen Seite konnten mit der 
P.-A.-Reaktion positiv und mit der Komplementablenkung negativ 
5 Tiere ermittelt werden. Auch wurden eine Reihe zweifelhafter 
Reaktionen der einen Methode durch positive Reaktionen der anderen 
bestätigt. Die beiden Methoden ergänzen sich demnach nicht nur, 
sondern bestätigen sich auch. 

Der Herstellung von Nährböden wurde auch in der vorliegenden 
Berichtszeit ein besonderes Interesse entgegengebracht, da die ein¬ 
wandfreie Beschaffenheit der Nährflüssigkeit die Güte der Antigene 
bedingt. Auf diesem Wege wurde die Filtration durch die Berkefeld- 
kerze, die zur Klärung und Sterilisierung der Nährflüssigkeit angewandt 
wird, als nicht notwendig gefunden. Die Nährböden werden nunmehr 
folgendermaßen hergestellt: 

Pferde- oder Rindfleischwasser auf 8,0 p. H. gebracht und mit 3 bzw. 
0,5% Traubenzucker versetzt, wird in Kölbchen zu je 50 ccm ab¬ 
gefüllt und im Dampf topf bei 100° an 2 Tagen je */ 4 Stunde sterilisiert. 
Dann werden jedem Kölbchen 4 ccm Pferdeserum (= 8%) zugesetzt 
und die Kölbchen an 3 Tagen je 1 Stunde bei 56 —58° im Wasserbad 
sterilisiert. Bei Gewinnung des Serums und beim Beschicken der 
Kölbchen mit Serum ist steriles Arbeiten anzustreben. In dieser Nähr¬ 
flüssigkeit wächst der Erreger ausgezeichnet und gibt eine große Aus¬ 
beute. So konnten von 200 ccm Kultur 30 ccm eines 3proz. Antigens 
gewonnen werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß eine größere 
Menge (1000 —2000 ccm) Nährflüssigkeit unter denselben Bedingungen 
hergestellt werden kann, aus der die entsprechende Menge gleich¬ 
wertigen Antigens erzielt wird. Dieses bedeutet eine weitere Gleichheit 
und Stabilität der Antigene, die ein erstes Erfordernis für die dauernde 
Güte einer Reaktion darstellt. Dadurch, daß durch diese Arbeits¬ 
methode täglich 1—2 Berkefeldkerzen gespart werden, verbilligt sieh 
die Ausführung der Reaktion um ein wesentliches. 



Beitrag zum Studium der Lungenseuehe. 


421 


Bei der Züchtung des Lungenseucheeregers auf festen Nährböden 
zeigt sich, daß er nicht immer in der üblichen Form mit dem zentralen 
Nabel wächst, sondern sehr oft nur kleine punktförmige Kolonien 
zeigt. Diese Beobachtung wird besonders gemacht, wenn man von 
festen Nährböden auf feste Nährböden überimpft, und auch dann, 
wenn man junge flüssige Kulturen, die zahlreiche Erreger enthalten, 
auf feste Nährböden bringt. Vielfach hat es den Anschein, daß besonders 
bei frischen, festen Nährböden diese kleinen Kolonien erscheinen. Da 
aber auch bei solchen frischen Nährböden oft am Rande der Aussaat¬ 
fläche typische Kolonien mit zentralem Nabel entstehen, bin ich der 
Ansicht, daß größere Kolonien nur dann entstehen können, wenn 
ihrer Ausbreitung durch andere Kolonien kein Hindernis gesetzt ist 
wie dies ja bei allen Bakterienkulturen der Fall ist. Hieraus erklärt, 
sich auch die öfters auf tretendem Schmetterlingsformen mit 2 Nabeln. 
Aus älteren flüssigen Kulturen, in denen sich die Zahl der Erreger 
verringert hat, werden fast regelmäßig große und gut entwickelte 
Kolonien auf festen Nährböden erzielt. 

Zusammenfassung . 

1. Die Kombination der Komplementablenkung mit meinem 
Fällungsantigen und der P.-A.-Reaktion ist für die serologische Be¬ 
kämpfung der Lungenseuche brauchbar. 

2. Die Komplementablenkung und die P.-A.-Reaktion bestätigen 
bzw. ergänzen sich in ihren Ergebnissen. 

3. Die P.-A.-Reaktion ist eine kurzfristige ( l / 4 Stunde Wasserbad) 
Reaktion. 

4. Die umständliche Klärung und Keimfreimachung durch Fil¬ 
tration mittels der Berkefeldkerze ist unnötig. Die Nährböden können 
ohne Schaden für das Serum bis zu 60° im Wasserbad sterilisiert 
werden. Die Erreger entwickeln sich in dieser so vorbereiteten Nähr¬ 
flüssigkeit gut. 

5. Bei dichter Aussaat treten die typischen Lungenseuchekolonien 
nur an den Rändern der Aussaatfläche auf. 

Anmerkung bei der Korrektur. Bei der P.-A.-Reaktion habe ich seit kurzem 
die Austitration der Kultur in fallenden Mengen (50—5%) für einen Vorversuch 
eingeführt. Dabei zeigte sich, daß die meisten Kulturen lOprozentig zu ver¬ 
wenden sind. Bei der Anstellung des Haupt Versuches wird der im Vorversuche 
gefundene Gebrauchswert mit Kochsalzlösung auf 1,0 ccm gebracht und dieses 
zu 0,1 ccm Serum zugesetzt. 



(Aus dem Pathologisch-anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule 
zu Hannover [Direktor: Prof. D. Dr. Rievel].) 

Primäres Spindelzellensarkom mit sekundärer schleimiger 
Metamorphose (Sarcoma myxomatosum) 
in der Leber einer Kuh. 

Von 

Dr. L. Lund, 

Oberasßißtent. 

(Eingegangen am 18. Dezember 1923.) 

Primäre Sarkome der Leber des Menschen und unserer Haustiert 1 
sind außerordentlich selten [Schmaus-Herxheimer 1 ), Kaufmann*), JoesP), 
Kitt*)]. Literaturzusammenstellungen über die beim Menschen be¬ 
obachteten primären Sarkome der Leber finden sich in den Sammel¬ 
referaten von Kretz 5 ), Steinhaus i 6 ) und Morpurgö 7 ) sowie bei Kaufmann*). 

Über primäre Sarkome der Leber unserer Haustiere berichten Bäch- 
städfi), Bahrenberg 10 ), Giovanni 11 ), Holtmann 1 *), Joest 13 ), Leisering 14f u ), 
Pieroni 16 ), Rossi 17 ) und Waldmann 18 ). 

Giovanni beobachtete in den Lebern von 4 alten Schafen primäre Sarkome, 
die er einer eingehenden histologischen Untersuchung unterzog. Die Geschwülste 
waren aus runden, oblongen oder polygonalen Zellen aufgebaut. Ob es sich tat¬ 
sächlich in sämtlichen 4 Fällen um primäre Lebersarkome gehandelt hat, kann 
ich nach dem mir zur Verfügung stehenden Referate nicht entscheiden. — Bahren - 
berg und Holtmann machten Tumoren in der Leber von Hunden zum Gegenstand 
ihrer Dissertationsarbeiten. Bahrenberg glaubte die von ihm gefundene Neubildung 
als primäres Rundzellensarkom ansehen zu dürfen, eine Ansicht, der ich mich nicht 
ganz anschließen kann. Die 6 Pfund schwere Neubildung hatte ihren Sitz in der 
zu Lebzeiten exstirpierten Leber. Die Hündin wurde vor einem Jahre wegen 
einer Mammageschwulst operiert, die histologisch nicht untersucht worden war. 
Es ist somit nicht ausgeschlossen, daß die Neubildung sich vom Euter aus sekun¬ 
där in der Leber ansiedelte. Der von ihm mitgeteilte Fall besitzt eine große Ähn¬ 
lichkeit mit einer von Adone 19 ) gemachten Veröffentlichung, der eine Hündin 
obduzierte, der vor 3 Jahren mehrere kleine Tumoren aus dem Euter entfernt wor-, 
den waren, und die zuletzt BauchWassersucht gezeigt hatte. Es fand sich an der 
Hinterfläche der Leber eine beträchtliche Erweiterung der Hohlvene und in dieser 
gestielt, an der Wand hängend, ein Tumor. Die histologische Untersuchung er¬ 
gab ein großzelliges Rund zelle nsarkora. Adone ist geneigt, eine Metastase vom 
Euter anzunehmen, die durch den operativen Eingriff begünstigt wurde. Ein 
unzweifelhaft echtes primäre« Sarkom in der Leber eines Hundes teilte dagegen 
Holtmann mit; auch hier bestand in der Mamma der 8 Jahre alten Hündin eine 
Neubildung, die durch die histologische Untersuchung als Adenocarcinom he- 



L. Lund: Primäres Spindelzellensarkom usw. 


423 


stimmt wurde und in ihrem Aufbau ein wandsfrei von der Lebergeschwulst ge¬ 
trennt werden konnte; weitere Metastasen waren nicht nachzuweisen. Einen 
weiteren Beitrag lieferte Waldmann , der eine allgemeine Sarkomatosis eines Hundes 
beschrieb und annahm, daß die generalisierte Sarkomatosis von der Leber aus ihren 
Ausgangspunkt genommen hatte. Auch hier ist es nicht mit Sicherheit erwiesen, 
daß der Primärherd in der Leber seinen Sitz hatte. — Ferner ist eine Arbeit von 
Bächstädt zu erwähnen, der ein Rundzellensarkom in der 35 Pfund schweren Leber 
eines Pferdes ermittelte, die wohl als primäres Lebersarkom anzusprechen ist, 
da keine Metastasen in anderen Organen vorhanden waren. — Leisering , beschrieb 
ein Sarkom in der Leber einer Ziege, die 12 Pfund wog und von 12 walnuß- bis über 
faustgroßen Geschwülsten durchsetzt war. -— Derselbe Autor berichtete über ein 
Spindelzellensarkom der Leber eines Rindes. Die Neubildung hatte ein Gewicht 
von 32 Pfund. Ob es sich tatsächlich in diesen beiden Fällen um primäre Sarkome 
gehandelt hat, ist mit Sicherheit nicht festzustellen, da Metastasenbildungen in 
den übrigen Organen in beiden Arbeiten nicht ausgeschlossen wurden. Ein wands¬ 
freie primäre Sarkome wurden in der Leber des Rindes von Rossi und Joest gefun¬ 
den. Rosst fand bei einem Ochsen die linke Hälfte der Leber durch Geschwulst¬ 
bildung völlig umgebildet, indem zahlreiche haselnuß- bis walnußgroße Knoten 
eingelagert waren. Die Neubildungen — Spindelzellensarkome — hatten keine 
Sekundärgeschwülste gemacht. In der Leber eines geschlachteten Rindes traf 
Joest ein kindskopfgroßes solitäres (primäres) Spindelzellensarkom mit großem 
zentralen Zerfallsherd, das infolge Kompression des Ductus hepaticus eine hoch¬ 
gradige Gallenstauung hervorgerufen hatte. 

Es handelt sich bei den als echte primäre Sarkome anzusprechenden 
Neubildungen in der Leber unserer Haustiere entweder um Spindel¬ 
oder Rundzellensarkome. Ein besonderes Interesse nehmen in unserem. 
Falle die primären Myxosarkome der Leber ein. Gehören schon die 
primären Spindel- oder Rundzellensarkome in der Leber zu den Selten¬ 
heiten, so sind meines Wissens primäre Myxosarkome dieses Organes in 
der Veterinärmedizin noch nicht beschrieben worden. Folgert) gibt 
eine Übersicht über die bei Tieren in anderen Organen gefundenen Myxo¬ 
sarkome. Beim Menschen beobachtete Berghinz 7 ) ein primäres, manns¬ 
kopfgroßes, cystisches Myxosarkom des rechten Leberlappens bei einem 
16jährigen Knaben. 

Der Schlachthof Hannover stellte dem Pathologischen Institut eine 
Rinderleber zur Verfügung, die folgenden makroskopischen Befund darbot: 

Die Leber hat eine kolossale Größe; ihr Gewicht beträgt 43 kg. Die 
Vergrößerung ist zurückzuführen auf eine Neubildung, die den mitt¬ 
leren Lappen mit dem Lobus quadratus et caudatus sowie den Pro¬ 
cessus caudatus vollständig einnimmt und sich gleichfalls auf den linken 
und rechten Lappen erstreckt, in denen nur die seitlichen Abschnitte 
in etwa 2—3 Handtellergroße nicht in den Neubildungsherd hinein- 
gezogen sind. Der herausgeschälte, solitär auftretende Tumor wiegt 
38 kg; seine Gestalt ist länglich-rundlich; der größte Umfang beträgt 
142 cm, die Höhe 39 cm, die Länge 56 cm. Die ganze Geschwulst wird 
auf der Oberfläche gleichmäßig überzogen von einer 2—3 mm dicken, 
undurchsichtigen, gelbweisen Kapsel. Die Oberfläche der Neubildung 



424 L. Lund : Primäres Spindelzellensarkom mit sekundärer schleimiger 


ist glatt; sie grenzt sich scharf gegen das umgebende Lebergewebe ab 
und zeigt im allgemeinen ein expansives Wachstum, abgesehen von 
vereinzelten hanfkom- bis walnußgroßen Herden, die sich vom Haupt¬ 
tumor aus keilförmig in das noch vorhandene Lebergewebe vorschieben. 
Die Konsistenz ist eine derbe bis gallertig elastische. Die Durchschnitte¬ 
flächen sind vorwiegend glatt, gelbweiß, stark glänzend und sehr feucht; 
es befinden sich auf ihnen zahllose hanfkom- bis taubeneigroße, cysten¬ 
ähnliche Hohlräume, die größtenteils mit einer schleimigen, faden¬ 
ziehenden Flüssigkeit angefüllt sind. Auffallend viele Cysten finden 
sich in den zentralen Abschnitten der Neubildung, wo diese einen 
kindskopfgroßen, grauroten, trüben Herd von brüchiger Konsistenz 
auf weist (Nekrose). An die Peripherie dieses nekrotischen Teiles 
stößt eine 1 —2 mm breite rote Zone, die diesen Herd scharf von dem 
umgebenden, gelbweiß gefärbten Geschwulstgewebe abgrenzt. In den 
dem Lebergewebe benachbarten Abschnitten des Tumors befinden sich 
in den Lumina zahlreicher kleinerer und größerer Pfortaderäste kom¬ 
pakte, bis 5 cm dicke, gelbweiße, derbe Massen; diese stehen nur an 
kleinen circumscripten Anheftungsstellen mit der Gefäßintima im Zu¬ 
sammenhang und ragen — die Gefäßlumina fast vollständig ausfüllend — 
bis auf eine Strecke von 15 cm in dieselben hinein (wandständige orga¬ 
nisierte Venenthromben). Die Oberfläche des noch erhaltenen Leber¬ 
gewebes ist glatt, die Farbe graubraun, die Konsistenz derb. Die Schnitt¬ 
flächen sind glatt, hellbraun, die Läppchenzeichnung verwischt. In der 
Umgebung der Pfortader- und Leberarterienverzweigungen finden sich 
weißgraue Fleckchen und Züge, die entweder circumscript auftreten 
oder ein Netzwerk von gelbweißen Strängen bilden (Cirrhose). Die Ver¬ 
legung des Ductus choledochus hat zu einer erheblichen Gallenblasen - 
erweiterung geführt; sie ist angefüllt mit ca. 800 ccm einer wässerigen, 
schleimigen, schwach gelbgrünen Flüssigkeit. Schleimhaut o. B., des¬ 
gleichen Portallymphknoten. 

Ich konnte mich davon überzeugen, daß Metastasenbildungen trotz 
sorgfältiger Untersuchung in anderen Organen nicht nachzuweisen 
waren. Da der Tumor zu einer vollständigen Abmagerung des Tieres 
geführt hatte, wurde der ganze Tierkörper nach § 33 Abs. 17 BBA. als 
untauglich zum Genüsse für Menschen erklärt. 

Histologisch zeigte die Geschwulst folgendes Bild: 

Die Kapsel der Neubildung besitzt eine Dicke von 2—3 mm; sie 
besteht aus einer etwa 1 mm dicken, fibrillären, einzelne muskulöse Ele¬ 
mente enthaltenden peripheren äußeren Schicht und einer inneren, 
etwa 2 mm dicken, an Fibroblasten reichen Zone; sie ist reich an Blut¬ 
gefäßen. Während die größeren Venen und Arterien keine Blutzellen 
enthalten, sind die Capillaren prall mit Erythrocyten und vereinzelten 
farblosen Blutkörperchen angefüllt. Dieser bindegewebige Überzug 



Metamorphose (Sarcoma myxoinatosum) in der Leber einer Kuh. 425 

ist scharf von dem angrenzenden, intensiv gefärbten Geschwulstgewebe 
abgesetzt und befindet sich nur an der freien Oberfläche der Neubildung. 
Die äußeren Abschnitte der Geschwulst sind vornehmlich zusammen¬ 
gesetzt aus großen, spindelförmigen, protoplasmareichen Zellen, die 
dem Verlaufe der Gefäße folgen und die Gesichtsfelder in den verschieden¬ 
sten Richtungen durchkreuzen. Viele dieser Zellen sind mit dünnen 
fibrillären Ausläufern versehen; ihre Größe schwankt zwischen 15 bis 
42 fi, die der Kerne zwischen 8—34 fi. Die Kemfarbstoffe werden 
von den Kernen gut aufgenommen. Ihre Form ist rundlich oder rund¬ 
lich oval; sie enthalten ein deutlich ausgeprägtes Chromatingerüst und 
meistens 2—3 Kemkörperchen. In vielen Zellen werden 2 und mehr 
Kerne sowie Kemteilungsfiguren gesehen. Zwischen diesen Spindel¬ 
zellen treten vereinzelte, protoplasmareiche, verschieden gestaltete, 
netzartig verzweigte und mit langen Ausläufern versehene Zellen auf, 
die in einer nahezu homogenen Grundsubstanz liegen, in der nur sehr 
wenige feine Fasern nachzuweisen sind. Die beschriebenen Spindel¬ 
zellen werden des öfteren um das Doppelte an Größe von ihnen über¬ 
troffen. Einige dieser Zellen enthalten 2—3 Kerne und im Proto¬ 
plasma feinste Fetttröpfchen. Diese Zelltypen und die nach dem posi¬ 
tiven Ausfall verschiedener elektiver Schleimfärbungen als Schleim 
anzusprechende, nahezu homogene Grundsuhstanz tritt in besonders 
starkem Maße in den zentral gelegenen, also älteren Geschwulstab¬ 
schnitten auf, wo die eigentlichen Spindelzellen vollständig in den 
Hintergrund gedrängt werden. In sämtlichen Gegenden der Neubildung 
liegen zahlreiche mit Blutzellen strotzend gefüllte Gefäße; an einer 
größeren Anzahl von ihnen hat eine Zerreißung der Gefäßwände mit 
anschließenden kleineren und größeren Gewebsblutungen stattgefunden. 
Schon hier sind im Gewebe Hohlräume nachzuweisen, die eine ver¬ 
schiedene Größe und Gestalt besitzen. Einen besonders großen Umfang 
erreichen diese Bildungen in der Nähe der zentralen Geschwulstab- 
schnitte. Sie sind meistens angefüllt mit einer homogenen oder fein- 
fädigen Masse, welche durch Essigsäure zum Gerinnen gebracht wird 
und sich mittels der Schleimfärbemethoden färberisch zur Darstellung 
bringen läßt. Somit sind diese Gebilde als mit Mucin angefüllte Cysten 
anzusprechen; sie sind umgeben von einem schmalen Saum flacher, 
endothelähnlicher Zellen. Die Vergrößerung dieser Hohlräume ist ent¬ 
weder durch den Druck einer starken Schleimabsonderung oder durch 
Zusammenflüßen mehrerer kleiner Cysten zustande gekommen. Die 
zentralen Abschnitte der Neubildung sind, abgesehen von kleinen mit 
Schleim angefüllten Cysten, nahezu strukturlos (Nekrose). Am Über¬ 
gang des lebenden Geschwulstgewebes in den nekrotischen Teil zeigen 
sich ausgedehnte, flächenhafte Blutungen. Die dem erhaltenen Leber¬ 
aewebe benachbarten Geschwulstteile bestehen vorwiegend aus großen. 



426 L. Lund: Primäres Spindelzellensarkom mit sekundärer schleimiger 

spindelförmigen, protoplasmareichen Zellen, zwischen denen schleimige 
Grundsubstanz gar nicht oder nur spärlich nachzuweisen ist. Im all¬ 
gemeinen wächst die Neubildung expansiv; nur an wenigen Stellen 
schieben sich die Spindelzellen keilförmig in das Lebergewebe vor, wo 
sie dann ohne scharfe Grenze in das interlobuläre Stützgewebe über¬ 
gehen. Die Leberzellen sind stark atrophiert, was einerseits auf die 
Kompression durch den Tumor, andererseits auf eine sehr erhebliche 
Verbreiterung des interlobulären Bindegewebes zurückzuführen ist, 
wodurch die Läppchen mitunter um das 3—öfache verkleinert sind, 
und nur als kleine Parenchyminseln auf treten. Das verbreiterte Binde¬ 
gewebe besteht fast ausschließlich aus großen, protoplasmareichen Binde¬ 
gewebszellen (Fibroblasten), die in der Nähe der Neubildung den Ge¬ 
schwulstzellen sehr ähnlich sehen. Es enthält zahlreiche gewucherte 
Gallengänge mit zumeist auffallend großen Zellen und einem vergrößer¬ 
ten oder mehreren Zellkernen. Diese lebhafte Sprossung der Gallen - 
gänge hängt ohne Zweifel mit den Regenerationsprozessen zusammen. 
Die im Lumen vieler Pfortaderäste auftretenden Thromben bestehen 
der Hauptsache nach aus Fibroblasten; sie sind oft nur durch 50 bis 
600 p breite Gewebsbrücken mit den Gefäßwandungen verbunden; 
sie sitzen wand- oder klappenständig. 

Zusammenfassung: Nach dem histologischen Aufbau gehört die be¬ 
schriebene Neubildung zu den großzelligen Spindelzellensarkomen, bei 
der es nachträglich zu einer schleimigen Erweichung gekommen ist. 
Sie ist als Sarcoma myxomatosum zu bezeichnen. Die schleimigen Ein¬ 
lagerungen finden sich besonders in den älteren, zentralen Geschwulst- 
abschnitten, wo sie sogar zur Bildung von Schleimcysten geführt haben, 
während die jüngeren Teile der Neubildung vorwiegend aus großen, 
protoplasmareichen Spindelzellen zusammengesetzt sind, zwischen denen 
schleimige Grundsubstanz gar nicht oder nur spärlich nachzuweisen ist 
Da trotz sorgfältiger Untersuchung Metastasenbildungen in keinem 
anderen Organe nachzuweisen waren, ist die Neubildung als primäres 
Sarcoma myxomatosum der Leber anzusprechen. Das seltene Vorkommen 
dieser Neubildungen in der Leber findet vielleicht eine Erklärung da¬ 
durch, daß die bindegewebigen Elemente in diesem Organe gegenüber 
dem Parenchym stark in den Hintergrund treten. An der Leber be¬ 
stehen gleichzeitig die Erscheinungen der hypertrophischen Cirrhose, 
so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß die Geschwulst ihren Ausgangs¬ 
punkt von dem vorher vorhandenen neugebildeten Bindegewebe der 
Cirrhose genommen hat. Der 38 kg schwere Tumor hatte zu einer voll¬ 
ständigen Abmagerung des Tieres geführt. Für das Zustandekommen 
der Venenthromben ist wohl in erster Linie diese vollständige Abmage¬ 
rung maßgebend gewesen, welche gemeinsam mit dem Druck zur Bildung 
von marantischen Thromben geführt hat. 



Metamorphose (Sartoina myxomatosum) in der Leber einer Kuh. 427 


Literaturverzeichnis. 

l ) Schmaus-Her xheimer , Grundriß der pathoL Anatomie. Wiesbaden 1915, 
S. 642. — 2 ) Kaufmann , Lehrbuch der spez. pathol. Anatomie. Berlin 1911, S. 609. 
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Lehrbuch der pathol. Anatomie. Stuttgart 1910, S. 676. — *) Kretz , B., Pathologie 
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purgo , B., Bericht über die italienische Literatur 1900—1904. Lubarsch-Ostertag, 
Ergebn. d. allg. Pathol 1908, S. 31. — 8 ) Kaufmann Lehrbuch der spez. pathol 
Anatomie. Berlin 1911, S. 609 und 1386. — •) Bächstädt, Sarkomatöse Degeneration 
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Rinde. Giorn. della r. soc. ed accad. vet. Ital. S. 117. (zit. n. Ellenberger-Schütz, 
Jahresber. d. Vet.-Med. 1909, S. 56. — 17 ) Bossi, B. P.. Note d’anatomia patologica 
etc. La clin. veter. 29. 1906, S. 951 (zit. n. Lubarsch-Ostertag, Ergebn. d. allg. 
Pathol. 1917, S. 483. — 18 ) Waldmann , «/., Ein Fall von allgemeiner Sarkomatose 
beim Hunde. Zeitschr. f. Tiermedizin fl, 206. 1897. — 19 ) Adone , Sarcom in der 
Vena cava posterior beim Hunde. Arch. scientif. della r. soc. et accad. vet. Ital. 
S. 49 (zit. n. Ellenberger-Schütz, Jahresber. d. Vet.-Med. 1904, S. 101. — *°) Folger , 
A . F., Geschwülste bei Tieren. Lubarsch-Ostertag, Ergebn. d. allg. Pathol 1917 
(II), S. 505. 



(Aus dem Institut für Geburtshilfe der tierärztlichen Fakultät der Universität 

München.) 

Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. 

Von 

Prof. A. 0. Stoss. 

Mit 1 Textabbildung. 

(Eingegangen am 15. Dezember 1923.) 

Die klinische Untersuchung auf Trächtigkeit bei der Stute in den 
ersten Monaten nach dem Deckakte ist bis jetzt weniger genau studiert 
und beschrieben worden als dies hinsichtlich des Rindes geschehen ist. 
In der letzten Zeit veröffentlichte nur Orommelt eine umfangreichere 
Abhandlung über das bedeutsame Kapitel. Richter beschränkte sich im 
Vorjahre auf die Beschreibung eines Trächtigkeitssymptomes, des 
Uteringeräusches beim Pferde, worüber Steenholdt noch nähere Angaben 
macht, und die übrigen Abhandlungen deutscher Autoren über die 
Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute sind eingeflochten in Arbeiten über 
Bekämpfung der Unfruchtbarkeit. Ich erinnere hier nur an die Ver¬ 
öffentlichungen von Schuhmann , Oppermann, Benesch, der ausführlich 
über die Technik der Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute berichtet, im 
übrigen verweist aber auch er auf die Angaben Albrechtsens und seiner 
Vorgänger. Auch in den einschlägigen Lehrbüchern ist über die Trächtig¬ 
keitsdiagnose der Stute keineswegs so ausführlich und zuverlässig re¬ 
feriert als über die des Rindes. Gewiß hat Oppermann in der neuen Auf¬ 
lage des Handbuches die Untersuchung auf Trächtigkeit bei der Stute 
eingehender beschrieben, aber trotzdem fehlt die Angabe wichtiger 
Symptome, die im Zweifelsfalle ausschlaggebend sind. Harms legt in 
dem Kapitel über die Sterilität der weiblichen Tiere naturgemäß mehr 
Gewicht auf die Untersuchungstechnik des nichtträchtigen Uterus als 
auf die Graviditätskriterien. SchmaÜz schreibt: ,,Durch die innere 
Untersuchung ist nach allen Beobachtungen bei der Kuh die Schwanger¬ 
schaft schon im 2. Monat und mit großer Sicherheit vom 3. Monat ab 
zu ermitteln. Bei der Stute ist dies jedoch nicht in gleichem Maße so 
frühzeitig der Fall. Die manuelle Diagnose kann bis zum 6. Monate 
Schwierigkeiten machen.“ 

Seitdem ich in der Geburtshilfe tätig bin, habe ich alljährlich 
während der Abfohlperiode einen mehrwöchigen Studienaufenthalt auf 



A. 0. Stoss: Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. 429 

Gestüten verbracht und hatte dabei reichlich Gelegenheit, Trächtigkeits¬ 
untersuchungen bei Stuten vorzunehmen und die während der Trächtig¬ 
keit auftretenden Veränderungen am Genitalapparat zu studieren. An 
Schlachtpferden setzte ich meine Studien fort und war in der Lage, am 
frisch getöteten Tiere die palpatorischen Feststellungen nachzuprüfen. 

Die innere Untersuchung auf Trächtigkeit hat bei der Stute während 
der ganzen Trächtigkeitsperiode gleich hohe Bedeutung, denn hier 
kann nicht wie beim Rinde das Junge von außen schon im 6. Monat 
mit Sicherheit festgestellt werden. Ich habe vielfach, allerdings bei 
gut genährten Stuten, frühmorgens vor dem Füttern durch Palpation 
und Auskultation das Junge festzustellen gesucht. Die Palpations¬ 
versuche waren, durch Handauflegung am Unterbauch handbreit vor 
dem Euter, in der Mehrzahl der Fälle erst im 8. Trächtigkeitsmonate 
mit positivem Erfolge durchgeführt worden. Die Auskultation der 
fötalen Herztöne war mir nur bei 2 von 16 Stuten im 9. Monat der 
Trächtigkeit möglich. Die äußere Untersuchung auf Trächtigkeit ist 
bei der Stute wegen der straffen Bauchdecken, bei kitzligen Stuten 
wegen der Schwierigkeit der Adaptation der Hand oder gar des Ohres 
am Unterbauch wenig aussichtsreich. Bei der Auskultation wirken die 
lebhaften Darmgeräusche sehr störend. Es kommt also bei der Stute die 
innere Untersuchung nicht nur für die Frühdiagnose der Trächtigkeit in 
Betracht, sie stellt auch im fortgeschrittenen Stadium der Trächtigkeit ein 
wertvolles und sicheres Untersuchungsverfahren dar. Die innere Trächtig¬ 
keitsuntersuchung ist, wie auch Oppermann sagt, schwieriger als bei der 
Kuh. Macht manchem Tierarzte schon die Größe des Objektes Schwierig¬ 
keiten, so sind das Temperament der Stute, die höhere Empfindlichkeit 
gegen den Untersuchungsreiz, die dünnere Wandbeschaffenheit von Darm 
und Tragsack sowie die stärkere Kontraktionskraft des Anus Eigen¬ 
schaften, welche die Untersuchung ungünstig beeinflussen können. 

Die genaue Kenntnis der anatomischen Verhältnisse ist eine Grund¬ 
bedingung für das Gelingen einer inneren Untersuchung. Aus diesem 
Grunde lassen fast alle Autoren eine kurze anatomische Beschreibung 
mit Zahlenangaben über Länge der Hörner, des Körpers und der Cervix 
folgen und trotz der Kenntnisse tastet mancher Anfänger vergebens 
in Becken- und Bauchhöhle nach dem Uterus und seinen Adnexa, denn 
die große Lagerungsverschiedenheit des Organes im Raume je nach 
Füllungszustand der Eingeweide und des Tragsackes selbst, die Weich¬ 
heit des leeren, schlaffen Tragsackes sowie die Form und Konsistenz¬ 
veränderung desselben im erigierten Zustande ermöglichen eine Mannig¬ 
faltigkeit des Befundes, der selbst anatomisch gut Vorgebildeten über¬ 
raschend ist. Es ist deshalb zweckmäßig, bei allen Untersuchungen 
nicht vom Tragsacke und seinen Adnexa auszugehen, sondern von den 
unveränderlich feststehenden Kennmarken der Bauch- und Becken- 



430 


A. (). Stuss: 


höhle, der knöchernen Grundlage, die jederzeit leicht und sicher festzu¬ 
stellen ist. Bei der Untersuchung des Rinderuterus ist dies wohl nicht 
so notwendig, weil die knorpelharte Cervix unverkennbar den Weg 
zum Uterus weist, und ist sie bei fortgeschrittener Trächtigkeit aus der 
Beckenhöhle in die Bauchhöhle entschwunden, dann lassen beim Rinde 
die zahlreichen, derben Placentome und andere Erscheinungen Ort und 
Zustand des Tragsackes erkennen. Die Abbildungen in den Lehrbüchern 
sowie die Beschreibungen in den bereits genannten Arbeiten schildern 
die Lage des Tragsackes so, wie man ihn in der Bauchhöhle eines stehen¬ 
den Kadavers ohne Darmkanal vorfindet. Daher trifft man an lebenden 
Tieren bei Rectaluntersuchungen äußerst selten (bei leerem Verdauungs- 
traktus) oder nie die aus der anatomischen Beschreibung bekannten 
Lageverhältnisse. Nur von Schmaltz besitzen wir naturgetreue Quer¬ 
schnittbilder, die einmal (Tafel 72) das rechte Ovarium unter dem rechts¬ 
seitigen Körper des 5. Lendenwirbels erkennen läßt, ein weiteres Quer¬ 
schnittbild (Tafel 73) läßt in der Ebene des 3. Kreuzbeinwirbels beide 
Uterushörner durch die starke Füllung der Flexura pelvina coli weit 
auf die linke Seite verdrängt erscheinen. Auch EUenberger - Baum 
bringt in seinen Abbildungen 118 und 119 eine sehr gute Darstellung der 
Lageverhältnisse für die rectale Exploration. Für die Untersuchung 
ist es also auch von Bedeutung, zu wissen, welche Exkursionsmöglich¬ 
keit der Uterus und die Eierstöcke dank ihrer Befestigung an den Anf- 
hängebändern haben. Am exenterierten aufrechtstehenden Pferdekadaver 
liegt die 7 cm lange Cervix vollkommen in der Beckenhöhle, der ca. 15 cm 
lange Uteruskörper zur Hälfte schon in der Bauchhöhle und die am 20 bis 
25 cm langen Mesometrium hängenden, schwach nach abwärts konvexen 
Uterushömer von 25 cm Länge divergieren bis an ihre Spitzen um etwa 
20 cm. Von der Homspitze 6 cm entfernt sitzen an dem 16 cm langen 
Aufhängeband, genau in der senkrechten Ebene, die durch die medio¬ 
kranialen Winkel des Hüfthöckers geht, die beiden Eierstöcke. Sie liegen 
etwa spann weit vorder Appertura pelvis cranialis in der Höhe des Tuber¬ 
culum psoaticum. Aus der Länge der Eierstocksbänder und der Aufhänge¬ 
bänder des Tragsackes läßt sich die Möglichkeit der Orts veränderung er¬ 
kennen. Beim lebenden Tiere liegt der linke Eierstock auf den Dünn¬ 
darmschlingen, der rechte Eierstock wird vom Blinddarmgrund getragen 
und mehr medial verlagert. Dank der Länge der Eierstocksbänder lassen 
sich die Eierstöcke bis an die Darmbeinsäulen heranbringen und in die 
dorsale Partie der Beckenhöhle ziehen, nicht aber, wie das beim Rind 
der Fall ist, läßt sich der Eierstock mit dem Beckenboden in Fühlung 
bringen. Die Eierstöcke können wohl einmal hart hinter den Nieren ge¬ 
funden werden, normalerweise aber befinden sie sich in der Gegend der 
unteren Spitze der Hungergrube. Die Erektion des Tragsackes hat eine 
Rückwärtsverlagerung der Eierstöcke zur Folge. 



Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. 481 

Ehe ich aber über das Aufsuchen des Eierstockes und des Trag¬ 
sackes spreche, seien über den knöchernen Wegweiser dorthin und die 
anhegenden Gefäße einige Worte gestattet. 

Die von den Beckenknochen dargestellte harte Unterlage gestattet 
auf dieser bei der inneren Untersuchung die Palpation der Cervix sowie 
die von Gefäßen. Die Aufsuchung des Tragsackes von der Cervix aus 
wird deshalb auch von Albrechtsen empfohlen. Ich habe bei mehr 
als 100 Stuten vom Rectum aus die Palpation der Cervix durchgeführt 
und festgestellt, daß dies wesentlich schwieriger ist als beim Rind, 
weil die Cervix der Stute viel weicher ist, ferner gestattet der Tonus 
der Rectalmuskulatur zuweilen erst nach längerem Bemühen die Fixie¬ 
rung der Cervix, dann aber ist, wie dies auch Albrechtsen, Grommelt 
u. a. festgestellt haben, der Uteruskörper im Anschluß an die Cervix 
nicht mit Sicherheit zu finden. Ein längeres Suchen nach der Cervix 
kann auch zu Blutungen im Beckenbindegewebe führen: Ich habe mit 
einigen Studierenden eine 24 jährige, gut genährte Schlachtstute Olden¬ 
burger Schlages untersucht. Einen Tag nach der Untersuchung wurde 
das Pferd geschlachtet. Im Darm waren keinerlei entzündliche Ver¬ 
änderungen festzustellen, aber im Beckenbindegewebe um das Rectum 
befanden sich ausgedehnte blutige Sugillationen von blauschwarzer 
Farbe, umgeben von serös durchtränktem Bindegewebe. Makroskopisch 
war keine Beratung größerer Gefäße feststellbar. Aus den angegebenen 
Gründen halte ich die rectale Fixierung der Cervix für unzweckmäßig. 

Bei der Abtastung des Beckeneinganges findet man zuweilen an 
irgendeiner Stelle einen etwa 2 Finger breiten Strang über die Linea 
terminalis ziehen, der nichts anderes als der Uteruskörper ist. Bei 
tragenden Stuten, besonders im Beginn des 6. Monats, findet man einen 
gut handbreiten straffen Strang über den vorderen Beckenrand ab¬ 
wärts ziehend, der die hinterste Partie des nach abwärts verlagerten 
Tragsackkörpera darstellt. Solche Befunde sollen aber nur nebenbei 
festgestellt werden und dürfen nie die Grundlage der Diagnose bilden. 
Wichtiger als das eben Gesagte ist zunächst die Aufsuchung des Pro¬ 
montoriums, ein Fixpunkt, den man immer findet. Von hier aus geht 
der tastende Finger weiter an den Körpern der Lendenwirbel und kommt 
unmittelbar auf die prall gefüllten, pulsierenden Arterien. Richter hat 
durch das Studium des Uteringeräusches beim Pferde auf die große 
Bedeutung der Uterusgefäße für die Trächtigkeitsdiagnose hingewiesen 
und wenige Wochen vor dem Erscheinen dieser Arbeit fand ich bei 
Williams als ausschlaggebendes Trächtigkeitsdiagnosticum die mäch¬ 
tige Vergrößerung der Uterusarterien angegeben. Ich habe mich des¬ 
halb gerade im Frühjahr 1922 dem Studium diesses Phänomens zuge¬ 
wandt und die Untersuchung der Gefäße als ein für die Trächtigkeits¬ 
diagnose einwandfreies Hilfsmittel erkannt. Richter bespricht die Ver- 

31 


Arch. f. Tierheilk. L. 



432 


A. 0. Stoss: 


ästelung der Aorta descendens bei Pferd und Rind so ausführlich, 
daß ich mich hier mit der Wiedergabe einer Skizze begnügen kann. 
Bei Kenntnis dieses Aufteilungsplanes der hinteren Aorta fällt es nicht 
schwer, durch die innere Untersuchung die für die Ernährung des Trag¬ 
sackes wichtigen Arterien festzustellen. In der Skizze sind die Blut¬ 
versorgungsstämme für den Uterus durch Schraffierung hervorgehoben. 
Das wichtigste der 3 Gefäßpaare ist das aus den A. iliacae extemae 

entspringende Arterienpaar, die 
linke und rechte Arteria uterina 
media, beim männlichen Tiere 
A. spermatica externa genannt. 
Die große Bedeutung dieses Ge¬ 
fäßes besteht darin, daß es von 
dem auf knöcherner Unterlage 
festsitzenden Gefäßstamme aus 
immer und sicher aufgefunden 
werden kann. Das Ge- 
1 faß ist leicht zu er¬ 
kennen an dem leicht 
geschlängelten Ver¬ 
lauf und an seiner 
Verschiebbarkeit auf 
der Unterlage. Nicht 
nur in der Vergröße¬ 
rung des Lumens die¬ 
ses Gefäßes während der Träch¬ 
tigkeit liegt der hohe diagno¬ 
stische Wert, sondern auch in 
dem von Richter und später 
von Steenholdt beschriebenen, 
an den durch Gravidität ver¬ 
größerten Gefäßen wahrzu¬ 
nehmenden Uteringeräusch. 

Bei meinen diesbezüglichen 
Untersuchungen konnte ich zunächst feststellen, daß bei 6% Stuten eine 
der beiden Uterusarterien nicht aus der Art. iliaca externa entsprang, 
sondern entweder aus der Art. circumflexa ilium profunda oder aus der 
Art. hypogastrica, wo sie dann beim Suchen über die Art. iliaca externa 
hinwegziehend gefunden wird. Beim Aufsuchen der mittleren Uterusarte¬ 
rien bin ich stets so vorgegangen, daß ich zunächst das Promontorium auf- 
gesucht habe, dann tastete ich mit dem Finger etwa 6 cm kranial weiter 
und legte den Finger auf den hinteren Aortenstamm auf. Von hier suche 
ich zunächst die letzte Gabelung in die beiden Art. hypogastricae auf 



Abb. 1. 



Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. 433 

und palpiere dann beiderseits die unmittelbar kranial vom Ursprung 
der Art. hypogastrica aus dem Aortenstamm ausgehende Art. iliaca 
externa. Indem man nun diesem Gefäß zwischen den Fingerbeeren 
des Zeige- und Mittelfingers entlang gleitet, kommt man schnell auf 
die gesuchte Art. uterina media, die bei fortgeschrittener Trächtigkeit 
dem Untersucher förmlich in die Hand fällt. Im nichtträchtigen Zu¬ 
stande ist das Gefäß gut stricknadeldick und nimmt bei Trächtigkeit, 
besonders auf der Seite des graviden Homes, bald an Stärke zu. So 
konnte ich bei einer Stute Oldenburger Schlages bereits zu Beginn des 
3. Trächtigkeitsmonates schon auf der graviden Seite eine Vergrößerung 
der Uterusarterie feststellen. Je weiter die Trächtigkeit fortschreitet, 
desto deutlicher kann der Größenunterschied an den beiden Uterus¬ 
arterien in Erscheinung treten. Bezüglich des Auftretens des Uterin¬ 
geräusches an der mittleren Uterusarterie vermutet Richter, daß 
man etwa im 3. oder 4. Monat der Trächtigkeit damit rechnen kann. 
Bei einer Stute Oldenburger Schlages, bei welcher die Gravidität im 
rechten Uterushom nachweisbar war, konnte ich an der rechten Uterus¬ 
arterie nach einer Trächtigkeitsdauer von 8 Wochen und 3 Tagen von 
Pausen unterbrochenes Gefäßschwirren feststellen. Im übrigen habe 
ich bei 5 weiteren Stuten im 3. Trächtigkeitsmonate nur einmal noch 
(mit 10 Wochen) Gefäßschwirren feststellen können. Unter 12 gut¬ 
genährten Stuten im 4. Trächtigkeitsmonate konnte ich bei 8 Stuten 
Gefäßschwirren einwandfrei feststellen. Bei 5 Stuten im 5. Trächtig¬ 
keitsmonate konnte deutliches Gefäßschwirren, meist sogar in beid¬ 
seitigen Uterusarterien, festgestellt werden, ebenso bei allen in späteren 
Trächtigkeitszeiten untersuchten Stuten. 10 Stunden nach der Geburt 
konnte ich in keinem Falle mehr an den mittleren Uterusarterien Gefä߬ 
schwirren wahmehmen. 

Ich kann also die Behauptung Steenholdts, daß im 5. bis 6. Trächtig¬ 
keitsmonat das Uteringeräusch über das Vorhandensein einer Trächtig¬ 
keit kaum einen Zweifel lassen kann, nicht nur bestätigen, sondern sehe 
in dieser Gefäßdiagnose Ende des 4. Monates schon einen sicheren An¬ 
haltspunkt für Trächtigkeit, zu früheren Stadien (zu Beginn des 3. Mo¬ 
nates) aber kann die Untersuchung der mittleren Uterusarterie die 
Diagnose wenigstens stützen 1 ). 

Die Art. uterina caudalis ist von der Scheide aus palpierbar und 
unterscheidet sich von den übrigen auf, der Unterlage festsitzenden 
Arterien durch die lockere bindegewebige Einbettung. Sie ist im nicht- 
trächtigen Zustande ungefähr ebenso dick wie die mittlere Uterusarterie 

1 ) Gerade bei der Zusammenstellung meiner Untereuchungsergebnisse kommt 
mir das Referat Steenholdts „Das Uteringeräusch beim Pferde“, Tierärztl. Rundsch. 
1923, Nr. 36, zur Hand, woraus ich ersehe, daß seine Untersuchungsbefunde mit 
den meinigen ziemlich im Einklang stehen. 


31* 



434 


A. 0. Stoss: 


(stricknadeldick), nimmt aber bei Trächtigkeit erst in den späteren 
Monaten an Umfang und an Windungen zu. Von 32 untersuchten Stuten 
in verschiedenen Trächtigkeitsstadien konnte ich das Gefäßschwirren 
an der Art. uterina caudalis frühestens mit 4 Monaten und 5 Tagen 
Trächtigkeitsdauer feststellen. Ende des 5. Monates gelang die Fest¬ 
stellung des Phänomens regelmäßig. 

Die innere Untersuchung auf Trächtigkeit setzt sowohl die vaginale 
als auch die rectale Untersuchung voraus. Allgemein wird bei der 
Stute vor einer vaginalen Trächtigkeitsuntersuchung gewarnt und auch 
in der letzten größeren, hier einschlägigen Veröffentlichung sagt Bt- 
nesch: „Hat die rectale Exploration einwandfrei den Befund ergeben, 
daß keine Gravidität vorliegt, kann ohne Bedenken zur vaginalen Unter¬ 
suchung geschritten werden.“ Wenn Trächtigkeit nicht ausgeschlossen 
ist, ersetzt Benasch die manuelle vaginale Untersuchung durch das 
Einführen des Scheidenspeculums. 

Ich habe in den letzten beiden Jahren bei mehr ab 100 Trächtigkeits¬ 
untersuchungen an Stuten der rectalen Exploration eine vaginale Unter¬ 
suchung vorausgehen lassen. Nachteilige Folgen haben sich in keinem 
Falle eingestellt. Nur bei einer im 9. Monate trächtigen Stute zeigte 
sich 20 Stunden nach der Untersuchung ein zähschleimiger Ausfluß 
aus der Scheide. Eine neuerdings vorgenommene Untersuchung ergab, 
daß die Zähigkeit und Menge des tags vorher angetroffenen Scheiden¬ 
schleimes sich wesentlich vermindert hatte, die Scheidenwände fühlten 
sich feucht an, die Cervix war jedoch gut geschlossen und rectal konnte 
Leben des Jungen nachgewiesen werden. Die Schleimsekretion hörte 
6 Stunden später auf, die Stute trug normal aus. 

Vor Vornahme der inneren Untersuchung ist es in jedem Falle zweck¬ 
mäßig, sich entsprechend gegen Hufschläge zu schützen, da durch diese 
Sicherheit eine ruhige LTntersuchung gewährlebtet bt, die Operateur 
und Tier vor unerwünschten Überraschungen schützt. Das Spannen 
der Stute mit 2 Hinterfesseln ziehe ich vor, wenn ich mit Studierenden 
untersuche, einmal um diese Sicherheitsmaßnahme zu zeigen und dann, 
um den Studierenden während der Untersuchung das Gefühl der Sicher¬ 
heit zu geben. Im übrigen lasse ich das Pferd nur auftrensen, den Kopf 
hochhaltcn und einen Vorderfuß aufheben. Der Operateur selbst stellt 
sich möglichst nahe hinter das Pferd, um den Arm möglichst in der 
Medianebene einführen zu können, und sollte ein Pferd wirklich aus- 
schlagen, dann ist die Wucht in der Nähe des Standfußes lange nicht 
so heftig als 1 / 2 m weiter hinten. Bb jetzt habe ich noch nie gesehen, 
daß ein Pferd ausschlägt, wenn der Arm des Untersuchenden sich in 
Scheide oder Rectum befindet. 

Vor der vaginalen Untersuchung lasse ich den Wurf der Stute mit 
Seife und warmen Wasser waschen, die Hände des Operateurs werden 



Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. 435 

nach Reinigung und Desinfektion eingefettet. Vielfach habe ich statt 
Fett auch Kernseife zum Schlüpfrigmachen der Hand verwendet. Das 
Eingehen der Hand zwischen den Wurflippen empfindet die Stute kaum, 
wenn die Hand platt ausgestreckt, der Daumen oben dem Grundglied 
des Zeigefingers anliegend, in den Vorhof geschoben wird. Erst dort 
werden dann die Finger etwas gespreizt, um Luft zwecks Erweiterung 
des Vorhofes eintreten zu lassen, oder es wird die Hand um 90° gedreht, 
so daß die Volarfläche nach abwärts gerichtet ist, und nun wird die 
Hand langsam in den Introitus vaginae vorgeschoben. Schamspalte 
und Introitu stellen zwei senkrecht zueinander gerichtete Längsspalten 
dar, die weniger das Eingehen einer kegelförmig zugespitzten Hand wie 
bei der rectalen Einführung erheischt, als vielmehr die platt ausge¬ 
streckte Hand, die durch die Schamspalte in vertikaler Richtung, durch 
den Introitus vaginae in horizontaler Richtung hindurchgeführt wird. 
Bei nichttragenden, älteren Stuten kommt die Grenze zwischen Vor¬ 
hof und Scheide kaum zum Ausdruck. Bei tragenden Stuten aber findet 
man am Introitus und an der Scheide einen bedeutenden Widerstand, 
der durch den zähpappigen Schleim hervorgerufen wird, welcher die 
kollabierten Scheidenwände aneinanderhält. Wohl kommt bei güsten 
Stuten zuweilen auch klebriger Schleim in der Scheide vor, aber er ist 
nicht von so zäher Konsistenz, als man dies bei Stuten vom 2. oder 
3. Monat der Trächtigkeit ab antrifft. Die Cervix fühlt sich bei Trächtig¬ 
keit kegelförmig zugespitzt und derb an. Das Orificium externum ist 
wegen seiner Kleinheit und seiner. Umbettung mit zähem Schleim oft 
schwer palpierbar, hingegen sind die derben, radiär gestellten Schleim- 
hautfalten der blaßroten Portio vaginalis uteri gut zu fühlen. 

Während Albrechtsen gerade im 1. Trächtigkeitsmonat die vaginale 
Untersuchung zur Unterscheidung von Brunsthyperämie und Trächtig¬ 
keit empfiehlt, stellt Benesch den Wert dieser diagnostischen Unter¬ 
suchung in Abrede, da nach ihm auch bei Stuten mit Endometritis 
catarrhalis im Anfangsstadium und mit Gebärmuttererkrankungen 
ohne Schleimhautsekretion gleichfalls ein geschlosses Orificium exter¬ 
num mit Schleimpfropf Vorkommen kann. Im übrigen warnt Benesch 
gerade in den ersten Wochen nach dem Deckakte vor einer manuellen 
vaginalen Untersuchung eindringlich wegen Abortusgefahr. Leider ist 
die Warnung nicht durch Beweise gestützt, und nicht allzu selten kommt 
es vor, daß eine vor 4 Wochen gedeckte Stute zum zweitenmal Rosse 
zeigt, wieder gedeckt wird und dann in Übereinstimmung mit dem 
ersten Decktermin ein ausgetragenes Fohlen bringt, obwohl der Coitus 
den Geschlechtsapparat der Stute mehr beeinflußt als die manuelle Unter¬ 
suchung. Ich selbst habe mich vor der vaginalen Untersuchung nie ge¬ 
scheut und habe oftmals gerade 3—4 Wochen nach dem Deckakte zur 
Feststellung einer evtl. Brunst ohne Nachteil die Cervix untersucht. 



436 


A. 0. Stoss: 


Schon zu diesem Zeitpunkte konnte ich bei Stuten, die sich späterhin 
als tragend erwiesen, eine eigentümliche Trockenheit der Scheiden¬ 
wände feststellen, die sich in der kranialen Partie direkt pappig anfühlten. 
Die Portio vaginalis uteri fühlte sich besonders derb an, das Orificium 
extemum konnte als kaum erbsengroße, mit pappigem Schleim an¬ 
gefüllte Vertiefung gefühlt werden. Im 2. und 3. Trächtigkeitsmonate 
ist eine stetig zunehmende Vermehrung der Schleimmenge sowie der 
Pappigkeit festzustellen. Auch Schvhmann stellte in den ersten 
Monaten nach dem Deckakte auf Grund des Cervixverschlusses und 
des trockenen gallertigen Schleimes die Wahrscheinlichkeitsdiagnose 
,,trächtig“. Der Schleim ist meist nicht glashell, sondern er ist milch¬ 
weiß getrübt, mitunter mit einem Stich ins Bräunliche. Im 4. Trächtig¬ 
keitsmonate können die Schleimmassen so dick und klebrig werden, 
daß die vordringende Hand Mühe hat, sich hindurchzuschieben, und 
oft wird durch eine vorliegende Schleimspange der Eindruck erweckt, 
als würde eine Schleimhautfalte das weitere Vordingen verhindern. 
Zu dieser Zeit kann man schon eine Vergrößerung der locker aufliegen¬ 
den Art. uterina caudalis bemerken, die man leicht findet ,,an der late¬ 
ralen Scheidenwand, etwas kranial von der Vorhof grenze“ ( SchmaÜz ). 
Ende des 4. Trächtigkeitsmonates kann man manchmal auch schon 
durch leichten Druck auf das verschiebbare Gefäß das Arterienschwirren 
auslösen. Im 5. und 6. Trächtigkeitsmonate steigern sich die ange¬ 
gebenen Erscheinungen, die hinteren Uterusarterien lassen mehrere 
Windungen erkennen, und am Ende des 6. Monates fühlt sich die 
Schleimhaut mitunter schon etwas dicker, ödematös geschwellt an. 
Im Beginn des 7. Trächtigkeitsmonates fällt besonders die Länge der 
Scheide auf, da der schwere Tragsack mit seinem Inhalt die Cervix 
nach vorne und abwärts zieht. Die Art. uterina caudalis ist gut Mei¬ 
st iftdick. Das auslösbare Gefäßschwirren, der zähpappige Schleim, 
die gut geschlossene Cervix lassen allein auf Grund der vaginalen Unter¬ 
suchung schon die positive Trächtigkeitsdiagnose stellen. Zum Zwecke 
einer besseren Palpation des Tragsackes habe ich bei einer im 7. Monate 
trächtigen Stute mit der Albrechtsenschen Hakenzange die Cervix 
weit nach rückwärts bis fast an die Wurflefzen herangezogen, ohne 
daß die Stute nachher drängte, Unbehagen zeigte oder gar verwarf. 

In der 2. Hälfte der Trächtigkeit nimmt die Cervix immer mehr an 
Umfang zu, die blaßrote Farbe geht mit einer gleichzeitigen stärkeren 
Rötung der Schleimhaut in ein lebhafteres Dunkelrot über. Die Kon¬ 
sistenz der Cervix wird weicher, der zähe Schleimpfropf aber bleibt 
bis kurz vor der Geburt im Cervicalkanal, und von einer förmlichen 
Passierbarkeit eines Teiles der Cervix, wie dies Zieger und Zschieschr 
vom 7. Trächtigkeitsmonat ab bei der Kuh feststellten, kann bei der 
Stute nicht die Rede sein. Im 9. Monat der Trächtigkeit sind die hin- 



Die klinische Trächtigkeitediagnose bei der Stute. 437 

teren Uterusarterien fast kleinfingerdick, im 10. Monat kann nicht 
selten bereits von der Scheide aus das Ballotement der Frucht gelingen. 
Im 11. Monat zeigt die serös stark imbibierte Schleimhaut, die deutlich 
vorspringende, vielfach in ihrem Verlauf gewundene, fingerdicke Uterus¬ 
arterie mit ihrem ununterbrochenen Schwirren, sowie die weniger zähe 
Beschaffenheit des Scheidenschleimes und die durch die Größe der 
Frucht nach rückwärts verlagerte, faustgroße weiche Cervix den Zu¬ 
stand der Trächtigkeit an. 

Aus meinen Untersuchungen geht hervor, daß eine kunstgerecht durch¬ 
geführte, vaginale Trächtigkeitsuntersuchung bei der Stute ungefährlich 
ist und für die Diagnosestellung gewiß von Bedeutung sein kann. 

In den ersten Trächtigkeitsmonaten läßt sich auf Grund des vagi¬ 
nalen Befundes (zäher Schleim, kleines, fest verschlossenes Orificium, 
derbe Protio vaginalis) eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose stellen, die 
imstande ist, den rectalen Befund ausschlaggebend zu stützen. In¬ 
mitten der Trächtigkeitsperiode kann die vaginale Untersuchung in 
vielen Fällen bereits allein die Diagnose sichern, und sie ist gewiß im 
6. und 7. Trächtigkeitsmonat ein willkommnenes Hilfsmittel, an Stelle 
des in dieser Zeit nicht palpierbaren Uterus den Rectalbefund zu er¬ 
gänzen. Gegen Ende der Trächtigkeitsdauer genügt die vaginale Unter¬ 
suchung zur Diagnosestellung, ob und inwieweit sie aber kurz vor der 
Geburt einen Schluß auf den Zeitpunkt der Geburt zuläßt, kann erst 
durch weitere umfangreiche Untersuchungen festgestellt werden. 

Die vaginale Trächtigkeitsuntersuchung ist kontraindiziert bei Erst¬ 
lingsstuten mit sehr enger Vulva, weil durch die mit der Untersuchung 
verbundenen Schmerzen Aufregung der Stute hervorgerufen wird, die 
nachher eine rectale Untersuchung erschwert und einen traumatischen 
Abort nicht ausschließt, dann ist in solchen Stallungen, wo Verfohlen 
öfters auf tritt, von der vaginalen Untersuchung abzusehen, weil mit¬ 
unter der Besitzer geneigt ist, für das Verfohlen die vaginale Unter¬ 
suchung zu beschuldigen. Natürlich läßt auch Überängstlichkeit des 
Besitzers die Vornahme der vaginalen Untersuchung widerraten. 

Die rectale Untersuchung der Stute in bezug auf den Genitalapparat 
ist in der Literatur schon mehrfach besprochen worden, sei dies nun 
bezüglich des Tragendseins oder bezüglich Krankheiten des Genital¬ 
apparates. 

Für die rectale Untersuchung finden die gleichen Sicherungsmaßnah¬ 
men Anwendung, wie sie bei der vaginalen Untersuchung beschrieben wor¬ 
den sind. Nur in Ausnahmefällen ist die Anwendung einer Bremse nötig. 

Zur Aufsuchung des Tragsackes vom Rectum aus, empfiehlt Frank- 
Albrecht das vorsichtige Tasten an verschiedenen Stellen der unteren 
Mastdarmwand, Albrechtsen empfiehlt als Ausgangspunkt den Mutter¬ 
hals, I/ülje geht vom hinteren Rand der linken Niere aus, um dann 



438 


A. 0. Stoss: 


zunächst die Ovarien aufzusuchen, Oppermann sucht zunächst den 
„lateralen Rand des breiten Mutterbandes“ auf, Benesch geht von der 
Teilungsstelle der Hörner aus, wie dies schon vor ihm Orommelt emp¬ 
fahl, der aber, gerade für Anfänger auch die Methode nach Bech, zuerst 
die Eierstöcke aufzusuchen für zweckmäßig hält. 

Man sieht, daß die Ratschläge fast jeden Autors anders lauten, ein 
Beweis, daß das Auf suchen des Stutenuterus nicht ganz einfach ist. 
Eine praktische Methode, die sehr rasch zum Ziele führt und die ich 
zuweilen anwandte, um den Studierenden schnell die Möglichkeit der 
Palpation des Tragsackes und der Eierstöcke zu geben, besteht in der 
Zurückziehung des Tragsackes von der Portio vaginalis aus mit der 
Hakenzange (H.K. Nr. 4321). Die Cervix liegt dann weit zurück im 
knöchernen Becken, der Uteruskörper, ebenfalls dem Beckenboden auf¬ 
liegend, kann als gespannter Strang vom Rectum aus leicht palpiert 
werden und gleichfalls bilden die beiden Uterushörner für die nach 
den Eierstöcken suchende Hand im Verein mit den straffen breiten 
Mutterbändern ein sicheres Führungsband. Ohne besonderen Grund 
aber wird man bei Trächtigkeitsuntersuchungen die Cervixzange nicht 
anwenden. Ich habe bei Trächtigkeitsuntersuchungen immer folgenden 
Weg eingeschlagen: Zuerst die oben beschriebene Vaginaluntersuchung, 
dann wurde mit gut eingefetteter oder eingeseifter (milde Seife), kegel¬ 
förmig zugespitzter Hand unter drehenden Bewegungen der Wider¬ 
stand des Afterschließmuskels überwunden, das Rectum gründlich von 
Kot befreit und zunächst das Promontorium aufgesucht. Von hier aus 
gehe ich auf die Aufteilungsstelle der Aorta und suche die Art. uterina 
media auf. Ist das Gefäß kleinfingerdick und schwirrend, liegt Trächtig¬ 
keit mindestens schon im 6. bis 7. Monate vor, ist aber das Uterus¬ 
gefäß klein, so kann es sich nur um eine Frühträchtigkeit oder eine 
güste Stute handeln. Dreht man nun die untersuchende Hand, bei der 
die Volarfläche dorsal war, um 90° und zieht die Hand mit recht¬ 
winklig abgebogenen Fingern in der Nähe der Seitenbauchwand becken¬ 
wärts, so bekommt man den vorderen Rand des breiten Mutterbandes 
in die Hand, eine Methode, die auch Oppermann empfiehlt. Ich sehe 
aber gerade in der vorhergegangenen Palpation der mittleren Uterus¬ 
arterien einen großen Vorteil, weil die Größe derselben einen Rück¬ 
schluß zulassen bezüglich der zu erwartenden Spannung in den breiten 
Mutterbändern sowie bezüglich der Lage der Eierstöcke. Tastet man 
dem breiten Mutterbande entlang, so bekommt man den meist gut 
walnußgroßen Eierstock in die Hand, der mit Kotballen im Colon 
nicht verwechselt werden darf. Seine Unterscheidung hiervon gelingt 
leicht bei Berücksichtigung der Befestigung des Eierstocks an seinem 
Bande, der elastisch-derben Konsistenz der Eierstöcke, ferner durch 
Feststellung der deutlich palpierbaren Emissionsgrube. Bei Palpation 



Die klinische Träihtigkeitsdiagnose hei der Stute. 


439 


der Eierstöcke reagiert auch meist die Stute mit leichter Unruhe. Der 
Eierstock ist mit der Uterushomspitze durch das im ingraviden Zu¬ 
stande 5 cm lange Ligamentum ovarii proprium verbunden. Bei der 
Abtastung dieses Bandes kommt man auf das Uterushorn, welches 
durch den Untersuchungsreiz in der Regel etwas erigiert ist und so 
leicht auf gefunden werden kann. Beim Entlangtasten an den Hörnern 
findet man nun auch ohne Schwierigkeit den Fundus des Tragsackes 
und den Tragsackkörper. Man kann in der von GrommeU und von 
Benesch angegebenen Weise durch Zurückziehen der Hand mit nach 
abwärts gerichteten Fingern den Uterusgrund in die hohle Hand be¬ 
kommen und an der Bifurkationsstelle den Tragsack nach dem Becken 
zurückziehen. Zuweilen kann man die darmähnliche Beschaffenheit 
des festweichen Tragsackes feststellen, manchmal aber auch eine derbe 
Konsistenz des zweifaustgroßen Tragsackkörpers mit kurzen, seitlich 
ausgehenden derben Hörnern finden. Es kommt eben auf den jeweiligen 
Kontraktionszustand des Organes an. Die Palpation des stark kontra¬ 
hierten Organes ist nicht gut möglich, nach wenigen Minuten aber 
löst sich der Muskeltonus wieder, worauf die palpatorische Unter¬ 
suchung leicht gelingt. 

Die Feststellung, wielange bei der Stute das befruchtete Ei braucht, 
bis es durch den Eileiter hindurch in den Tragsack gelangt, fehlt 
nach SchmdUz. Die jüngsten Eier fand Stoss sen. 18 Tage nach dem 
Deckakte in Kastaniengröße vor dem inneren Muttermund. Mit 
4 Wochen hat die kugelige Keimblase nach Bonnet (zit. nach Schmaltz) 
einen Durchmesser von 4,2 ~m. Bei 4 wöchiger Trächtigkeit ist aber 
dieses Gebilde als solches im Tragsacke, besonders wenn sich der¬ 
selbe leicht im Erektionszustande befindet, nicht zu erkennen. Wohl 
aber kann man in der Mehrzahl der Fälle einen größeren Saftreichtum 
des weniger gut erigierten Tragsackes erkennen. Wenn die Frucht¬ 
blase in einem Home liegt, nicht im Körper, dann ist durch die Weich¬ 
heit des etwas voluminöseren Homes die Diagnose wesentlich erleichtert, 
und ich stimme Benesch gewiß zu, wenn er schreibt: ,,Manchmal ist 
es wohl möglich, eine 4—5 Wochen alte Gravidität zu erkennen.“ Im 
Verein mit der vaginalen Untersuchung, bei welcher ich in der 4. Gravi¬ 
ditätswoche immer schon zähen Schleim in der caudalen Scheiden- 
partie und eine derbe Portio vaginalis cervicis mit gut geschlossenem 
Orificium externum vorgefunden habe, kann die Diagnose gesichert 
werden. Im Zweifelsfalle ist es gut, mit der Diagnosestellung noch 
14 Tage zu warten, da eine zu lange oder zu kräftige Palpation des 
Tragsackes das junge Ei vernichten kann. Mit 3—4 Wochen ist die 
Trophoblasthülle noch so zart, daß sie am Sektionstisch bei der Heraus¬ 
nahme aus dem Tragsack, falls dies nicht unter Wasser geschieht 
(Stoss), sofort berstet. 



440 


A. 0. Sloss: 


Bei 6 wöchiger Trächtigkeitsdauer habe ich entweder eine merk¬ 
liche Umfangsvermehrung des weichen Uteruskörpers gefunden oder 
Asymmetrie der Hörner feststellen können. In einem Falle fand ich 
das linke Horn in der Mitte armdick ausgebuchtet. Die von Hausmann 
(zitiert nach Schmaltz) bei einer 42 tägigen Keimblase gefundene 
Flüssigkeitsmenge von 140 g steht mit meinem Palpationsbefunde gut 
im Einklang. Die Aufrichtung des stärker befundenen Hornes ist nie 
so deutlich als die des leeren Tragsackhornes. Eine „scharf begrenzte 
Hervorwölbung von der Größe einer Walnuß oder eines kleines Hühner¬ 
eies“, wie das Albrechtsen beschreibt, habe ich nie fühlen können, auf 
Fluktuation zu palpieren, habe ich geflissentlich vermieden. Ich ver¬ 
fahre bei der Untersuchung so, daß ich den Tragsack durch die nach 
oben offene Hohlhand gleiten lasse, es können so Konsistenz- und 
Volumensverschiedenheiten gut zur Empfindung gelangen. Mit 
7 wöchiger Trächtigkeit fand ich am graviden Horn eine Umfangs¬ 
vermehrung, die knapp 11 Flüssigkeit entsprechen dürfte. Mit 8 wöchi¬ 
ger Gravidität hatte die palpierende Hand beim Durchführen unter 
dem graviden Horn das unwillkürliche Gefühl der Fluktuation. Eine 
Verwechslung mit Darmteilen oder der Blase kann bei dem von mir 
eingeschlagenen Untersuchungsgange nicht eintreten. Bei Pyometra 
fand ich die Uteruswand nicht weich und gespannt, sondern entweder 
schlaff-welk oder derb. Auch ist bei Pyometra eine gleichmäßige Flüssig¬ 
keitsfüllung festzustellen und keine allmählich zunehmende oder wieder 
abschwellende Umfangsänderung wie bei Trächtigkeit. Bei der Pal¬ 
pation habe ich immer eine deutliche Reaktion der Tragsackmuskulatur 
empfinden können; der Tragsack antwortet auf die Berührung am gra¬ 
viden Horne weniger, am ingraviden Home aber deutlich durch Kon¬ 
traktion. Bei Pyometra konnte ich nicht die gleiche Empfindsamkeit 
des Tragsackes feststellen. 

Mit 11 Wochen Trächtigkeit habe ich im trächtigen Home eine 
Flüssigkeitsmenge von annähernd 2 1 geschätzt. Wenn sich die Flüssig¬ 
keit im Uteruskörper befand, dann war, wie dies auch Albrechtsen 
hervorhebt, eine deutliche Abgrenzung gegen die Cervix festzustellen. 

Von Interesse dürfte die Graviditätshäufigkeit an den verschiedenen 
Stehen des Tragsackes sein. Nach HensUr ist beim Rinde das rechte 
Horn in 70% befruchtet. Unter 25 diesbezüglich untersuchten Stuten 
fand ich bei 11 Stuten (44%) das rechte Horn, bei 8 Stuten (32%) das 
linke Horn und bei 4 Stuten (16%) den Uteruskörper gravid. Bei fort¬ 
schreitender Trächtigkeit tritt sicher in dem Falle von Gravidität des 
Körpers bald eine Entscheidung dafür ein, welches Uterushom später¬ 
hin die Frucht zu beherbergen hat. Eine Kontrolle für den Ausfall 
dieser Entscheidung kann neben der Tragsackpalpation und evtl, der 
Lage der Eierstöcke auch die Untersuchung der Uterusarterien ge- 



Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute. 


441 


währen, denn die Arterie der graviden Seite läßt früher sowohl Ver¬ 
größerung als auch Gefäßschwirren erkennen wie die Arterie der in¬ 
graviden Seite, und vermutlich ist eine gleichmäßige Entwicklung der 
beiden Uterushömer im Verein mit gleichseitiger Zunahme der Arterien 
ein Kriterium für Zwillingsträchtigkeit. 

Ende des 3. Monates geht die nachweisbare Flüssigkeitsfüllung auf 
den Körper des Tragsackes und auch auf das andere Horn über. Das 
schwerere Horn senkt sich bedeutend mehr in die Tiefe und zieht den 
Eierstock der graviden Seite etwas herab. Auch ist an der graviden 
Seite eine bedeutendere Spannung des breiten Mutterbandes zu fühlen, 
und nicht selten kann schon im 5. Monate ein Dickenunterschied in den 
symmetrischen Uterusarterien festgestellt werden. 

Im Beginn des 4. Monates kann man in vielen Fällen schon das 
Uteringeräusch an einer der beiden mittleren Uterusarterien feststellen. 
Ende des 4. Monates aber gelingt das immer. Der Eierstock der gra¬ 
viden Seite befindet sich nun etwa in Höhe des Hüftgelenkes und hat 
an seiner Beweglichkeit wesentlich eingebüßt, worauf Grommelt be¬ 
sonders aufmerksam macht. Die Frucht konnte ich bei 4monatiger 
Trächtigkeit, nach AlbrecfU ist zu dieser Zeit der Foetus 20 cm lang, 
als faustgroßen, harten Körper palpieren. Benesch hebt hervor, daß 
zu dieser Zeit durch die blasenförmige Vergrößerung der Gebärmutter 
der Schambeinrand von oben her vollständig unzugänglich ist, eine 
Feststellung, der ich beipflichten kann. 

Im 5. Monat ist das Gefäßschwirren der mittleren Uterusarterie 
deutlich, die tiefliegenden Eierstöcke sind schon der Uteruswand sehr 
nahe gerückt, der Tragsack senkt sich stark, die breiten Mutterbänder 
sind gespannt, und wenn der Tragsack nicht von Darmschlingen über¬ 
lagert ist, kann die Palpation der Frucht noch gelingen. 

Im 6. Trächtigkeitsmonate ist über dem vorderen Rand des Becken¬ 
bodens ein straffer, nach abwärts ziehender Strang zu fühlen, der die 
Cervix enthält, zuweilen wohl auch durch die stark nach vorne gezogene 
»Scheide dargestellt wird. Vom Uterus selbst ist meist nichts zu fühlen. 
Hier ist die Gefäßdiagnose, die Spannung der Ligamenta lata uteri und 
die vaginale Untersuchung mit Palpation der hinteren Uterusarterie 
ausschlaggebend. Dasselbe gilt für den 7. Trächtigkeitsmonat. Ende 
des 7. Monates und in der folgenden Zeit gelingt wieder der Nachweis 
der Frucht und ihrer Bewegungen. Vor Irrt Ürnern kann man sich 
schützen, wenn man auch jetzt noch die Untersuchung der Gefäße zur 
Kontrolle heranzieht. Im 10. und 11. Monat kann die Frucht auch von 
der Scheide aus ballotiert werden. 

Die Trächtigkeitsuntersuchung ist wesentlich erleichtert bei nüch¬ 
ternem Zustande der Stute. Wenn möglich untersuche ich stets nach 
vorhergegangener Bewegung. Spülungen des Darms zum Zwecke der 



442 A. O. Stoss: Die klinische Trächtigkeitsdiagnose bei der Stute, 

Entleerung halte ich für nicht zweckmäßig, da die Mastdarmmuskulatur 
hierdurch in einen länger dauernden Spannungszustand versetzt wird, 
der die Palpation für einige Zeit unmöglich macht. 

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1922. 



Bücherbesprechung 


Ellinger, Die Krankheiten der Honigbiene. Sonderdruck aus „Unsere Bienen“ 

yon Pfarrer A. Ludwig . 2. Auflage. 32 S. Berlin, Verlag Pfenningstorff, 
0,75 M. 1923. 

Nach einigen einleitenten Bemerkungen über Disposition und Immunität 
der Bienen bei Krankheiten bespricht Verfasser die Erreger der Bienenkrank¬ 
heiten: Spaltpilze, ultravisibles Virus, Sproß- und Fadenpilze, Urtiere, Milben 
(mit Abbildungen). Es werden dann die einzelnen Krankheitsbilder nach folgender 
Einteilung beschrieben: Störungen in der Entwicklung des Bieneneies, der 
Bienenbrut und der erwachsenen Bienen. Zahlreiche Literaturangaben finden 
sich im Text eingestreut. In dem Abschnitt über Diagnose der Bienenkrank¬ 
heiten wird aufs angelegentlichste die Inanspruchnahme wissenschaftlicher Unter¬ 
suchungstellen empfohlen und auch der Vorschriften über Versand des Unter¬ 
suchungsmaterials Erwähnung getan. Die Isrophylaxe wird in 10 Leitsätzen 
besprochen. Eine eingehende Darstellung ist der Desinfektion gewidmet. Schlie߬ 
lich werden noch einige Worte über die Bekämpfung der Bienenseuche durch 
gesetzliche Maßnahmen und über die Mitwirkung des Staates bei Bekämpfung 
der Bienenkrankheiten gesorgt. Für eingehenderes Studium werden zum Schluß 
eine Reihe von Literaturquellen nachgewiesen. Die kleine Schrift in ihrer knappen, 
wissenschaftlichen und zugleich anregenden Form erfüllt für jeden Tierarzt 
einen doppelten Zweck: einmal über die Bienenkrankheiten und den wissen¬ 
schaftlichen Stand ihrer Erforschung orientiert zu werden und zum anderen 
der Klientel gegenüber in der Lage zu sein, einen brauchbaren und richtigen 
Ratschlag erteilen zu können. Reinhardt , Berlin. 

Haupt, Curt: Beiträge zur klinischen Diagnostik der Rindertuberkulose. 

Hannover, M. u. H. Schaper, 1922, 20 Seiten. 

Verf. untersuchte zunächst 50 Rinder eingehend nach den verschiedenen 
klinischen Untersuchungsmethoden und kontrollierte das Ergebnis bei der folgenden 
Schlachtung. Aus dem Ernährungszustände eines Rindes lassen sich keine 
bindenden Schlüsse auf Vorhandensein und Grad der Tuberkulose ziehen. Aus 
der Beschaffenheit des Hustens läßt sich Tuberkulose nicht mit Sicherheit 
erkennen, nur vermuten. Die Perkussion mit Hammer und Plessimeter ist 
durch die Fingerperkussion zu ergänzen. Die Auscultation ist ein wertvolles 
Hilfsmittel, liefert aber ein negatives Resultat, wenn Tuberkulose der Lunge 
ohne Exsudat in den Bronchien besteht. Die oberen Luftwege des im Stalle 
stehenden Rindes sind in der Mehrzahl der Fälle frei von tuberkulösem Sekret. 
Es können trotz bestehender offener Lungentuberkulose nicht seiten die ent¬ 
nommenen Lungenschleimproben zufällig frei von Tuberkelbacillen sein. Bei 
der Ophthalmoprobe kann das beweisende Sekret leicht willkürlich oder un¬ 
willkürlich entfernt werden. Ein positiver Ausfall der Probe kann vorgetäuscht 
werden durch zufällige oder absichtlich hervorgerufene Conjunctivitis. Von 
diesen Nachteilen ist die intrapalpebrale Tuberkulinisation der Rinder frei. 
Sie liefert gute Resultate. Die Injektion wird am besten von der Conjunctiva 
aus vorgenommen Die in 14 weiteren Versuchen angewandte Injektion von 
3 ccm einer Tuberkulin-Kochsalzlösung 1 : 10 (nach Favero) ist geeignet, bessere 
Resultate zu zeitigen, als wenn lediglich Tuberkulin ohne Zusatz von physio¬ 
logischer Kochsalzlösung Verwendung findet. E. Meyer (Leipzig). 



444 


BticherbesprechungeD ( 


Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der landwirtschaftlichen Haus¬ 
säugetiere. Von Dr. K. Faack, Professor der Tieranatomie und der Tier¬ 
zucht an der höheren landwirtschaftlichen Lehranstalt zu Mödling. 2. Auflage, 
Hannover 1923. Verlag M. u. H. Schaper. 365 Seiten Text. 

Verf. hat sich nach den Vorworten die Aufgabe gestellt, für den angehenden 
Landwirt ein Lehrbuch zu liefern, das, „auf wissenschaftlicher Basis fußend, in 
der Form möglichst knapp, aber in einer den Schülern verständlichen Sprechweise 
gehalten ist“. In der vorliegenden 2. Auflage wurde „speziell der physiologische 
Teil ziemlich weit ausgebaut“; außerdem war Verf. bemüht, „das Buch den neu¬ 
zeitlichen Forderungen entsprechend auszugestalten“. 

Ein solches Unternehmen wäre an sich durchaus begrüßenswert; man gewinnt 
auch den Eindruck, daß Verf. sich um eine passable Durchführung redlich be¬ 
müht hat. Allerdings steht das Können mit dem Wollen nicht in Einklang; daraus 
ergibt sich die völlige Wertlosigkeit der jetzigen Form des Buches. 

Was den „Ausbau“ des physiologischen Teiles anbelangt, so hat Verf. wohl 
den großen Wert und die Vollständigkeit des ausgezeichneten Lehrbuches von 
Ellenberger’Scheunert dankbar empfunden. Viele Abschnitte zeigen trotz Kürzung 
und Popularisierung des Ausdrucks eine fatale Ähnlichkeit mit entsprechenden 
Stellen des genannten Werkes; gar nicht selten sind daraus dem Verf. ganze Sätze 
wörtlich oder mit nur geringfügigen Änderungen in die eigene Feder geflossen. 
In den anatomischen Abschnitten ergeben sich dadurch, daß Verf. die verschiedenen 
Haustiere meist allgemein zusammenfassend behandelt, vielfache Unklarheiten 
und Unrichtigkeiten. Die zugrunde gelegte „wissenschaftliche Basis“ läßt be¬ 
dauerliche Lücken erkennen; in dieser Hinsicht möchte Bef. es nicht unterlassen, 
einige Beispiele zu geben, zumal das fragliche Buch von der Fachkritik (allerdings 
mit einer Ausnahme) gar nicht ungünstig besprochen wurde: „Die Oberhaut., 
zerfällt... in die außen gelegene Homschichte und die innen gelegene Schleim * 
schichte.“ „... die Drosselfortsätze, welche eine zu starke Seitwärtsbewegung des 
Kopfes verhindern sollen .“ „. .. unter Vermittlung einer geringen Menge von 
Nahtknorpel. Eine solche Verbindung besteht zwischen den meisten Schädel¬ 
knochen. Bei jungen Tieren ist aber diese Verbindung noch keine unmittelbare, 
da eine bindegewebige Haut , Fontanelle genannt, zwischen den einzelnen Knochen 
eingeschaltet ist. . .“ „Beim Pferde besitzt sie (Bauchspeicheldrüse) meistens 
zwei Ausführungsgänge, welche gemeinsam mit dem Gallengange in das Vater sehe 
Divertikel führen.“ „Auf ihrer Oberfläche sind die Psalterblätter mit einem stark 
verhornten und reichlich mit Papillen versehenen Epithel besetzt...“ „Das im 
Innern des Muskels gelegene Bindegewebe ist öfters von elastischen Fasern durch¬ 
setzt, welche mitunter so reichlich entwickelt sind, daß man von einem elastischen 
und einem muskulösen Teil des Muskels sprechen darf.“ „... zwischen den beiden 
Knochenreihen der (Vorder-) Fußwurzel selbst. . . findet nur wenig Bewegung 
statt.“ „Die unwillkürlichen Muskeln bestehen aus glatten Muskelfasern. . . Sie 
beteiligen sich am Aufbau verschiedener Organe wie des Herzens , der Blut¬ 
gefäße . . .“ „Seine (des Schulterblatts) äußere Fläche ist . .. durch die Schulter¬ 
blattsgräte in eine vordere größere und eine hintere kleinere Abteilung getrennt.. 

. . Gießkannenknorpel .. ., die sich auswärts an den Schildknorpel anlehnen. * 
„Die Harnblase, welche in der Beckenhöhle dicJU hinter der Schambeinfuge liegt...” 
Und anderes mehr. Daß aber der „Professor für Tieranatomie“ Ansichten wie die 
folgenden (die jedem Studenten im Examen zum sicheren Verhängnis werden 
würden) der Öffentlichkeit zu übergeben wagt, zeigt mit erschreckender Deut¬ 
lichkeit, auf welchem Tiefstand sich mitunter doch sog. „Wissenschaft“ hält: 
„. . . Hohlmuskeln, die entweder für sich hohle Organe, wie das Herz, die Gebär 
mutier usw. bilden . . .“ „Die bewegliche Knochenverbindung kann geschehen: 



Bücherbesprechungen. 


