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Full text of "Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde 7.1881"

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ARCHIV 

FÜR 

WISSENSCHAFTLICHE UND PRACTISCHE 

THIERHEILKUNDE. 


HERAUSGEGEBEN 

VON 

Dr. F. ROLOFF, 

GEHEIMER MEDIZINALRATH UND PROFE8SOR, 

DIUKCTOR DER KÖN1GL. TUIERARZNEISCIIULE ZU BERLIN. 

R E D I G I R T 

VON 

proe. c. f. Müller und Prof. dr. j. w. schütz, 

LEHRER DER KÖNIGL. THIERARZNEISCHULE ZU BERUN. 


Siebenter Band. 

Mit 3 lithographirten Tafeln und 1 Holzschnitt. 


BERLIN, 1881 . 

Verlag von August Hirschwald. 

NW. Uuter den Linden 6$. 


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Inhalt des siebenten Bandes. 


Erstes und zweites Heft. 

Seite 


I. RalofT, Bericht über die Königl. Thicrarzneischule zu Berlin (1879 80) 1 

II. Ellenberger, Zur Anatomie und Physiologie des dritten Magens der 

Wiederkäuer. (Hierzu Tafel I.). 17 

III. Feser, Zur Dosirung des Strychninnitrats bei subcutaner und interner 

Anwendung (Fortsetzung). 59 

IV. Pütx, Ueber Wesen und Behandlung des sogen. Uufkrcbses. 79 

V. Munk, Ueber den Einfluss der Fütterung auf die Milchbildung bei Ziegen 91 

VI. Braun, Nochmals der Galop.107 

Referate und Kritiken. 

Willems, Nouvelles r^cherches sur la pleuropneumonic exsudative 
de l’espece bovine, et sur Pinoculation de cette maladic (Lei¬ 
st ikow). 113 

Brown, Report on Texas fever (Pauli).121 

Möller, Die Hufkrankheiten des Pferdes, ihre Erkennung, Hei¬ 
lung und Verhütung (Siedamgrozky).125 

Kleinere Mittheilungen.133 

Amtliche Erlasse.150 

Personal-Notizen.163 


Orittes Heft. 

VII. BofTmelster, Ueber Celluloseverdauung. 169 

VIII. Möller, Ueber die Pilze der normalen Kuhmilch. (Hierzu Taf. II. Fig. 1—6) 198 

IX. Jansou, Ueber zwei Fälle von Enchondrom. (Hierzu Taf. II. Fig. 7) . 207 

X. Pauli, Panzerartiges Sarcoma medulläre von dem Psalter eines Rindes. 

(Hierzu Taf. II. Fig. 8 u. 9) .214 

XI. Miller, Ueber das Wesen des Hufkrebses. Einige Bemerkungen zur 
Referate und Kritiken. ( 

Erwiderung des Herrn Prof. Pütz.221 

Zur Frage der Immunität und Prädi9position der Thiere für Milz¬ 
brand (Pauli).233 

Wilkens, Grundzüge der Naturgeschichte der Hausthiere (Egge¬ 
ling) .240 


411087 

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IV 


Inhalt des siebenten Bandes. 


Seit« 

Kleinerejdittheilungen.243 

Personal-Notizen.*■.260 

Viertes und fünftes Heft. 

XII. Ellenberger und Hoffmeister, Ueber die Verdauungssäfte und die Ver¬ 
dauung des Pferdes.265 

XITI. Ellenberger, Folgen derbeiderseitigen FacialisdurchschncidungbeimPferde 311 

XIV. Seiiuuer, DicWundinfectionskrankheitcn, deren Verhütung und Behandlung 321 

XV. Grebe, Ueber einen Fall von Knochenrotz.336 

Referate und Kritiken. 

Fes er, Die Buchner’schen Forschungen über die Milzbrandätiologie 342 
M u n k, Physiologie des Menschen und der Säugethierc (E11 e n b e r g e r) 371 
Beyer, Reichsgesetze und Preussische Landesgesetze über Abwehr 
und Unterdrückung von Viehseuchen nebst den zur Ausführung 

derselben ergangenen Vorschriften (Müller).378 

Kleinere Mittheilungen.380 

Amtliche Erlasse. 393 

Personal-Notizen.401 

Sechstes Heft. 

XVI. Roloff, Die Zwangsimpfung bei der Unterdrückung der Lungenseuche 409 

XVII. Ellenberger und Hoffmeister, Ueber die Verdauungssäfte und die Ver¬ 
dauung des Pferdes. (Hierzu Taf. III, Fig. 1—6).333 

Referate und Kritiken. 

Taubner, Die Anästhetica (Tereg).457 

Peters, Die Fissuren des Fcsselbeins vom Pferde (Möller) . . 462 

Annual Report of the Veterinary Department of the Privy Council 

for the year 1880 (Müller).463 

Kleinere Mittheiiungen.470 

Amtliche Erlasse.494 

Personal-Notizen.495 

Literatur.501 


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I. 


Bericht über die Königl. Thierarzneischule zu Berlin 

(1879 80). 

Von 

F. R o 1 o f f. 


An dem Unterriebt in der Thierarzneischule nahmen Theil: 
im Sommer-Semester 1879: 152 Eleven, 4 Hospitanten; 
im Winter-Semester 1879/80: 174 Eleven, 20 Hospitanten. 
Der thierärztlichen Fachprüfung unterwarfen sich Michaelis 1879: 
30 Candidaten. Von denselben bestanden 20 die Prüfung vollständig; 
7 erhielten im ersten (klinischen), 1 im zweiten (anatomischen) Prü¬ 
fungsabschnitt und 2 in der Schlussprüfung die Censur „ungenügend“. 
Von den Candidaten, welche die Prüfung nicht bestanden hatten, voll¬ 
endeten 7 dieselbe Ostern 1880. 


Berieht über die Anatomie. 

Von Prof. Müller. 

Während des Winter-Semesters 1879/80 nahmen an den Prä- 
parirübungen in der Anatomie Theil: 

in dem Quartal October-Deceraber 1879: 28 Civil-Eleven und 
36 Militär-Eleven, zusammen 64 Studirende: 
in dem Quartal Januar-März 1880: 45 Civil-Eleven und 78 
Militär-Eleven, zusammen 123 Studirende. 

Im Ganzen sind 46 Pferde angekauft und zunächst zu den Ope- 
rations-, sodann für die anatomischen Uebungen verwendet worden. 
Leider stösst die Beschaffung solcher Pferde mit jedem folgenden 
Jahre auf grössere Schwierigkeiten; namentlich in der zweiten Hälfte 
des Winter-Semesters sind derartige Pferde schwer und nur zu erheb¬ 
lich höheren Preisen anzukaufen. Eine zweckentsprechende Beschäf- 

l 


Archiv f. . ijMnsch. u. prakt. Thierheilk. VII. 1 u. 2. 


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2 


ROLOFF, 


tigung der zahlreichen Studirenden war demgemäss nur dadurch zu 
ermöglichen, dass vielfach Theile von Cadavern der in den Anstalts¬ 
kliniken gefallenen Pferde und getödteten Hunde benutzt wurden und 
dass die Berliner Abdeckerei sich bereit zeigte, ganze Cadaver und 
einzelne Cadavertheile für den anatomischen Unterricht zu liefern. 

Von der Abdeckerei erhielt die Anatomie im Winter-Semester 
1879/80: 24 Köpfe von Pferden; 2 Köpfe, 4 Vorderschenkel und 2 
Hinterschenkel von Rindern; die Cadaver von 2 Kühen, 5 Kälbern, 
12 Schafen und 8 Schweinen. Hierdurch wurde es möglich, dass in 
der Vorlesung über Anatomie fast durchweg frische Präparate von 
Wiederkäuern und Schweinen demonstrirt werden konnten. 

Von den Cadavern der in der Anstaltsklinik gefallenen Pferde 
wurden verwendet: 12 Köpfe, 20 Vorderschenkel, 10 Gehirne und die 
Geschlechtstheile von 2 Hengsten. Der Rumpf und die Hinterschenkel 
solcher Cadaver dürfen nach einem Abkommen mit der Abdeckerei 
für die Präparirübungen nicht benutzt werden, und die Eingeweide 
werden für die Verwendung zu demselben Zweck durch die Section 
in der Regel vollständig untauglich gemacht. 

Bei eintretendem Mangel an Präparaten sind zahlreiche Hunde 
— namentlich zu Muskelpräparaten — verwendet worden. 


Tabellarische Zusammenstellung der in den Kliniken ?nm 1. April 1879 bis mm 
31. Mär* 1889 behandelten nnd untersuchten Thiere. 

I. Klinik für grosse Hausthiere. 

Von Prof. Dieckerhoff. 

A. Spitalklinik. 

1. Zur Behandlung eingestellt. 


Namen der Krankheiten. 

Zahl 

der 

Pferde. 

geheilt 

A u 

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8 

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gestorben 

I. Contagiöse, infectiöse und 
parasitäre Krankheiten. 
Rotz. 

13 




11 

2 

Influenza. 

153 

102 

15 

4 

— 

32 

Latus 

166 

102 

15 

4 

11 

34 


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Bericht über die Kgl. Thier&rzneisohule. 


3 


Namen der Krankheiten. 

Zahl 

der 

Pferde. 

geheilt 

gebessert > 
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gestorben 

Transport 

166 

102 

15 

4 

11 

34 

Faulfieber. 

5 

4 

— 

— 

— 

1 

Acute Kreuzlähmung... 

4 

2 

— 

— 

1 

1 

Räude . 

8 

4 

3 

1 

— 

— 

Flechte . 

9 

6 

2 

1 

— 

— 

Läuse . 

II. Organkrankheiten. 

Krankhtn. d. Gehirns, Rücken¬ 
marks und der Nerven. 

2 

2 





Hydrocephalus acutus. 

27 

15 

6 

— 

1 

5 

Hydrocephalus chronic. 

13 

— 

4 

8 

— 

— 

Gehimcongestion. 

8 

6 

2 

— 

— 

— 

Epilepsie. 

6 

2 

— 

4 

— 

— 

Tetanus. 

30 

4 

3 

2 

1 

1 

Lähmung des N. facialis 

2 

— 

— 

1 

1 

1 

Lähmung des N. cruralis 
Krankheiten des Kopfes und 
Halses. 

Krankheiten der Respira¬ 
tionsschleimhaut. 

1 



1 



Nasencatarrh. 

Druse (Strengei, Kropf, 

9 

7 

2 

— 

— 

— 

Angina). 

Krankheiten der Maul- und 
Rachenschleimhaut 

59 

48 

8 

3 



Aphthen . 

4 

3 

1 

— 

— 

— 

Myxome. 

Krankheiten d. Kehlkopfes. 
Kehlkopfspfeifen (Tra¬ 

1 

1 





cheotomie) . 

Krankheiten des Schlund¬ 
kopfes und des Schlundes. 

4 

4 





Pharyngitis. 

4 

3 

1 

— 

— 

— 

Fremdkörp. im Schlunde 
Krankheiten der Zähne. 

2 

2 




— 

Zahnfisteln. 

Sonstige Zahnfehler (Ca- 
ries, unregelmäss. Ge¬ 
biss etc.). 

Krankheiten des Ober- und 
Unterkiefers. 

Fissur der Zwischen¬ 

4 

3 

1 




75 

65 

10 




kieferbeine . 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

Fractur des Unterkiefers 
Krankheiten des Auges. 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

Conjunctivitis. 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

Latus 

448 

287 

59 

25 

V 

15 

62 


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4 


ROLOFF, 


Namen der Krankheiten. 

Zahl 

der 

Pferde. 

geheilt 

gebessert ^ 

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gestorben 

Transport 

448 

287 

59 

25 

15 

62 

Keratitis traumatica.... 

11 

7 

4 

— 

— 

— 

Grauer Staar. 

1 

— 

— 

1 

— 

— 

Periodische Augenent- 







zündung. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

Krankheiten des Ohres. 







Warzen am Ohr. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

Wunden. 

23 

18 

3 

2 

— 

— 

Krankheiten der Brust. 

Krankheiten der Bronchien, 
Lungen, der Pleura. 







Bronchitis. 

22 

15 

5 

2 

— 

— 

Lungenemphysem. 

5 

1 

— 

4 

— 

— 

Pleuritis . 

11 

7 

3 

1 

— 

— 

Catarrhal. Pneumonie . 

45 

28 

2 

— 

3 

12 

Angeborene Dislocation' 







der Luftröhre. 

1 

— 

— 

1 

— 

— 

Melanosarcome. 

2 

— 

— 

2 

— 

— 

Krankheiten des Herzens 
und der Gefässe. 

Varix (Thrombose in der 







Schenkelvene). 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

Krankheiten der Verdauungs¬ 
organe. 







Gastricismus. 

152 

140 

10 

1 

— 

1 

Kolik. 

226 

170 

10 

1 

1 

44 

Enteritis. 

5 

2 

1 

— 

— 

2 

Krankheiten der Harn- und 
Geschlechtsorgane. 




1 



Nephropyelitis. 

1 

— 

— 

— 

— 

Hämaturie. 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

Dysurie. 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

Blasensteine . 

2 

— 

1 

— 

— 

1 

Metritis . 

3 

2 

1 

— 

— 

— 

Vaginitis. 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

Abortus. 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

Nymphomanie. 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

Diabetes insipidus. 

2 

— 

1 

1 

— 

— 

Samenstrangfistel. 

7 

5 

— 

— 

1 

1 

Phimosis. 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

Paraphimosis . 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

Warzen am Schlauch . 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

Carcinom am Schlauch 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

Abscess am Schlauch . 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

Castrationen. 

29 

28 

. — 

— 

— 

1 

Latus 

1016 

724 

105 

42 

20 

125 


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Bericht über die Kgl. Thierarzneischule. 


5 


Namen der Krankheiten. 

Zahl 

der 

Pferde. 

geheilt 

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0 

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gestorben 

Transport 

1016 

724 

105 

42 

20 

125 

Krankheiten des Rumpfes und 
des Beckens. 

Hautentzündung....... 

4 

4 





Wunden. 

25 

18 

6 

— 

— 

1 

Abscesse. 

4 

4 

— 

— 

— 

— 

Extravasate. 

5 

4 

1 

— 

— 

— 

Schulterlahmheit. 

l 

— 

— 

1 

— 

— 

Brustbeule . 

21 

13 

6 

1 

— 

1 

Contusion der Hüfte... 

6 

5 

1 

— 

— 

— 

Druckschäden an der 
Brust. 

3 

2 

1 

_ 

_ 

_ 

Druckschäden am Wi¬ 
derrist .. 

12 

7 

2 

1 

1 

1 

Brustbeinfistel. 

6 

2 

1 

3 

— 

— 

Widerristfistel. 

3 

1 

1 

1 

— 

— 

Beckenbrüche respect. 
Brüche des Darm¬ 
beines .. 

16 

3 

4 

8 


1 

Nabelbruch. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

Tumoren am Bauch ... 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

Krankheiten der Vorder- und 
Hinterextremitäten. 

Krankheiten der Haut und 
des Unterhautzellgewebes 
Wunden. 

83 

66 

15 

2 



Hautentzündung. 

29 

20 

5 

4 

— 

— 

Eczem . 

6 

4 

2 

— 

— 

— 

Mauke . 

35 

25 

7 

3 

— 

— 

Stollbeulen. 

9 

6 

3 

— 

— 

— 

Oedem. 

4 

4 

— 

— 

— 

— 

Blütextravasat. 

7 

6 

1 

— 

— 

— 

Phlegmone. 

69 

46 

20 

3 

— 

— 

Elephantiasis . 

2 

1 

— 

1 

i — 

— 

Abscess. 

2 

2 

— 

— 


— 

Fibrome. 

12 

11 

1 

— 


— 

Krankheiten der Muscula- 
tur, der Sehnen und Seh¬ 
nenscheiden. 

Entzündung der Mus¬ 
keln, Sehnen u. Sehnen¬ 
scheiden einschliess¬ 
lich der Gallen . 

120 

74 

34 

12 



Zerreissung des Schien¬ 
beinbeugers . 

4 

1 

1 

2 

_ 

— 

Durch schneidung der 
Achillessehne. 

1 

— 

— 

1 

( — 

— 

Latus 

1507 

1054 

218 

85 

21 

129 


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6 


ROLOFF. 


Namen der Krankheiten. 

Zahl 

der 

Pferde. 

geheilt 

gebessert ^ 

0 

CO 

ungeheilt ^ 

n g e 

-M 

S 

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gestorben 

Transport 

1507 

1054 

218 

85 

21 

129 

Krankheiten des Periosts 
und der Knochen. 

Fractur des Hufbeines 

1 


1 




Periostitis u. Exostosen 

18 

13 

5 

_ 

_ 

_ 

Bruch des Femur. 

1 

— 


— 

— 

1 

Krankheiten der Gelenke. 
Periarthritis. 

16 

12 

2 

2 



Arthritis . 

45 

22 

14 

6 


3 

Distorsion (Fesselge¬ 
lenk) . 

7 

4 

2 

1 



Spatlähmheit . 

118 

66 

45 

7 

_ 

— 

Rohbein. 

4 

2 

i 

1 

_ 

_ 

Schale. 

27 

14 

11 

2 

— 

— 

Krankheiten des Hufes. 
Hufentzündung (chro¬ 
nische , Quetschung, 
Wunden etc.). 

136 

95 

36 

5 



Ghron. Hufgelenkslahm¬ 
heit. 

13 

8 

3 

2 



Steingallen. 

168 

117 

40 

11 

— 

— 

Hufknorpelfistel. 

43 

22 

15 

6 

— 

— 

Hufknorpelentzündung. 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

Ehehe . 

36 

23 

10 

2 

_ 

1 

Kronentritt . 

27 

20 

6 

1 

_ 

_ 

Vernagelung . 

18 

14 

3 


_ 

1 

Nageltritt. 

10 

6 

3 

1 

— 

— 

Hohle Wand . 

8 

4 

3 

1 


_ 

Strahlfäule . 

3 

3 



_ 

_ 

Strahlkrebs. 

6 

3 

2 

1 

_ 

_ 

Hornspalte . 

22 

12 

8 

2 

— 

— 

Zwanghuf. 

10 

5 

2 

3 

_ 

_ 

Knollhuf. 

1 

_ 

1 

_ 

— 

_ 

Ossification des Huf bein- 
knorpels . 

2 

1 

1 




Necrose d. Fleischwand 

2 

— 

2 

— 

— 

— 

Krankheiten der Schweifrübe. 
Caries . 

1 

1 





Hypertrophie des Nie¬ 
derziehers d. Schweifes 

1 

1 





Wunden. 

1 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

Melanosarcome. 

3 

2 

1 

— 

—■ 

— 

Summa 

2257 

1527 

435 

139 

21 

135 


I 


Digitized by Google 




























Bericht über die Kgl. Thierarzneischale. 


7 


Operationen. 

Ausser den kleinen Operationen, als Abscesseröffnen, subcutane Injectionen, 
Wundheften etc., wurden folgende Operationen ausgeführt: 



Zahl 


Zahl 

Namen 

der 

Namen 

der 

der Operationen. 

Operatio- 

der Operationen. 

Operatio- 


nen. 

nen. 

Applicationen des Glüheisens 

i 

Transport 

200 

bei Lahmheiten von: 


Brustbeule. 

15 

Spat. 

20 

Extravasate . 

9 

Schale... 

17 

Caries der Schweifrübe . 

1 

Sehnenentzündung. 

39 

Hornspalte (Niete gelegt) 

8 

chron. Gelenkentzündung 
Gallen. 

6 

Zähne ausgezogen....... 

49 

5 

Myotomie. 

1 

Periostitis . 

5 

Tenotomie. 

6 

Exostosen. 

3 

Neurotomie . 

28 

Sonstige Operationen. 

Spat . 

Brustbeinfistel .. 

Widerristfistel. 

Samenstrangfistel. 

Knorpelfistel . 

Phimosis. 

Geburtshülfe bei einer 

84 

3 

6 

6 

3 

1 

1 

Tracheotomie. 

Exstirpation von Tumoren. 

Warzen... 

Fibrome. 

Stollbeule. 

Carcinome. 

Melanosarcome . 

Castrationen . 

4 

6 

7 

6 

2 

2 

29 

Stute. 

1 

Summa 

372 

mmm 


Latus 

200 




2. Zur Untersuchung auf Gewährsfehler eingestellt. 


Namen 
der Mängel. 

Zahl 

der 

Pferde. 

Namen 

der Mängel. 

Zahl 

der 

Pferde. 



Transport 

285 

Behaftet waren mit: 


Lahmheit. 

8 

Dummkoller. 

120 

Beisssucht. 

2 

Dämpfigkeit. 

40 

fehlerhaftem Gebiss. 

3 

Stätigkeit. 

24 

Thrombose i. d. Art. crur. 

2 

Spat. 

5 

Cryptorchismus. 

1 

Kehlkopfspfeifen. 

82 

chron. Lungenleiden_ 

2 

Hornspalten. 

1 

Lungenbluten . 

1 

grauem Staar . 

3 

Hypertrophia cordis. 

1 

innerer Augenentzündg.. 

1 

Arthritis deformans. 

1 

Keratitis. 

1 

Krippensetzen . 

7 

cbron. Huflahmheit. 

2 

Rotz . 

3 

Strahlkrebs . 

4 

Beckenbruch. 

1 

Schale. 

1 

Nicht behaftet mit gesetzt. 


Periarthritis.. 

1 

Fehlem wurden befunden . 

253 

Latus 

285 

Summa 

570 


Digitized by ^.ooQle 


























































8 


ROLOFF, 


Zusammenstellung. 


Krankheitsfälle. 2257 

Auf Gewährsfehler untersuchte Pferde. 570 


Totalsumme 2827 


B. Poliklinik. 


Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

I. Contagiöse, infec- 


Transport 

426 

tiöse und parasitäre 


Pharyngitis .. 

3 

Krankheiten. 


Fractur d.Unterkiefers 

2 

Influenza . 

30 

Z^hnfisteln, Zahnca- 


Faulfieber... 

1 

ries u. sonstige Zahn- 


Entozoen . 

5 

fehler (unregelmässi- 


Räude. 

10 

ges Gebiss, lose 


Läuse . 

5 

Zähne etc.) . 

Quetschungen u. Blut- 

823 

II. Organ kran kheiten. 


extravasate am Kopfe 

2 

Krankheiten des Gehirns, 


Krankh. Geschwülste 

3 

Rückenmarks und der 


Conjunctivitis . 

86 

Nerven. 


Keratitis. 

18 

Gehirncongestion. 

4 

Grauer Staar. 

6 

Hydrocephalus acutus 

5 

Schwarzer Staar . 

2 

Hydrocephalus ehren. 

20 

Period. Augenentzdg. 

7 

Epilepsie . 

13 

Parotitis. 

2 

Vertigo. 

8 

Ohrfistel. 

1 

Tetanus . 

11 

Wunden. 

52 

Kreuzlähme . 

2 

Abscesse. 

61 

Lähmung d.N. radialis 

2 

Genickfisteln . 

5 

n des N. facialis . 

12 

Krankheiten der Brust¬ 


„ d. N. ischiadicus 
Krankheiten der Haut. 

1 

organe. 

Bronchitis, Lungen¬ 


Prurigo. 

7 

emphysem u. Pneu¬ 

144 

Flechte. 

29 

monie . 

Urticaria. 

Krankheiten des Kopfes 
und Halses. 

Krankheiten der Respi¬ 

6 

Herzfehler . 

Krankhtn. d. Verdauungs¬ 
organe. 

Gastricismus, Ente¬ 

4 

rationsorgane. 
Nasencatarrh u. Druse 
(Strengei, Kropf, An¬ 


ritis und Kolik. 

Krankheiten der Ham- u. 
Geschlechtsorgane. 

870 

gina) . 

187 

Metritis . 

2 

Kehlkopfspfeifen. 

1 

Polyurie. 

14 

Rachencatarrh. 

47 

Dvsurie. 

8 

Glossitis traumatica . 

5 

Hämaturie . 

2 

Zungenruptur resp 


Vaginitis . 

2 

Aphthen. 

15 

Samenstrangfistel .... 

8 

Latus 

426 

Latus 

2553 


Digitized by Google 














































Bericht über die Kgl. Thierarzneischale. 


9 


Namen 

der Krankheiten. 


Summa. 


Namen 

der Krankheiten. 


Summa. 


Transport 

2553 

Paraphimosis. 

2 

Fibrome am Schlauch 

6 

Carcinome . 

3 

Nymphomanie. 

1 

Phlegmone a.Schlauch 

5 

Krankheiten des Rumpfes 


und Beckens. 


Hautbluten . 

2 

Wunden. 

133 

Oedem vor der Brust 

10 

Abscesse vor der Brust 

6 

Tumor an der Schulter 

4 

Brustbeule. 

24 

Brustbeinfistel.. 

4 

Druckschäden. 

82 

Widerristfistel. 

6 

Beckenbruch . 

4 

Leistenbruch. 

2 

Contusion der Hüfte 

28 

Krankh. Geschwülste 

5 

Krankheiten der vorderen 


u. hinteren Extremitäten 


Phlegmone. 

170 

Elephantiasis. 

15 

Wunden. 

175 

Hautentzündung. 

110 

Mauke . 

45 

Stollbeule . 

10 

Oedem . 

15 

Blutextravasate. 

18 

Abscesse . 

72 

Entzündung der Mus¬ 


keln , Sehnen und 


Sehnenscheiden incl. 


Gallen. 

317 

Kurbe. 

5 

Piephackc. 

5 

Periostitis. 

45 

Fracturen. 

5 

Exostosen. 

34 

Periarthritis. 

45 

Arthritis. 

55 

Distorsion d. Kronen¬ 


gelenks . 

10 

Distorsion des Fessel¬ 


gelenks . 

82 

Schulterlahmheit. 

8 

Latus 

4121 


Transport 

Schale. 

Spatlahmheit. 

Tumor albus. 

Subluxation. 

Krankh. Geschwülste 
Warzen. 

Krankheiten des Hufes. 
Hufentzündgn. (Quet¬ 
schungen der Huf¬ 
lederhaut . 

Chron. Hufgelenks¬ 
lahmheit.. 

Steingallen. 

Hufknorpelfistel . 

Rhehe . 

Necrose d.Fleischwand 

Kronentritt. 

Vernagelung . 

Nageltrittt. 

Strahlkrebs . 

Strahlfäule. 

Hornspalten. 

Lose Wand . 

Zwanghuf. 

Knollhuf. 

Verknöcherung d.Huf- 
beinknorpels . 

Krankheiten des Schweifes. 
Melanosen . 

III. Sonstige Fälle. 

Tracheotomie gemacht 

Zur Untersuchung auf Män¬ 
gel wurden vorgeführt: 

Zur allg Untersuchung 

Zur Untersuchung auf 

Dämpfigkeit. 

Dummkoller. 

Spatlahmheit. 

Trächtigkeit. 

Augenfehler. 

Alter. 

Stätigkeit. 

Kehlkopfspfeifen. 

Rotzverdächtigkeit ... 


4121 

38 

166 

3 

5 

6 
6 


696 

28 

305 

18 

37 
6 

54 

38 
12 

9 

6 

66 

7 
5 

8 

3 


5 


4 


159 

16 

12 

1 

12 

2 

11 

1 

9 

9 


Summa 5884 


Digitized by Google 


































































10 


ROLOFF, 


Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Castrirt wurden: 

Ziegen (männliche). 

Schaf (männliches). 

Schweine (männliche). 

2 

1 

Transport 
Behandelt wurden Ziegen an: 

Gastricismus . 

Epilepsie . 

18 

4 

2 

15 

Gebärmuttervorfall. 

2 

Latus 

18 

Summa 

26 

5884 



Totalsumme 

5910 


II. Klinik für kleine Hausthiere. 

Von Dr. Möller. 

A. Spitalklinik. 


Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Krankheiten d. äusseren Haut. 


Transport 

322 

Sarcoptes. 

24 

Panophthalmitis. 

1 

Acarus folliculorum. 

6 

Exophthalmus. 

2 

Eczem. 

78 

Blepharitis traumatica... 

1 

Heipes . 

4 

Cataracta. 

1 

Ungeziefer. 

1 

Parotitis u. Periparotitis 

1 

Krankheiten der Bewegungs- 


Otitis externa .. 

37 

Organe. 


Ulceration d. Ohrknorpels 

9 

Knochenbrüche. 

49 

Blutohr . 

7 

Luxationen u. Distorsionen 

Arthritis. 

Periostitis . 

Caries. 

Rheumatismus. 

5 

9 

2 

2 

11 

Geburtshülfe. 

Castration . 

Ohren und Schwanz coupirt 

18 

6 

160 

Neubildungen. 

54 

Contusionen. 

10 

Struma. 

Intoxication. 

1 

Wunden.. 

59 

1 

Abscesse. 

21 

Constitutionelle Krankheiten. 


Phlegmone. 

6 

Chlorose.. 

1 

Muskelentzündung . 

1 

Rhachitis . 

1 

Muskelz'rreissung. 

1 

In fections kran kheiten. 


Contractur der Gastro- 

Staupe . 

85 

cnemii . 

1 

Tollwuth . 

1 

Krankheiten d. Sinnesorgane. 


Beobachtg. auf Tollwuth 

190 

Conjunctivitis . 

13 

Krankheiten des Central¬ 


Keratitis ulcerosa. 

6 

nervenapparates. 


Keratitis traumatica. 

4 

Gehirn- und Hirnhaut¬ 


Trichiasis. 

9 

entzündung . 

4 





Latus 

322 

Latus | 

903 


Digitized by t^.ooQle 





















































Bericht über die Kgl. Thierarzneischale. 


11 


Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Transport 

903 

Transport 

1173 

Lähmungen . . 

47 

Icterus. 

2 

Epilepsie . 

38 

Prolapsus recti. 

1 

Eclampsie. 

5 

Periproctitis phlegmonosa 

5 

Krankheiten desCirculations- 


Bandwurm. 

20 

apparates. 


Hernien. 

2 

Herzfehler mit Ascites... 

4 

Krankheiten des Urogenital- 


Krankheiten d. Respirations • 


apparates. 


apparates. 


Hämaturie. 

3 

Bronchial catarrh. 

42 

Polyurie. 

1 

Pneumonie. 

15 

Ischurie. 

1 

Hydrothorax . 

1 

Urethritis catarrhalis .... 

3 

Penetrirende Wunde der 


Strictura urethrae. 

1 

Brustwand. 

1 

Cystitis catarrhalis. 

1 

Diphtherie der Rachen¬ 


Entzündung der Inguinal¬ 


schlei mhaul . 

1 

drüsen . 

2 

Epistaxis . 

6 

Orchitis . 

2 

Krankheiten des Digestions¬ 


Phimosis . 

4 

apparates. 


Paraphimosis. 

3 

Fremdkörper in der Ra- 


Prolapsus vaginae..... 

2 

chenhöhle . 

4 

Metritis. 

3 

Fäule des Zahnfleisches. 

7 

Harnsteine. 

1 

Gastricismus. 

33 



Diarrhoe. 

17 

Summa 

1230 

Rrpphmhr 

15 

Zum Vergiften . 

2184 




v erstoprang. .. 

Oft 





Totalsnmme 

3414 

Latus 

1173 

X V Wllu UUiUAv 


B. Poliklinik. 


Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Namen 

der Krankheiten. 

Summa. 

Krankheiten d. äusseren Haut. 


Transport 

962 

Sarcoptes. 

263 

Periostitis. 

3 

Acarus folliculorum. 

68 

Arthritis u. Periarthritis 

70 

Herpes . 

49 

Rheumatismus. 

39 

Eczem. 

304 

Muskelentzündung . 

4 

Dermatitis. 

152 

Muskelzerreissung. 

2 

Urticaria. 

8 

Contusionen. 

57 

Emphysem der Subcutis 

5 

Wunden. 

164 

Depilation. 

8 

Abscesse. 

50 

Ungeziefer. 

8 

Extravasate . 

43 

Krankheiten der Bewegungs¬ 


Phlegmone. 

7 

organe. 


Panaritium...,. 

16 

Knochenbrüche. 

64 

Bursitis . 

4 

Luxation und Distorsion 

33 



Latus 

962 

Latus 

1421 


Digitized by t^.ooQle 






























































12 


ROLOFF. 


Namen 

der Krankheiten. 


Summa. 


Namen 

der Krankheiten. 


Summa. 


Transport 
Krankheiten d. Sinnesorgane. 

Conjunctivitis . 

Keratitis ulcerosa. 

Keratitis traumatica. 

Keratitis pannosa. 

Cataracta. 

Amaurosis. 

Cyclitis. 

Trichiasis. 

Prolapsus bulbi. 

Prolapsus lentis . 

Otitis externa . 

Ulceration d. Ohrknorpels 

Blutohr . 

Parotitis. 

Geburtshülfe. 

Castrationen. 

Ein gewachsene Krallen ent¬ 
fernt und sonstige kleinere 

Operationen. 

Neubildungen . 

Struma. 

Phosphorvergiftung. 

Constitutionelle Krankheiten. 

Chlorose... 

Rhachitis . 

Infectionskrankheiten. 

Staupe . 

Krankheiten des Centralner¬ 
venapparates. 

Gehirn- und Hirnhaut¬ 
entzündung . 

Lähmungen . 

Coma . 

Epilepsie . 

Eclampsie. 

Neuralgie. 

Tetanus. 

Krankheiten des Circulations- 
apparates. 

Herzfehler mit Ascites... 
Krankheiten des Respirations¬ 
apparates. 

Laryngitis catarrbalis ... 


1421 

Transport 

2631 


Bronchialcatarrh. 

255 

160 

Asthma. 

13 

25 

Pneumonie. 

22 

97 

Nasencatarrb. 

6 

10 

i Epistaxis . 

1 

8 

Hydrotborax . 

. 9 

4 

Krankheiten des Digestions- 


4 

apparates. 


11 

1 Diphtherie. 

20 

1 

Fremdkörper. 

26 

3 

Pharyngitis . 

20 

176 

Stomatitis. 

4 

31 

Gastricismus. 

310 

91 

Verstopfung. 

116 

7 

Diarrhoe. 

111 

k 

Brechruhr . 

28 

2 

Ascites. 

33 

Icterus . 

4 


Fäule des Zahnfleisches. 

27 

22 

56 

Zahncaries. 

2 

Prolapsus recti. 

6 

15 

Mastdarmfisfel. 

4 

Tenesmus. 

5 

i 

Atresia ani . 

1 


Hernien . 

6 

1 

Bandwurm. 

44 

9 

Krankheiten des Lymph- 
apparates. 


244 

Lymphadenitis und Peri- 



adenitis . 

14 


Lymphangitis . 

Krankheiten des Urogenital¬ 

3 

47 

apparates. 


74 

Hämaturie. 

4 

2 

Harnsteine. 

2 

72 

Phimosis. 

3 

13 

Präputialcatarrh . 

6 

6 

Urethritis catarrhalis .... 

19 

3 

Cystitis catarrhalis. 

3 


Vaginalcatarrh . 

6 


Prolapsus vaginae. 

2 

4 

Metritis. 

10 


Mastitis. 

5 


Orchitis . 

2 

6 

Entzündung d. Scrotum 

1 


Latus 


2631 


Summa 


3784 


Digitized by 


Google 







































































Bericht über die Kgl. Thierarzneischale. 


13 


III. Obductionen. 

Von Prof. Dr. Schütz. 

In dem Jahre vom 1. April 1879 bis ult. März 1880 sind 149 
Pferde obducirt worden. In nachstehendem sind die tödtlich gewor¬ 
denen Krankheiten ohne Rücksicht auf die unmittelbare Todesursache 
verzeichnet. 


Krankheiten. 

April 

3 

Juni 

1 

"3 

r 

87 

*-> 

V) 

- 

bC 

3 

< 

d 

u 

-Q 

-«-» 

ST 

C/J 

Octbr. 

Novbr. 

Decbr. | 

Januar 

Februar g? 

März 

Summa. 

Infectionskrankheiten. 














Rotz . 

— 

1 

4 

2 

1 

1 

2 

‘ 3 

3 

— 

— 

1 

18 

Krankheiten des Nervensystems. 














Tetanus . 

2 

1 

2 

— 

2 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

Chron. Gehirnwassersucht.... 

— 

— 

1 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Acute Gebirnwassersucht. 

- 

— 

1 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

Gehirnentzündung. 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

1 

Krankheiten des Respirations¬ 
apparates. 














Pneumonie. 

2 

2 

1 

1 

1 

— 

— 

1 

2 

3 

2 

2 

17 

Bronchopneumonie . 

— 

2 

— 

— 

1 

— 

2 

1 

— 

— 

— 

2 

8 

Gangränöse Pneumonie . 

1 

2 

2 

1 

— 

1 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

9 

Pleuritis. 

1 

1 

2 

— 

— 

2 

— 

1 

— 

3 

— 

— 

10 

Krankheiten des Circulations- 
apparates. 

Endocard. valvul., tricuspid. 














et pulmonal, ulceros. 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Thrombose der Art. axillar., 














subscap. et brachial. 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Thromb. der Art. meser. ant. 














et ven. portar. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

Krankheiten des Verdauungs¬ 
apparates. 





2 









Faccalstase im Coecuin . 

1 

— 

1 

1 

1 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

7 

„ „ Rectum . 

— 

1_ 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

— 

4 

„ „ Duodenum.... 

— 

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— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

2 

Tympanitis. . 

— 

— 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

3 

Volvulus des Dünndarms .... 

— 

4 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

2 

— 

— 

7 

Drehung des Colon . 

1 

— 

1 

— 

2 

5 

— 

1 

— 

— 

2 

— 

12 

Strangulation des Dünndarms 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Strangulation des Colon. 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Hernia incarcerata interna ... 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

— 

3 

Latus 

9 

I 13 

17 

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11 

4 

7 

g 

12| 


7 

118 


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14 


ROLOFF, 


Krankheiten. 

April 

'S 

53 

Juni 

1 

'B 

87! 

s. 

3 

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P 

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Septbr. 

Octbr. | 

Novbr. 

Decbr. 

1 

4 

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3 

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9 

B 

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Summa. 

Transport 

Hämorrhagische Magen- und 

9 

13 

17 

9 

15 

11 

4 

7 

8 

12 

6 

7 

118 

Darmentzündung. 

1 

— 

— 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

6 

Diphtherie des Dünndarms... 

— 

—i 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

Diphtherie d. Colon u. Coecura 
Embolie der Dünndarm- und 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

1 

— 

— 

1 

Dickdarmarterien. 

VI. Krankheiten des Geschlechtsappa¬ 
rates. 

1 

1 


1 









3 

Samenstrangtistel (Operation) 

— 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

Diphtherie der Blase . 

VII. Krankheiten des Bewegungsappa¬ 
rates. 


1 











1 

Carionecrose des Hufbeins ... 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Necrose des Hufbeins. 

Caries des Tibio-astragal-Ge¬ 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 


— 

— 

1 

lenks. 

Fractur des Scham- und Sitz¬ 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

beins. 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Fractur des Femur. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Phlegmone. 

Ruptur des Kronen- und Huf¬ 

1 

1 

— 

2 

1 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

6 

beinbeugers . 

TW. Geschwülste. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

_ 

— 

— 

1 

Riesenzellensarcom der Milz . 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Myom des Jejunum. 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Melanosarcom am Widerrist . 
Riesenzellensarcom der Mesen¬ 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

terialdrüsen . 

— 

— 

— 

1 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

Riesenzellensarcom am Colon 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


— 

— 

— 

1 

Summa 

12 

18 

21 

15 

18 

12 

6 

10 

9 

14 

6 

8 

149 


Die pathologisch-anatomischen Uehungen finden in der Art statt, 
dass im Sommer die Studirenden des 6. Semesters an einem wöchent¬ 
lich dreistündigen praktischen Cursus theilnehmen, wobei der Fach¬ 
lehrer die Technik erörtert und die anatomischen Veränderungen er¬ 
klärt, und dass im Winter diejenigen Studirenden des 7. Semesters, 
welche als Praktikanten der Klinik für kleine Hausthiere zugetheilt 
sind, mithin jedesmal der 4. Theil der Studirenden des Semesters, 
täglich von 11 Uhr unter Leitung des Fachlehrers Sectionen an 
Pferden, Hunden etc. ausführen. 

Ausserdem haben im Sommer die Studirenden des 6. Semesters 
an den pathologisch-histologischen Uebungen theilzunehmen. 


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Bericht über die Kgl. Thieraizneisohule. 


15 


Die Menge des Materials gestattet es, dass die genannten Uebun- 
gen ununterbrochen stattfinden. 


IV. Ambulatorische Klinik. 

' Von Lehrer Eggeling. 

In der Zeit vom 1. April 1879 bis 31. März 1880 sind in der 
ambulatorischen Klinik in der Stadt Berlin und den benachbarten 
Ortschaften 375 Besuche gemacht worden. Es wurden in Summa 
untersucht und behandelt: 

a) wegen Seuchen und Heerdenkrankheiten: 

4 Rindviehheerden, 

15 Schafheerden, 

1 Schweineheerde; 

b) wegen sporadischer Krankheiten, wegen Gewährsfehler, zur 
Vornahme von Sectionen, zur Ausführung von geburtshülf- 
lichen Operationen und Castrationen: 

441 Stück Rindvieh, 

49 Schafe, 

5 Ziegen, 

63 Schweine. 

Diese Krankheiten vertheilen sich der Zeit des Vorkommens und 
der Art nach wie folgt: 


Jahr. 

Monat. 

Zahl 

der 

Be¬ 

suche. 

Sem 

Herd 

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1879 

April. 

33 

2 

— 

1 

38 

— 

— 

13 


Mai . 

40 

— 

3 

— 

41 

16 

— 

3 


Juni . 

29 

— 

1 

— 

31 

— 

4 

5 


Juli . 

39 

— 

1 

— 

44 

— 

— 

4 


August. 

38 

_ 

1 

— 

46 

3 

— 

4 


September. 

34 

— 

— 

— 

35 

— 

— 

12 


Octobsr. 

39 

— 

3 

— 

36 

— 

— 

4 


November . 

22 

— 

2 

— 

20 

18 

— 

10 


December . 

23 

2 

2 

— 

21 

2 

— 

3 

1880 

Januar . 

24 

— 

2 

— 

34 

8 

— 

5 


Februar . 

29 

— 

— 

— 

43 

2 

— 

— 


März . 

25 

— i 



52 

— 

1 

— 


Summa 

375 

4 

15 

1 

441 

49 

5 1 

63 


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16 


ROLOFF, Bericht über die Kgl. Thierarzneischule. 


Seuchen und Heerdenkrankheiten. 


Namen der Krankheiten 

Rindvieh- 

heerden 

i n 

Schaf- 

heerden 

Schweine¬ 

heerden 

Maul- und Klauenseuche. 

1 

1 

1 

Pockenseuche. 

— 

5 

— 

Magenwurmseuche. 

— 

2 

— 

Leberegelseuche. 

— 

2 

— 

Drehkrankheit . 

— 

1 

— 

Räude . 

1 

— 

— 

Rhachitis. 

— 

2 

— 

Lupinen Vergiftung. 

— 

2 

— 

Lungenseuche. 

2 

— 

— 

Summa 

4 

15 

1 


Einzelne Krankheitsfälle, Untersuchungen, Obductionen 
und Operationen. 


Namen der Krankheiten. 

Rindvieh 

Stückz« 

& 

ca 

xi 

o 

CG 

er 

Ziegen 

Schweine 

Krankheitsfälle. 

Contagiöse, infectiöse, parasitäre, constitutio- 





nelle Krankheiten. 

40 

— 

— 

6 

Krankheiten des Gehirns und Rückenmarks. 

16 

15 

— 

— 

„ der Knochen und Gelenke. 

41 

1 

5 

— 

„ der Circulationsorganc. 

17 

— 

— 

— 

„ der Respirationsorgane. 

26 

5 

— 

2 

„ der Digestionsorgane . 

84 

9 

— 

3 

„ der Ham- und Geschlechtsorgane 

44 

1 

— 

— 

„ des Euters. 

40 

12 

— 

— 

* der Haut und Unterhaut. 

43 

— 

— 

1 

Neubildungen der Haut. 

7 

* — 

— 

1 

Fusskrankheiten. 

19 

6 

— 

— 

Untersuchung auf Gewährsfehler . 

36 

— 

— 

— 

Obductionen. 

26 

— 

— 

— 

Operationen. 





Behandlung von Schwergeburten. 

2 

— 

— 

— 

Castrationen. 

— 

— 

— 

50 

Summa 

441 

49 

5 

63 


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II. 


Zur Anatomie und Physiologie des dritten Magens der 

Wiederkäuer. 

Von 

Professor Dr. Ellenberger» 

(Hieran Taf. L) 


Der dritte Magen der Wiederkäuer hat wegen seiner eigentümlichen 
anatomischen Verhältnisse, der Blätterbildung in seinem Innern, seiner 
verschiedenen Ausbildung bis zum gänzlichen Fehlen in der Wieder¬ 
käuerreihe u. s. w. von jeher das Interesse ganz besonders in An¬ 
spruch genommen. Trotzdem ist, soweit mir bekannt, noch keine 
Arbeit veröffentlicht worden, die sich speciell mit den Functionen und 
der Anatomie dieses Organs beschäftigt hat 1 ). Die Ansichten über 
die Verrichtungen des Psalters finden sich in den verschiedenen Lehr- 
und Handbüchern der Physiologie und in Arbeiten niedergelegt, welche 
sich mit anderen Theilen des Verdauungstractus der Ruminantien be¬ 
fassen. Einige Angaben aus derartigen Werken und Artikeln werden 
genügen, um uns eine Anschauung über die Ansichten der bekannte¬ 
sten Autoren über die Functionen des Psalters zu geben. 

Tiedemann u. Gmelin 2 ) schreiben dem genannten Organ fol¬ 
gende Verrichtungen zu: 1) Secretion eines sauren verdauenden Se- 
cretes; 2) mechanische Zerkleinerung, mechanisches Zerreiben des Fut¬ 
ters zwischen den Blättern durch die diesen aufsitzenden Wärzchen; 
3) Resorption der zwischen die Blätter gelangten flüssigen und gelösten 
Nährstoffe; 4) theilweises Auspressen der flüssigen Massen nach dem 
4. Magen. 


1 ) Es existirt in dieser Richtung nur die Arbeit von Krazowski, die aber 
nur die Entwickelung des Psalters behandelt: Krazowski, Untersuchungen über 
die Entwickelung des Omasus. Dorpat 1880. 

2 ) Tiedemann u. Gmelin, Die Verdauung naoh Versuchen. 1826. 

ArdÜT f. wlssenseh. u. prakt. ThierheUk. VIL 1 u.2. 2 


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18 


ELLENBERGER, 


Vink 1 ) meint, dass die Speisen in dem Psalter mit einer Menge 
Flüssigkeiten, welche die hier gelegenen Gefasse absondern, vermengt 
und zwischen die Blätter eingeknetet würden. Das Flüssigste werde 
dann fortwährend herausgepresst. 

Haubner 2 ) nimmt an, dass der Verlust, den die Nahrungsmittel 
an Flüssigkeiten im 3. Magen erleiden, auf mechanische Weise durch 
Herauspressen der Flüssigkeit nach dem Labmagen Ijin bewirkt werde. 
Er fand, dass das Futter im Psalter eine nicht unbedeutende Ver¬ 
änderung erleidet und glaubte, dass dieselbe durch einen sauren Saft 
bewirkt werde, den der Psalter secernire. 

Von der Secretion eines sauren Saftes im 3. Magen sprechen 
auch Gurlt 3 ), Veith 4 ), Erdelyi 5 ), Hering 6 ), Tiedemann u. 
Gmelin, während Ranke 7 ) nur dem Labmagen die Fähigkeit zu¬ 
schreibt, ein Secret zu produciren, und auch Valentin 8 ), Weiss 9 ), 
Schwab l0 ) der Secretionsthätigkeit des Psalters nicht Erwähnung thun. 

Die neueren Autoren, wie Fürstenberg 11 ), Schumacher 12 ), 
Leisering 13 ), Franck 14 ), Wilckens 15 ), Wildt 16 ), Colin u. A. 
bestreiten direct, dass der Psalter secernire. Die saure Reaction seines 
Inhalts soll seine Ursache in den dort ablaufenden Zersetzungspro¬ 
cessen finden und der mehrfach dort gefundene verdauende Saft vom 
Labmagen aus hingelangt sein. 

Alle Autoren wissen, dass die in den Psalter eintretenden, stark 


! ) Vink, Vorlesungen über das Wiederkauen des Rindviehes. 1779. 

2 ) Haubner, Ueber die Magenverdauung der Wiederkäuer. 1837. 

3 ) Gurlt, Lehrbuch der vergleich. Physiologie der Haussäugethiere. 1865. 

4 ) Veith, Handbuch der Veterinärkunde. 1822. 

5 ) Erdolyi, Versuch einer Zoophysiologie. 1820. 

Ä ) Hering, Physiologie für Thieräi?te. 1832. 

7 ) Ranke, Grundzüge der Physiologie des Menschen. 1875. 

8 ) Valentin, Lehrbuch der Physiologie des Menschen. 1844. 

9 ) Weiss, Specielle Physiologie für Thierärzte. 1860. 

10 ) Schwab, Lehrbuch der Physiologie. 1821. 

u ) Fürstenberg u. Rohde, Die Rindviehzucht nach unserem jetzigen 
rationellen Standpunkte. 1873. 

,2 ) Schumacher, Fühling’s Zeitschrift V, 342. 1874. 

13 ) Gurlt, Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haussäugethiere. 
5. Aufl. 1873. 

,4 ) Franck, Handbuch der Anatomie der Hausthiere. 1871. 

,5 ) Wilckens, Untersuchungen über den Magen der wiederkauenden Haus¬ 
thiere. 1872. 

16 ) Wildt, Henneberg’s Journal XXII, 1. 1874. 


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Anatomie n. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


19 


durchfeuchteten Massen in ihm ärmer an Flüssigkeiten werden, sodass 
man den Psalterinhalt stets mehr oder weniger trocken findet. Sie 
sind aber verschiedener Meinung darüber, wodurch der Flüssigkeits¬ 
verlust bedingt wird. Leisering nennt den Psalter passend ein 
Exsiccationsorgan, ohne sich zu entscheiden, wie die Exsiccation zu 
Stande kommt. 

Fürstenberg, Franck, Fr. Müller 1 ), Schumacher u. A. 
nehmen an, dass der 3. Magen seinem Inhalt die Flüssigkeit durch 
Resorption entziehe, während Tiedemann u. Gmelin dies nur für 
einen Theil der Flüssigkeit zugeben. Franck nennt den Psalter be¬ 
sonders zur Resorption geschickt, und ein anderer neuerer Autor 
nennt ihn sogar ein Resorptionsorgan von ausserordentlicher Wirk¬ 
samkeit. 

Valentin, Weiss, Schwab, Wildt dagegen erwähnen die 
resorbirende Thätigkeit des Psalters gar nicht; Colin und Haubner 
bestreiten sie direct und glauben, dass der Flüssigkeitsverlust durch 
Auspressen der flüssigen Massen nach dem Labmagen zu Stande 
komme. 

Peyer, Duverney, Colin 2 ) nehmen an, dass die Nahrungs¬ 
mittel im 3. Magen mechanisch zerkleinert, verrieben werden und 
also in der That die schon von Haubner beobachtete Veränderung 
erleiden. Auch Chabert 3 ) u. A. sprechen von einer Pressung u. dgl. 
der Futtermassen. 

Diese Literaturangäben mögen genügen, um den Stand der Frage 
zu kennzeichnen, die uns im Nachstehenden beschäftigen wird. Es 
würden alle weiteren derartigen Notizen werthlos sein, weil keiner 
der etwa noch zu nennenden Autoren den Gegenstand speciell bear¬ 
beitet hat. Die Urtheile entbehren der positiven Basis. Nicht einmal 
die anatomischen Verhältnisse des Organs waren klargestellt, als die 
Urtheile ausgesprochen wurden. Das Wenige, was ich angegeben, 
genügt, um zu zeigen, wie verschiedener Meinung die Autoren über 
die Frage waren resp. sind, welchen Zweck der Psalter zu erfül¬ 
len hat. 

Einige der citirten Forscher nehmen an, dass der Psalter einen 
verdauenden Saft secernire, durch welchen wirkliche Verdauungsvor- 


1 ) Müller, Fr., Lehrbuch der Anatomie der Haussäugethiere. 1871. 

2 ) Colin, Tratte de Physiologie des animaux domestiques. 1871. 

s ) Chabert, Des Organes de la digestion dans les Ruminants. 1797. 

2 * 


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20 


ELLENBERGER, 


gänge im Psalter bedingt würden. Andere bestreiten diese Ansicht 
entschieden. — Eine Anzahl Autoren sieht den 3. Magen als ein 
wesentlich resorbirendes Organ an. Dem entgegen stehen andere For¬ 
scher, welche es für unmöglich halten, dass der Psalter dieser Function 
vorstehe. Nach ihnen ist derselbe ein Zerkleinerungs- und Macera- 
tionsapparat. Noch andere Forscher schreiben dem Organ verschie¬ 
dene Functionen zu, sowohl die der Zerkleinerung, als die der Re¬ 
sorption und die des Auspressens der Flüssigkeiten etc. 

Wie aus diesen Angaben ersichtlich, hat jede Arbeit, welche sich 
mit der Erforschung der Functionen des Psalters befasst, folgende 
Fragen zu lösen: 

1) Liefert der 3. Magen ein verdauendes Secret? 

2) Auf welchem Wege kommt der Flüssigkeitsverlust des Psalter¬ 
inhalts zu Stande? 

3) Ist der Psalter ein Resorptionsorgan, ein Resorptionsmagen? 
oder wird die Exsiccation seiner Futtermassen durch Aus¬ 
pressen des Flüssigen bewirkt? 

4) Ist der Psalter ein mechanischer Zerkleinerungsapparat ? 4 ) 

Nach meiner Anschauung muss ein Urtheil über die Functionen 

eines Organs, namentlich wenn dieselben experimentell nicht genügend 
erforscht werden können, stets auf die Kenntniss der anatomischen 


! ) Die Lösung dieser Fragen gedachte ich in ähnlicher Art und Weise her¬ 
beizuführen , wie dies in meiner Arbeit über die Functionen des Blinddarms ge¬ 
schehen ist. Detaillirte, genaue Angaben über die descriptive, vergleichende und 
mikroskopische Anatomie des Organs sollten die Arbeit einleiten und die Basis 
für die weiteren Betrachtungen und den experimentell-physiologischen Theil dar¬ 
bieten. Verschiedene Umstände haben mich verhindert, diese Absicht voll auszu¬ 
führen, sodass ich genöthigt bin, meine Untersuchungsresultate nur in Form von 
Beiträgen zu veröffentlichen. — Die Bearbeitung des anatomischen Theiles hatte 
mein Schüler und Freund Max Taubner übernommen. Ihn ereilte der Tod, ehe 
er die Arbeit ausführen konnte. Da ich durch nothwendigere Arbeiten in meiner 
neuen Stellung nicht die nöthige Zeit finden konnte, um diesen Theil der Arbeit 
nunmehr selbst in der geplanten Ausdehnung liefern zu können, so musste ich 
mich darauf beschränken, nur das unbedingt Nothwendige und physiologisch 
Wichtige aus der Anatomie zu liefern. Endlich stellten sich den vivisectorischen 
Forschungen Schwierigkeiten entgegen, deren ich vorläufig nicht Horr werden 
kann und auf deren Besprechung ich an anderer Stelle nochmals zurückkommen 
werde. — Wenn ich sonach auch kein abgeschlossenes Ganze bringe, so glaube 
ich doch, dass die Resultate meiner Untersuchungen geeignet sind, die aufgestell¬ 
ten Fragen ihrer Lösung wesentlich entgegenzuführen und weiteren Untersuchun¬ 
gen als Grundlage zu dienen. 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 21 

Einrichtung desselben basirt sein. Bau und Structur eines Organs 
geben immer bedeutende Fingerzeige für die Beurtheilung der Verrich¬ 
tungen desselben. Oft genügt die anatomische Kenntniss eines Organs 
allein, um mit Sicherheit seine Functionen bestimmen zu können. 

Deshalb sende ich die Anatomie des Psalters der ruminirenden 
Hausthiere meinen weiteren Betrachtungen über denselben voraus, be¬ 
merke jedoch, dass ich aus der makroskopischen Anatomie nur das¬ 
jenige erwähnen werde, was physiologisch von Wichtigkeit ist; alles 
Andere ist in den Handbüchern der Anatomie genügend beschrieben. 

I. Anatomisches. 

Der ovale, ellipsoide Psalter hat seine Lage zwischen der Haube 
und dem Labmagen derart, dass der bei weitem grösste Theil seines 
Innenraumes über einem Canal liegt, der schief von oben nach unten 
vom 2. zum 4. Magen fuhrt. Es erhebt sich also der Psalter über 
seine beiden Nachbarmägen. An seiner unteren Wand befinden sich 
zwei Oeffnungen ziemlich dicht neben einander. Ein stark musculöser 
Abschnitt, der sich sowohl vorn als hinten in zwei musculöse Pfeiler 
spaltet, welche die betreffenden Oeffnungen begrenzen, führt von der 
einen zur anderen Oeffnung und ist von Wilckens „Brücke“ genannt 
worden. Die höher gelegene, vordere, engere Oeffnung führt zur 
Haube, die hintere, tiefer gelegene, weitere, spaltförmige zum Lab¬ 
magen. Diese letztere wird von vorn und seitlich halbkreis- resp. 
hufeisenförmig von einer sehr starken Muskelwulst, der Fortsetzung 
der Musculatur der Brücke, umgeben. Auf diesem Schliessmuskel 
endet seitlich eine grosse Reihe von Blättern, während er nach vorn 
und in der Mitte frei von diesen ist. Hier erhebt sich eine halb- 
mond- resp. halbkreisförmige Falte, die, wenn sie erhoben ist, wie 
ein Segel das Lumen des Psalters von dem des Labmagens abgrenzt. 
Sie stellt keine wirkliche Klappe dar; es ist nur eine Falte, die 
durch die bedeutende Ausbildung der lockerer^ Submucosa zu Stande 
kommt und die bei Contractionen des die Labmagenöffnung umgebenden, 
soeben beschriebenen Muskelwulstes grösser und höher wird und bei 
Rückstauung des Labmageninhalts sich segelartig gegen die Blätter, 
an denen sie einen Halt findet, aufschlägt und so dessen Rück¬ 
tritt durch den freien Raum unter den Blättern in die Haube ver¬ 
hindert. Diese Falte ist auf der dem Psalter zugekehrten Fläche mit 
Psalterschleimhaut bekleidet, welche mit vielen geschwungenen Leist- 


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22 


ELLENBERGER, 


eben und sehr dicht stehenden und sehr kleinen, conischen, wenig 
verhornten Papillen besetzt ist, während die andere Seite durch Lab¬ 
schleimhaut gebildet wird. Die Psalterhaubenöffnung zerfällt eigent¬ 
lich in zwei Abschnitte, in einen oberen, den die Schlundrinne, die 
vom Schlunde aus an der oberen Hauben wand zum Psalter verläuft, 
einnimmt, und einen unteren Theil, der in die Haubenhöhle sieht und 
von der Brücke nach unten begrenzt wird. Die Decke der Oeffnung, 
das Ende der Schlundrinne, wird beiderseits durch musculöse Seiten¬ 
wände mit dem durch die Brücke gebildeten Boden verbunden. Beim 
Erheben der Brücke muss sonach das Schlundrinnenende zu einem 
Canal geschlossen werden. 

An der Innenwand des Psalters beobachten wir Folgendes: 

Zunächst erheben sich auf der oberen resp. inneren Fläche der 
sog. Brücke zwei von der Haube zum Labmagen longitudinal und 
parallel zu einander verlaufende, mit stark verhornten, hohen, spitzen 
Papillen besetzte, gewulstete Leisten, die eine beim Rinde ca. 4 Ctm. 
breite, mit Längsfalten versehene, schwach vertiefte Rinne begrenzen, 
die ich der Kürze halber Psalterrinne l ) nennen werde. Nach rechts 
und links von den Leisten ist die Schleimhaut eine kurze Strecke 
ohne besondere Bildungen. 

Weiter aber erstrecken sich von den beiden Seitenwänden und 
der oberen Wand zahlreiche Falten, die sog. Blätter in das Lumen 
des Psalters. Diese Falten sind längsgerichtet von der Psalterhauben - 
zur Psalterlabmagenöffnung; sie liegen sehr dicht an einander, sodass 
sie an der Basis einander direct berühren. Jedes Blatt hat einen 
gewölbten, an der Psalterwand ansitzenden, und einen freien, gegen 
das Centrum des Ellipsoids gerichteten Rand. Allerdings überragt 
ein Theil der Blätter mit dem freien Rande das Centrum nicht unbe¬ 
deutend, sodass der Vereinigungspunkt der Blätter mehr gegen die 
Psalterrinne hin liegt und der freie Rand dieser Blätter nach dieser 
hin sieht 2 ). 

Aus dieser Betrachtung erhellt, dass der Ursprungsraum der 


*) Ich stimme mit Krazowski vollständig darin überein, dass es unrichtig 
ist, die Psalterrinne, wie es die meisten Anatomen thun, als Fortsetzung der 
Schlundrinne zu betrachten. 

2 ) Zur Vermeidung schwerfälliger Umschreibungen werde ich den Vereini¬ 
gungspunkt der am meisten in das Lumen vorspringenden Blätter (der, wie ge¬ 
sagt, unter dem Centrura gegen die Brücke liegt) in der weiteren Betrachtung 
als Centrum bezeichnen. 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magons der Wiederkäuer. 


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Blätter ein viel grösserer ist, als der für ihre Endung bestimmte. 
Wenn nun alle Blätter die gleiche Länge haben sollten, so müssten 
sie bei dem angegebenen Verhältniss am Ursprung ungemein dick 
sein und gegen das Ende immer dünner und dünner werden. 

Da dieses aber nicht der Fall ist, da im Gegentheil der freie Rand der 
Blätter, namentlich in der vorderen oder Haubenhälfte des Psalters, eine 
wulstforraige Auftreibung zeigt und dicker ist als die Ursprungsstelle, 
so ergiebt sich daraus, dass es unmöglich ist, dass die sämmtlichen 
Blätter das Centrum resp. den tiefer gegen die Brücke gelegenen Ver¬ 
einigungspunkt erreichen. Die Blätter würden dort keinen Platz fin¬ 
den. Deshalb kann nur eine ganz beschränkte Anzahl von Blättern 
das Centrum erreichen, alle anderen müssen früher enden. Da aber 
der Innenraura gegen das Centrum successive ab- und gegen die Ur¬ 
sprungsstelle der Blätter successive zunimmt, so können auch die 
Blätter, die nicht die höchste Höhe erreichen, nicht alle von gleicher 
Höhe sein, wenn sie den Raum erfüllen sollen, sondern die Blätter 
müssen in verschiedener Höhe ihr Ende finden. Wenn die einen viel¬ 
leicht 3 / 4 so hoch sind wie die höchsten Blätter, so können andere 
nur die Hälfte und noch andere nur V 4 u. s. w. so hoch sein. Da¬ 
durch, dass die Blätter in verschiedener Höhe enden, d. h. mit ihren 
freien Rändern dem Mittelpunkte verschieden nahe kommen, gelingt 
es, den Raum in dem ellipsoiden Körper mit Blättern auszufüllen, 
die peripher dicht neben einander entspringen und mit ihren freien 
Rändern central gerichtet sind. 

Am besten ersieht man das Verhalten der Blätter auf einem 
senkrecht zur Längsaxe durch die Mitte des Psalters geführten Quer¬ 
schnitt Es erscheint der ganze, ein Oval darstellende Innenraum, 
dessen längste Achse von oben nach unten geht, von Falten und dem 
zwischen diese kuchenförraig eingepressten Futter angefüllt; nur der 
kleine Raum, der sich zwischen dem Ende der höchsten Blätter und 
der Psalterrinne befindet, pflegt frei zu sein. Die der Mitte des Ovals 
am nächsten liegenden, d. h. die an der grossen Curvatur des Psal¬ 
ters entspringenden Falten, stehen dem ideellen Höhendurchmesser 
parallel, die entfernteren bilden einen Winkel zu demselben, der um 
so mehr an Spitze verliert, je weiter entfernt die Blätter von der 
Mitte sind, d. h. je tiefer sie an den Seitenwänden entspringen. Dies 
geht so weit, dass die untersten, die entferntesten Blätter, die nahe 
den Leisten der Psalterrinne ihren Ursprung finden, fast in einem 
rechten Winkel zum Durchmesser stehen. 


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24 


ELLENBERGER, 


Die Längsansicht der Blätter ergiebt, dass sie sämmtlich am 
Haubenende mit einer mehr oder weniger starken Wulst entspringen. 
Erst in einer gewissen Entfernung von der Haubenöffnung, so dass 
diese von Blättern frei ist, steigen sie zu ihrer vollen Höhe an, indem 
sie sich plötzlich bedeutend verdünnen. Dieses Ansteigen erfolgt 
je nach der Höhe der Blätter in verschiedener Entfernung von der 
Haubenffffnung. Die grössten Blätter haben den kürzesten Wulst, 
steigen also am nächsten an der Haubenöffnung zur ganzen Höhe an; 
die mittelgrossen schon bedeutend später u. s. w. Auf diese Weise 
wird es vermieden, den Mittelpunkt der Ellipse zu verengern. Es 
wird so erreicht, dass zwischen den freien Rändern der Blätter und 
der Psalterrinne ein von Blättern freier, zum Passiren von Stoffen, 
die nicht zwischen die Blätter eintreten sollen, geeigneter Raum bleibt. 
Von der Anfangswulst der Blätter aus setzt sich eine kleine Wulst 
am freien Rande der Blätter bis zum Ende derselben fort. Diese 
Randwulst nimmt allerdings immer mehr ab, je mehr das Blatt sich 
seinem Ende an der Labmagenöffnung nähert. 

Durch das angegebene Verhalten der Blätter, deren genauere 
Grössen Verhältnisse für unsere Betrachtung ohne Interesse sind, wird 
der gesammte Innenraum in eine Anzahl Kammern, Nischen, einge- 
theilt, die zu beiden Seiten und an der Rückwand absolut, nach der 
Brücke relativ geschlossen, und nach der Schlundrinnenabtheilung der 
Hauben- und nach der Labmagenöffnung zu offen sind. 

Die wenigen den Mittelpunkt erreichenden Blätter theilen den 
gesammten Innenraum in 10—14 grosse Kammern, diese werden wie¬ 
der durch kleinere Blätter, deren freier Rand aber dem Centrum noch 
ziemlich nahe kommt, in secundäre Kammern eingetheilt und diese 
abermals durch noch kleinere Blätter in wieder kleinere Fächer etc. 

Der relative Verschluss dieser Räume gegen die Brücke resp. die 
Psalterrinne hin wird dadurch erreicht, dass die Blätter an ihrem 
freien Rande gewulstet sind, so dass die gleichgrossen Blätter mit 
diesem an einander stossen; die kleineren Blätter legen sich mit diesem 
gewulsteten Rande an die Fläche grösserer an. Hier wird der Ver¬ 
schluss noch dadurch gebessert, dass sich dicht unter der Anlagerungs¬ 
stelle an dem grösseren Blatt eine Leiste erhebt, die mit Warzen 
besetzt und geeignet ist, das in der Kammer befindliche Material vor 
dem Herunterfallen zu schützen. 

Es bleibt also immer zwischen je zwei Blättern ein Raum. Die 
Blätter liegen nur mit dem freien Rande dicht an der Fläche grösserer 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


25 


an, oder sie berühren einander gegenseitig mit den dicken, freien 
Rändern, wenn sie gleich gross sind. Auf den Blättern resp. Falten 
stehen in ziemlich regelmässigen Abständen, dicht geordnet, warzen¬ 
förmige, makroskopische Hervorragungen, sog. Papillen. Dieselben 
sind um so grösser, je näher sie der Haubenöffnung stehen. Sie gehen 
dort in eine feste, hornige Spitze aus und erreichen beim Rinde zum 
Theil eine Höhe von 5 Mm.; die solide Hornspitze nimmt */ 4 , ja bis V 3 
der ganzen Höhe ein und wird nach unten hohl, indem sie die ganze 
Papille überzieht. Die gesaramte Haubenhälfte ‘) der Blätter ist mit 
solchen grossen spitzen Papillen (beim Rinde 2—5 Mm. hoch) besetzt, 
die sich zum Theil auch noch auf die andere Hälfte erstrecken. Am dich¬ 
testen stehen sie am freien Rande, woselbst sie auch besonders stark 
entwickelt sind und sich am weitesten gegen das Labmagenende erhal¬ 
ten. Je weiter sie sich vom Haubenende entfernen, je mehr verlieren 
sie an Spitze, je abgerundeter werden sie: es werden aus zackigen 
Gebilden allmälig knötchenartige Hervorragungen. Die Warzen zeigen 
eine gewisse Regelmässigkeit in der Anordnung, sie sind häufig in 
Reihen angeordnet, die sich senkrecht gegen den freien Rand richten; 
dann sieht man sie wieder dem Verlauf der Blutgefässe folgen und 
dendritische Figuren bilden. Ueber den grösseren Blutgefässen be¬ 
merkt man häufig kleine Leistchen, auf denen höhere Papillen stehen. 

Zwischen den grossen, mehr oder weniger spitzen Warzen bemerkt 
man schon in der Haubenhälfte erst zerstreut, dann häufiger kleine 
abgerundete, körnchenartige, weniger verhornte Papillen. Dieselben 
nehmen nach hinten immer mehr an Zahl zu, je mehr die hohen 
Papillen abnehmen, sodass schliesslich im letzten Drittel die Blätter 
nur noch mit diesen kleinen, rundlichen Papillenknötchen und Körn¬ 
chen besetzt sind, die am kleinsten und unscheinbarsten auf der vor¬ 
deren Fläche der den Psalter vom Labmagen scheidenden Falte sind. 

Während so der vordere, gegen die Haube zu liegende Theil der 
Blätter mit seinen hohen, spitzen Vorragungen einer Egge zu ver¬ 
gleichen ist, erscheint die Fläche des'hinteren, d. h. des Labmagen- 
theils der Blätter mehr wie eine Schmiederaspel oder eine Feile. Mit 
hornigem Ueberzug sind alle Warzen versehen; bei den einen ist es 
eine Hornspitze, bei den anderen eine Hornkappe. 


*) Zur Vereinfachung der weiteren Betrachtung denken wir uns den Psalter 
in zwei Hälften, eine vordere und hintere, eine Hauben- und Labmagenhälfte, 
getheilt und sprechen so vom Labmagen- und Haubentheil der Blätter etc. 


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ELLENBERGER, 


Die sämmtlichen Papillen stehen so, dass ihre Basis nach vorn 
gegen die Haube, ihr freies Ende dagegen gegen den Labmagen ge¬ 
kehrt ist. 

Ausser diesen auf den Blättern stehenden und ausser den schon 
beschriebenen, auf den Lippen der Schluudrinne vorkommenden Pa¬ 
pillen sind noch eigenthümliche Hervorragungen um die HaubenöfFnung 
zu erwähnen, die aber dem unteren, dem Brückentheil der Oeffnung 
fehlen. 

Am oberen, halbkreisförmigen Theil der Oeffnung, dem Schlund- 
rinnentheil, stehen in regelmässigen Abständen ausserordentlich grosse, 
kolbige, bluraenkohlartige, in ein Büschel von Hornspitzen ausgehende 
Hervorragungen, die in Reihen geordnet sind, sodass ihre Richtung 
genau in die Richtung des freien Randes der höchsten Blätter fällt, 
und der freie Raum zwischen je zwei Reihen in eine primäre Kammer 
führt. Es finden sich beim Rinde um die Oeffnung neben einander 
ca. 12 Reihen. Die Zahl der eine Reihe bildenden Hervorragungen 
ist verschieden. Manchmal sind es nur 2—3 Papillen. 

Die gesammte innere Fläche des Psalters ist mit einer Horn¬ 
schicht überzogen, welche hohle, an der Spitze durch Verdickung der 
Wand solide Vorsprünge zeigt zur Aufnahme der beschriebenen Pa¬ 
pillen. Die ganze Hornschicht kann im Zusammenhang in grossen 
häutigen Abtheilungen, wenn der Magen längere Zeit gelegen hat, 
abgezogen werden. Die untere Fläche der abgezogenen hornigen Mem¬ 
bran zeigt Vertiefungen, die obere Erhöhungen. Die Membran zeigt 
bedeutende Widerstandsfähigkeit gegen Säuren, Alkalien und künst¬ 
lichen Magensaft; tagelange Einwirkung des letzteren vermochte die 
Haut nicht zu zerstören. 

Von weiteren Angaben über die makroskopischen Verhältnisse 
des Magens ist nur noch wichtig, dass sein Fassungsvermögen beim 
Rinde ungefähr y 4 desjenigen des Pansens erreicht. Die Beschrei¬ 
bung der Flächen, Ränder, Winkel, Begrenzungen etc. unterlasse ich, 
weil sie für unsere Aufgabe unwichtig sind. 

II. Histologisches. 

Betrachten wir nunmehr, nachdem wir das mit unbewaffnetem 
Auge Erkennbare besprochen haben, zunächst einen Querschnitt durch 
ein Psalterblatt mit dem Mikroskop. 

Wir sehen an einem solchen Schnitt beiderseits am meisten nach 


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aussen eine streifig erscheinende, bei Picrocarmintinction sich gelb 
färbende Schicht, welche die gesamrate, durch die bereits beschrie¬ 
benen makroskopischen Papillenvorsprünge unebene Oberfläche über¬ 
kleidet. Es ist dies das Stratum corneum der Blätter; dasselbe besteht 
aus platten, verhornten Schüppchen, die unter einander zu grösseren 
Blättchen verklebt sind, wodurch in der Seitenansicht das faserige, 
streifige Gepräge hervortritt. In concentrirten Alkalien und Säuren 
quellen die Schuppen auf, werden hell, klar und zellartig, schliesslich 
durchsichtig und unsichtbar. Gegen verdünnte Säuren und Alkalien 
zeigen sie bedeutende Resistenz; ebenso gegen Magensaft. Brachte ich 
Epithelfetzen, die von den Psalterblättern einige Zeit nach dem Tode 
abgezogen waren, mit Magensaft, der auf seine Wirksamkeit geprüft 
war, in den Verdauungsofen, so wurden die tieferen Epithelien auf¬ 
gelöst, die oberen widerstanden aber einer mehrere Tage andauernden 
Verdauung; sie blieben in zusammenhängender Schicht erhalten. Aus 
diesen Thatsachen folgt, dass wir es hier in der That mit einer Horn¬ 
schicht zu thun haben. Aut die Hornschicht folgt nun beiderseits 
eine Lage abgeplatteter Epithelzellen von länglich ovaler oder spindel¬ 
förmiger Gestalt, die auf den makroskopischen Papillen in Anpassung 
an deren Form halbmondförmig gebogen erscheinen. Hieran schliessen 
sich eckige, polygonale Zellen von der verschiedensten Gestalt; con- 
cave, gebogene Ränder der einen Zelle greifen in den gewölbten Rand 
der Nachbarzelle ein u. s. w., sodass die verschiedensten Formen von 
Zellen zu Stande kommen. Der Zellleib ist weich, granulirt und mit 
vereinzelten, stark glänzenden Fettkörnchen ausgestattet; der Kern 
isc deutlich und besitzt einen oder mehrere Kernkörperchen. 

Die tiefste Zelllage besteht aus mehr oder weniger rundlichen, 
schwach eckigen, meist pentagonalen, selten hohen, länglichen Zellen, 
deren Leib deutlich granulirt und deren Kern verhältnissmässig gross ist. 

Die sämmtlichen bis jetzt beschriebenen Zelllagen stellen das 
Stratum epitheliale dar. Dasselbe ist während des Lebens an das 
Unterliegende fest angeheftet, wie wir dies bei frisch geschlachteten 
Thieren wahrnehroen können. Einige Zeit nach dem Tode jedoch 
kann das Epithel, ebenso wie das des Pansens, in zusammenhängender 
Schicht abgezogen werden. 

Der Epithelschicht liegt die Propria mucosae an, welche die be¬ 
schriebenen makroskopischen, sich frei über die Oberfläche erhebenden, 
von der Epithelschicht überzogenen Papillen bildet. Das diese über¬ 
kleidende Epithel ist dadurch ausgezeichnet, dass die Horschicht dicker 


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28 


ELLENBERGER, 


ist als zwischen den Papillen; namentlich haben die im Haubentheil 
vorhandenen keilförmigen Papillen eine hohe, solide Hornspitze am 
freien Ende, während sie im Uebrigen becherartig von der verhornten 
Membran umhüllt werden. Die auf die Hornschicht folgenden Zellen 
sind gebogen, gekrümmt und verhältnissmässig platt mit in der Mitte 
durch den Kern aufgetriebenem Zellleib. 

Die Propria mucosae besteht wesentlich aus Bindegewebe, elasti¬ 
schem Gewebe und Gefässen. Das Bindegewebe ist nach dem Epithel 
dichter, entgegengesetzt lockerer gewebt. Die Membran ist sehr reich 
an elastischem Gewebe; dieses bildet ein zusammenhängendes Netz, 
das von der Musculatur bis zum Epithel reicht. Stärkere elastische 
Fasern resp. Bündel steigen fast senkrecht von der Muscularis zum 
Epithel in die Höhe und lassen durch Verzweigung ein feinmaschiges 
Netz zwischen sich. Diese Verhältnisse können am besten studirt 
werden bei Behandlung der Schnitte mit Kalilauge oder Ameisensäure. 
In dem elastischen Netz liegt das lockere, lockige Bindegewebe, dessen 
Faserbündel einander in verschiedenen Richtungen durchkreuzen und 
so ein mehr oder weniger engmaschiges Gewebe bilden, das, je näher 
am Epithel, je engmaschiger, je dichter verfilzt ist. Das beschriebene 
Gewebe ist, abgesehen von den gewöhnlichen fixen Bindegewebszellen, 
ziemlich reich an Wanderzellen und enthält auch vielfach die Waldeyer- 
schen Plasmazellen. 

Die Propria mucosae treibt in das Epithel zottenartige, kegel¬ 
förmige Vorsprünge, die nur auf Schnitten, nicht aber von der Fläche 
aus sichtbar sind, weil die Thäler zwischen denselben durch die be¬ 
reits beschriebenen Epithelzellen ausgefüllt werden, und weil ferner 
eine Lage dieser Zellen und die Hornschicht über die Spitzen dieser 
Papillen hinwegzieht, sodass durch sie keine freien Hervorragungen, 
keine Unebenheiten gebildet werden. Diese Papillarschicht findet 
sich sowohl zwischen als auf den makroskopischen Papillen. Sie 
wird erst der Forschung genügend zugänglich, wenn das Epithel 
entfernt ist. Dies geschieht durch Maceration im warmen und 
kalten Wasser, durch Behandeln mit Alkalien u. s. w. Am schönsten 
lässt sich die Papillarschicht durch folgendes Verfahren demonstriren: 
Man überbindet das eine Ende eines an beiden Enden offenen Cylin- 
ders mit einem Theil eines Psalterblattes, füllt sodann denselben theil- 
weise mit Magensaft und stellt ihn in ein Gefäss, welches ebenfalls 
Magensaft enthält, sodass das Blatt also beiderseits der Wirkung des 
Magensaftes ausgesetzt ist. Nachdem der Magensaft bei einer Tempe- 


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Anatomie n. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 29 

ratur von 35—40° eine Zeit lang (12—24 Stunden) eingewirkt hat, 
kann man die Epithelschicht, ohne dass die Papillen irgendwie lädirt 
werden, entfernen. Nunmehr sieht man die Papillen wie die Zotten 
des Dünndarms frei über die Oberfläche hervorragen. Dieselben be¬ 
stehen aus dicht verwebten, zarten Bindegewebs- und elastischen Fa¬ 
sern mit den bekannten Bindegewebs- und vereinzelten Wanderzellen. 
Nicht selten sieht man auch eine oder mehrere spindelförmige Muskel¬ 
zellen in den genannten Papillen, sodass also vereinzelte Muskelzellen 
bis zum Epithel herantreten. An gut injicirten Präparaten nimmt 
man in der Regel eine Blutgefässschlinge in denselben wahr. Diese 
zottenartigen Vorragungen finden sich, wie gesagt, auch an den ma¬ 
kroskopischen Papillen, sodass diese dadurch den Charakter der zu¬ 
sammengesetzten Papille erhalten. Die ganze Oberfläche einer grossen 
Papille, deren Epithel entfernt ist, erscheint ziemlich dicht mit diesen 
Zotten besetzt. 

An die Propria mucosae schliesst sich nach innen jederseits eine 
auf dem Querschnitt quer zum Faserverlauf durchschnittene Schicht 
von glatten Muskelfasern an, worauf wieder jederseits eine Lage 
locker gewebten Bindegewebes folgt. In der Mitte des Querschnittes 
des Blattes liegt sodann, jederseits an diese beiden lockeren Binde- 
gewebsschichten anstossend, nochmals eine Lage glatter Musculatur, 
deren Fasern im Schnitt der Länge nach getroffen sind und die dicker 
ist, als die beiden seitlichen Muskellagen zusammengenommen. Be¬ 
trachtet man aber einen solchen Querschnitt des Blattes, der bis zum 
freien Rande desselben reicht, so sieht man, wie die mittlere Muskel¬ 
schicht gegen das Ende des Blattes immer dünner wird und schliess¬ 
lich ganz verschwindet, während die seitlichen immer stärker werden 
und am freien Rande eine Wulst bilden, die nur aus der Propria 
mucosae mit der Epithelschicht und dieser Musculatur besteht. 

Ausser dem Besprochenen sehen wir in den Blattquerschnitten 
noch häufig starke Blutgefässe, die in der mittleren Musculatur liegen 
und seitliche Aeste abgeben, welche unter der Papillenschicht da¬ 
durch, dass sie sich unter einander vereinigen, gewissermassen zwei 
Seitengefässe darstellen, von denen aus wieder die sich in den makro¬ 
skopischen und mikroskopischen Papillen verzweigenden Gefässe weg¬ 
ziehen. Auf den Verlauf der Blutgefässe und Nerven komme ich 
noch näher zu sprechen. 

In Bezug auf die makroskopischen Papillen ist noch Folgendes 
za erwähnen: Sie stellen llervorragungen der gesammten Schleimhaut 


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30 


ELLENBERGER, 


dar, zeigen also die beschriebenen Verhältnisse dieser. Sie sind reich 
an elastischem Gewebe und enthalten stets nicht unbedeutende Men¬ 
gen glatter Musculatur, welche in directem Zusammenhänge mit den 
beiden seitlichen Muskelhäutcn stehen. Hierdurch sind sie befähigt, 
sich zu bewegen und zu widerstandsfähigen, starren, steifen Gebilden 
zu werden. Drüsige oder folliculäre Gebilde habe ich in den Blättern 
nicht gefunden. 

Ueber den Bau der Aussenwand des Psalters giebt uns ein 
Querschnitt folgenden Aufschluss: Wir sehen zunächst am meisten nach 
aussen, also an der den Blättern resp. dem Psalterluraen entgegen¬ 
gesetzten Seite, eine dünne, bindegewebige Membran, die Serosa. Sie 
ist durch eine lockere Subserosa, die oft viel Fettgewebe enthält und 
in der man häufig quer- und längsgeschnittene Gefässe wahrnimmt, 
an die nächste Schicht befestigt, welche ein aus glatter Musculatur 
bestehendes Stratum darstellt, dessen Fasern quer durchschnitten er¬ 
scheinen. Dieselben sind in Bündel geordnet, welche durch Binde- 
gewebszüge, die von der Subserosa zur Submucosa ziehen, verbunden 
werden. (Diese Verhältnisse sind am schönsten an Picrocarminprä- 
paraten demonstrirbar.) Mit dieser Muskelschicht ist nach innen eine 
zweite, dickere, 3—4fach stärkere Muskelschicht verbunden, deren 
Fasern mit dem Schnitt verlaufen, also vom Messer längs getroffen 
sind. Ihr schliesst sich eine Membran an, die wesentlich aus Bün¬ 
deln lockeren Bindegewebes, die ein weitmaschiges Geflecht bilden, 
und elastischem Gewebe besteht. Sie enthält ausserdem noch grosse 
Gefasse und Nervenstämme und stellt die Submucosa dar. Weiter 
nach innen folgt dann wieder eine dünne Muskellage, deren Fasern 
querdurchschnitten sind und die als Muscularis mucosae aufzufassen 
ist. Auf ihr ruht die Propria mucosae, die ebenso gebaut ist, ebenso eine 
Papillenschicht bildet u. s. w., wie wir dies an den Blättern gesehen 
haben. Bedeckt ist sie von dem Stratum epitheliale, das auch keine 
Verschiedenheiten von dem der Blätter nach weisen lässt. 

Nicht nur die gesammte Schleimhaut bildet durch Verdoppelung 
resp. Faltenbildung die Blätter, sondern es zieht auch ein Theil der 
äusseren Musculatur in dieselben hinein. Die beiden seitlichen Mus¬ 
kelschichten sind die Fortsetzung der Muscularis mucosae, die ihnen 
innen anliegende lockere Bindegewebslage ist die Submucosa und die 
centrale Muskelschicht stammt von dem inneren Stratum der eigent¬ 
lichen Musculatur. 

An einem quer durch die Brücke geführten Schnitt beobachtet 


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Anatomie n. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


31 


man zunächst, dass das Stratum epitheliale und proprium mucosae 
in derselben Weise gebaut ist, wie an der übrigen Wand. Die Mus- 
culatur zeigt folgendes Verhalten: Am meisten nach innen gegen das 
Epithel sieht man Bündel quer getroffener, also von vorn nach hinten 
longitudinal verlaufender, glatter Muskelfasern, die oft weit aus ein¬ 
ander liegen; jede der erwähnten zahlreichen Längsfalten enthält ein 
derartiges Bündelchen. Eine bedeutende Stärke zeigen diese Bündel 
in den Lippen der Psalterrinne. 

Auf diese einzelnen Bündel folgt eine zusammenhängende Muskel¬ 
schicht, deren Fasern längs getroffen sind, also von einer Seite zur 
anderen verlaufen. An sie nach aussen schliessen sich wieder ver¬ 
einzelte Bündel einer quer getroffenen, also longitudinal gerichteten 
Musculatur. Zwischen den Muskelbündeln liegt Fett- und Binde¬ 
gewebe. 

Ein Schnitt durch das Segel zeigt, dass dasselbe in der Mitte 
eine schwache Muskelschicht enthält, die vorn von der wie ge¬ 
schildert beschaffenen Psalter-, hinten von der Labschleimhaut über¬ 
zogen ist. 

Aus den vorbeschriebenen Bildern, resp. aus der Betrachtung der 
betreffenden Schnitte ergiebt sich für den Bau des Psalters ira All¬ 
gemeinen Folgendes: 

Die Psalterwand ist aus drei Häuten aufgebaut, der Serosa, Mus- 
cularis und der cutan gebauten Mucosa. Am meisten nach aussen 
liegt die Serosa, welche den ganzen Magen überzieht, eine sehr lockere 
Subserosa besitzt, die oft fettreich ist und grosse Gefassstämme ent¬ 
hält. Die mittlere Haut, die Muskelhaut, besteht aus zwei Schichten. 
Die äussere Schicht besteht aus Fasern glatter Musculatur, die longi¬ 
tudinal von der Hauben- zur Labraagenöffnung verlaufen; sie ist von 
unbedeutender Stärke und besteht an der Brücke nur aus vereinzelten 
Bündeln. 

Die zweite, innere Schicht verläuft circulär von der Brücke über 
die grosse Curvatur hinweg bis wieder zur Brücke auf der ande¬ 
ren Seite. 

Diese Schicht erstreckt sich zu einem kleinen Theil in die Blätter 
hinein und bildet in diesen die centrale Muskelschicht, deren Fasern 
vom Ursprung der Blätter senkrecht zum freien Rande derselben hin¬ 
ziehen; sie erreichen jedoch den freien Rand nicht vollständig, son¬ 
dern enden an dem Randwulst der Blätter, der aus longitudinal von 
vom nach hinten verlaufenden Muskelfasern besteht. Dieser Rand- 


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32 ELLENBERGER, 

willst stellt also die Insertionsstelle der centralen Blattmuscula- 
tur dar. 

Von der zweischichtigen Muscularis nach innen liegt die lockere 
Submucosa mit Gefass- und Nervenstäraraen und von ihr nach innen 
wieder die Muscularis mucosae, deren Fasern longitudinal von der 
Haube zum Labmagen verlaufen. Beide Schichten helfen die Blätter 
mitbilden, sodass jederseits in den Blättern eine Muskelschicht liegt, 
deren Fasern von dem Ursprung der Blätter am Haubenende, wo¬ 
selbst sie eine bedeutende Wulst bilden, zur Labraagenöffnung ver¬ 
laufen, indem sie sich oben am freien Rande der Blätter besonders 
anhäufen, wodurch die Randwulst entsteht. Der Muskelapparat der 
Blätter besteht also aus einer starken, centralen, vom peripheren 
Ursprung der Blätter zum freien Rande verlaufenden, und zwei dün¬ 
neren, seitlichen, vom Haubenanfang zum Labmagenende der Blätter 
gehenden Muskelschichten. Die erstere steht mit der Ringfaserschicht 
der Muscularis der Aussenwand in Verbindung, während die letzteren 
eine Fortsetzung der Muscularis mucosae, gewissermassen eine Faltung 
dieser Wandschicht darstellen. 

Nach innen von der Muscularis mucosae liegt die Propria mu¬ 
cosae, die ein Stratum papillarc besitzt und durch Verdoppelung die 
Blätter wesentlich mitbildet. Sie ist von einem Epithel überzogen, 
das die Blätter mantelartig bekleidet und dessen oberste Schicht 
stets verhornt ist. 

Speciell erwähnt zu werden verdient noch die Brückenmusculatur. 
Die innen unter der Mucosa liegende Längsfaserschicht besteht zu¬ 
nächst aus vereinzelten Bündeln, die sich in den I^ängsfältchen finden. 
Gegen die Psalterlabmagenöffnung werden die Bündel stärker und 
vereinigen sich zu einer grösseren, zusammenhängenden Schicht in der 
Psalterrinne. Diese Schicht theilt sich aber sogleich wieder gabelig 
in zwei Hälften, von denen die eine rechts, die andere links an den 
Muskelwulst der genanten Oeffnung herantreten und diesen begleiten. 

Auf die longitudinale Schicht folgt nach aussen eine quer ge¬ 
richtete, die beiderseits in die Kreisfaserschicht der übrigen Psalter¬ 
wand übergeht. An ihrem Ende, also an der Labmagenpsalteröffnung, 
bildet diese Schicht plötzlich eine wulstartige Verdickung, die sich 
scharf absetzt und mit der sich, wie erwähnt, die longitudinalen Fasern 
verbinden. Die Wulst hat beim Rinde ca. 2 Ctm. Durchmesser und er¬ 
streckt sich nicht allein auf die Breite der Brücke, sondern beiderseits 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


33 


weit über dieselbe hinaus, die beiden Seitenlippen der Labmagen- 
psalteröffnung bildend und so deren Sphincter darstellend. 

Der Sphincter ist also eine partielle Verdickung (d. h. Faser¬ 
vermehrung) der Quermusculatur der Brücke und deren Verlängerung, 
der Kreismusculatur der Psalterwand. Der Sphincter liegt rechts und 
links nicht genau an der Oeffnung, sondern entfernt sich von der¬ 
selben, sodass eine Anzahl von Blättern nicht auf ihm enden, son¬ 
dern noch über ihn hinausgehen. 

Der Sphincter geht jederseits an seinen beiden Enden allmälig 
in die übrige Psaltermusculatur über, indem er sich verbreitert und 
dünner wird. Die Schleimhaut über dem Muskelwulst führt eine 
dünne Muscularis mucosae, welche in die Musculatur des Velum 
übergeht. 

Auf die Quermusculatur der Brücke nach aussen folgt wieder 
Längsmusculatur, die aber keine geschlossene Schicht darstellt, son¬ 
dern in einzelnen Bündeln auftritt. — Vermöge der Quermusculatur 
vermag der unter den Blättern gelegene Canal bei den Contractionen 
des Psalters (besonders der Ringmusculatur) bedeutend verengt zu 
werden. 

Die innere Längsmusculatur nähert die beiden Oeffnungen ein¬ 
ander und zieht besonders die vordere gegen die Labmagenöffnung 
heran, woselbst der fixe Punkt ist. 

Der Verlauf der Blutgefässe im Psalter gestaltet sich wie folgt: 

Die in die Subserosa eintretenden Hauptstämme gehen mit ihren 
Aesten schräg durch die Musculatur des Psalters zur Submucosa, 
woselbst sie längs gerichtet sind. Von diesen Längsstämmen 
treten stärkere Gefässäste in die Blätter. Diese Abzweigungen er¬ 
folgen in ziemlich regelmässigen Zwischenräumen. Die gedachten 
Aeste verlaufen meist ungetheilt von der peripheren Basis der Blätter 
mit der centralen Musculatur in nahezu senkrechter Richtung und fast 
parallel unter einander gegen den Faltenrand. Nach dem Rande zu 
convergiren sie selbstredend etwas. In der Nähe desselben theilen 
sie sich häufig in zwei Aeste und verbinden sich meist in ähnlicher 
Weise bogenförmig unter einander, wie die Rami intestinales arteriae 
mesentericae superiorifc equi; die Gefässbogen sind jedoch in der Regel 
mehr gestreckt, sodass durch das gedachte Verhalten ein dem Falten¬ 
rande parallel verlaufendes Gefäss entsteht. 

Gegen den Haubenanfang und das Labmagenende der Blätter hin 
wird der angegebene parallele Verlaut der Gefässäste insofern modi- 

A fehlt f. wiseensch. n. prakt. Thierheiik. VII. 1 u. 2. 3 


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34 


ELLENBERGER, 


ficirt, als die Gefässe dort gegen die mittleren Gefässe hin bedeutend 
convergiren. Es liegt dies in den morphologischen Verhältnissen der 
Blätter begründet. Am Haubenende sieht man nicht selten vom An¬ 
fang des Muskelwulstes ab bis zu dessen Ende und unter Umständen 
noch darüber hinaus ein grösseres Gefäss am freien Rande desselben 
hinziehen und von hier aus Zweige in das Blatt senden. Diese ziehen 
gegen den peripheren Blattursprung, laufen also den besprochenen 
Gefassen entgegen, mit denen sie in Anastomosen treten. 

In den nach unten an den Seitenwänden (gegen die Psalterrinne 
hin) entspringenden Blättern verlaufen die Gefässe mehr convergirend, 
sie kommen von der Hauben- und Labmagenöffnung und lösen sich 
in der Regel bald auf. 

Zwischen den beschriebenen Hauptästen, den grossen Primärästen, 
treten auch kleinere Gefässe, die kleinen Primäräste, von den Stäm¬ 
men der Submucosa aus in die Blätter ein. Sie gehen jedoch sehr 
rasch Theilungen ein und anastomosiren mit Zweigen der Hauptäste 
der Blätter. Diese senden nämlich auf dem ebe n beschriebenen Wege, 
ohne sich zu theilen, in ziemlich regelmässigen Entfernungen nach 
vorn und hinten, rechts und links Zweige ab, die sich auflösen und 
sich vielfach unter einander oder, wie schon gesagt, mit den Zweigen 
der kleinen Primäräste verbinden und kleine Felder abgrenzen. Die so 
gebildeten, zwischen den Aesten gelegenen, durch deren Verbindung 
begrenzten Felder werden durch Zweige dieser Grenzäste und theil- 
weise durch feine Gefässchen von den Priraärästen versorgt. Die in 
die Felder eingehenden Zweige lösen sich rasch auf, oft tannenbaum¬ 
ähnlich, oder auch büschelähnlich, oder auch einfach dendritisch. 

Durch reichliches Anastomosiren entsteht ein schönes, regel¬ 
mässiges Capillarnetz. Jedes Feld ist mit einem derartigen Netz ver¬ 
sehen. Die Felder anastomosiren sämratlich unter einander, da ja 
jedes Grenzgefass an jeder Stelle zwei Feldern gemeinsam ist und an 
beide Capillaren giebt. Das gesammte Capillarnetz der Mucosa liegt 
möglichst oberflächlich, direct unter dem Epithel, und zwar in der¬ 
selben Ebene. Nur da, wo die Papillen sind, erhebt sich das Netz 
über diese Ebene. In jede makroskopische Papille geht von den ge¬ 
nannten Zweigen aus ein stärkerer Gefässzweig, der in derselben auf 
der einen Seite dem Rande folgend, gebogen aufsteigt und auf der 
anderen Seite wieder herabgeht. Von diesem Gefass gehen einerseits 
Zweige in das Innere der Papille und bilden dort ein Capillarnetz, 
andererseits gehen welche nach aussen, die in die mikroskopischen 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


35 


secundären Papillen eintreten und dort enden. Das Verhalten der 
Blutgefässe in den kleinen, mikroskopischen Papillen ist verschieden. 
Entweder bilden sie dort nur eine Schlinge, oder es kommt auch zur 
Bildung eines kleinen Capillarnetzes, aus dem ein kleines Vencn- 
stäramchen hervorgeht. Die Venen verlaufen ähnlich wie die Arterien 
und mit ihnen. Sie sind klappenlos, ihre kleinen Zweige bilden Netze, 
die oberflächlicher als die Arterien liegen. Sie können in den Blät¬ 
tern vom Stamm aus bequem durch einfachen Einstich in denselben 
injicirt werden. 

Die Lymph’gefässe veranschaulichte ich vermittelst der Einstich¬ 
methode. An den dünneren Partien der Blätter misslingt die In- 
jection fast regelmässig, weil die Spritzenspitze meist in die Sub- 
mucosa eindringt, in welchem Falle die Injectionsmasse wohl die 
Maschen dieser, nicht aber die Lymphgefasse füllt. Am geeignetsten 
zur Injection sind die Blätter am Haubenende, nahe am Muskelwulst, 
die Schleimhaut um die Haubenöffnung herum und die Psalterrinne. 

Wesentliches Erforderniss beim Injiciren ist, dass die Spitze der 
Spritze möglichst oberflächlich bleibt. Wenn die Spitze bei entferntem 
Epithel so oberflächlich liegt, dass sie frei zu liegen scheint, kann 
man fast sicher auf das Gelingen der Injection rechnen. An den so 
hergestellten Präparaten erkennen wir, dass die Lymphgefasse ein 
zusammenhängendes Capillarnetz in der Mucosa bilden, das aber tiefer 
als die Blutgefasscapillaren liegt, welche sehr dicht unter dem Epithel 
gelagert sind. Die bedeutendere Weite, die Ungleichmässigkeit in der 
Dicke, die Unregelmässigkeit des Netzes u. s. w. lassen die Lymph- 
capillaren leicht von den Blutgefasscapillaren unterscheiden. In die 
makroskopischen Papillen erstrecken sich die Lymphgefässe ebenfalls 
hinauf, sie bilden dort periphere Capillarnetze, aber immer tiefer, also 
mehr gegen das Centrum der Papille gelegen, als die Blutgefässe. 
Ausser den injicirten feinen, durch Wände abgeschlossenen Lymph- 
gefassen dringt die Injectionsmasse auch in einzelne unregelmässige 
Räume, Lücken, Saftspalten. Ein wirkliches System der letzteren war 
nicht darstellbar. 

Die Lyraphgelassstämrae liegen in der Submucosa, meist in der 
Nähe der Blutgefässe; sie beanspruchen kein besonderes Interesse. 

In Bezug auf die Lage der Blutgefässe im Querschnitt der Blätter, 
d. h. auf die Tiefe, in der die Gefässe im Gewebe, in der Wand liegen, 
ist Folgendes beachtenswerth: Die beschriebenen, mehr oder weniger 
parallel laufenden Hauptgefasse der Blätter, die Primäräste, liegen 

3 * 


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36 


ELLENBERGER, 


central, in der centralen Blattmusculatur; von ihnen gehen beider¬ 
seits die Aestchen durch die Seitcnmusculatur und bilden dort durch 
Vereinigung Gefässe, die nach aussen von der Seitenmusculatur ge¬ 
lagert sind; von diesen noch weiter nach aussen liegt das von ihren 
Aestchen gebildete subepitheliale Capillarnetz, über das die Capillar- 
netze der Papillen wieder hervorragen. Die Lymphcapillaren liegen 
zwischen den Blutgelasscapillaren und der Seitenmusculatur. (So er¬ 
scheinen die Verhältnisse bei einem Querschnitt durch ein injicirtes 
Blatt, während der oben geschilderte Verlauf durch die Flächenansicht 
ersichtlich wird.) 

Wenn ich den Verlauf der Gefässe in dem nach innen von der 
Submucosa gelegenen Theil der Wand und in den Blättern genauer 
beschrieben habe, so kann ich mich um so kürzer in Bezug auf den 
hierzu nach aussen gelegenen Wandtheil fassen. Die Gelasse bieten 
hier in ihrem Verlauf nichts Besonderes. Sie bilden in der Muscula- 
tur wie gewöhnlich Maschen, deren Richtung sich dem Faserverlauf 
anpasst u. s. w., wie wir dies vom Magen, Darm u. s. w. zur Ge¬ 
nüge kennen. 

Ueber das Verhalten der Nerven, ihrer Endigung etc. habe ich 
nur feststellen können, dass sich in den Blättern ein Nervennetz be¬ 
findet, das sich ähnlich wie die Nervennetze in der Darmwand ver¬ 
hält, und dass in diesem Netz ganglionäre Anschwellungen nicht 
selten sind. Das eigentliche Ende der Nerven vermochte ich nicht 
zu constatiren. Zur Untersuchung des Verhaltens der Nerven spaltete 
ich zunächst die Blätter, sodass ich die einfache Mucosa und Sub¬ 
mucosa zur Untersuchung benutzen konnte. Nachdem das Epithel 
entfernt war, kamen die betreffenden Blätter entweder in verdünnte 
Essigsäure, oder in ziemlich concentrirte Ameisensäure; darauf in 
V 4 procentiges Goldchlorid, oder in Goldchloridnatriumlösung; hier 
blieben sie V 4 — 2 Stunden, dann kamen diejenigen Theile, die vorher 
in Essigsäure lagen, wieder in damit angesäuertes Wasser und wurden 
untersucht, sobald sie dunkelviolet wurden. Die anderen Schnitte 
kamen 48 Stunden in erst verdünnte, dann concentrirte Ameisensäure. 
In ähnlicher Weise wurden auch Schnitte durch Wand und Blätter 
behandelt. In den Flächenpräparaten sah man dann hier und da 
grössere Nervenstämme in gerader Linie quer durch das Gesichtsfeld 
ziehen. Neben ihnen sah man feine und feinste, dunkel erscheinende 
Fäden, die auch meist einen gestreckten Verlauf zeigten, einander 
durchkreuzten und so Netze bildeten, die in verschiedener Höhe lagen. 

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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


37 


An anderen Stellen beobachtete man, wie von einer verdickten Stelle 
aus nach drei, vier, fünf verschiedenen Richtungen schwarz gefärbte 
Fäden hinzogen. An einzelnen der feineren Fasern traten längliche, 
spindelförmige Anschwellungen auf. Zu erforschen, wie diese Nerven- 
netze eigentlich ihr Ende finden, ob die Nervenzweige ins Epithel ein- 
dringen, gelang mir trotz aller aufgewandten Mühe nicht. Die Gold- 
chloridmethodc ist leider eine zu heimtückische. Die Präparate miss¬ 
lingen zu oft. Mit Osmiumsäure vermochte ich nur die grösseren 
Nerven zu untersuchen, die feineren wurden bei Anwendung dieses 
Hülfsmittels nicht sichtbar. Die feineren Fasern sind sämmtlich 
marklos. 

Bewiesen wird durch das Vorstehende, dass in den Blättern ein 
nervöser Apparat liegt, der mit Ganglien ausgestattet ist. Dieser 
Nervenapparat dürfte dem Plexus submucosus des Darmcanals ent¬ 
sprechen. 

In Bezug auf die Psalterwand beobachtete ich Folgendes: Zog 
ich nach Entfernung der Serosa die dünne äussere, longitudinale Mus¬ 
kelschicht von der circulären ab und behandelte sie in der bespro¬ 
chenen Art und Weise mit Gold, so fand ich an der Innenfläche 
der Muskelfasern ebenfalls Nervennetze. Die spindelförmigen An¬ 
schwellungen sah ich jedoch nicht; ebenso wenig gelang es mir, die 
ganglionären Schwellungen an den Vereinigungspunkten von mehreren 
Nerven zu finden. Dagegen fand ich an einzelnen Stellen Haufen 
multipolarer Ganglienzellen, die durch Fortsätze unter einander ver¬ 
bunden waren. Bemerkt sei, dass die untersuchten Präparate von 
der grossen Curvatur entnommen waren. — Hieraus geht hervor, 
dass der Psalter eigene intramusculär gelegene Nevencentren in seiner 
Wand besitzt. 

Mit dieser anatomischen Thatsache stimmt auch das Ergebniss 
des physiologischen Experimentes. Bei Reizungen des peripheren 
Vagusstammes am Halse traten keine Contractionen des Psalters auf, 
während die anderen Mägen sich stark contrahirten. Auf directe 
Reize reagirten die drei anderen Mägen; der Psalter meist nicht, nur 
bei Reizung bestimmter Stellen traten Contractionen an demselben auf. 

Dass sich nach dem Tode bei Erschlaffung der anderen Mägen 
der Psalter stark contrahirt findet, beweist ebenfalls seine Unabhängig¬ 
keit von den anderen Mägen, d. h. das Vorhandensein eigener Centren 1 ). 


Auf diese Verhältnissse komme ich in einem besonderen Artikel spe- 


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ELLENBERGER, 


III. Physiologisches. 

Aus den vorstehend geschilderten anatomischen Verhältnissen ver¬ 
mögen wir eine Reihe physiologischer Schlussfolgerungen mit mehr 
oder weniger Sicherheit zu ziehen. Ehe wir zur Beantwortung der 
vier uns gestellten Fragen schreiten, wollen wir zunächst die Frage, 
wie das Futter zwischen die Blätter gelangt, wie es dort gehalten 
und wie es nach dem Labmagen hinbewegt wird, beantworten. Der 
geeignetste Weg für die Futtermassen, welche zwischen die Blätter 
eintreten sollen, ist offenbar der durch die Schlundrinne. Harms 1 ) 
sowohl als Lemoigne 2 ) haben, wenn auch in verschiedener Art und 
Weise, zur Genüge erklärt, wie der Inhalt der Haube in die Schlund¬ 
rinne gehoben werden kann. Es kann nicht meine Aufgabe sein, auf 
diesen Punkt näher einzugehen. Es steht zweifellos fest, dass die 
Haube und die Musculatur der Haubenpsalteröffnung im Stande ist, 
die Futtermassen dem oberen Theil dieser Oeffnung entgegen zu heben. 
Dieses Heben macht es den Massen möglich, in die Kammerräume 
zwischen die Blätter zu treten. Ja, es bleibt demselben gar kein an¬ 
derer Weg als der zwischen die Blätter; denn der Psaltercanal ist durch 
Erheben der Brücke bedeutend verengt, sodass die groben Futter¬ 
massen diesen Weg nicht einschlagen können. Warum Wilckens 
annimmt, dass von unten, von der Haube und Brücke herauf, kein 
Futter zwischen die Haube und Brücke gelangen könne (S. 17 1. c.), 
vermag ich nicht einzusehen; wie es auch unverständlich ist, dass der 
gedachte Autor glaubt, die Schlundrinne könne wohl zusammenhän¬ 
gende Bissen wiedergekauten Futters, nicht aber Flüssigkeiten beför¬ 
dern. Dass diese Anschauung unrichtig und dass die nach unten offene 
Schlundrinne wohl im Stande ist, Flüssigkeiten zu befördern, beweist 
Leisering 3 ) durch ein sehr einfaches und leicht anzustellendes Ex¬ 
periment, worauf ich besonders aufmerksam machen möchte — doch 
dies nur nebenbei. 

Unsere Betrachtung beginnt mit dem Moment, in welchem die 
Futterbissen in die Psalterhaubenöffnung eintreten. Da sie, wie 

cieller zu sprechen. Momentan bin ich noch mit der experimentellen Erfoschung 
dieser Frage beschäftigt. 

') Zeitschrift für Thiermedicin und vergleichende Pathologie. 1876. 3.Bd. 

2 ) Recueil de mddecine vöterinaire. 1876. p. 481. 

3 ) 1. c. S. 397. 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


39 


angegeben, durch die Schlundrinnenabtheilung dieser Oeffnung kom¬ 
men, so gelangen sie sofort zu den beschriebenen „vogelklauen¬ 
artigen“ Warzen, welche den Bissen in Abtheilungen zerlegen und 
den Weg anzeigen, den diese zu nehmen haben, nämlich den in die 
Primärkammem, woselbst wieder Theilungen der Futtermassen statt¬ 
finden zum Eintritt in die Secundär- etc. Kammern. Den Rücktritt 
des Futters von den „Vogelklauen“ in die Haube hindert die zusara- 
mengedrehtc Schlundrinne (Lemoigne). 

Sobald der Bissen, von der Schlundrinne kommend, die Schleim¬ 
haut der Haubenpsalteröffnung berührt, tritt durch diesen Reiz eine 
Reflexwirkung an der Musculatur der Blätter auf. Durch diese Mus¬ 
kelwirkung werden die Blätter sämmtlich im gespannten starren 
Zustande dem Bissen entgegengeführt. Durch die Contraction 
der starken Muskelwulst am vorderen Ende der Blätter, die den 
einen fixen Punkt derselben, den der Längsmusculatur bildet, werden 
sie dem Bissen entgegengebracht. Eine von den Muskelwülsten auf 
die Seiten- resp. Längsmusculatur der Blätter vorschreitende Con¬ 
traction muss diese vorziehende Wirkung auf die Blätter ausüben. 
Gleichzeitig aber werden diese durch Mitwirkung der centralen Mus¬ 
culatur gesteift und gespannt. Diese wirkt vom peripheren Blatt¬ 
ursprung, von der Ringmusculatur, woselbst ihr fixer Punkt ist, auf 
den stark gespannten Randwulst, wo sie sich inserirt. So müssen 
durch diese gegenseitige Muskelwirkung der centralen Musculatur 
einer- und der Seitenmusculatur andererseits die Blätter zu starren, 
festen Scheidewänden werden. Bedenkt man nun, dass der Canal 
unter den Blättern durch das Erheben der Brücke verengert ist, und 
dass die Blätter frei gegen die Haubenpsalteröffnung gekehrt sind, 
gewissermassen in dieselbe hineinragen, so ist es klar, dass den Fut- 
terraassen gar kein anderer Weg bleibt, als der in die Kammern, 
zwischen die Blätter, und zwar um so mehr, als die Blätter vorn 
geradezu mit Greifwerkzeugen, den Warzen, die sämmtlich durch die 
Muskelwirkung starr und fest geworden, ausgerüstet sind. Sobald der 
Bissen in die Kammer eingetreten ist, erschlafft die Längsmusculatur 
der Blätter und letztere kehren in ihre Lage zurück, die Bissen mit 
sich Führend. Das Herausfallen des Bissens aus der Kammer ver¬ 
hindern die nach hinten und oben gerichteten Warzen und der im 
anatomischen Theil beschriebene Verschluss der Kammern durch Rand¬ 
wülste und Leisten. Dazu kommt noch, dass die oben beschriebenen 
Verhältnisse der Blätter es bedingen, dass die Futterküchen in den Kam- 


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ELLENBERGER. 


mern auf einer schiefen Ebene ruhen und dass sie einander durch 
Gegendruck in der Lage erhalten, wie die Ziegel in einem Gewölbe. 
So also ist es möglich, dass sich die Futterküchen ohne irgend welche 
Muskelanstrengung jn den Kammern halten können, dass sie nicht 
gegen die Brücke herabfallen. 

Die Bewegung des Futters nach dem Labmagen geschieht durch 
Wirkung der Wand- und Blattmusculatur. Jede Contraction des 
Magens hat ein Ausweichen des Futters gegen den Lab¬ 
magen zur Folge, weil die Futtermassen wegen der Warzen 
nicht nach vorn ausweichen können. Nur nach oben und hinten 
können sie ausweichen, nicht nach vorn und unten. Mit der Ver¬ 
engerung des Psalterraumes ist auch stets ein Heben der Blätter 
verbunden, weil deren centrale Musculatur von der verengernden 
Kreismusculatur entspringt, und so wird der Inhalt aus den unteren 
Räumen der Blätter in die oberen, in die secundären, tertiären und 
quaternären Kammern geschafft. Ueberall aber wird der Inhalt durch 
die Warzen ergriffen und gehalten und in der Richtung seiner Bewe¬ 
gung bestimmt, indem die frei nach hinten gerichteten vielen Tau¬ 
senden von Warzen ein Zurücktreten des Futters verhindern und so die 
Bewegung gegen den Labmagen hin befördern. 

Jede aus irgend welchen Gründen eintretende Bewegung des 
Psalters und jeder äussere Druck auf denselben hat nothwendig ein 
Vorrücken seines Inhalts gegen den Labmagen zur Folge, wie jeder 
Druck auf eine mit Klappen versehene Vene und jede Wandcontrac- 
tion derselben, den Inhalt gegen das Herz hin treibt. Die Warzen 
versehen denselben Dienst wie die Venenklappen. 

Die gedachte Bewegung des Psalterinhalts wird noch dadurch 
unterstützt, dass von der Haube fortwährend Futtermassen nachge¬ 
schoben werden, deren Rücktritt, wie oben angegeben, behindert ist, 
die also schiebend als vis a tergo auf den Psalterinhalt wirken. 

Dass die Musculatur der Blätter einen besonderen Einfluss auf 
die Vorwärtsbewegung der Futterküchen direct ausübe, ist unwahr¬ 
scheinlich. Wenn dies der Fall wäre, so müssten die Blätter ihren 
fixen Punkt am Labmagenende nehmen, sie müssten dort ihren Mus¬ 
kelwulst bilden, sodass die Blätter bei der Muskelwirkung nach hinten 
geschoben und so die Futtermassen nach dort bewegt würden. — 
Nun liegt aber der Muskelwulst vorn, eine Bewegung der Blätter nach 
diesem Punkte hin kann demnach nicht fördernd auf die Vorwärts¬ 
bewegung der Futterküchen wirken. Daraus ersehen wir, dass der 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


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Muskelapparat der Blätter nicht den Zweck hat, für die Entleerung 
des Psalters zu sorgen. Da er nun ebenso wenig zum Halten der 
Futterküchen in den Kammern, wenigstens nicht in der Stärke, wie 
er besteht, nothwendig ist, so fragen wir mit Recht: was ist der 
Zweck des Muskelapparates? Einen Zweck haben wir bereits kennen 
gelernt, nämlich den, die gesteiften Blätter zum Ergreifen des Bissens 
vorzufiihren, und den, durch Heben, Verkürzen der Blätter die Wir¬ 
kung der Warzen zu unterstützen und das unten gelegene Futter nach 
oben in die kleinen Kammern zu heben. Dies allein erklärt aber 
die Stärke des Muskelapparates nicht. Deshalb müssen wir uns nach 
einer weiteren Aufgabe desselben umsehen. Diese besteht nach meiner 
Ansicht darin, eine Verkleinerung der groben, mangelhaft verkleiner¬ 
ten, namentlich der nicht wiedergekauten Futterstoffe zu bewirken. 
Damit treten wir an die Lösung der Frage 4 heran. 

Wie die anatomische Betrachtung lehrte, ist die Längsmusculatur 
der Psalterwand, welche eine Verkleinerung des Längsdurchmessers 
bei ihrer Contraction bewirken könnte, nur sehr unbedeutend, während 
die Ringfaserlage stark, oft drei- bis vierfach stärker als die erstere 
ist. Wenn demnach eine Contraction des Psalters in toto, der Ge- 
sammtmusculatur erfolgt, so wird dadurch wesentlich der Querdurch¬ 
messer verringert, der Magen wird im Querdurchmesser verengt, da¬ 
durch wird der Raum zwischen den einzelnen Blättern kleiner, die 
sämmtlichen Kammern werden enger, das in ihnen liegende Futter 
wird also gepresst, gequetscht. Bei dieser Gesammtcontraction des 
Psalters müssen aber nothgedrungen auch Bewegungen der Blätter 
eintreten. Vor allen Dingen werden die Blätter, deren Warzen durch 
die Muskelwirkung starr und steif geworden sind, nach vorn gegen 
den Muskelwulst bewegt, sodass die sämmtlichen Warzen wie die 
Zinken einer Egge den sich nach hinten verschiebenden Futterküchen 
durchziehen und so verkleinernd, zerreibend, zerreissend auf die Theilc 
des Kuchens wirken. Damit diese Wirkung eine recht energische sein 
kann, werden die Blätter durch die Wirkung der centralen Musculatur 
im Höhendurchmesser etwas verkürzt und dadurch etwas verdickt, 
vor Allem aber gesteift. Dass der Verschluss der Kammern bei diesen 
Vorgängen verbessert wird durch Verdickung des sich verkürzenden 
Randwulstes und Verengerung des Raumes, ist selbstverständlich. 
Selbstredend wird der Verschluss nicht so fest, dass nicht Flüssig¬ 
keiten abtropfen könnten; es bleiben im Gegentheil schon wegen der 
durch die Warzen bedingten Unebenheit der Ränder kleine Rinnchen, 


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ELLENBERGER, 


Canälchen, durch welche beim Pressen des Kammerinhalts durch die 
Contraction der Psalterwaud Flüssigkeiten abtropfen und abfliessen 
können, wodurch der Inhalt trockener wird und leichter zerrieben 
werden kann. 

Dass die Blätter auch, während die Hauptwandmusculatur ruht, 
besondere Bewegungen vollziehen, wodurch sie an einander vorbei¬ 
gleiten, ist sehr wahrscheinlich. Uebrigens tritt schon bei der Con¬ 
traction der Psalter wand eine successive Bewegung der Blätter ein, 
weil die Aussenwand nicht gleichzeitig an allen Stellen sich contra- 
hirt,. sondern allmälig, und weil dieser Contraction die Blattmus- 
culatur folgen, sodass es also beispielsweise Vorkommen muss, dass 
ein Blatt sich vorbewegt, während ein anderes bereits wieder in seine 
Lage zurückkehrt, sich also in entgegengesetzter Richtung bewegt, 
u. s. w. Da diese Bewegungen fortwährend stattfinden, werden auch 
die Futtermassen fortwährend von den zackigen Warzen durchzogen. 
Da der Psalter sich, wie jeder Sachverständige weiss, immer in einem 
gewissen Contractionszustande befindet, so werden die starren Warzen 
fest und tief in das Futter eingepresst, was schon dadurch bewiesen 
wird, dass man bei jeder Untersuchung des Panseninhalts an der 
Fläche der Futterküchen tiefe Eindrücke von den Warzen findet. Es 
ist nun selbstverständlich, dass bei den gedachten Bewegungen eine 
Zerkleinerung der Futtermassen im Psalter durch die tief eingedrück¬ 
ten, den Futterküchen durchziehenden Warzen eintreten muss. Wenn 
die Warzen in der Haubenhälfte wie die Zinken einer Egge, wie Haken 
zerreissend wirken, so wirken die mit knötchenartigen Warzen besetz¬ 
ten Blätter im Labmagentheil wie eine Schmiederaspel, wie eine Feile 
zerreibend auf die inzwischen trockener gewordenen Futtermassen. 

Es kann also, wie aus Vorstehendem hervorgeht, gar keinem 
Zweifel unterliegen, dass der Psalter als Zermalmungsapparat, als 
Kaumagen sehr gut eingerichtet ist. Das Futter muss in ihm zer¬ 
kleinert werden; das lehrt uns die Kenntniss der anatomischen Ein¬ 
richtung des Psalters. Die Thatsache, dass die Zerkleinerung wirk¬ 
lich stattfindet, zeigt die Untersuchung des Psalterinhalts, der ein¬ 
fache Augenschein. Das Futter am Labraagenende ist viel feiner 
verrieben etc., als das am Haubenende (cf. Haubner). Der Augen¬ 
schein kann aber trügen. Deshalb musste ich den bestimmten Beweis 
der Richtigkeit dieser Angabe erbringen. Zu diesem Zwecke stellte 
ich eine Reihe von Versuchen an. 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 43 

A. Der Psalterinhalt wurde wie folgt behandelt: 

I. 1) 20 Grm. des Inhalts aus dem Haubentheil wurden mit 300 Grm. 

Wasser geschüttelt und in einen Cylinder gefüllt; 

2) dasselbe geschah mit derselben Quantität Inhalt aus dem Labma¬ 
gen theil. 

Während sich in dem zweiten Cylinder die festen Bestandtheile rasch senkten, 
Mieb in dem ersten Cylinder eine 6 Ctm. hohe Schicht aus grob zerkleinerten 
Massen oben schwimmen. Erst nach 2 Stunden senkte sich auch diese. 

Nach 4 Stunden betrug der Bodensatz im ersten Cylinder 12 Ctm. und im 
zweiten nur ö l / 2 Ctm.; nach 48 Stunden im ersten Cylinder noch 10 Ctm., im 
zweiten 4.9 Ctm. 

II. In je einen von zwei grösseren, 500 Grm. Wasser fassenden Cylindern 
wurde die gleiche Menge Inhalt aus dem Hauben- resp. Labmagentheii in der¬ 
selben Weise eingefüllt. Nach 3 Stunden hatte der Inhalt des Labmagenendes 
einen Bodensatz von 4, der des Haubenendes von 11 Ctm. gebildet; nach 48 
Stunden betrug der Bodensatz noch 3 resp. 9 Ctm. 

III. Ein Versuch mit zwei Cylindern von 14 Ctm. Durchmesser, mit 2500 
Grm. Wasser und je 50 Grm. des resp. Inhalts ergab nach 2 Stunden vom In¬ 
halt des Labmagentheils einen Bodensatz von 1,2. vom Haubentheil von 1,9 Ctm. 

IV. Durch ein Sieb wurden 40 Grm. des Inhalts vom Haubentheil mit 
Wasser durchgeschlemmt, der Rückstand gesammelt, lufttrocken gemacht und 
gewogen. Dasselbe geschah mit 40 Grm. des Inhalts vom Labmagentheii. 

Der Rückstand im Siebe betrug beim Labmagentheii 1,5, beim 
Haubentheil 5.5 Grm., d. h. von ersterem 4, von letzterem 13 1 2 pCt. 

V. Das Durchgeschlemmte wurde in Cylinder von 18 Ctm. Durchmesser 
gegossen. Der Bodensatz betrug beim Labmagentheii 9, beim Haubentheil 11 
Theilstriche. Das Sieb hatte also noch gröbere Theile des Inhalts des Hauben- 
theils durchgelassen. Es drückt also das Verhältnis des Rückstandes noch nicht 
die ganze Grösse des Unterschiedes aus. sondern auch die durch das Sieb durch- 
gegangencn Massen, die aus dem Haubentheil stammen, sind gröber, weniger 
zerrieben, verkleinert, als die aus dem Labmagentheii. 

B. Mit dem Psalterinhalt einer zweiten Kuh geschah Folgendes: 

I. 50 Grm. Inhalt vom Haubentheil des Psalters kamen in einen 1000- 
Gramm-Cylinder, der mit Wasser gefüllt war. und wurden gründlich durchge¬ 
schüttelt. Ebenso geschah es mit derselben Quantität Labmagentheilinhalt. Der 
entstandene Bodensatz betrug von dem ersteren 240, von letzterem 145 Ccm. 

II. Bei einem gleichen Versuch mit 50 Grm. Inhalt im 500-Gramm-Cylin- 
der betrug der Bodensatz vom Haubentheilinhalt 300 Ccm., der vom Labmagen¬ 
theii 180 Ccm. 

III. In Cylindern von 14 Ctm. Durchmesser bildeten 50 Grm. Inhalt in 
2500 Grm. Wasser 2,5 Ctm. Bodensatz vom Inhalt des Haubentheiis und l.G 
Ctm. von dem des Labmagenendes. 

IV. Der Rückstand von je 50 Grm. Inhalt, die mit Wasser durch 
ein Sie b geschlemmt wurden, betrug vom Haub en theilin halt 10,9 
Grm. = 22 pCt. und vom Labmagentheilinhalt 2,11 Grm. = 4 pCt. 

V. Das Durchgeschlemmte bildete in einem Gefäss von 18 Ctm. Durch- 


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ELLENBERGER, 


messer bei ersterem 14 Mm., bei letzterem 11 Mm. Bodensatz. Es bestand also 
auch das durch das Sieb Durchgeschlemmte des Haubentheils noch aus viel grö¬ 
beren Futterpartikelchen, als das des Labmagentheils, wie das Verhältniss des 
Bodensatzes bestimmt darthut. 

Die Resultate der vorstehend verzeichneten Sedimentirungs- und 
Sehleramversuche dürften genügen, um zu erweisen, dass der Inhalt 
des Labmagentheils viel feiner ist, aus viel feineren Partikelchen be¬ 
steht, viel weniger grobe Theile, lange Halme u. s. w. enthält, als 
der Haubentheilinhalt, und dass das Futter im Psalter in der That 
im bedeutenden Masse verkleinert wird, sodass der Psalter einen 
wirklichen Kaumagen darstellt, der den Zweck hat, das mangelhaft 
gekaute, namentlich das nicht wiedergekaute Futter zu zerkleinern. 
Dass in den Psalter auch nicht wiedergekautes Futter gelangt, lehrt 
jede Untersuchung des Psalterinhalts. In der Haubenhälfte des Psal¬ 
ters finden wir oft Futter, das aus langen Heu- und Strohhalmen 
besteht und genau so aussieht, wie das nach dem ersten Kauen nach 
unten gelangte Futter. Der Psalter ruminirt also das, was nicht zur 
Rumination in der Maulhöhle gelangte; er verhindert, dass zu grobe 
Massen in den* mit zartem Epithel bekleideten Labmagen kommen. 
Er ist gewissermassen der Wächter dieses Organs. 

An die Beantwortung der Frage 4 schliesse ich die der Frage 2 und 
3 an. Bei der vorstehenden Betrachtung bemerkte ich bereits, dass bei 
den Contractionen des Magens nothwendig ein Auspressen des Futter¬ 
kuchens stattfinde und dass die Flüssigkeiten bei diesem Pressen nach 
unten über die freien Blattränder gegen die Psalterrinne abfliessen 
müssen. Theilweise würde die Flüssigkeit auch schon nach unten 
abfliessen ohne besonderen Druck. Das ist so selbstverständlich, dass 
es weiterer Worte nicht bedarf. Die Folge dieser Verhältnisse muss 
nun nothgedrungen die sein, dass der Kammerinhalt oben gegen die 
grosse Curvatur ärmer an Flüssigkeiten sein wird, als unten, gegen 
die freien Ränder hin. Um zu beweisen, dass dies nun thatsächlich 
der Fall ist, machte ich folgende Experimente: 

1. Aus der Mitte des Psalters eines Rindes wurden 4,9 Grm. Inhalt aus 
dem oberen Theil einer Kammer und 5,8 Grm. aus dem unteren Theil derselben 
im Trockenofen ausgetrocknet und der Rückstand gewogen. Dieser betrug aus 
dem oberen Theil 1.5. aus dem unteren 1 Grm., d. h. die obere Masse ent¬ 
hielt 28 pCt. Trockensubstanz und 72 pCt. Flüssigkeit, die untere 
18 pCt. Trockensubstanz und 82 pCt. Wasser. Der erstere enthielt 
also 10 pCt. Wasser weniger als der letztere. 

2. 6,37 Grm. Inhalt des unteren Theils einer Kammer am Labmagenende 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 45 

des Psalters oines anderen Rinde9 und 4,104 Grm. vom oberen Theil hinter- 
liessen das erstere 1,358, das letztere 1.634 Grm. Trockensubstanz, d. h. das 
erstere bestand aus 78,6 pCt. Wasser und 21,4 pCt. Trockensub¬ 
stanz, das letztere dagegen aus 60 pCt. Wasser und 40 pCt. Trocken¬ 
substanz. Das unten gelegene Futter enthielt also 18 pCt. Wasser 
mehr als das oben gelegene. 

3. 6,026 Grm. Inhalt vom vorderen oberen Theil einer Kammer und 
6,813 Grm. vom vorderen unteren Theil derselben hinterliessen ersterer 1,240, 
letzterer 1,194 Grm. Trockensubstanz; das erstere enthielt also 79,4 pCt. Wasser 
und 20,5 pCt. Trockensubstanz, das letztere 82,5 pCt. Wasser und 17,5 pCt. 
Trockensubstanz. Der unten gelegene Inhalt war also vorn nur um 
3 pCt. reicher an Wasser als oben, welche Thatsache vollkommen meinen 
obigen Schlussfolgerungen entspricht. Vorn kommen fortwährend neue durch¬ 
feuchtete Bissen an, es kommt fortwährend neue Flüssigkeit zum Inhalt hinzu, 
daher vorn der geringe Unterschied des Wassergehaltes zwischen oben und un¬ 
ten, trotz des Auspressens. 

4. Aus dem Psalter eines Schafes wurden 1,426 Grm. Inhalt aus dem 
oberen Theil einer Kammer und 2,364 Grm. aus dem unteren Theil derselben 
entnommen und getrocknet. Der Rückstand vom ersteren betrug 0,417, der vom 
letzteren 0,430 Grm., d. h. das oben gelegene Futter enthielt 70,7 pCt. 
Wasser und 29,3 pCt. Trockensubstanz, das untere 81,8 pCt. Wasser 
und 18,2 pCt. Trockensubstanz. Das untere Futter war also 11 pCt. 
reicher an Wasser, als das oben gelegene. 

Im Querdurchmesser sind die Futterküchen gleichmässig trocken resp. feucht. 

Die vorstehenden Versuchsergebnisse bestätigen, dass im Psalter 
eine Exsiccation der Futtermassen stattfindet; vor Allem aber be¬ 
weisen sie, dass in der That das in den gegen die Psalter¬ 
rinne, d. h. in den unteren Theilen der Kammern des Psal¬ 
ters gelegene Futter wasserreich ist und bedeutend mehr 
Wasser enthält, als das oben gelegene Futter. Diese That¬ 
sache unterstützt meine Anschauung, dass der Wasserverlust des Fut¬ 
ters einmal dadurch zu Stande kommt, dass das Wasser schon von 
selbst nach unten abtropft und dann dadurch, dass die Futterküchen bei 
den Contractionen des Magens ausgepresst werden. Das ausgepresste 
Wasser fliesst gegen die Psalterrinne ab, die es in den Labmagen beför¬ 
dert Hierdurch würde eine Erklärung für das Zustandekommen der Ex¬ 
siccation des Psalterinhalts, für die Thatsache, dass man den gedachten 
Inhalt bei der Untersuchung stets viel trockener findet als den anderer 
Magen, gefunden sein. Dieses letztere Factum wird aber auch noch 
durch andere Umstände erklärt. Schon Haubner u. A. haben darge- 
than, dass Flüssigkeiten und dünnbreiige Massen den Psalter sehr gut 
passiven können, ohne zwischen die Blätter zu treten. Sie gehen die 


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46 


ELLENBERGER, 


Psalterrinne, den Psaltercanal entlang, direct in den Labmagen. Reine 
Flüssigkeiten müssen diesen Weg zum grössten Theil einschlagen, 
weil sie zu wenig zusammenhängend sind, deshalb von den Warzen 
nicht erfasst, von den Blättern nicht gehalten werden können, mögen 
sie nun aus der Haube oder aus dem Schlunde die Schlundrinne 
entlang kommen. Reine Flüssigkeiten fliessen unzweifelhaft in dieser 
nach unten offenen Rinne entlang, ohne dass dieselbe irgend welche 
besondere Contraction etc. zu vollziehen braucht, wie sie dies thut, 
wenn sie grobe Futtermassen aus der Haube bekommt. Von den so 
anlangenden Flüssigkeiten geht ein Theil vermöge der Attraction der 
Flüssigkeitstheilchen an der Psalterwand zwischen die Blätter, der 
grösste Theil fliesst aber sofort in die Psalterrinne und von da in den 
Labmagen. So ist es auch mit den dünnbreiigen, weniger zusammen¬ 
hängenden Massen, die aus der Haube in den Psalter übertreten, sie 
gehen theil weise ebenfalls den Psalcercanal entlang in den Labmagen, 
während die grob zerkleinerten und zusammenhängenden Futtermassen 
unbedingt zwischen die Blätter treten und ebenso ein Theil des gut 
zerkleinerten Futters. Da also ein bedeutender Theil der Flüssig¬ 
keiten der Haube und des Pansens gar nicht in die Psalterkamraern 
gelangt, sondern da reine Flüssigkeiten und sehr dünnflüssige Futter¬ 
massen direct in den Labmagen überfliessen, so erklärt dies schon 
zum Theil die trockenere Beschaffenheit des Psalterinhalts. 

Dazu kommt aber noch ein anderer Umstand, nämlich der, dass 
schon in dem Moment, in welchem die Blätter stark durchfeuchtete 
Massen erfassen, von der Musculatur der Schlundrinnenabtheilung der 
Haubenpsalteröffnung überliefert erhalten, diese schon von selbst und 
durch den Druck der Musculatur einen Theil ihrer Flüssigkeit durch 
Abfliessen gegen die Psalterrinne verlieren. 

Kommt nun hierzu noch das vorbeschriebene Moment des Aus- 
pressens in den Kammern, so kann uns die Thatsache nicht mehr 
überraschen, dass der Psalterinhalt trockener ist als der der anderen 
Mägen. 

Man muss aber, wie die vorstehende Betrachtung lehrt, bei Er¬ 
klärung dieser Thatsache zwei Momente scharf unterscheiden und aus 
einander halten, nämlich 1) den Umstand, dass überhaupt viel 
weniger Flüssigkeit mit den festen Theilen der Nahrung 
in die Kammern gelangt, als in die anderen Mägen, und 
2) dass ein nicht unbedeutender Theil der dahin gelangten 
Flüssigkeit durch die P s al te reo ntr actio ne n ausgepresst 


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Anatomie n. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


47 


wird. Drückend auf den Psalter und so auspressend auf den Kam¬ 
merinhalt wirkt ausser den Wandcontractionen des Psalters auch der 
Pansen beim Ruminiren und das Zwerchfell beim Athmen. 

Die vorstehenden Auseinandersetzungen beantworten einen Theil 
der Frage 3. Es ist nun aber noch die Frage: in wie weit kommt 
der Flüssigkeitsverlust des Psalterinhalts durch Resorption der Flüs¬ 
sigkeit durch die Psalterschleimhaut zu Stande? 

Dass die Psalterschleimhaut im Stande ist, zu resorbiren, ist 
keine Frage. Jede, auch eine cutan gebaute Schleimhaut vermag zu 
resorbiren. Die Frage kann nur die sein: ist die Psalterschleimhaut 
besonders geschickt zu dieser Function, ist der Psalter ein 
Resorptionsmagen oder, wie auch behauptet wird, ein Resorptions¬ 
organ von ausgezeichneter Wirksamkeit? 

Die Antwort hierauf kann nur verneinend ausfallen, wie die 
anatomischen Verhältnisse lehren. 

Die Psalterschleimhaut ist mit" mehrschichtigem Pflasterepithel 
in bedeutender Dicke überzogen, dag dem unterliegenden Gewebe fest 
anliegt und erst längere Zeit nach dem Tode leicht ablösbar wird. 
Die oberste Schicht dieses Epithels stellt eine zusammenhängende ver¬ 
hornte Membran dar. Das Psalterepithel ist schwer permeabel, wie 
das Pansenepithel. Versuche mit Kalilauge zeigten, dass die Zellen 
sehr resistent waren. Goss man Kalilauge auf die Schleimhaut¬ 
flächen, so löste sich das Epithel leicht ab, aber bei beiden Mägen 
gleich rasch und leicht; bei der mikroskopischen Betrachtung sah 
man, dass die Hornschicht der Kaliwirkung lange widerstand, nament¬ 
lich die Hornspitzen und Hornkappen der Papillen. Der Einwirkung 
künstlichen Magensaftes widerstand die Hornschicht ganz und gar. 
In der Haubenhälftc besonders ist die Epithelschicht so dick, so fest 
angeheftet, die Homspitzen der Warzen sind so bedeutend, dass man 
unmöglich annehmen kann, hier werde bedeutend resorbirt. 

Durch die Dicke der Epithelschicht des Psalters ist es bedingt, 
dass die Blutgefäss- und Lymphgefässcapillaren weit von dem zu 
Resorbirenden entfernt sind, namentlich die Lymphgetässe, die unter 
den Blutgefässen liegen. Das Verhalten der Gefasse ist nicht wie an 
einem Resorptionsorgan, sondern wie an der äusseren Haut. 

So geht also aus dem anatomischen Bau unzweifelhaft hervor, 
dass der Psalter für die Function der Resorption nicht günstig ge¬ 
baut ist. 

Um aber eine noch festere Basis für mein Urtheil zu gewinnen, 


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48 


ELLENBERGER, 


gedachte ich, dieser Frage auch experimentell näher zu treten, um 
den Beweis für die Richtigkeit der Deutung der anatomischen Facta 
erbringen zu können. Zu diesem Zweck müssten nach meiner Ansicht 
folgende Wege eingeschlagen werden. Einmal könnte die Labmagen- 
ötfnung unterbunden werden, damit das Abfliessen der Flüssigkeit 
verhindert würde, darauf müsste eine Untersuchung des Psalterinhalts 
stattfinden; zweitens würden beide Oeffnungen abzubinden sein, damit 
der Psalter ganz isolirt ist, und dann würde durch Injection einer im 
Blute leicht nachweisbaren Masse von der Brücke aus die Geschwin¬ 
digkeit etc. der Resorption zu beweisen sein; und endlich drittens 
könnte durch Anlegung einer Fistel an der Labmagenöffnung die Con- 
sistenz etc. des aus dem Psalter etc. Austretenden ermittelt werden. 

Die Schwierigkeiten, welche sich der Ausführung dieser Opera¬ 
tionen entgegenstellten und auf die näher einzugehen überflüssig sein 
dürfte, Hessen mich schliesslich auf diesen Weg verzichten. Vielleicht 
gelingt es mir später, die Operationen auszuführen, oder vielleicht 
wird ein geschickterer College durch meinen Artikel angeregt, diese 
oder andere zu demselben Ziele führenden Operationen vorzunehraen. 

Vorläufig musste ich mich damit begnügen, auf einem anderen 
Wege weitere experimentelle Beiträge zur Lösung der betreffenden 
Frage zu liefern. 

Ich beschloss, das Diffusions vermögen verschiedener thierischer 
Häute zu prüfen und mit dem der Psalterschleimhaut zu vergleichen, 
um auf diesem Wege einen Fingerzeig für die Resorptionsfahigkeit 
der Psalterschleimhaut zu gewinnen. Die Diffusibilität einer Membran 
steht natürlich stets im Verhältniss zu ihrer Resorptionsfähigkeit. 

Vorversuch. 

Es wurden drei an beiden Enden offene Cylinder von gleicher Stärke an 
dem einen Ende mit je einem Stück der Schleimhaut vom Dickdarm, vom Psalter 
und vom ersten Magen überspannt. In jeden Cylinder wurden 40 Grm. einer 
CarminlÖsung eingebracht. Die an der anderen Seite offenen Cylinder tauchten 
mit dem geschlossenen Ende in Bechergläser, welche mit einer Z / A procentigen 
Kochsalzlösung gefüllt waren, und zwar so tief, dass der Flüssigkeitsspiegel im 
Cylinder in einer Ebene mit dem im Becher sich befand. 

Nach 5 Stunden war die Darmschleimhaut roth tingirt, die anderen Häute 
und die Flüssigkeiten im Becher unverändert. Nach 20 Stunden waren auch die 
anderen Häute, aber leichter gefärbt. 

Nun brachten wir zur CarminlÖsung eine Lösung von Natrum sulfuricum. 
Schon nach 2 Stunden war im Becher die Schwefelsäure nachweisbar, am stärk¬ 
sten da, wo die Darmhaut übergespannt war. 

Nach ca. 30 Stunden wurden, weil noch keine Färbung in den Bechern 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 49 

nachweisbar war, die Cylinder gehoben, sodass nur ihr unteres Ende eintauohte 
und so aus der Diffusion Filtration wurde. Nach 15 Stunden war durch die 
Schleimhaut vom ersten und dritten Magen ca. 3 / 4 der Carminlösung durchge¬ 
treten; durch den Darm nur Spuren und zwar deshalb, weil die Submucosa eine 
Fettschicht enthielt, die nicht abpräparirt werden konnte. 

Nach dem Abnehmen der Häute zeigte sich die Schleimhaut des Darms sehr 
stark, die des ersten und dritten Magens nur schwach gefärbt. Die Darmschleim- 
haut hatte sich am raschesten imbibirt; sie liess aber wegen der Fettschicht in 
der Submucosa keine gefärbte wässerige Flüssigkeit durch. 

Bemerkt sei noch, dass, wie in dem oben beschriebenen Vorversuch, so auch 
in den noch anzugebenden Experimenten, die Schleimhäute stets so aufgebunden 
wurden, dass ihre Epithelschicht der im Cylinder enthaltenen Flüssigkeit zuge¬ 
kehrt war. 

Nach diesem Vorversuch wurden nun mit denselben Häuten Diffusionsver¬ 
suche zur quantitativen Bestimmung ihrer Durchlässigkeit gemacht; Herr Dr. Hof¬ 
meister, demichzu besonderem Dank für seine vielfache freundliche Unterstützung 
bei meiner Arbeit verpflichtet bin, hatte die Güte, sich der Mühe dieser Bestimmun¬ 
gen zu unterziehen. Da die Schleimhaut des Rinderdarms sehr schwer abzupräpa- 
riren war, so verwandte ich Schleimhaut vom Pferdedarm und die gesammte 
Darmwand vom Rinde, sodass stets vier Versuche nebeneinander gemacht wurden. 

Es wurde das eine offene Ende der gleich weiten Cylinder mit einem Stück 
der Schleimhaut vom Pferdedarm, Psalter, Wanst und der gesammten Darmwand 
des Rindes geschlossen. Die Psalterschleimhaut wurde durch Spaltung eines 
Blattes gewonnen. In die Cylinder kam eine bestimmte Quantität einer bekann¬ 
ten Lösung, ebenso in ein Becherglas eine bestimmte Menge einer anderen Lösung 
(meist Kochsalz). Die Cylinder wurden so tief in die Becher eingetaucht, dass 
die Flüssigkeitssäulen in gleichem Niveau standen (Dialysator). 

Die Becher befanden sich auf dem Wasserbade. Die Lösungen waren der¬ 
art, dass sie möglichst wenig fremdartig auf die Häute wirken konnten. Die 
Cylinder zeigten einen Durchmesser von 2,2 Ctm., der untere Rand einen solchen 
von 3,2 Ctm. Die Höhe der Säule im Cylinder betrug bei 40 Grm. 9,5 Ctm. 

Versuch I. 

A. Mit Schleimhaut vom dritten Magen: 

265 Grm. 3 / 4 procentiger ClNa-Losung im Becher, 

40 „ „ schwefelsaures Natron im Cylinder. 

B. Schleimhaut vom ersten Magen: 

300 Grm. obiger Lösung im Becher, 

40 „ der schwefelsauren Natronlösung im Cylinder. 

C. Dickdarmwand vom Rinde: 

250 : 40 Grm. 

D. Dannschleimhaut vom Pferde*. 

250 : 40 Grm. 

Nach 2 Stunden konnte im Becher D bereits starke Schwefelsäurereaction 
nachgewiesen werden. Nach 4 Stunden schwache Reaction bei C. Nach 7 Stun¬ 
den schwache Reaction bei A und B. 

Archiv t. wicccnach. u. pr&kt. ThierheUk. VII. 1 u. f. 4 


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ELLENBERGER, 


Nach 22 Stunden wurde der Versuch unterbrochen und die quantitative 
Bestimmung vorgenommen. Dieselbe ergab Folgendes*. 

Die Darmschleimhaut hatte durchgelassen 0,12 Grm. S0 4 Na 
Magen III „ » 0,04 „ „ 

Magen I * * 0,03 „ „ 

die Dickdarmwand * r 0,03 * ,, 

3 

Versuch II. 

Es wurde umgekehrt wie bei Versuch I verfahren, also 40 Grm. Kochsalz 
in die Cylinder und schwefelsaure Lösung in die Becher gebracht, sodass das 
Epithel jetzt der Kochsalzlösung zugekehrt war. 

Die Ergebnisse der Prüfungen auf die Kochsalzreaction waren ungefähr die¬ 
selben, wie in Versuch I. Die Analyse, welche nach 20 ständiger Diffusion vor¬ 
genommen wurde, ergab Folgendes. 

Durch die Schleimhaut vom Magen III war diffundirt 0,08 Grm. CI Na 
durch dieselbe vom Magen I * „ 0,17 „ * 

durch die Mastdarmwand „ „ 0,05 „ „ 

durch die Darmschleimhaut „ „ 0,145 „ „ 

Die beiden vorstehenden Versuche ergaben demnach, dass 
durch die Darmschleimhaut das Dreifache von schwefelsaurem Na¬ 
tron und das Doppelte vom Kochsalz diffundirt war, als von Ma¬ 
gen I und III. Die gesammte Dickdarmwand diffundirte weniger als die Magen¬ 
schleimhaut, und die Schleimhaut von Magen I ein wenig schlechter als die von 
Magen III. 

Versuch III. 

In Ermangelung von Schleimhaut des Pferdedarms wurde nur mit Schleim¬ 
haut vom ersten und dritten Magen und der Darmwand des Rindes experimentirt, 
indem in jeden Cylinder 40 Grm. einer 3 / 4 procentigen Kochsalzlösung, zu der 
2 Grm. Traubenzucker zugesetzt waren, eingebracht wurden. In die Becher ka¬ 
men 300 Grm. der einfachen 3 / 4 procentigen Kochsalzlösung. 

Nach 22 Stunden war in den Bechern noch keine Zuckerreaction einge¬ 
treten, die Flüssigkeitssäule in den Cylindern dagegen gestiegen. 

Versuch IV. 

Die mit den genannten Häuten verschlossenen und wie angegeben gefüllten 
Cylinder wurden, weil der Diffusionsversuch kein Resultat ergab, gehoben, sodass 
nur noch die unteren Enden eintauchten. (Zu bemerken ist, dass die Häute sich 
schon 22 Stunden in warmem [30 °] Wasser befanden, dass also das Epithel 
schon stark macerirt sein musste.) 

Nach 17 Stunden waren diffundirt: 
durch Magen I 0,124 Grm. Zueker, 
durch den Darm 0,35 „ „ 

durch Magen III 0,66 ,, ,, 

Zur Controle des vorstehenden Versuchs stellten wir einen neuen Filtrir- 
versuch mit frischer Psalterschleimhaut an. Nach 24 Stunden war die Flüssig- 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


51 


keit im Cylinder um ca. 5 Mm. gestiegen. Im Becher schwache Zuckerreaction. 
Nach 30 Stunden waren 42 Grm. anstatt 40 Grm. im Cylinder; in den Becher 
waren nach dieser Zeit nur 0,08 Grm. Zucker filtrirt. 

So gross war also der Unterschied der Diffusibilität der frischen zur alten 
Psalterschleimhaut. 


Versuch V. 

Zur weiteren Fesstellung der Diffusibilität des Zuckers nahmen wir noch¬ 
mals einen Diffusionsversuch vor und zwar mit der Schleimhaut des Pferde¬ 
darms und alter Psalterschleimhaut. Diese war 5 Tage alt, aber im Kalten 
aufbewahrt worden, im Gegensatz zu der Schleimhaut in Versuch IV, die im 
warmen Wasser sich befunden hatte. 

Nach 3 Stunden zeigte die Flüssigkeit in dem Becher, in welchem sich der 
mit Darmschleimhaut geschlossene Cylinder befand, allerdings schon sehr deut¬ 
liche Zuckerreaction. Nach 23 Stunden dagegen erst schwache Reaction bei 
Magen III. ln 24 Stunden hatte die Darmschleimhaut 0,9 Grm. Zucker durch¬ 
gelassen, die Schleimhaut vom dritten Magen nach 60 Stunden erst 0,2 Grm.; 
dagegen war die Flüssigkeit im Cylinder nach 60 Stunden um 6 Grm. vermehrt. 

Es geht aus diesen Versuchen hervor, dass für eine Zucker¬ 
lösung die Diffusionsfähigkeit der Darmschleimhaut um das Vier¬ 
fache höher ist als die der Psalterschleimhaut. 

Versuch VI 

wurde angestellt, um das Diffusionsvermögen der genannten Häute gegen lös¬ 
liche Eiweissstoffe, speciell gegen Peptone zu prüfen. 

Es wurden Eiweisswürfel durch künstliches Pepsin im Brütofen verdaut. 
Von der entstandenen Peptonlösung wurden je 40 Grm. in die respectiven Cy¬ 
linder, die an der einen Seite mit den betreffenden Membranen verschlossen 
waren, gefüllt. Im Becher befand sich 3 / 4 procentige Kochsalzlösung. 

Der Versuch wurde angestellt mit Schleimhaut vom Psalter, Wanst und der 
Darmwand vom Rinde. Die Becherflüssigkeit zeigte nach 30 Stunden noch keine 
Peptonreaction. 

Versuch VII. 

Mit denselben Mitteln wurde ein Filtrations versuch gemacht; nach 20 Stun¬ 
den Peptonreaction in der Becherflüssigkeit, in welche der mit Darmwand ver¬ 
schlossene Cylinder eintauchte, nach 30 Stunden in allen drei Bechern. 

Die nach 48stündiger Dauer des Versuchs vorgenommene Untersuchung 
ergab, dass bei Magen III im Cylinder noch 30 Grm., beim Darm noch 32 Grm., 
bei Magen I noch 30 Grm. Flüssigkeit vorhanden waren. 

Die N-Bestimmung ergab, dass diffundirt waren durch: 

Magen III 0,87 Grm. Eiweiss 
Magen I 0,525 „ „ 

Darm 0,760 „ „ 

Es waren ursprünglich in den Cylindern 1,513 Grm., nach dem Versuch 
in Cylinder: 

4* 


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52 


ELLENBERGER, 


Magen I 0,988 Grm., 
Magen HI 0,636 * 

Darm 0,753 * 


Versuch VIII. 

Mit der Darmschleimhaut vom Pferde wurde ein Diffusionsversuch mit der 
Peptonlösung gemacht. Schon nach 2 Stunden war schwache Reaction mit 
Phosphorwolframsäure nachweisbar, während die mit Kupfervitriol und Kali noch 
nicht eintrat , ). Nach 24 Stunden war diese stark, die Reaction mit Kupfer und 
Kali aber nur angedeutet. Nach 30 Stunden war auch diese Reaction besser 
wahrnehmbar. 

Nach 48 Stunden waren diffundirt: 

0,692 Grm. (oben vor dem Versuch 1,620 Grm., oben nach dem Ver¬ 
such 0,928 Grm. 

Diese Versuche ergeben also, dass durch die Darmschleim- 
haut in derselben Zeit nahezu ebenso viel Pepton diffun- 
dirte, wie durch die anderen Häute filtrirte, und dass durch 
die Darmschleimhaut schon nach 2 Stunden Pepton diffun- 
dirte, während bei den anderen Häuten nach 30 Stunden 
noch keine Spur durchgegangen war. Es ist also, wie alle 
Versuche ergeben, die Darmschleimhaut bei weitem am durchlässig¬ 
sten. Der Psalter ist nur sehr wenig durchlässiger als der Wanst. 
In Bezug auf die Durchlässigkeit der Psalterschleimhaut, namentlich 
in dem Verhältnis zur gesammten Darmwand, fällt auf, dass erstere 
zuerst schwächer durchlässt als jene; die Reactionen der zu diffun- 
direnden Salze wurden stets zuerst beim Darm nachgewiesen. Später 
aber kehrte sich das Verhältnis um, und der Psalter liess mehr durch 
als die aus verschiedenen Häuten bestehende dicke Darmwand. Es 
bietet also offenbar das Epithel des dritten Magens der Diffusion be¬ 
deutende Schwierigkeiten, und erst wenn dieses durchdrungen, wenn 
es erweicht ist, lässt die sehr dünne Schleimhaut gut durch. Es tritt 
dies namentlich im Versuch IV hervor. Während die frische Schleim¬ 
haut in 30 Stunden nur 0,08 Grm. Zucker durchliess, gingen durch 
die alte, 24 Stunden im warmen Wasser macerirte Schleimhaut 


1 ) Zur Erklärung dieser Thatsache diente uns folgender Versuch: Zu 20 
Grm. einer 3 / 4 procentigen Kochsalzlösung wurde tropfenweise eine bekannte 
Peptonlösung zugesetzt. Bei 10 Tropfen Zusatz trat deutlicher Niederschlag 
(ähnlich wie in Versuch VIII) von Phosphorwolframsäure auf, während auf Zusatz 
von Kalilauge und Kupfervitriollösung die bekannte Peptonreaction noch nicht 
eintrat; erst nach stärkerem Zusatz der Peptonlösung trat auoh diese auf. 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


53 


0,66 Gran. Zucker. Die Schleimhaut in Versuch VI war 5 Tage im 
Kalten aufbewahrt worden; sie war nicht so durchlässig, wie die 
24 Stunden in feuchter Wärme auf bewahrte, aber durchlässiger als 
die frische Psalterschleimhaut. 

Für unseren Zweck folgt aus vorstehenden Versuchen, dass die 
frische Psalterschleimhaut im Gegensatz zur Darmschleim¬ 
haut sehr schwer durchlässig ist, sodass nicht anzunehmen, 
dass sie gut resorbirt. 

Wie Fürstenberg angiebt und wie ich zugebe, findet man im 
Psalterepithel kleine Fettkörnchen. Daraus schliesst derselbe, dass 
Fett im Psalter resorbirt werde. Dieser Schluss erscheint mir nicht 
genügend basirt. Die Fetttröpfchen sind in der That, aber nur ver¬ 
einzelt, vorhanden. Fürstenberg hebt auch ausdrücklich hervor, 
dass das Haubenepithel bedeutend mehr Fettmolecüle enthalte, als 
das Psalterepithel. 

Ob das Fett von aussen in die Zellen eingedrungen ist, konnte 
ich nicht constatiren. Ich gab Schafen neben ihrem gewöhnlichen 
Futter Fett, Fettemulsionen und mit Alcannaroth stark tingirte Fett¬ 
emulsionen, konnte aber keine Zunahme der Fettmolecüle in den 
Zellen, noch auch gefärbte Fettröpfchen in denselben nachweisen. 

So dürfte im Grossen und Ganzen aus Vorstehendem hervor¬ 
gehen, dass im Psalter keine bedeutende Resorption, wie dies neuere 
Autoren glauben, vor sich geht 

Eine chemische Untersuchung des Psalterinhalts, um den Gehalt 
an gelösten Nährstoffen der vorderen mit den hinteren Massen zu 
vergleichen, erschien mir absolut werthlos. Es kann dies für unsere 
Frage nichts beweisen. Es würde daraus nur folgen, dass im Lab- 
magentheil weniger von den betreffenden Stoffen vorhanden, nicht 
aber, ob sie abgeflossen oder ob sie resorbirt sind. 

Es bleibt uns nun noch die Frage 1 zu beantworten. 

Hierzu ist zu bemerken, dass meine Untersuchungen in Ueber- 
einstimraung mit den Resultaten aller neueren Forschungen ergeben 
haben, dass die Schleimhaut der Blätter weder Drüsen noch Lymph- 
follikel enthält. Ebenso wenig zeigt das Psalterepithel den Charakter 
eines Secretionsepithels, noch zeigen die Gefässe den Verlauf, wie sie 
ihn in Secretionsorganen zu haben pflegen. Die anatomischen Eigen¬ 
schaften verneinen demnach die Frage 1. Zum Erweise der Richtig¬ 
keit dieser Antwort dienten mir einige Experimente, 


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54 


ELLENBERGER, 


Versuch I. 