445 


1. durch Bindegewebe, Muskeln oder sehnige Häute. Diese Art der Verbindung ist 
die am freiesten bewegliche, wird aber selten angetroffen; sie ist bei unseren Haus¬ 
säugetieren ... sowie zwischen Oberschenkel und Kniescheibe vorhanden .“ „Wenn 
wir in der Mittellinie des Stammes einen Längsschnitt machen, so finden wir zwei 
übereinander liegende Röhren; das obere ist das Nervenrohr, das untere das Darm¬ 
rohr ... Der Inhalt des Darmrohres besteht aus den Eingeweiden, welche in vier 
Höhlen liegen, von denen zwei dem Kopfe und zwei dem Rumpfe angehören. 
Die Kopfhöhlen des Darmrohres sind die Nasenhöhle und die Maulhöhle; die 
Rumpfhöhlen sind die Brust- und die Bauchhöhle. Die Kopf- und Rumpfhöhlen 
sind miteinander verbunden; die Luftröhre vermittelt den Zusammenhang der 
Nasenhöhle mit der Brusthöhle, das Schlundrohr den der Maulhöhle mit der 
Bauchhöhle...“ „Das Gaumensegel enthält auch sehr viele Schleimdrüsen, 
deren Sekret die abzuschlingenden Futterbissen schlüpfrig macht. Den gleichen 
Zweck haben die... Mandeln , die ihr Sekret durch viele Öffnungen in die Maul - 
höhle ergießen .“ Im Abschnitt „Drüsen“ (nicht etwa „Lymphdrüsen“) findet sich 
folgendes: „Wegen ihres großen Gefäßreichtums erkranken die Drüsen sehr leicht 
und neigen namentlich zu entzündlichen Prozessen, die häufig mit Absceßbildung 
verbunden sind. Die chronische Entzündung mehr oder minder zahlreicher Drüsen 
bedingt die Drüsenkrankheit oder Skrofulöse.“ „ .. Flüssigkeiten werden aber 
durch die Wirkung der Zungenmuskulatur unter verhältnismäßig hohem Druck 
durch den Kehlkopf bis in den Schlund, eventuell auch bis in den Magen, hinunter¬ 
gespritzt.“ (Hat Verf. beim Niederschreiben nicht einen starken Hustenreiz ver¬ 
spürt?) Oder: „Die... Samenleiter sind ... Kanäle, welche, zusammen mit den 
Blutgefäßen und Nerven der Hoden, von einer als Samenstrang bezeichnten Bauch- 
feUduplikatur umgeben sind. Innerhalb des Samenstranges ziehen nun die Samen¬ 
leiter nach aufwärts in die Bauchhöhle, treten durch den Leistenkanal hindurch in 
die Beckenhöhle und gelangen .. .“ 

Zum Schluß noch folgendes: „Von großer Bedeutung sind die Verstopfungs¬ 
löcher zwischen Atlas und Hinterhauptsbein sowie zwischen dem ersten und 
zweiten Halswirbel“ — Verf. erwähnt, daß hier die sonst das Rückenmark deckende 
Knochenbrücke durch Bänder ersetzt wird und daß hier das sog. Nicken vorgenom¬ 
men wird, — „eine Tötungsart, bei welcher mit einem Messer die Bänder durch¬ 
stoßen und die in diesem Teile des Rückenmarks hegenden, äußerst wichtigen 
Ganglienzellenhaufen verletzt werden, wodurch der sofortige Tod herbeigeführt 
wird. Daß gerade diese als Lebensknoten bezeichnete Rückenmarkspartie des 
schützenden Knochendachs entbehrt und sich an dessen Stelle elastische und dehn¬ 
bare Bänder vorfinden, ist nicht ohne Bedeutung. Wenn nämlich eine Blutüber¬ 
füllung im Gehirn eintritt und die Ganglienzellen preßt und drückt, dann fallen 
die Tiere in Ohnmacht, da ganze Gehimteile außer Tätigkeit gesetzt werden. 
Würden nun die lebenswichtigen Zentren des Lebensknotens auch durch Pressung 
funktionsunfähig gemacht werden, und dies könnte gegebenen Falles wegen Fort¬ 
pflanzung des hydraulischen Druckes vom Gehirn aus leicht geschehen, dann 
müßte das Tier sofort sterben. Einer Gefahr zu starker Pressung dieser wichtigen 
Zentren ist durch das Vorhandensein einer elastischen, statt einer knöchernen 
Brücke in dieser heiklen Gegend etwas vorgebeugt.“ Mancherlei scheint unter 
einem hydraulischen Druck im Gehirn geschrieben zu werden! 

Die beigegebenen Abbildungen sind (soweit sie nicht bekannten Lehrbüchern 
entnommen wurden) undiskutabel! 

Vor dem Buch in der jetzigen Form sei gewarnt! Der Verlag sollte jedenfalls 
eine gründliche sachgemäße Umarbeitung verlangen und dabei bedenken, daß die 
Herausgabe derartiger Produkte wie diese 2. Auflage auch den besten buch¬ 
händlerischen Ruf schädlich beeinträchtigen muß. Drahn (Berlin). 



446 


Bücherbesprechungen. 


Jahresbericht Aber die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen Reiche, 

bearbeitet im Reichsgesundheiteamte zu Berlin. 31. Jahrgang. Das Jahr 1919. 

Berlin, Julius Springer, 1923. 2,40 Goldmark. 

Der Jahresbericht erscheint in gekürzter Fassung, gibt aber doch ein klares 
Bild über den Seuchenstand und den Seuchengang während des Jahres 1919 bei 
allen anzeigepflichtigen Seuchen. Die Tuberkulosestatistik ist wieder aufgenom¬ 
men worden. Die größten Verluste brachten: Lungenseuche, Rauschbrand, Rotz, 
Rotlauf, Schweinepest und Geflügelcholera. Nn. 

Arbeiten aus dem Reichsgesuudheltsamte. 54, Heft 1. Berlin, Julius Springer. 

3,60 Goldmark. 

Das im Juli 1923 ausgegebene Heft enthält Arbeiten von H . ZeUer (Weitere 
Untersuchungen über das seuchenhafte Verwerfen des Rindes), H . Beger (Zur 
Frage der Konservierung präzipitierender Antisera), P. Uhlenhulh und E. Hader 
(Die Desinfektion tuberkulösen Auswurfs durch chemische Mittel, III. Mitteilung: 
Die Wirkungsweise alkalischer Phenolpräparate. Die Kresollaugen), E. Werder - 
mann (Zur mikroskopischen Erkennung von Opiumpulver), H. Zeller und R . Heim 
(Versuche zur Frage der Übertragung des Texasfiebers auf deutsche Rinder durch 
die bei uns vorkommenden Zecken Ixodes ricinus und Haemaphysalis punctata 
cinnabarina), P . Manteufei (Untersuchungen zu der Frage, ob die pathogenen 
Spirochäten sauerst off bedürftige oder Sauerstoff scheue Mikroorganismen sind). 
E . Rost (Die Atropin- und die Digitalis Wirkung am Froschherzen bei verschiedenen 
Temperaturen), E. Gildemeister und K. Herzberg (Über den Wert des Kartoffel¬ 
stärkepeptonwassers nach Kodama und Takeda für die praktische Choleradiagnose), 
K. Herzberg (Die Bedeutung des Sauerstoffs bei der oligodynamischen Met all Wir¬ 
kung. I. Mitteilung) und G . Reif (Über die Giftigkeit des Methylalkohols). 

Die Arbeiten sind ohne Ausnahme schon an anderer Stelle erschienen und 
das Heft stellt mithin eine Zusammenstellung von Sonderabdrücken dar. Das 
Reichsgesundheitsamt, von dessen Arbeiten die ganze Welt Nutzen zog, ist mit¬ 
hin nicht mehr imstande, seinen Mitarbeitern eine eigene Veröffentlichungs¬ 
möglichkeit zu gewähren. Soweit haben uns die „kulturfördernden“ Franzosen 
und ihre Trabanten schon gebracht. Hoffen wir, daß diese Form der Publikation 
der Arbeiten aus dem Reichsgesundheitsamte nur einen Übergang darstellt. Nn . 



DISSERTATIONEN DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE 

BERLIN 1 ) 


(Aus dem Pathologischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Prof. Dr. Nöller].) 

Beiträge zur Kenntnis der Pathologie der durch Sclerostomum 
edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen 2 ). 

Von 

Bernhard Lappe aus Königsberg, Pr. 

Approb. Tierarzt. 

[Referent: Prof. Dr. Nöller.} 

Wissenschaftliche Arbeiten über den Bau der einzelnen Skiero¬ 
stomenarten des Pferdes sind in großer Zahl vorhanden. Dagegen ist 
man über ihre Entwicklung noch sehr im Unklaren. Die Kenntnis 
von der Entwicklung der Skierostomen kann nun außerordentlich 
gefördert werden durch eingehende Sektionen der damit befallenen 
Pferde. Dadurch können gleichzeitig gewisse Erkrankungsformen (be¬ 
sonders manche Kolikformen) weiter aufgeklärt werden. 

Die ersten Beschreibungen über einen Strongyliden vom Pferde 
rühren von Otto Friedrich Müller (1788) und von Pastor Ooeze her. 
Der Letztere gibt 1782 dem Wurm wegen seiner eigenartigen Mund¬ 
bewaffnung zuerst den Namen Pallisadenwurm. Rudolphi benennt 
(1809) mit dem Namen Sclerostomum diejenigen Strongylidenarten, 
deren Mund mit Stacheln versehen ist und belegt den von Ooeze be¬ 
schriebenen Pallisadenwurm mit dem Namen Sclerostomum armatum. 
Mehlis teilt 1831 von der von Rudolphi als Strongylus armatus be- 
zeichneten Art den Strongylus tetracanthus ab. Als dritte Art be¬ 
schreibt Pöppd (1897) den Strongylus neglectus der von Looss (1900) 
als Sclerostomum equinum und von Sticker (1901) als Sclerostomum 
quadridenlatum benannt wird. Looss (1900) unterscheidet bei seinen 
in Ägypten an Pferden und Eseln angestellten Untersuchungen 11 Arten 
von Skierostomen und stellt als neue Art den Sclerostomum edentatum 
auf. Sticker (1901) hat dann die 3 Arten von Sclerostomum genau 
beschrieben und auch nähere Angaben über die Lebensgeschichte 
dieser Würmer veröffentlicht. 

I ) Für Inhalt und Form sind die am Kopf der Dissertationen angegebenen 
Herren Referenten mitverantwortlich. 

*) Gekürzte Fassung für den Druck. 

Arch. I. Tierb.ilk. L. 


32 



448 


B. Lappe : Beiträge zur Kenntnis der Pathologie 


Sclerostomum bidentatum — Sticker (1901) — Sclerostomum vulgare — 
Looss (1900) — Strongylus armatm — Rudolphi p. (1809) ist neben 
Cylicostomum tetracanthum der kleinste von den 3 Arten. Die unreife, 
geschlechtslose Larvenform kommt in den Aneurysmen der vorderen 
Gekrösarterie vor, der geschlechtsreife Wurm selbst findet sich wie 
alle Skierostomen des Herdes im Blind- und Grimmdarm desselben. 
Die Eier des reifen Wurmes entwickeln sich, nachdem sie mit dem 
Kot ausgeschieden sind, im Wasser und Schlamm zu freilebenden 
Nematoden und sollen mit dem Trinkwasser in den Darm des Herdes, 
von da auf dem Wege der Blutbahn in die vordere Gekrösarterie ge¬ 
langen, in der sie ihre bekannte Wirkung ausüben. Nach mehrmaliger 
Häutung wandern sie wieder in den Darm zurück, wo sie sich auf 
der Schleimhaut mittels ihrer Kopfbewaffnung anheften. 

Sclerostomum quadridentatum Sticker (1901), identisch mit Strongylus 
neglectus Poppel (1897), und Sclerostomum equinum Looss (1907), ist. 
der größte der 3 Parasiten und zugleich der seltenste. Über seine 
Entwicklung und pathogene Wirkung ist nicht viel bekannt. Nach 
Qlage (1906) soll er imschädlich sein. Sclerostomum edentatum Sticker 
(1901), identisch mit Sclerostomum edentatum Looss (1900), ist der 
zweitgrößte Parasit unter den 3 Skierostomenarten, und zwar sind 
nach Looss die männlichen Parasiten 23—26 mm lang und 1,5 mm 
dick, während das Weibchen 33—36 mm: 2mm mißt. Zu ganz 
ähnlichen Zahlenangaben kommen auch Sticker (1901) und Adel¬ 
mann (1908) (Männchen 23—25 mm: 1,5 mm, Weibchen 33 bis 
38 mm: 2mm bzw. bei Adelmann Männchen 22—26 mm: 1,5 mm, 
Weibchen ebenso wie bei Sticker. Die aus dem Ei schlüpfenden 
Larven haben nach Albrecht (1909) nach einer Zeit von 3 bis 
4 Wochen eine Länge von 0,58 —0,88 mm. Ihr Körper ist fast 
rund, 1 / 8 länger als das sich allmählich verzweigende Schwanzende. 
Die Zeichnung der Darmzellen ist undeutlicher und die Dicke des 
Körpers geringer als bei Larven des Sclerostomum bidentatum. Nach 
den Untersuchungen von Schlegel (1907) haben die unter dem Bauch¬ 
fell gefundenen Larven eine Länge von 22—25—28 mm. Die Larven 
sind verschieden gefärbt, sehen schmutzig gelbweiß bis blutigrötlich 
aus, je nachdem sie sich weniger oder stark mit Blut vollgesogen 
haben. Die Larven sollen sich nach Schlegel schon makroskopisch 
durch eine Querringelung von denen von Sclerostomum bidentatum 
unterscheiden. Über die Länge der Larven des Sclerostomum eden¬ 
tatum erwähnt Sticker nichts. 

Es muß jedoch bemerkt werden, daß in den parasitologischen 
ILehrbüohem eine ganze Anzahl von den bei den Equiden vorkom¬ 
menden Skierostomen nicht erwähnt wird. Da es in der Parasito¬ 
logie sehr häufig Vorkommen kann, daß einem auch angeblich 



der durch Sclerostomum edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen. 449 

seltene Parasiten gelegentlich zu Gesicht kommen, empfiehlt es sich, 
Bofem die Art des Wurmes nicht einwandfrei bekannt ist, die Be¬ 
stimmungstabelle über die Nematoden des Pferdes von Riley (1921) 
zu vergleichen, die den größten Teil der zur Jetztzeit bekannten 
Skierostomen enthält. Diese Arbeit gibt auch die neueren wich¬ 
tigeren Arbeiten über die Systematik der Strongyliden in ihrem 
Literaturverzeichnis an. 

Über die Entwicklung des Sclerostomum edentatum im besonderen 
ist fast nichts Näheres bekannt. Die meisten Autoren geben nur an, 
daß die Entwicklung wahrscheinlich in ähnlicher Weise vor sich 
gehen wird wie bei Sclerostomum bidentatum. Die in dem Darmlumen 
sitzenden geschlechtsreifen Weibchen setzen ihre Eier ab, die mit 
dem Kot ins Freie gelangen. Dieselben haben eine Länge von 65 —80 fx 
und eine Breite von 45—50 /i (Albrecht [1909], Gärtner [1923]). Bei 
genügender Wärme entwickeln sich die Embryonen nach Leuckart 
(1876), Cobbold (1884), Sticker (1901), Albrecht (1909) und Martin 
(1911) in 3—4 Tagen und sind dann im feuchten Pferdemist monate¬ 
lang lebensfähig. Über die Größe und über das Aussehen der aus dem 
Ei geschlüpften Larven ist bereits das Nähere gesagt. 

Die Embryonen häuten sich nach Sticker (1901) nach einigen Tagen 
mehrere Male und gewinnen während dieses Prozesses derart an Wider¬ 
standsfähigkeit, daß sie mit Eintritt der Häutung, die etwa nach 
15—20 Tagen erfolgt, nicht nur im Pferdekot, sondern in reinem 
Wasser 6—8 Monate lang lebensfähig sind. Nach dem Ausschlüpfen 
aus der alten Hülle verlieren die Embryonen ihr pfriemenförmiges 
Schwanzende und sollen als Rhabditisform mit dem Futter oder Wasser 
in den Darmkanal des Pferdes gelangen. OÜ (1900) bezweifelt das 
Vorkommen der Rhabditisform, während Sticker (1901) und BaiUet 
(1886) ihr Vorkommen angeben. Nach den Beschreibungen von Martin 
(1911) gelangen sie vom Darmkanal auf dem Wege der Blutbahn in 
das subseröse Gewebe des parietalen Bauchfelles und haben dann 
etwa eine Länge von 4 mm. Auf diesem Wege häuten sich die Larven 
mehrere Male, so daß eine junge und alte Larve unterschieden werden 
kann. Ob die Larven bei dieser Wanderung in den großen Blutkreis¬ 
lauf gelangen, wie man es für die Larven von Sclerostomum biden¬ 
tatum annimmt, läßt sich zur Zeit noch nicht sicher beweisen. Neben 
dem Blutweg könnte auch an eine doppelte Durchbohrung des Bauch¬ 
felles gedacht werden. Hierfür könnten allein die wenigen Fälle des 
Vorkommens von Sclerostomum edentatum in der Bauchhöhle heran- 
gezogen werden (Zürn 1882, Hinrichsen 1897, Kitt 1901, Friedberger 
und Fröhner 1908, Schnetzer 1922). Hierbei scheint es sich jedoch 
meist entweder doch um ein subseröses Vorkommen (Kryptorchiden- 
hoden) oder um Verwechslungen mit Sclerostomum bidentatum zu 

32* 



450 B. Lappe: Beiträge zur Kenntnis der Pathologie 

handeln. Als dritte Möglichkeit käme schließlich die Wanderung im 
subserösen Gewebe in Frage. Auch hiergegen spricht die Erfahrung, 
denn Befunde von Sclerostomum edentatum zwischen den Blättern 
des Danngekröses gehören zu den größten Seltenheiten. Die An¬ 
nahme, daß Sclerostomum edentatum eines Blutaufenthaltes zu seiner 
Entwicklung bedarf, hat also die größte Wahrscheinlichkeit für 
sich schon deshalb, weil diese Entwicklung für Sclerostomum biden- 
tatum jetzt von fast allen Autoren anerkannt und gleichfalls für 
zahlreiche andere Rundwürmer, wie z. B. Ascariden, nachgewiesen 
ist (vgl. FuUebom 1920). Erst unter dem Bauchfell wachsen die 
Larven zu geschlechtsreifen Parasiten heran, die unter dem Bauch¬ 
fell an den Blutgefäßen entlang zum Blind- und Grimmdarm ge¬ 
langen, um in das Darmlumen einzudringen, wo sie öfters neben 
den beiden Arten Sclerostomum bidentatum und quadridentatum auf der 
Schleimhaut haftend angetroffen werden. 

Was die Häufigkeit des Parasiten anbelangt, so hebt Martin (1911) 
bereits hervor, daß dieser Parasit häufiger vorkommt als viele andere 
Arten. Derselben Meinung ist auch Schlegel (1907) und Stier (1913). 
Ziegler (1922) ist der Ansicht, daß diese durch Sclerostomum eden¬ 
tatum verursachte Fohlenkrankheit in Deutschland weiter verbreitet 
ist, als man bisher angenommen habe. Krage (1922) bestätigt diese 
Annahmen und betont ganz richtig, daß speziell in Ostpreußen in den 
großen Pferdebeständen große Verluste zu beobachten seien. Vor 
dem Kriege habe man von denselben nur weniger gehört, weil sie 
anfänglich nicht erkannt wäre, da die Parasiten unter dem Bauchfell 
bei der Sektion oft übersehen worden wären. Weber (1923) berichtet 
geradezu über ein seuchenhaftes Auftreten von Sklerostomiasis, be¬ 
dingt durch Sclerostomum edentatum. 

Schlegel (1902) ist der erste, der von einer Doppelinvasion spricht, 
wobei naturgemäß durch das Zusammenwirken von Sclerostomum 
bidentatum und edentatum erst recht schwere Verluste auftreten 
Eine derartige Doppelinvasion ist dann auch von vielen späteren 
Autoren bestätigt worden. 

In betreff der klinischen Symptome unterscheidet man zwischen 
den mehr akut und den chronisch verlaufenden Fällen. In den akuten 
Fällen werden Abmagerung, Blässe der Schleimhäute, struppiges Haar¬ 
kleid und allgemeine Körperschwäche hervorgehoben. Ein besonders 
häufig angeführtes Merkmal ist die Anämie. So beschreibt Hinz (1914) 
einen tödlich verlaufenden Fall von Anämie bei einer Remonte, bei 
deren Sektion dann zahlreiche Skierostomen nachgewiesen wurden. 
Fast alle übrigen Autoren gedenken dieses Symptoms ebenfalls. Krage 
(1922) schließlich meint sogar, daß die Anämie häufig das einzige 
Kennzeichen sei und daß daher häufig Verwechslungen mit der in- 



der durch Sclerostomnm edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen. 451 

fektiösen Anämie vorgekommen seien. Die Angaben über Temperatur 
schwanken stark. Während der eine Autor, wie Schlegel (1902) stets 
Fieber, zum Teil sogar hohes, Mickley (1905) mittelgradiges Fieber 
festgeatellt hat, konnten Olage (1906), Ziegler (1922) und Weber (1923) 
niemals Fieber beobachten. Hutyra (1913, 1920) gibt an, daß Fieber 
nur in den mit Peritonitis verlaufenden Fällen auftrete. Der Verlauf 
der Erkrankung hängt nach den einstimmigen Literaturangaben von 
dem Grade der Invasion ab. Daraus sind auch die auf Peritonitis 
hindeutenden Erscheinungen wie Schweißausbruch, Unruhe, hoch* 
gradiges Fieber, Herzschwäche, Druckempfindlichkeit des Hinterleibes 
Schmerz und Hinfälligkeit zu erklären. Als weiteres Symptom werden 
gerade für die Edentatuminfektion Kolikerscheinungen angegeben, die 
nach Olage (1906) einen intermittierenden Charakter haben sollen. 
Die Darmgeräusche sollen zum Teil spärlich oder kullernd, klingend 
sein. In keinem Fall handelt es sich um eine Verstopfungskolik. 
Schlegel (1907) führt die Kolikerscheinungen auf die Beizung der 
Nervenendigungen im Peritoneum durch die Wurmlarven zurück. In 
diesem Zusammenhang sind die Angaben von Klober (1891) und 
Schlegel (1907), wonach die Palpation der Bauchdecken und längs des 
Rückens schmerzhaft sein sollen, sehr interessant. Wenn die Krank¬ 
heit chronisch verläuft, so sollen die Pferde außerdem einen trägen 
Eindruck machen, viel liegen, minderwertige Freßlust, aber vermehrtes 
Durstgefühl zeigen. An sonstigen Symptomen werden genannt: Durch¬ 
fall, Beschwerden beim Harnabsatz und steifer Gang. Die meisten 
Autoren heben die Jugend der befallenen Tiere hervor. Besonders 
unter Fohlen soll die Krankheit oft in bedrohlichem Umfange, und 
zwar meist mit der Invasion mit Sclerostomum bidentatum zusammen, 
auftreten. Nach Olage (1906), der die Krankheit unter dem Namen 
der Darrsucht der Fohlen beschreibt, haben die befallenen Tiere ein 
Alter von 1—3 Jahren. 

Was nun die Feststellung der Seuche an lebenden Tieren anbelangt, 
so läßt sich klinisch nur der Verdacht auf Grund der oben bereits 
geschilderten Symptome äußern. Der Nachweis von Sklerostomen- 
eiem im Kot beweist auch nicht viel, da sich dieselben beinahe im 
Kot eines jeden Tieres nachweisen lassen. 

Was die pathologischen Veränderungen anbetrifft, so steht fest, 
daß Sclerostomum edentatum im Gegensatz zu den Larven von 
Sclerostomum bidentatum , die eine besondere Vorliebe für die vordere 
Gekröswurzel zeigen, seinen Lieblingssitz im parietalen Blatt des 
Bauchfells hat. Nach den Sektionsbefunden von Schlegel (1907) und 
Ziegler (1922) findet man als hauptsächlichstes Merkmal bei Invasion 
mit Sclerostomum edentatum eine hämorrhagische Peritonitis, die 
sich nur auf das parietale Bauchfellblatt beschränkt. Für gewöhnlich 



452 B. Lappe: Beiträge zur Kenntnis der Pathologie 

« 

ist die Oberfläche glatt und glänzend. In der Subserosa des Bauch¬ 
fells finden sich pfennig- bis fünfmarkstück-, selbst handtellergroße 
Blutungen, die als Zentrum stets eine aufgerollte Larve von Sclerosto- 
mum edentatum erkennen lassen. Nach Schlegel (1907) soll es bei Durch¬ 
bruch der Larven in die Bauchhöhle auch zu Blutungen kommen. 
Ginge (1906) will die häufig zottenförmigen Anhängsel auf dem Bauch¬ 
fell älterer Pferde auf eine überstandene Edentatuminvasion zurück¬ 
führen. Neben diesen lokalen Veränderungen findet man vielfach 
besonders bei starkem Wurmbefall die bekannten Erscheinungen der 
Kachexie und Anämie. 

Über die Therapie ist wenig bekannt. Da man den unter dem 
Bauchfell sitzenden Würmern durch die gebräuchlichsten Wurmmittel 
nicht beikommen kann, so hat man sich meistens darauf beschränkt, 
die auftretende Anämie und Kachexie (Schlegel 1907 empfiehlt Ver¬ 
suche mit Thaeniol, das sich in der Humanmedizin gegen die Ankyloeto- 
miasis bewährt haben soll), zu bekämpfen. Unter den Wurmmitteln, 
welche gegen die Darmskierostomen verabreicht werden, hält Albreeht 
(1909) das Ol. Terebinth. 80,0 mit Ol. Ricini 300,0 für das Beste, da 
nach seinen Erfahrungen bei 2 Fällen von Ascariasis 20 bzw. 35 Exem¬ 
plare von Sclerostomum edentatum abgingen. Auch durch Anwendung 
von Atoxyl intravenös 0,2—0,5 g steigend oder 1,0—1,5 subcutan 
oder 3 g per os hat man eine Bekämpfung versucht. Ferner sind 
Gaben von Tart. stibiat. 10,0 (Hinz 1914, Goebel 1917) und Araen- 
präparate, wie Natr. arsenic. 0,5 :2 steigend (Hinz 1914), Fowlersche 
Lösung 3 mal täglich 1 Teelöffel bis 1 Eßlöffel voll (Eichhorn 1912, 
Goebel 1917, Weber 1922) angewandt worden. Ziegler (1922) hat schlie߬ 
lich die Proteinkörpertherapie angewandt. Krage (1922) wie Weber 
(1923) empfehlen Revonal subcutan, ersterer in Dosen von 10 g 5 Tage 
hintereinander und nach 8 Tagen nochmals 2—3 Injektionen, letzterer 
je 2 mal 10 g in Intervallen von 6 Tagen, mit welchem Präparat sie 
sehr günstige Erfolge erzielt haben wollen. Der Erfolg aller dieser 
Präparate muß bisher als zweifelhaft bezeichnet werden. Daher legen 
alle Autoren großen Wert auf die Prophylaxe. Als prophylaktische 
Maßnahmen werden empfohlen erstens kräftige Ernährung (Milch, 
Hafer, gutes Heu, Kraftfuttermittel wie Roborin und Plasmase). 
ferner Aufhebung des Weideganges, Verhinderung der A ufnahm e von 
infiziertem Wasser aus Pfützen und Tümpeln, Vernichtung der Wunn- 
brut im Kot, desgleichen Desinfektion des Stallbodens und der Wände, 
Entfernung des Kotes, ferner Abkochen des Trinkwassers, noch besser 
Filtrieren desselben, wie es seinerzeit in Beberbeck geschehen ist durch 
Einbauen von Filtern in die Wasserleitungen. 

Zur Klärung der durch Sclerostomum edentatum verursachten 
Veränderungen habe ich das Material, das sich in meiner Praxis in 



der durch Sclerostomum edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen. 453 

Kaukehmen bot, vom klinischen, pathologisch-anatomischen und thera¬ 
peutischen Standpunkt aus durchgearbeitet. Benutzt wurden hierzu 
die jüngeren Pferde aus 4 Beständen des Kreises Niederung (Ost¬ 
preußen). Im ganzen handelte es sich um 13 Pferde im Alter von 
12 Monaten bis zu 3 Jahren. Von diesen zeigten 9 klinische Erschei¬ 
nungen, die für eine Wurminvasion sprachen. Von diesen erkrankten 
Pferden kamen 3 zur Sektion. Außerdem habe ich die Schlachtbefunde 
von 4 älteren Pferden (4—17 Jahre) und von 4 jüngeren Pferden 
(10 Monate bis 2 Jahre) verwertet, die zufällig geschlachtet wurden 
und Invasion mit Sclerostomum edentatum zeigten. Schließlich konnte 
ich 2 Zerlegungsberichte und konserviertes Material von einem 3. Fohlen 
benutzen, Material, das mir vom Pathologischen Institut zur Ver¬ 
fügung gestellt wurde. Die klinischen Untersuchungen wurden durch 
Kotuntersuchungen auf Wurmeier nach der Kochsalzanreicherungs¬ 
methode, die Sektionsbefunde durch Sammlung aller beobachteten 
Würmer unterstützt. Meine Bestimmungs- und Untersuchungsergeb¬ 
nisse hat das Bakteriologische Institut der Landwirtschaftskammer in 
Königsberg nacbgeprüft und bestätigt. 

Das Ergebnis der klinischen Untersuchungen, das ich in der 
Originalarbeit für jeden Einzelfall dargelegt habe, kann ich folgender¬ 
maßen zusammenfassen: 

1. Das klinische Bild der durch Sclerostomum edentatum verursach¬ 
ten Erkrankung jüngerer Pferde ist stark schwankend und zeigt wenig 
charakteristische Merkmale. 

2. Neben Fällen mit ganz geringer Beeinträchtigung des Gesund¬ 
heitszustandes kann es auch zu allerschwersten Gesundheitsstörungen, 
die die Notschlachtung des Tieres notwendig machen oder ein Ver¬ 
enden herbeiführen, kommen. 

3. Der Verlauf ist ein chronischer. 

4. Das klinische Bild wird beherrscht von den Erscheinungen einer 
allmählich auftretenden Anämie und Kachexie, als deren wichtigste 
Erscheinungen ich folgende Symptome feststellen könnte: 

a) Schlechter Nährzustand trotz guter Fütterung, struppiges, rauhes 
Haarkleid, blasse Lidbindehäute, ödematöse Schwellungen besonders 
an den unteren Körperteilen (Schlauch, Extremitäten); müder, schlep¬ 
pender Gang (ikterische Erscheinungen wurden nicht beobachtet). 

b) Die Temperatur ist normal oder nur ganz geringgradig erhöht. 
Erst bei dem Hinzutreten von Komplikationen (Peritonitis) oder kurz 
vor dem Tode kommt es zu Fiebererscheinungen. 

c) Der Puls ist klein, kaum fühlbar, meistens etwas vermehrt. In 
schweren Fällen kann er bis 64 steigen. 

d) Die Atmung ist meist angestrengt. Die Zahl der Atemzüge ist 
vermehrt und betrug in einem Falle 110. 



454 


B. Lappe: Beiträge zur Kenntnis der Pathologie 


e) Am Digestionsapparat ließen sich meistens eine unregelmäßige 
Peristaltik — zeitweise vermehrte kullernde Darmgeräusche, zeitweise 
ein Stilliegen der Peristaltik — beobachten. In den schweren Fällen 
ist die Futteraufnahme vermindert. Der Kot ist gut geballt. Skle- 
rostomeneier oder Parasiten lassen sich nur selten oder in geringer 
Anzahl nach weisen. 

f) Auffällig ist das Schmerzgefühl, das sich bei mehreren Patienten 
bei Druck mit der geballten Faust in der rechten Flankengegend aus- 
lösen ließ. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um ein Symptom 
einer bereits einsetzenden Peritonitis. 

g) Das Sensorium ist stets frei. 

5. Neben der Peritonitis kann als weitere Komplikation noch 
Decubitus infolge des vielen Liegens der Tiere hinzutreten (bei einem 
Fohlen beobachtet). 

Die Therapie wurde, da es bisher noch an einem spezifischen Mittel, 
das geeignet wäre, eine Abtötung der unter dem Bauchfell sitzenden 
Larven vorzunehmen, fehlt, hauptsächlich darauf gerichtet, den Or¬ 
ganismus des erkrankten Tieres möglichst zu kräftigen und zu stärken. 
Neben guter Fütterung und Verabreichung von Milch wurde als zur 
Zeit bestes Plasticum das Revonal (ein Arsen-Phosphor-Strychnin- 
präparat von der Firma Merck, Darmstadt in den Handel gebracht) 
und zwar in 5 maligen Dosen ä 10 g in 2 Beständen sehr erfolgreich 
angewandt. In einem fortgeschrittenen Falle dagegen ließ es im Stich. 
Zur Herzregulierung wurden Coffein und Digalen verabreicht. Im 
übrigen sind prophylaktische Maßnahmen zu ergreifen (Entwässerung 
der Wiesen, gute und reine Streu). 

Die 3 ausgeführten Sektionen deckten sich in ihren wesentlichen 
Ergebnissen mit den Schlachtbefunden an den 8 oben angegebenen 
Pferden sowie mit den Protokollen über die 3 im Pathologischen 
Institut untersuchten Fälle. Ihre Ergebnisse lassen sich wie folgt 
zusammenfassen: 

Sclerostomum edentatum fand sich stets im Dickdarm und zwar 
meist mit Sclerostomum bidentatum zusammen. 

Sclerostomum edentatum fand sich auch gelegentlich bei gut ge¬ 
nährten Fohlen unter dem Bauchfell. In den meisten Fällen ist ihr 
Vorkommen an dieser Stelle jedoch mit schlechtem Nährzustand, 
kachektischen Erscheinungen und Oligämie verbunden. 

Die Larven des Sclerostomum edentatum sitzen unter dem Bauch¬ 
fell und zwar in auffälliger Weise hauptsächlich rechtsseitig. Bei Befall 
der linken Bauchdecken ist dieser meist geringer wie der der rechten 
Körperseite. Am häufigsten liegen die Würmer in der Nähe des 
Rippenbogens, dann aber auch am Leistenring und am Beckendach. 
Diese Fundorte sprechen dafür, daß eine bestimmte Druckwirkung 



der durch Sclerostomum edentatum erzeugten Erkrankungen der Fohlen. 455 

auf das Bauchfell von innen her die Ansiedlung der Parasiten im 
subserösen Gewebe begünstigt. 

Die Würmer liegen entweder unmittelbar unter dem Bauchfell 
oder erst unter dem subserösen Fett, einzeln oder in Gruppen zu 2—3 
beisammen. Sie sind eingebettet in Blutungen oder verkäsende 
Detritusmassen. Sie liegen manchmal in einem verzweigten, derb- 
wandigen Röhrensystem mit glatten Wandungen (Bohrgangsystem). 
Auf einem knapp handflächengroßen Stück liegen bis 70 Exemplare 
zusammen. 

Der Bauchfellüberzug über den Parasiten oder Parasitennestem 
ist meist glatt und glänzend. Eine Peritonitis, lmal beobachtet, tritt 
nur selten hinzu. 


Helminthologische Beobachtungen. 

Die angegebenen Erscheinungen wurden in den klinisch unter¬ 
suchten Beständen aus meiner Praxis im November, Dezember, Januar 
und Februar festgestellt. Die aus den Akten des Pathologischen 
Instituts entnommenen Fälle entfallen auf die Monate Februar bis 
April. Die durch Sclerostomum edentatum bedingten Erkrankungen 
treten also anscheinend besonders in den Wintermonaten — November 
bis spätestens April — auf. Hierfür sprechen auch die Literatur¬ 
angaben von Schlegel (1907), Ziegler (1922), Krage (1922) und Weber 
(1923). 

Ebenso ergibt bereits das Literaturstadium, daß die betreffenden 
Erkrankungen in gewissen Bezirken besonders gern und oft auftreten. 
Bei meinen Fällen waren besonders solche Gegenden bevorzugt, in 
denen die Fohlen Gelegenheit hatten, feuchte, häufigen Überschwem¬ 
mungen ausgesetzte Weiden zu besuchen. 

Die Kotuntersuchungen ergaben mittelgradiges, manchmal starkes 
Vorhandensein von Sklerostomeneiem in allen den Beständen, in 
denen durch Sektionen dann auch tatsächlich Veränderungen durch 
Sclerostomum edentatum nachgewiesen werden konnten. 

Eine Unterscheidung der Eier von Sclerostomum edentatum von 
denen von bidentatum ist nicht möglich. Ich habe zur Klärung dieser 
Frage je 50 Eier jeder Art gemessen. Dabei ergeben sich jedoch 
Schwankungen bis fast 40 fi in der Länge und fast 30 fi in der Breite. 
Die mittleren Größen (53 :42 fi für Sclerostomum bidentatum und 
57,6 :40 /i für Sclerostomum edentatum) liegen zudem so nahe an¬ 
einander, daß eine Unterscheidung auf diese Weise unausführbar 
erscheint. 

Trotzdem empfiehlt sich die Untersuchung des Kotes zur Erfassung 
echter Wurmkachexien und Anämien sehr. Der Verdacht auf diese 
Erkrankungen besteht nämlich dann, wenn 



456 


B. Lappe: Beiträge zur Kenntnis der Pathologie 


1. die äußeren Umstände das Zustandekommen einer Wurm¬ 
invasion nahelegen (feuchte, sumpfige Weiden, verunreinigte Streu); 

2. wenn die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Invasion besteht, 
d. h. wenn die Mehrzahl der untersuchten Kotproben eines Bestandes 
Skierostomeneier in größerer Anzahl enthält, der Bestand also stark 
mit Skierostomen befallen ist; 

3. wenn häufig oder seuchenartig in einem solchen Bestände Pferde 
und zwar besonders Fohlen und jüngere Pferde bis zum Alter von 
3 Jahren erkranken. 


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(Aus dem Pathologischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 

[Direktor: Prof. Dr. NöUer].) 

Über die Infektionsverhältnisse bei dem Wasserfroschcoccid 
Isospora lieberktihni und die durch diesen Parasiten in der 
Wasserfroschniere verursachten Veränderungen im Laufe des 
Jahres und bei den verschiedenen Altersstufen der Frösche. 

Von 

Emil Sickmfiller, Maisbach, 

approb. Tierarzt. 

[Referent: Prof. I)r. W. SöUtr.] 

Das Nierencoccid des Wasserfrosches Isospora lieberkühni hat das Interesse 
der Zoologen schon lange Zeit erregt, weil es in manchen Gegenden einen ziemlich 
häufigen Befund darstellt. Trotzdem hat es langer Zeit bedurft, bis man über 
den Entwicklungskreis dieses Coccids Klarheit erhielt. Die ersten, die die Ent¬ 
wicklung festzustellen versuchten, waren Laveran und Mesnü . Sie gelangten zu 
dem Ergebnis, daß sich Isospora lieberkühni nach Verfütterung reifer Sporen 
an Wasserfrösche in der Blutbahn vermehre, hierauf in den Glomerulis ihre 
Befruchtung durchmache und von da in die Nierenkanälchen gelange. Bei 
der Nachuntersuchung durch NöUer 1913—1919 stellte sich aber dieses Er¬ 
gebnis insofern als irrig heraus, als die von den beiden Forschem beschrie¬ 
benen Befruchtungsstadien in den Glomerulis nicht in den Entwicklungs¬ 
kreis von Isospora lieberkühni, sondern in den des Endothel- und Blutcoccids 
Lankesterelia minima hineingehörten. Erst 1923 hat NöUer in einer kurzen 
Mitteilung den Entwicklungskreis vor der Befruchtung des Coccids beschrieben. 
Aus seinen Befunden und Darlegungen, besonders bei jungen Fröschen, 
geht hervor, daß die Infektion hauptsächlich eine Jungtierinfektion darstellt 
und daß die früheren Entwicklungsstufen hauptsächlich im Frühjahr be¬ 
obachtet werden. Zum weiteren Ausbau dieser Befunde erhielt ich die Auf¬ 
gabe, an einem großen Material von Fröschen aller Altersstufen im 
Sommer 1923 festzustellen, ob in der Tat nur im Frühjahr frische Infek¬ 
tionen vorliegen, ob die Infektion bei allen Altersstufen gleichmäßig ver¬ 
läuft und welche pathologisch-anatomischen Veränderungen das Coccid in der 
Niere verursacht. 

Literatur. 

«r 

Bezüglich der Literatur über das Froschnierencoccid sei verwiesen auf die 
Arbeiten von Labbe (1899), der die ältere Literatur über das Coccid zusammen¬ 
stellt, sowie auf die Arbeit von Laveran und Me&nil (1902) und die Arbeiten von 
Nöller (1913, 1920, 1923), ferner auf die Zusammenfassung von Reichenow (1920). 
Die für diese Arbeit grundlegenden Angaben, deren Ausbau hier gegeben werden 
soll, finden sich alle bei Nöller (1923). 

Material und Technik. 

Bei der Ausführung meiner Aufgabe standen mir 2 Gruppen von Wasser¬ 
fröschen zur Verfügung. Die eine Gruppe [Gruppe I (Nöller)] stammt von NöUer 
und wurde im April und Mai gefangen. Sie w r ar aber bereits zur mikroskopischen 
Untersuchung vorbereitet, so daß ich makroskopische Feststellungen an den Nieren 
nicht ausführen konnte. Es waren dies 53 Frösche. Die 2. Gruppe [Gruppe II 



E. Sickmüller: Über die Infektionsverhältnisse usw. 


459 


(Sickmüller)],*die 182 Wasserfrösche umfaßte, fing ich mir selbst, und zwar an 
verschiedenen Fundstellen, hauptsächlich in der Landesanstalt für Fischerei in 
Friedrichshagen am Müggelsee und in Graben und am Kanal beim Forsthaus 
Damsbrück bei Seegefeld, denn die Frösche von diesen beiden Stellen erwiesen 
Bich als in hohem Prozentsätze infiziert. Die in einzelnen Abschnitten zusammen¬ 
gefangenen Frösche wurden seziert und ihre Nieren in Sublimat oder Sublimat¬ 
alkohol fixiert, in Alkohol und Chloroform weiterbehandelt, in Paraffin eingebettet 
und dann geschnitten. Die Schnitte wurden mit Hämalaun-Eosin gefärbt. Bei 
der Sektion wurden die makroskopischen Nierenbefunde, insbesondere Farbe und 
Größe, genau in einer besonderen Tabelle festgelegt. Da Anhaltspunkte über das 
Alter der Frösche sonst nicht vorhanden waren, stellte ich vor der Tötung jedes 
einzelnen Individuums dessen Größe und Gewicht fest. Dabei wollte ich vor allem 
feststellen, bei welchen Tieren ich es mit einsömmerigen zu tun hatte. Durch tabel¬ 
larische und vergleichende Aufstellungen, die in der ungekürzten Arbeit aus¬ 
geführt sind, kam ich zu dem Ergebnis, daß Wasserfrösche von 2—3 cm Körper¬ 
größe die einsömmerigen darstellen. Durch genauere Tabellen stellte ich fest, 
daß die einsömmerigen Wasserfrösche des Müggelsees in den Monaten Mai—Juni 
durchschnittlich 2,4 cm (2,0—2,9 cm) messen, während die gleichalterigen Tiere 
aus den Gräben beim Forsthause Damsbrück durchschnittlich nur eine Größe von 
2,3 cm (1,8—2,6 cm, ausnahmsweise einmal von 3,0 cm) besitzen. 

Eigene Befunde. 

Ich teile meine Befunde nach 2 Gesichtspunkten ein: A. makroskopische 
Befunde, B. mikroskopische Befunde. ) 

A. Makroskopische Befände. 

Wie schon unter Material und Technik bemerkt, wurden makroskopische 
Feststellungen an den einzelnen Nieren nur bei der Gruppe II (Sickmüüer) gemacht. 
Die Ergebnisse wurden in einem besonderen Protokoll niedergelegt. Ich bin dabei 
zu dem Resultat gekommen, daß Farbe und Größe dieses Organs einen fast sicheren 
Schluß auf den Grad der Infektion mit Isospora lieberkühni ziehen läßt. Er¬ 
krankte Nieren zeigen sich fast durchweg gegen die gesunden vergrößert. Gesunde 
Nieren von 2,0—2,5 cm großen Fröschen z. B. weisen eine Durchschnittslänge 
von 0,5 cm auf, während erkrankte eine solche von 0,6 cm zeigen. Was die Farbe 
der Nieren angeht, so besaßen gesunde durchweg ein dunkles Graubraun, welches 
in allen Abstufungen bis zu einem Gelbrot übergehen kann. Kranke Nieren jedoch 
zeigen Abstufungen von rotgelb oder gelbrot und graurot bis zu graugelb, grauweiß 
und gelbweiß. Grauweiße und gelbweiße Nieren, die übrigens meist von sehr 
brüchiger Konsistenz waren, erwiesen sich bei der mikroskopischen Untersuchung 
fast durchweg als stark infiziert. So war schon makroskopisch eine Voraussage 
möglich. Wenige Ausnahmen ließen allerdings bei mikroskopischer Untersuchung 
einen Parasitenbefund vermissen, aber ihre pathologisch-anatomischen Verände¬ 
rungen deuteten neben dieser verdächtigen Färbung mit hoher Wahrscheinlichkeit 
auf eine frühere Infektion hin. Jedenfalls wies in keinem Falle eine einwandfrei 
nicht befallene Niere eine grauweiße oder gelbweiße Farbe auf, während anderer¬ 
seits eine einwandfrei stark befallene Niere nie eine dunkle, graubraune Farbe 
zeigte. 

Anführen möchte ich noch, daß in manchen Nieren mit gesunder Farbe 
makroskopisch sichtbare, grauweiße Herdchen eingesprenkelt waren; hierbei 
handelt es sich fast stets um lokal begrenzte Infektionsherde, wie sie bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung zuweilen auch ohne diesen makroskopischen Hinweis 
gefunden wurden. Uber die pathologisch-histologischen Befunde soll im Zusammen¬ 
hang mit dem Parasitenbefunde berichtet werden. 



460 


E. Sickmüller: Über die Infektionsverhältnisse 


B. Mikroskopische Befände. 

Bei der histologischen Untersuchung gehe ich in der ungekürzten Arbeit 
bei jeder einzelnen Niere in kurzen Zügen in einem ausführlichen Befundbericht 
auf die pathologisch-histologischen Veränderungen und dann auf den Parasiten¬ 
befund ein. Bemerkt sei noch, daß von Gruppe I (Nöller) meist alle beiden Nieren 
zur Bearbeitung kamen, während von Gruppe II (Sickmvller) immer nur eine Niere 
(die linke) geschnitten wurde. Dadurch wird also wohl die Zahl der infizierten 
Nieren herabgesetzt, aber der Prozentsatz bleibt der gleiche, denn das Verfahren 
wurde konsequent durchgeführt. Bei der Menge des Materials war ja ein voll¬ 
ständiges Verbrauchen und Niederschneiden etwa der ganzen Nieren schon mit 
Rücksicht auf den Glas- und Chemikalienbedarf nicht durchzuführen. Die 
Menge des Materials und die mehr ins einzelne gehende Behandlung desselben 
läßt in den umfangreichen Befundniederschriften eine klare Übersicht über die 
Ergebnisse und die Schlüsse, die sich daraus ziehen lassen, wegen der großen Zahl 
der Frösche nur schwer zu. Daher werde ich nun das gesamte Material nach der 
Infektionshäufigkeit, den übersichtlich gruppierten Entwicklungsformen des 
Parasiten und nach den durch sie erzeugten Veränderungen zusammenfassend 
darstellen. 

Es wurden im ganzen 235 Wasserfrösche getötet. Davon waren 103 ein¬ 
sömmerige und 132 mehrjährige Tiere. 

1. Häufigkeit der Infektion . 

Die Häufigkeit der Infektion ergibt sich aus den folgenden Aufstellungen: 


Nicht- Infiziert 

infiziert ln Zahlen 

Infiziert 
in % 

Au« Fried- 
richshagen 

Ans 

Damsbrück 

Ans 

Oranienburg 

Mehljährige oi i n 

Frösche j 6 * 

Einsömmerige ^ ^ 

Frösche i 

31,6% 

41,73% 

79 

65 

52 

38 

1 

i 

Zusammen 151 | 84 

1 35,74% 

1 144 

90 

i 


Nach ihren Fundorten getrennt zeigen die 2 folgenden Tabellen die jeweiligen 
Ergebnisse: 


Friedrichshagen: 



Anzahl | 

Infiziert 
in Zahlen i 

Infiziert 

in % 

Mehrjährige 

Frösche 

79 

33 

41,77 % 

Einsömmerige 

Frösche 

65 

22 

33,84% 

Zusammen 

144 

| 55 

38,25 % 

Forsthaus Damsbrück: 



Anzahl 

Infiziert 
in Zahlen 

Infiziert 
in % 

Mehrjährige 

Frösche 

: 52 i 

8 

15,34% 

Einsömmerige , 
Frösche 

38 

21 

55,26% 

Zusammen 1 

90 

29 

32,22% 








bei dem Wasserfroschcoccid Isospora lieberkühni usw. 


461 


Aus diesen Zusammenstellungen geht also hervor, daß der Parasit unter den 
einsömmerigen Wasserfröschen von Damsbrück am meisten verbreitet ist, während 
mehrjährige nur selten befallen sind. Müggelseefrösche zeigen dagegen unter den 
mehrjährigen einen höheren Prozentsatz. Im ganzen betrachtet zeigen sich die 
Wasserfrösche vom Müggelsee häufiger infiziert als die von Damsbriick. 

Zusammenfassend kann ich also sagen, daß an den Orten, von denen mein 
Material stammt, etwas mehr als ein Drittel aller Frösche infiziert ist. Die ein¬ 
sömmerigen Tiere zeigen dabei mit 41,73% den größten Anteil. 

2. Häufigkeit der einzelnen Parasitenstufen in den einzelnen Monaten . 

Für den Entwicklungskreis des Parasiten ist nun seine Betrachtung nach der 
zeitlichen Aufeinanderfolge der einzelnen Stadien von Bedeutung. Ich gebe hierüber 
eine Übersicht, indem ich zunächst eine Einteilung in mit Buchstaben bezeichneten 
Gruppen zusammengehöriger Entwicklungsformen vorausschicke. Innerhalb der 
Gruppen beschreibe ich die einzelnen Entwicklungsformen kurz unter bestimmten 
Ziffern. 

Gruppe A: Schizonten und kleine Merozoiten in den Glomerulis. 

Form 1. Kleine einzelne Merozoiten (Gestalt und Größe zu ersehen aus der 
Abb. 1 von Nöller 1923). 

Form 1 a . Dieselben Merozoiten, in Bündeln und Haufen, die aus einer Schi- 
zontenteilung herstammen, zusammengelagert. 

Form 1 b. Kleine Schizonten mit nur etwa 4—8 Kernen. 

Form 1 c. Ausgewachsene Schizonten mit 8 und mehr Kernen. 

Von den 235 Wasserfröschen fanden sich Entwicklungsformen der Gruppe A 
in den Glomerulis bei 4 Fröschen, und zwar nur bei Wasserfröschen der Gruppe I 
(Nöller), nämlich bei Is.-Wfr. 1 ) Nr. 1, 4, 11, 16. 

Gruppe B: Schizonten und Merozoiten oder Merozoitenhaufen bereits in den 
Tubulusepithelien. 

Form 1 , 1 a, 1 b, 1 c gleichen den Formen der Gruppe A. 

Parasitenbefunde mit Entwicklungsformen der Gruppe B zeigten von Gruppe I 
(Nöller) 11 Wasserfrösche, nämlich Is.-Wfr. Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 11, 12, 14, 16, 24, 26. 
Bei Gruppe II ( Sickmüller) fehlen diese Stadien. Die 11 befallenen Frösche der 
Gruppe I (Nöller) sind mit Ausnahme von Is.-Wfr. Nr. 12 einsömmerige. 

Gruppe C: Kleine heranwachsende Parasiten von Merozoitengröße und größere, 
von Merozoitengestalt, im Kern mit einem auffällig eosinrot sich färbendem, 
exzentrisch gelagerten Binnenkörper, der von einer Zone halbmondförmig an¬ 
geordneter Chromatinbrocken umgeben ist. Diese meist sichelförmig bis nieren¬ 
förmig gekrümmten Gebilde stellen teils zu Schizonten heranwachsende Merozoiten, 
teils schon junge Gameten dar. 

Form 2 . Solche Stadien in einzelner Lagerung. 

Form 2 a. Solche Gebilde in Haufen und Bündeln. 

Mit Entwicklungsformen der Gruppe C erwiesen sich befallen von den Fröschen 
der Gruppe 1 (Nöller) die einsömmerigen Tiere: Is.-Wfr. Nr. 1, 2, 3, ö, 7, 9, 13, 
14, 15, 16, 17, 19, 20, 22, 23, 24, 26, und der mehrjährige Is.-Wfr. Nr. 12. 

Von Gruppe II (Sickmüüer) zeigten diese Form Is.-Wfr. Nr. 5 (einsömmerig); 
zusammen zeigten also 19 Frösche Entwicklungsstufen der Gruppe C. 

Gruppe D: Meist bohnenförmige, gekrümmte Gebilde von doppelter bis 
3facher Merozoitenlänge mit gleicher Kemstruktur wie Gruppe C, aber ausgezeich¬ 
net dadurch, daß der Kern an einen Pol rückt. In der Nähe des anderen Poles 
findet sich ein Haufen in Chromatinton sich färbender Körner. 

Die Gebilde stellen Makrogametoeyten dar. 


*) Is.-Wfr. ~ Abkürzung für „mit Ieospora infizierter Wasserfrosch“* 



462 


E. Sickmüller: Über die Infektionsverhältnisse 


Form 3: Die oben beschriebenen Gebilde. 

Entwicklungsformen dieser Gruppe weisen aus Gruppe I (Noller) auf: Die 
einsömmerigen Frösche Is.-Wfr. Nr. 1, 6, 7, 19, 20, 22, 25, 27. 

Von Gruppe II ( Sickmüller) die einsömmerigen Frösche Is.-Wfr. Nr. 14, 30, 
31, 60; ferner die mehrjährigen Is.-Wfr. Nr. 6, 7, 8, 25. 

Zusammen 16 Wasserfrösche. 

Gruppe E: Mikrogametocyten und Mikrogameten in ihren verschiedenen 
Entwicklungsstufen. 

Form 4. Bohnenförmige Gebilde wie Gruppe D, aber durch 2, 4 und mehr 
Kerne mit exzentrischem Binnenkörper gekennzeichnet. 

Form 4 a . Gleichartige, aber runde, kugelig gestaltete, vielkemige Gebilde. 

Form 5. Rund, vielkemig. Kerne haben den Binnenkörper schon verloren 
und stellen ein rundliches Brockengerüst von Chromatinbrocken dar. 

Form 6 . Kerne peripher, ordnen ihr Chromatin bereits zu einer hufeisen¬ 
ähnlichen, nach der Mitte des Mikrogametocyten offenen Figur. 

Form 7. Die Chromatin mengen verdichten sich zu je einem rundlichen oder 
schwach langgestrecktem Gebilde. 

Form 7 a. Das Chromatin der Mikrogametenkeme streckt sich und krümmt 
sich plump, kommaförmig. 

Form 8 . Die peripher liegenden Mikrogametocyten strecken sich stark in dk 
Länge, schlängeln sich und bekommen Geißeln. 

Form 8 a. Schwärme reifer Mikrogameten, losgelöst vom zentralen Rest¬ 
körper, aber noch zu Haufen und Schwärmen zusammenliegend. 

Form 8 c. Einzelne freie Gameten. 

Entwicklungsstufen der Gruppe E weisen aus Gruppe I (Nöller) auf: Die 
einsömmerigen Wasserfrösche Nr. 2, 3, 6, 7, 11, 20, 22, 24, 27. 

Aus Gruppe II (Sickmüller): Die einsömmerigen Frösche Nr. 12, 14, 16, 
30, 32, 33, 39, 52, 53, 54, 61, 94 und die älteren Frösche Nr. 1, 2, 5, 6, 7, 25, 69, 92. 

Zusammen also 29 Tiere. 

Gruppe F: Makrogametocyten bis zur Ausreifung zur Befruchtungsfähigkeit 
(die Formen 9—13) und Befruchtungsstadien (Form 131. 

Form 9. Große, langovale, grobvakuolige Parasiten mit Kemstruktur wie 
Gruppe D (Form 3), aber unterschieden durch bedeutendere Größe und durch 
das Fehlen oder die geringere Entfaltung der bohnenförmigen Knickung. Kern 
aber noch polgestellt. In der Nähe des Gegenpoles ein Körnerhaufen. 

Form 10. Form und Größe wie oben, aber Kern in die Mitte gerückt, von 
mehreren lockeren Kömergruppen umgeben. 

Form 11. Kern äquatorial gelagert, mit einheitlicher, sehr lockerer, um¬ 
gebender Kömergruppe. 

Form 12. Kern äquatorial gelegen, ohne umgebende Kömergruppen. 

Form 13. Wie Form 12, von Mikrogameten umschwärmt oder besetzt. 

Diese Entwicklungsgruppe zeigen aus Gruppe I ( Notier) die einsömmerigen 
Wasserfrösche Nr. 24 und 25. 

Aus Gruppe II (Sickmüller) die einsömmerigen Tiere Is.-Wfr. Nr. 12, 14, 16, 
30, 31, 32, 33, 39, 50, 52, 53, 54, 61, ferner die älteren Wasserfrösche Nr. 1, 2, 6, 
7, 8, 25, 69, 91, 92. 

Zusammen also 24 Wasserfrösche. 

Gruppe G: Oocysten bis zum Einsetzen der Teilung in die einzelnen Sporo- 
blasten. 

Form 14. Ovale Form, Kerne zentral: Hülle fertig. 

Form 14 b. Oval. Hülle gebildet. Kern an einem Pole, deutlich mehrere 
Körner (Chromosomen?) zeigend. 



bei dem Wasserfroschcoccid Isospora lieberkühni usw. 463 

Form 15 a. Form mit zentralem Kerne, der soeben Spindelform anzunebmen 
beginnt, die in der Längsachse steht. 

Form 15 a. Form mit schiefgeetelltefr, kurzer, etwa in der Mitte stehender 
Spindel. 

Form 15 6. Form mit langer Spindel, die längs durch die ganze Oocyste 
verläuft und an einem Pole verdickt ist. 

Form 15 c. Längsspindel mit beiderseits spitzen Spindelpolen von Pol zu Pol 
verlaufend. ? 

Form 15 d. Schief gestellte Spindel an einem Oocystenpole. 

Form 15 e. Schief gestellte Spindel. Schief durch die Oocyste verlaufend, 
in der Mitte eine Chromatinverdichtung auf weisend. 

Form 16. An jedem Pole der Oocyste ein Kern, in dem deutlich Chromatin¬ 
brocken hervortreten. 

Form 16 a. An jedem Pole oder doch in seiner Nähe je 2 Kerne. 

Diese Entwicklungsgruppe fand sich nur bei der Gruppe II ( Sickmtitter ), 
und zwar bei den einsömmerigen Wasserfröschen Nr. 94, 95, 96, 99, 101, 156, 
und bei den älteren Fröschen Nr. 25, 69, 74, 76, 78, 79, 84, 86, 90, 91, 92, 93, 116 
117, 122, 135, 136, 140, 167. 

Zusammen bei 25 Wasserfröschen. 

Gruppe H : Zerfall der Oocysten in Sporoblasten und Reifung der 
Sporocysten. 

Form 17 a. Sporoblasten getrennt, zeigen an jedem Pole einen oder 
2 Kerne. 

Form 17 b. Sporocysten ausgereift mit je 4 reifen Sporozoiten und einem 
Restkörper. 

Entwicklungsformen der Gruppe H weisen nur Wasserfrösche der Gruppe II 
(Sickmüller) auf, und zwar die einsömmerigen Is.-Wfr. Nr. 96, 98, 99, 101, 108, 
156, 178; ferner die älteren Nr. 65, 78, 93, 116, 117, 118, 119, 122, 135, 136, 138, 
140, 142, 144, 147, 149, 153, 160, 161, 162, 163, 167, 168. 

Zusammen 30 Wasserfrösche. 

Was die zeitliche Aufeinanderfolge der einzelnen Entwicklungsformen an¬ 
belangt, so soll in* einer kurzen Übersicht zunächst gezeigt werden, in welchen 
Monaten die einzelnen zusammengehörigen Gruppen von Entwicklungaformen 
Aufzufinden sind. 

Es kamen am häufigsten vor: 

Gruppe A und B: Ende April bis Anfang Mai bei 9 Fröschen. 

Gruppe C: Ende April bis Anfang Mai bei 13 Fröschen. 

Gruppe D: Vom 11. bis 20. V. bei 11 Fröschen. 

Gruppe E: Vom 11. bis 31. V. bei 47 Fröschen. 

Gruppe F: Vom 11. bis 31. V. bei 54 Fröschen. 

Gruppe G: Vom 21. V. bi» 20. VI. bei 32 Fröschen. 

Gruppe H: Vom 11. VI. bis 21. VD. und später bei 27 Fröschen. 

Diese Übersicht stellt in großen Zügen die zeitliche Aufeinanderfolge der 
zusammengehörigen Entwicklungsabschnitte des Parasiten dar, ohne daß auf die 
einzelnen Entwicklungsstufen selbst genaue Rücksicht genommen worden ist. 
Um nun auch das Vorkommen der einzelnen Entwicklungsformen ausführlich zu 
würdigen und die gelegentlich vorkommende verspätete Entwicklung einzelner 
Parasitenformen bei den einzelnen Fröschen zum Ausdruck zu bringen, führe ich 
auch den Befall mit den Einzelstadien, geordnet nach deren zeitlichen Aufeinander¬ 
folge an. Hierzu diene die folgende Tabelle. Die in den Quadraten aufgeführte 
.Zahl bedeutet die Anzahl der Frösche. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


33 



464 


E. Sickmüller: Über die Infektionsverhältnisse 


Gruppe der 
Entwirklungs- 

Einzel- 

Ende 

April 

11.-20. 

21.-31. 

1.—10. 

11.-20. 

21.-80. 

i.-n. 

vgl. Einteilung 
auf S. 468 

Stadien 

bis 

10. Mai 

Mai 

Mai 

Juni 

Juni 

Juni 

Juli 

Gruppe 

Stadium 1 

9 

2 

— 

— 

_ 

— 


A, B, C. . 

Stadium 2 

13 

6 

— 


— 

— 

-- 

Gruppe D. 

Stadium 3 

— 

ii 

1 

-- 

— 

— 

— 



Stadium 4 

4 

10 

2 

1 

- - 

-- 

— 



Stadium 5 


8 

3 

— 

— 



Gruppe E. 


Stadium 6 

— 

7 

4 



— 

— 



Stadium 7 

— 

1 

4 


— 


- 



Stadium 8 

i — 

4 

4 

i 1 

1 

— 

— 



Stadium 9 


13 

1 1 

i 

— 

— 




Stadium 10 

_ 

10 

2 

i 

— 

! — 

— 

Gruppe F. < 


Stadium 11 


8 

2 

-- 

— 

— 

— 



Stadium 12 

i 

8 

4 

— 


— 

1 — 



Stadium 13 


2 

4 

1 

— 

! — 

— 


fi 

Stadium 14 


1 

5 

4 

3 

— 

— 

Gruppe G. < 


Stadium 15 


— i 

2 

4 

6 


— 


li 

Stadium 16 

— 

— 1 

— ; 

1 

7 J 

— 

2 

Gruppe H. 

Stadium 17 ! 


— 

2 i 

1 

18 i 

1 | 

! 8 


Aus diesen beiden vorausgegangenen Aufstellungen geht also klar hervor, 
daß die Entwicklung des Parasiten zeitlich ziemlich gleichmäßig bei allen Fröschen 
verläuft und Ende Juni abgelaufen ist, denn von da an finden sich nur noch reife 
Sporogoniestadien (Oocysten mit reifen Sporocysten) vor. Stufen der Schizogonie 
und des Sporogonieanfanges fehlen von Anfang Juni an vollständig. 

3. Sitz der Parasiten in den einzelnen Monaten . 

(Glomerulus-, Tubulusbefall, Sitz in Abkapselungsherden, Sitz im erweiterten 

Tubuluslumen.) 

Von Interesse dürfte nun ferner sein zu erfahren, an welchen Stellen in der 
Niere sich die Entwicklung des Parasiten zu bestimmten Zeiten abspielt. Wenn 
auch NöUer in einer vorläufigen Mitteilung (1923) schon in den Grundzügen kurz 
über diesen Punkt berichtet, möchte ich doch auch aus meiner Arbeit darüber 
die folgende genaue Aufstellung nach ihrem zeitlichen Vorkommen vorlegen. 
Angegeben sind in der Tabelle in Zahlen nur die Anzahl der Frösche. Welcher 
Art diese Stadien sind, erkläre ich unten. 


Sitz der Parasiten 

jEnde April 
bis Anfang 
Mai 

11.—20. 
Mai 

i 

21.-81. 

Mai 

1.—10. 
Juni 

11.—20. 
Juni 

1 21.—80. 
Juni , 

1.-11. 

Juh 

In den 

■l . 1 


i 





Glomerulis 

\f 0 i 







In den 1 

Tubulusepithel. 

!}" 1 

9 

— 

i 

2 

i 

— 

In herdförmig. 

!} 


1 





Infiltraten und ! 
bindegew. Ab¬ 

!j " 

2 

3 

3 

2 

— 

4 

kapselungen 
Frei im Lumen 

' 7 

8 

10 

4 

19 

! 1 

8 







bei dem Wasserfroschcoccid Isospora Jieberkdhni usw. 


465 


Stadien in den Glomerulis finden sich also nur bis spätestens Anfang Mai, 
Es sind dies nur die Stadien der Gruppe A der Parasitenstufeneinteilung (Form 
1 und 2). In den Tubulusepithelien finden sich in der Zeit bis zum 2. Drittel des 
Mai die Stadien 1—4 und 5—12, also Entwicklungsstufen der Gruppen D, E und F, 
vereinzelt auch die spateren Stadien. 

Infolge des fortschreitenden Entwicklungsganges des Parasiten und der Stärke 
der Abwehrreaktion der Niere auf die Parasiten gelangen diese von nun ab entweder 
ungestört in den nur schwach geschädigten Tubulis zur Reife (d. h. zur Sporo- 
gonie), ohne daß die Niere stark reagiert, oder sie werden besonders bei starkem 
Befall, wenn große Mengen von Nierenzellen zerstört werden, je nach dem Alter 
der cellularen Abwehrreaktion in zellreichen Infiltraten oder in mehr oder weniger 
zellarmen, granulationsgewebigem oder bindegewebigem Reaktionsgewebe herd¬ 
förmig abgekapselt gefunden, und zwar hauptsächlich als Stadien der Gameten - 
reifung und der Sporogonie. 

4 . Die pathologisch-histologischen Veränderungen in der befallenen Froschniere. 

Eng verknüpft und genau parallel mit der Parasitenentwicklung und Parasiten¬ 
wanderung verlaufen die aus Parasitensitz, Parasitenschädigung und Parasiten¬ 
abwehr sich ergebenden pathologisch-histologischen Veränderungen. Diese fasse 
ich nun in Form einer Übersicht in Gruppen geordnet zusammen. Ich teile sie 
in folgende Gruppen: 

AA. Verödung der Glomerulusschlingen, Hydrops des Glomerulusraumes. 

Diese Veränderungen finden sich bei den einsömmerigen Wasserfröschen 
Nr. 1, 3, 4 und 11 der Gruppei ( Nöller). 

Zusammen bei 4 Fröschen. 

BB. Herdförmige interstitielle Infiltrate um parasitenbefallene Stellen. 

Veränderungen dieser Gruppe finden sich bei den einsömmerigen Fröschen 
Nr. 4, 7, 19, 23, 24, 26 und bei dem mehrjährigen Nr. 12 der Gruppe I (NöUer), 
sowie von der Gruppe II (Sickmüller) bei den einsömmerigen Fröschen Nr. 12, 14, 
30, 63, 95 und bei den älteren Nr. 1, 6, 7, 8, 25, 69, 74, 86, 90, 91, 92, 117, 118, 
119, 135, 142, 144, 147, 149, 150, 153, 160, 161, 162, 168. 

Zusammen bei 37 Fröschen. 

CC. Tubuläre Veränderungen desquamativer und exsudativer Natur. 

a) Desquamation der Tubulusepithelien und Proliferation der übriggebliebenen 
Epithelzellen (Mitosen). 

Veränderungen der CCa-Gruppe zeigen die Frösche Nr. 7 und 91 (mehr¬ 
jährige), zusammen 2 Frösche. 

b) Leukocytär-tubuläre Tubulusausfüllungen. 

Veränderungen der Gruppe CCb zeigen von Gruppe I (Nöller) die Wasser¬ 
frösche Nr. 20, 25, 27 (einsömmerig) und von Gruppe II (Sickmüller) die älteren 
Frösche Nr. 90, 91, 167. 

Zusammen 6 Frösche. 

DD. Cystöse Erweiterungen der Tubuli, die Sporogoniestufen enthalten; 
Abflachung der Tubulusepithelien. 

Veränderungen der Gruppe DD weisen nur Frösche der Gruppe II (Sickmüller) 
auf, und zwar die Frösche Nr. 31, 32, 33, 39, 50, 53, 94, 96, 98, 99, 101, 108, 156 
(einsömmerig) und die älteren Frösche Nr. 25, 65, 69, 79, 92, 93, 116, 117, 118, 
119, 122, 135, 136, 138, 140, 142, 149, 153, 160, 161, 163. 

Zusammen 35 Wasserfrösche. 

BE. Bindegewebige Infiltrate oder bindegewebige Abkapselungen in herd¬ 
förmiger oder diffuser Anordnung an Stellen, an denen die Tubuli zerstört und die 
Parasiten mit den Interstitien in unmittelbare Berührung gekommen sind. An 


33* 



466 


E. Sickmüller: Über die Infektionsverhältnisse 


solchen Stellen findet man oft Einsprengungen von Parasiten in diese Granulations¬ 
gewebeherde oder Bindegewebsnarben. 

Die Veränderungen dieser Gruppe finden sich von Gruppe II (SickmäUer) bei 
den Fröschen Nr. 156 (einsömmerig) und den älteren Nr. 25, 74, 76, 78 ; 84, 122?, 
135, 136, 140, 142, 150, 160, 163, 167. 

Zusammen bei 15 Fröschen. 

Nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ordne ich die pathologisch-histologischen 
Veränderungen in der folgenden Tabelle, wobei ich die gleiche Zeiteinteilung wie 
bei den Parasitenbefunden bei behalte: 


Verände¬ 
rungen der 
Gruppe 

Ende 

April 

bis 

10. Mai 

11.-20. 

Mai 

21.—8L 

Mal 

1.-10. 

Juni 

11.—20. 
Juni 

21.—80. 
Juni 

1.-H. 

JnU 

AA. 

4 

— 

— 

—. 

— 

— 

— 

BB. 

7 

1 1 

8 

3 

4 

10 

i 

4 

cc.;| 

1 

1 

3 


1 

3 



1 

DD. 

— 

5 

5 

2 

17 

i 

5 

EE. 

— 

1 

3 

1 

6 

— 

4 


Die pathologisch-anatomischen Veränderungen begleiten also, wie aus der 
Tabelle ersichtlich ist, ganz folgerichtig die Vorgänge beim ParasitenbefalL Die 
Glomeruli sind pathologisch verändert bei allen und — auch nur — bei den Nieren, 
deren Glomeruli von den Parasiten befallen sind. Herdförmige Infiltrate um 
parasitenbefallene Stellen (Gruppe BB) finden sich naturgemäß wahrend der 
ganzen Infektionsdauer als reaktive Erscheinung. Tubuläre Veränderungen 
[Gruppe CCa) und CCb)] waren verhältnismäßig selten zu sehen. 

Cystöse Erweiterungen der befallenen Tubuli und herdförmige Parasiten- 
abkapselungen (Gruppe DD und EE) traten entsprechend dem fortgeschrittenen 
Entwicklungskreislaufe des Parasiten erst nach erfolgtem Abstiege in die Tubuli, 
bei älterer Infektion mehr gegen Ende der Entwicklung, d. h. während der Sporo- 
gonie in Erscheinung. 

Schlußbetrachtung . 

Mit der von Noller bereits früher bei mehreren Protozoenarbeiten mit Erfolg 
benutzten Methode der Untersuchung junger, parasitenbefallener Tiere ist es beim 
Nierencoccid des Wasserfrosches nicht nur gelungen, die ganze Entwicklung und 
den Infektionsverlauf in allen Abschnitten festzulegen, sondern auch die Zu¬ 
sammenhänge zwischen den pathologisch-anatomischen Veränderungen und dem 
Parasitenbefall Schritt für Schritt nachzuweisen. 

Die Aufnahme ausgereifter Sporen des Vorsommers führt bei den Wasser¬ 
fröschen auf dem Wege der Blutinfektion (Milzbefall nach Nöfter 1923) nach 
dem Hervorkommen der Frösche aus dem Winterquartier im April und zu An¬ 
fang des Mai des nächsten Jahres zur Infektion der Nierenglomeruli mit Schi- 
zonten, die in Merozoitenhaufen zerfallen. Bei geringem Befalle bleiben die 
Tubuli ungeschädigt; bei stärkerem Befall kann Schrumpfung und Verödung der 
Glomerulusschlingen und cystöse Erweiterung des Glomerulus einsetzen. Ende 
April bis Mitte Mai steigen die aus den Glomerulis freigewordenen Merozoiten in 
die Tubuli hinab und machen hier weitere Schizogonien durch. 

Von Ende April bis etwa zum 20. V. beginnt in den Tubulusepithelien das 
Heranwachsen der weiblichen Gameten, die mit jungen Mikrogametocyten unter¬ 
mischt sind. Bei geringem Befall fehlen Erscheinungen, bei leichter Schädigung 
zeigen sich im Tubulus Epitbeldesquamation und Epithelregeneration (Mitosen), 









bei dem Wasserfroschcoccid Isospora lieberkühni usw. 


467 


bei schwerer Schädigung tritt leukocytär-tubuläre Nephritis mit starker Beteiligung 
von Eosinophilen hinzu und im Intefstitium Eosinophilie und kleinzellige Infil¬ 
tration. 

Die Ausreifung der Makrogameten und der Mikrogameten und die Befruchtung 
der Makrogameten erfolgt in der Zeit vom 11. bis 31. V. 

Vom 21. V. bis zum 20. VI. erfolgen die auf die Befruchtung hin einsetzenden 
und der Sporoblastenbildung vorausgehenden Kernteilungen in der Oocyste. 

Vom 11. VI. an etwa ist die Aufteilung der Oocysten in die Sporocysten 
beendet. 

Die bei der Ausreifung der Makrogameten einsetzende starke Vergrößerung 
des Parasiten hat zur Folge, daß durch die Masse der sich vergrößernden Parasiten 
die Tubuli cystös ausgeweitet werden. Hochgradig in dieser Form veränderte 
Nieren erscheinen als dünnes Maschenwerk mit weiten parasitengefüllten Hohl¬ 
räumen und zeigen sich makroskopisch stark vergrößert und weiß gefärbt durch 
die Parasitenmasse. Wo dieses Stadium überwunden wird, und wo es der Niere 
gelingt, die nicht zur Ausscheidung gelangenden Sporocysten abzukapseln, treten 
uns kleinere oder größere Herde von Granulationsgewebe bzw. Bindegewebe bei 
älteren Stufen entgegen, in denen noch Oocysten oder Sporoblasten nachweisbar 
sind. 

Bei älteren Fröschen sind solche herdförmige Infiltrate oder Narben im 
Sommer oft der einzige Hinweis auf eine abgelaufene Isospora-Nephritis. 

Was nun das Verhalten alter und junger Frösche anbelangt, so läßt sich zeitlich 
ein vollkommen gleichartiger Ablauf der Infektion nachweisen. 

Auch in der Häufigkeit der Infektion sind die Schwankungen nicht allzu auf¬ 
fällig. Ein Unterschied springt aber außerordentlich ins Auge: Bei den einsömme¬ 
rigen ist diffuser, gleichmäßiger Befall der Nieren in ihrer Gesamtheit die Regel, 
während bei alten Fröschen neben denen mit diffuser Veränderung und Infektion 
der Niere sehr häufig die herdförmigen Infektionen einzelner Nierenteile eine große 
Rolle spielen. 

Ob diese Erscheinung auf eine gewisse Widerstandsfähigkeit der alten Frösche 
oder auf eine verminderte Gelegenheit zur Sporenaufnahme zurückzuführen ist, 
lasse ich offen. 

Die von Nöller hier benutzte Methode, durch systematische Untersuchung von 
Jungtieren in allen Altersstufen Infektionen mit parasitischen Protozoen in ihrem 
Verlaufe aufzuklären, hat hier also zu fast vollständiger Klärung geführt. Es 
dürfte sich deshalb empfehlen in gleicher Weise auch dem Gänsenierencoccid und 
dem Mäusenierencoccid zu Leibe zu gehen. 


Literaturverzeichnis. 

Labbi , A. (1899), Sporozoa. In: Das Tierreich, 5. Lief., S. 55. — Laveran , A ., 
und Memil , F. (1902), Sur la coccidie trouv6e dans le rein de la Rana esculenta 
et sur Finfection gänörale qu’elle produit. Cpt. rend. hebdom. des söances de l’acad. 
des Sciences 135 , 82—87. — Noller, W. (1913), Die Blutprotozoen des Wasserfrosches 
und ihre Übertragung. I. Teil. Arch. f. Protistenkunde 31 , 169—240. — Nöller , W. 
(1920), Kleine Beobachtungen an parasitischen Protozoen. (Zugleich vorläufige 
Mitteilung über die Befruchtung und Sporogonie von Lankesterelia minima Chaus- 
sat.) Arch. f. Protistenkunde 41 , 169—189, bes. S. 177. — Nöller , W. (1923), 
Zur Kenntnis eines Nierencoccids. Der Entwicklungskreis des Coccids der Wasser¬ 
froschniere [Isospora lieberkühni (Labbö 1894)]. Arch. f. Protistenkunde 47, 
101—108. 



Stalagmometrische Untersuchung des Pferdeserums unter 
besonderer Berücksichtigung der Trächtigkeit 

Von 

Obers tabsveterinär Karl Oalke, Dtsch.-Eylau. 

(Aus der Poliklinik für große Haustiere der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin^ 

[Referent: Prof. Dr. K. 

Aus wirtschaftlichen, praktischen und forensischen Gründen ist 
eine möglichst frühzeitige und sichere Trächtigkeitsdiagnose erwünscht. 
Die Untersuchungsmethoden, die dieses Ziel verfolgten, wurden wesent¬ 
lich vervollkommnet, seit das Uteringeräusch als bedeutsames Trächtig¬ 
keitssymptom beim Rinde von Dennhardt 1 ) erkannt und in Betracht 
gezogen wurde. Später hat dann Richter 2 ) festgestellt, daß das Arterien- 
schwirren (Uteringeräusch) auch beim Pferde auslösbar ist und ein 
wichtiges, diagnostisch verwertbares Symptom der Gravidität dar¬ 
stellt. Als wertvolle Forschung auf diesem Gebiete muß auch die 
Arbeit Ziegers bezeichnet werden. Zieger*) fand neben anderen cha¬ 
rakteristischen Veränderungen der zuführenden Uterinarterien, be¬ 
sonders der Art. uterina media, Dickenzunahme und geschlängelten 
Verlauf, die aber nicht gleichmäßig auf beiden Seiten in Erscheinung 
treten, sondern erheblich stärker auf der Seite des trächtigen Homes 
nachzuweisen sind. Es ist ferner gelungen, durch galvanometrische Auf¬ 
nahme der Aktionsströme des fötalen Herzens bei der Stute den Beweis 
der Trächtigkeit zu erbringen 4 ), doch bleibt abzuwarten, ob diese 
Methode sich einbürgem und für die Praxis Bedeutung erlangen wird. 

Neben den Bestrebungen, die Trächtigkeit durch äußere und innere (klinische ! 
Untersuchungen zu diagnostizieren, ist man auch bemüht gewesen, jenen Zustand 
durch Untersuchungen im Laboratorium zu erkennen. Was das Dialysierver- 
fahren nach Abderhalden?) — Nachweis des Abbaus von Placenta durch das Serum 
Schwangerer — betrifft, so führt es nach Richter*) leicht zu Fehlresultaten, er¬ 
fordert peinliche Genauigkeit und Zeit und hat mehr wissenschaftliche Bedeutung. 
Auch die Trächtigkeitsbestimmung mittels Blutsedimentation beim Rinde 7 ) und 
Pferde 8 ) hat praktische Resultate nicht gezeitigt. Die Senkungsgeschwindigkeit 
der roten Blutkörperchen wird durch die Trächtigkeit des Pferdes nicht beein¬ 
flußt. Nach den in der Medizin gemachten Veröffentlichungen von Kamnitzer 
und Joseph , daß eine Frühgravidität durch intramuskuläre Phloridzininjektionen 
nachgewiesen werden könne, hat Eberhard •) mit demselben Mittel bei Rindere 
Versuche angestellt. Seine Beobachtungen sind ähnlich den von den erst genuinten 
Autoren gemachten, so daß er ein weiteres Arbeiten in dieser Richtung für an¬ 
gezeigt hält. Müller 10 ) dagegen lehnt auf Grund seines an einer größeren Anzahl 
von Tieren gemachten Beobachtungsmaterials die Phloridzininjektion als Trachtis- 
keitsdiagnosticum ab. Die interferometrische Methode nach Hirsch 11 ) erstrebt 
den Nachweis von Abwehrfermenten im Serum gravider Stuten durch die Fest 
Stellung des Unterschieds in der Lichtbrechung gegenüber dem Serum niehttragen- 
der Tiere. Unter 92 Versuchen wurden bei 4 Fehlresultaten 88 = 95,56% richtige 



K. G&lke: Stalagmometrische Untersuchung des Pferdeserums usw. 469 

Ergebnisse erzielt. Nachdem Schemenslcy 1 *) u ) Oberflächenspannungsmessungen 
am Harne Gravider vorgenommen und dabei eine Herabsetzung der Spannung 
feststellen konnte, wurde vermutet, daß es vielleicht möglich ist, durch den Grad 
der Oberflächenspannung eine Gravidität in sehr frühen Anfängen zu diagnosti¬ 
zieren, zumal die chemische Zusammensetzung des Blutserums in der Schwanger¬ 
schaft gegenüber der Norm nach Zangemeister und anderen, zitiert nach Kisch 
und Remertz 1 *) ebenfalls eine Änderung erfährt. Seither sind auch in der Veterinär¬ 
medizin 2 Arbeiten (Fiege und Mucha) bekanntgeworden, welche stalagmometrisch 
Untersuchungen am Pferde- und Rinderham sowie am Blutplasma des Rindes 
unter besonderer Berücksichtigung der Trächtigkeit zum Ziel hatten. Fiege 16 ) 
kommt zu dem Ergebnis, „daß es möglich ist, aus der Erhöhung des stalagmome- 
trischen Quotienten auf physiologisch abnorme Zustände, Trächtigkeit im Organis¬ 
mus, zu schließen“, erwähnt allerdings die zur Zeit noch vorhandenen Schwierig¬ 
keiten der Auswertung der Ergebnisse, die besonders bei laktierenden Pferden 
und Rindern bestehen. Mucha 1 *), der das von tragenden Rindern gewonnene 
Plasma untersuchte, fand im allgemeinen eine Abnahme der Oberflächenspannung 
bei zunehmender Trächtigkeit. Mucha folgert daraus, daß mit fortschreitender 
Trächtigkeit im Blute eine Zunahme von Stoffen stattfindet, welche die Ober¬ 
flächenspannung verringern. Er kommt aber zu dem Schluß, daß... „2. jedoch 
innerhalb der abgegrenzten Versuchsgruppen individuelle Schwankungen der 
Oberflächenspannungswerte auftreten, die nicht erlauben, mit Sicherheit auf 
Trächtigkeit überhaupt oder auf gewisse Stadien der Gravidität Rückschlüsse 
zu ziehen“. 

Von Herrn Prof. Dr. Neumann, Direktor der Poliklinik für große 
Haustiere an der Tierärztlichen Hochschule, Berlin, bekam ich die 
Aufgabe, zu untersuchen, ob und welche Veränderungen der Ober¬ 
flächenspannung des Blutplasmas bzw. Serums tragender Stuten im 
Verlaufe einer Trächtigkeitsperiode entstehen. 