Die Schleimhaut des dritten Magens eines frisch geschlachteten Thieres 
wurde abpräparirt, gut verkleinert und mit Glycerin übergossen. Das Ganze 
wurde öfters umgerührt und blieb 24 Stunden stehen. Dann wurde die Masse 
durch ein Seihtuch ausgepresst. 2 Grm. des ausgepressten Saftes wurden mit 
1 Grm. geronnenen Hühnereiweisses und 20 Ccm. einer 0,2procentigen Salz¬ 
säurelösung in den Verdauungsofen gestellt. 

Zur Controle geschah dasselbe auch mit der Labmagenschleimhaut dessel¬ 
ben Thieres und wurde auch in einem 3. Gefäss 1 Grm. festes Hühnereiweiss 
mit 20 Grm. Pepsinwein und 5 Grm. der 0,2procentigen Salzsäure in den Ofen 
eingesetzt. 

Nach ca. 20 Stunden hatte der Labsaft das Eiweiss vollständig gelöst, der 
Pepsinwein vollbrachte dasselbe erst nach einigen Tagen. Dagegen waren die 
der Einwirkung des Psaltersaftes ausgesetzten Eiweisswürfel noch nach 5 Tagen 
ganz und gar unverändert. 

Versuch II. 

Derselbe Versuch wurde mit den Glycerinextracten aus den genannten 
Schleimhäuten nach fünftägiger Einwirkung des Glycerins angestellt. 

Nach 24 Stunden war das der Einwirkung des Labsaftes ausgesetzte Eiweiss 
vollständig gelöst; die Flüssigkeit zeigte die schönste Peptonreaction. Durch den 
Psaltersaft war das Eiweiss nicht verändert, auch war keine Peptonreaction vor¬ 
handen. Nach 72 Stunden hatte der Pepsinwein das Eiweiss gelöst, im Psalter¬ 
saft -f- Eiweiss noch keine Peptonreaction. 

Versuch III. 

Es wurde der nach 24 ständiger Extraction gewonnene Glycerinauszug mit 
Stärkekleister in den Verdauungsofen eingestellt. Nach 36 Stunden war noch 
keine Zuckerreaction nachweisbar. 

Versuch IV. 

Der nach 5 tägiger Extraction dargestellte Psalterglycerinauszug wurde 
ebenso mit Stärkekleister angesetzt. 

Zur Controle gelangte in den Brütofen: 2) destilirtes Wasser mit Kleister, 
3) Labsaft mit Kleister, 4) Stückchen glatter Musculatur -f- Wasser -j- Stärke. 

Nach 36 Stunden war in keiner Flüssigkeit Zucker vorhanden. Nach 48 
Stunden trat allmälig in allen 4 Gefässen Zucker auf. 

Diese wenigen Experimente beweisen zur Genüge, dass 
die Psalterschleimhaut kein verdauendes Secret producirt. 

IV. Resum6. 

Die im Vorstehenden niedergelegten Thatsachen begründen, wie 
die an dieselben geknüpften Betrachtungen lehren, folgende Sätze: 

1. Der Psalter hat keine secernirende Function. 

2. Chemische Verdauungsprocesse finden in ihm nur insoweit 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


55 


statt, als dieselben durch den verschluckten, den Nahrungsmitteln 
beigemischten Speichel und die im Pansen eingeleiteten Gährungs- 
und Fäulnissprocesse statthaben müssen. 

3. Der Psalter ist ein Kaumagen, ein Zerkleinerungs-, 
Zermalmungsapparat. Er hat namentlich das zu verkleinern, was 
der Rumination entgangen ist Durch seine Thätigkeit kann die Ru- 
mination zum kleinen Theil ersetzt werden. Er verhindert den Ein¬ 
tritt grob zerkleinerter Massen in den Labmagen, er sorgt dafür, dass 
nur solche Massen in den Labmagen gelangen, welche die Schleim¬ 
haut nicht lädiren können und welche so verkleinert sind, dass sie 
dem verdauenden Labsaft, Magensaft, möglichst zugänglich sind. 

4. Für die Ausübung der vorgenannten Function ist der Psalter 
mit automatischen Centren ausgestattet. 

5. Die Psalterschleimhaut ist anatomisch sehr ungün¬ 
stig für die Function der Resorption eingerichtet, schwer 
imbibirbar und schwer permeabel für flüssige Nähr¬ 
stoffe. Demnach ist nicht anzunehmen, dass die Exsicca- 
tion des Psalterinhalts durch Resorption des Flüssigen zu 
Stande kommt. 

6. Der Psalterinhalt, der Inhalt der Psalterkammern ist trockener, 
enthält weniger Flüssigkeit als der Inhalt der anderen Mägen. Diese 
Thatsache findet darin ihre Erklärung, dass einmal ein grosser Theil 
der Flüssigkeiten direct die Psalterrinne entlang nach dem Labmagen 
abfliesst, ohne in die Psalterkammern einzutreten, dass also weniger 
Flüssigkeit in die Kammern kommt, und sodann darin, dass die 
Futtermassen in den Kammern sowohl durch freiwilliges 
als durch Pressen veranlasstes Abfliessen der Flüssigkeit 
trockener werden. Das freiwillige Abfliessen des Wassers nach unten 
muss ebenso sicher stattfinden, wie aus einem Brei, den man in einem 
Seihtuch aufhängt, das Wasser abfliesst. Drückt man das Tuch me¬ 
chanisch zusammen, so wird der Wasserabfluss bedeutend gesteigert. 
Gerade so ist es im Psalter. Der Wasserverlust seines Inhalts 
ist wesentlich die Folge des Auspressens der in seinen 
Kammern gelegenen Futterküchen durch die Contractionen 
der Psalterwand, speciell ihrer Ringfaserschicht und durch Druck 
von aussen. Der Wasserverlust, der durch Resorption stattfindet, ist 
nur ein unbedeutender. Bei sehr langem, krankhaftem Verweilen 
der Nahrungsmittel daselbst würde allerdings auch dieser Verlust mit 
in Anrechnung zu bringen sein. 


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56 


ELLENBERGER, 


Zweck der im Psalter stattfindenden Exsiccation ist einmal der, 
die trockneren Futtermassen verreibbarer durch die der Schmiede¬ 
raspel ähnlich wirkenden Labmagentheile der Blätter zu machen; so¬ 
dann aber wesentlich wohl, die Einwirkung des Magensaftes des Lab¬ 
magens im möglichst concentrirten Zustande zu veranlassen. Die ab¬ 
geflossenen Flüssigkeiten werden vom Labmagen rasch resorbirt oder 
nach dem Darm geschafft, sodass durch sie eine Verdünung des Ma¬ 
gensaftes nicht mehr stattfinden kann und die anlangenden trockenen 
Futtermassen demnach mit möglichst wenig verdünntem Magensaft 
durchtränkt werden. 

Wenn behauptet wird, die Austrocknung habe den Zweck, eine 
Rückstauung des Labmageninhalts in die ersten Mägen beim Wieder¬ 
kauen zu verhindern, so ist das wohl nicht sehr ernst zu nehmen. 
Der Rücktritt durch den unteren Canal wäre auch trotz der Austrock¬ 
nung möglich. Hier hindert ihn der Sphincter und das Velum, an 
der Haubenpsalteröffnung die zusammengedrehte Schlundrinne (Le¬ 
rn oigne) u. s. w. Ein Eintritt bedeutenderer Massen von Chymus 
in die Kammerräume vom Labmagen aus ist schon bei der geringsten 
Contraction des Psalters unmöglich. Dazu bedarf es nicht der trock¬ 
nen Futtermassen. Ausserdem ist es höchst unwahrscheinlich, dass 
die Natur einen so umständlichen Weg einschlagen würde, einen so 
complicirten Magen (als Resorptionsorgan) einzuschieben, um die Rück¬ 
stauung des Inhalts zu verhindern, wo die einfachste Klappenvorrich¬ 
tung dasselbe zu leisten vermag. 

Ehe ich den Gegenstand verlasse, dürfte noch die Frage zu er¬ 
ledigen sein: woher es kommt, dass bei Krankheiten, die mit pare- 
tischen und paralytischen Zuständen der ersten Mägen verbunden sind, 
der Psalterinhalt so sehr trocken wird? 

Die Gründe für diese Thatsache liegen sehr nahe. Gerade so 
gut wie ein stark angefeuchteter Brei, der in einem Gefäss aufgehängt 
wird, dessen Boden porös, durchlässig ist, allmälig austrocknet, so 
geschieht dies auch im Psalter, woselbst die Futterküchen bei den 
gedachten Krankheitszuständen sehr lange verweilen. Durch den sehr 
langen Aufenthalt des Futters im Psalter wird auch die an und für 
sich unbedeutende Resorption ein Factor, der für die Erklärung der 
Austrocknung Bedeutung gewinnt. Wenn in einer gewissen Zeitein¬ 
heit auch sehr wenig resorbirt wird, so summirt sich das nicht unbe¬ 
deutend, wenn das Futter lange verweilt. 

Dazu kommt aber vor Allem, dass die unter normalen Ver- 


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Anatomie u. Physiologie des dritten Magens der Wiederkäuer. 


57 


hältnissen stattfindende Durchfeuchtung des Kamraorin- 
halts und der Nachschub wasserreicher Futtermassen un¬ 
terbleibt. 

Beim Wiederkauen fliesst jedesmal, sobald der Bissen unter dem 
Gaumensegel durch in die Maulhöhle tritt, ein Flüssigkeitsschluck (die 
durch Druck aus dem Bissen ausgepresste Flüssigkeit) nach den 
Mägen zurück (Fürstenberg). Diese Flüssigkeit geht offenbar zum 
grössten Theil die Schlund- und Psalterrinne entlang, direct in den 
Labmagen, ein kleiner Theil tritt aber vermöge der Attraction der 
Flüssigkeitstheilchen in die Kammern des Psalters ein. Da bei den 
gedachten Krankheiten das Wiederkauen sistirt, so findet auch diese 
Durchfeuchtung des Psalterinhalts nicht mehr statt. 

Das Wesentlichste aber bleibt, dass keine Futtermassen mehr 
nachgeschoben werden. Die neu ankommenden Futterbissen sind reich 
an Flüssigkeit; sie sind es, die die Austrocknung im Psalter verhin¬ 
dern. Mag man nun annehmen, dass die durchfeuchteten Massen, 
welche in die Psalterkammern eintreten, direct aus der Maulhöhle 
die Schlundrinne entlang kommen, oder mag man annehmen, dass 
jedesmal beim Hinauf befördern eines Bissens aus dem Pansen gleich¬ 
zeitig aus der Haube ein Bissen in die Schlundrinne gehoben wird 
zur Beförderung in den Psalter, oder mag man annehmen, dass dieses 
letztere nach vollbrachtem Wiederkauen in der Zwischenzeit zwischen 
diesem und der neuen Fütterung geschieht, in jedem Falle unterbleibt 
dieser Nachschub in den Psalter bei den gedachten Krankheiten, weil 
Pansen und Haube unthätig sind. Ehe die Haube vollständig unthätig 
ist, contrahirt sie sich nur noch unvollständig und heht also Flüssig¬ 
keiten und feste Stoffe nur bis auf die Brücke, die sie gleich zum Lab¬ 
magen befördert. Also schon vor Eintritt der vollständigen Unthätig- 
keit unterbleibt der Eintritt feuchter Massen in die Psalterkammern. 

Die angeführten Gründe erklären die Thatsache der Austrocknung 
des Psalterinhalts bei den gedachten Krankheiten zur Genüge. 


Erklärung der Hgiren (Taf. I). 

Figur 1. Schematische Darstellung des Verhaltens der Blätter und der in 
den Kammern gelegenen Futterküchen. Die Randwülste, Leisten und Warzen sind 
absichtlich sehr scharf markirt. Die PsalterrinDe ist unten angedeutet. Die Schat- 
tirung links deutet die Fällung einer Primärkammer mit Futtermassen an. 


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58 


ELLENBERGER, Anatomie u. Physiologie etc. 


Figur 2. Querschnitt durch die Psalterwand und den Anfang eines Blattes. 

a) Hornschicht, 

b) weiche Zellschicht auf der Propria mucosae, 

c) Muscularis mucosae, 

d) Submucosa, 

e) Kreisfaserschicht der Muscularis, 

f) Längsfaserschicht derselben, 

g) Serosa, 

h) Seitenmusculatur des Blattes, 

i) Centralmusculatur desselben. 

Figur 3. Ende eines Blattes. Querschnitt. 

a) die Centralmusculatur, welche am Muskelwulst endet, 

b) der durch Anhäufung der Seitenmusculatur entstandene Muskel¬ 
wulst (Randwulst). 

Figur 4. Längsschnitt durch ein Blatt, dessen Epithel durch Verdauung 
entfernt ist. Tinction mit Hämotoxylin. 

a) Centralmusculatur, 

b) Seitenmusculatur, 

c) makroskopische Papille, welche mit einer Anzahl 

d) mikroskopischer Papillen ausgestattet ist, 

e) Muskelzug, 

f) Blutgefässe. 

Man sieht fixe und mobile Bindegewebszellen im elastischen Netz. Der grösste 
Theil des Bindegewebes ist durchsichtig geworden durch die Säurewirkung etc. 
Figur 5. Längsschnitt eines Blattes mit Blut- und Lymphgefässen. 

a) Blutgefässe, gefüllt mit Berlinerblau. In jeder makroskopischen 
Papille befindet sich ein Capillarnetz, welches vom Seitengefäss, das 
durch Vereinigung von Aesten des Centralgefässes gebildet wird, 
entsteht. 

b) Lymphgefässe, durch Einstichinjection dargestellt. 

Figur 6. Ein Theil des Nervennetzes aus den Blättern mit einer Faser 
mit spindelförmiger Anschwellung. 


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III. 


Zar Dostrung des StrychniimitratB bei suboutaner und 
interner Anwendung. 


Von 

Professor Feser in München. 


(Fortsetzung.) 


f. Versiehe mit ludeu. 

Für diese Thierart habe ich die meisten Versuche (53) aufzu¬ 
weisen und die Versuche ihrem Zwecke gemäss am sorgfältigsten 
systematisch aneinander gereiht. Auf die einmalige SubcutananWendung 
treffen 30, auf die einmalige interne Gebrauchsweise 17, auf die 
Prüfung der Cumulativwirkung 6 Versuche bei Hunden. 

Um das Versuchsmaterial gehörig auszunutzen, kamen mehrere 
Hunde öfter an die Reihe, und es wurde hier nur allmälig zur Ein¬ 
verleibung grösserer Dosen geschritten, wobei aber zur Ausschliessung 
jeder cumulativen Wirkung die nöthige Zwischenzeit in der Aufeinander¬ 
folge der Versuche gelassen wurde. 

Die Hunde wurden stets in reiner Fleischkost gehalten und diese 
so eingerichtet, dass das Körpergewicht innerhalb der Versuchszeit 
sich nicht oder nur unwesentlich änderte. 

a) Subcutanversuche mit Strychninnitrat bei Hunden. 

I. 0,1 Mgrm. pro Kilo Hund subcutan. 

1) Ein sehr kräftiger Jagdhund (Bragge), 6 Jahr alt, 13 Kilo 
schwer, erhielt 1,3 Mgrm. Strychninnitrat in 2,6 Cctm. Wasser in die 
Subcutis auf einmal injicirt. 

Ausser deutlicher Steifigkeit der Oberschenkelmuskeln und dadurch be¬ 
dingtem weitem Gang mit dem Hintertheil konnte nichts bemerkt werden. Diese 
Wirkung währte nur l / 2 Stunde, 


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60 


FESER, 


2) Ein 7,7 Kilo schwerer, sehr alter, entkräfteter Rattenfänger 
erhielt subcutan 0,77 Mgrm. St. n. in V/ 2 Cctm. Wasser. 

Erst nach 40 Minuten deutlich höhere Erregbarkeit von etwa 5 Minuten 
Dauer. Zu Krämpfen kam es nicht. 

3) Sechsjähriger Hofhund, 36 Kilo schwer. Vor zwei Tagen zu 
Vers. 6 benutzt. Erhielt 3,6 Mgrm. St. n. in 0,7 Cctm. Wasser sub¬ 
cutan. 

Nach 20 Minuten leichte Zuckungen im Hintertheil beim Anrühren, er¬ 
schwertes Aufstehen, sehr beschleunigte Respiration. Gang blieb frei. Dauer 
der erwähnten leichten Wirkung 17 Minuten. 

II. 0,2 Mgrm. pro Kilo Hund subcutan. 

4) Derselbe Hund, welcher zu Vers. 1 mit 0,1 Mgrm. pro Kilo 
subcutan diente, erhielt Tags darauf 2,6 Mgrm. St. n. in 1 Cctm. 
Wasser subcutan, somit 0,2 Mgrm. pro Kilo Körpergewicht. 

9 Minuten darnach begannen die Krämpfe im Hintertheil, kenntlich durch 
steifen Gang. 

Nach 13 Minuten zeigten sich schon leichte, tetanische Anfälle auf Ge¬ 
räusche am stehenden Thier, die sich nach 23 Min. zum heftigen Starrkrampf 
unter Hinstürzen des Thieres steigerten. Nach 38 Min. konnte das Thier wieder 
aufstehen und sich stehend erhalten, die Krämpfe blieben nun leichter und sel¬ 
tener und Hessen sich noch bis 3 Stunden nach der Einverleibung des Giftes 
beobachten. 

5) Derselbe Hund, welcher in Vers. 2 benutzt wurde, erhielt 
2 Tage später 1,54 Mgrm. St. n. in 0,6 Cctm. Wasser subcutan. 

Dies hatte ganz bedeutende Wirkungen zur Folge. Sie begannen erst nach 
30 Min. mit einem Brechakt, dem sofort ein colossaler Starrkrampfanfall mit 
Niederstürzen des Thieres folgte. Der Tetanus währte nur 1 Minute und konnte 
sich das Thier bald wieder erheben; das Niedersetzen war erschwert und durch 
Geräusche entstanden kurze tonische Krämpfe. Nach 50 Min. trat ein zweiter, 
sehr heftiger, langandauernder, allgemeiner Tetanus auf, dem ein so bedeutender 
Lähmungszustand folgte, dass ich das Thier todt glaubte. Die Respiration sistirte, 
der Herzschlag wurde schwach und seltener, am Auge keine Reflexerregbarkeit 
mehr; durch Drücken auf die Brustwandungen kam die Respiration allmälig 
wieder in Gang, und das Thier konnte sich nach und nach wieder vorne erheben. 
Nun folgte ein Stadium grosser Schwäche mit gesteigerter Reflexerregbarkeit von 
sehr langer Dauer. Noch nach 7 1 / 2 Stunden seit der Strychnininjection zeigten 
sich auf Geräusche kurze tonische Krampfanfälle, die das Erheben mit dem 
Hintertheil sehr erschwerten, und das Thier verfiel schliesslich in einen comatösen 
Zustand, der mit dem Tode endete — 15 Stunden nach Application des Giftes. 
Das Cadaver wog 6,75 Kilo, nach Entfernung des Magen und Darmkanals — 
die völlig leer und contrahirt waren — noch 6,12 Kilo. 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


61 


6) Sechsjähriger Hofhund, 36 Kilo schwer. Erhielt subcutan 
7,2 Strychninsalz in 1,44 Cctm. Wasser um 10 Uhr 3 Min. 

10 Uhr 19 Min. beginnen die Krämpfe. 

10 - 21 - Auf Geräusche starkes Zusammenkrämpfen. Niedersetzen 

sehr erschwert. 

Allgemeiner heftiger Tetanus. Zusammenstürzen. 
Ruhepause. Wiederaufrichten im Vordertheil. Beschleu¬ 
nigte Respiration. 

Kann aufstehen. Noch steif im Hintertheil. 

Noch höhere Reflexerregbarkeit mit Krämpfen. 

Auf Geräusch heftigen Starrkrampfanfall und Zusammen¬ 
stürzen yoq kurzer Dauer. Kann sich sofort wieder 
erheben. 

Seither noch geringe, kurzdauernde Reflexkrämpfe. 
Krämpfe fehlen. Zittern im Hintertheil. 

Jede Wirkung vorüber. 


10 

10 

10 

10 

11 


12 

12 

1 


25 

26 

34 

45 


- 30 


DI. 0,3 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo Hund subcutan. 

7) Eine 25 Kilo schwere männliche Dogge, 1 Jahr alt, mit halb 
gelähmtem Hintertheil, erhielt 7 Mgrm. St. n. in 0,7 Cctm. Wasser 
subcutan. 

Nach 6 Minuten schon leichte Krämpfe. 

- 7 - Heftige tetanische Anfälle. 

- 12 - Todt. 

8) Eine 29 Kilo schwere, gut genährte, kräftige halbjährige Dogge, 
männlich, erhielt subcutan 8,7 Mgrm. in 1,74 Cctm. Wasser. 

Beginn der Wirkung nach 27 Minuten. 

Erster Starrkrampfanfall mit Niederstürzen nach 33 Minuten. 

Dauer der Wirkung im Ganzen: 5 Stunden. 

Volle 3 Stunden lag das Thier am Boden mit colossal erhöhter Reflexerreg¬ 
barkeit, in Folge welcher ständige Krampfanfälle mit kurzen Ruhepausen ab¬ 
wechselten. Ausgang in Genesung. 

9) Derselbe Hund, 13 Kilo schwer, welcher in Vers. 1 subcutan 
0,1 Mgrm. pro Kilo, in Vers. 3 0,2 Mgrm. pro Kilo und in Vers. 35 
0,3 Mgrm. pro Kilo innerlich ertragen hatte, erhielt nun einen Tag 
nach dem letzten Versuch subcutan 3,9 Mgrm. pro Kilo Körpergewicht. 

Die Wirküng begann 2 Minuten darauf mit Zittern am ganzen Körper und 
vermehrter Athmung, nach weiteren 10 Minuten begannen die stärksten tetani- 
schen Krämpfe, die fast ununterbrochen bis zu dem 18 Minuten nach der Gift- 
injeetjon eintretenden Tode andauerten. 

10) Hund, 7 Kilo schwer. Erhielt subcutan 2,1 Mgrm. St. n. 
in 1 Cctm. Wasser. 


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62 


FESER, 


Es kam nach 15 Minuten zu starken Krämpfen, Das Thier blieb aber am 
Leben. Durch 4 Mgrm. Strychnin nitrat subcutan d. i. 0,57 Mgrm. pro Kilo starb 
das Thier Tags darauf nach 2 Stunden 4 8 Minuten, (s. Vers. 22.) 

IV. 0,4 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo Hund subcutan. 

11) Ein 5 1 /* Kilo schwerer, sehr alter Rattenfänger erhielt 2,2 
Mgrm. St. n. in 0,4 Cctm. Wasser auf einmal subcutan. 

Nach 15 Minuten etwas aufgeregt. Gang gut. 

50 - kratteliger Gang. Trippeln. 

55 - Beginn leichter Krämpfe. Maulathmen. 

1 Stunde heftiger Starrkrampfanfall und Zusammenfallen. 

1 Stunde 10 Min. Richtet sich wieder auf. Beim Berühren starke 

Krampfanfälle. 

2 Stunden. Ruhig und ohne Krämpfe am Boden liegend, beim An¬ 

klopfen neuer, heftiger Starrkrampf, bald vorübergehend. 

3 Stunden. Spontane Krämpfe fehlen, auf Geräusche noch leichte 

Krämpfe. 

4 Stunden. Jede sichtliche Wirkung vorüber. 

12) Hund, 8,2 Kilo schwer, der schon die Vers. 38 und 45 über¬ 
standen hatte, erhielt 3 Tage nach dem letzten Versuche 3y 2 Mgrm. 
St. n. in 0,7 Cctm. Wasser subcutan um 10 Uhr 10 Min. 

10 Uhr 11 Min. Unruhig. Schon höher erregt. 

10 - 20 - Allgemeiner Starrkrampf. Hinfallen. 

10 - 24 - Gelähmt, wie todt daliegend, an den Augen keine Re¬ 

flexerregbarkeit. 

10 - 27 - Erholt sich wieder. Angestrengtes kurzes Athmen. 

10 - 35 - Zeitweise Krämpfe. 

2 - Nachm, do., kann nicht aufstehen. 

Andern Tags jede Wirkung vorüber. 

13) Alter Hund, 7,3 Kilo schwer, erhielt 3 Mgrm. St. n. in 
V 2 procent. Lösung um 3 Uhr 10 V 2 Min. subcutan. 

3 Uhr 22 Min. Beginn leichter Reflexkrämpfe beim Anrühren. 

3 - 25 - Dieselben werden stärker. 

3 - 33 - Heftiger allgemeiner Starrkrampf und Zusammenstürzen. 

3 - 35 - Starrkrampf lässt nach. Das Thier kann aufstehen. 

3-47 - Todt d. i. 36* 2 Min. nach der Verabreichung. 

14) Ein gut genährter, 12 Jahre alter, männlicher Pudel, 33 Kilo 
schwer, erhielt 13,2 Mgrm. Strychninsalz in 1,32 Cctm. Wasser sub¬ 
cutan um 10 Uhr 48 Min. Vorm. 

11 Uhr 9 Min. Beginn der Wirkung. 

11 - 25 - Heftige Krämpfe auf Geräusche. 

11 - 30 - Allgemeiner heftiger Tetanus und ZusammenstürÄn. 

11 - 40 - Heftiges Maulathmen seither. Erhebt sich vorne. Auf 

Geräusche starke Krämpfe. 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


63 


11 Uhr 50 Min. Aufgestanden, kann wieder gehen. 

11 - 55 - Heftiger langandauernder allgemeiner Starrkrampf. 

12 - 15 - Beginn allgemeiner Lähmung. 

12 - 18 - Todt d. i. 1V 2 Stunden nach Verabreichung des Giftes. 

Vom Cadaver konnte durch Ausschmelzen des reichlich vorhandenen Fett¬ 
gewebes 3 Kgrm. Schmalz gewonnen werden. 

15) Ein 8 Jahre alter, männlicher Rattenfänger, 12,6 Kilo schwer, 
erhielt 6 Mgrm. St. n. in 0,6 Cctm. Wasser subcutan d. i. 0,48 Mgrm. 
pro Kilo. 

Nach 20 Minuten starker allgemeiner Starrkrampf; nach 40 Minuten jede 
Wirkung vorüber. 

V. 0,5 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo Hund subcutan. 

16) Ein 6 Kilo schwerer, männlicher Wachtelhund erhielt sub¬ 
cutan 3 Mgrm. St. n. in V 2 procent. Lösung um 2 Uhr 1 Min. 

2 Uhr 26 Min. Eintritt der Krämpfe. 

2 - 30 - Starke spontane Krämpfe und angestrengte Respiration. 

Chloroform - Inhalationen machen die Krämpfe ver¬ 
schwinden. 

3 - 35 - Heftiger allgemeiner Starrkrampf und Niederfallen des 

Thieres. Beginn neuer Chloroformirung. 

3 - 39 - Krämpfe fehlen. 

4 - — - Liegt aufmerksam und ruhig am Boden. Tiefe Respiration. 

4 - 5 - Beginn neuer Krämpfe. 

4 - 25 - Heftige tetanische Anfälle. Neue Chloroformirung. 

4 - 50 - Nur leichte Convulsionen. 

5 - 50 - Munter. Appetit gut. Krämpfe fehlen. Etwas steifer 

Gang noch. 

6 - 15 - do. 

Tags darauf Allgemeinbefinden normal. 

17) Ein 2 Jahre alter, 6,4 Kilo schwerer Rattenfänger erhielt 
3,20 Mgrm. St. n. in V 2 procent. Lösung subcutan. 

Nach 24 Min. Beginn der Krämpfe. 

- 50 - Todt. 

18) Ein einjähriger, weiblicher Metzgerhund, 35 Kilo schwer, er¬ 
hielt 17,5 Mgrm. St. n. in 1,75 Cctm. Wasser subcutan. 

Nach 9 Min. Beginn der Krämpfe, nach 16 Min. todt. 

19) Ein alter, sehr fetter Hühnerhund, 40 Kilo schwer, erhielt 
20 Mgrm. St. n. in 1 procent. Lösung subcutan. 

Nach 12 Min. Schon steif im Hintertheil. 

- 17 - Spontane leichte Krämpfe. 

- 18 - Allgemeiner langandauernder Tetanus. 

- 27 - Todt. 


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64 


FESER. 


20) Ein 13jähriger männlicher Pinscher, 10 Kilo schwer, erhielt 
5 Mgrm. St. n. in V 2 procent. Lösung subcutan. 

Allgemeiner Starrkrampf erst nach 20 Minuten. 

Tod tritt ein nach 38 Minuten. 

21) Hund, 8,2 Kilo schwer, schon zu den Vers. 38, 45 und 12 
benutzt, erhielt 4 Mgrm. St. n. in 0,8 Cctm. Wasser subcutan. 

Nach 7 Min. Beginn der Wirkung. 

- 9 - Allgemeine Lähmung. 

- 10 - Todt. 


VI. Mehr als 0,5 Mgrm. Strychninnitrat bei Hunden subcutan. 

22) Ein 7,004 Kilo schwerer Hund, der in Vers. 10 2,1 Mgrm. 
Strychninsalz subcutan vertragen hatte, bekam Tags darauf 4 Mgrm. 
auf gleiche Weise applicirt, d. i. 0,57 Mgrm. pro Kilo. 

Nach 3 Min. Beginn der Krämpfe. 

- 8 - Bewusstlos, gelähmt, selten respirirend. 

Tod tritt erst nach 2 Stunden 48 Min. ein. 

23) Ein 9 Kilo schwerer, alter, weiblicher Rattenfänger wurde 
durch 5,4 Mgrm. St. n. bei subcut. Anwendung nach 25 Minuten 
getödtet. 

24) Ein 2jähriger, männlicher Pinscher, mager, 3,3 Kilo schwer, 
verendete durch eine Subeutandose von 2 Mgrm. St. n. d. i. 0,6 Mgrm. 
pro Kilo nach 24 Minuten. 

25) Ein 8 Jahr alter, männlicher Rattenfänger, 12,6 Kilo schwer, 
welcher schon 0,48 Strychninsalz subcutan pro Kilo, nämlich 6 Mgrm. 
in Versuch 15 ertragen hatte, erhielt nun 10 Mgrm. des Salzes in 

1 Ccm. Wasser subcutan d. i. 0,8 Mgrm. pro Kilo. Dadurch trat der 
Tod nach 10 Minuten ein. 

26) Ein 9jähriger Neufundländer, 38,5 Kilo schwer, erhielt 30 
Mgrm. St. n. subcutan d. i. 0,8 Mgrm, pro Kilo. 

Nach 6 Min. Beginn der Krämpfe, nach 15 Min. todt. 

27) Ein 14,14 Kilo schwerer Hund erhielt subcutan 2 Centi- 
gramm St. n. d. i. 1,4 Mgrm. pro Kilo. 

Beginn der Krämpfe nach 8, Eintritt des Todes nach 15 Min. 

28) Ein VJähriger, 5 Kilo schwerer, suchtkranker Rattenfänger 
mit partieller Lähmung des Hintertheils erhielt 10 Mgrm. St. n. in 

2 procent. Lösung d. i. 2 Mgrm. pro Kilo subcutan. 

Krampf nach 2 und Tod nach 5 Min. 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


«5 


29) Ein alter, 5 Kilo schwerer Hund erhielt 2 Cgrm. Strychnin¬ 
salz in 1 Cctm. Wasser subcutan d. i. 4 Mgrm. pro Kilo. 

Nach 3 Min. Niederstürzen and allgemeiner Starrkrampf. Nach 16 Minu¬ 
ten todt. 

30) Eine zweijährige, englische Dogge, 20 Kilo schwer, erhielt 
100 Mgrm. St. n. in lproccnt. Lösung d. i. 5 Mgrm. pro Kilo sub¬ 
cutan. 

Nach 2 Min. Beginn der Krämpfe, nach 4 Min. starker Tetanus, nach 6 
Min. todt. 

b) Innerliche Anwendung des Strychninnitrats 
bei Hunden. 

Vn. Innerlich 0,1 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo bei Hunden. 

31) Ein 36 Kilo schwerer, kräftiger Hofhund erhielt 3,6 Mgrm. 
St. n. in 7,2 Cctm. Wasser auf einmal innerlich. Blieb ohne sicht¬ 
liche Wirkung. 

32) Einem 29 Kilo schweren Hunde (*' 4 jährige kräftige Dogge) 
wurden 2,9 Mgrm. St. n. in 0,6 Cctm. Wasser auf einmal innerlich 
verabreicht. Blieb ohne sichtliche Wirkung. 

VHI. Innerlich 0,2 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo bei Hunden. 

33) Ein 36 Kilo schwerer, männlicher, sechsjähriger Hofhund, 
der schon den Versuchen 3, 6 und 31 gedient hatte, erhielt 7,2 Mgrm. 
St. n. in 1,5 Cctm. Wasser auf einmal innerlich. Blieb ohne sicht¬ 
liche Wirkung. 

34) Ein 29 Kilo schwerer, ‘/Jähriger Hund, schon zu den Ver¬ 
suchen 8 und 32 benutzt, erhielt im nüchternen Zustande innerlich 
5,8 Mgrm. St. n. in 1,2 Cctm. Wasser auf einmal. 

Ausser geringgradiger Erregung im Benehmen des Thieres und leichtem 
steifen Gang im Hintertheil von kurzer Dauer — etwa eine Stunde nach Dar¬ 
reichung des Giftes eintretend — konnte nichts bemerkt werden. 

IX. Innerlich 0,3 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo bei Hunden. 

35) Ein 13 Kilo schwerer Hühnerhund erhielt um 9 Uhr 15 Min. 
Vorm. 3.9 Mgrm. St. n. in 2 Cctm. Wasser auf einmal per os. 

Um 9 Uhr 50 Min. bemerkte ich leichte Steifigkeit im Hintertheil und etwas 
erschwertes Niedersetzen, sonst nichts Auffallendes. 

10 Uhr 5 Min. Beim Aufstehen und Berühren heftiger Starrkrampfanfall 
(und Niederstürzen) von kurzer Dauer, wiederholt sich auf Geräusch mehrere 

Archiv L wiiMDSeh. o. pnkt. Thiuh*Uk. VH. 1 n.S. 5 


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66 


FESER, 


Male; die Anfälle dauern mit allmälig abnehmender Heftigkeit bis 12 Uhr Mit¬ 
tags, d. i. über 3 Stunden. 

36) Ein 36 Kilo schwerer, 6jähriger Hofhund, noch nüchtern, 
schon zu den Versuchen 3, 6, 31 und 33 benutzt, erhielt 10,8 Mgrm. 
St. n. auf einmal innerlich in wenig Wasser gelöst. Blieb ohne sicht¬ 
liche Wirkung. 

X. Innerlich 0,4 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo bei Hunden. 

37) Ein 37 Kilo schwerer, 6jähriger, kräftiger Hofhund, der 
schon zu den Vers. 3, 6, 31, 33 und 36 gedient hatte, erhielt 14,8 
Mgrm. St. n. in 10 Cctm. Wasser innerlich auf einmal im nüchternen 
Zustande. 

Nachdem sich 1 Stunde und 26 Min. lang nicht die mindesten Erscheinungen 
einer Strychninvergiftung gezeigt hatten, trat nach dieser Zeit plötzlich ein heftiger 
allgemeiner Tetanus auf, bei welchem das Thier zu Boden stürzte. Wenige Mi¬ 
nuten später konnte sich das Thier wieder erheben und schien die Wirkung bald 
vorüber, als sich ein neuer, noch heftigerer Starrkrampfanfall von kurzer Dauer 
wiederholte und solche Paroxismen sich mit ziemlich ruhigen Zwischenpausen 
innerhalb der nächsten 1 % Stunden noch häufig folgten. Erst 3 Stunden nach 
Beibringung des Giftes Hessen die tetanischen Anfälle nach, wurden leichter und 
seltener und nach einer weiteren Stunde konnte die sichtliche Strychninwirkung 
als beendet angesehen werden. 

38) Alter Hund mit Acarusräude behaftet, 8,2 Kilo schwer, er¬ 
hielt 3,5 Mgrm. St. n. in 5 Cctm. Wasser innerlich. Es konnten 
danach keine sichtlichen Strychninwirkungen beobachtet werden. 

39) Ein 30 Kilo schwerer Hund erhielt nüchtern innerlich in 
einer Fleischpille 12,0 Mgrm. festes, krystall. St. n. auf einmal. Der 
Hund diente schon zu den Versuchen 8, 32 und 34. 

9 Uhr 1 Min. Darreichung des Strychnins. 

9 - 24 - Beginn der Krämpfe. 

9-27 - Heftiger allgemeiner Tetanus. Niederstürzen. 

9-35 - Unausgesetzt seither Starrkrampfanfälle bei erfolglosen 

Aufstehversuchen. Sehr beschleunigte und erschwerte 
Respiration. Hohe Reflexerregbarkeit. 

10- 30 - Liegt. Unvermögend aufzustehen. Sehr schreckhaft. 

Auf jedes Geräusoh starke Krampfanfälle. 

11 - 15 - do. 

11 - 18 - Erhebt sich. Noch sehr schreckhaft, auf Geräusche leichte 

Krämpfe. Geht noch schwer und steif. 

11- 45 - Seither ruhig und ohne spontane Krämpfe. Beim Be¬ 

rühren und auf Geräusche jedoch noch sehr leichte 
kurze Krämpfe. 

12 - — - Jede Wirkung vorüber. Appetit sehr gut. 


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Dosirung des Stryohninnitrats. 


67 


XL Innerlich 0,5 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo bei Hunden. 

40) Eine 42,9 Kilo schwere, männliche, kurzhaarige Dogge, circa 
12 Jahre alt, von sehr gutem Ernährungszustand, erhielt 21,45 Mgrm. 
festes, krystallisirtes Strychninnitrat auf einmal in einer kleinen 
Fleischpille in den nüchternen Magen um 8 Uhr 29 Min. Vorm. 

Bis 9 Uhr konnte keine Strychnin Wirkung beobachtet werden. 

9 Uhr 10 Min. Weiter, steifer Gang mit dem Hintertheil. Erschwertes 
Auf- und Niedersitzen. Zusammenschrecken auf Ge¬ 
räusche. 

9-12 - Leichter Starrkrampfanfall. Vermag nur mit Mühe auf¬ 

zustehen. 

9-16 - Starker Starrkrampfanfall, durch Aufstehversuche lange 

andauernd. 

9-19 - Unfreiwilliger Harnabgang. 

9 - 20 - Sehr beschleunigtes, starkes Maulathmen. Ruhig am 

Boden. 

9-28 - Seither beständiges Maulathmen. Kann den Kopf wieder 

erheben. Krampfe fehlen. 

9 - 29 - Convulsivisches Zucken der Halsmuskeln. 

9-33 - Neuer Starrkrampfanfall von kurzer Dauer mit darauf 

folgendem heftigen Maulathmen. Unausgesetztes Zit¬ 
tern der Halsmuskeln. 

9 - 36 - Wiederholte starke tetanische Anfalle. 

9 - 55 - do. 

10 - — - Sehr heftiger, lange andauernder allgemeiner Tetanus. 

10 - 3 - Beginn der allgemeinen Lähmung. Seltene, oberfläch- • 

liehe Athmung. 

10 - 4 - todt, d. i. eine Stunde und 35 Min. nach Darreichung 

des Giftes. • 

41) Ein dreijähriger Neufundländer, weiblich, dünnhaarig, 31,5 
Kilo schwer, erhielt in den nüchternen Magen früh 8 Uhr 20 Min. 
15,75 Mgrm. St. n. in 5 Cctm. Wasser gelöst. 

8 Uhr 30 Min. Athmung vermehrt. Maulathmen. Noch ohne Krämpfe. 

8 - 50 - Steifer Gang mit dem Hintertheil. Erschwertes Auf- und 

Niedersitzen. 

9 - 6 - Krampfe beim Aufstehen. Auf Geräusche starkes krampf¬ 

haftes Zusammenschrecken. Sehr beschleunigte Re¬ 
spiration. 

9-15 - Weiter, krattliger Gang. Auf Antasten starke tonische 

Krampfe. 

9 - 20 - Heftiger, lange andauernder, allgemeiner Tetanus mit 

nachfolgenden, starken tonischen Krämpfen. 

5* 


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68 


FESER, 


9 Uhr 23 Min. bis 30 Min. Fehlen Krämpfe. 

9-35 - Bei Aufstehversuchen starke tetanische Anfalle. 

9-37 - Steht auf. Maulathmen. Sehr weite Stellung mit dem 

Hintertheil. 

10 - — - Leichter tetanischer Anfall. 

10 - 10 - do. Unausgesetztes Maulathmen. 

10-40 - Auf Antasten sehr heftiger allgemeiner Tetanus von lan¬ 

ger Dauer mit nachfolgenden starken klonischen 
Krämpfen. 

11 - — - Heftige tonische Krämpfe beim Antasten. 

11 - 25 - Heftiges Maulathmen. Sehr erschwertes Auf- und Nie¬ 

dersitzen. Appetit fehlt. 

12-45 - Frisst und säuft mit Appetit. Gang gut. Nur mehr 

leichte Krämpfe beim Antasten. 

1 - — - Jede sichtliche Wirkung vorüber. 


XII. Innerlich 0,6 Mgrm. Strychninnitrat pro Kilo bei Hunden. 

42) Ein 5V 2 Kilo schwerer, alter, langhaariger Pinscher erhielt 
3,3 Mgrm. St. n. in 3 Cctm. Wasser auf einmal innerlich in den 
völlig leeren Magen. (Dieser Hund diente Tags vorher zu Vers. 11.) 
Er hatte vor dem Versuch 42 mehrmals erbrochen. 

Erst nach einer Stunde und 32 Min. zeigte sich die erste Strychnin Wirkung. 
Bis dahin völlig ruhig am Boden liegend, trat plötzlich und ohne äussere Veran¬ 
lassung ein heftiger allgemeiner Starrkrampf ein, bei dem das Thier zu Boden 
stürzte. Derselbe, von kurzer Dauer, wiederholte sich noch einige Male bald dar¬ 
auf durch starke Geräusche in geringem Grade. 2 Stunden 30 Min. nach Dar¬ 
reichung des Giftes war jede Wirkung vorüber 

43) Derselbe Hund, welcher 3 Tage vorher zu Vers. 41 gedient 
hatte, erhielt in den nüchternen Magen 18,9 Mgrm. festes, krystall. 
St. n. in einer Fleischpille auf einmal um 8 Uhr 30 Min. Vorm. 

9 - 30 - Seither nichts Auffallendes bemerkt. 

9 - 40 - Lebhafter, aufgeregt. Athmen schneller. Gang gut. 

9 - 50 Auf Antasten leichte Krämpfe. Gang weiter und vor¬ 

sichtiger. Maulathmen. 

9-55 - Gang hinten besonders weit und steif. 

10 - — - do. Schon leichte Krämpfe beim Antasten. 

10 - 5 - Auf- und Niedersitzen erschwert. 

10 • 10 - Leichter Starrkrampfanfall beim Aufstehen. 

10-25 - Heftiger allgemeiner Tetanus von sehr langer Dauer. 

10 • 35 - Seither in stetem Krampfzustande, heftig athmend, beim 

Berühren neue Starrkrampfanfälle. 

10 - 38 - Steht auf, bleibt stehen, sehr beschleunigt und erschwert 

athmend. 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


69 


10 Uhr 55 Min. Jedes Geräusch heftige Krämpfe veranlassend. Heftiges 

Maulathmen. 

11 - 5 - do. 

11 - 15 - Heftiger tetanischer Anfall von sehr langer Dauer. 

11 - 17 - Beginn allgemeiner Lähmung. 

11-20 - todt, d. i. 2 Stdn. 50 Min. nach Application des Giftes. 

XHI. Innerlich 0,8 Mgrra. Strychninsalz pro Kilo bei Hunden. 

44) Ein männlicher VJähriger, magerer, kurzhaariger Hund, 
30 Kilo schwer, erhielt im nüchternen Zustande 24 Mgrm. festes kry- 
stallisirtes Strychnin in einer Fleischpille um 10 Uhr 15 Min. 

10 Uhr 54 Min. Beginn leichter Krämpfe. 

11 - 12 - Heftiger allgemeiner Tetanus und Zusammenstürzen; 

baldige Erholung, kann wenige Minuten darnach wie¬ 
der aufstehen und gehen; Gang jedoch weit und ge¬ 
spannt. 

11- 27 - Auf Geräusche heftige Krämpfe. 

11 - 31 - Allgemeiner heftiger StarrkrampfanfalL Darnach hef¬ 

tiges Maulathmen. 

12 - 30 - do. 

12 - 35 - Krämpfe fehlen. Sehr matt. Appetit fehlt. Sitzt. Ath- 

mung ruhig. 

12- 50 - do. Säuft viel vorgesetztes Wasser. 

1 - — - Frisst Fleisch. Matt. Ohne Krampfe. 

1 - 3 - Neue Krämpfe auf Geräusche. 

1 - 10 - Heftiger, sehr lange dauernder Starrkrampfanfall, mehr¬ 

mals wiederkehrend. 

1-13 - todt, d. i. 2 Stunden 58 Min. nach der Darreichung des 

Giftes. 

45) Derselbe Hund mit Acarusräude, 8,2 Kilo schwer, welcher 
in Vers. 38 ohne Folgen 0,4 Mgrm. Strychninsalz innerlich ertragen 
hatte, bekam 5 Tage später 7,5 Mgrm. des Salzes in 1 % Ccm. Wasser 
per os um 8 Uhr 45 Min. 

9 Uhr — Min. Etwas weiter Gang. Noch keine Krampfe. 

9-10 - Beim Antasten starke Krämpfe. 

9 - 15 - do. 

9 - 20 - Heftiger allgemeiner Starrkrampf. Niederstürzen. Athem- 

noth. Unfreiwilliger Harnabgang. 

9 - 25 - Besserung: Aufrichten des Kopfes, Athemnoth geringer. 

9 - 45 Ruhig. Nur beim Antasten Krämpfe. Kothentleerung. 
10 - — - do. 

10 - 15 - Noch leichte Krämpfe bei Reizung. Dieselben halten bis 

Abends 5 Uhr an. Von da ab frei von sichtlicher 
Strychninwirkung. 


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70 


FESER, 


XIV. Innerlich 1,0 Mgrm. Strychninsalz pro Kilo bei Hunden. 

46) Ein 8jähriger männlicher, glatthaariger Pinscher, 10 Kilo 
schwer, sehr kräftig gebaut, welcher 2 Stunden vor Versuchsbeginn 
von seinem Eigenthümer noch gefüttert wurde, — er stand in ge¬ 
mischter Kost, — erhielt 10 Mgrm. festes, klein krystallisirtes Strych¬ 
ninsalz in einer Fleischpille auf einmal innerlich. 

Erst nach 1 Stande and 29 Minuten trat weiter, geringgradig steifer Gang 
mit dem Hintertheil auf; dann folgte nebst diesem ängstliches Trippeln und 
höhere Aufregung; der erste tetanische Anfall, bei dem das Thier zusammen¬ 
zustürzen drohte, ereignete sich erst 2 Stunden nach Application des Giftes. Nun 
folgte ein 30 Minuten andauerndes Stadium höherer Erregbarkeit und Aengstlich- 
keit ohne Krämpfe, darauf auf leichtes Geräusch heftiger, allgemeiner Tetanus 
mit Zusammenstürzen des Thieres. Das Thier erholte sich bald wieder, stand 
wenige Minuten später wieder auf, zeigte beim Antasten nur leichte Krämpfe und 
ausser hoher Aengstlichkeit und Schreckhaftigkeit nichts Besonderes. Dies 
dauerte fast eine Stunde, worauf (3 Stunden 19 Min. nach Verabreichung des 
Giftes) heftige, häufig sich wiederholende allgemeine Starrkrampfparoxismen un¬ 
ausgesetzt bis zu dem (nach 4 Stunden 34 Min.) eintretenden Tode folgten. 
Bei der Section fand ich Magen und Darm sammt Inhalt 730 Grm. schwer, der 
Mageninhalt wog 95, der Darminhalt 90 Grm. 

47) Ein 2jähriger, 3,23 Kilo schwerer Wachtelhund erhielt in¬ 
nerlich auf einmal 3,23 Mgrm. Strychninnitrat in 6,5 Ccm. Wasser. 

Beginn der Wirkung nach 4 Min., 1 Minute darauf die heftigsten titani¬ 
schen Anfälle, andauernd bis zu dem nach 16 Minuten eintretenden Tode. 


c. Versuche über die cumulative Wirkung des Strychnin¬ 
salzes bei Hunden. 

XV. Subcutanversuche mit mehrmals wiederholten kleinen Strychnin¬ 
dosen (0,05, 0,1 und 0,2 Mgrm. subcutan pro Kilo Hund). 

48) Ein 37 Kilo schwerer, 6jähriger, männlicher Hofhund, der 
schon zu den Versuchen 3, 6, 31, 33, 36 und 37 diente, erhielt 
stündlich 1,85 Mgrm. Strychninsalz in 0,8 Ccm. Wasser subcutan d. i. 
pro dosi 0,05 Mgrm. pro Kilo Körpergewicht. Es kamen so inner¬ 
halb eines Tages (von früh 8 Uhr 45 Min. bis Abends 5 Uhr 45 Min. 
10 Dosen ä 1,85 Mgrm., im Ganzen somit 18,5 Mgrm. Strychninsalz 
zur Application, also jene Menge, die auf einmal beigebracht sicher 
den Tod des Thieres veranlasst hätte. 

Erst eine Viertelstunde nach Darreichung der 4. Dose (um 12 Uhr Mittags) 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


71 


konnte höhere Empfindlichkeit für Geräusche wahrgenommen werden. Krämpfe 
traten za dieser Zeit noch nicht auf and verzehrte der Hand, der bis dahin 
nüchtern war, seine Fleischration mit grösstem Appetit. 

15 Minaten nach Beibringung der 5. Dosis zeigte sich grössere Erregbar* 
keit und beschleunigte Athemfrequenz (Maulathmen) und nach weiteren 9 Min. 
(am 1 Uhr 9 Min.) kam es zum ersten tetanischen Anfall, bei welchem jedoch 
das Thier noch stehen bleiben konnte. 

1 Uhr 15 Min. Hohe Reflexerregbarkeit; auf Geräusche stets kurz dauernde 
tonische Krämpfe; ständiges Maulathmen. 

1 Uhr 40 Min. Fussaufheben beim freiwilligen Uriniren sehr erschwert, 
droht dabei zusammenzufallen. 

2 Uhr d. i. 15 Min. nach der 6. Dosis heftiger allgemeiner Tetanus, Zu¬ 
sammenstürzen des Thieres, sehr erschwerte Respiration. 

2 Uhr 30 Min. Liegt ermattet am Boden, auf Geräusche leichte Krämpfe. 
Ständiges Maulathmen. 

2 Uhr 40 Min. Kann stehen, leicht gehen. Leichte Krämpfe nur auf Ge¬ 
räusche. 

2 Uhr 58 Min. d. i. 13 Min. nach der 7. Dosis plötzlicher Eintritt eines 
heftigen, allgemeinen Starrkrampfanfalles mit Niederstürzen des Thieres; dieser 
ist nur von kurzer Dauer und um 3 Uhr kann sich der Hund wieder erheben. 
Um 3 Uhr 13 Min. folgt ein gleicher allgemeiner tetanischer Anfall von sehr 
kurzer Dauer und bis zur Verabreichung der 8. Dosis bestand nur mehr be¬ 
schleunigte Athmung ohne Krampfanfälle. 

Das 'Wirkungsbild nach der 8., 9. und 10. Dosis war im Allgemeinen stets 
das gleiche: Nachdem sich die Wirkung der vorausgegangenen Dosis fast ganz 
verloren hatte und ausser höherer Erregbarkeit und vermehrter Athemfrequenz 
nichts weiter Auffallendes bemerkbar war, trat ziemlich regelmässig V 4 Stunde 
nach der neuen Gabe ein heftiger allgemeiner Tetanus mit Niederstürzen des 
Thieres ein, welcher nur V 4 — 1 / 2 Minute andauerte und in derselben Heftigkeit 
nach weiteren 10—15 Minuten nur einmal wiederkehrte. Inzwischen bestand 
ungemein erhöhte Reflexerregbarkeit, Anstossen und jedes Geräusch veranlasste 
neue Krämpfe, und die Athmung war sehr vermehrt und oberflächlich. Aufstehen 
und Niedersetzen geschah sehr vorsichtig und mit deutlichem Krampfzustand der 
Extremitäten. 45—50 Minuten nach Verabreichung der vorletzten 2 Dosen ver¬ 
schwand der Krampfzustand, und 30 Minuten nach der letzten (10.) Dosis, die 
nur einen heftigen tetanischen Anfall im Gefolge hatte, konnten keine Krämpfe 
mehr beobachtet werden. Das Thier frass Abends 7 Uhr eine zweite Fleisch¬ 
portion mit grösstem Appetit. 

49) Derselbe Hund, welcher den oben beschriebenen Versuch 48 
vor zwei Tagen überstanden und bei vor Beginn des Versuchs statt¬ 
gefundener Wägung 40 Kilo gewogen hatte, erhielt nun stündlich 
4,0 Mgrm. Strychninsalz in je 0,90 Ccm. Wasser in die Subcutis ge¬ 
spritzt d. i. 0,1 Mgrm. St. n. pro dosi und pro Kilo. Es konnten 
7 solcher Dosen applicirt werden (von 8 Uhr 15 Min. bis 2 Uhr 
15 Min.), denn 17 Minuten nach der Injection der letzten Dosis oder 


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72 


FESER, 


6 Stunden 17 Minuten nach Einverleibung der ersten Dosis trat der 
Tod ein. (Nachstehend folgt die Abschrift des Versuchsprotocolls.) 

Nach der 1. Dosis: 9 Uhr. Vermehrte Athemfrequenz. Maulathmen. 

Nach der 2. Dosis: 9 Uhr 34 Min. Schreckhaft, auf Geräusche Zu¬ 
sammenfahren. Maulathmen. 

9 Uhr 35 Min. Erster tetanischer Anfall, doch stehen bleibend. 

9 Uhr 37 Min. Heftiger allgemeiner Tetanus von kurzer Dauer und Zu¬ 
sammenstürzen des Thieres. 

9 Uhr 50 Min. Liegt seither ruhig am Boden, die vier Gliedmassen von sich 
gestreckt. Ohne Krämpfe. Athem leichter. 

9 Uhr 51 Min. Beim Aufstehversuch allgemeiner Tetanusanfall. 

9 Uhr 52 Min. Steht unter Krämpfen auf, bleibt stehen; Maulathmen. 
Gang erschwert. Auf Geräusche heftiges Zusammenkrämpfen. 

10 Uhr 3 Min. Neuer, heftiger, allgemeiner Starrkrampfanfall von V 4 Min. 
Dauer, kann gleich darauf wieder aufstehen. 

10 Uhr 8 Min. do. 

Nach der 3. Dosis: 10 Uhr 23 Min. Heftiger, allgemeiner Tetanus und 
Zusammenstürzen, während desselben unfreiwilliger Harnabgang. 

10 Uhr 25 Min. Kann wieder aufstehen. Heftiges Maulathmen. 

10 Uhr 47 Min. Neuer allgemeiner Starrkrampfanfall und Niederstürzen 
des Thieres. 

11 Uhr 8 Min. Heftig respirirend am Boden liegend, jedes Geräusch ver¬ 
anlasst heftige Krämpfe. 

11 Uhr 9 Min. Starker Starrkrampfanfall. Darnach sehr heftig athmend. 
(190 mal p. M.), unvermögend aufzustehen. 

Nach der 4. Dosis: 11 Uhr 23 Min. beginnen neue tetanische Anfälle 
von kurzer Dauer, abwechselnd mit unausgesetztem convulsivischem Zittern der 
Hinterschenkel und häufigen, heftigen Starrkrampfanfällen am liegenden Thier. 
Ständiges heftiges Maulathmen in krampffreien Zeiten. Beim Zugehen Wedeln 
mit dem Schweife. 

Nach der 5. Dosis: Anfangs sehr häufige Krampfparoxismen, dazwischen 
sehr heftiges convulsivisches Zittern der Hinterschenkel und sehr angestrengtes, 
vermehrtes Maulathmen (200 Züge p. Min.) Vor Verabreichung der 6. Dosis 
lassen die Krämpfe bedeutend nach. 

Nach der 6. Dosis: Häufige, sehr heftige tetanische Anfälle, dazwischen 
höchst starkes convulsivisches Zittern des Hintertheils und angestrengtes Maul¬ 
athmen. Bewusstsein ungetrübt. Vor Verabreichung der 7. Dosis fehlen die 
spontanen tetanischen Anfälle, doch entstehen sie leicht auf Geräusche. 

Nach der 7. Dosis: 2 Uhr 20 Min. Stärkstes convulsivisches Zittern am 
Hintertheil. Heftiges Maulathmen. Aufmerksam. 

2 Uhr 27 Min. Häufig wiederkehrende heftige Starrkrampfanfälle. 

2 Uhr 32 Min. Tod durch Erstickung inmitten eines heftigen Starrkrampfes. 

Bei der Section wiegt Magen und Darm sammt Inhalt 1580 Grm., der 
Mageninhalt 10 Grm., der Darminhalt 500 Grm. 

50) Ein fünfjähriger, männlicher Schäferhund, 35 Kilo schwer, 
stark zottig behaart, erhielt nach Abrechnung von 1 Kilo Haare, so- 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


73 


mit für 34 Kilo Körpergewicht dreimal je 6,8 Mgrm. St. n. in 1,3 
Ccm. Wasser subcutan in zweiständlichen Pausen, somit pro dosi und 
Kilo 0,2 Mgrm. des Strychninsalzes. Dies veranlasste den Tod des 
Thieres 12 Minuten nach der 3., oder 4 Stunden 12 Minuten nach 
der 1. Dosis. 

13 Minuten nach Darreichung der 1. Dosis begann weiter krattliger Gang, 
heftiges Maulathmen und entstanden beim Antasten leichte Krämpfe. Bald darauf 
steigerte sich die Wirkung bis zu heftigem allgemeinen Tetanus, bei dem das 
Thier zusammenstürzte. Derselbe wiederholte sich nach kurzer Ruhepause noch 
einmal; das Thier erholte sich rasch wieder und konnte vor Verabreichung der 

2. Dosis keine Strychninwirkung mehr wahrgenommen werden. 

Nach der 2. Dosis trat die Wirkung rascher und intensiver auf. Schon nach 
10 Minuten heftiger allgemeiner Tetanus von sehr langer Dauer, häufige Wieder¬ 
kehr tetanischer Anfälle, hohe Athemnoth in den Zwischenzeiten, starkes Spei¬ 
cheln. Die Wirkung war noch vor Darreichung der 3. Dosis durch heftiges Maul¬ 
athmen bemerklich, doch bestanden keine Krämpfe mehr und erwies sich der 
Gang vollkommen frei. 

Schon 5 Minuten nach der 3. Dosis begannen neue Krämpfe, die sich nach 
weiteren 3 Minuten zu heftigem allgemeinen Starrkrampf steigerten und unter 
häufiger Wiederholung den Respirationstod herbeiführten. 

XVI. Versuche mit mehrmals wiederholten innerlichen Strychnindosen 
bei Hunden (0,1, 0,2 und 0,4 Mgrm. pro Kilo). 

51) Eine 30 Kilo schwere, V 4 jährige männliche Dogge, schon 
zu den Versuchen 8, 32, 34 und 39 benutzt, erhielt innerlich in 
Fleischpillen stündlich 3 Mgrm. St. n. in je 0,6 Ccm. Wasser d. s. 
je 0,1 Mgrm. Strychninsalz pro dosi und pro Kilo Körpergewicht. 
Von früh 8 Uhr 50 Min. bis Abends 5 Uhr 50 Min. kamen in dieser 
Weise 10 Dosen ä 0,003 Grm. = 0,03 Grm. St. n. zur innerlichen 
Verabreichung, somit innerhalb 10 Stunden eine Menge, die auf ein¬ 
mal gegeben das Thier getödtet haben würde. 

Die fractionirte Verabreichung dieser Dosis erzeugte nur mindergradige 
Vergiftungssyraptome. Zu tetanischen Anfällen kam es nicht; bald nach der 

3. Dosis begann höhere Erregbarkeit und geringe Schreckhaftigkeit, nach der 

4. Dosis weiter, krattliger Gang auf allen Vieren, der bis zur Verabreichung der 
neuen Dosis stets ganz verschwunden war. So blieb das Vergiftungsbild bis 
nach Ablauf des Versuchs. Das Thier zeigte sich während desselben stets sehr 
hungrig, verzehrte die dargebotenen strychninhaltigen Fleischpillen immer mit 
wahrem Heisshunger aus der Hand und seine grosse Fleischportion (Mittags 1 Uhr 
und Abends 6 Uhr) mit grösstem Appetit. Eine Stunde nach Verabreichung der 
letzten Dosis konnten keine Strychninwirkungen mehr wahrgenommen werden. 

52) Derselbe Hund, welcher den Vers. 51 überstanden hatte, 


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74 


FESER, 


erhielt zwei Tage später innerlich stündlich 6 Mgrm. gelöstes St. n. 
d. s. 0,2 Mgrm. pro Kilo Körpergewicht. Es kamen 10 solcher 
Dosen zur Anwendung, also innerhalb 9 Stunden (Vorm. 8 Uhr 30 
bis Abends 5 Uhr 30) 60 Mgrm. des Salzes. Die ersten 7 Dosen 
wurden in je 1,2 Ccm. H a O gelöst, dann mit Mehl zu einer Pille 
formirt und in Fleisch eingewickelt dem Hunde aus der Hand zum 
Fressen gegeben; die letzten 3 Dosen kamen in je 5 Ccm. Wasser 
als Einguss zur Anwendung. Der Hund starb erst mehrere Stunden 
nach Darreichung der letzten Dosis. Bis zur 6. Dosis war der Hund 
nüchtern, er wurde um 1 Uhr und Abends 7 Uhr mit Fleisch ge¬ 
füttert, d. i. % Stunde nach der 5. und V/ 2 Stunden nach der 10. 
Strychnindosis. 

Nach der 1. Dosis traten keine Strychnin Wirkungen auf, sie begannen erst 
20 Minuten nach Darreichung der 2. Dosis mit Schreckhaftigkeit, Aengstlichkeit, 
weitem, krattligem Gang und Reflexkrämpfen beim Berühren. 

Nach der 3. Dosis steigerten sich die Vergiftungserscheinungen bis zu den 
stärksten allgemeinen Starrkrampfanfällen — der erste dieser Art trat 30 Min. 
nach Darreichung der 3. Dosis (11 Uhr) ein. 

Kurz vor Verabreichung der 4. Dosis konnte sich das bei den Starrkrampf¬ 
anfällen niedergefallene Thier wieder erheben, dasselbe wurde ruhiger, die 
Krämpfe leichter und seltener. 

Nach der 4. und 5. Dosis trat nur hohe Schreckhaftigkeit, steifer, krattliger 
Gang, Maulathmen auf; Krämpfe nur leicht und auf Reize. 

Erst nach der 6. Dosis (2 Uhr) kamen wieder heftige Starrkrampfanfälle, 
die sich bis zur Zeit der Verabreichung der nächsten Dose stets minderten, das 
Thier jedoch erheblich schwächten, so dass es sich auch in den krampffreien 
Perioden nicht zu erheben vermochte. 

Besonders stark und häufig aufeinanderfolgend waren die allgemeinen Starr¬ 
krampfanfälle nach den beiden letzten Dosen, für deren Application stets ein An¬ 
fall abgewartet werden musste. 

1V 2 Stunden nach der 10. Dosis Hessen die tonischen Krämpfe bedeutend 
nach, es folgte ein beständiges convulsivisches Zittern mit allen Füssen; das Thier 
frass jedoch sein vorgelegtes Futter mit grösstem Appetit, zeigte sich sehr auf¬ 
merksam, konnte sich aufgehoben stehend erhalten (2 Stunden nach Abgabe der 
10. Dosis) und in seinen Stall geführt werden, so dass ich Hoffnung auf dessen 
Erhaltung hegte. Im Stall angekommen, folgten noch einige sehr heftige tita¬ 
nische Anfälle und darauf ein Zustand allgemeiner Lähmung, der dem Leben ein 
Ende machte — 3 Stunden nach der Einverleibung der 10. und letzten Strych¬ 
ningabe. 

Bei der Section fand ich für Magen und Gesammtdarmkanal mit Gekröse ein 
Gewicht von 2280 Gramm, den Mageninhalt 570, den Darminhalt 350 Gramm 
schwer 

53) Ein einjähriger, männlicher, feinhaariger Hühnerhund, 30 Kilo 
schwer, wurde bestimmt zur innerlichen Darreichung von 0,4 Mgrm. 


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Dosirung des Strychninnitrats. 


75 


gelöstem Strychninsalz pro Kilo in zweistündlicher Wiederholung. Es 
konnte diese Menge (= 12 Mgrm. in 5 Ccm. Wasser) nur 2mal ver¬ 
abreicht werden, denn 28 Min. nach der 2. Dosis trat der Tod ein. 


7 Uhr 25 Hin. 

8 - — 

8 - 10 - 

8 - 24 - 

8 - 35 - 

8 - 45 - 

9 - 20 - 
9 - 25 - 
9 - 33 - 
9 - 35 - 
9 - 39 - 
9 . 45 - 
9 - 48 - 
9 - 54 - 

9 - 58 - 


Innerlich 12 Mgrm. St. n. in 5 Ccm. Wasser. 

Steifer, weiter Gang. Beginn von Maulathmen. 

Starke tonische Krämpfe auf Geräusche. Heftiges Maul¬ 
athmen. 

Heftiger allgemeiner Tetanus. Zusammenstürzen. Dar¬ 
nach sehr matt. Unfreiwilliger Harnabgang. 

Kann sich wieder aufrichten. Heftiges Maulathmen. 

Heftiges Zusammenkrämpfen auf Geräusche. Aufstehen 
und Niederlegen erschwert. Gang weit und steif. 

do. 

Innerlich 12 Mgrm. St. n. in 5 Ccm. Wasser. (2. Dosis.) 

Heftiges Aufkrämpfen auf Geräusche. 

Starker allgemeiner Tetanus von sehr langer Dauer. 

do. 

Jedes Geräusch erzeugt neue tetanische Anfälle. 

Kann aufstehen. Gang sehr erschwert. 

bis 9 Uhr 57 Min. in sehr heftigen allgemeinen Starr¬ 
krampfanfallen. 

Todt. 


Resultat meiner Strychninversuche bei Hunden. 

1) Beim Subcutangebrauche sind Dosen von 0,1 Mgr. Strychnin¬ 
nitrat pro Kilo nur von sehr leichter und bald vorübergehender Wir¬ 
kung. Sie können als passendste und ungefährliche Gaben auch für 
kranke Thiere gelten. 

2) Dosen von 0,2 Mgrm. St. n. pro Kilo Körpergewicht erzeugen 
bei Hunden sehr kräftige Wirkungen von ziemlich langer Dauer. Es 
kommt regelmässig schon zu heftigen allgemeinen Starrkrampfanfallen 
mit Zusammenstürzen der Thiere. Gesunde Hunde ertragen diese 
Dosen wohl ohne Nachtheile, bei kranken Individuen dürfen sie jedoch 
nicht oder nur mit der grössten Vorsicht und erst dann gegeben 
werden, wenn Dosen von 0,1 Mgrm. pro Kilo entweder gar nicht oder 
zu ungenügend gewirkt haben. 

3) Durch Gaben von 0,3 bis 0,4 Mgrm. pro Kilo Hund ent¬ 
stehen schon die stärksten Strychninwirkungen und nicht selten mit 
todtlichem Ausgang. Der Tod tritt in letal endenden Fällen in ver¬ 
schiedener Zeit ein, in meinen Versuchen bei den 0,3 Mgrm. Dosen 


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76 


FESER, 


auffallenderweise früher — schon nach 12—18 Minuten, während die 
0,4 Mgr.-Dosen erst nach 36 */ 2 Minuten und nach l‘/j Stunden 
tödtcten. Es macht sich hier sicherlich der abweichende Einfluss der 
Individualität sehr bedeutend geltend. Soviel ist sicher, dass Gaben 
von 0,3 bis 0,4 Mgrm. St. n. pro Kilo Hund schon die niedersten 
letalen Dosen darstellen und daher für therapeutische Zwecke kaum 
in Betracht kommen können. 

4) Durch 0,5 Mgrm. St. n. pro Kilo subcutan wird jeder Hund 
sicher getödtet. Von den hierhergehörigen sechs Versuchen starben 
fünf in 10—50 Minuten nach der Verabreichung und der sechste 
wurde nur in Folge der stattgefundenen Chloroformirung gerettet. 

5) Höhere Subcutandosen als 0,5 Mgrm. pro Kilo tödten selbst¬ 
verständlich Hunde sicher in 5—25 Minuten; eine besondere Kürzung 
der Wirkung mit rascherem Eintritt des Todes ist somit gegenüber 
den 0,5 Mgr.-Dosen nicht zu constatiren. In den beiden extremen 
Fällen waren individuelle Verhältnisse geltend, ein suchtkranker 
junger Hund starb durch 2 Mgrm. pro Kilo schon in 5 Minuten, ein 
gesunder Hund durch 0,57 Mgrm. pro Kilo erst nach 2 Stunden 48 
Minuten. Für den Zweck des Todes empfiehlt es sich aber doch, 
stets höhere Dosen als nöthig subcutan in Anwendung zu bringen. 
Am geeignetsten, weil leicht zu bemessen, halte ich hierfür Subcutan¬ 
gaben von 1—2 Mgrm. pro Kilo Hund. 

6) Bei der innerlichen Darreichung des Strychninsalzes an Hunde 
lehren die Versuche, dass Dosen von 0,1 und 0,2 Mgrm. pro Kilo 
meist ohne sichtliche Folgen bleiben, selbst in Lösung und im 
nüchternen Zustande gegeben nur sehr leichte und kurz dauernde Wir¬ 
kungen äussern und deshalb für internen therapeutischen Gebrauch 
unbedenklich gegeben werden dürfen. 

7) Mit 0,3—0,4 Mgrm. pro Kilo innerlich können jedoch in ein¬ 
zelnen Fällen bei Hunden sehr heftige und lange währende Wirkungen 
folgen, während sie bei anderen Thieren noch gar keine Folgen nach 
sich ziehen. 

8) Durch 0,5—0,6 Mgrm. pro Kilo innerlich entstehen schon 
sehr hochgradige Strychninwirkungen bei Hunden. Es bilden sich die 
heftigsten tetanischen Anfälle, häufig wiederkehrend, aus, von denen 
sich die Thiere entweder langsam wieder erholen oder getödtet werden. 
Es sind dies die niedersten letalen Dosen innerlich beim Hunde. 

9) Mit 0,8 Mgrm. pro Kilo Hund innerlich starb ein Thier nach 
2 Stunden 58 Min., während ein anderes das schon 0,4 Mgrm. ohne 


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Dosirung des Stryohninnitrats. 


77 


sichtliche Strychninwirkungen bei gleicher Gebrauchsweise ertragen 
hatte, trotz heftiger und lange dauernder Wirkung wieder genas. 

10) Die Darreichung von 1 Mgrm. Strychninsalz pro Kilo Hund 
innerlich wirkt sicher tödtlicb. 

11) Die Form der innerlichen Anwendung des Strychninnitrats 
— ob in Wasser gelöst oder in festem krystallisirten Zustande — 
veranlasste nicht die vermutheten Unterschiede. Die Versuche 37 
bis 47 ergeben nämlich: 


Bei 

der Dosis 

von 

Mgrm. p.Kilo 

Art 

der 

Anwendung. 

Eintritt 

der 

Wirkung. 

Stdn. Min. 

Dauer 

der 

Wirkung. 

Stdn. Min. 

Ausgang 

der 

Wirkung. 

0,4 

in Losung 

1 

26 

3 — 

Genesung 

0,4 

krystallisirt 

— 

23 

3 — 

do. 

0,5 

in Lösung 

— 

30 

5 - 

do. 

0,5 

krystallisirt 

— 

41 

1 35 

Tod 

0,6 

in Lösung 

1 

32 

2 30 

Genesung 

0,6 

krystallisirt 

1 

20 

2 50 

Tod 

0,8 

in Lösung 

— 

15 

9 15 

Genesung 

0,8 

krystallisirt 

— 

39 

2 58 

Tod 

1,0 

]n Lösung 

— 

4 

— 16 

do. 

1,0 

krystallisirt 

1 

29 

4 34 

do. 


Diese Zusammenstellung macht ersichtlich, dass die Darreichung 
des Strychninnitrats innerlich an Hunde unbeschadet der Höhe und 
Dauer der Wirkung ganz gut in fester Form geschehen kann, was bei 
der entschieden leichteren Application (z. B. in Fleisch eingehüllt) 
einen grossen Vortheil bietet. Auffallend erscheint die in 6 Ver¬ 
suchen mit 0,5—0,8 Mgrm. Strychninsalz beobachtete gefährlichere 
Wirkung bei der festen Form der Darreichung: Es erfolgte stets 
tödtlicher Ausgang, während die Vergiftung durch dieselbe Dosis, 
aber in Lösung gegeben, stets mit Genesung endete. Es scheint mir 
dies durch rasche Löslichkeit des Strychninsalzes im Magen der Hunde 
and raschere Aufsaugung der entstandenen concentrirteren Salzlösung 
begründet zu sein. 

12) Betreffs der cumulativen Wirkung des Strychninsalzes bei 
Hunden ist zu bemerken, dass die häufig — selbst 10 mal — wieder¬ 
holte stündliche subcutane Application von 0,05 Mgrm. pro Kilo 
Hund ertragen wird, bei dieser Darreichung erst nach der 4. Gabe 
Wirkungssymptome und nach der 5. deutliche Krämpfe auftreten, 


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78 


FESER, Dosirtmg des Strychninnitrats. 


welche sich nach den weiteren Gaben bis za den stärksten Starr¬ 
krämpfen von kurzer Dauer steigern. 

Auch Dosen von 0,1 Mgrm. pro Kilo können mehrmals in stünd¬ 
lichen Pausen subcutan ohne Nachtheil gegeben werden; es entstehen 
wohl schon nach der 2. Dose allgemeine Starrkrampfanfälle, aber sie 
sind kurz dauernd und erst nach der 3. Dosis häufiger werdend. Der 
betreffende Versuchshund hätte sicherlich sechs Eindecimilligrammdosen 
in stündlicher Wiederholung subcutan ertragen, und er erlag erst der 
7. Gabe. Sicher ist demnach, dass die Menge von 0,1 Mgrm. pro 
Kilo Hund unter Tags alle 3 Stunden subcutan gegeben werden darf. 

Anders verhält es sich mit der Wiederholung von Zweidecimilli- 
grammdosen bei subcutanem Gebrauch: diese tödteten bei stündlicher 
Verabreichung schon nach der 3. Gabe und schon die 1. Gabe hatte 
sehr heftige Wirkung. Solche Dosen können daher täglich höchstens 
2mal in grosser Zwischenzeit (5—6 Stunden) verabreicht werden. 

Bei innerlicher Darreichung darf man unbedenklich an Hunde in 
stündlichen Zwischenräumen 10 Gaben ä 0,1 Mgrm. St. n. pro Kilo 
in Lösung verabreichen; durch die doppelte Menge d. i. 0,2 Mgrm. 
pro Kilo entstehen bei stündlich wiederholter Darreichung erst nach 
der 2. Gabe leichte Vergiftungssymptome, die sich in den späteren 
Gaben (nach der 3., 6. —10.) bis zur hochgradigsten Wirkung stei¬ 
gerten und auffallenderweise erst nach der 10. Dosis tödteten. Daraus 
geht mit Sicherheit hervor, dass die zweistündliche Verabreichung von 
5 Dosen ä 0,2 Mgrm. pro Kilo an Hunden (in Lösung innerlich) 
ohne alle Nachtheile ertragen wird. 

Grössere Mengen als 0,2 Mgrm. pro dosi eignen sich nicht zur 
häufigeren wiederholten Darreichung, denn in unserem Vers. 53 hatte 
die Gabe von 0,4 Mgrm. St. n. schon nach der 1. Wiederholung nach 
2 Stunden tödtliche Vergiftung zur Folge. 

13) Beim Hunde stehen die Subcutandosen zu jenen innerlicher 
Darreichung und gleicher Wirkungsgrade in einem Verhältnisse wie 
1:2 d. h. innerlich dürfen nur doppelt so grosse Dosen als subcutan 
für den gleichen Wirkungseffect gegeben werden. 

(Fortsetzung folgt.) 


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1Y. 

TJeber Wesen und Behandlung des sogen. Hufkrebses. 

Von 

Professor Dr. PBtz in Halle a. S. 


In einem bei Wiegandt, Hempel und Parey in diesem Jahre 
(1880) erschienenen Buche über die Hufkrankheiten des Pferdes von 
Dr. H. Möller, Lehrer an der Königl. Thierarzneischule und an der 
Königl. vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule zu Berlin, heisst 
es in dem Abschnitte über Huf- resp. Strahlkrebs auf S. *238: 

„Die bei weitem häufigste Art dieses Leidens besteht in einer 
einfachen Hyperplasie der Papillen mit starker Absonderung. Die 
Papillen des Fleischstrahles, der Sohle oder die Blätter der Wand 
wuchern zu einer oft bedeutenden Grösse heran, so dass man dieselben 
sehr leicht mit blossem Auge erkennen kann. Diese Neubildung, 
welche nur die normalen Bestandtheile jener Organe zu Grunde hat, 
stellt demnach ein Papillom oder ein Fibroma papillare oder Warze dar.“ 

Möller scheint überzeugt zu sein, damit den Nagel auf den 
Kopf getroffen und alle anders gestalteten Ansichten über das Wesen 
des Hufkrebses, namentlich auch die meinige, ad absurdum geführt 
zu haben. 

S. 241 1. c. sagt derselbe nämlich, nachdem er einige ältere 
Autoren kurzer Hand abgefertigt hat: „Ebenso unberechtigt ist es, 
die Strahlfaule und den Strahlkrebs zu den Geschwüren zu zählen, 
wie dies neuerdings durch Pütz geschehen ist; von einer Ulceration 
kann weder bei der Strahlföulc, noch auch beim Strahlkrebs die Bede 
sein. Die grössere Aehnlichkeit mit einem Geschwür besitzt noch die 
Strahlfaule, insofern, als ein fortschreitender Zerstörungsprocess vor¬ 
liegt, allein derselbe läuft an einem todten Materiale ab, kann daher 
nicht als Ulceration bezeichnet werden. Bei dem Strahlkrebs tritt 


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80 


PUETZ, 


aber der Neubildungsprocess in den Vordergrund, während von einer 
Zerstörung keine Rede ist. — Die im weiteren Verlaufe an der Horn¬ 
kapsel auftretenden Defecte bilden die Folge des durch den Krank¬ 
heitsvorgang unterbrochenen Hombildungsprocesses.“ 

Das klingt ähnlich, wie „Roma locuta, causa definita est“. In- 
dess die heutige Wissenschaft ist ketzerisch und sucht den Werth einer 
Behauptung nach der Gewichtigkeit der angeführten Gründe und nicht 
nach der Stellung und Zuversicht des Autors zu beurtheilen. Bei 
nochmaliger sorgfältiger Prüfung des pro und contra der verschiedenen 
Meinungen ist es mir nicht gelungen, von der Richtigkeit der Möl¬ 
ler’sehen Definition, noch von der Unhaltbarkeit meiner bezüglichen 
Anschauungen mich überzeugen zu können. Ich erlaube mir deshalb, 
zunächst über das Wesen des Hufkrebses hier einige sachliche Aus¬ 
einandersetzungen dem Urtheile des Lesers zu unterbreiten, um daran 
später einige die Therapie betreffende Bemerkungen anzuschliessen. 

In meinem Lehrbuche der allgemeinen chirurgischen Veterinair- 
Pathologie und Therapie, auf welches Möller bei Abfertigung meiner 
Auffassung der fraglichen Krankheitsprocesse sich bezieht, heisst es 
S. 82: „Zu diesen Hautgeschwüren gehören unter anderen zwei, bei 
Pferden häufig vorkommende Hufleiden, über deren Wesen man lange 
nicht recht im Klaren war, nämlich die „Strahlfäule“ und der soge¬ 
nannte „Strahlkrebs“. 

Der Streit über die Natur dieser beiden Leiden ist bekanntlich 
alt. In früheren Zeiten wurde der Strahlkrebs allgemein als „Feig¬ 
warzen“ des Hufes angesehen. Dann kam in Deutschland die Be¬ 
zeichnung „Huf- oder Strahlkrebs“ allerorts in Aufnahme, weil man 
das Uebel für ein krebsartiges hielt. Im Jahre 1846 wurde es (im 
XH. Bande des Magazins von Gurlt und Hertwig S. 274 u. 275) 
von Eichbaum als „bösartige Strahlfäule“ oder „bösartiges Strahl¬ 
geschwür“ qualificirt, ohne dass dadurch der Name „Huf- resp. Strahl¬ 
krebs“ wieder verdrängt werden konnte. Im Jahre 1854 trat Haubner 
(im XXI. Jahrgange des genannten Magazins) wieder für die Feig¬ 
warzen-Natur fraglichen Leidens in die Schranken. Die für diese 
Auffassung 1. c. beigebrachten, von Möller voll und ganz adoptirten 
Argumente erscheinen mir vielfach angreifbar. So sagt Haubner 
z. B. S. 392 1. c.: „Allerdings sehen wir eine andauernde und an¬ 
scheinend geschwürsähnliche Zerstörung des Hufes; aber diese Zer¬ 
störung bezieht sich nur auf die Hornmasse des Hufes, und nicht auf 
die Weichtheile. In der Hornmasse des Hufes, dieser unbelebten 


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Wesen und Behandlung des sog. Hufkrebses. 


81 


Substanz, kann aber von einer geschwürigen Zerstörung gar nicht die 
Rede sein.“ Auf S. 408 1. c. heisst es; „Diese Hornmaterie ist hier 
in einem solchen Reizungszustande; es kommt in Folge dessen nicht 
zur Hornerzeugung, sondern die Absonderungsthätigkeit erschöpft sich 
in reichlicher Absonderung einer lymphatischen Flüssigkeit und Bil¬ 
dung junger Hornzellen, die schnell wieder zerfallen. Analoge Er¬ 
scheinungen sehen wir auf der Haut und Schleimhaut bei Blosslegung 
des Coriums und fortbestehender Reizung. 44 

Ich werde in Nachstehendem versuchen, auf Grund der von 
Möller und Haubner gegebenen Schilderung des Strahlkrebses zu 
beweisen, dass dieser mit Recht unter die Geschwüre (und zwar unter 
die fungösen) einzureihen ist. 

Nach Billroth ist ein Geschwür eine Wundfläche, die keine 
Tendenz zur Heilung zeigt. Zerfall und Neubildung combiniren sich 
beim Verschwärungsprozess in den verschiedensten Verhältnissen mit 
einander, üeberwiegt der Zerfall, so entsteht ein sog. „fressendes 
oder atonisches“ Geschwür; überwiegt die Neubildung, so entsteht 
ein sog. „wucherndes (hyperplastisches) oder fungöses“ Geschwür. 
Bei jenem pflegt der Geschwürsgrund mehr oder weniger vertieft, bei 
letzterem mehr oder weniger hervorgewölbt zu sein. Die Absonde¬ 
rung, Form und Ausbreitung, sowie die Ränder und Umgebung der 
Geschwüre können sich mannigfach verschieden verhalten. Dass die 
histologische Beschaffenheit des erkrankten Gewebes, namentlich auch 
dessen Durchfeuchtung und Vascularisation, ferner mancherlei locale 
und allgemeine Verhältnisse, äussere Einflüsse und innere Körper¬ 
zustände auf die Gestaltung des Verschwärungsprocesses in jedem 
concreten Falle von wesentlicher Bedeutung sind, darf ich wohl als 
hinlänglich bekannt voraussetzen. 

Bevor ich nun die Entwicklung des Strahlkrebses nach der Dar¬ 
stellung Möller’s hier wiedergebe, will ich noch eine Schilderung der 
gewöhnlichen Entstehungsweise eines Hautgeschwürs vorausschicken. 

Hautgeschwüre pflegen (wie Geschwüre überhaupt) gewöhnlich 
aus einem chronischen Entzündungsproeesse hervorzugehen. Die ent¬ 
zündete Cutis, zumal die oberflächlichen Schichten derselben, werden 
von Wanderzellen und Blutplasma infiltrirt und dadurch die Papillen 
saftreicher und grösser; auch die Zellen des Rete Malpighii vermehren 
sich derart, dass die oberflächliche Schicht desselben kaum mehr den 
gehörigen Grad der Verhornung erlangt. Das Bindegewebe der Pa- 
pillarschicht wird weicher, zum Theil fast gallertig. Das weiche 

▲rehlv L witsensch. u. prakt. Thierheilk. VII. 1 u. 2. 6 


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82 


PUETZ, 


dünne Hornblatt der Epidermis löst sich an einer Stelle ab, wodurch 
ein oberflächliches Geschwür sich bildet, indem die Zellenschicht des 
Rete Malpighii freigelegt wird. Wirken jetzt fortgesetzt neue Reize 
ein, so wird eine oberflächliche Secretion von Blutplasma und Wan¬ 
derzellen unterhalten, wodurch die bereits vergrösserten (und degene- 
rirten) Hautpapillen bedeckt werden. — Bei einem solchen Flächen¬ 
geschwür der Haut handelt es sich demnach um eine Zerstörung der 
Epidermis, welche an der Huflederhaut bekanntlich durch mächtige 
Hornlagen repräsentirt wird. 

Die Bildung des Strahlkrebses schildert Möller 1. c. S. 238 fol- 
gendermassen: „An der Oberfläche der vergrösserten Papillen der 
Huflederhaut befindet sich das Retelager in einem äusserst lebhaften 
Wucherungsprocess. Die hier gebildeten Massen können bei der schnel¬ 
len Production nicht verhornen, sondern bilden theils eine elastische, 
weisse, fast knorpelähnliche Bedeckung der hyperplastischen Papillen, 
theils das den Fäulnissprocessen anheimfallende Secret.“ S. 242 er¬ 
wähnt Möller die Thatsache, dass der Strahlkrebs sich in der Peri¬ 
pherie weiter ausbreitet. Er sagt dann hieran anschliessend: „Dieser 
Umstand ist insofern interessant, als hierdurch der Beweis geliefert 
wird, dass der Process zweifellos im Rete Malpighii einsetzt und in 
diesem auch zunächst sich ausbreitet. Die betreffenden Horntheile 
erscheinen anfangs unterminirt, dieselben fallen später ab und indem 
an ihrer Stelle kein neues Horn gebildet wird, bleibt die Hufleder¬ 
haut hier unbedeckt“ u. s. w. Und dies Alles soll ohne Gewebs¬ 
zerfall geschehen?! 

Nach dieser Darstellung Haubner’s und Möller’s scheint mir 
der Entwickelungsvorgang bei Entstehung von Huf krebs ziemlich 
genau derselbe zu sein, wie er bei chronischer Entzündung und ober¬ 
flächlicher Verschwärung der äusseren Haut vorhanden zu sein pflegt. 
Auch Haubner bezeichnet die Erscheinung als analog. 

Wie bei Oberflächengeschwüren der äusseren Haut die Wund¬ 
ränder von der meist gequollenen angrenzenden Epidermis gebildet 
werden, so bildet beim Hufkrebs resp. bei Verschwärung der Huf¬ 
lederhaut das im Zerfall begriffene Horngewebe der Nachbarschaft die 
Begrenzung der Wundfläche resp. die Wundränder. Bei wuchernden 
Hautgeschwüren hypertrophiren die Papillen und zeigen entweder eine 
derbe, feste Beschaffenheit, oder sie bleiben weich und haben dann 
gewöhnlich eine rothe Farbe; sie wachsen oft zu polypösen Wuche¬ 
rungen heran, welche an ihrer Oberfläche mit schleimigem Secret 


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Wesen und Behandlung des sog. Hufkrebses. 83 

bedeckt sind. Alles dies und vorzugsweise das letztere gilt auch für 
die Huflederhaut. Es wird dadurch verständlich, dass der Hufkrebs 
in seinem Verhalten mancherlei Verschiedenheiten zeigen kann. Ob 
nun der Verschwärungsprocess bei demselben zuweilen auch mehr in 
die Tiefe dringt und den Papillarkörper oder noch tiefere Schichten 
der Huf lederhaut destruirt, weiss ich nicht. Ist dies der Fall, so 
würde dadurch die Heilbarkeit des Uebels sehr vermindert oder ganz 
aufgehoben werden können. 

Wenn ich nun auch berücksichtige, dass Zerfall und Neubildung 
bei den verschiedenen Formen von Geschwüren und Geschwülsten sich 
sehr mannigfach mit einander verbinden, und wenn-ich demgemäss 
auch weiss, dass es in manchen Fällen auf subjective Ansichten an¬ 
kommen kann, diesen oder jenen hyperplastischen Process als ein 
fungöses Geschwür oder als eine ulcerirende Geschwulst anzusprechen, 
so scheint mir doch im vorliegenden Falle die Genesis und das gauze 
Verhalten des pathologischen Zustandes uns zu zwingen, den Strahl¬ 
krebs den fungösen Geschwüren und nicht den Papillomen anzureihen. 
Ich kenne keine Papillom- oder Warzenbildung, welche mit Zerstörung 
und Ablösung der Epidermis anhebt, wie dies beim Strahlkrebs der 
Fall ist. Papillome oder Warzen der äusseren Haut sind in der Regel 
von einer stark verhornten, trockenen Epidermisdeeke überzogen, 
während beim Hufkrebs die sonst dicken und festen Lagen des Horn¬ 
schuhes an den betr. Stellen erweicht oder aufgelöst sind. Im spä¬ 
teren Verlauf wird überhaupt beim Strahlkrebs gar kein normales 
Horn mehr gebildet, weil die Epidermis über der Huffleischhaut zum 
Theil degenerirt und zerfällt resp. verschwärt. Der Zerfall betrifft 
also keineswegs blos ein todtes Material, sondern ein zellenreiches 
Gebilde, welches unter normalen Verhältnissen zum Aufbau von Horn¬ 
gewebe verwendet wird. Ohne ganz darüber im Klaren zu sein, was 
Haubner unter *Hornmaterie“ versteht, so geht doch aus dem von 
mir vorhin angeführten Citat zur Genüge hervor, dass auch nach 
Haubner diese „in einem Reizungszustande befindliche“, folglich belebte 
Masse zerfällt, womit eine Ulceration, wenn auch unfreiwillig, zuge¬ 
standen ist. Im Bereiche der äusseren Haut kommen zuweilen auch 
stark vascularisirte Papillome, sog. „weiehe Warzen“ vor. Aber auch 
diese sind von dem Hornblatt der Epidermis überzogen, falls nicht 
ein Ulcerationsprocess an denselben platzgegriffen hat. Ueberdies 
besitzen PapiUome auch nicht die dem Strahlkrebs stets zukommende 
Tendenz der diffusen Ausbreitung. 

6 * 


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84 


PUETZ, 


Zwischen den äussersten Grenzen der „wuchernden oder fungösen“ 
und den „fressenden oder atonischen“ Geschwüren liegen bekanntlich 
zahlreiche Uebergangsstufen. Hiermit ist meines Erachtens der Schlüssel 
gegeben zur Erklärung einestheils der verschiedenen Formen des Strahl¬ 
krebses, andererseits der nur scheinbar trennenden Verschiedenheiten 
zwischen Huf krebs und Strahlfaule. Der Hufkrebs gehört nach meiner 
Ansicht zu den wuchernden, die Strahlfäule zu den torpiden 
Geschwüren. Berücksichtigen wir die Verhältnisse, welche für die 
eine oder andere dieser Geschwürsformen von hervorragender Wichtig¬ 
keit sind, so wird es uns eben so wenig befremden, dass die Strahl¬ 
fäule nur selten in Hufkrebs, als dass ein anderes atonisches Geschwür 
fast nie in ein fungöses übergeht. Eine üppige Neubildung kann be¬ 
kanntlich nur da auftreten, wo eine starke Durchfeuchtung der be¬ 
treffenden Gewebe und eine entsprechende Vascularisation derselben 
vorhanden ist; das umgekehrte Verhältnis finden wir constant bei 
atonischen Geschwüren. Diese Differenz in der Durchfeuchtung und 
im Blutreichthume des Hufes finden wir auch beim Huf krebs und bei 
der Strahlfaule. Ersterer kommt meist oder ausschliesslich an gut 
durchfeuchteten und blutreichen Hufen mit breitem, kräftigem Strahl, 
letzterer an weniger durchfeuchteten, mehr ischämischen Hufen mit 
schlecht ernährtem, oft geradezu verkümmertem Strahl vor. Und diese 
Verhältnisse sind am Pferdehufe weder leicht, noch schnell zu ändern, 
so dass es dadurch verständlich wird, warum Strahlfäule nicht häufiger 
in Hufkrebs übergeht. Der von Möller S. 246 1. c. ausgesprochene 
Satz; „Eine besondere Verwandtschaft besteht also zwischen beiden 
genannten Leiden (Hufkrebs und Strahlfäule) nicht, daher lässt sich 
nicht behaupten, dass die Strahlfäule in Strahlkrebs übergehe, sondern 
die Strahlfäule erleichtert nur das Auftreten dieses Uebels tt scheint 
mir in allen wesentlichen Punkten den eigentlichen Sachverhalt ura- 
zukehren. Nach meiner Meinung müsste es heissen: „Obgleich Strahl¬ 
fäule und Hufkrebs verwandte Processe sind, so treten diese doch 
unter so verschiedenen Verhältnissen auf, dass dadurch an einem Hufe 
mit Strahlfäule meist die Bedingungen fehlen, unter welchen ein 
atonisches Geschwür in ein wucherndes übergehen kann.“ 

Den Strahlkrebs-Parasiten Megnin’s halteich, wie Möller, für 
etwas Nebensächliches. Jedoch scheint es mir angemessen, in der 
Wissenschaft einer möglichst correcten Terminologie sich zu befleissigen 
und demgemäss statt „Der Keraphyton“ zu sagen „Das Keratophyton“; 
die Stammwörter sind bekanntlich x4qcc$j arog und yvxov. Wenn 


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Wesen und Behandlung des sog. Hufkrebses 


85 


die Etymologie so stiefmütterlich behandelt wird, wie bei dem ver¬ 
dorbenen Kunstausdrucke „Der Keraphyton“, dann wird neben dem 
bereits wiederholt dagewesenen „per Klysmara“ statt: „per Klysma“ 
(io xXvGfj* r) nächstens wohl auch „per orem“ statt „per os“ u. dgl. ra. 
in die Veterinärliteratur Eingang finden. 

Die äussere Aehnlichkeit des Strahls beim Hufkrebs mit dem 
provisorischen Strahle und der Sohle des fötalen Hufes, auf welche 
Möller 1. c. S. 238 und 239 hinweist, hat wohl hier wie dort wesent¬ 
lich den nämlichen Grund. In beiden Fällen spielt jedenfalls die starke 
Durchfeuchtung der betreffenden Gewebe eine nicht unbedeutende Rolle. 

Wie Möller, so bezweifle auch ich, dass der Huf krebs mit Sarcom 
und Carcinom irgend eine Gemeinschaft hat. Von einer Generalisation 
des Uebels, wie dieselbe bei beiden malignen Geschwulstformen schliess¬ 
lich regelmässig zu erfolgen pflegt, ist mir beim Hufkrebs nichts be¬ 
kannt. 

Was die Aetiologie des Strahlkrebses anbelangt, so glaube ich, 
dass Möller in folgendem Passus das Wesentlichste des uns bis jetzt 
Bekannten angegeben hat. S. 245 1. c. sagt derselbe: „Wenn ein 
kleinerer oder grösserer Abschnitt der Huflederhaut z. B. in Folge 
einer Verletzung in einen aCuten Entzündungsprocess versetzt ist, so 
wird der letztere durch den Druck von Seiten der benachbarten Horn- 
raassen oft unterhalten. Sofern nicht eine zweckmässige Behandlung 
eintritt, macht die Entzündung in der Umgebung leicht Fortschritte. 
Eine Tendenz zur fortschreitenden Ausbreitung der Entzündungsprocesse 
lässt sich bekanntlich an der Huflederhaut oft beobachten und findet 
in dem Angegebenen eine Erklärung. Auch die chronischen Entzündungs¬ 
vorgänge sind denselben Einflüssen ausgesetzt und können auf diese 
Weise zu allmählig um sich greifenden Wucherungen führen. Das 
Fehlen des physiologischen Druckes, dem die Huf lederhaut (sonst) 
ausgeset?t ist, mag hierbei auch eine Rolle spielen. Jedenfalls kann 
es nicht befremden, wenn wir unter solchen Umständen hyperplastische 
Vorgänge in der Huf lederhaut ablaufen sehen, welche zwar in ihrem 
Verlaufe mit den heteroplastischen Neubildungen eine grosse Aehnlich¬ 
keit haben, den noch'aber nur einfache Hyperplasien bilden. Nach 
meiner Ansicht werden gar manche derjenigen Bildungen, die wir als 
Strahlkrebs bezeichnen, auf diese Weise angeregt und unterhalten.“ 

Dieser Ansicht bin auch ich. Wir haben es demnach bei „manchen 
derjenigen Bildungen, die wir als Strahlkrebs zu bezeichnen pflegen“, 
zweifellos mit entzündlichen Neubildungen, somit nicht mit eigent- 


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86 


PUETZ, 


liehen Geschwülsten zu thun. Diese entstehen bekanntlich selten auf 
entzündetem Boden, sondern verdanken ihre Entstehung grösstentheils 
unbekannten Ursachen. Den entzündlichen Neubildungen ist es über¬ 
dies eigentümlich, dass sie bei noch so beträchtlicher Wucherung im 
Wesentlichen homöoplastische Gewebe produciren. In Bezug auf das 
Zustandekommen der papillösen Wucherungen beim Huf krebs glaube 
ich auch hier wieder auf die Bedeutung des Blutreichthums des be¬ 
treffenden Hufes und auf den Grad der Durchfeuchtung desselben auf¬ 
merksam machen zu müssen. Im Jahre 1855 habe ich in meiner 
Praxis einen Fall behandelt, der mich zu dieser Ansicht geführt und 
in derselben bestärkt hat. Bei einem Pferde mit traumatischer Huf- 
fleischsohlen- und Fleischstrahl-Entzündung waren die Horntheile um 
die Wände herum abgetragen und längere Zeit hindurch Fussbäder 
von lauwarmem Wasser angewendet worden. In Folge dessen hatten 
sich Papillarwucherungen gebildet, in deren Umfang der Zerstörungs- 
process in ganz ähnlicher Weise wie beim Strahlkrebs um sich griff. 
Die Heilung des Uebels wurde in einiger Zeit erzielt, nachdem an 
Stelle der Fussbäder eine systematische Austrocknung des Hufes ge¬ 
treten war. Einen ähnlichen Fall theilt Haubner 1. c. S. 299 und 
400 mit. Und so glaube ich, sind auch die meisten, wenn nicht alle 
Strahlkrebse bei einer entsprechenden Behandlung bald zu heilen, so 
lange sie noch auf leicht zugängliche Partien der Sohle und des 
Strahles beschränkt sind. Dringen sie aber in schwer zugängliche 
Vertiefungen der Huflederhaut ein, so gestalten sich die Verhältnisse 
weit ungünstiger. Man erkennt dies in instructivster Weise dann, 
wenn bei einem Patienten, der auf mehreren Hufen an Hufkrebs 
leidet, das an der Sohlenfläche oft bedeutend ausgebreitete Uebel in 
kurzer Zeit und bei der nämlichen Behandlung heilt, während an 
einem anderen, scheinbar in geringerem Umfange erkrankten Hufe, 
das Uebel hartnäckig fortbesteht. Es stellt sich dann in der Regel 
nachträglich heraus, dass hier der Verschwärungsprocess tiefer in die 
Einbuchtungen der Huflederhaut eingedrungen ist. Besonders hart¬ 
näckig sind nach meinen Erfahrungen alle Fälle, bei denen der Ver¬ 
schwärungsprocess auf der Fleischwand sich in grösserem Umfange 
ausgebreitet hat. Die bei ein und demselben Patienten auftretende, 
oft sehr bedeutend verschiedene Hartnäckigkeit des Hufkrebses lässt 
sich doch wohl nur auf locale und nicht auf allgemeine innere Zu¬ 
stände zurückfuhren. Gleichwohl soll nicht bestritten werden, dass 


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Wesen und Behandlung des sog. Hufkrebses. 87 

auch letztere Vorkommen und der Heilung manchmal Hindernisse be¬ 
reiten können. 

Für die Therapie des Strahlkrebses gelten alle Prinzipien, welche 
bei Behandlung fungöser Geschwüre überhaupt massgebend sind. Zer¬ 
störung der Wucherungen, Behinderung ihrer Neubildung und der 
Zersetzung des Wundsecretes, sodann die Beförderung einer normalen 
Hornbildung, sind die Hauptaufgaben, welche jede Kunsthülfe zu 
lösen bestrebt sein muss. Es handelt sich demnach um Bloslegung, 
Aetzung, Desinfection und Corapression der Geschwürsoberflächen. So 
weit es thunlich ist, wird man also allerorts über den kranken Stellen 
der Huf lederhaut das Horn abtragen, um jene mit den Heilmitteln 
direct erreichen zu können. Es ist nur sehr schade, dass sich dies 
in manchen Fällen so sehr schwer ausführen lässt, während die Vor¬ 
schrift doch so einfach und sicher klingt. Ich habe recht oft solche 
Abtragungen vorgenommen und bei denselben keine nennenswerthen 
Schwierigkeiten gefunden, wenn es sich um Sohle und Strahl handelt. 
Wo indess der Verschwärungsprozess auf der Fleischblättchenschicht 
bereits eine grössere Ausdehnung erlangt hat, da muss man es selbst 
versucht haben, die unterminirte Hornwand abzutragen, um zu wissen, 
dass dies in gründlicher Weise deshalb nicht so leicht geschehen kann, 
weil die Grenze zwischen gesund und krank erst bestimmt erkannt zu 
werden pflegt, wenn die Fleischwand blossgelegt ist. Ueberdies ver¬ 
breitet sich der Zerstörungsprozess keineswegs immer in geradon Linien, 
sondern tritt auch nesterweis auf. Und wie Möller ganz richtig angiebt, 
sind die zerfallenen Gewebe eine Zeit lang noch von einer Hornlage 
überdeckt. Dadurch wird man in die missliche Nothwendigkeit ver¬ 
setzt, ab und zu immer wieder neue und weiter reichende Abtragungen 
vornehmen zu müssen, wodurch die Heilung und noch mehr die 
Wiederherstellung der endlichen Arbeitsfähigkeit des Patienten sehr 
in die Länge gezogen wird. Derartige Operationen haben mich aber 
darüber belehrt, dass der Verschwärungsprozess an der Huflederhaut 
bei sog. Huf krebs lange Zeit bestehen kann, ohne dass papillöse 
Wucherungen sich zeigen. Wird aber die Hornwand über den kranken 
Stellen abgetragen, so schiessen sehr schnell üppige Wucherungen auf 
der schwärenden Fleischwandoberfläche hervor. Wenn Möller der¬ 
artige Wandkrebse wirklich behandelt und geheilt hat, so begreife ich 
nicht, dass seinem Scharfsinn diese Dinge entgangen sein sollten. 

Wegen der Schwierigkeit der Abtragung und des späteren Er¬ 
satzes der ganzen Hornwand habe ich versucht, die kranke Fleisch- 


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88 


PUETZ, 


blättchenschicht in anderer Weise für den Zutritt des flüssigen’ Aetz- 
mittels zugänglich zu machen. Möller bezweifele die Möglichkeit? 
grössere Abschnitte der Fleischwand mit Erhaltung eines später trag¬ 
fähigen Theiles der Hornwand derart freilegen zu können. Nichts 
desto weniger ist dieser Zweifel unbegründet. Wenngleich es erst 
nach wiederholten Versuchen und Bemühungen endlich gelingt, so ist 
die Unsicherheit dieses Verfahrens doch kaum grösser, als bei gänz¬ 
licher Abtragung umfangreicher Hornwandpartien. Ich habe bei einem 
Pferde, bei welchem beiderseits die Hornwand losgelöst war, diese 
versuchsweise auf der einen Seite abgetragen, auf der anderen Seite 
stehen lassen und an letzterer mehrere Monate früher radicale, bis auf 
den heutigen Tag reichende Heilung erzielt, als auf der entgegen¬ 
gesetzten Seite. Allerdings gelingt dies nicht immer so. 

Wer sogenannte Wandkrebse nicht nur behandelt, sondern auch 
radical geheilt hat, der weiss, wie schwer es oft ist, die Anwesenheit 
des Zerstörungsprocesses an höher gelegenen Partien der Wand von 
vorn herein zu erkennen. Es wird Anderen wie mir ergangen sein, 
dass das Leiden an Sohle und Strahl bis auf eine feuchte Stelle an 
und in der weissen Linie geheilt war, die dann oft erst nach langer 
Zeit — und zwar erst nach Blosslegung eines entsprechenden Theils 
der Fleischwand — endlich zur Heilung gelangt. Man versäume des¬ 
halb nie bei Sohlenkrebsen, die bis zur Wand reichen, die weisse Linie 
frühzeitig genau zu sondiren, um etwa vorhandene kranke Stellen 
möglichst bald zu entdecken. Man pflegt zu sagen: „durch Schaden 
wird man klug“. Auch ich habe diese Erfahrung theucr genug mit 
Opfer an Arbeit und Zeit, sowie durch anderweitige Unannehmlich¬ 
keiten bezahlt. Wo solche Trennungen vorhanden sind, suche ich einen 
mit Flachs umwickelten und mit Aetzflüssigkeit getränkten Holzspiess 
zwischen Fleisch wand und Hornblättchen einzuschieben und seitlich 
weiter zu bewegen, indem ich denselben mit dem Aetzmittel durch 
Aufgiessen desselben wiederholt tränke. Ich hoffe dieses Verfahren 
im Lauf der Zeit noch verbessern zu können; wünschenswerth genug 
ist dies, und ich denke, es wird auch mehr oder weniger gelingen. 

Seit einigen Jahren habe ich nun als Aetzmittel eine Anzahl 
Versuche mit dem sogenannten „Caustique Vivier 44 angestellt. Möller 
drückt dies etwas anders aus. Er stellt ferner die betreffende Mischung 
als bekannt hin, indem er deren Zusammensetzung ohne weitere Be¬ 
merkung nach einer durch mich veranlassten und veröffentlichten Ana¬ 
lyse anführt. Dass diese Flüssigkeit der ihr von Vivier beigegebenen 


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Wesen und Behandlung des sog. Hufkrebses. 


89 


Anpreisung nicht entspricht, habe ich bereits an einem anderen Orte 
mitgetheilt. Sie wirkt indess besser, als irgend ein von mir früher 
versuchtes anderes Mittel. Bei ihrem Gebrauch habe ich die bis jetzt 
zu Wege gebrachten Heilungen mehrerer Hufkrebse, worunter nament¬ 
lich ein sehr schwerer Fall von Wandkrebs, ohne Druckverband und 
bei Application des Mittels von 3 zu 3 oder 5 zu 5 Tagen erzielt. 
So wirksam ja ein Druckverband auch sein mag, so weiss doch Jeder, 
dass es für die Landpraxis in vielen Fällen nicht möglich ist, täglich 
einen neuen Druckverband anlegen zu können. Es muss demnach 
erwünscht erscheinen, die Erneuerung des Verbandes möglichst zu er¬ 
leichtern und seltener nothwendig resp. die Application eines Druck¬ 
verbandes womöglich ganz überflüssig zu machen. Ob dies erreichbar 
ist oder nicht, kann nur durch Versuche, nicht aber durch blosses 
Zweifeln entschieden werden. Von diesem Gesichtspunkte aus habe 
ich hier eine Anzahl Versuche mit dem Vivier’schen Mittel angestellt 
und dabei im Laufe der Zeit mancherlei unangenehme, immerhin aber 
auch einige angenehme und nützliche Erfahrungen gemacht. Soweit 
meine seitherigen Beobachtungen reichen, glaube ich, dass ein Druck¬ 
verband durch Escharotica etc. ersetzt werden kann. Dass das Vi- 
viersche Mittel den vielfach auf dasselbe gesetzten, theils exorbitanten 
Erwartungen nicht entsprochen hat, haben mir inzwischen auch andere 
frühere Verehrer desselben mitgetheilt. Solche Mittheilungen scheinen 
auch dem Erfinder zahlreich zugegangen zu sein, da derselbe die 
Flüssigkeit in neuerer Zeit wesentlich anders zusammengesetzt ver¬ 
sendet, als ehemals. Im Frühjahr (1880) schrieb ich an Vivier um 
nochmalige Uebersendung zweier Fläschchen seines Hufkrebsmittels. 
Statt einer gelben Flüssigkeit erhielt ich diesmal eine schwärzliche, 
welche ich durch einen hiesigen Chemiker, Dr. Drenkraann, habe 
untersuchen lassen. Der mir zugegaugenen Analyse gemäss besteht 
das Mittel aus: 

Antimonpentachlorid 9,15 
Chromchlorid . . . 5,91 

Chlorkalium . . . 0,71 

Chlorwasserstoff . . 4.73 

Wasser.69,50 

Da auch dieses Mittel keine Heilung bewirkte, so suchte ich bei 
der menschenärztlichen Chirurgie Rath und fand denselben in König’s 
Lehrbuch der speciellen Chirurgie, Berlin 1879, S. 775, woselbst gegen 
eine beim Menschen im Ganzen selten vorkommende Ulceration des 


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90 


PUETZ, Wesen und Behandlung etc. 


Nagelbettes „Plumbum nitricum“ als wirksam gerühmt wird. Auch 
in Husemann’s Materia medica, Berlin 1875, Band II, S. 510 ist 
fragliches Mittel gegen das nämliche Leiden empfohlen. Nach dem 
Gebrauche desselben habe ich bei zwei Pferden, die bereits über ein 
Jahr an ausgebreitetem (Wand- und Sohlen-) Hufkrebs in hiesiger 
Veterinärklinik behandelt worden waren, ohne dass Heilung erzielt 
wurde, in verhältnissmässig kurzer Zeit vollständige Heilung eintreten 
sehen. Beide Pferde sind bereits seit einiger Zeit ihren Eigentümern 
gesund und diensttauglich zurückgegeben worden, und ich zweifle kaum 
daran, dass bei jenen das Uebel eben so wenig recidiviren wird, als 
dies bei irgend einem anderen von mir hier geheilten hufkrebskranken 
Pferde der Fall gewesen ist. — Was nun die Anwendung des Plum¬ 
bum nitricum anbelangt, so sei kurz bemerkt, dass ich dasselbe als 
feines Pulver auf die zuvor gereinigte Geschwürsoberfläche aufstreue 
und dies so oft wiederhole, als unter dem Schorfe noch ein Gewebs¬ 
zerfall stattfindet. Wenn der Schorf überall festsitzt und nicht mehr 
leicht abgehoben werden kann, beginnt unter demselben die Horn¬ 
bildung. Dass bei dieser Behandlung alle unterminirten Homtheile 
entfernt und die ganze Geschwürsoberfläche biosgelegt werden muss, 
versteht sich wohl von selbst. 

Das Plumbum nitricum wird sich wahrscheinlich besonders bei 
solchen Huf krebsen nützlich erweisen, bei denen der Gewebszerfall 
ziemlicli beträchtlich ist. Es ist wünschenswerth, dass auch Andere, 
welche dieses Mittel demnächst versuchen, die mit demselben erzielten 
Erfolge veröffentlichen würden, um über den Werth desselben als 
Heilmittel gegen Hufkrebs ein bestimmteres Urtheil zu erlangen. 


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y. 


Ueber den Einfluss der Fütterung auf die Milcbbildung 

bei Ziegen. 

Nach Versuchen der Studirenden der Thierarzneikunde Brinkmann, Henze, 
Kammerhof, G. König, W. Ludewig und A. Straube mitgetheilt 

von 

Dr. Immanuel Munk, 

Assistenten am pbysiol. Laboratorium der Kgl. Thicrarzneischule. 


Auf Veranlassung des Herrn Director Prof. Dr. Roloff sind seit 
einiger Zeit an der hiesigen Thierarzneischule Untersuchungen im 
Gange, zu deren Ausführung Studirende höherer Semester, insofern 
sie Befähigung und Zuverlässigkeit bewiesen haben, herangezogen 
werden. Die Theilung der Arbeit geschieht hierbei in der Weise, 
dass die chemisch-analytischen Bestimmungen im chemischen Labo¬ 
ratorium von Herrn Professor Pinn er und dessen Assistenten Herrn 
Dr. Hörmann geleitet und beaufsichtigt werden, während der eigent¬ 
lich physiologische Theil, die Anordnung und Einrichtung des Stoff¬ 
wechselversuchs selbst, sowie die Sichtung des aus den einzelnen Be¬ 
stimmungen sich zusammensetzenden Materials und die Darstellung 
der Ergebnisse dem Referenten zufällt. Von diesen Untersuchungen, 
die weiterhin noch fortgesetzt werden, soll hier über eine erste Reihe 
berichtet werden, welche von dem Einfluss der Fütterung auf Qualität 
und Quantität der Milch bei der Ziege handelt. 

Als Versuchstiere dienten 2 Ziegen in der 11. Woche der Lac- 
tation. Das Körpergewicht von Ziege I. betrug zu Anfang der Ver¬ 
suche 22,5 Kilo, das Körpergewicht von Ziege II. betrug 20,6 Kilo. 
Die Ziegen wurden regelmässig Morgens 7 Uhr und Abends 6 Uhr 
gemolken; die gesammelte Abend- und Morgenmilch eines jeden Tages 
wurde analysirt. Die Versuche begannen am 24. Juni und wurden 
am 2. August 1880 beendet. 


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92 


MUNK, 


Ueber die analytischen Methoden sei folgendes bemerkt: 

Das spec. Gewicht wurde vermittelst des Aräometers bestimmt. 

Bei der Bestimmung der festen Stoffe wurde nach einer durch Herrn 
Dr. Hör mann uns mündlich bekannt gewordenen Modification von Hilger ver¬ 
fahren. Ein kleines Volumen Milch, circa 1 — 2 Ccm., wird auf einen tiefen 
Platindeckel gebracht, abgewogen und bei massiger Temperatur, zunächst über 
freiem Feuer, getrocknet. Das Braunwerden des Rückstandes, welches durch Zer¬ 
setzung des Zuckers bei höherer Temperatur bedingt ist und einen kleinen Fehler 
mit sich bringt, umgingen wir dadurch, dass wir der im Trockenofen ziemlich 
eingetrockneten Milch die letzten Spuren von Wasser unter der Luftpumpe ent¬ 
zogen. Zu diesem Behufe setzt man den Platindeckel auf ein anderes, mit 
Schwefelsäure gefülltes Gefäss und bringt beide unter den Recipienten. Nach 
24 Stunden wurde die erste Wägung gemacht. Die Austrocknung wurde so lange 
fortgesetzt, bis der Rückstand bei wiederholter Wägung keine Gewichtsabnahme 
mehr zeigte. Aus der so erhaltenen Menge der festen Stoffe in einem bestimmten 
Gewicht der Milch lässt sich dann leicht der procentarische Gehalt berechnen z. B. 

Tiegel -j-Milch wiegt 5,2570 Grm. 

Tiegel wiegt 3,7735 Grm. 

Milch = 1,4835 Grm. 

Tiegel -f-Rückstand = 3,9475 Grm. 

_ Tiegel = 3,7735 Grm. 

Rückstand = 0.1740 Grm. 

folglich: 1,4835 : 0,1740 = 100 : x, x = 11,73 pCt. 

Die Fettbestimmungen wurden mit Hülfe des Soxhlet’schen conti- 
nuirlichen Fettextractionsapparates gemacht: 10 Ccm. Milch werden 
in einer Porzellanschale mit 20 Grm. pulverisirten Gyps ver¬ 
setzt und auf einem Wasserbade von 90—100 0 so lange ge¬ 
trocknet, bis der Rückstand vollkommen weiss erscheint und 
eine grobkörnige, sandähnliche Masse bildet. Hierauf schüttet 
man die getrocknete Milch auf ein Filter und bringt dieses in 
den Extractionsapparat. Es besteht dieser aus einem weiten 
Glasrohr a von etwa 4 Ccm. Durchmesser, welches oben 
offen und unten bis auf die Oeffnung b geschlossen ist. 

Dieses Rohr dient zur Aufnahme des Filters mit der getrock¬ 
neten Milch. An b ist eine dünne U-förmige Röhre e ange¬ 
schmolzen, welche die Communication zwischen Röhre a und 
c herstellt. Die Röhre c ist an a angeschmolzen und unten 
offen, ausserdem communicirt sie durch d mit a. Um den 
Apparat in Thätigkeit zu setzen, fügt man an c luftdicht 
einen gewogenen, mit Aether halb gefüllten Kolben h an, das 
Rohr a wird oben mit einem Rückflusskühler, dessen Rohr 
durch g angedeutet ist, ebenfalls luftdicht in Verbindung ge¬ 
setzt. Bringt man jetzt den Kolben in ein Wasserbad von 
60 — 80°, so verflüchtigt sich der Aether schnell, die 
Dämpfe entweichen durch d , strömen in den Kühler g , werden 
dort verdichtet und continuirlich fliesst aus g Aether auf die 



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Fütterungseinfluss auf Milchbildung bei Ziegen. 


93 


getrocknete Milch, um hier das Fett zu extrahiren. Ist Rohr a mit dem Aether 
bis zum Niveau n der Röhre e gefüllt, so wirkt diese als Heber und sämmtlicher, 
extrahirtes Fett enthaltender Aether fiiesst in den Kolben h zurück. Alsdann 
beginnt dasselbe Spiel von neuem. In 1 V 2 —2 Minuten hat gewöhnlich der 
Aether einmal seine Bahn durchlaufen. Man lässt den Apparat so lange arbeiten, 
bis voraussichtlich alles Fett extrahirt ist; — 35 Minuten sollen nach Soxhlet 
genügen, doch haben wir, um ganz sicher zu gehen, stets 1 \ 2 —2 Stunden ex¬ 
trahirt. Um nun den im Kolben befindlichen Aether von Fett zu trennen, de- 
stillirt man ersteren ab und lässt den Kolben noch 24 Stunden im luftverdünnten 
Raum stehen und wägt ihn dann. Die Gewichtszunahme des Kolbens giebt den 
Fettgehalt von 10 Ccm. Milch an. 

Der Zucker wurde nach zwei Methoden bestimmt, um so eine Oontrole der 
einzelnen Analysen zu erhalten: 

1) Durch die optische Prüfung nach Hoppe-Seylers Methode. Zu 
diesem Behufe wird eine bestimmte Menge Milch mit dem halben Volumen einer 
Lösung von Bleizucker versetzt und die Flüssigkeit über mässigem Feuer bis 
nahezu 100° unter möglichsten Cautelen gegen Wasserverdampfung erhitzt. Das 
Gemisch bleibt bis zum völligen Erkalten ruhig stehen und wird dann filtrirt. 
Das Filtrat, eine klare, durchsichtige, schwach gelb gefärbte Flüssigkeit wird 
mittelst des Polarisationsapparates auf den Grad der Ablenkung der Polarisa¬ 
tionsebene in einer 0,1 Mtr. langen Röhre untersucht und daraus der Zucker be¬ 
rechnet. War die Milch schon an sich sauer, so wurde sie vorher durch Zusatz 
von Natriumcarbonat neutralisirt. Wir benutzten zum Polarisiren den Halb¬ 
schattenapparat von Gellet-Cornu l ) (Polarimetre ä penombre). 

2) Durch dieTitrirmethode: 10 Ccm. Milch werden in einen Kolben 
gebracht, welcher 100 Ccm. siedendes Wasser enthält. Die Ausfällung des Ca¬ 
seins und der Butter wird durch den Zusatz einiger Tropfen sehr verdünnter 
Essigsäure und 20 Ccm. Glaubersalzlösung beschleunigt. Hierauf wird erkalten 
gelassen, filtrirt, das Filtrat in einen graduirten Cylinder gebracht und bis 
auf ein bestimmtes Volumen z. B. 200 Ccm. verdünnt. Die erhaltene Flüs¬ 
sigkeit wird, gut umgeschüttelt, in eine Bürette gefüllt. — In einem Kolben 
werden 10 Ccm. Fehling’scher Lösung stark mit Wasser verdünnt und dann zum 
Kochen erhitzt, zu dieser stets im Kochen zu erhaltenden Flüssigkeit lässt man 
aus der Bürette cubikcentimeterweise jenes Filtrat zufliessen, bis die blaue Lösung 
gänzlich entfärbt und alles gelöste Kupferoxyd als Oxydul niedergefallen ist. 
Man liest hierauf ab, wieviel von der verdünnten, von Fett und Casein befreiten 
Milch nöthig war, um 10 Ccm. Fehling’scher Lösung zu reduciren und berechnet 
hieraus den Milchzucker. Die Fehling'sche Titrirflüssigkeit besteht aus einer 
Lösung von 34.65 Grm. Kupfervitriol in 160 Ccm. Wasser und einer Lösung von 
173 Grm. weinsaurem Kali-Natron in 600—700 Grm. Natronlauge vom spec. 
Gewicht 1,12. Beide Lösungen mit einander gemischt geben eine tiefblaue 
Flüssigkeit. Es sind nun 0,067 Grm. Milchzucker erforderlich, um 10 Ccm. 


*) Das empfehlenswerthe Instrument ist von den hiesigen Mechanikern 
Schmidt & Haensch (Stallschreiberstr. 4) in sehr schöner Ausführung zum 
Preise von 120 Mark zu beziehen. 


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94 


MÜNK, 


Fehling’scher Lösung zu reduciren, demnach enthält die verbrauchte Quantität 
der verdünnten Milch 0,067 Milchzucker. Man nimmt z. B. 10 Ccm. Milch, 
fällt Casein und Fett durch Zusatz von Essigsäure und Glaubersalzlösung aus, 
filtrirt die durch Abstehen geklärte Milchflüssigkeit ab und verdünnt sie auf 200 
Ccm., also um das 20 fache. Braucht man nun zum Entfärben von 10 Ccm. 
Fehling’scher Lösung 32,8 Ccm. von der Milchflüssigkeit, so enthielten diese 
32 8 

32,8 Ccm.: -£rp- oder 1,64 Ccm. Milch. Daraus berechnet sich: 1,64 : 0,067 
= 100 : x, x = 4,08 pCt. Zucker. 

Zur Bestimmung der Salze wurden in einem gewogenen Platintiegel 10 
Ccm. Milch verascht und die Asche unter Zusatz von Ammoniumnitrat *) so lange 
geglüht, bis sie vollkommen weiss erschien. Die gewogene Asche giebt die Salze 
für 10 Ccm. Milch an. 

Bestimmung der Eiweisse. Anstatt die directe umständliche Bestimmung 
der Eiweisse vorzunehmen, wurden dieselben einfach berechnet, indem die Summe 
des Zuckers, des Fettes und der Salze von dem festen Rückstand abgezogen 
wurde. Der Salzgehalt wurde nicht jedesmal für sich bestimmt, sondern der aus 
späteren Analysen für Durchschnittsfutter sich ergebende Gehalt von 0,76 pCt. 
an Salzen, der übrigens auch mit von Anderen ausgeführten Bestimmungen des 
Salzgehaltes in der Ziegenmilch gut übereinstimmt, der Berechnung zu Grunde 
gelegt. 


Erste Ziege, Körpergewicht 22,5 Kilo. 

I. Fütterungsperiode vom 24. Juni bis 2. Juli. Eiweissreiche 
Nahrung, bestehend aus: 

500 Grm. Heu, 

300 Grm. Weizenkleie, 

150 Grm. Maisschrot, 

3 Liter Wasser pro die. 

Das von mir für je einen Tag abgewogene Futter wurde in allen 
Fütterungsperioden in 3 möglichst gleiche Rationen getheilt und zu 
jeder Ration vor der Verabreichung noch 1 Liter Wasser hinzugegeben. 

500 Grm. Heu enthalten 425 Grm. Trockensubstanz und zwar 
47,5 Grm. Eiweiss, 11,5 Grm. Fett, 201,5 Grm. Kohlehydrate und 
stickstofffreie Extractivstoffe. Vom Eiweiss sind nach Stohmann 
verdaulich 60 pCt., in diesem Futter also 28,5 Grm. 300 Grm. 
Weizenkleie enthalten 261 Grm. Trockensubstanz; davon kommen auf 
Eiweiss 43,5 Grm., auf Fett 10,5 Grm., auf Kohlehydrate und stick¬ 
stofffreie Extractivstoffe 161 Grm. Vom Protein sind 75 pCt. ver¬ 
daulich, in unserm Falle also 32,62 Grm. 

l ) Ammoniumnitrat wird beim Glühen gerade auf in N 2 0 (Lustgas) und 
H 2 0 (Wasser) zersetzt nach der Formel: NH 4 N0 3 = N 2 0 -j- 2H 2 0. 


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Fütterungseinfluss auf Milohbildung bei Ziegen. 


95 


In 150 Grra. Schrot sind 130,9 Grm. Trockensubstanz enthalten 
und zwar Eiweiss 15,9 Grra., Fett 9,7 Grm., Kohlehydrate und stick¬ 
stofffreie Extractivstoffe 94,8 Grm. Die Verdaulichkeit des Eiweisses 
vom Maisschrot beträgt nach Stohmann 85 pCt., oder in 150 Grm. 
Schrot erhält die Ziege 13,51 Grra. verdauliches Eiweiss. In Summa 
wurden zugeführt: 

Eiweiss 106,9 Grm., verdaulich 74,63 Grm., 

Fett 31,7 Grm., 

Kohlehydrate und stickstofffreie Extractivstoffe 457,3 Grm., 
also stickstofffreie Stoffe im Ganzen 489 Grm. Das Nährstoffverhält- 
niss der stickstoffhaltigen zu den stickstofffreien Stoffen im Futter ist 
also = 1: 6,5. 

Die Milch zeigte bei diesem Futter folgende Zusammensetzung: 


Datum 

Menge 
in Ccm. 

spec. Gew. 

Rückstand 

Grm. 

Fett 

Grm. 

Zucker 

Grm. 

Eiweiss 

Grm. 

24.-25. Juni 

535 

1031 

62,06 

19,04 

25,14 

13,82 

25.-26. . 

550 

1031 

62,42 

14,57 

25,13 

17,54 

27.-28. . 

525 

1029 

61,16 

19,68 

24,67 

12,82 

28.-29. . 

480 

1030 

58,36 

17,9 

20,16 

16,66 

29.-30. „ 

500 

1031 

62,5 

18,95 

23,0 

16,75 

30.— 1. Juli 

445 

1029 

49,39?*) 

16,77 

20,91 

? 


Die tägliche Milchmenge betrug im Mittel 505,83 Ccm. 

Die Menge der festen Stoffe 61,3 Grm. 

Die Fettmenge 17,81 Grm. 

Die Zuckermenge 23,16 Grm. 

Die Eiweissmenge 15,51 Grm. 

Wir ersehen aus dieser Fütterungsperiode, dass bei eiweissreicher 
Nahrung sowohl Menge als auch spec. Gewicht und die übrigen Be- 
standtheile hoch und nahezu constant bleiben, denn so geringe Unter¬ 
schiede, wie sie obige Zahlen zeigen, dürfen nicht auffallen, da diese 
allein ihren Grund in der verschiedenen Milchmenge haben, welche 
täglich secernirt wurde. Der procentarische Gehalt ist, wie folgende 
Tabelle zeigt, nahezu constant. 


*) Offenbar liegt bei der Analyse des Trockenrückstandes an diesem Tage 
ein Fehler vor; bei der Berechnung auf das Mittel ist daher dieser Werth ausser 
Acht gelassen. 


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96 


MÜNK, 


Datum 

Menge 
in Ccm. 

Rückstand 

in Procenten 

Fett 

Zucker 

24.—25. Juni 

535 

11,6 

3,5fi 

4,7 

25.-26. „ 

550 

11,35 

2,65 

4,57 

27.-28. „ 

525 

11,65 

3,75 

4,7 

28.-29. „ 

480 

12,16 

3,73 

4,2 

29.—30. „ 

500 

12,5 

3,79 

4,6 

30.— 1. Juli 

445 

11,1 

3,77 

4,7 


Dass das Futter einen entscheidenden Einfluss sowohl auf Quan¬ 
tität als auch Qualität der Milch auszuüben vermag, zeigt die 

II. Fütterungsperiode an derselben Ziege vom 2. bis 13. Juli. 
Die Ziege erhielt eiweissärmeres Futter und zwar: 

500 Grm. Heu, 

150 Grm. Weizenkleie, 

150 Grm. Maisschrot, 

3 Liter Wasser. 

Es wurden dem Versuchsthier also 16,3 Grm. verdauliches Ei- 
weiss weniger zugeführt als in der vorhergehenden Versuchsreihe. 



verdauliches Eiweiss 

Fett 

Kohlehydrate u. stick¬ 
stofffreie Extractivstoffe 

500 Grm. Heu enthalten 
150 „ Kleie * 

150 „ Schrot „ 

28.5 Grm. 

16,3 „ 

13.5 „ 

11,5 Grm. 
5,2 „ 

9,7 „ 

201,5 Grm. 

80,5 „ 

94,8 „ 


58,3 Grm. 

26,4 Grm. 

376.8 Grm. 



| 403,2 Grm. stickstofffreie Stoffe 


Das Nährstoffverhältniss der stickstoffhaltigen Stoffe zu den stick¬ 
stofffreien ist 1 : 6,9. 

Die Untersuchung der Milch ergab: 


Datum 

Menge 
in Ccm. 

spec. Gew. 

Rückstand 

Grm. 

Fett 

Grm. 

Zucker 

Grm. 

Eiweiss 

Grm. 

2.— 3. Juli 

585 

1030,5 

69,05 

20,59 

25,74 

18,28 

4.- 5. „ 

490 

1031,0 

58,05 

16,95 

21,07 

16,31 

5.- 6. „ 

500 

1031,5 

60,25 

16,2 

27,5 

12,75 

6.— 7. „ 

436 

1032,5 

50,61 

13,38 

20,49 

13,43 

7.- 8. „ 

390 

1029,5 

48,50 

16,8 

17,94 

10,8 

8.- 9. . 

355 

1030,0 

42,24 

13,77 

14,39 

11,39 

9.-10. „ 

355 

1029,0 

42,81 

13,91 

14,2 

12,01 

11.-12. „ 

310 

1030,0 

39,49 

14,57 

11,19 

11,38 

12.-13. , 

300 

1028,5 

33,12 

10,2 

7,92 

17,36 


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Pötterungseinfluss auf Milchbildung bei Ziegen. 


97 


Das Mittel beträgt für die Menge 413,44 Ccm. 

Für feste Stoffe 44,45 Grm. 

Für Fett 15,15 Grm. 

Für Zucker 17,82 Grm. 

Für Eiweiss 14,85 Grm. 

Hieraus ergiebt sich, dass der geringere Eiweissgehalt des 
Futters wesentlich auf Quantität und Qualität der Milch 
eingewirkt hat; denn wir haben erhebliche Differenzen zwischen 
der Milch von Versuchsreihe I. und II. So für: 

Menge — 92,39 Ccm. 

Feste Stoffe — 16,85 Grm. 

Fett — 2,66 Grm. 

Zucker — 5,34 Grm. 

Eiweiss — 1,66 Grm. 

Die vorstehende Fütterungsreihe bietet noch in verschiedener Hin¬ 
sicht Interesse. 

An den ersten 3 Tagen nähert sich die Grösse des Milchertrages 
wie der festen Stoffe noch der der vorhergehenden Versuchsreihe. 
Es kann dies auch nicht Wunder nehmen. Da, wie auch aus ander¬ 
weitigen Erfahrungen hervorgeht, die eingeführte Nahrung nicht direct 
auf die Milchbildung einwirkt, sondern nur indirect, insofern die rege 
Neubildung der bei der Secretion zum Theil zu Grunde gehenden 
Drüsenzellen ’) nur bei reichlicher Ernährung ermöglicht ist, so wird 
beim Uebergang von einer reichlichen Ernährung zu einer minder 
reichlichen erst nach mehreren Tagen sich derjenige Zustand geltend 
machen, bei welchem infolge der knappen Ernährung die Regeneration 
der Drüsenzellen nach Umfang und Stärke abniramt, daher die Arbeit 
der Drüse mehr und mehr erlahmt. Dann sinken die Milchraengen 
und der Gehalt des Secretes an festen Bestandtheilen nimmt ab. 
Wird nun die minder reichliche Nahrung beibehalten, so sinkt der 
Milchertrag wie die Menge der mit der Milch ausgeschiedenen festen 
Stoffe mehr und mehr, und so finden wir denn schon am 9. Tage 
der minder reichlichen Ernährung den Milchertrag gegenüber den 

*) Nach Heidenhain’s neuesten Untersuchungen (vergl. dessen Artikel: 
Physiologie der Absonderungsvorgänge; in Hermann’s Handbuch der Physio¬ 
logie. Bd. V. 1. S. 384. Leipzig 1880) geht bei der Milchsecretion nur am 
inneren d. h. dem Hohlraume der Alveolen zugekehrten Ende der Drüsenzellen 
Abstossung und Verflüssigung des Zellleibes vor sich, der sich von dem Aussen- 
ende her regenerirt. 

Archiv f. wissen»ch. u. prakt, Thiorheilk. VlLlu.2. 7 


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98 


MUNK, 


ersten Tagen dieser Periode von 500 auf 300 Ccm., also um 40 pCt. 
und die Rückstandsmenge von 69 auf 33 Grm., also um 52 pCt ge¬ 
sunken. Da nun die Menge des Milchrückstandes stärker absinkt, 
als die Menge der gebildeten Milch, so muss, abgesehen von der ge¬ 
ringeren Quantität, auch die Qualität der Milch eine Ver¬ 
schlechterung erfahren haben. Zur besseren Uebersicht über diese 
Verhältnisse folgt die Aufstellung der procentarischen Zusammen¬ 
setzung der Milch an den einzelnen Versuchstagen: 


Datura 

Menge 

Ccm. 

spec. Gw. 

Rückstd. 

in Procenten 

Fett | Zucker 

Eiweiss 

2. 

— 3. 

Juli 

585 

1030,5 

11,8 

3,52 

4,4 

2,12 

4. 

- 5. 

„ 

490 

1031,0 

11,84 

3,46 

4,3 

3,22 

5. 

- 6. 

* 

500 

1031,5 

12,0 

3,24 

5,5 

2,55 

6. 

- 7. 


436 

1032,5 

11,61 

3,07 

4,7 

3,08 

7. 

- 8. 


390 

1029,5 

12,44 

4,31 

4,6 

2,47 

8. 

- 9. 


355 

1030,0 

11.9 

3,88 

4,06 

3.2 

9. 

-10. 

n 

355 

1029,0 

12.06 

3,92 

4,0 

3,38 

11. 

-12. 


310 

1030.0 

12,74 

4,7 

3,61 

3,67 

12. 

-13. 

n 

300 

1028,5 

11,04 

3,4 

2,64 

4,24 


An den ersten 3 Tagen macht sich noch der Einfluss der vorher¬ 
gehenden Fütterung geltend, es ist daher, streng genommen, nicht zu¬ 
lässig, aus den gesammten Zahlen dieser Periode, wie dies oben ge¬ 
schehen ist, das Mittel zu ziehen, es müsste dies vielmehr von dem 
Tage ab geschehen, an welchem sich der neue Fütterungsmodus zuerst 
auffallend geltend machte, dies würde sein der 6. oder 7. Juli. 

Für die ersten 3 Tage beträgt das Mittel für: 

Menge 525 Ccm. 

Rückstand 62,45 Grm. 

Fett 17,91 Grm. 

Zucker 24,77 Grm. 

Für die übrigen Tage dieser Reihe: 

Menge 357,6 Ccm. 

Rückstand 44,12 Grm. 

Fett 13,43 Grm. 

Zucker 14,35 Grm. 

Wir sehen also eine Differenz: 

In der Menge von — 164,4 Ccm. = —32 pCt. 

In den festen Stoffen von — 18,33 Grm. = — 29 pCt. 

Im Fett von — 4,48 Grm. = — 25 pCt. 

Im Zucker von — 10,42 Grm. = — 42 pCt. 


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Fütterungseinfluss auf Milchbildung bei Ziegen. 


99 


Der Eiweissgehalt, der im Mittel der ersten 3 Tage 15,78 Gnn. 
betrug, stellt sich im Durchschnitt der 6 folgenden Tage anf 12,72, 
also ergiebt sich eine Differenz von 3,06 Grm. = — 19 pCt. 

Auffallend ist, dass auch der Zuckergehalt bei eiweiss¬ 
ärmerer Nahrung eine Abnahme erfährt, nicht nur absolut, 
sondern auch relativ. Bei Kühen sieht man dies nicht, auch von 
der Ziege erwähnt es weder Stohmann 1 ) noch Weiske 2 ). Ein 
analytischer Fehler kann nicht vorliegen, da die Untersuchungsmethode 
auf Zucker bei allen Reihen dieselbe war. Durch weitere Unter¬ 
suchungen, da die vorliegenden wegen Schluss des Semesters abge¬ 
brochen werden mussten, sollen diese Beobachtungen fernerhin ge¬ 
sichert werden. 

Der Eiweissgehalt ist procentarisch noch höher geworden, während 
die absolute Eiweissmenge geringer ist. Hieraus folgt, dass die Ab¬ 
nahme des mit der Milch ausgeschiedenen Eiweisses, ebenso wie die 
des Fettes, nur von der geringeren Milchquantität herrührt. 

Es bewirkt also eine weniger reichliche Eiweisszufuhr 
in erster Linie eine Herabsetzung der Grösse des Milch¬ 
ertrages, die Güte der Milch, d. h. ihr Gehalt an festen 
Stoffen zeigt bei der Ziege nur in Bezug auf den Zucker 
eine Abnahme. Es bestätigt ferner vorstehende Versuchsreihe die 
Erfahrung, dass von allen Nährstoffen in erster Linie die Alburainate 
der Nahrung auf die Quantität und Qualität der Milch von vor¬ 
wiegendem Einfluss sihd. Für den Einfluss der Albuminate der 
Nahrung auf die Milch spricht auch die citirte Versuchsreihe von 
Weiske an einer Ziege, welche bei täglicher Verfdtterung von 1500 
Grm. Kartoffeln und 375 Grm. Strohhäcksel 739 Grm. Milch lieferte, 
in einer darauf folgenden Periode bei Zusatz von 250 Grm. Fleisch¬ 
mehl zum früheren Futter dagegen 1054 Grm. Milch gab, während 
der procentarische Gehalt an Fett von 2,71 auf 3,14 und die tägliche 
absolute Fettmenge von 19,96 auf 33,21 Grm. sich erhöhte. 

Dass bei spärlicherer Zufuhr von Eiweissstoflfen mit dem Futter 
die Milch nicht nur entsprechend der geringeren Secretionsgrösse, son¬ 
dern auch relativ an Zucker verarmt, dürfte für das physiologische 


*) Zeitschrift für Biologie. 1870. S. 204. Biologische Studien. Braun¬ 
schweig 1873. 

2 ) Journal für Landwirthschaft 1878. S.447. Vgl. noch E. Wolff, Die Er¬ 
nährung der landwirtschaftlichen Nutzthiere. Berlin 1876. S. 500ff. 

7 * 


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100 


münk, 


Verständnis keine besonderen Schwierigkeiten bieten. Zwar ist über 
den chemischen Process der Zuckerbildung in der Milch nichts Be¬ 
stimmtes ermittelt; es kann indess nicht wohl bezweifelt werden, dass 
der Milchzucker, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch zum grössten 
Theil dem Zerfall der Albuminate entstammt: denn auch bei reiner 
Fleischfütterung haben Carnivoren in ihrer Milch nach Bensch 1 ) und 
Subbotin 2 ) einen erheblichen Zuckergehalt. Ist nun die Eiweiss¬ 
zufuhr und secundär der Eiweisszerfall in der Milchdrüse verringert, 
so dürfte sich auch eine Abnahme des aus dem zerfallenden Eiweiss 
hervorgehenden Milchzuckers geltend machen. 

Um die Ziege wieder auf den früheren höheren Eiweissstand zu 
bringen, wurde sie nun mit dem eiweissreichen Futter der ersten Versuchs¬ 
reihe gefüttert. Diese Mehrgabe von Eiweiss konnte den Ertrag und 
die Güte der Milch nicht sofort heben, vielmehr musste der Körper 
erst auf seinem früheren Ernährungsstande anlangen, ehe die Wirkung 
des reichlicheren Futters auf die Milch sich geltend machen konnte. 
Es stieg daher innerhalb der nächsten 4 Tage weder die Quantität 
der Milch an, noch änderte sich ihre Qualität. Es ist dies jedenfalls 
ähnlich der Ausscheidung des Kochsalzes durch den Harn bei Hunden, 
verglichen mit der Zufuhr des Salzes. Führt man nämlich einem 
Hunde nach längerem Kochsalzhunger, während dessen er ungeachtet 
mangelnder Kochsalzzufuhr stets Chlornatrium mit dem Harne ausge¬ 
schieden hat, Kochsalz in genügender Menge wieder zu, so wird sich in 
den ersten Tagen keine erhöhte Ausscheidung von Kochsalz bemerklich 
machen, da der Körper dasselbe so lange für sich in Anspruch nimmt, 
bis die Gewebe das ihnen entzogene Salz wieder gewonnen haben; erst 
wenn dies geschehen ist, wird auch durch den Harn so viel Kochsalz 
ausgeschieden, als der eingeführten Menge entspricht. 

Leider lässt sich der Beweis dafür, dass der Uebergang von 
eiweissärraerem zu eiweissreicherem Futter auf die Milchbildung von 
analoger Wirkung ist, nicht stricte führen, weil diese Zwischenperiode 
der reichlicheren Eiweisszufuhr mit dem Futter sich nur auf 4 Tage 
erstreckte. 

Indessen ist nach den erwähnten Erfahrungen über die Aenderung 
in der Quantität und Qualität der Milch beim Uebergang von einer 
eiweissreichen Nahrung zu einer solchen von minderem Gehalt an 


*) Annalen der Chemie und Pharmacie. 1874. Bd. 111. S. 221. 
3 ) Virchow’s Archiv 1866. Bd. 36. S. 561. 


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Fütteruogseinfluss auf Milcbbildung bei Ziegen. 


101 


Eiweiss nicht wohl zu bezweifeln, dass sich bei weiterer Ausdehnung 
der eiweissreichen Fütterung auch die Milchbildung in der angedeu¬ 
teten Weise verhalten haben würde. 

Da in der nächsten Fütterungsperiode der Einfluss des Salz¬ 
gehaltes im Futter auf den Salzgehalt der Milch festgestellt 
werden sollte, so wurde auch in der Zwischenperiode nur die Menge 
des Rückstandes und speciell der Salze in der Milch bestimmt. 

Bei der Prüfung fand sich: 




specif. 

Gewicht 

Rückstand 

Salze 

Datum 

Menge. 

in pCt. 

Gesammt- 

gehalt 

in pCt. 

Gesammt- 

gehalt 

13.-14. Juli 

260 

1028 

13,15 

34,19 

0,79 

2,05 

14.-15. . 

270 

1030 

13,27 

35,82 

0,77 

2,07 

15-16. „ 

282 

1031 

12,61 

35,56 

0,72 

2,03 

16.-17. . 

210 

— 

12.38 

25,99 

0,74 

1,61 


Im Mittel betrug der absolute Gehalt an Salzen 1,94 Grm., der 
relative Gehalt 0,76 pCt. 


III. Fütterungsperiode vom 19.—30. Juli. 

An Salzen reiches Futter: 

300 Grm. Weizenkleie, 

2 Kgrm. Kartoffeln mit Schale, 

l 1 2 Liter Wasser zum Eindämpfen der Kartoffeln, welche mit 
Schale und Kochwasser verabreicht wurden. 

300 Grm. Weizenkleie enthalten: 

10,5 Grm. Fett, 

32,69 „ verdauliches Eiweiss, 

161 „ Kohlehydrate. 

Die Kartoffeln enthalten: 

2 pCt. verdauliches Eiweiss, 

0,3 „ verdauliches Fett, 

1,03 ?! Salze, 

20,7 * Kohlehydrate. 

Daraus geht hervor, dass der Ziege zugeführt wurden: 

An verdaulichem Eiweiss: 40 -f- 32,6 = 72,6 Grm. 

An verdaulichem Fett: 6 + 10,5 = 16,5 Grm. 

An verdaulichen Kohlehydraten: 414 -f- 161 =575 Grm. 
Ausserdem an Salzen mit den Kartoffeln allein 20,6 Grm. 


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102 


MUNK, 


Das Nährstoffverhältniss der Stickstoff haltigen zu den stickstoff¬ 
freien Stoffen =1:8. 

Da die Wirkung, welche Zunahme der Kohlehydrate im Futter 
auf die Milchbildung äussert, bekannt ist, nicht aber der Einfluss 
einer vermehrten Salzzufuhr, so ist hier hauptsächlich auf Salze und 
feste Stoffe geprüft worden: 


Datum 

Menge 

specif. 

Gewicht 

Gesammtgehalt 
Rückstd. | Salze 

in Pro 

Rückstd. 

centen 

Salze 

19.-20. 

Juli 

270 

1031,5 

35,42 

2,26 

13,12 

0,84 

20—21. 


280 

1031,0 

47,46 

1,90 

13,38 

0,68 

21.—22. 


284 

1030,5 

33,05 

2,32 

11,64 

0,82 

22.-23. 


285 

1032,5 

84,96 

2,39 

12,27 

0,84 

23.-24. 

n 

240 

1035,0 

30,31 

2,04 

12,63 

0,85 

26.-27. 


275 

1032,5 

33,60 

2,50 

12,22 

0,91 

27.-28. 

n 

290 

1031,0 

34,01 

2,34 

11,73 

0,81 

28.-29. 

« 

270 

1033,0 

30,88 

2,21 

11,44 

0,82 

29.-30. 


' 280 

1033,5 

31,94 

2,21 

11,41 

0,79 


Eine nähere Betrachtung vorliegender Tabelle lehrt, dass sowohl 
der absolute als auch der relative Salzgehalt bei einer an 
Salzen reichen Fütterung ansteigt. Procentarisch stellt sich 
die Sache wie folgt: Die Salzmenge beträgt im Mittel während der 
Vorperiode 0,759 pCt., während der Kartoffelperiode 0,81 pCt. Es 
ist demnach eine relative Steigerung von 7 pCt. zu beobachten. Be¬ 
rechnen wir die absoluten Mengen der Salze in der Milch auf das 
Mittel, so erhalten wir für die Vorperiode 1,94 Grm., für die an 
Salzen reiche Kartoffelperiode 2,24 Grm. Die absolute Zunahme be¬ 
trägt demnach 15 pCt. 

Die Salzmenge würde wahrscheinlich einen noch höheren Werth 
erreicht haben, wenn die Ziege das ihr dargereichte Futter vollständig 
verzehrt hätte, was während der letzten Tage nicht mehr der Fall 
war. Indess beweist dieser Umstand a potiori, dass eine reichliche 
Zufuhr von Salzen den Salzgehalt der Milch steigert. Es wird noch 
ein Gesichtspunkt sein für weitere Untersuchungen, die für später 
geplant sind, festzustellen, welche Salze der Milch bei reichlicher 
Salzzufuhr zunehraen und welche Salze der Nahrung es hauptsäch¬ 
lich sind, die reichlicher in die Milch übergehend die Ursache 
sind, dass durch den Genuss einer solchen Milch z. B. leicht Diar¬ 
rhöen entstehen, wie man dies erfahrungsgemäss nicht gerade selten 
sieht, wenn die Kühe mit salzreichem Futter, so Schlempe, Press¬ 
rückstände etc. gefüttert werden. Durch Abnahme der festen Stoffe, 


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Fütterungsemiluss auf Milchbildung bei Ziegen. 


103 


wie sie unsere Tabelle zeigt, ist die Milch schlechter geworden. Da 
nach den von anderen Forschern gewonnenen Erfahrungen eine an 
Kohlehydraten reiche Nahrung die Zuckermenge nicht ändert, nach 
Vorstehendem aber infolge der gleichzeitigen reichlicheren Salzzufuhr 
mit dem Futter, der Salzgehalt der Milch zugenommen hat, so ist 
die geringere Qualität der Milch auf eine Abnahme des Fett- und 
Eiweiss-Gehaltes zurückzuführen. 

Die zweite Ziege war, bevor ihre Milch analysirt wurde, mit 
Futter von mittlerem, den Bedarf des Thieres deckenden Eiweissgehalt 
gefuttert worden; während der Versuchsperiode erhielt sie das näm¬ 
liche Futter, wie die erste Ziege während der zweiten Fütterungs¬ 
periode, nämlich: 



verdauliches Eiweiss 

Fett 

Kohlehydrate u. stick¬ 
stofffreie Extractivstoffe 

500 Grm. lfcu enthalten 
150 „ Kleie * 

150 „ Schrot 

28.5 Grm. 

16,3 „ 

13.5 „ 

11,5 Grm. 
5,2 „ 

0,7 „ 

201,5 Grm. 

80,5 „ 

94,8 „ 

3 Liter Wasser. 

58,3 Grm. 

26,4 Grm. 

376.8 Grm. 


| 403,2 Grm. stickstofffreie Stoffe 


Das Nährstoffverhältniss der stickstoffhaltigen zu den stickstoff¬ 
freien Stoffen im Futter ist also = 1 : 6,9. 

Die Analysen ergaben folgende Resultate: 


Datum 

Menge 

spec. Gew. 

Rückstd. 

Zucker 

mm eil 

Eiweiss 

in 

, 

o 

2 

Proceni 

o 

3 

Zucker 

2— 3 

Juli 

305 

1030,0 

34,95 

11,59 

10,06 

10,99 

11,46 

3,3 

3,8 

4.— 5. 


340 

1032,5 

34,17 

14,28 

9,69 

7,35 

10,05 

2,85 

4,2 

5.— 6. 


415 

1031.0 

47,18 

18,26 

13,69 

12,03 

11,37 

3,3 

4,4 

6.— 7. 


335 

1031.0 

38,56 

14,74 

10.31 

10,97 

11,82 

3,08 

4,4 

7.— 8. 


290 

1030,5 

V 

13,05 

13.54 

— 

12,88 

4,67 

4,5 

8.— 9. 


275 

1030.0 

36,02 

11,02 

10,8 

11.81 

13,1 

3,98 

4,01 

9—10. 


240 

1030,5 

30,79 

11,28 

10.8 

6.89 

12.83 

4,5 

4 7 

11.—12. 


300 

1030.0 

38,46 

14,7 

11,94 

9,54 

12,82 

3,98 

4,9 

12—13. 

T» 

290 

1031,0 

38,54 

12.73 

12,96 

10.65 

13,29 

4,47 

4,39 

13.-14. 

«9 

345 

1029,0 

46,64 

14,35 

16,56 

13,11 

13,52 

4,8 

4,16 


Als absolute Werthe haben wir im Mittel für: 
Menge 313,5 Ccm. 


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104 


MUNK, 


Rückstand 37,26 Grra. 

Zucker 13,6 Grm. 

Fett 12,03 Grra. 

Das Mittel für die relativen Werthe beträgt für: 

Rückstand 12,31 pCt. 

Fett 3,89 pCt, 

Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die einzelnen Werthe nicht 
bedeutend schwanken. Dieser Umstand berechtigt zu dem Schluss, 
dass die Ziegen bei gleichbleibender Ernährung mit einem Futter von 
mittlerem Eiweissgehalt einen nicht sehr grossen aber constanten 
Milchertrag zeigen und eine Milch liefern, welche nach Massgabe ihres 
Rückstandes und speciell ihres Fettgehaltes noch als gut bezeichnet 
werden darf. Aus dieser Reihe, sowie aus der zweiten Fütterungs¬ 
periode bei der ersten Ziege ergiebt sich, dass ein eiweissärmeres 
Futter in erster Linie die Menge der Milch, nicht aber die Güte der¬ 
selben herabsetzt. 

In der zweiten Periode vom 15.—30. Juli wurde frisches 
Weidegras gefüttert, welches von einem hierfür ausgewählten Wiesen¬ 
strich täglich in der erforderlichen Quantität frisch gemäht wurde. 
Es hat diese Fütterungsweise besonderes Interesse, weil Gras ja das 
gewöhnliche Futter der Ziegen ist. 

Die Ziege erhielt pro die: 

3 Kgrm. Gras. 

Gutes Weidegras enthält in 100 Grm.: 

25 Grm. Trockensubstanz, 

3 Grm. Eiweissstoffe — verdaulich 70 pCt., 

13,1 Grm. Kohlehydrate und stickstofffreie Extractivstoffe — 
verdaulich 79 pCt., 

0,08 Grm. Fett, welches vollständig verdaut wird; 
endlich noch: 

6 Grm. Cellulose — verdaulich 69 pCt. 

Ausserdem wurden noch gereicht 150 Grra. Schrot mit: 

13,51 Grm. verdaulichem Protein, 

9,7 * Fett, 

94,8 „ Kohlehydrate. 

Vom Gras nutzt die Ziege aus: 

63 Grm. Eiweissstoffe, 

310,2 „ Kohlehydrate, 


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Fütterungseinfluss auf Milchbildung bei Ziegen. 


105 


2,4 Grm. Fett, 

12,42 „ Cellulose. 

Im Ganzen wurden 76,5 Grm. verdauliches Eiweiss und 417,1 Grm. 
stickstofffreie Stoffe zugeführt, also Nährstoffverhältniss = 1 : 5,5. 

Zu dieser Nahrung kommen noch 3 Ltr. Wasser hinzu. 

Zur besseren Uebersicht folgt die tabellarische Zusammenstellung 
der Untersuchungsergebnisse: 


Datum 

Menge 

specif. Gew. 

Rück¬ 

stand. 

in Grm. 

o 

Gesamm 

«- 

CJ 

a 

S2 

itmenge 

A T? 
o G 
:a je 

i 

in pCt. 

o 

Zu 

Zucker 

15.-16. Juli 

260 

1029.5 

33,93 

10,97 

11,1 

13,05 

4,22 

4.27 

16.—17. 

n 

350 

1028,0 

48,16 

18.30 

13,86 

13,76 

5.23 

3,96 

19—20. 


310 

1028.5 

41.97 

16,77 

12,86 

13.54 

5,41 

4.15 

20.-21. 


360 

1029,5 

49,75 

19.84 

15,55 

13,82 

5,54 

4,32 

21-22. 


350 

1030.0 

47,81 

19,46 

14,03 

13,66 

5,56 

4,01 

22.-23. 

n 

360 

1025,0 

39.80 

17,17 

12.27 

11,05 

4.77 

3,41 

23.-24. 

w 

350 

1027,5 

45,92 

20,58 

16,20 

13,12 

5.88 

4,63 

25.- 26. 

n 

370 

1030,0 

49,35 

19,42 

16,16 

13,34 

5.25 

4,37 

26. -27. 


325 

1031,5 

45.59 

16.28 

13,87 

14,03 

5.01 

4.27 

28.-29. 


350 

1030,0 

48,72 

18,9 

14,66 

13,92 

5,4 

i 4,19 

29.-30. 