Unter Oberflächenspannung einer Flüssigkeit versteht man den an 
ihrer Oberfläche, oder wenn 2 verschiedene, sich nicht mischende 
Flüssigkeiten in ein Gefäß gebracht werden, an ihren Grenzflächen 
bestehenden Zug, ihre Oberfläche nach Möglichkeit zu verkleinern. 
Dieser Zug oder diese Spannung wirkt auf die Erreichung der kleinsten 
Oberfläche, d. i. der Kugel hin. Die Oberfläche einer Flüssigkeit ist 
nach Bechhold und Reiner 17 ) einer Membran von größerer oder geringerer 
Festigkeit vergleichbar. Die Oberflächenmembran des Wassertropfens 
vermag einem größeren Druck oder Zug Widerstand zu leisten, als 
diejenige des Äthertropfens; Wasser, das man abtropfen läßt, bildet 
demnach große Tropfen in geringer Zahl, das gleiche Quantum Äther 
eine größere Anzahl von Tropfen, aber von kleinerem Umfange; jenes 
bat mithin eine größere Oberflächenspannung als die letztgenannte 
Flüssigkeit. Kristalloide Lösungen haben ziemlich dieselbe Ober¬ 
flächenspannung wie Wasser. Während unlösliche Bestandteile, wie 
rote Blutkörperchen, die Spannung nicht wesentlich beeinträchtigen, 
bedingen Kolloide oder Semikolloide (Eiweißabbauprodukte von Art 
der Oxyproteinsäuren, Albumosen und Peptone) in der Lösung eine 
nicht unerhebliche Herabsetzung der Oberflächenspannung. Bechhold 



470 K. Gaike: Stalagniometrische Untersuchung des Pferdeserums 

und Reiner 17 ) nannten diese Stoffe, welche die Spannung erniedrigen 
Stalagmone. Über die Kolloide macht Schade w ) folgende Ausführungen 
Es gehört zum Begriff des Kolloiden, daß sich Stoffe in einem be 
stimmten Zustande befinden. Zwischen den 3 Aggregatzuständei 
„gasförmig“, „flüssig“ und „fest“ gibt es noch feinste Übergangs 
stufen. So stellen die Nebel eine Zwischenstufe vom Gasförmigei 
zum Flüssigen dar und solche „Nebel“ entstehen auch in der Flüssig 
keit als Vorstufe des Festen, indem sich in der anfangs gleichartige) 
Flüssigkeit zahlreiche kleinste, flüssige Tröpfchen bilden, die allmäb 
lieh dickflüssiger werden und „erstarrenden Schmelzen vergleichbar' 
(Schade) in den festen Aggregatzustand übergehen. Diese Übergangs 
gebilde vermitteln nach Schade am besten die Vorstellung vom Begrif 
des Kolloiden: „Kolloide Lösungen oder, wenn wir allgemeiner sprechen 
kolloide .Zerteilungen* der Materie sind nicht mehr in sich gleichartig 
nicht mehr ,homogen*, sondern dadurch ausgezeichnet, daß eine physi 
kalisch faßbare .Heterogenität* der Stoffverteilung besteht, derart 
daß die sich abtrennenden Teilchen als «disperse Phase* in einer homo 
genen Grundmasse, dem ,Dispersionsmittel*, vorhanden sind.“ Zun 
Kolloidbegriff gehört ferner, daß die Teilchen der dispersen Phase ein 
bestimmte Größe besitzen: „Zur Abgrenzung gegenüber den ech 
gelösten Substanzen ist zu fordern, daß die Teilchen eine solche Groß 
besitzen, daß sich mit den spezifisch-physikochemischen Methode) 
(Ultramikroskop, Ultrafilter usw.) ein physikalisches Abgegrenztseii 
der Teilchen gegenüber der homogenen Grundmasse nachweisen läßt 
andererseits aber dürfen die Teilchen nicht jene Größe erreichen, dal 
sie unter dem Mikroskop sichtbar sind und damit der Lösung de) 
Charakter einer gewöhnlichen Emulsion oder Suspension geben.' 
Zahlenmäßig wird die Größe der Kolloide in der Literatur etwa mi 
einem Durchmesser von Vio -1 /iooo A 4 angegeben. Die größten nähen 
sich also der Sichtbarkeitsgrenze, die kleinsten den Molekülen. Danacl 
wird es klar, daß Kolloide bereits in kleiner Menge eine enorm groß 
Oberfläche entfalten können. „Es ist schwer, aber unbedingt nötig 
sich in die Vorstellung einzuleben, daß eine kolloide Lösung in de 
Menge, wie sie im gewöhnlichen Reagensglas vorhanden ist, bereit 
eine .innere Oberfläche* (d. h. Grenzfläche des Kolloids zum Lösung« 
raum) bis zu Hunderten oder gar Tausenden von Quadratmeter) 
aufweisen kann“ (Schade). Gerade diese letzte Eigenschaft der Kolloide 
die enorme Entfaltung der Oberfläche, bedingt das Bestreben, Ober 
fläche und Oberflächenspannung zu verkleinern, daher ist die letzter 
bei kolloiden Lösungen oft auffallend klein. Es ist vorstellbar, daJ 
sich mit den Änderungen im Stoffwechsel auch die Kolloidmeng 
und Art in den Körperflüssigkeiten ändert. Veränderte physiologisch 
(physiologisch abnorme) und pathologische Zustände werden ata 



unter besonderer Berücksichtigung der Trächtigkeit. 


471 


möglicherweise eine Änderung der Oberflächenspannung der Körper¬ 
flüssigkeiten herbeiführen können. Andererseits bestehen regulato¬ 
rische Einrichtungen, welche bei der außerordentlichen Bedeutung 
des Kolloidzustandes für den menschlichen und tierischen Organismus 
die Aufgabe haben, den Kolloidzustand des Körpers nach Möglichkeit 
vor Störungen zu schützen. 

Methoden. 

Für die Messung der Oberflächenspannung beiHbiologi sehen Untersuchungen 
gibt es verschiedene Methoden. Die wichtigsten sind folgende: 

1. Messung durch Bestimmung der kapillaren Steighöhe nach J. Traube 19 ). 
Da die Phänomene der Kapillarerscheinungen auf Oberflächenspannungen zurück¬ 
zuführen sind, so lassen sich letztere dadurch messen, daß man eine Kapillarröhrc, 
die mit einer Skala versehen, in die zu untersuchende Flüssigkeit eintaucht. Aus 
der Steighöhe derselben, verglichen mit der Steighöhe des Wassers, erhält man 
den Quotienten, welcher die Oberflächenspannung der zu untersuchenden Flüssig¬ 
keit ausd rückt. 

2. Die stalagmometrische oder Tropfenmethode nach J. Traube 19 ) (orAlayfia 
= der Tropfen). Der dazu verwendete Apparat (Stalagmometer) besteht aus 
einer dünnen, in der Mitte zu einer Kugel von bestimmtem Volumen ausgezogenen 
Röhre, deren unterer Abschnitt 2 mal rechtwinklig gebogen und deren unteres 
Finde mit einer plangeschliffenen Abtropffläche versehen ist. Oberhalb und unter¬ 
halb der Kugel ist die Glasröhre graduiert und mit Kingmarke versehen. Die zu 
untersuchende Flüssigkeit wird in Kugel und Bohre hochgesogen und in der Zahl 
der Tropfen, welche von dieser Flüssigkeit mit bekanntem Volumen, das von Ring¬ 
marke zu Ringmarke reicht, abfallen, hat man den Ausdruck der Oberflächen¬ 
spannung, also bei großer Spannung geringe Tropfenzahl, bei niedriger Spannung 
erhöhte Tropfenzahl. Auf jeden Apparat ist das Volumen, das ist die Tropfonzahl 
für Wasser, bei einer bestimmten Temperatur eingraviert. Aus technischen Gründen 
hat aber jeder Apparat ein anderes Volumen, und die angegebene Tropfenzahl 
einer untersuchten Flüssigkeit läßt sich demnach nur mit demselben Stalogmometer 
nachprtifen. Es ist also zu Vergleichszwecken praktisch, die Anzahl der ermittelten 
Tropfen auf Normaltropfen umzurechnen, d. h. auf diejenige Tropfenzahl, die ein 
Stalagmometer mit der Eichungszahl „100“ ergeben würde. 

3. Da die Tropfenmethode zwar einfach in der Durchführung, bei viscösen 
Lösungen aber recht zeitraubend ist, durch Verdampfung und Ausdiffundieren 
von Gasen bei der Verteilung in Tropfen auch Fehler entstehen können, so hat 
man neuerdings zur Beurteilung der Oberflächenspannung die Kraft gemessen, 
welche gerade imstande ist, den Objektträger oder Ring von der Flüssigkeitsober¬ 
fläche, die er berührte, abzuziehen, diese von Searle und LeconUe du Nouy ein¬ 
geführte „Methode der Adhäsionsplatten oder Ringe“ wurde von R. Brinlcman 
und E . van Dam 90 ) durch Verwendung der Torsionswage noch wesentlich verbessert 
und hat damit, wie angegeben wird, die Vorteile der Genauigkeit und sehr ein¬ 
fachen Handhabung. 

Technik der Stalagmometrie. 

Durch einen am oberen Ende des Stalagmometers angesetzten Schlauch wurde 
das zu untersuchende Serum in den Apparat bis zur oberen Ringmarke hoch¬ 
gesogen, und nun wurde die Zahl der Tropfen, welche sich von der unteren plan 
geschliffenen Abtropffläche loslösten, so lange gezählt, bis alles Serum aus der 
Kugel geflossen und die untere Ringmarke erreicht hatte. Durch die Graduierung 
der Glasröhre ließen sich auch Bruchteile eines Tropfens bestimmen, doch mußte 



Untersuchungs-Xr. 


472 K. Galke: Stalagmometrische Untersuchung des Pferdeserurns 


Tabdl 


Name des 
Pferdes. Alter, 
N&hrzustand 


1. Lotte, 6 J., 

N. gut 

2. Agnes, 12 J., 


N. befriedig. 

S. Jantra, 12 J., 
N. zieml. gut 

4 Liese, 16 J., 

N. zieml. gut 

♦'». Ursula, 14 J., 
N. mäßig 

6 Paula, .16 
N. gut 

7. Klara, 10 J., 

X. zieml. gut 

a Müllerin, 12 J., 
N. gut 

9. Laura, 12 J., 

N. zieml. gut 

10. : Schwalbe K., 

I 18 J., N. gut 

11. j Sylvia K., 18 J., 
1 N. gut 

Selma K., 18 J., 
X. gut 

Inge, 18 J., 

X. ziemLgut 

14. Ypern, 11 J., 
X. zieml. gut 

Iß- Juki», 10 J., 
X. zieml. gut 


Gedeckt] 

im 

Monat 


Juni 

1922 

Mai 

1922 

Fcbr. 

1022 

April 

1022 

März 

1022 

März 

1922 

April 

1922 

April 

1922 

März 

1922 


§ Gefohlt 

tac 

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Aber¬ 

mals 

[gedeckt 


12 . 

18. 


+ 10.5.28 22.6.28 
+ 180. 4.28 16.6.28 
+ 80.1. 28 7.2.28 

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6.2.28 

2.2.28 

28.1.28 




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6.1.23 

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6.1.28 

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- 

- 

- 


- 

- 

1 -- 


durch entsprechende Vorversuche festgestellt werden, wieviel Teilstriche der Skala 
einem Tropfen entsprachen, wobei auf einen solchen stets 24 Skalenteile ermittelt 
wurden. Wenn also beim Abtropfen der Flüssigkeit, die bis zur oberen Ringmarke 
hochgesogen wurde, nach Entleerung des oberen Skalenteils, der Kugel und von 
13 Teilstrichen der unteren Skäla 21 Tropfen gezählt wurden, so enthielt das 
Volumen — da die untere Ringmarke bei Teilstrich 20 lag — 21 7 lu = 21,25 Trop¬ 
fen. Die Abtropffläche muß frei von jeder Fettschicht und vollkommen benetzt 
sein, die Bildung von Luftblasen in der Flüssigkeitssäule sowie Erschütterungen 
des Zimmers, welche die Loslösung des Tropfens beschleunigen, sind zu vermeiden. 
Die Untersuchung soll bei senkrechter Stellung der Glasröhre und bei stets gleich¬ 
bleibender Temperatur erfolgen. Das zu untersuchende Serum muß, wie Kisch 
und Remertz 1 *) betonen, klar sein; es darf nicht aus hämolysierten Erythrocyten 
ausgetretenes Hämoglobin enthalten, da trübe und rötlich tingierte Sera stets 
einen niedrigeren Oberflächenspannungswert ergeben. Die Ausflußgeschwindig¬ 
keit wurde durch Anbringen einer Klemmschraube an den Gummischlauch auf 




unter besonderer Berücksichtigung der Trächtigkeit. 


473 


/. 


Blut¬ 

ent¬ 

nahme 

am 

Ermittelte 

Tropfenzahl 

Errechnete Tropfen¬ 
zahl für Normal- 
Stalagm. 100 

Blut¬ 

ent¬ 

nahme 

am 

Ermittelte 

Tropfensahl 

Errechnete Tropfen¬ 
zahl für Normal- 
Stalagm. 100 

Blut¬ 

ent¬ 

nahme 

am 

Ermittelte 

Tropfenzah! 

Errechnete Tropfen* 
zahl für Normal 
Stalagro. 100 

Blut¬ 

ent¬ 

nahme 

am 

Ermittelte 

Tropfenzahl j 

J 

Errechnete Tropfen-I 
zahl für Normal- i 
Stalagm. ICO | 

Blut¬ 

ent¬ 

nahme 

am 

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Errechnete Tropfen-, 
zahl für Normal- 
Stalagm. 100 1 

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21,47 

112,70 

9. 3. 2» 

21,88 

112,28 

6.4.28 

21,14 

110,97 

4.5. 23 

21,19 

111,28 

8.6.28 

21,38 

112,28 

9.2.28 

21,52 

112,96 

9.8.28 

21,42 

112,44 

6. 4. 28 

21,52 

112,96 

4. 5. 28 

21,19 

111,28 

8.6.23 

21,42 

112,44 

10.2.28 

21,47 

112,70 

10. 8. 28 

21,42 

112,44 

7. 4.28 

21,47 

112,70 

5. 5. 28 

21,52 

112,96 

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111.96 

19.2.28 

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111,96 

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21,47 

112,70 

6. 6. 28 

21,26 

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9.6.23 

21,23 

111,44 

10.2.28 

21,19 

111,28 

10. 8. 28 

21,88 

111,96 

7.4.23 

21,14 

110,97 

5. 5. 23 

21,28 

111,70 

9.6.28 

21,42 

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10.2.28 

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112,96 

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7. 4.28 

21,28 

111,70 

5.5. 28 

21,28 

111,44 

9.6.23 

21,19 

111,28 

V2.28 

21,83 

111,96 

1 

9.3.23 

21,52 

112,96 

10.4.28 

21,52 

112,96 

8. 5. 28 

21,52 

112,96 

9.6.23 

i 

21,42 

i 

112,44 

8.2.28 

21,52 

112,96 

9.8.28 

21,47 

112,70 

10.4.23, 

21,28 

111,70 

8. 5. 23 

21,28 

111,70 

9.6.23 

21.28 

111,70 

10.2.28 

21,47 

112,70 

10. 8. 28 

21,42 

112,44 

7. 4. 23 

21,57 

113,22 

5. 5. 23 

21,52 

112,96 

9.6.28 

21.47 

112,70 

10.2.28 

21,88 

112,28 

10. 8. 28 

21B8 

112,28 

7. 4. 28 

21,47 

112,70 

5.5. 23 

21,38 

112,28 

9.6.23 

21 £8 

112,28 

10.2.23 

21,19 

111,28 

10. 8. 23 

21,28 

111,44 

7. 4. 28 j 

21,88 j 

111,96 

5. 5. 28 

21.42 

112,44 

9.6.28 

21,47 

112,70 

10.2.28 

21,47 

112,70 

10.8.28 

21,47 

112,70 

7. 4. 23 

21,28 1 

111,70 

5. 5. 23 

21,42 

1 

112,44 

9.6.28 

21,88 

1 

112,28 

10.2.28; 

21,47 , 

112,70 

10.a28 

21,28f 

116,95 

i 

7. 4. 28 

21,52 

112,96 

5. 5. 23 

1 

21,66 

118,70 

9.6.28 

21,66 

118,70 

10.2.28, 21,8* 

112^8 

10.a28 

21,47 

112,70 

7. 4. 28 

21,66 i 

118,70 

5. 5. 23 

21,47 

112,70 

9.6.28 

21,28 

111,70 

10.2.28 

21,42 

| 112,44 

| 

10.8.28 | 

j 21,47 

1 112,70 

i 

7. 4. 28 

21,61 

118,43 

5. 5. 28 

i 

21,57 

i 

112,22 

9.6.28 

21,42 

112,44 


höchstens 20 Tropfen in der Minute reguliert. Neben all diesen zu beobachtenden 
Maßnahmen ist peinlichste Sauberhaltung des Apparates und Prüfung vor jeder 
Ingebrauchnahme ein unbedingtes Erfordernis. Wenn hintereinander mehrere 
Sera zu untersuchen sind, so genügt nach Kisch und Remertz* 1 ) d$s mehrmalige 
Aufziehen von Aqua dest. zwischen den einzelnen Bestimmungen. 

Eigene Versuche . 

Nachdem ich mich im Oktober 1922 während der Dauer von 14 Tagen 
in der Poliklinik für größere Haustiere der Tierärztlichen Hochschule 
zu Berlin in die Technik der Untersuchung eingearbeitet, untersuchte 
ich zunächst das Plasma von Stuten. Dem frisch entnommenen Blute 
wurde Oxalsäure zugesetzt, um die Gerinnung zu verhindern. Am 
nächsten Tage, wenn sich die Blutkörperchen genügend abgesetzt 



474 


K. Galke: Stalagmometrische Untersuchung des Pferdeserum.s 


Tabelle 


Unter- j : Name de« Blutentnahme 
«u- |p Pferdes, unter 

chungB-| Alter, N»hr-, am welchen 

Nr. tustand i Bedingung. 


IG 

17 

18 

19 

20 

21 

22 

23 


I; Olaf 
17 Jahre 
| N. mäßig 

Peter 
16 Jahre 
N. mäßig 

Samuel 

12 Jahre 
N. recht 

gut 

Qualität 
14 Jahre 
N. recht 
gut 

Rakete 

13 Jahre 
N. recht 

gut 

Rose K. 
13 Jahre 
N. gut 

Tante K. 
12 Jahre 
N. gut 

Panther 
16 Jahre 
N. befrie¬ 
digend 


I nach 
I anstreng. 


18.6. 

23 


18.6. 

23 


18.6. 

23 


15.6. 

23 


15.6. 

23 


15.6. 

23 


Arbeit, all¬ 
gemeiner 
Schwei߬ 
ausbruch 

do. 


do. 


vormittags 
10 Uhr, 
nüchtern 


do. 


vormittags 
10 Uhr 


15.6. 

23 


19.6. 

23 


do. 


vormittags 
9 Uhr, 
Phlagmone 
T: 39,4 


Er¬ 

mittelte 

Trop¬ 

fenzahl 

i Errechnete 
ITropfenzahl 
| fürNormal- 
Stalagm. 

i 100 

Blutentnahme 

unter 
am welchen 

Bedingung. 

Er¬ 

mittelte 

Trop¬ 

fenzahl 

Errechnete 

Tropfenzahl 

fürNormal- 

Stalagm. 

100 




■ nach 
i mehrstünd. 


i 

21,66 

j 113,70 

18.6. 

23 

Ruhe; 

2 Std. nach 

21,47 

112,70 


1 


dem 




1 

j 


Mittagfutt 



21,71 

113,96 

! 18.6. 
23 

do. 

21,42 

112,44 

21,33 

) 

111,96 

18.6. 

23 

do. 

21,23 

111,44 

21,76 

114,22 

! 

i 

15.6. 

23 

mittags 

1 Uhr 

21,14 

! 

i 

i 

110,97 

21,71 

i 

113,96 

15.6. 

23 

do. 

21,09 

110,70 

21,14 

110,97 

i 

15.6. 

23 

do. 

21,09 

110,70 

21,14 

110,97 

15.6.1 

23 

do. 

i 

21,09 

110,70 

21,04 

110,44 : 

20.6. 

23 

vormittags 
9 ühr, 
Phlagmone 

21,00 

110,23 


T: 39,3 


hatten, wurde das klare Plasma abpipettiert, 20 Min. lang zentri» 
fugiert und untersucht; dabei fielen meist nicht einzelne Tropfen ab, 
sondern infolge der Zähflüssigkeit des Materials trat häufig Faden¬ 
bildung ein, und die tagelang fortgesetzten Versuche ließen das Plasma 
des Pferdes als ungeeignet für die Untersuchung mit dem zur Verfügung 
stehenden Stalagmometer erscheinen, weshalb die weiteren Messungen 
am Serum vorgenommen wurden. In der Zeit von Anfang November 
1922 bis Anfang Juni 1923 untersuchte ich fortlaufend alle 4 Wochen 
das Serum von 12 tragenden Stuten, von denen mir die Blutentnahme 
durch das freundliche Entgegenkommen ihrer Besitzer, des Herrn 




unter besonderer Berücksichtigung der Trächtigkeit. 


475 


Harne des 
Pferdes 


Blutentnahme 

unter 
welchen 
Bedingung. 


Er¬ 

mittelte 

Trop- 

fenxahl 


[aalität K. 


takete K. 


tose 


Tante 


16.6. 

23 


16.6. 

23 


16.6. 

23 

16.6. 

23 


vormittags 
10 Uhr 


do. 


vormittags 
10 Uhr 
nüchtern 


do. ! 21,33 


21,42 


21,38 


21,47 


Errechnete 
Tropfenx&hl 
für Normal- 
Stalagm. 
100 


Blutentnahme 

unter 
welchen 
Bedingung. 


112,44 


112,28 


112,70 


111,96 


16.6. 

23 


16.6. 

23 

16.6. 1 
23 

16.6. 

23 


mittags 
1 Uhr 


do. 


do. 


do. 


jjj. Errechnete 

"i““ ÄT- 

ä ! 


21,38 


21,52 


21,52 


21,33 


112,28 


112,96 


112,96 


111,14 


Stürkow-Freundshof, Herrn Dorsch-Silberhof und einiger anderer ge¬ 
stattet wurde. Die Blutentnahme geschah regelmäßig zur selben 
Tageszeit, nämlich zu Beginn des Mittagfutters. Zur Kontrolle wurden 
zu gleicher Zeit jedesmal auch 3 nichttragende Stuten des hiesigen 
Truppenteils (II/I.-R. 3.) Blutproben entnommen. Das gewonnene 
Blut ließ ich zunächst 2 Stunden lang möglichst kühl stehen, dann 
wurde es für ca. 4 Stunden im Wasserbade einer Temperatur von 
35° ausgesetzt. Das erhaltene Serum wurde am nächsten Tage ab¬ 
pipettiert, 20 Min. lang zentrifugiert und bei stets ziemlich gleicher 
Z imm ertemperatur von etwa 15° untersucht. Dazu benutzte ich ein 





476 K. Galke: Stalagmometrische Untersuchung des Pferdeserums usw. 

Stalagmometer nach Traube, das auf 19,05 Tropfen Wasser bei 15° geeicht 
war; das Ergebnis ist in den beigefügten Tabellen niedergelegt. Zu Ver¬ 
gleichszwecken wurde der für biologische und medizinische Untersuchun¬ 
gen übliche Quotient, d. h. die Tropfenzahl für das Serum, bezogen auf 
ein Nonnalstalagmometer, welches 100 Normalwassertropfen bei 15° 
gibt, ermittelt, und zwar nach der Formel 100 • Z : Zw, wobei Z die 
Tropfenzahl für das Serum, Zw diejenige für Wasser ist. 

Die unter Nr. 1—8 geführten Stuten wurden nach dem Abfohlen 
wieder belegt, mit Ausnahme von Nr. 6. Die Pferde Nr. 10—12 waren 
nichtgedeckte Stuten; sie sind in der Tabelle mit K = Kontrollpferde 
bezeichnet. Nr. 9, im März 1922 gedeckt, erwies sich im Frühjahr 
des nächsten Jahres als nicht tragend; das Tier wurde im März 1923 
abermals dem Hengste zugeführt, und im September d. J. konnte 
die Trächtigkeit bei diesem Pferde sowohl wie bei den anderen im 
gleichen Jahre gedeckten klinisch nachgewiesen werden. 

Der Untersuchungsbefund zeigte, daß die Normaltropfenzahl des 
Serums der tragenden Tiere vom 6. Monat der Trächtigkeit an bis 
zum Abfohlen (vgl. Nr. 1—8) zwischen 110,97 und 112,96, bei den 
im 1. bis 6. Monat tragenden Stuten zwischen 111,70 und 113,70 
schwankte (vgl. Nr. 9, 13—15), während die Normaltropfenzahl bei 
den Kontrolltieren zwischen 110,97 und 112,70, also innerhalb der 
Schwankungsbreite des Serums gravider Stuten lag; die Werte, welche 
bei den in der Laktation befindlichen Pferden gefunden wurden, be¬ 
trugen 111,28 bis 113,70 Normaltropfen. 

Im Gegensatz zu Mucha, der allerdings das Plasma — nicht das 
Serum — tragender Rinder untersuchte und mit fortschreitender 
Trächtigkeit im allgemeinen eine Zunahme der Tropfenzahl, d. h. eine 
Abnahme der Oberflächenspannung fand, bin ich auf Grund der von 
mir gefundenen Zahlen der Ansicht, daß die Oberflächenspannung 
des Pferdeserums durch die Trächtigkeit kaum oder nicht derartig 
beeinflußt wird, daß letztere durch die stalagmometrische Unter¬ 
suchung nachzuweisen wäre, da in jedem Stadium der Trächtigkeit 
Oberflächenspannungswerte des Serums auftreten, die gleich oder 
nahezu gleichwertig auch bei nichttragenden Tieren gefunden werden. 

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem, was Kisch und Äemertz 14 ) 
bei den stalagmometrischen Untersuchungen des Serums Gravider 
feststellen konnten, nämlich daß die Oberflächenspannung dieser Sera 
vollkommen mit dem Normalwert übereinstimmt, ein Befund, der 
nach den genannten Autoren den Verhältnissen entspricht, die der 
eine von ihnen (Kisch) auch bei der vergleichenden Messung der Ober¬ 
flächenspannung des Serums von Männchen und graviden Weibchen 
verschiedener Kaltblüter nachweisen konnte. 



W. Freundlich: Über ein Adenocarcinom bei der Katze usw. 


477 


Literaturverzeichnis, 

*) Dennhardt, Das Uteringeräusch beim Rind. Berlin, tierärztl. Wochen¬ 
schr. 1905, Nr. 23. — *) Richter, J., Das Uteringeräusch beim Pferd. Berlin, tier¬ 
ärztl. Wochenschr. 1922, Nr. 10. — 3 ) Zieger , Die Diagnose der Trächtigkeit des 
Rindes. Inaug.-Diss. Bern 1908. — 4 ) Nörr , •/., Ein neuer Trächtigkeitsnachweis 
in der Veterinärmedizin durch galvanometrische Aufnahme der Aktionsströme 
des fötalen Herzens. Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1921, Nr. 1 und 2. — Ä ) Abder¬ 
halden, E ., Abwehrfermente. 4. Aufl. 1914. — •) Richter , «/., Zehn Jahre geburts¬ 
hilfliche Klinik. Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1921, Nr. 34. — 7 ) Franz, W., 
Versuch einer Trächtigkeitsbestimmung mittels Blutsedimentation beim Rinde. 
Inaug-Diss. Dresden-Leipzig 1921. — 8 ) Stoß. Die Sedimentierungsgeschwindigkeit 
der roten Blutkörperchen als Trächtigkeitsdiagnostikum beim Pferde, Münch, 
tierärztl. Wochenschr. 1921, Nr. 38. — ®) Eberhard, Zur Frühdiagnose der Trächtig¬ 
keit mittels Maturin. Tierärztl. Rundschau 1923, Nr. 10. — 10 ) Müller ,«/., Künst¬ 
liche Glycosurien nach Phloridzininjektionen bei Kühen und Schafen und ihre 
Bedeutung als Trächtigkeitsdiagnosticum. Inaug.-Diss. Dresden 1923. — u ) Hirsch, 
P., Grundlagen und Ausführung der interferometrischen Methode zum frühzeitigen 
Trächtigkeitsnachweis zunächst bei der Stute. Arch. f. Tierheilk. 50, H. 1. — 
lf ) Schemensky , W Stalagmometrische Untersuchungen an Urinen und ihre An¬ 
wendung auf die klinische Pathologie. Münch, med. Wochenschr. 1920, Nr. 27. — 
13 ) Schemensky, W., Weitere stalagmometrische Untersuchungen an Urinen. 
Münch, med. Wochenschr. 1920, Nr. 49. — 14 ) Kisch und Remertz , Capillari- 
metrische Untersuchungen am Serum und Liquor cerebrospinalis des Menschen. 
Internat. Zeitschr. f. physiol.-chera. Biol. 1914, H. 5 und 0. — 1Ä ) Fiege, Stalagmo¬ 
metrische Untersuchungen am Pferde- und Rinderham unter besonderer Berück¬ 
sichtigung der Trächtigkeit. Inaug.-Diss. Berlin 1912. — 16 ) Mucha , Beitrag zur 
Kenntnis der Oberflächenspannungsänderungen im Blutplasma trächtiger Rinder. 
Inaug.-Diss. Berlin 1922. — 17 ) Bechhold, H. und L . Reiner, Die Stalagmone. Münch, 
med. Wochenschr. 1920, Nr. 31. — 1Ä ) Schade, H ., Von der Bedeutung der Kolloide im 
menschlichen Körper. Münch, med. Wochenschr. 1921, Nr. 5. — w ) Abderhalden, E., 
Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. 5, H. Teil. — *°) Brinbnan, R. und 
E. van Dam, Eine einfache und schnelle Methode zur Bestimmung der Oberflächen¬ 
spannung von sehr geringen Flüssigkeitsmengen. Münch, med. Wochenschr. 1921, 
Nr. 48. — 31 ) Kisch und Remertz, Über die Oberflächenspannung von Serum und 
Liquor cerebrospinalis beim Menschen und über die Technik capillarimetrischer Mes¬ 
sungen. Münch, med. Wochenschr. 1914, Nr. 20. 

Über ein Adenocarcinom bei der Katze nebst einer 
Zusammenstellung der Literatur über die Tumoren der Katze 1 ). 

Von 

Walter Freundlich, Lissa i. P., 

Tierarzt. 

(Aus dem Pathologischen Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin 
[Direktor: Prof. Dr. Noller].) 

[Referent: Prof. Dr. W. NöUer.] 

In den Arbeiten von Casper (1896), Petit (1910) und namentlich in der von 
Folger (1917) haben die in der Literatur niedergelegten Beobachtungen von Neu- 

x ) Die Originalarbeit, in der sich namentlich eine ausführliche Darstellung 
der in der Literatur mitgeteilten Tumoren findet, befindet sich im Pathologischen 
Institute der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 



478 


W. Freundlich: Über ein Adenocarcinom bei der Katze 


bildungen bei der Katze bereits zum erheblichen Teil Berücksichtigung gefunden. 
Die genannten Iiteraturzusammensteüungen enthalten aber Mitteilungen über 
die Geschwülste sämtlicher Haustiere — nach dem morphologischen Aufbau der 
Tumoren eingeteilt — so daß es schwierig ist, aus ihnen ein Gesamtbild über die 
Neubildungen einer Tierart zu gewinnen. 

Sticker (1902), Williams (1908), Wolff (1913) und Meier (1923) haben zwar 
in ihren Abhandlungen über den Krebs oder über die gesamten Neubildungen bei 
den Tieren der Katze ein eigenes, kleines Kapitel gewidmet. Stets haben bei diesen 
Autoren jedoch nur einige wenige Mitteilungen über Geschwülste bei der Katze 
Aufnahme gefunden. 

Auch in der einzigen Arbeit, die bisher speziell über den Krebs der Katze 
erschienen ist, in der Veröffentlichung Antoines (1907), sind neben eigenen Unter¬ 
suchungen nur einige wenige bemerkenswerte Beobachtungen französischer Medi¬ 
ziner angeführt worden. 

Ich habe daher im folgenden die in der Literatur mitgeteilten Falle von Neu¬ 
bildungen bei der Katze zusammengestellt. Hierbei sind die in den Berichten 
der tierärztlichen Hochschulen meist nur zahlenmäßig gemachten Angaben über 
Tumoren bei der Katze unberücksichtigt geblieben. 

Nicht histologisch untersuchte Fälle. 

Ducomeau (1899): Hauthom ; Ridler und Hobday (1905): Nasenpolyp; Williams 
(1908): Geschwulstpraparate aus Londoner Museen u. a. von Leberangiomen. 

Histologisch untersuchte Beobachtungen. 

Homoiotypische Geschwülste . 

Fibrom: Petit (1903). 

Chondrom: Wooldridge (1912). 

Lymphangiom : Schindelka (1892). 

Myom : Petit (1902), Richard (1910), Ball (1913). 

Neurom : Steensland (1906). 

Peritheliom : Cinotti (1905). 

Papillom: Eve (1906), Mensa (1914). 

Adenom : Zietzschmann (1901), Petit und Germain (1912), Ball (1907), Petit 
(1908), Petit (gleichfalls 1908), Joest (1916). 

Kystadenome : Joest (1916), Liänaux (1900). (Adamantiom.) 

Heterotypische Geschwülste. 

Sarkom , ohne Angabe der Unterart : Cadiot (1891), Volkmann (1908). 

Rundzellensarkom: Petit und Breton (1902), Eva Field (1904), Stroud (1905), 
Murray (1908), Vallillo (1909), Leipziger (1910), Ewald (1919), Bürgi (1920). 

Spindelzellensarkom: Petit (1901), Comil und Petit (1905), Murray (1908), 
Roncaglio (1911). 

Riesenzellensarkom: Ball (1913). 

Fibrosarkom: Petit (1903, Boucek (1906), Cad6ac (1909), Alexander (1911). 

Myxosarkom: Murray (1908), Petit 1909), Petit (1911). 

Osteosarkom: Cad6ac (1899), Busquet (von Antoine [1907] mitgeteilt). 

Melanosarkom: Mulvey (1906). 

Lymphosarkom: Bürgi (1920). 

Übertragungsversuch mit Sarkom: Busquet (von Antoine [1907] mitgeteilt). 

Carcinom , ohne Angabe der Unterart: Csokor (1884). Spencer (1890), Leisering 
(von Casper [1896] mitgeteilt), Schütz (von Sticker [1902] raitgeteilt), v. Leyden 
(1904), Eva Field (1904), Künstler (1904), Lewin (1908), Wagner (1912), Jo?st 
(1919). I 



nebst einer Zusammenstellung der Literatur über die Tumoren der Katze. 479 


PlaUenepühelkrdbs: Leblanc (1863) (nach Cadiot [1899] parasitäre Erkran¬ 
kung), Fadyean (1890), Fadyean (1899), Bashford und Murray (1904), Hobday 
(1906), Boucek (1906), Sabrazös, Muratet und Antoine (1907), Murray (1908), 
Harger (1908), Wooldridge (1913). 

Zylinderzellenkrebs: Fuchs (1888), Cadiot, Gilbert und Roger (1899), Petit 
(1902), Comil und Petit (1906), Petit (1908), Petit und Finzi (1910). 

Carcinoma solidum: Kitt (1900), Kitt (gleichfalls 1900), Petit (1902), Petit 
(gleichfalls 1902), Petit (1904), Corail und Petit (1905), Sabrazös, Boudeaux und 
Antoine (1907), Anger und Roquet (1908), Murray (1908), Clunet (1910). 

Adenocarcinom: Petit (1902), Boucek (1906), Sabrazes und Antoine (1907), 
Murray (1908), Petit und Germain (1910), Ball und Roquet (1911), Joest (1913), 
Joest (1919), Teutschländer (1920), Goldberg (1921). 

Dieser Zusammenstellung der bisher bei der Katze beobachteten 
Neubildungen kann ich einen neuen Fall von Krebs bei der Katze 
hinzufügen, den ich zu untersuchen Gelegenheit hatte. 

Durch Herrn Dr. Bodiänder, Berlin, wurde im August 1922 dem 
pathologischen Institute eine Katze zur Sektion überwiesen, bei der 
man während des Lebens einen kleinen Knoten im oberen Teil der 
Bauchhöhle — wenn auch undeutlich — hatte palpieren können. Die 
Leber dieses Tieres wurde in Joreslösung, der übrige Körper in Formalin 
aufbewahrt. 

Bei der Sektion wurden — um auch kleine Metastasen zu finden — 
sämtliche Organe in kleine Scheiben zerschnitten. 

Sektionsprotokoll und anatomische Beschreibung der Veränderungen. 

Etwa 7 Jahre alter Kater. Länge (vom Hinterhauptbein bis zum Schwanz¬ 
ansatz) 43 cm. Haut, Vorder- und Hinterextremitäten entfernt, Brust- und Bauch¬ 
höhle eröffnet, Leber bereits herausgenommen. Ernährungszustand schlecht. 

Ztoerchfell: Auf der abdominalen Fläche etwa 20 stccknadelkopf- bis hanf- 
komgroße, kreisrunde, grauweiße, über die Oberfläche nur wenig prominierende 
knötchenartige Auflagerungen; nicht in das eigentliche Zwerchfellgewebe hinein¬ 
reichend, von intakter Serosa überzogen. Die der Brusthöhle zugekehrte Fläche 
des Zwerchfells glatt und glänzend. 

Lunge: Keine Veränderungen, abgesehen von 6 knötchenartigen Einlagerungen 
(1 im rechten Mittellappen, 3 im rechten, 2 im linken Zwerchfelllappen). Diese 
Knötchen Stecknadelkopf- bis hanfkorngroß, linsenförmig, weißlichgrau, nur wenig 
über die Lungenoberfläche hervorragend, unmittelbar unter der Pleura sitzend, 
nur eins in das Lungenparenchym eingebettet. Eines umgeben von hellgrauem, 
V 2 mm breitem, unscharf in die Umgebung übergehendem Wall. 

Herz: Keine Veränderungen. Beide Kammern mit Cruormassen prall gefüllt. 

Milz: 9 cm lang, größte Breite 3 cm, zungenförraig. An der Außenfläche 
an der cranialen Ecke der Basis 2, in der Nähe der Milzspitze ein 3. Knöt¬ 
chen. Diese 3 Knötchen hanfkorngroß, von kugliger Gestalt, rötlichgrau, die 
Milzoberfläche nur wenig überragend; das in der Nähe der Milzspitze sitzende, 
das Milzparenchym völlig durchsetzend, auch noch den visceralen Serosa- 
überzug hervorwölbend, die beiden anderen die gegenüberliegende Milzflächt 1 
nicht ganz erreichend. 

Gekröse: An Stelle der Gekröswurzel vom Colon eng umfaßte, nach hinten 
17,cm vom freien Rande des Ligamentum recto-duodenale entfernte Geschwulst. 
Zwischen den Gekrösblättem, mit Colon und Pankreas nicht verbunden, am linken 

34 


Arch. f. Tierheilk. L. 



480 W. Freundlich: Über ein Adenocarcinom bei der Katze 

Pankreaslappen jedoch bindegewebig befestigt; Größe und Gestalt wie die eines 
Hühnereis, Farbe grauweiß, Konsistenz leberartig, Oberfläche höckrig. Auf dem 
Querschnitt rundliche oder vieleckige, körnige Felder, durch schmale, weißliche, 
derbere Stränge ähnlich wie bei einer Drüse voneinander abgetrennt. Gekrös- 
lymphknoten meist erbsengroß, rechts und links der Geschwulst anliegend, stellen¬ 
weise sichtbar darin aufgehend. 

Sämtliche Übrigen Organe ohne Veränderungen. 

Ergebnis der Untersuchung der fixierten Leber. 

Leber (vom stumpfen bis zum scharfen Rand) 11,5 cm, größte Breite 16 cm, 
Dicke 4,5 cm, Gewicht 340 g. Die Lebervergrößerung jedoch auf sämtliche Leber¬ 
lappen gleichmäßig verteilt. Margo acutus scharf, oftmals kleine Einkerbungen. 
Lebergewebe durch zahlreiche Einlagerungen bis auf geringe Reste verdrängt; 
Grundfarbe rotbraun. Leberoberfläche: Im Bereiche der rotbraunen Bezirke leicht 
gekörnt oder ganz glatt, matt glänzend; größtenteils — sowohl auf der Zwerch¬ 
fell- wie der Eingeweidefläche — stark hüglig oder höckrig durch zahlreiche (etwa 
100 größere) stecknadelkopf- bis walnußgroße, meist kirschgroße Knötchen. 
Diese selten von der Umgebung scharf abgesetzt, meistens — zuweilen auch Knoten 
miteinander verbindende — Ausläufer in das Muttergew^ebe vorhanden. Ober¬ 
fläche der Knötchen: Meistens grauweiß — zuweilen mit dunkelbraunroten Farben¬ 
tönen durchbrochen — seltener bläulichrot (siehe Schnittfläche: Degenerations¬ 
erscheinung); zuweilen ganz glatt oder wenig gekörnt, weit häufiger in ihrer Mitte 
eine scharf ausgeprägte Einziehung — eine Delle — nach deren Zentrum stern¬ 
förmige Einziehung der Oberfläche. Diese Delle häufig ebenso wie das Knötchen 
gefärbt, oftmals jedoch rein weiß, sehnenartig, bei wenigen, im Gegensatz zu allen 
anderen Fluktuation zeigenden Knötchen von bläulichweißer Farbe. Durch¬ 
schnitt: Nur geringe Reste rotbraunen Lebergewebes, meistens völlig von 
Knoten durchsetzt. Durchschnitt der fluktuierenden Stellen: Haselnußgroße 
Hohlräume, angefüllt mit einem Teelöffel einer schmutzigbraunen, dünn¬ 
flüssigen, bräunliche Gewebsfetzen enthaltenden Flüssigkeit, mit grauweißen, 
weichen, stark zerklüfteten Wänden. Knötchen von speckartiger Konsistenz; 
die Knötchen der Oberfläche weit in das Lebergewebe hineinreichend, oft durch 
Ausläufer mit den im Innern der Leber sitzenden verbunden. Schnittfläche der 
Knoten: nicht über den Leberdurchschnitt hervorragend, rein weiß, feingekomt, 
bei den auf der Leberoberfläche bläulichrot gefärbten, auf dem Querschnitt ein 
braunes, schmieriges, leicht entfernbares Gewebe. Kapsel um die Knoten 
nirgends feststellbar. 

Gallenblase ohne Veränderungen. 

Sektionsergebnis. 1 . Im Bereich der Gekröswurzel ein subscröser, mit den 
Gekröslymphknoten in innigem Zusammenhang stehender Geschwulst knoten. 
2. Zahlreiche das Lebergew r ebe durchsetzende Geschwrulstknotcn mit Dellenbildung 
an der Oberfläche und mit Einschmelzungsvorgängen im Zentrum. 3. Kleinere 
Neubildungen in Milz und Lunge. 4. Subseröse Geschwulstknötchen auf der 
Leberfläche des Zwerchfells. 

Zur genaueren Feststellung der Geschwulstart wurde jetzt eine 
histologische Untersuchung vorgenommen. 

Mikroskopische Untersuchung. 

Aus der Gekrösgeschwulst, der Leber, Milz, Lunge und dem Zwerch¬ 
fell wurden Schnittpräparate angefertigt. Gefärbt wurde mit Hämalaun- 
Eosin und nach van Gifson . 



nebst einer Zusammenstellung der Literatur Uber die Tumoren der Katze. 481 


Ich gebe zunächst ein Gesamtbild des Tumors, das etwa dem der 
Gekrösgeschwulst entspricht, und führe sodann die Abweichungen, 
welche die einzelnen Neubildungen zeigen, an. 

Zwei Gewebsarten, Epithel und Bindegewebe, sind am Aufbau 
der Geschwulst beteiligt. Auf einer bindegewebigen Grundlage lagern 
ein- oder mehrschichtige (2—3 Lagen) — stellenweise durch Lücken 
unterbrochene — Reihen von Epithelzellen, die verschiedenartig gebaute 
Hohlräume begrenzen. Nur äußerst selten ist eine besondere binde¬ 
gewebige Hüllmembran — eine echte Tunica. propria — um diese 
Epithelzellenverbände wahrzunehmen. Die Hohlräume zeigen neben 
länglichen, oftmals auch runde oder ganz unregelmäßige, vieleckige 
Formen. Meistens sind sie etwa 10—30 mal so groß wie eine Epithel¬ 
zelle; an anderen Stellen sind jedoch die Zellreihen so dicht neben¬ 
einander gelagert, daß für die Lumina nur wenig Platz übrigbleibt. 
Zuweilen verschwinden die Lumina auch völlig und man findet dann 
nur schmale Epithelzellenstränge, durch geringe Mengen Bindegewebe 
voneinander abgetrennt. Benachbarte Hohlräume konfluieren fast 
stets miteinander, wodurch ihre Gestalt und Größe noch mannig¬ 
faltiger erscheint. 

Im Innern dieser Hohlräume finden sich oftmals epitheliale Papillen 
und Leisten; außerdem liegen hier in größerer Zahl zu kleinen Paketen 
zusammengeballte, desquamierte Epithelzellen, deren Kern blaß ge¬ 
färbt oder in Stücke zerfallen und deren Protoplasma grobschaumig 
und gelegentlich am Rande aufgefasert ist. Auch verstreut liegende, 
aufgequollene Leukocyten, fädige, maschige Protoplasmamassen, Kern¬ 
stücke, Kemschatten sowie durch Zusammenfließen entstandene riesen¬ 
zellenartige Gebilde habe ich hier beobachten können. 

An den Rändern der Geschwulst sieht man nur in seltenen Fällen 
die Tumormas8en gegenüber dem Organgewebe — aber stets ohne 
Bindegewebskapsel — gut abgegrenzt. Meistens jedoch ragt die Ge¬ 
schwulst mit langen, schmalen Fortsätzen tief in ihr Muttergewebe 
hinein. 

Der Buntheit der Bilder, die uns die Geschwulst bietet, entspricht 
die Buntheit der einzelnen Zellgebilde. Neben den oft vorhandenen, 
länglich-prismatischen Formen kann man kuglige, eiförmige und ku¬ 
bische Zellen unterscheiden. Gelegentlich finden sich auch fast spindel¬ 
förmige — jugendlichen Bindegewebszellen ähnliche — Zellen. Ich 
habe eine Durchschnittsgröße der Zellen von 10 fi feststellen können. 
Die Kerne der Epithelzellen haben eine ganz verschiedene Größe — 
die größten sind etwa 10 mal so groß wie die kleinsten (2 ju : 20 fi) — 
und ovale, seltener runde Gestalt. Ihr Chromatin ist feinkörnig und 
häufig in dünner Lage an der Kemmembran angeordnet, so daß bläschen¬ 
förmige Kerne entstehen. Übergänge zwischen solchen und regelmäßigen 

34* 



482 W. Freundlich: Über ein Adenocarcinom bei der Katze 

Kernen sind häufig. Vielfach zerfallen diese bläschenförmigen Kerne 
(reine Karyorrhexis), sehr viel seltener ist eine Verdichtung des Kernes 
(pyknotische Degeneration) zu bemerken. Die Kerne enthalten 1—3 
stark acidophile, ganz verschieden große, gelegentlich die Hälfte des 
ganzen Kernes einnehmende Kemkörperchen, die immer deutlicher 
hervortreten als beispielsweise bei Leberzellen. Wenn das Kem¬ 
körperchen recht groß ist, ist meistens auch schon Kemblähung fest¬ 
zustellen. Das Protoplasma der Zellen ist von feinschaumigem Bau 
und enthält oftmals Leukocyten oder Chromatinklümpchen in seinem 
Innern eingeschlossen. Riesenzellen mit 2—3 Kernen sind zahlreich, 
Riesenzellen mit mehr Kernen selten vorhanden. Meistens liegen die 
Kerne derselben unregelmäßig im Protoplasma verteilt, zuweilen läßt 
sich jedoch eine Kernanhäufung an einem Pol feststellen. Neben 
regelmäßiger mitotischer Zellteilung finden sich häufig die bekannten 
pathologischen Kernteilungsfiguren. 

Das Bindegewebe, das Gerüstwerk des Tumors, macht etwa die 
Hälfte der Gesamtgeschwulst aus. Es besteht fast stets aus locker 
miteinander verbundenen, feinen, zellarmen, nur selten aus derberen, 
zellreicheren Fasern und zeigt vielfach eine netzartige Struktur. 
Seine Zellen sind langgestreckt oder spindelförmig, die Kerne stäbchen¬ 
förmig oder oval. Größere Gefäße sind nur wenig, dafür aber zahl¬ 
reiche, prall gefüllte Capillaren vorhanden. In Lücken zwischen den 
Bindegewebsfasern finden sich vielfach Ansammlungen von Lympho- 
cyten, denen sich polymorphkernige Leukocyten und Erythrocyten 
hinzugesellt haben, weit seltener kleine Anhäufungen roter Blut¬ 
körperchen. 

Von Besonderheiten, welche die Geschwulst in den einzelnen Or¬ 
ganen kennzeichnen, wäre zu erwähnen: 

Die Gekrösgeschwulst zeigt namentlich den drüsenartigen Aufbau 
und die Polymorphie der Zellen am deutlichsten ausgeprägt. In dem 
reichlich vorhandenen Bindegewebe läßt sich die oben erwähnte klein¬ 
zellige Infiltration des Stromas oftmals beobachten. Stellenweise 
deutet jedoch die follikelartige Anordnung der Lymphocyten darauf 
hin, daß es sich hier um Reste von befallenen Lymphknoten handelt. 
Die Lebert um oren besitzen — oftmals recht regelmäßig rundliche — 
relativ kleine Hohlräume. Im Stroma finden sich zahlreiche, kleine 
Überreste des Leberparenchyms. Im benachbarten Leberparenckym 
findet sich eine erhebliche Blutstauung, welche die fettige Infiltration 
und Degeneration der an die Tumoren angrenzenden Leberzellen mit 
verursacht hat. Die Milzmetastasen besitzen — im Gegensatz zu allen 
anderen Tumorgebilden — nur ganz kleine Lumina. Vielfach fehlen 
diese sogar gänzlich, und es sind nur schmale, durch spärliches Binde¬ 
gewebe getrennte Epithelzellenreihen vorhanden. Die Lungen- und 



nebst einer Zusammenstellung der Literatur über die Tumoren der Katze. 483 

Zwerchfellknötchen zeigen recht große Hohlräume und besitzen nur 
sehr wenig Bindegewebe. 

Fassen wir den histologischen Befund nunmehr zusammen, so ergibt 
sich, daß es sich bei diesen Tumoren um Carcinome handelt, die jedoch 
auf Grund der Eigenart der Anordnung der Epithelzellcn als Adeno- 
carcinome aufgefaßt werden müssen. Stellenweise (besonders in der 
Milz) liegt jedoch der Charakter des Carcinoma solidum vor (die ge¬ 
legentlich beobachteten, fast spindelförmigen Zellen, die auch durch 
ihre reihenförmige Anordnung an ein Sarkom hatten denken lassen, 
konnten ebenfalls als Epithelzellen festgestellt werden). In die drüsen- 
ähnlichen Hohlräume hat eine Desquamation von Epithelien und 
Zuwanderung von Leukocyten stattgefunden, die dort teilweise zu¬ 
grunde gehen. Auch an anderen Stellen zeigen die Tumorzellen mannig¬ 
faltige Degenerationserscheinungen; die Grundform der Epithelien ist 
jedoch offenbar eine länglich prismatische; es handelt sich also um 
Zylinderepithel. In dem reichlich vorhandenen, bindegewebigen Stroma 
finden sich Ödeme, leukocytäre und lymphocytäre Infiltrationen, ge¬ 
legentlich auch Hämorrhagien. Bemerkenswert ist noch vor allem, 
daß in der Gekrösgeschwulst Reste von lymphatischem Gewebe fest- 
gestellt werden konnten. 

Die Größe des Mesenterialtumors macht es wahrscheinlich, daß 
diese Neubildung den primären Tumor darstellt, während die zahl¬ 
reichen Leberherde, ebenso wie die in der Milz und Lunge und auf 
dem Zwerchfell gefundenen Knötchen auf hämatogenen Wege sekundär 
entstanden sein werden. 

Zunächst ist es offenbar zu einer Abschwemmung von Tumorzellen 
durch eine Darmvene in die Pfortader und damit in die Leber gekommen. 
Degenerationen in den so in der Leber entstandenen Tumoren gaben 
die Möglichkeit zur Weiterverbreitung in andere Organe (Milz und 
Lunge). Der Ursprung der am Zwerchfellüberzug sitzenden Geschwulst¬ 
knötchen dagegen dürfte in einer einfachen mechanischen Ablösung 
von Zellen der Lebertumoren durch die Reibebewegungen des Zwerch¬ 
fells zu sehen sein. 

Aus den im Anfang meiner Arbeit angeführten Beobachtungen 
von Tumoren bei der Katze geht wohl hervor, daß Carcinome bei 
Katzen durchaus nicht so selten sind, wie manchmal angenommen 
w'ird, sondern im Gegenteil sogar recht häufig vorzukommen scheinen. 
Muß man doch — wenn man die Zahl der bei der Katze und bei 
anderen Haustieren beobachteten Carcinome miteinander vergleichen 
will — vor allem berücksichtigen, daß Tierärzte im allgemeinen wohl 
nur selten zur Untersuchung von Katzen Gelegenheit haben. 

Die bekannten statistischen Untersuchungen Stickers (1902) haben 
denn auch ergeben, daß — prozentual berechnet — Carcinome bei 



484 


W. Freundlich: Übe r ein Adenocarcinom bei der Katze 


der Katze etwa ebenso oft wie beim Hund, aber weit häufiger als bei 
allen anderen Haustieren beobachtet worden sind — eine Tatsache, 
die wegen der Fleischfressematur der Katze auch nicht wundemehmen 
darf. 


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träge zur vergleichenden Onkologie mit Berücksichtigung der Identitätsfrage. 
Zeitschr. f. Krebsforsch. 17, 285—407. — Valliüo , G. (1909), Sarcoma primitivo 
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Inaug.-Diss. G dien. 55 Seiten. — Williams, W. Roger (1908)> The natural history 
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bis 255. Verlag G. Fischer, Jena. — Wooldridge, G. H . (1912), An enormous chon- 
rlroina of the right forelimb of a cat. Vet. joum. 68, 227—228. — Wooldridge „ 
G. H. (1913), Carcinoma of the oesophagus of a cat. Vet. joum. 69, 38—39. — 
Zietzschmann , H. (1901), Ein Fall von Fibroadenoma pericanaliculare im Euter 
der Katze. Ber. über das Vetorinärwesen im Königreich Sachsen f. d. Jahr 1901 
46, 198—200. 



(Aus der Haupteammels teile der städtischen Fleisch Vernichtungsanstalt Berlin 
unter Leitung und Verwaltung von Obertierarzt Dr. Max Schmey,) 

Der Fettgehalt des Knorpels unserer Haustiere 1 ). 

Von 

Emil Schütte, Joachimsthal, 

approb. Tierarzt. 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Sehmaltz.] 

Die spärlichen Angaben in der Literatur über den Fettgehalt des 
Knorpels bei unseren Haustieren lassen vermuten, daß methodische 
Untersuchungen nach dieser Richtung so gut wie gar nicht gemacht 
worden sind. Es schien mir daher eine dankenswerte Aufgabe zu sein, 
zu prüfen, ob und in welcher Form sich Fett in den Knorpeln bei unseren 
Haustieren vorfindet, etwa analog den Verhältnissen, wie sie bei dem 
Menschen beobachtet worden sind. Es kam mir dabei darauf an, nach¬ 
zuweisen, ob sich der Fettgehalt während des Lebens ändert, d. h. ob 
sich bei jugendlichen Tieren in den Zellen mehr oder weniger Fett 
vorfindet als bei den älteren Tieren, ob sich Abweichungen bei der 
Einlagerung des Fettes in den Knorpelzellen zu verschiedenen Lebens¬ 
altern feststellen lassen, und schließlich, ob sich alle Knorpel des Kör¬ 
pers in dieser Beziehung gleichmäßig verhalten oder ob unter ganz 
gleichen Umständen der Fettgehalt der Ohrknorpel ein anderer ist als 
im Trachealring, und hier wieder andere als im Rippenknorpel usw. 

Soweit mir pathologisches Material zugänglich war, zog ich auch 
dieses in den Kreis meiner Untersuchungen. Durch die Art meiner 
Tätigkeit lag es nahe, daß ich diese Untersuchungen in erster Reihe 
beim Rinde ausführte. Ich ging dabei ganz methodisch vor, fing mit 
meinen Untersuchungen bei Embryonen von verschiedenem Alter an 
und verfolgte dann mit Berücksichtigung von Geschlecht und Nähr¬ 
zustand die verschiedenen Lebensalter. Entsprechend meiner Aufgabe 
habe ich von jedem Falle nach Möglichkeit den Brustbein-, Luftröhren-, 
Rippen- und Ohrknorpel zu meinen Untersuchungen herangezogen. 

Die einzige Angabe, die ich in der tierärztlichen Literatur zu dieser Frage 
gefunden habe, bringt Ellenberger; er erwähnt, daß die Knorpelzellen im Innern 
im jugendlichen Zustande Glykogen, im Alter Fett enthalten. Diese Angabe 
stammt aus dem Jahre 1885. Aber schon vorher erwähnt Leydig (1857) ganz all¬ 
gemein, daß der Inhalt der Knorpelzelle nicht selten ganz oder teilweise aus Fett 
besteht, was so weit gehen kann, daß stark fetthaltiger Knorpel dem aus Binde¬ 
gewebe gewordenen Fettgewebe aufs Haar ähnlich sieht. „Betrachtet man“, sagt 
Leydig, „z. B. die Kehlkopfknorpel der Nager (Ratte), so glaubt man nicht Knorpel 
vor sich zu haben, sondern echtes Fettgewebe; erst genaueres Zusehen belehrt, daß 
ein Knorpel vorliege, dessen Zellen fast durch keine Zwischensubstanz geschieden 

l ) Die ungekürzte Dissertation mit den Abbildungen befindet sich in der 
Bibliothek der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 



488 


E. Schütte: 


und prall mit Fett erfüllt sind.“ — Cohnkeim schreibt 1882, daß man in den Knorpel¬ 
zellen kleiner Kinder, die sich im stärksten Wachstum befinden, gewöhnlich etliche 
große Fetttropfen antrifft, die sich in nichts von denen unterscheiden, welche die 
Knorpelzcllen derselben Gegend bei alten Leuten erfüllen. Wo Fett vorkommt, 
handelt es sich immer um eine Mischung der 3 Glyceride Tripalmitin, Tristearin und 
Triolein. — Toldt schreibt 1888, daß man im Innern der Knorpelzclle sehr häufig, 
bei älteren Individuen sogar ganz konstant einen größeren oder kleineren, meist 
gelb gefärbten Fetttropfen findet, während man bei Embryonen und Kindern in 
den ersten Lebensjahren niemals fetthaltige Knorpelzellen vorfände. — AUmann 
(1890) und seine Schüler glauben ein corpusculäres Eintreten des Fettes in die Zellen 
ausschließen zu dürfen, da solche corpusculären Fettelemente außerhalb und neben 
den Zellen nicht zu finden wären. Deshalb nehmen sie an, daß das Fett überall in 
gelöster Spaltungsform in die Zeilen hineintritt. — Stöhr (1892) beschrankt sich auf 
die kurze Mitteilung, daß Knorpelzellen erwachsener Personen nicht selten Fett¬ 
tröpfchen enthalten. — Renaut (1893) gibt an, daß das Glykogen im hyalinen 
Knorpel im vorgerückten Alter dem Fette allmählich Platz macht; es bildet sich 
dabei zwischen dem Glykogen und Fette eine Zwischensubstanz, die eine besonders 
starke Affinität zum Eosin hat. — 1895 hat Starke das Fett in den KnorpclzeUen 
mit Osmiumsäure gefärbt; aus dem Verhalten dieser Fetttropfen einerseits zum 
Alkohol, andererseits zur Osmiumsäure schließt er gleichzeitig auf die Natur der 
Fette. Das Olein hat die Fähigkeit, Osmiumsäure, wenn ihr verdünnter Alkohol 
nachfolgt, nicht nur zu fixieren, sondern auch zu reduzieren (daher Schwarzfarbumi). 
Diese schwarzgefärbten Fette verlieren dann die Fähigkeit, sich in absolutem 
Alkohol aufzulösen; gelöst werden durch nachfolgenden Alkohol die anderen Glyce¬ 
ride. So kommt es, daß die Fetttropfen im Knorpel, deren peripherer Teil durch 
Olein gebildet wird, bei Behandlung mit absolutem Alkohol Ringform oder 
Kapuzenform zeigen. 

Über die Art und Weise, wie das Fett den Zellen zugeftihrt wird, und über die 
spezifischen Eigenschaften des Knorpelfettes, auf die ich noch zurückkommeu 
will, liegen eine große Reihe von Untersuchungen vor. In eingehender Weise be¬ 
schäftigten sich in den Jahren 1896—99 Henriot , Beneke , Unger , Lindewann. 
Wentseher und vor allem auch Schmaus mit allen diesen Fragen, ohne auf die 
Form der Einlagerung des Fettes in den Zellen selbst Rücksicht zu nehmen. 

Spezielle Feststellungen nach diesen Richtungen sind in sorgsamster Weise 
im Jahre 1900 von SacerdoUi gemacht worden. 

Er untersuchte alle Knorpel Varietäten bei der Taube, der Maus, beim Meer¬ 
schweinchen, Hund und Menschen; besonders zog er das Kaninchen und der 
Menschen in Betracht. 

Im Rippenknorpel beim neugeborenen Kaninchen fand er in den dem Peri- 
chondrium zunächst gelegenen Knorpelzellen einen oder zwei ganz kleine Fett¬ 
tröpfchen, wohingegen in keiner der zentral gelegenen Zellen Fett vorkommt. Bei 
etwas älteren Kaninchen sah er, daß auch die fern vom Perichondrium liegender 
Zellen allmählich Fett in sich anhäufen, und beim 15 Tage alten Kaninchen ent¬ 
hielten schon alle Zellen ein Fetttröpfchen. In den peripherischen Zellen bleibt 
dieses Fetttröpfchen ganz klein, in den zentralen wird es allmählich größer. Beim 
3—10 Monate alten Kaninchen ist in den ganz zentral gelegenen Zellen das Fett¬ 
tröpfchen so groß, daß es fast den ganzen Zellkörper einnimmt. Bei 18—20 Monate 
alten Kaninchen ist der Fetttropfen in der sog. Zwischenzone, d. i. derjenigen, 
deren Grundsubstanz reichlich mit Kalksalzen infiltriert ist, größer als der in den 
zentralen Zellen bei 12—14 Monate alten Kaninchen. 

.. Am Ohr des neugeborenen Kaninchen weisen einige an der äußeren Grenze 
der präcartilaerinöscn Gewebe gelegenen Zellen ganz kleine Fetttröpfchen auf. 



Der Fettgehalt des Knorpels unserer Haustiere. 


489 


Je mehr dieses Gewebe mit dem Vorrücken des Alters die Merkmale des Knorpels 
annimmt, desto größer wird die Zahl der Fett enthaltenden Zellen. Beim 15 Tage 
alten Kaninchen enthalten nur die zentralen Zellen Fett. Die in Teilung be¬ 
griffenen Zellen enthalten ebenfalls Fett. Mit dem Wachstum des Tieres nehmen 
die Fetttröpfchen an Größe zu. Beim ausgewachsenen Kaninchen sind wie im 
Rippenknorpel so auch im Ohrknorpel die im innersten Teil der Knorpelplatte 
gelegenen Zellen durch einen großen Fetttropfen ausgedehnt, der gewöhnlich 
größer ist, als der in den Zellen des hyalinen Knorpels befindliche; neben dem 
großen Tropfen kommen fast immer noch einige viel kleinere Fetttröpfchen vor, 
was bei dem Rippenknorpel nie der Fall ist. 

In den Zellen des elastischen Epiglottisknorpels finden sich zahlreiche (7—8) 
Fetttröpfchen, die fast alle gleich groß und kleiner als der Kern sind. 

Im Faserknorpel der Zwischenwirbel- und Zwischengelenkscheiben findet sich 
weniger reichlich Fett; dieZellen enthalten neben dem Kern ein oder zwei kleine Fett¬ 
tröpfchen. Im Gelenkknorpcl findet man in den Zellen der oberflächlichen Schichten 
je 3—4 und mehr Fetttröpfchen, in den tieferen Schichten nur eins oder zwei. 

In den Knorpeln von Mus musculus, Mus decumanus albinus und Cavia por- 
cellus werden große Mengen Fett angetroffen. 

Bei Hund, Schaf und Taube tritt das Fett in geringer Menge auf. ln den 
Rippenknorpeln des Hundes finden sich kleine, aber zahlreiche Fetttröpfchen. 

Beim Schaf sind die Fetttröpfchen noch kleiner; sie füllen die ganze Zelle aus. 
wobei der Kern in der Mitte verbleibt. 

Im Ohrknorpel des Hundes ist das Fett auf wenige ganz kleine Fetttröpfchen 
reduziert, dagegen weisen die zentralen Zellen im Schafohrknorpel gar kein Fett 
auf, und die oberflächlichen Zellen ein dem Kern an Größe fast gleichkommendes 
Fetttröpfchen. 

Beim Menschen hat Sacerdotti die Knorpel eines 5 1 /* Monate alten Foetus und 
die von Neugeborenen von 3,7 und 10 Tage, 3 und 7 Monate, 1, 10, 20, 45, 70 
und 75 Jahre alten Individuen untersucht. 

Beim 5 1 /* Monate alten Foetus weisen die Zellen sowohl der Rippen als der 
Ohrknorpel Fetttröpfchen auf, und zwar enthalten außer den permanenten auch 
die provisorischen, welche durch Knochen ersetzt werden, Fett, und zwar ent¬ 
halten hier die zentralen Zellen die größten Fetttröpfchen. Mit zunehmendem Alter 
nehmen sie an Größe zu. Beim 45 Jahre alten Menschen haben die Zellen in den 
peripherischen Schichten gleich große Fetttröpfchen wie beim 25 Jahre alten, aber 
die Zellen der zentralen Schichten haben z. T. kleine Tröpfchen und viele enthalten 
zu kleinen Körnchen reduziertes Fett. Hier finden sich ferner Zellen, deren Fett¬ 
tropfen sich bei der Einwirkung der Osmiumsäure nur an der Peripherie schwarz 
färben. Bei 70—75 Jahre alten Individuen finden sich nur in 2 oder 3 peripheri¬ 
schen Schichten Zellen mit großen, sich gleichmäßig schwarz färbenden Fett¬ 
tropfen; alle anderen, meistens kleineren Fetttropfen färben sich im zentralen Teil 
nicht mit Osmiumsäure, einige weisen nur eine dünne, schwarz gefärbte Hülle auf, 
andere zeigen Hohlräume und in diesen wieder gefärbte Tröpfchen, so daß bizarre 
Figuren entstehen. Wie bereits weiter oben angedeutet, gibt Starke eine durchaus 
verständliche und einleuchtende Erklärung für das Auftreten der „bizarren“ 
Färbefiguren, eine Erklärung, der sich Schmaus vollinhaltlich anschließt. 

Die Gelenkknorpel enthalten ebenfalls Fett, und zwar enthalten die Zellen der 
oberflächlichen Schichten eine größere Anzahl. 

Auch die Faserknorpel der Zwischenwirbelscheiben enthalten Fett, beim 
völlig ausgewachsenen Menschen sind die Fetttröpfchen fast alle sehr klein. 

Es scheint also, daß das Fett einen normalen, konstanten Bestandteil der 
Knorpelzelle bildet und daß es von der Zelle mit dem Fortsehreiten ihres 



490 


E. Schütte: 


Wachstums allmählich aufgespeichert wird. Das ist keine Alterserscheinung, im 
Alter tritt vielmehr Resorption (Zerfall in feine Körnchen, Verseifung) in den 
Fetttröpfchen der Knorpelzellen auf. 

Sacerdotti beschäftigte sich weiter mit der Wirkung der Inanition, dem Einfluß 
der lokalen Ernährungsverhältnisse auf das Knorpelfett und macht bei seinen 
Untersuchungen interessante Feststellungen, auf die ich noch zurückkommen will. 
Kurz anführen will ich zunächst nur die Schlußfolgerungen, zu denen Sacerdotti 
gekommen ist:- 

1. Das in den Knorpelgeweben enthaltene Fett stellt eine normale und kon¬ 
stante Substanz dar. 

2. Das Fett häuft sich in diesen Zellen allmählich an, nimmt mit dem physio¬ 
logischen Wachstum der Zellen zu und mit deren Regression ab. 

3. Eine schnellere Fettaufspeicherung läßt sich nur herbeiführen, wenn es 
gelingt, das Wachstum der Knorpelzellen zu beschleunigen, wie bei jungen Kanin¬ 
chen durch die neuroparalytische Hyperämie bewirkt werden kann. 

4. Während der Inanition nimmt das Knorpelfett auch in Fällen, in denen 
die Abmagerung den höchsten Grad erreicht hat, nicht ab. 

5. Nur wenn die Ernährung der Knorpelzelle eine tiefe Veränderung erfahren 
hat, verringert sich ihr Fettinhalt. 

Diese Untersuch»rngen von Sacerdotti waren für mich die Anregung, 
die entsprechenden Untersuchungen, vom histologischen Standpunkt 
betrachtet, in der eingangs erwähnten Richtung auszuführen. 

Es kommt bei meinen Untersuchungen hauptsächlich Material von 
geschlachteten Tieren in Frage; Stücke der zu untersuchenden Knorpel 
wurden, soweit sie nicht sofort verarbeitet werden konnten, in 5proz. 
Formalinlösung aufbewahrt, sodann mit dem Gefriermikrotom ge¬ 
schnitten und nach Vorfärbung mit Hämalaun mit Sudan III gefärbt. 
Von einer Osmiumfärbung mußte ich absehen (obwohl es wünschenswert 
gewesen wäre, den gleichen Untersuchungsgang einzuhalten wie Sacer¬ 
dotti), weil das Material unerschwinglich teuer geworden wäre und weil 
Sudan III in jeder Weise ausgezeichnete Fettbilder liefert. 

Ich habe zunächst, der allgemeinen Sudanfärbemethode folgend, 
die mit Hämalaun vorgefärbten Präparate nur einige Minuten mit 
Sudan gefärbt, bin aber dann, einer Angabe von Schmaus folgend, dazu 
übergegangen, die Methode zu modifizieren. Die in Formol fixierten 
Stückchen wurden nach der Vorfärbung mehrere Stunden mit Sudan 
gefärbt und eine kurze Zeit (1—2 Minuten) mit 70proz. Alkohol aus¬ 
gewaschen. Die Differenzierung erfolgt an in Formol fixierten Prä¬ 
paraten sehr rasch und ist in der angegebenen Zeit vollkommen vollendet. 

Die von mir untersuchten Fälle, 6 Rinderembryonen, 6 Kälber, 
4 Jungrinder und 16 erwachsene Rinder, 2 Schafe, 3 Schweine, 3 Pferde 
und 1 Hund, habe ich mit ihren Untersuchungsergebnissen in einer 
hier nicht beizugebenden Tabelle zur bequemeren Übersicht zusammen¬ 
gestellt, und zwar sind für jeden Knorpel 3 Zellen dargestellt, von denen 
die mittlere die zentrale Zone, die beiden seitlichen die peripheren 
Zellen bezeichnen sollen. In diese Zellen ist das Fett in der Menge und 



Der Fettgehalt des Knorpels unserer Haustiere. 


491 


der Gestalt unter Berücksichtigung der Lage zum Kern rot eingezeichnet. 
Ferner füge ich noch jeder Spalte Plus- und Minuszeichen in einer oberen 
und unteren Reihe bei: „—“ bedeutet „fettlos“, „ + “ bedeutet „fett¬ 
haltig“; aus der Kombination dieser beiden Zeichen soll auf den Fett¬ 
gehalt selbst bezüglich seiner Menge hingewiesen werden. Die obere 
Reihe der Plus-Minuszeichen zeigt den Fettgehalt der peripheren, die 
untere den der zentralen Zone an. 

Die Tabelle zeigt, daß bei den Embryonen 2 mal der Knorpel der Sca¬ 
pula, 1 mal der des Sternum, 2 mal die Trachea, 2 mal die Rippe und 5 mal 
das Ohr untersucht worden ist. Wir sehen daraus weiter, daß der Fett¬ 
gehalt, ganz allgemein gesprochen, bei den Rinderembryonen außerordent¬ 
lich gering ist. Wir finden niemals in den peripheren Zellen Fett einge¬ 
lagert, nur mäßige Mengen in dem Zentrum. Es tritt hier in Form von 
mittelgroßen Tröpfchen auf, die in der Regel wandständig sind. Nur in 
einem Falle liegt der vorhandene Fett tropfen in der Nähe des Kerns. 

Bei den Kälbern wurde 3 mal der Knorpel der Scapula, 2 mal der 
des Sternum, 2 mal die Trachea, lmal die Rippe und 3 mal das Ohr 
untersucht. Auch hier dürfen wir sagen, daß bei den jugendlichen 
Tieren der Fettgehalt nicht sehr groß ist, sicher kaum größer als bei 
den Embryonen, wenn auch die Anordnung eine etwas abweichende 
ist. Wir finden nämlich hier, daß neben den zentralen Zellen auch die 
peripheren Fettträgerinnen sein können. Das Fett tritt in feinsten 
Tröpfchen auf, die besonders in den zentralen Zellen zahlreicher sind, 
ohne den Zelleib direkt auszufüllen. Es war dies ganz besonders bei 
einem der 14 Tage alten Kälber der Fall. Ein gleichaltriges Kalb wies 
im Gegensätze dazu in dem gleichen Knorpel (Scapula) kein Fett auf. 
Überhaupt treffen wir in dieser Kategorie öfter auf Tiere, deren Knorpel¬ 
zellen überhaupt fettfrei sind. 

Nicht wesentlich anders stehen in dieser Beziehung die Jungrinder 
da, bei denen 3 mal das Sternum, 2 mal die Trachea, 2 mal das Ohr 
und ein Santorinischer Knorpel untersucht wurde. Wenn wir von dem 
Sanlorinischen Knorpel absehen, so waren die peripheren Zellen immer 
fettfrei. Fetthaltig in erheblicherem Grade, wenn auch nicht bedeutend, 
waren die zentralen Zellen nur beim Santorinischen Knorpel. In allen 
anderen Fällen trat, wenn überhaupt, nur andeutungsweise Fett auf. 

Bei den erwachsenen Rindern endlich, von denen 3 mal der Schulter¬ 
blattknorpel, 15 mal der Sternalknorpel, 14 mal der Trachealknorpel, 
4 mal die Rippe und 13 mal der Ohrknorpel untersucht wurde, ist das 
Bild ein durchaus wechselvolles. Übereinstimmend kann man nur sagen, 
daß in fast allen Fällen, wo ein Knorpel stark fetthaltig war, auch die 
übrigen Zellen sehr reich mit Fett versehen waren. Aber auch davon 
gibt es Ausnahmen, wie wir dies bei dem ersten 6jährigen Rinde sehen, 
ebenso bei dem 12 jährigen Tiere. Andererseits treffen wir einen Knorpel 



492 


E. Schutte: 


stark fetthaltig an, ohne daß die übrigen Knorpel die gleiche Eigenschait 
zeigen (9jähriges Bind). Eine bestimmte Regel darüber, ob mit zu¬ 
nehmendem Alter der Fettgehalt größer wird, läßt sich nicht aufstellen. 
Wir sehen nicht nur, daß die jüngeren Tiere weniger Fett haben 
als die älteren, sondern wir finden auch, daß das Fett bei diesen in 
größeren Tröpfchen auftritt als bei jenen. Es ist aber immerhin schon 
auffallend, daß von den beiden 6jährigen Rindern, die ungefähr den 
gleichen Habitus hatten, das eine Tier fettreiche, das andere fast fett¬ 
freie Knorpel hatte. Es überrascht deshalb nicht, daß z. B. das 

7 jährige Rind in seinen Knorpeln viel Fett auf weist, während das 

8 jährige und das 16 jährige Fett kaum in Spuren erkennen lassen. Auch 
für die Fettgestalt und die Anordnung zum Kern lassen sich keine 
allgemein gültigen Regeln aufstellen. Es folgt auf ein Rind von 6 Jahren 
mit größeren Fetttröpfchen ein 7 jähriges mit kleinen, ein 9 jähriges mit 
großen, ein 11-, 12-, 14jähriges mit kleinen usw. Auch die einzelnen 
Knorpel selbst zeigen keine besondere Vorliebe für die Aufspeicherung 
von Fett. Man trifft prozentual etwa ebenso oft Fettkömchen im 
Sternum wie in der Trachea und im Ohr. Vielleicht nimmt der Fett¬ 
gehalt im Ohrknorpel bei älteren Tieren etwas ab. 

Auf die entsprechenden Darstellungen über den Fettgehalt der ver¬ 
schiedenen Knorpel beim Schwein, Schaf, Herd und Hund will ich 
näher nicht eingehen (Fälle Nr. 32—40). 

Vergleichen wir nun, was ich beim Rinde feststellen konnte, mit 
dem, was Sacerdotti über die gleiche Materie beim Menschen berichtet, 
so liegen die Verhältnisse zweifellos bei Mensch und Tier verschieden. 

Sacerdotti hebt hervor, daß das im Knorpelgewebe enthaltene Fett 
eine normale und konstante Substanz darstellt, und daß sich dieses 
Fett allmählich anhäuft und mit dem physiologischen Wachstum der 
Zellen zu-, mit deren Regression abnimmt. Er hat weiter festgestellt, 
daß mit zunehmendem Alter die Fetttröpfchen größer werden und daß 
schließlich ein großer Fett tropfen häufig den Zelleib so gut wie ganz 
ausfüllt. Diese Feststellungen gelten zweifellos nicht für das Rind. 
Es läßt sich keine bestimmte Regel dafür aufstellen, wie ich bereits 
hervorgehoben habe, daß mit dem physiologischen Wachstum der Fett¬ 
gehalt zunimmt und daß eine Rückbildung eintritt, wenn die Zellen 
leiden. Gegen diese Auffassung von Sacerdotti sprechen ganz besonders 
die beiden 6jälirigen Rinder, die, gleich schlecht genährt, doch einen 
durchaus verschiedenen Fettgehalt in ihren Knorpeln erkennen lassen. 
Wir können auch nicht sagen, daß mit zunehmendem Alter die Fett¬ 
tröpfchen größer werden, da wir selbst bei älteren Tieren feine Fett¬ 
tröpfchen angetroffen haben. Nur in einem einzigen Falle, bei dem 
15 jährigen Herde, waren die Fetttropfen groß, aber keineswegs so groß, 
wie wir nach den Abbildungen, die Sacerdotti bringt, hätten annehmen 



Der Fettgehalt des Knorpels unserer Haustiere. 


493 


müssen (siehe Abb. 5 u. 6). Wir können nicht einmal sagen, daß das 
Vorkommen von Fett in den Knorpeln ein konstantes ist, denn allzu 
häufig trafen wir auf Zellen, die völlig fettfrei waren. 

Endlich möchte ich noch die Frage streifen, wie das Fett in die 
Knorpelzellen hineingelangt. Damit haben sich eine große Anzahl von 
Autoren eingehend beschäftigt. 

Henriot gibt an, daß das mit den Nahrungsmitteln aufgenommene Fett, so* 
bald es ins Blut gelangt ist, chemisch verändert und lösbar gemacht wird, verseift 
wird ohne Zuziehung von Sauerstoff, und zwar, wie es scheint, durch ein im Blut¬ 
serum befindliches, diastatisches Ferment, das er „Lipase“ nannte. 

Über die Bildung dieser Seifen hat Quinke und nach ihm Beneke eingehende 
Untersuchungen gemacht. Quinke hat experimentell außerhalb des Tierkörpers 
die Verseifung fetter öle vorgenommen und Beneke verfolgte die Bildung der 
Quinke sehen Seifen im Fetttropfen in der Resorptionsperiode des Fettes bei Fett¬ 
embolieprozessen und bestät igt die Richtigkeit der Quinke sehen Deutung. Die 
Tätigkeit des Protoplasmas spielt eine Rolle bei dem Bildungsmechanismus des 
infiltrierten Fettes. Bei Fettatrophie sind die Fettzellen nicht mit großen ein¬ 
fachen, sondern mit zahlreichen kleinen Fetttröpfchen erfüllt. 

ünger weist nach, daß durch Spaltung des Eiweißprotoplasmas im Innern der 
Zellen Fette sowie Milchzucker entstehen. 

Einen ähnlichen Standpunkt nimmt Lindemann ein, der bei langsamem Tod 
der Haut beobachtet hat, daß bei Degenerationsprozessen das Fett aus der Teilung 
des Eiweißmoleküls herstammt. 

Am eingehendsten hat wohl Schmaus diese Frage behandelt, der im Jahre 
1897 Untersuchungen angestellt hat über das Verhalten osmierten Fettes in der 
Leber bei Phosphorvergiftung und über membranartige Bildung um Fetttropfen. 
Er weist ganz besonders darauf hin, daß die Art der Färbung (Osmiumsäure oder 
Sudan) Einfluß auf die Gestalt der Fetttropfen hat. 

Sacerdotti endlich steht gleichfalls auf dem Standpunkt, daß den Knorpel¬ 
zellen gelöstes Fett mit dem Blutplasma zugeht. Das Blutplasma neutralisiert 
es und speichert es auf. Gleichzeitig verlieren die Knorpclzellen die Eigenschaft, 
das aufgespeicherte Fett in neutraler Form zu erhalten. Es treten bei entzündeten 
und degenerierten Knorpeln Zeichen von Zerfall und bei Knorpeln alter Individuen 
Zeichen von Verseifung auf. Darum verlieren die Knorpelzellen im allgemeinen 
die Fähigkeit, selbst bei entzündlichen Zuständen oder bei Inanition das Fett 
wieder abzugeben. 

Die Verhältnisse beim Menschen sind also nach dieser Richtung 
anscheinend völlig geklärt. Bei Tieren, insbesondere beim Rinde, wird 
diese Frage einer weiteren Bearbeitung bedürfen, einmal, weü wir 
nicht haben feststellen können, daß der Fettgehalt im Knorpel eine 
konstante physiologische Erscheinung ist, weil weiter mit zunehmendem 
Alter der Fettgehalt sicher nicht gleichmäßig zunimmt, und endlich, 
weil Tiere von ganz gleichem Habitus, gleichem Lebensalter usw. 
durchaus einen verschiedenen Fettgehalt in ihren Knorpeln zeigen. 
Es müssen also zweifellos beim Rinde noch Momente mitsprechen, 
die das Auftreten von Fett in den Knorpeln beeinflussen und die sich 
bis jetzt unserer Kenntnis entziehen. 



(Aus dem Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.) 

Di© Struktur der Ohrknorpel des Pferdes. 

Von 

Hans Metz, Bremen, 

prskt. Tierarzt. 

[Geh. Reg.-Kat Prof. Dr. Sehsnaüi. 

Im Rahmen einer im Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Berlin (Geh. Rat Prof. Dr. SchmaUz) angestellten Untersuchungs¬ 
reihe über Mischknorpel habe ich das äußere Ohr des Pferdes untersucht. 
Die Arbeit wurde durch den Krieg unterbrochen und erst jetzt vollendet. 

Untersucht wurden Ohren von Pferden mittelschweren Schlages in allen 
Altersstufen, vom neugeborenen Fohlen bis zu einem Alter von 22 Jahren. 
Die Ohren, die zur histologischen Untersuchung dienen sollten, wurden un¬ 
mittelbar im Anschluß an die Schlachtung vom Tierkörper getrennt und 
in die Fixierungsflüssigkeit gebracht. Da das Ohr in toto fixiert wurde, er¬ 
wiesen sich als am besten und wegen ihrer Billigkeit am vorteilhaftesten 
Kaliumbichromatessigsäure und Formalin, die ausnahmslos sehr gute Er¬ 
gebnisse lieferten; doch haben sich auch die anderen Methoden bewährt. 

Die verschiedenen Altersstufen, die eine besondere Beschreibung erfah¬ 
ren, können deshalb einen größeren Zeitraum umfassen, weil die Verände¬ 
rungen nur gering sind und erst nach mehreren Jahren wahrnehmbar wer¬ 
den. Bei der Untersuchung wurden immer die sich in ihrer Lage genau 
entsprechenden Stellen zur vergleichenden Untersuchung herangezogen. 

Neugeborenes Fohlen. 