350 

1030,0 

49,03 

19,21 

14,38 

14,01 

5,49 

4,11 


Es zeigt sich bei dieser Nahrung gegenüber der vorigen eine 
bedeutende Steigerung des Fettgehaltes der Milch, sowohl relativ als 
auch absolut und zwar relativ um 35 pCt., absolut um 46 pCt. Der 
Zuckergehalt bleibt constant. Die Rückstandsmenge steigt relativ um 
8 pCt., absolut um 19 pCt. Die Quantität ist in den ersten Tagen 
der Versuchsperiode im Verhältniss zu den letzten Tagen, wo sich der 
Einfluss der Nahrung besonders geltend machen konnte, gering, sie be¬ 
trägt in den ersten 3 Tagen im Mittel 306 Ccm., in den letzten Tagen 
352 Ccm., demnach beeinflusst reichliche Grasfiitterung den Milchertrag, 
sie hebt ihn, ferner erfährt auch die Qualität durch Zunahme an festen 
Stoffen, speciell an Fett, eine beträchtlichere Verbesserung. Man 
könnte hiergegen ein wenden, dass dieser Einfluss auf Steigerung 
der Milchmenge und Güte der Milch, nicht der Grasfütterung als 
solcher zu verdanken sei, sondern vielmehr der reichlicheren Zufuhr 
an Albuminaten mit dem verfütterten Gras. In der That ist in dieser 
Periode 76,5 Grm. verdauliches Eiweiss zur Einfuhr gelangt gegenüber 
58,3 Grm. der Vorperiode, es hat also eine Steigerung der Zufuhr 
an Albuminaten um 31 pCt. stattgefunden. Indess ist hiergegen an- 


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106 


MUNK, Fütterungseiofluss etc. 


Zufuhren, dass nach den bisherigen Erfahrungen eine Steigerung der 
Eiweisszufuhr um kaum V 3 keine so erhebliche Zunahme in der täg¬ 
lichen absoluten Fettraenge der Milch, nämlich um fast die Hälfte, 
zur Folge hat, während die Milchmenge dabei nur um 15 pCt. an¬ 
gestiegen ist. In der schon angeführten Versuchreihe von Weiske 1 ) 
an einer Ziege stieg bei ei weissreichem Futter gegenüber der Vor¬ 
periode bei eiweissärmerem Futter die Menge der Milch um 42 pCt. 
und der Gesammtgehalt an Butter um 65 pCt. Diese Erfahrung auf 
den vorliegenden Fall angewandt, hätte bei einer Zunahme der Milch¬ 
menge um 15 pCt. der Gehalt an Butter um 23 pCt. steigen müssen; 
in Wirklichkeit ist die Buttermenge um 46 pCt. angestiegen, also 
gerade um das Doppelte der zu erwartenden Zunahme. Finden wir 
doch selbst bei der ersten Ziege in der ersten Fütterungsperiode, in 
welcher fast genau ebensoviel Eiweiss gegeben wurde (s. S. 94), die 
absolute tägliche Fettmenge in der Milch sogar noch etwas geringer, 
obwohl sich die Ziege im besseren Ernährungszustände befand und 
dem entsprechend auch eine grössere Milchmenge lieferte, als die 
zweite Ziege bei der nämlichen eiweissreichen Nahrung. In der 
That sind Fettprocentzahlen, die zwischen 5 und 5,88 schwanken, in 
der Ziegenmilch durchaus ungewöhnlich. Nach alledem, glauben wir, 
kann nicht wohl bezweifelt werden, dass, abgesehen von dem reich¬ 
lich verfütterten Eiweiss auch dem guten Weidegrase als solchen ein 
Einfluss auf die Verbesserung des Milch, und speciell ihres Butter- 
gehaltes zukommt. 

Fassen wir die gewonnenen Resultate zusammen, so ergiebt sich, 
dass bei der Ziege eine eiweissreiche Nahrung in erster Linie die 
Grösse des Milchertrages beeinflusst. Geht man zu einem eiweiss¬ 
ärmeren Futter über, so sinkt der Milchertrag erheblich; dagegen 
bleibt die Zusammensetzung der Milch bis auf den Zuckergehalt, der 
bei der Ziege eine Abnahme zeigt, ganz wie bei der ei weissreichen 
Fütterung. Bei reichlicher Salzzufuhr nimmt die Menge der durch die 
Milch ausgeschiedenen Salze zu und zwar ebensowohl absolut als 
relativ. Der durch zahllose Erfahrungen constatirte günstige Einfluss 
bei der Fütterung mit gutem Weidegras auf den Milchertrag und die 
Güte, speciell den Buttergehalt der Milch wird durch vorstehende 
Versuchsreihe bestätigt. 


l ) Journal für Landwirtschaft. 1878. 


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Nochmals der Galop. 

Von 

Braun, Oberrossarzt. 


Erfreulicherweise hat mein Beitrag 1 ) zur Erklärung des Galops 
der Pferde zu weiteren Versuchen Veranlassung gegeben und somit 
das Interesse für einen einfach und hinreichend erklärt erscheinenden 
Gegenstand wach gerufen. 

In dem kleinen Aufsatze suchte ich klar zu legen, dass im na¬ 
türlichen Galop der Pferde die Füsse nach dem Sprunge in der¬ 
selben Reihenfolge niedergesetzt werden, in der sie den Erdboden 
verlassen, d. h. dass der vorgreifende (inwendige) Vorderfuss zuerst 
und der schleudernde (auswendige) Hinterfuss zuletzt auf den Erd¬ 
boden kommt. Ich trat dadurch, wie vorher schon Roloff, Krane 
u. A., der Ansicht der meisten Thierärzte und Reitkundigen entgegen, 
nach welcher die Beine in umgekehrter Reihenfolge niederkommen 
sollen, in der sie den Boden verlassen, d. h. der schleudernde (aus¬ 
wendige) Hinterfuss soll zuerst und der vorgreifende (inwendige) 
Vorderfuss zuletzt auffallen. 

Zu dieser letzteren Ansicht bekennt sich auch Ellenberger 2 ), 
der nach Veröffentlichung meines Aufsatzes seine und somit die An¬ 
sicht der meisten Thierärzte zu beweisen sucht. Ellenberger legte 
zu diesem Zwecke an die fraglichen Füsse der Versuchspferde zu einer 
Quart stimmende thüringer Glocken so an, dass die tiefer tönende 


! ) In diesem Archiv. Band 5. 1879. 

2 ) Ellenberger, Beitrag zur Lehre über die Galopbewegung des Pferdes. 
In diesem Archiv. Band 6. 1880. 


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108 


BRAUN, 


Glocke am Metatarsus des schleudernden (auswendigen) Hinterfusses, 
die höher tönende oberhalb des Carpalgelenkes des vorgreifenden 
(inwendigen) Vorderfusses sich befand. Derartig vorbereitete Pferde 
liess Ellenberger galopiren und will dann beim Niederkommen des 
Pferdes nach dem Sprunge den tieferen Ton stets früher gehört haben, 
als den höheren. Aus diesem angeblichen Factum schloss nun Ellen¬ 
berger weiter, dass der schleudernde (auswendige) Hinterfuss zu¬ 
erst und der vorgreifende (inwendige) Vorderfuss zuletzt niederge¬ 
setzt wird. 

Diesen Schluss halte ich nicht für zulässig, weil der Beweis 
fehlt, dass die Glocken in dem Augenblicke des Aufsetzens der be¬ 
treffenden Füsse ertönen. 

Die einfache Ueberlegung ergiebt schon, dass nach dem Beharrungs¬ 
gesetz die Glocken dann ertönen, d. h. die Klöppel an die Wände 
der Glocken dann anschlagen werden, wenn eine möglichst plötzliche 
Aenderung in der Bewegungsgeschwindigkeit der Füsse stattfindet. 
Eine solche Aenderung tritt ein sowohl beim Fussen, als auch beim 
Abwickeln 1 ) derselben. Mithin muss man a priori annehmen, dass 
jede Glocke bei jedem Schritte resp. Sprunge zweimal tönt, einmal 
beim Abschwingen, das andere Mal beim Aufsetzen des betreffenden 
Fusses. Und dies ist in Wirklichkeit der Fall, wie ich durch folgende 
Versuche beweisen kann. 

Ich liess zwei sogenannte Fesseln anfertigen, wie sie zum Werfen 


*) Ellenberger hat sich vergebens gefragt, was ich mit dem Ausdruck 
„Abwickeln“ bezeichnen will; das wundert mich, da demselben die Weber’- 
sche Erklärung bekannt zu sein scheint und da demselben doch ferner bekannt 
sein muss, dass der Huf des Pferdes bei der Locomotion genau so wie der 
menschliche Fuss zuerst mit den hintersten Theilen, den Trachten, dann mit den 
mittleren und zuletzt mit den vordersten, der Zehe den Erdboden verlässt. Ich 
halte den Ausdruck „Abwickeln“ auch beim Pferdefusse für sehr correct, wenn 
er auch aus der humanen Medicin stammt und will damit bezeichnen, dass der 
Huf sich von Theil zu Theil von hinten nach vorn vom Erdboden ablöst und 
nicht sämmtliche Theile gleichzeitig. Wäre letzteres der Fall, dann würden die 
Ausdrücke „Aufheben, Abheben etc.“ passender sein. — Absolut unerklärlich 
ist mir aber, aus welchem Grunde Ellenberger den Ausdruck „Abwickeln“ bei 
mir monirt, da derselbe doch bereits seit circa 10 Jahren durch Roloff (Be- 
urtheilungslehre des Pferdes. 1870. S. 252 u. folg.) mit Recht in die Veterinär- 
Medicin eingeführt ist; mithin nicht nur den Medicinern, sondern auch wohl 
sicherlich manchem Thierarzte geläufig sein dürfte. 


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Nochmals der Galop. 


109 


der Pferde Verwendung finden. An dem breiteren, mittleren Theile 
jeder Fessel wurde eine TfÖrmige, eiserne Schiene so befestigt, dass 
die beiden kürzeren Schenkel der Schiene in dem Leder eingenäht 
waren, der längere aber frei hervorragte. An diese freien Schenkel 
band ich mittelst Draht zwei zu einer Quart stimmende thüringer 
Glocken, so dass jede Glocke mit ihrer Schiene unbeweglich verbunden 
war, aber vollständig frei herabhing. 

Eine dieser so . zu bereiteten Glocken legte ich oberhalb des 
Vorderfusswurzelgelenkes an und liess die Pferde in ruhigem, 
gleichmässigem Schritt führen. Ich hörte bei jedem Schritte 2 Töne. 
Zwischen beiden Tönen war eine Pause deutlich wahrnehmbar. Nach 
dem zweiten Tone trat eine grössere Pause ein. Um festzustellen, 
wie sich die Töne zu dem Aufsetzen der betreffenden Füsse verhielten, 
wurden diese Füßse der sonst unbeschlagenen Pferde mit Hufeisen 
versehen und die Pferde auf hartem Boden, Trottoir, geführt. Dann 
konnte ich constatiren, dass der eine Ton stets vor dem Aufschlagen, 
der zweite aber stets gleichzeitig mit dem Aufschlagen des Hufeisens 
entstaud. Der erste Ton musste mithin beim Abwickeln, der zweite 
beim Niedersetzen des betreffenden Fusses erzeugt werden. Ich hörte 
zuerst den einen Ton (Ablösen), dann eine kleine Pause (Vorwärts¬ 
pendeln), darauf den zweiten Ton (Aufsetzen), schliesslich eine grössere 
Pause (Stützen des Fusses). Dieser Rhythmus war bei allen Versuchs¬ 
pferden constant. 

Genau dasselbe Resultat erhielt ich, wenn diese Versuche an 
den Hinterfüssen *) ausgeführt wurden. Ich liess auch hier die Füsse 
allein beschlagen und die Pferde auf Trottoir führen. Es traten 
auch jetzt bei jedem Schritte zwei durch eine Pause getrennte 
Töne ein. 

Darauf beobachtete ich die in obiger Art und Weise mit Glocken 
versehenen Pferde in der Trabbewegung. Die Töne folgten nun 
schneller auf einander, die Pausen waren kleiner, aber ich hörte auch 


l ) Ich halte es für meine Pflicht, die Herren Collegen, welche die Versuche 
etwa wiederholen wollen, zur Vorsicht zu ermahnen. Einzelne der Versuchspferde 
benahmen sich, trotzdem von circa 40 Pferden die ruhigsten ausgesucht und sie 
durch vorheriges Läuten daran gewöhnt waren, so ungebehrlich, dass sie mit dem 
betreffenden Hinterfusse trotz angewendeter Strafen so lange aussohlugen, bis 
der Ton verstummte, d. h. die Glocke in Stücke zersprungen und theilweise weit 
fortgeschleudert war. 


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110 


BRAUN, 


jetzt sowohl bei den Pferden, welchen die Glocke an einem Vorder- 
fusse, als auch bei denen, welchen die Glocke an einem Hinterfusse 
angelegt wq,r, bei jedem Schritte stets zwei Töne, von denen der 
zweite gleichzeitig mit dem Aufschlagen des Hufeisens eintrat. 

Anders verhielt es sich im Galop. Ich befestigte eine Glocke 
an dem vorgreifenden (inwendigen) Vorderfuss eines Pferdes, eine 
andere Glocke an dem schleudernden (auswendigen) Hinterfusse eines 
anderen Pferdes. In beiden Fällen folgten die Töne so schnell auf 
einander, dass sie nicht mehr von einander zu unterscheiden waren. 
Dies trat jedes Mal ein, so oft ich die Versuche wiederholte, und es 
muss auch eintreten, denn nach den Berechnungen von Colin, die 
von Bruckmüller *) mitgetheilt sind, macht ein Pferd im Galop in 
jeder Secunde zwoi und einen halben Sprung, mithin erfolgen in jeder 
Secunde, da bei jedem Sprunge der Klöppel mindestens zwei Mal 
gegen die Glocke schlägt, 5 Anschläge und diese reichen vollständig 
aus, um die Glocke in stetem Tönen zu erhalten. — Auch bei diesen 
Versuchen liess ich die .fraglichen, mit Glocken versehenen Füsse be¬ 
schlagen und die Pferde auf Trottoir galopiren. Da die Glocken 
aber permanent läuteten, so war es mir nicht möglich, zu constatiren, 
wie sich der Ton der Glocke zum Aufsetzen des betreffenden Fusses 
zeitlich verhielt. 

Ferner beobachtete ich Pferde, denen an dem vorgreifenden (in¬ 
wendigen) Vorderfusse eine Glocke befestigt und denen der Huf des 
schleudernden (auswendigen) Hinterfusses beschlagen war, beim Ga¬ 
lopiren auf Trottoir. Ich hörte deutlich den Ton der Glocke und 
auch das Aufschlagen des Hufeisens, aber es war auch hier nicht 
möglich festzustellen, ob der fragliche Hinter- oder Vorderfuss zuerst 
niederkommt. 

Endlich wiederholte ich den von Ellenberger empfohlenen 
Versuch. Ich legte an den vorgreifenden (inwendigen) Vorderfuss die 
höher tönende und an den schleudernden (auswendigen) Hinterfuss 
die um 2 Töne tiefer tönende Glocke. Während des Galopirens 
waren die beiden verschiedenen Töne deutlich zu unterscheiden, jedoch 
nicht in der von Ellenberger angegebenen Weise, dass der tiefe 
zuerst und dann der hohe Ton erklang, sondern beide Glocken tönten 
gleichzeitig und ohne Unterbrechung. Mithin konnte ich auch durch 


l ) Bruckmüller. Oesterreichische Vierteljahresschrift. 1880. 


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Nochmals der Galop. 


111 


diesen Versuch nicht constatiren, welcher von den beiden Füssen 
zuerst auf den Erdboden gesetzt wird. — Das anhaltendo, gleichzeitige 
Läuten beider Glocken tritt recht deutlich hervor, wenn man das 
Ohr allein entscheiden lässt, z. B. durch Schliessen dor Augen. Thut 
man dies, so macht es beim Pariren des Pferdes mitunter den Ein¬ 
druck, als wenn der höhere Ton nachklänge. Dies könnte man für 
gleichbedeutend mit dem frühzeitigeren Ertönen der tieferen Glocke 
resp. mit dem frühzeitigeren Niederkommen des betreffenden Hinter- 
fusses halten, das ist aber nicht der Fall, denn als ich die Glocken 
wechselte, so dass die tiefer tönende an dem betreffenden Vorderfuss, 
die höher tönende an dem fraglichen Hinterfusse sich befand, trat 
dasselbe ein, ich hörte auch jetzt den höheren Ton beim Pariren 
nachklingen. Daraus geht hervor, dass nicht die Bewegung der Füsse, 
sondern die Art des Tones selbst das Nachklingen bedingt. 

Durch obige Versuche glaube ich nachgewiesen zu haben, dass 
die von Ellenberger angestellten und so warm empfohlenen Ver¬ 
suche durchaus nicht den Schluss zulassen, den derselbe aus ihnen 
zu ziehen sucht. Vielmehr zeigen sie, dass mittelst des Gehörs, 
wenigstens durch diese Untersuchungsmethode, kein Aufschluss darüber 
zu- erwarten ist, ob der schleudernde (auswendige) Hinterfuss, oder 
der vorgreifende (inwendige) Vorderfuss nach dem Galopsprung zuerst 
auf die Erde kommt. 

Mithin bleibt es auch nach den Versuchen von Ellenberger in 
Betreff der Frage, in welcher Reihenfolge die Füsse der Pferde nach 
dem Galopsprung niederkommen, beim Alten; und Ellenberger 
selbst, der noch vor kurzer Zeit die von mir vertheidigte Ansicht ,in 
scharfer Weise bekämpft, giebt heute zu, dass nach dem Galopsprung 
das Pferd mit dem vorgreifenden (inwendigen) Vorderfuss zuerst 
niederkommen kann. Er sagt wörtlich 1 ): „Ich kann mir denken, 
dass es eine Form des Galops giebt, bei welcher das Pferd mit einem 
Vorderfusse nach dem Sprunge den Boden zuerst berührt.“ Meiner 
Meinung nach ist dies die Galopform, die ich im Auge gehabt habe 
und die als natürlicher Galop bezeichnet wird; die Galopform, 
welche von den Pferden benutzt wird, um schnell vorwärts zu kommen, 
weil sie am meisten räumt. 


') Ellenberger. Erwiderung auf die Erklärung des Herrn Dr. Schmidt- 
Mühlheim. In diesem Archiv. Band 6. Heft 4 u. 5. 


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112 


BRAUN, Nochmals der Galop. 


Auf die ferneren Erörterungen Ellenberger’s einzugehen, unter¬ 
lasse ich, weil ich das gegenseitige Raisonnement für von zu geringem 
practischen Werthe halte; trotzdem Ellenberger Verhältnisse als 
Beweismaterial für seine Ansicht heranzieht, die gerade für meine 
Ansicht sprechen. Ich will nur an das allen Reitern und Thierärzten 
bekannte Factum erinnern, dass, sowie die Galopexercitien der Pferde 
beginnen, Krankheiten am sehnigen Apparate der Vorderfüsse in Folge 
der stärkeren Dehnungen und Prellungen auftreten. Dies würde nicht 
der Fall sein, wenn die Hinterfüsse den Körper nach dem Sprunge 
auffingen. 


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Referate and Kritiken, 


Villem8, Dr., Nouvclles recherches sur la pleuropneumonic 
exsudative de l’espece bovine, et sur l’inoculation de 
cette maladie. Extrait du bulletin de 1’academie royale 
de medecine. Bruxelles. Librairie H. Manccaux, 1880. 

Der bekannte Entdecker und Vertreter der Lungenseucheimpfung 
hat sich vor der belgischen medicinischen Acaderaie in einem längeren 
Vortrage über den gegenwärtigen Stand dieser Frage im Wesentlichen 
wie folgt ausgesprochen: 

Die Theorie der Lungenseucheimpfung hat seit 1851 nicht viel 
Fortschritte gemacht. Zu Gunsten der Impfung hat sich eine be¬ 
trächtliche Bewegung geltend gemacht in Belgien, Italien, Deutsch¬ 
land, Amerika, Afrika, Australien und besonders in Holland. 

Die belgische officielle Commission spricht sich in sehr positiver 
Weise für den prophylactischen Nutzen der Impfung aus. Während 
nicht geimpfte Thiere von der Seuche im Verhältnis von 25 pCt. 
befallen wurden, erkrankten erfolgreich geimpfte Thiere nur im Ver¬ 
hältniss von 1—1V 2 pCt. 

Aus den Erfahrungen der französischen Commission wird Folgen¬ 
des mitgetheilt: Von 48 Stück Rindvieh, welche die Impfung über- 
standen hatten, sind 2 in Folge anderer Ursachen gestorben; 34 der¬ 
selben wurden während einer Zeit von 5 — 6 Monaten dem directen 
Einfluss der Contagion durch Cohabitation mit kranken Thieren aus¬ 
gesetzt. Ebenso 24 nicht geimpfte Thiere, die als Vergleichsobjecte 
dienten. 

Die übrigen 12 geimpften Thiere wurden in einem besonderen 
Stall untergebracht, um noch zu anderen Versuchen zu dienen. In 
diesem Stalle waren sie der directen Berührung mit den kranken 
Thieren nicht ausgesetzt, wurden aber von demselben Wärter gepflegt. 

Archiv f. wiftenseh. n. prakt, Thierheilk. VII. lu, 2. 8 


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Ü4 


LEISTIKOW. 


Von den geimpften Thieren erkrankte eins, welches in dem nicht 
inficirten Stalle untergebracht war, während von den 24 nicht ge¬ 
impften Thieren, die als Vergleichsobjecte dienten, 14 mit auffallenden 
oder nicht auffallenden Symptomen erkrankten. 

A.us dem dritten und letzten Rapport der niederländischen offi- 
ciellen Commission erwähnt W., dass von 51 geimpften Thieren 3 
krank geworden sind, während von 10 nicht geimpften 9 erkrankten, 
von welchen 8 der Seuche erlagen. 

Darauf wircl eine Reihe von Thatsachen und Urtheilen über die 
Impfung aus den verschiedenen Ländern mitgetheilt. 

Frankreich. Das Urtheil, welches die wissenschaftliche fran¬ 
zösische Commission über die Frage gefällt hat, lautet folgender- 
massen: „Die Impfung mit dem Extract aus den Lungen eines an 
Lungenseuche kranken Thieres hat einen präservativen Nutzen. Sie 
verleiht dem Organismus der grössten Zahl derjenigen Thiere, bei 
denen man sic an wendet, eine Immunität, welche dieselben gegen die 
Ansteckung auf eine noch nicht bestimmte Zeit schützt.“ Dieses 
Urtheil ist seitdem bestätigt von Bouley, Sanson, Prince, Saint- 
Cyr, Mathieu, Viseur, Lenglen, Boulay d’Avesnes und vielen 
Anderen, die sich sämmtlich für den Nutzen der Impfung aussprechen 
und sie als ein Mittel ansehen, die Stallsperre abzukürzen. 

Italien. In keinem andern Lande ist die Impfung mehr in 
Ehren gewesen, als hier. Seit 1852 wurden verschiedene Commissionen 
in den einzelnen Provinzen eingesetzt, um den Nutzen der Lungen¬ 
seucheimpfung zu studiren. Die neue Methode verbreitete sich sehr 
schnell, besonders in Ober-Italien, wo der Ackerbau so innig mit der 
Erhaltung des Viehstandes verknüpft ist. Vielfache Erfahrungen 
wurden überall gesammelt. Die Gutachten der Commissionen sprechen 
sich sämmtlich zu Gunsten der Impfung aus, welche unmerklich in 
den gewöhnlichen Gebrauch der Viehbesitzer übergegangen ist. Die 
Commissionen der Ackerbaugesellschaft von Sardinien und Pavia 
haben eine grosse Reihe von Thatsachen referirt, welche ihre für die 
Impfung günstigen Gutachten unterstützen. 

Deutschland. Für dieses Land kann nur das bisher Ge¬ 
sagte wiederholt werden, d. h. dass das System der Impfung 
von fruchtbaren Resultaten gefolgt war; so in Preussen, Württem¬ 
berg, Sachsen, Böhmen und in den übrigen Staaten. Dasselbe findet 
sich näher ausgeführt in den 16 officiellen Rapporten der Re- 


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Referate und Kritiken. 


115 


gierungs-Commission von Oberbamim, bearbeitet von Ulrich, Bretsch, 
Christiani, Hering, Schmidt, Thaer, Vater etc. 

England-Amerika. Die Lungenseuche wurde in England 1842 
durch holländisches Vieh, in Amerika 1843 durch eine deutsche Kuh 
und 1847 durch englisches Vieh eingeschleppt. Der Schaden, der in 
diesen beiden Ländern durch die Seuche verursacht wurde, ist sehr 
hoch. Gamgce giebt denselben für Grossbritannien auf durchschnittlich 
2,000,000 Pfd. Sterl. pro Jahr an. Die Impfung ist hier wie überall 
in Gebrauch genommen worden. Bei den Viehhaltern in London ist 
sämmtliches Vieh geimpft, ebenso auch auf vielen ländlichen Be¬ 
sitzungen und besonders in Irland. 

Australien. Die Lungenseuche herrscht gegenwärtig ausser in 
Neu-Süd-Wales auch in allen anderen australischen Colonien. Sie 
wurde 1858 durch eine englische Kuh eingeschleppt. Dieselbe starb 
6 Wochen nach ihrer Ankunft an Lungenseuche, ein Beweis für die 
lange Incubationszeit dieser Krankheit; denn die Ueberfahrt von Eng¬ 
land nach Australien per Segelschiff dauert ungefähr 3 Monate. 
Uebrigens wurde ein ähnliches Factum am Cap der guten Hoffnung 
bei der Einschleppung der Lungenseuche durch einen holländischen 
Stier beobachtet. 1874 wurde der Chief-Inspector Bruce in Sydney von 
der englischen Regierung nach Belgien, Frankreich, Deutschland etc. 
gesandt, um sich über die Impfung der Lungenseuche und ihren Werth 
als Vorbauungsmittel zu informiren. 

W. hat von Bruce Folgendes erfahren: In Australien giebt es 
ca. 4 Millionen Stück Rindvieh. Die Lungenseuche verbreitete sich 
von Victoria aus bald in der ganzen Colonie und von da in den 
anderen Colonien, d. h. im südlichen Australien, in Neu-Süd-Wales 
und in Queensland, und zwar durch die Zugochsen. Die durch die 
Krankheit verursachten Verluste wurden auf 30—40 pCt. des ge- 
sammten Viehstandes geschätzt, d. h. ungefähr auf 1,404,079 Stück. 
Rechnet man pro Stück nur einen mittleren Werth von 6 Lst., so 
beläuft sich der Gesammtverlust für die 4 Colonien auf 8,500,100 Lst. 
oder 212,500,000 Frs. während 14 Jahren, denn die Krankheit ver¬ 
breitete sich in Australien von 1860 an. Zur Unterdrückung der 
Krankheit wurden verschiedene Mittel versucht; die Tödtung des kran¬ 
ken und verdächtigen Viehes wurde angeordnet, aber diese Massregel 
entsprach ihrem Zweck nicht, sie war ausserdem zu beschwerlich und 
wurde bald wieder verlassen. 1861 wurde die Impfung zum ersten 
Mal durch Thomas Mitchell in Victoria ausgeführt und 1862 in 

8 * 


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116 


LfelSTIKOW. 


Neu-Süd-Wales, darauf verbreitete sie sich allmälig und ist gegen¬ 
wärtig (1874) allgemein und mit vollständigem Erfolge im Gebrauch. 

In seinem 1876 an die englische Regierung erstatteten Bericht 
constatirt Bruce, dass von 1861—1876 mehr als 1,500,000 Haupt 
Vieh in Australien mit unstreitbarem Erfolge geimpft worden sind. 
Er verlangt, dass die Impfung obligatorisch werden solle. Die Schlüsse, 
zu denen Bruce kommt, sind folgende: 

1 ) Die Versuche, die Lungenseuche zu heilen, sind, wie in Austra¬ 
lien, in allen Ländern unfruchtbar geblieben; 

2 ) die Versuche, welche in den Colonien gemacht wurden, die 
Lungenseuche durch Abschlachten der inficirten Hcerden aus¬ 
zurotten, haben ihren Zweck nicht erreicht; 

3) die Impfung wird allgemein ausgeführt und ist als ein aus¬ 
gezeichnetes Mittel gegen die Lungenseuche anerkannt. 

Niederlande. Seit 1830, in welchem Jahre die Seuche zuerst auf¬ 
trat, blieb dies Land während vieler Jahre der hauptsächlichste Herd der 
Seuche in Europa. Von hier verbreitete sie sich nach England, Amerika, 
dem Cap* der guten Hoffnung etc. Ein grosser Theil des Vermögens 
der Niederländer ist beim Viehverkehr engagirt. Im ganzen König¬ 
reich giebt es ungefähr 1,500,000 Haupt Vieh. In Folge dessen ist 
auch die Impfung nirgends mit grösserem Eifer aufgenommen worden 
als hier und muss der niederländischen Regierung für ihre gewissen¬ 
haften Anstrengungen, in Betreff der Impffrage zur richtigen Entschei¬ 
dung zu gelangen, die wohlverdiente Anerkennung gezollt werden. 
Schon 1852 wurde eine Deputation von Thierärzten und Professoren 
der Utrechter Thierarzneischule unter dem Vorsitz des Directors Dr. 
Wellenberg nach Hasselt geschickt, um sich über den Werth der 
Impfung zu informiren. Seit dieser Zeit bis heute ist eine erhebliche 
Anzahl von Erfahrungen gesammelt worden und die günstigen Resultate 
haben nicht auf sich warten lassen. Eine officielle wissenschaftliche 
Commission beim Ministerium des Innern wurde sofort einberufen, welche 
ihr Schlussgutachten zu Gunsten der allgemeinen Ausführung der 
Impfung abgab. In Folge dieses Gutachtens begünstigte und empfahl 
die Regierung die Impfung; da aber diese Massregel der Privatinitia¬ 
tive überlassen blieb, kam es vor, dass die Impfung von unerfahrenen 
Thierärzten und Viehzüchtern, oft mit verdorbenem Impfstoff oder 
mit wirkungslosen Substanzen ausgeführt wurde. In Folge dessen 
traten vielfache Misserfolge ein, welche die Impfung in Misscredit 
brachten. Dieser Umstand verursachte einen Stillstand in der Aus- 


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Referate und Kritiken. 


117 


fuhrung der letzteren und die ursprüngliche Begeisterung für die neue 
Methode ging merklich zurück. Die Regierung nahm unter diesen 
beunruhigenden Verhältnissen ihre Zuflucht zur Massentödtung der 
kranken und verdächtigen Thiere. Aber dieses Radicalmittel war zu 
kostspielig für die Staatskasse, und man musste es wieder verlassen. 
1877 bezahlte der Staat 1,400,000 Frs. und 1879 1,000,000 Frs. 
Entschädigung. Die officiellen vom Departement des Innern an den 
König gerichteten Berichte beziffern die Zahl der lungenseuchekranken 
Thiere im Jahre 1871 für das ganze Königreich auf 6078. Die Zahl 
der kranken Thiere hat seit dieser Epoche abgenornmen, weil von 
der Regierung strengere Massregeln ergriffen und die inficirten Ställe 
genau überwacht worden sind. Die Zahl der lungenseuchekranken 
Thiere wäre noch viel grösser gewesen, wenn man nicht das Mittel 
der sofortigen Tödtung ergriffen hätte, denn bei Eröffnung der Cadaver 
der letzteren wurden mehrfach die Erscheinungen der Lungenseuche 
vorgefunden. 

Inzwischen wurde auch von vielen Viehbesitzern die Impfung mit 
gutem Erfolge fortgesetzt, was durch fast alle Thierärzte der Nieder¬ 
lande bestätigt wird. 1855 forderte die Regierung durch Vermittelung 
der königl. Commissare bei den Provinzialstaaten die Bürgermeister 
und die meisten Gommunen auf, die Viehbesitzer zur Impfung ihres 
Viehes anzuregen. Die Impfung wurde unentgeltlich ausgeführt und 
den dadurch verursachten Schaden trug die Provinzialkasse. 

Eine wichtige Massregel wurde durch Königlichen Erlass vom 
17. April 1875 angeordnet. Nach dieser Verordnung muss jeder 
Viehbesitzer oder Viehhalter, sowie ein Stück seines Viehes von der 
Lungenseuche befallen ist, das sämmtliche übrige Vieh, welches in 
Folge dieses ersten Falles verdächtig geworden ist, durch einen appro- 
birten Thierarzt impfen lassen. Am 30. Juni 1875 wurde weiter 
verfügt, dass, wenn der Besitzer oder Viehhalter oder Wächter der 
Heerden nicht unverweilt seiner Verpflichtung, welche ihm durch vor¬ 
stehende Verfügung obliegt, nachkoramt, die Impfung auf Veranlassung 
des Bürgermeisters stattfindet, vorbehaltlich des gerichtlichen Ein¬ 
schreitens gegen den Säumigen. 

Die Massregeln der Regierung: Impfung, Schlachten kranker und 
verdächtiger Thiere, die Absperrung, die allgemeine Viehzählung, 
hatten als Resultat eine beträchtliche Verminderung der Zahl der 
kranken Thiere, erschienen aber nicht genügend, die Seuche vollständig 
auszurotten. Am 26. April 1877 wurde daher vom niederländischen 


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118 


LEISTIKOW. 


Abgeordnetenhause eine Untersuchung über die Lungenseuche ange¬ 
ordnet. Der Minister des Innern berief eine Commission von 5 Mit¬ 
gliedern, welche ihre Arbeiten zu Anfang des Jahres 1878 begannen. 
Am 11. März 1878 überreichte die Commission den sehr umfang¬ 
reichen Bericht dem Abgeordnetenhause. Dieser Bericht schloss mit 
folgendem Gutachten: Der Zweck, welchen man anstrebt, kann nur 
erreicht werden durch eine strengere Anwendung des Gesetzes von 
1870 und der in Bezug darauf erlassenen Verfügungen und folglich 
durch Ueberwachung der Aufrechterhaltung dieser. Verfügungen, deren 
gute Wirkungen übrigens zweifellos sind. Die Untersuchungscommis¬ 
sion fordert im Uebrigen, dass die Kammer die Nothwendigkeit fol¬ 
gender Punkte ganz besonders betonen möge: 

1) Die Ueberwachung derjenigen Theile des Königreichs durch 
beamtete Thierärzte, wo die Lungenseuche fortgesetzt mit der 
grössten Heftigkeit herrscht; 

2) die sofortige Anzeige des ersten Krankheitsfalles in einer 
Heerde; 

3) die Begünstigung der Impfung des Viehes als Präventivmittel. 

Darauf wurde durch das Gesetz vom 8. August 1878 bestimmt, 

dass die Impfung da, wo diese Massregel erforderlich erscheint, an¬ 
geordnet werden kann. 

Diesem Gesetz folgte am 17. August 1878 eine Königliche Ver¬ 
ordnung, deren wichtigster Artikel wie folgt lautet: 

Art. VI. Alles Rindvieh, welches sich gemäss Art. I in den ab¬ 
gesonderten Kreisen befindet, wird durch approbirte Thier¬ 
ärzte, welche zu diesem Zweck von Unserem Minister des 
Innern berufen werden, geimpft. Allen geimpften Thieren 
wird darauf vermittelst Glüheisens der Buchstabe V auf dem 
rechten Hinterschenkel, unterhalb des Hüftgelenks, einge¬ 
brannt. Alles in die abgesonderten Kreise eingeführte Vieh 
wird innerhalb 3 Tagen nach seiner Ankunft am Bestim¬ 
mungsort ebenfalls durch die beamteten Thierärzte geimpft. 
Das Zeichen wird ihm zwischen dem 7. und 10. Tage nach 
der Impfung auf Veranlassung des Bürgermeisters eingebrannt 
Kein Vieh darf mit gezeichnetem Vieh in Berührung gebracht 
werden, bevor es nicht selbst gezeichnet ist. 

* Die Zwangsimpfung wurde in Süd-Holland, d. h. in dem District 
der Branntweinbrennereien, eingeführt. Seit dem 8. August 1878 bis 
zum 18. Januar 1880 wurden in diesem Kreise 62,374 Thiere geimpft 


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Referate und Kritiken. 


119 


Die Verminderung der Zahl der Krankheitsfälle machte sich sofort 
bemerkbar. 1878 wurden 1206 lungenseuchekranke Thiere erschlagen, 
1879 nur 475. Es giebt jedoch auch in den Niederlanden noch 
Thierärzte, welche die Wirksamkeit der Impfung bezweifeln. 

Belgien. In Belgien wird die Impfung in den meisten land¬ 
wirtschaftlichen und industriellen Etablissements, z. B. den Ställen 
der Branntweinbrenner, permanent ausgefuhrt, während die kleineren 
Landwirthe und Milchhändler ihr Vieh nur bei drohender Gefahr, 
wenn die Seuche in ihre eigenen Ställe oder die ihrer Nachbarn ge¬ 
langt ist, impfen lassen. In Hasselt, Hauptstadt der Provinz Lim¬ 
burg, steht die Rindviehmast auf einer sehr hohen Stufe. Es sind 
daselbst gegenwärtig 20 Branntweinbrennereien in Betrieb. Die Zahl 
der Stücke Rindvieh, welche sie fett machen, beläuft sich durchschnitt¬ 
lich jährlich auf 8802. Es findet ein fortwährender An- und Verkauf 
statt, denn das Vieh bleibt nur ungefähr 5—6 Monate in den Ställen 
der Viehmäster. Letztere sprechen sich sehr günstig über die Impfung 
aus, und es resultirt aus ihren Angaben, dass die durch die Impfung 
selbst veranlassten Verluste sich nicht ganz auf 1 pCt. belaufen, 
während die durch die Lungenseuche verursachten 1—2 pCt. betragen. 

Nach kurzer Anführung der Geschichte der Fortschritte der 
Impfung unterbreitet W. der Akademie praktische und wissenschaft¬ 
liche Betrachtungen über die Lungenseuche. Dieselben werden zu¬ 
sammengefasst in folgenden Sätzen: 

1) Die Lungenseuche ist eine allgemeine Krankheit (totius sub- 
stantiae) und specifisch; 

2) sie ist ansteckend und zwar durch Miasma oder flüchtiges 
Contagium und durch fixes Contagium; sie entsteht nie 
spontan; 

3) die Impfung erzeugt eine allgemeine Krankheit, ganz ähnlich 
der Lungenseuche; 

4) die Lungenseuche befällt mit seltenen Ausnahmen dasselbe 
Thier nur einmal im Leben; 

5) das gehörig geimpfte Thier ist vor der Lungenseuche ge¬ 
schützt, es widersteht der Contagion; 

6) die Impfung hat keine Wirkung auf ein von der Lungen¬ 
seuche genesenes Thier, noch auf ein schon einmal erfolg¬ 
reich geimpftes Thier; 

7) die Lungenseuche ist eine dem Rindergeschlecht eigenthüm- 


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120 


LEISTIKOW. 


liehe Krankheit, sie ist auf andere Thiere oder den Menschen 
nicht übertragbar; 

8) das pathologische Product der Impfkrankheit ist dem Ex¬ 
sudat der Lungen und der anderen Organe erkrankter Thiere 
völlig gleich; 

9) die Impfkrankheit überträgt die Lungenseuche nur durch 
Wiederimpfung; 

10) das frische, flüssige Lungenexsudat eines im 2. oder 3. Sta¬ 
dium kranken Thieres ist am meisten zur Impfung geeignet; 

11) der Schwanz des Thieres ist die beste Impfstelle; , 

12) die Impfung erzeugt heftigere Wirkungen bei denjenigen 
Thieren und Heerden, die schon unter dem Einfluss der 
Seuche stehen, als bei nicht inficirten Thieren und Heerden, 

13) die Impfung wirkt nicht nach Art der Ableitungen, wie z. B. 
Haarseile etc., noch ist es eine septische Infection; 

14) das Virus der Lungenseuche besitzt die Eigenschaften der 
Virus im Allgemeinen, d. h. diejenigen der Ansteckung, der 
Incubation und der Regeneration; 

15) im Lungenexsudat, im Erguss der Pleuren und noch in an¬ 
deren Theilen des kranken Thieres finden sich Körperchen, 
Keime (Corpuscules germes, Mikrobien), welche das wirk¬ 
same Agens der Lungenseuche darstellen; 

16) da die Lungenseuche jetzt besser bekannt ist, darf sie nicht 
mehr zu den virulenten, sondern muss zu den parasitären 
Krankheiten gerechnet werden. 

Eine Uebertragung der Lungenseuche von geimpften auf nicht 
geimpfte Thiere durch Cohabitation findet nach W. nicht statt; in den 
nicht inficirten Ställen, wo man die Impfung an wendet, bleiben die 
nicht geimpften so lange gesund, bis ein krankes Thier eingefuhrt 
wird. Nach den Erfahrungen von Simmonds und H. Bouley scheint 
es, als ob das Virus der Lungenseuche in gewisser Art in den Ge¬ 
weben der Thiere fixirt bleibt, wo es abgelagert ist und sich nicht in 
der Luft verbreitet. Bouley sagt, dass über diesen Gegenstand von 
1870—1874 an der Londoner Thierarzneischule Versuche gemacht 
worden sind. Es wurden verschiedene Infectionsraethoden angewendet. 
Einem Thiere wurden die kranken Lungen einer eben geschlachteten 
Kuh in einer Weise unter die Nase gebracht, dass dasselbe die daraus 
aufsteigenden Dünste einathmen musste, jedoch ohne positiven Erfolg. 
ln einem anderen Falle wurde ein Schwamm, welcher in den Nasen- 


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Referate und Kritiken. 


121 


löchern einer kranken Kuh gesteckt hatte, einem gesunden Thier in 
die Nase gebracht und hier während einer halben Stunde fixirt er¬ 
halten. Das Resultat war negativ. Es müssen deshalb Vorbehalte 
gemacht werden, fugt Bouley hinzu, in Betreff der Wege, die die 
Ansteckung nehmen kann, und es muss auf dem Versuchswege ange¬ 
strebt werden, die Bedingungen der Ansteckung durch lebende oder 
todte Zwischenträger zu erforschen. 

Die Bemerkungen W.’s in Betreff der Ausführung der Impfung 
enthalten nichts Neues. 

Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass W. hofft, durch Cultivi- 
rung der das Contagium darstellenden Mikrobien nach Pasteur’s 
Methode (d. h. in bestimmten Nährflüssigkeiten) einen guten Impfstoff 
zu gewinnen. Diese Mikrobien finden sich nach W. in allen Geweben 
und Säften des kranken Thieres, namentlich in den Lungen, in der 
Pleura, in den pathologischen Producten des Darmcanals, der Leber, 
sowie in dem Blute und in den Mnskeln, und zwar in letzteren noch 
in genügender Menge, um daran das Fleisch lungenseuchekranker 
Thiere erkennen zu können. Leistikow. 


Report on Texas fever. Von Prof. Brown. 

Professor Brown veröffentlicht in einem beiden Häusern des eng¬ 
lischen Parlaments vorgelegten Bericht d. J. die den Behörden Englands 
von den Behörden der Vereinigten Staaten Nord-Ainerika’s gemachten 
Mittheilungen über das daselbst vorkommende sogenannte Texas-Fieber 
des Rindviehs. In nachfolgendem Referat sollen die Beobachtungen 
und Untersuchungen kurz zusamraengefasst werden, welche von ameri¬ 
kanischen Aerzten und Thierärzten über diese Krankheit angestellt 
und in den Correspondenzen veröffentlicht worden sind. 

In Bezug auf die Symptome dieser Erkrankung sagt Prof. Law 
von der Cornell-University Folgendes: 

Die erkrankten Thiere zeigen ein apathisches Benehmen; sie 
stehen abseits von den gesunden, der Kopf hängt zur Erde oder ist 
auf einen festen Gegenstand gestützt, die Ohren hängen schlaff herab, 
der Blick ist stier. Die Hintergliedmassen sind nach vorn gestellt 
und übernehmen die Hauptlast des Körpers. Oft scheint es, als ob 
die Thiere sich niederlegen wollen, und dass nur die Furcht vor der 
damit verbundenen Muskelanstrengung sie davon abhält. In den 


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122 


PAULI. 


Flanken bemerkt man ein Zittern und Hüpfen kleinerer Muskelpar¬ 
tien. Appetit fehlt fast gänzlich, das Wiederkauen ist ausgesetzt. 
Die Secretion und Excretion ist vermindert. Nur mit Anstrengung 
werden die Fäcalmassen in Form von kleinen, harten, mit blutigem 
Schleim überzogenen Bällen entleert. In einzelnen Fällen tritt Durch¬ 
fall ein. Der Urin hat blutige Beschaffenheit. Der Puls ist schwach, 
drahtförmig und beträgt 80—120 in der Minute. Das Athmen ist 
beschleunigt. Die Temperatur des Mastdarms erreicht 42° C. Die 
Temperatur an der Körperoberfläche ist an einzelnen Stellen erhöht, 
an anderen herabgesetzt. Der Tod tritt etwa nach 6—7 Tagen, bis¬ 
weilen in noch kürzerer Zeit ein. 

Dr. Morreau Morris führt die gleichen Symptome auf und be¬ 
schreibt ferner die Veränderungen an den Organen der am Texasfieber 
gestorbenen Thiere: Die Musculatur zeigt eine tiefrothe, das Fettge¬ 
webe eine braungelbe bis bronceartige Färbung. Unter den serösen 
Häuten, besonders am Herzen und Darmtractus, weniger an den 
Lungen sieht man zahlreiche kleinere und grössere blutige Herde. 
Die Schleimhaut des Darmkanals ist geröthet, die submucösen Gefässe 
sind mit Blut stark angefüllt; das Epithel ist leicht mit dem Finger 
abzustreifen. Die ersten drei Magenabtheilungen erweisen sich als 
vollkommen gesund. Der Labmagen ist am stärksten an seinem oberen 
Ende afficirt. Unter einem grauen, körnigen Belag liegt die stark 
geröthete, mit blutigen Herden durchsetzte, geschwollene Schleimhaut. 
In verschiedenen Krankheitsstadien findet man in der Portio pylorica, 
an der Basis der Längsfalten Erosionen, Verschorfungen, selbst „tief 
ausgehöhlte Geschwüre“ von wechselnder Grösse und Form. Die Milz 
ist vergrössert, in der weichen Pulpe liegen grosse, dunkelrothe, blu¬ 
tige Herde. Die Grösse der Leber übersteigt gleichfalls das Normale, 
ihre Farbe variirt zwischen gelb und braun, ihre Durchschnittsfläche 
hat einen fettigen oder wachsartigen Glanz. Die Gallengänge sind 
mit Galle angefüllt. Die Gallenblase enthält eine schleimige, grau¬ 
grünlich gefärbte, flockige Masse. 

Die Nieren sind „gewöhnlich vergrössert“, die Blutgefässe der¬ 
selben sind stark gefüllt. Die Corticalsubstanz ist weicher als im 
normalen Zustande. 

Die Lungen ergeben nichts Pathologisches, nur in sehr schweren 
Fällen findet man ein extralobuläres Emphysem. 

Die Musculatur des Herzens ist mürbe. Die Blutgefässe des Ge¬ 
hirns ziehen in dicken, dunkelrothen Strängen durch die weiche und 


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Referate und Kritiken. 


123 


feuchtglänzende Substanz. In vereinzelten Fällen sieht man kleine 
Blutextravasate im Gehirn. 

Auch eine mikroskopische Untersuchung wurde von Billings u. A. 
vorgenommen. Es wurden Micrococcen in den erkrankten Organen 
gefunden. Dieselben unterschieden sich jedoch in keiner Weise von 
den bei anderen Krankheiten gesehenen. Eine Cultivirung misslang. 
Leider beschränken sich die Mittheilungen über die mikroskoskopische 
Prüfung auf diese Angaben. Veränderungen der Gewebe, soweit sie durch 
das Mikroskop zu erschliessen, sind in den Bericht nicht erwähnt. 

Das Texasfieber beschränkt sich, falls man den Berichten ver¬ 
schiedener Forscher Glauben schenken darf, auf die an der Golfküste 
gelegenen Distrikte und scheint den 34. Grad nördlicher Breite nicht 
zu überschreiten, wenngleich nicht ausgeschlossen ist, dass Rinder- 
heerden höher gelegener Gegenden durch Contact mit der Texas-Race 
von der Krankheit afficirt werden. 

Nach einem Berichte des Thierarztes der landwirtschaftlichen 
Lehranstalt von Pensylvanien vom Jahre 1879 soll das Texasfieber 
auf die Rindviehbestände in den Golfstaaten von den Beständen süd¬ 
licher gelegener Distrikte übergegangen sein, und zwar zu einer Zeit, 
in welcher ein geordneter Staatencomplex in jenen Landestheilen noch 
nicht bestand, die Indianerstämme mit ihren Heerden die Wohnsitze 
häufig wechselten und so die Seuche in die nördlich gelegenen Gebiete 
einschleppten. Später, bei den leichteren Communicationsmitteln, be¬ 
gann der Handel mit Vieh besonders aus Texas und begünstigte eine 
Ausbreitung der Krankheit in noch höherem Masse. 

In den Staaten Illinois, Indiana, Ohio etc. gingen grosse Vieh- 
heerden unter gleichartigen Krankheitserscheinungen vollkommen zu 
Grunde, so dass man nun über die Existenz einer Seuche nicht mehr 
in Zweifel sein konnte. Dr. James Mease berichtet über eine solche 
Eruption im Jahre 1814. Im Jahre 1867 —1868 wiederholte sich 
dieselbe und breitete sich nach einander über Arcansas, Tennessee, 
Nord-Carolina, zuletzt über die westlichen Staaten und einen Theil 
Neu-Englands aus und richtete die furchtbarsten Zerstörungen an. 
Es sollen in diesen Jahren ca. 15000 Rinder im Werthe von 500000 Dol¬ 
lars gestorben sein. Im Jahre 1858 beschränkte sich die Ausbreitung 
der Seuche auf den Staat Missouri; der Verlust betrug hier gegen 
200000 Dollars. 

Alle diese Eruptionen traten in den warmen, trockenen Monaten 
auf, so dass man wohl mit Prof. Gamgee annehmen kann, dass 


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124 


PAULI. 


Hitze und Trockenheit die Ausbreitung der Krankheit begünstigen. 
Dieser Gelehrte beobachtete das Texasfieber im Jahre 1868. Die Re¬ 
sultate seiner Untersuchungen veröffentlichte er im Jahre 1871 im 
„Report of the Commissioners of Agriculture on Diseases of cattle 
in the United States“. Seiner Ansicht nach ist das Texasfieber ein 
Enzooticum, abhängig von localen Einflüssen und durch diese beschränkt 
im Auftreten; „es gehört keineswegs zu jener Gruppe der Contagionen 
und Infectionen, für die die Rinderpest, die Lungenseuche Typen sind, 
sondern kann vielmehr dem Blutharnen 1 ) des Rindviehes in einigen 
Gegenden Europas zur Seite gestellt werden“. 

Auch von Milzbrand muss es streng geschieden werden, da eine 
Uebertragung weder durch Ueberimpfung mit Blut, noch durch den 
Genuss des Fleisches kranker Thiere möglich ist. Ein spontanes 
Auftreten wie beim Milzbrand hat man ebenfalls nie beobachten 
können. 

Als der Seuche eigentümlich erwähnt Gamgee noch den Um¬ 
stand, dass inficirtes Vieh nördlicher Gegenden die Krankheit nicht 
wieder zu übertragen vermag. Das Vieh der Texas -Race, bei dem 
das Texasfieber ähnlich wie die Rinderpest bei den Rindviehracen 
Ost-Russlands relativ gutartig zu verlaufen pflegt, wird durch den 
Aufenthalt in nördlichen Landestheilen gegen Ansteckung immun. Die 
Incubationszeit hält er für äusserst verschieden und nimmt sic min¬ 
destens in einer Dauer von drei Monaten an. 

Als Träger des Contagiums bezeichnet er die Excremente; durch 
diese soll die Krankheit immer von Neuem ausgebreitet werden. So 
erklärt sich auch, dass das Texasfieber immer im Sommer und Herbst 
auftritt. In diesen Jahreszeiten werden die Rindviehheerden aus Texas 
auf die weiten, besonders nördlich gelegenen Wiesenflächen getrieben, 
ihre Excremente verbleiben dort und vermitteln die Ansteckung des 
gleichfalls dorthin geführten Viehes der Nord-Distrikte. 

Um dieses zu verhindern, haben die von Texas nördlich gelegenen 
Staaten Massregeln angeordnet, welche der Hauptsache nach in einer 
strikten Sperre gegen den erst erwähnten Staat bestehen. Zur Aus¬ 
führung derselben sind Seuchen-Commissionen bestellt worden, deren 
Anordnungen die Executiv-Behörden der betreffenden Staaten in jedem 
Falle unbedingt Folge leisten müssen. E. Pauli. 


! ) Black water. 


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tieferate and Kritiken. 


125 


Die Hnfkrankheiten des Pferdes, ihre Erkennung, Heilung und 
Verhütung. Von Dr. H. Möller, Lehrer an der Königl. Thier¬ 
arzneischule und an der Königl. vereinigten Artillerie- und Ingenieur¬ 
schule zu Berlin. Mit 30 Holzschnitten. (Wiegandt, Hempel und 
Parey. Berlin, 1880.) 

Das vorliegende Buch füllt eine empfindliche Lücke in der vete¬ 
rinär-chirurgischen Literatur aus. Trotz der grossen Wichtigkeit der 
Hufkrankheiten für den praktischen Thierarzt, trotzdem durch genauere 
physiologisch- und pathologisch-anatomische Untersuchungen und Be¬ 
trachtungen in der neueren Zeit die Sonderstellung der Hufkrank¬ 
heiten zum allgemeineren Bewusstsein gelangte, erfahren sie dennoch 
bisher keine specielle wissenschaftliche Darstellung. Entweder wurden 
die Hufkrankheiten in den Lehrbüchern der Chirurgie abgehandclt 
und dem System zu Liebe zerrissen, so dass der einheitliche Stand¬ 
punkt verloren ging, oder die Lehrbücher über Hufbeschlag suchten 
die Materie zu bewältigen. Gerade die Betrachtung mancher jüngeren 
Auflage der letzteren beweist, wie nothwendig eine für Thierärzte 
berechnete Bearbeitung der Hufkrankheiten war, denn mehr und mehr 
zeigen jene das Bestreben, die Hufkrankheiten wissenschaftlich zu 
bearbeiten, verlieren aber dabei gar zu leicht den richtigen Stand¬ 
punkt, einen Leitfaden für Beschlagschmiede zu geben; sie wirken, 
weil sie nicht verstanden werden, vielfach nur verwirrend. Durch das 
Möller’sche Buch werden die Hufbeschlagsbücher recht deutlich zu 
ihrer Aufgabe zurückgedrängt. 

Das vorliegende Buch ist daher mit grosser Freude zu begrüssen; 
nicht nur vom praktischen Thierarzte, sondern auch von der stu- 
direnden Jugend. Ersterer wird nach dem Studium des Buches Vieles, 
worüber er selbst schon Erfahrungen gesammelt, erst im richtigen 
Lichte sehen und grosse einheitliche Gesichtspunkte gewinnen, von 
denen aus seine Aussprüche und Behandlungsweisen viel sicherer das 
Richtige treffen. Noch dankbarer aber müssen die Jünger der Wissen¬ 
schaft dem Verf. sein, denn den klinischen Lehrern an den Thier¬ 
arzneischulen war es seit längerer 7 n it sehr fühlbar, dass die Kennt¬ 
nisse über Hufkrankheiten bei den Studirenden relativ am schwächsten 
waren. Allerdings lag dies zum Theil in der Einstellung des Huf¬ 
beschlages in die ersten Semester, wo die allgemeinen chirurgischen 
Grundsätze noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen waren, was 
bei der Einrichtung der neuen Lehrpläne wohl überall berücksichtigt 


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126 


SIEDAMGROZKY. 


wurde; zu einem grossen Theile war aber auch der Mangel eines 
guten Lehrbuches daran schuld, dass sich die Studirenden nicht ge¬ 
nügenden Rath holen konnten. 

Das Möllcr’sche Werk zerfällt in 3 Abtheilungen. Die erste um¬ 
fasst die acute Entzündung der Huflederhaut mit den Unterabthei¬ 
lungen: Allgemeine Betrachtung. Einzelne Entzündungsformen. Rehe. 
Die zweite betrachtet die fehlerhaften Zustände der Hornkapsel, und 
zwar Abweichungen der Form und Grösse, die der physikalischen Be¬ 
schaffenheit des Hornes und die Continuitätstrennungen. Die letzte 
Abtheilung beschäftigt sich mit den Krankheitszuständen des Strahles. 

Die acute Entzündung der Huflederhaut ist der erste Gegenstand 
der Besprechung. Es sind dabei nicht nur in eingehender Weise alle 
jene Einflüsse besprochen, welche die klinische Sonderstellung derselben 
bedingen, sondern es ist auch streng die Trennung der superficiellen 
und parenchymatösen Entzündung in ihrem Entstehen und in ihren 
Ausgängen durchgeführt. Gerade diese principielle Trennung ist ebenso 
fruchtbringend für das Verständnis wie für die Therapie. Die von 
Alters her aufgenommenen näheren Bezeichnungen bei den einzelnen 
Entzündungsforraen, z. B. die Unterscheidung der trockenen, nässenden, 
eiternden Steingallen sind Zeichen für das Bedürfniss einer Unter¬ 
scheidung; sie wirkten aber vielfach verwirrend, weil eine allgemeine 
Betrachtung fehlte. M. hat das Verdienst, die schon von Vatel her¬ 
rührende, aber nicht in Aufnahme gekommene Trennung der ober¬ 
flächlichen und der tiefer gehenden Entzündung der Huflederhaut klar 
und erschöpfend den speciellen Betrachtungen vorausgeschickt und 
damit das Verständnis wesentlich gefördert zu haben. 

Er schildert zunächst die Pathogenese der oberflächlichen Huf¬ 
lederhautentzündung mit ihren Ausgängen in Resorption, Perforation 
und Uebergang in parenchymatöse Entzündung, um sodann sehr aus¬ 
führlich die schwerer wiegende parenchymatöse Entzündung mit ihren 
Ausgängen in Resolution, Abscedirung und Brand erschöpfend klar 
zu legen. Vielleicht wäre es vorteilhaft gewesen, bei Darlegung der 
regenerativen Vorgänge, S. 18, etwas ausführlicher auf die dabei vor¬ 
kommenden Unvollkommenheiten einzutreten. Allerdings heilen ja 
relativ grosse Defecte in der Huflederhaut ziemlich schnell aus. 

Die Eindeckung aber der Granulationen erfordert gerade am Hufe 
oft sehr lange Zeit, und daran ist wohl zum grössten Theile die feste 
Atflöthung der Huflederhaut auf ihre Unterlagen schuld. Die Narben- 
retraction, die bei den meisten Wunden am übrigen Körper der Ein- 


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Referate und Kritiken. 


127 


deckung unterstützend zu Hülfe kommt, ist hier nur eine unvoll¬ 
kommene, und gerade hierdurch ist es bedingt, dass die blossliegenden 
und den äusseren Reizen ausgesetzten Granulationen über den normalen 
Umfang hervorwachsen, so dass sie selbst dem von der Krone her¬ 
unterwachsenden Horn ein Hinderniss entgegenstellen. Auch darüber, 
dass in Folge des Mangels der natürlichen Papillarkörper (Zotten, 
Blättchen etc.) auf diesen Stellen eine normale Hornbildung nicht 
wieder erwartet werden kann, hätte der Autor sich vielleicht weiter 
auslassen können. 

Sehr fördernd für das Verständniss wirkt ferner das Kapitel über 
die Ausbreitungsweise bei den Entzündungsformen, wobei ausführlich 
die Phlegmone des Strahlpolsters und ihre Folgen geschildert werden. 

In der Abhandlung der Aetiologie hätten unter den thermischen 
Ursachen die Versuche über die wärmeleitende Eigenschaft des Huf¬ 
bornes, welche lange vor Fleming in Deutschland und Frankreich 
angestellt wurden, Erwähnung verdient. Hertwig erwähnt 1842, 
Mag. f. d. ges. Thierhlk., VIII., S. 233: „Ich habe auf verschiedene 
Hornsohlen, die von der Fleischsohle gelöst und nur 2 Linien dick 
waren, an einer Seite ein rothglühendes Eisen durch 5—6 Minuten 
massig angedrückt und an die entgegengesetzte Stelle die Kugel eines 
Thermometers gehalten und gesehen, dass hierbei das Quecksilber in 
der Röhre nur %—1 0 stieg.“ Sehr zahlreiche derartige Versuche 
unter Mithülfe des Thermometers und unter Berücksichtigung der ver¬ 
schiedensten Wärmegrade machte jedoch Delafond (Röcueil de med. 
v4t. 1845. Cah. Dec.) 

Uebrigens möchte zu erwähnen sein, dass Erfrierungen doch wohl 
Vorkommen; allerdings bedingen sie nur oberflächliche Entzündungen 
und Trennungen des Saumbandes resp. der Wand und nur bei langem 
Stehen im Schnee etc. Der Feldzug 1864 lieferte hierfür mehrfache 
Beispiele. Unangenehmer ist dagegen der Einfluss bei zufälliger, an 
sich unbedenklicher Verwundung, z. B. Durchschneiden der Sohle, wie 
es sich im Winter, besonders beim Eisfahren bemerkbar macht. Hef¬ 
tige parenchymatöse Entzündungen sind die Folgen. 

Weiterhin ist dann sehr klar die Diagnose der acuten Entzün¬ 
dungen, sowie ihre Beurtheilung besprochen. Dass dann durch die 
Auseinanderhaltung der oberflächlichen und tieferen Entzündungen auch 
bei der Therapie viel prägnantere Indicationen aufgestellt werden, dass 
sie dadurch viel leichter wird, ist selbstverständlich; diese Abtheilung 


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128 


SIEDAMGROZKY. 


enthält viel beherzigenswerthe Fingerzeige gegen den hergebrachten 
Schlendrian. 

Nur in einem Punkte kann ich mich nicht mit dem Autor ein¬ 
verstanden erklären, nämlich mit der S. 45 erwähnten und auch bei 
den einzelnen Entzündungen immer hervorgehobenen Indication: bei 
parenchymatösen Entzüudungen, die zur Eiterung führten, das Vor¬ 
quellen der Weichtheile zu verhüten, resp. die vorgefallenen Theile 
zurückzubringen. Dieses uns Allen bekannte Vorquellen der Weich- 
theile ist, wenn nicht veranlasst durch abnormen Druck des Hufhornes 
auf die entzündete Nachbarschaft, stets nur eine Erscheinung dafür, 
dass an der eiternden Stelle in der Tiefe eine Reinigung des Defectes 
nicht genügend erfolgt ist, oder dass die Wundsecrete nicht genügend 
abfliessen können. Von der Tiefe aus wird diese Wucherung unter¬ 
halten, wie M. selbst hervorhebt; erst wenn diese Uebelstände aufge¬ 
hoben sind, hört das Hervorquellen auf und die Wucherungen bilden 
sich ganz von selbst zurück. Hier durch Druck etc. mit verschiedenen 
Verbänden die Wucherungen zum Zurückgehen zu bringen, halte ich 
zum Mindesten für überflüssig, unter Umständen durch Zurückhalten 
der Secrete sogar für schädlich. Ich habe seit langer Zeit diese mir 
anerzogene Behandlungsweise bei Nageltritten, eiternden Steingallen etc. 
.weggelassen, behandle nur den Defect, oft unter trichterförmiger Er¬ 
weiterung desselben, und habe keine Veranlassung gehabt, bei diesen 
Leiden auf jene Compressionsmethode znrüokzugreifen. Das Auftreten 
der Wucherungen ist mir stets nur als Symptom werthvoll, indem es 
mir anzeigt, dass in der Tiefe noch nicht genügende Ausheilung er¬ 
folgt ist. 

Neben den acuten Entzündungen hätten auch die chronischen 
Entzündungen eine allgemeine Besprechung verdient. Allerdings sind 
dieselben, weil vielfach aus acuten hervorgehend und andererseits. 
Formveränderungen des Hufes bedingend, überall bei den einzelnen 
Abschnitten erwähnt, dennoch wäre es wohl vortheilhaft gewesen über 
die pathologisch-anatomischen Veränderungen, welche bei und durch 
dieselben entstehen, eine ähnliche allgemeine Besprechung vorauszu¬ 
schicken, denn gerade über die Ringbildungen, sowie über die Ver¬ 
änderungen des Papillarkörpers in Folge chronischer Entzündungen 
(cfr. Lungwitz, Beiträge zur pathologischen Anatomie der Stein¬ 
gallen, Bericht über das Veterinärwesen in Sachsen pro 1873, S. 126) 
fehlte vielfach das genauere Verständniss. 

Die einzelnen Entzündungsformen (Vernagelung, Nageltritt, Kronen- 


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Referate und Kritiken. 


129 


tritt, Steingalle, Hufknorpelfistel, Verballung etc.) sind spcciell abge¬ 
handelt. Nur einige Punkte seien erinnert. 

Bei dem Nageltritt erwähnt Möller S. 57: „Sind die Anzeichen 
einer eitrigen Erkrankung des Strahlbeines und des Hufbeinbeugers 
vorhanden, so kann man das Leiden für unheilbar erklären“. Ich bin 
der Meinung, dass man so schnell noch nicht die Patienten aufgeben 
soll; es gelingt, wenn auch nicht immer, derartige Patienten zu retten, 
wenn man durch rücksichtslose Erweiterung des Wundkanals, trichter¬ 
förmiges Ausschneiden des Strahlpolsters bis zur Sehne den Abfluss 
des Wundsecrets ermöglicht, und durch strenge Durchführung der des- 
inficirenden Wundbehandlung eine Weiterausbreitung der Entzündung 
verhütet. Allerdings bleibt dann stets eine Verwachsung des Strahl¬ 
beins mit der Sehne zurück, doch lernen die Thiere später, wenn die 
anfangs sehr hoch gegebenen Stollen mit jedem neuen Beschläge etwas 
verkürzt werden, allmälig durchtreten und gehen nach Verlauf eines 
halben Jahres fast normal. 

Ferner hätte nach meiner Meinung in einem Lehrbuche für Thicr- 
irzte wohl die von den französischen Collegen (Lafosse, Girard, 
Renault u. A.) practicirte Operation du clou de rue penetrant dans 
Taponeurose plantaire et au döla erwähnt zu werden verdient, deren 
extremste Anwendung von Nocard erst kürzlich (Recueil d. med. 
v£t. 1879, p. 1226) empfohlen wurde. Genannter empfiehlt, wenn 
die Sehne durchbohrt und gangränös geworden, die Durchschneidung 
der Sehne in der Höhe des Strahlbeins, Abtragung des unteren Sehnen¬ 
endes vom Hufbein unter Anwendung des Meisseis und Entfernung 
des Knorpels von der Strahlbeinfläche; unter Anwendung eines Carbol- 
a&ureverbandes (1 :20) erfolgt Heilung binnen 4 Wochen und Her¬ 
stellung zur Gebrauchsfähigkeit binnen 6 Wochen. Jedenfalls fordern 
die erhaltenen Resultate auf anstatt der abwartenden Behandlung, bei 
der wir im Dunkeln tappen und den wichtigsten Krankheitsherd nicht 
erreichen, mehr wie bisher zum Messer zu greifen, und die Schäden 
dem Auge und der anzuwendenden Medicin frei zu legen. 

Sehr lehrreich ist die Pathogenese der Hufknorpelfistel abgehan¬ 
delt und dadurch vor allen Dingen zum Bewusstsein gebracht, dass 
partielle Necrose des Hufknorpels die Fistel unterhält und deshalb 
auch die wichtigste Aufgabe der Therapie bleibt, diese necrotischen 
Massen zur Auflösung zu bringen oder operativ zu entfernen. In Be¬ 
zug auf die letztere wäre vielleicht eine historische Betrachtung der 
verschiedenen Operationsmethoden am Platze gewesen, ebenso die 

▲rehiT t «rlMenseh. u. prakt Thierheilk. VII. 1 a. 2. 9 


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130 


StEDAMGROZKY. 


Unzulänglichkeit einer partiellen Exstirpation, die doch am näch¬ 
sten liegt. 

Bei der Verbällung verdient hervorgehoben zu werden, dass die 
chronische Entzündung der Ballen, wie sie bei jungen Pferden, welche 
vom Lande, namentlich aus einer feuchten Gegend, auf das Strassen- 
pflaster gebracht werden, häufig zu beobachten ist, eine eingehende 
Besprechung erfahren hat. Nimmt doch das Leiden durch die zu¬ 
nehmende Häufigkeit eine immer mehr hervorragende Bedeutung an. 

Eine sehr ausführliche Bearbeitung hat die Rehe erfahren; die 
gesammte angewachsene Literatur, sowohl die ältere als die neuere 
(mit Ausnahme der Arbeit von Guillebeau, Ueber das Wesen des 
Rehhufes, Zeitschr. f. Veterin.-Wissenschaft von Pütz, S. 153) ist 
berücksichtigt worden. Die Materie ist dabei in einer umfassenden und 
kritischen Weise bearbeitet worden, wie wir sie bis jetzt nicht zu 
verzeichnen hatten; hoffentlich werden sich die immer noch sehr ab¬ 
weichenden Ansichten der Thierärzte über die Entwicklung des Reh¬ 
hufes, sowie über seine Therapie auf Grund der genauen pathologisch¬ 
anatomischen Auseinandersetzungen wesentlich klären. Ich selbst bin 
in dieser Frage zu sehr Partei, als dass ich hier näher auf die An¬ 
gelegenheit eintreten könnte, kann aber nur dringend anrathen, dass 
J eder, der ernstlich bestrebt ist seine Kenntnisse nicht auf Grund von 
Speculationen, sondern auf anatomische Grundlagen zu verbessern, dies 
Kapitel mit Aufmerksamkeit studire. 

Die zweite Abtheilung bespricht die fehlerhaften Zustände 
der Hornkapsel. Auch hier ist die allgemeine Betrachtung höchst 
interessant, die Berücksichtigung der Vererbung, der Entwickelungs¬ 
vorgänge des Hufes und ihre Beeinflussung durch Trockenheit, 
Feuchtigkeit, mechanische Einflüsse etc. geben ein allgemeines Ver¬ 
stand niss. 

Beim Flachhuf möchte hervorzuheben sein, dass der Winkel 
der Zehen wand zum Erdboden zwischen 30 und 40°, aber nicht unter 
30° liegt; letztere kommen nur durch Verbiegung der Hornwand vor. 
In Bezug auf die Behandlung des Zwanghufes mittelst des Defays- 
schen Eisens verdient Erwähnung, dass die Erweiterung am besten 
durch Beachtung des Auseinandergehens der mittleren Strahlfurche 
controlirt wird, und dass bei spitz gewinkelten Hufen Eisen mit Eck¬ 
strebenaufzügen selten einen guten Erfolg und leicht schmerzhafte 
Quetschungen der Eckstreben veranlassen. Bei der Heilung des halben 
Zwanghufes ist es zuweilen nothwendig, den Huf so zu beschneiden. 


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Referate und Kritiken. 


131 


dass die eingezogene Wand zuerst fusst, denn dann wirkt die Körper¬ 
last erst recht begünstigend auf die Erweiterung. 

Verdienstlich ist die in den Lehrbüchern der Chirurgie stets ver¬ 
nachlässigte Besprechung des Sohlenzwanges, die den meisten Thier¬ 
ärzten willkommen sein wird. Mehr hätte hervorgehoben zu werden 
verdient, dass hier gerade die Stellung der Diagnose per distance 
durch genaue Beachtung des Wand Verlaufes von Wichtigkeit ist, von 
grösserer Wichtigkeit, als der Druck auf das Sohlencentrum, bei 
welchem Schmerz nicht immer vorhanden ist. Beim schiefen Hufe ist 
M. sehr ausführlich auf die Entwickelung desselben und seine Ab¬ 
hängigkeit von den abnormen Stellungen eingegangen; nur unter Be¬ 
rücksichtigung dieser lassen sich ja gerade für den schiefen Huf die 
richtigen Gesichtspunkte für die Beurtheilung, Prophylaxis und Therapie 
gewinnen. 

Die Abweichungen in der physikalischen Beschaffenheit des Hornes 
(Härte und Sprödigkeit, Weichheit und Mürbheit) werden nach Vor¬ 
ausschickung aller Einflüsse, welche auf die Hornbildung bekannt sind, 
ausführlich besprochen. 

Von den Continuitätstrennungen sind besonders ausführlich die 
flornspalten in Bezug auf Ursachen und Beurtheilung besprochen; in 
der Behandlung hätte zunächst mehr hervorgehoben werden können, 
dass man durch Niederschneiden der gesunden Seite eine Mehrbelastung 
dieser und eine Entlastung der kranken herbeiführen kann, die ganz 
wesentlich die Heilung unterstützt. 

In ähnlicher Weise, besonders durch Regelung des wohlthätigen 
Hufmechanismus, erweist sich oft die Anwendung der Hartmann’schen 
Hufpuffer, unter Umständen auch eines geschlossenen Eisens bei Kronen¬ 
spalten sehr vortheilhaft. 

Die Auseinanderhaltung der losen und der hohlen Wand wird 
vom Autor auf Grund genauer pathologisch-anatomischer Beschreibung 
mit Recht sehr hervorgehoben, denn noch immer werden beide sehr 
häufig zusammengeworfen. 

Die letzte Abtheilung beschäftigt sich mit den Krankheits¬ 
zuständen des Strahles, der Strahlfäule und dem Strahlkrebse, 
deren Wesen unter Berücksichtigung der immer noch vielen Contro- 
versen so weit möglich klargelegt wird. Bei der Beschreibung der 
Strahlfaule vermisse ich ein bei höheren Graden und langem Bestehen 
nie fehlendes Symptom, nämlich die diagonal, schräg von oben nach 
den Trachten zu verlaufenden Ringe, welche auf der Zehe selbst sich 

9 * 


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132 


SIEDAMGROZKY. 


kreuzen. Diese flachen Ringe scheinen einer massigen Entzündung 
und Hyperämie des Saumbandes ihren Ursprung zu verdanken, welche, 
wahrscheinlich vom Secret des faulen Strahles angefacht, langsam im 
Saumbande nach vorn schreitet, so dass der durch sie bedingte Ring 
an den Trachten bereits erheblich heruntergewaehscn ist, wenn diese 
Entzündung an der Seiten- oder Zehenwand angekommen ist. Indem 
an beiden Seiten derselbe Process sich mehrfach wiederholt, entstehen 
jene sich kreuzenden Ringe, deren Beachtung die Stellung der Diagnose 
per distance viel sicherer gestattet, als die Ringbildung etc. bei chroni¬ 
schen Steingallen. 

Der Autor hat die chronische Hufgelenkslahmheit sowie die Ver¬ 
knöcherung der Hufknorpel ausser Betrachtung gelassen, weil sie 
streng genommen nicht zum Hufe gehören. Aus praktischen Gründen, 
der differentiellen Diagnose wegen, und weil diese Leiden doch in er¬ 
heblichem Grade Veränderung der Hufkapsel bedingen, möchte es sich 
vielleicht doch empfehlen bei einer neuen Auflage, die wahrscheinlich 
nicht lange auf sich warten lässt, diesen für den Thierarzt sehr wich¬ 
tigen Krankheiten einen kleinen Platz zu gönnen. 

Schon aus der länger als beabsichtigt gewordenen Besprechung 
wird der Leser ersehen, wie anregend und interessant das Werk ist. 
Aus vollem Herzen kann man dem Autor nur gratuliren, sich der 
mühevollen Arbeit unterzogen zu haben. Eine besondere Anempfeh¬ 
lung erscheint überflüssig, das Buch spricht für sich selbst und wird 
bald in keiner Bibliothek eines Thierarztes fehlen. 

Dreissig gute Holzschnitte (mit Ausnahme der Fig. 19, welche 
zu schematisch) unterstützen sehr wesentlich das Verständniss. Druck 
und Papier sind sehr gut und Druckfehler nach Möglichkeit vermieden. 

Siedamgrozky. 


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Kleinere Hittheilungen. 


Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während 
des Quartals April/Juni 1880. 

1. Milzbrand. Im Berichtsquartal sind 13 Pferde, 229 Stück Rindvieh, 
172 Schafe, 4 Schweine, welche 198 Gehöften, 182 Ortschaften und 97 Kreisen 
angehörten, an Milzbrand gefallen. Frei von dieser Krankheit blieben die Regie¬ 
rungsbezirke rosp. Landdrosteibezirko Stralsund, Hannover, Stade, Osnabrück, 
Aurich, die Hohenzollernschen Lande und die Stadt Berlin. Genesen sind 24 an 
Milzbrand erkrankte Rinder, unter diesen 7 im Landdrosteibezirke Hildcsheira, 
welche mit dem Blute einer an derselben Krankheit leidenden Kuh besudelt wor¬ 
den und in Folge davon erkrankt waren. 

Die Fälle bei Pferden blieben durchweg vereinzelt, in 4 Gehöften trat der 
Milzbrand gleichzeitig bei Pferden und unter dem Rindvieh auf, zwei Pferde 
sollen sich bei dem HerausschafTen der Cadaver an Milzbrand gefallener Kühe 
inficirt haben, bei einem Pferde trat die Krankheit in Form des Carbunkel- 
anthrax auf. 

Die 229 an Milzbrand gefallenen Rinder vertheilen sich in abgerundeten 
Procentsätzen, wie folgt, auf die einzelnen Provinzen: 


Ostpreussen. 

. . 9,25 pCt. 

Westpreussen. 

. . 6,25 „ 

Brandenburg . 

. . 5,45 „ 

Posen . 

. . 10,95 „ 

Schlesien. 

. . 32,45 „ 

Sachsen . 

. . 11,50 „ 

Schleswig-Holstein . . . 

. . 3.15 „ 

Hannover. 

. . 7,20 „ 

Westfalen. 

. . 1,85 „ 

Hessen-Nassau . . . . 

. . 5,00 „ 

Rheinprovinz. 

• • 6,95 ,, 


Summa 100,00pCt. 

Wie in fast allen Berichtsquartalen, entfällt mithin wiederum der höchste 
Procentsatz auf die Provinz Schlesien. 

Mehr als 3 Stück Rindvieh starben an Milzbrand: 


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134 


Kleinere Mittheilungen. 


Bestand. Gefallen. 

in 3 Geh. des Kreises Johannisburg, Reg.-Bezirk Gumbinnen, 23 Stück, 7 Stück 



l . . 

* Soldin, 


Frankfurt, 

8 

. 4 

J» 


l , „ 

„ Samter, 


Posen, 

23 

. 11 

» 

W 

l . * 

„ Breslau, 


Breslau, 

40 

» 4 

w 

V 

l . » 

„ Wohlau, 

n 

Breslau, 

44 

» 8 

n 

n 

l . . 

„ Oppeln, 

r> 

Oppeln, 

43 

. 5 

w 

r> 

1 . , 

„ Göttingen, 

Landdr.-Bez. Hildesheim, 

12 

» 4 

ji 


In 5 Gehöften betrug der Verlust je 3, in 8 Gehöften je 2, in 177 Gehöf¬ 
ten je 1 Stück Rindvieh. In einem Orte des Kreises Liebenwerda, Regierungs¬ 
bezirk Merseburg, hatte der Milzbrand während des 3. und 4. Quartals v. J. 
seuchenhaft unter dem Gutsvieh geherrscht; während des Berichtsquartals fielen 
an demselben Orte 1 Kuh und 3 Ziegen, welche Dienstleuten des Gutes ge¬ 
hörten. 

Auch in dem letzten Quartal wurden die zahlreichsten Milzbrandfälle an Orten 
beobachtet, deren Feldmark Ueberschwemmungen ausgesetzt war oder in denen 
die Krankheit stationär ist bezw. Cadaver früher an Milzbrand gefallener Thiere 
nicht vorschriftsmässig vergraben worden waren. In zwei Fällen hat die Ver- 
fütterung von an solchen Verscharrungsplätzen eingemieteten Rüben Anlass zum 
Wiederausbruch der Krankheit nach längerer Zeit gegeben. In einem Fall wird 
als Ursache das Tränken aus einem Mühlteich bezeichnet, oberhalb dessen sich 
mehrere Gerbereien befanden. 

Ueber die Formen, unter denen der Milzbrand auftrat, wird berichtet, dass 
in Schleswig-Holstein und im Kreise Eupen, Regierungsbezirk Aachen, nur der 
sogenannte Rauschbrand beobachtet wurde. Der Carbunkel-Milzbrand wird nur 
in einem Falle erwähnt. 

Die 172 an Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf die Kreise 
Saatzig, Regierungsbezirk Stettin, Glogau*, Regierungsbezirk Liegnitz, Oppeln*, 
Regierungsbezirk Oppeln, Liebenwerda*, Regierungsbezirk Merseburg, Heiligen¬ 
stadt, Regierungsbezirk Erfurt, und Kleve*, Regierungsbezirk Düsseldorf. In 
den mit * bezeichneten Ausbrüchen herrschte der Milzbrand gleichzeitig unter 
dem Rindvieh. 

Von den 4 an Milzbrand gefallenen Schweinen hatten sich 3 durch das 
Verzehren von Blut erkrankter Rinder inficirt. 

Zusammen 5 Menschen in den Regierungsbezirken Posen, Erfurt und Kassel 
sind in Folge von Milzbrandinfection erkrankt, einer derselben — ein Arbeiter 
im Kreise Bomst, Regierungsbezirk Posen, welcher eine an Milzbrand gefallene 
Kuh abgehäutet hatte — ist gestorben. 

2. Maul- und Klauenseuche. Dieselbe ist nur in zusammen 17 Ort¬ 
schaften der Regierungsbezirke Königsberg, Danzig. Potsdam, Frankfurt, Posen, 
Bromberg, Merseburg, Liegnitz, Stade und Köln unter wenigen Rindviehbeständen 
beobachtet worden. Die zuerst erkrankten Thiere waren meistens unmittelbar 
vorher angekauft worden. Die Tabellen des Kreises Zell, Regierungsbezirk Ko¬ 
blenz, führen einzelne Fälle von Stomatitis pustulosa als Aphthenseuche auf. 


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Kleinere Mittheilungen. 


135 


Ausserdem wird über das Auftreten der Maul- und Klauenseuche in zusam¬ 
men 3 Schafheerden der Reg.- bez. Landdr.-Bez. Frankfurt, Erfurt und Hildes¬ 
heim berichtet. 

Im Kreise Mohrungen, Reg.-Bez. Königsberg, erkrankten 45 derselben 
Heerde angehörende Schweine, welche Milch von aphthenkranken Kühen verzehrt 
hatten, 11 Ferkel dieser Heerde sind gefallen. 

3. Lungenseuche. Dieselbe herrschte unter 103 Viehbeständen, welche 
sich auf 80 Ortschaften in 42 Kreisen vertheilen und zusammen 3600 Stück 
Rindvieh enthielten. 

Erkrankt sind.563 Stück Rindvieh 

Gefallen * .. 12 * * 

Auf polizeiliche Anordnung wurden getödtet 527 „ „ 

Auf Veranlassung der Besitzer „ „ 40 „ „ 

Am Schlüsse des Berichtsquartals war die Seuche in 78 Gehöften noch 
nicht getilgt. 

Die 563 Erkrankungen vertheilen sich in abgerundeten Procentsätzen, wie 
folgt, auf die einzelnen Provinzen: 


Brandenburg. . . 

. . 26,40pCt. 

Schleswig-Holstein . . 

1,25 pCt. 

Pommern . . . . 

. . 6,20 „ 

Hannover. 

5,60 „ 

Posen. 

. . 5,20 „ 

Hessen-Nassau . . . 

• 2,00 „ 

Schlesien . . . . 

. . 6,00 „ 

Rheinprovinz. 

. 0,35 „ 

Sachsen . 

. . 47,00 „ 


100,00pCt. 

Demgemäss entfällt etwa 3 / 4 säramtlicher Erkrankungen auf Brandenburg 

und Sachsen. 




Die 579 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh bilden 

16,10 pCt. der 

3600 Stück, mit welchen die verseuchten Gehöfte besetzt waren, 
hältniss berechnet sich für die einzelnen Provinzen: 

Dasselbe Ver- 

Brandenburg . . 

. . 31,80pCt. 

Schleswig-Holstein . 

38,80pCt. 

Pommern .... 

. . 19,20 „ 

Hannover. 

15,70 „ 

Posen. 

• 9,60 „ 

Hessen-Nassau . . . 

15,00 „ 

Schlesien .... 

. 37,11 „ 

Rheinprovinz .... 

40,00 „ 

Sachsen .... 

• 12,00 . 




In den Provinzen Ostpreussen, Westpreussen, Westfalen und in den Hohen- 
zolleraschen Landen sind keine Fälle von Lungenseuche beobachtet worden. 

Von den Ausbrüchen der Lungenseuche in der Provinz Brandenburg sind 
zusammen 3 in den Kreisen Ober-Barnim, Teltow, Reg.-Bez. Potsdam, und Arns- 
walde, Reg.-Bez. Frankfurt, durch in Bayern angekaufte Zugochsen vermittelt 
worden. Die Seuche verbreitete sich im Kreise Ost-Havelland, Reg.-Bez. Pots¬ 
dam, auf 5 weitere Gehöfte in zwei Ortschaften; die betreffenden Viehbestände 
sind theils an Ort und Stelle abgeschlachtet, theils zu demselben Zwecke nach 
dem Berliner Schlachtviehmarkt transportirt worden; ausserdem kam unter der 
im 3. Quartal v. J. verseuchten Heerde einer grösseren Fabrikwirthschaft des Kreises 
Prenzlau ein Fall von Lungenseuche vor, und wurden ganz vereinzelte Fälle in 
3 kleinen Viehbeständen des Kreises Königsberg, Reg.-Bez. Frankfurt, oonstatirt. 


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136 


Kleinere Mittheilungen. 


Auf dem Berliner Schlachtviehhofe erwiesen sich unter 69 aus 4 bekannten 
Seuchenorten eingeführten Stück Rindvieh nach der Schlachtung 13 mit der 
Lungenseuche behaftet. 

Die sonst seuchefreie Provinz Pommern enthält zur Zeit 2 Seuchenherde; 
zu dem während des vorigen Quartals entstandenen im Kreise Bublitz, Reg.- 
Bez. Köslin, ist noch einer im Kreise Pyritz, Reg.-Bez. Stettin, hinzugetreten; 
in den letzteren gab Ankauf von Vieh aus dem Seuchenherd im Kreise Arnswalde, 
Reg.-Bez. Frankfurt, in welchen die Krankheit durch bayerische Zugochsen ein¬ 
geschleppt worden war. Anlass zu dem Ausbruch. 

Im Reg.-Bez. Posen kamen während des Berichtsquartals 4 Neuausbrüche 
vor, 3 in kleinen Beständen des Kreises Fraustadt, veranlasst durch eine auf 
dem Markt in Grätz gekaufte kranke Kuh — und 1 in einer kleinen Heerde des 
Kreises Kosten; ausserdem dauerte das Herrschen der Seuche in zusammen 4 Ge¬ 
höften der Kreise Bomst, Kosten und Schrimm seit dem vorigen Quartal fort. 
Der Reg.-Bez. Bromberg war seuchefrei. 

Die Lungenseuche erschien im Reg.-Bez. Liegnitz nach dem Abschlachten 
des letzten verseuchten Bestandes am Schlüsse des Berichtsquartals getilgt und 
ist im Reg.-Bez. Breslau nicht beobachtet worden. Dieselbe gewann im Reg.-Bez. 
Oppeln weitere Verbreitung unter einem Gutsbestande des Kreises Ratibor und 
brach ausserdem unter je einem Viehbestände der Kreise Pless, Rybnik und 
Zabrze aus. 

Am stärksten verseucht sind nach wie vor die Reg.-Bez. Magdeburg und 
Merseburg; auf den ersteren entfallen 30 Neuausbrüche, und in 16 Beständen 
dauert das Herrschen der Lungenseuche aus früheren Quartalen fort. Die Ta¬ 
bellen des Reg.-Bez. Merseburg berichten über 7 verseuchte Heerden in den Kreisen 
Bitterfeld, Liebenwerda und in beiden Mansfeldischen Kreisen. Die Ausbrüche 
betrafen vielfach Vieh kleinerer Besitzer, welches durch das grösseren Fabrik- 
wirthschaften gehörende inficirt wurde, oder sind auf den Ankauf von kranken 
Thieren zurückzuführen. Die Befürchtung, dass eine grössere Anzahl von Seu¬ 
chenherden noch nicht zur Kenntniss der Behörden gelangt ist, wird vielfach von 
den Berichterstattern ausgesprochen. Zwei Ausbrüche wurden dadurch ermittelt, 
dass Schlachtvieh aus solchen verheimlichten Seuchengehöften auf den Schlacht¬ 
viehhöfen grösserer Städte mit der Lungenseuche behaftet gefunden wurde. Der 
Reg.-Bez. Erfurt blieb seuchefrei. 

Im Reg.-Bez. Schleswig beschränkte sich das Vorkommen der Lungenseuche 
auf 3 Gehöfte in der Nachbarschaft von Hamburg-Altona, in eines derselben 
wurde die Seuche aus den Ställen Altonaer Viehcommissionäre eingeschleppt. 

Die Verluste der Provinz Hannover vertheilen sich auf 1 Gehöft des Kreises 
Wennigsen, Landdr.-Bez. Hannover — Angaben über die Einschleppung fehlen, 
2 Gehöfte im Landdr.-Bez. und Kreise Hildesheim, 1 Gehöft im Kreise Gifhorn, 
Landdr.-Bez. Lüneburg — in diesen 3 Gehöften dauerte das Herrschen der 
Seuche aus dem vorigen Quartal fort — und 2 Gehöfte im Kreise Melle, Landdr.- 
Bez. Osnabrück — Uebertragung aus benachbarten, früher verseucht gewesenen 
Ortschaften. 

In einem mit 10 Stück Rindvieh besetzten Gehöft des Reg.-Bez. Kassel 


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Kleinere Mittheilungen. 


137 


traten die einzelnen Erkrankungen in sehr langen Zwischenräumen auf; der erste 
wurde am 10. August 1878, der zweite nach 8. der dritte nach 4, der vierte 
nach 6V 2 , der fünfte nach 6 Monaten beobachtet. Während der zwei Jahre, seit 
welcher fast ununterbrochen Sperrmassregeln fortdauerten, ist kein Vieh ange¬ 
schafft, auch alle Sorgfalt auf die Desinfection des Stalles verwendet worden. 
In Niederursel, Reg.-Bez. Wiesbaden, und in einer Ortschaft des Kreises Fulda 
verbreitete sich die Krankheit auf weitere Gehöfte; in einer früher stark verseuch¬ 
ten Ortschaft des Kreises Wiesbaden brach dieselbe bei neu angekauften Thieren 
aus; zwei andere Ausbrüche in dem letztgenannten Kreise sind durch kranke, 
auf dem Markte in Giessen angekaufte Thiere vermittelt worden. 

Aus der Rheinprovinz wird berichtet, dass die Seuche nur unter zwei Vieh¬ 
beständen eines im Quartal vorher verseuchten Ortes im Landkreise Trier 
herrschte. 

Von den 527 auf polizeiliche Anordnung getödteten Stück Rindvieh ge¬ 
hörten 76,45 pCt. grösseren Gütern, 23,55 pCt. kleineren Besitzungen an. 
Dasselbe Verhältniss für die Provinzen Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien 
und Sachsen berechnet, stellt sich auf 81,20 bezw. 18,80 pCt. 

Ein auf polizeiliche Anordnung getödtetes Stück Rindvieh im Reg.-Bez. 
Magdeburg erwies sich bei der Section mit Perlsucht und Echinococconkrankheit, 
jedoch nicht mit der Lungenseuche behaftet. 

Die Krankheit ist während des Berichtsquartals fünfmal aus Bayern, zwei¬ 
mal aus Hessen upd einmal aus Anhalt eingeschleppt worden. 

Die Impfung der Lungenseuche wurde bei 7 Viehbeständen der Reg.-Bez. 
Magdeburg und Merseburg ausgeführt; dieselbe hatte in einem Falle keinen 
Erfolg, 22 Ende Januar er. geimpfte Kühe einer anderen Ortschaft hatten deut¬ 
liche Impfreaction gezeigt, erkrankten jedoch 4—5 Monate später in der heftig¬ 
sten Weise. Anderseitig ist mehrfach beobachtet w'orden, dass früher mit vollem 
Erfolge geimpfte Thiere in stark verseuchten Ställen von der Krankheit verschont 
blieben. 


4. Rotz-Wurmkrankheit. Von derselben blieben frei die Regierungs- 
bezw. Landdrosteibezirke Stralsund, Stade, Osnabrück, Aurich und Minden. 
In den übrigen Landestheilen erkrankten zusammen 567 Pferde, 43 Pferde 
sind gefallen, 495 wurden auf polizeiliche Anordnung, 51 auf Veranlassung 
der Besitzer getödtet. Der Verlust beträgt 163 Pferde mehr als im Quartal 
Januar-März — von denen 136 auf die Regierungsbezirke Danzig und Oppeln 
entfallen — und 22,40 pCt. der 2584 Pferde, mit denen die verseuchten Ge¬ 
höfte besetzt waren. In 165 Gehöften dauerten die Sperrmassregeln am Schlüsse 
des Berichtsquartals noch fort. Die 589 gefallenen und getödteten Pferde ver¬ 
theilen sich in abgerundeten Procentsätzen wie folgt auf die einzelnen Provinzen; 
die entsprechenden Zahlen des vorigen Quartals sind zur Vergleichung gegen- 
übergestellt: 


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138 


Kleinere Mittheilungen. 



Quartal Januar-März 

Quartal April-Juni 

Ostpreussen . . . 

. . 14,80pCt. 

8,10pCt. 

Westpreussen . . . 

■ . 10,70 , 

14,15 „ 

Brandenburg . . . 

• • 14,10 . 

11,25 . 

Pommern. 

. • 14,40 , 

8,50 „ 

Posen. 

. . 13,20 „ 

11,25 . 

Schlesien. 

• • 17,20 „ 

31,20 „ 

Sachsen. 

• • 4,00 „ 

3,70 „ 

Schleswig-Holstein . 

• • 1,40 „ 

2,00 , 

Hannover. 

. . 1,90 „ 

1,70 „ 

Westfalen. 

. • 0,70 „ 

0,85 . 

Hessen-Nassau . . 

. . 2,20 „ 

1,20 „ 

Rheinprovinz . . . 

• • 5,40 „ 

5,25 , 

Hohenzollernsche Lande 0,00 „ 

0,85 „ 


100,00 pCt. 

100,00 pCt. 


Die Vergleichung zeigt ein erhebliches Sinken des Procentsatzes in den 
Provinzen Ostpreussen, Brandenburg, Pommern und Posen, dagegen eine bedeu¬ 
tende Steigerung desselben in Westpreussen und Schlesien. Fast V 3 aller durch 
die Rotzkrankheit veranlassten Verluste entfällt allein auf die zuletzt genannte 
Provinz. 

Die 38 im Reg.-Bez. Königsberg gefallenen und getödteten Pferde ver¬ 
theilen sich auf 12 Ortschaften in 10 Kreisen. Die Zahl der Rotzerkrankungen 
in demselben Bestände war zum Theil bedeutend; fünf Bestände, welche zusam¬ 
men 40 Pferde zählten, verloren 22 Pferde. Die Krankheit brach in einem Ge¬ 
höft seit dem 2. Quartal 1879 zum dritten Male aus und wurde in einem anderen 
constatirt, in welchem dieselbe angeblich schon seit dem Jahre 1877 herrscht. 
Die 10 Rotzerkrankungen des Reg.-Bez. Gumbinnen blieben vereinzelt, dieselben 
vertheilen sich auf 6 mit zusammen 50 Pferden besetzte Gehöfte in ebenso vielen 
Kreisen. Der Wiederausbruch in einem Gute des Kreises Sensburg wurde erst 
durch das Erkranken eines von dem betreffenden Eigenthümer verkauften Pferdes 
ermittelt. 

Kein Kreis des Reg.-Bez. Danzig blieb von der Rotzkiankheit frei, von 54 
gestorbenen und getödteten — 26 mehr als im Quartal Januar-März — Pferden 
entfallen 20 auf den Kreis Pr. Stargard, in welchem noch mehrere alte Rotz¬ 
stationen vorhanden sind, und ein Gut allein von 49 ursprünglich vorhanden 
gewesenen Pferden seit dem 23. August 1879 22 verloren hat; ebenso sind in 
einem Gute des Kreises Marienburg seit dem 23. Febr. 1880 von 47 Pferden 12 
und in einem Bestände von 15 Pferden des Kreises Neustadt während des Be¬ 
richtsquartals 5 getödtet worden. Sämmtliche 4 Pferde eines Gehöftes im Kreise 
Elbing erwiesen sich rotzkrank, und in einem Bestände des Landkreises Danzig 
brach die Rotzkrankheit nach einem Jahre von neuem aus. Die 29 im Reg.-Bez. 
Marienwerder gefallenen und getödteten Pferde — 11 mehr als im Quartal Ja¬ 
nuar-März — vertheilen sich auf 22 Ortschaften in 8 Kreisen, je 8 Rotzfälle 
kamen in den Kreisen Löbau und Thorn vor. In 4 früher verseucht gewesenen 
Beständen brach die Krankheit von neuem aus. 

Im Reg.-Bez. Potsdam verloren 6 Bestände je 2 Pferde, 10 Bestände je 


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Kleinere Mittheilungen. 


139 


1 Pferd, ein Rotzausbruch wurde durch Constatirung der Krankheit bei einem 
Pferde in der Perleberger Rossschlächterei bekannt. Von 14 ira Reg.-Bez. Frank¬ 
furt getödteten Pferden entfallen 8 auf den Kreis Lübben, zusammen 6 auf die 
Kreise Krossen, Ost-Sternberg und Züllichau. Die Zunahme der Rotzfalle um 
9 Pferde in Berlin ist durch das Auftreten der Krankheit unter den in 5 Depots 
vertheilten Bestand eines grösseren Fuhrhalters bedingt worden. Mit Ausnahme 
eines Pferdes, welches einem Spediteur gehörte, kamen die Rotzerkrankungen, 
welche mehrfach in Zwischenräumen von 4—6 Monaten erfolgten, nur bei Pfer¬ 
den des öffentlichen Fuhrwerks vor. 

Ein seit langer Zeit verseuchtes Gut im Kreise Demmin verlor 8, ein Fuhr- 
halter in Stettin 6 Pferde, die übrigen 3 vereinzelten Rotzfälle im Reg.-Bez. 
Stettin wurden in den Kreisen Greifenhagen, Pyritz und Randow beobachtet. Im 
Reg.-Bez. Köslin wurde die Rotzkrankheit in zusammen 3 Seuchenherden der 
Kreise Belgard, Lauenburg und Schievelbein durch Tödtung der Restbestände 
(im Ganzen 6 Pferde) getilgt. Von 33 gestorbenen und getödteten Pferden ent¬ 
fallen 10 auf den Kreis Neu-Stettin, 5 auf ein Gut des Kreises Stolp, in wel¬ 
chem sich die Krankheit seit längerer Zeit hinschleppt, und 4 auf einen Bestand 
von 6 Pferden ira Kreise Belgard. Frei von der Rotzkrankheit blieben nur die 
Kreise Bublitz und Kolberg-Körlin. 

Die 42 Rotzfälle des Reg.-Bez. Posen vertheilen sich auf alle Kreise, mit 
Ausnahme von Birnbaum, Kröben und Schrimm; die zahlreichsten wurden im 
Kreise Kosten und im Landkreise Posen beobachtet. In 6 alten Rotzstationen, 
welche zusammen 12 Pferde verloren, brach die Krankheit nach längeren Zwi¬ 
schenzeiten von neuem aus. Von den Kreisen des Reg.-Bez. Bromberg blieben 
Czarnikau und die Stadt Bromberg frei von der Rotzkrankheit, 8 Pferde entfallen 
auf den Kreis Wongrowiec, in Strzelno, Kreis Inowraclaw, erwiesen sich sämmt- 
liche 3 Pferde eines Fuhrmanns mit dem Rotz behaftet; die übrigen 13 Pferde 
vertheilen sich auf 9 Gehöfte. 

Die Zahl der Rotzerkrankungen in den Reg.-Bez. Breslau und Liegnitz ist 
während der beiden letzten Quartale nahezu dieselbe geblieben, die 32 Fälle 
kamen durchweg in kleinen Beständen vor, welche zusammen 82 Pferde enthiel¬ 
ten. In Malkwitz, Landkreis Breslau, brach die Rotzkrankheit von neuem aus; 
der letzte Fall war ty 4 Jahre vorher constatirt worden. Die ausserordentlich hohe 
Zahl der Rotzfälle im Reg.-Bez. Oppeln während des Berichtsquartals ist in 
erster Linie auf die bedeutende Verbreitung, welche die Krankheit unter den 
Pferden mehrerer Fuhrleute im Kreise Beuthen erlangte und auf die starke Ver¬ 
se uchnng eines Gutes im Kreise Gross-Strehlitz zurückzu führen, dessen ganzer 
Bestand von 20 Pferden auf polizeiliche Anordnung getödtet wurde. Von 123 
Pferden, welche 9 Besitzern im Kreise Beuthen gehörten und zum Verfahren von 
Bergwerksproducten dienten, wurden 88 getödtet. Die Krankheit unter diesen 
Pferdebeständen ist nicht nur längere Zeit vor der Constatirung verheimlicht 
worden, sondern auch nach der letzteren wurde wiederholt versucht, erkrankte 
Thiere der Untersuchung zu entziehen; in einigen Beständen hatte der Rotz 
schon früher geherrscht, die Observation war jedoch 3 Monate nach dem letzten 
Falle aufgehoben worden. In 13 anderen Kreisen des Regierungsbezirks kamen 
ausserdem vereinzelte Rotzerkrankungen vor, sodass die Zahl der getödteten und 


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140 Kleinere Mittheilungen. 

gestorbenen Pferde im Ganzen 152 — etwa = */ 4 des Gesammtverlustes im 
Staate — beträgt. 

Die 11 in 4 Kreisen des Reg.-Bez. Magdeburg getödteten Pferde gehörten 
7 fast durchweg kleinen Beständen an und waren zum grossen Theil kurze Zeit 
vorher angekauft worden. Im Reg.-Bez. Merseburg kamen 8 Rotzfälle in 6 Be¬ 
ständen von zusammen 23 Pferden vor. In einem Gehöft waren zwischen dem 
Erkranken des 2. und 3. Pferdes 20 Monate verflossen. Die beiden im Reg.-Bez. 
Erfurt getödteten Pferde entfallen auf einen Bestand, welcher auch im Quartal 
Januar-März ein Pferd verloren hatte. 

Die Provinz Schleswig-Holstein, welche gewöhnlich nur wenig von der Rotz¬ 
krankheit zu leiden hat, verlor während des Berichtsquartals 12 Pferde, von denen 
10 auf die Kreise Apenrade-Sonderburg entfallen, 5 gehörten einer Posthalterei 
der letzteren an, es wird vermuthet, dass die Erkrankungen mit den während des 
Jahres 1877 in einer benachbarten Posthalterei vorgekommenen noch in Zu¬ 
sammenhang gestanden haben. 

Die 10 in den Landdr.-Bez. Hannover, Hildesheim und Lüneburg getödteten 
Pferde gehörten 11 Beständen mit zusammen 25 Pferden an. Ebenso vereinzelt 
blieben die 5 Rotzerkrankungen der Provinz Westfalen, ein Fall betraf das Pferd 
eines umherziehenden Händlers aus dem Reg.-Bez. Trier. In Hessen - Nassau 
wurden ein Pferd im Kreise Hanau, welches schon seit längerer Zeit gekränkelt 
hatte und 5 zum Schiffeziehen benutzte Pferde in Frankfurt a. M. rotzkrank be¬ 
funden. Die 4 im Reg.-Bez. Koblenz getödteten und gefallenen Pferde bildeten 
den gesammten Bestand von 3 Gehöften, von den 6 Rotzfällen im Reg.-Bez. 
Düsseldorf betrafen 2 den Bestand einer Pferdebahngesellschafi; in einem Gehöft 
des Kreises Solingen brach die Rotzkrankheit nach einem Zwischenraum von 
8—9 Monaten zum zweiten Male aus. Die 7 Rotzfälle des Reg.-Bez. Köln ver¬ 
theilen sich auf 5 Gehöfte, welche zusammen 15 Pferde enthielten, in 2 Ge¬ 
höften der Stadt Bonn wurde die Rotzkrankheit bei 2 Pferden constatirt, welche 
seit dem vorigen Quartal unter Observation standen, eines dieser Pferde hatte 
während des Lebens keine verdächtigen Erscheinungen gezeigt. Unter den 11 
im Reg.-Bez. Trier getödteten und gefallenen Pferden befanden sich 3 dem 
seit lange verseuchten Bestände einer Kohlengrube gehörende, 3 zum Schiffe¬ 
ziehen auf der Saar benutzte und 3 Pferde eines Eisenbahnbau -Unternehmers. 
Ein wegen unheilbarer Hufverletzung getödtetes Pferd der vorhin erwähnten 
Kohlengrube erwies sich bei der Section mit veraltetem Lungenrotz behaftet, 
dasselbe war zu Lebzeiten nicht verdächtig erschienen. Im Reg. - Bez. Aachen 
wurde die Rotzkrankheit bei 3 Pferden beobachtet. Sämmtliche 5 Pferde eines 
Bauern in den Hohenzollernschen Landen erwiesen sich rotzkrank. 

Von den auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden entfallen: 

27,25pCt. auf grössere Güter, 31.00pCt. auf kleinere ländliche undstädti- 
sche Besitzungen, 34,75 pCt. auf Pferde, welche vorzugsweise zum Trans¬ 
port von Menschen oder Waaren benutzt werden, 7,00 pCt. auf Pferde, 
deren Benutzung aus dem statistischen Material nicht zu erkennen ist. 
Dieselben Verhältnisszahlen für die Provinzen Ostpreussen, Westpreussen, 
Brandenburg (excl. Berlin), Pommern, Posen und Schlesien berechnet, 
stellen sich auf 33,25, 28,85, 30,80 und 7,10 pCt. 


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141 


Zehn rotzkranke Pferde wurden auf Markten, 9 auf Rossschlächtereien er¬ 
mittelt, 31 waren kurze Zeit vor Constatirung der Rotzkrankheit angekauft 
worden und 6 Ausbrüche der Rotxkraukheit sollen durch Infection der Pferde auf 
Reisen unterweges erfolgt sein. Je ein rotzkrankes Pferd stammte aus Polen, 
Russland, Hamburg und Belgien. Bei 36 auf polizeiliche Anordnung getödteten 
Pferden = 7,27 pCt. wurde das Vorhandensein der Rotzkrankheit durch die 
Section nicht bestätigt, davon entfallen 34 Pferde auf die verseuchten Bestände 
in den Kreisen Beuthen und Gross-Strehlitz des Reg.-Bez. Oppeln. 

Ein Fuhrhalter in Königsberg i. P., dessen sämmtliche 7 Pferde während 
der beiden letzten Quartale rotzkrank befunden worden waren und ein Pferde¬ 
besitzer in Stannowitz. Kr. Ohlau, Reg.-Bez. Breslau, starben in Folge von Rotz- 
infection. 

5. Schafpocken. Die Schafpocken herrschten in 290 Gehöften, welche 
sich auf 125 Ortschaften in 50 Kreisen vertheilen, von den 290 Gehöften sind 
30 solche, in denen die Schutzimpfung der Lämmer, und 140 solche, in denen 
wegen Herrschens der Seuche unter Heerden der Nachbarschaft die Praecautions- 
impfung ausgeführt wurde. Ein Ausbruch der natürlichen Pocken ist mithin bei 
120 Schafleständen beobachtet worden. Von den letzteren entfallen 46 auf die 
Kreise des Landdr.-Bez. Lüneburg mit Ausschluss des Kreises Gifhorn. Die Seuche 
scheint in diesem Bezirk meist vom Kreise Uelzen aus durch Handelsschafe verbreitet 
worden zu sein. Ausserdem sind zahlreiche Ausbrüche dadurch vermittelt worden, 
dass neu angekaufte Schafe in während des vorhergegangenen Winters verseucht 
gewesene Gehöfte gelangten. Die beiden Ausbrüche der natürlichen Pocken im 
Landdr.-Bez. Stade kamen in neu angekauften Heerden vor. Das Auftreten der 
natürlichen Pocken in Schleswig-Holstein beschränkte sich auf eine Ortschaft des 
Kreises Lauenburg, in welche die Seuche aus Mecklenburg eiDgeschleppt wurde. 

Ausserdem wurden Pockenausbrüche in denjenigen Kreisen der Provinzen 
Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg. Posen und des Reg.-Bez. Magdeburg, 
in denen die Schutzimpfung gebräuchlich ist, beobachtet und zwar besonders 
häufig in den Orten, wo die Schutzimpfung ausgeführt wurde, selbst oder in 
deren Nachbarschaft. In einer grösseren Anzahl von Fällen erkrankten im Früh¬ 
jahr geborene Lämmer solcher Heerden, unter denen die Schafpocken im Herbst 
und Winter v. J. geherrscht hatten, und es werden vielfach Beispiele angeführt, 
aus denen hervorgeht, dass das Pockencontagium sich in verseucht gewesenen 
Stallen 5 bis 6 Monate lang wirkangsfähig erhalten kann. Einzelne Ausbrüche 
betrafen Heerden, welche während des vorigen Herbstes bei dem fast allgemeinen 
Herrschen der Pocken verschont geblieben waren. Endlich hat das Durchtreiben 
oder der Ankauf von Handelsschafen öfters Anlass zu dem Auftreten der Pocken 
gegeben, welches im Reg.-Bez. Köslin auch mehrfach bei von gemeinschaftlichen 
Weiden znrückgenommenen Schafen beobachtet würde. 

6. Beschälausschlag der Pferde und des Rindviehes. Der Be- 
schalanssohlag wurde bei einer grösseren Anzahl von Rindern in den Westerwald¬ 
kreisen des Reg.-Bez. Wiesbaden und im Reg.-Bez. Merseburg beobachtet, soll 
auch im Reg.-Bez. Münster häufig herrschen, von den Landlenten jedoch kaum 
beachtet werden. Einzelne Fälle kamen in Ostprenssen, Westpreussen, Bran- 


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142 


Kleinere Mitteilungen. 


denburg, Pommern, Schlesien, Schleswig-Holstein, in der Rheinprovinz, sowie in 
dem Reg.-Bez. Magdeburg und Kassel vor. Ausserdem wird über das seuchen- 
hafte Herrschen des Beschäl au sschlages im Reg.-Bez. Erfurt berichtet, es bedarf 
jedoch noch weiterer Aufklärung, ob die beschriebene Krankheit wirklich der Be¬ 
schälausschlag war. Der letztere wurde bei zusammen 27 Pferden beobachtet. 
Ein Hengst übertrug den Beschälausschlag nach dem Decken einer kranken 
Stute, ohne selbst zu erkranken, auf 5 andere Stuten. 

Die Beschälseuche ist nicht beobachtet worden. 

7. Räude der Pferde und Schafe. Von den 254 räudekrank be¬ 
fundenen Pferden — 235 weniger als im Quartal Januar/März — sind 17 
gestorben, bez. auf Veranlassung der Besitzer, 12 auf polizeiliche Anordnung 
getödtet worden. Die zahlreichsten Erkrankungen — etwa 50 pCt. — entfallen 
auf Ostpreussen, die Räude kam dort vielfach bei neu angekauften Pferden vor 
oder brach nach längeren Zwischenzeiten in früher verseucht gewesenen Be¬ 
ständen aus, gewann theilweise eine bedeutende Verbreitung in demselben Qehöft 
und ist mehrfach auch von Pferden auf Menschen übertragen worden. Eine 
grössere Anzahl von Räude fällen — zusammen 36 pCt. — wurde in West- 
preussen, in den Reg.-Bez. Köslin, Posen, Breslau und Trier beobachtet, die 
übrigen 14 pCt. vertheilen sich auf die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Potsdam, 
Frankfurt, Berlin, Stettin, Bromberg, Liegnitz, Oppeln, Hannover, Hildesheim 
und Koblenz. 

Der Stand der Schafräude in den Provinzen Schleswig-Holstein und 
Hannover ist fast unverändert geblieben, jedoch steht die Tilgung der Krankheit 
unter den verseuchten Beständen in Schleswig-Holstein baldigst zu erwarten. 
Die Berichte aus Westfalen und Hessen-Nassau erwähnen nur ganz im Allge¬ 
meinen , dass die Räude noch weit verbreitet in den sogenannten Schmierschäfe¬ 
reien herrscht. 

Einzelne Ausbrüche der Schafräude wurden constatirt in den Kreisen: 
Neidenburg, Osterode, Reg.-Bez. Königsberg, West-Havelland, Zauch-Belzig, 
Reg.-Bez. Potsdam, Greifenberg, Saatzig, Reg.-Bez. Stettin, Neu-Stettin, Stolp, 
Reg.-Bez. Köslin, Lauban, Reg.-Bez. Liegnitz, Wollmirstedt, Reg.-Bez. Magde¬ 
burg, und Sangerhausen, Reg.-Bez. Merseburg. Die Einschleppung durch an¬ 
gekaufte Schafe konnte meistens mit Sicherheit nachgewiesen werden. Der 
Ausbruch im Kreise Lauban wurde dadurch bekannt, dass aus derselben Heerde 
stammende Schafe sich auf dem Schlachtviehmarkt in Dresden räudekrank er¬ 
wiesen. 

8. Tollwuth. Die Wuthkrankheit wurde constatirt bei 176 Hunden, 
4 Pferden, 19 Stück Rindvieh, 15 Schafen, 1 Ziege und 4 Schweinen, ausser¬ 
dem sind 132 herrenlos umherechweifende wuthverdächtige und 495 Hunde nach 
§.111 der Instruction getödtet worden. Die Fälle vertheilen sich auf 299 Ort¬ 
schaften in 130 Kreisen, die zahlreichsten betrafen den Reg.-Bez. Minden. Frei 
von der Wuthkrankheit blieben die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stralsund, Erfurt, 
Lüneburg, Aurich, Aachen und Sigmaringen. 

Bei den herrenlos umherschweifenden als wuthverdächtig getödteten Hunden 
ist nur zum kleinen Theil eine Constatirung erfolgt, oder die Section lieferte 


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Kleinere Mittheilungen. 


143 


nicht mit ausreichender Sicherheit den Nachweis von dem Vorhandensein der 
Krankheit; die grössere Anzahl solcher Hunde in den Grenzkreison der Reg.-Bez. 
Gumbinnen und Bromberg begründet die Vermuthung, dass die betreffenden 
Hunde aus Polen übergelaufen waren. 

Von sicher beobachteten Incubationszeiten werden je einmal erwähnt: 
bei Pferden 44 (Fohlen) 47 Tage, 
beim Rindvieh 28 (Kalb) 29 30 42 51. 132 Tage, 
bei Schafen 20 Tage, 
bei Schweinen 14 15 Tage, 
bei Hunden 14 41. 41 Tage. 

Ueber Erkrankungen von Menschen an Wasserscheu während des Berichts¬ 
quartals ist nichts bekannt geworden. 

(Veröffentlichungen des Kais, deutschen Gesundheitsamtes.) 


Das Uoflge Vorkommen der Trichinen bei Schweinen in den Ver- 

einigten Staaten von Nordamerika. 

Ein verhältnissmässig grosser Theil der aus den Vereinigten Staaten von 
Nordamerika eingeführten Schinken und Speckseiten ist bekanntlich in Deutsch¬ 
land trichinös befunden worden, dagegen fehlten bisher statistische Angaben 
über das Vorkommen von Trichinen bei in Amerika geschlachteten Schweinen. 
Die im Berichte des Staats-Gesundheitsamtes von Massachusetts veröffentlichten 
Mittbeilungen des Thierarztes Billings in Roxbury über die Resultate der von 
ihm ausgeführten mikroskopischen Fleischbeschau dürften demgemäss von allge¬ 
meinem Interesse sein. 

Billings untersuchte während einer Zeitdauer von fünf Monaten 2701 
Schweine, welche in der Nähe von Boston geschlachtet worden waren und fand 
bei 154 Schweinen, d. h. bei 5,77 pCt. oder bei 1 Schwein 
von 17,54 Trichinen *). 

Die untersuchten Schweine stammten aus verschiedenen Gegenden, zum 
grössten Theil wohl aus den westlichen Staaten derünion; dieselben wurden nicht 
aus bestimmten Heerden oder mit Rücksicht auf einen bestimmten Ursprungsort 
ausgewählt, sondern genommen, wie sich gerade Zeit und Gelegenheit zur Unter¬ 
suchung darbot. Leider konnten von vielen Schweinen weder die Ursprungsorte, 
noch die Fütterungs- und Haltungsverhältnisse, unter denen die Schweine bis 
dahin gelebt hatten, genauer ermittelt werden. 

Ausserdem untersuchte Billings 89 frisch gepökelte Schweinezungen, von 
denen 3 Trichinen enthielten, welche, wie eine genauere Untersuchung nachwies, 
todt waren. 

Die Fütterungs- und Haltungsverhältnisse, unter denen die Schweine in den 


l ) Im Laufe des Monats October 1880 sind in Berlin im Ganzen 18,520 
Schweine auf das Vorhandensein von Trichinen von amtlich bestellten Fleisch¬ 
beschauern mikroskopisch untersucht worden. Hierbei wurden 11 Schweine — 
nahezu 0,06 pCt. — trichinös befunden. 


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144 


Kleinere Mittheilungen. 


westlichen Staaten der Union aufgezogen werden, sind bekanntlich bei Weitem na¬ 
turgemäßer, als in den Neuenglandstaaten, in denen die Schweine ähnlich wie in 
Deutschland fast durchweg in — zura grossen Theil überdies sehr schlecht ein¬ 
gerichteten — Ställen gehalten werden. Es liegt auf der Hand, dass die unge¬ 
mein zahlreichen Fälle, in denen amerikanische Schinken und Speckseiten bei 
den Untersuchungen in Deutschland und Grossbritannien trichinös befunden 
wurden, und die nicht seltenen Beispiele, in denen Erkrankungen von Menschen 
an Trichinosis auf den Genuss jener amerikanischen Schlachtwaaren zurückzu¬ 
führen waren, höchst nachtheilig auf den amerikanischen Export von Schweine¬ 
fleisch einwirken müssen ’). Amerika hat daher ein sehr grosses Interesse an der 
Ermittelung deijenigen Gründe, welche zur Folge haben, dass Trichinen bei 
Schweinen in den westlichen Staaten der Union trotz der viel naturgemässeren 
Verhältnisse, unter denen diese Thiere leben, ungemein häufiger Vorkommen, als 
bei den Schweinen in Deutschland, in welchem Lande die Schweine zum grossen 
Theil in Ställen gehalten werden und nicht selten Gelegenheit finden, allorlei 
Abfälle und Unrath zu verzehren. 

Die Behauptung des Prof. Bollinger, dass die Schweine in den grossen 
Exportschlächtereien der Vereinigten Staaten mit dem Abfall geschlachteter 
Schweine gefüttert werden und hierdurch Gelegenheit finden, Trichinen aufzu¬ 
nehmen, beruht ganz bestimmt auf einen Irrthum. Ein derartiges Verfahren kommt 
in den grossen Exportschlächtereien niemals, wohl aber in kleinen Schlächtereien, 
welche Fleisch nur für den localen Bedarf liefern, ferner in den Fällen vor, in 
denen Schweine für den Bedarf der eigenen Hauswirthschaft geschlachtet, und 
muss allerdings als eine wesentliche Ursache der weiteren Verbreitung der Tri¬ 
chinen angesehen werden. Ausserdem verbleiben die Schweine in den grossen 
Exportschlächtereien durchschnittlich 1 bis 3 Tage während der Sommer- und 
1 bis 6 Tage während der Wintermonate, bis sie geschlachtet werden, und er¬ 
halten während dieser Zeit ausschliesslich Getreidekörner (com) als Futter. 

Verf. theilt ferner die Resultate seiner Untersuchungen von Ratten mit. 
Unter 51 auf der Abdeckerei in Boston gefangenen Ratten wurden 39 trichinös 
befunden, dagegen erwiesen sich 28 auf derselben Abdeckerei gemästete Schweine 
trichinenfrei. Die letzteren hatten nur solches Fleisch, welches bis zur Ent* 
Ziehung aller Fettbestandtheile gekocht worden war, und ausserdem Mehl, dagegen 
keine Abfälle irgend welcher Art aus der Stadt erhalten. Vierzig Ratten, welche 
in einer grossen Exportschlächterei bei Boston gefangen worden waren, erwiesen 
sich sämmtlich trichinös, dagegen enthielten unter 60 in verschiedenen Ställen 
von Boston, in denen sicli keine Schweine befanden oder befunden hatten, ge¬ 
fangenen Ratten nur 6 Trichinen. Verf. glaubt, dass die Ratten durch die 
Schweine und nicht die letzteren durch die Ratten inficirt werden. Da Trichinen 
bei Schweinen und Ratten in Amerika sehr viel häufiger als bei denselben Thieren 
in Deutschland gefunden werden, dürfte Amerika auch am ehesten Gelegenheit 
bieten, um die wichtigen Fragen zu entscheiden: Ist die Infection der Schweine 


*) Nach der Zählung vom Jahre 1870 werden in den Vereinigten Staaten 
25,134,569 Schweine gehalten, nach der Zählung vom Jahre 1873 in Preussen 
4,278,467 Schweine. 


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Kleinere Mittheilungen. 


145 


durch Trichinen allein anf die Ratten zurückzuführen, and giebt es eine gemein¬ 
schaftliche Quelle, aus welcher nicht nur Schweine, sondern auch wild lebende 
Thiere inficirt werden ? 

Vereinzelte Erkrankungen von Menschen an Trichinosis sind in den Staaten 
New York, Ohio, Michigan, Indiana, Jowa und in Philadelphia beobachtet worden. 
In Dubuque, Jowa erkrankten nach dem Genüsse von rohem Schinken, der zu 
Würsten verarbeitet war, 15 Menschen, von denen 5, in Aurora, Indiana, nach 
dem Genüsse roher, geräucherter Würste 9 Menschen, von denen 3 starben. Im 
Allgemeinen ist die Trichinosis bei Menschen jedoch eine seltene Krankheit und 
ein epidemisches Auftreten der letzteren — ähnlich wie in Deutschland — wurde in 
Amerika noch niemals beobachtet. Das Kochen, Pökeln und Räuchern des Schweine¬ 
fleisches in Amerika muss demgemäss wohl hinreichen, um die Trichinen, welche 
in dem Fleisch enthalten sind, zu tödten und eine Infection der Menschen, welche 
das Fleisch geniessen, zu verhindern. In der Nachbarschaft der grossen Export¬ 
schlächtereien bei Boston werden die Zwischenrippenmuskeln der geschlachteten 
Schweine massenhaft an die Bevölkerung verkauft und von der letzteren genossen; 
bisher ist jedoch, so viel bekannt, kein einziger Fall von Trichinosis bei Menschen, 
welche dieses Fleisch gegessen hatten, vorgekommen. Die Fleischstücke sind 
dünn und werden so vollständig durchgekocht, dass alle in denselben enthaltenen 
Trichinen sicher getödtet werden müssen *). Müller. 


Perforation des lagens durch Gastrns eqni. Von Kreisthierarzt Schiiepe 

in Darkehmen. 

Im 25. Jahrgange des Magazins für die gesammte Thierheilkunde, Berlin 
1859, S. 412, habe ich den von mir beobachteten ersten „Beitrag zur Charak¬ 
teristik der Magenbremsenlarven beim Pferde“ veröffentlicht. Gerl ach hat in 
seinem Handbuche der gerichtlichen Thierheilkunde, Berlin 1872, S. 658, auf 
diesen Fall hingewiesen und ihn als einen „seltsamen“ bezeichnet. 

Vor Kurzem habe ich einen zweiten, dem erwähnten ähnlichen Fall bei 
einem Pferde constatiren können, wo der Magen durch Gastruslarven perforirt 
und in Folge dessen eine Perigastritis adhaesiva entstanden war 1 ). 

Am 2. Osterfeiertage 1S80 wurde ich aufgefordert, ein an Kolik leidendes 
Pferd zu behandeln, welches am 15. December v. J. gekauft worden war, und 
stets schlecht gefressen hatte. 

Das Thier war schlecht genährt, schwitzte stark und entleerte häufig 


*) Eine weitere Bestätigung der Bil lings’schen Mittheilungen über die 
Haußgkeit der Trichinen bei Schweinen amerikanischen Ursprungs liefert folgende 
Beobachtung: Auf dem Schlachtviehmarkt in Dresden wurden im October zum 
Verkauf gestellt 91 angeblich aus Chicago eingeführto Schweine, von 88 ist als 
Resultat der mikroskopischen Fleischbeschau bekannt, dass 14 dieser Schweine 
= 16 pCt. Trichinen enthielten. 

2 ) Vgl. auch Mittheilung von Roloff im Magazin für die gesammte Thier¬ 
heilkunde, 34. Jahrg. 2. Heft. 

Archiv f. wissen seh. n. prakt. Thierheilk. VII. ln.2. 19 


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146 


Kleinere Mittheilungen. 


breiige Facalmassen. Es zitterte heftig und war sehr unruhig. Der Bauch war 
tympanitisch aufgetrieben. In der Minute konnte man 80 harte Pulse und 60 
kurze Athemzüge nachweisen. Das Athmen war schnaufend und wurde unter 
Stöhnen ausgeführt. Der Blick war ängstlich. In der Harnentleerung zeigten 
sich keine Störungen. 

Der Tod des Thieres trat noch an demselben Tage ein. Die gleich darauf 
vorgenommene Obduction ergab folgenden Befund: 

Aus der regelrecht geöffneten Bauchhöhle trat der mit Gasen stark ange- 
fiillte, dunkelroth gefärbte Leerdarm hervor. Die Bauchhöhle enthielt 12 Liter 
blutiger Flüssigkeit. Die Ausdehnung des Magens war eine beträchtliche und 
durch Ansammlung von Futtermassen und Gasen bedingt. Um Platz zu ge¬ 
winnen, wurden Magen, Leber und Milz zunächst herausgeschnitten. 

Hierbei zeigte sieb, dass der Magen mit dem linken Pfeiler des Zwerch¬ 
felles, mit der linken Niere, den letzten 4 Rippen und mit dem breiten Ende 
der Milz in einer Fläche von Handgrösse fest verwachsen war. Die Verwachsungs¬ 
schichten waren so derb, dass sie mit dem Messer schwer durchschnitten werden 
konnten. In denselben lag eine enteneigrosse Höhle, die mit dem Magen in 
Verbindung stand und eine dickflüssige, übelriechende, schwarzgrau gefarbto 
eiterähnliche Flüssigkeit, geronnene Massen (48,75 Grm. schwer) und Gastrus- 
larven enthielt. Die, Höhle war länglich oval, 9—10 Ctin. lang und 6 Ctm. breit. 
Die Wände derselben hatten eine schmutzig rothbraune Farbe und waren mit 
warzigen Erhabenheiten besetzt. Die Zahl der in der Höhle enthaltenen Gastrus- 
larven konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, weil mehrere derselben 
beim Loslösen der adhäsiven Verbindungen, wobei eine Eröffnung der Höhle 
stattfand, verloren gegangen waren. Ihre Zahl dürfte 15 betragen haben. Die 
Larven lebten und hatten eine auffallende Grösse. Sie zeigten namentlich einen 
grösseren Umfang als die, welche noch ausserdem an der Portio cardiaca des 
Magens bei demselben Pferde ermittelt wurden. 

Die Oeffnung, durch welche die Höhle mit dem Magen communicirte, war 
rundlich und hatte einen Durchmesser von 2 Ctm. Die mit Pflasterepithel be¬ 
setzte Abtheilung des Magens setzte in der Oeffnung scharf ab, und an sie 
schloss sich die Höhlenwand, die in der Nähe der Oeffnung geröthet war. 

Die Labdrüsenportion des Magens war etwas geschwollen und blass. 

Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse und Zwölffingerdarm zeigten keine auf¬ 
fallenden Veränderungen. 

Der hintere Theil des Leerdarmes mit dem zugehörigen Theil des Gekröses 
hatte sich in Spiralturen um den Hüftdarm gelegt. Aussen war der aufgerollte 
Darm theil dunkelroth gefärbt und mit schwarzrothen Flecken besetzt. Die 
Häute desselben, namentlich die Submucosa, waren serös blutig inflltrirt. Im 
Darm fand sich eine blutige Flüssigkeit vor. Die Venen des sich anschliessenden 
Gekröses waren stark angefüllt und zwischen den Blättern des letzteren lagen 
kleinere und grössere blutige Herde. 

Der Hüftdarm war zusammengezogen. Blind- und Grimmdarm waren nor¬ 
mal und mit Futtermassen schwach angefüllt. Auch der Mastdarm, der nur ein¬ 
zelne Kothballen enthielt, zeigte keine Abweichungen. 


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Kleinere Mittheilungen. 


147 


Die Harnblase war leer, die Nieren waren frei von krankhaften Verände¬ 
rungen. 

Kehlkopf and Luftröhre waren gesand. Die Langen waren blutreich und 
feucht. Die Durchschnittsfläche liess einen spiegelnden Glanz erkennen, ln der 
Pleura fanden sich mehrere blutige Flecke vor. 

Der Herzbeutel enthielt etwas blutige Flüssigkeit. Im visceralen Blatte 
desselben, besonders im Verlaufe der Herzfurchen, Hessen sich viele schwarzrothe 
Flecke erkennen. Das Herz war normal gross. Die linke Hälfte desselben war 
zusammengezogen und leer, die rechte dagegen ausgedehnt und mit flüssigem 
Blute erfüllt. Unter dem Endocardium des linken Ventrikels zeigten sich blutige 
Suggillationen. 

An der Zunge, dem Pharynx und in der Nase wurden keine krankhaften 
Zustände ermittelt. 

Die Schädelhöhle und der Wirbelkanal sind nicht eröffnet worden. 

Hieraus ergiebt sich, dass die am Leerdarme beobachteten krankhaften Zu¬ 
stände den Tod des Pferdes bedingt haben, und dass die Perforation des Magens 
und die adhäsive Verbindung desselben mit den nachbarlichen Organen zwar 
einen wichtigen, aber immerhin zufälligen Befund darstellen. Auch die an dem 
Pferde beobachteten klinischen Erscheinungen dürften dem Resultate der Ob- 
duction entsprechend, in zwei Abtheilungen getrennt werden. Der Vorbericht 
lehrt, dass das Pferd in der zwischen der Uebergabe und dem Tode desselben 
gelegenen Zeit stets schlecht gefressen hat und im Dienstgebräuche fast gar 
nicht zu verwenden war. Wir haben ferner gesehen, dass es schlecht im Haar 
und sehr abgemagert war. Mithin litt das Pferd an allgemeinen Ernährungs¬ 
störungen, die wahrscheinlich auf das am Magen festgestellte Leiden zu be¬ 
ziehen sind. 

Für die Beurtheilung der Dauer des letzteren sind folgende Umstände von 
Wichtigkeit. Es ist bekannt, dass die Magenbremse (Gastrophilus) von Juni bis 
September im Freien herumfliegt und ihre Eier auf die Haut der Thiere absetzt. 
In diesen Eiern entwickeln sich die jungen Larven, die von den Pferden meist 
abgeleckt werden und in den Magen gelangen, um in der Schleimhaut desselben 
sich festzuhaken. Hier verweilen die Larven circa */ A Jahre und bilden sich 
zur Reife aus. Im nächsten Frühjahre verlassen die reifen Larven ihren Wohn¬ 
sitz, gelangen mit den Excrementen nach aussen, kriechen in die Erde und ver¬ 
puppen sich in 12 bis 24 Stunden, Die Puppenruhe dauert 30—40 Tage. 
Nach Ablauf dieser Periode hat sich aus der Puppe die Fliege entwickelt, welche 
die tonnenartige Kapsel sprengt und ausschwärmt. 

Beachtet man nun, dass das Pferd am 2. Osterfeiertage 1880 (d.i. am 29. 
März) gestorben und am 15. December 1879 gekauft worden ist, so kann unter 
Berücksichtigung der eben besprochenen Entwickelungsgeschichte der Gastrus- 
larven kein Zweifel darüber entstehen, dass sie bereits im Sommer 1879 von 
dem in Rede stehenden Pferde aufgenommen worden sind. Fraglich bleibt nur, 
wann diese Larven die am Magen beobachtete Perforation bedingt haben. Hier¬ 
über giebt der Obductionsbefund keinen vollen Aufschluss. Denn die Durch¬ 
bohrung des Magens, die in Folge derselben hervorgerufene feste Verbindung 
desselben mit der Umgebung und die Eiterung in den adhäsiven Massen, stellen 

10 * 


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Kleinere Mittheilungen. 


Veränderungen dar, die auch in einer kürzeren Zeit, als zwischen dem 15. De- 
cember 1879 und dem 29. März 1880 liegt, ihre Entstehung finden können. 
Wichtig ist aber, dass das Pferd vom Tage der Uebergabe bis zu dem am 29. 
März 1880 erfolgten Tode schlecht gefressen hat. Hierdurch wird es sehr wahr¬ 
scheinlich gemacht, dass das Thier bereits vor dem 15. December 1879 mit 
dem Leiden des Magens behaftet war. 

Wenn nun auch nicht mit Sicherheit darzuthun ist, wann die Perforation 
zu Stande gekommen ist und wenn selbst angenommen würde, dass sie erst nach 
der Uebergabe entstanden sei, so ist doch zu berücksichtigen, dass der Zustand 
des Magens nur dadurch möglich geworden, dass Theile seiner Schleimhaut Sitz 
von Gastruslarven waren. Folglich sind letztere eine nothwendige Voraussetzung 
für das Zustandekommen der Perforation etc. des Magens. Ob die Gastruslarven 
eine solche Perforation bedingen werden oder nicht, hängt von unbekannten und 
unvermeidlichen Ursachen ab. Nehmen wir daher die obige Voraussetzung als 
zutreffend an, so steht doch fest, dass die Gastruslarven ohne jedes Versehen 
Seitens des Käufers Ursache des Magenleidens geworden sind, und dass diese 
Ursache bereits vor der Uebergabe bei dem in Rede stehenden Pferde vorhanden 
gewesen ist. 

Mag aber auch der Befund im Magen noch so wichtig und von hoher wissen¬ 
schaftlicher Bedeutung sein, so kann der Tod des Pferdes mit ihm nicht in Ver¬ 
bindung gebracht werden. Letzterer ist in Folge der am Leerdarm beobachteten 
Abweichungen eingetreten, welche unabhängig von der Krankheit des Magens 
sich ausgebildet und die bei dem Pferde beobachtete Kolik veranlasst haben. 


Tnbercolose des Schläfenbeins bei einem Stiere, vom st&dtthierarzt Robert 

Krebs in Zeitz. 

Seit längerer Zeit hatte ein sechsjähriger, grosser, wohlgenährter circa 
1900 Pfund schwerer Stier Symptome eines Hirnleidens gezeigt. Es konnte 
gleichzeitig ein übelriechender Ausfluss aus dem linken Ohre beobachtet werden. 
Der Tod trat unter Zunahme der an dem Thiere nachweisbaren Störungen des 
Bewusstseins, der Bewegung und Empfindung ein. Bei der Section fand sich 
Folgendes: 

Das Thier war gut genährt. Die Lungen waren mit durchscheinenden 
grauen Knötchen durchsetzt, die theils einzeln, theils zusammengehäuft lagen 
und die den Charakter frischer Perlknötchen zeigten. Im Uebrigen war die 
Lunge stark hyperämisch, die Schleimhaut der Trachea mit übelriechendem 
Schleim und Schaum bedeckt und grünlichroth gefärbt. 

Am linken Schläfenbein, am Keilbein und Hinterhauptsbein fand sich ein 
ausgedehnter tuberculöser Process. Die genannten Knochen waren stellenweise 
weich, ln den weichen Partien lagen die neugebildeten (perlsüchtigen) Gewebs- 
massen. Die Neubildungen hatten in der Gegend des linken Schläfenbeines die 
Dura mater perforirt und bedeckten in Form eines Fungus die innere Fläche der¬ 
selben. An der linken Seite des Gross- und Kleinhirns und der Medulla oblon- 


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Kleinere Mittheilnngen. 149 

gata hatten sich tiefe Eindrücke gebildet, in denen die bezeichneten Geschwulst¬ 
massen ihre Lage hatten. 

Am Keilbein und Hinterhauptsbein lag eine zolldicke Schicht, die aus Perl¬ 
knoten bestand, unter der Dura mater. Der Felsentheil des Schläfenbeines war 
fast gänzlich zerstört; die Bulla ossea und Paukenhöhle mit Neubildungsmassen 
erfüllt. Dasselbe war auch an den Kanälen, welche im Schläfenbein liegen, 
nachzuweisen. 

Durch den Felsentheil des Schläfenbeins führte ein Fistelkanal, der im 
äusseren Gehörgange anfing, bis in die Schädelhöhle. In der Nähe des Fistel¬ 
ganges war ein Zerfall der Geschwulstmassen zu erkennen und hierdurcli der bei 
Lebzeiten des Thieres beobachtete stinkende Ausfluss zu erklären. 

Die Pia mater des Gehirns enthielt zahlreiche, hirsekorngrosse, graue und 
durchscheinende Perlknötchen. 

Der Tod des Thieres war durch Septicaemie eingetreten. 


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Amtliche Erlasse. 


Gesetz, betr. die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Vom 

22. Juni 1880. 

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von 
Preussen etc. 

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundes¬ 
raths und des Reichstags, was folgt : 

§ 1. Das nachstehende Gesetz regelt das Verfahren zur Abwehr und 
Unterdrückung übertragbarer Seuchen der Hausthiere, mit Ausnahme der Rin¬ 
derpest. 

Als verdächtige Thiere gelten im Sinne des Gesetzes: 

Thiere, an welchen sich Erscheinungen zeigen, die den Ausbruch einer 
übertragbaren Seuche befürchten lassen (der Seuche verdächtige 
Thiere); 

Thiere, an welchen sich solche Erscheinungen zwar nicht zeigen, rück- 
sichtlich deren jedoch die Vermuthung vorliegt, dass sie den An¬ 
steckungsstoff aufgenommen haben (der Ansteckung verdächtige Thiere). 

§ 2. Die Anordnung der Abwehr- und Unterdrückungsmassregeln und die 
Leitung des Verfahrens liegt den Landesregierungen und deren Organen ob. 

Zur Leitung des Verfahrens können besondere Commissare bestellt werden. 

Die Mitwirkung der Thierärzte, welche vom Staate angestellt sind und oder 
deren Anstellung vom Staate bestätigt ist (beamtete Thierärzte), richtet sich nach 
den Vorschriften dieses Gesetzes. An Stelle derselben können im Falle ihrer Be¬ 
hinderung oder aus sonstigen dringenden Gründen andere apptobirte Thierärzte 
zugezogen werden. Die letzteren sind innerhalb des ihnen ertheilten Auftrages 
befugt und verpflichtet, diejenigen Amtsverrichtungen wahrzunehmen, welche in 
diesem Gesetze den beamteten Thierärzten übertragen sind. 

Die näheren Bestimmungen über das Verfahren, über die Zuständigkeit der 
Behörden und Beamten und über die Bestreitung der durch das Verfahren ent¬ 
stehenden Kosten sind von den Einzelstaaten zu treffen. 

§ 3. Rücksichtlich der Pferde und Proviantthiere, welche der Militärver¬ 
waltung angehören, bleiben die Massregeln zur Ermittelung und Unterdrückung 
von Seuchen, soweit davon nur das Eigenthum dieser Verwaltung betroffen wird, 
den Militärbehörden überlassen« 


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Amtliche Erlasse. 


151 


Dieselben Befugnisse können den Vorständen der militärischen Remonte- 
depots auch rücksichtlich der dazu gehörigen Rindvieh- und Schaf bestände, 
sowie den Vorständen der landesherrlichen und Staatsgestüte rücksichtlich der 
in diesen Gestüten aufgestellten Pferde von den Landesregierungen übertragen 
werden. 

In den beiden Fällen (Abs. 1 und 2) finden die ferneren Bestimmungen 
des Gesetzes sinngemässe Anwendung. 

Die Militärbehörden haben die Polizeibehörden der Garnison, der Cantonne- 
ments und des Marschortes von dem Auftreten eines Seuchenverdachts und von 
dem Ausbruch einer Seuche sofort zu benachrichtigen und von dem Verlauf sowie 
dem Erlöschen der Seuche in Kenntniss zu setzen. 

In gleicher Weise haben die Vorstände der bezeichneten Remontedepots und 
Gestüte die Polizeibehörde des Orts zu verständigen, wenn ihnen die Massregeln 
zur Ermittelung und Unterdrückung von Seuchen übertragen worden sind. 

§ 4. Dem Reichskanzler liegt ob, die Ausführung dieses Gesetzes und der 
auf Grund desselben erlassenen Anordnungen zu überwachen. 

Tritt die Seuche in einer solchen Gegend des Reichsgebiets oder in solcher 
Ausdehnung auf, dass von den zu ergreifenden Massregeln nothwendig die Ge¬ 
biete mehrerer Bundesstaaten betroffen werden müssen, so hat der Reichskanzler 
oder ein von ihm bestellter Reichscommissar für Herstellung und Erhaltung der 
Einheit in den Seitens der Landesbehörden zu treffenden oder getroffenen Mass¬ 
regeln zu sorgen und zu diesem Behuf das Erforderliche anzuordnen, nötigen¬ 
falls auch die Behörden der bethoiligten Bundesstaaten unmittelbar mit Anwei¬ 
sungen zu versehen. 

§ 5. Die Behörden der Bundesstaaten sind verpflichtet, sich bei Ausfüh¬ 
rung der Massregeln zur Abwehr und Unterdrückung der Seuchen gegenseitig zu 
unterstützen. 

I. Abwehr der Einschleppung aus dem Auslande. 

a. Einfuhr- und Verkehrsbeschränkungen. 

§ 6. Die Einfuhr von Thieren, welche an einer übertragbaren Seuche 
leiden, ist verboten. 

§ 7. Wenn in dem Auslande eine übertragbare Seuche der Hausthiere in 
einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange herrscht oder 
ausbricht, so kann 

1) die Einfuhr lebender oder todter Thiere aus dem von der Seuche heim¬ 
gesuchten Auslande allgemein oder für bestimmte Grenzstreckon ver¬ 
boten oder solchen Beschränkungen unterworfen werden, welche die 
Gefahr einer Einschleppung ausschliessen oder vermindern; 

2) der Verkehr mit Thieren im Grenzbezirk solchen Bestimmungen unter¬ 
worfen werden, welche geeignet sind, im Falle der Einschleppung einer 
Weiterverbreitung der Seuche vorzubeugen. 

Die Einfuhr- und Verkehrsbeschränkungen sind, soweit erforderlich, auch 


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Amtliche Erlasse. 


auf die Einfuhr von thierischen Rohstoffen und von allen solchen Gegenständen 
auszudehnen, welche Träger des Ansteckungsstoffes sein können. 

Von dem Erlass, der Aufhebung oder Veränderung einer Einfuhr- oder Ver- 
kehrsbeschränkung ist unverzüglich dem Reichskanzler Mittheilung zu machen. 

Die verfügten Einfuhr- oder Verkehrsbeschränkungen sind ohne Verzug 
öffentlich bekannt zu machen. 


b. Viehrevisionen. 

§ 8. Gewinnt die Seuche in einem Nachbarlande eine bedrohliche Aus¬ 
dehnung, so kann für die Grenzbezirke eine Revision des vorhandenen Vieh¬ 
bestandes und eine regelmässige Controle über den Ab- und Zugang der durch 
die Seuche gefährdeten Thiere angeordnet werden. 


II. Unterdrückung der Viehseuchen im Inlande. 

1) Allgemeine Vorschriften, 
a. Anzeigepflicht. 

§ 9. Der Besitzer von Haussieren ist verpflichtet, von dem Ausbruch 
einer der in § 10 angeführten Seuchen unter seinem Viehstande und von allen 
verdächtigen Erscheinungen bei demselben, welche den Ausbruch einer solchen 
Krankheit befürchten lassen, sofort der Polizeibehörde Anzeige zu machen, auch 
das Thier von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Thiere be¬ 
steht, fern zu halten. 

Die gleichen Pflichten liegen demjenigen ob, welcher in Vertretung des 
Besitzers der Wirthschaft vorsteht, ferner bezüglich der auf dem Transport befind¬ 
lichen Thiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem Gewahrsam 
befindlichen Thiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen, Koppeln 
oder Weiden. 

Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte und alle diejenigen Per¬ 
sonen verpflichtet, welche sich gewerbsmässig mit der Ausübung der Thierheil¬ 
kunde beschäftigen, ingleichen die Fleischbeschauer, sowie diejenigen, welche 
gewerbsmässig mit der Beseitigung, Verwerthung oder Bearbeitung thierischer 
Cadaver oder thierischer Bestandteile sich beschäftigen, wenn sie, bevor ein 
polizeiliches Einschreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruch einer der nach¬ 
benannten Seuchen oder von Erscheinungen unter dem Viehstande, welche den 
Verdacht eines Seuchenausbruchs begründen, Konntniss erhalten. 

§ 10. Die Seuchen, auf welche sich die Anzeigepflicht (§ 9) erstreckt, 
sind folgende: 

1) der Milzbrand; 

2) der Tollwuth; 

3) der Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel; 

4) die Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und 
Schweine; 

5) die Lungenseuche des Rindviehs; 


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Amtliche Erlasse. 


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6) die Pockenseuche der Schafe; 

7) die Beschälseuche der Pferde und der Bläschenausschlag der Pferde 
und des Rindviehs; 

8) die Räude der Pferde, Esel. Maulthiere, Maulesel und der Schafe. 

Der Reichskanzler ist befugt, die Anzeigepflicht vorübergehend auch für 
andere Seuchen einzuführen. 

§ 11. Die Landesregierungen sind ermächtigt, für solohe Bezirke, in wel¬ 
chen sich der Milzbrand ständig zeigt, von der Anzeigepilicht (§ 9) insoweit zu 
entbinden, als die Seüche nur vereinzelt auftritt. In diesem Palle müssen die 
Schutzmassregeln nach Massgate des Gesetzes und der Ausführungsinstruction 
(§ 30) allgemein vorgeschrieben werden. 

b. Ermittelung der Seuchenausbrüche. 

§ 12. Die Polizeibehörde hat auf die erfolgte Anzeige (§§ 9 und 10), 
oder wenn sie auf irgend einem andern Wege von dem Ausbruche einer Seuche 
oder dem Verdachte eines Seuchenausbruchs Kenntniss erhalten hat, sofort den 
beamteten Thierarzt behufs sachverständiger Ermittelung des Seuchenausbruchs 
zuzuziehen (vergl. jedoch § 15). Der Thierarzt hat die Art, den Stand und die 
Ursachen der Krankheit zu erheben und sein Gutachten darüber abzugeben, ob 
durch den Befund der Ausbruch der Seuche festgestellt oder der Verdacht eines 
Seuchenausbruchs begründet ist. 

In eiligen Fällen kann derselbe schon vor polizeilichem Einschreiten die 
sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung der erkrankten und verdäch¬ 
tigen Thiere, nötbigenfalls auch die Bewachung derselben anordnen. Die ge¬ 
troffenen vorläufigen Anordnungen sind dem Besitzer der Thiere oder dessen 
Vertreter entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen, 
auch ist davon der Polizeibehörde sofort Anzeige zu machen. 

Auf Ersuchen des Thierarztes hat der Vorsteher des Seuchenorts die vor¬ 
läufige Bewachung der erkrankten Thiere zu veranlassen. 

§ 13. Wenn über den Ausbruch einer Seuche nach dem Gutachten des 
beamteten Thierarztes nur mittelst Zerlegung eines verdächtigen Thieres Ge¬ 
wissheit zu erlangen ist, so kann die Tödtung desselben von der Polizeibehörde 
angeordnet werden. 

§ 14. Auf die gutachtliche Erklärung des beamteten Thierarztes, dass der 
Ausbruch der Seuche festgestellt sei, oder dass der begründete Verdacht eines 
Seuchenausbruchs vorliege, hat die Polizeibehörde die für den Fall der Seuchen¬ 
gefahr in diesem Gesetze und den zur Ausführung desselben erlassenen Verord¬ 
nungen vorgesehenen, den Umständen nach erforderlichen Schutzmassregeln zu 
treffen und für die Dauer der Gefahr wirksam durchzuführen. Hegt die Polizei¬ 
behörde Zweifel über die Erhebungen des beamteten Thierarztes, so kann dieselbe 
zwar die Einziehung eines thierärztlichen Obergutachtens bei der Vorgesetzten 
Behörde beantragen, die Anordnung der erforderlichen Schutzmassregeln darf 
jedoch hierdurch keinen Aufschub erleiden. 

§ 15. Ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (§10 Ziff. 4) durch 
das Gutachten des beamteten Thierarztes festgestellt, so kann die Polizeibehörde 
auf die Anzeige neuer Seuchenausbrüche in dem Seuchenorte selbst oder in 


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Amtliche Erlasse. 


dessen Umgegend sofort die erforderlichen polizeilichen Schutzmassregeln an¬ 
ordnen, ohne dass es einer nochmaligen Zuziehung des beamteten Thierarztes 
bedarf. 

Auch ist in solchen Bezirken, in welchen sich der Milzbrand ständig zeigt 
(§ 11), die Zuziehung des beamteten Thierarztes nicht in jedem Falle dieser 
Seuche erforderlich. 

§ 16. In allen Fällen, in welchen dem beamteten Thierarzte die Fest¬ 
stellung des Krankheitszustandes eines verdächtigen Thieres obliegt, ist es dem 
Besitzer desselben unbenommen, auch seinerseits einen approbirten Thierarzt zu 
diesen Untersuchungen zuzuziehen. Die Anordnung und die Ausführung der 
Schutzmassregeln wird hierdurch nicht aufgehalten. 

Die Vorgesetzte Behörde hat jedoch im Falle erheblicher Meinungsverschie¬ 
denheit zwischen dem beamteten Thierarzte und dem von dem Besitzer zugezo¬ 
genen approbirten Thierarzte über den Ausbruch oder Verdacht einer Souche, 
oder wenn aus sonstigen Gründen erhebliche Zweifel über die Richtigkeit der 
Angaben des beamteten Thierarztes obwalten, sofort ein thierarztliches Obergut¬ 
achten einzuziehen und dem entsprechend das Verfahren zu regeln. 

§ 17. Alle Vieh- und Pferdemärkte sollen durch beamtete Thierärzte be¬ 
aufsichtigt werden. Dieselbe Massregel kann auch auf die von Unternehmern, 
behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen oder privaten Räumlichkeiten zu¬ 
sammengebrachten Viehbestände, auf die zu Zuchtzwecken öffentlich aufgestellten 
männlichen Zuchtthiere, auf öffentliche Thierschauen und auf die durch obrig¬ 
keitliche Anordnung veranlassten Zusammenziehungen von Pferde- und Vieh¬ 
beständen ausgedehnt werden. Der Thierarzt ist verpflichtet, alle von ihm auf 
dem Markte oder unter den vorbezeichneten Pferde- und Viehbeständen beobach¬ 
teten Fälle übertragbarer Seuchen oder seuchenverdächtiger Erscheinungen so¬ 
gleich zur Kenntniss der Polizeibehörde zu bringen und nach sofortiger Unter¬ 
suchung des Falles die Anordnung der erforderlichen polizeilichen Schutzmass- 
regoln zu beantragen. 

Liegt Gefahr im Verzüge, so ist der Thierarzt befugt, schon vor polizei¬ 
lichem Einschreiten die Absonderung und Bewachung der erkrankten und der 
verdächtigen Thiere anzuordnen. 

c. Schutzmassregeln gegen Seuch enge fahr. 

§ 18. Im Falle der Seuchengefahr (§ 14) und für die Dauer derselben 
können, vorbehaltlich der in diesem Gesetze rücksichtlich einzelner Seuchen er- 
theilten besonderen Vorschriften, je nach Lage des Falles und nach der Grösse 
der Gefahr, unter Berücksichtigung der betheiligten Verkehrsinteressen die nach¬ 
folgenden Schutzmassregeln (§§ 19—29) polizeilich angeordnet werden. 

Beschwerden des Besitzers über die von der Polizeibehörde angeordnoten 
Schutzmassregeln haben keine aufschiebende Wirkung. 

§ 19. 1) Die Absonderung, Bewachung oder polizeiliche Beobachtung der 
an der Seuche erkrankten und der verdächtigen Thiere. 

Der Besitzer eines der Absonderung oder polizeilichen Beobachtung unter¬ 
worfenen Thieres ist verpflichtet, auf Erfordern solche Einrichtungen zu treffon, 
dass das Thier für die Dauer der Absonderung oder Beobachtung die für dasselbe 


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Amtliche Erlasse. 


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bestimmte Räumlichkeit (Stall, Standort, Hof- oder Weideraum u. s. w.) nicht 
verlassen kann und ausser aller Berührung und Gemeinschaft mit anderen Thieren 
bleibt. 

§ 20. 2) Beschränkungen in der Art der Benutzung, der Yerwerthung oder 

des Transports kranker oder verdächtiger Thiere, der von denselben stammenden 
Produkte oder solcher Gegenstände, welche mit kranken oder verdächtigen Thieren 
in Berührung gekommen oder sonst geeignet sind, die Seuche zu verschleppen. 

Beschränkungen im Transport der der Seuchengefahr ausgesetzten und 
solcher Thiere, welche geeignet sind, die Seuche zu verschleppen. 

§ 21. 3) Verbot des gemeinschaftlichen Weideganges von Thieren aus 

verschiedenen Stallungen und der Benutzung bestimmter Weideflächen, ferner der 
gemeinschaftlichen Benutzung von Brunnen, Tränken und Schwemmen und des 
Verkehrs mit seuchenkranken oder verdächtigen Thieren auf öffentlichen oder ge¬ 
meinschaftlichen Strassen und Triften. 

Verbot des freien Umherlaufens der Hunde. 

§ 22. 4) Die Sperre des Stalles oder sonstigen Standortes seuchenkranker 
oder verdächtiger Thiere, des Gehöfts, des Orts, der Weide oder der Feldmark 
gegen den Verkehr mit Thieren und mit solchen Gegenständen, welche Träger 
des Ansteckungsstoffes sein können. 

Die Sperre des Gehöfts, des Orts, der Weide oder der Feldmark darf erst 
dann verfügt werden, wenn der Ausbruch der Seuche durch das Gutachten des 
beamteten Thierarztes festgestellt ist. 

Die Sperre eines Orts oder einer Feldmark ist nur dann zulässig, wenn die 
Seuche ihrer Beschaffenheit nach eine grössere und allgemeinere Gefahr ein- 
schliesst, und Thiere in grösserer Zahl davon bereits befallen sind. Die Sperre 
kann auf einzelne Strassen oder Theile des Orts oder der Feldmark beschränkt 
werden. 

Die polizeilich angeordnete Sperre eines Stalles oder sonstigen Standorts, 
eines Gehöfts oder einer Weide verpflichtet den Besitzer, diejenigen Einrichtungen 
zu treffen, welohe zur wirksamen Durchführung der Sperre vorgeschrioben werden. 

§ 23. 5) Die Impfung der der Seuchengefahr ausgesetzten Thiere, die 

thierärztliche Behandlung der erkrankten Thiere, sowie Beschränkungen in der 
Befugniss zur Vornahme von Heilversuchen. 