Ohrspitze: Auf dem Schnitt fallen die elastischen Fasern am meisten 
auf. Sie sind sehr derb und bilden ein enges Netz, so dicht, daß die 
Intercellularsubstanz völlig verschwindet und nur Platz für die Zellen 
bleibt. Die Faserrichtung liegt in der Hauptsache senkrecht zum 
Perichondrium oder in einem kleinen Winkel zur Senkrechten. Nur am 
Muschelrand des Ohrknorpels verlaufen die Fasern auf dem Schnitt all¬ 
mählich immer mehr bogenförmig parallel zum Muschelrande; sie zeigen 
starke funktionelle Anpassung, indem sie den Rand, wie die Balken in 
einer Kuppeldecke, stützen. Die größte Dichtigkeit hat die Netzbildung 
in der Mitte der Knorpelschicht; die Fasern sind hier auch sehr dick und 
werden nach dem Perichondrium zu allmählich dünner. 

Eine Grenze zwischen Knorpel und Perichondrium ist sehr schwach 
ausgeprägt. Die Verbindung zwischen beiden ist dafür umso inniger. Die 
feinsten Ausläufer der elastischen Fasern gehen allmählich in die kollagenen 
Bindegewebsfasern über. Die Fasern des Perichondrium verlaufen parallel 
zur Knorpeloberfläche, die Fasern sind zu dichten Bündeln verfilzt und 
verflochten. Das Perichondrium verläuft glatt, dem Knorpel angepaßt, 
ist infolgedessen auch ohne besondere Verdickungen. 



H. Metz: Die Struktur der Ohrknorpel des Pferdes. 


495 


Die Anordnung der Zellen ist durch den Verlauf der elastischen 
Fasern bedingt. Sie haben in der Mitte des Knorpels eine runde bis 
ovale Form; eine sogenannte Kapsel ist nicht wahrnehmbar, wie über¬ 
haupt der Knorpel eben nur aus elastischen Fasern und Zellen besteht. 
In der Nähe des Perichondrium ist die Zahl der Zellen etwas geringer, 
sie sind hier mehr länglich oval, in der Richtung parallel zum Peri-. 
chondrium. Sehr schön sieht man an den Knorpelzellen die Zellteilung 
in allen Stadien. An der Grenze zwischen Knorpel und Perichondrium 
sind diese Teilungserscheinungen zahlreicher als in der Mitte. Die 
Kerne der Knorpelzellen entsprechen der Form der Zellen. Sie sind 
also in der Hauptsache rund. Das Chromatin ist fein verteilt. 

Die äußere Haut zeigt den typischen Bau der behaarten Haut. 
Die Behaarung ist an der Ohrspitze sehr stark. Die Talgdrüsen sind 
dagegen schwach und spärlich, sehr wenig lappig; an vielen Haaren 
fehlen sie ganz. Schweißdrüsen, wie auch Ohrenschmalzdrüsen sind 
nicht festzustellen. Die Blutgefäße liegen in der Grenze zwischen Cutis 
und Panniculus parallel der Hautoberfläche. Ihre feineren Äste dringen 
schräg durch die Cutis und verästeln sich bis an die Papillarschicht. 

Besonders bemerkenswert sind einzelne Schnitte, die eine Lücke 
im Knorpel aufweisen, die durch Bindegewebe ausgefüllt wird. Dies 
sind die bei der Maceration zutage tretenden Löcher im Knorpel. 

Ein Schnitt durch die Ohrmuschelspitze trifft naturgemäß den Ohr¬ 
knorpel und beiderseits Perichondrium und äußere Haut. Beim jungen 
neugeborenen Fohlen ist die Dicke des Knorpels im Verhältnis zur 
äußeren Haut wie 1 : 3. 

Nach der Mitte der Muschel zu, also dem Grunde näher, nimmt die 
Dicke des Knorpels allmählich zu. Die Blutgefäße der äußeren Haut sind 
stärker. Bei etwas spärlicherer Behaarung zeigt sich geringe Zunahme der 
Größe der Talgdrüsen. Die interne Muschelhaut wird dünner. Etwa 1 cm 
oberhalb des knorpeligen Gehörganges beginnt das Auftreten von Ohren¬ 
schmalzdrüsen in der Innenhaut des Muschelgesäßes, zunächst spärlich, 
dann immer beträchtlicher. Diese Drüsen zeigen das Bild modifizierter 
Schweißdrüsen, sie werden aus wenig gewundenen Schläuchen gebildet, 
die mit kubischen, körnigen Drüsenzellen ausgekleidet sind. Außerdem 
zeigt sich an der Außenfläche der Drüsenzellen eine Schicht glatter Muskel¬ 
zellen. Die Knorpelstruktur ist im ganzen Ohrknorpel die gleiche. Nur 
am Griffelfortsatz des halbringförmigen Knorpels zeigt sich eine Besonder¬ 
heit insofern, als pach dem äußeren Rande zu die elastischen Fasern, die 
im Zentrum ein äußerst starkes Gewirr von kreisförmiger Anordnung 
bilden, sehr fein und spärlich werden. 

Der Knorpel kann also, da er fast nur aus Zellen und elastischen 
Fasern bei kaum erkennbarer Grundsubstanz besteht, als elastischer 
Zellknorpel bezeichnet werden. 


Arch. f. Tierhellk. L. 


35 



496 


H. Metz: 


Der Schildknorpel weist dagegen eine eigenartige Anordnung und Be¬ 
schaffenheit der elastischen Fasern auf, die feiner und dünner sind als am 
Ohrknorpel. Sie zegien keine regelmäßige Netzbildung, sind sehr viel ge¬ 
ringer, unregelmäßig, besenartig verzweigt, nach dem Rande des Knorpels 
zu in vereinzelten, verschieden langen, dünnen Strähnchen angeordnet, 
ohne eine bestimmte Richtung. Die Anordnung der Fasern in der Mitte 
des Knorpels zeigt ein Bild wie Amöben mit zahlreichen feinen Pseudo¬ 
podien, die wieder in die der benachbarten übergreifen. Die Versorgung 
mit elastischen Fasern ist also schwach, besonders nach dem Rande zu, 
wo die Fasern so spärlich und fein sind, daß man auf den ersten Blick 
hyalinen Knorpel zu erblicken meint. Die Grundsubstanz des Schildknor¬ 
pels tritt infolge dieser Anordnung und Beschaffenheit der Fasern stark 
hervor. Die nicht sehr zahlreichen Zellen sind rund oder elliptisch und 
größer als am Ohrknorpel; ihre Größe nimmt nach dem Rande des Knor¬ 
pels zu allmählich ab, sie behalten aber die Kreis- oder Ellipsenform bei 
und heben sich überall deutlich von der Grundsubstanz ab. Die Kerne in 
den Zellen sind gekörnt, im Verhältnis zur Zellgröße ziemlich umfangreich; 
ihre Form ist der Zellform angepaßt. Es finden sich Zellteilungserschei¬ 
nungen wie am Ohrknorpel. Das Perichondrium ist dick und schließt sich 
kontinuierlich an das Knorpelgewebe an. Es besteht aus fibrillärem Binde¬ 
gewebe und enthält feinste elastische Fasern, die mit denen des Knorpels 
im Zusammenhang stehen. 

Drei - bis fünfjähriges Pferd. 

Von Veränderungen gegenüber der Jugendzeit zeigt sich an diesen 
älteren Ohren zunächst eine Verdickung des Knorpels im Verhältnis zur 
äußeren Haut, sodann eine Verdickung des Perichondrium, das sich deut¬ 
licher abhebt und ärmer an Zellen ist. Die elastischen Fasern des Knorpels 
sind dünner und straffer, zwischen ihnen erscheinen die Knorpelzellen mehr 
oder weniger in Längsreihen angeordnet, in unwesentlich verminderter 
Zahl, aber deutlicher ausgeprägt; die Grundsubstanz beginnt hervorzu¬ 
treten und in immittelbarer Umgebung der Zelle als Kapsel zu erscheinen. 
Eine Kernteilung findet man bei zunehmendem Alter nicht mehr so häufig 
und schließlich nur noch zwischen Knorpel und Perichondrium. Die elasti¬ 
schen Fasern nehmen nach dem Perichondrium zu verhältnismäßig mehr 
an Dicke ab; es wird überhaupt ein viel dünneres Netz gebildet (d. h. 
dünnere Fasern und größere Zwischenräume). Die einzelnen Fasern er¬ 
scheinen mehr gestreckt. Die Zellen sind in der Nähe des Perichondrium 
sehr viel mehr abgeplattet. Die äußere Haut ist derber, sie zeigt stärkere 
Haare sowie erhebliche Zunahme der Talgdrüsen. Schweißdrüsen sind 
überall in der Haut des Ohres festzustellen, die Ohrenschmalzdrüsen reichen 
wesentlich weiter gegen die Spitze des Ohres als beim neugeborenen Fohlen 
und zeigen besonders am Grunde der Muschel und im knorpeligen Gehör- 
gang eine sehr schöne Ausbildung zu großen Paketen. 



Die Struktur der Ohrkuorpel des Pferdes. 


497 


Eine Abnahme der Zahl der Knorpelzellen bei «gleichzeitigem Dicker¬ 
werden der elastischen Fasern zeigt sich am halbringförmigen Knorpel und 
besonders in seinem Griffelfortsatz. Die Form der Zellen ist hier fast aus¬ 
schließlich länglich oval, der Kern ist ziemlich groß. Eine Knorpelkapsel 
erscheint überall, aber nicht sehr deutlich ausgeprägt. Nach dem Peri- 
chondrium zu ist die Zahl der Zellen größer. Im Griffelfortsatz sieht man 
sehr schön eine kreisförmige Anordnung der elastischen Fasern. 

Die erwähnte Knorpelzellkapsel zeigt sich bei stärkerer Vergrößerung 
als Ablagerung von feinstkömigen Bestandteilen, die sich besonders 
mit Orcein färben — die ersten Alterserscheinungen, die beim 5 jährigen 
Pferd deutlich erkennbar werden. Ganz vereinzelt ist auch die Zelle 
selbst mehr oder weniger mit feinsten Stäubchen durchsetzt, in der 
Intercellularsubstanz ist diese Veränderung nicht festzustellen. Typisch 
iBt, daß diese Alterserscheinungen um so mehr ausgeprägt sind, je näher 
die Knorpelteile dem Ohrgrunde liegen, und ganz besonders am Küra߬ 
knorpel, an dem schon durch die geringe Faserung und vermehrte Grund¬ 
substanz eine Kapsel deutlicher hervortreten kann. 

Ältere Pferde. 

Bei zunehmendemAlter zeigen sich nur geringeVeränderungen am äuße¬ 
ren Ohr. Die Anordnung der Zellen wird allmählich immer mehr reihen¬ 
förmig, die Kerne der Zellen werden kleiner. Abnahme der Zeilenzahl ist 
nur in der Mitte des Knorpels festzustellen, nicht in der Nähe des Peri- 
chondrium, das ziemlich dick ist und sich noch deutlicher abhebt. Die 
Knorpelkapsel der Zellen wird deutlicher, das Fasemetz ist dünner. Die die 
Knorpelkapsel bedingende Ablagerung von Kalkstäubchen ist wesentlich 
verstärkt und erstreckt sich beim 12 jährigen Pferd auch in sehr geringem 
Maße durch die Grundsubstanz als feinste Körnchen. Der Zellkern erscheint 
punkt-bis strichförmig; die Einlagerungen in den Zellen haben anGröße und 
Ausdehnung zugenommen und den Kem eingeengt. In besonderem Maße 
zeigt diese Erscheinung auch bei zunehmendem Alter der Küraßknorpel. 

Alte Pferde. 

Beim ganz alten, 20jährigen Knorpel zeigen sich ähnliche Er¬ 
scheinungen. Eine Verminderung der Zeilenzahl ist an der Spitze des 
Ohres nicht vorhanden. Ihre Anordnung ist nur insofern verändert, 
als in der Mitte des Knorpels die Richtung der mehr länglichen Zellen 
senkrecht zum Perichondrium ist; allmählich, je näher dieser Schicht, 
erfolgt aber eine Umordnung der Richtung, und in etwa 1 f i der dem 
Perichondrium benachbarten Knorpelschicht verlaufen die Zellen 
parallel zum Perichondrium. Je näher dem Grunde der Ohrmuschel 
(also je weiter von der Spitze entfernt), und besonders am knorpeligen 
Gehörgang, zeigt sich eine noch deutlichere Anordnung der Zellen zu 
Reihen, die Zahl der Zellen ist hier vermindert, sie sind in der Mitte der 


35* 



498 


H. Metz: Die Struktur der Ohrknorpel des Pferdes. 


Knorpelschicht am größten, zeigen aber auch die oben beschriebene 
Anordnung. Die Zellen haben eine deutlichere Kapsel und vermehrte 
Einlagerungen, deshalb auch eine Verkleinerung der Kerne. Hierbei 
ist typisch, daß die Einlagerungen um so mehr ausgeprägt sind, je näher 
die Zelle dem Perichondrium liegt. Der Knorpel nimmt von der Spitze 
nach dem Gehörgang hin an Dicke zu, und auch die im Vergleich zu 
jüngeren Knorpeln sehr feinen Fasern werden etwas gröber. 

Das Perichondrium ist weiterhin geringgradig verdickt. 

Am Küraßknorpel zeigt sich eine Abnahme der Fasern, die zum größten 
Teil einzeln liegen. Die Knorpelkapseln sind sehr deutlich, um so mehr, je 
näher dem Rande, ebenso die Einlagerungen io den verhältnismäßig großen 
Zellen, deren Kerne an Größe verloren haben. Es zeigt sich ein starker 
Unterschied in der Zellgröße; die Zellen sind in der Mitte sehr groß und 
nehmen, je näher dem Perichondrium, stark ab. Eine weitergehende Ab¬ 
lagerung von Kalk in der Grundsubstanz ist nirgends festzustellen. 

Zusammenfassung. 

Am neugeborenen Pferd bestehen der Ohrknorpel und seine Ansatz¬ 
knorpel aus elastischem Zellknorpel (nur sehr wenig Grundsubstanz) 
Nur der Küraßknorpel zeigt geringere, besonders geartete Anordnung 
der elastischen Fasern und viel Intercellularsubstanz. An den Zellen 
finden sich überall Mitosen. 

Bis zum Alter von 5 Jahren nimmt der Ohrknorpel an Dicke zu, die 
Ohrenschmalzdrüsen sind deutlicher ausgeprägt und vergrößert, Mitosen 
finden sich nur noch in geringerem Maße an der Grenze zwischen Perichon¬ 
drium und Knorpel. Das Perichondrium nimmt an Dicke zu und hebt sich 
stärker gegen den Knorpel ab (deutlichere Grenze!). Eine Abnahme der 
Zeilenzahl ist festzustellen; die Zellen sind nicht mehr so regellos verteilt, 
sondern mehr oder weniger in Reihen angeordnet, besonders je näher dem 
Ohrgrunde. Einlagerung von Kalkstäubchen ist zuerst deutlich am 
5 jährigen Knorpel, besonders an den Zellen und deren Umgebung. Die 
elastischen Fasern werden dünner und erscheinen straffer und gestreckter 
Die Intercellularsubstanz nimmt zu. Diese Veränderungen prägen sich 
gegen den knorpeligen Gehörgang hin immer deutlicher aus. 

Bei älteren Pferden, bis zu 12 Jahren, nimmt das Perichondrium 
weiter an Dicke zu. Die Zellen vermindern sich noch mehr, und eine 
regelmäßige Anordnung in Reihen tritt noch schärfer hervor. Die 
Einlagerung von Kalk nimmt zu, die Knorpelkapsel wird deutlicher 
Die elastischen Fasern werden dünner. 

Diese Veränderungen werden bei ganz alten Pferden lediglich ver¬ 
stärkt, ohne daß es jedoch zu einem völligen Verschwinden der elastischen 
Fasern kommt, wie dies beim Menschen beobachtet worden ist. 

Alle Alterserscheinungen treten im Küraßknorpel am stärksten hervor 



AFH ibz4 

ARCHIV 

FOB 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE 

TIERHEILKUNDE 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

B. ABDERHALDEN-HALLE A. S., 8T. ANGELOFF-SOFIA, M. CASPER-BRESLAU, 
A. EBER-LEIPZIG, W. ELLENBERGER-DRESDEN, W. EBNST-SCHLEISSHEIM, 
W. FREI-ZÜRICH, K. HOBSTETTER-JENA, F. HUTTRA VON SZEPESHELY- 
BUDAPEST.H. JAKOB-UTRECHT (HOLLAND), P.MARTIN-GIESSEN, J. MAREK¬ 
BUDAPEST, H.MIE8SNER-HANNOYER, K.NEUMANN-BERLIN, A.OLT-GIESS EN, 
A. STOSS-MÜNCHEN, E. Z8CH OKKE-ZÜ RICH 

UNTER MITWIRKUNG VON H. MIESSNER UND K. HOBSTETTER 

REDIGIERT 

VON 

K. NEUMANN 

50. BAND. 6. HEFT 
MIT 6 TEXTABBILDUNGEN 
(AUSGEGEBEN AM 1. MÄRZ 1924) 


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BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1924 



II 


Archiv für wlwenaehhftUobe and praktische Tierheilkunde. 60. Band, Heit 6. 


Das Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde 44 

erscheint in zwanglosen, einzeln berechneten Heften, von denen je sechs einen Band 
von etwa 42 Bogen bilden. 

Der für dieses Archiv berechnete B&ndpreis bat seine Gültigkeit nur während der Dauer 
des Erscheinens. Nach Abschluß eines jeden Bandes tritt eine wesentliche Erhöhung ein. 

An Sonderdrucken werden den Herren Verfassern von Originalarbeiten bis 30 Exem¬ 
plare kostenlos geliefert. Doch bittet die Verlagsbuchhandlung, nur die zur tatsächlichen 
Verwendung benötigten Exemplare zu bestellen. Über die Freiexeroplarzahl hinaus 
bestellte Exemplare werden berechnet. Die Herren Mitarbeiter werden jedoch in ihrem 
eigenen Interesse dringend gebeten, die Kosten vorher vom Verlage zu erfragen, um 
spätere unliebsame Überraschungen zu vermeiden. 

Manuskriptsendungen für das Archiv werden erbeten an: 

Herrn Professor Dr. Neumann, Berlin NW, Luisenstraße 56, 

Herrn Professor Dr. M iessner, Hannover, Tierärztliche Hochschule, 

Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. Hobstetter, Jena, Veterinäranstalt . 

. Es wird vorausgesetzt» daß die eingesandten Arbeiten dem „Archiv“ zum alleinigen 
Abdruck gegeben werden; Zweidrucke sind von der Aufnahme ausgeschlossen. 

Im Interesse der unbedingt gebotenen Sparsamkeit wollen die Herren Verfasser auf 
knappste Fassung ihrer Arbeiten und Beschränkung des Abbildungsmaterials auf das 
unbedingt erforderliche Maß bedacht sein. 

Verlagsbuchhandlung Julius Springer 


50. Band. Inhaltsverzeichnis. 6. Heft. 

7. Originalien. Seite 

Schlegel, M. Plexuscholesteatome beim Pferd lind Plexuskrebs beim Rind . . . 499 

Schmidt, Wilhelm. Beitrag zur Rotlaufimmunität.520 

Kipshagen, Franz. Hydrophthalmus bei einem Küken und einer Katze mit Linsen¬ 
zerrung und Luxation des Linsenkemes aus der Kapsel. (Mit 6 Textabbildungen) 539 
2. Dissertationen. 

Telpel, Heinrich. Vergleichende Untersuchungen über den diagnostischen Wert 
der Conjunctival- und der Palpebralreaktion bei der Rindertuberkulose . . . 551 
Llndner, Walter. Versuche mit Greifswaldcr Farbstoffmischung und Methyl violett 


(Pyoktanin) bei Schleimhauterkrankungen der Hunde unter besonderer Be¬ 
rücksichtigung der eitrigen Conjunctivitis.557 

Graf, Otto. Über die Ausscheidungen artgleichen und artfremden Maul- und 

Klauenseuche-Immunserums bei Meerschweinchen.565 

Krüger, Hans. Über die Auswertung von Malleineii.574 

Skerlo. Betrachtungen über die Fleischfäulnis und Beiträge zur Wertbeurteilung 
einzelner chemischer Feststellungsmethoden derselben für die Nahrungsmittel¬ 
kontrolle .581 

Goreniuc, Andrei. Das schleswigsche Pferd, seine Zucht und mechanischen Ver¬ 
hältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a.586 

Braun, Max. Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet Deutsrh-Neu- 

Guinea .597 

A u t o r e n v e r z e i c h n i s . 606 


siiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiNiiiiiiiiiiiil» 

I Altangesehene chemische Aktiengesellschaft i 

| bittet jedem praktizierenden Tierarzt in Deutschland hohe« Nebeneinkommtn I 
= für vornehme, im Rahmen der Praxis wie selbstverständlich auszuübende Mitarbeit. 5 
= Angebote unter Tltrh. 18 an die Expedition dieser Zeitschr., Berlin, Linkstr. 23/24. (i8)§ 

niiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiiiiiiiiiiiiiHiiiiiiiiiiiiHiMiiaHiiiiiHiimiiiHf; 














Plexuscholesteatom© beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 

Von 

Prof. Dr. M. Schlegel, Freiburg i. Br. 

(Aus dem Tierhygienischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) 

(Eingegangen am 2. Januar 1924.) 

Durch frühere Untersuchungen erhielt das Cholesteatom ver¬ 
schiedenartige Bezeichnungen, wie Lipom, Margaritom, Psammom, 
Angiom, Fibroangiom, Angiopsnmmom, Sarkom, Angiosarkom, peri- 
vasculäres Hämangiosarkom, Endotheliom, Peritheliom; jeder Autor 
gab diesen Geschwulstformationen an den cerebralen Adergeflechten 
des Pferdes einen anderen Namen und reihte sie unter einer anderen 
Gruppe von Neubildungen ein. Nach neueren verdienstlichen Arbeiten 
von Schmey und Joest ist das Cholesteatom keine echte Neubildung, 
sondern eine chronisch-entzündliche Bindegewebswucherung, daher 
Granuloma cholesterinicum benannt, das am häufigsten als kleines 
Perlcholesteatom auftritt, aus dem sich das massive Cholesteatom ent¬ 
wickelt. An den Chorioidplexus wurden dieselben außer bei Pferden 
lediglich noch vereinzelt beim Menschen sicher nachgewiesen. Struk¬ 
turell bestehen die Plexuscholesteatome nach Schmey und Joest aus 
eigenartigen Zellen, Schaumzellen, die doppeltlichtbrechende Substanz, 
Cholesterinfettsäureester, enthalten, aus dem sich nach Untergang der 
Schaumzellen die Cholesterinkrystalle abscheiden, die infolge ihres 
Entzündungsreizes Bindegewebswucherung veranlassen. Neben der 
Histogenese dieser Granulombildung ist die Pathogenität der Plexus¬ 
cholesteatome am bedeutungsvollsten, wird aber gleicherweise überaus 
divergierend erklärt. Zwar bleiben die kleinen Perlcholesteatome und 
langsam wachsenden Plexusgeschwülste lange Zeit symptomlos. Nach 
manchen Autoren sollen selbst große massive Cholesteatome für die 
Pferde belanglos sein. Verschieden fielen ferner die klinischen Be¬ 
obachtungen über die Pathogenität der Cholesteatomfälle aus. Die 
Pferde boten teils das Symptomenbild des Dummkollers, teils be¬ 
kundeten sie Anfälle von Schwindel, Somnolenz und Koma, teils äußerten 
sie epileptiforme Krampfanfälle mit Exzitation oder Depression, teils 
zeigten sie schwere Parese und Paralyse; andere Autoren schilderten 
sogar Zeichen der Encephalitis und Meningitis. Demgegenüber wurde 
die Erforschung echter Tumoren an den Chorioidplexus der Haustiere 
vernachlässigt, indem die an den Adergeflechten vorkommenden Neu¬ 
bildungen nichts anderes als Cholesteatome sein sollten. 


Arch. f. Tierhellk. L. 


36 



500 


M. Schlegel: 


Zur Klärung solch wichtiger Fragen folgen nachstehend fünf klinisch 
und pathologisch-anatomisch selbstbeschriebene Fälle von Plexus¬ 
cholesteatomen bei Pferden und ein selbstbearbeiteter Fall von Plexus¬ 
krebs beim Rind. Trotz ihres grundverschiedenen anatomisch-histo¬ 
logischen Baues sollen die Krankheitsfälle der beiden Geschwulstarten, 
weil klinisch und forensisch zusammengehörig, gleichzeitig samt Litera¬ 
tur veröffentlicht und alle Befunde gesichtet werden. 

Literarischer Teil. 

Fürstenberg 1 ) führte zuerst (1851) den Namen Cholesteatom für die in den 
Plexus der Seitenventrikel vorkommenden Neubildungen ein und zahlte sie fälsch¬ 
lich zu den Lipomen. Bruckmüller 2 ) sprach die Cholesteatome für Bindegewebs- 
neubildungen an, während Hertivig 3 ) und Roll*) dieselben Gallenfettgeschwülste 
nannten. Dahingegen erkannten Dieckerhoff 5 ) und Zemecke 8 ) die Cholesteatome 
des Pferdes als chronische Entzündung des Adergeflechtes. Johne 1 ) beschrieb die in 
den Plexus der Seitenventrikel sich entwickelnden, mit reichlichen Cholesterin- 
krystallen durchsetzten Neubildungen als sarkomatöse, myxomatöse, fibröse oder 
angiomatöse Geschwulstbildungen und faßte sie hauptsächlich als Fibroangiome 
auf, die von den Gefäßen der Plexus ausgingen. Die Genese des Cholesteatoms 
beim Pferd wurde ferner von Kitt*), RieveP), Casper 10 ) und als Fortsetzung der 
Literaturzusammenstellung von 4* F. Folger 11 ) bearbeitet. 

In Frankreich kommen Cholesteatome an den Adergeflechten der Pferde 
häufig vor, weshalb mit Anbruch dieses Jahrhunderts mehrere französische Autoren: 
Le Dor (1902), Ball (1903), Farta Solovief (1901) die Formen und den histologischen 
Bau der Perlgeschwülste erforschten. Le Dor 12 ) unterschied zwei verschiedene 
Arten von Geschwülsten: Tumeurs perläes und Cholesteatome massif. Die ersteren 
waren kleine perlglänzende Knötchen an den Plexus der Ventrikel und zu beiden 
Seiten des Kleinhirns, während er unter Cholesteatome massif die großen, in den 
Seitenventrikeln gelegenen Geschwülste verstand; er beobachtete aber auch beide 
Formen an einem Plexus. Ball 12 ) trennte dieselben in zwei Gesch wulstformen 
und untersuchte sie eingehend grobanatomisch und mikroskopisch; das Chole¬ 
steatome massif saß in den Plexus der Seiten Ventrikel ein- oder beiderseitig, erreichte 
Tauben- bis Gänsceigröße und enthielt Einlagerungen von perlmutterartig glänzen¬ 
den Körnchen. Mikroskopisch bestand dasselbe aus fibrillärem Netzwerk, zwischen 
dem Cholesterinkrystalle oder polygonale, blasige oder kugelige Zellen lagen. 
Ball bezeichnete diese Geschwulst als Endotheliom. Farta Solovief u ) stellte ab 
Stroma dieser Neubildung ein zartes alveoläres Netzwerk fest, dessen Hohlräume 
mit (zum Teil blasig auf getriebenen) Endothelzellen ausgekleidet erschienen. 
Die Tumeurs pertees haben Le Dor und Ball seltener nach weisen können. Die 
damit behafteten Plexus waren hypertrophisch und enthielten perlmutterglänzende 
stecknadelkopfkleine Knötchen, die lamellöse konzentrische Struktur und Zellen 
mit deutlich färbbarem Kern, ferner große aufgeblasene Endothelzellen besaßen. 

Schmey 15 ) untersuchte unter Leitung des Prof. Pick die Struktur und Histo- 
genese der Cholesteatome der cerebralen Adergeflechte, und zwar 256 Pferde¬ 
gehirne, von denen 24 Fälle Cholesteatome in beiden Ventrikelplexus, 63 Fälle 
in den Kleinhirnplexus und 33 Fälle in den Plexus der Seitenventrikel und des 
Kleinhirns enthielten, so daß unter 256 Gehirnen 120 Fälle (50%) Cholesteatome 
besaßen. An den Plexus des Kleinhirns sind demnach die Cholesteatome häufiger 
als in den Ventrikeln. Die Genese und Struktur der Cholesteatome des Pferde¬ 
gehirns wurde zunächst an kleinsten Perlknötchen, den ersten Anfängen des Pro¬ 
zess cs, nachgesehen, die aber auch schon große Mengen freier Cholesterinkrystalle 



Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 501 

und meist Kalksalze aufwiesen, so daß die Auffindung der Zellen als Träger der 
doppeltlichtbrechenden Substanz und des freien Cholesterins schwierig war. 
Hierbei ergaben sich Herde, die lediglich aus dichtgedrängten Schaumzellen be¬ 
standen, die in kugeligen Ballen und länglichen Strängen angeordnet erschienen, 
so daß zwischen ihnen nur flache Kerne von Blutcapillaren und Endothelien oder 
Bindegewebskörperchen zartester Bindegewebszüge sich fanden. Die Schaum* 
zellen enthielten Cholesterinfettsäure. Das gesamte Stroma des Plexus war dicht 
mit großen charakteristischen Elementen bis an das Oberflächenepithel durchsetzt, 
das selbst am Prozeß unbeteiligt war. Cholesterinkrystalle sowie Kalkablagerungen 
fanden sich beim Pferd schon in frühen Entwicklungsstadien der Perlknötchen. 
Die Kombination von gehäuftem Cholesterin und Kalksalzen erinnerte, worauf 
schon Kitt (1. c.) hin wies, an die atheromatösen Herde bei der Atherosklerose 
der Blutgefäße. Krystalle waren in den Hohlräumen allerwärts zu sehen und um 
die Cholesterineinlagerung fanden sich Bindegewebsfibrillen, ein Riesenzellen 
führendes Granulationsgewebe und Vascularisationen. Die Gefäße waren sehr 
zahlreich, ihr Lumen weit und ihre Wände verdickt. Riesenzellen, reichliche Ge¬ 
fäße und die übrigen Zellformen umgaben die Cholesterintafeln. Perlknötchen und 
massive Cholesteatome entsprachen gleichem histologischen Befund, der die 
Charaktere einer chronisch granulierenden Entzündung, ein Granuloma cholesterini- 
cum multinodulare und Granuloma cholesterinicum solidum bot. 

Wehrbein 1 *) lenkte die Aufmerksamkeit auf das häufige ödem des Plexus¬ 
gewebes bei Pferden, dessen Ursache eine chronisch degenerative Erkrankung 
der Media der Arterien sei. Der Bau der Seitenventrikelplexus sei außerordentlich 
zerklüftet, weshalb die oft beobachteten Epithelzellreihen leicht eine Neubildung 
(Endotheliom) Vortäuschen. Kommen mitten im Plexusgewebe isolierte Epithel¬ 
reihen vor, so habe der Schnitt eine Einstülpung des Epithels getroffen und diese 
Einstülpung kreuze die Schnittrichtung. Wehrbein hält daher, wie Schmey , das 
Cholesteatom für ein Granulom und der Cholesteatombildung gehe ein chronisches 
ödem voraus, dessen Ursache in einer Mesarteriitis chronica degenerativa be¬ 
stehe. 

Joesi 17 ) bearbeitete an 100 Pferdegehimen, die in 20% Cholesteatome in den 
Adergeflechten enthielten, die Genese und histologische Struktur. Das kleine 
Perlcholesteatom bestand aus mindestens einem abgegrenzten Cholesterinherd, 
der in parallel angeordneten Fächern die Krystallhaufen beherbergte, nach deren 
Auflösung Septen zwischen den Krystallen als fächeriges Gerüst Testierte. Die 
Septen enthielten kugelige Zellen mit hellem gequollenem vakuolärem oder schau¬ 
migem Cytoplasma und mit einem exzentrischen Kern. Im Cytoplasma der Schaum¬ 
zellen fand sich Cholesterinfettsäureester, aus dem sich krystallinisches Cholesterin 
beim Untergang der Zellen abscheidet. Die Abgrenzung des Fächerwerks bildete 
eine zusammenhängende Endothellage, da es sich um erweiterte Lymphgefäße 
oder Lymphspalten handelte, in denen die Cholesterinablagerung eintrat. Das be¬ 
nachbarte lockere Bindegewebe war mit großen kugeligen hellen Schaumzellen 
stark durchsetzt. Bei anderen Cholesterinherdchen ließ sich deutliche Fibroblasten¬ 
wucherung an der Peripherie nach weisen, wodurch der Herd mit Granulations¬ 
gewebe abgegrenzt wurde. Ältere Cholesterinherdchen besaßen Septen aus Binde¬ 
gewebe, in dem das Fibroblastengewebe der Septen sich in fibrilläres Bindegewebe 
umwandelte; die Schaumzellen dagegen waren verschwunden. Das Primäre 
war die Cholesterinablagerung. Vom Perlcholesteatom kamen alle Übergänge zum 
massiven Cholesteatom vor. Cholesteatombildung kam in einem Fall auch in den 
adventitiellen Gefäßscheiden des Gehirns bei einem Pferd vor. Das Plexuschole¬ 
steatom ist daher nach dem Vorgang von Schmey als chronisch-entzündliche Neu¬ 
bildung (Granulom) anzusprechen. 


36* 



502 


M. Schlegel: 


Nach Sichtung der umfänglichen Kasuistik sind besonders jene zuverlässig be¬ 
schriebenen Fälle der Cholesteatome von Belang, die gleichzeitig cerebrale Krank¬ 
heitserscheinungen bzw. Symptome des Dummkollers bedingt haben, da mitunter 
bei solchen in Währschaft stehenden, tödlich erkrankten Pferden die Obduktion des 
Gehirns das Vorhandensein von Plexuscholesteatomen ursächlich ermittelt. 

Noack ls ) wies bei der Sektion eines nach kaum zweitägiger Krankheitsdauer 
unter den Erscheinungen einer Gehirnentzündung verendeten Pferdes zwei Chole¬ 
steatome der Seitenventrikel des Gehirns nach; das eine war walnuß-, das andere 
hühnereigroß; sie veranlaßten Druckatrophie der anliegenden Gehirnteile. 

Lesöre 19 ) beschrieb ausführlich den Krankheitsverlauf und die Sektionsver¬ 
änderungen der Cholesteatombildung in den Seitenventrikeln eines Pferdes, bei 
dem Encephalitis nicht vorhanden war. Das Pferd zeigte psychische Eigentüm¬ 
lichkeiten, es war nervös, reizbar, futtemeidisch und kitzlig. An einem heißen 
Sommertag erkrankte das Pferd unter Somnolenz, Gähnen und Schwanken, 
worauf die Störungen nach einigen Stunden verschwanden, sich aber im Verlauf 
von 6 Monaten mehrmals wiederholten und sich in ihrer Intensität steigerten. 
Hierzu trat motorische Erregung, tiefe Benommenheit (ohne Temperatursteigerung) 
und Tod im Koma. Die Sektion ergab in den Seitenventrikeln zwei mittelgroße 
Cholesteatome; das eine wog 37 g. Die stark erweiterten Ventrikel bargen gelbe 
fibrinhaltige Flüssigkeit. 

Nach Bergmann *°) verendete eine 14jährige Stute unter Erscheinungen 
einer Gehirnentzündung; im rechten Gehirn Ventrikel wurde ein kleines, im linken 
ein 27 g wiegendes Cholesteatom nachgewiesen. Mieckley 21 ) beobachtete bei einer 
Beberbecker Mutterstute Gleichgewichtsstörungen und eigentümliche Erschei¬ 
nungen der Psyche. Im Plexus des linken Seitenventrikels fanden sich zwei bohnen¬ 
große Angiop8ammome. 

Samson und Jouve 22 ) ermittelten bei einem 15jährigen Pferd Schwindelanfälle 
mit monatelangen Ruhepausen, denen plötzlicher Tod folgte. Als Ursache wurde 
ein 26 g schweres Cholesteatom im beträchtlich erweiterten linken Seitenventrikel 
des Gehirns nachgewiesen. 

Nach Dignac 23 ) wurde ein Pferd störrig, eigentümlich kitzlig, ließ sich ungern 
anfassen und benahm sich anfallsweise unruhig. In den ruhigen Zwischenstadien 
drängte das Pferd nach vorn, stieg in den Futterbarren, stampfte mit den Beinen, 
zeigte ausdruckslosen Blick, vergaß sich beim Fressen und war schwer benommen. 
Exzitationen und tiefe Benommenheit wechselten unregelmäßig ab, bis das Pferd 
unter rascher Steigerung aller Symptome schnell verendete. Die Sektion ergab 
in den Seitenventrikeln des Gehirns je ein eiförmiges Cholesteatom; das linke ver¬ 
drängte 50 ccm, das rechte 33 ccm Wasser. Beide Geschwülste hingen in der 
Mitte zusammen. Dieser Fall zeigt, daß die Geschwülste eine ansehnliche Große 
erreichten, ehe sie zu sekundären Störungen und Himdruck führten. Bis zum Ein¬ 
tritt des Dummkollers war das Pferd wie ein gesundes verwendbar, nur erwies 
es sich launisch insofern, als es sich an manchen Tagen durch Ausschlagen nach 
Menschen und Pferden bösartig bekundete. 

Nach Aierinsky 2 *) verendete ein Pferd 24 Stunden nach dem Auftreten der 
ersten Krankheitserscheinungen. Der Krankheit dieses Pferdes lag ein Chole¬ 
steatom der Seitenventrikel zugrunde. SziUat 25 ) beobachtete bei einem Pferde 
starke Abmagerung, Schwindelanfälle, Zittern bei der Bewegung und Hochhalten 
des Kopfes. In beiden Gehirnkammem des Pferdes fand sich je ein hühnereigroßes 
Cholesteatom. Wester 29 ) fand bei einem Pferd Anfälle von Abstumpfung, starren 
Blick, leicht schwankenden Gang, Krankheitserscheinungen, die bald verschwan¬ 
den, zuweilen aber von Aufregungszuständen abgelöst wurden. Nach mehreren 
Monaten verendete das Pferd an Kolik. Im Ventrikel des Großhirns fand sich ein 



Plcxuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 503 

vom Plexus ausgehendes Cholesteatom, dessen zwei Hälften 118 g schwer waren 
und die infolge des konsekutiven Hydrocephalus die Hemisphären stark ausdehnten. 
Dennoch konnte da« Pferd seinen Dienst lange tun und war nur vorübergehend in 
seinem Benehmen gestört. Nach Fröhner 27 ) bestand bei einem Pferd abwechselnde 
motorische Erregung und starke Benommenheit, Schwanken, Inappetenz und 
leichtes Fieber. Der Tod erfolgte nach 3 Tagen. Die Obduktion ergab die An¬ 
wesenheit eines gänseeigroßen Cholesteatoms im linken Seitenventrikel des Gro߬ 
hirns, das von dem Adergeflecht ausging. Die Himsubstanz war makroskopisch 
ohne Veränderung. 

Cazenave M ) fand Cholesteatome in den Seitenventrikeln eines plötzlich ver¬ 
endeten Pferdes. Peele *•) wies bei einem Pferd mit apoplektiform einsetzenden 
Bewegungs- und Empfindungsstörungen im rechten Seitenventrikel eine hühnerei- 
große Geschwulst vom Charakter eines Psammoms nach und nahm an, daß dieselbe 
mit den Krankheitssymptomen in ursächlicher Beziehung stand. Nach Güclcel 30 ) 
wurde ein Pferd plötzlich appetitlos, hielt den Kopf hoch, taumelte, zitterte und 
mußte getötet werden. In beiden Ventrikeln des Gehirns fand sich je ein hühnerei- 
großes Cholesteatom und es bestand eine Abflachung der Corpora striata. Haas 31 ) 
fand bei der Sektion eines dummkollerigen Pferdes die Gehimhöhlen mit je einer 
hühnereigroßen Neubildung ausgefüllt, die sich bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung als Cholesteatome erwiesen. Poirson 32 ) beschrieb einen Fall eines Chole¬ 
steatoms, in dem die klinischen Symptome in chronischem Schwindel bestanden. 

Wyssmann 33 ) beobachtete während der Morgenfütterung bei einer 9 jährigen 
Stute schreckhaftes Benehmen, plötzliches Zurücktreten vom Barren, Zusammen¬ 
stellen aller 4 Füße, Zusammenstürzen und Unvermögen aufzustehen. Tags zu¬ 
vor war das Pferd im Zug eingespannt, wobei es auffallend müde und schlaff war. 
Zeitweise traten heftige klonisch-tonische Zuckungen am ganzen Körper auf, 
weshalb das Pferd geschlachtet wurde. Die rechte Gehimkammer war vollständig 
durch ein hühnereigroßes Cholesteatom ausgefüllt. 

Schmidt 3 *) beobachtete bei einem zur gerichtlichen Untersuchung auf Dumm¬ 
koller eingestellten Pferd nur zeitweise Bewußtseinsstörungen, während es die 
Futteraufnahme verweigerte; es machte unter Beugung des Kopfes und Halses 
Manegebewegungen nach rechts. Von Zeit zu Zeit traten Krämpfe des Schlundes 
und Halses auf. Bei Druck auf das Genick ging das Pferd rückwärts und wurde 
nach erfolgloser Behandlung getötet. Die Gyri und Sulci waren abgeflacht und 
blutgefäßarm. In beiden Seitenventrikeln lag ein hühnereigroßes Cholesteatom, 
das die Wandungen nach allen Richtungen verdrängte. Die dorsale Oberfläche 
der Tumoren erschien stellenweise mit dem Ependym verwachsen. Das Pferd 
wurde forensisch als mit Dummkoller behaftet bezeichnet. 

Thomassen 35 ) wies bei einem 12jährigen Pferd seit einem Jahr Bewegungs¬ 
störungen nach, indem abwechselnde und vorübergehende Lahmheit an allen 
4 Beinen auftrat. Der Gang war gespannt und steif, das Wenden schmerzhaft. 
Bei der Untersuchung, beim Aufsatteln und Besteigen war das Tier unruhig und 
nervös. Nach Tötung durch Bruststich wurde in jedem Seitenventrikel ein taubenei¬ 
großes Cholesteatom gefunden. 

Bei der Untersuchnng solcher Geschwülste auf den Cholesteringehalt wies 
Krummacher 36 ) in 34,13 g frischer Substanz (entsprechend 9,29 g trockener) 
5,50 g Cholesterin nach (d. h. 16,1% der frischen oder 59,2% der trockenen Sub¬ 
stanz). Ball (1. c.) gab den Cholesteringehalt zu 40—50% an. Bergmann (1. c.) 
fand, daß 32% der Substanz solcher Neubildungen chloroformlöslich waren. 

Über das Vorkommen von Plexuscholesteatomen bei anderen Haustieren liegen 
Veröffentlichungen nicht vor. Wie Ball mitteilte, will Schröder van der Kalk ein 
Cholesteatom beim Schwein gesehen haben. Beim Menschen kommt das Plexus- 



504 


M. Schlegel: 


choleateatom zwar auch, aber weit seltener wie beim Pferd vor. Pick [L c. lJ ) 
S. 129] untersuchte an dem Plexus des Seiten Ventrikels des Menschen bohnen¬ 
große Plexuscholesteatome, die denen des Pferde« gleichwertig waren. Stern und 
Ltvtj sr ') beschrieben eine cholesterinhaltige Geschwulst am Plexus chorioideus 
de« dritten Ventrikels des Menschen und bezeichneten sie als Epitheliom mit 
Endotheliom- und Psammomeinschltissen. 

Kasuistischer Abschnitt. 

I. Beiderseitige kastanien- bzw. hühnereigroße massive Plexuschdesk- 
atome bei einem 9jähr. Pferd, sekundäre Hydrocephalia interna chronica , 
akutes Oehirnödem und Dummkotter erzeugend. 

Das 9 jährige Pferd wurde 4 Wochen vor dem Verenden täglich 
ein- und zweispännig zu Fuhren verwendet, wobei es sich nicht nur 
tüchtig und brauchbar, sondern auch frei von Krankheitserscheinungen 
erwies. Nach 3 Wochen wurde das Pferd verkauft und erkrankte 6 Tage 
später unter den Erscheinungen einer Gehirnstörung. Das Allgemein¬ 
befinden, Temperatur und Puls waren zwar normal, aber das Pferd 
machte einen schläfrigen Eindruck, ließ sich wiederholt und kräftig 
auf die Krone treten und tief in die Ohren greifen, ohne zu reagieren. 
Mit gekreuzten Beinen blieb das Pferd längere Zeit stehen. Durch die 
weitere Untersuchung zeigte dasselbe das Symptomenbild des Dumm- 
kollere, insbesondere eine wesentliche Herabminderung in der Gefühls¬ 
empfindung und des Bewußtseins. Akute und subakute Gehirnentzün¬ 
dung war nach den ermittelten Krankheitseracheinungen auszuschließen. 
Schon am Nachmittag desselben Tages verendete das Pferd unerwartet. 

Bei der Autopsie wurden nur Veränderungen in der Schädelhöhle festge¬ 
stellt. Im Subarachnoidealraum fand sich viel klare Flüssigkeit. Die Hemi¬ 
sphären waren weicher als normal, besondere fiel die weiche Beschaffenheit 
der Gehirnsubstanz an beiden Ventrikeln auf. Jeder Ventrikel enthielt etwa 
50 ccm gelbliche klare Flüssigkeit. Im linken Ventrikel lag ein langrundes, 
hühnereigroßes, 40 g schweres Cholesteatom, dessen Oberfläche glatt er¬ 
schien und dessen Schnittflächen grießkornkleine braunglänzende Körn¬ 
chen eingesprengt zeigten. Im rechten Seiten Ventrikel fand sich ein gleich¬ 
geartetes etwa kastaniengroßes und 20 g schweres Cholesteatom. Beide 
Granulome hingen mit den Adergeflechten zusammen und brachten die 
umgebenden Gehirnteile zum Schwund. Das Gehirn selbst wies seröse 
Durchtränkung, aber keine entzündlichen Veränderungen auf. 

Da bei dieser unheilbaren Gehirnkrankheit das Bewußtsein des 
Pferdes herabgesetzt war, wurde forensisch der Fall als Dummkoller 
begutachtet. Das Pferd verendete an akutem Gehirnödem. 

Die Entstehungsursachen des Hauptmangels sind verschiedene, und zwar 
Störungen und Prozesse, die einen andauernden intrakranialen bzw. intracere- 
bralen Druck auf das Gehirn ausüben, nämlich chronische Hvdrocephalie, chro¬ 
nische Blutüberfüllung des Gehirns infolge Stauung, Auftreibung der Keilbein¬ 
höhlen infolge chronischer Katarrhe, Exostosen am Gehirnzelt und Schädeldach, 
chronische Entzündung des Gehirns mit Erweichungsherden oder Sklerose, Vcr- 




Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 505 

knöcherung der Dura raater, chronische Pachymeningitis und Leptomeningitis, 
Gpendymsklerose, Eiterherde oder abgekapselte Hämatome, tierische Parasiten 
(Echinokokkusblasen, Dipterenlarven, Pentastomen), Neubildungen in Gehirn 
und den Adergeflechten, unter denen die Cholesteatome am häufigsten sind. 
Größere Cholesteatome veranlassen durch den intracerebralen Druck chronische 
Ventrikelwassersucht bzw. Dummkoller. 

II. Beiderseitige kastanien- bzw. hühnereigroße massive 
Plexuscholesteatome beim Pferd, Stauungshydrops, akutes Oehimödem 
und hochgradigen Dummkotter bedingend. 

Der Braunwallach wurde am ersten Tage nach dem Ankauf zum 
Holzholen im Wald eingespannt. Dabei war das Pferd langsam, ließ 
den Kopf hängen und machte einen trüben Eindruck. Das Pferd war 
mager und hatte sich so gestellt, als ob es nichts hörte und nichts sähe. 
Schon am ersten Tage fiel dem Besitzer auf, daß das Tier sich anders 
verhalte wie ein normales Pferd. Am zweiten und dritten Tage nach 
dem Ankauf wurde das Pferd zur Feldarbeit und zum Holzfahren 
verwendet, wobei es den Dienst durchweg anstandslos leistete und 
auch das Futter gut auf nahm. Beim Fahren im Fuhrwerk verhielt sich 
das Tier auffallend ruhig, drängte weder nach links noch nach rechts, 
ging und stand aber teilnahmslos. Am vierten Tage machte das Pferd 
morgens 3 Uhr im Stall plötzlich Spektakel, es stand schräg im Stall, 
den Kopf hob es hoch nach der Raufe, die Vorderfüße waren gespreizt, 
die Hinterhand an die Stallwand angelehnt. Als das Pferd zurecht¬ 
gestellt wurde, fiel es um. Später sprang es auf, schwankte hin und her, 
um dann wieder umzufallen; man sah, daß das Tier nicht mehr bei 
vollem Bewußtsein war; es blieb dann auf der rechten Seite wie in 
tiefem Schlaf am Boden liegen. Die Temperatur betrug 37,7 °, die Zahl 
der Pulse 38, die der Atemzüge 17. Der Puls war normal und regel¬ 
mäßig, die Schleimhaut blaßrot, das Herz schlug kräftig und regelmäßig. 
Darmgeräusche, Kot- und Harnabsatz waren normal. Das Pferd reagierte 
aber auf Zuruf nicht im geringsten, es lag ruhig, mit halbgeschlossenem 
Auge. Das Berühren der Cornea blieb reaktionslos. Schläge empfand es 
nicht, war überhaupt bewußt- und gefühllos. Mitunter zeigte das Pferd 
wieder Momente des Dämmerzustandes, wollte sich erheben und konnte 
sich einige Zeit in hundesitziger Stellung aufrechterhalten, um dann wieder 
in Bewußtlosigkeit zu verfallen. Ab und zu hob es den Kopf, mit den 
Füßen machte es nur von Zeit zu Zeit unruhige Bewegungen und verhielt 
sich völlig apathisch. Die Untersuchung ergab Dummkoller, da es nur 
ein chronisches Gehirnleiden mit Bewußtlosigkeit sein konnte. Akute 
Gehirnstörungen, Gehirnhyperämie, Gehirnentzündung hingegen waren 
auszuschließen, da die Schleimhäute normal gefärbt, Puls, Temperatur 
und Atmung nicht verändert, der Kopf nicht vermehrt warm und keine 
Erregungszustände vorhanden waren. 



506 


M. Schlegel: 


Der Befund der wegen Aussichtslosigkeit auf Heilung erfolgten 
Schlachtung bestätigte die klinische Diagnose. Bei der Zerlegung des 
Gehirns erwiesen sich beide Seiten Ventrikel stark dilatiert, die um¬ 
liegende Gehirnsubstanz zum Schwund gebracht und im Lumen der¬ 
selben lag jederseits mit den Aderhautnetzen verbunden ein ansehnliches 
nierenförmiges Cholesteatom, von denen das größere 6 V 2 cm lang, 4 cm 
breit, 1,2 cm dick, 18,5 g schwer und nahezu hühnereigroß war. Die Ober¬ 
fläche des seitlich etwas zusammengedrückten Granuloms erschien glatt, 
die Schnittfläche fibrös-granulös und mit kleinsten glitzernden Cholesterin- 
krystallen durchsetzt. Das Cholesteatom im anderen Ventrikel maß 5 l / 2 cm 
Länge und wog 8 g, war langrund, kastaniengroß und gleichgeartet. Beide 
Granulome hingen durch einen Stiel mit dem jederseitigen Adergeflecht 
zusammen. Auch in den seitlichen Adergeflechten des Kleinhirns lagen 
wickenkorngroße grießig-sandige Einlagerungen bzw. Cholesteatom¬ 
wucherungen. Entzündliche Veränderungen fehlten am Gehirn. 

Mikroskopisch enthielten die glänzenden Einlagerungen zahlreiche Cholesterin- 
krystalle. Mithin wurde im lebenden Zustand bei dem Pferd eine unheilbare Krank¬ 
heit des Gehirns festgestellt, infolge deren das Bewußtsein völlig gestört war. 
Die Bewußtseinsstörung hatte ihre Ursache in den in den Gehirn Ventrikeln ge¬ 
lagerten Cholesteatomen. Die Ursache der Bewußtseinsstörung war mit Sicher¬ 
heit am Tag der Übergabe vorhanden, weshalb das Pferd mit Dummkoller schon 
am Tag der Übergabe behaftet war, weil solche massive Cholesteatome nach der 
wissenschaftlichen Erfahrung zu ihrer Entwicklung viele Wochen und Monate 
brauchen. Wenn auch aus den bei der Sektion gefundenen anatomischen Ver¬ 
änderungen allein nicht erwiesen werden kann, daß das Pferd bei Lebzeiten 
Störungen des Bewußtseins gezeigt hat, so wird doch durch die ermittelten Ge- 
himveränderungen erheblich zur Klärung des im Lebendzustand beim Pferd 
festgestellten Krankheitsbildes beigetragen und bewiesen, daß fragliches Pferd 
lediglich an einer chronischen unheilbaren Gehimerkrankung gelitten hat, bei der 
die rechte und linke Seitenkammer starke Dilatation erlitten, durch die die be¬ 
nachbarten Teile der Gehirnsubstanz infolge Druckatrophie geschwunden waren, die 
durch beträchtlich große (kastanien- bzw. hühnereigroße) Cholesteatome ver¬ 
ursacht wurde. Die Cholesteatome waren derart groß und die infolge derselben 
entstandenen Veränderungen so hochgradig, daß die dadurch ausgelösten Er¬ 
scheinungen des Dummkollers sich erklären lassen. Hierzu schreibt Malbnvs 
(Gericht]. Tierheilk., S. 267): In einzelnen seltenen Fällen werden auch Geschwülste 
im Gehirn, besonders Cholesteatome, ausgehend von den Plexus, in den Seiten¬ 
ventrikeln gefunden. Auch Knochenauftreibungen an der Schädeldecke können 
Hydrocephalie hervorrufen. „Alle diese Raritäten müssen als selbständige Krank¬ 
heiten des Gehirns forensisch zum Dummkoller gezählt werden, wenn sie intra 
vitam eine Störung des Bewußtseins veranlaßten.“ 

III. Beiderseitige tauben - bzw. gänseeigroße massive Plexuscholesteatome 
bei einem Sjähr. Pferd , Hydrocephalia interna , Dummkoller und Tob - 

suchtsanfälle bedingend. 

Das 5 Jahre alte Pferd zeigte wiederholt vorübergehende Aufregungs¬ 
erscheinungen, während in den anfallsfreien Zwischenräumen lediglich 
dauernde Gehirnstörungen bestanden, wie sie beim Dummkoller aufzu- 



Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 507 

treten pflegen. Die Anfälle von Aufregung steigerten sich mitunter bis zur 
Tobsucht und Raserei wie bei Gehirnkongestion, wobei das Pferd nach 
vorwärts oder nach der Seite drängte, in die Höhe zu steigen drohte und 
schwer, zuweilen auch gar nicht der Zügelführung folgte. Die unregel¬ 
mäßig wiederholten Tobsuchtsanfälle äußerten sich noch im besonderen 
dadurch, daß das Pferd mit den Vorderfüßen nach vom ausschlug und 
währenddem immer Kreisbewegungen ausführte oder auch geradeaus 
ging. Das Pferd wurde wegen Unheilbarkeit geschlachtet. 

Abweichungen anderer Organe fehlten, das Gehirn aber wies bei der 
Sektion bedeutende Veränderungen auf. Im Subarachnoidealraum und 
in den Seitenkammem fand sich viel klare gelbliche Flüssigkeit auf¬ 
gestaut. Die Gyri und Sulci zeigten sich abgeflacht. Die Gehim- 
substanz beider Hemisphären erschien weicher als normal, stark serös 
durchtränkt. Die Seitenventrikel boten beträchtliche Dilatation und 
enthielten 2 frei darin hegende aber doch stellenweise durch feine 
membranöse Adhäsionen mit dem sklerotisch verdickten Ependym 
verbundene Cholesteatome. Am caudalen Pol standen die Granulome 
des rechten und Unken Ventrikels vermittels eines dünnen fibrösen 
Stranges mit dem gleichseitigen Adergeflecht in Verbindung. Ent¬ 
zündliche Veränderungen waren am Gehirn nicht vorhanden. Das eine 
nierenähnlich geformte Granulom hatte Gänseeigröße und wog 40 g, 
das andere langbohnenförmig gestaltete erreichte den Umfang eines 
Taubeneies und wog 23 g. An der Oberfläche zeigten die Granulome 
glatte glänzende Beschaffenheit, waren mit einer dünnen grauweißen 
fibrösen Membran überkleidet, wiesen durchaus derbe Konsistenz, 
graugelbe bis graurötliche Farbe auf und enthielten sowohl an der 
Oberfläche wie in der Tiefe massenhaft dicht nebeneinandergelagerte 
perlmutterartig glänzende schuppenähnliche Blättchen, Cholesterin- 
krystalle, eingesprengt. Der durch die Granulome bedingte Druck¬ 
schwund der anliegenden Gehimteile bezog sich jederseits auf den 
Hippocampus und Nucleus caudatus, während die Adergeflechte ver¬ 
dickt und sulzig gequollen erschienen. 

Histologisches: Nach der Struktur der mit Hamatoxylin-Eosin oder nach 
van Oieson gefärbten Schnitte handelt es sich um ältere massive Cholesteatome. 
In manchen Schnitten fanden sich noch allenthalben gut erhaltene fächerförmig 
angeordnete und durch Kapseln nach Art kleinster Knötchen abgegrenzte Chole- 
sterinherdchen mit oft radiär oder parallel gerichteten fibrösen Septen, die aus¬ 
schließlich aus teils kemreichem, teils kemarmem Bindegewebe bestanden. Die 
Proliferationen des Granulationsgewebes bildeten sich hauptsächlich in den sub- 
kapsulären peripheren Abschnitten der Knötchen, um von hier aus in die Lymph- 
septen vorzudringen und diese ganz zu infiltrieren. An anderen Stellen wandelte 
sich das Fibroblastengewebe in fibrilläres bzw. fibröses Bindegewebe um. Die 
Septen zeigten in diesen Granulompartien kleine spindelige und runde Bindegewebs¬ 
zellen mit reichlichem Zwischengewebe, seltener fanden sich noch lymphocytäre 
Rundzellen. In den Spalten der Cholesterinherdchen lagen die (gelösten) Chole- 



508 M. Schlegel: 

sterinkrystalle. Schaumzellen waren in diesen fibrös umgewandelten Cholesterin- 
herdchen nicht mehr vorhanden. 

In anderen Granulompartien, die nach narbiger Retraktion und Verkleinerung 
der Cholesterinherdehen schrumpften, verschwanden nach Resorption des Chole¬ 
sterins auch die Lymphspalten und erschienen von Granulationen durchwuchert, 
womit die fächerige Anordnung der Septen ganz verwischt wurde. Von der Mitte 
der Septen ausgehend fanden sich zahlreich und ausgedehnt Einlagerungen von 
Kalksalzen in den der Nekrose verfallenen Gewebspartien. Riesenzellen waren 
nicht vorhanden. Zwischen den einzelnen benachbarten Cholesterinknötchen 
lagen stet« Blutgefäße des Plexus, deren Wände auffällig dick erschienen; in den 
Lymphspalten des adventitiellen Bindegewebes derselben nahmen augenscheinlich 
die Cholesterinherdchen ihren Ursprung. Nachbarlich zu den gewucherten Plexus¬ 
gefäßen lagen mitunter kleine Pigment zellen, die mit kleinen und größeren braunen 
Pigmentkörnern und -schollen erfüllt waren (hervorgegangen aus früheren Blu¬ 
tungen). Die Oberfläche der Cholesteatome erschien mit dünner fibröser Kapsel 
umgeben, die stellenweise zottige Excrescenzen aufwies. Die primär in die Lymph¬ 
spalten abgelagerten Fettkrystalle erzeugten durch Reiz die Bildung der kleinsten 
Cholesterinknötchen. 

Mikroskopisch wurden in den perlmutterartig glänzenden Einsprengungen 
beider Cholesteatome Cholesterinkrystalle zahlreich nachgewiesen. 

1V. Beiderseitige taubeneigroße symmetrische massive Plexuscholesie - 
atome beim Pferd , Druckatrophie des Bodens beider Seitenventrikel 
Stauungshydrops, hochgradigen Dummkoller veranlassend . 

Das Pferd wurde wegen hochgradiger Gehirnstörungen geschlachtet, 
die sich seit langem als Symptomenbild vorgeschrittenen Dummkollers 
äußerten und in Erscheinungen herabgesetzten Bewußtseins, Ver¬ 
minderung der Empfindung und Beeinträchtigung des Willens bestanden. 

Bei der Obduktion fand sich im Subarachnoidealraum und in beiden 
Seitenventrikeln eine beträchtliche Menge gelber klarer Flüssigkeit 
angesammelt. Die Gyri und Sulci waren verstrichen. Beide Seiten¬ 
kammern zeigten erhebliche Dilatation und enthielten 2 taubeneigroße 
gleichgestaltete Cholesteatome. Jederseits erschien das Ependym nicht 
verändert, Hippocamus und Nucleus caudatus aber niedergedrückt. 
Auf beiden Seiten waren die Druckveränderungen auffallend sym¬ 
metrisch, entsprechend der beiderseitigen in Größe, Schwere, Form 
und Beschaffenheit durchaus gleichgearteten Cholesteatome, die je 11 g 
schwer, 4 cm lang, 2,5 cm breit, 1,5 cm dick, derb glatt glänzend mit 
grauweißer Kapsel überzogen waren und am caudalen Pol mit dem 
jederseitigen Plexus zusammenhingen, sonst aber frei lagen. Die Schnitt¬ 
flächen der nierenförmig gestalteten Cholesteatome boten rötlich- 
gelbes Kolorit und enthielten massenhaft sowohl feinste eingesprengte 
glänzende Schüppchen (Cholesterinkrystalle) als auch kleine grauweiße 
getrübte Herdchen von Kalk. Die lateralen Plexus des Rautenhirns 
waren unverändert. 

Mikroskopisch wurden die glänzenden sehuppenähnlichen Blättchen als 
Cholesterintäfelchen festgestellt. 



Plexuscholesteatorae beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 


509 


Histologisches: Die mit Hämatoxylin-Eosin und mit Sudan HI-Lösung auf 
Fett gefärbten Schnitte dieses Granuloms zeigten die Struktur eines älteren massiven 
Cholesteatoms. Zwar waren noch überall fächerförmig angeordnete abgekapselte 
Cholesterinherdchen mit parallel gerichteten fibrösen Septen vorhanden, die aus 
kernreichem Granulationsgewebe bestanden, die sich aber durch Schrumpfung 
retrahiert hatten. In anderen Geschwulstpartien erschienen die Septen von Fibro¬ 
blastenwucherungen diffus durchsetzt. Manche Cholesterinknötchen zeigten in 
der Mitte kleine Einlagerungen von Kalksalzen. Schaumzellen waren nirgends 
mehr nachzuweisen, dagegen vereinzelt Fremdkörperriesenzellen. An der Ober¬ 
fläche mancher Plexusgefäße lagen oft Cholesterinkrystalle nur einzeln in kern- 
reichem Granulationsgewebe eingeschlossen. Mehrere Plexusgefäße wiesen Throm¬ 
benbildungen auf. Das Bindegewebe dieses Cholesteatoms enthielt überall zahl¬ 
reich und meist zusammengehäuft Pigmentzellen, deren Protoplasmaleib mit 
dunkelbraunem körnigen und scholligen Pigment beladen erschien. Die fibröse 
Kapsel zeigte stellenweise an der Oberfläche bindegewebige Erhebungen, die 
meist in Verkalkung begriffen waren. Die Fettfärbung ergab nichts Besonderes. 

V. Linksseitiges kühner eigroßes massives Plexuscholesteatom bei einer 
lOjähr. Fuchsstute, Verlegung der Sylviusschen Wasserleitung, Stauung 
des Kammerwassers, Erweiterung und Druckatrophie an der linken Hirn- 

kammer, Himdruck und hochgradigen Dummkoller verursachend. 

Die 10 Jahre alte Fuchsstute war schon lange Zeit an hochgradigem 
Dummkoller erkrankt. Das Pferd äußerte zeitweilig rasch entstehende 
intrakraniale Drucksteigerungen nach anstrengender Arbeit, vorüber¬ 
gehende Erscheinungen der Aufregung und Depression zu verschiedenen 
Zeiten. In anfallsfreien Zwischenzeiten waren dauernde Gehirnstörungen 
wie bei Dummkoller vorhanden. Später kamen oft wiederholte Zwangs¬ 
bewegungen zum Vorschein, und zwar hauptsächlich starkes Drängen 
nach der rechten Seite, ferner Schwindelanfälle, taumelnder Gang und 
bedrohliche Gleichgewichtsstörungen. Wegen Verschlimmerung der 
Krankheit wurde das Pferd geschlachtet. 

Bei der Autopsie bestand vermehite gelbliche klare Flüssigkeit im 
Subarachnoidealraum und in den Gehirnkammern. Die Windungen der 
linken vergrößerten Hemisphäre waren abgeplattet, die linke Seiten¬ 
kammer erschien dilatiert. Die Druckatrophie führte besonders zur 
Abflachung des Bodens des linken Ventrikels, des Hippocampus und 
Nucleus caudatus. Das im linken Ventrikel freiliegende Cholesteatom 
wog 31 g, war 6,2 cm lang, 4,5 cm breit, 3,3 cm dick, übertraf somit 
Hühnereigröße und besaß an der Oberfläche eine grauweiße glatte 
Bindege webskapsel. Der caudale Pol des derben massiven Granuloms 
hing vermittels eines dünnen Stieles mit dem linksseitigen Plexus zu¬ 
sammen. Die graurötlichen bis rotgelben Schnittflächen fühlten sich 
fettig an und zeigten zahlreich kleinste silberweiß oder goldgelb glänzende 
Einlagerungen krystallinischen Cholesterins sowie trübe grauweiße 
Kalkherdchen. Die seitlichen Adergeflechte des Kleinhirns waren ohne 
Cholesterineinlagerung. 



510 


M. Schlegel: 


Mikroskopisch wurden im Saft der Geschwulstflache rhombische Cholesterin¬ 
tafeln nachgewiesen. 

Histologisches: Die mit Hämatoxylin-Eosin und Sudan UI-Lösung auf Fett 
gefärbten Schnitte dieses massiven Cholesteatoms kennzeichneten sich durch die 
ziemlich gleichmäßig vorgeschrittene, an Kernen und Fibroblasten reiche Binde¬ 
gewebsneubildung; nur stellenweise fand sich noch Fächerwerk retrahierter Chole- 
sterinherdchen, deren Scpten durchweg stark verkalkt waren und zumeist die 
jetzt in den Septen gelegenen Verkalkungen in paralleler oder radiärer Schichtung 
zeigten und zwischen sich noch kleine zusammengedrückte Spalten der durch 
Lösung bzw. Resorption verschwundenen Cholesterinkrystalle erkennen ließen. 
Aber auch im übrigen Bindegewebe herrschten kleinste und größere Kalkherde 
sowie noch gehäuft eingestreute gelbbraune Pigmentzellen vor, während Blut¬ 
gefäße spärlich vorkamen. Riesenzellen fanden sich vereinzelt, die Schaumzellen 
erschienen verschwunden. Die Kapsel der Neubildung war gleichmäßig breit 
und bestand aus kemarmem und an Zwischengewebe reichem Bindegewebe. Die 
Fettfärbung bot nichts Besonderes. 

Primäre und echte Neubildungen der Telae chorioideae und der Ventrikel der 
Haustiere finden sich in der mir zugänglichen veterinärmedizinischen Literatur 
nicht beschrieben. Dahingegen bestehen über die beim Menschen von den Chorioid- 
plexus ausgehenden gutartigen und bösartigen (typisch oder destruierend wachsen¬ 
den) Tumoren umfängliche Beschreibungen, und zwar auch über epitheliale Tu¬ 
moren ; namentlich sind gutartige epitheliale Tumoren öfters beobachtet und können 
nach Kaufmann 1 ) die Form papillärer Epitheliome, Plexusepithelpapillome mit 
Cylinderepithelüberzug auf weisen; das Stroma kann schleimig verquellen und der 
Papillenstock selbst cystisch degenerieren. Das Epithel ist einfach zylindrisch wie 
Drüsenepithel oder Flimmerepithel, wie es an den Plexus nur noch beim Embryo 
auftritt. Durch kompliziertere drüsenartige Anordnung kommen den Adenomen 
ähnliche Bildungen zustande, w ie denn überhaupt das Plexusepithel als Drüsen- 
epithel (nach Bielschowsky) gekennzeichnet wird, da es die Cerebrospinalflüssigkeit 
sezemiert. Milian 2 ) hält die Plexus für Drüsen, die zwischen Blut und Cerebro¬ 
spinalflüssigkeit eingeschaltet liegen. Körner*) beschreibt Carcinome von papillärem 
Bau, die von den Plexus ausgehen und selbst in die Umgebung Vordringen. 

Aber auch vom Bindegewebe und den Gefäßen der Chorioidplexus gehen beim 
Menschen gutartige und bösartige Tumoren aus, und zwar Fibrome zuweilen mit 
reichlichen Kalkkonkrementen als Psammome, selten Lipome, Hämangiome, 
Enchondrome, Osteome, Gliome, krebsartige Neuroepitheliogliome, Ganglioneu- 
rome, ferner sarkomatöse Tumoren, Spindelzellensarkom, perivasculäres Sarkom. 
Häufig kommen Einlagerungen von Himsand in den Plexus des Menschen vor, 
ebenso multiple Cysten (Plexuscysten) mit wässerigem oder kolloidem Iuhalt, 
der sich oft als ödem im lockeren Bindegewebe einstellt; solche Plexus sehen oft 
traubenförmig aus. Im dritten Ventrikel werden solche Plexuscysten infolge Ver¬ 
stopfung und Hirndrucksymptomen lebensgefährlich. 

Plexuscarcinome sind selbst beim Menschen selten, da die häufigste Form der 
epithelialen Tumoren der Plexus die Papillome darsteüen. Die Zahl der mensch¬ 
lichen beschriebenen Plexuskrebse erstreckt sich auf sieben, und zwar je ein Fall 
veröffentlicht von Saxer 4 ). Bielschowsky und Unger s ), r. Bouwdijk Bastiaanse*). 
EokiUnisky 1 ), Kaufmann 7 ) und Ziegler 1 ), wozu der nachstehend kurz wieder¬ 
gegebene, von Körner (1. c.) beschriebene Fall hinzukommt. Bei einem Unter¬ 
offizier, von Beruf Landwirt, bestand beiderseits Stauungspapille. Die Gehirn¬ 
furchen des Gestorbenen waren verstrichen, die Seitenkammem stark erweitert, 
der Balken verdünnt, der Trichter blasig erweitert, die Rautengrube mit einer 
walnußgroßen, weichen, grauroten Geschwmlst ausgefüllt, die den Ein- und Aus- 



Plexuscholeste&tome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 511 

gang der vierten Kammer verlegte. Diagnose: Ausfüllung der Rautengrube 
durch Adergeflechtecarcinom mit Verlegung der Sylviusschen Wasserleitung und 
des Magendischen Loches, Stauung des Kammerwassers, Erweiterung der Him- 
kammem, Zeichen von Himdruck und plötzlicher Tod. Die Neubildung stellte 
wegen ihres infiltrativen Wachstums ein epitheliales papiüomatöses Carcinom 
der Adergeflechte in der Rautengrube beim Menschen vor. 

VI. Rechtsseitiges gänseeigroßes Plexuscarcinom einer 12jähr. Kuh, 
hochgradige Dilatation und Druckatrophie am rechten Ventrikel, epileptoide 
Krampfanfälle und akutes Oehimödem bedingend. 

Die Kuh, Gelbscheck, 12 Jahre alt, Simmentaler-Landschlag- 
Kreuzung, mäßig genährt, wurde unter Garantie für gesund und fehler¬ 
frei angekauft. Auf dem mehrstündigen Marsch zum Käufer und am 
1. Einstelltag bei demselben zeigte die Kuh ein normales Verhalten; 
am 2. Tag in der Nacht hörte man ein Gerumpel, worauf die Kuh auf 
der rechten Seite lag. Beim Niederstürzen der Kuh wäre nahezu eine 
danebenstehende Ziege erdrückt worden. Nach einer halben Stunde 
konnte die Kuh wieder aufstehen, war aber daraufhin lange abgemattet 
und müde. Am 3. Tag und in der Folgezeit traten täglich ein- oder 
raehreremal epileptoide Anfälle, wie Zusammenbruch, Umsichschlagen 
mit den Füßen, Verdrehen der Augen, Brüllen und Speicheln auf. 
Auch in der Nacht wiederholten sich die epileptiformen Anfälle, so 
daß die Leute wachen mußten, um die Kuh vor Erwürgen in der Kette 
zu schützen. An einem Morgen lag sie unter dem daneben befindlichen 
Ochsen. In der Zwischenzeit erschien die Kuh normal, ihr Appetit gut. 
Niederstürzen und Krampfanfälle steigerten sich derart, daß den Leuten 
angst und bange wurde: die Kuh hämmerte mit allen vier Gliedmaßen 
auf dem Boden herum, speichelte und schnarchte und lag dann gefühl- 
und bewußtlos, selbst wie leblos da. Beim Beginn der plötzlich ein¬ 
setzenden Anfälle zeigte die Kuh Schwindel, Taumeln, Spreizen der 
Vorderfüße, Niederstürzen, Krämpfe, Speicheln, Schlagen mit den 
Füßen und dem Kopf, bis ihr das Blut am Horn herunterlief, Schnarcheln. 
Die Anfälle wiederholten sich immer häufiger und dauerten eine Stunde 
und darüber. Neben kleineren Beschädigungen zog sich die Kuh bei 
den epileptoiden Krampfanfällen Hombrüche zu: an einem Horn 
fand sich ein alter, am anderen ein frischer Bruch. Als die Kuh beim 
Käufer ankam, stellte das eine Horn nur einen kleinen Stumpen vor, 
das andere war verbunden. Wenn sich das Tier nach einem Anfall 
erhoben hatte, sah es wieder wie gesund aus. Am 14. Tage nach dem 
Ankauf hatte die Kuh während eines Krampfanfalles nicht nur ein 
Horn abgerissen, sondern auch den linken Oberschenkel im distalen 
Drittel gebrochen, weshalb sie durch Bruststich notgeschlachtet wurde, 
Anderweitige Veränderungen als die des Gehirns wurden nicht ermittelt, 
insbesondere war die Kuh völlig frei von Tuberkulose. 



512 


M. Schlegel: 


Pathologisch-anatomischer Befund. In der Schädelhöhle, namentlich 
im Subarachnoidealraum, fand sich viel Flüssigkeit, besonders aber 
war in den Seitenkammern, und zwar wiederum vorwiegend im rechten 
Ventrikel, der Liquor cerebrospinalis aufgestaut. Die Gyri und Sulci 
abgeplattet. Durch ein agglomeriertes übergänseeigroßes Plexuscarci- 
nom erschien der rechte Seitenventrikel bedeutend dilaticrt, dessen 
Boden (entsprechend der an der Basalfläche ebenen Beschaffenheit der 
Neubildung) infolge Druckatrophie abgeflacht und niedergedrückt war. 
Der Schwund der atrophischen Gehirnsubstanz machte sich haupt¬ 
sächlich im Hypocampus und dem Nucleus caudatus geltend, mehr 
noch aber litt bei der Ventrikeldilatation infolge bedeutender Druck¬ 
atrophie die bis auf einige Millimeter verdünnte laterale Wand der 
rechten Hemisphärenkonvexität. Der Schwund bezog sich haupt¬ 
sächlich auf die weiße Gehirnsubstanz. Die laterale Wandung des 
rechten Ventrikels kopierte an der Innenfläche gleichgeformte Im¬ 
pressionen der an der Oberfläche traubenartig gestalteten Neubildung. 
Das Gehirn selbst war im ganzen, hauptsächlich aber die rechte Hemi¬ 
sphäre, weicher als normal, wässerig durchtränkt, die Gefäße anämisch. 
Der rechte Ventrikel zeigte sich stark erweitert und bedeutend größer 
als der linke. Die mit zottigen, weichen bis gallertigen Excreseenzen 
ausgestattete Geschwulstmasse des rechten Ventrikels bildete eine 
zusammenhängende höckerig-traubige reichlich gänseeigroße Neu¬ 
bildung, die insgesamt aus 16 gezählten erbsen- bis taubeneigroßen 
Einzelknötchen und Knoten bestand. Der Gesamttumor wog 27 g. 
maß 7 cm Länge und 5 cm Dicke; die Oberfläche erschien villös bis 
höckerig, graurot bis gelbrötlich, gallertig weich. Die Schnittflächen 
waren glatt, öderaatös gequollen, mit zahlreichen getrübten körnigen 
Einsprengungen von kohlensaurem Kalk, stellenweise faserig aussehend. 
Die blumenkohlähnliche Gesamtneubildung zeigte außer zottigen 
Wucherungen zahlreiche Furchen und große Neigung zu Zerfall, Zer¬ 
reißung und Zerbröckeln, besonders beim Herausnehmen und Han¬ 
tieren und hing vermittels ihres Stieles mit dem Plexus chorioideus 
dexter zusammen, der ebenso wie die Neubildung beträchtliches sulziges 
ödem infolge Druckes auf den Aquaeductus Sylvii bot. 

Histologisches: Von vielen Stellen des Tumors wurden zahlreiche Schnitte, 
mit und ohne Alkoholhärtung, gefärbt mit Hämatoxylin-Eosin oder mit Uäma- 
toxylin-Sudan III-Losung zur Darstellung des Fettes, untersucht. Die Geschwulst 
bestund hauptsächlich aus drei Gewebsarten: aus Blutgefäßen, spärlichem Binde- 
gewebcund vorherrschend aus massenhaften Epithelien, wclchesich zu vielgestaltigen 
zierlichen und dendritisch verzweigten Papillen anordneten, deren Grundlage die 
Gefäße darstellten. Wiewohl die Blutgefäße verschieden groß auftraten, waren 
sie in der Mehrzahl überaus fein, alle mit Endothel ausgekleidet. Die Gefäße waren 
vom Epithel stellenweise durch dünnes Bindegewebe 1 getrennt. Das Epithel über 
kleidete die Gefäße als ein- oder mehrschichtiger Besatz. Bei vielschichtigen 
Epithelzellenreihen schoben sich die oberen Schichten mit den zugespitzten Enden 




Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexußkrebs beim Rind. 513 

zwischen die unteren Lagen. Das Epithel selbst trat zumeist in kubischer oder auch 
in zylindrischer Gestalt auf. Die Kerne der Epithelien waren rundlich oder längs¬ 
oval und färbten sich mit Hämatoxylin intensiv. Das Protoplasma der Epithelien 
erschien bald homogen, bald enthielt es Körnung und Vakuolen. Fast durchweg 
lagen die Zotten dicht aneinander, stellenweise waren sie aber nur locker gefügt. 
Andere Stellen des Tumors zeigten ausgebreitete Nekrose, die sich nur mit Eoein 
rot färbte und deren Strukturen nur schattenhafte Umrisse aufwiesen. In allen 
Teilen des Tumors konnten kleinste und kleine Kalkkonkremente nachgewiesen 
werden, die besonders in zerfallenen Gewebsteilen lagen. Der papillomartige Bau 
war besonders an den locker gefügten Geschwulststellen und an der Oberfläche 
des Tumors zu erkennen, wo feinste Gefäße zahlreiche Verzweigungen auf wiesen 
und rankenförmige Windungen zeigten. Die Gefäßwandungen wurden durch 
Endothel gebildet, auf welchem ein feines adventitielles Bindegewebe lag. 
Die Epithelien saßen den Gefäßen nur außen auf. Vielfach zeigten die Epithelien 
alveoläre und schlauchförmige Anordnung nach Art eines Drüsencarcinoms. 
Andere Schnittbilder wiesen nicht allein ausgedehnten nekrotischen, sondern auch 
hochgradigen fettigen Zerfall auf, so daß in diesen Tumorpartien ausgedehnte 
Detritusmassen angehäuft erschienen, hauptsächlich bestehend aus chromatin- 
reichen Kemtrümmera; wieder andere Stellen wiesen sulziges ödem besonders 
des Bindgewebes auf. Im ganzen genommen handelte es sich um einen an Epithel¬ 
proliferationen überaus reichen Tumor, der durch schrankenloses Wachstum und 
destruierende Zerfallsprozesse exzellierte. Fett fand sich hauptsächlich dort, 
wo die regressive Metamorphose sich am hochgradigsten ausbreitete und kam in 
Form feinster Eiweißkömer und größerer Schollen vor. Daß Neoplasmen von 
epithelialem Bau an den Adergeflechten primär entstehen, wird durch die teilweise 
ektodermale Abkunft des Zentralnervensystems erklärt. Abgesehen von der 
schrankenlosen Wucherung und dem destruierenden Zerfall des Tumors wies auch 
die reichliche Uberschichtung der Epithelzellenreihen auf die Bösartigkeit des¬ 
selben hin, wiewohl Metastasen auf dem Blut- oder Lymphweg nicht nachgewiesen 
wurden. Die Neubildung zeigte kompliziertere drüsenartige Anordnung neben 
papillärem Bau und kann als Carcinoma papiilomatodes bezeichnet werden, zumal 
da der Tumor bei dieser Kuh ein überaus feines nahezu lediglich aus Gefäßen be¬ 
stehendes reichlich verzweigtes Grundgerüst bildete, welches von den epithelialen 
Zellreihen überkleidet wurde. Vielfach wird dem Plexusepithel der Charakter 
von Drüsenepithel vindiziert ( Bielsckowsky); das Plexusepithel sezerniert den 
Liquor cerebrospinalis. Tuberkelbacillen wurden in dieser Neubildung nicht nach¬ 
gewiesen. Schlegel (Zeitschr. f. Tiermed. 18, 305. 1914) stellte (als einzigen Fall von 
Plexus tuberkulöse bei Haustieren) disseminierte Miliartuberkulose im rechten Ader¬ 
geflecht und zugleich Tuberkulose am Ependym des erweiterten rechten Ventrikels 
bei einer wegen Gehirnstörung und Lähmung notgeschlachteten Kuh fest. 

Zusammenfassung aller Befunde. 