Die Impfung oder die thierärztliche Behandlung darf nur in den Fällen an¬ 
geordnet werden, welche in diesem Gesetze ausdrücklich bezeichnet sind, und 
zwar nach Massgabe der daselbst ertheilten näheren Vorschriften. 

Die polizeilich angeordnete Impfung erfolgt unter Aufsicht des beamteten 
Thierarztes oder durch denselben. * 

§ 24. 6) Die Tödtung der an der Seuche erkrankten oder verdächtigen 

Thiere. 

Dieselbe darf nur in den Fällen angeordnet werden, welche in diesem Ge¬ 
setze ausdrücklich vorgesehen sind. 

Die Vorschrift unverzüglicher Tödtung der an einer Seuche erkrankten oder 
verdächtigen Thiere findet, wo sie in diesem Gesetze enthalten ist, keine Anwen¬ 
dung auf solche Thiere, welche einer der Staatsaufsicht unterworfenen höheren 


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Amtliche Erlasse. 


Lehranstalt übergeben sind, um dort für die Zwecke derselben verwendet zu 
werden. 

§ 25. Werden Thiere, welche bestimmten Verkehrs- oder Nutzungs¬ 
beschränkungen oder der Absperrung unterworfen sind, in verbotwidriger Be¬ 
nutzung oder ausserhalb der ihnen angewiesenen Räumlichkeit, oder an Orten, 
zu welchen ihr Zutritt verboten ist, betroffen, so kann die Polizeibehörde die so¬ 
fortige Tödtung derselben anordnen. 

§ 2G. 7) Die unschädliche Beseitigung der Cadaver solcher Thiere, 

welche an der Seuche verendet, in Folge der Seuche oder in Folge des Verdachts 
getödtet sind, und solcher Theile des Cadavers kranker oder verdächtiger Thiere, 
welche zur Verschleppung der Seuche geeignet sind (Fleisch, Häute, Eingeweide, 
Hörner, Klauen u. s. w.), endlich der Streu, des Düngers oder anderer Abfälle 
kranker oder verdächtiger Thiere. 

§ 27. 8) Die Unschädlichmachung (Desinfection) der von den kranken 
oder verdächtigen Thieren benutzten Ställe und Standorte und die Unschädlich¬ 
machung oder unschädliche Beseitigung der mit denselben in Berührung ge¬ 
kommenen Geräthschaften und sonstigen Gegenstände, insbesondere auch der 
Kleidungsstücke solcher Personen, welche mit den kranken Thieren in Berührung 
gekommen sind. 

Erforderlichenfalls kann auch die Desinficirung der Personen, welche mit 
seuchenkranken Thieren in Berührung gekommen sind, angeordnet werden. 

Die Durchführung dieser Massregeln muss nach Anordnung des beamteten 
Thierarztes und unter polizeilicher Ueberwachung erfolgen. 

§ 28. 9) Die Einstellung der Vieh- und Pferdemärkte, sowie der öffent¬ 

lichen Thierschauen innerhalb des Seuchenortes oder dessen Umgegend oder der 
Ausschluss einzelner Viehgattungen von der Benutzung der Märkte. 

§ 29. 10) Die thierärztliche Untersuchung der am Seuchenorte oder in 

dessen Umgegend vorhandenen, von der Seuche gefährdeten Thiere. 

2) Besondere Vorschriften für einzelne Seuchen. 

§ 30. Die näheren Vorschriften über die Anwendung und Ausführung der 
zulässigen Schutzmassregeln (§§ 19 bis 29) auf die nachbenannten und alle 
übrigen einzelnen Seuchen werden von dem Bundesrath auf dem Wege der In¬ 
struction erlassen. 

Es sollen jedoch bei den hierunter benannten Seuchen, vorbehaltlich der 
weiter erforderlichen Schutzmassregeln, nachfolgende besondere Vorschriften 
Platz greifen. 

a. Milzbrand. 

§ 31. Thiere, welche am Milzbrände erkrankt oder dieser Seuche ver¬ 
dächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden. 

§ 32. Die Vornahme blutiger Operationen an milzbrandkranken oder der 
Seuche verdächtigen Thieren ist nur approbirten Thierärzten gestattet. 

Eine Oeffnung des Cadavers darf ohne polizeiliche Erlaubniss nur von 
approbirten Thierärzten vorgenommen werden. 


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Amtliche Erlasse. 


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§ 33. Die Cadaver gefallener oder getödteter milzbracdkranker oder der 
Seuche verdächtiger Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. 

Die Abhäntnng derselben ist verboten. 

Die gleichen Vorschriften finden beim Ausbruche des Milzbrandes unter 
Wildständen auf die Cadaver des gefallenen oder getödteten Wildes Anwendung. 

b. Toliwuth. 

§ 34. Hunde oder sonstige Hausthiere, welche der Seuche verdächtig sind, 
müssen von dem Besitzer oder demjenigen, unter dessen Aufsicht sie stehen, so¬ 
fort getödtet oder bis zu polizeilichem Einschreiten in einem sicheren Behältnisse 
eingesperrt werden. 

§ 35. Vor polizeilichem Einschreiten dürfen bei wuthkranken oder der 
Seuche verdächtigen Thieren keinerlei Heilversuche angestellt werden. 

§ 36. Das Schlachten wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Thiere 
und jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Milch oder sonstiger Er¬ 
zeugnisse derselben ist verboten. 

§ 37. Ist die Toliwuth an einem Hunde oder an einem anderen Hausthiere 
festgestellt, so ist die sofortige Tödtung des wuthkranken Thieres und aller der¬ 
jenigen Hunde und Katzen anzuordnen, rücksichtlich welcher der Verdacht vor¬ 
liegt, dass sie von dem wuthkranken Thiere gebissen sind. 

Liegt rücksichtlich anderer Hausthiere der gleiche Verdacht vor, so müssen 
dieselben sofort der polizeilichen Beobachtung unterworfen werden. 

Zeigen sich Spuren der Toliwuth an denselben, so ist die sofortige Tödtung 
auch dieser Thiere anzuordnen. 

Ausnahmsweise kann die mindestens dreimonatliche Absperrung eines der 
Toliwuth verdächtigen Hundes gestattet werden, sofern dieselbe nach dem Er¬ 
messen der Polizeibehörde mit genügender Sicherheit durchzuführen ist, und der 
Besitzer des Hundes die daraus und aus der polizeilichen Ueberwachung er¬ 
wachsenden Lasten trägt. 

§ 38. Ist ein wuthkranker oder der Seuche verdächtiger Hund frei umher¬ 
gelaufen , so muss für die Dauer der Gefahr die Festlegung aller in dem gefähr¬ 
deten Bezirke vorhandenen Hunde polizeilich angeordnet werden. Der Fest¬ 
legung ist das Führen der mit einem sichern Maulkorbe versehenen Hunde an der 
Leine gleich zu erachten. Wenn Hunde dieser Vorschrift zuwider frei umher¬ 
laufend betroffen werden, so kann deren sofortige Tödtung polizeilich angeordnet 
werden. 

§ 39. Die Cadaver der gefallenen oder getödteten wuthkranken oder der 
Seuche verdächtigen Thiere müssen sofort unschädlich beseitigt werden. 

Das Abhäuten derselben ist verboten. 

c. Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel. 

§ 40. Sobald der Rotz (Wurm) bei Thieren festgestellt ist, muss die un¬ 
verzügliche Tödtung derselben polizeilich angeordnet werden. 

§ 41. Verdächtige Thiere unterliegen der Absonderung und polizeilichen 
Beobachtung mit den nach Lage des Falles erforderlichen Verkehrs- und Nutzungs¬ 
beschränkungen oder der Sperre (§§ 19 bis 22). 


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Amtliche Erlasse. 


§ 42. Die Tödtung verdächtiger Thiere muss von der Polizeibehörde an¬ 
geordnet werden, 

wenn von dem beamteten Thierarzte der Ausbruch der Rotzkrankheit auf 
Grund der vorliegenden Anzeigen für wahrscheinlich erklärt wird, 
oder 

wenn durch anderweite, den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende 
Massregeln ein wirksamer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche 
nach Lage des Falles nicht erzielt werden kann, oder 
wenn der Besitzer die Tödtung beantragt, und die beschleunigte Unter¬ 
drückung der Seuche im öffentlichem Interesse erforderlich ist. 

§ 43. Die Cadaver gefallener oder getödteter rotzkranker Thiere müssen 
sofort unschädlich beseitigt werden. 

Das Abhäuten derselben ist verboten. 

§ 44. Die Polizeibehörde hat von jedem ersten Seuchenverdacht und von 
jedem ersten Seuchenausbruche in einer Ortschaft, sowie von dem Verlaufe und 
von dem Erlöschen der Seuche dem General-Commando desjenigen Armee-Corps, 
in dessen Bezirk der Seuchenort liegt, sofort schriftlich Mittheilung zu machen. 
Befindet sich an dem Seuchenorte eine Garnison, so ist die Mittheilung dem 
Gouverneur, Commandanten oder Garnisonältesten zu machen. 

d. Lungenseuche des Rindviehs. 

§ 45. Die Polizeibehörde hat die Tödtung der nach dem Gutachten des 
beamteten Thierarztes an der Lungenseuche erkrankten Thiere anzuordnen und 
kann auch die Tödtung verdächtiger Thiere anordnen. 

e. Pockenseuche der Schafe. 

§ 46. Ist die Pockenseuche in einer Schafheerde festgestellt, so muss 
die Impfung aller zur Zeit noch seuchenfreien Stücke der Heerde angeordnet 
werden. 

Auf den Antrag des Besitzers der Heerde oder dessen Vertreters kann für 
die Vornahme der Impfung eine Frist gewährt werden, wenn nach dem Gut¬ 
achten des beamteten Thierarztes die sofortige Impfung nicht zweckmässig ist. 

Auch kann auf den Antrag des Besitzers oder dessen Vertreters von der 
Anwendung der Impfung ganz Abstand genommen werden, sofern Massregeln 
getroffen sind, welche die Abschlachtung der noch seuchenfreien Stücke der 
Heerde innerhalb 10 Tagen nach Feststellung des Seuchenausbruchs sichern. 

§ 47. Gewinnt die Seuche eine grössere Ausdehnung oder ist nach den 
örtlichen Verhältnissen die Gefahr einer Verschleppung der Seuche in die benach¬ 
barten Schafheerden nicht auszuschliessen, so kann die Impfung der von der 
Seuche bedrohten Heerden und aller in demselben Orte befindlichen Schafe 
polizeilich angeordnet werden. 

§ 48. Die geimpften Schafe sind rücksichtlich der polizeilichen Schutz- 
massregeln den pockenkranken gleich zu behandeln. 

§ 49. Ausser in dem Falle polizeilicher Anordnung (§§ 46 und 47) darf 
eine Pockenimpfung der Schafe nicht vorgenommen werden. 


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Amtliche Erlasse. 


159 


f. Beschälseuche der Pferde und Bläschenausschlag der Pferde und des 

Rindviehs. 

§ 50. Pferde, welche an der Beschälseuche, uud Pferde oder Rindvieh- 
stacke, welche an dem Bläschen ausschlage der Geschlechtstheile leiden, dürfen 
von dem Besitzer so lange nicht zur Begattung zugelassen werden, als nicht 
durch den beamteten Thierarzt die vollständige Heilung und Unverdächtigkeit 
der Thiere festgestellt ist. 

§ 51. Tritt die Beschälseuche in einem Bezirke in grösserer Ausdehnung 
aaf. so kann die Zulassung der Pferde zur Begattung für die Dauer der Gefahr 
allgemein von einer vorgängigen Untersuchung derselben durch den beamteten 
Thierarzt abhängig gemacht werden. 

g. Räude der Pferde, Esel, Maulthiere, Maulesel und der Schafe. 

§ 52. Wird die Räudekrankheit bei Pferden, Eseln, Maulthieren, Maul¬ 
eseln (Sarcoptes- oder Dermatocoptes-Räude) oder Schafen (Dermatocoptes-Räude) 
festgestellt, so kann der Besitzer, wenn er nicht die Tödtung der räudekranken 
Thiere vorzieht, angehalten werden, dieselben sofort dom Heilverfahren eines 
approbirten Thierarztes zu unterwerfen. 

3) Besondere Vorschriften für Schlachtviehhöfe und öffentliche 

Schlachthäuser. 

§ 53. Auf die einer geregelten veterinärpolizeilichen Controle unterstell¬ 
ten Schlachtviehhöfe und öffentlichen Schlachthäuser und das daselbst aufgestallte 
Schlachtvieh finden die vorstehenden Bestimmungen dieses Gesetzes mit denjeni¬ 
gen Aenderungen Anwendung, welche sich aus den nachfolgenden besonderen 
Vorschriften ergeben. 

§ 54. Wird unter dem daselbst aufgestellten Schlachtvieh der Ausbruch 
einer übertragbaren Seuche ermittelt, oder zeigen sich Erscheinungen bei dem¬ 
selben, welche nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes den Ausbruch 
einer solchen Seuche befürchten lassen, so sind die erkrankten und alle verdäch¬ 
tigen Thiere sofort in polizeiliche Verwahrung zu nehmen und von jeder Berüh¬ 
rung mit den übrigen auszuschliessen. 

§ 55. Soweit die Art der Krankheit es gestattet (vergl. §§ 31, 3G, 43), 
kann der Besitzer des erkrankten oder verdächtigen Schlachtviehs oder dessen 
Vertreter angehalten werden, die sofortige Abschlachtung desselben unter Auf¬ 
sicht des beamteten Thierarztes in den dazu bestimmten Räumen vorzunebmen. 

Diese Massregel kann in dringenden Fällen auf alles andere, in der betref¬ 
fenden Räumlickkeit vorhandene, für die Seuche empfängliche Schlachtvieh aus¬ 
gedehnt werden. 

§ 56. Nach Feststellung des Seuchenausbruchs können Schlachtviehhöfe 
oder öffentliche Schlachthäuser für die Dauer der Seuchengefahr gegen den Ab¬ 
trieb der für die Seuche empfänglichen Thiere abgesperrt werden. 

Strengere Absperrungsmassregeln dürfen nur in dringenden Fällen ange¬ 
wendet werden. 

4) Entschädigung für getödtete Thiere. 

§ 57. Für die auf polizeiliche Anordnung getödteten oder nach dieser 


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160 


Amtliche Erlasse. 


Anordnung an der Seuche gefallenen Thiere muss vorbehaltlich der in diesem 
Gesetze bezeichneten Ausnahmen eine Entschädigung gewährt werden. 

§ 58. Die Bestimmungen darüber: 

1) von wem die Entschädigung zu gewähren und wie dieselbe aufzubrin¬ 
gen ist, 

2) wie die Entschädigung im einzelnen Falle zu ermitteln und festzu¬ 
stellen ist, 

sind von den Einzelstaaten zu treffen. 

Die in dieser Hinsicht in den Einzelstaaten bereits bestehenden Vorschriften 
bleiben unberührt. Insoweit solche Vorschriften nicht entgegenstehen, sind die 
Landesregierungen befugt, zu bestimmen, dass die Entschädigung für getödtete 
Pferde und Rinder bis zum Eintritt einer anderweiten landesverfassungsmässigen 
Regelung durch Beiträge der Besitzer von Pferden und Rindvieh nach Massgabe 
der über die Vertheilung und Erhebung der Beiträge von der Landesregierung zu 
treffenden näheren Anordnung aufgebracht werden. 

In allen Fällen sollen jedoch die Vorschriften der §§ 59 bis 64 dieses Ge¬ 
setzes dabei massgebend sein. 

§ 59. Als Entschädigung soll der gemeine Werth des Thieres gewährt 
werden, ohne Rücksicht auf den Minderwerth, welchen das Thier dadurch erleidet, 
dass es mit der Seuche behaftet ist. Bei den mit der Rotzkrankheit behafteten 
Thieren hat jedoch die Entschädigung */ v bei dem mit der Lungenseuche behaf¬ 
teten Rindvieh 4 / 5 des so berechneten Werthes zu betragen. 

Auf die zu leistende Entschädigung werden angerechnet: 

1) die aus Privatverträgen zahlbare Versicherungssumme, und zwar bei 
Rotz zu drei Vierteln, bei Lungenseuche zu vier Fünfteln, in allen 
anderen Fällen zum vollen Betrage; 

2) der Werth derjenigen Theile des getödteten Thieres, welche dem Be¬ 
sitzer nach Massgabe der polizeilichen Anordnungen zur Verfügung 
bleiben. 

§ 60. Die zu leistende Entschädigung wird, sofern ein anderer Berech¬ 
tigter nicht bekannt ist, demjenigen gezahlt, in dessen Gewahrsam oder Obhut 
sich das Thier zur Zeit der Tödtung befand. 

Mit dieser Zahlung ist jeder Entschädigungsanspruch Dritter erloschen. 

§ 61. Keine Entschädigung wird gewährt: 

1) für Thiere, welche dem Reich, den Einzelstaaten oder zu den landes¬ 
herrlichen Gestüton gehören; 

2) für Thiere, welche, der Vorschrift des § 6 zuwider, mit der Krankheit 
behaftet in das Reichsgebiet eingeführt sind; 

3) für Thiere, bei welchen nach ihrer Einführung in das Reichsgebiet in¬ 
nerhalb 90 Tagen die Rotzkrankheit oder innerhalb 180 Tagen die 
Lungenseuche festgestellt wird, wenn nicht der Nachweis erbracht wird, 
dass die Ansteckung der Thiere erst nach Einführung derselben in das 
Reichsgebiet stattgefunden hat. 

§ 62. Die Gewährung einer Entschädigung kann versagt werden: 

1) für Thiere, welche mit einer ihrer Art oder dem Grade nach unheil- 


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Amtliche Erlasse. 


161 


baren und unbedingt tödtlichen Krankheit, mit Ausnahme jedoch des 
Rotzes und der Lungenseuche, behaftet waren; 

2) für das in Schlachtviehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern auf¬ 
gestellte, auf polizeiliche Anordnung geschlachtete oder getödtete 
Schlachtvieh; 

3) für Hunde und Katzen, welche aus Anlass der Tollwuth getödtet sind 
(§§ 34, 37 Abs. 1, 38). 

§ 63. Der Anspruch auf Entschädigung fällt weg: 

1) wenn der Besitzer der Thiere oder der Vorsteher der Wirtschaft, wel¬ 
cher die Thiere angehören, vorsätzlich oder fahrlässig, oder der Be¬ 
gleiter der auf dem Transport befindlichen Thiere, oder bezüglich der 
in fremdem Gewahrsam befindlichen Thiere, der Besitzer des Gehöfts, 
der Stallung, Koppel oder Weide vorsätzlich, den Vorschriften der 
§§ 9 und 10 zuwider, die Anzeige vom Ausbruch der Seuche oder vom 
Seuchenverdacht unterlässt, oder länger als 24 Stunden nach erhalte¬ 
ner Kenntniss verzögert; 

2) wenn der Besitzer eines der Thiere mit der Seuche behaftet gekauft 
oder durch ein anderes Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat 
und von diesem kranken Zustande beim Erwerbe des Thieres Kennt¬ 
niss hatte; 

3) im Falle des § 25, oder wenn dem Besitzer oder dessen Vertreter die 
Nichtbefolgung oder Uebertretung der polizeilich angeordneten Schutz- 
massregeln zur Abwehr der Seuchengefahr zur Last fällt. 

§ 64. Wenn zur Bestreitung der Entschädigungen Beiträge nach Mass- 
gabe des vorhandenen Pferde- und Rindviehbestandes erhoben werden, dürfen 
diese Beitrage für Thiere, welche dem Reich, den landesherrlichen Gestüten 
gehören, und im Falle des § 62 No. 2 für das in Schlachthöfen und in öffent¬ 
lichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh nicht beansprucht werden. 

III. Srafvorschriften. 

§ 65. Mit Geldstrafe von 10 bis 150 Mark oder mit Haft nicht unter einer 
Woche wird, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine 
höhere Strafe verwirkt ist, bestraft: 

1) wer der Vorschrift des § 6 zuwider Thiere einführt, welche an einer 
übertragbaren Seuche leiden. 

Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig eingeführten 
Thiere zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten ge¬ 
hören oder nicht. 

2) wer der Vorschrift der §§ 9 und 10 zuwider die Anzeige vom Aus¬ 
bruch der Seuche oder vom Seuchenverdacht unterlässt, oder länger 
als 24 Stunden nach erhaltener Kenntniss verzögert, oder es unterlässt, 
die verdächtigen Thiere von Orten, an welchen die Gefahr der An¬ 
steckung fremder Thiere besteht, fern zu halten; 

3) wer den Vorschriften der §§31 bis 33 zuwider an Milzbrand erkrankte 
oder der Krankheit verdächtige Thiere schlachtet, blutige Operationen 
an denselben vornimmt, oder die Cadaver derselben abhäutet oder vor- 

Jurehiv f. wlfMQteh. u. pr&kt. TMerheiUc. VH. 1 u.2. 11 


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162 


Amtliche Erlasse. 


schriftswidrig eine Oeffnung derselben vornimmt, oder es unterlässt, 
dieselben sofort unschädlich zu beseitigen; 

4) wer den zum Schutze gegen die Tollwuth der Hausthiere in den §§ 34, 
35, 36 und 39 ertheilten Vorschriften zuwiderhandelt; 

5) wer den Vorschriften im § 43 zuwider die Cadaver gefallener oder 
getödteter rotzkranker Thiere abhäutet oder nicht sofort unschädlich 
beseitigt; 

6) wer ausser dem Falle polizeilicher Anordnung die Pockenimpfung eines 
Schafes vornimmt; 

7) wer gegen die Vorschrift des § 50 Pferde, welche an der Beschäl¬ 
seuche, Pferde oder Viehstücke, welche an dem Bläschenauschlage der 
Geschlechtstheile leiden, zur Begattung zulässt. 

§ 66. Mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft wird, sofern nicht 
nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt 
ist, bestraft: 

1) wer den auf Grund des § 7 dieses Gesetzes angeordneten Einfuhr¬ 
beschränkungen zuwiderhandelt. 

Neben der Strafe ist auf Einziehung der verbotswidrig eingeführten 
Thiere oder Gegenstände zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie dem 
Verurtheilten gehören oder nicht. 

2) wer den auf Grund des § 8 dieses Gesetzes polizeilich angeordneten 
Controlmassregeln zuwiderhandolt; 

3) wer den in den Fällen des § 12 Absatz 2 und des § 17 Absatz 2 
von dem Thierarzte getroffenen vorläufigen Anordnungen zuwider¬ 
handelt; 

4) wer den im Falle einer Seuchengefahr polizeilich angeordneten Schutz- 
massregeln (§§ 19 bis 28, 38, 51) zuwiderhandelt. 

§ 67. Sind in den Fällen der §§ 65, 66 die Zuwiderhandlungen in der 
Absicht begangen, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil za 
verschaffen oder einem Anderen Schaden zazufügen, so tritt, sofern nicht 
nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirkt 
ist, Geldstrafe nicht unter 50 bis zu 150 Mark oder Haft nicht unter drei 
Wochen ein. 


IV. Schlussbestimmungen. 

§ 68. Das Gesetz, betreffend die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei 
Viehbeförderungen auf Eisenbahnen, vom 25. Februar 1876 (Reichs-Gesetzblatt 
S. 163) wird durch das gegenwärtige Gesetz nicht berührt. 

§ 69. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1881 in Kraft. 

Urkundlich unter Unser Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedruck¬ 
tem Kaiserlichen Insiegel. 

Gegeben Bad Ems, den 23. Juni 1880. 

(L. S.) Wilhelm. 

v. Bismarck. 


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Personal-Notizen. 


Ernennungen and Verletzungen. 

Der Departements- und Kreisthierarzt Carl Fr. Alb. Steffen in Stettin 
zum Veterinair-Assessor bei dem Köngl. Medicinal-Collegium der Prov. Pommern. 

Der Departements- und Kreisthierarzt Johann Theodor Hermann Zim¬ 
mermann in Bromberg, unter Entbindung von seinen gegenwärtigen Aem- 
tern zum Departementsthierarzt für den Regierungs-Bezirk Frankfurt a. 0., 
sowie zum Kreisthierarzt des Stadtkreises Frankfurt a. 0. und des Kreises West- 
Sternberg. 

Der Thierarzt Franz Rudolf Gröning in Goldap zum commissarischen 
Kreisthierarzt des Kreises Goldap, Reg.-Bez. Gumbinnen. 

Der Thierarzt Theodor Schmitt in Thorn zum commissarischen Kreisthier- 
ant für die Kreise Geldern und Mors, Reg.-Bez. Düsseldorf, mit dem Amtswohn¬ 
sitz in Geldern. 

Der Thierarzt Georg Schneidemühl in Halle a. S. zum commissarisohen 
Kreisthierarzt des Kreises Plön, Reg.-Bez. Schleswig, mit dem Wohnsitz in Kiel. 

Der commissarische Kreisthierarzt Dr. Carl Ludwig Hubert Heinen in 
Gummersbach, Reg.-Bez. Köln, unter Entbindung von seinem gegenwärtigen 
Amte, zum commissarischen Kreisthierarzt des Kreises Saarbrücken, R.-B. Trier. 

Der commissarisohe Kreisthierarzt Peter Joseph Klein in Labiau, Reg.-Bez. 
Königsberg, unter Entbindung von seinem gegenwärtigen Amte zum commissa¬ 
rischen Kreisthierarzt des Kreises Schleiden, Reg.-Bez. Aachen, mit dem Amts¬ 
wohnsitz in Call. 

Der Kreisthierarzt Fr. Emil Hugo St Öhr in Könitz, Reg.-Bez. Marienwerder, 
unter Entbindung von seinem gegenwärtigen Amte zum Kreisthierarzt des Kreises 
Thorn, Reg.-Bez. Marienwerder. 

Ordens-Verleihungen. 

Born, Leopold Ludwig, Corps-Rossarzt des UI. Armeecorps in Berlin, 
Kronen-Orden 4. CI. 

Drews, Theodor, Ober-Rossarzt beim 3. Garde-Ulanen-Rgmt. in Potsdam, 
Kronen-Orden 4. CI. 

Lange, Gustav Ferdinand Emil, Rossarzt beim 1. Garde-Ulanen-Rgmt. in 
Potsdam, Allgemeines Ehrenzeichen. 

Luethens, Friedrich, Departements-und Kreisthierarzt in Oppeln, aus 

11 * 


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164 


Personal-Notizen. 


Anlass seines 50jährigen Dienstjubiläums, Kronen-Orden 3. CI. mit dem Abzei¬ 
chen für Jubilare. 

Todesfälle. 

Der Professor Dr. Johann Ernst Ludwig Falke in Jena, Grossherzogthum 
Sachsen-Weimar. 

Der Kreisthierarzt Carl Rudolf Rauch in Wittenberg, Reg.-Bez. Merseburg. 

Der Thierarzt Ferdinand Schaarschmidt in Klötze, Reg.-Bez. Magdeburg. 

Der Kreisthierarzt und Gestüt-Rossarzt August Friedrich Wilhelm Thölke 
in Labes, Reg.-Bez. Stettin. 

Der Thierarzt Dr. August Weber in Herborn, Reg.-Bez. Wiesbaden. 

Der Thierarzt Leopold Wilde in Osterath, Reg.-Bez. Düsseldorf. 

Nekrolog. 

Johann Ernst Ludwig Falke, am 20. April 1805 zu Rudolstadt ge¬ 
boren, verstarb am 24. September 1880. 

Falke besuchte in seiner Vaterstadt das Gymnasium, bezog 1824 die 
Thierarzneischule zu Dresden, studirte später in Berlin und wurde im October 
1827 in Rudolstadt als Thierarzt verpflichtet. 1829 ging er als Assistent und 
Lehrer zum Dresdener Thierarznei-Institut, 1832 aber wieder nach Rudolstadt 
zurück, woselbst er zum Hofthierarzt ernannt worden war. 1847 wurde Falke 
Lehrer für Thierheilkunde am landwirtschaftlichen Institut zu Jena, dabei 1849 
von der philosophischen Fakultät der dortigen Universität zum ausserordentlichen 
Professor ernannt, sowie 1850 gleichzeitig als Bezirksthierarzt des II. Weima- 
rischen Verwaltungsbezirks angestellt. 

Etwa 1859 beschloss Falke seine Lehrtätigkeit am landwirtschaftlichen 
Institut, legte 1868 sein Amt als Bezirksthierarzt nieder, leitete jedoch bis jetzt 
den alljährlich während einiger Winterwochen zu Jena statthabenden freiwilligen 
Cursus für Hufbeschlagsschmiede. 

Ausser der sehr grossen Anzahl von Aufsätzen, Recensionen etc., die Falke 
namentlich für tierärztliche Zeitschriften lieferte, sind unter anderen selbststän¬ 
digen Büchern sein Handbuch der Physiologie für Thierärzte, seine Abhandlung 
über Trommelsucht, über Milzbrand und Hundswuth, seine Principien der verglei¬ 
chenden Pathologie, sein Lehrbuch über den Hufbeschlag, sowie sein Universal- 
Lexikon der Thierheilkunde zu nennen. 

Möge dem Verstorbenen die Erde leicht sein! S. 


Vacanzen. 

(Die mit * bezeichneten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Band VI Heft 6 
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten). 


Regierungs- 

Kreisthierarztstellen 


Zuschuss 

resp. 

des 

Gehalt. 

aus 

Landdrostei-Bezirk 

, Kreises 


Kreismitteln. 

Königsberg 

Labiau * 

600 Mark 

300 Mark 

Gumbinnen 

Angerburg* 

600 * 

600 „ 


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Personal-Notizen. 


165 


Regierungs- 

resp. 

Landdrostei-Bezirk 

Kreisthierarztstellen 

des 

Kreises 

Gehalt. 

Zuschuss 

aus 

Kreismitteln. 

Marienwerder 

Könitz* 

600 Mark 

300 

Mark *) 

9 

Tuchei 

600 

9 

— 

9 

Stettin 

Regen walde* 2 ) 

600 

9 

— 

9 

Posen 

Kröben* s ) 

600 

9 

— 

9 

Bromberg 

Wirsitz (nehst Westpoli¬ 
zeibezirk Schubin und 
Polizeidistrict Exin des 
Kreises Schubin) 4 ) 

600 

9 

. 

9 

Breslau 

Münsterberg 

600 

9 

240 

9 

* 

Polnisch Wartenberg 

600 

9 

— 

9 

Merseburg 

Naumburg, Weissenfels 
und Zeitz 5 ) 

600 

9 

— 

n 

» 

Wittenberg* 

600 

9 

— 

9 

Erfurt 

Weissensee 

600 

9 

— 

9 

9 

Worbis 

600 

9 

— 

9 

Schleswig 

Eckernförde 

600 

9 

— 

9 

Arnsberg 

Brilon 

600 

9 

— 

9 


Hamm 

600 

9 

— 

9 

i» 

Olpe 

600 

9 

300 

9 

Kassel 

Hersfeld 

600 

9 

— 

9 

Koblenz 

Adenau u. Ahrweiler 5 ) 

Ferner*. 

600 

9 


9 

Königsberg 

Die Stelle eines Assisten¬ 
ten des Grenzthierarztes 
im Kreise Ortelsburg 7 ) 

600 

. 8 ) 

600 

9 


Die Niederlattneg eines Thierarztes wird gewünscht: 

In Coesfeld, Reg.-Bez. Münster, von dem Vorstände des dortigen landwirt¬ 
schaftlichen Vereins. Eine Anzahl ron Viehbesitzem der Stadt Coesfeld hat sich 
bereit erklärt, anf ein Jahr 624 Mark Fixum für die Behandlung ihrer Viehstände 


•) 

a ) 

s > 

4 ) 

5 ) 

•> 

’) 

8 ) 


Feste Kreissubrention. 

Mit dem Amtswohnsitz in 

9 9 9 9 

9 9 9 9 

»I» 9 9) 

» 9 n n 

n f> 9 » 

Mit der Berechtigung zur 


Labes. 

Ra witsch. 
Nakel. 

Zeitz. 

Altenahr. 

Ortelsburg. 

Privatpraxis. 


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166 


Personal-Notizen. 


zu zahlen; ohne Zweifel wird auch der in Coesfeld residirende Fürst von Salm- 
Horstmar ein Fixum für denselben Zweck bewilligen. 

In Gummersbach, Reg.-Bez. Köln, von dem Landrath v. Sy bei daselbst. 
Ausser dem Gehalt für die Kreisthierarztstelle offeriren die Gemeinden ein fixirtes 
Einkommen von 1750 Mark. 

In Schwiebus, Reg.-Bez. Frankfurt a. 0., von dem Inhaber einer Droguen- 
Handlung E. Müller daselbst, welcher bereit ist, nähere Auskunft zu geben. 

In Sonnenburg, Reg.-Bez. Frankfurt a. 0., von dem dortigen Magistrat. 
Die Communalkasse gewährt eine Remuneration von 600 Mark für die Ueber- 
wachung der Viehmärkte und die Untersuchung des Schlachtviehs. In den Krei¬ 
sen Ost- und West-Sternberg ist nur ein Thierarzt ansässig und zwar in Zielenzig, 
4 Meilen von Sonnenburg. 

In Wolgast, Reg.-Bez. Stralsund, von dem dortigen Magistrat. Die Com¬ 
munalkasse gewährt eine Remuneration von 300 Mark für Beaufsichtigung der 
Schlächtereien. Die baldige Einrichtung eines Schlachthauses ist in Aussicht 
genommen und würde dem sich ansässig machenden Thierarzte nach näherer 
Vereinbarung seiner Zeit übertragen werden. 


Verzeichnis* der Thierärzte, 

welche in Gemässheit der Bekanntmachung vom 25. Sept. 1869 (Bundesgesetzbl. 
S. 635) und der Bekanntmachung vom 5. März 1875 (Centralbl. f. d. Deutsche 
Reich S. 167) während des Prüfungsjahres 1879/80 von den zuständigen Cen¬ 
tralbehörden approbirt wurden. 

I. Preussen. 

1. Emil Friedr. Aug. Erdtmann aus Berlin. 2. Gust. Ludw. Fibian 
aus Klinkow. 3. Joh. Friedr. Gust. Herz aus Zittendorf. 4. Franz Kryzan 
aus Witaszyce. 5. Herrn. Emil Alb. Kruhm aus Potsdam. 6. Heinr. Wilh. 
Lucas aus Bettenhoven. 7. Carl Rud. Mittmann aus Bromberg. 8. Edm. 
Uhl aus Schwelm. 9. Mart. Friedr. Jul. Wagner aus Wallmow. 10. Jos. Wulf 
aus Werl. 11. Georg Aug. Friedr. Schumacher aus Köslin. 12. Pet. Joh. 
Ad. Wiese aus Laboe. 13. Matth. Ludw. Eman. Pölitz aus Magdeburg. 

H. Bayern. 

1. Florian Arnold aus Ladenburg. 2. Wilh. Diccas aus Neustadt a. S. 

3. Carl Wenke aus Hiddigwarden. 

HI. Sachsen. 

1. Alfr. Nikol. Misseiwitz aus Ehrenhain (Herzogth.S.-Altenbg). 2. Al- 
bin Wilh. Moses aus Tzschirma (Fürstenth. Reuss ält. L.). 

IV. Württemberg. 

1. Friedr. Ad. Bethke aus Blumenhagen (Preussen). 2. Friedr. Birn¬ 
baum aus Ludwigshafen (Bayern). 3. Engelb. Vogg aus Wallishausen (Bayern). 

4. Heinr. Wolff aus Oberbetschdorf (Eisass). 

V. Hessen. 

Christ. Schmidt aus Gladenbach (Prov. H.-Nassau). 


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Personal-Notizen. 


167 


Veränderungen im militär-rossärztlichen Personal. 

Beförderungen. 

Zu Ober-Rossärzten sind ernannt: 

Rossarzt Behr vom Regiment der Gardes-du-Corps als Oberrossarzt beim 
1. Westfal. Hus.-Regmt. No. 8; Rossarzt Kramer vom Magdeburg. Train-Bat. 
No. 4 als Oberrossarzt beim Magdeb. Feld-Art.-Regmt. No. 4; Rossarzt Lubitz 
vom Westpr. Kür.-Regmt. No. 5 als Oberrossarzt beim 2. Pomm. Feld-Art-Rgmt. 
No. 17. 

Zu Rossärzten sind ernannt: 

Die Unter-Rossärzte Andrich vom Hess. Feld-Art.-Regmt. No. 11; Arndt 
vom 1. Hannöv. Feld-Art.-Regmt. No. 10; Böhmer vom Leib-Kürass.-Regmt. 
(Schles.) No. 1; Boit vom 2. Rhein. Husaren-Regmt. No. 9; Borchardt vom 
1. Brandenb. Feld-Art.-Regmt. No. 3 (Gen.-Feldzeugm.); Feldtmann vom 

1. Garde-Drag.-Regmt.; Fickert vom 3. Garde-Ulanen-Regmt.; Goltz vom 
Brandenb. Hus.-Regmt. (Zieth.-Hus.) No. 3; Grüner vom 1. Westf. Feld-Art.- 
Regmt. No. 7; Mollenhauer vom Schles. Ulanen-Regmt. No. 2; Reinemann 
vom 3. Garde-Ulanen-Regmt.; Rind vom Westf. Kür.-Regmt. No. 4; Wallisch 
vom Schles. Ulanen-Regmt. No. 2. 

Der Charakter als Rossarzt ist verliehen an: 

Unter-Rossärzte Gertner vom Altmärk. Ulanen-Regmt. No. 16; Knospe 
Tom Leib-Kür.-Rgmt. (Schles.) No. 1; Richter vom Westpr. Kür.-Rgmt. No. 5; 
Schulze vom 1. Brandenb. Art.-Regmt. No. 3 (Gen.-Feldzeugm.). 

Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt: 

Unter-Rossarzt Schimmelpfennig beim Ostpr. Drag.-Regmt. No. 10. 
Eioj.-freiw. Unter-Rossärzte Pölitz beim Altmärk. Ul.-Regmt. No. 16; Wenke 
beim 1. Hannöv. Feld-Art.-Regmt. No. 10. 

Versetzungen. 

Ober-Rossarzt Kunze vom 1. Westf. Hus.-Rgmt. No. 8 zum Regiment der 
Gardes-du-Corps. 

Die Rossärzte Arndt vom 1.Hannöv. Feld-Art.-Rgmt. No. 10 zum 2. Westf. 
Feld-Art.-Rgmt. No. 22; Dr. Lemke vom Pos. Ul.-Rgmt. No. 10 zum Hannöv. 
Train-Bat. No. 10; Maximilian vom 2. Westfal. Feld-Art.-Regmt. No.22 zum 
Magdeb. Hus.-Regmt. No. 10; Quandt vom 1. Brandenb. Drag.-Regmt. No. 2 
zum 2. Brandenb. Feld-Art.-Regmt. No. 18 (Gen.-Feldzeugm.); Sczasny vom 

2. Bad. Drag.-Regmt. (Markgr. Maxim.) No. 21 zum Magdeb. Train-Bat. No. 4. 

Die Unter-Rossärzte Buss vom Oldenb. Drag.-Regmt. No. 19 zum Westpr. 
Kür.-Regmt. No. 5; Hafenrichter vom 2. Grossherz. Mecklenb. Drag.-Regmt. 
No. 18 zum Regmt. der Gardes-du-Corps. 

Abgegangen. 

Die Ober-Rossärzte Kappenstein vom Rgmt. der Gardes-du-Corps; Wol¬ 
ter vom 2. Pomm. Feld-Art-Regmt. No. 17. 

Die Rossärzte Gröning vom Ostpr. Kür.-Regmt. No. 3 (Graf Wrangel); 
Hauer vom Westf. Ul.-Rgt. No.5; Herweg vom Braunschw. Hus.-Rgt. No. 17. 

4 


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168 


Personal-Notizen. 


Charakterisirter Rossarzt Lüpke vom Magdeb. Hus.-Rgmt. No. 10. 

Unter-Rossarzt Kose hei vom Westpr. Ul.-Rgt. No. 1. 

Dreijährig-freiwilliger Unter-Rossarzt Haas vom 3. Schles. Dragon.-Regmt. 
No. 15. 

Die eipjährig-frei willigen Unter-Rossärzte Beisswänger vom 1. Garde- 
Feld-Art.-Regmt.; Breckerbohm vom 2. Hannöv. Dragoner-Regmt. No. 16; 
Fischer und Harms vom 2. Garde-Feld-Artillerie-Regmt.; Heinrichs vom 
1. Garde-Dragoner-Regmt. 

Sonstige Veränderungen. 

Corps-Rossarzt Dominik von seinen Functionen als Corps-Rossarzt des 
Garde-Corps unter Belassung in der Stellung als technischer Vorstand der Lehr¬ 
schmiede und Beibehalt seines Ranges und seiner Anciennität als Corps-Rossarzt 
entbunden. 

Ober-Rossärzte: Haase vom Magdeb. Feld-Art.-Regmt. No. 4 unter Ver¬ 
setzung zum Stabe des General-Commandos des Garde-Corps mit der Wahr¬ 
nehmung der Geschäfte des Corps-Rossarztes bei letzterem beauftragt; Rackow 
auf 6 Monate vom 15. October er. ab als Inspicient zur Militär-Rossarzt-Schule 
commandirt. 


Gedruckt bei L. Schumecker in Berlin. 

* 


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VII. 

Ueber Oelluloseverdaunng. 


Von 

Dr. Victor Hofmeister, 

Chemiker der Versuchsstation an der Kgl. Thierarzneischule zu Dresden. 


E i n 1 c i t « b g. 

Vor 20 Jahren legte Haubner in Gemeinschaft mit Sussdorf 
und Stöckhardt im Chem. Ackersmann 1 ) zum ersten Male den für 
die rationelle landwirtschaftliche Fütterungslehre so wichtigen und 
weittragenden Beweis für die Verdaulichkeit der Cellulose im Magen 
der Wiederkäuer nieder, deren Verdaulichkeit und Nährwirkung bis 
dahin geleugnet wurde. 

Unter Haubner’s Leitung wurden dann nach Errichtung hiesiger 
Versuchsstation (1862) zahlreiche Fütterungsversuche mit landwirt¬ 
schaftlichen Haustieren (Schafen) ausgefdhrt und der Cellulosever¬ 
dauung von den verschiedensten Gesichtspunkten aus weitere Aufmerk¬ 
samkeit geschenkt: ihre grössere oder geringere Verdaulichkeit bei 
Fütterung von Rauhfutter allein, bei Zufütterung von leicht verdau¬ 
lichen und concentrirten Nährstoffen, bei Zusatz von Fett und Salz; 
es wurde ihr Werth als stickstofffreies Nahrungsmittel unter den Nähr¬ 
stoffen festgestellt und 1865 auch zum ersten Male ihre Verdaulich¬ 
keit beim Pferde nachgewiesen, welches die Cellulose aber in weit 
geringerem Masse, als die Wiederkäuer, zur Verdauung brachte 2 ). 

Diese Untersuchungen mit ihren Resultaten standen im guten 
Einklänge mit anderwärts auf anderen Versuchsstationen ausgeführten 
Fütterungsversuchen, theils wieder mit Schafen, theils mit anderen 


*) Chem. Ackersmann, 1860 S. 58. 

2 ) Landw. Versuchsstationen, Bd. V, S. 415. 

Archiv f. wisse nach, uud prakt. ThierUeilk. VII. :t. 12 


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170 


HOFMEISTER, 


Wiederkäuern:. Rindern, Ziegen, und erst in ganz jüngstvergangener 
Zeit haben die Resultate der Fütterungsversuche mit dem Pferde 
durch die von Wolff in Hohenheim mit Pferden angestellten Ver¬ 
suche vollgültige Bestätigung gefunden l ). 

Obgleich nach alledem kein Zweifel mehr über die Verdaulichkeit 
der Cellulose bei Pflanzenfressern bestehen kann, so sind doch dabei 
bis jetzt noch einige Fragen unerörtert geblieben, deren Beantwortung 
allerdings weniger das landwirthschaftliche, als vielmehr das physio¬ 
logische Interesse fordert. Es sind die Fragen nach dem Orte im 
Thierleibe, wo die Verdauung der Cellulose vor sich geht; welchen 
von den Verdauungssäften die Function ihrer Verdaulichmachung 
zufällt; welche Umwandlungen, Umsetzungen die Cellulose er¬ 
leidet, um verdaulich resp. löslich zu werden. 

Hatte die Versuchsstation, so lange sie eine landwirthschaftliche 
war, der allgemeineren Frage über die Verdaulichkeit der Cellulose 
so eingehende Untersuchungen gewidmet, so hielt man es für ange¬ 
zeigt, jetzt, wo die Station sich direct mehr der Physiologie nutzbar 
machen soll, auch jenen engeren Fragen über Celluloseverdauung 
näher zu treten. 

Die Physiologie hat unter den Verdauungssäften die Wirkung des 
Speichels, des Magensaftes, des Saftes der Bauchspeicheldrüse, der Galle 
u. s. w. klar gelegt, sie lehrt das Wie und Wo der Stärkemehlver¬ 
dauung, der Eiweissverdauung, der Fettverdauung u. s. w. Um dazu 
zu gelangen, hatte man verschiedene Mittel und Wege eingeschlagen; 
ein mit sehr günstigen Erfolgen betretener war der, vermittelst An¬ 
stellung sogenannter künstlicher Verdauungsversuche die Wir¬ 
kungsweise der Verdauungssäfte zu erforschen. Man hatte gefunden, 
dass die Verdauungssäfte, dem thierischen Organismus entnommen, 
unter Umständen ganz genau dieselbe Wirksamkeit auf Verdaulich¬ 
machung der Nährstoffe auch ausserhalb des Thierleibes beibehalten 
können, wie im Organismus selbst; dazu war u. A. nothwendig, dass 
sie im ganz frischen Zustande wirkten, also wenn möglich dem 
lebenden Thiere oder doch unmittelbar nach dessen Tödtung entnom¬ 
men waren; dass die zu verdauenden Stoffe in einer passenden, den 
Säften leicht zugänglichen Form geboten wurden; dass schliesslich 
und zwar ganz hauptsächlich Vorkehrungen getroffen waren, die 


l ) Wolff, Berichte über die Arbeiten der Kgl. württemb. landwirthschaftl. 
Versuchsstation Hohenheim 1871 —1878. 


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Celluloseverdauung. 


171 


Temperatur, bei der die künstliche Verdauung vor sich gehen sollte, 
constant und gleich der thierischen Wärme, also auf etwa 36—40° C. 
zu erhalten. Das Letztere erreicht man vollständig durch Anwendung 
von Verdauungsöfen, auch Brütöfen genannt. 

Durch Anstellung derartiger künstlicher Verdauungsversuche wollte 
man auch hier jene specielleren Fragen über Celluloseverdauung zu 
beantworten versuchen, zumal da man bereits in gleicher Weise über 
die Wirksamkeit des Magensaftes und der Eiweissverdauung mit Glück 
operirt hatte 1 ). 

Von den gestellten Fragen ist die Lösung zweier versucht 
worden: Wo, an welchem Orte des Vcrdauungscanals der 
Pflanzenfresser wird die Cellulose verdaut? und welches 
sind die Säfte, welche die Cellulose verdaulich machen? 
Die Frage nach den Umwandlungsproducten der Cellulose bei ihrer 
Verdauung ist nicht näher und eingehender verfolgt; ihre Lösung wird 
nicht so einfach sein, wie es vielleicht von vornherein erscheint, sie 
erfordert jedenfalls besondere, ganz speciell zu diesen Zwecken anzu¬ 
stellende Untersuchungen. 


lie Vatermhaagen aber CellaUseverdaBaag. 

Von der Voraussetzung ausgehend, dass die Cellulose in den 
jungen, frischen Gräsern am zartesten und weichsten und deshalb 
auch von den Verdauungsflüssigkeiten am leichtesten angreifbar und 
zersetzbar sei, wurde zu den ersten Versuchen stets frisch gehauenes 
Gras benutzt; später erst arbeitete man mit gewöhnlichem Wiesenheu. 

Von diesem Grase, unmittelbar nach dem Hauen ins Laboratorium gebracht, 
wurde sofort eine grössere Menge in passender Weise zerkleinert und davon 4—6 
Portionen abgewogen. 

Zwei Portionen dienten zur Bestimmung des Trocken- resp. Wassergehalts 
und der Rohfaser im Grase. Letztere ermittelte man durch successive Digestion 
der Trockensubstanz mit gemessener Menge einer 3procentigen Schwefelsäure 
(auf 1 Grm. Substanz 50 Ccm. 3 procentiger Säure) innerhalb 2 Stunden auf 
kochendem Wasserbade, Filtriren. Auswaschen; mit 3procentiger Natronlauge 


*) Prüfungsmethode und Wirksamkeit käuflicher Pepsinpräparate. Deutsche 
med. Wochenschrift, 1875, S. 16. 


12 * 


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172 


HOFMEISTER, 


genau in derselben Weise und Menge, wie mit der Säure; und mit 85—90pro- 
centigem Alkohol: Trocknen, Wiegen der so restirenden Rohfasern, Bestimmung 
der darin enthaltenen Aschen- und Stickstoffmengen. 

Die übrigen Portionen untermischte man jede für sich mit den Verdauungs- 
ilüssigkeiten; da hierbei sowie bei der Gewinnung der Flüssigkeiten in verschie¬ 
denster Weise manipulirt wurde, so soll das Speciellere hierüber bei jedem Ver¬ 
such besonders vorgemerkt werden; um Wiederholungen zu vermeiden, wird hier 
nur der allgemeine Gang der Untersuchung vorausgeschickt, welcher bei den 
meisten Versuchen eingehalten worden ist. 

Nachdem die Grasmengen ausnahmsweise einmal nur 3 Tage lang, sonst- 
stets innerhalb 5 Tagen im Brütofen bei 37 0 C. der Einwirkung der Verdauungs¬ 
flüssigkeiten ausgesetzt waren (eine längere Frist wurde vermieden, damit nicht 
entstehende Fäulniss und deren Producte die Resultate trübten), wurden sie als¬ 
dann durch Filtration mittelst gröberen Filtrirpapiers, leicht durchlässig für 
Flüssigkeiten, unbedingt undurchlässig für feste, nicht gelöste Stoffe, unter 
Benutzung der Säugpumpe und Auswaschen mit kochend heissem Wasser auf 
dem Filter von diesen möglichst vollständig befreit. 

Das Auswaschen der von den Verdauungsflüssigkeiteu durchdrungenen 
Grasmengen mit siedendem Wasser war zulässig, weil die zur Verwendung ge¬ 
kommenen Verdauungsflüssigkeiten in der Kochhitze trotz ihres Eiweissgehalts 
nicht coagulirten, immer erst nach Zusatz von Essigsäure und Salpetersäure. 

Das Auswaschen wurde so lange fortgesetzt, bis das zuletzt ablaufende 
Waschwasser auf Platinblech nur noch Spuren von beigemengten organischen 
Stoffen erkennen Hess. 

Dieses Filtriren und Auswaschen ist der zeitraubendste Theil der Arbeit; 
bei genügender Ausdauer gelingt es aber doch, den Process mit Erfolg durchzu¬ 
führen. Nach dem Auswaschen Vurden die von den Verdauungsflüssigkeiten 
wenigstens zum grössten Theil befreiten rückständigen Grasmengen vom Filter 
herunter in tarirte Abdampfschalen gebracht, was leicht und ohne Verlust mit¬ 
telst Spritzflasche geschieht, dann das dem Grase beigemengte Spülwasser zu¬ 
nächst auf dem Wasserbade verdampft und schliesslich das Gras im Trocken- 
schrank bei 1I0°C. völlig ausgetrocknet und gewogen. Die Grastrockensub¬ 
stanzen wurden aus der Schale mechanisch gelöst, mittelst Scheere zerkleinert, 
nochmals getrocknet und gewogen und nun genau in derselben Weise, wie man 
den Gehalt an Rohfasern in den frischen Gräsern ermittelt hatte, anch der Roh¬ 
fasergehalt dieser Digestionsrückstände bestimmt; nur sei ausdrücklich hervorge¬ 
hoben, dass hier wie dort die kochend heissen Schwefelsäure-Natronlauge- 
Alkoholauszüge stets durch Filtration von den darin unlöslich gebHebenen 
Grasbestandtheilen getrennt und ausgewaschen sind, niemals durch Abheben der 
überstehenden Flüssigkeiten. 

Fand sich in der angewandten Trockensubstanz dieselbe Menge an Roh¬ 
fasern nach procentischer Berechnung wieder, wie dort im nicht mit Verdauungs¬ 
flüssigkeiten behandelten Grase, so hatten offenbar diese Flüssigkeiten die Cel¬ 
lulose nicht angegriffen, nicht gelöst, nicht verdaut; bei einem verringerten Ge¬ 
halt an Rohfasern in den mit Verdauungsflüssigkeiten digerirten Gräsern gegen¬ 
über dem Rohfasergehalt der nicht digerirten würde mit gleicher Berechtigung 


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Cellulosevcrdauung. 


173 


dieses Deficit an Hohfasern als von denVerdauungsflüssigkoiten gelöste, verdaute 
Cellulose anzusehen sein, namentlich dann, wenn dieses Deficit von einer so 
bedeutenden Grösse ist, dass es ausserhalb der Fehlergrenzen liegt, 
welche das analytische Verfahren etwa bedingen kann. 

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, nahmen die Versuche ihren Verlauf 
wie folgt. 


I. Versuchsreihe mit Verdauungstlüssigkeiten des Schafes. 

Von Physiologen ist zur Ermittelung der Verdaulichkeit der Nähr¬ 
stoffe vielfach der Weg eingeschlagen worden, diese Steife eingehüllt 
in Tüllbeutelchen mit den Verdauungsflüssigkeiten durch directe Ein¬ 
führung der Beutelchen in den Magen in Berührung zu bringen. 

In ähnlicher Weise beabsichtigte man auch hier vorzugehen und 
gewogene Mengen zerschnittenen Grases vermittelst Pansenschnitt in 
den Pansen des Schafes einzubringen. 

Da aber doch überzeugende und greifbare Resultate voraussicht¬ 
lich nur dann zu erzielen sind, wenn man nicht mit minimalen Men¬ 
gen Gras, sondern mindestens mit einigen Grammen davon arbeitet; 
da ferner auch diese wenigen Gramme schon eine sehr voluminöse 
Masse bilden, die im Tüllbeutelchen mehr oder weniger zusammen¬ 
gedrückt wird, da man die Beutel doch immer nur klein anfertigen 
darf, die Vermuthung aber nahe liegt, dass in diesem zusammen¬ 
gedrückten Zustande clas Gras von den Magensäften in ungenügender 
Weise durchdrungen werde, so richtete man sein Augenmerk auf 
Drahtkapseln, in welche das Gras lose eingelegt werden kann, in 
denen es auch locker gelagert bleibt, um von den Säften vollkommen 
durchdrungen zu werden. 

Diese Drahtkapsoln von Neusilber sind jene, welche beim Theekochen so 
häufig benutzt werden; mit Theeblättern gefüllt, werden sie in siedendes Wasser 
eingehangen, dieses extrahirt aus den Blättern die im Wasser löslichen TheestofTe, 
die darin unlöslichen bleiben in der Kapsel zurück. 

Durch Versuche war zunächst zu ermitteln, ob das Drahtgeflecht auch dicht 
genug sei, nur die löslich gewordenen Stoffe hindurch zu lassen, den Austritt der 
unlöslich gebliebenen und in feinster Verkeilung befindlichen dagegen zu ver¬ 
hindern. 

Mit Heusamenpulver im trockenen und nassen Zustande gefüllt, zeigte sich 
sogleich die Unzulänglichkeit der Dichtigkeit des Drahtgeflechts der Kapseln: das 
Pulver ging hindurch. 

Anders, wenn man die mit Heusamen gefüllten Kapseln einfach mit Tüll¬ 
stoff knapp anliegend überzog. Die in dieser Weise vorgerichteten Kapseln in 


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174 


HOFMEISTER, 


Bechergläser eingohangen, welche mit Wasser gefüllt waren, das Wasser zum 
Kochen gebracht und Stunden lang im Sieden erhalton, zeigten nichts Durch¬ 
lässiges für feste, ungelöste Stoffe. Das Wasser färbte sich braun, hielt aber 
keine Heupulvertheilchen suspendirt; beim ruhigen Stehenlassen bis zum andern 
Tag zeigte sich nicht die Spur eines Bodensatzes. Ebenso dicht verhielten sich 
die Kapseln in angesäuertem und alkalisirtem Wasser. Nach diesen günstigen 
Resultaten wurde die Benutzung derartig beschickter Kapseln zum Versuch nicht 
weiter beanstandet und mit den Versuchen begonnen. 

1. Versuch. 

Am 3. Juni Morgens wurde Gras gemäht, zerkleinert, zwei Portionen zur 
analytischen Untersuchung, zwei Portionen für die Kapseln und zwei Portionen 
in Reserve bleibend abgewogen. 

Jede der beiden Kapseln, wolche benutzt werden sollten, war genau signirt, 
wurde dann mit der für sie bestimmten Menge zerschnittenen und gewogenen 
Grases ohne Verlust gefüllt, verschlossen, der Verschluss versiegelt, das Ganze 
mit Tüllstoff überzogen. 

Soweit fertig, führte Herr Prof. Siedamgrotzky den Pansenschnitt bei 
einem Schafe, weiches ganz normal ernährt worden war und im ganz gesunden 
Ernährungszustände sich befand, aus, versenkte beide Kapseln in den Pansen 
und verschloss die Schnittwunde durch Naht. 

Nach 3 Tagen wurde das Thier geschlachtet, der Pansen geöffnet und die 
Kapseln herausgenommen, welche darin ganz unversehrt geblieben waren. Diese 
wurden jetzt mittelst Spritzflasche von den an der Aussenseite anhängenden Fut- 
terbestandthoilen des Panseninhalts gereinigt, dann jede für sich in eine Abdampf- 
schale gelegt, der Tüllüberzug abgezogen, die an den Innenwandungen desselben 
haftenden, durch das Kapselgeflecht nach aussen gelangten Grastheilchen mittelst 
Pincette und Spritzflasche abgenommen und aufs Filter gebracht. 

Der Tüllstoff hatte in auffallender Weise eine Veränderung seiner Gewebs- 
faser erlitten; verletzt, durchlöchert, zerrissen war er allerdings nicht, sondern 
er lag scheinbar unverändert dicht und fest den Kapselwandungen an, aber 
vorher derb, fest, schwer zerreissbar, war er jetzt nach der Entnahme aus dem 
Pansen und Abnahme von den Kapseln morsch und leicht zerreissbar geworden. 

Nachdem der Siegel Verschluss der Kapsel entsiegelt, wurde diese geöffnet. 
Der rückständige Inhalt darin war zu einer merkwürdig kleinen Menge zusam¬ 
mengesunken; auch diese Grasmenge nahm man mittelst Pincette und Spritz¬ 
flasche sorgfältigst heraus, brachte sie aufs Filter und behandelte sie hier in der 
Weise, wie dies in der Einleitung näher auseinandergesetzt ist. 

Analytische Belege und Resultate. 

Trockensubstanzgehalt des Grases*. 

a) 5,003 Grm. Gras enthalten 0,622 Grm. Trockensubstanz = 12,43 pCt. 

b) 10,080 - - - 1^250 - - = 12,40 - 

Mittel 12,4 pCt. Trockensubstanz. 


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Cellnloseverdauung. 


175 


Roh faser im Grase: 

a) 5,003 Grm. Gras enthalten 0,128 Grm. aschenfreie Faser ! ) = 2,60 pCt. 

b) 10,080 - - - 0,250 = 2,50 - 

Mittel 2,55 pCt. Faser. 

Trockensubstanzgehalt der Digestionsrückstände: 

darin nach der Digestion 

c) Kapsel I mit 5.003 Grm. Gras, 0,102 Grm. Trockensubstanz = 2,04 pCt. 

d) - II - 5,713 - - 0,139 - - = 2,43 - 

Mittel 2,23 pCt. Trockensubstanz. 

Aschenfreier Rohfasorgehalt der Digestionsrückstande ! ): 

darin nach der Digestion 

c) Kapsel I mit 5,003 Grm. Gras, 0,025 Grm. Faser = 0,50 pCt. 

d) - II - 5,713 - - 0.035 - - = 0,61 - 

Mittel 0,55 pCt. Faser. 

100 Theile Gras (a, b) im natürl. Zustande enth. 2,55 pCt. Rohfaser im Mittel, 
100 - - (c, d) nach d. Digest, im Pansen 0,55 - ... 

nach der Digestion weniger im Grase 2,00 pCt. Rohfaser. 
Resultat in Procentcn ausgedrüekt: Von 100 Theilen Rohfaser 
im Grase sind in den Digestionsrückständen 21,6 pCt. Faser wieder¬ 
gefunden, 78,4 pCt. nicht wiedergefunden. 

2. Versuch. 

Unmittelbar nach Entnahme der Kapseln aus dem Pansen (Versuch 1). wurde 
der gesammte Panseninhalt auf Seihtücher gebracht, der flüssige Theil desselben 
durchgeseiht und durchgepresst. 

Die auf diese Weise gewonnene Pansenflüssigkeit war allerdings sehr un¬ 
rein und trübe, schien aber insofern seine natürliche Beschaffenheit behalten zu 
haben, weil die Infusorien (Monaden), welche sich im Wiederkäuermagen massen¬ 
haft vorfinden, auch in diesem durchgeseihten Saft noch lebend zugegen waren 
und unter dem Mikroskop lebhafte Bewegungen zeigten; im veränderten Saft 
starben sie schnell ab. 

Die eine der am 3. Juni abgewogenen und im möglichst unveränderten Zu¬ 
stande reservirten Grasportionen wurde in eine bereit gehaltene Kapsel, von etwas 
grösserem Caliber als die zwei vorher benutzten, genau in der beim 1. Versuch 
besprochenen Weise eingeschlossen, in die im geräumigen Glase befindliche Pan- 
senflüssigkeit eingehängt und Glas mit Flüssigkeit und Kapsel in den Brütofen 
eingestellt. 

Durch einen gleichzeitig anzustellenden Versuch sollte die Frage Beant¬ 
wortung finden: ob nicht etwa faulende, mikrococcen- und bacterienhaltige Flüs¬ 
sigkeiten allein schon zersetzend resp. lösend auf Rohfaser wirken. 

Zu diesem Zweck wurde ein Gefäss mit Düngerjauche gefüllt und in 

1 ) N-Bestimmungen dieser kleinen Mengen Robfaser Hessen sich nicht aus- 
führen. 


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176 


HOFMEISTER. 


diese Flüssigkeit ebenfalls eine Kapsel eingelegt, in welcher die zweite am 3. Juni 
in Reserve abgewogene Grasportion eingeschlossen war, und auch dieses Gefäss 
mit seinem Inhalt in den Brutofen gestellt. 

Täglich einmal öffnete man den Brütofen und bewegte die Kapseln in ihren 
Flüssigkeiten mittelst Glasstab. Nach fünftägiger Digestion wurden die Kapseln 
aus Pansenilüssigkeit und Jauche herausgenommen, ihres Grasinhalts mit aller 
Vorsicht entledigt, dieser dann in bekannter Weise auf Trockensubstanz- und 
Rohfasergehalt untersucht. 

Bemerkt sei noch, dass schon am 2. Tage der Digestion weder in der Pan¬ 
senflüssigkeit noch in der Jauche lebende Infusorien nachweisbar waren; dass 
ferner der Tüllüberzug der in der Pansenflüssigkeit gelegenen Kapsel sich ebenso 
morsch, brüchig und leicht zerreissbar nach der Abnahme zeigte, wie jene Tüll¬ 
stoffe, welche im Pansen des lebenden Thieres verweilten; dass dagegen der 
Tüllüberzug der Kapsel in der Jauche unverändert seine derbe, schwer zerreiss- 
bare Eigenschaft behalten hatte. 

Analytische Belege und Resultate. 

a, b) Gras im natürlichen Zustande mit 12,4 pCt. Trockensubstanz und 2,55 
pCt. Rohfaser. 

Trockensubstanz und Rohfasergehalt der Digestionsrückstände aus 
Pansensaft: 

nach der Digest, mit Pansenflüssigkeit 
e) Kapsel mit 10,129 Grm.Gras hinterl. 0,304 Grm. Trockensubst. = 3,0 pCt. 

e) - - 10,129 - - - 0,055 - Rohfaser = 0,54 - 

100 Th. Gras (a, b) im natürlichen Zustande enth. 2,55 pCt. Rohfaser, 

100 - - (e) nach d. Digest, mit Pansenflüssigkeit - 0,54 

nach der Digestion weniger im Grase 2,01 pCt. Rohfaser. 
Resultat in Procenten ausgedrückt: Von 100 Theilen Rohfaser 
im Grase sind in den Digestionsrückständen 21,2 pCt. wiedergefunden, 
78,8 pCt. nicht wiedergefunden. 

Trockensubstanz und Rohfasergehalt der Digestionsrückstände aus 

Jauche: . _ ^ _ 

nach der Digestion mit Jauche 

f) Kapsel mit 10,533Grm.Gras hinterl. 0.547 Grm. Trockensubst. = 5,2 pCt. 

f) - - 10,533 - - - 0,259 - Rohfaser =2,46 - 

100 Th. Gras (a, b) im natürlichen Zustande enthalten 2,55 pCt. Rohfaser, 
100 - - (f) nach der Digestion mit Jauche - 2,46 

nach der Digestion weniger im Grase 0,09 pCt. Rohfaser. 
Resultat in Procenten ausgedrückt: Von 100 Theilen Rohfaser 
im Grase sind in den Digestionsrückständen 96,5 pCt. wiedergefun¬ 
den, 3,5 pCt. nicht wiedergefunden. 

Stellt man die Ergebnisse der Versuche 1 und 2 in der Weise zusammen, 
dass einmal der in 100 Theilen Gras-Trockensubstanz enthaltene Gehalt an 


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Celluloseverdauung. 


177 


Roh fas er berechnet wird und dann der Rohfasergehalt der im Pansen und im 
Brutofen mit Pansonflüssigkeit und Jauche digerirten Gräser, ebenfalls auf 100 
Theile Trockensubstanz der angewandten Substanz bezogen, so enthalten: 


Versuch 1. 100 Th. Trockensubst. Gras (a, b).20,1 pCt. Rohfaser, 

100 - - (c, d) nach dem 

Verweilen im Pansen. 4.5 

nicht wiedergefunden 15,6 pCt. Rohfaser. 

Versuch 2. 100 Th. Trockensubst. Gras (a, b).20,1 pCt. Rohfaser, 

100 - - (e) nach der Di¬ 
gestion mit Pansenfliissigkeit. 4,4 

nicht wiedergefunden 15,7 pCt. Rohfaser. 

100 Th. Trockensubst. Gras (a, b).20.1 pCt. Rohfaser, 

100 - - - (f) nach der Di¬ 
gestion mit Jauche . 19 y 8 - 

nicht wiedergefunden 0,3 pCt. Rohfaser. 


Hieraus folgt offenbar, dass die Jauche die ßohfaser voll¬ 
ständig intact liess, während diese von der Pansenflüssigkeit 
stark afficirt erscheint; von 100 Theilen konnten 77,6 pCt. ana¬ 
lytisch nicht wiedergefunden werden, diese mussten also darin ge¬ 
löst sein. 

Prüft man weiter, wie die Gras-Trockensubstanz an und für sich be¬ 
züglich ihrer Löslichkeit und Unlöslichkeit in der Pansenflüssigkeit und in der 
Jauche sich verhalten hat, so ergiebt die Rechnung Folgendes: 

Versuch 1. 100 Th. Gras (a, b) enthalten .... 12,4 pCt. Trockensubst. 

100 - - (c, d) nach dem Verweilen 

im Pansen. 2,2 - 

Differenz 10,2 pCt. Trockensubst. 
Versuch 2. 100 Th. Gras (a, a) enthalten .... 12,4 pCt. Trockensubst. 

100 - - (e) nach der Digestion mit 

Pansenflüssigkeit. 3,0 

Differenz 9.4 pCt. Trockensubst. 

100 Th. Gras (a, b) enthalten .... 12,4 pCt. Trockensubst. 

100 - - (f) nach der Digestion mit 

Jauche. 5,2 - 

Differenz 7,2 pCt. Trockensubst. 

Hieraus wird ersichtlich, dass von den Pansenflüssigkeiten 
und von der Jauche grosse Mengen an Trockensubstanz des 
Grases gelöst wurden, von den Pansenflüssigkeiten aber mehr als 
von der Jauche. 

In Procenten ausgedrückt sind im Pansen gelöst 82,3 pCt., von 
der Pansenflüssigkeit (ßrütofen) 75,8 pCt., von der Jauche (Brütofen) 


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178 


HOFMEISTER, 


58,0 pCt. Trockensubstanz. 17,8—24,3 pCt. sind von der Pansen¬ 
flüssigkeit mehr gelöst, als von der Jauche durchschnittlich rund 
21 pCt. mehr. 

Hat nun die vorhergehende Berechnung bezüglich der Löslichkeit 
der Rohfaser in den Pansenflüssigkeiten und in der Jauche nachge¬ 
wiesen, dass Jauche die Faser nicht, die Pansenflüssigkeiten diese 
aber in erheblicher Menge lösen, und weist jetzt diese zweite Berech¬ 
nung eine um 21 pCt. grössere Löslichkeit der Trockensubstanzen in 
der Pansenflüssigkeit als in der Jauche nach, so kann man rationeller 
Weise doch nur hieraus weiter folgern, dass dieses Plus an Trocken¬ 
substanz, durch Pansenflüssigkeit gelöst, zum grössten Theil aus darin 
löslich gewordener Cellulose entstanden ist und besteht. 

Dieses Plus von 21 pCt. wird nicht ausschliesslich aus gelöster 
Cellulose componirt, denn 100 Theile Trockensubstanz Gras enthalten 
überhaupt nur 20,1 pCt. Faser und nur ca. 15,5 pCt. Faser sind als 
gelöst nachgewiesen; vielmehr ist anzunehmen, dass die weiteren 4 
bis 5 pCt. durch Pansenflüssigkeiten mehr gelöste Substanz aus 
zuckerartigen, humösen, harzigen, fettigen und Chlorophyllstoffen be¬ 
standen habe, welche aus dem Grase durch Pansenflüssigkeit reich¬ 
licher noch als durch Jauche gelöst wurden. 

• 3. Versuch. 

Am 4. Juli wurde ein Schaf geschlachtet, unmittelbar nachher der Pansen, 
nachdem alle Zu- und Abgänge desselben abgeschnürt, aus dem Körper genom¬ 
men, geöffnet und sein Inhalt auf Seihtücher gegeben, durchgeseiht und gepresst. 

Die so gewonnene Pansenflüssigkeit wurde zur weiteren Reinigung in hohe, 
verschliessbare Cylindergläser gefüllt und in diesen 12 Stunden lang bei gewöhn¬ 
licher Stubentemperatur zum ruhigen Absetzen stehen gelassen. 

Nach dieser Zeit hatte sich ein reichlicher Bodensatz in den Cylindern ge¬ 
bildet; davon wurde die Flüssigkeit vorsichtig abgehoben und durch grobes Pa¬ 
pier filtrirt, was ziemlich schnell bei wiederholtem Filterwechsel von statten ging. 

Es wurde so eine gelbliche, trübe Flüssigkeit von saurer Reaction erhalten, 
weiche alle Eiweissreactionen gab, bei Kochhitze aber nicht coagulirte, nur erst 
nach Zusatz von Essigsäure oder Salpetersäure. 

Lebende Infusorien befanden sich nicht darin. 

Diese Flüssigkeit wurde in drei gleiche Theile, ä 100 Ccm., getheilt, ein 
Theil mit 25 Ccm. Glycerin versetzt, die beiden anderen unverändert gelassen. 

Am 4. Jnli war Gras gemäht und drei Portionen davon in tarirte Koch¬ 
flaschen abgewogen worden; diesen wurde je 100 Ccm. Pansenflüssigkeit zugo- 
setzt, untermischt durch Schütteln, und zur fünftägigen Digestion in den Brüt¬ 
ofen gestellt. Täglich einmal wurden die Flaschen aus dem Brütofen gehoben, 
umgeschüttelt und mikroskopische Untersuchung des Saftes vorgenommen. 


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Celluloseverdauung. 


179 


Mikrococcen und Bacterien fanden sich darin, in dem nicht mit Glycerin 
vermischten Saft auch am 4. Tage Hefe und Stabhefezellen; der mit Glycerin 
versetzte Saft war frei davon. 

Analytische Belege und Resultate. 

Trockensubstanz- und Rohfasergehalt im Grase : 

19,646 Grm. Gras enthalten 3,910 Grm. Trockensubstanz = 19,90 pCt. 
10,789 - - - 2,116 - - = 19,61 - 

Mittel 19,75 pCt. Trockensubstanz. 

19,646 Grm. Gras enth. 0,764 Grm. aschen- u. N-freie Rohfaser = 3,90 pCt. 
10,789 - - - 0,450 - ... = 4,17 - 

Mittel 4,0 pCt. Faser. 

Trockensubstanz- und Rohfasergehalt der Digestionsrückstände: 

Gras Trockenrückstand 

a) 12,395 Grm. mit Pansensaft-j-Glycerin . . 1,334 Grm. = 10,76 pCt. 

b) 15,027 - - Pansensaft .. 1,428 - = 9,50 - 

c) 14,547 - - - 1.338 - = 9,13 - 

Gras aschen- u. N-fr. Rohfaser 

a) 12,395 Grm. mit Pansensaft-j-Glycerin . . 0,463 Grm. — 3,74 pCt. 

b) 15,027 - - Pansensaft. 0,541 - = 3,60 - 

c) 14,546 - - - 0,500 - = 3,43 - 

a) 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten 19,75 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit Pansensaft 

-j-Glycerin.10,76 

gelöst von dem Pansensaft -f- Glycerin 8.99 pCt. Trockensubst. 
100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . . 4,00 pCt. Rohfaser, 
100 - - nach der Digest, mit Pansensaft -f- Glyc. 3,74 - 

Differenz 0,26 

b) 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten 19,75 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit Pansensaft 9,50 

gelöst durch Pansensaft 10,25 pCt. Trockensubst. 
100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . . 4.00 pCt. Rohfaser, 

100 - - nach der Digestion mit Pansensaft . . 3.60 

- Differenz 0,40 pCt. Rohfaser. 

c) 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten 19,75 pCt. Trockensubst. 

100 - nach der Digestion mit Pansensaft 9,13 - 

gelöst durch Pansensaft 10,62 pCt. Trockensubst. 
100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . . 4,00 pCt. Rohfaser, 

100 - - nach der Digestion mit Pansensaft . . 3.43 

Differenz 0,57 pCt. Rohfaser. 

Resultat. Sämmtliche Werthe, auf Gras-Trockensubstanz be¬ 
zogen: Von 100 Theilen Trockensubstanz im Grase sind durch Pan- 


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180 


HOFMEISTER. 


senfliissigkcit gelöst 45,5, 51,9 und 53,7 pCt.; von 100 Theilen Roh¬ 
faser des Grases 16,5, 10,0 und 14,2 pCt. 

Gegenüber von Versuch 1 und 2 fallen hier schon die weit ge¬ 
ringeren, durch Pansenflüssigkeit löslich gewordenen Mengen an 
Trockensubstanz auf: dort wurden durchschnittlich 79 pCt. davon 
gelöst, hier nur 50,4 pCt. 

Veschwindend klein sind aber die Mengen gelöster Rohfaser: 
durchschnittlich nur 10,2 pCt. Diese Menge ist so gering, dass sie 
einfach in die Fehlergrenzen fallt, welche das analytische Verfahren 
herbeiführen kann, worauf schon hingewiesen ist. 

Dieses negative Resultat: ist es bedingt durch den missglückten 
Versuch einer Reindarstellung der Pansenflüssigkeit, wobei die Fähig¬ 
keit, Rohfaser zu lösen, verloren gegangen? 

Hierüber werden die weiteren Versuche Klarheit bringen. 

4. Versuch. 

Am 19. Juli früh Morgens wurde Gras gehauen, drei Portionen davon zur 
Digestion in tarirte Kochflaschen und zwei Portionen zur Analyse abgewogen. 

Am nämlichen Tage führte Herr Prof. Siedamgrotzky den Schlund- 
schnitt beim Schafe aus; dabei wurde in wenigen Stunden eine ziemlich be¬ 
trächtliche Menge eines fast wasserklaren, schwach fadenziehenden, alkalisch 
reagirenden, gemischten Speichels gewonnen, der Kleister schnell in Zucker 
überführte. 

Hierauf wurde das Thier getödtet. Anderntags wurden die Ohrspeichel¬ 
drüsen und Unterkieferdrüsen herauspräparirt; diese Drüsen, getrennt von 
einander, mit Scheere und Wiegemesser zerkleinert und im Mörser zerrieben, 
dann in verschliessbaren Cylindern mit Wasser tüchtig durchgeschüttelt, nach 
einigen Stunden auf Seihtücher gegeben und durchgeseiht. Extracte rea- 
giren sauer. 

Mit gemischtem Speichel wurde Grasportion No. 1, mit Ohrspeichel- 
drüscnextract No. 2. mit Unterkieferdrüsenextract No. 3 in dem Brüt¬ 
ofen fünftägig digerirt, täglich einmal umgeschüttelt. 

Die weitere Untersuchung der Digestionsrückstände ergab folgende 

analytischen Belege und Resultate. 

Trockensubstanz und Rohfasergehalt im Grase: 

15,184 Grm. Gras enthalten . . 2,343 Grm. Trockensubstanz = 15,4 pCt. 

20.733 - - . . 3,677 - - == 17,7 - 

Mittel 16,5 pCt. Trockensubstanz. 

15,184 Grm. Gras enth. 0,527 Grm. aschon- u. N-freie Rohfaser = 3,47 pCt- 

20.733 - - - 0,769 .= 3,70 - 

Mittel 3.58 pCt. Faser. 


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Celluloseverdauung. 


181 


Trockensubstanz und Roh fasergeh alt in den Digestionsrückständen: 


Gras Trockensubst. Trockentückst. 