1 . Symptome bei Pferden: Nachdem die Plexuscholesteatome bei 
Pferden eine gewisse Größe (über Doppeltbohnen- bzw. Taubeneigröße) 
erreicht haben, bringen sie nach Dilatation der Seitenkammern und 
Druckatrophie die umliegenden Gehimteile (besonders die Ammons- 
hömer und Streifenhügel) zum Schwund, führen nach Verlegung der 
Sylviusschen Wasserleitung zur Stauung des Kammerwassers (Stauungs- 
hydrops) und zur Steigerung des intracerebralen Druckes mit Bedrückung 
lebenswichtiger Gehimsubstanz. Hierdurch werden im allgemeinen 
bei Pferden die Erscheinungen des Dummkollers ausgelöst. Zwar sind 



51 i 


M. Schlegel: 

zunächst das Allgemeinbefinden, Temperatur, Puls, Atmung und 
Futteraufnahme normal. Die Arbeitsleistung ist lange Zeit nicht be¬ 
einträchtigt. Die Pferde machen aber einen schläfrigen, unaufmerk¬ 
samen Eindruck. Nach und nach treten deutliche Gehirnstörungen 
zutage, die sich in Erscheinungen herabgesetzten Bewußtseins, Ver¬ 
minderung der Empfindung und Beeinträchtigung des Willens be¬ 
kunden. Solche Pferde lassen sich vor die Nase schnellen, tief in die 
Ohren greifen, in die Flanken tippen, kräftig auf die Kronen treten, 
ohne zu reagieren. Die gekreuzte Stellung der Vorderfüße wird längere 
Zeit beibehalten und bei der weiteren Untersuchung ergibt sich das 
Symptomenbild des Dummkollers. Abweichend aber von den gewöhn¬ 
lichen Erscheinungen desselben, äußern Pferde infolge der Choleste¬ 
atomauswirkungen viel bedrohlichere Gehirnstörungen durch rasch ent¬ 
stehende intrakraniale Drucksteigerung nach anstrengender Arbeit 
und nach Erreichung beträchtlicher Größe der Cholesteatome; Hirn- 
druck löst zu verschiedenen Zeiten Erscheinungen der Aufregung und 
Depression aus. In anfallsfreien Zwischenzeiten sind dauernde Gehirn¬ 
störungen wie bei Dummkoller vorhanden. Bei solchen Anfällen zeigen 
die Pferde Zwangsbewegungen, starkes Drängen nach einer Seite oder 
nach vorwärts, ferner Schwindelanfälle, Zittern, tonisch-klonische 
Zuckungen der Körpermuskeln, taumelnden Gang und bedrohliche 
Gleichgewichtsstörung. Die Anfälle von Aufregung steigern sich mit¬ 
unter bis zur Tobsucht und Raserei wie bei Gehirnkongestion; solche 
Pferde folgen der Zügelführung nur schwer oder gar nicht, stürmen 
vorwärts und steigen in die Höhe. Die unregelmäßig wiederholten 
Tobsuchtsanfälle äußern sich noch durch Ausschlagen der Pferde mit 
den Vorderfüßen nach vom, währenddessen sie Kreisbewegungen aus¬ 
führen oder geradeaus gehen. Anderseits kann außergewöhnliche De¬ 
pression die Folge sein; solche Pferde halten den Kopf tief, stehen 
schräg im Stand, lehnen sich an die Wand, spreizen die Beine, schwanken 
hin und her und brechen zusammen, bleiben bei sonst normalem All¬ 
gemeinbefinden wie in tiefem Schlaf platt auf dem Boden liegen und 
verlieren völlig das Bewußtsein. Mitunter stellen sich Momente des 
Dämmerzustandes ein, die Pferde wollen sich erheben, erhalten sich 
einige Zeit in hundesitziger Stellung aufrecht, um erneut unter Be¬ 
wußtlosigkeit umzufallen und sich gänzlich apathisch zu verhalten. 
Der Tod erfolgt im Koma. 

2. Symptome bei der Kuh: Ähnliche Erscheinungen wie die Cho¬ 
lesteatome an Pferden löste bei der 12jähr. Kuh das rechtsseitige gänse¬ 
eigroße Plexuscarcinom aus. Näch hochgradiger Dilatation, Druck¬ 
atrophie am rechten Ventrikel und Stauungshydrops traten epileptoide 
Krampfanfälle als Hauptsymptom auf. Die Anfälle stellten sich plötz¬ 
lich und heftig unter Schwindel, Taumeln, Spreizen der Vorderfüße, 



Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 5l5 


Zusammenbruch, Krämpfe, Speicheln, Verdrehen der Augen, Brüllen, 
Schnarchen ein. In der Zwischenzeit erschien das Befinden bis auf 
Abgeschlagenheit normal, die Futteraufnahme gut. Niederstürzen und 
Krampfanfälle steigerten sich später bis zur Gefühl- und Bewußtlosig¬ 
keit oder unter Umsichschlagen mit allen Füßen und mit dem Kopf, 
bis Hornbrüche und Blutungen erfolgten. Die epileptiformen Anfälle 
dauerten l / 2 bis 1 Stunde und wiederholten sich immer häufiger am 
Tage und in der Nacht. Die Anfälle stellten sich später nahezu täglich 
ein und wiederholten sich oft an einem Tage ein- oder mehreremal. 
Außer kleinen Beschädigungen zog sich die Kuh bei den epileptoiden 
Anfällen verschieden alte Hornbrüche zu; ein Horn bildete nur noch 
einen kleinen Stumpen, das andere wurde während eines Anfalles ganz 
weggerissen und das linke Oberschenkelbein gebrochen, weshalb Not¬ 
schlachtung nötig fiel. 

3 . Verlauf und Dauer: Im allgemeinen veranlassen Plexusgeschwülste 
eine chronische, mon$te- oder jahrelang andauernde unheilbare Krank¬ 
heit, welche (je nach Größe derselben) abwechselnd Besserungen und 
Verschlimmerungen bringt; ungünstig sind schwere Arbeit und Besitz¬ 
wechsel. Kleine und sehr langsam wachsende Plexusgeschwülste 
können lange Zeit symptomlos bleiben, da ihre Kleinheit besondere 
intraventrikuläre Drucksteigerung nicht erzeugt; 20—22,5—47% der 
erwachsenen Pferde haben nach Joest , Dexler und Schmey linsen- bis 
erbsengroße Cholesteatome in den Adergeflechten der Seitenkammern 
und unter dem Kleinhirn, ohne dadurch Gehimstörung zu erleiden. 
Cholesteatome sind chronisch-entzündliche Granulome, keine echten 
Neubildungen, entstehend unter der Reizwirkung krystallinisch ab¬ 
geschiedenen Cholesterins im Plexusgewebe. Dahingegen dauerte unter 
insgesamt 24 beschriebenen (19 veröffentlichten und 5 selbstbearbeiteten) 
Fällen von Plexuscholesteatomen bei Pferden die Krankheit bei 
9 Pferden nur 1 —3 Tage und nahm unter Erscheinungen des Hirn¬ 
druckes letalen Ausgang. Freilich wurde in diesen 9 Fällen nicht er¬ 
mittelt, ob bei diesen Pferden nicht schon frühere Anfälle vorauf¬ 
gegangen waren. Bei 15 Fällen von Plexuscholesteatomen dauerte 
die Krankheit, wie oben erwähnt, monate-, selbst jahrelang unter dem 
Bilde chronischen Dummkollers. Davon jedoch abweichend stellten 
sich bei mehreren Pferden periodisch rezidivierende Anfälle der Er¬ 
regung oder Depression ein, die sich mitunter bis zur Tobsucht und 
Raserei steigerten, so daß diese Pferde teils verendeten, teils geschlachtet 
werden mußten. Bei 16 Pferden traten die Plexuscholesteatome beider¬ 
seitig (in beiden Seitenventrikeln), bei 8 Pferden einseitig (nur in einem 
Seitenventrikel) auf. Die angegebenen Gewichte der Cholesteatome 
schwankten zwischen 8 und 118 g, die ermittelten Ausmaße zwischen 
4 und 6,5 cm Länge und zwischen 1,2 und 4,5 cm Dicke. In der Mehrzahl 


Arch. f. Tierheilk. L. 


37 



516 


M. Schlegel: 


der Fälle, und zwar 21 mal, erreichten die Plexuscholesteatome Hühner¬ 
ei-, selbst Gänseeigröße und nur in 3 Fällen bloß Doppeltbohnen- bzw. 
Taubeneigröße. Die 3 letzteren Fälle sind insofern bedeutungsvoll, als 
durch sie erwiesen ist, daß schon doppeltbohnen- bis taubeneigroße 
Plexuscholesteatome eine dummkollerähnliche Krankheit auslösen 
können; außerdem verursachte nach Butler **) schon je ein haselnu߬ 
großes Cholesteatom in beiden scheinbar nicht veränderten Seiten¬ 
ventrikeln bei einer Stute Facialisparalyse rechts, Phthisis beider Bulbi, 
Schlundlähmung und motorische Paralyse, was bei dem häufigen Vor¬ 
kommen der Plexuscholesteatome bei Pferden und ihrer forensischen 
Bedeutung wichtig erscheint, zumal da Dummkoller der häufigste 
Hauptmangel ist. 

4. Forensisches: Die Ausbildung eines Plexuscholesteatoms oder 
einer Plexusneubildung verlangt eine Zeit von mehr als 4 Wochen, 
da derartige Geschwülste ein langsames Wachstum zeigen und bis zur 
Erreichung von Taubeneigröße, in welchem Zustand sie durch ihre 
Druckwirkungen Erscheinungen des Dummkollers auslösen können, 
eine Entwicklungszeit von beiläufig 3 Monaten erforderlich ist. In 
forensischer Beziehung wird daher auf Grund des klinischen und Sek¬ 
tionsbefundes zu begutachten sein, daß derartig erkrankte Pferde als 
mit Dummkoller behaftet zu bezeichnen sind, da die von der Kaiserl. 
Verordnung vom 27. III. 1899 geforderte unheilbare allmählich ent¬ 
standene Gehinerkrankung mit Herabsetzung des Bewußtseins vor¬ 
handen ist. Sinngemäß wird beim Verkauf von Rindern mit Plexus¬ 
tumoren, zu denen Garantie für Gesundheit und Fehlerfreiheit gewährt 
wurde, positiv zu begutachten sein, da diese Krankheit die Eigen¬ 
schaften eines Vertragsmangels besitzt. 

5. Pathologisch-anatomischer Befund: Die Krankheit wurde bisher 
lediglich durch massive Plexuscholesteatome, nie aber durch Perl¬ 
cholesteatome bedingt. Massive Cholesteatome können in Doppelt¬ 
bohnen- bzw. Taubeneigröße namentlich nach beiderseitigem Auftreten 
bei Pferden allmählich entstehende Gehirnveränderungen und dumm¬ 
kollerähnliche Gehirnstörungen verursachen. Durch die Cholesteatome 
entwickelt sich an den Seitenventrikeln Dilatation, indem die gedrückten 
Gehirnteile Druckatrophie erleiden, die vorwegs in Abflachung und 
Niederdrückung des Bodens der Seitenkammern, des Hippocampus und 
Nucleus caudatus, in Spannung und Durchlöcherung des Septum 
pellucidum, in Verdünnung der lateralen Wand der Ventrikel bestehen. 
Außerdem können Verdickung und ödem des Adergeflechts, Sklerose des 
Ependyms, Verwachsungen mit letzterem, subependymäre Blutungen 
und kleine Erweichungsherde, Hydrocephalia interna chronica infolge 
Verengerung oder Verlegung der Sylviusschen Wasserleitung durch 
Druck der Geschwülste, ferner Vergrößerung der Hemisphären, Ab- 



Plexuscholesteatome beiin Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 517 

flachung der Gyri und Suloi und Druckanämie der Gefäße vorhanden 
sein. Die Cholesteatome bedingen dann die Erscheinungen des Dumm¬ 
kollers, wenn gleichzeitig Dilatation der Kammer und Atrophie der 
Hirnsubstanz bestehen. Es kann aber noch in nahezu einem Drittel 
der Fälle rasch entstehendes ödem und Anschwellung des Cholesteatoms 
und Adergeflechts Vorkommen, wodurch (wie bei akuter Hydrocephalie) 
solche Pferde Gehirnstörungen infolge akuten Himdruckes erleiden 
und rasch einsetzende Anfälle der Erregung oder Depression zeigen, 
die zumeist schon nach 1—3 Tagen durch letalen Ausgang ihren Ab¬ 
schluß finden. Oder aber das akute ödem tritt als Komplikation zu 
den schon bestehenden Veränderungen der Dilatation und Druck¬ 
atrophie hinzu und verursacht im gewöhnlichen Verlauf des Dumm¬ 
kollers Verschlimmerung mit plötzlichen Anfällen der Erregung oder 
Depression. Auf Rückbildung des Ödems folgt Besserung der Krank¬ 
heit und bei wiederholtem akuten ödem stellen sich die beschriebenen 
periodisch rezidivierenden Anfälle der Exzitation bzw. Depression ein. 
Indes liegt der wesentlichste Nachteil der Plexusgeschwülste nicht allein 
in direkter Erweiterung und in Druckwirkungen auf die betroffene 
Gehirnsubstanz, sondern in Erhöhung des intraventrikulären Druckes, 
wenn das Kammerwasser aus den Ventrikeln nicht mehr nach dem 
Wirbelkanal abfließen kann. Durch die langsam wachsende, größer 
werdende Plexusgeschwulst kann sich zunehmende Drucksteigerung 
mit Verengerung oder Verlegung des Aquaeductus Sylvii, nebst Be¬ 
einträchtigung des Abflusses der Cerebrospinalflüssigkeit, sowie Ven¬ 
trikelwassersucht ausbilden, insbesondere beim Pferd durch Hervor¬ 
drängen eines zu großen Druckwulstes (Protrusio) am Occipitallappen 
und durch Druckwirkung der Protrusion auf die darunterliegenden 
Vierhügelpaare, durch Verengerung der Sylviusschen Wasserleitung, 
sowie endlich durch Aufstauung des Kammerwassers und durch Ver¬ 
legung der Verbindungsöffnungen zwischen den einzelnen Gehirn¬ 
kammern oder zwischen der 4. Kammer und den Subarachnoideal- 
räumen. Gelegentlich wird Hydrocephalie außerdem durch Kom¬ 
pression der Vena magna cerebri mitbedingt. Die intrakraniale Druck¬ 
steigerung führt zu Ernährungsstörung des Gehirns und zu allgemeiner 
Gehirnstörung mit Erscheinungen der Depression, während rasche 
vorübergehende Druckerhöhungen Anfälle der Exzitation hervorrufen. 

6. Plexuskrebs beim Rind: Primäre echte Neubildungen der Telae 
chorioideae und der Ventrikel der Haustiere finden sich bis jetzt nioht 
beschrieben. Dahingegen bestehen über die beim Menschen von den 
Chorioidplexus ausgehenden gutartigen und bösartigen Tumoren um¬ 
fängliche Beschreibungen zunächst über epitheliale Tumoren; nament¬ 
lich sind gutartige epitheliale Tumoren öfters beobachtet und können 
die Form papillärer Epitheliome, Plexusepithelpapillome mit Zylinder- 

3.7* 



518 


M. Schlegel: 


epithelüberzug auf weisen. Carcinome von papillärem Bau, die von 
den Plexus ausgehen und selbst in die Umgebung Vordringen, wurden 
bei Menschen im ganzen 7 Fälle beschrieben; Aber auch vom Binde¬ 
gewebe und den Gefäßen der Chorioidplexus gehen beim Menschen gut¬ 
artige und bösartige Tumoren aus, und zwar Fibrome, Lipome, Häm¬ 
angiome, Enchondrome, Osteome, Gliome, krebsartige Neuroepithelio- 
Gliome, Ganglioneurome, sarkomatöse Tumoren, Spindelzellensarkom, 
perivasculäres Sarkom. Häufig kommen Einlagerungen von Hirnsand 
in den Plexus des Menschen (Psammome) vor. Zu Unrecht wird daher 
von namhaften Pathologen behauptet, daß echte Geschwülste der 
Plexus bei Haustieren bzw. bei Pferden nichts anderes als Plexus¬ 
cholesteatome seien. Klinisch und pathologisch-anatomisch wurde 
vorstehend erstmalig ein gänseeigroßes Carcinoma papillomatodes im 
rechten Chorioidplexus einer 12jähr. Kuh einläßlich nachgewiesen, das 
ein weiches ödematös-gallertiges Zottengewächs darstellte und das aus 
vielen erbsengroßen traubig-höckerigen Einzelknötchen zu einem 
gänseeigroßen Gesamttumor agglomeriert war, der histologisch ein 
überaus feines, nahezu lediglich aus Gefäßen bestehendes, reichlich 
verzweigtes Grundgerüst bildete, welches von vielschichtigen epithelialen 
Zellreihen überkleidet wurde. Die Epithelien glichen normalem Plexus¬ 
epithel, enthielten im Protoplasma Körnung und Vakuolen und saßen 
den Gefäßen nur außen auf, zeigten aber andererseits vielfach alveoläre 
und schlauchförmige Anordnung nach Art eines DrüsencarcLnoms. 
Die krebsige Bösartigkeit des Tumors lag in der reichlichen Über¬ 
schichtung der Epithelzellenreihen, in ausgebreitetem nekrotisch- 
fettigem Gewebszerfall, in Einlagerung zahlreicher Kalksalze, in aus¬ 
gedehnten Detritusmassen nebst chromatinreichen Kemtrümmem. 
in ödematöser Verquellung des Bindegewebes, in schrankenlos wuchern¬ 
dem Wachstum und in destruierenden Zerfallsprozessen begründet. 
Die Neubildung zeigte mithin komplizierte drüsenartige Anordnung 
neben papillärem Bau: Carcinoma papillomatodes. Dieses primäre 
Plexuscarcinom verursachte erhebliche Dilatation und Druckatrophie 
am rechten Seitenventrikel, an Hippocampus, Nucleus caudatus und 
lateraler Ventrikelwand, Stauungshydrops, Abflachung der Gyn und 
Sulci, ödem des Plexuskrebses und des Gehirns. Die dadurch hervor¬ 
gerufenen Gehirnstörungen bedingten eine hauptsächlich in heftigen 
epileptoiden Krampfanfällen bestehende chronisch verlaufene Gehim- 
krankheit, die durch Hinzutreten der Erscheinungen akuten Gehim- 
ödems tödlich verlief, indem anläßlich der epileptiformen Anfälle nicht 
nur kleine Beschädigungen, sondern auch wiederholt Hombrüche und 
ein Beinbruch vorkamen. Da die Kuh 14 Tage vorher für gesund und 
fehlerfrei angekauft wurde und die Krankheit die Eigenschaften eines 
Vertragsmangels besaß, wurde auf Grund des klinischen und path.* 



Plexuscholesteatome beim Pferd und Plexuskrebs beim Rind. 


519 


anatomischen Befundes begutachtet, daß die Krankheit schon vor der 
Übergabe vorhanden war, zumal da solche Geschwülste bei ihrem 
langsamen Wachstum über ein Vierteljahr Entwicklungsdauer bedürfen. 


Literaturrerzeichnis. 

a) Über Plexuscholesteatome. 

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1911, 6. H. —- 26 ) Szillat, Veröff, a. d. Jahres-Veterinärber. d. beamt. Tierärzte 
Preußens f. d. J. 1909, 10. Jg., 2. T., S. 46. — 2e ) Wester, Tijdschr. v. Veeartsenijk. 
38, 211. 1911. —r n ) Fröhner, Monatsh. f. prakt. Tierheilk. tt, 159. 1911. — 
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Preußens f. d. J. 1901, 2. Jg., II. T., S. 39. — 31 ) Haas, Tiermed. Rundschau 1886. 

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b) Über Plexustumoren. 

l ) Kaufmann , Spez. pathol. Anat. t, 1427. 1922. — 2 ) Milian, Le liquide 
c£phalorachidiep. Paris 1904. — 3 ) Körner, Geschwülste der Adergeflechte, 
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z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. 3t. 1902. — 5 ) Bielschowsky und VTiger, Arch, 
f. klin. Chirurg. 81, T. 1. —- 6 ) v. Bouwdijh Bastiaanse, Zeitschr. f. d. ges. NeuroU 
u, Psychiatrie tT. 1914. — 7 ) Rokitansky, Kaufmann, Ziegler, Lehrbücher der 
spez. pathol. Anat. 



(Aus der Serumabteilung [a. o. Prof. Dr. K. Bierbaum ] des hygienischen Instituts der 
Tierärztlichen Hoohschule in Berlin [Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. P. Frosch].) 


Beitrag zur Rotlaufimmunität *). 

Von 

Dr. Wilhelm Schmidt, 

approbiertem Tierarzt und Tienuchtimpektor aus Treptow-Rege, 
ehern. Assistenten an der Staatlichen Serumanstalt Klein-Ziethen. 

(Eingegangen am 4 . Januar 1924.) 

Obwohl sich die von Lorenz inaugurierte Serumtherapie des Schweine¬ 
rotlaufs in der Praxis außerordentlich bewährt hat, herrscht heute 
noch keine völlige Klarheit über die Wirkungsweise des Rotlaufserums. 

Schon seit dem Jahre 1887, in dem Emmerich*) zusammen mit MaUei seine 
grundlegenden Versuche über die Möglichkeit einer spezifischen Immunisierung 
gegen Schweinerotlauf veröffentlichte, wird die Frage des Wirkungsmechanismus 
des Rotlaufserums eingehend diskutiert. Einmerich schloß aus seinen Versuchen 
an Kaninchen, daß im immunisierten Tierkörper die eingeführten pathogenen 
Bakterien (speziell Milzbrand- und Schweinerotlaufbacillen) „durch ein infolge 
der Modifikation der zellularchemischen Funktion gebildetes antibakterielles 
Gift“ in wenigen Stunden getötet werden. Nach ihm sind die von den Zellen aus¬ 
geschiedenen bakterienfeindlichen Stoffe Ursache der Immunität. 

Aus der Folgezeit existieren eine Reihe von Arbeiten, die den Mechanismus 
der Rotlaufimmunität teils vom humoralen, teils vom zellulären Standpunkt zu 
erklären suchen. 

Soweit die Anhänger der humoralen Theorie den Grund der Immunität in 
bactericiden Antikörpern des Immunserums suchten (Emmerich und Matthäum, 
Vogts , Schütz und Vogts), mußte dieser Standpunkt verlassen werden, als Prettner f 
nach ihm Weil und besonders Spät ihre Untersuchungen über die Wirkungsweise 
des Rotlaufimmunserums veröffentlichten. 

Prettner 18 ) ließ in vitro Iinmunserum und Bacillen 24 Stunden lang bei 37° C 
aufeinander wirken. Durch Zentrifugieren und Waschen mit physiologischer 
Kochsalzlösung wurden die Bacillen wieder vom Serum befreit und Mäusen sub- 
cutan injiziert, worauf alle Mäuse an Rotlauf eingingen. Prettner schloß daraus, 
daß das Rotlaufserum kein bactericides Serum im gewöhnlich gebrauchten Wort¬ 
sinn sei, sondern daß es Stoffe enthalte, die den Organismus in nicht näher be¬ 
kannter Weise in den Stand setzen, die in den Körper gelangten Bakterien un¬ 
schädlich zu machen. Da er außerdem keine Phagocytoee beobachten konnte, 
blieb ihm die Ursache der Rotlaufimmunität rätselhaft. 

Weil? 0 ) folgerte aus seinen Versuchen mit Meerschweinchen- und Ratten- 
leukocyten, daß die Leukocyten keimtötende Fähigkeiten besitzen können, „ohne 
daß es zu einer Phagocytoee und einer spontanen Sekretion von bactericiden 

*) Die nicht veröffentlichten Tabellen sind im hygienischen Institut derT. H. 
Berlin niedergelegt, 



W. Schmidt : Beitrag zur Rotlaufimmunität. 


521 


Stoffen zu kommen braucht.“ Er bezeichnet diese Eigenschaft der Leukocyten 
als „Aphagocidie“. Nach ihm entfalten die Leukocyten des von Natur gegen 
Rotlauf empfänglichen Meerschweinchens ihre bactericiden Eigenschaften in 
aktivem, inaktivem und mit Bakterien erschöpftem Rotlaufserum, während diese 
Flüssigkeiten allein keine bakterientötende Fähigkeit besitzen. Die Leukocyten 
der empfänglichen Ratte entwickeln eine viel geringere Freßtätigkeit. Er sucht 
die absolute Widerstandsfähigkeit des Meerschweinchens aus der viel größeren 
Freßtätigkeit seiner Leukocyten zu erklären. 

Spätst 2S ) Versuche zeigen, daß das Schweinerotlaufimmunserum trotz 
der Behandlung mit großen Mengen von Rotlaufbacillen in seiner schützenden 
Wirksamkeit intakt bleibt. Hierin besteht also ein grundlegender Unterschied 
zwischen dem Rotlaufimmunserum und den als bactericid anerkannten Seris 
(Cholera- und Typhusserum). Wie Preüner fand auch er, daß die Bakterien durch 
248tündige Behandlung mit Immunserum bei 37° C nichts von ihrer Lebensfähig¬ 
keit und Infektionskraft verlieren, und daß nach einer intraperitonealen Injektion 
von Rotlaufbacillen und Immunserum niemals eine nennenswerte Phagocytose 
auftritt, trotzdem Leukocyten in reichlicher Menge vorhanden waren. Auf Grund 
seiner eigenen Versuche und unter Berücksichtigung der Ergebnisse von PreUner 
und Weil kommt er zu deip Resultat: „Das Schweinerotlaufimmunserum besitzt 
alle Eigenschaften der antiaggressiven Immunsera.“ Wenn ihm die Gewinnung 
der Aggressine nicht immer gelang, so führt er dies auf das langsame Wachstum 
der Schweinerotlaufbacillen im Tierkörper zurück. 

Ebenso wie Spät nimmt auch Bail* ) Antiaggressine im Rotlaufserum als 
Grund der Immunität an. Der Nachweis der Antiaggressine ist nach ihm deshalb 
beim Schweinerotlauf nicht gelungen, weil man durch Impfung in seröse Körper¬ 
höhlen keine nennenswerte Exsudatbildung hervorrufen kann. Der Umstand, „daß 
die Immunisierung und die Erzeugung von Schutzserum nach den bestimmten 
Angaben aller Autoren“ nur mit lebenden und infektiösen Kulturen gelingt, scheint 
ihm durchaus ein Beweis „für die Antiaggressivität der Immunisierung.“ 

Klimmet*) hält die Rotlaufimmunität in der antitoxischen Wirkung des 
Rotlaufimmunserums begründet, wenn auch bisher noch keine Toxinbildung beim 
Rotlaufbacillus nachgewiesen worden ist. Er stützt seine Annahme auf die Be¬ 
obachtungen von Voges und Schütz , nach der das Blut von simultan geimpften 
Schweinen mit ungeheuren Mengen von Rotlaufbacillen überschwemmt ist, ohne 
daß die Tiere auch nur die geringsten Krankheitserscheinungen zeigen. Unter 
Einwirkung der Schutzstoffe ist der Organismus imempfindlich gegen die schädi¬ 
genden Einflüsse der Bakterien geworden, und diese werden damit gleichsam 
zu harmlosen Schmarotzern umgestaltet. 

Die antiaggressive Natur des Rotlaufimmunserums wird entschieden be¬ 
stritten von den Autoren, die den Hauptgrund der Rotlaufimmunität in den 
Bakteriotropinen des Immunserums suchen. Metschnikoff 11 ) f Mesnil 10 ), Levaditi 14 ), 
Bordet und Oengou 4 ) und Staat 2 *) führen die Ursache der Rotlaufimmunität auf die 
Phagocytose zurück, die durch das Immunserum stark befördert wird. Die Reagens¬ 
glasversuche von Neufeld und Rimpau 12 ) ließen eine bakteriotrope Wirkung des 
Immunserums nicht in derselben eindeutigen Weise wie bei Streptokokken und 
Pneumokokken erkennen, vielmehr fand bei ihren Untersuchungen schon im 
normalen Serum Rotlaufbacillen gegenüber eine lebhafte Phagocytose statt. Nach 
Rickmann 18 ) beruhen die Erfolge des Immunserums in einer geringen bakterio- 
lytischen Wirkung und in einer starken Förderung der Phagocytose. 

Neufelds 12 ) neuere Versuche, die er im Verein mit Kandiba ausführte, stehen 
in direktem Gegensatz zu PreUner und Spät, während sie in ihrem Ergebnis mit 
dem von Mesnil gefundenen übereinstimmen. Neufeld und Kandiba fanden bei 



522 


\Y. Schmidt: 


un vor behandelten Mausen in vivo nur eine schwache Phagocytose, während sie 
reichlich in schutzgeimpften Mäusen auftrat. Selbst bei einer Verdünnung des 
Serums von 1 : 1000 konnten sie noch deutlich Phagocytose nachweisen. 
Deshalb scheint ihnen der Begriff der antiaggressiven Immunität durch keine 
zwingenden experimentellen Tatsachen gestützt zu sein, sie sehen vielmehr in den 
Tropinen die eigentlichen Immunkörper des Rotlaufserums. 

Bemerkenswert aus der letzten Zeit ist gerade mit Rücksicht auf die Be¬ 
funde Neufelds die Arbeit von Ruppel , Ornstein , Carl und Lasch**). Sie unter¬ 
suchten, in welcher Weise die im Schweinerotlaufserum enthaltenen Antikörper 
auf die einzelnen, durch Einwirkung des elektrischen Stromes erhaltenen Eiweiß- 
fraktionen des Blutserums verteilt sind, und mit welcher dieser Fraktionen die 
Schutz- und Heilkraft des Serums verbunden ist, Agglutinine und Präzipitine 
fanden sie sowohl mit dem Pseudoglobulin als auch mit dem Euglobulin, 
in der Hauptsache allerdings mit dem letzten verbunden. Während aber 
Pseudoglobulin und Albumin kein Komplement verankern können, kommt die 
komplementbindende Fähigkeit allein dem Euglobulin zu. Die im Tierversuch 
festzustellende Schutzwirkung des Serums ist ausschließlich mit der Pseudoglobulin¬ 
fraktion des Serums kombiniert, an die auch die Bakteriotropine gebunden sind. 
Da Albumine keine und Euglobuline sehr unbedeutende Schutzwirkung besaßen, 
kommen sie zu dem Ergebnis, „daß Agglutinine und Präzipitine für die Schutz- 
wirkung eines Immunserums ebensowenig Bedeutung haben wie der sog. Bordei sehe 
Antikörper. 4 * Aber auch die Bakteriotropine können nach ihnen nicht mit den 
eigentlichen Immunkörpern identifiziert worden, „denn es wurde von uns mehr¬ 
fach die Beobachtung gemacht, daß in einem antibakteriellen Serum der bakterio- 
trope Titer vollkommen erhalten blieb, während die Schutzkraft des Serums eine 
erhebliche Abschwächung erfuhr.“ 

Falls sich diese Feststellungen von Ruppel und seinen Mitarbeitern 
bei Nachprüfungen bestätigen sollten, würden dadurch auch die Bak¬ 
teriotropine für die Rotlaufimmunisierung wesentlich an Bedeutung 
verlieren, so daß zusammenfassend gesagt werden kann, daß über den 
Mechanismus der Schutz- und Heilwirkung des Rotlaufserums Ein¬ 
heitlichkeit bisher nicht besteht. 

I. Nachweis von Rotlaufbacillen im immunisierten Mauseorganismus. 

Bei dieser Sachlage war es von Interesse, durch experimentelle 
Untersuchungen zunächst einmal festzustellen, wie lange sich Rotlauf¬ 
bacillen im Köper simultan mit Serum und Kultur geimpfter Mäuse 
überhaupt nachweisen lassen. 

Die Literatur enthält eine ganze Reihe von Angaben über diese Frage, die 
unter sich jedoch keineswegs übereinstimmen. Emmerich und Mastbaum •) stellten 
fest, daß eingespritzte Rotlaufbacillen in immunisierten Mäusen bereit« nach 
8—10 Stunden nicht mehr nachweisbar sind. 

Mesnil 10 ) fand bei Immunmäusen nach 24—48 Stunden nur noch Reste von 
Bacillen in den Makrophagen. 

Nach Prettner 11 ) sind bei Injektion von viel Serum und wenig Kultur nach 
3 Tagen keine Bacillen im Mäuseorganismus mehr nachweisbar, „hingegen bleiben 
sie bei geringeren, wenn auch zum Schutz völlig ausreichenden Serummengen in 
den Organen lebensfähig und virulent.“ 

Schütz und Voges 27 ) fanden bei simultan geimpften Schweinen folgendes: 
„Die Bakterien sind etwa 0 -JO Tage in der Blutbahn nachweisbar, und zwar in 



Beitrag* zur Rotlaufimmunität. 


523 


solchen Mengen, daß sie schon in Blutausstrichpräparaten erkannt werden können.“ 
Nach diesen Autoren geht die Zerstörung der Rotlaufbakterien im Schweine¬ 
organismus nur sehr langsam vor sich und dauert tagelang. 

Wagner 29 ) stellte bei seinen Versuchen fest, daß die bei der Impfung ein¬ 
gespritzten Rotlaufbacillen noch nach 13 Tagen im Schweinekörper in lebens¬ 
fähigem Zustande vorhanden sind. „Bei weißen Mausen war von den durch Kultur 
eingespritzten Rotlaufbakterien nach 18 Tagen nichts mehr naqhzu weisen.“ 

Overbeek 1 *) konstatierte, „daß bei Impfungen von Tauben, Schweinen und 
Kaninchen die Bacillen bei subcutaner Injektion ziemlich schnell (in 3 Stunden) 
durch die Körpersäfte fortgeführt und vernichtet werden, und daß im Blut ge¬ 
impfter Schweine sich keine Bacillen feststellen lassen.“ Bei kleinen Versuchs¬ 
tieren gelang ihm der Nachweis in keinem Falle, wenn neben der Kultur eine 
schützende Menge Serum gegeben wurde. 

Oanslmayer 7 ) stellte Versuche an galizischen Fleisch- und ungarischen Fett- 
achweinen an, indem er jeden Tag nach der Impfung von Kultur und Serum ein 
oder mehrere Tiere schlachtete (bis zum 20. Tage) und jedesmal die inneren Organe, 
Ham und Kot auf Rotlauf bacillen untersuchte. Zweimal (1. und 11. Tag) fand 
er in Milz und Niere rotlaufähnliche Stäbchen, die auch in der Kultur rotlauf- 
ähnliches Wachstum ergaben. Er hält beide Stämme aber nicht für identisch 
mit Rotlauf, weil er Tauben nicht einmal in der Dosis von 2 ccm damit töten 
konnte, während der bei der Schutzimpfung verwandte Stamm in der Menge 
von 0,5 ccm intramuskulär eine Taube in 3 Tagen tötete. Im übrigen fielen seine 
Versuche negativ aus. Es gelang ihm in keinem Falle bei 50 Schweinen in der 
Zeit vom 1. bis 20. Tag nach der Impfung Rotlauf Stäbchen nachzu weisen. 

Nach Neufeld 18 ) werden Rotlaufbacillen im Körper passiv immunisierter Mäuse 
allmählich abgetötet, wobei diese Abtötung mit einer ausgiebigen Phagocytose 
der Keime durch polynucleäre Leukocyten einhergeht, die schon l / A Stunde nach 
der intraperitonealen Injektion einsetzt. 

Dem tritt Spät 29 ) entgegen: „Wir sahen in einigen Versuchen, daß die mit 
nativem oder erschöpftem Serum behandelten Tiere nach 18, 19 Tagen usw. starben. 
Wir haben ferner die überlebenden beobachtet und gefunden, daß dieselben noch 
nach 5, 6 oder 8 Wochen zugrunde gehen. Alle diese Tiere wurden obduziert und 
im Herzblut fanden wir mikroskopisch und kulturell Reinkulturen von Schweine¬ 
rotlaufbacillen.“ Er wendet sich gegen die Befunde von Neufeld und Kandiba f 
die ihre Versuchstiere spätestens nach 48 Stunden getötet haben. Sie fanden 
schon nach 36 und 48, ja sogar schon nach 10 Stunden keine Bacillen mehr. „Wären 
diese Befunde richtig, d. h. wären die Bacillen nach Neufeld und Kandiba unter 
dem Einfluß der Tropine phagocytiert und abgetötet, so wäre der Tod nach mehrerert 
Wochen unverständlich. Nach der antiaggressiven Vorstellung ist diese Tatsache 
ohne weiteres klar. Das Rotlaufserum enthält keine bakterienfeindliche Substanzen 
und paralysiert nur die Angriffsstoffe der Bacillen, die gegen die natürlichen Ab¬ 
wehrstoffe des Organismus gerichtet sind. Verschwinden bei der passiven Immuni¬ 
sierung nach einer gewissen Zeit die letzten Reste des einverleibten Immunserums, 
so werden die Bakterien wieder Herr der Situation und vollbringen — jetzt un¬ 
gestört — ihr vernichtendes Werk.“ 

Wir sehen aus diesen Angaben, daß diejenigen Autoren, welche in 
der bactericiden oder phagocytosebefordernden Wirkung des Immun¬ 
serums die Ursache der Rotlaufimmunität erblicken, mit Ausnahme 
von Schütz und Voges 27 ) höchstens in den ersten Tagen nach der Impfung 
im Schweine- und im Mäuseorganismus Bacillen nach weisen konnten. 
Die hiervon abweichenden Ergebnisse von Schütz und Voges , die eben- 



524 


W. Schmidt: 


falls den Grund der Immunität in den erwähnten bactericiden Anti¬ 
körpern des Immunserums suchen, daß noch nach 6—10 Tagen die Ba¬ 
cillen in der Blutbahn von i mmuni sierten Schweinen nachweisbar waren, 
erklären diese Autoren ihit dem eigentümlichen Bau der Bakterienzellc. 
Sie soll nach ihnen mit einer schützenden Hülle umgeben sein, die nur 
von bestimmten Körperorganen zerstört werden kann. Das Immun¬ 
serum hat nur eine chemische Affinität zum Bakterienprotoplasma und 
kann seine bactericide Wirkung im allgemeinen erst nach der „Ent- 
panzerung“ der Bakterien entfalten, oder doch höchstens nur auf die 
in Teilung begriffenen Jugendformen bactericid einwirken, bevor sich 
an der Teilungsstelle eine feste Hülle gebildet hat. Diese Hypothese 
konnte sich nur solange behaupten, als man noch eine bactericide Wir¬ 
kung des Rotlaufimmunserums annahm. Nach der Feststellung von 
Prettner und besonders von Spät, daß das Rotlaufimmunserum keine 
bakterienfeindlichen Substanzen enthält, suchte man teils mit den 
genannten Autoren die Rotlaufimmunität durch die Antiaggressine 
des Serums zu erklären, teils schrieb man sie den Bakteriotropinen 
zu. Die Literaturangaben zeigen, daß die Anhänger der antiaggressiven 
Theorie tage-, wochen- und selbst monatelang Rotlaufbacillen im 
immunisierten Mäuseorganismus nachweisen konnten, während die 
Verfechter der anderen Theorie solche bei Immunmäusen meist schon 
einige Stunden nach der Infektion nicht mehr fanden. 

Meine Versuche stellte ich an den überlebenden weißen Mäusen 
der verschiedenen Serumprüfungen an, die nach den Vorschriften über 
die staatliche Prüfung des Rotlaufserums* 8 ) in der Serumabteilung vor¬ 
genommen werden. Der Serumprüfungsversuch wird in folgender 
Weise ausgeführt: Es werden 2 Prüfungsreihen angesetzt, eine mit 
Standardserum von 100 I. E., das bei jeder Prüfung frisch gelöst wird, 
und eine mit dem zu prüfenden Serum. Von jedem Serum erhalten 
je 2 (zusammen 12 Mäuse) folgende Verdünnungen: 0,005; 0,008; 0,01; 
0,015; 0,02 und 0,03 ccm, immer mit 0,85 proz. NaCl-Lösung auf 0,5 ccm 
Volumen ergänzt. Sämtliche Mäuse und 2 Kontrollen werden eine Stunde 
nach der Seruminjektion mit 0,01 ccm einer 24 ständigen Rotlaufbouillon¬ 
kultur intraperitoneal infiziert. Die Kontrollmäuse müssen in 2 mal 24, 
spätestens in 3 mal 24 Stunden an Rotlauf eingehen. Die Beobachtung der 
Serumprüfungsmäuse dauert 8 Tage. Ist das zu prüfende Serum ebenfalls 
lOOfach, so muß die 2. Prüfungsreihe parallel der ersten verlaufen, d. h. die 
Tiere mit den kleinen Serummengen müssen in beiden Reihen mit einer Ver¬ 
spätung von einigen Tagen eingehen, während die mit den größeren Dosen 
gespritzten Mäuse (meist von 0,01 ccm an) am Leben bleiben sollen. 

Erste Versuchsreihe. 

Ich übernahm die Prüfungsmäuse am 9. Tage und untersuchte 
zunächst ihr Schwanzblut mikroskopisch (Gramfärbung) und kulturell 



Beitrag zur Rotlaufimmunitüt. 


525 


(Agarplatte) auf »Rotlaufbacillen. Von den Mäusen, welche während 
der Beobaehtungszeit eingingen, wurde durch Milzausstrich festgestellt, 
ob der Tod an Rotlauf erfolgt war. Ebenso verfuhr ich mit den klinisch 
kranken Versuchstieren, soweit ich sie tötete. Die klinisch gesunden 
Mäuse wurden in bestimmten Zeitabständen getötet und von ihnen 
Herzblut, Lunge, Leber, Milz und Niere in der beschriebenen Weise 
untersucht. 

* 

Versuch 1 ; Organuntersuchung von 50 Mäusen. 

Außer den oben bezeichneten Organen wurden bei einer Maus auch 
Dünn-, Dick- und Mastdarm mikroskopisch und kulturell verarbeitet. 
Mikroskopisch konnte ich besonders in den beiden letztgenannten Darm¬ 
teilen zahlreiche grampositive rotlauf ähnliche Stäbchen nach weisen. 
Kulturell fand ich nach 24 Stunden viele verdächtige, tautropfenähnliche 
Kolonien, die im Ausstrich alle plumpe, grampositive Kurzstäbchen, 
dagegen keine Rotlaufbacillen ergaben. 

Bei den gesund getöteten Mäusen konnte ich niemals im Ausstrich 
und Kultur aus den erwähnten Organen Rotlaufstäbchen nachweisen. 
Regelmäßig fand sich sowohl bei den gesund getöteten wie bei den ver¬ 
endeten ein starker Milztumor (Milz um das 2— 4fache vergrößert). 
Die gesunden Versuchstiere wurden in der Zeit vom 15. bis 19. Tag 
getötet, nachdem ich vorher in regelmäßigen Abständen ihr Schwanzblut 
mikroskopisch und kulturell auf Rotlaufbacillen untersucht hatte. 

Mäuse, die bis zum 15. bis 19. Tage klinisch gesund erschienen, 
blieben am Leben mit Ausnahme von 2 Mäusen, von denen die eine erst 
am 24. Tage krank getötet wurde, während die andere am Tötungstage 
(14. Tag) außer wenig beschleunigter Atmung keine Krankheitssymptome 
zeigte. Mikroskopisch wurden einige, vereinzelt zwischen den Körper¬ 
zellen liegende Rotlaufbacillen in Milz und Niere nachgewiesen, kul¬ 
turell gelang der Nachweis in sämtlichen Organen und im Herzblut. 

Soweit in den übrigen Organ- und Blutausstrichen Rotlaufbacillen 
vorhanden waren, lagen sie meistens einzeln, selten zu mehreren zwischen 
den Körperzellen. 

Drei überlebende Mäuse (Nr. 5, 21 und 32) wurden für spätere Immuni¬ 
tätsversuche und zur Prüfung der erwähnten Versuche von Spät**) am 
Leben gelassen, der feststellte, daß überlebende Mäuse noch nach 
8 Wochen an Rotlauf eingehen können. Auch ihr Schwanzblut wurde bis 
zum Beginn des neuen Versuchs in der beschriebenen Weise untersucht. 

Versuch 2: Fortlaufende Blutuntersuchung der ersten 50 Mäuse. 

Im allgemeinen fanden sich zahlreiche Bacillen 24 Stunden vor 
dem Tode der Mäuse einzeln zwischen den Blutkörperchen. In den 
Fällen, wo sie schon 48 Stunden vorher mikroskopisch nachgewiesen 



526 


\V. Schmidt: 


werden konnten (Nr. 6, 13, 14 und 22), lagen sie zu mehreren zusammen 
in Leukocyten, Teilweise waren diese mit Haufen von feinen gramposi¬ 
tiven Stäbchen angefüllt und bereits im Zerfall begriffen. Kulturell 
gelang mir der Nachweis von Rotlaufstäbchen 48 Stunden vor dem 
Tode bei 14 Mäusen. Am folgenden Tage lagen die Bacillen bei allen 
diesen wiederum einzeln regellos zwischen den Blutkörperchen. Die 
Zahl der Leukocyten war regelmäßig vermehrt. Ich konnte aber keine 
Spur von Phagocytose bemerken, sobald zahlreiche Bakterien einzeln 
in der Blutbahn lagen. Alle gesund getöteten Mäuse zeigten niemals 
bis zu ihrer Tötung nachweisbare Rotlauf Stäbchen in ihren Blutaus¬ 
strichen mit einer Ausnahme. Bei dieser Maus waren bis zum 15. Tage 
p. inf. keine Bacillen im Blut vorhanden. Trotzdem wurden bei der Sektion 
an diesem Tage in Milz und Niere mikroskopisch vereinzelte Rotlauf¬ 
bacillen nachgewiesen. Im übrigen waren solche nur kulturell spärlich 
in den anderen Organen vorhanden. 

Maus Nr. 39 zeigte die Ausbreitung der Bacillen im Körper. Sie wurde 
am 14. Tage getötet, an dem ich nur kulturell Bacillen im Blutausstrich 
nachweisen konnte. Die mikroskopischen Ausstriche ergaben einige 
wenige Rotlauferreger in Milz und Niere. Dagegen gingen auf der 
Agarplatte aus beiden Organen zahlreiche Rotlaufkolonien auf. In 
Herzblut, Lunge und Leber war mikroskopisch nichts nachzuweisen, 
kulturell dagegen einige Rotlaufkolonien. 

Zweite Versuchsreihe. 

In diesem Versuch benutzte ich statt der Agarplatte Bouillon als 
Nährboden. Zwar war der kulturelle Nachweis der Rotlaufbacillen 
auf der Agarplatte in der 1. Versuchsreihe stets gut gelungen, wenn ich 
die Platte nach dem Ausgießen des verflüssigten Agars nicht zum 
Trocknen in den Brutschrank stellte, sondern sie sogleich nach dem 
Festwerden mit Material beschickte. Immerhin hätten vereinzelte 
Rotlaufkeime auf der Agarplatte nicht zur Entwicklung kommen können. 
Um daher eine Anreicherung zu erzielen, benutzte ich in dieser Ver¬ 
suchsreihe als Nährboden schwach alkalische Peptonbouillon, in die ich 
ein steril gewonnenes Stück des betreffenden Organs bzw. eine Öse 
Blut hineinimpfte. 

Versuch 3: Organuntersuchung von 31 Mäusen. 

Von einer Maus (Nr. 53) wurde außer den erwähnten Organen noch 
Gallenblase, Dünndarm, Dick- und Mastdarm untersucht. Mikro¬ 
skopisch fand ich in der Gallenblase keine Bacillen, in den Darmteilen 
außer gramnegativen Stäbchen auch kurze, plumpe grampositive 
Stäbchen; im Mastdarm waren zahlreiche schlanke, rotlaufähnliche 
Stäbchen vorhanden. In Ausstrichen aus den angelegten Kulturen 
konnten Rotlaufbacillen nicht gefunden werden. 



beitrag zur Rotlaufiininunität. 


02 1 


Maus Nr. 6t wurde in gleicher Weise untersucht. Im Ausstrich der 
Mastdarmkultur fanden sich wieder einige rotlaufähnliche Stäbchen. In 
angelegten Verdünnungsplatten aus der Bouillonkultur gelang die 
Züchtung von Rotlaufstäbchen jedoch nicht. Eine mit 0,1 ccm der 
Bouillonkultur infizierte graue Maus zeigte am nächsten Tage etwas 
gestörtes Allgemeinbefinden, erholte sich aber wieder und blieb am 
Leben. Rotlaufbacillen konnten also auch in diesem Fall nicht nach- 
gewiesen werden. 

Die klinisch gesunden Mäuse wurden in der Zeit vom 10. bis 15. Tage 
p. inf. getötet, ohne daß in ihren inneren Organen oder im Herzblut mikro¬ 
skopisch oder kulturell Rotlaufbacillen festgestellt werden konnten. 

Im Kot der klinisch gesunden Mäuse konnte ich weder mikroskopisch 
(Gramfärbung) noch kulturell (Agar und Bouillon) Rotlaufbacillen nach- 
weisen. 

3 überlebende Mäuse wurden für die vorher erwähnten Zwecke (S. 525) 
aufgehoben. 

Versuch 4: BluturUersuchung dieser 31 Mäuse. 

24 Stunden vor dem Tode lagen wieder zahlreiche Bacillen einzeln 
zwischen den Blutkörperchen. Kulturell waren die Bacillen 48 Stunden 
ante mortem nachzuweisen im Blut von 9 Mäusen. Mikroskopisch 
fand ich sie bereits 48 Stunden vor dem Tode zu mehreren in Leuko- 
cyten eingeschlossen bei 3 Mäusen. 

Diejenigen Mäuse, die als gesund in der Zeit vom 10. bis 15. Tage p. inf. 
getötet wurden, und in deren Ausstrichen keine Rotlaufbacillen nach¬ 
zuweisen waren, haben während der Beobachtungszeit niemals Bacillen 
in ihrem Blut gehabt. 

Ergebnis der ersten beiden Versuchsreihen. 

Aus den Versuchen geht hervor, daß von den Mäusen, welche die 
Stägige Serumprüfung überstehen, noch über 50% in der Folgezeit 
an Rotlauf erkranken können. Soweit sie in meinen Versuchen nach 
Abschluß der Beobachtungszeit der staatlichen Prüfung noch an Rotlauf 
eingingen, geschah es im allgemeinen in der Zeit vom 9. bis 18. Tag. 

Man muß dabei berücksichtigen, daß zum Teil hochwertige Sera 
zu prüfen waren, wie z. B. Serum 15, bei dem alle 12 Mäuse die Prü¬ 
fungszeit überlebten. Trotzdem gingen hinterher noch 9 Mäuse in der 
Zeit vom 10. bis 17. Tage an Rotlauf ein. Soweit ein Serum gerade auf 
der Grenze von 100 I. E. stand, wie z. B. Serum 642, starben von 9 
übernommenen Mäusen 8 in der Zeit vom 10. bis 11. Tage an Rotlauf. 

Man kann nicht von einer bestimmten Serummenge an erwarten, 
daß.die damit behandelten Tiere am Leben bleiben, es kommen viel¬ 
mehr anscheinend individuelle Resistenzunterschiede der einzelnen 
Mäuse in Betracht. 



528 


W. Schmidt: 


Ich kann somit die Angaben jener Autoren bestätigen, die dem Rot¬ 
laufbacillus auch im immunisierten Organismus eine lange Lebensdauer 
zusprechen. 

Mit dem Kot klinisch gesunder Mäuse werden nach einer Simul- 
tanimpfung Rotlaufbacillen nicht ausgeschieden. 

Wie die Ergebnisse der verschiedenen Blutuntersuchungen zeigen, 
führt der Einbruch der Bacillen in die Blutbahn mit Sicherheit zum 
schnellen Tod der betreffenden Maus. Die ersten mikroskopisch im 
Blut nachweisbaren Rotlaufbacillen liegen immer in Phagocyten ein¬ 
geschlossen, ohne daß es aber zu einer Abtötung der Bacillen kommt. 
Denn 24 Stunden später liegen sie zahlreich frei zwischen den Blutzellen. 
Eine Phagocytose ist dann nicht mehr vorhanden, obwohl die Zahl der 
Leukocyten stark vennehrt ist. Liegen die Bacillen noch in den Phago¬ 
cyten eingeschlossen, so erfolgt der Tod der betreffenden Maus erst 
in etwa 48 Stunden, liegen die Bacillen dagegen frei in der Blutbahn, 
so ist der Tod innerhalb von 24 Stunden zu erwarten. Diese Ergebnisse 
stimmen mit den Befunden von Kolle und seinen Mitarbeitern*) überein, 
die feststellen konnten, daß der Tod von Mäusen durchweg ungefähr 
24 Stunden nach Beginn der Rotlaufsepticämie eintritt. Wie diese 
Autoren suchte ich mir Klarheit über den Verlauf der Rotlaufinfek¬ 
tion bei intraperitoneal infizierten Mäusen dadurch zu verschaffen, 
daß ich in bestimmten Abständen nach der Infektion das Schwanzblut 
auf das Vorhandensein von Rotlauferregem untersuchte. 

II. Verlauf der Rotlaufinfektion bei intraperitoneal 
infizierten weißen Mäusen. 

Um den Einfluß individueller Resistenzunterschiede auf den Beginn 
der Rotlaufsepticämie festzustellen, gingen Kölle und seine Mitarbeiter 
in der Weise vor, daß sie Mäuse mit wechselnden Mengen einer 24stün- 
digen Bouillonkultur intraperitoneal infizierten und dann in bestimmten 
Zeitabständen das aus der Schwanzvene entnommene Blut dieser Tiere 
kulturell verarbeiteten. Dabei fanden sie, daß bei sehr großen Dosen 
(bis 0,1 ccm) der Übertritt der Bacillen in die Blutbahn bei allen Tieren 
zu gleicher Zeit zu beobachten war. Verwendeten sie eine Infektions¬ 
menge von 0,01 ccm, so fanden sie die Bacillen ausnahmslos nach 
28 Stunden im Blute. Auch in diesen Versuchen trat der Tod ihrer 
Versuchstiere durchweg ungefähr 24 Stunden nach Beginn der Rotlauf- 
septicämie ein. 

Gewisse Anhaltspunkte über den Verlauf der Rotlaufinfektion 
im Mäuseorganismus gibt auch die Arbeit von Tiede K ), der untersuchte, 
wann sich Rot lauf bacillen nach einer Hautimpfung in den inneren Or¬ 
ganen von Mäusen nachweisen lassen. Er sah die Rotlauferreger zwischen 
der 10. bis 24. Stunde in den inneren Organen auftreten, und zwar in 



Beitrag zur Rotlaufimmunität. 


520 


der Milz und Leber nach 15 Stunden, in der Lunge nach 24 Stunden 
und nach 48 Stunden in allen Organen. Dabei vermutet er, daß bei 
seiner Infektionsart die Bacillen mehr auf dem Wege der Lymphbahn 
in die genannten Organe gelangten, hat aber keine experimentellen Unter¬ 
suchungen hierüber angestellt. 

Ich untersuchte das Schwanzblut von 4 mit je 0,01 ccm Rotlauf¬ 
bouillonkultur i. p. infizierten Mäusen mikroskopisch (Gramfärbung) 
und kulturell (Bouillonkultur) während der ersten 3 Stunden p. inf. 
stündlich und dann in Zwischenräumen von 2 Stunden. Bei den beiden 
ersten Mäusen waren bis zur 27. Stunde p. inf., als ich den Versuch zunächst 
abbrach, keine Rotlaufbacillen mikroskopisch und kulturell nachweisbar. 
45 Stunden nach der Infektion lagen sie im Blutausstrich der ersten 
Maus spärlich innerhalb von Leukocyten, bei der 2. Maus dagegen meist 
schon zahlreich einzeln zwischen den Blutelementen. Maus 1 verendete 
75 Stunden p. i., Maus 2 60 Stunden p. i. Bei Maus 3 und 4 begann ich 
die Untersuchung 22 Stunden nach der intraperitonealen Infektion mit 
0,01 ccm Bouillonkultur. Bis zur 26. Stunde (einstündlich untersucht) 
konnten mikroskopisch und kulturell Rotlaufbacillen nicht nachgewiesen 
werden. Erst in der 28. Stunde konnte ich bei Maus 4 kulturell Rot¬ 
laufstäbchen feststellen, während dies bei Maus 3 erst in der 29. Stunde 
gelang. Der sichere mikroskopische Nachweis gelang bei beiden Mäusen 
erst um die 40. Stunde. Die Bacillen lagen zunächst immer zu mehreren 
in Leukocyten eingeschlossen. Im Anfang ungefähr nur 3—5 Bacillen 
in jedem Leukocyten, vergrößerte sich ihre Zahl sehr bald, und als 
ich nach der 45. Stunde meine Untersuchungen abbrach, waren die 
Leukocyten zum Teil bereits im Zerfall begriffen. In diesem Fall lagen 
die Bacillen wieder einzeln zwischen den Blutkörperchen. Der Tod 
der Tiere trat bei der einen Maus um die 80. Stunde und bei der 
anderen 3 Stunden später ein. 

In meinem Versuch waren also die Rotlaufbacillen erst verhältnis¬ 
mäßig spät, in der 28. bis 29. Stunde p. i., kulturell im Blut der Mäuse 
nachzuweisen. Da sie vorher weder kulturell noch mikroskopisch 
nachgewiesen werden konnten, hat ihre Ausbreitung im Körper, wenn 
nicht überhaupt nur, so doch zum größten Teil auf dem Wege der Lymph¬ 
bahn stattgefunden. 

Die Rotlaufbacillen werden beim Einbruch in die Blutbahn zunächst 
wieder von den Leukocyten aufgenommen, diese zerfallen, und sobald 
zahlreiche Bacillen einzeln zwischen den Blutkörperchen liegen, findet 
keine Phagocytose mehr statt, obwohl die Phagocyten zumeist vermehrt 
und zum Teil noch vollkommen erhalten sind. Vielmehr tritt auch 
dann der Tod 24 Stunden später ein. 

Meine Versuche stimmen somit mit den Feststellungen von Kolb 
und seinen Mitarbeitern im wesentlichen überein. Die abweichenden 



530 


W. Schmidt: 


Befunde von Tiede wird man mit Vinilenzunterschieden der verwendeten 
Rotlauf Stämme erklären können. Bei besonders virulenten Stammen 
erfolgt der Einbruch der Bacillen in die Blutbahn anscheinend schneller 
als bei weniger virulenten. 

III. Heilimpfung mH hochwertigem Immunserum bei rotl&ufkranken 

Mäusen. 

Es schien nun prüfenswert, ob bei Mäusen, die schon Rotlaufbacillen 
im Blute aufweisen, durch Injektion von spezifischem Immunserum 
noch ein Heileffekt ausgeübt werden kann. 

In der Literatur liegen zahlreiche Berichte über die Heilwirkung 
des Rotlaufserums bei Schweinen vor. Auch Angaben über Heil¬ 
wirkung des Serums bei infizierten Menschen sind übereinstimmend 
außerordentlich günstig. Manche Schweinerassen besitzen aber von 
Natur eine gewisse Resistenz gegen Rotlauf, und der Mensch ist in der 
Regel nur wenig für die Rotlaufinfektion empfänglich. Bei weißen 
Mäusen dagegen bedeutet die Rotlaufinfektion bei bestimmter Dosis 
in jedem Fall den sicheren Tod. Über Heilwirkungen des Rotlaufserums 
an diesen besonders empfänglichen Tieren ist in der Literatur nur wenig 
bekannt. 

Emmerich und Mastbaum 6 ) konnten Bubcutan mit großen Dosen Bouillon 
kultur infizierte weiße Mause am Leben erhalten, wenn sie ihnen 1—7 Stunden 
später 1,5—3,5 ccm ihres aus Organen von immunisierten Kaninchen gewonnenen 
„Heilsaftes“ einspritzten. Sander 21 ) dagegen gelang es nicht, weiße Mäuse durch 
spezifisches Immunserum zu schützen, wenn das Serum Vs Stunde später als die 
Bacillen subcutan injiziert wurde. Voges 2 *) konnte subcutan infizierte weiße 
Mäuse nur heilen, wenn er 0,5—3,0 seines vom Schaf gewonnenen Immunserum* 
verwendete. Mit kleineren Dosen vermochte er den Tod der Tiere nur beträchtlich 
hinauszuschieben. 

Kode und seine Mitarbeiter 9 ) infizierten weiße Mäuse mit Vioo bzw. , / J000 ccm 
einer 24stündigen Bouillonkultur intraperitoneal und spritzten das Immunserum 
den Tieren nach verschiedenen Zeitabständen subcutan, in einigen Versuchen 
auch intravenös ein. Während die Kontrollen nach 4—6 Tagen unter dem Bilde 
der Rotlaufsepticämie eingingen, starben von den Mäusen, die bei 0,001 ccm 
Kultur 1 Stunde später das Immunserum in verschiedener Menge subcutan ein¬ 
verleibt erhielten (0,01; 0,05; 0,1 und 0,2 ccm), nur vereinzelt diejenigen, welche 
die geringsten Serumdosen erhalten hatten. Die mit 0,1—0,2 ccm behandelten 
Mäuse blieben sämtlich am Leben. Wurde das Immunserum erst 24 Stunden 
p. inf. mit 0,01 ccm Kultur angewandt, so blieben selbst bei 0,5 ccm Serum nur ver¬ 
einzelte Tiere am Leben. Wenn sie zur schnelleren Resorption das Immunsenim 
intravenös injizierten, zeigte sich „tatsächlich ein wesentlicher Unterschied im 
Vergleich mit der subcutanen Einspritzung des Heilserums“, es blieb ein beträcht¬ 
licher Teil der intravenös behandelten Mäuse am Leben. Aber auch bei diesem 
Injektionsmodus mußten sie feststellen, daß der Heileffekt von dem Augenblick 
an aufhört, „in dem die Infektionserreger im Schwanzblut der Tiere kulturell 
nachzuweisen sind“. 

Für meine ersten Heilversuche verwendete ich das hochwertige 
Serum 15 und spritzte hiervon zunächst 3 Mäusen 0,05 ccm intravenös 



Beitrap zur Rotlaufimraunität. 531 

ein, während 2 weitere Mäuse nur 0,025 ccm intravenös erhielten. 
Alle diese Mäuse hatten beim Abschluß der Serumprüfung am 9. Tag 
mikroskopisch und kulturell nachweisbare Rotlaufbacillen in der 
Blutbahn. 


A. Heilversuche mit lcarbolisiertem Serum. 

Versuch 1 : 5 Mäuse, vorbehandelt bei der Simultanimpfung mit 
0,005 (Nr. 1 und 3), 0,01 (Nr. 4), 0,015 (Nr. 2) und 0,03 ccm Serum (Nr. 5). 
Nr. 1 und 5 erhalten am 9. Tag 0,025 ccm, Nr. 2, 3 und 4 0,05 ccm 
Serum intravenös. 

Während die Serumdosis 0,025 ccm ohne Störung vertragen wurde, 
wurden die mit 0,05 ccm behandelten Mäuse sehr stark von dem Karbol¬ 
gehalte des Serums mitgenommen. Sie verfielen im Anschluß an die 
Injektion in heftige Krämpfe, die im Durchschnitt eine ganze Stunde 
anhielten und sicher nicht geeignet waren, den kranken Organismus im 
Kampf mit der Infektion zu unterstützen. 

Waren die Bacillen am Tage der Behandlung mikroskopisch bereits 
außerhalb der Phagocyten zahlreich zwischen den Blutelementen ver¬ 
streut vorhanden, so erfolgte der Tod trotz der Serumbehandlung wieder 
innerhalb von 24 Stunden (Nr. 3 und 4). Bei einer Maus (Nr. 1) konnte 
das Immunserum wohl zur Vernichtung einiger weniger Rotlaufbacillen 
in der Blutbahn beitragen, es war aber nicht imstande, einen erneuten 
Einbruch derselben zu verhindern und damit die Maus vor dem Tode 
zu schützen. Maus Nr. 2 hatte nur kulturell (Bouillon) nachweisbare 
Rotlauferreger in ihrem Schwanzblut. Trotzdem konnten selbst 0,05 ccm 
Serum intravenös den gewöhnlichen Krankheitsverlauf nicht verhindern. 
Denn 24 Stunden später lagen wiederum die Bacillen zahlreich zwischen 
den Blutelementen. Obgleich ich jetzt nochmals 0,1 ccm Serum subcutan 
injizierte, verendete die Maus bereits nach 3 Stunden, also früher, als 
es ihrem Blutbefund nach gewöhnlich der Fall zu sein pflegte. Wahr¬ 
scheinlich trug der Karbolgehalt des Serums zur Beschleunigung des 
Todes bei. 

Maus Nr. 5 hatte nur einige wenige Bacillen innerhalb von Leuko- 
cyten am 9. Tage in ihrem mikroskopischen Blutbilde. Am Tage nach 
der intravenösen Seruminjektion lagen zahlreiche Bacillen frei in der 
Blutbahn, so daß die Injektion hier ohne Einfluß blieb. Nach der 2. 
intravenösen Injektion trat der Tod des Tieres innerhalb von etwa 
15 Minuten ein. Anfängliche Reizerscheinungen machten sehr schnell 
einer allgemeinen Lähmung Platz, die Atmung wurde angestrengt, 
und unter Krämpfen verendete das Tier in der angegebenen Zeit. Die 
Maus hatte innerhalb von 10 Tagen einmal subcutan 0,03 ccm und 
2 mal intravenös 0,025 ccm von Pferden gewonnenes Rotlaufimmun- 
serum erhalten. Deshalb dürfte dieser plötzliche Tod nach der 2. intra- 

38 


Areh. f. Tierheilk. L. 



532 


\V. Schmidt: 


venösen Injektion als Anaphylaxie zu deuten sein. Ritz 1 *) behandelte 
weiße Mäuse subcutan, intraperitoneal oder intravenös mit Pferdeserum 
vor und konnte bereits nach einer einmaligen Vorbehandlung bei der 
intravenösen Reinjektion des Pferdeserums in mindestens 50% der 
Fälle den anaphylaktischen Tod der Versuchstiere herbeiführen. Nach 
seinen Erfahrungen genügen 0,02 ccm Pferdeserum in der Regel bereit«, 
in einem nicht unerheblichen Prozentsatz der Fälle einen tödlichen 
Ausgang der Reinjektion zu bewirken. Weit häufiger als nach der ein¬ 
maligen Vorbehandlung sah er den Tod bei zweimaliger Vorbehandlung 
eintreten. Wenn es nicht konstant gelingt, weiße Mäuse durch die 
Reinjektion zu töten, so hat dies nach Ritz nicht seinen Grund in der 
Unfähigkeit dieser Tierart, anaphylaktisch zu reagieren, sondern viel¬ 
mehr darin, daß ,,die optimale Reinjektionsdosis individuell je nach 
dem Grade der durch die Injektion bewirkten veränderten Reaktions¬ 
fähigkeit variiert.“ 

In meinem ersten Versuch konnte ich also den Tod der erkrankten 
Mäuse durch die intravenöse Seruminjektion nicht verhindern, wenn es 
mir auch möglich war, ihn einmal um mehrere Tage hinauszuschieben. 

Unter Berücksichtigung der Untersuchungen von Ritz und des 
plötzlichen Todes der Maus Nr. 2 wurden in dem folgenden Versuch 
den Mäusen durchweg 0,025 ccm Serum intravenös gleichzeitig mit 
0,1 ccm Serum subcutan einverleibt. Soweit die Mäuse am Leben 
blieben, wurde die subcutane Injektion mit derselben Dosis an den 
folgenden Tagen wiederholt. 

Ver&uch 2: 8 Mäuse, bei der Simultanimpfung vorbehandelt mit 
0,005 (Nr. 9), 0,008 ccm (Nr. 6), 0,01 ccm (Nr. 7 und 10), 0, 015 ccm 
(Nr. 8), 0,02 ccm (Nr. 13) und 0,03 ccm Serum (Nr. 11 und 12). 

Alle 8 Mäuse hatten bei der Blutuntersuchung keine oder nur ver¬ 
einzelte Rotlaufbacillen innerhalb von Leukocyten in ihrer Blutbahn. 
Die gleichzeitig angelegten Bouillonkulturen waren nach 24 Stunden 
sämtlich positiv. 

Soweit die Mäuse nach der Injektion von 0,0025 Serum i. v. und 
0,1 subcutan (10. Tag nach dem Beginn der Serumprüfung) noch am 
Leben waren, wurde ihr Blut von neuem untersucht. Dabei fanden 
sich zahlreiche Bacillen bei Nr. 6, 8 und 11, während sie im Blut¬ 
ausstrich von Nr. 9 und 12 nur vereinzelt und spärlich zu finden 
waren. Am 11. Tage lagen sie aber auch bei diesen Mäusen zahlreich 
zwischen den Blutkörperchen. Allgemein trat der Tod bei allen 
Mäusen wieder innerhalb von 24 Stunden nach dem zahlreichen 
Auftreten einzelner Bacillen in der Blutbahn ein. Im Milzausstrich 
der verendeten Mäuse wurden regelmäßig zahlreiche Rotlaufstäbchen 
nachgewiesen. 



Beitrag: zur Rotlaufiminunität. 


533 


Im Blutausstrich von Maus Nr. 7, 10 und 13 lagen vor der kombi¬ 
nierten Seruminjektion nur einige Bacillen in Leukocyten eingeschlossen. 
Am nächsten. Tage waren diese Tiere tot. 

Demnach war die intravenöse Seruminjektion von 0,025 ccm ver¬ 
bunden mit der gleichzeitigen und evtl, an den folgenden Tagen wieder¬ 
holten subcutanen Einverleibung von 0,1 ccm Serum ohne jeden Einfluß 
auf den Ausgang der Rotlaufinfektion, sobald die Bacillen in die Blut¬ 
bahn eingebrochen waren. 

Um größere Serummengen anwenden zu können, ohne die Karbol¬ 
wirkung berücksichtigen zu müssen, setzte ich meine Versuche mit 
einem hochwertigen nichtkarbolisierten Serum fort, das mir liebens¬ 
würdigerweise von der staatlichen Serumanstalt Klein-Ziethen über¬ 
lassen wurde. Für die intravenöse Injektion wurde das Serum mit 
4 Teilen 0,85% NaCl-Lösung verdünnt, subcutan dagegen unverdünnt 
injiziert. 


B. HeÄlversuche mit nichtkarbolisiertem Serum. 

Versuch 3: 8 Mäuse, bei der Simultanimpfung vorbehandelt mit 
0,005 ccm (Nr. 14 und 15), 0,008 ccm (Nr. 16), 0,01 ccm (Nr. 17), 0,015 ccm 
(Nr. 18), 0,02 ccm (Nr. 19 und 21) und 0,03 ccm (Nr. 20) Serum. 

Soweit die Versuchstiere bereits viele Bacillen außerhalb von weißen 
Blutkörperchen im mikroskopischen Blutausstrich zeigten (Nr. 14, 17, 
18 und 21), trat der Tod schon 3—6 Stunden nach der kombinierten 
Seruminjektion von 0,1 Serum i. v. und 0,5 subcutan ein. Waren die 
Bacillen nur kulturell (Agarplatte) nachweisbar (Nr. 15 und 16), so 
erfolgte der Tod innerhalb von 24 Stunden p. inj. Ebenso bei Maus Nr. 19 
und 20, in deren Blut mikroskopisch nur einige verdächtige Stäbchen 
innerhalb von Leukocyten vorhanden waren. 

In diesem Fall wurde also durch die angewandten Serumdosen 
höchstens ein Erfolg nach der negativen Seite erzielt insofern, als die 
behandelten Mäuse früher eingingen, als es ihrem Blutbefund nach 
ohne Serurainjektion in der Regel der Fall zu sein scheint. 

Deshalb behielt ich in den folgenden Untersuchungen die Menge und 
Art der intravenösen Seruminjektion bei, wandte aber subcutan nur 
0,5 ccm von der Verdünnung 1+4 NaCl-Lösung = 0,1 ccm Serum an. 

Versuch 4: 6 Mäuse, bei der Simultanimpfung mit 0,005 ccm 
(Nr. 22), 0,008 ccm (Nr. 23), 0,01 ccm (Nr. 24 und 25) und 0,015 ccm 
(Nr. 26 und 27) Serum vorbehandelt. 

Maus Nr. 24 hatte am Tage des Prüfungsabschlusses (9. Tag p. inf.) 
im mikroskopischen Blutbild mehrere Rotlaufbacillen innerhalb von 
2 Leukocyten. Die gleichzeitig angelegte Bouillonkultur war nach 
24 Stunden vollständig klar und blieb es auch während der nächsten 

38* 



534 


W. Schmidt: 


2 Tage, wo ich sie im Brutschrank bei 37 c C stehen ließ. Klinisch zeigte 
das Tier am 9. Tage gesträubtes Haar, beschleunigte Atmung und eine 
beginnende Conjunctivitis auf dem linken Auge, also alle Symptome von 
rotlaufkranken Mäusen. Die Stäbchen in den Leukocyten waren ihrer 
Gestalt und Form nach durchaus charakteristisch für Botlauf. Die 
Maus erhielt am 9. Tage 0,1 ccm Serum intravenös und 0,1 ccm subcutan 
und außerdem während der nächsten 4 Tage nach dieser kombinierten 
Injektion täglich 0,1 ccm subcutan. Am 5. Tage ging sie an Rotlauf ein. 
Von einer Blutuntersuchung wurde während der Zwischenzeit abgesehen, 
um den kranken Organismus durch diese Manipulation nicht noch mehr 
zu schädigen. Während die Maus ihrem Blutbefund vor der kombinierten 
Injektion nach in etwa 48 Stunden nach der Untersuchung der Rotlauf- 
septicämie erlegen wäre, konnte ich durch die intravenösen und sub- 
cutanen Seruminjektionen den Tod um 3 weitere Tage hinausschieben. 
Dasselbe gelang bei Nr. 25 und 26 um einen Tag. Wenn zahlreiche 
Bacillen frei in derBlutbahn lagen, gingen die Mäuse trotz der Injektion 
prompt innerhalb von 24 Stunden ein (Nr. 22, 23, 27). 

Da die angewandten Serummengen von den Mäusen gut vertragen 
w'urden, stellte ich mit denselben Dosen 3 weitere Versuche an. 

Versuch 5: 6 Mäuse, bei der Simultanimpfung mit 0,005 ccm (Nr. 28). 
0,008 ccm (Nr. 29), 0,01 ccm (Nr. 30), 0,015 ccm (Nr. 31) und 0,02 ccm 
(Nr. 32 und 33) Serum vorbehandelt. 

Alle Mäuse hatten mikroskopisch nachweisbare Rotlauferreger frei 
zwischen den Blutkörperchen in ihrer Blutbahn. Die intravenöse und 
subcutane Injektion des Serums ist ohne jeden Einfluß auf die Infektion 
geblieben, sämtliche Tiere sind innerhalb von 24 Stunden tot. 

Versuch 6: 11 Mäuse, bei der Simultanimpfung mit 0,005 ccm (Nr. 35 
und 36), 0,01 ccm (Nr. 39 und 44), 0,015 ccm (Nr. 34 und 42), 0,02 ccm 
(Nr. 37, 40 und 43) und 0,03 ccm (Nr. 41) Serum vorbehandelt. 

Mikroskopisch war im Blutausstrich von Nr. 34, 37 und 41 keine 
Rotlaufbacillen nachzuweisen; die Mäuse Nr. 42 und 43 hatten nur einige 
verdächtige Stäbchen im Blutbild, die für Rotlauf etwas plump erschie¬ 
nen. Die von ihnen angelegten Bouillonkulturen enthielten sämtlich 
Rotlauferreger. Nach meinen früheren Ergebnissen wären diese Mäuse 
innerhalb von etwa 48 Stunden verendet, durch die Serumbehandlung 
konnte ich sie einige Tage länger (bis zum 5. Tag) am Leben erhalten, 
in keinem Falle aber einen vollständigen Heilerfolg erzielen. 

Die anderen Mäuse, bei denen die Bacillen zahlreich außerhalb der 
weißen Blutkörperchen lagen, w r aren auch nach der Seruminjektion wieder 
innerhalb von 24 Stunden tot. 



Beitrag zur Rotlaufimmunität. 


535 


Versuch 7: 6 Mäuse, bei der Simultanimpfung mit 0,01 ccm (Nr. 45 
und 48), 0,015 ccm (Nr. 46), 0,02 ccm (Nr. 47 und 49) und 0,03 ccm 
(Nr. 50) Serum vorbehandelt. 

Diese Versuchstiere enthielten alle im Blut mikroskopisch nur ein¬ 
zelne spärliche Rotlaufbacillen innerhalb von Leukocyten, was auf einen 
erst kürzlich stattgehabten Einbruch der Erreger in die Blutbahn hin¬ 
deutete. Hier war es möglich, allgemein den Tod der Tiere um 2—3 
Tage hinauszuschieben. 

Ergebnisse der Heilversuche. 

Bei weißen Mäusen ist die intravenöse und subcutane Seruminjektion 
ohne Einfluß auf das Fortschreiten der Rotlaufsepticämie, wenn zahl¬ 
reiche Bacillen außerhalb der Leukocyten zwischen den Blutelementen 
liegen. Befinden sie sich dagegen noch innerhalb der weißen Blutkörper¬ 
chen, oder sind sie nur kulturell nachzuweisen, so ist es möglich, die 
Ausbreitung der Infektion um einige Tage aufzuhalten. Ein Heilerfolg 
wird jedenfalls von dem Augenblick an unmöglich, wo die Bacillen in die 
Blutbahn eingedrungen sind. 

Damit kann ich die Ergebnisse von KoUe und seinen Mitarbeitern 9 ) 
vollkommen bestätigen: „Diese Feststellung spricht aber dafür, 
daß die therapeutische Wirkung des Rotlaufserums im wesentlichen 
als Schutzwirkung und nicht als Heilwirkung im eigentlichen Sinne 
aufzufassen ist. Ist der Übertritt der Bacillen in die Blutbahn 
erst einmal erfolgt, so lassen auch die größten Serumdosen voll¬ 
kommen im Stich. Das Erscheinen der Rotlaufbacillen im Blut 
ist also das Analogon zu der Verankerung der Toxine bei der 
Diphtherie- und Tetanusvergiftung, bei denen es nach einem be¬ 
stimmten Zeitpunkt auch mit den größten Serumdosen nicht mehr 
gelingt, die Tiere am Leben zu halten.“ 

IV. Dauer und Grad der Rotlaufimmunität bei simultan geimpften 

weißen Mäusen. 

Im Anschluß an diese Beobachtungen suchte ich noch Dauer 
und Grad der Rotlaufimmunität bei simultan geimpften weißen Mäusen 
festzustellen. 

In Spats 22 ) und Prettners 16 ) Versuchen war bei Mäusen nur dann 
eine Immunität nachzuweisen, wenn bei der Simultanimpfung eine 
möglichst niedrige, jedenfalls aber kleinere Serum- als Kulturdosis 
verwendet wurde. Burgkart 4 ) konnte bei simultan vorbehandelten Mäusen 
nur eine Immunität gegenüber einer 10 mal kleineren Reinfektionsdosis 
nachweisen, während Alten 1 ) bei Mäusen durch Vorbehandlung mit 
thermisch abgetöteten Rotlaufbacillen keine Immunität erzielen konnte. 
Ebensowenig gelang es Bierbaum 3 ) bei Mäusen eine Immunität fest- 



536 


W. Schmidt: 


zustellen, die eine Infektion mit Rotlaufbacillen infolge der gleich¬ 
zeitigen subcutanen bezw. intravenösen Salvarsaninjektion überstanden 
hatten. 

Für meine Versuche zur Prüfung auf etwa vorhandene Immunität, 
die ich an den überlebenden Mäusen meiner früheren Versuche (Nr. 5, 
21, 32, 54, 55, 56 und 66) anstellte, benutzte ich zur Reinfektion 
0,0001 ccm einer 24stündigen Bouillonkultur, eine Dosis, die der dosis 
letalis minima offenbar sehr nahelag, da sie die Kontrollmäuse erst 
nach 11 und 12 Tagen tötete. Die Reinfektionsdosis war absichtlich 
so niedrig gewählt, um eventuell auch geringe Grade von Immunität 
noch feststellen zu können. 

Alle 7 Mäuse hatten während einer verschieden langen Zwischenzeit 
(23—41 Tage) von der Simultanimpfung bis zur Reinfektion niemals 
kulturell oder mikroskopisch nachweisbare Rotlaufbacillen in ihrem 
Schwanzblut und waren während dieser Zeit klinisch dauernd voll¬ 
ständig gesund. 



Simultan impfung 

Reinfektion 

' 


Laufende Nr. 

mit 0,01 ccm 
Kultur und 
? Serum 

mit 0,0001 ccm 
Kultur nach 

Tod nach 

Bemerkungen 

5 

0,02 ccm 

41 Tagen 

13 Tagen 

Rotlauf 

21 

0,005 

34 „ 

14 „ 


32 

0,008 „ 

34 „ 

14 ., ; 


54 

0,02 ,. 

23 „ 

17 „ 


55 

0,02 ., 

| 23 ., 

17 ” 1 


5(5 

0.03 „ 

1 23 ., | 



0(5 

0.03 „ 

23 ., ! 

18 ,. 



Kontrollmaus a 

11 •’ . 



»» 

b 

12 „ | 

• » 


Aus dem Versuch ergibt sich, daß simultan vorbehandelte Mäuse auch 
gegenüber einer der dosis letalis minima naheliegenden Reinfektion eine 
nur geringgradige, immerhin deutlich in Erscheinung tretende Immuni¬ 
tät besitzen. Serummenge bei der Vorbehandlung und Intervall zwischen 
Vorbehandlung und Reinfektion scheinen einen Einfluß auf den Grad 
der Immunität nicht auszuüben, soweit dies aus meinen an Zahl ge¬ 
ringen Versuchen gefolgert werden kann*). 


*) Diese Versuche sind von mir in der staatlichen Serumanstalt Kl.-Ziethen 
fortgeführt und bereits veröffentlicht worden (cf. Schmidt , W., Arch. f. wiss. u. 
prakt. Tierheilk. SO, H. 5). An einer größeren Anzahl von Mäusen wurde festgestellt, 
daß der Grad der Resistenzerhöhung proportional mit dem Fallen der Sennn- 
menge bei der Rotlaufsimultanimpfung steigt und 22—33 Tage nach derselben 
am ausgeprägtesten ist, wenn die Reinfektionsdosis kleiner als die Kulturmengc 
der Simultanimpfung gewählt wird. 











Beitrag zur Rotlaufimmunität. 


537 


Zusammenfassung. 

1. Serumprüfungsmäuse, welche die 8tägige Prüfung überstehen, 
können hinterher noch zu über 50% an Rotlaufsepticämie zugrunde 
gehen. Der nachträgliche Tod erfolgt bei einem hochwertigen Serum 
später als bei einem geringwertigen, im Durchschnitt in der Zeit vom 
14. bis 17. Tag nach der Simultanimpfung. Damit kann ich die Angaben 
jener Autoren bestätigen, die dem Rotlaufbacillus im immunisierten 
Mäuseorganismus eine längere Lebensfähigkeit zusprechen. 

2. Mit dem Kot von klinisch gesunden Mäusen werden nach der 
Simultanimpfung Rotlaufbacillen nicht ausgeschieden. 

3. Der Nachweis von Rotlaufbacillen in der Blutbahn ist gleich¬ 
bedeutend mit dem schnellen Tod der betreffenden Maus. Er er¬ 
folgt innerhalb von etwa 24 Stunden, wenn zahlreiche Bacillen frei 
zwischen den Blutkörperchen liegen, und innerhalb von etwa 48 Stunden, 
wenn sie noch zu mehreren in Leukocyten eingeschlossen oder nur 
kulturell nachweisbar sind. 

4. Werden Mäuse in der Zeit vom 14. bis 17. Tag nach der Simultan¬ 
impfung getötet, ohne bis dahin nachweisbare Rotlaufbacillen in der 
Blutbahn gehabt zu haben, so enthalten sie auch keine in ihren inneren 
Organen. 

5. Nach der intraperitonealen Injektion von 0,01 ccm einer 24stün- 
digen Rotlaufbouillonkultur gehen die Bacillen erst in der 28. bis 29. 
Stunde in das Blut der Mäuse über, d. h. ihre Ausbreitung im Körper 
findet zunächst nur auf dem Wege der Lymphbahn statt. 

6. Beim Einbruch in die Blutbahn werden Rotlaufbacillen in immu¬ 
nisierten und nicht immunisierten Mäusen zunächst von den Phago- 
cyten aufgenommen, die aber bald zerfallen. Wenn zahlreiche Bacillen 
frei in der Blutbahn liegen, findet eine Phagocytose nicht mehr statt. 

7. Bei weißen Mäusen ist die intravenöse und subcutane Heilimpfung 
mit großen Serumdosen ohne Einfluß auf den Ausgang der Rotlauf¬ 
infektion, wenn zahlreiche Bacillen außerhalb der Leukocyten zwischen 
den Blutkörperchen liegen. 

8. Dagegen ist es möglich, den Tod der Mäuse durch die kombi¬ 
nierte Behandlung einige Tage zu verzögern, wenn die Bacillen noch inner¬ 
halb von Leukocyten liegen oder nur kulturell im Blutausstrich nach¬ 
weisbar sind. 

9. Ein Heilerfolg ist von dem Augenblick an ausgeschlossen, wo die 
Bacillen in die Blutbahn eingebrochen sind. 

10. Simultan vorgeimpfte weiße Mäuse besitzen 23—41 Tage nach 
der Vorbehandlung auch gegenüber einer der dosis letalis minima nahe¬ 
liegenden Reinfektion eine nur sehr geringgradige Immunität. 



538 


VV. Schmidt: Beitrag zur Rotlaufim raun i tat. 


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Inaug.-Diss. Hannover 1914. 




Hydrophthalmus bei einem Küken und einer Katze mit 
Linsenzerrung und Luxation des Linsenkemes 
aus der Kapsel. 

Von 

Franz Kipshagen, 

Tierarzt 

(Aus der Universität^-Augenklinik zu Gießen.) 

Mit 6 Textabbildungen. 

(Eingegangen am 28. Dezember 1923.) 

Die Frage des tierischen Glaukoms ist noch nicht völlig geklärt. 
In der Humanmedizin unterscheidet man ein primäres Glaukom, das 
ohne nachweisbare Ursache akut oder langsam entstehen kann, ein 
Sekundärglaukom und da« juvenile Glaukom. Das Sekundärglaukom 
ist die Folge einer primären entzündlichen Erkrankung, die intraokulare 
Drucksteigerung, Sehnervenexkavation und schließlich Erblindung zur 
Folge hat. Das juvenile Glaukom ist vielfach angeboren, oder es stellt 
sich in der ersten Jugendzeit ein. Für die Entstehung der intraokularen 
Drucksteigerung bei Mensch und Tier ist die Kenntnis des Flüssigkeits¬ 
wechsels des Auges von ausschlaggebender Bedeutung. Die augenblick¬ 
lich herrschende Ansicht stützt sich auf die Lehre des bekannten Ophthal¬ 
mologen Leber und seiner Schule. 

Diese Lehre nimmt an, daß der Ciliarkörper des Auges das Sekretionsorgan 
der Augenflüssigkeit sei und daß insbesondere die Epithelien des Ciliarkörpers 
und seiner Fortsätze ständig eine bestimmte, wenn auch außerordentlich geringe 
Menge von Flüssigkeit absondem, die sich in ihrer Zusammensetzung ganz charak¬ 
teristisch unterscheidet von dem Blutplasma und sich der Endolymphe des Ohres 
und der Gehimflüssigkeit nähert, ja vielleicht sogar völlig mit ihr übereinstimmt. 
Neuere Autoren, wie die beiden Franzosen Magitot und Mestrezal , fassen diese drei 
Flüssigkeiten als Nervenschutzflüssigkeiten zusammen (Humeurs neuroprotecteurs) 
und treten unbedingt für deren völlige chemische Übereinstimmung ein. Ebenso 
ergaben kürzlich veröffentlichte Arbeiten von Jess über die Zusammensetzung 
des Kammerwassere und der Glaskörperflüssigkeit eine fast völlige chemische 
Übereinstimmung derselben untereinander und mit der Cerebrospinalflüssigkeit. 
Dem ständigen Zustrom von Augenflüssigkeit aus dem Ciliarkörper entspricht nun 
ein dauernder geringer Abfluß, welcher im Kammerwinkel durch die Fontana sehen 
Räume und durch den Sehlem machen Kanal erfolgt. Dieser Flüssigkeitsstrom im 
Augeninnem muß die Pupille passieren, und es ist deshalb von außerordentlicher 
Bedeutung, daß diese Kommunikation zwischen der vorderen und hinteren Augen¬ 
kammer wenigstens teilweise noch vorhanden ist. Wenn er vollkommen verlegt 



540 F. Kipshagen: Hydrophthalinus bei einem Küken und einer Katze 

wird, so muß die ständige Neuproduktion von Flüssigkeit im hinteren Augen¬ 
abschnitt bei fehlender Abflußmöglichkeit zu einer Vortreibung der ganzen Regen¬ 
bogenhaut führen. Diese legt sich mit ihrer Vorderflache an die Hinterfläche der 
Hornhaut, und zwar zunächst im Bereiche des Kammerwinkels. Hier erfolgt 
schnell eine Verklebung von Iriswurzel und Hornhaut, so daß nunmehr auch, falls 
der Pupillenverschluß wieder aufgehoben werden sollte, die Abflußwege verlegt 
sind. Diese immer und immer wieder in der menschlichen und tierischen Medizin 
gemachten Beobachtungen sowie auch die Tatsache, daß eine operative Frei¬ 
machung der verwachsenen Pupille oder des verklebten Kammerwinkels durch 
eine Iridektomie den erhöhten Druck des Auges zurückbildet, sind die Hauptstützen 
der Leber sehen Lehre. Es soll aber nicht verschwiegen werden, daß eine kleinen* 
Anzahl von Ophthalmologen und Physiologen diesen Flüssigkeitsstrom im Augen¬ 
inneren für nicht genügend erwiesen erklärt, daß insbesondere Hamburger und 
Weise sich auf Grund zahlreicher experimenteller Arbeiten für einen rein cellularen 
Flüssigkeitswechsel ausgesprochen haben, eine Ansicht, der sich auch neuerdings 
namhafte Ophthalmologen (z. B. Römer) nicht verschlossen haben. Jedenfalls 
stellt die Frage des Flüssigkeitswechsels des Auges und damit auch der Pathogenese 
des Glaukoms zur Zeit eines der wichtigsten Probleme der Augenheilkunde dar. 
Und jeder, vor allen Dingen auch jeder vergleichend anatomische Befund auf diesem 
Gebiete ist deshalb von Wichtigkeit. 

Auch in der tierärztlichen Literatur sind zahlreiche Fälle von Augenerkrankun¬ 
gen beschrieben, die dem Glaukom des Menschen sehr ähnlich sind; jedoch ist dies«* 
Krankheit bei unseren Haustieren aus naheliegenden Gründen noch nicht so ein¬ 
gehend studiert und erforscht wie in der humanen Medizin. In der jüngsten Zeit 
ist von Grieder eine sorgfältige „Untersuchung über Glaukom und Hydrophthalmus" 
erschienen, deren Ergebnisse ich hier wiedergebe. Bei der Katze fand Grieder 
„exsudative Iridocyclitis, welche zum vollständigen Verschluß des Kammer¬ 
winkels, zur Verlegung der vorderen Abflußwege der Augenlyraphe und zur Steige¬ 
rung des intraokularen Druckes führte. Als besondere Erscheinung ist das Auf¬ 
treten von Pigmentverschiebungen in derart erkrankten Katzenaugen hervorzu- 
heben. Die Drucksteigerung bedingte Sehnervenausbuchtung mit Atrophie¬ 
vorgängen in der Retina und des Opticus sowie Bulbusvergrößerung. Die unter 
suchten Hundeaugen zeigten parenchymatöse Keratitis und Iridocyclitis als 
primäre Krankheiten. Dadurch entstanden totale hintere Synechien und Pupillar- 
verschluß. Die auf diesem Wege verursachte Drucksteigerung in der hinteren 
Kammer drängte Iris und Linse vor. Es kam zur peripheren vorderen Synechie, 
zu Linsendegeneration und infolgedessen zum Verschluß des Fontana sehen Raumes. 
Dabei machte sich starke, allseitige Vergrößerung des Auges geltend, wobei Ex¬ 
kavation der chronisch-entzündlich veränderten Papilla optica stets fehlte. Totale 
Ablösung der bindegewebig entarteten Netzhaut waren nicht selten. Bei dem 
uns vom Rinde zur Verfügung gestandenen Untersuchungsmaterial haben wiederum 
entzündliche Veränderungen der vorderen Abschnitte der mittleren Augenhaut den 
Verschluß der Spatia anguli iridis bedingt. Die meisten Fälle w’aren mit Luxationen 
der Linse als besonderer Komplikation verbunden. Dem enorm erhöhten inneren 
Augendruck gab hauptsächlich die Cornea nach, wodurch Keratokonusbildung oft 
zu gewaltigem Langbau des Auges führte, ohne daß dabei eine Ausbuchtung am 
Solmervenkopfe zustande kam. Die veränderte Netzhaut war auch hier in einigen 
Füllen von der Papille bis zur Ora serrata abgehoben. Entzündliche Prozesse in 
der Iris und im Ciliarkörper waren beim Pferde mit Luxation und Quellung der 
Linse verbunden. Auch diese Augen nehmen infolge der intraokularen Druck - 
Steigerung an Größe gewaltig, aber allseitig zu. Sie werden zu enormen kugeligen 
Glotzaugen. In dem einzigen zur anatomischen Prüfung gelangten Falle war an 



mit Linsenzerrung und Luxation des Linsenkernes aus der Kapsel. 541 

der Papilla optica keine Exkavation vorhanden. Hingegen zeigte sie wie die Retina 
und der Opticus bindegewebige Entartung und Gliose. Die Sehnervenausbuchtung, 
die beim glaukomatös erkrankten Menschenauge regelmäßig auftritt, haben wir 
somit nur bei der Katze gefunden. Beim Hund, Rind und Pferd ist folglich die 
Lamina cribrosa Wohl so widerstandsfähig, daß die intraokulare Drucksteigerung 
keine Excavatio glaucomatosa herbeizuführen vermag. Hingegen trat bei allen 
zur Untersuchung gekommenen Haustieren Hydrophthalmus mit starker Bulbus¬ 
vergrößerung auf. Diese meist einseitig konstatierten Augenerkrankungen müssen 
als Sekundärglaukome aufgefaßt werden. Für das Vorkommen des Primärglaukoms 
bei unseren Haustieren haben wir keine Anhaltspunkte erhalten. Der Hydrophthal- 
mus, den wir beobachteten, kann mit demjenigen des Glaucoma juvenile des Men¬ 
schen ätiologisch nicht identisch erklärt werden. In keinem Falle sind angeborene 
ursächliche Momente konstatiert worden. Immer lag ein primäres Augenleiden, 
meist in Form von Entzündung der vorderen Abschnitte der mittleren Augenhaut 
der einseitigen Bulbusvergrößerung zugrunde.“ In dieser Schrift von örieder wie 
in früheren Publikationen über Hydrophthalmus bleiben die Abweichungen im 
Linsensystem fast unberücksichtigt; speziell den Veränderungen der Linsen form 
wird kaum Beachtung geschenkt. In der gesamten Literatur der tierischen und 
menschlichen Medizin finden sich nur sehr wenige Angaben über das Verhalten 
des Linsensystems bei Hydrophthalmus. Das Gewöhnlichste ist, daß es zu Sub¬ 
luxation oder Luxation der Linse mitsamt der Kapsel kommt, wenn die Zonula- 
fasem infolge des wachsenden Zuges der sich ausdehnenden Bulbushüllen stellen¬ 
weise oder überall zerreißen. Coronat und Aurand fanden in einem Falle von ab¬ 
norm großem Buphthalmus beim Menschen (42 : 30 mm) die Linse sehr dünn, 
nur 3 mm dick. Während, wie gesagt, Lage Veränderungen der Linse wie Sub¬ 
luxationen und Luxationen mehrfach konstatiert wurden, sind Zerreißung der 
lainsenkapsel mit Luxation der Kernes bisher nur selten, und zwar lediglich infolge 
Trauma oder Leukocyteneinwirkung, niemals bei Hydrophthalmus durch erhöhte 
Zugwirkung des Aufhängebandes festgestellt worden. Wagenmann schreibt bei 
Luxation der Linse in den Glaskörper nach Contusio bulbi: „Die Luxation der 
Linse erfolgt in der Regel in der Kapsel, doch kann auch bei großen Kapselrissen 
und härteren Linsen der Linsenkörper ohne Kapsel verschoben werden und dann 
dieselben Erscheinungen wie bei Luxation in der Kapsel hervorrufen. Doch sind 
derartige Fälle dadurch kompliziert, daß der nackte Linsenkörper schnell aufquillt, 
mit der Umgebung verkleben kann und daß die kataraktösen Massen einen chemi¬ 
schen Entzündungsreiz abgeben.“ „Qinsberg (1896) untersuchte ein Auge, bei dem 
11 Jahre zuvor durch Steinwurf Luxation der Linse aus der Kapsel in den Glas¬ 
körper erfolgte. An dem staphylomatös gewordenen Auge fand sich nur noch die 
zerrissene Kapsel im Pupillargebiet, teils mit der Iris, teils mit der Descemet ver¬ 
wachsen, während von der Linsensubstanz nichts mehr gefunden wurde.“ Die 
Linse schien in diesem Falle offenbar restlos resorbiert zu sein, jedoch betont 
Wagenmann , daß die Verhältnisse hier vielleicht nicht ganz einwandfrei seien, da 
anscheinend doch mit einer Ruptur der Augenhüllen und demgemäß mit einem 
Austritt des Linsenkörpers aus dem Auge gerechnet werden müsse. Habben stellte 
bei einem 42jährigen-Patienten nach einer Uveitis (Iridochorioiditis + Chorioreti¬ 
nitis) während einer erneut auf tretenden Iritis spontane Luxation der Linse in den 
Glaskörper fest und fand später die Linse aus der Kapsel luxiert. Hier liegt die Mög¬ 
lichkeit nahe, daß die Linse infolge der schweren Erkrankung der Uvea durch 
Leukocyten usuriert und dadurch die Luxation aus der Kapsel im Verein mit 
Schrumpfung der Zonulafasern ermöglicht wurde. Spontanperforation der Linsen¬ 
kapsel durch Leukocyten Wirkung hält auch Wagenmann auf Grund eigener Beobach¬ 
tung für durchaus möglich. 




542 15 & v *. einem Küken uml »rin«»- Kaive 


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i i#r ;/Ui&vM miT^‘1* ei ijfet !*U pe 
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mit Linsenzerrung und Luxation des Linsenkernes aus der Kapsel. 543 


Ciliarkörper sehr durchscheinend, scheinbar rarefiziert ist und daß die Iris die Vor¬ 
derkammer vollständig auskleidet. Sie ist fast überall mit der Hinterfl&che der 
Hornhaut fest verbunden; nur das Zentrum läßt sie frei, um hier, napfkuchenartig 
eingestülpt, sich mit dem Pupillarrande auf der vorderen Linsenkapsel festzusetzen. 
Die Linse zeigt, von hinten betrachtet, einige konzentrische Trübungen, die Kem- 
partie ist stärker getrübt als die peripheren Teile. Nachdem von der Linse ein 
Segment des Äquatorrandes abgeschnitten ist, sieht man, daß die äußeren Schichten 
der Linsensubstanz vakuolisiert sind und daß nur der Kern eine solide Masse dar- 
stellt. Die ganze Linse nähert sich der Seheibchenform. Sie ist offenbar durch den 
allseitigen Zug der Zonula vorn und hinten abgeplattet und unterscheidet sich da¬ 
durch charakteristisch von der fast runden und überall soliden Linse eines etwa 
gleichaltrigen, normalen Kükenauges, dessen Umrisse zum Vergleich in Abb. 2 
mit punktierter Linie eingezeichnet wurden. Der Glaskörper ist vollkommen klar, 
der Sehnerveneintritt läßt keine Verwachsung 

krankhafte Aushöhlung erken¬ 
nen. Das Pekten ist gut ent¬ 
wickelt. 

Histologischer Befund (siehe Coniru 
Abb. 2, übersichtsbild). Der 
Bulbus ist in seinem äquatori- 
alen Durchmesser nur wenig, 
in seinem sagittalen dagegen 
hochgradig ektatisch. Die 
Lederhaut und Hornhaut sind 
erheblich dünner als normal, yet 2 - 
insbesondere ist die Hornhaut hant 
nur etwa halb so dick wie die 
eines gesunden Kükenauges. 

Die Netzhaut ist im mikrosko- Aderhaut / ' >. 

pischen Schnitt infolge der 2 . Congenitaler Hydrophth&lmus eines Kükens 

nartungsmittel überall abge- (j.Tag). .Umriß eines normalen Kükenauges 

hoben. Der Ciliarkörper ist (8. Tag) mit normaler Linse. 

hochgradig verdünnt und die 

normalen Ciliarfortsätze sehr stark gedehnt. Auch die Regenbogenhaut zeigt eine 
erhebliche Verdünnung. Sie liegt in der unteren Hälfte mit ihrer Vorderfläche auf 
eine kleinere Strecke, oben dagegen fast bis zur Mitte, der Hinterflächc der Cornea 
an. Dabei ist das Pigmentblatt der Regenbogenhaut überall verhältnismäßig stark 
entwickelt, während die übrigen Schichten auffallend zart sind. Die Iris schlägt 
sich von der Homhauthinterflache derart auf die vordere Linsenkapsel um, daß 
ihre Vorderseite der Linsenkapsel aufliegt und mit dieser von der Mitte der Linse 
bis weit nach dem Äquator zu festgewachsen ist. 

Im Pupillargebiet berührt sich die von beiden Seiten umgeschlagene Regen¬ 
bogenhaut mit der Vorderfläche. Es besteht hier eine völlige Verwachsung , und zwar 
zeigt das Gew r ebe hier genau dieselbe Bindegewebsstruktur wie die vorderen Iris¬ 
schichten an anderen Stellen. In der unteren Hälfte ist die Gefäßentwicklung der 
Regenbogenhaut etwas stärker als an der oberen. Irgendwelche frische Ent¬ 
zündungserscheinungen, Anhäufung von Rundzellen, Schwartenbildung u. dgl. 
ist nicht festzustellen. Die abgeplattete Linse läßt überall die intakte Linsenkapsel 
erkennen, soweit nicht beim Schneiden Zerreißungen des Präparats aufgetreten 
sind, welche bei der Linse nicht immer vermieden werden können. An der Stelle, 
wo die umgeschlagene Regenbogenhaut im Pupillargebiet sich auf der Linsen¬ 
kapsel festsetzt, erscheint letztere etwas gefaltet; im übrigen ist sie vollkommen 







344 F. Kipshagen: liydrophthaliuus hei einem Küken und einer Katze 

glatt und scharfrandig. Das Linsenepithel ist am vorderen Pol stark gewuchert; es 
liegt hier in mehreren Lagen übereinander und zeigt große Unregelmäßigkeit in der 
Anordnung. Nach dem Äquator zu nimmt die Wucherung der Epithelzellen gleich¬ 
mäßig ab, doch sind diese nirgends so gleich geformt, wie es an normalen Linsender 
Fall zu sein pflegt. Sie erscheinen vielmehr alle deformiert und in die Länge gezogen. 
Je mehr man sich dem Äquator nähert, desto unregelmäßiger und länger werden 
die Zellen, jedoch wachsen sie sich nie zu normalen Linsenfasem aus. Im Gegenteil 
besteht oben und unten am Äquator ein länglicher Hohlraum, der hier die Linsen¬ 
epithelzellen von den zentralen, relativ normal angeordneten Linsenfaseru trennt. 
An der Hinterfläche der Linse sieht man da, wo die Linsenfasem an diese 
großen Vakuolen anstoßen, zahlreiche, nach Art der Bläschenzellen bei Katarakt, 
umgewandelte Fasern. Die zentralen Linsenfasem zeigen gute Ausbildung. Sie 
liegen geschlossen nebeneinander, weisen noch vielfach Kerne auf und zeigen 
keine Vakuolen oder Dehiscenzen. Das Epithel der etwa auf die Hälfte ver¬ 
dünnten Hornhaut zeigt in der unteren Hälfte des Auges Entartung ihrer ober¬ 
flächlichen Schichten. Diese lassen große Lücken erkennen, während die Basal¬ 
schichten noch einigermaßen erhalten sind. Die Netzhaut ist anscheinend nicht 
krankhaft verändert, auch der einschichtige Ciliarteil der Netzhaut ist gut ent¬ 
wickelt. 

Wir haben es demnach mit einer krankhaften Ausdehnung und Ver¬ 
dünnung der Sclera und Hornhaut zu tun. Ferner mit einer gleichen 
Verdünnung des Ciliarkörpers und der Regenbogenhaut, mit Verwach¬ 
sung der Vorderfläche der Regenbogenhaut an die Hinterfläche der 
Hornhaut, mit Verwachsung der Regenbogenhaut im Pupillargebiet 
mit der vorderen Linsenfläche. Ferner mit einer, offenbar durch den 
Zug der Zonulafasern zu erklärenden, krankhaften Abplattung und Aus¬ 
einanderziehung der Linse , die zu einer Trennung des Linsenepithels 
von den bereits ausgebildeten Linsenfasern im Äquatorialgebiet geführt 
hat. Die hochgradige Ausdehnung des vorderen Bulbusabschnittes, 
die natürlich auf die Verlegung der Abflußwege der intraokularen 
Flüssigkeit durch die Napfkucheniris zurückzuführen ist, hat demnach 
nicht nur eine Ausdehnung der Zonulafasern, sondern auch eine all- 
seitige Auseinanderziehung der weichen Linse hervorgerufen. Wenn 
bisher die Zonulafasern sowohl wie die Linsenkapsel dem dauernden 
Zug, den der sich vergrößernde Bulbus auf sie ausübt, widerstanden 
haben, so wäre mit der Zeit doch wohl damit zu rechnen gewesen, daß 
entweder die Zonulafasern selbst oder aber die gedehnte Linsenkapsel 
zum Zerreißen gebracht sein würden. Es hätte dann im ersteren Falle 
eine Luxation der ganzen Linse in ihrer Kapsel, im zweiten Falle eine 
Luxation der kompakten zentralen Partien aus der zerrissenen Kapsel 
die Folge sein müssen. 

Fall 2. Rechtsseitiger Hydrophthulmus und linksseitiger komplizierter Katarakt 
(Irido-Cifclo-ChorioidiUts) bei einer Katze . Die Besitzerin gibt über das Leben dt* 
Tieres folgendes an: Die Katze ist ungefähr 17 Jahre alt. Krank ist sie während 
ihres ganzen Lebens nicht gewesen, wohl aber zeigte sie stets eine hohe Empfind 
lichkeit gegen Unregelmäßigkeiten in der Ernährung. Die häufigen Geburten gingen 
immer ohne krankhafte Störungen vonstatten; die Jungen waren aber meist sehr 



mit Linsenzerrung und Luxation dos Linsenkernes aus der Kapsel. 545 

schwach und gingen in vielen Fällen bald nach der Geburt ein. Im Oktober 1920 
zeigte die Katze eines Tages plötzlich Symptome einer schweren Erkrankung, 
deren Ätiologie unklar blieb. Die Krankheit begann mit häufigem Niesen, das auch 
anfallsweise auftrat und oft minutenlang dauerte. Das Tier verweigerte jede Nah¬ 
rung, hatte Fieber, schwankte beim Gehen und magerte in kurzer Zeit rapid ab. 
Neben diesen allgemeinen Krankheitssymptomen wurden an den Augen schwere 
Veränderungen festgestellt. Am zweiten Krankheitstage wurde in der Pupille des 
rechten Auges ein kleiner trübweißer Fleck beobachtet, der sich innerhalb weniger 
Tage derart vergrößerte, daß das ganze Auge milchweiß getrübt war. Gleichzeitig 
erfolgte eine erhebliche Ausdehnung des ganzen Auges, so daß der Bulbus weit aus 
der Augenhöhle hervorragte. Einige Tage später folgten ähnliche Veränderungen 
am linken Auge, jedoch schritt die Trübung langsamer voran, und eine krankhafte 
Ausdehnung blieb ganz aus. Das Niesen wurde nur an den ersten Krankheitstagen 
beobachtet. Der Geamtzustand des Tieres besserte sich nach einigen Wochen all¬ 
mählich wieder etwas, die Katze blieb aber vom Beginn der Krankheit bis zum 
Tode (1V 2 Jahre) trotz bester Pflege so hinfällig, daß man sie jeden Morgen tot auf¬ 
zufinden glaubte. Die Richtigkeit dieser Aussagen kann ich durch eigene Be¬ 
obachtungen im wesentlichen bestätigen. Als mir die Katze von der Besitzerin 
zwecks Tötung und weiterer Untersuchung zugesagt wurde, habe ich das Tier 14 Tage 
lang beobachtet und nachstehendes feststellen können: Es handelt sich um eine 
mittelgroße Hauskatze. Der Ernährungszustand ist schlecht, das Temperament 
herabgesetzt. Sie liegt fast immer und zeigt große Unlust zu Bewegungen. Der Gang 
ist müde, schwankend und vorsichtig. Das Haarkleid weich und anliegend. Der 
Puls, an der Art. femoralis gefühlt, ist unregelmäßig und ungleichmäßig die Puls¬ 
schläge lassen sich nicht genau zählen, es sind durchschnittlich 160—180 pro Minute. 
Die Zahl der Atemzüge beträgt 16—20 während der Ruhe, 36—40 nach geringer Be¬ 
wegung. Nasenausfluß und Husten bestehen nicht. Die Stimme ist erheblich tiefer 
als gewöhnlich. Es besteht vermehrte Speichelsekretion, und die Zunge wird dauernd 
vorgestreckt. Die Zähne sind cariös und teils ausgefallen. Als Nahrung nimmt 
das Tier nur Milch und Fleisch in sehr geringen Mengen auf. Der Hinterleib ist 
gewölbt, wie aufgetrieben; der Darm mit mäßig festem Inhalt gut gefüllt. Die 
Faeces haben normale Form und Konsistenz, ihr Geruch ist widerlich. Als patho¬ 
logische Beimengungen werden Ascaris mystax sowie Nematodeneier wiederholt 
festgestellt. Die Nieren sind beiderseits gut palpabel und offenbar vergrößert. 
Eine Harnuntersuchung kann intra vitam nicht vorgenommen werden. Bei der 
Sektion ist die Untersuchung des sehr geringen Blaseninhalts auf Eiweiß negativ, 
die Nylanderprobe dagegen stark positiv . Leider ermöglicht die geringe Menge der 
aus der Harnblase zu punktierenden Flüssigkeit keine genaue Analyse der vor¬ 
handenen reduzierenden Substanzen. Die Gelenke erweisen sich bei passiver Be¬ 
wegung und auf Druck als schmerzhaft. In der Kreuzgegend und über der Schwanz¬ 
wurzel kann man anhaltende fibrilläre Muskelzuckungen beobachten, und schon 
geringer Druck auf diese Stellen löst starke Schmerzen aus. Die Gehörorgane sind 
anscheinend intakt. An den Augen besteht beiderseitige völlige Erblindung, 
grauweiße Trübung und fast völlige Undurchsichtbarkeit der Hornhäute, der 
rechte Bulbus ist weit aus der Orbita hervorgetreten und steinhart, Pupillarreflex 
beiderseits erloschen. 

Nach der Tötung der Katze mittels Chloroform wird eine Sektion vorgenom¬ 
men, deren Befund kurz folgender ist: Normale Lagerung der Eingeweide und 
Organe, Brust- und Bauchhöhle ohne flüssiges Exsudat; Peritoneum und Pleura 
spiegelnd und ohne Veränderungen. Leber vergrößert und in der Nachbarschaft 
der Gallenblase gallig verfärbt; Pankreas mit sehmirzen Flecken und Knötchen 
durchsetzt . Nieren ebenfalls vergrößert und in den Randpartien gelb verfärbt. Blase 




Ftrliif>kV der uk( ;n. Dir 

uhrornat iwbeSubsterr/. .der. Kerrie hat flicht 
ttiebir gefärbt , u iid;der Prixt^feni^l^b yi?r Epi 
t heben ist, feinkörnig. rind Inib. Einv m. 

(■ii’cmxe Bezirk? ist rächt irezownr -- 

Ort tpf fuf imi' 

- ... i’/* • . ’ . ; f>N»i*a / •■•',?r}s.' 1 


AMt.X Baphtfißlmiii. hol iler Kn^cv 
;nttr. «fr;>üf*i. 




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ChjutlnU' 

MriftUliOur 


)}UiUfwiuU: 


ttUrkatft 


Stele?* 


Stark rxjpdvitrtr 
Vüifith 


yef&JmU 


-Hydcrti!.UtImIixraa tfK Kntyv’ 



mit Lioscir^eniHis' mut des-luHsenkernBa aus der K>{>sel i.,-| 


Lflnterflüd*? der Horn Im nt fast angepreßl 


str «bvßdk* V^jiderkrtinm^r vcVilkominen 
aitfgfchobprr iftt< Der Bulbus hi & erheblich rergrdBeri.; bängr 2i\ mm, Breite 
n>Tti 4 "Höhe 2mm. ' iiv'dfr • ^:xfer..jL^n«c. ANgApMwitdukr-- 

f4tigf«e!irnirt, mitepr^beric! dem iMiitidramie { 0 . Abb. -ük 
J jie Vorderen Pnrtivn ^ind stark IM*. Aqge vi ird io yqjroz F^rnm! 

aweitögigee Fijcwtiiftg_ -i^iäLlSp ' 4^ tfe 

obere YJertVi de* Aeges abgc^efmitt^n, Es fUeßt snlort • 

OUskorper ab* Es zeigt sieh (s- Ahb. 4), daß die Jtfs volikorn * 

»neu die stark ekt4tiaehe Hornhaut, mi :*&(. [lintörflaeiie nu*- 
kleidet ; dabei ist di* obere Hilfte der Ib%*nhogen^ut in dta 
vprderi? »md hmtet* Biati geäjiaken. 1 ; v ;. ^ 

dbn weht n*ch jdlbtr.Sfttfeti eine %ia* 

fH^hjr widmt&n&sf&Mg*'. • tii« den Ätigstpfel iin 

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Hne grobe Anzahl .eigenarfig .gEmetuier, 
pfettiÄniiirtigier fvjystaJle. Die Liiiaft aeibst. 
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fortsats^ ab» ihrt&r i^&ge ^ittbsEtienv M m mtht danach^ daß aucli üt der vcirdeni?4 
Kammer eimv große Zaiü von kryät*tkn umherecbwimmi. tÜe lebhaft glitzern und 
idcblb^agun^gmcibeitid^ Unter^ fimu Mikroskop siind «ie ab ^weifeJJo«t‘ 

Ctu^eötei^nlayätaJip zu erkieiinen. & sind gfdße und klrim\ iVditeekige und rbom - 
hkohe Tafeln, dJedie t^piVcben auftgebroehencrfi ICekwi^rbenV^Ti.lassen .-.-fter Linseti- 
kem wir<l durch einon Mcridio^lsetmitT. halbifcti^ und die Isirn»pnissT«b'Xatriinnr 
A n 1 »nir.i! i iakpttdie ergibt in» Zent nun eine. inteioÄVf i^ttkrhnp^ nährend du* an Jir-reu 
Partfen etwasfohwiv-lu'i revgi*’irn. Ausderij A>^i‘\Ü die-ei ib uktion ?Arihi -.ieLv.mxeh 

Arsi». f. 



548 F. Kipshagen: Hydrophthalmus bei einem Kücken und einer Katze 

früheren Arbeiten von Reiss und Jess, daß die peripheren Linsenpartien zweifellos 
kataraktöe verändert sind, da nur solche Linsensubstanz mit den genannten Reagen¬ 
zien eine Rotfärbung erkennen läßt, welche aus den normalen Eiweißkörpem der Linse 
zusammengesetzt ist, insbesondere das sogenannte /?-Krystallin, das reich an Cystein 
ist, noch enthält. Es handelt sich demnach hier beim linken Auge um das gewöhn¬ 
liche Bild einer chronischen Iridocyclitis mit Cataracta complicata. Das Auge 
bietet auch im mikroskopischen »Schnitt keine Besonderheiten, die von dem her¬ 
kömmlichen Bilde derartiger intraokularer Entzündungen irgendwie abweichen. 

Die mikroskopische Untersuchung des in Serienschnitte zerlegten Buphthalmus 
ergibt folgendes Bild (s. Abb. 6). Sclera und Hornhaut sind außerordentlich ver¬ 
dünnt. Die vorderen Teile der Sclera, etwa vom Äquator des Auges an und ebenso 
die Hornhaut sind stark ektatisch. Ihre Dicke ist etwa auf die Hälfte der Norm 
reduziert. Das Epithel der Hornhaut ist auffallend gut erhalten, das Hornhaut- 
Btroma zeigt starke Vascularisation und zwischen den einzelnen Schichten zahl¬ 
reiche Anhäufung von Rundzellen. Die Deszemet ist gut erhalten. Hier und da 
zeigen sich zwar Dehiscenzen dieser Membran, doch ist nicht mit Sicherheit zu ent¬ 
scheiden, ob es sich hier um intr&vitale Zerreißungen infolge der hochgradigen Aus¬ 
dehnung handelt oder um postmortale, bei der Einbettung entstandene Ver¬ 
änderungen. Das Corpus ciliare ist etwas abgeflacht und nach vorn verlagert. 
Die Iris ist zu einer dünnen vorderen und hinteren Lamelle auseinandergezogen, 
die vordere Lamelle liegt fest der Deszemetschen Membran an, so daß allseitig 
der Kammerwinkel vollkommen verwachsen ist. Von den einzelnen Ciliarfort¬ 
sätzen sieht man hier und da lang ausgezogene Zonulafasem abgehen, die sich an 
Reste der Linsenkapeel ansetzen, welche makroskopisch als glashäutige durch¬ 
scheinende Membran bereits erkannt wurde. 

An der Linsenkapsel ist stellenweise das Linsenepithel noch vorhanden, ja 
an einigen Schnitten sieht man sogar noch vereinzelte Fasern der Rindeosubstanz 
der Linse. An einer Stelle rollt sich das Ende der Kapsel spiralig auf. An vielen 
Stellen findet man verstreutes Pigment, ferner Anhäufung von Rundzellen, welche 
besonders die Innenfläche der Regenbogenhaut besetzt haben. Auch vom, dicht 
an der Hornhaut, wo diese im Pupillargebiet noch frei ist von angewachsenem Lria- 
gewebe, sieht man Reste der Linsenkapsel und der Linsencorticalis. Die Aderhaut 
ist stark pigmentiert, stellenweise atrophisch. Die Netzhaut ist vollkommen 
atrophisch geworden, und von der normalen Schichtung ist nirgends mehr etwas 
zu erkennen. Auch das Pigmentepithel erscheint da, wo es in einem Flachsohnitt 
zu erkennen ist, hochgradig rarefiziert. Der Sehnerv ist starkauigehöhlt, die 8eh- 
nervenfasem sind im Bereich der Exkavätion und über diese hinaus größtenteils 
atrophisch. 

Es handelt sich hier also um eine doppelseitige schleichend© Indo- 
cyclitis unbekannter Ätiologie, die bei einer sehr alten Katze offenbar 
in Gesellschaft mit einem diabetischen Leiden bei Pankreasnekrose auf¬ 
getreten ist. Die entzündlichen Verwachsungen zwischen Regenbogen¬ 
haut und Hornhaut haben zu einer völligen Verlegung der Abflußwege 
der intraokularen Flüssigkeit geführt ; diese wiederum hatte die abnorme 
Ausdehnung des vorderen Bulbusabschnittes zur Folge, wodurch das 
klinische Bild des Hydrophthalmus entstand. Von besonderem Interesse 
ist bei diesem Auge: 1. die Auseinanderziehung der Regenbogenhaut 
in das vordere und hintere Blatt, 2. die Luxation des Linsenfcem^ aus 
der geborstenen Linsenkapsel, welche als ein durchsichtiges Diaphragma 
den Glaskörpomiuin von der hinteren Kammer trennte. Wir haben es 



mit Linsenzerrung und Luxation des Linaenkernes aus der Kapsel. 549 
• 

also hier mit einer Linsenkernluxation zu tun, wie sie im menschlichen 
und tierischen Auge bei Hydrophthalmus noch nicht beschrieben wurde. 

Die hier beschriebenen Veränderungen des Linsensystems des 
hydrophthalmischen Küken- und Katzenauges beanspruchen ganz 
besonderes Interesse. Zunächst deshalb, weil eine so auffallende Linsen- 
zerrung der wachsenden Linse durch den Zonulazug bisher noch nicht 
beobachtet wurde. Die pathologischen Veränderungen des Kapsel¬ 
epithels, von denen jede einzelne in die Länge gezogen ist, und welches 
in seiner Gesamtheit am Äquator der Linse von den eigentlichen. Linsen- 
fasem abgezogen wurde, sind bisher weder an menschlichen noch an 
tierischen Linsen in gleicher Weise beschrieben worden. Eine derartige 
Auseinanderzerrung der Linse ist natürlich nur in ganz jungen Augen, 
wenn die Linse noch so weich ist wie bei unserem eintägigen Küken, 
möglich. In älteren Augen, wie in denen der Katze, kann eine solche 
Linsendeformation wegen der großen Härte des Organs nicht mehr 
erfolgen. Hier reißt infolgedessen sehr bald die Zonula ein, und es stellt 
einen Ausnahmefall dar, wenn, wie hier, nicht die zarten Zonulafibrillen, 
sondern die bedeutend widerstandsfähigere Linsenkapsel rupturiert. 
Es ist wohl damit zu rechnen, daß es bei der chronischen Iridocyclitis 
zu einer Schädigung der Linsenkapsel und damit Aufhebung ihrer Wider¬ 
standsfähigkeit gekommen ist, hält doch, wie oben bereits ausgeführt 
wurde, Wagenmann eine derartige Usurierung der Linsenkapsel durch 
Leukocyten nicht für ausgeschlossen. Wir wollen deshalb nicht ent¬ 
scheiden, ob der übermäßige Zug der Zonulafasem bei der enormen 
Vergrößerung des Augapfels allein die Kernluxation verursachte oder 
ob die alB möglich angeführte Linsenkapselsohädigung die Ursache war. 
Wahrscheinlich wirkten beide Momente zusammen. In dem Buphthal- 
mus der Katze fanden wir in Übereinstimmung mit Glieder eine hoch¬ 
gradige Aushöhlung des Sehnerven, wie sie beim Menschen bei Buph- 
thalmus so gut wie immer gefunden wird. Daß diese Aushöhlung beim 
Küken noch fehlte, ist bei der außerordentlichen Zartheit der Augen¬ 
hüllen nicht zu verwundern. — Glieder hat bereits auf die großen Ver¬ 
schiedenheiten hingewiesen, die im Verhalten des Sehnerven bei Er¬ 
höhung des intraokularen Druckes verschiedener Tieraugen zutage 
treten. Ich kann die Befunde Gliedere für Rinder- und Pferdeaugen 
bestätigen. Bei zahlreichen daraufhin untersuchten Augäpfeln, die an 
Iridocyclitis und Sekundärglaukom litten, fand ich wohl eine zum 
Teil hochgradige Vergrößerung des ganzen Augapfels, aber nur ganz 
selten eine seichte Aushöhlung des Sehnerven. Manche Tieraugen ver¬ 
halten sich demnach in bezug auf die Widerstandsfähigkeit ihrer Hüllen 
ganz anders wie das menschliche Auge. Während beim ausgewachsenen 
menschlichen Auge Hornhaut und Sclera eine so große Rigidität be¬ 
sitzen, daß es hier niemals zur Ausbildung eines Buphthalmus, sondern 

39* 



550 F- Kipshagen: Hydrophthalmus bei einem Kücken und einer Katze usw. 

stets nur zu einer hochgradigen Aushöhlung des Sehnerven kommt, 
treten im ausgewachsenen Pferde- und Rinderauge Exkavationen des 
Sehnerven trotz hochgradiger Druckerhöhung mehr in den Hintergrund, 
während starke Ausdehnung der Hornhaut und Sclera mit enormer Ver¬ 
dünnung dieser Häute beobachtet wird. Offenbar ist also bei diesen 
Tieren die Widerstandsfähigkeit der Lamina cribrosa, der Siebplatte 
des Sehnerveneintrittes, größer als die der Hornhaut und Sclera. 
während beim Menschen umgekehrte Verhältnisse vorliegen. Weitere 
Beobachtungen in dieser Richtung dürften für die tierische wie mensch¬ 
liche Ophthalmologie von gleichem Interesse und gleicher Bedeutung sein. 

Es bleibt mir noch die angenehme Pflicht, meinem hochverehrten 
Lehrer Herrn Prof. Dr. A. Jeas für seine vielseitige Unterstützung bei 
der Anfertigung dieser Arbeit meinen herzlichen Dank auszusprechen. 


Literaturverzeichnis. 

Ask, Studien über die pathologische Anatomie der erworbenen Linsenluxation. 
Bergmann, Wiesbaden 1913. — Augstein und Qinsberg , Über die Resorption der 
Linse und der Linsenkapsel bei Luxation in den Glaskörper. ZentralbL f. prakt. 
Augenheilk. 30, 356. 1896. — Coronet und Aurand, Un cas rare de Buphthalmie 
galante. Clin. opht. 18, 498; Ref. Jahresber. f. Augenheilk. 1912, S. 795. — Orieder, 
Untersuchungen über Glaukom und Hydrophthalmus. Schweiz. Arch. f. Tierheilk 
26, H. 7. — Habben , Ein Beitrag zur Kenntnis der pathologischen Anatomie der 
Linsenluxation. Inaug.-Diss. Jena 1897. — Hamburger , Die Ernährung des Auges. 
Georg Thieme, Leipzig 1914. — Jess, Zur Chemie des normalen und des pathologisch 
veränderten Glaskörpers. Ber. d. Heidelberger ophth. Ges. 1922. — Jess, Zur 
Chemie der normalen und der pathologisch veränderten Linse des Auges. Zeitschr. 
f. Biol. 1913. — Magilol und Mestrezat , L’humeur aqueuse normale. Cpt. rend. des 
s4ances de la soc. de biol. 84, 158. 1921. — Magitot und Mestrezat , Qualite et quan- 
iit£ de l’humeur aqueuse normale. Ann. d’oeulist 158, 1. 1921. — Leber, Die 
Zirkulation»- und Emährungsverhältnisse des Auges. Graefe-Saemisch, Handb. d. 
Augenheilk. 2, 2. — Heiss, Über die Cysteinreaktion der normalen und der patho¬ 
logisch veränderten Linse. Arch. f. Augenheilk. 80, 588. — Römer , Lehrbuch der 
Augenheilkunde. 3. Aufl. Urban & Schwarzenberg, Berlin u. Wien 1919. — Thuw. 
Hydrophthalmus congenitus unilateralis bei einem Küken. Tierärztl. Rundschau 
22, 337. 1916. — Wagenmann, Die Verletzungen des Auges. Graefe-Saemisch. 
Handb. d. Augenheilk. 0, Abt. 5. 



DISSERTATIONEN DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE 

BERLIN 1 ) 


Vergleichende Untersuchungen über den diagnostischen Wert 
der Conjunetival- und der Palpebralreaktion 
bei der Rindertuberkulose. 

Von 

Heinrich Teipel, 

Schlachthof direkt or in Arnsberg (Westf.). 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Fröhner.] 

In Deutschland ist bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose bis¬ 
her das Hauptgewicht auf die möglichst baldige Ausmerzung der Tiere 
mit offener Tuberkulose gelegt worden. Es mehren sich aber die 
Stimmen derer, die eine Erweiterung für notwendig halten und be¬ 
haupten, daß zu einer wirksamen Bekämpfung der Rindertuberkulose 
die diagnostische Tuberkulinisierung nicht zu entbehren ist. Soll aber 
auch in Deutschland das Tuberkulin als Diagnostikum mehr als bisher 
zur Tuberkulosebekämpfung herangezogen werden, so muß festgestellt 
werden, ob es sich als solches eignet und welche der verschiedenen An¬ 
wendungsarten hauptsächlich für die Praxis in Betracht kommt. Von 
den verschiedenen Tuberkulinproben hat bisher die Augenprobe (Oph- 
thalmo- oder Conjunctivalprobe) die größte Anwendung gefunden. 
Neuerdings ist von J. Schmidt und C. Haupt die palpebrale Tuberkulin¬ 
probe (Augenlidprobe) in Deutschland eingeführt worden, deren be¬ 
sonders günstige Ergebnisse von C. Haupt und Ilgner bestätigt, von 
Breithor und Hilz bestritten werden. 

Da bezüglich der Eignung der palpebralen Tuberkulinisation für die 
Praxis die Urteile so verschieden lauten (2 Anhänger, 2 Gegner), be¬ 
schloß ich, den diagnostischen Wert der Lidprobe im Vergleich mit 
dem der Augenprobe nachzuprüfen. Dabei wollte ich mich durch eigene 
Versuche überzeugen, welchen Wert das Tuberkulin als Diagnostikum 
überhaupt hat. Die Versuche sind an dem unter meiner Leitung stehen¬ 
den Schlachthofe Arnsberg ausgeführt. 

Die Versuche begannen mit der Conjundivalprobe. Nach Klimmer 
kann man bei der gleichzeitigen Ausführung der subcutanen und Con- 
junctivalprobe mehrfach, wenn auch nicht regelmäßig, beobachten, 
daß die Augenreaktion während der allgemeinen (Fieber-) Reaktion 
zurücktritt. Eine gleichzeitige Ausführung der subcutanen und der 

*) Für Inhalt und Form sind die am Kopf der Dissertationen angegebenen 
Herren Referenten mitverantwortlich. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


40 



552 ll. Tcipol: \*er”'lci< , JicrHl«* t‘nl<Tsiichunsren illicr den fliajpiustisehi'ii Werl 

Conjunctivalprobe ist daher nicht zu empfehlen. Da bei der Intracutan- 
reaktion tuberkulöse Rinder zu etwa 70% eine allgemeine (thermische) 
Reaktion erkennen lassen, so gilt von gleichzeitiger Ausführung der 
Conjunctivalprobe mit der intracutanen Probe etwa das nämliche wie 
von der subcutanen Probe. Da nun die palpebrale Probe in positiven 
Fällen ebenfalls meist mit einer fieberhaften Allgemeinreaktion ver¬ 
bunden sein sollte, glaubte ich mit der Möglichkeit rechnen zu müssen, 
daß bei gleichzeitiger Anwendung der palpebralen und conjunctivalen 
Probe die conjunctivale beeinflußt werden könnte. Um daher ein ein¬ 
wandfreies Urteil zu erhalten, wurde bei den ersten Versuchen nur die 
Conjunctivalprobe ausgeführt. Anfangs habe ich entsprechend der 
Vorschrift 3 Tropfen Tuberkulin mittels Tropffläschchens in den äußeren 
Augenwinkel eingeträufelt. Da dieses bei unruhigen Tieren nicht immer 
zu bewerkstelligen war und vielfach Tropfen daneben träufelten, habe 
ich später, ähnlich wie bei der Malleinaugenprobe des Pferdes, einen 
nicht zu kleinen, mit Tuberkulin vollgesogenen Pinsel zwischen den 
Augenlidern ausgedrückt, ein Verfahren, das einfacher und sparsamer 
im Gebrauch ist und dieselben Ergebnisse zeitigte. Zur Anwendung 
kamen bovines Tuberkulin des Reichsgesundheitsamtes, Ophthalmo- 
tuberkulin Landsberg und Phymatin von Humann und Teisler. Er¬ 
hebliche Unterschiede in der Wirkung, die von ihrem Giftgehalte ab¬ 
hängig ist, wurden bei den einzelnen Präparaten nicht festgestellt. 
Die Conjunctivalprobe wurde bei 50 Rindern verschiedener Rassen im 
Alter von l 1 /, bis 12 Jahren vorgenommen. Bei 11 derselben wurden 
nach der Schlachtung tuberkulöse Veränderungen vorgefunden. Von 
diesen 11 hatten 10 zu Lebzeiten deutlich positiv, 1 negativ reagiert. 
Im letzten Falle waren in den vorderen Mittelfellymphknoten zwei 
kleinere, verkalkte Herde nachzuweisen, die makroskopisch-tuberkulösen 
Ursprungs angesehen wurden. Bei 2 von den 50 Rindern hatte die 
Augenprobe ein zweifelhaftes Ergebnis (geringgradiger schleimiger Aus¬ 
fluß); der Schlachtbefund war negativ. Bei einem Rinde mit positiver 
Reaktion konnten bei der Fleischuntersuchung keinerlei tuberkulöse 
Veränderungen festgestellt werden, was aber nicht ausschließt, daß 
solche an Stellen, die bei der gewöhnlichen Fleischuntersuchung nicht 
offen gelegt werden (z. B. Muskellymphknoten) vorhanden waren. Ein¬ 
schließlich der zweifelhaften Fälle ergab also die conjunctivale Tuber¬ 
kulinprobe 8% Fehlreaktionen. 

Bei Durchführung der palpebralen Tuberkulinisation, bei der die¬ 
selben Tuberkulinpräparate in Anwendung kamen wie bei der conjunc¬ 
tivalen, wurden in der Hauptsache drei Versuchsreihen aufgestellt. 

1. Zunächst wurde nach dem Verfahren von Schmidt und Haupt 
bei einer Reihe von Rindern nach Fixierung des Kopfes durch einen Ge¬ 
hilfen die Nadel in das rechte untere Augenlid von der Innenseite aus 



der Conjunctival- und der l’alpebralreaktion bei der Rindertuberkulose. 553 

schräg nach vom in 1 — 1,5 cm Länge eingestochen und Tuberkulin 
in wechselnder Menge von 0,5 bis 1,5 ccm eingespritzt. Den Wider¬ 
stand, den die Tiere hierbei teilweise leisteten, habe ich doch als, er¬ 
heblicher gefunden, als Haupt hinstellt. Zur Vermeidung von Irrtümem 
nenne ich diese Art der palpebralen Tuberkulinisation, die Schmidt 
und Haupt als intrapalpebrale bezeichnen, die subconjunctivale Lidprobe. 
An dem anderen Auge wurde gleichzeitig durch Einpinselung mit dem 
gleichen Tuberkulin die conjunctivale Augenprobe vorgenommen. 

In der angegebenen Weise sind 16 Rinder mit Tuberkulin geimpft 
worden. Von diesen zeigte die sukconjunctivale Lidprobe bei 14 eine 
positive, bei 2 eine negative Reaktion an. Bei 13 von den 14 Rindern, 
die eine positive Reaktion gezeigt hatten, wurden nach der Schlachtung 
tuberkulöse Veränderungen festgestellt, während in dem übrigen Fall 
von positiver Reaktion solche nicht nachgewiesen werden konnten. 
Bei den beiden Rindern, die negativ reagiert hatten, war auch der 
Schlachtbefund negativ. Dagegen zeitigte die gleichzeitig vorgenom¬ 
mene Conjunctivalprobe wesentlich andere Ergebnisse. Es hatten näm¬ 
lich von den 16 Rindern 9 eine positive, 7 eine negative Reaktion. Von 
den 9 Rindern mit positiver Reaktion waren bei 8 nach der Schlachtung 
tuberkulöse Veränderungen festzustellen, bei einem waren solche nicht 
nachzuweisen. (Es handelte sich um dasselbe Rind, welches bei posi¬ 
tiver subconjunctivaler Lidprobe negativen Schlachtbefund aufwies.) 
7 von den 16 Rindern reagierten auf die Conjunctivalprobe negativ. 
Bei 5 von diesen wurde aber nach der Schlachtung Tuberkulose fest¬ 
gestellt, nur bei 2 war der Schlachtbefund negativ. 

2. Bei der zweiten Versuchsreihe wurde die Injektion des Tuber¬ 
kulins in das Lid von der äußeren Haut aus vorgenommen, und zwar 
intracutan und subcutan; es wurde dazu sowohl das obere wie das 
untere Augenlid benutzt. Zur Unterscheidung von der subconjunc- 
tivalen Lidprobe nenne ich diese Methoden, die in der Literatur eben¬ 
falls als intrapalpebrale Tuberkulinproben bezeichnet werden, die intra- 
cutane bzw. subcutane Lidprobe, obwohl, anatomisch betrachtet, die 
Stelle, an der das Tuberkulin nach der Injektion bleibt, bei der sub- 
cutanen Lidprobe die gleiche ist wie bei der conjunctivalen. Die intra- 
cutane bzw. subcutane Lidprobe wurde gleichzeitig mit der Conjunctival¬ 
probe bei 23 Rindern vorgenommen. Von diesen reagierten bei der intra- 
bzw. subcutanen Lidprobe 11 positiv, 11 negativ und 1 zweifelhaft. 
Bei sämtlichen 11 Rindern mit positiver Reaktion wurden nach der 
Schlachtung tuberkulöse Veränderungen festgestellt. Von den 11 Rin¬ 
dern, die negativ reagiert hatten, wurden 10 nach der Schlachtung 
als tuberkulosefrei befunden, während in einem Falle Tuberkulose vor¬ 
handen war. Bei dem einen Rinde mit zweifelhafter Reaktion waren 
nach der Schlachtung keine tuberkulösen Veränderungen festzustellen. 

40* 



554 fl- Teipel: Vergleichende t'nteisuchuntren über den diagnostischen Wert 

Bei der Conjunctivalprobe zeigten 7 Tiere eine positive Reaktion, 
welche sich nach der Schlachtung auch als tuberkulös erwiesen. 13 
Rinder reagierten negativ. Bei 4 von diesen war nach der Schlachtung 
trotzdem Tuberkulose festzustellen. 3 Rinder reagierten zweifelhaft. 
Bei einem derselben war nach der Schlachtung Tuberkulose festzu¬ 
stellen, bei den beiden anderen nicht. 

3. Bei der dritten Versuchsreihe wurden 3 ccm einer stets frisch 
zubereiteten Tuberkulinkochsalzlösung (1 :-10), wie sie Favero an¬ 
wandte, um die Erscheinungen einer positiven Reaktion sinnfälliger 
zu machen, subcutan in das Augenlid injiziert. Auch hierbei wurde 
gleichzeitig die Conjunctivalprobe auf dem anderen Auge durchgeführt. 
Von den 13 so behandelten Rindern reagierten auf die subcutane Lid¬ 
probe 9 positiv und 4 negativ. Von den 9 Rindern mit positiver 
Reaktion wiesen 8 bei der Schlachtung tuberkulöse Veränderungen auf. 
Bei dem 9. waren 3 Dünndarmgekröslymphknoten geschwollen und 
wiesen im Innern graue Herde auf. Die Vornahme der bakteriolo¬ 
gischen Untersuchung wurde infolge eines Versehens des Hallenmeisters 
verhindert. Der Befund ist daher als zweifelhaft bezeichnet. Von den 
4 Rindern mit negativer Reaktion war bei 3 der Schlachtbefund negativ, 
bei einem lag verkalkte Tuberkulose der Lungen, der bronchialen und 
mediastinalen Lymphknoten vor. Bei der Conjunctivalprobe zeigten 
4 Rinder eine positive und 9 eine negative Reaktion. Von den positiv 
reagierenden Rindern wiesen 3 nach der Schlachtung tuberkulöse Ver¬ 
änderungen auf, bei dem 4. war der Schlachtbefund zweifelhaft 
(wie oben). Bei 6 von den 9 Rindern mit negativer Conjunctival- 
reaktion waren tuberkulöse Veränderungen nachweisbar, wogegen nur 
bei 3 auch der Schlachtbefund negativ war. 

Ich habe mich bei diesen Versuchen nicht überzeugen können, daß 
durch die von Favero empfohlene Injektion von Tuberkulinkochsalz¬ 
lösung, deren gute Ergebnisse von Haupt bestätigt, von Breithor ab¬ 
gestritten werden, die Reaktion deutlicher geworden wäre als bei der 
Verwendung reinen Tuberkulins. Die Reaktionen verliefen in positiven 
Fällen auch hinsichtlich Deutlichkeit nicht anders als die bei den ersten 
Versuchsreihen geschilderten. 

Ziehe ich die Ergebnisse der Tuberkulinreaktion der letzten 3 Ver¬ 
suchsreihen zusammen, so reagierten bei der palpebralen Tuberkulini- 
sation (subconjunctivalen, subcutanen und intracutanen) von 52 tu- 
berkulinisierten Rindern 34 positiv, 17 negativ und 1 zweifelhaft. Von 
den 34 Rindern, die positive Reaktion zeigten, wiesen 32 nach der 
Schlachtung tuberkulöse Veränderungen auf, bei 1 war der Schlacht¬ 
befund negativ, bei 1 zweifelhaft. Von den 17 Rindern mit negativer 
Reaktion waren bei 2 tuberkulöse Veränderungen vorhanden, bei 15 
war auch der Schlachtbefund negativ. Bei dem Rinde mit zweifelhafter 



der C’onjiinctival- und der Palpebralreafction bei der Rindertuberkulose. 555 


Reaktion war der Schlachtbefund negativ. Die Zahl der Fehlergebnisse 
bei der palpebralen Tuberkulinisation beträgt daher einschließlich der 
zweifelhaften Fälle 9,0%. 

Bei der gleichzeitig mit der palpebralen Tuberkulinprobe vor¬ 
genommenen Conjunctivalprobe reagierten von den 52 Rindern 20 posi¬ 
tiv, 29 negativ und 3 zweifelhaft. Von den 20 positiv reagierenden 
Rindern wiesen 18 nach der Schlachtung tuberkulöse Veränderungen 
auf, bei 1 war der Schlachtbefund negativ, bei 1 zweifelhaft. Von den 
29 Rindern mit negativer Reaktion wiesen 15 nach der Schlachtung 
tuberkulöse Veränderungen auf, während bei 14 der Schlachtbefund nega¬ 
tiv war. Von den 3 Rindern mit zweifelhafter Reaktion war bei 1 Tuber¬ 
kulose nachzuweisen, bei 2 nicht. Die Zahl der Fehlergebnisse bei der 
gleichzeitig mit der palpebralen Tuberkulinisation vorgenommenen Con- 
junctivalprobe beträgt daher einschließlich der zweifelhaften Fälle 38,5%. 

Während also bei der von mir im Anfänge für sich allein vorgenom¬ 
menen Conjunctivalprobe die Zahl der Fehlreaktionen 8% betrug, be¬ 
trägt sie bei der gleichzeitig mit der Palpebralprobe ausgeführten Con- 
junctivalprobe 38,5%. Daraus kann der Schluß gezogen werden, daß 
auch die palpebrale Tuberkulinisation ähnlich der thermischen im¬ 
stande ist, die conjunctivale Reaktion aufzuheben. Wenn daher Ilgner 
bei der von ihm gleichzeitig mit der Palpebralprobe vorgenommenen 
Conjuncti valprobe 54% Fehlreaktionen feststellt, sie mit den Fehl¬ 
reaktionen bei der Palpebralprobe vergleicht und auf Grund dieses 
Vergleichs zu dem Urteil kommt, daß die Palpebralprobe der Conjunc- 
tivalprobe „erheblich überlegen“ ist, so kann ich diesem Urteil nach 
meinen Untersuchungsergebnissen nicht beipflichten. 

Über die bei Ausführung der Palpebralprobe im einzelnen gemachten 
Beobachtungen sei noch folgendes berichtet : Mit Ilgner und Hilz halte 
ich die von Schmidt und Haupt empfohlene subconjunctivale Lidprobe 
wegen des heftigen Widerstandes, den viele Tiere dabei leisten, für 
wenig geeignet, obwohl die Ergebnisse bei meinen Versuchen dieselben 
waren wie bei der intra- bzw. subcutanen Lidprobe. Die Beobachtungen 
Breithors und Ilgner8 ,' daß es für das Ergebnis der Reaktion gleich¬ 
gültig sei, ob die Lidprobe intra- oder subcutan ausgeführt wird, kann 
auch ich auf Grund meiner Versuche bestätigen. Die intra- bzw. sub- 
cutane Lidprobe läßt sich bequemer am oberen als am unteren Lide 
ausführen, doch heben sich die Schwellungen am unteren Lide deut¬ 
licher ab als am oberen. Die Schwellungen treten bei positiven Re¬ 
aktionen 2 — 12 Stunden nach der Injektion auf und haben nach 8 
bis 24 Stunden ihre Höhe erreicht. Die Schwellungen bleiben oft 
tagelang (6—7 Tage) bestehen. Das Ablesen der palpebralen Reak¬ 
tionen erfordert, wie das der Tuberkulinreaktionen überhaupt, viel 
Übung. Ich habe daher zwecks Übung gleichzeitig mit meinen Ver- 



556 H. Teipel: Vergleichende Untersuchungen über den diagnostischen Wert nsw. 

suchen bei Schlachttieren eine Reihe von Rindviehbeständen der con- 
junctivalen und der palpebralen Tuberkulinprobe unterzogen, wobei 
ich mich nebenbei von der gewaltigen Verseuchung unserer Rindvieh¬ 
bestände überzeugen konnte. Bei einer in der Praxis ausgeführten 
Lidprobe erfolgte zunächst keine Reaktion. Am 3. Tage nach der 
Injektion trat nicht nur eine starke Schwellung des injizierten oberen 
Augenlides, sondern auch des unteren und der ganzen Umgebung 
beider ein (Infektion), so daß ich von dem ängstlich gewordenen Be¬ 
sitzer zwecks Behandlung zugezogen wurde. — Während nach Haupt, 
Breühor und Ilgner bei allen reagierenden Tieren eine fieberhafte Tem¬ 
peraturerhöhung einsetzt, habe ich bei meinen Versuchen eine Reihe 
von positiven Reaktionen festgestellt, die nicht mit einer fieberhaften 
Temperaturerhöhung verbunden waren. — Bei einer Anzahl von Tieren 
mit positiver Reaktion sowohl der subconjunctivalen als auch der 
subcutanen Lidprobe habe ich an dem betreffenden Auge, an dem die 
Lidprobe vorgenommen war, Eiterausfluß feststellen können. Während 
Haupt, der nur die subconjunctivale Lidprobe vornahm, diese Er¬ 
scheinung darauf zurückführt, daß beim Zurückziehen der Injektions¬ 
nadel kleine Tröpfchen Tuberkulin aus der Nadel zwischen die Con- 
junctiven geraten, bin ich der Ansicht, daß das Sekret das Produkt der 
durch die Tuberkulininjektion gereizten Conjunctiva ist. 

Zusammenfassung. 

Fasse ich die Ergebnisse meiner Untersuchungen über die conjunc- 
tivale und die palpebrale Tuberkulinprobe zusammen, so ist durch die 
Untersuchungen festgestellt: 

1. Die conjunctivale und die palpebrale Tuberkulinprobe sind ah 
diagnostische Hilfsmittel zur Bekämpfung der Tuberkulose geeignet. 

2. Conjunctival- und Palpebralprobe stehen bei richtiger Aus¬ 
führung und Kontrolle hinsichtlich Genauigkeit einander nicht nach. 

3. Bei gleichzeitiger Anwendung der Conjunctival- und Palpebral¬ 
probe kann die Conjunctivalprobe beeinflußt werden, und zwar so, 
daß bei vorhandener Tuberkulose keine Reaktion entsteht. 

4. Als palpebrale Tuberkulinprobe eignet sich am besten die intra- 
bzw. subcutane Injektion von unverdünntem Tuberkulin in das rechte 
untere Lid in Menge von mindestens 0,5 ccm. 

5. Die palpebrale Tuberkulinprobe kann bei positiver Reaktion 
von einer fieberhaften Temperaturerhöhung begleitet sein. 

6. Die Vorteile der Conjunctivalprobe bestehen in höchster Ein¬ 
fachheit, Schnelligkeit der Ausführung und, da ohne besondere In¬ 
strumente ausführbar, in Billigkeit. Die Nachteile derselben beruhen 
darin, daß bei positiver Reaktion das Sekret zufällig oder absichtlich 
vor Abnahme der Kontrolle entfernt werden kann. 




W. Lindner: Versuche mit Greifswalder Farbstoffmischung usw. 557 

7. Die Vorteile der Palpebraiprobe bestehen darin, daß die Er¬ 
gebnisse der Reaktion nicht verwischt werden können. Die Nachteile 
beruhen darin, daß die Ausführung nicht so einfach und nur mit Hilfe 
von Instrumenten ausführbar ist, daß ferner in ihrem Gefolge Nach¬ 
teile, wie Versagen der Freßlust, Nachlaß der Milchproduktion, Infektion 
an der Injektionsstelle vorübergehend auftreten können. 

8. Die palpebrale Tuberkulinprobe eignet sich daher für solche 
Fälle, bei denen mit der Möglichkeit gerechnet werden muß, daß etwa 
bei einer Reaktion nach außen zutage tretendes Sekret absichtlich be¬ 
seitigt wird ( Handel , forensische Fälle). 

9. In allen übrigen Fällen ist in der Praxis die Conjunctivalprobc 
vorzuziehen. 


Literaturverzeichnis. 

l ) llgner, W ., Über palpebrale Tuberkulinisation beim Rinde. Berlin, tierärztl. 
Wochenschr. 1922, Nr. 26. — *) Neuling, E ., Die Tuberkulinaugenprobe als 
Diagnostikum bei der Bekämpfung der Rindertuberkulose. Berlin, tierärztl. 
Wochenschr. 1922, Nr. 26. — 3 ) Fröhner und Habersang , Vergleichende Unter¬ 
suchungen über den Wert der Lidprobe, Augenprobe und Blutprobe beim Rotz. 
Monatsh. f. prakt. Tierheilk. 31, H. 1 u. 2 — 4 ) Schmidt, J., und C. Haupt , Die 
palpebrale Tuberkulinisation des Rindes. Dtsch. tierärztl. Wochenschr. 1921, 
Nr. 8. — 5 ) Breithor, R., Die Intrapalpebralreaktion bei der Tuberkulose der Rinder. 
Inaug.-Diss. Berlin 1921. — •) Hüz, Die subconjunctivale Probe, ein neues Ver¬ 
fahren zur Feststellung der Tuberkulose am lebenden Rind. Inaug.-Diss. Dresden 
1921. — 7 ) Klimmer-Wolff-Eimer, Handbuch der Serumtherapie und Serum¬ 
diagnostik in der Veterinärmedizin. Bd. II. — 8 ) Favero, L’intrapalpebro-reazione 
nella diagnosi della tuberculosi. II modemo zooiatro. 3, Nr. 5. 1914. Part, scientif. 
S. 193—196. — •) Wright, Hauttuberkuloee beim Rind. Joum. of the Americ. 
vct. mcd. assoc. 1921; ref. Berlin, tierärztl Wochenschr. 1923, Nr. 18. 


Versuche mit Greifswalder Farbstoffmischung und Methylviole tt 
(Pyoktanin) bei Schleimhauterkrankungen der Hunde unter 
besonderer Berücksichtigung der eitrigen Conjunctivitis. 

Von 

Walter Lindner, Sorau. 

[Referent: Prof. I)r. Hinz ,I 

Als im Jahre 1890 der bekannte Ophthalmologe Stilling aus Straßburg 
seine grundlegende Arbeit „Anilinfarbstoffe und ihre Anwendung in der 
Praxis“ der Öffentlichkeit übergab, erregten seine Mitteilungen in der 
gesamten medizinischen Welt großes Interesse. Stilling war durch die 
Entdeckungen Karl Weigerte 1875 — 1876, Bakterien mit Hilfe von 
Teerfarbstoffen zu färben und sie so der mikroskopischen Untersuchung 
besser zugänglich zu machen, angeregt worden, die Lebensfähigkeit der 
Mikroben nach Aufnahme der Anilinfarbstoffe zu studieren. 



558 W. Lindner: Versuche mit Greifewalder Farbstoffmischung und Methyl- 

Er fand, daß die Bakterien nach ihrer Tinktion ihre Beweglichkeit und Ver¬ 
mehrungsfähigkeit einbüßten. Zusammen mit dem Botaniker Wortmann prüfte 
nun Slilling einige Anilinfarbstoffe auf ihr Verhalten gegenüber Staphylococcus 
pyogenes, Bacillus subtilis, Bacillus anthracis, Fäulnisbakterien und Schimmel¬ 
pilzen. Die beiden Forscher hatten jene Mikrobenarten gegenüber den damals 
gebräuchlichen Antisepticis als besonders resistent gefunden. Die Erprobung der 
Anilinfarbstoffe auf die besagten Keime hatte ein überraschend günstiges Ergebnis 
zur Folge. Am wirksamsten von den der Prüfung unterzogenen Farbstoffen hatte 
Stilling das Methylviolett gefunden, von dem er behauptete, daß jedes Bacterium 
bei einer Konzentration von 1: 2000 bis 1: 1000 unbedingt abgetötet werde. Mit 
seinen bakteriologischen Untersuchungen gingen einher die physiologischen Tier¬ 
versuche und die klinische Erprobung des Methyl violett«. Stilling fand, daß im 
Tierversuch das Methylviolett vollständig ungiftig war; so lösten subcutane und 
intravenöse Injektionen, sowie Gaben per os bei den Versuchstieren keine Krank¬ 
heitserscheinungen aus. Den Tod nach der intraperitonealen Injektion großer 
Mengen des Anilinfarbstoffes erklärte Stilling auf die Art, daß durch Färbung 
lebenswichtiger Nervenzentren Lähmung eintrete, mit der der Tod des Individuums 
verbunden sei. Stilling war von der Ungiftigkeit seines Mittels so sehr überzeugt, 
daß er die bactericide Kraft des Methyl violett« zur Grundlage folgender Theorie 
machte: Das Methylviolett wirkt nicht chemisch, sondern mechanisch abtötend 
auf Bakterien, letzteres in der Weise, daß durch die Färbung der Bakterien ihre 
Micellarinterstitien von den gröberen Farbstoffmolekülen verstopft werden und 
so den Bakterienleibern der Stoffwechsel unterbunden wird, so daß damit der Tod 
eintritt. Diese Theorie Stillings hat in der neuesten Zeit eine Stütze gefunden 
an Baumann , der wieder sehr für die Farbstofftherapie eintritt. In seinen klini¬ 
schen Versuchen konnte Stilling ebenfalls die völlige Ungiftigkeit und Reizlosig¬ 
keit des Methylvioletts feststellen und vor allem die große Fähigkeit, Eiterungen 
zu beheben; letzteres trug dem Farbstoff seine andere Bezeichnung „Pyoktanin“ 
(jtvov = Eiter, xteivo) = töten) ein. 

Das üauptgebiet der chirurgischen Anwendung des Pyoktanins war die 
Augenheilkunde, vor allem das Gebiet der infektiösen Bindehautentzündungen 
und der Hornhauterkrankungen. Die Heilerfolge Stillings erregten in allen Kreisen 
die größten Hoffnungen, zumal dem neuen Antisepticum folgende Eigenschaften 
zugesprochen wurden: Das Pyoktanin sei 1. als völlig ungiftig zu bezeichnen, 
2. koaguliere kein Eiweiß, sei 3. außerordentlich diffusionsfähig, 4. habe stark 
antiseptische Eigenschaften. Diese Nachrichten Stillings waren zu optimistisch 
gehalten, als daß bei der Nachprüfung des neuen Mittels Enttäuschungen hätten 
ausbleiben können. Stilling hatte angenommen, daß sein Antisepticum gegen 
sämtliche Mikroben gleichstark wirksam sei; die Unrichtigkeit dieser Annahme 
bewies schon Behring im Jahre 1890 durch bakteriologische Untersuchungen 
mit Diphtherie- und Typhusbacillen. Ähnliche Befunde sind von Drygalsky , 
Kriegler und Jänicke gemacht worden. Auch die Annahme Stillings , daß 
die Tinktion der Bakterien ihrem Tode gleichzustellen sei, ist 1887 von Comü 
und Babes widerlegt worden. Mißerfolge bei der klinischen Anwendung des 
Pyoktanins hatten aber oft ihre Ursache in falschen Applikationsmethoden. So 
konnte Stilling nach weisen, daß entweder mit zu geringen Konzentrationen des 
Farbstoffes gearbeitet worden war, oder daß das Methylviolett in Substanz bei 
Augenerkrankungen angewendet worden war (siehe Braunschweig- Jänicke, 
Carb , Roeloffs , Scheffels, Auch waren chemisch nicht reine Anilinfarbstoffe 
in Anwendung gebracht worden, die dann durch ihren Gehalt an Schwefel, Kupfer, 
Chlorzink usw. schädigend wirkten. Zahlreich aber auch waren Nachrichten über 
günstige Erfolge mit dem Pyoktanin. Bei den verschiedensten Krankheiten fand 



violett (Pyoktanin) bei Schleimhauterkrankungen der Hunde usw. 559 

es seine Anwendung, z. B. bei der Behandlung von Geschwülsten durch Injektionen 
von Pyoktaninlösungen ( Achtdedjani , Moseiig-Moochof, Nanu , Tapialcoff), bei der 
Diphtherie der Kinder (Taube), bei Hals- und Nasenerkrankungen ( Bresgen ), bei 
Krankheiten des Ohres und der Paukenhöhle ( Berthold ). Bei Geschlechtsleiden 
ist es mit besten Erfolgen von Selley und Dinkler in Form einer Pyoktanin- 
Quecksilberverbindung gebraucht worden. Ebenso günstige Erfolge mit dem 
Pyoktanin sind in der Veterinärmedizin zu verzeichnen, vor allem bei Wunden, 
Druckschaden u. dgl. (siehe PatUke, Dahlenburg , Duvinage). Bei Maul- und 
Klauenseuche wurde das Pyoktanin empfohlen von Mehrdorf-Oyen und Stielen - 
rothy bei dem ansteckenden Scheidenkatarrh der Rinder von Naef. Ebenso äußern 
sich äußerst günstig über die Farbstoffbehandlung Müller , Vogel-Eggding. Noch 
eh© die Wissenschaft ein Urteil über das Pyoktanin gefällt hatte, verschwand es 
aus der Reihe der gebräuchlichen Antiseptica. Der Grund hierfür lag nicht in einer 
etwaigen Minderwertigkeit des Pyoktanins, sondern in der Unannehmlichkeit der 
Farbekraft bei seiner Anwendung. Dieser Übelstand ist nun in der neuesten Zeit 
von Baumann behoben worden, indem er das Pyoktanin in Form der „Blaugaze“ 
verwendet. Baumann tritt sehr für die leider in Vergessenheit geratene Farbstoff¬ 
therapie in der Wundheilkunde ein, nachdem er sich im Kriege von der Vorzüglich 
keit der Farbbehandlung überzeugt hat. Er hat die besten Erfolge erzielt bei 
Wunden aller Art, bei Sehnenscheiden-, Gehirn- und Bauchwunden. Nach reich¬ 
lichen Erfahrungen mit der Farbentherapie hat er sich ebenfalls dem Pyoktanin 
zugewandt, nachdem er festgestellt hatte, daß bei der Applikation von andern 
Anilinf arben, z. B. des Methylenblaues, zuweilen Nierenreizungen auftreten. Auch 
gegen septische Erkrankungen ist das Pyoktanin angewendet worden, und zwar 
in Form einer Pyoktanin-Silberverbindung, Argochrom genannt. Mit dieser Ver¬ 
bindung hat er überraschende Erfolge bei allgemeinem Milzbrand beim Menschen 
erzielen können. 

Wie in der Wundheilkunde die Farbstofftherapie neuerdings wieder aufge- 
nomraen wird, so hat auch die Augenheilkunde in der letzten Zeit mit Anilin¬ 
farben gute Erfolge zu verzeichnen gehabt. Eine systematische Untersuchung 
der Anilinfarben, hauptsächlich im Gebiet der infektiösen Augenschleimhaut¬ 
erkrankungen ist in Greifswald von Römer , Oebb und Löhlein vorgenommen wor¬ 
den. Es wurden 58 verschiedene Anilinfarben untersucht, hierbei ergab sich, 
daß jede Bakterienart von einzelnen Anilinfarben besonders angegriffen wird. 
So werden Pneumokokken von sauren Anilinfarben, Staphylokokken und andere 
augenpathogene Keime wie: Xerosebacillen, Diplobacillen und Gonokokken 
von basischen Farbstoffen besonders beeinträchtigt. Ebenso verhalten sich die 
verschiedenen Stämme je einer Bakterienart den Anilinfarben gegenüber ver¬ 
schieden. Von diesen Tatsachen ausgehend, haben die genannten drei Forscher 
für jede Bakterienart diejenigen Anilinfarbstoffe zu einer Mischung vereint, die 
eine spezifische Wirkung auf die verschiedenen Bakterien ausübten. So entstanden 
denn Farbmischungen gegen Staphylokokken, Diplobacillen usw., die sich bei 
den jeweiligen Conjunctivitiden auch glänzend bewährt haben. Aber noch fehlte 
eine Farbstoffmischung, die gegen alle augenpathogenen Keime zugleich wirksam 
sein sollte, wie es z. B. zur Sterilisation des Bindehautsackes vor Operationen 
notwendig ist. Zu diesem Zwecke wurden die gegen Staphylokokken, Diplobacillen 
und Xerosebacillen wirksamen Anilinfarben vereint zu einem Gemisch, der sog. 
„Greifswalder Farbstoffmischung“. Diese Mischung ist eine wässerige Lösung 
folgender Anilinfarben: 


Hofmanns Violett.1: 1000 

Methyl violett.1: 1000 

Malachitgrün.1: 1000 






560 W. Lindner: Versuche mit Greifswalder Farbstoffmischung und Methyl- 


Brillantgrün .1: 1000 

Safranin.1: 500 

Magdalarot.1: 500 

Toluidinblau.1: 500 


Die ausgezeichnete Wirkung der Greifswalder Farbstoffmischung gegenüber 
den augenpathogenen Keimen des Menschen wird bewiesen durch bakteriologische 
Untersuchungen von Römer, die ergaben, daß Staphylokokken, Diplobacillen 
und Xerosebacillen schon nach einer Minute von der Greifswalder Farbstoff¬ 
mischung abgetötet wurden. Bei der Herstellung des Farbgemisches mußte vor 
allem berücksichtigt werden, daß die empfindliche Augenschleimhaut nicht gereizt 
oder geschädigt wird, dabei aber das Mittel eine erhebliche Baktericidie besitzen 
muß. Inwieweit diesen Forderungen die Greifswalder Farbstoffmischung gerecht 
wird, darauf will ich später eingehen. — Versuche über das Verhalten von Anilin¬ 
farben gegenüber der Oonjunetiva sind schon in früher Zeit von Vogl, Kvha- 
unra und Gräflin angcstcllt worden. Vogt gibt an, daß die basischen Anilin¬ 
farben infolge ihrer hohen Diffusionskraft rasch in die Tiefe dringen und dort Ver¬ 
bindungen mit den Zellkernen eingehen, so daß eine reizende Wirkung der Con- 
junctiva hervorgerufen wird. Saure Anilinfarben dagegen werden vom Auge gut ver¬ 
tragen, weil durch Koagulation der oberflächlichen Schleimhautschichten ein tieferes 
Eindringen verhindert wird. Infolge des basischen Charakters der Greifswalder 
Farbstoff mischung habe ich zuweilen leichte Reizerscheinungen beobachten können. 

Bevor ich an die klinische Erprobung der Greifswalder Farbstoff- 
mischung ging, habe ich dieselbe einer bakteriologischen Untersuchung 
unterzogen und dabei vergleichende Versuche mit dem Stillingschen 
Pyoktanin angestellt. Untersucht wurden Staphylokokken und Strepto¬ 
kokken. Auch Colibakterien wurden der Kontrolle wegen auf Um* 
Empfindlichkeit gegenüber der Farbstoffmischung geprüft. Als Nähr¬ 
böden für Staphylokokken und Colibakterien verwandte ich gewöhn¬ 
liche Fleischbouillon, für Streptokokken Pferdeserumbouillon mit 
2 proz. Traubenzuckerzusatz. Die Anordnung der Versuche war folgende: 
Eine 24 Stunden alte Schrägagarkultur der untersuchten Bakterien 
wurde mit 5 ccm physiologischer NaCl-Lösung von 37° übergossen und 
eine Aufschwemmung der Bakterien hergestellt. Nach FUtration dieser 
Aufschwemmung (Agarteilchen und Bakterienklümpchen) wurden 2 ccm 
mit einer Pipette entnommen und mit 2 ccm der verschiedenen Farbstoff¬ 
konzentrationen vermengt. Nach 3 Minuten, 10 Minuten, 30 Minuten, 
1 Stunde und 2 Stunden wurde abgeimpft und die beimpften Röhrchen 
4 Tage lang im Thermostaten beobachtet. Anders gestaltete sich die 
Prüfung der konzentrierten Greifswalder Farbstoffmischung: In die wie 
vorher hergestellte Bakterienaufschwemmung legte ich keimfreie Seiden¬ 
fäden von 2 cm Länge ein. Am nächsten Tage wurden die mit Bak¬ 
terien imprägnierten Seidenfäden entnommen und im Thermostaten ge¬ 
trocknet. Nach ihrer vollständigen Trocknung wurden die Fäden in die 
Greifswalder Farbstoffmischung eingelegt und nach den erwähnten Zeit¬ 
abschnitten nach vorheriger Abspülung in die Nährböden übertragen. 
In jedem Falle wurden Kontrollen angelegt, die immer positiv ausfielen. 









violett (Pyoktanin) bei Solileinihauterkrankung’on der Hunde usw. f>61 


Prüfung der Greifstvalder Farbstoff mischung auf Staphylokokken. 


Konzentration II 

S Min. 

10 Min. ! SO Min. 

1 Stil. 

1 2 Std. 

10% 

•4 

4 4- 

(+) 

0 

30% • 

4- 

1 • 4) 

0 

1 0 

50% 

(-() 

0 0 

0 

u 

Konzentriert 

0 

i 0 0 

0 

1 o 

Prüfung der Greifsicalder Farbstoff mischung auf Streptokokken. 

Konzentration 

8 Min. 

j 10 Min. I DU Min. ' 

1 Stil. 

2 Std. 

10% 

f 

1 ’ ' + 

l 

f 

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30% | 

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50% I 

4 

1 ' o 

0 

0 

Konzentriert j 

0 

0,0' 

0 

0 


Prüfung der Greifswilder Farbstoffmischung auf Bart, coli. 


Konzentration I 8 Min. 

10 Min. SO Min. 

! 1 sw. 

, *2 Std. 

10% ! 

\ 4- 

1 

4 

4- 

30% 

f , T- 

4 

1 ' n 

50% 

1 1 4 

0 

0 

Konzentriert 4- 

1 4 0 

0 

! 0 


Vergleichende Versuche mit Pyoktanin (Methylvioleti). 

Prüfung des Pyoktanins auf Staphylokokken. 


Konzentration 


| 8 Min. 

| 10 Min. 

! 80 Min. 

1 Std. 

| 2 Std. 

1° 

1 (M) 

1 

1 

1 4- 

I 

4- 

(4 • 

0 

0 

1% 

1 

4- 

(-1 > 

( + ) : 

0 

0 

27» 


0 

0 

0 

0 

0 

Prüfung des Pyoktanins auf Streptokokken. 


Konzentration 

4 

1 

1 8 Min. 

10 Min. 

I . ... . ! 

SO Min. 

1 Std. 

‘2 Std. 

17 M 

4 

! + 

4- 

+ 1 

(4 

0 

17 » 


1 4- 

<+) 

(4~) ! 

0 

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* Io 

i 

0 

0 

0 ! 

0 

! 0 


Prüfung des Pyoktanins auf Bad. 

coli. 


Konzentration 


| 8 Min. 

1 10 Min. 

1 80 Min. j 

1 Std. 

2 Std. 

17 «, 

" 1 

4- 

4- 

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17« 



4 

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- ( + ) 

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" 0 

1 

4- 

4- 

(+) 

0 

0 


Überblicken wir die Ergebnisse der bakteriologischen Unter¬ 
suchung, so sehen wir in der Handelsform der Greifs walder Farbstoff - 
mischung ein gegen Staphylokokken und Streptokokken vorzüglich 
bactericid wirkendes Mittel. Es hat dies gegenüber den ebenso bacteri- 
cid wirkenden Konzentrationen des Pyoktanins 1 : 100 und 1 : 50 den 





562 W. Linduer: Versuche mit Greifswalder Farbstoffmischung und Methyl¬ 


großen Vorteil, daß es bei Anwendung in der Augenheilkunde die Lid¬ 
bindehäute nicht oder nur wenig reizt. Beim Bact. coli versagten so¬ 
wohl die Greifswalder Farbstoffmischung als auch die geprüften Pyok- 
taninlösungen vollständig, wie aus den Tabellen ersichtlich ist. Es 
war aber die Unwirksamkeit auf Colibakterien vorauszusehen, da die 
Greifswalder Farbstoffmischung vorwiegend auf Staphylokokken und 
Streptokokken nebst den anderen augenpathogenen Keimen eingestellt ist. 

Ich komme nun zur praktischen Anwendung der Greifswalder 
Farbstoffmischung und der 1 promill. Pyoktaninlösung bei den Schleim¬ 
hauterkrankungen der Hunde. Bevor ich an die klinische Erprobung 
ging, überzeugte ich mich von der Reaktion der Schleimhäute auf die 
konzentrierte Farbstofflösung und auf die verschiedenen, bakterio¬ 
logisch geprüften Konzentrationen des Pyoktanins. Meine Unter¬ 
suchungen erstreckten sich hauptsächlich auf die Augenschleimhäute 
von Hunden, die wohl als die empfindlichsten Schleimhäute gegen 
äußere Schädlichkeiten gelten können. Auch über die Bakterienflora 
im Lidsack des gesunden Hundeauges verschaffte ich mir durch bak¬ 
teriologische Untersuchungen Aufschluß; bei 10 solcher Untersuchungen 
fand ich in der Hauptsache Staphylokokken und Streptokokken, die 
zuweilen in Diplokokkenform aneinandergelagcrt waren. Die Einwir¬ 
kung der Farbstoffe studierte ich an 20 Fällen am normalen Hunde¬ 
auge. Die Farblösung verbreitete sich rasch über sämtliche Augen¬ 
schleimhäute und färbte sie intensiv blau. Bei 3 Hunden beobachtete 
ich nach der Applikation der Farbmischung leichte Reizerscheinungen, 
jedoch nur für eine Dauer von 3—8 Minuten. An meinem eigenen 
Auge konnte ich bei Applikation der Greifswalder Farbstoffmischung 
die völlige Reizlosigkeit bestätigen. 1 promill. Pyoktaninlösung löste in 
keinem Falle Reizerscheinungen aus, dagegen wurden solche bei 1 proz. 
Pyoktaninlösung sehr stark erzeugt, so daß die 1 proz. Lösung für die 
therapeutische Anwendung nicht in Frage kommen konnte. Die Blau¬ 
färbung der Lidschleimhäute war nach 6 Stunden verschwunden, die 
Untersuchung der Augen am nächsten Tage ließ den normalen vor¬ 
herigen Zustand erkennen. 

Meine klinischen Versuche mit Greifswalder Farbstoffmischung und 
1 promill. Pyoktaninlösung erstreckten sich auf Schleimhauterkrankungen 
des Hundes, insbesondere analog der Anwendung in der Humanmedizin 
auf die infektiösen Augenerkrankungen. Diese sind oft eine Begleit¬ 
erscheinung oder ein Symptom bei der sog. Hundestaupe und machen 
sich bemerkbar in Gestalt einer Bindehautentzündung, die eitriger 
oder seröser Art sein kann. Die bakteriologische und mikroskopische 
Untersuchung der Exsudate ergab vorwiegend das Vorhandensein von 
Staphylokokken und Streptokokken, und auch hier wurden öfters die 
gerade in Teilung begriffenen Staphylokokken und Streptokokken in 



violett (Pyoktanin) hei Schleiinhautorkrankungen der Hunde usw. 563 

semmelförmiger Anlagerung angetroffen. Die Behandlung der erkrankten 
Augen gestaltete sich so, daß ich zuvor den angesammelten Eiter aus 
dem Lidsack mit Wasser entfernte. Alsdann tropfte ich in jedes Auge 
je 1 Tropfen der Farblösung, die überschüssige Flüssigkeit entfernte 
ich sorgfältig mit einem sanft aufgedrückten Zellstofftupfer, um ein 
Beschmutzen von Kleidung oder anderen Gegenständen seitens der 
behandelten Hunde zu verhindern. Neben den infektiösen Conjunctivi¬ 
tiden brachte ich die Greifswalder Farbstofflösung hauptsächlich noch 
bei einem sehr verbreiteten Schleimhautleiden, der Balanitis der Hunde, 
in Anwendung. Die mikroskopische Untersuchung wurde auch hier 
in jedem Falle vorgenommen, sie ergab in 12 Fällen 9 mal das Vor¬ 
handensein von Diplococcus lanceolatus. Die Behandlung der Balanitis 
wurde auf die Weise vorgenommen, daß der Penis ausgeschachtet 
wurde und dann der Bulbus mitsamt der erkrankten Vorhaut mit der 
Greifswalder Farbstoffmischung berieselt wurde. — An Hand von 
20 Fällen von eitriger Conjunctivitis der Hunde habe ich folgendes fest- 
gestellt: In 17 Fällen konnte ich bei einmaliger Anwendung von Greifs- 
walder Farbstoffmischung die Eiterung der Lidbindehäute bis zum 
nächsten Tage zum Verschwinden bringen; dieselbe trat nach einer 
Beobachtungsdauer von 8 — 14 Tagen nicht wieder auf. Die immer 
hoch geröteten Conjunctiven blaßten in der Mehrzahl der Fälle nach 
3 Tagen zur Norm ab. Bei der Behandlung der eitrigen Conjunctivitiden 
mit 1 promill. Pyoktaninlösung hatte ich keine bemerkenswerten Erfolge 
zu verzeichnen, regelmäßig bestand noch am nächsten Tage eitriger 
Augenausfluß, der nur in wenigen Fällen nach der Applikation der 
1 promill. Pyoktaninlösung geringer geworden war. Das Ergebnis bei der 
Behandlung der Vorhautentzündungen mit Greifswalder Farbstoff¬ 
mischung war folgendes: Bei der mikroskopischen Untersuchung des 
Eiters fand ich in 9 Fällen von 12 Untersuchungen den Diplococcus 
lanceolatus. Der eitrige Ausfluß konnte in diesen Fällen auch nach 
mehrmaliger Applikation der Farbstoffmischung nicht zum Verschwin¬ 
den gebracht werden. In 2 Fällen trat nach der Anwendung des Farb- 
gennisches eine erhebliche Schwellung des ganzen Penis ein, die nur lang¬ 
sam innerhalb von 4 Tagen zurückging. Einen Erfolg durch völliges 
Verschwinden des Ausflusses habe ich nur einmal feststellen können 
bei einem Hunde, in dessen mikroskopischem Präparat ich Staphylo¬ 
kokken fand, ein Zeichen, wie spezifisch die Greifswalder Farbstoff¬ 
mischung auf diese Erreger eingestellt ist. Leider habe ich den Patienten 
auf ein etwa eintretendes Rezidiv nicht länger beobachten können, da 
der Hund nach 3 Tagen einer anderen Krankheit unterlag. 

Auf Grund der klinischen Ergebnisse gelangen wir zu folgendem 
Schluß: Bei der Behandlung von Schleimhautleiden der Hunde, ins¬ 
besondere soweit sie durch Staphylokokken oder Streptokokken hervor- 



564 W. Lindncr: Versuche mit (»reifswulder FarbstotLiiischunc usw. 

gerufen werden, hat sich die Greifswalder Farbstoffmischung auf das 
beste bewährt. Als Staphylokokken- oder Streptokokkeninfektionen, 
die primär oder sekundär sein können, sind besonders die eitrigen 
Staupeconjunctivitiden zu nennen. Hier erzielte ich, wie aus den 
klinischen Befunden zu ersehen ist, durch einmalige Applikation der 
Greifswalder Farbstoffmischung die besten Erfolge. Bei der Balanitis 
werden Erfolge nicht zu erwarten sein, weil hier die Eiterung in den 
meisten Fällen andere Erreger zur Grundlage hat. Aus den klinischen 
Versuchen ersehen wir also, daß die Wirkung der Greifswalder Farb¬ 
stoffmischung spezifisch eingestellt ist auf Staphylokokken und Strepto¬ 
kokken, eine Tatsache, die sich auch mit meinen Untersuchungen in 
vitro deckt. Hier wurden Staphylokokken und Streptokokken schon 
durch 3 Minuten lange Einwirkung von Greifswalder Farbstoffmischung 
sicher abgetötet, während das Bact. coli einer 10 Minuten langen Ein¬ 
wirkung Widerstand leistete. Die Erfolge, die ich mit der Anwendung 
der Greifswalder Farbstoff mischung bei den eitrigen Staupeconjunctivi¬ 
tiden in allen Fällen erzielt habe, berechtigen zu der Annahme, daß 
sich die Farbstofftherapie in diesem Gebiet bald Anhänger und Freunde 
erwerben wird. Denn gerade die Augenerkrankungen bei der Staupe 
leisten oft wochenlanger gewissenhafter Behandlung mit den ver¬ 
schiedensten Medikamenten den heftigsten Widerstand. Eine Unan¬ 
nehmlichkeit bei der Verwendung der Greifswalder Farbstoff mischung 
liegt in ihrer starken Färbekraft, die sich aber bei geschickter An¬ 
wendung gut umgehen läßt. Die Reizerscheinungen, die nur zuweilen 
bei der Anwendung der Farbstoffmischung beobachtet werden, können 
bei den guten Erfolgen sehr wohl in Kauf genommen werden. 


Literaturverzeichnis. 

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(). Graf: (-her die* Ausscheidungen usw. 


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Über die Ausscheidungen artgleichen und artfremden Maul¬ 
und Klauenseuche-Immunserums bei Meerschweinchen. 

Von 

Otto Graf, 

Tierarzt au« Kubitz (Pommern). 

(Aus der staatlichen Forschungsanstalt Insel Riems [l^eiter: l)r. 0. Waldmann].) 

[Referent: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Frotch.] 

Das Maul- und Klauenseuche-Immunserum hat erstmalig in den 
schweren Seuchengängen der Jahre 1919 — 1921 ausgedehnte Anwendung 
gefunden, hauptsächlich bei der Simultanimpfung in frisch verseuchten 
Beständen und zwar in der Weise, daß in einem solchen Bestände 
tlen noch gesunden Tieren das Serum subcutan einverleibt wird und 
diese unmittelbar nach dieser Vorbehandlung künstlich infiziert werden. 
Durch die Serummengen von 3 ccm pro Zentner Körpergewicht (bei 



56G 0 . Graf: Über Hie Ausscheidungen artgleichen und artfremden 

gutartigem Seuchenverlauf) und 5 ccm pro Zentner Körpergewicht (bei 
bösartigem Seuchenverlauf) wird den Tieren ein partieller Schutz ver¬ 
liehen, so daß die gleichzeitige künstliche Infektion nur zu einer Er¬ 
krankung leichter Form führt, die ohne schwere Störung des Allge¬ 
meinbefindens, ohne erheblichen Milchrückgang und ohne Nachkrank¬ 
heiten verläuft. Todesfälle sowie schwerer wirtschaftlicher Schaden 
werden also durch die Simultanimpfung vermieden. Ein weiterer Vorteil 
ist die gleichzeitige, rasche Durchseuchung aller Tiere eines Bestandes. 

Weiter wird das Immunserum bei bereits kranken Tieren zu Heil- 
impfungen verwendet. Hier beträgt die Serumdosis für Löfflerserum 
10 ccm pro Zentner Körpergewicht (Mindestdosis 20 ccm). Zu der 
Simultan- und Heilimpfung wurde im letzten Seuchengange auch 
Rekonvaleszentenserum als Heilserum angewandt; hiervon ist un¬ 
gefähr die 4fache Menge nötig, um die Wirkung des Löfflerserums 
zu erzielen. 

In jüngster Zeit hat auch in ziemlich ausgedehntem Maße die Verwendung 
des Maul- und Klauenseucheserums zu prophylaktischen Zwecken stattgefunden. 
Löffler hatte vor dem Kriege die Anwendung des Löffleraeruras zu prophylaktischen 
Zwecken empfohlen. Er glaubte durch die Einverleibung von insgesamt 320 ccm 
Löfflerserum innerhalb 6 Wochen (260, 30, 30 ccm in Zwischenräumen von 14 Ta¬ 
gen) den Tieren einen absoluten Schutz vor der Ansteckung für mehrere Monate 
verleihen zu können. Diese Art der prophylaktischen Impfungen zum Schutze 
der Bestände während eines Seuchenganges konnte sich schon aus wirtschaft¬ 
lichen Gründen nicht einführen; das Serum war zu teuer, außerdem ist ein Schutz 
von mehreren Monaten praktisch nicht ausreichend, da bei einem starken Seuchen- 
gange die Ansteckungsgefahr auch nach mehreren Monaten noch nicht behoben ist. 

Prophylaktisch wirkungsvoll hat sich das Serum aber gezeigt, wenn es galt, 
den Tieren durch eine einmalige größere Dosis einen kurzfristigen Schutz für 
etwa 14 Tage zu verleihen. Auf diese Weise ist es in Zeiten bestehender Seuchen¬ 
gefahr verschiedentlich angewendet worden. So sind z. B. bei großen Tierschauen 
durch die prophylaktische Impfung vor oder beim Eintreffen am Austellungsorte 
Seuchenausbrüche vermieden worden. 

In ähnlicher W eise wird das Serum zur Zeit wieder angewendet. So hat die 
Kriegslastenkommission Tiere, die in verseuchten Gebieten aufgekauft waren 
und an den Feindbund zur Ablieferung gelangten, vor der Aufgabe zum Transport 
prophylaktisch geimpft. Bei der Anwendung des Serums zu prophylaktischen 
Zwecken erschien es wünschenswert, genaue experimentelle Anhaltspunkte sowohl 
über den Grad als auch die Dauer des Schutzes zu haben. 

In ersterer Hinsicht hatten Waldmann und Pape , sowie Waldmann und Traut - 
wein festgestellt, daß ein absoluter Schutz durch Einverleibung des Serums, weder 
dem Meerschweinchen, noch dem Rinde, überhaupt nicht verliehen werden kann. 
Diese Tatsache ist durch Beobachtung an Hunderten von Meerschweinchen absolut 
sichergestellt. Die Autoren haben auch Rindern bis zu 800 ccm hochwertigen 
Immunserums injiziert und trotzdem regelmäßig noch eine Impfaphte erzeugen 
können. Eine Generalisation blieb aber aus, und die Impfaphte heilte schnell, 
ohne weitere Alteration, insbesondere ohne Fieberanstieg ab. 

Die durch diese Versuche dargetane Unmöglichkeit, einen absoluten Gewebs- 
schutz passiv zu erzeugen spricht eigentlich gegen die Anwendung des Serums 
zu prophylaktischen Zwecken; aber sehr umfangreiche Beobachtungen in der 



Maul- und Klauenseuehe-Immunserums bei Meerschweinchen. 567 

Praxis zeigen doch, daß durch die prophylaktische Impfung tatsächlich ein Seuchen¬ 
ausbruch bei vorbehandelten Tieren hintangehalten werden kann. Ganz be¬ 
sonders interessant in dieser Richtung sind 2 Beobachtungen aus dem Jahre 1921, 
die gelegentlich der Ablieferungen von in Württemberg aufgebrachtem Vieh an 
Italien gemacht wurden. 

Die Rinder stammten aus Gebieten, in denen die Maul- und Klauenseuche sich 
auszubreiten begann; die Tiere wurden teils in Laupheim, teils in Ulm gesammelt. 

369 Tiere wurden in Laupheim zusammengetrieben und bei der Aufnahme 
in die Sammelstelle mit 200 ccm Riemser Serum und 80 ccm Rekonvaleszenten¬ 
serum pro Tier geimpft. Am nächsten Tage wurde ein Tier an Maul- und Klauen¬ 
seuche erkrankt gefunden. Darauf wurden sämtliche Tier künstlich infiziert durch 
wiederholtes kräftiges Einreiben von infektiösem Maulspeichel und durch gemein¬ 
sames Tränkenlassen. Eine Erkrankung weiterer Tiere erfolgte aber erst nach 
Ablauf einer Woche, also frühestens 8 Tage nach der Vorbehandlung mit Serum. 
Erst nach Ablauf von 2 Wochen nach dem ersten Krankheitsfall in diesem Be¬ 
stände waren sämtliche Tiere erkrankt. Der Verlauf war ein milder. 

Bei den in Ulm angetriebenen 124 Rindern lagen die Verhältnisse ganz ähn¬ 
lich; hier wurde mit 300 ccm Löfflerserum geimpft. Auch in diesem Bestände 
wurde kurz nach der Aufnahme bei einem Tier die Seuche festgestellt und nach 
der Feststellung wurden alle andern Tiere künstlich infiziert. Von diesen erkrankte 
das erste Tier erst 2 Wochen nach der Vorbehandlung mit Serum. Nach 3 Wochen 
waren auch die übrigen Tiere erkrankt; die Erkrankung verlief auch hier sehr leicht. 

Bei der Beurteilung dieser Fälle wurde von Waldmann damals die Ansicht 
ausgesprochen, daß die unmittelbar nach der Impfung krank befundenen Tiere 
zweifellos schon krank in die Sammelstelle eingeliefert worden waren. Eine ge¬ 
naue klinische Untersuchung mit Fiebermessung bei der Auflieferung hätte darüber 
Aufschluß geben können. 

Für die Beurteilung der Dauer des passiven Schutzes gaben diese beiden Fälle 
sehr gut Aufschluß. Wir sehen im Falle Laupheim, in dem den Tieren 200 ccm 
Löfflerserum einverleibt wurde, daß die Seuche bei den geimpften Tieren bereits 
nach 8 Tagen weiter um sich griff, während im Ulmer Falle, in dem jedes Tier 
mit 300 ccm geimpft wurde, erst 14 Tage nach der Serumimpfung ein Weiter¬ 
greifen der Seuche stattfand. 

Wir dürfen also die Dauer des passiven Schutzes bei Verwendung von 200 ccm 
Löfflerserum auf 8 Tage und bei 300 ccm auf 14 Tage veranschlagen. 

In der Riemser Anstalt wurden in der Folge Versuche an Meerschweinchen 
unternommen, um noch genauere, experimentelle Aufschlüsse über die Ausschei¬ 
dungszeiten bei Löfflerserum bzw. über die Dauer des passiven Schutzes zu ge¬ 
winnen; dabei hat es sich herausgestellt, daß das Löfflerserum beim Meer¬ 
schweinchen ausnahmslos bedeutend schneller ausgeschieden wird, als beim 
Rinde. Die Ursache dieser Erscheinungen wurde in der Eigenschaft des Löffler¬ 
serums als für das Meerschweinchen artfremden Serums gesucht. 

Ich erhielt daher von Waldmann den Auftrag, den Unterschied in 
den Ausscheidungszeiten für artfremdes und artgleiches Immunserum 
heim Meerschweinchen experimentell festzustellen. 

Daß das artfremde Serum schneller aus dem Körper ausgeschieden wird als 
arteigenes, ist bekannt. Diese Beobachtung ist zuerst von v. Behring gemacht 
worden. Er fand, daß Pferde, die mit arteigenem Tetanusserum vorbchandelt 
waren, eine Immunität von mehrmonatlicher Dauer aufweisen, während es nicht 
gelingt, Mäuse und Meerschweinchen mit solchem Pferdeserum längere Zeit zu 
schützen. 


Arch. f. Tierheilk. L. 


41 



568 O. Graf: Über die Ausscheidungen artgleichen und artfremden 


KoUe bezeichnet die von der gleichen Tierart erzeugten Immunstoffe aL 
Isoimmunstoffe, im Gegensatz zu den Heteroimmunstoffen, die von andern Tier¬ 
arten herstammen. Während der passiv zu immunisierende Organismus die Hetero¬ 
immunstoffe offenbar sehr bald wieder auscheidet, oder auf irgendeine Weise 
paralysiert, werden die Isoimmunstoffe nicht wie fremdartiges Eiweiß und fremd¬ 
artige Immunstoffe durch eine Abwehrreaktion des Körpers ausgeschaltet, bzw. 
rasch abgebaut, sondern sie verweilen oft lange Zeit im Körper. 

Auf dem Gebiete der Maul- und Klauenseuche hat Löffler in dieser Be¬ 
ziehung die ersten Versuche gemacht. Er glaubte schließen zu können, daß das aus 
Pferdeblut hergestellte Maul- und Klauenseucheserum bei den Rindern nur etwa 
10—14 Tage schützte. Vermutlich werde von den Rindern das artfremde Pferde- 
serum besonders schnell ausgeschieden. Eine Vermischung von hochwertigem 
Pferdeserum mit dem Serum von durchseuchten Rindern lieferte einen langer 
dauernden Schutz. Indessen hat das Mischserum sich nicht zu behaupt en vermocht. 

Löffler verwendete in der Folge nur noch das nach ihm benannte Rinder¬ 
immunserum, das durch Hyperimmunisierung der Rinder mit Schweinelymphe 
gewonnen wird. Die Wirksamkeit des Serums bei Rindern konnte mit Sicherheit 
nachgewiesen werden. Nach Löffler erstreckt sich der Schutz durchschnittlich 
auf etwa 14 Tage und wird auch nicht länger, wenn die Serumdosis erhöht wird. 

Die besten Erfolge glaubt Löffler mit dem Rinderimmunserum bei der Be¬ 
handlung von Schweinen und Schafen zu erzielen. Er berichtet darüber wie folgt: 
„Dieser Serumschutz hält je nach der Menge des Serums verschieden lange Zeit 
an; bei kleinen Dosen: 0,1 ccm pro kg Ferkel etwa 3 Wochen; bei größeren Dosen: 
0,2; 0,3 und 0,5 ccm pro kg Körpergewicht 4—8 Wochen. Eine genaue Pro¬ 
portionalität der Dauer des Serumschutzes und der Menge des eingespritzten Serums 
besteht indessen nicht, weil die Tiere sich individuell etwas verschieden verhalten 
bezüglich der Schnelligkeit, mit welcher sie das Serum ausscheiden.“ Den Grund 
dafür, daß das Serum bei Schweinen und Schafen besser wdrkt sucht Löffler darin, 
daß diese Tiere für die Seuche weniger empfänglich sind, als die Rinder, und, mehr 
abgeschlossen in ihren Ställen, weniger ansteckungsgefährdet sind. 

Die Löfflerschen Versuche an Schweinen und Schafen lassen eine Beurteilung 
der Schutzdauer nicht zu, da der Zeitpunkt der Ansteckung nicht bekannt ist. 

Über die Ausscheidungen von artfremdem und artgleichem Maul- und Klauen- 
seucheimmunserum bei Meerschweinchen berichtet schon Ernst: art-verschiedene 
virulizide Stoffe werden sehr rasch wieder aus empfänglichen Tieren ausgeschieden, 
selbst wenn höchste Dosen einverlcibt waren. Etappenimmunisierung scheint 
den Abbau und die Ausscheidung zu beschleunigen. Artgleiche Schutzstoffe 
kreisen, auch wenn sie in geringer Menge einverleibt wurden, wesentlich länger. 
Während die Wirkung von Löfflerserum und Rinderrekonvaleszentenserum beim 
Meerschweinchen bereits 3—5 Tage nach der Verimpfung unsicher wird, dauert 
die Wirkung von Meerschweinchen-Rekonvaleszentenserum 3—8 mal so lange. 

Lärnmler gibt in seiner Dissertation „Über die Wirkung nichtspezifischer 
Impfmittel gegen den böswilligen Verlauf der Maul- und Klauenseuche“ im Schlu߬ 
wort an, daß der passive Schutz, der mit Rekonvaleszentenserum oder Löffler¬ 
serum erzielt werden kann, nur sehr kurze Zeit andauert; ferner sei es auch nur 
sehr kurze Zeit nach der Infektion möglich, eine heilende Wirkung auszuüben. 
Das Löfflerserum sei imstande, 2—3 Tage lang einen Allgemeinausbruc h der 
Erkrankung zu verhindern. Weitere 4—5 Tage lang sei die Wirkung unsicher und 
darüber hinaus gleich Null. 

Die Arbeiten, die bisher in der Forschungsanstalt Riems über die 
Ausscheidungen des Löfflerscrums gemacht worden sind, haben er 



Maul- und Klauenseuche-Immunserums bei Meerschweinchen. 569 

geben, daß die mit dem artfremden Rinderserum einverleibten Schutz¬ 
körper beim Meerschweinchen bereite nach 2—3 Tagen ausgeschieden sind. 

Eigene Versuche. 

Zu meinen vergleichenden Versuchen hatte ich zunächst Rekon¬ 
valeszentenserum von Meerschweinchen hergestellt. Zu diesem Zwecke 
wurden 20 Meerschweinchen 8—24 Tage nach der Erkrankung total 
entblutet; das Serum aller Tiere wurde gemischt und mit 0,5proz. 
Carbollösung versetzt. 

Mit Rücksicht auf die Angaben von Gins, daß Tiere unter Um¬ 
ständen das Virus bis zu 7 Tagen im Blute beherbergen können — 
die Stein sehen Versuche an hiesiger Anstalt bestätigen diese Angabe 
nicht — wurde das Mischserum auf Infektiosität durch cutane Ver¬ 
impfung untersucht. Der Versuch verlief negativ. Sodann wurde die 
Wertigkeit des Meerschweinchen-Rekonvaleszentenserums nach dem 
Verfahren von Waldmann und Pape festgestellt. Prinzip der Serum¬ 
prüfung ist bekanntlich, diejenige geringste Menge festzustellen, die 
beim Meerschweinchen das Angehen der Lokalaphten zwar noch ge¬ 
stattet, aber die Generalisation gerade noch verhindert. Bei der 
Wertigkeitsprüfung des Meerschweinchen-Rekonvaleszentenserums 
wurden demnach 8 Tiere mit fallenden Serummengen von 1,0—0,02 ccm 
vorbehandelt und unmittelbar danach an der linken Planta mit dem 
Insejstamm und zwar gleichzeitig mit einer Kontrolle infiziert. Den 
Verlauf des Versuches stellt folgende Tabelle dar. 


Tabelle I. 


7 

M. 686 

M. 687 

M. 688 

M. 694 U. 784 

M. 740 

M. 760 

M. 761 

M. 762 

[ Serum- 

1,0 

0,8 

0,5 

0,3 0,2 

0,1 

0,05 

0,02 

Kon- 

dosis 




i 




trolle 

: Injektion Knt.pl. 

Knt. pl. Knt. pl. Knt. pl. Knt. pl. 

Knt. pl. 

Knt pl. 

Knt. pl. 

Knt. pl. 

_ 

Primär- 

Primär- i Primär- 

Primär- j Primär- 

Primär- 

Primär- 

Primär- 

Primär- 


aphte 

aphte 

aphte 

aphte ! aphte 

aphte | 

1 aphte 

aphte 

aphte 

_ 

- 

— 

— 

— — 

— 

— 


Generalis. 

— 

- 

— 

— 

- 

- 

Generalis 


— 

— 


— 

— 

— 

1 


Generalis. 

— 

— 


— 


— 

i 

i 

— 

— 


Es ergibt sich daraus, daß das Rekonvaleszentenserum vom Meer¬ 
schweinchen in einer Menge von 0,1 ccm die Generalisation bei dem 
damit vorbehandelten Tier verhindern kann. 

Das zu den Versuchen benötigte Löfflerserum wurde den Be¬ 
ständen der Anstalt entnommen. Auch hier wurde die Serumprüfung 
vorgenommen, sie ergab den Titer 0,2, wie aus der folgenden Tabelle 
hervorgeht. 


41* 




570 Ö. Graf: Über die Ausscheidungen artgleichen und artfremden 


Tabelle II. 


Tag 

1 1 

M. 725 

M. 726 

M. 727 

M. 728 

M. 729 

1 

12.VI. 

| Serum- 
! dosis 

o,i ! 

0,2 

0,4 

| 0,5 

Kontrolle 

12. VI. 

j Injektion 

Knt. plant. 

Knt. plant. 

Knt. plant. 

Knt. plant. 

j Knt plant. 

13. VI. 

! 

! ? 

Primäraphte 

Primäraphte 

Primäraphte 

Primäraphte 

14. VI. 


Primäraphte 


— 

i 

— 

15. VI. 

— 

Generalisat. 




Generalisat. 

16. VL 

— 




- 

— 

17. VI. 

i 

i 

1 ~ • ; 


1 



Nach diesen Vorversuchen konnte die eigentliche Aufgabe in An¬ 
griff genommen werden. Zunächst wurde für das Rekonvaleszenten¬ 
serum des Meerschweinchens die Ausscheidungszeit bestimmt. Zu 
diesem Zwecke wurde zunächst jeweils die doppelte Titermenge einer 
Reihe von 7 Meerschweinchen subcutan injiziert, und von diesen Tieren 
eines gleichzeitig mit der Seruminjektion, die übrigen 2—20 Tage 
nach der Vorbehandlung infiziert. 

Tabelle III. 


Meerschwein¬ 
chen Nr. 

Serumdosis 

| Infektion ... 

1 Tage nach Vor¬ 
behandlung 

Befund 

758 

0,2 ccm 

20 

Generalisation nach 2 Tagen 

766 

0,2 ccm 

15 

Generalisation nach 3 Tagen 

775 

0,2 ccm 

10 

Generalisation nach 5 Tagen 

781 

0,2 ccm 

5 

Generalisation nach 3 Tagen 

795 

0,2 ccm 

4 

I. A. 

798 

0,2 ccm 

2 

I. A. 

802 

0,2 ccm 

0 

I. A. 

803 

Kontrolle 

— 

Generalisation nach 2 Tagen 

Das Ergebnis dieses Versuches zeigt vorstehende Tabelle. Es ergibt 


sich daraus, daß das Serum am 5. Tage bereits soweit ausgeschieden 
war, daß es die Generalisation nicht mehr verhindern konnte. Wh 
dürfen aber annehmen, daß das Serum zu diesem Zeitpunkt noch 
nicht vollständig ausgeschieden war, denn bei den am 5., 10. und 
15. Tage nach der Vorbehandlung infizierten Tiere sehen wir die 
Generalisation, nicht wie bei der unvorbehandelten Kontrolle, nach 
2 Tagen, sondern nach 3 bzw. 5 Tagen auf treten. Erst bei dem nach 
20 Tagen infizierten Tiere tritt die Generalisation prompt nach 2 Tagen, 
wie bei der unvorbehandelten Kontrolle ein. 

Dieser Versuch deutet scKon darauf hin, daß je nach der Menge 
der passiv einverleibten arteigenen Schutzstoffe die Ausscheidungszeit 
eine verschieden lange ist. Wir haben daher in den folgenden Ver¬ 
suchen 18 Meerschweinchen die 6 fache Titermenge injiziert und die 
Tiere innerhalb 1 —25 Tagen infiziert. Hierbei zeigte sich, daß die 







Maul- und Klauenseuche-Immunserums bei Meerschweinchen. 


571 


injizierte Serummenge 14 Tage ausreichte, um die Tiere vor der 
Generalisation zu schützen. Selbst die am 19., 22. und 25. Tage nach 
der Vorbehandlung infizierten Tiere zeigten noch einen gewissen Schutz. 
Die Generalisation trat bei diesen Tieren erst nach 4 Tagen ein. 

Tabelle IV. 


Meer¬ 

schweinchen 

Nr. 

Serum-Dosis 

Infektion ... 

Tage nach 
Vorbehandlung 

Befund 

741 

0,6 ccm 

0 

I. A. 

724 

0,6 ccm 

i 

I. A. 

723 

0,6 ccm 

2 

I. A. 

722 

0,6 ccm 

3 

I. A. 

721 

0,6 ccm 

4 

I. A. 

720 

0,6 ccm 

5 

1. A. 

719 

0,6 ccm 

6 

I. A. 

718 

0,6 ccm 

7 

I. A. 

717 

0,6 ccm 

8 

I. A. 

716 i 

0,6 ccm 

9 

I. A. 

715 

0,6 ccm 

! io 

I. A. 

714 ' 

0,6 ccm 

11 

I. A. 

713 | 

0,6 ccm 

12 

I. A. 

712 1 

0,6 ccm 

13 

I. A. 

711 

0,6 ccm 

14 

I. A. 

756 ; 

j 0,6 ccm 

i 19 

Generalis, n. 4 Tagen 

744 

j 0,6 ccm 

22 

Generalis, n. 4 Tagen 

743 

0,6 ccm 

25 

Generalis, n. 4 Tagen 

742 ; 

Kontrolle 

: — 

! Generalis, n. 2 Tagen 


Wir können somit aus den Versuchen mit arteigenem Immun¬ 
serum am Meerschweinchen folgern, daß dieses Serum um so lang¬ 
samer ausgeschieden wird, je mehr dem Tifere einverleibt wird, d. h. daß 
die Dauer des passiven Schutzes in einem bestimmten Verhältnis zur 
injizierten Serummenge steht. 

Wie liegen nun die Verhältnisse beim Schutz durch artfremdes Serum ? 

Zur Beantwortung dieser Frage wurden entsprechende Versuchs¬ 
reihen mit Löfflerserum am Meerschweinchen angesetzt. 

Wir haben auch hier zunächst einer Reihe von 6 Tieren die doppelte 
Titermenge des Löfflerserums subcutan einverleibt und die Tiere 
innerhalb 6 Tagen nach der Vorbehandlung infiziert (s. Tab. V). 

Hieraus ergibt sich, daß das Serum nach 1 bzw. 3 Tagen schon 
soweit ausgeschieden war, daß es zur generalisierten Erkrankung 
kommen konnte. 

Es muß hierzu bemerkt werden, daß nach dem bisher Bekannten 
das Erlöschen des Schutzes bereits nach 1 Tage, als Ausnahme an¬ 
gesehen werden muß. Aus früheren Versuchen ist als Regel zu er¬ 
sehen, daß der passive Schutz bei doppelter Titermenge beim Meer¬ 
schweinchen mindestens 2 Tage anhält. 




572 0. Graf: Über die Ausscheidungen artgleichen und artfremden 


Tabelle V. 

Meer- 

! 

lnfelction . 


fichweinchen 

! Serum-Dosis 

Tage oach 

Befund 

Nr. 


Vorbehandlung 


745 

0,4 ccm 

6 

Generalis, n. 2 Tagen 

746 

0,4 ccm 

4 

Generalis, n. 4 Tagen 

747 

0,4 ccm 

3 

Generalis, n. 4 Tagen 

748 

! 0,4 ccm 

2 

I. A. 

749 

0,4 ccm 

1 

Generalis, n. 3 Tagen 

750 

j 0,4 ccm 

0 

1 . A. 

742 

|; Kontrolle 

— 

Generalis, n. 2 Tagen 


Eine gewisse Schutzwirkung macht sich auch noch bei den am 
3. und 4. Tage nach der Vorbehandlung infizierten Tieren bemerkbar. 
Sie generalisierten erst nach 4 Tagen. 

Vergleichen wir das Ergebnis dieses Versuches mit artfremdem 
Serum mit dem in Tab. III niedergelegten Versuch mit arteigenem 
Serum, so können wir feststellen, daß bei Verwendung der doppelten 
Titermenge das arteigene Serum doppelt so lange im Tierkörper ver¬ 
bleibt, wie das artfremde. Während bei Löfflerserum schon nach 
2 Tagen die maximale Schutzwirkung ausbleibt, ist dies bei Meer¬ 
schweinchen-Rekonvaleszentenserum erst nach 4 Tagen der Fall. 

Der folgende Versuch sollte die Frage entscheiden, ob bei art¬ 
fremdem Serum eine Verlängerung des passiven Schutzes durch Steige¬ 
rung der Serummenge, ebenso wie bei arteigenem Serum gelingt. Der 
Versuch konnte wegen Mangels an Versuchstieren nicht in der Breite an¬ 
gelegt werden, wie der Versuch in Tab. IV. Doch dürfte sein Ergebnis 
eindeutig sein. Es wurde hier ebenfalls die ßfache Titermenge benutzt. 

Tabelle VI. 


Meer¬ 

schweinchen 

Serum-Dosis 

Infektion . 

Tage nach 

Befund 

Nr. 

790 

1,2 ccm 

Vorbehandlung 1 

12 

Generalis. 

n. 2 Tagen 

793 

1,2 ccm 

9 

Generalis. 

n. 2 Tagen 

794 

1,2 ccm 

6 

Generalis. 

n. 2 Tatren 

796 

1,2 ccm 

3 

I. 

A. 

803 

Kontrolle 

— 

Generalis. 

n. 2 Tagen 


Wir sehen hieraus, daß die 6 fache Serummenge zwar eine gewisse 
Verlängerung des passiven Schutzes — im vorstehenden Versuch 
1 Tag — bewirkt hat, daß aber bereits nach 6 Tagen nicht die geringste 
Schutzwirkung mehr zu erkennen w ar. Das am 6. Tage infizierte 
Tier generalisierte prompt nach 2 Tagen. 

Vergleichen wir die Wirkung der 6fachen Titermenge des art¬ 
fremden Serums mit der der 2fachen, so sehen wir, daß die 6fache 
Serummenge keinen tri st ntlich längeren Schutz als die doppelte Menge 





Maul- und Klauenseuche-Immunseruma bei Meerschweinchen. 573 


verlieh; die 6 fache Titermenge war fast ebenso schnell ausgeschieden 
wie die doppelte Menge. 

Vergleichen wir endlich die mit artfremdem und arteigenem Serum 
erzielten Ergebnisse, so ergibt* sich ein grundlegender Unterschied. 
Die 6 fache Menge artfremden Serums ist wenigstens beim Meer¬ 
schweinchen fast ebenso schnell ausgeschieden wie die 2 fache Menge, 
Die mit der doppelten Menge artgleichen Serums erzielte Schutzdauer 
läßt sich durch die Öfache Menge ungefähr um das 3fache verlängern. 

Diese experimentell festgestellten Tatsachen sind praktisch von 
großer Bedeutung. Sie zeigen zunächst für die Maul- und Klauenseuche, 
daß wir mit unserem Rinderimmunserum lediglich bei Rindern eine 
wirksame Serumprophylaxe treiben können. Die eingangs erwähnten 
Ergebnisse prophylaktischer Impfung in Laupheim und in Ulm geben 
uns auch über die quantitativen bzw. zeitlichen Verhältnisse bei 
Rindern Aufschluß. Wir sehen dort, daß wir mit 200 ccm Löffler¬ 
serum (Titer 0,2) einen Schutz von 8 Tagen und mit 300 ccm einen 
solchen von 14 Tagen erzielen können. Das mit diesen Mengen ein¬ 
gespritzte Rekonvaleszentenserum, das nach unseren Untersuchungen 
im Durchschnitt einen Titer von 1,0 hat, dürfte das Ergebnis nicht 
wesentlich beeinflußt haben. Bei Schweinen dürfte nach den Ergeb¬ 
nissen unserer Experimente die Voraussetzung für eine wirksame 
Serumprophylaxe ungünstig liegen. Die eingangs erwähnten Ver¬ 
suche Löfflers, der gerade bei Schweinen und Schafen eine hervor¬ 
ragende prophylaktische Wirkung des Immunserums sah, stehen aller¬ 
dings hiermit in Widerspruch, aber die Versuche Löfflers sind insofern 
nicht einwandfrei, als die Schweine nicht künstlich zu einem be¬ 
stimmten Zeitpunkt infiziert wurden, und der Zeitpunkt der spontanen 
Ansteckung naturgemäß nicht festgestellt werden konnte. Weitere 
große Reihenversuche in der Praxis werden aber hierüber Aufklärung 
geben. 

Zusammenfassung . 

1. Artgleiches Immunserum in doppelter Menge des Titers injiziert , 
ist vom Meerschweinchen nach 5 Tagen ausgeschieden. Bei Verwendung 
der ß fachen Titermenge verlängert sich die Schutzdauer ungefähr um 
das 3 fache. 

2. Artfremdes Immunserum wirkt bei Injektion der doppelten Titer - 
menge 2 Tage. Die 6 fache Titermenge verlängert die Schutzdauer nicht 
wesentlich (ausgeschieden nach 3 Tagen). 

3. Bei spontan empfänglichen Tieren kann eine wirksame Serum - 
Prophylaxe nur mit artgleichen Serum betrieben werden. Beim erwachsenen 
Rinde kann mit 200 ccm ein passiver Schutz von 8 Tagen , mit 300 ccm 
ein solcher von 14 Tagen erzielt werden. 



574 


H. Krüger: 


Literaturverzeichnis. 

x ) Waldmann und Pape, Die Wertbemessung der Maul- und Klauenseuchesera. 
Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1921, Nr. 38, S. 449. — *) Waldmann und TratUwein . 
Die Maul- und Klauenseucheimmunität nach künstlicher und spontaner Infektion, 
sowie nach simultaner Impfung. Zentralbl. i. Bakteriol., Parasitenk. u. Infektions- 
krankh., Abt. I, Orig. 9t, H. 6, S. 449. — 3 ) Aus den Akten der Anstalt (l.aup- 
heimer Bericht). — 4 ) Kotte y W . und A. von Wassermann, Über Iso- und Hetero¬ 
immunstoffe. Handbuch der pathogenen Mikrooragnismen. 2. Aufl. Bd. I, 8. 926. 
— *) Löffler, Bericht über die Ergebnisse der Forschungen über die Maul- und 
Klauenseuche an den Herrn Kultusminister (23. X. 1906). — •) Löffler und Uhlen - 
huth , Über die Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche, im Besonderen 
über die praktische Anwendung eines Schutzserums zur Bekämpfung der Seuche 
bei Schweinen und Schafen. Berlin, tierärztl. Wochenschr. 1900, Nr. 52, S. 613. — 
7 ) Ernst , Vorläufige Mitteilung über Arbeiten aus der veterinärpolizeilichen An¬ 
stalt. Münch, tierärztl. Wochenschr. 1922, Nr. 25, S. 550. — 8 ) Lummler , Über 
die Wirkung nichtspezifischer Impfmittel gegen den bösartigen Verlauf der Maul¬ 
und Klauenseuche. Diss. Gießen Okt. 1921. — •) Gins, H. A ., Neuere Ergebnisse 
der experimentellen Maul- und Klauenseucheforschung. Zentralbl. f. Bakteriol.. 
Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. I, Orig. 89, 159. 


(Aus der Veterinär-Abteilung des Reichs-Gesundheitsamtes, Berlin.) 

Über die Auswertung von Malleinen. 

Von 

Hans Krüger, 

approb. Tierarzt aas Crimmitschau (Sa.), freiw. Hilfsarbeiter 
im Reichagesundheitaamt Berlin. 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Fräkurr.] 

1. Einleitung. 

Das Mallem ist ein wertvolles diagnostisches Hilfsmittel zur Fest¬ 
stellung der Rotzkrankheit. Es findet in Deutschland hauptsächlich 
Anwendung bei der sog. Malleinaugenprobe, mit deren Hilfe es in den 
meisten Fällen gelingt, in rotzverdächtigen Pferdebeständen die an 
der Seuche erkrankten Tiere zu ermitteln. Fehlergebnisse sind verhält¬ 
nismäßig selten. Sie beruhen u. a. darauf, daß die Wirksamkeit der 
einzelnen Malleine eine verschiedene ist, welche je nach der Art und 
Weise ihrer Herstellung und je nach der Virulenz der dabei verwen¬ 
deten Bakterienstämme schwankt (Zwick, Hutyra-Marek). Es liegt 
im wissenschaftlichen und praktischen Interesse, ein Verfahren zu 
ermitteln, das es ermöglicht, die im Handel befindlichen Malleine auf 
ihre Brauchbarkeit zu prüfen und mit Hilfe staatlicher Kontrolle ihre 
gleichmäßige Wirksamkeit zu garantieren. 

In der Literatur sind bisher zwei Veröffentlichungen erschienen, 
die sich mit der Ausarbeitung eines Verfahrens zur Prüfung und Aus¬ 
wertung von Malleinen befassen. Das eine Verfahren, eine intracutane 



Über die Auswertung von Malleinen. 


575 


Methode, stammt von Prof. Schnürer , Wien, ein anderes, das die Kom¬ 
plementablenkung zur Auswertung benutzt, von Schreiber-Siickdom. 

Beide Verfahren sind im folgenden nachgeprüft worden. Außer¬ 
dem wurde versucht, in Anlehnung an die Hob. Koch sehe Methode 
zur Auswertung des Tuberkulins das Mallein an rotzigen Meerschwein¬ 
chen auszu werten. 

Die im Handel befindlichen, flüssigen Malleine sind eingedampfte 
Filtrate von Bouillonkulturen; das gleichfalls gebräuchliche Forsche 
Trockenmallein ein aus diesen gewonnenes Alkoholpräcipitat. Sie 
entsprechen völlig den Tuberkulinen und stellen Kochextrakte aus den 
Rotzbacillen und die einem langdauernden Kochprozeß unterworfenen 
Stoffwechselprodukte in den Nährflüssigkeiten dar, ohne daß man 
über ihre Natur näher unterrichtet ist. 

Entpsrechend seiner Wirkung auf den rotzigen Organismus wendet 
man das Mallein an 

1. in Form der subcutanen Malleinisation, 

2. in Form der Malleinaugenprobe oder Conjunctivalreaktion, 

3. in Form der Hautreaktion. 

Man rechnet diese Methoden auch zu den allergischen Prüfungs¬ 
verfahren. Es entstehen die diagnostisch verwertbaren Erscheinungen 
einer Temperaturerhöhung, einer Hautanschwellung oder eines eitrigen 
Schlei mhautkatarrhs. 

2. Das Schnürersche Auswertungsverfahren . Nachprüfung . 

Durch intracutane Injektion von Mallein kann in der Haut rotz- 
kranker Pferde eine umschriebene Schwellung hervorgerufen werden, 
deren jeweilige Größe nach Schnürer abhängig ist von der eingespritzten 
Menge und von der Wirksamkeit des angewandten Präparates. Spritzt 
man demnach zwei verschiedene Malleine in gleichen, abgestuften Dosen 
nebeneinander in die Haut ein, so kann durch Vergleich der entstehenden 
Schwellungen auf die größere oder geringere Wirksamkeit des einen 
Malleins gegenüber dem anderen geschlossen werden. Bei Verwendung 
eines Standardmalleins ist es auf diese Weise möglich, alle gebräuch¬ 
lichen Malleine nacheinander auszuwerten. Die nach Dosis und Wirk¬ 
samkeit des Malleins quantitativ verschiedenen Schwellungen können 
durch Messen ihres Durchmessers zahlenmäßig festgehalten werden, 
wobei sich zwischen der Stärke der Reaktion und dem Reagens mathe¬ 
matische Gesetzmäßigkeiten ergeben sollen. 

Die Nachprüfung erstreckte sich einmal auf die Feststellung, ob die 
von Schnürer beobachteten Schwellungen spezifisch, d. h. in der Haut 
rotzkranker Pferde durch die wirksamen Bestandteile des Malleins 
bedingt sind, und ob andererseits in allen Fällen dosierte Mengen von 
Mallein quantitativ verschiedene, genügend ausgeprägte und derart 



576 


H. Krüger: 


gesetzmäßige Reaktionen ergeben, daß eine Auswertung des Malleiits 
daran vorgenommen werden kann. Zu diesem Zweck wurde einem auf 
wiederholte Malleinaugenprobe negativ reagierenden Versuchspferd 
verdünntes Mallein und einem klinisch rotzkranken Tier unverdünnter 
Rotzbacillenextrakt und Tuberculinum bovinum intracutan injiziert. 
Mit unverdünntem Rotzbacillenextrakt ließ sich keine Conjunctival- 
reaktion erzeugen. Da nach den Injektionen die in Frage kommenden 
Schwellungen nirgends auftraten, so kann daraus auf ihre ausgesprochene 
Spezifität gefolgert werden. Namentlich werden sie nicht durch die in 
jedem Mallein vorhandenen Verunreinigungen oder durch andere, 
nicht wirksame Bestandteile dar Rotzbacillen beeinflußt (Extrakt). 

Zur Prüfung auf Gesetzmäßigkeit der Reaktion wurden dem rotz- 
kranken Versuchspferde einige unverdünnte Malleine verschiedener 
Herkunft, nachdem sie vorher durch die Augenprobe auf ihre Wirk¬ 
samkeit kontrolliert worden waren, in mehreren Reihen abgestuft 
dosiert an der Schulter in die Haut gespritzt. Andere Reihen enthielten 
in abgestuften Dosen Malleine, welche zuvor so weit verdünnt worden 
waren, daß die Augenprobe damit teils negativ, teils zweifelhaft ausfiel. 
Die 24 Stunden nach der Injektion mittels Cutimeter gemessenen 
Schwellungsdurchmesser waren an verschiedenen Stellen insofern ge¬ 
setzmäßig, als in mehreren Reihen einzelne Schwellungen doppelt so 
groß erschienen als die jeweils mit der halben Dosis erzeugte vorher¬ 
gehende. Dagegen unter schieden sich die schwach wirksamen und uw- 
wirksamen Malleine von den wirksamen durch verschiedene Größe der 
Schwellungen nicht. Meist waren die Schwellungen wenig scharf begrenzt, 
so daß die Feststellung ihres Durchmessers subjektiv zu beeinflussen 
w r ar. Vereinzelt traten Schwellungen mit geringem Durchmesser und be¬ 
deutender Höhe auf, andere Injektionen blieben gänzlich ohne Reaktion. 

Die Beobachtungen bei der Nachprüfung waren dahin zusammen¬ 
zufassen, daß die von Schnürer zur Auswertung herangezogenen Haut¬ 
schwellungen durch ein in den tieferen Schichten des Coriums gebildetes 
entzündliches Exsudat hervorgerufen werden und der sichtbare Aus¬ 
druck eines über die Giftigkeit des Malleins entscheidenden, verborgenen 
Entzündungsvorganges sind. Könnte man aber auch die Schwere des 
Entzündungsvorganges allein von der Menge des dabei gebildeten 
Exsudats abhängig machen, so erfolgt doch seine Ausbreitung infolge 
der veränderlichen Struktur der Hautdecke, deren Dichtigkeit zudem 
durch vitale Spannungsverhältnisse wechselnd beeinflußt wird, nicht 
einheitlich, so daß die in der Schwellung meßbare Menge des Exsudats 
nicht gleichlaufend mit der Schwere der in der Tiefe sich abspielenden 
Entzündung ist. Die Erwägungen wmrden durch Umkehrung des 
Schnürersehen Versuchs experimentell bestätigt, so nämlich, daß gleiche 
Dosen- ein und desselben Malleins, an verschiedenen Stellen in der 



Über die Auswertung von Malleinen. 577 

Schultergegend endermal injiziert, völlig abweichende Ergebnisse 
zeitigten. 

Da somit die Resultate der Schnürer sehen. Methode unsicher bleiben 
und objektiv nicht zu ermitteln sind, so dann das Verfahren nicht als 
Grundlage für eine exakte Malleinauswertung angesehen werden. 

3. Malleinauswertung mit Hilfe der Komplementablenkungsmethode. 

Nachprüfung. 

Die von Schreiber-Stickdom vorgeschlagene Methode der Mallein¬ 
auswertung geht von der Voraussetzung aus, daß ajle Malleine Rotz¬ 
bacillenextrakte sind und wie diese im Komplementablenkungsversuch 
ausgewertet werden können. An einem Rotzserum von bekanntem 
Titer stellten sie den Komplementbindungswert ihres Malleins fest, 
indem sie die niedrigste Menge des Präparates ermittelten, die mit dem 
Rotzserum zusammen eine Bindung des Komplements bewirkt. Mit 
dem gefundenen Wert, den sie als Antigen- oder Extrakt-Einheit (E.-E.) 
betrachten, dividierten sie die für eineConjunctivalreaktion ausreichende 
Menge Mallein (1,0 flüss. Mall.) und drückten mit dem Resultat den 
Gesamtgehalt des Präparates an E.-E. aus. Sie nahmen nun an, daß die 
die Hämolyse hemmenden Substanzen mit den die Reaktion am lebenden, 
rotzinfizierten Tier auslösenden Stoffen identisch, oder daß wenigstens 
beide bei gleicher Herstellung eines Präparates in gleichem Verhältnis 
darin enthalten seien, und glaubten, den Gehalt eines Malleins an wirk¬ 
samen Substanzen durch die Anzahl seiner E.-E. bestimmen zu können. 

Die Nachprüfungen ergaben, daß die von Schreiber-Stickdom ge¬ 
machte Annahme nicht zutrifft und die die Hämolyse hemmenden 
Substanzen mit den wirksamen Bestandteilen des Malleins weder iden¬ 
tisch, noch zu gleichen Teilen in jedem Präparat nebeneinander vor¬ 
handen sind. Im einzelnen ging aus den Versuchen hervor, daß die mit 
Mallein vorgenommenen Komplementablenkungsversuche in gleicher 
Weise wie mit Rotzbacillenextrakt spezifisch sind. Malleine ohne 
Rotzserum und Tuberkulin -f- Rotzserum verhindern die Hämolyse 
nicht. Bei gleicher Versuchseinstellung und Verwendung eines Rotz¬ 
serums von gleichbleibendem Bindungswert läßt sich aus einem Mallein 
in kürzeren Zwischenräumen dieselbe Anzahl E.-E. bestimmen, so daß 
unter diesen Voraussetzungen ermittelte Werte vergleichbar sind. 
Die im folgenden zum Vergleich herangezogenen Resultate sind jedoch 
stets in einer Versuchsreihe an ein und demselben Rotzserum gewonnen 
worden. Für das Mall. Schreiber-Landsberg wurden so 400 E.-E. er¬ 
rechnet, ein anderes Mall. R. G. A. hatte 133,3 E.-E. Während aber 
das Mall. R. G. A. noch in einer Verdünnung von I : 35 eine positive 
Conjunctivalreaktion hervorrief, war das Mall. Schreiber nur bis zu 
einer Verdünnung von 1 : 20 wirksam. Das nach E.-E. 3 mal höher 



578 


H. Krüger: 


wirksame Mall. Schreiber war also im Tierversuch dem Mall. R. G. A. 
unterlegen. Einige weitere, auch im Handel befindliche Malleine hatten 
Werte von z. T. 1000 (Merck, Darmstadt), z. T. weniger ab 30 E.-E. 
(Ruete-Enoch, Foth, M. V. A.). Die Augenprobe war mit den Mallemen 
Merck, Foth und M. V. A. gleichmäßig stark positiv. Endlich wurden 
aus einem Rotzbacillenextrakt, der, wie bekannt, keine Reaktionen 
an rotzinfizierten Organbmen hervorruft, 133,3 E.-E. ermittelt. Da¬ 
gegen bleibt das Mall. R. G. A. mit gleichfalls 133,3 E.-E. selbst in 
beträchtlichen Verdünnungen wirksam. Keines dieser Ergebnisse deutet 
darauf hin, daß die wirksame Substanz des Malleins mit den die Hämo¬ 
lyse hemmenden Stoffen identisch oder gleichzusetzen sei. Infolge¬ 
dessen kann auch das Komplementablenkungsverfahren nicht zur 
Auswertung des Malleins benutzt werden. 

Aus Untersuchungen von Bosmann über die Haltbarkeit der Malleine 
geht hervor, daß die antigene Eigenschaft im Komplementablenkungs¬ 
versuch im Laufe der Zeit erheblich nachlassen kann, während ihre 
Wirkung auf den Tierkörper sich gleichwohl unverändert erhält. Die 
Beobachtungen konnten an dieser Stelle in einem Falle bestätigt werden. 
Sie schließen die Möglichkeit aus, mit Hilfe der Methode Schreiber- 
Stickdom für jedes vorher auf seine Brauchbarkeit geprüfte Mallein ge¬ 
sondert die Anzahl der E.-E. zu berechnen und die Beibehaltung dieser 
Zahl zum Nachweis für ihre unveränderte Wirksamkeit vorzuschreiben. 

Für staatliche Prüfungszwecke eignet sich das von Schreiber-Stickdorn 
vorgeschlagene Auswertungsverfahren mit Hilfe der Komplement - 
ablenkungsmethode nicht. 

4. Versuch einer Aufwertung des MaUeins an rotzigen Meerschweinchen 
in Anlehnung an die Methode der Prüfung des Tuberkulins nach Rob. Koch. 

Das von Rob. Koch eingeführte, von Dönitz modifizierte staatliche 
Prüfungsverfahren für Tuberkulin besteht darin, einer Reihe von 
4—5 Wochen zuvor tuberkulös gemachten Meerschweinchen das zu 
prüfende Tuberkulin in abgestuften Dosen einzuspritzen und fest¬ 
zustellen, bis zu welcher Dosis 24 Stunden nach der Injektion der Tod 
eintritt. Diese Dosis bezeichnet man als den Titer des Tuberkulins. 
Man vergleicht ihn mit dem Titer eines in einer zweiten Versuchsreihe 
geprüften, in seiner Wirksamkeit bekannten Standardtuberkulins und 
ermittelt daraus den Wert des Prüfungspräparates. Die nach der 
Injektion verendeten Tiere müssen den für die Tuberkulinwirkung 
charakteristischen Sektionsbefund ergeben. Pathognomisch für die 
Tuberkulinwirkung sind hämorrhagieähnliche Flecke an der Leber¬ 
oberfläche, welche nach Koch durch enorme Erweiterung der Capillaren 
in der nächsten Umgebung der tuberkulösen Herde entstehen. Nach 
der gegenwärtig weit verbreiteten Ansicht beruhen die Symptome und 



Über die Auswertung von Malleinen. 


579 


der Tod der Tiere auf der Einwirkung des Tuberkulins auf tuberkulöses 
Gewebe, dagegen nicht auf Vorgängen anaphylaktischer Natur. 

Wiederholt sind Versuche unternommen worden, in ähnlicher Weise 
das Mallein an rotzigen Meerschweinchen auszuwerten. Sie waren 
jedoch ohne Erfolg (Klimmer). Man hat dies dem Umstande zuzu¬ 
schreiben, daß die Meerschweinchen im allgemeinen nicht in gleicher 
Weise an Rotz erkranken wie an Tuberkulose, so daß es bedeutend 
schwieriger ist, die Tiere durch Infektion mit Rotz in den für die Aus¬ 
wertung erforderlichen „Reifezustand“ zu versetzen, d. h. eine genügend 
fortgeschrittene Erkrankung zu erzielen, welche die Empfindlichkeit 
gegen Mallein in einem für die Auswertung notwendigen Maße steigert. 
Die Erfahrung an etwa 50, unter Leitung des Herrn Regierungsrats 
Dr. Oiese (Reichsgesundheitsamt) in eigenen Versuchen mit Rotz in¬ 
fizierten Meerschweinchen hat in Übereinstimmung mit Beobachtungen 
von Löffler ergeben, daß das Meerschweinchen zwar in jedem Falle 
für Rotz empfänglich ist, daß jedoch der Verlauf der Erkrankung 
wenig einheitlich und nach Ausdehnung und Heftigkeit bedeutenden 
Schwankungen unterworfen ist. Für die Auswertung kommen nur solche 
Tiere in Betracht, welche ausgedehnt an Rotz erkrankt sind. Der 
Erfolg der Versuche hängt ab von der richtigen Auswahl der dazu 
verwendeten Tiere. Da nach den äußerlich erkennbaren Merkmalen 
der Grad der Erkrankung nicht mit Sicherheit festzustellen ist, muß 
man nebenher eine ständige Gewichtskontrolle ausüben und wie bei der 
Tuberkulinauswertung nur solche Meerschweinchen für den Prüfungs¬ 
versuch verwenden, welche durch eine fortschreitende Gewichtsabnahme 
die genügend starke Ausdehnung der Infektion zu erkennen geben. 

Die Versuche haben gezeigt, daß Tiere mit fortgesetzt fallendem 
Gewicht in der Mehrzahl an generalisiertem Rotz erkrankt waren. 
Erst in diesem Stadium der Infektion scheinen sie für einen erfolgreichen 
Auswertungsversuch geeignet zu sein. Den „Reifezustand“ erzielt 
man am sichersten bei subcutaner Infektion ( 1 / 6 Platinöse einer 48 stän¬ 
digen Reinkultur), jedoch kann sich dabei der Versuch über mehrere 
Monate erstrecken. Durch den intraperitonealen Infektionsmodus wird 
die Vorbereitungsdauer wesentlich abgekürzt. 

Probeversuche mit Mallein an derartig vorbereiteten Tieren waren 
erfolgversprechend. Ein in größerem Umfange vorgenommener Aus¬ 
wertungsversuch scheiterte jedoch an dem Auftreten einer zweiten, 
schleichenden Erkrankung seuchenhafter Natur unter den für den 
Versuch bereitgestellten Tieren, so daß die Resultate der täglichen 
Gewichtsmessungen hinfällig wurden. Leider war infolge der wirtschaft¬ 
lichen Notlage des Instituts eine Fortführung der Versuche nicht mög¬ 
lich, so daß es unentschieden bleibt, ob auf dem bezeichneten Wege 
die Auswertung des Malleins gelingt. 



580 II. Krtlger: Über die Auswertung von Malleineo. 

Soweit sich aus den wenigen, brauchbaren Ergebnissen ersehen 
läßt, kann durch intraperitoneale Injektion von Mallein (0,75 — 1,0 ccm 
Mall. R. G. A.) der Tod ausgedehnt rotzkranker Meerschweinchen 
innerhalb 24 Stunden herbeigeführt werden. (Ein gesundes Kontroll- 
tier blieb nach Injektion von 2,0 ccm am Leben.) Bei der Öffnung 
der verendeten Tiere finden sich an den inneren Organen teilweise Ver¬ 
änderungen, welche den für die Tuberkulinwirkung charakteristischen 
entsprechen, jedoch finden sich keine hämorrhagieähnlichen Flecke in 
der unmittelbaren Umgebung rotziger Herde. Nach den übereinstimmen¬ 
den Befunden an mehreren infolge der Malleininjektion verendeten 
Versuchstieren scheint der Tod nicht durch die Einwirkung des Malleins 
auf rotziges Gewebe hervorgerufen zu werden. Dagegen lassen einige 
andere Erscheinungen darauf schließen, daß der Tod auf anaphylakti¬ 
schen Vorgängen beruht. Diese sind punktförmige Blutungen an den 
serösen Häuten und auf der Oberfläche der Leber, Niere oder Milz, 
Lungenblähung mit emphysematoser Erweiterung der Alveolen, An¬ 
sammlung feinblasigen Schaums in den Bronchien, starke Füllung der 
Leber-, Milz- und Nierengefäße und Blutungen in das Parenchym; 
äußerlich sichtbar, sogleich nach der Einspritzung des Malleins, er¬ 
schwerte und geringgradig beschleunigte Atmung, krampfhafte Kon¬ 
traktionen der Bauchmuskulatur und Benommenheit. Die punkt¬ 
förmigen Blutungen wurden in allen eindeutig auf die Malleinwirkung 
zurückzuführenden Todesfällen vorgefunden; sie können versuchsweise 
als pathognomisch gelten. 

Bei der Mannigfaltigkeit der Aufgaben und den geringen, dafür zur 
Verfügung stehenden Mitteln war eine endgültige Lösung nicht zu 
erreichen. Falls das Bedürfnis bestehen bleibt, zwecks staatlicher 
Kontrolle ein Auswertungsverfahren für Mallein zu ermitteln und in¬ 
zwischen andere und bessere Möglichkeiten dafür nicht bekannt werden, 
empfiehlt es sich, die vorstehenden Versuche nachzuprüfen und in der 
angegebenen Richtung mit größeren Mitteln fortzusetzen. 

Zusammenfassung. 

1. Die von Schnürer zur Auswertung des Malleins vorgeschlagene 
Intracutanmethode entspricht nicht den Anforderungen eines exakten 
Prüfungsverfahrens. 

2. Desgleichen kann auf dem von Schreiber-Stickdom bezeichneten 
Wege der Toxingehalt eines Malleins durch die Komplementablenkungs¬ 
methode nicht einwandfrei ermittelt werden. 

3. Versuche, in Anlehnung an das staatlich vorgeschriebene Prü¬ 
fungsverfahren für Tuberkulin das Mallein an rotzigen Meerschweinchen 
auszuwerten, sind vielleicht erfolgversprechend. 



Skerlo: Betrachtungen Uber die Fleischfäulnis usw. 


581 


Betrachtungen über die Fleischfaulnis und Beiträge zur 
Wertbeurteilung einzelner chemischer Feststellungsmethoden 
derselben für die Nahrungsmittelkontrolle. 

Von 

Skerlo, Breslau, 

Kreistier« rzt. 

(Aus dem Laboratorium des staatl. Auslands-Fleisch beschau amtes [Leiter: 

Dr. med. vet. F. Baute].) 

(Referent: Prof. J. Bongert.\ 

Die Zersetzungsvorgänge, denen Fleisch unterworfen ist, sind sehr 
mannigfaltig. Für die Nahrungsmittelkontrolle ist es von Wichtigkeit, 
dieselben an Fleisch, das für den menschlichen Genuß bestimmt ist, ihrer 
Art und ihrem Vorgeschrittensein nach durch bestimmte Methoden fest- 
steilen zu können. Die Ursachen der Zersetzungen im Fleisch sind teils 
in fermentativen Vorgängen, die sich am toten Eiweiß abspielen, teil in 
Veränderungen auf bakterieller Grundlage zu suchen. Die äußerlich wahr¬ 
nehmbaren Veränderungen zeigen sich in bezug auf Struktur, Konsistenz, 
Geruch, Geschmack, Farbe, Reaktion und chemische Zusammensetzung. 

Im Anfänge der ordnungsmäßigen Aufbewahrung von Fleisch handelt 
es sich um tiefgehende, hydrolytische Spaltungen (Autodigestion, Auto¬ 
lyse, Reifung), die Selbstzersetzung des Organismus durch seine eigenen 
intracellulären Fermente, die sich bei vollkommenem Ausschluß von 
Bakterien am toten Eiweiß des geschlachteten Tieres vollziehen, und 
deren Produkte, wie z. B. Milch-, Ameisen-, Kohlensäure, in der oben 
angegebenen Weise verändernd ein wirken. Diese mit der Totenstarre 
einsetzenden autolytischen Prozesse haben die erwünschte Reifung des 
ordnungsmäßig aufbewahrten Fleisches unserer Schlachttiere zur Folge. 

Bei stärker einsetzender, nicht bakterieller Eiweißspaltung, die bei 
hoher Außentemperatur infolge ausbleibender Abkühlung entsteht, 
tritt Lockerung der im Fleische vorhandenen Schwefelverbindungen 
ein, die sich durch widerlichen, stickigen Geruch und besondere Färbung 
kennzeichnet. Für diese schnell verlaufende autolytische Zersetzung 
des Fleisches, die man als Stickigwerden bezeichnet, ist typisch neben der 
kupferroten, sich an der Luft grünlich färbenden Schnittfläche der eigen¬ 
artige, unangenehme Geruch, der sich bei der Kochprobe steigern kann. 

Diesen Zersetzungsvorgängen gegenüber stehen diejenigen, die auf 
das Vorhandensein und den Lebensprozeß von Mikroorganismen zurück¬ 
zuführen sind und als Fäulnis oder Verwesung bezeichnet werden. 
Betroffen werden dabei in erster Linie die Eiweißstoffe, teilweise die 
Kohlenhydrate, vereinzelt auch die Fette. 

Als Erreger der Fleischfäulnis kommt eine große Anzahl Bakterien¬ 
arten in Frage, deren Bedeutung in bezug auf ihre Wirksamkeit teil- 



582 Skerlo: Betrachtungen Uber die Fleischfäulnis und Beiträge zur Wert¬ 
weise noch umstritten ist. Die bloße Anwesenheit von wenigen Bak¬ 
terien im Fleische ist nicht gleichbedeutend mit Vorliegen von Fäulnis, 
sondern einzig und allein die Art und Menge der Erreger sind dafür 
entscheidend. Die Giftigkeit der Fäulnistoxine steht nicht im geraden 
Verhältnisse zum Grade der Fäulnis; also Geringgradigkeit derselben 
ist nicht gleichbedeutend mit geringer Schädlichkeit. 

Eine in der tagtäglichen Praxis brauchbare Methode zur Feststellung 
der An- und Abwesenheit von Fäulnistoxinen ist bisher nicht gefunden 
worden. Der Tierversuch ist zu unsicher und wegen der Langwierig¬ 
keit in der Praxis unbrauchbar. Das Vorhandensein deutlicher, wenn 
auch nicht hochgradiger, grobsinnlich wahrnehmbarer Fäulniserschei¬ 
nungen läßt jede weitere Untersuchung auf Fäulnis überflüssig erschei¬ 
nen. Bei Ausübung der Nahrungsmittelkontrolle kommen jedoch häufig 
Grenzfälle zur Beobachtung, in denen die subjektive Beurteilung, ob 
es sich um fortgeschrittene Stadien der Reifung oder Frühstadien der 
Fäulnis handelt, sehr schwer ist. Bei der Entscheidung dieser zweifel¬ 
haften Fälle hilft die Kochprobe im Hinblick auf die Unzulänglichkeit 
und individuelle Verschiedenheit der Geruchsorgane sehr oft nicht aus 
der Verlegenheit. 

Von größerem praktischen Werte ist die Fäulnisprobe nach W. Eber, 
die auf dem Nachweis von freiem, gasförmigem Ammoniak mit Hilfe 
von Salzsäuredämpfen beruht. Ammoniak bildet sich aber nicht nur 
bei Fäulnis, sondern auch bei anderen bakteriellen Prozessen, z. B. 
Eiterungen [Olage 1 ]). Auch wenn Trimethylamin zugegen ist, treten 
falsche Ergebnisse zutage. Weiter können Lakeobjekte durch Salpeter¬ 
reduktion die Probe positiv ausfallen lassen, ohne daß Fäulnis zugegen 
ist. Endlich kann die Ammoniakbildung durch gleichzeitige Säuerung 
verhindert werden, z. B. in mehlhaltigen Würsten. Nur bei Beachtung 
aller dieser Fehlerquellen wird daher die Ebersche Probe ein brauch¬ 
bares Hilfsmittel in der Hand des Sachverständigen zum Nachweis der 
Fäulnis sein. 

Zum Nachweis beginnender Fäulnis auf chemischem Wege haben 
neuerdings Tillmam und Mildner*) mit ihrem sog. Sauerstoff verfahren 
Versuche angestellt. Sie gingen dabei von der Überlegung aus, daß 
Fleisch im Zustande beginnender Fäulnis von zahlreichen Bakterien 
mit hohem Sauerstoffbedürfnis durchsetzt sei. Sie stellten fest, daß 
eine wässerige Aufschwemmung von faulem Fleisch, bei 37° bebrütet, 
ihren Sauerstoffgehalt viel schneller verlor als frisches Fleisch, in dem 
sich nur verhältnismäßig geringe Bakterienmengen befanden, und 
bauten darauf ihre Methode auf. Diese greift jedoch ganz einseitig 
diejenigen Bakterien heraus, die ein großes Sauerstoffbedürfnis haben, 

1 ) Glaqe, Lehrbuch. 

2 ) Zeit sehr. f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genußmittel Bd. 3 S. 1910. 



beurteilung einzelner chemischer Feststellungsmethoden derselben usw. 583 

und berücksichtigt die eigentlichen Fäulniserreger, die Anaerobier sind, 
so gut wie gar nicht. Einen Anspruch auf Genauigkeit kann sie daher 
nicht machen. 

Dasselbe gilt von der sog. Nitratprobe, die Tillmans, Stohecker und 
Schütze 1 ) in Ergänzung des vorstehenden Verfahrens in Anwendung 
brachten. Die für die chemischen Vorgänge hierbei gegebenen Er¬ 
klärungen stoßen außerdem bei Fachleuten auf Widerspruch. 

Tillmans und seine Mitarbeiter haben deshalb ein drittes, ihrer An¬ 
sicht nach allgemein wirkendes, und die vorher erwähnten, ergänzendes 
Verfahren ausgearbeitet 2 ). Dieses beruht auf der Entfärbung von 
Methylenblaulösung (5 ccm gesättigte alkoholische Methylenblaulösung 
in 195 ccm Wasser), die nach Ansicht der obigen Autoren in der Haupt¬ 
sache auf die reduzierenden Eigenschaften von Enzymen zurückzu¬ 
führen sei, die von den vorhandenen Bakterien ausgeschieden werden. 
Tillmans und seine Mitarbeiter sind demnach der Meinung, daß das 
in der sanitätspolizeilichen Milchkontrolle übliche Verfahren zum Nach¬ 
weis des Frischseins der Milch auch zur Feststellung der Fleischfäulnis 
zweckdienliche Verwendung finden kann. 

Nach übereinstimmenden neueren Forschungsergebnissen liegt je¬ 
doch kein Grund vor, die eintretende Reduktion der Methylenblaulösung 
auf die Existenz einer von Bakterien ausgeschiedenen Substanz enzymati¬ 
scher Natur zurückzuführen. Dem genannten Verfahren von Tillmans und 
seinen Mitarbeitern liegen demnach falsche Voraussetzungen zugrunde. 

Der allgemeinen Bedeutung wegen, die letzterem Verfahren für die 
Nahrungsmittelkontrolle beigelegt werden muß, falls es den Erwar¬ 
tungen obengenannter Autoren entspricht, habe ich dasselbe einer 
Nachprüfung unterzogen. Es sei jedoch vorweg bemerkt, daß auf Grund 
der in der Zusammenstellung der Versuchsergebnisse angegebenen 
Zeiten, in welchen die Entfärbung der Methylenblaulösung beobachtet 
wurde, das unwahrscheinliche Ergebnis festzustellen ist, daß Fleisch 
mit einer Entfärbungsdauer zwischen 240 und 90 Min. als „frisch“, 
zwischen 120 und 85 Min. als „mit beginnendem Schweißgeruch be¬ 
haftet“ und zwischen 45 und 8 Min. als „faulig“ bezeichnet wird. 
Der sterilen Ausführung der Arbeiten haben Tillmans und seine Mit¬ 
arbeiter bei allen 3 Methoden keine Beachtung geschenkt. Im Hinblick 
auf die ausschlaggebende Rolle, die Tillmans der Anwesenheit von Bakterien 
zuteiU, hätte ein steriles Arbeiten unbedingte Voraussetzung sein müssen. 

In den von mir vorgenommenen Versuchen war ich bestrebt, das 
vorgenannte Verfahren in Anpassung an die praktischen Verhältnisse 
bei der Nahrungsmittelkontrolle zu prüfen. Demzufolge kamen in 
einer Versuchsreihe, A—H, größere Fleischstücke zur Verwendung, 

*) Zeitechr. f. Untersuch, d. Nahrungs- u. Genußmittel Bd. 3%. 1916. 

2 ) Ibidem. 

Arch. f. Tierheilk. L. 


42 



584 Skerlo: Betrachtungen Uber die Fleischfäulnis und Beiträge zur Wert- 

an denen sich die Beschaffenheit der oberen und tiefen Lagen ermitteln 
ließ, was für die sachkundige Beurteilung der Fleischfäulnis (vgl. §33 
und § 35 der B.B.A zum R.F1.G.) unbedingt erforderlich, von Tül- 
tnans und seinen Mitarbeitern aber nicht beachtet worden ist. Für 
2 weitere Versuchsreihen verwendete ich je 9 Proben frisch zubereiteten 
Hackfleisches, die aus ebensovielen verschiedenen Geschäftsbetrieben 
entnommen waren. Die eine Reihe wurde sofort in frischem Zustande, 
die andere nach 48 ständiger Aufbewahrung bei Zimmertemperatur 
verarbeitet. Diesen 3 Versuchen voraus ging eine Prüfung des Ver¬ 
haltens der gebräuchlichen Methylenblaulösung gegenüber mir zur 
Verfügung stehenden Bakterienstämmen in Reinkultur. Da die Mehr¬ 
zahl von diesen bei der Fäulnis des Fleisches eine hervorragende Rolle 
spielt, und TiUmans und seine Mitarbeiter die Entfärbung des Methylen¬ 
blaus zum großen Teil der Tätigkeit von Bakterien bzw. den von diesen 
ausgeschiedenen Enzymen zuschreiben, mußte das Ergebnis von Be¬ 
deutung für die Beurteilung der genannten Arbeit sein. Die Dauer der 
Beobachtung wurde im allgemeinen nicht über 2 Stunden ausgedehnt, 
da später auftretende Reaktionen als unsicher bezeichnet werden 
müssen. Die Ergebnisse der 4 Versuchsreihen wurden in Zusammen¬ 
stellungen geordnet. 

Bei Betrachtung des Ergebnisses des Vorversuches fällt zunächst auf, 
daß nur die Enteritisbazillen bei jedem Ansatz eine Entfärbung des Me¬ 
thylenblaus hervorriefen. Demgegenüber war das Verhalten der Staphy¬ 
lokokken am wechselvollsten. St. citreus entfärbte von 5 Proben einmal. 
Ähnlich verhielten sich St. aureus und albus. Der erstere entfärbte in 
6 Proben 2 mal, der andere in 5 Proben 4 mal. Die Zeitdauer, in der die 
Entfärbung vor sich ging, war sehr verschieden und ohne Regel sowohl 
innerhalb der gleichartigen Bakterienstämme als auch bei Vergleich 
der einzelnen Gruppen gegeneinander. Ein regelmäßiger Einfluß einer 
48 ständigen Kultur gegenüber der 24 ständigen bez. Schnelligkeit der 
Entfärbung war nicht wahrnehmbar. Es kann daher aus dieser Fer 
suchsreihe auf eine Regelmäßigkeit in dem Verhalten von für die Fleisch¬ 
zersetzung wichtigen Bakterien gegenüber der gebräuchlichen Methylenblau¬ 
lösung keinesfalls geschlossen werden. 

In der 2. Versuchsreihe wurden 8 Fleischstücke (Probe A—H) einer 
verschieden langen Beobachtung unterzogen, die sich äußerlich auf 
Aussehen und Geruch erstreckte. Die Prüfung der von der Oberfläche 
und aus den tiefen Schichten steril entnommenen Proben geschah in 
gut zerkleinertem Zustande, zunächst mit Hilf e derEberschen Reaktion, 
auf Vorhandensein von freiem Ammoniakgas. Sodann erfolgte die Auf¬ 
schwemmung von 5 g steril entnommenem Fleisch in Methylenblau¬ 
lösung unter gleichmäßiger Erwärmung auf 45° nach Vorschrift von 
TiUmans und seinen Mitarbeitern. In den Fällen, in denen das Fleisch 



beurteiiung einzelner chemischer Feststellungsmethoden derselben usvr. 585 


äußerlich frisch erschien, ging zur Kontrolle der bakteriologische Nach¬ 
weis mittels Kulturanlage nebenher. 

Die Untersuchung des Ablaufes der oberflächlichen und der tiefen 
Fäulnis an diesen 8 Fleischproben ergab, daß sowohl die Ebersche Reak¬ 
tion als auch die Methylenblauentfärbung bei Proben aus oberflächlichen 
und tiefen Schichten des zu untersuchenden Fleisches erst eintraten, 
nachdem an der Oberfläche bereits starke, grobsinnlich wahrnehmbare 
Abweichungen in bezug auf Aussehen und Geruch in die Erscheinung 
getreten waren. Veränderungen in den tiefen Schichten wurden durch 
die genannten Prüfungen erst angezeigt, nachdem solche an der Ober¬ 
fläche sehr weit vorgeschritten waren. Das Vorhandensein von Bak¬ 
terien konnte durch Kulturversuch teilweise bereits 48 Stunden früher 
nachgewiesen werden (Probe B). 

Durch das Ergebnis der Versuchsreihe ist somit bewiesen, daß man mit 
der von TiUmans und seinen Mitarbeitern in Vorschlag gebrachten, sog. 
RedvJctasereduktion mit Methylenblaulösung nicht imstande ist, Zer¬ 
setzungszustände in oberflächlichen und tiefen Schichten von Fleisch, auf 
Grund der Entfärbung früher festzustellen, als dies auf dem Wege grob- 
sinnlicher Wahrnehmung möglich ist. Die mangelnde Konstanz bei Ein¬ 
tritt der Entfärbung setzt den 'praktischen Verwendungswert der Methode 
außerdem ganz erheblich herab. 

Was endlich die Prüfung von frischen und von 48 Stunden lang auf¬ 
bewahrten Hackfleischproben mit der Reduktasereaktion auf Fäulnis 
anbelangt, so hat diese Versuchsreihe ergeben (lila und IIIb), daß 
das frische Hackfleisch den Farbstoff im allgemeinen unverändert ließ. 
Nur bei 2 frischen Hackfleischproben (7 und 9) stellte sich innerhalb von 
2 Stunden eine leichte Entfärbung ein. Von diesen beiden Proben brauchte 
nach 48 Stunden langen Aufbewahrung die Probe Nr. 9 bei weitem den 
längsten Zeitraum bis zur vollständigen Entfärbung, während die Probe 
Nr. 7 und die übrigen, Nr. 1 —6, sich innerhalb weniger Minuten entfärb¬ 
ten. Eine Gleichmäßigkeit im Verhalten der frischen wie der fauligen Hack¬ 
fleischproben gegenüber der Methylenblaulösung, die zur Aufstellung einer 
Hegel hinreichen könnte, ist aus diesen Versuchsreihen nicht zu erkennen. 

Das Gesamtergebnis aus den von mir angestellten Versuchsreihen 
znr Klärung der Frage, ob der von Tillmans und seinen Mitarbeitern 
vorgeschlagene Weg, zum Nachweis von Fleischfäulnis die allgemein in 
der sanitätspolizeilichen Milchkontrolle zur Ausführung der Reduktase¬ 
reaktion gebräuchliche Methylenblaulösung zu verwenden, für die Nah¬ 
rungsmittelkontrolle gangbar ist, fasse ich, wie folgt, zusammen: 

1. Die Entfärbung der gebräuchlichen Methylenblavlösung beruht vor¬ 
wiegend auf dem Vorhandensein bzw. der Tätigkeit von Bakterien. 

2. Die Wirkung auf die Farblösung ist bei den einzelnen Bakterien¬ 
arten sehr verschieden. 


42* 



586 


A. Goreniuc: Das schleswigsche Pferd, seine Zucht 


3. Bakterienstämme gleicher Art lassen in ihren verschiedenen Eni- 
wicklungsstufen Regelmäßigkeit bei der Entfärbung vermissen. 

4. Fleisch entfärbt die Methylenblaulösung erst, wenn bereits mit den 
Sinnen deutlich wahrnehmbare Fäulniserscheinungen vorhanden sind. 

5. Die für die Entfärbung durch Fleischproben erforderliche Zeitdauer 
ist verschieden lang, unregelmäßig, und entspricht nicht immer dem Grad* 
der an dem Fleische sinnlich wahrnehmbaren Veränderungen. 

Aus der vorstehenden Arbeit geht demnach hervor, daß die von 
TiUmans und seinen Mitarbeitern vorgeschlagenen Methoden, auf che¬ 
mischem Wege den Nachweis beginnender Fäulnis zu führen, für die 
Nahrungsmittelkontrolle nicht brauchbar sind. Das sog. Sauerstoff- 
verfahren, und die auf dem Nachweis von Nitraten beruhende Methode 
erfassen nur einen kleinen, und zwar den am wenigsten wichtigen Teil 
der Fäulniserreger. Die Reduktion des Methylenblaus tritt im all¬ 
gemeinen unregelmäßig ein und erst dann, wenn bereits äußerlich un¬ 
verkennbare Zersetzungserscheinungen am Fleische wahrnehmbar sind. 

Die Annahme von Tillmans und seinen Mitarbeitern, daß die Ent¬ 
färbung der MethyUnblaulösung zum Nachweis von Fleischfäulnis in 
gleichem Verhältnis zum fortschreitenden Gehalt an Fäulniskeimen steht, 
ist durch meine Versuche als irrig erwiesen. — Eine Verbesserung des 
objektiven Fäulnisnachweises gegenüber der Eberschen Probe kann 
somit in der von Tillmans empfohlenen Reduktasereaktion keineswegs 
erblickt werden. 


Das schleswigsche Pferd, seine Zucht und mechanischen 
Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a. 

Von 

Andrei Goreniuc, 

approb. Tierarzt. 

(Aus dem Institut für Tierzucht und Geburtskunde an der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Berlin [Direktor: Professor Dr. SchöUler].) 

[Referent: Prof. Dr. ScMttirr. 

Daß der Pferdezucht stets eine hervorragende Bedeutung sowohl 
vom Privatbetrieb als auch von staatlichen Wirtschaften eingeräumt 
wurde, und sie somit der Gegenstand besonderer Sorge und Forschungen 
war, braucht hier nicht erst erwähnt zu werden. Während jedoch die 
Rassenentwicklung des Warmblutpferdes bereits allseitig beleuchtet 
worden ist, sind die Rassen des Kaltblutpferdetypus weniger erforscht. 
Erklären läßt es sich dadurch, daß die Zucht des Warmblutpferdes 
seitens der Regierungen, welche zu Armeeremonten stets solcher Pferde 
bedurfte, gefördert wurde, während die Zucht des Kaltblutpferdes nur 



und mechanischen Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a. 587 


die Landwirtschaft und die Großindustrie beschäftigte und nur teil¬ 
weise von der Regierung unterstützt, manchmal aber auch durch sie 
gehindert wurde. 

Der Weltkrieg und die von seinen Folgen hervorgerufenen Grund¬ 
veränderungen in fast allen Lebensgebieten vieler Länder einerseits, 
und andererseits die große Entwicklung der Kriegstechnik, welche das 
Anwenden des Pferdes zu Kriegszwecken bedeutend begrenzte, ver¬ 
anlaßt« in letzter Zeit die Regierungen der Kaltblutpferdezucht mehr 
Interesse zuzuwenden. Die Rassenzucht des Kaltblutpferdes bietet — 
dank der Genügsamkeit des Typus in bezug auf Futter und Verpflegung, 
ferner dank seiner Frühreife und Anpassung zu allen möglichen Arbeiten 
— weitaus mehr Vorteile als die des Warmblutpferdes. 

Hiermit läßt sich erklären, warum die Frage, welche Eigenschaften 
die bereits vorhandenen Kaltblutpferderassen aufweisen, und ob nicht 
unter ihnen eine solche ist, welcher, analog dem englischen Vollblut in 
der Warmblutzucht, ein besonderer Vorrang eingeräumt werden könnte, 
ein ganz besonderes Interesse bietet und eine allseitige Beleuchtung 
vom Stand der Wissenschaft aus als auch der des Lebens erfordert. 

Diese Idee liegt der Arbeit zugrunde, welche an dieser Stelle kurz 
behandelt werden soll. 

Die Pferdezucht, wie die Zucht überhaupt, ist gegenwärtig ein Gebiet, 
auf dem noch vieles der Erklärung bedarf. Deswegen ist die Kompli¬ 
ziertheit der Aufgabe, vor die sich jeder Züchter gestellt sieht, groß, 
aber noch größer ist sie für die ganzen Zuchtgebiete. Von diesem Ge¬ 
sichtspunkte zur Untersuchung des schleswigschen Pferdes ausgehend 
und die Tatsache im Auge behaltend, daß mit dessen Zucht sich größten¬ 
teils Klein- und Mittelbesitzer befassen, die sich mehr von praktischen 
Erfahrungen als von wissenschaftlichen Grundsätzen leiten lassen, 
habe ich nur diejenigen Grundlagen berührt, von denen Schivarznecker 
einfach aber klar zum Ausdruck gebracht hat: „Man muß wissen, was 
man hat, was man will und wie man von dem, was man hat, zu dem 
gelangen kann, was man will.“ Hierzu habe ich jedoch auch das hinzu¬ 
gefügt, was tatsächlich in der schleswigschen Pferdezucht erreicht ist, 
d. h. ich habe das gegenwärtige schleswigsche Pferd, seine mechanischen 
und Wachstums Verhältnisse charakterisiert. 

Die Umweltsbedingungen, in denen das schleswigsche Pferd gezüchtet 
wird, sind in allen Beziehungen sehr günstig. Die geographische Lage 
der Provinz Schleswig-Holstein ist ungefähr zwischen 53° und 55° N. B. 
und 9 ° und 11 0 ö. L. Das Klima ist gemäßigt und feucht und zeichnet 
sich aus durch starke Winde, die im Winterhalbjahr häufig zu stür¬ 
mischem Wetter ausarten. Die jährliche Durchschnittswärme beträgt 
in Kiel 8,1°, Altona 9,1° und Husum 8,21°. Minimum —12, Maximum 
-f-29,5°. Die jährliche Regenmenge beträgt 63—77 cm. Der Boden- 



588 


A. Goreniuc: Das schleswigsche Pferd, seine Zucht 


beschaffenheit nach zerfällt die Provinz in drei mit der Längenrichtung 
derselben parallel laufende Gebiete: den Geschiebeton längs der Ostsee, 
landeinwärts etwa soweit wie der Meerbusen reichend, und gegen das 
zweite Gebiet, die Geest, durch einen schmalen Strich vom Geschiebe¬ 
land begrenzt, die Marach längs der Westsee an der Elbe und Nordsee. 
Der Geschiebeton ist sehr fruchtbar, die Geest bereitet der Kultur 
große Schwierigkeiten und die Marschen enthalten einen überaus frucht¬ 
baren, aus dem Schlamm der Nordsee gebildeten Boden. Die Wirtschaft- 
liehen Verhältnisse sind auch gut: eine große Zahl bequemer, gut orga¬ 
nisierter Verkehrswege, Weltmärkte (Husum, Hamburg u. a.), die Wohl¬ 
habenheit und Kultur der Bevölkerung, ihre große Neigung zur Tier¬ 
zucht. 

Das frühere schleswigsche Pferd (einheimische) gehörte dem Typ des 
Kaltblutpferdes an; der Einfluß jedoch, den die staatlichen Maßnahmen 
im 17. und 18. Jahrhundert ausübten und die zur Veredelung durch 
Einkreuzung von Vollblut führen sollten, war so groß, daß ihre Spuren 
noch gegenwärtig zu bemerken sind (s. mechanische Verhältnisse). 

Das Zuchtziel war erst nach der Einverleibung der Provinz Schleswig- 
Holstein an Preußen richtig bestimmt. Es war „ein kräftiges Arbeits¬ 
pferd, welches den gesteigerten Anforderungen der Armee und der 
Industrie zu entsprechen vermag“ zu züchten. 

Die organisierte Zuckt des schleswigschen Pferdes begann erst im 
Jahre 1891 mit dem Aufkommen des schleswigschen Pferdezuchtvereins. 
Die Organisation dieses Verbandes und des Zuchtgebietes wird durch 
folgende Satzungen geregelt: 

1. „Das Verbandsstatut.“ 2. „Die Vereinbarungen des Verbandes 
schleswigscher Pferdezuchtvereine mit dem Vorstand der Landwirt¬ 
schaftskammer für die Provinz Schleswig-Holstein.“ 3. „Die Polizei¬ 
verordnung betr. der Körung der Deckhengste.“ 4. „Die Körordnung 
für Stuten im Verband schleswiger Pferdezuchtvereine.“ 5. „Bestim¬ 
mungen über Eintragung in die Stammregister des Verbandes und Aus¬ 
stellung von Zertifikaten.“ 6. „Die Geschäftsordnung des Verbandes 
Schleswiger Pferdezuchtvereine.“ 

Im allgemeinen ist der Verband sowohl als auch das Zuchtgebiet 
gut organisiert. Es ist nur zu bemerken, daß während die Hengst¬ 
körordnung als Regierungsverordnung Gesetzesgültigkeit hat und von 
der Bevölkerung mit der größten Genauigkeit ausgeführt wird, die vom 
Verband schleswiger Pferdezuchtvereine selbst ausgearbeitete Stuten¬ 
körordnung für die Verbandsmitglieder eine Art Selbstverpflichtung 
darstellt und schon weniger genau genommen wird. Außerdem sind 
die Körkommissionen auch verschieden konstruiert, und zwar ist die 
Hengstkörkommission viel zahlreicher und solider als die Stutenkör¬ 
kommission. Im Ergebnis gibt es viele gute Stuten, die der Körkom- 



und mechanischen Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a. 589 

mission nicht vorgeführt werden und wahrscheinlich viele angekörte 
Stuten, die mit Erbfehlern behaftet sind. Meiner Meinung nach wäre 
es zweckentsprechend, eine gleichmäßig strenge Körung sowohl für die 
Hengste als auch für die Stuten einzuführen, wenn auch nur für die 
wenigen Jahre bis die Rasse sich im Zustand der Vervollkommnung des 
Typus befindet und zur Fixierung des letzteren gelangt. 

In der Provinz Schleswig gibt es keine speziellen Pferdezuchtver¬ 
ständigen wie z. B. in Bayern die Pferdezuchtinspektoren. Die gesamte 
Zucht des schleswigschen Pferdes befindet sich in Händen der lokalen 
Organisationen, der Vereine, die nicht von gelernten Spezialisten, 
sondern von Praktikern geleitet werden, sog. Vorsitzenden der Vereine. 
Die leitende Rolle des Vorstandsverbandes beschränkt sich auf die Ein¬ 
berufung von Generalversammlungen, auf die Organisation der Körungen 
und Ausstellungen. Nur in diesen Fällen erhalten die gewöhnlichen 
Züchter Anordnungen und Erklärungen praktischer Art. Die übrige 
Zeit sind sie sich selbst überlassen, so daß die größte Gewähr für den 
Erfolg in der Selbstbetätigung der Bevölkerung liegt, die der Tierzucht 
überhaupt großes Interesse entgegenbringt. 

Es ist unmöglich, die Zuchtentuficklung des schleswigschen Pferdes 
genau festzustellen, wegen Mangel an dazu nötigen Angaben in den 
Gestütbüchem. Ich habe jedoch 24 Hengstlinientafeln nach dem 
System de Chapeaurouge zusammengestellt und die Gestütbücher 
einzeln untersucht. Auf diese Weise habe ich ungefähr festgestellt: Das 
Grundblut des schleswigschen Pferdes besteht ungefähr aus 63,28% der 
schleswigschen Rasse, 33% der jütländischen (dänischen), 2,96% Warm¬ 
blut, 0,65% Kaltblut anderer Rassen und 0,11% unbekannter Ab¬ 
stammung. 

Das gegenwärtige Stammblut besteht aus 38,66% der schleswigschen 
Rasse und 61,34% der jütländischen (dänischen) Rasse; somit hat das 
schleswigsche Pferd zur Zeit im Stammblut ebensoviel jütisches (dä¬ 
nisches) Blut wie es zu Beginn der organisierten Zucht (im Grundblut) 
eigenes hatte; folglich nähert es sich immer mehr der jütländischen Rasse. 
Zur Zeit hat es 60,54—79,17% Blut der letzteren in sich. 

Die wichtigsten Hengststämme bestehen aus acht ausgestorbenen 
Hengststämmen (Thor Nr. 219, Pisaro Nr. 223, Zampa Nr. 243, Hektor 
Nr. 874 schleswigscher Abstammung; Cimbria Nr. 228, Tuwad Nr. 300, 
Waldemar Nr. 726 und Dux Nr. 1282 jütländischer Abstammung) und 
16 lebenden Hengststämmen (Garrick Nr. 212, Hans Nr. 294, Waldemar- 
Ripen, Prinz Karl Nr. 1092 schleswiger Abstammung; Jürgen Nr. 678, 
Munkedal Nr. 445, Cojrud Nr. 566, Robert Nr. 700, Barbarossa Nr. 934, 
Hannibal Nr. 1088, Kajetan, Nr. 1207, Poldi Nr. 1287, Horx Kosgaard 
Nr. 1047, Genius Nr. 1368, Frymer Lindgrup Nr. 970 und Grevi Nr. 1388 
jütländischer Abstammung). Der Munkedalstamm herrscht sowohl der 



590 


A. Goreniuc: Das schlcswigsche Pferd, seine Zucht 


allgemeinen Anzahl wegen (300), als auch der gegenwärtig lebenden 
Nachkommen (133) vor. Wenn wir die letzte Zahl mit der allgemeinen 
Anzahl (229) vergleichen, so sehen wir, daß die 58,55% des gesamten 
Bestandes der schleswigschen Hengste bilden. Der Anzahl der Nach¬ 
kommen männlichen Geschlechts nach nehmen den ersten Platz vier 
Hengste ein: Hörding Nr. 1421, Lorenz Nr. 1514, Markgraf Nr. 1522 
und Feldmarschall Nr. 1327. Erste drei Hengste gehören zum Munke- 
dalstamm (also jütländischer Herkunft) und betätigen sich noch; der 
letzte zum Prinz-Karl-Stamm, also schleswiger Herkunft, ist schon 
gestorben. Diese vier Hengste haben 77 oder 33,62% des gesamten 
Bestandes der schleswigschen Hengste. 

Die Zuchtmethoden waren in zwei Entwicklungszeiträumen verschie¬ 
dene: 1. bis ungefähr 1905 waren alle Bestrebungen der Züchter schein¬ 
bar darauf hinausgelaufen, größere, schwere, zur Paarung mit den 
schweren dänischen Hengsten taugliche Stuten heranzuziehen. Es 
wurde einerseits die Wahl der besten Stuten am Platze und andererseits 
eine intensive Einfuhr von jütländischen Stuten betrieben. (Von 1890 
bis 1900 wurden 313 oder 16,83% der Stuten eingeführt, von 1900 bis 
1910 - 892 oder 17,36% und von 1910 bis 1921 - 343 oder 7,04 o/ o . 
Somit wurde die Einfuhr bis 1910 intensiv betrieben, von da ab wurde 
sie aber verringert.) Die Hengste waren während dieser Zeiträume teils 
schleswiger oder unbekannter Abstammung, teils jütländischer, aber in 
Schleswig geboren und nur ein geringer Teil war aus Jütland eingeführt. 
Also logischerweise mußten zwei Zuchtmethoden angewandt werden: 
a) Kreuzung jütländischer Stuten mit schleswigschen Hengsten und 
umgekehrt und b) Reinzucht schleswigscher Stuten mit schleswigschen 
Hengsten und jütländischer Stuten mit jütländischen Hengsten. 

2. Von ungefähr 1905 ab bis zur Gegenwart trug die Zucht des 
schleswigschen Pferdes bereits einen bestimmten Charakter: Die schles¬ 
wigschen Züchter setzten sich augenscheinlich den Stammvater der 
dänischen Rasse Munkedal Nr. 445 zum Ziele und begannen bedeutende 
Mengen seiner Nachkommen einzuführen. Die vorhandenen Hengst¬ 
stämme spielten vielleicht nur eine Hilfsrolle, indem sie als Material 
zur Schaffung eines Typus bis zu einem gewissen Grade schleswigschen 
Gepräges dienten. An erster Stelle von zur Zeit angewandten Zucht¬ 
methoden steht zweifellos die Reinzucht; ihr folgte die Kreuzung, 
weiter begegnen wir ziemlich oft Fällen von mäßiger Verwandtschafts¬ 
zucht, besonders im Munkedalstamm, aber fast ausschließlich bei aus 
Jütland eingeführten Pferden und endlich kommen, wenn auch in 
geringer Anzahl, Fälle der Inzucht vor. 

Beim Versuch, sich in der Übereinstimmung all dieser Methoden 
zurechtzufinden, eine Gesetzmäßigkeit ihrer Anwendung vom Gesichts¬ 
punkt der zeitgenössischen Züchter und Zuchttheoretiker (Bruce Lau \ 



und mechanischen Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a. 591 


Graf Lehndorf, B. v. öttingen und de Chapeaurouge) zu finden, ist es 
schwer, etwas Bestimmtes festzustellen. Ein streng durchgeführtes 
System gab es jedenfalls nicht. 

Was die vollendete Herausbildung des Typus des schleswigschen 
Pferdes anbetrifft, so haben mich sowohl die von mir durchgeführten 
Messungen, von denen weiter unten die Rede sein wird, als auch die 
während der Hengstkörung im Januar 1923 gemachten Beobachtungen 
eine positive Schlußfolgerung ziehen lassen. Das gegenwärtige schles- 
wiger Pferd zeichnet sich durch ein deutlich ausgesprochenes typisches 
Exterieur aus. Dieser Typ aber ist noch nicht fixiert, da die Fälle von 
Inzucht nur vereinigt anzutreffen waren und trugen augenscheinlich 
rein zufälligen und nicht systematischen Charakter. Ohne Zweifel 
befindet sich die schleswigsche Rasse gegenwärtig in der wichtigsten 
und verantwortungsvollsten Periode der Bildung und fordert verständige 
und vorsichtige Anwendung der Inzucht. 

Wenn die besten Exemplare sowohl von Hengsten als auch von 
Stuten unter den Nachkommen der höher erwähnten Hengste — Hörding 
Lorenz, Markgraf und Feldmarschall — gefunden wären, dann wäre es 
möglich, zu einer Blutlinienzucht überzugehen und auf diese Weise 
sich die Aufgabe zu erleichtern, was besonders in der Gebrauchszucht 
wichtig ist, als welche die schleswigsche angesprochen werden muß. 

Die Bedeckung ist ziemlich gut organisiert. Gemäß der Polizeiver¬ 
ordnung ist jedem Hengste ein bestimmter Bezirk zugeteilt, außerhalb 
welchem er zur Deckung nicht zugelassen wird. Auf diese Weise wird 
die Zweckmäßigkeit der Paarungen geregelt. Verboten ist auch das 
Herumführen der Hengste von Haus zu Haus, wie das früher der Fall 
war. Die Mehrheit der Hengste — 182 (79,47%) — befindet sich im 
Privatbesitz, der Rest — 47 (20,53%) — gehört Hengstgenossenschaften. 

Die Haltung ist im allgemeinen sehr gut. Es ist nur ein Umstand 
vorhanden, welcher besondere Aufmerksamkeit verdient: es ist die 
ungleichmäßige Fütterung von Hengstfohlen und Stutfohlen, ersterc 
werden besser gehalten als letztere. Obgleich diese Erscheinung durch 
ungünstige ökonomische Verhältnisse hervorgerufen ist, so müßte sie 
doch unumgänglich abgeschafft werden, weil sie zum Ausarten der 
schleswigschen Rasse als Pferd den Kaltbluttypus führen könnte. Auch 
der Reichtum der Nährgräser der schleswigschen Weiden kann nicht 
völlig das konzentrierte Futter ersetzen. 

Das gegenwärtige schleswigsche Pferd wird von mir auf Grund der 
von mir vorgenommenen Messungen beurteilt. Bei den Messungen hielt 
ich mich streng an die „Praktische Anleitung zum Messen von Pferden“, 
gemeinsam bearbeitet von Butz, Henseler und Schüttler. 

Die Messungen und ihre Ergebnisse sowohl bei schleswigschem und 
nordischem als auch bei Vollblut, Traber und Hannoveraner Halbblut, 



592 


A. Goreniuc: Das schleswigsche Pferd, seine Zucht 



! Vollblut n. Stratul 

1 

Traber n. Bantoinu 

Hannovers!] 

na 

Maße 

! Absolute 
, Maße 

i 

| cm 

Verhältnis- 
zahlen auf 
100 cm der 
Widerrist höhe 

Absolute 

Maße 

Verhältnis¬ 
zahlen auf 
100 cm der 
Widerristhöhe 

Hengste 

AbsoH 

Stuten 

1. Höhe am Widerriste .... 

159,92 

100,00 

156,00 

100,00 

164,21 

161.11 

2. Höhe des Widerristes . . . 

— 

— 

— 


— 

— 

3. Rückenhöhe.' 

— 

— 

— 


— 

— 

4. Kruppenhöhe . 

160,33 

100,32 

155,80 

99,90 

164,04 

160.55 

5. Runipflänge. 

157,80 

98,71 

156,80 

100,50 

165,73 

| 164,54 

6. Brustbreite. 

38,83 

24,31 

40,20 

25,80 

48,47 

43,78 

7. Brusttiefe. 

71,88 

44,96 

70,40 

45,10 

74,50 

74,36 

8. Brustumfang . 

175,02 

109,37 

170,80 

109,50 

195,14 

190,7*2 

9. Kruppenbreite. 

175,02 

109,37 

170,80 

109,50 

195,14 

1 190.72 

10. Kruppenlänge. 

175,02 

109,37 

170,80 

109,50 

195,14 

190.72 

11. Beinlänge. 

87,89 

55,03 

85,60 

54,90 

89,68 

! 86.55 

12. Röhrbeinumfang. 

19,04 

11,91 

18,60 

11,90 

22,40 

! 20,*7 

13. Schulterlänge. 

57,46 

35,92 

56,70 

36,30 

61,64 

58,84 

14. Armbeinlänge. 

31,36 

19,58 

31,40 

20,10 

28,38 

28,63 

15. Unterarmlänge . 1 

42,73 

27,02 

39,50 

25,30 

46,56 

45.73 

16. Metacarpuslänge. 

28,16 

17,75 

26,50 

17,00 

28,05 

27.2ü 

17. Darrabeinlänge . 

33,72 

21,01 

32,30 

20,70 

38,37 

36*4 

18. Sitzbeinlänge. 

23,25 

14,50 

24,00 

15,40 

26,27 

24,71 

19. Oberschenkellänge. 

42,03 

26,23 

40,50 

25,90 

42,12 

41,04 

20. Unterschenkellänge .... 

43,79 

27,41 

41,50 

26,60 

47,02 

4ö.*7 

21. Metatarsuslänge. 

35,22 

22,02 

32,90 

21,00 

34,76 

34.17 

22. Schulterlage zur Horiz. . . 

59° 08' 

— 

58° 46' 


62° 13' 

6*2 : 34' 

23. Armbeinlage zur Horiz. . . 

50° 30' 

— 

53° 01' 

_ 

51° 02' 

51 53' 

24. Buggelenkwinkei . 

109° 41' 1 


Ul°47' 


113° 15' 

114 27 

25. Ellbogenwinkel. 

142° 55' 

- 

148° 53' 

-- 

145° 56' 

147 ~ 14 

26. Darmbeinlage zur Horiz. . . 

31° 13' 


36° 40' 1 

--- 

31° 37' : 

33 2'/ 

27. Oberschenkellage zur Horiz. . 

80° 18' 

— 

83° 57' 

— 

81° 21' 1 

82 c W 

28. Hüftgelenkwinkel. 8 

111° 43' 

— 

120° 37' | 

— 

112° 58' ' 

115 c 21* 

29. Kniewinkel.i 

i 149° 42' 

— 

146° 64' I 

— 

153° 48' 

152 2<» 


mit denen ich das schleswigsche Pferd vergleiche, ergeben folgendes Bild 
(s. Tab. S. 592/593): 

Aus dieser Tafel können wir 1. allgemeine Schlüsse über den Typus 
des schleswigschen Pferdes ziehen und 2. von den mechanischen Ver¬ 
hältnissen desselben im Vergleich zum Pinzgauer, Hannoveraner, Traber 
und Vollblut uns ein Urteil bilden. 

Was den Typus des schleswigschen Pferdes anbetrifft, so macht das letztere 
nach seinem Äußern nach einen bestimmten, ganzen und, würde ich sagen, vorzüg¬ 
lichen Eindruck. Der Kopf — mittlerer Größe und Schwere — (Kopflänge = 60 bis 
67 cm, Stimbreite = 18—26 cm), mit einer geraden oder etwas hervorspringenden 
Nase, die in breite Nüstern ausläuft. Die Lippen gut gerundet, beweglich und fest 
aufeinander schließend. Die Backen und Gamaschen ziemlich muskulös. Die 
Augen verhältnismäßig groß, offen und lebendig. Die Ohren gut angesetzt und 

























und mechanischen Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a. 593 


ilbblur 

-- 

— 

Schleswiger 


— 

Noriker 





eigene Messungen 



eigene Messungen 


II >. 

i = fei 

Absolute Maße 

<o 

.2 Ts © o 

Absolute Maße 

iE *3 S O 






e 




3 <3-ÖJ= 

samt 

C g * 

jzv 5 t 

> 

! 

Hengste 

Stuten 

Gesamt 

isff 

»■S8-S 

Hengste 

Stuten 

Gesamt 

im 


5t 









62,66 ! 

100,00 

163,08 1 

158,50 

160,79 

100,00 

159,66 

159,30 

159.48 

100,00 

— 

— 

8,90 ' 

7,20 

8,05 

5,01 

7,66 

7,56 

7,61 

4,77 

- I 

— 

154,18 

151.30 

152,74 

94,99 

152,00 

151,74 

151,87 

95,23 

62,29 , 

99,76 

165,02 

160,10 

162,56 

101,10 

163,33 

161,69 

162,51 

101,94 

65,13 

101,52 

169,14 

169,24 

169,19 

105.22 

171,16 

171,35 

171,25 

107,37 

46,12 ■ 

28.34 

52,16 

47.49 

49,83 

30,99 

49,41 

48,17 

48,79 

30,59 

74.43 , 

45,77 

76,84 

75,75 

76,30 

47.45 

77,16 

78,19 

77.67 

48,70 

92,93 

118,60 

208,56 

196.40 

202,48 

125,92 

201,00 

198,69 

199,84 

125,31 

92,93 

118,60 

58,71 

57,47 

59,09 

36,12 

57,50 

58,08 

57,79 

36,23 

92.93 

118,60 

57,23 

55,69 

56,46 

35,11 

55,16 

54,90 

55.06 

34,52 

"8.11 

54,16 

86.24 

82,75 

84,49 

52,55 

82,50 

81,11 

81,81 

51,30 

21.63 

13,23 

25,48 

23,84 

24,66 

15,34 

24,26 

23,08 

23,67 

14,84 

60.24 

37,03 

58,60 

56,71 

57,65 

35,85 

57,00 

56,04 

56,52 

35.44 

28.50 

17,52 

29,66 

28.72 

29,19 

18,15 

26.16 

25,92 

26,04 

| 16,26 

46.14 

28,36 

44,54 

43,06 

43,80 

27,24 

46,83 

45,62 

46,22 

! 28,98 

27.65 

17,00 

27,60 

27.29 

27.44 

17,06 

27,66 

i 27,40 

27,53 

: 17,26 

37.50 

23,05 

37,54 

37,69 

37.61 

23.39 

36,35 

i 36,44 

36.39 

1 22,81 

25.49 

15,67 

26,31 

25,02 

25.66 

15,95 

30.66 

28,12 

29.39 

18,43 

41.58 

25,69 

39,14 

38,81 

38,97 

24,23 

35,66 

35.34 

35,50 

; 22,26 

46.94 

28,65 

45,13 

44.02 

44.57 

27,72 

47.16 

46,66 

i 46.91 

29,41 

34,46 

21.59 

35,33 

34.76 

35.04 

21.79 

36,00 

35,56 

t 35,78 

22,43 

62 23' 


61° 13' 

62 19' 

61° 46' 


63' 40' 

64 45' 

64° 12' 

— 

51 c 27' 


53° 08' 

53° 13' 

, 53° iir 


52 20' 

50 " 58' 

51 ° 39' 

— 

13 4 48' 

- - 

114° 21' 

j 115° 32' 

114° 56' 


116 ' 00' 

115 43' 1 

115° 51' 

— 

46° 35' 

- 

146° 12' 

1 146° 49' 

1 146 ° 31' 


146° 10' 

1 146° 31' 

146 ° 21' 


32 c 28' 


36° 54' 

! 40° 43' 

38° 48' 

- 

39° 00' 

43° 57' 

41 ° 28' 1 


Sl 4 45' 

— 

84° 02' 

84° 33' 

84° 18' 


84 c 20' 

; 84° 25' 

84° 23' 

— 

14 c 13' 

— 

120 ' 56' 

125° 16' 

i 123° 06' 

- 

123=20' 

128° 22' 

125° 51' 

— 

53 c 04' 

— 

153° 16' 

1 151° 23' 

■ 152 c 19' 

- 

154° 00' 

153 ° 31' 

153°45' 

— 


ziemlich beweglich. Ein nicht zu breiter Schopf ist mit einem Büschel reichlicher, 
ziemlich langer, aber nicht zu grober Haare bedeckt. Ein ziemlich breiter Kehl- 
^ang. Ein solcher Kopf sitzt ziemlich hoch, ich würde sagen, stolz auf einem 
verhältnismäßig kurzen, dicken und breiten Halse, der mit einer Mähne mittlerer 
Länge geschmückt ist. Der Hals ist kräftig und tief dem Rumpf angegliedert, 
dessen Lange (109,19 cm) die Höhe (100,79 cm) wesentlich übertrifft, jedoch 
wirkt dieses keinesfalls auffällig dank der soliden Breite (49,83 cm), dem Umfang 
(202,48) und der Tiefe (70,30 cm) der Brust sowie der genügend gewölbten Rippen, 
dem ziemlich kurzen Rücken, der breiten muskulösen Lenden, der breiten, manch¬ 
mal gespaltenen, sehr muskulösen, nicht zu abschüssigen Kruppe und dem gut 
angesetzten Schweif. Verhältnismäßig schräge (61° 46') sehr muskulöse Schultern, 
kräftige Gliedmaßen (Röhrbeinumfang — 24,06 cm), eine ziemlich schräge (an den 
Hinterbeinen bisweilen zu weiche) Fessel mit reichlichem Behang an den Koten, 
ein frommes, jedoch genug lebhaftes Temperament — alles dieses bedingt eine 







594 


A. Goreniuc: Das schleswigsche Pferd, seine Zucht 


greifende, energische Aktion in Schritt und Trab. Die Haarfarbe ist fast ausschlie߬ 
lich fuchsig; bei 229 existierenden Zuchthengsten sind nur 3 Schimmel, 4 Rappen, 
8 Braune; alle übrigen 214, das sind 93,45%, sind Füchse. Dies ist im allgemeinen 
der Typus des schleswigschen Pferdes. Natürlich ist der allgemeine Eindruck 
und die auf ihm begründete Beschreibung gewöhnlich trügerisch, da sie nicht alle 
Abweichungen von der Norm in Betracht zieht. Aber auch der Vergleich der 
Resultate meiner Messungen an dem schleswigschen und norischen Pferde mit 
solchen von S . v. Nathusius an anderen Kaltblütern — dem Rheinisch-, Belgier- 
und Originalbelgier — und ebenfalls mit denen von Dr. Stratul , Ban toi u , Siedest u. 
am Vollblut, Traber und Hannoveraner, ergibt gleichfalls recht gute Resultate: 
seinen Dimensionen nach alle Warmblüter übertreffend und nur in einigen Fällen 
den erwähnten Kaltblütern nachstehend, dem Brust- und Röhrbeinumfang nach 
(diesen beiden auf die Entwicklung der Knochen und Muskeln hinweisenden 
Grundmessungen) übertrifft das schleswigsche Pferd nicht nur alle übrigen hervor¬ 
ragenden Rassen der deutschen Kaltblüter sondern auch den Belgier. Und nur 
die gewissermaßen zurückgebliebene Entwicklung der Stuten, welche sich durch 
die mangelhafte Fütterung erklären läßt, wirkt störend auf die Vollkommenheit 
des Bildes, welches die Resultate der Messungen ergeben. 

Die mechanischen Verhältnisse bieten ein besonderes Interesse in dem Falle, 
wenn ihre Beurteilung auf tatsächlicher Leistung beruht. Da jedoch solche An¬ 
gaben weder über die Schleswiger noch über die Noriker vorhanden sind, so 
beschloß ich, die Resultate meiner Messungen an den beiden erwähnten Rassen 
mit den Angaben von S trat ul y Bantoinu und Niculescu über Vollblut, Traber 
und Hannoveraner, die nach denselben Methoden, wie die meinigen, festgestellt 
und auf den Leistungen der Vollblüter und Traber basieren, zu vergleichen; 
solch ein Vergleich erscheint mir umso rationeller, als das schleswigsche 
Pferd in der Vergangenheit Paarungen mit Warmbluttypenpaaren unterworfen 
wurde. 

1. Schulterlänge: Die Kaltblüter, Sc hiesiger und Noriker, haben eine kleinere 
Schulterlange als alle erwähnten Warmblüter, was mit der Meinung alter Hippo- 
logen (Günther , Roloff , Gouhaux und Barrier , Schwarznecker u. a.) übereinstinimt 
und neueren ( S . v . Nathusius , Max Müller , Prof. Dr. Duerst u. a.) widerspricht. 
Die Schleswiger übertreffen die Noriker in Schulterlänge; der Unterschied ist 
aber so gering, daß er Schlußfolgerungen wohl kaum zuläßt. Die Angaben sind 
im allgemeinen nicht charakteristisch. Zweifellos besteht zwischen der Schult r- 
länge und der Leistungsfähigkeit kein enger Zusammenhang, deshalb muß von 
der Schulterlange nur im Verein mit anderen Anzeichen gesprochen werden. 

2. Schulterlage : Die Kaltblüter, Schleswiger und Noriker haben einen größeren 
Schulterwinkel als die Rennpferde. Das schleswigsche Pferd hat einen kleineren 
Schulterwinkel nicht nur als das Noriker, sondern auch als der Hannoveraner. 
Sowohl die schleswigsche und norische Stute als auch die hannoversche haben 
größere Schulterwinkel als die Hengste. Das erklärt sich mit der funktionellen 
Anpassung unter dem Einfluß der Ernährungs- und Arbeitsbedingungen. 

3. Armheinlänge: Beim Laufpferde ist die Armbeinlänge größer als beim Zug¬ 
pferde. Die größte Arm beinlänge wurde beim Traber festgestellt, die kürzeste 
beim Noriker. Das stimmt mit den Meinungen der alten Autoren überein, befindet 
sich aber in vollem Gegensatz zu den Ergebnissen der neuen Forscher. Das sehles- 
wigsche Pferd nimmt eine Stellung zwischen dem Vollblut und Hannoveraner 
ein, sich den letzteren nähernd. 

4. Armheinlage zur Horizontalen ergibt ein so buntes Bild, daß es riskant 
ist, hieraus bestimmte Schlußfolgerungen zu ziehen. Dem Armbeinw’inkel nach 
nähert sich das Schleswiger dem Traber und das Noriker dem Hannoveraner. 



und mechanischen Verhältnisse im Vergleich zum Pinzgauer u. a. 595 

5. Buggelenkwinkel : Im Buggelenkwinkel haben sich nicht nur alle in den 
einzelnen (Schulter- und Armbeinlage) Winkeln beobachteten Unterschiede gegen¬ 
seitig aufgehoben, sondern es kam auch ein bestimmter Zusammenhang zwischen 
ihm und der Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Die Größe des Buggelenkwinkels 
wächst beständig, angefangen von dem raschesten und geendigt mit dem an Be¬ 
wegung langsamsten Pferde. Das sckleswrigsehe Pferd steht dem Buggelenkwinkel 
nach zwischen dem Hannoveraner und Noriker, sich mehr dem ersteren nähernd. 

6. Vorarmlänge: Die Laufpferde haben einen kürzeren Vorarm als die Ge¬ 
brauchspferde, wnbei der Traber den kürzesten, der Kaltblüter und Noriker den 
längsten Vorarm haben. Das schleswigsche Pferd nimmt in der Vorarmlänge die 
Stellung zwischen dem Vollblut und dem Hannoveraner ein, sich dem ersteren 
nähernd. 

7. Ellbogenwinkel: Den kleinsten Ellbogenwinkel hat das Vollblut, den größten 
der Traber. Das schleswigsche Pferd steht zwischen Noriker und Hannoveraner, 
sich dem letzteren nähernd. 

8. Metacarpuslänge: Das längste Röhrbein hat das Vollblut, das kürzeste 
der Traber. Das schleswigsche Pferd nimmt die Stellung zwischen dem Noriker 
und Hannoveraner ein, sich dem letzteren nähernd. 

9. Die Darmbeinlänge ergibt ein wenig charakteristisches Bild, nachdem 
man jedenfalls keine bestimmten Schlüsse ziehen kann. Man kann nur bemerken, 
daß die Darmbeinlänge bei den Gebrauchspferden größer ist als bei Laufpferden. 
Das schleswigsche Pferd übertrifft alle höher erwähnten Rassen. Dm Noriker 
Pferd nimmt die Stellung zwischen dem Vollblut und dem Hannoveraner ein, sich 
mehr dem letzteren nähernd. 

10. Darmbeinlage: Die Lauf pferde haben einen geringeren Darmbein winkel 
als die Zugpferde. Das schleswigsche Pferd nimmt die Stellung zwischen dem 
Traber und Noriker ein, sich dem ersteren nähernd. Vom mechanischen Stand¬ 
punkte aus kann man schließen, daß, je größer der Darmbeinwinkel, er um so 
günstiger für die Kraftentfaltung, aber nicht für die Geschwindigkeit ist. 

11. Sitzbeinlänge: Augenscheinlich hat die Sitzbeinlänge als Hebelarm eine 
große Bedeutung, da die Angaben eine strenge Folgerichtigkeit auf weisen: an¬ 
gefangen mit dem schnellsten, aber auch weniger kräftigen Vollblut und bis zum 
weniger schnellen, aber stärksten Noriker wächst die Sitzbeinlänge. Das schles¬ 
wigsche Pferd hat ein wenig längeres Sitzbein als das Hannoveraner und steht dem 
Noriker um einiges mehr nach. 

12. Oberschenkellänge ist umso länger, je größere Geschwindigkeit dem Pferde 
eigen ist. Das schleswigsche Pferd nimmt die Stellung zwischen dem Hannoveraner 
und Noriker ein und nähert sich mehr dem ersteren. 

13. Oberschenkellage zeigt ungefähr dieselben Beziehungen wie Oberschenkel¬ 
länge. Das schleswigsche Herd hat einen größeren Oberschenkelwinkel als der 
Traber und einen kleineren als das Noriker Pferd und nähert sich dem letzteren. 

14. Hüftgelenkwinkel gibt dasselbe Bild wie dessen Bestandteile — Darm¬ 
bein- und Oberschenkehvinkel. 

15. Unterschenkellänge: Die kleinste Unterschenkellänge hat der Traber, die 
größte das Noriker Pferd. Es gibt keine charakteristische Wechselbeziehung zwischen 
Unterschenkellänge bei verschiedenen Rassen und bedarf noch weiterer Forschungen. 

16. Kniewinkel: Wenn auch nicht sehr scharf, so ist es dennoch bemerkbar, daß 
die Laufpferde einen mehr geschlossenen Kniewinkel haben als die Gebrauchspferde. 
Das schleswigsche Pferd nimmt die Stellung zwischen dem Vollblut und Hannove¬ 
raner ein, sich dem letzteren nähernd. Das Noriker Pferd hat den größten Kniewdnkel. 

17. Metatarsuslänge gibt ein so buntes Bild, daß bestimmte Schlußfolgerungen 
schwer zu ziehen sind. 



596 A. Goreniuc: Das schleswigsche Pferd, seine Zucht usw. 

Aus allen diesen Ergebnissen erhellt, daß das schleswigsche Pferd 
bezüglich der Vorhand die Stellung bald zwischen dem Hannoveraner 
und Noriker, bald zwischen dem Vollblut und Hannoveraner einnimmt, 
sich entweder dem Noriker oder dem Hannoveraner nähernd. In dieser 
Unbeständigkeit kommt möglicherweise der Einfluß einerseits der 
künstlichen Auswahl zum Ausdruck, die der Entwicklung des Schleswig- 
sehen Pferdes die Richtung auf den Kaltblüter gab, und andererseits 
die Folgen dessen früherer Kreuzung mit dem Vollblut. Jedenfalls sind 
die mechanischen Verhältnisse der Vorhand des schleswigschen Pferdes 
im Vergleich zu anderen Rassen günstig sowohl für die Geschwindigkeit 
als auch für die Zugkraft. Bezüglich der Hinterhand steht das schleswig¬ 
sche Pferd am nächsten dem Noriker und nähert sich nur in 3 Fällen 
(Darmbeinlänge, Unterschenkellänge und Kniewinkel) dem Hanno¬ 
veraner. Aus den Messungsergebnissen folgt deshalb logischerweise, daß 
das schleswigsche Pferd dem Noriker an Zugkraft nachstehen kann, es 
letzteres dafür an Geschwindigkeit übertreffen muß. 

Die Wachstumsentuncklung habe ich nur ganz kurz und allgemein 
geschildert, da der Umfang meiner Arbeit es nicht mehr zuläßt, aus¬ 
führlicher auf diese Frage einzugehen. 

Das Maximum an Wachstum zeigt sich im ersten Lebensjahr. So¬ 
wohl beim Schleswiger als auch beim Noriker Pferde vollendet sich das 
Wachstum im 3. Lebensjahre und erreicht zu diesem Zeitpunkte (in %) 
denselben Grad wie das des Vollblutes im 5. Lebensjahre. Somit sind 
beide Rassen zweifellos frühreif, wobei es nicht ausgeschlossen ist, daß 
bei der schleswiger Rasse diese Eigenschaft stärker ist als bei der 
Noriker. Der Unterschied im Wachstum der Schleswiger und der Noriker 
Fohlen im allgemeinen ist in den verschiedenen Haltungsbedingungen, 
besonders der Fütterung, zu erklären. 

So ist das schleswigsche Pferd auf Grund von mir vorgenommenen 
Untersuchungen zu betrachten. Wenn man noch dazu im Auge behält 
die sehr nahe Verwandtschaft des schleswigschen Pferdes mit dem 
dänischen, von dem der hervorragende Praktiker Hippologe Graf Lehn¬ 
dorff behauptet, daß es in seinen Futteransprüchen wesentlich genüg¬ 
samer ist und als ein starkes, breites, sehr knochiges, gutmütiges Tier 
mit räumigen, meist regelmäßigen Gängen sich mehr als andere Kalt¬ 
blüter zur Kreuzung mit edlerem Blute eignen dürfte; wenn man zur 
Bestätigung der letzteren Meinung sich andererseits dessen erinnert, 
daß durch Kreuzung der dänischen Stuten mit Hengsten edlen Blutes 
auf ganz anderem Boden und unter anderen klimatischen Verhältnissen 
(Rußland) eine solch hervorragende Rasse, wie der Orlowsche Traber, 
geschaffen wurde, so kann man unumwunden zugeben, daß das schleswig¬ 
sche Pferd in sich in allen Beziehungen hervorragende Eigenschaften 
birgt, die es an die erste Stelle vor allen Kaltblütern rücken können. 



\1. Braun: Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet usw. 597 

Am Schlüsse meiner Arbeit möchte ich Gelegenheit nehmen, auch hier meinen 
wärmsten Dank auszusprechen für die gütige Unterstützung, die mir von ver¬ 
schiedenen Seiten zuteil geworden ist. Vor allem gebührt dieser Dank Herrn 
Professor Dr. Schöttler , der mich in jeder Weise mit Rat und Tat unterstützt hat; 
ferner Herrn Dr. Rahne , Herrn Professor Dr. Vogel , Herrn Direktor des Stamm- 
gestüts Schwaiganger, Dr. Groll und Herrn Pferdezuchtinspektor Dr. Reimann , 
die in großer Liebenswürdigkeit mir die Förderung bei meinen Bestrebungen 
haben zuteil werden lassen; endlich all den anderen zahlreichen Herren, die mir 
auf diese oder jene Weise Material dargeboten haben. 


Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet 
Deutsch - Neu - Guinea. 

Von 

Max Braun, 

Kreistierarzt. 

[Referent: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schmaltz.] 

Die nachstehenden Ausführungen über die Tätigkeit der Veterinär¬ 
medizin in der Kolonie Deutsch-Neu-Guinea sollen zeigen, daß im un- 
erschlossenen Lande bzw. in den Kolonien, seien es nun deutsche, seien 
es fremdstaatliche, die Tätigkeit der Veterinärmediziner sich nicht auf 
die Ausübung der Tierheilkunde beschränken kann, ja daß dieser 
Zweig der Wissenschaft eigentlich erst in zweiter Linie in Betracht 
kommt. Die Hauptaufgaben der Veterinärmediziner sind Forschung 
und Organisation. Eine nähere Erörterung dieser Tätigkeit im deutschen 
Schutzgebiet Neu-Guinea scheint als Beispiel am besten geeignet, ein 
Bild ihrer Vielseitigkeit zu geben. 

Wer als erster Veterinärmediziner in ein für die Wissenschaft ge¬ 
wissermaßen jungfräuliches Land kommt, hat sich zu allererst damit 
zu befassen, den geologischen Aufbau dieses Landes, das Klima und 
die mit diesen beiden Faktoren eng zusammenhängenden Bedingungen 
für Vegetation und Bevölkerung, die Bevölkerung selbst, die von ihr 
gehaltenen Haustiere und die Bedingungen, unter denen diese Tiere 
gehalten werden, zu erforschen. Nächste Aufgabe muß es sein, fest¬ 
zustellen, ob an den Lebensbedingungen Änderungen erforderlich und 
möglich sind, damit Tierhaltung und Tierzucht gefördert werden 
können. Um darüber ein Urteil zu gewinnen, ist es nötig festzustellen, 
welchen Schädigungen die Haustiere ausgesetzt sind und welcher Art 
diese Schädigungen sind. Weiter wird festzustellen sein, welchen Ge¬ 
fahren diese Haustiere ausgesetzt sind. Das Schutzgebiet Neu-Guinea, 
zwischen dem 20. Grad nördlich und dem 8. Grad südlich gelegen, 
besteht aus zahllosen Inseln und Inselchen. Von diesen war die eigent¬ 
liche Insel Neu-Guinea, die größte Insel auf der Erde, nur zu einem 



598 


M. Braun: 


Drittel deutscher Besitz; sie hat der Kolonie den Namen gegeben. 
Die Bevölkerung des ganzen Schutzgebietes ist so mannigfaltig in Aus¬ 
sehen, Rasse und Abstammung, daß näher darauf eingegangen werden 
muß. Sie setzt sich zusammen aus Melanesiern, die große Ähnlichkeit 
mit afrikanischen Negern haben, ferner aus Mikronesiern, die heller 
in der Hautfarbe sind und auch kulturell höher stehen. Dazu kommen 
im nördlichen Inselgebiet Eingeborene tagalischen Ursprungs bzw. Ein¬ 
geborene mit malaiischem Einschlag. Die Verschiedenartigkeit der 
Bevölkerung bedingt auch eine verschiedenartige Tierhaltung. An und 
für sich ist das Schutzgebiet arm an Säugetieren. Die Fauna entspricht 
im allgemeinen der primitiven Säugetierfauna Australiens, in der, 
genau wie in der Kolonie, die Beuteltiere vorherrschend sind. Alles, 
was von Säugetieren weniger primitiver Art im Schutzgebiet vor¬ 
handen ist, ist vor längerer oder kürzerer Zeit von Europäern dort ein¬ 
geführt worden. Die meisten Eingeborenen haben außer Schweinen, 
Hühnern und Hunden überhaupt keine Haustiere. Die Eingeborenen 
im Inselgebiet machen davon eine Ausnahme; bei ihnen gibt es außer 
den bereits genannten Tieren noch Rinder, Schafe und Ziegen, aller¬ 
dings auch nur in beschränkter Zahl. Infolge der Armut der Ein¬ 
geborenen an nutzbaren Haustieren ist auch ihre Ernährung, ab¬ 
gesehen von den an der Küste wohnenden Eingeborenen, die Fische, 
Muscheln und Schnecken zur Verfügung haben, eine fast rein pflanz¬ 
liche. Diese verhältnismäßig einseitige Ernährung bedingt eine Un¬ 
lust bzw. Unfähigkeit, andauernd schwere körperliche Arbeiten zu ver¬ 
richten. Es ist demzufolge ein Haupterfordernis, bei den Eingeborenen 
die Tierhaltung zu fördern oder da, wo sie fehlt, sie einzuführen. Der 
Hauptwert, der in der Kolonie steckt, ist die Arbeitskraft und die 
Arbeitsfähigkeit der Eingeborenen. Sie kann nur mit einer Ver¬ 
besserung der Lebensweise gehoben werden, und das ist nur möglich 
mit vermehrter Tierhaltung und Tierzucht. Ebenso muß die Verpflegung 
der Weißen mit Fleisch unabhängig vom Ausland gemacht werden; 
auch dazu ist die Hebung der Tierhaltung erforderlich. Welche Auf¬ 
gaben erwachsen nun der Veterinärmedizin, wenn Tierhaltung und 
Tierzucht so gefördert werden sollen, daß sie den Anforderungen ent¬ 
sprechen, die an sie gestellt werden? Eine Hauptaufgabe ist die Er¬ 
forschung der Umstände, die die Tierzucht schädigen können. In 
erster Linie wird es sich um die Feststellung und das Studium der 
Schädigungen handeln, die die Tierzucht im Lande selbst bedrohen. 
Da sind für das Schutzgebiet Neu-Guinea von Bedeutung: die mangel¬ 
hafte Pflege der Tiere und ungünstige Weideverhältnisse. Neben dem 
Studium der vorhandenen Futterpflanzen ist deshalb daran zu denken, 
die Futterverhältnisse durch Einführen von Futterpflanzen und deren 
Samen zu fördern. Weiter sind von Bedeutung ungünstige geologische 



Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet Deutuch-Neu-Guinea. 599 

Verhältnisse, bedingt durch den vielfach vulkanischen Charakter des 
Landes, tierische Schädlinge, wie Zecken, Rundwürmer, Milben und 
Blutparasiten. Das Studium dieser Faktoren und ihrer Einwirkung 
auf die Tierhaltung ist von großer Wichtigkeit. Es kommen weiter in 
Betracht Seuchen und seuchenartig auftretende Krankheiten, die in 
der Kolonie bereits heimisch sind. Sie sind, soweit die Forschungs¬ 
ergebnisse bis jetzt gezeigt haben, gering. Texasfieber und eine Nema¬ 
todenerkrankung bei Schweinen kommen zwar vor, sind aber nicht weit 
verbreitet. Um aber das Studium und die Eindämmung der im Lande 
heimischen Erkrankungen zu ermöglichen, ist von besonderer Wichtig¬ 
keit die Anzeigepflicht, wenn irgendwo Seuchen und ähnliche Er¬ 
krankungen oder sonstige gehäufte Erkrankungen und Todesfälle auf- 
treten. Eine Organisation der Abwehr von Seuchen im Inland ist 
dringend notwendig. Sie wurde alsbald eingerichtet, und die entsprechen¬ 
den Verordnungen wurden in Kraft gesetzt. Viel wichtiger als die 
Bekämpfung der verhältnismäßig selten auftretenden Krankheiten im 
Inland war die Abwehr der Einschleppung von Seuchen aus dem Aus¬ 
land. Gerade auf das Ausland war aber das Schutzgebiet zur Auf¬ 
besserung der Tierzucht in erster Linie angewiesen. Tiereinfuhr aus 
Deutschland kam wegen der großen Entfernung nicht in Frage, sodaß 
nur das Ausland übrig blieb. Entsprechende Ausfuhrländer waren: 
Australien, Niederländisch-Indien, China und Japan. Seuchen, die 
von dort eingeschleppt werden konnten, waren: Texasfieber, Rinder¬ 
pest, Milzbrand, Rauschbrand, Wild- und Rinderseuche, Tuberkulose, 
Rotz, ansteckende Blutarmut, ansteckende Lymphgefäßentzündung, 
Trypanosomenerkrankungen, Schweinepest, Schweineseuche, Rotlauf, 
Geflügelcholera, Hühnerpest, Tollwut. Tatsächlich kamen die meisten 
dieser Krankheiten in den in Rede stehenden Ländern nachgewiesener¬ 
maßen vor. Es mußte daher in erster Linie an die Regelung der Ein¬ 
fuhr gedacht werden. Ihr voraüszugehen hatte eine mit Hilfe der Ver¬ 
tretungen des Deutschen Reiches in den Hauptausfuhrhäfen der an¬ 
geführten Länder einzurichtende Seuchenbenachrichtigung. Weiter 
dürft« die Einfuhr nur auf Grund von amtlichen, tierärztlichen Ge¬ 
sundheitszeugnissen der betreffenden Länder erfolgen. Das zu organi¬ 
sieren und einzurichten, war Sache der Veterinärmedizin. Auf ihre Vor¬ 
schläge und Entwürfe hin wurde eine in allen Punkten ausgearbeitete 
Verordnung, betreffend die Einfuhr von Tieren ins Schutzgebiet, in 
Kraft gesetzt. Alle diese Maßnahmen konnten aber nicht genügen, 
es bedurfte in den Einfuhrhäfen des Schutzgebiets besonderer Quaran¬ 
täneanstalten, wollte man die Tierbestände der Kolonie nicht erneut 
den Schädigungen aussetzen, die die Einschleppung von Seuchen früher 
schon mehrfach mit sich gebracht hatte. Die Pläne für eine Haupt¬ 
quarantäneanstalt in Rabaul, dem Sitz des Gouvernements, und für 

43 


Aroh. L Tierheilk. L. 



600 


M. Braun: 


mehrere Nebenquarantäneanstalten in verschiedenen anderen Häfen 
des Schutzgebiets wurden ausgearbeitet, die Organisation des Betriebes 
in die Wege geleitet und alles so weit gefördert, daß mit dem Bau der 
Hauptanstalt bei Babaul begonnen werden konnte. So weit schien 
alles für die Sicherung der Tierbestände Erforderliche geschehen zu sein. 
Alles für die Hebung der eigentlichen Tierzucht Erforderliche mußte 
ebenfalls in die Wege geleitet werden. Dazu war geplant, Kleinvieh 
zu beschaffen und an zuverlässige Eingeborene abzugeben, war weiter 
geplant, eine Tierzuchtanstalt zu errichten, deren Aufgabe es sein sollte, 
in vorsichtiger Arbeit zunächst einmal auszuprobieren, was unter den 
verschiedenen Tierarten eigentlich für das Land bzw. für einzelne Land¬ 
striche das Brauchbarste und Beste war. Von der Anstalt aus sollte 
dann Zuchtmaterial an Interessenten abgegeben werden. Die Zucht - 
anstalt sollte sich eingehend mit dem Studium und dem Anbau von 
Futterpflanzen beschäftigen, ebenso mit dem Studium der Tierkrank¬ 
heiten und der zu ihrer Bekämpfung erforderlichen Mittel. Ihre Er¬ 
fahrungen sollte die Zuchtanstalt dauernd der Allgemeinheit zugänglich 
machen. Alle zur Erbauung einer solchen Anstalt, zu ihrer richtigen 
Ausnutzung und zu ihrer Besetzung mit Tieren erforderlichen Pläne 
und Vorschläge wurden von der Veterinärmedizin ausgearbeitet und 
vom Gouvernement und dem Reichskolonialamt gebilligt. Daß es 
nicht nur Aufgabe der Zuchtanstalt, sondern der Veterinärmedizin 
überhaupt war, alles naturwissenschaftliche Material zu sammeln, was 
für Tierhaltung und Tierzucht in Betracht kam, war selbstverständlich. 

Eine weitere Aufgabe, die der Veterinärmedizin zufallen mußte, 
war ihre Mitarbeit an der Regelung von Jagd und Fischerei. Das im 
Schutzgebiet an manchen Stellen betriebene Fischefangen mit Spreng¬ 
stoffen mußte als Raubbau unter allen Umständen verboten werden. 
Darin mußte die Veterinärme dizin eine ihrer Hauptaufgaben erblicken. 
Das Verbot mit allen Mitteln, vor allem aber mit aufklärenden Ver¬ 
öffentlichungen in der Gouvemementszeitung zu erreichen, mußte 
angestrebt werden. Fische gab es im Schutzgebiet in großen Mengen; 
wenn erst dem Fischen mit Sprengstoffen Einhalt getan war, bedurfte 
es weiterer Maßnahmen zum Schutz der Fische vorläufig nicht. Mit 
dem Fischeschießen war aber noch ein anderer Übelstand verbunden, 
das war die Vernichtung von ungeheuren Mengen Muschel-, Schnecken- 
und Seewalzenbrut. Muscheln, Schnecken und Seewalzen bildeten aber 
im Ausfuhrhandel des Schutzgebietes eine sehr wesentliche Rolle. 
Diese Tiere bedurften daher ebenfalls eines besonderen Schutzes. Das 
Verbot des Fischeschießens genügte aber längst nicht, diesen Schutz 
so zu gewährleisten, daß eine Verminderung oder Ausrottung der wert¬ 
vollen Tiere sicher verhindert wurde; dazu mußten weitere Schutz¬ 
maßregeln ergriffen werden. Zunächst war notwendigerweise festzu- 


w 


J 


Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet Deutsch-Neu-Guinea. 601 


stellen, welche Meerestiere eine Bolle spielten. Es kamen von Muscheln 
und Schnecken diejenigen in Frage, die Perlmutter lieferten bzw. echte 
Perlen liefern konnten. Außerdem kamen in Frage die als Nahrungs¬ 
mittel wichtigen Seewalzen. Bei den Muscheln handelte es sich in der 
Hauptsache um die echte Perlmuschel, Meleagrina margaritifera, Mar- 
garitifera vulgaris und eine kleinere dunkle Muschel, im Handel ,,black 
lip“ genannt. Von den Schnecken wurden die Gehäuse der beiden 
Gattungen Trochus und Turbo in Mengen ausgeführt. Da für die 
Schalen dieser Muscheln und Schnecken gute Preise gezahlt wurden, 
wurden sie von den Eingeborenen rücksichtslos gefischt. Große und 
kleine Schalen und Gehäuse erschienen im Handel. Mit der rücksichts¬ 
losen Ausbeute wurden an einzelnen Stellen die Tiere geradezu aus¬ 
gerottet, denn es blieben für die Fortpflanzung überhaupt keine übrig. 
Dem konnte nur dadurch gesteuert werden, daß für jede Art ein Mindest¬ 
maß festgelegt wurde. Schalen und Gehäuse, die unter Mindestmaß 
waren, durften nicht gehandelt werden. Die nötige Vorarbeit zu liefern, 
die Verordnung zu entwerfen und die erforderlichen Veröffentlichungen 
für die Aufklärung der Weißen zu verfassen, war Aufgabe der Veterinär¬ 
medizin, denn jemand anderes konnte für diese Arbeiten überhaupt 
nicht in Frage kommen. Daß in der verhältnismäßig kurzen Zeit nicht 
alle Forschungen, die erforderlich waren, zum Abschluß gebracht 
werden konnten, lag an der Natur der Sache. Vorläufig mußte man 
mit den eigentlich durch Schätzung erlangten Mindestmaßen zufrieden 
sein. 

An Seewalzen kamen einige wenige Sorten der zahlreichen Arten von 
Holothurien in Frage. Sie gingen getrocknet unter dem Namen Trepang 
nach China, wo sie gesuchte Leckerbissen darstellten. Da über die 
Fortpflanzung und die WachBtumsbedingungen der Seewalzen noch 
nichts bekannt war, mußte vorläufig von einer Mindestgrößenfest¬ 
setzung abgesehen werden, zumal die im Handel erscheinenden See¬ 
walzen getrocknet waren und ihre natürliche Größe nicht mehr nach¬ 
geprüft werden konnte. Der Raubwirtschaft, die an vielen Stellen diese 
Seewalzen ausgerottet hatte, konnte nur dadurch begegnet werden, 
daß bestimmt angegebene Riffe und Bänke, auf denen die eßbaren 
Seewalzen vorkamen, für längere Zeit als Fangorte überhaupt gesperrt 
wurden. Spätere Forschungen, die Aufgabe der Veterinärmedizin 
waren, sollten über weitere Schutzmaßnahmen Aufklärungen bringen. 

Ein besonderer Schutz mußte den das echte Schildpatt liefernden 
Schildkröten zuteil werden, denn die Ausfuhr von echtem Schildpatt 
hatte schon bedenklich nachgelassen. Die Eier der Schildkröten wurden 
dauernd fortgenommen und verspeist; dadurch fiel der Nachwuchs 
aus. Das Verbot, Schildkröteneier zu sammeln, war die erste Etappe 
auf dem Weg zum Schutz der Schildkröten. 


43* 



602 


M. Braun: 


Als Naturdenkmal soUte der Dugong, die Seekuh, die noch zu¬ 
weilen, aber selten, im Schutzgebiet vorkam, geschützt werden. Früher 
war dieses Tier ziemlich häufig, war aber auch ebenso fast ausgerottet 
wie der Dugong des Indischen Ozeans an der Ostküste Afrikas. 

Bei der Regelung der Jagd waren an Säugetieren zu berücksichtigen 
auf der Gazellehalbinsel früher ausgesetzte javanische Hirsche, die 
sich gut vermehrt hatten, ferner dieselbe Hirschart auf der Marianen- 
insei Rota. Hier hatten sich die Hirsche von einigen wenigen Tieren 
zu einer mehrere Hundert Stück zählenden Schar vermehrt. Ihre 
weitere Verbreitung im ganzen Schutzgebiet wäre in Anbetracht der 
Säugetierarmut eine dankenswerte Aufgabe der Veterinärmedizin ge¬ 
wesen ; der Schutz der Tiere war ein Gebot der Pflicht. 

Ein interessantes Wild, das auf den 3 Marianeninseln Saipan, Tinian 
und Rota vorkam, waren Wildrinder. Sie stammten von früher aus¬ 
gebrochenen Hausrindern ab, waren vollständig wild und als wilde 
Tiere in der Freiheit geboren. Von ihren vor vielen Jahren ausge¬ 
brochenen Voreltern lebte kein Stück mehr. Das Benehmen der Tiere 
entsprach vollständig dem afrikanischen Büffel, nur die Angriffslust der 
Bullen fehlte. In derselben Weise waren Herden wilder Ziegen auf 
Tinian entstanden. Die wilden Ziegen waren scheue, sehr vorsichtige 
Tiere, die in ihrem Benehmen an afrikanische Antilopen erinnerten. 
Auch die Wildrinder und die wilden Ziegen bedurften des Schutzes. 
Da genügend unbewohntes und unbebautes Gelände zur Verfügung 
stand, mußte es so weit gebracht werden, daß bei ständig überwachter 
Hege die Herden zu einer Stückzahl heranwuchsen, die durch Aus¬ 
beute mit Hilfe weidmännisch betriebener Jagd einen wesentlichen 
Anteil an der Verbesserung der Verpflegung von Europäern und Farbigen 
gewinnen konnte. Mit den dazu erforderlichen organisatorischen und 
gesetzgeberischen Maßnahmen mußte sich die Veterinärmedizin be¬ 
fassen. 

Die Regelung der Jagd auf Paradiesvögel auf der Insel Neu-Guinea 
war eine weitere Aufgabe für die Veterinärmedizin, als derjenigen Wissen¬ 
schaft, der neben den eigentlichen veterinärmedizinischen Kenntnissen 
die erforderlichen zoologischen Kenntnisse zu umfassen hatte. Die 
Paradiesvogeljagd wurde in Deutschland stark bekämpft; sie sollte 
nach den Wünschen vieler Eiferer gänzlich und für immer verboten 
werden; diese Nichtfachleute sahen in dem angeblichen Vogelmord 
lediglich ein Zugeständnis an eine Modetorheit. Die Verhältnisse lagen 
aber wesentlich anders. Es wurde alles Erforderliche zum Schutz der 
Paradiesvögel getan: Jagdscheinzwang, Beschränkung der farbigen 
Jagdgehilfen auf 2 für einen Weißen, Verbot der Benutzung von Hinter¬ 
ladern für Farbige, Ausgabe von Jagdscheinen nur an solche Leute, 
die in Neu-Guinea Pflanzungen anlegen wollten oder bereits in Be- 



Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet Deutsch-Neu-Guinea. 603 


trieb hatten. Im übrigen spielten die Paradiesvögel eine wesentlich 
wichtigere Rolle, als sich die Bekämpfer der Jagd in Deutschland 
träumen ließen, abgesehen davon, daß eine Verminderung oder gar Aus¬ 
rottung der Vögel gar nicht zu befürchten war. Die Vögel waren über 
ein sehr großes Gebiet verteilt, die Jagd auf sie war nicht nur beschwer¬ 
lich, sondern auch wegen der wilden Eingeborenen gefährlich. Der 
Weiße konnte sie auf die Dauer gewerbsmäßig mit Aussicht auf Er¬ 
folg gar nicht betreiben. Die Vögel kamen in den unwegsamen Berg- 
wäldem ihres Gebietes verhältnismäßig häufig vor. Das waren die 
natürlichen Bedingungen, die einer Ausrottung an und für sich schon 
vorbeugten. Die wirtschaftliche Bedeutung der Jagd lag darin, daß 
die Erträge auch der Allgemeinheit in Deutschland zugute kamen. 
Hohe Zölle standen auf den Bälgen und Federn, ebenso hohe Gebühren 
auf den Jagdscheinen. Das bedeutete Einnahmen für die Verwaltung 
des Schutzgebietes. Das Hauptausfuhrprodukt der Kolonie waren die 
geschnittenen und getrockneten Kerne der Cocosnüsse, im Handel 
„Copra“ genannt. Den Anbau von Cocospalmen, die Gewinnung und 
Ausfuhr von Copra und damit die Zolleinnahmen der Kolonie zu heben, 
mußte ein Hauptbestreben der Verwaltung sein; die gewünschte Steige¬ 
rung zu erreichen, war nur möglich durch Vermehrung der Pflanzungen. 
Dabei kam es weniger darauf an, den kapitalkräftigen Großpflanzungs¬ 
unternehmungen zu helfen, als den kleinen Siedlern und den im Lande 
als kleine Pflanzungsangestellte und Kaufleute tätigen Deutschen, die 
sich selbständig zu machen wünschten und Pflanzungen anlegen wollten. 
Billiges Land stand zur Genüge zur Verfügung, das mußte erworben 
und gerodet werden, die Palmen mußten gepflanzt werden, zu allem 
dem war Geld nötig. Eine Pflanzung ist aber nicht wie ein Gemüse¬ 
garten in einigen Tagen angelegt; dazu bedurfte es vieler Monate. Die 
Pflanzung konnte aber auch nicht nur so angelegt sein, daß sie dem Be¬ 
gründer eben das Leben zu fristen gestattete, sondern sie mußte 
dauernd erweitert werden. Eine Cocospalme beginnt erst im 6. Jahre 
zu tragen. Bis dahin mußte der Siedler zu leben haben. Kapitalkräftig 
ist aber kein kleiner Siedler. Die Geldmittel zur Anlage der Pflanzung 
und zur Löhnung der farbigen Arbeiter lieferte die Jagd auf Paradies¬ 
vögel. Nun wäre es doch ein Wahnsinn gewesen, eine in Deutschland 
und Amerika als Begünstigung einer Modetorheit verschriene Aus¬ 
nutzung von Naturschätzen rücksichtslos zu verbieten, ohne die wirt¬ 
schaftlichen Verhältnisse an Ort und Stelle mit zu berücksichtigen. 
Alle Naturschätze auf der Erde sind dazu da, vernünftig ausgebeutet 
zu werden, und die Naturschätze unter den Tieren müssen unter steter 
Berücksichtigung der Erhaltung des Bestandes ausgenutzt werden. 
Die Erhaltung des Bestandes zu gewährleisten und gleichzeitig dafür 
zu sorgen, daß trotz der heimischen Agitation die Jagd auf Paradies- 



604 


M. Braun: 


vögel in vernünftigen Grenzen weiter ausgeübt werden durfte, daran 
hatte die Veterinärmedizin in erster Linie mitzuarbeiten. Sie hatte 
auch in aufklärenden Veröffentlichungen und Berichten an heimische 
Behörden und Interessenten auf die wirtschaftliche Bedeutung der 
ganzen Frage hinzuweisen und darzulegen, daß alles geschehen war, 
die Verminderung der Vögel hintanzuhalten. Zu den bereits oben 
angedeuteten Schutzmaßnahmen kam noch die Schaffung zweier außer¬ 
ordentlich großer Reservate für Paradiesvögel hinzu. In diesen Re¬ 
servaten war jegliche Jagdausübung auf irgendein Wild und in irgend¬ 
einer Weise ohne Ausnahme verboten. Zu guter Letzt wurde, dem 
Drängen der heimischen Behörden, der Presse und dem Parlament 
folgend, die Paradiesvogeljagd auf vorläufig l 1 /* Jahre im ganzen 
Schutzgebiet überhaupt verboten. Die Regelung der Paradiesvogel¬ 
jagd war eine sehr interessante, aber auch sehr viel Arbeit bean¬ 
spruchende Aufgabe für die Veterinärmedizin. 

Das Recht des Selbstdispensierens von Arzneien, das der Veterinär¬ 
mediziner in Deutschland genießt, ließ es selbstverständlich erscheinen, 
daß ihm in der Arzneimittellehre und den darauf bezüglichen Gesetzen 
und Verordnungen größere Kenntnisse zur Verfügung stehen mußten 
als dem Humanmediziner. Dem trug auch die Ausbildung an den tier¬ 
ärztlichen Hochschulen entsprechend Rechnung. Diese bessere Aus¬ 
bildung war der Grund dafür, daß, als der Verkehr mit Arzneimitteln 
und Giften die im Schutzgebiet dringend notwendige Regelung er¬ 
fahren sollte, der Veterinärmediziner mit der Ausarbeitung der Ver¬ 
ordnung betraut wurde, eine Aufgabe, deren Lösung die Billigung des 
Gouverneurs, der Humanmediziner, des gleichzeitig in der Gouverne¬ 
mentshauptstadt zur Einrichtung einer Vollapotheke eingetroffenen 
Privatapothekers und des Reichskolonialamts fand. 

Auch diese Aufgabe war eine von denen, die von vornherein nicht 
als Aufgaben des Veterinärmediziners angesehen werden konnten; daß 
ihre Bearbeitung trotzdem ihm zufiel, beweist, daß man den Rahmen 
der Aufgaben der Veterinärmedizin im kolonialen Neuland oder in un¬ 
organisiertem Lande gar nicht weit genug stecken kann. 

Eine der interessantesten, verantwortungsreichsten und schwierig¬ 
sten Aufgaben, die der Veterinärmedizin im Schutzgebiet gestellt 
wurden, war die Organisation und Leitung einer größeren Forschungs¬ 
expedition an dem gänzlich imbekannten Mittellauf des großen Ramu- 
Stromes im Innern der Insel Neu-Guinea. Dort sollten zu Pflanzungen 
und zur Tierhaltung und Tierzucht geeignete, den Einwirkungen der 
heftigen Seewinde entzogene Flachländer gesucht werden. In dreimo¬ 
natiger, sehr entbehrungsreicher und gefährlicher Expedition, an der 
auch ein Vermessungsbeamter, ein akademischer Botaniker und ein 
Oberförster teilnahmen, wurde die gestellte Aufgabe gelöst. Die ver- 



Die Aufgaben der Veterinärmedizin im Schutzgebiet Deutsch-Neu-Guinea. 605 

muteten Ländereien wurden in einer selbst den höchsten Anforderungen 
entsprechenden Güte gefunden. Die Expedition war durchgängig 
friedlich verlaufen, sie kehrte, ohne Verluste an Menschenleben erlitten 
zu haben und ohne genötigt gewesen zu sein, ihrerseits den Eingeborenen 
Menschenverluste zufügen zu müssen, zurück. Das letztere war bei 
der Tücke und der feindlichen Gesinnung der Eingeborenen im Innern 
Xeu-Guineas von besonderer Bedeutung. 

Mit dem Angeführten dürften die Behauptungen, die zu Anfang 
aufgestellt wurden, bewiesen sein. 

Die Veterinärmedizin ist nicht nur eine Wissenschaft, die befähigt 
ist, sondern auch die befugt und verpflichtet ist, ihre Mitarbeit allen 
den Problemen zu widmen, die mit der Kultur und der Lebenshaltung 
von Weißen und Farbigen im Kolonialgebiet oder in fremdstaatlichen, 
unerschlossenen Ländern in engstem Zusammenhang stehen. Faßt die 
Veterinärmedizin ihre Aufgaben so auf, und führt sie sie in diesem Sinne 
durch, so wird es keiner Behörde und keiner Verwaltung möglich sein, 
ohne den Vertreter der Veterinärmedizin auszukommen, und keine Ver¬ 
waltung kann eine ins Einzelne gehende Organisation ohne ihn in An¬ 
griff nehmen, geschweige denn durchführen. 

Das an der Hand der Beispiele aus dem Schutzgebiet Neu-Guinea 
darzulegen ist der Zweck obiger Ausführungen. Möge der deutsche 
Veterinärmediziner baldmöglichst in ausgedehntem Maße Gelegenheit 
haben, in weiteren Beispielen, sei es im fremden Lande, sei es, wie wir 
alle hoffen, im eigenen Kolonialgebiet, die Richtigkeit der Behaup¬ 
tungen durch seine Tätigkeit zu erhärten. 



Autorenverzeichnis. 

0. = Originale. D. = Dissertation. 


Berge, Ewald. Beiträge zur Indikation 
und Ausführung der Hysterektomie 
bei kleinen Haustieren. O. S. 245. 

Bierbaum , K . Über die Haltbarkeit des 
nach dem Verfahren der G. A. Krause 
& Co. A.-G. in München gewonnenen j 
Rotlauftrockenserums. 0. S. 329. 

Bitter , Ludwig , und //. i/o&z. Die Be¬ 
deutung der Typentrennung in der 
Paratyphus-Enteritisgruppe. O. S. 119. 

Bittner, H. Schistogonimusrarus(Braun), 
ein seltener Trematode in der Bursa 
Fabricii einer an Tetrameres-Invasion 
gestorbenen Hausente. 0. S. 253. 

Brandt , Carl . Beitrag zur Bewertung 
der Yohimbinwirkung bei der Sterili¬ 
tätsbehandlung des Rindes. 0. S. 62. 

Braun , Max. Die Aufgaben der Veteri¬ 
närmedizin im Schutzgebiet Deutsch- 
Neu-Guinea. D. S. 597. 

Dahmen, Hans. Beitrag zum Studium 
der Lungenseuche. HI. Mitteilung. 
O. S. 415. 

Dietz jun. y Arthur. Die Anwendung der 
Riffart-Gersbachschen quantitativen 
Ausgestaltung der Abderhaldenschen 
Reakt ion zur Feststellung der Schwan¬ 
gerschaft beim Rinde. D. S. 355. 

Freundlich, Walter. Über ein Adeno- 
carcinom bei der Katze nebst einer 
Zusammenstellung der Literatur über 
die Tumoren der Katze. D. S. 477. 

Friesicke , Paul. Die Wirkung des „Sul- 
foliquid“ auf Ektoparasiten. D. S. 90. 

Galke, Karl. Stalagmometrische Unter¬ 
suchungen des Pferdeserums unter 
besonderer Berücksichtigung der 
Trächtigkeit. D. S. 468. 

Goreniuc, Andrei. Das schleswigsche 
Pferd, seine Zucht und mechanischen 
Verhältnisse im Vergleich zum Pinz¬ 
gauer u. a. D. S. 586. 


Graf 9 Otto. Über die Ausscheidung art¬ 
gleichen und artfremden Maul- und 
Klauenseuche-Immunserums beiMeer- 
schweinchen. D. S. 565. 

GrüUner , Felix. Empfiehlt es sich, die 
bakteriologische Fleischbeschau bei 
Notschlachtungen aus Anlaß bestimm¬ 
ter Krankheiten bzw. Krankheits¬ 
gruppen verbindlich zu fordern. 0. 
S. 307. 

Haendler, Eberhard. Untersuchungen 
über die Brauchbarkeit der Agglu¬ 
tinationsprobe mit dem Diagnosticuin 
Fornet für die Diagnose der Rinder¬ 
tuberkulose. D. S. 111. 

Hesse, Erich. Einfluß der Reaktion, ins¬ 
besondere des Bodens, auf die Fort¬ 
entwicklung des Rotlauf- bzw. Muri- 
septicu8-Bacillus. 0. S. 168. 

Hirsch, Paul. Grundlagen und Aus¬ 
führung der interferometrischen Me¬ 
thode zum frühzeitigen Trächtigkeits¬ 
nachweis, zunächst bei der Stute. 0. 
S. 1. 

Holthöfer, Willy. Beiträge zur klinischen 
Diagnose der Trächtigkeit der Stuten. 
O. S. 262. 

HoltZy H. siehe Bitter, Ludwig . 

Katschinsky, Paul. Die Herzknorpel des 
Pferdes. D. S. 84. 

Keltlitz. Die Ermittlung des Alkalitäts¬ 
optimums für die Züchtung des Rot¬ 
laufbacillus mit Hilfe des Kompar&tor- 
verfahrens nach Michaelis. 0. S. 334. 

Kipshagen, Franz. Hydrophthalmus bei 
einem Küken und einer Katze mit 
Linsenzerrung und Luxation des Lin¬ 
senkernes aus der Kapsel. 0. S. 539. 

Krey , Walther. Die frühen cellul&ren 
Reaktionen des Mäusekörpers nach 
der Einspritzung einiger Flagellaten¬ 
kulturen. Z>. S. 368. 



A ii toren Verzeichnis. 


«07 


Krüger, Hans. Über die Auswertung 
von Malleinen. D. S. 574. 

Kühne, Walter. Die Beschälseuche in 
der Altmark 1922 und 1923. D. 
S. 283. 

Krzytoanek, Fr. W., siehe Scheunert, 
Arthur. 

Lappe, Bernhard. Beiträge zur Kennt¬ 
nis der Pathologie der durch Sclero- 
stomum edentatum erzeugten Erkran¬ 
kungen der Fohlen. D. S. 447. 

Leonhardt, W. Klinische Studien über 
Ponndorfimpfungen bei Rindern. 0. 
S. 399. 

Lindner, Walter. Versuche mit Greifs- 
walder Farbstoffmischung und Methyl¬ 
violett (Pyoktanin) bei Schleimhaut- 
erkrankungen der Hunde unter be¬ 
sonderer Berücksichtigung der eitrigen 
Conjunctivitis. D. S. 557. 

Lingk, Emst. Ein Fall von Pseudo¬ 
hermaphroditismus beim Schwein. D. 
S. 299. 

Lund, L . Primäres Spindelzellensarkom 
mit sekundärer schleimiger Metamor¬ 
phose (Sarcoma myxomatosum) in der 
Leber einer Kuh. 0. S. 422. 

Magnusson, Hilding. Spezifische infek¬ 
tiöse Pneumonie beim Fohlen. Ein 
neuer Eitererreger beim Pferde. O. 
S. 22. 

Majewski, Walther. Über atypische Er¬ 
scheinungen der Tollwut beim Hund, 
Rind und Pferd und Vorschläge zur 
zeitgemäßen wirksamen Bekämpfung 
dieser Seuche. D. S. 219. 

Manninger, R. Ist die Komplement¬ 
bindungsprobe zur Untersuchung von 
Schweineseren geeignet? O. S. 157. 

Meinicke, Wilhelm. Beitrag zur Kennt¬ 
nis einer lecksuchtähnlichen Erkran¬ 
kung des Rindes im Spreewald. D. 
S. 277. 

Metz, Hans. Die Struktur der Ohr¬ 
knorpel des Pferdes. D. S. 494. 

Neumann , 2L, und C. Reinhardt. Zur 
Lecksuchtsfrage (Humalcalbehand- 
lung). O. S. 39. 

RachfaU, Adolf. Zur Frage der Spezifi¬ 
tät des Noltzeschen Sedimentierungs- 
verfahren zur Diagnose der anstecken¬ 
den Blutarmut. D. S. 73. 


Rahne, Albert. Beitrag zur pathologisch¬ 
anatomischen Diagnostik des Rausch¬ 
brandes, zur Impfung und Entschädi¬ 
gungsfrage. D. S. 213. 

Rasch. Kurt. Versuche mit einem neuen, 
SOf-abspaltenden Mittel zur Unge¬ 
zieferbekämpfung. D. S. 193. 

Reinhardt, C., siehe Neumann, K. 

Rosencrantz, Herbert. Zur pathologischer. 
Histologie der herdförmigen Verände¬ 
rungen bei Geflügelcoccidiose. D. 
S. 384. 

Scheunert, Arthur, und Fr. W. Krzywa - 
nek. Zur Frage der Alkalireserve im 
Blute lecksuchtkranker und mit 
i Huinalkal behandelter Rinder. O. 
S. 51. 

Schlegel, M. Plexuscholesteatome beim 
Pferd und Plexuskrebs beim Rind. O. 
S. 499. 

Schmidt, Wilhelm. Intravenöse Anwen¬ 
dung von Atophanpräparaten bei Ge¬ 
lenkerkrankungen, speziell bei der 
Rotlaufarthritis von Serumtieren. O. 
S. 237. 

— W. Über die Wirkung und Anwendbar¬ 
keit des Flavizid als Antisepticum in 
der Veterinärmedizin. D. S. 291. 

— Wilhelm. Experimentelle Unter¬ 
suchungen über die Immunitätsver¬ 
hältnisse nach der Rotlaufsimultan¬ 
impfung unter besonderer Berück¬ 
sichtigung der Empfänglichkeit. 0. 
S. 341. 

-Beitrag zur Rotlaufimmunität. O. 

S. 520. 

Schulte-Bisping, Joseph. Die Aggluti¬ 
nation bei der Lungenseuche. D. 
S. 104. 

Schütte, Emil. Der Fettgehalt des Knor¬ 
pels unserer Haustiere. D. S. 487. 

Sickmüller, Emil. Über die Infektions¬ 
verhältnisse bei dem Wasserfrosch- 
coccid Isospora lieberkühni und die 
durch diesen Parasiten in der Wasser¬ 
froschniere verursachten Verände¬ 
rungen im Laufe des Jahres und bei 
den verschiedenen Altersstufen der 
Frösche. D. S. 458. 

Skerlo. Betrachtungen über die Fleisch- 
fäulnis und Beiträge zur Wertbeur- 
teilung einzelner chemischer Fest- 



608 


Autorenverzeichnis. 


stellungsmethoden derselben für die 
Nahrungsmittelkontrolle. D. S. 581. 

Standfuß , Richard . Erfahrungen mit der 
Haltbarkeitsprobe des Fleisches nach 
M. Müller. 0. S. 55. 

Starfinger , Emst Ein Beitrag zur 
Druseimpfung. D. S. 81. 

St 088 , A. O. Die klinische Trächtigkeits¬ 
diagnose bei der Stute. 0. S. 428. 

Struwe , Edmund . Untersuchungen über 
das Vorkommen von Fett in der Niere 
des Schafes. D. S. 392. 

Teipel , Heinrich . Vergleichende Unter¬ 
suchungen über den diagnostischen 
Wert der Conjunctival- und der Pal- 


pebralreaktion bei der Rindertuber* 
kulose. D. S. 551. 

TöUner, Wilhelm, Pseudohennaphrodi- 
tismus bei der Ziege. D. S 205. 

Trautwein , K ., siehe Waldmann , 0. 

Waldmann , 0., und 2T. Trautwein . Ver¬ 
suche zur aktiven Immunisierung gegen 
Maul- und Klauenseuche, 0. S. 229. 

We88el 9 Fredy. Zur Bewertung der Paro- 
Strickhufeisen. D . S. 376. 

Zunker , Martin. Untersuchung über das 
Vorkommen von Bakterien in den 
Nasennebenhöhlen bei Pferd und Rind, 
nebst einer Studie über Schleimcysten. 
D . S. 269. 




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PROSPEKT UND SPEZIAL-LITERATUR 
STEHEN ZUR VERFÜGUNG 





1 

;V' i-iv. 

.• . • M . - 

Archiv £tir wissen*chsßJ&&e öO, Band, Bott 6. 

m 










IV 


Archiv Ihr wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde. ISO. Band, Heft 6. 


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Literatur: 

Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 1921. Nr. 2 
Tierärztliche Rundschau, 1923, Nr. 10 und Nr. 25 

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Spanischen Übersetzt von Dr. E. Herzog, Heidelberg. 6 Goldmark / 1.45 Dollar 

Heft 32: Formen und Krftfte in der lebendigen Natur. Beitrag vii zur syn¬ 
thetischen Morphologie. Von Professor Dr. Martin Heidenhain, Vorstand des 
Anatomischen Instituts zu Tübingen. Mit 22 Abbildungen. (VI, 136 S.) 1923. 

6.60 Goldmark / 1.35 Dollar 

Heft 31: Die Geltung der von W. Roux und seiner Schule für die onto- 
genetische Entwicklung nachgewiesenen Gesetzmäßigkeiten auf dem 
Gebiete der phylogenetischen Entwicklung. Ein Beitrag zur Theorie der 
Stammesentwicklung (Theorie des phylogenetischen Wachstums) von Hermann 
Kranichfeld. (IV, 92 S) 1922. 4.50 Goldmark / 1.10 Dollar 

Heft 30: Die Prinzipien der Streifenzeichnung bei den Saugetieren. 

Abgeleitet ans Untersuchungen an den Einhufern von Dr. phil. et med. Hans Krieg 
in Tübingen. Mit 58 Abbildungen im Text. (IV, 102 S.) 1922. 5 Goldmark / 1.20 Dollar 

Heft 29: Die allgemeine Biologie als Lehrgegenstand des medizinischen 
Studiums. Bin Gutachten, vorgelegt den Regierungen Mitteleuropas von Professor 
Dr. Vladislav Ruzicka in Prag. (11, 30 S.) 1922. 1.50 Goldmark / 0.35 Dollar 

Heft 28: Ober die Vorstellbarkeit der direkt bewirkten Anpassungen und 
der Vererbung erworbener Eigenschaften durch das Prinzip der 
virtuellen Verschiebungen. Ein Beitrag zur theoretischen Biologie von Dr. 
Otto Jackmann in Sangerhausen. Mit 15 Abbildungen im Text. (IV, 123 S.) 1922. 

5 Goldmark / 1.20 Dollar 

Heft 27 : Das Evolutionsproblem und der individuelle Gestaltungsanteil 
am Entwicklungsgeschehen. Von Professor Dr. Franz Weidenreich, 
früher Straßburg, z. Z. Mannheim. (IV, 120 S.) 1921. 8 Ooldmark / 1.9U Dollar 


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Druck der Spamerschen Buchdruckerel in Leipzig