1. 19.559 Grm. mit gemischtem Speichel . . . 0,974 Grm. = 4,98 pCt. 

2. 19,753 - - Obrspeicheldrüsenextract . 1,900 - = 9,69 - 

3. 20.877 - - Unterkieferdrüsenextract . 1,748 - = 8,37 

Gras aschen-u.N-fr. Rohf. Faser 

1. 19,559 Grm. mit gemischtem Speichel . . . 0,131 Grm. = 0,70 pCt. 

2. 19,753 - - Ohrspeicbeldrüsenextract . 0,419 - =2,12 - 

3. 20,877 - - Unterkieferdrüsenextract . 0,612 - = 2,93 

1. 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . 16,5 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit gemischtem 

Speichel. 4,98 - 

nach der Digestion weniger 11,52 pCt.Trockensubst. 
100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten .... 3,58 pCt. Faser 
100 - - nach der Digest, mit gemischtem Speichel . 0,70 - 

nach der Digestion weniger 2,88 pCt. Faser 

2. 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . 16,5 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit Ohrspeichel- 


drüsenextract. .9,65 - 

nach der Digestion weniger 6,85 pCt. Trockensubst. 

100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten .... 3,58 pCt. Faser 
100 - - nach derDigest. mitOhrspeicheldrüsenextract 2,12 - 

nach der Digestion weniger 1,46 pCt. Faser 

3. 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . 16,5 pCt. Trockensubst. 
100 - - nach der Digestion mit Unterkiefer¬ 
drüsenextract . 8,37 - 

nach der Digestion weniger 8,13 pCt. Trockensubst. 

100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten .... 3,58 pCt. Faser 

100 - - nach der Digest. mitUnterkieferdrüsenextract 2,93 

nach der Digestion weniger 0,65 pCt. Faser. 

Resultat. Von 100 Theilen Trockensubstanz sind durch ge¬ 
mischten Speichel 70,4 pCt., durch Ohrspeicheldrüsenextract 41,5 pCt., 
durch Unterkieferdrüsenextract 49,2 pCt. Trockensubstanz gelöst; von 
100 Theilen Rohfaser sind durch gemischten Speichel 80,4 pCt., durch 
Ohrspeicheldrüsenextract 40,8 pCt., durch Unterkieferdrüsenextract 
18,1 pCt. Faser gelöst. 


5. Versuch. 

Nachdem Herr Prof. Siedamgrotzky am 8. October wiederum bei einem 
Schafe den Schlundschnitt ausgeführt, wurde so viel klarer, alkalisch reagirender, 
Kleister schnoll und kräftig in Zucker überführender, gemischter Speichel 


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HOFMEISTER, 


gewonnen, dass zwei Portionen gewogener, frisch gehauener Grasmengen damit 
gemischt und im Brütofen digerirt werden konnten. 

Nach dem Schlachten des Thieres wurden die Unterzungenspeichel¬ 
drüsen demselben entnommen, diese in der im Versuch 4 angegebenen Weise 
mit Wasser extrahirt und mit dem sauer reagirenden Speichelauszug eine dritte 
Portion Gras digerirt. 

Analytische Belege und Resultate. 

Trockensubstanz und Rohfasergehalt im Grase: 

20,131 Grm. Gras enthalten . . 4,223 pCt. Trockensubstanz = 20,95 pCt. 

12,662 - - . . 2,685 - - = 21.20 - 

Mittel 21,08 pCt. Trockensubstanz. 

20,131 Grm. Gras enth. 0,779 Grm. aschen- u. N-freie Rohfaser = 3,87 pCt. 

12,662 - - - 0,482 .= 3,81 - 

Mittel 3,84 pCt. Faser. 

Trockensubstanz und Rohfasergehalt der Digestionsrückstände: 

Gras Trockensubst. Trockenrückst. 

1. 19,203 Grm. mit gemischtem Speichel . . . 1,668 Grm. = 8,68 pCt. 

2. 22,196 - - . . . 2,331 - = 10,50 - 

3. 20,860 - - Unterzungendrüsenspeichel. 2,563 - = 12,29 - 

Gras aschenfreie Rohfaser Faser 

1. 19,203 Grm. mit gemischtem Speichel . . . 0,204 Grm. = 1,06 pCt. 

2. 22,196 - - - . . . 0,366 - = 1,64 - 

3. 20,860 - - Unterzungendrüsenspeichel. 0,670 - = 3,21 

1. 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . 21,1 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit gemischtem 

Speichel. 8,7 

nach der Digestion weniger 12,4 pCt. Trockensubst. 

100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . . . 3,84 pCt. Rohfaser 
100 - - nach der Digest, mit gemischtem Speichel 1,06 

nach der Digestion weniger 2,78 pCt. Rohfaser 

2. 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . 21,1 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit gemischtem 

Speichel.10,5 

nach der Digestion weniger 10,6 pCt. Trockensubst. 

100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten .... 3,84 pCt. Faser 

100 - - nach der Digestion mit gemischtem Speichel 1,64 

nach der Digestion weniger 2,20 pCt. Faser 

3. 100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten . 21,1 pCt. Trockensubst. 

100 - - nach der Digestion mit Unterzungen¬ 
drüsenspeichel .12,3 

nach der Digestion weniger 8,8 pCt. Trockensubst. 


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Celluloseverdauung. 


183 


100 Th. Gras im natürlichen Zustande enthalten .... 3,84 pCt. Faser 
100 - - nach der Digestion mit Unterzungendrüsen¬ 
speichel .3,21 

nach der Digestion weniger 0,63 pCt. Faser. 

Resultat. Von 100 Theilen Gras-Trockensubstanz sind durch 
gemischten Speichel 58,7 und 50,0 pCt., durch Unterzungendrüsen¬ 
speichel 41,7 pCt. gelöst; von 100 Theilen Rohfaser sind durch ge¬ 
mischten Speichel 72,4 und 57,3 pCt., durch Unterzungendrüsen¬ 
speichel 16,4 pCt. gelöst. 

Ueberblicken wir jetzt die Resultate der fünf aufgeführten Ver¬ 
suche, so ist zunächst darauf zu verweisen, dass zu denselben stets 
Gras im natürlichen Zustande Verwendung fand, welches, seines Ge¬ 
haltes an Rohfasern anlangend, wesentlich gleich war (Juni 2,5 pCt., 
Juli 4,0 und 3,6 pCt., October 3,87 pCt. Rohfaser) und in welchem 
der Gehalt an Trockensubstanz mit der Jahreszeit zunahm (Juni 12,4 
pCt., Juli 16,5 und 19,75 pCt., October 21,1 pCt.). Auf dieses Gras 
influirten nun Verdauungssäfte nicht gleicher Art; einestheils besassen 
sie ihre ganze natürliche Beschaffenheit, indem sie entweder unmittel¬ 
bar nach dem Tode dem Schafe oder auch dem lebenden Thiere ent¬ 
nommen waren und sofort zur Verwendung kamen, anderntheils hatte 
man es mit Flüssigkeiten zu thun, die, mehr künstlich präprarirt 
und gereinigt, aus den Speicheldrüsen erst durch Zerkleinern derselben 
und Extrahiren mit Wasser gewonnen waren. Es lässt sich nun sehr 
deutlich nachweisen, dass diese künstliche Zubereitung stets schädigend 
auf ihre Wirksamkeit influirte, sofern man die grössere oder geringere 
Löslichkeit der Gras-Trockensubstanz oder Rohfaser darin als Mass¬ 
stab dafür annehmen darf, wie folgende Aufstellung zeigt. 

Künstlich präparirte und gereinigte Verdauungsflüssigkeiten lösen: 
an Gras-Trockensubstanz: 


Versuch 5. durch Unterkieferspeichel .... 41,7 pCt. 
4. - .... 49,2 - 

- Ohrspeichel.41,5 - 

3. - gereinigten Pansensaft ... 45,5 

. . . 51,9 - 

. . . 53,7 - 

2, - Jauche.58,0 - 

an Rohfaser: 

Versuch 5. durch Unterkieferspeichel .... 16,4 pCt. 
- 4 . - - .... 18,1 - 

- Ohrspeichel.40,8 - 


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184 


HOFMEISTER, 


Versuch 3. durch gereinigten Pansensaft . . . 6,5 pCt. 

. . . 10,0 - 

. . . 14,2 - 

2. - Jauche. 3,5 

Verdauungsflüssigkeiten im natürlichen Zustande lösen: 
an Gras-Trockensubstanz: 


Versuch 5. durch gemischten Speichel .... 58,7 pCt. 

. . . 50,0 - 

- 4. - - - ... 70,4 - 

2. - Pansensaft.75,8 

1. - - .82,3 - 

an Rohfaser: 

Versuch 5. durch gemischten Speichel .... 72,4 pCt. 

. . . 57,3 - 

- 4. - - - ... 80,4 - 

2. - Pansensaft.78,8 - 

1. - - .78,4 - 


Die Unterschiede liegen auf der Hand und aus ihrer Uebereinstim- 
mung geht hervor, dass sie nicht durch ein Spiel des Zufalls oder 
durch Fehler der Analyse entstanden sein können, sondern in der 
That durch die Verschiedenartigkeit der angewandten Verdauungsflüs¬ 
sigkeiten bedingt sind. 

Dann lässt sich aber aus der Aufstellung der Resultate weiter 
folgern, dass die Rohfaser der Gräser in den Verdauungs¬ 
flüssigkeiten, Pansenflüssigkeit, wie gemischtem Speichel 
vom Schaf löslich wird, und zwar in hohem Grade, bis zu 
80 pCt., sofern diese Flüssigkeiten ihre natürliche Beschaffenheit 
behalten haben. Pansenflüssigkeit und gemischter Speichel verhalten 
sich in dieser Beziehung fast gleich. 

Vielleicht gelingt es, durch die nächstfolgenden Versuche noch 
weitere Belege dafür zu erbringen. 

Diese sind mit Wiesenheu und daraus dargestellter Rohfaser 
angestellt. Gleichzeitig war man beflissen, eine besondere Methode 
der Reindarstellung der Verdauungsflüssigkeiten zu gewinnen. Das 
Nähere darüber ist wiederum jedem Versuche vorausgeschickt. 

6. Versuch 

mit Wiesenheu und Pansenflüssigkeit vom Schaf. 

Zur Verwendung kam Wiesenheu im lufttrocknen Zustande, auf das 
Feinste vermittelst Mühle und Sieb zerkleinert. Von diesem wurden drei Por- 


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Celluloseverdauung. 


185 


tionen zur Bestimmung des Trockeusubstanzgehalts bei 110° C. und des Roh¬ 
fasergehalts abgewogen, gleichzeitig vier weitere Portionen in zwei kleinere und 
zwei grossere tarirte Kochflaschen zur Digestion mit Schafpansen fl üssigkeit 
und destillirtem Wasser itn Brütofen bei 37 0 C. 

Diese Pansenflüssigkeit wurde diesmal in der Weise gewonnen, dass man 
unmittelbar nach Tödtung des Thieres den Pansen nach Abschnürung seiner Zu- 
und Ausgänge aus der Bauchhöhle herausnahm, in das gut erwärmte Labora¬ 
torium trug, hier öffnete und zunächst den Panseninhalt in Seihtücher schlug 
und den flüssigen Theil abpresste. Die ausgepresste, noch stark mit festen Be- 
standtheilen des Panseninhalts verunreinigte Flüssigkeit wurde jetzt in Glas- 
cylinder, welche in das auf 37 0 C. erwärmte Wasserbad eingesenkt waren, durch 
grobes Filtrirpapier abfiltrirt; es ist hierzu ein fortlaufender Filterwechsel noth- 
wendig, weil die Filtration nach Ablauf einer geringen Menge der Flüssigkeit 
stockt und erst auf frischen Filtern wieder in Gang kommt; auf etliche 20—30 
und noch mehr Filter darf es hierbei nicht ankommen. In dieser Weise war es 
möglich, im Verlauf einer Stunde 550 Ccm. filtrirte, von allen festen Stoffen 
freie, reine Pansenflüssigkeit zu gewinnen. 

Diese stellte eine trübe, gelblich braun gefärbte Flüssigkeit dar (spec. Gew. 
1,006) von neutraler, bis ganz schwach alkalischer Reaction. enthielt noch 
lebende Infusorien (woran sie im frischen Zustande bekanntlich sehr reich ist). 
An sich gab sie keine Zuckerreaction, aber Stärkekleister hatte 
sie nach Verlauf von 24 Stunden nach der Digestion damit im Brütofen sehr 
reichlich in Zucker übergeführt, ein Resultat, welches auch bei weiteren 
Versuchen als massgebend dafür angenommen wird, ob die Pansenflüssigkeit noch 
wirksam geblieben und ein Erfolg zu erwarten ist oder nicht 1 ). 

100 Ccm. der filtrirten Pansenflüssigkeit hinterliessen 1,82 pCt. Trocken¬ 
rückstand. 

Nach 24 Stunden, bei 37° C. aufbewahrt, zeigte dieser nur noch verein¬ 
zelte lebende Infusorien, nach 48 Stunden keine lebenden mehr. 

Die in den Kochflaschen befindlichen Heumengen wurden mit einer kleinen 
Menge lauwarmen Wassers eingeweicht, dann 

2 Portionen Heu mit je 140 Ccm. Pansenflüssigkeit 
1 Portion - 190 - 

1 - - - 190 - Aqua destillata 

untermischt, in dem Brütofen einer fünftägigen Digestion unter täglich einmali¬ 
gem Umschütteln überlassen. Der ganze Process, vom Schlachten des Thieres 
bis zum Einstellen der mit Heu, Pansenflüssigkeit und Aq. dest. beschickten 
Flaschen in den Brütofen, beanspruchte noch nicht 2 Stunden Zeit. 

Die mit destillirtem Wasser in den Brütofen eingestellte Heuportion sollte 
als Controle der mit Pansenflüssigkeit digerirenden dienen; einmal wollte man 
durch diese ermitteln, wie viel an Heusubstanz überhaupt unter ganz gleichen 
Verhältnissen durch Wasser und wie viel durch Pansenflüssigkeit löslich werde, 


! ) Dieser Zuckern ach weis gelingt am besten nach dem von Hoppe-Seyler 
angegebenen Verfahren. Handbuch der phys.-pathol. ehern. Analyse. 3. Aufl. 
S. 109. 

Archiv f. wisseosch. uud prakt. Thlerheilk. VIL 3 . 13 


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186 


HOFMEISTER, 


und dann, wie sich der Rohfasergehalt in dem mit Pansenflüssigkeit und 
Wasser digerirten Heu herausstelle. Da bekanntlich Wasser Rohfaser nicht löst, 
so sollte man meinen, müsse sich, wenn Pansenflüssigkeit diese löst, ein bemerk¬ 
barer Unterschied zwischen den restirenden Roh fasermengen herausstellen. 

Nach beendeter Digestion wurde das Heu von der Pansenflüssigkeit und 
Wasser durch Filtration und Auswaschen mit heissem Wasser so weit als möglich 
befreit, die ausgewaschenen Mengen in tarirte Schalen übergeführt und darin 
getrocknet und gewogen. 

In den Trockenrückständen wurde alsdann der Rohfasergehalt in bekannter 
Weise ermittelt. 


Analytische Belege und Resultate. 

Gehalt des lufttrockenen Wiesenheus an Trockensubstanz und aschen- 
und N-freier Rohfaser: 

4,517 Grm. Heu 4,* 05 Grm. Trockens. bei 110° C. = 88,7 pCt. Trockens. 
4,355 - - 3,883 - = 89,2 - 

4,593 - - 4,080 - = 88,8 - 

Mittel 88,9 pCt. Trockensubstanz. 

4,005 Grm. Trockensubstanz .1,148 Grm. Rohfaser =r 28,G6 pCt. 

3,883 - - . 1,026 - - = 26,42 - 

Mittel 27,54 pCt. Rohfaser. 

Nach der Digestion mit Pansenflüssigkeit und Aq. dest. rückständig blei¬ 
benden Trockensubstanzen und aschen- und N-freier Rohfasern aus luft¬ 
trocken gewogenen Wiesenheumengen mit berechneter Trockensubstanz: 
lufttr. Heu Trockensubst. Pansenflüssigk. Trockenrückst. 


a) 4,065 Grm. mit 3,614 Grm. nach der Dig. mit 140 Ccm. 

2,556 Grm. 

b) 3,892 - 

- 3,460 - ... 

- 140 - 

2,359 - 

c) 3,900 - 

- 3,467 - ... 

- 190 - 

2,311 - 



Aqua destillata 

d) 4,662 - 

- 4,144 .... 

190 Ccm. 

3,086 - 

Trockensubst. 


Rohfaser 


a) 3,614 Grm. (mit 140 Ccm. Pansenfl.) . . 

. . 0,735 Grm. 

= 20,33 pCt. 

b) 3,460 - ( 

- 140 - - ) . . 

. . 0,729 - 

= 21,06 - 

c) 3,467 - ( 

- 190 - - ) . . 

. . 0,651 - 

= 18,77 - 

d) 4,144 - ( 

- 190 - Aq. dest.) . . 

. . 1,076 - 

= 26,00 - 

Zieht man 

die nach der Digestion verbleibenden Heu-Trockenrückstände 


von den zur Digestion benutzten Heu-Trockensubstanzen ab, so erfährt man das 
Quantum der durch Pansenflüssigkeit und Aq. dest. gelösten Menge der Heu- 
Trockensubstanz. 

Durch*Pansenflüssigkeit gelöst: 

a) 140 Ccm. b) 140 Ccm. c) 190 Ccm. 

3,614Grm. tr. Heu 3,460Grm. tr. Heu 3,467Grm. tr. Heu 
2,556 - Rückstand 2,359 - Rückstand 2,311 - Rückstand 
1,058 Grm. Trockensubst. 1,101 Grm. Trockensubst. 1,156 Grm. Trockensubst. 
29,28 pCt. 31,82 pCt. 33,34 pCt. 


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Celluloseverdauung. 


187 


Durch Aqua destillata gelöst: 

d) 190 Ccm. 

4,144 Grm. tr. Heu N 

3,086 - Rückstand 

1,058 Grm. Trockensubst. 

25,53 pCt. 

Es folgt hieraus, dass vom Aq. dest. in maximo 7,8 pCt. 
weniger an Heusubstanz gelöst wurde, als von der Pansenflüssigkeit, 
und dass diese um so mehr davon löste, in je grösserer Menge sie 
darauf influirte. 

Bezüglich der in den Trockenrückständen wiedergefundenen Roh-’ 
fas er zeigt die Untersuchung, dass die mit Pansenflüssigkeit behan¬ 
delten Heumengen nur noch 20,33, 21,06 und 18,77 pCt. Rohfaser 
enthalten, während der Gehalt davon im Wiesenheu durchschnittlich 
27,54 pCt. beträgt; es sind somit durch Pansenflüssigkeit 7,21, 6,48 
und 8,77 pCt. Rohfaser (7,5 pCt. im Durchschnitt) gelöst worden 
und in Uebereinstimmung mit den durch Pansenflüssigkeit gelösten 
Mengen an Trockensubstanz hat die grössere Menge Pansenflüssig¬ 
keit auch die grössere Menge an Rohfaser gelöst. 

Das destillirte Wasser hat, wie das nicht anders sein konnte, die 
Rohfaser im Heu intact gelassen; im Trockenrückstand finden sich 
26,0 pCt. Rohfaser, welche Menge fast absolut genau mit dem Ge¬ 
halt des Wiesenheus davon übereinstimmt (26,4 pCt. nach der 
zweiten Analyse). Der durch Wasser überhaupt gelöste Theil des 
Wiesenheus stand um 7,8 pCt. dem durch Pansenflüssigkeit gelösten 
Antheilnach; das Plus, durch Pansenflüssigkeit gelöst, fallt aber wie¬ 
derum fast absolut genau mit dem Minus der nach der Digestion mit 
Pansenflüssigkeit im Heu wiedergefundenen Rohfaser zusammen, durch¬ 
schnittlich 7,5 pCt.. Es geht hieraus wohl mit aller Sicher¬ 
heit hervor, dass Rohfaser im Wiesenheu durch Pansenflüs¬ 
sigkeit gelöst wird, und zwar gelangten von 100 Theilen Roh¬ 
faser 26,2, 23,2 und 31,6 pCt., im Durchschnitt 27,0 pCt. zur 
Lösung. 


7. Versuch 

mit Pansenflüssigkeit vom Schaf und unter Wasser aufbewahrter 
Rohfaser aus Wiesenheu. 

Bei diesem Versuch sollte Schafpansenflüssigkeit auf Rohfaser direct 
ein wirken. Ihre Bereitung geschah aus frischem Grase, welches ganz luft¬ 
trocken gemacht wurde und in diesem Zustande der successiven Digestion mit 

13* 


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188 


HOFMEISTER. 


3procentiger Schwefelsäure und 3procentiger Natronlauge so lange unterlag, bis 
die rückständige Rohfaser wenig gefärbt mehr erschien. Behandlung der Faser 
mit Alkohol und Aether unterblieb in diesem Falle absichtlich, weil der 
Versuchsansteller sich von der Ansicht nicht frei machen konnte, dass die mit 
diesen Agentien behandelte rückständige Faser jedesmal härter und gedrungener, 
für Verdauungssäfte also weniger zugänglich erscheine, als ohne diese. Die nach 
der Digestion mit Säure und Alkali restirende Faser stellt sich als ausserordent¬ 
lich zart und weich dar. namentlich unter Wasser aufbewahrt und nicht erst ge¬ 
trocknet. Da der Versuch damit erst nach Monaten ihrer Darstellung angestellt 
werden konnte, so blieb sie denn bis dahin auch unter Wasser, was eigentlich 
nur zu weiterer Erweichung der Faser beitragen konnte. Das Wasser, worin sie 
so lange und zwar in den Sommermonaten lagerte, roch nicht faulig, war ganz 
klar, reagirte sauer, enthielt Infusorien (Monaden) und vereinzelte Hefezellen und 
konnte darin schwache Zuckerreaction nachgewiesen werden. 

Unmittelbar vor Beginn des Versuchs wurde die Faser vom Wasser durch 
Abheben und Abpressen so viel als möglich befreit und von dieser im feucht¬ 
nassen Zustande ohne Verzug 6 Portionen abgewogen. In zweien davon wurde 
der Trockengehalt der Rohfaser bei 110° C. bestimmt. 

Die vier anderen Portionen befanden sich in tarirten Kochflaschen, von 
denen drei mit gemessenen Mengen Pansenflüssigkeit und eine nur mit destillir- 
tem Wasser gemengt der Digestion im Brütofen 5 Tage lang unter täglich ein¬ 
maliger Herausnahme und Umschütteln überlassen blieben. 

Der Gehalt dieser 4 Portionen Faser an Trockensubstanz wurde pro¬ 
portional dem in den zwei dazu besonders bestimmten Portionen Rohfaser und 
darin gefundenen Trockensubstanzgehalt berechnet. 

Die 4. Rohfaserportion anlangend, welche mit destillirtem Wasser im Brüt¬ 
ofen stand, so war diese einmal zu einer nochmaligen Bestimmung des Ge¬ 
halts der Faser an Trockensubstanz bestimmt, dann zur Messung der aus ihr 
durch Digestion mit Säure, Alkali, Alkohol noch weiter gelöst werdenden Be- 
standtheile. 

Wir haben es zwar hier mit Rohfaser selbst zu thun, die, wenn sie aus 
reiner Cellulose bestände, nichts mehr an jene Agentien abgeben würde, da Cel¬ 
lulose darin unlöslich ist. Die Rohfaser ist aber nicht rein, daher ihr Name, 
sondern enthält noch andere, incrustirte Bestandthoile, die von den Agentien 
noch theilweise gelöst werden. Wenn nun auch diese Stoffe nicht eben in grosser 
Menge in der Rohfaser enthalten sind und daraus gelöst werden, wie dies die nur 
schwach gelb bis bräunlich gefärbten Säure-, Alkali- und Alkoholauszüge der 
Rohfaser erkennen lassen-(bei Darstellung der Rohfaser aus Heu sind diese Aus¬ 
züge tief gelb und tief dunkelbraun bis zur Undurchsichtigkeit gefärbt), so sind 
es doch messbare Grössen, ausgesprochen durch die nachher restirenden gerin¬ 
geren Mengen an Faser. 

Bei absolut gleicher Behandlungsweise der im Brütofen mit und ohne 
Verdauungsflüssigkeiten digerirten Rohfasermengen mit Säure, Alkali und Alkohol 
wird das Deficit, welches sie durch die Agentien erleiden, ein ihrer Menge ent¬ 
sprechendes, verhältnissmässig gleiches sein — von dieser Voraussetzung ging 
man aus; das noch grössere Deficit, das etwa die mit Pansenflüssigkeit beban- 


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Celluloseverdauung. 


180 


delien Roh fasermengen der nur mit Wasser digerirten gegenüber aufweisen, ist 
dann durch den Einfluss der Pansenflüssigkeit bedingt, welcher noch weitere 
Stoffe der Rohfaser löslich machte oder doch in einen Zustand überführte, dass 
sie alsdann in Säuren, Alkalien etc. löslich wurden. Dass nun diese gelösten 
Stoffe Cellulose selbst seien, dies glaubte man mit derselben Berechtigung an¬ 
nehmen zu dürfen, mit welcher bei natürlichen Verdauungsversuchen von ver¬ 
dauter, löslich gewordener Cellulose im Thierleibe gesprochen wird; denn das 
Deficit, welches besteht zwischen analytisch bestimmter Rohfasermenge im Futter 
und derselben in der mit den Excrementen ausgeschiedenen, wird ebenfalls als 
in den Verdauungssäften des Verdauungscanals löslich gewordener, verdauter 
Antheil der Rohfaser, d. i. Cellulose, angesehen und mit vollem Rechte, seitdem 
Henneberg, Stohmann, Kühn und andere Forscher exact den elementar¬ 
analytischen Beweis dafür lieferten, dass das, was von der Rohfaser auf diesem 
Wege zur Lösung kommt, in der That Cellulose, C 6 fI 10 O 3 , ist. 

Nach dem günstigen Erfolge mit Schafpansen fl üssigkeit in dem vor¬ 
hergehenden Versuch G, wie er daselbst gewonnen und wirksam erhalten worden 
war, wurde derselbe hier ganz genau, wie dort ausführlich beschrieben, dem eben 
geschlachteten Thiere entnommen, filtrirt und seine dauernde Wirksamkeit bezüg¬ 
lich seiner Fähigkeit, gekochte Stärke in Zucker umzuwandeln, während 
der Zeit seiner Verwendung Tag für Tag controlirt. 

Nach beendeter Digestion im Brütofen wurde eine Trennung der Pansen¬ 
flüssigkeit von der Rohfaser durch Filtration und Waschen nicht vorgenommen, 
sondern die Rohfaser mit dem Saft ohne Verlust aus den Kochflaschen in Porzel¬ 
lanschalen übergeführt, auf Wasserbad darin eingedampft und getrocknet, dann 
die getrockneten Rückstände mit Hülfe eines Messers und kochenden Wassers von 
den Wänden der Schale gelöst, gelockert und zerkleinert und sc’.iliesslich der 
bekannten 2ständigen successiven Digestion mit 3 procentiger Schwefelsäure, 
3procentiger Natronlauge und 85—90procentigem Alkohol auf kochendem Was¬ 
serbade unterworfen. 

Die Trennung der Pansenflüssigkeit von der Faser unmittelbar nach Ent¬ 
nahme aus dem Brütofon unterblieb, weil diese Manipulation immer zeitraubend 
ist und weil bei natürlichen Verdauungsversuchen dasselbe Princip befolgt wird. 
Die Rohfaser des Heus, Strohs etc., welche beim Schaf, Rind, Pferd etc. den 
Verdauungstract durchwandelt und mit den Excrementen ausgesohieden wird, 
lässt sich auch nicht von den ihr anhaftenden Verdauungs- und anderen Säften 
trennen, sondern wird mit diesen getrocknet, ehe ihre analytische Bestimmung 
erfolgt. Es ist sicher, dass der grösste Theil der ihr anhaftenden Säfte durch 
die dabei verwendeten Agentien zur Lösung und Abscheidung kommt; denn eine 
Pansonflüssigkeit, wie sie hier zur Verwendung kam, führt nur wenig feste Be¬ 
standteile, in Form von eiweissartigen Stoffen etwa, ein, denn ihr spec. Gewicht 
war auch diesmal ein sehr niedriges: 1,0075. 100 Theile dieser Flüssigkeit 

hinterliessen 1,531 Grm. Trockensubstanz, die dann bis auf unwägbare, unge¬ 
löst bleibende Spuren durch successive Behandlung mit 3 procentiger Schwefel¬ 
säure, 3 procentiger Natronlauge und Alkohol aufgelöst wurden. 


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190 


HOFMEISTER, 


Analytische Belege und Resultate. 

Gehalt der ausgepressten Rohfaser an Trockensubstanz: 

Trockens.bei 110°C. 


10,556 Grm. ausgepresste Faser. 1.510 Grm. = 14,30 pCt. 

28,790 - - - . 3,196 - = 11,10 - 

10,185 - (d) im Brutofen mit Aq. dest. 1,221 - = 12,00 - 

Mittel 12,5 pCt. Trockensubstanz. 


Hiernach berechneter Trockensubstanzgehalt der ausgepresst gewogenen, 
zur Digestion mit Pansenflüssigkeit benutzten Rohfaser: 

a) 13,232 Grm. ausgepr. Faser = 1,654 Grm. Trockens. 

b) 27,457 = 3,432 - 

c) 40,480 - = 5,060 - 

Nach der Digestion im Brutofen etc.: 

a) 1,654 Grm.tr. Rohfas. mit200 Ccm. Pansenfl. etc. =0,379 Grm. Trockenrückst. 


b) 3,432 - - 

- - 170 - 

- =1,331 

c) 5,060 - - 

- - 250 - 

- =1,797 

d) 1,221 - - 

- - 200 - 

Aq. dest, =0,762 


Darnach mittelst Differenzrechnung durch Pansenflüssigkeit und Aq. dest. 
an Rohfaser gelöste Menge: 

Durch Pansenflüssigkeit gelöst: 

a) 200 Ccm. b) 170 Ccm. c) 250 Ccm. 
vor der Digestion: 1,654 Grm. Faser 3,432 Grm. Faser 5,060 Grm. Faser 

nach - 0,379 - 1,331 - 1,797 - 

1,275 Grm. Faser 2,101 Grm. Faser 3,263 Grm. Faser 
77,1 pCt. 61,2 pCt. 64,8 pCt. 

Durch Aqua destillata gelöst: 

d) 200 Ccm. 

vor der Digestion: 1,221 Grm. Faser 

nach - - 0,762 . 

0,459 Grm. Faser 
37,6 pCt. 

Die mit Aq. dest. behandelte Rohfaser erlitt den geringsten Ver¬ 
lust von 37,6 pCt., jene mit Pansenflüssigkeit behandelte einen durch¬ 
schnittlich um 30 pCt. grösseren; denn 67,7 pCt. wurden durch 
Pansenflüssigkeit aus der Rohfaser ausgelöst. 

Das ist denn doch ein Unterschied, der in die Augen fällt und 
cs nicht weiter in Zweifel stellt, dass die Pansenflüssigkeit eine lös¬ 
lich machende Wirkung auf Rohfaser, also Cellulose, äussert, während 
diese vom Aq. dest. unberührt bleibt. Eine weitere Stütze dürfte das 
Resultat darin finden, dass die grössere Löslichkeit der Cellulose mit 
der grösseren Menge darauf einwirkender Pansenflüssigkeit Hand in 
Hand geht. 


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Celluloseverdauung. 


191 


8. Versuch 

mit Pansenflüssigkeit vom Schaf und lufttrockener Rohfaser aus 

Wiesen heu. 

Dieser Versuch ist wie der vorhergehende durchgeführt, nur mit dem Unter¬ 
schiede, dass zwar eine auf ganz gleiche Weise wie dort dargestellte Rohfaser 
zur Verwendung kam, diese aber nicht im feuohten, sondern im lufttrockenen 
Zustande. Man bestimmte ihren Trockensubstanzgehalt bei 110 0 C. und ermit¬ 
telte auch den Verlust, den die trockene Rohfaser nun noch weiter durch succes- 
sive Behandlung mit 3 procentiger Schwefelsäure, 3 procentiger Natronlauge und 
Alkohol erleidet. Dies geschah, um weiterhin in Erfahrung zu bringen, ob die 
vorher mit destillirtem Wasser im Brütofen digerirte Rohfaser durch genannte 
Agentien einen noch stärkeren Verlust erleidet als jene, ob dieser annähernd 
gleichkommt dem mit Pansenflüssigkeit digerirter und dann in gleicher Weise 
behandelter Rohfaser; denn auch hier wurden den drei mit Pansenflüssigkeit 
untermischten und in den Brutofen zur 5 tägigen Digestion damit eingestellten 
Portionen Rohfaser eine Portion lufttrocken gewogener Rohfaser mit destillirtem 
Wasser beigesellt. 

Nach dem gefundenen Trockensubstanzgehalt der lufttrocken abgewogenen, 
zur Digestion bestimmten Rohfaser ist der Trockengehalt dieser berechnet. 

Analytische Belege und Resultate. 

Gehalt der lufttrockenen Rohfaser an Trockensubstanz: 

2,619 Grm. lufttr. Faser 2,431 Grm. Trockensubst, hei 110°C. = 92,8 pCt. 
4,672 - - - 4.318 - ... = 92,4 - 

Mittel 92,6 pCt. 

Verlust der Trocken-Rohfaser durch 3procentige Schwefelsäure, 3pro- 
centige Natronlauge und Alkohol: 

2,431 Gm.Trock.-Rohf. 2,006Gm.Trockenrckst. =0,425Gm.Verlust, 17,5pOt. 
4,318 - - 3,641 - - =0,677 - - 15,7 - 

Mittel 16,6 pCt. 

Berechneter Trockengehalt der lufttrocken gewogen zur Digestion be¬ 
stimmten Faser: 

a) 4,069 Grm. lufttr. Faser enth. 3,769 Grm. Trockensubst. 

b) 3,817 .... 3,535 - 

c) 5,519 .... 5,120 - 

d) 4,423 .... 4,096 - 

Nach der Digestion im Brütofen etc.: 

a) 3,626Grm. Trock.-Rohf. mit lOOCcm. Pansenfl. etc. 2,376Grm. Trockrckst. 


b) 3,400 - 

- 

- 100 - 

2,070 

c) 4,916 -> 

- 

- 200 - 

2,689 

d) 3,941 - 

- 

- 200 - Aq. dest. 

3,292 


Hiernach: 


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192 


HOFMEISTER, 


Durch Pansenflüssigkeit gelöst: 

a) 100 Ccm. b) 100 Ccm. c) 200 Ccm. 
vor der Digestion: 3,769 Grm. Faser 3,535 Grm. Faser 5,120 Grm. Faser 
nach - - 2,376 - 2,070 - 2,689 - 

1,393 Grm. Faser 1,465 Grm. Faser 2,431 Grm. Faser 
37,0 pCt. 41,4 pCt. 47,4 pCt. 

Durch Aqua destillata gelöst: 

d) 200 Ccm. 

vor der Digestion: 4,096 Grm. Faser 
nach - - 3,292 - 

0,804 Grm. Faser 
19,6 pCt. 

Der Verlust, welchen Rohfaser ohne Pansenflüssigkeit, nur mit 
Aqua destillata digerirt und dann mit Säure, Alkali, Alkohol be¬ 
handelt, erlitten, stellt sich fast gleich derselben Menge, welche 
in zwei besonderen Bestimmungen mit trockener Rohfaser (nicht in 
den Brütofen eingestellt) dafür ermittelt ist: 16,6 pCt., hier 19,6 pCt. 

Destillirtes Wasser hat demnach eine schwache Erweichung, Lös¬ 
lichmachung der die Rohfaser incrustirenden Substanzen zur Folge 
gehabt. 

Nach vorhergehender Digestion mit Pansenflüssigkeit hat 
aber die Rohfaser durch Einwirkung derselben Säure etc. weit mehr 
an Substanz verloren, 22,2 pCt. mehr im Durchschnitt, und es ist 
wohl kein Anstand weiter zu nehmen, dieses Plus auf Rechnung ge¬ 
löster Cellulose zu bringen. Der gelöste Antheil an Cellulose 
stellt sich allerdings etwas niedriger als im vorigen Versuch, welcher 
30 pCt. gelöste Cellulose aufwies; allein erstlich war die hier ver¬ 
wendete Rohfaser lufttrocken und erschien in diesem Zustande nicht 
mehr so zartfaserig, wie die unter Wasser aufbewahrte, zweitens in- 
fluirten hier geringere Mengen von Pansenflüssigkeit auf Rohfaser; 
trotzdem fällt aber ganz analog dem vorhergehenden Versuch auch 
hier die grössere Löslichkeit der Faser mit der grösseren Menge der 
auf sie einwirkenden Pansenflüssigkeit zusammen — ein gewiss nicht 
zu unterschätzender weiterer Beleg für löslich gewordene Cellulose. 

Versuch 6, 7 und 8 mit Pansenflüssigkeit vom Schaf, Wiesenheu 
und der Rohfaser des Heus weisen sonach consequent Löslichwerden 
der Cellulose in den angewandten Verdauungsflüssigkeiten nach und 
ergänzen somit in bester Uebereinstimmung die ersten Versuche mit 


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Celluloseverdauung. 


193 


den natürlichen Verdauungssäften des Schafes bezüglich ihrer lösen¬ 
den Wirkung auf Grasrohfaser (S. 184). 

Welchen Stoffen und Säften in der Pansenflüssigkeit (einem Ge¬ 
misch von allerhand Stoffen) speciell die Function zufällt, Rohfaser 
resp. Cellulose zu lösen, so scheint nach den Versuchen mit dem 
Schafe der gemischte Speichel (Versuch 4 und 5) eine Rolle dabei 
zu spielen. 


II. Versuchsreihe mit Verdauungsflüssigkeiten vom Rind 
und in jüngst verflossener Zeit vom Pferd. 

Eine Versuchsreihe, speciell in diesem Sinne durchgeführt, hat 
keine erwünschten Resultate geliefert; wenn erstere mit dem Rind 
auch nicht widersprechend, so sind sie doch nicht schlagend genug 
ausgefallen. Es sei deshalb gestattet, nur ganz kurz darüber zu be¬ 
richten, sowie über die Resultate der Versuche mit dem Pferd. 

Die Erfolglosigkeit der Rinderversuche erklärt sich theilweise aus 
dem Misslingen, diese Säfte aus den Drüsen künstlich in der Weise 
zu gewinnen, dass sie wirksam bleiben, worüber bereits S. 183 u. f. 
beim Schaf gesprochen wurde. Bei einem ersten Versuch waren Ohr¬ 
speichel-, Unterkiefer- und Unterzungendrüsen der geschlach¬ 
teten Kuh entnommen, wurden zerkleinert und mit Wasser extrahirt; 
wir erhielten dadurch gelblich gefärbte, schleimige, mehr oder weniger 
stark fadenziehende Flüssigkeiten, die nur sehr schwache Fähigkeit 
besassen, gekochte Stärke in Zucker überzuführen, und Rohfaser, aus 
Gras dargestellt, ganz intact Hessen. Die Verluste an Substanz, 
welche Rohfaser, nicht mit Speichel digerirt, sondern mit Wasser, 
durch nochmalige Extraction mit 3procentiger Schwefelsäure, 3pro- 
centiger Natronlauge, 90prooentigem Alkohol erlitt, stellen sich ab¬ 
solut gleich den Verlusten, welche Rohfaser nach 5 tägiger Digestion 
mit Speichel im Brütofen und nachheriger Extraction mit Säure etc. 
davontrugen, nämlich 17,7, 18,5 und 14,5 pCt., im Durchschnitt 
16,9 pCt., dort 16,7 pCt. 

Merkwürdigerweise wirkte aber auch frischer natürlicher 
Speichel nicht auf Rohfaser ein, welche bei einem zweiten Ver¬ 
such zur Verwendung kam und ganz genau wie die beim vorigen Ver¬ 
such benutzte aus Gras, durch Extraction des getrockneten Grases mit 


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194 


HOFMEISTER. 


3procentiger Schwefelsäure, 3procentiger Natronlauge, Alkohol und 
Aether, dargestellt war. 

Herr Prof. Siedamgrozky gewann nämlich auf operativem Wege vom 
Rind Speichel aus der Ohrspeicheldrüse, getrennt vom Speichel aus der 
Unterkieferdrüse, ganz rein und in grossen Mengen. 

Innerhalb 2* 2 Stunden sammelte man 3306 Grm. Speichel aus der 
Parotis; derselbe war dünnflüssig, wasserklar, stark alkalisch, specif. Gewicht 
1,010. Nach 12 Stunden erst hatte er im Brütofen gekochte Stärke in Zucker 
übergeführt; nach zwei Tagen traten aber die Zuckerreactionen bei weitem stärker 
auf, wenn auch immer schwächer als beim Submaxillarspeichel. 

Von diesem hatte man in der nämlichen Zeit 482 Grm. aufgefangen, 
wasserklar, stark fadenziehend, stark alkalisch, specif. Gewicht 1,004. Nach 
2 Stunden schon mit gekochter Stärke im Brütofen digerirt, trat deutliche 
Zuckerreaction auf; diese Eigenschaft behielt er während 5 tägiger Digestion im 
Brütofen bei. 

Mit beiden Speichelarten war nun Rohfaser zur 5 tägigen Dige¬ 
stion in den Brutofen eingestellt und war dann vom Speichel wieder 
in der kekannten Weise durch Filtration und Extraction mit Säure, 
Alkali und Alkohol befreit worden. 

Rohfaser nur mit Säure etc. extrahirt, hatte an Gewicht ver¬ 
loren 14,8 pCt ; Rohfaser mit Speichel und dann mit Säure etc. 
behandelt, verlor 19, 18 und 24 pCt., 20,3 pCt. im Durchschnitt. 
Diese Differenzen sind sehr klein und habe ich keinen Anstand ge¬ 
nommen, sie in die Fehlergrenzen zu verlegen, welche das analytische 
Verfahren bedingen kann ! ). 

l ) Diese Versuche mit dem Rind schlossen sich unmittelbar an den 5. Ver¬ 
such mit dem Schaf an und damals trat das Bedenkliche auf, ob nicht die 
künstliche Darstellung der Rohfaser deren Löslichkeit ebenso beein¬ 
trächtige, wie die künstliche Reindarstellung und Gewinnung der Verdauungs¬ 
flüssigkeiten aus den Drüsen etc. deren Lösungsvermögen benachtheiligt hatte; 
denn bis zum 5. Versuch war die Rohfaserdarstellung noch nicht in Frage ge¬ 
kommen, weil man bis dahin immer nur mit frisch gehauenem Grase arbeitete. 
Deshalb war ich denn nach Abschluss der Rinderversuche von Versuch 6 mit 
Schafpansenflüssigkeit ab bemüht, zunächst die Methode der Gewinnung und 
Reindarstellung dieser Flüssigkeit zu verbessern. Dann bei Versuch 7 und Dar¬ 
stellung der Rohfaser aus Heu liess ich die Anwendung von Alkohol und 
Aether dabei fallen, bewahrte die gewonnene Rohfaser unter Wasser auf, um 
ihre Löslichkeit nicht zu schädigen. Erst bei Versuch 8 benutzte ich luft¬ 
trockene, nicht mit Alkohol und Aether extrahirte und nicht bei 110° C. völlig 
ausgetrocknete Rohfaser, weil ich das völlige Austrocknen ebenfalls für nach¬ 
theilig hielt; und wenn man will, ist schon das einfache Trocknen an der Luft 
ihrer Löslichkeit nicht günstig gewesen, denn in Versuch 8 ist offenbar weniger 
davon durch Pansenflüssigkeit in Lösung übergegangen, als in Versuch 7. 


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Celluloseverdauung. 


195 


Zwei Versuche aus jüngst vergangener Zeit bleiben zu registriren: 
mit gemischtem Speichel vom Pferd und lufttrockener Roh¬ 
faser aus Wiesenheu (vergl. Versuch 8 beim Schaf). 

Der Speichel, vom Herrn Prof. Ellenberger durch den Schlundschnitt 
gewonnen, war in beiden Fällen sehr zähe, dickflüssig, stark fadenziehend, spec. 
Gewicht 1,006, von alkalischer Reaction, gab mit gekochter Kartoffelstärke im 
Brütofen digerirt nach V 4 Stunde schon kräftige Zuckerreaction, die sich von 
Stunde zu Stunde steigerte. 


1. Versuch. 

1,189 Grm. lufttr. Rohfaser mit 40 Ccm. Sgeichel 5 Tage im Brutofen digerirt 
1.207 - - - - 40 - Aq. dest. 5 

Nach Entnahme aus dem Brütofen, Trocknen beider Portionen und Extra- 
hiren mit Sauren etc. etc. hinterliessen: 

1,101 Grm. berechn. Trockensubst., digerirt mit Speichel, 0,887 Grm. Rückst. 
1,118 - - - Aq. dest., 0,908 - 

Die eine Portion verlor an Substanz 0.214 Grm.. die andere 0,210 Grm. 

d. i. in Procenten 19,4 pCt. und 18,8 pCt. Verlust. 

Die Verluste sind gleich und ein Einfluss des Speichels auf Lös¬ 
lichmachung von Cellulose nicht zu bemerken. 

2. Versuch. 

a) 1,395 Grm. lufttr. Rohf. m. 100 Grm. gemischt. Speichel 5 Tage imBrütof. dig. 

b) 1,458 - - - - 100 - - 5 - - - - 

c) 1,375 - ... 100 - Aq. dest. 5 - - 

Nach Entnahme aus dem Brütofen wurden die drei Portionen getrocknet, 
eitrahirt, wie immer, nur wurde noch eine Extraction der Trockensubstanz mit 
siedendem Wasser vor der Extraction mit Säure, Alkali und Alkohol eingeschoben. 

In der lufttrockenen Rohfaser war der Trockengehalt bei 110°C. mit 89,8 
gefunden; darnach berechnet die lufttrockene, mit Speichel und Aq. dest. dige- 
rirte wie folgt: 

a) 1,255 Gm. Rohf.-Trockens. hinterl. nach d. Dig. m. Speichel 1,075Gm. Tr.-Rckst. 

b) 1,308 - - . 1,078 - 

c) 1,234 - - .Aq. dest. 0,991 - 

Die Verluste betragen bei a) 0,178 Grm. b) 0,230 Grm. c) 0,243 Grm. 
d. i. in Procenten 14,2 pCt. 17,5 pCt. 19,7 pCt. 

Die Wasserauszüge, vor der Digestion mit Säure, Alkali und 
Alkohol mit a, b und c vorgenommen, waren sämmtlich zucker¬ 
haltig, aber gleich stark, wie nach der Untersuchung mit Fehling¬ 
scher Kupferlösung sich herausstellte. 

Die mit Speichel digerirte Rohfaser verlor weniger an Substanz, 
als die mit Aq. dest. behandelte; es ist somit ganz zweifellos, dass 


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196 


HOFMEISTER. 


auch hier bei diesem 2. Versuch durch gemischten Speichel des Pferdes 
keine Cellulose gelöst wurde. 

Ohne aus diesen Resultaten viel folgern zu wollen, so wäre doch 
daran zu denken, dass das Pferd übereinstimmend nach allen bis 
jetzt bekannt gewordenen Untersuchungen überhaupt wenig Cellulose 
verdaut. Es ist ja möglich, dass bei dem so eigentümlich gebauten 
Verdauungscanal des Pferdes auch die Celluloseverdauung erst weiter¬ 
hin im Darm vor sich geht und dass die Darmsäfte noch eine beson¬ 
dere Rolle dabei spielen. 

Auch diese Versuche mit ihren negativen Resultaten werden aber 
die Richtigkeit der analytischen Untersuchungsmethode wiederum er¬ 
kennen lassen, welche die an sie gestellte Frage, ob Cellulose durch 
Verdauungsflüssigkeit gelöst sei oder nicht, in bestimmtester Weise 
beantwortet. 


Beim Rückblicken auf vorliegende Untersuchungen ist, wie 
billigcrweise zugestanden werden kann, das Möglichste geschehen, um 
die gestellten Fragen über die Celluloseverdauung auf dem Wege 
künstlicher Verdauung in rein empirischer Weise zu lösen. Durch 
Versuch 1—8 mit den Verdauungsflüssigkeiten des Schafes ist denn 
auch nachgewiesen, dass die Celluloseverdauung im Pansen vor sich 
geht und dem gemischten Speichel die Function zufällt, diese 
verdaulich zu machen. 

Dieser Nachweis würde völlig gesichert sein, wenn es möglich 
gewesen wäre, gleichzeitig die dritte Frage über die Umwandlungen 
eingehender zu studiren, welche die Cellulose, indem sic verdaulich 
wird, durchmacht. Wie bereits einleitend angezeigt, war dies aber 
nicht der Fall, obwohl man da, wo es anging, stets darauf bedacht 
war, hierüber etwas auszukundschaften. 

Bei Gras und Heu, sobald diese zur Verwendung kamen, fiel das 
Verlangen darnach von selbst weg; bei angewandter Rohfaser konnte 
man eher Resultate erwarten und ist der Versuch dazu nicht unter¬ 
blieben. 

Dass man die quantitativ zu bearbeitende Rohfaser nicht dazu 
benutzte, versteht sich von selbst, da man dadurch den sicheren Gang 
der Analyse gestört haben würde; immer aber waren Einzelproben 
der Rohfaser mit Speichel oder Pansenflüssigkeit im Brütofen einge¬ 
stellt, die man daraufhin untersuchte. 


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Celluloseverdauung. 


197 


Oefters, aber nicht immer, gelang es, das zunächstliegende und 
zu erwartende Umwandlungsproduct der Cellulose, d. i. Zucker, mit 
Hülfe der Trommerschen oder Fehling’schen Zuckerprobe, unter Ein¬ 
haltung der von Hoppe-Seyler gegebenen Massregeln, in den Spei* 
chel- oder Pansenflüssigkeitsauszügen der Rohfaser nachzuweisen; die 
Zuckerreaction war aber schwach, eine quantitative Messung unmög¬ 
lich. Dabei blieb der Zweifel nicht ausgeschlossen, ob der nachge¬ 
wiesene Zucker Umwandlungsproduct der Cellulose oder der die Roh¬ 
faser incrustirenden Substanzen sei, ob die Säfte diese Umwandlung 
bewirkt und nicht Wasser allein schon bei saurer Reaction gewisse 
Stoffe der Rohfaser, die nicht Cellulose sind, in Zucker urazuwandeln 
vermag? denn das Wasser von saurer Reaction, worin Rohfaser so 
lange gelagert (Versuch 7), zeigte Zuckerreaction, wenn auch, schwach. 

Es könnte wohl auch die Cellulose nicht in Zucker, sondern in 
Kohlenwasserstoff 1 ) und Kohlensäure bei ihrer Umwandlung 
zerfallen; letztere tritt bei der Digestion der Säfte mit der Rohfaser 
im Brütofen stets auf und ist nachgewiesen worden, aber die Frage 
nicht gelöst, ob die C0 2 der Cellulose, den diese incrustirenden Sub¬ 
stanzen oder den Verdauungsflüssigkeiten selbst entstammt. 

Kurz, es erscheint durchaus nothwendig, die Lösung dieser dritten 
Frage bei der Celluloseverdauung durch gesonderte Versuche zu ver¬ 
suchen; doch dürfte es sehr rathsam sein, nicht eher darauf ein¬ 
zugehen, bis nicht der Weg gefunden, ganz reine, von allen fremd¬ 
artigen Stoffen freie Cellulose darzustellen, die dabei den Charakter 
ihrer natürlichen Beschaffenheit im physikalischen wie im chemischen 
Sinne nicht verliert. 


l ) L. Popoff, Ueber Sumpfgasgährung. Pflüger’s Archiv f. d. gesamrate 
Physiologie, Bd. X, S. 113 —117. 


7 


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vm. 

lieber die Pilze der normalen Kuhmiloh. 

Von 

Georg Alfred Müller, 

Künigl Sachs. Amtsthierarzt in Leipzig. 

(Hierzu T»f. II, Fig. 1-6.) 


In der normalen Kuhmilch wurden bis jetzt verschiedene Pilz¬ 
formen gefunden. Zuerst entdeckte Pasteur (Compt. rend. de l’Ac. 
de Paris, 1864) in der in Säuerung übergehenden Kuhmilch kleiue, 
mikroskopische Lebewesen (Champignons) mit kurzen, in der Mitte 
schwach eingeschnürten Gliedern, und nahm, durch verschiedene Ver¬ 
suche dahin geführt, an, dass diese Pilze als „Ferment lactique“ wirk¬ 
ten, d. h. den Milchzucker in Milchsäure umwandelten. 

Zwei Jahre später trat Prof. v. Hessling in Virchow’s Archiv, 
Band XXXV, mit einer Arbeit über den Pilz der Milch hervor, welche 
in den weitesten Kreisen gerechtes Aufsehen erregte. Derselbe fand 
* stets lange vorher, ehe das Sauerwerden der Milch dem Geschmack 
merklich wird“, vereinzelte blasse, rundliche und längliche Körperchen, 
bisweilen in Begleitung scharf punktirter, „als Vibrionenlager gedeu¬ 
teter“ Masse; ferner Sporen, welche 0,002—0,01 Mm. lang, 0,00045 
bis 0,025 Mm. breit, raattweiss, schwach conturirt, oft fein granulirt, 
in der Jugend oval, im ausgewachsenen Zustande fast rechteckig sind, 
im Innern Vacuole mit Kern oder blos den Kern aufzeigen, immer 
mehr und mehr an Menge zunehmen, Sprossen* treiben, verästelte 
Ketten bilden und theilweise zu wirklichen, nicht selten mit körnigem 
Inhalt und mit Scheidewänden und Einkerbungen versehenen Pilzfaden 
von 0,002—0,0065 Mm. Dicke heranwachsen, Verästelungen bilden, 
Fructificationsorgane hervorkeimen lassen u. s. w. 

v. Hessling nimmt nun an, dass dieser Pilz, der ja unstreitig 


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Pilze der normalen Kuhmilch. 


199 


das unter die Haplomyceten oder Schimmelpilze gehörige Oidium 
lactis ist, als Milchsäurcferraent wirke und vermuthet, dass die 
zuerst in der Milch auftretenden, scharf punktirten, als Vibrionenlager 
gedeuteten Massen zu dem in seiner grössten Ausbildung als dicht ver¬ 
filzte Mycelienlager mit zahllos untermischten Sporen und wirklichen 
Fructificationsorganen sich zeigenden Milchpilz in gewissem genetischen 
Zusammenhänge ständen und zwar seine Uranfänge darstellten. 

Im Jahre 1872 fand Cohn (Beiträge zur Biologie der Pflanzen, 
1872, Heft 2) in säuernder Milch nicht nur die Pasteur’schen Ferment¬ 
pilze, welche er geneigt ist als Bacterium termo anzusehen, sondern 
ausserdem noch kugelige Zellchen, denen des Harnferments nicht un¬ 
ähnlich und, wie diese, in Rosenkranzketten aus 2, 4, 8 und mehreren 
Gliedern in Torulaform zusammenhängend, und glaubt, eher diese Schi- 
zomyceten als eigentliches Ferment der Milch betrachten zu müssen. 

Es hat sich nun ein Streit darüber erhoben, ob diese von Cohn 
wie von Pasteur gefundenen, jetzt unter die wahren Bacterien ge¬ 
zählten Pilzorganismen in irgend einem genetischen Zusammenhänge 
zu dem in jeder sauren Milch auftretenden, von v. Hessling zuerst 
genau beschriebenen Oidium lactis zu bringen seien, oder ob sämmt- 
liche Formen per se existirten und nichts mit einander zu thun hätten. 
Vertreter der ersteren Annahme ist hauptsächlich Hallier, welcher 
überhaupt, gestützt auf zahlreiche, von ihm genau verfolgte Culturen, 
Mikrococcen, Hefezellen und Schimmelpilze in eine Entwickelungsreihe 
bringt. Die bei weitem grösste Anzahl der Gelehrten, besonders 
Nägeli (Die niederen Pilze u. s. w., München, 1877), nimmt dagegen 
an, dass die Schizomyceten mit den Schimmelpilzen in keinerlei Zu¬ 
sammenhang stehen und weder Schimmelpilze erzeugen, noch aus den¬ 
selben hervorgehen können. Nach dieser Ansicht würden also sowohl 
das Pasteur’sche Ferment lactique, als die von Cohn gefunde¬ 
nen Mikrococcen Pilzformen eigener Art sein und mit Oidium lactis 
durchaus keine nähere Verwandtschaft haben. 

Ich habe im Laufe des verflossenen Sommers eine Reihe von 
Untersuchungen normaler Kuhmilch vorgenommen, mich jedoch dabei 
nicht, wie es bis jetzt ausschliesslich nur geschehen ist, darauf be¬ 
schränkt, in offenen Gefassen auf bewahrte Milch in kurzen Zwischen¬ 
räumen zu untersuchen, sondern ich habe — und darauf möchte ich 
das Hauptgewicht legen — Milch vom verschiedensten Alter culti- 
virt. Zum Zweck der Culturen benutzte ich Object träger, in denen 


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200 


MUELLER, 


eine flache Vertiefung (Kammer) ausgeschliffen war. Diese Object¬ 
träger wurden flüchtig in Wasserdämpfe gehalten, so dass sich in der 
Kammer einige Tropfen Wasser (welches in Folge seiner Herstellung 
absolut rein sein musste) ansammelten. Hierauf wurde eine minimale 
Quantität der zu untersuchenden Milch auf ein dünnes Deckgläschen 
gebracht, dasselbe über die Kammer gestürzt und mit Canadabalsam 
derartig umzogen, dass die Kammer gegen die Aussenwelt vollständig 
abgeschlossen war. 

Ich habe in dieser Weise zahlreiche Culturen vorgenomraen und 
werde die dabei gemachten Beobachtungen in Nachstehendem mit¬ 
theilen. Vorausschicken muss ich jedoch, dass die in der Kammer 
stattfindenden Vegetationsvorgänge zwar im Grossen und Ganzen mit 
denjenigen übereinstimmten, welche in offen auf bewahrter Milch statt¬ 
fanden, dass sie dagegen einen ausserordentlich langsamen und zum 
Theil sehr unvollständigen und kümmerlichen Verlauf nahmen, welches 
wohl den ja immerhin sehr mangelhaften Nutritionsverhältnissen in 
den Culturkammern zugeschrieben werden musste. 

1. Culturreihe. 

Wenn man Milch sowohl kurz nach dem Abmelken, als auch in 
einem Alter von nicht über 24 Stunden (vorausgesetzt natürlich, dass 
sich letztere in einem kühlen Aufbewahrungsorte befunden hat) unter¬ 
sucht, so kann man in ihr nicht die geringsten Pilzelemente nach- 
weisen. Man kann sich die betreffende Untersuchung sehr dadurch 
erleichtern, dass man den auf den Objectträger gebrachten Milch tropfen 
mit etwas Essigsäure versetzt. Es werden dann die Milchkügelchen 
fast vollständig verschwinden und nur etwa vorhandene Pilzorganis- 
raen — neben Caseingerinnseln etc. — Zurückbleiben, welche man 
dann durch Färben mit Gentianaviolett dem Auge deutlicher machen 
kann. Es wurde nun derartige, vollkommen pilzfrei befundene Milch, 
und zwar solche im Alter von 2, 12 und 24 Stunden, auf die oben 
angegebene Weise in feuchte Kammern eingeschlossen und in kurzen 
Zwischenräumen unter dem Mikroskop (Zeiss, Systeme e und f) unter¬ 
sucht. Es ergab sich dabei Folgendes: 

Als die in den Kammern eingeschlossene Milch ein Alter von 
72—96 Stunden (von der Zeit des Abmelkens an gerechnet) erreicht 
hatte, traten, anfangs vereinzelt, sehr schnell — in wenigen Stunden 
— an Menge zunehmend, Mikrococcen auf, welche eine äusserst leb- 


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Pilze der normalen Kuhmilch. 


201 


hafte (moleculare?) Bewegung zeigten, besonders sich nicht selten mit 
enormer Schnelligkeit um ihre Axe drehten und sich mitunter zu 2, 
selbst 4 Gliedern vereinigten (Taf. II, Fig. la). Hin und wieder be¬ 
merkte man unter der Menge dieser sich lebhaft bewegenden Mikro¬ 
organismen vereinzelte, etwas grössere Pilzelemente, welche eine ovale 
Gestalt hatten, in der Mitte wie eingeschnürt schienen (Taf. H, Fig. 1 b) 
und vermuthlich den von Pasteur gefundenen Organismen entspra¬ 
chen. Ob dieselben aus Diplococcen durch einfache Aufquellung des 
Inhalts und massige Längsstreckung entstanden waren, vermochte ich 
nicht festzustellen. Jedenfalls unterschieden sie sich vom Bacterium 
termo ganz wesentlich. Die Beweglichkeit dieser gesaramten Mikro¬ 
organismen dauerte ungefähr 60—80 Stunden. 

16—30 Stunden nach dem ersten Auftreten der Micrococcen bil¬ 
dete sich in sämmtlichen Culturen innerhalb der von den Michkügel- 
chen offen gelassenen Zwischenräume eine aus runden, unbeweglichen 
Mikrobacterien bestehende, gleichmässige Zoogloea (Taf. II, Fig. 2), 
welche sich auffallend schnell vergrösserte, bald die meisten Zwischen¬ 
räume ausfüllte und die beweglichen Pilzformen zum grossen Theil 
verdrängte, resp. dieselben scheinbar in sich aufnahm. 

Nachdem die Zoogloea ihre vollständige Ausbildung erlangt hatte, 
verlor sie allmälig ihre scharfe Conturirung, so dass die einzelnen 
Mikrobacterien nicht mehr scharf unterschieden werden konnten. Wäh¬ 
rend dieselben anfangs ganz gleichmässig im Zoogloeaschleim vertheilt 
gewesen waren, bildeten sich jetzt vielmehr Haufen von 15 oder mehr 
Bacterien; dieselben ballten sich zusammen und schienen in einander 
überzufliessen und ein Ganzes zu bilden. Schliesslich hatte sich die 
ganze Zoogloea in eine Anzahl von ovalen, ca. 0,002 Mm. breiten, 
0,003 Mm. langen, granulirten Körperchen (Taf. n, Fig. 3) verwandelt, 
welche eine ausserordentliche Aehnlichkeit mit den Sporen hatten, 
welche sich aus den Fruchthyphen des Oidium lactis abschnüren. Zu 
dieser Procedur gehörte stets eine Dauer von mehreren Wochen. Ich 
kann nicht unterlassen zu bemerken, dass diese, wie ich sie nennen 
möchte, progressive Metamorphose stets nur einen kleinen Theil 
der Zoogloeahaufen befiel, während die übrigen Haufen zwar auch ihre 
scharfe Conturirung verloren, aber sich nicht zu zellähnlichen Körper¬ 
chen zusammenballten, sondern unter Zurücklassung einiger ölartiger 
Tropfen zu verschwinden schienen. Es war dies jedenfalls der Vor¬ 
gang, welchen Cohn als Zeichen des Absterbens betrachtet und wel¬ 
cher eintritt, wenn die Nahrungsstoffe der Flüssigkeit erschöpft sind. 

krchiv i, witsenteh. u, pr&kt. Thierheük. VII. 3. 14 


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202 MUELLER, 

Verauthlich haben sich jene lebensfähigeren Pilzhaufen auf Kosten 
dieser weiter ausgebildet. 


2. Culturreihe. 

Wenn man in offenen Gefässen auf bewahrte, 30—48 Stunden 
alte Milch unter dem Mikroskop untersucht, so findet man Mikro- 
coccen, oft zu 2, 3, niemals aber mehr als zu 4 Gliedern vereinigt, 
und ausserdem vereinzelt jene ovalen, in der Mitte eingeschnürten 
Organismen, welche dem Ferment lactique Pasteurs zu entsprechen 
scheinen. Es wurde nun derartige Milch im Alter von 30, 36 und 
48 Stunden in feuchte Kammern eingeschlossen. Der in diesen statt¬ 
findende Vorgang zeigte durchaus nichts Bemerkenswerthes. Sehr bald 
— viel schneller als bei der 2—24 Stunden alten Milch — Auftreten 
von Zoogloea und Zerfliessen derselben in ovale, granulirte Körperchen. 

3. Culturreihe. 

Ein viel überraschenderes Resultat wurde durch Cultivirung von 
60 Stunden alter Milch erzielt. In dieser Milch waren, wie die vorher 
vorgenommene mikroskopische Untersuchung ergab, sowohl bewegliche 
als auch hauptsächlich ruhende Mikrococcen vorhanden. Die Zoogloea 
war ausserordentlich massig vertreten nnd hatte zum grossen Theil 
ihre scharfe Conturirung bereits verloren und ein mehr verschwom¬ 
menes, unregelmässiges Aussehen. Bestandtheile von Oidiura lactis 
waren durchaus nicht aufzufinden. 

Es bildeten sich nun im Verlauf von einigen Wochen an ver¬ 
schiedenen Stellen der Präparate aus der Zoogloea 0,001—0,003 Mm. 
breite und 0,005—0,02 Mm. lange, stark granulirte Zellen von fast 
rechteckiger Gestalt (Taf. II, Fig. 4), welche in ihrem Innern sehr 
bald einige kleine, stark glänzende Bläschen (Vacuolen?) erkennen 
Hessen. Die Entwickelung dieser Zellen war äusserst interessant. Die 
Mikrococcen der Zoogloea lagerten sich zu Ketten aus 8 und mehr 
Gliedern zusammen; die auf diese Weise gebildeten Ketten legten sich 
neben einander, ihre einzelnen Gliederchen wurden undeutlich und es 
glich dann das Ganze einer langgestreckten, granulirten Protoplasma¬ 
masse, welche nach allen Seiten aufzuquellen schien und schliesslich die 
oben angegebene Grösse erreichte. Dann verschwand vom Rande her 
nach und nach die Granulirung und es entstand eine homogene Zone, 


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Pilze der normalen Kuhmilch. 


203 


welche als Zellenmembran angesehen werden musste. Mehrere der 
so gebildeten Zellen, welche unbedingt als entwickelungsfähige Sporen 
des Oidium lactis aufgefasst werden mussten, wuchsen in einen dürf¬ 
tigen, kaum ihre zweimalige Länge erreichenden Keimschlauch aus, 
welcher spitz zulief und sehr stark granulirt war (Taf. II, Fig. 5). 
In gleichem Masse, wie dieser Keimschlauch wuchs, verschwand die 
Granulation im Innern der Zelle (Spore), die Vacuolen vergrösserten 
sich und die Membran trat deutlicher hervor. 

4. Culturreihe. 

Es wurde von nun ab Milch verwendet, welche neben — aller¬ 
dings mehr vereinzelt auftretenden — beweglichen Mikrobacterien und 
sehr zahlreicher Zoogloea Oidium lactis in verschiedener Ausbildung 
enthielt. Leider wollte es mir nicht gelingen, in meinen Culturen 
eine halbwegs instructive Vegetation von Oidium lactis zu erzeugen. 
Es fand zwar in der Regel eine sehr lebhafte Mycelentwickelung statt, 
das Mvcelium erzeugte aber keine Fruchthyphen, sondern verhielt sich 
unverändert und zeigte selbst nach monatelanger Frist keine Form¬ 
veränderung mehr. Suchte ich andererseits Mycelium mit schon ent¬ 
wickelten Fruchthyphen zu cultiviren, so zerfielen letztere sehr schnell 
in zahlreiche ovale Zellen, welche ebenfalls gänzlich unverändert 
blieben. 

Es dürfe daher müssig sein, die einzelnen Culturen namentlich 
aufzuzählen. Es genüge mir, das Gesammtresultat raitzutheilen. 

Das eigentliche Wachsthum des Oidium lactis beginnt mit der 
Entwickelung eines Myceliuras. Letzteres entwickelt sich aus einer 
keimfähigen Spore, über deren Bildung die 3. Culturreihe Aufschluss 
gegeben hat. Die keimfähigen Sporen haben stets eine fast recht¬ 
eckige Gestalt und variiren in ihrer Grösse nicht unbeträchtlich. 
Während diejenigen Sporen, welche sich in offen auf bewahrter Milch 
entwickelten, eine Länge von 0,0*2 Mm. und eine Dicke von 0,005 Mm. 
erreichten, waren die in Culturen gezogenen keimfähigen Sporen in 
den meisten Fällen bedeutend dürftiger. Die Sporen selbst sind matt- 
weiss, stets granulirt und zeigen in der Regel in ihrem Innern einen 
oder einige glänzende Hohlräume (Vacuolen), welche anfangs klein 
sind, später aber immer grösser werden. 

Aus dem einen Ende dieser keimfähigen Sporen wachsen nun 
sehr schnell schlauchförmige, stark granulirte Keimschläuche hervor, 

14* 


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204 


MÜELLER, 


welche ihrem ganzen Verlauf nach von gleichmässiger Dicke sind und 
nur nach dem Ende zu sich zu einer stumpfen Spitze verjüngen. In 
diese Schläuche fliesst das gesammte Plasma der Sporen über, so dass 
die Vacuolen der letzteren beträchtlich an Umfang zunehmen und das 
Plasma sich nur noch auf einige kümmerliche Reste beschränkt. Die 
auf diese Weise entstandenen Keimschläuche wachsen, sobald sie sich 
in günstigen Nutritionsverhältnissen befinden, sehr schnell in die Länge, 
verästeln sich nach den verschiedensten Richtungen hin und bilden so 
ein dichtes Mycelium. Keimschläuche wie Mycelfaden theilten in den 
Culturen sehr bald das Schicksal der Sporen, aus denen sie hervor¬ 
wuchsen; sie bekamen in ihrem Innern unter Verschwinden des Plas¬ 
mas zahlreiche Vacuolen, welche an Grösse Zunahmen, so dass dadurch 
oft Einschnürungen vorgetäuscht. wurden. 

Den weiteren 'Entwickelungsgang des Oidium lactis konnte ich 
durch Culturen leider nicht beobachten. Er ist nach den Beobach¬ 
tungen von v. Hessling, Frank und Anderen, sowie nach den 
Untersuchungen, welche ich selbst vorgenommen habe, ohne Culturen 
anzustellen, folgender: Aus dem Mycelium wachsen — oft in sehr 
grosser Zahl — Fruchthyphen heraus, welche stets als Zweige vom 
Mycelium entspringen und sich anfangs durch Spitzenwachsthum ver¬ 
längern. Wenn diese Hyphen eine gewisse Länge erreicht haben, 
produciren sie durch kettenförmige Abschnürung ovale, ca. 0,002 Mm. 
breite und 0,003 Mm. lange Sporen (Conidien), worauf sie in schiefer 
Richtung weiter wachsen und nach kurzer Zeit abermals Sporenketten, 
welche leicht in ihre einzelnen Gliederchen zerfallen, abschnüren 
(Taf. II, Fig. 6, das Wachsthum von Oidium lactis, halb-schematisch 
dargestellt: a Mycelium; bb Fruchthyphen, Ketten von Sporen [cc] 
abschnürend, neben welchen die Fruchthyphen [dd] als Seitenzweige 
fortwachsen; ee ältere, in der Flüssigkeit vertheilte Sporen). ¥ 

Ob nun diese Sporen, welche man dann allenthalben in der 
Flüssigkeit vertheilt findet, schon Keimfähigkeit besitzen, oder ob 
sie erst eine gewisse Metamorphose eingehen müssen, um sie zu 
erlangen, das zu entscheiden ist mir unmöglich. Die in den Cul¬ 
turen aus Zoogloea sich bildenden keimfähigen Sporen (siehe 3. Cul- 
turreihe) waren stets bedeutend grösser, langgestreckt und fast 
rechteckig. 


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Pilze der normalen Kuhmilch. 


205 


5. Culturreihe. 

In drei, vollständig neue und der Sicherheit halber vorher noch 
mit destillirtem Wasser ausgespülte Arzneigläser mit gut eingeschlif¬ 
fenen Glasstöpseln wurde von einer absolut gesunden Kuh, deren 
Zitzen rein abgewaschen waren, Milch gemolken, und zwar so, dass 
sie bis zum Ueberlaufen gefüllt waren. Darnach wurden die Glas¬ 
stöpsel fest aufgedrückt und die Gläser mit ihrem oberen Dritttheil 
in geschmolzenes Siegellack getaucht, so dass die Milch im Innern 
hermetisch von der Aussenwelt abgeschlossen war. Von diesen Flaschen 
wurde die eine nach 3 Tagen geöffnet und die in ihr enthaltene Milch 
vollständig unverändert befunden. Die zweite Flasche wurde nach 6 
Tagen geöffnet; die in ihr enthaltene Milch war geronnen und ent¬ 
hielt sowohl Mikrococcen, welche sich hin und wieder zu 2—4 Glie¬ 
dern vereinigten, als auch die etwas grösseren, in der Mitte wie ein¬ 
geschnürt erscheinenden Mikroorganismen. Die dritte Flasche wurde 
nach 12 Tagen geöffnet und es ergab sich bei der sofort vorgenom- 
inenen Untersuchung, dass die Milch vollständig geronnen war und 
sowohl bewegliche Mikrobacterien und Zoogloea in grosser Menge ent¬ 
hielt, als auch zahlreiche langgestreckte, rechteckige Oidiumsporen 
(wie sie von mir in der 60 Stunden alten Milch gezüchtet worden 
waren), welche zum Theil ein allerdings dürftiges Mycelium getrieben 
hatten. 


Ziehen wir nun aus dem Gefundenen einen Schluss, so müssen 
wir entgegen der zur Zeit herrschenden Ansicht zugestehen, dass die 
bald nach dem Abmelken in der Milch auftretende Zoogloea den Ur¬ 
anfang des Oidium lactis darstellt, und dass die von Prof. v. Hess¬ 
ling 1866 ausgesprochene Vermuthung, dass die von ihm in der Milch 
gefundenen, scharf punktirten, als Vibrionenlager gedeuteten Haufen 
zu dem später in seiner vollsten Ausbildung auftretenden Milchpilz 
(Oidium lactis) in genetischem Zusammenhänge stehen, vollständig 
zutreffend war. Ob nun jene einige Zeit vor Auftreten der Zoogloea 
sich bemerklich machenden beweglichen Schizoraycetenformen per sc 
existiren oder ob sie zur Bildung der Zoogloea mit beitragen, das 
festzustellen war mir nicht möglich und muss späteren Untersuchungen 
Vorbehalten bleiben. 


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206 


MUELLER, Pilze der normalen Kuhmilch. 


Wie die Pilzformen der normalen Milch nur durch Culturen ihrer 
eigentlichen Natur nach erforscht werden konnten, so wird es auch nur 
durch Culturen möglich sein, festzustellen, ob der in der blauen Milch 
vorkommende Vibrio cyanogenus, der in der gelben Milch beobachtete 
Vibrio xanthogenus und der in der rein-bitteren (nicht faulig-bitteren) 
Milch von mir gefundene Vibrio selbstständige Gebilde sind, oder ob 
sie mit Oidium lactis in genetischem Zusammenhänge stehen. 

Durch die letzte Culturreihe ist schliesslich die Frage, ob die 
Pilzkeime schon im Euter der Kuh sich befinden, oder ob sie erst 
nach dem Abmelken aus der Atmosphäre in die Milch gelangen, 
wenn auch nicht endgültig gelöst, so doch ihrer Lösung bedeutend 
näher gerückt. Ich lebe der Hoffnung, dass es mir noch vergönnt 
sein werde, ein Instrument zu erfinden, vermittelst dessen man aus 
dem Euter Milch entnehmen kann, ohne dass dieselbe irgendwie mit 
der Atmosphäre in Berührung kommt; denn nur so wird es möglich 
sein, auf obige Frage eine erschöpfende Antwort zu geben. 

Zum Schluss dieses Aufsatzes sei es mir erlaubt, Herrn Prof. 
Dr. Zürn für die ausserordentliche Liebenswürdigkeit, mit welcher 
derselbe mir nicht nur bei dieser Arbeit, sondern überhaupt bei allen 
meinen Studien mit Rath und That zur Seite gestanden hat, meinen 
verbindlichsten Dank abzustatten. 


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IX. 

Ueber zwei Fälle von Enohondrom. 


Von 

Janson« 

(Hierzu Taf. H, Fig. 7.) 


Den Geschwülsten der Hansthiere ist erst in neuerer Zeit eine 
grössere Aufmerksamkeit zugewendet worden. Die weitere Erforschung 
dieses Gebietes kann nur zu einem befriedigenden Resultat führen, 
wenn die zur Beobachtung kommenden krankhaften Neubildungen, 
welche sowohl in Bezug auf Anzahl wie auch Mannigfaltigkeit den 
beim Menschen auftretenden nicht nachstehen, objectiv beschrieben 
und bekannt gemacht werden. 

Dies ist die Veranlassung zur Veröffentlichung der nachstehenden 
beiden Fälle von Knorpelgeschwülsten. Den ersten Fall hat Prof. 
Schütz im Demonstrationscursus ausführlich besprochen und mir die 
Veröffentlichung gütigst überlassen. Der zweite Fall wurde bei einem 
Hunde ermittelt, der dem Spital der Thierarzneischule zu Berlin zur 
Behandlung übergeben worden war. 


1. Enchondroma cysticum ossificans in der Unterhaut 

beim Rinde. 

Der Vorsteher des städtischen Schlachthofes zu Düsseldorf, Herr 
Thierarzt Hesse, fand beim Schlachten einer Kuh in der linken 
Flankengegend zwischen Haut und Bauchdecken eine Geschwulst, 
welche die ganze Hungergrube ausfüllte. Sie reichte bis zu den Quer¬ 
fortsätzen der Lendenwirbel und ragte fingerdick über die Körper¬ 
oberfläche hervor. Vor der letzten Rippe war eine Incision in die 


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208 


JANSON, 


Geschwulst gemacht worden. Aus der Oeffnung trat Blutserum her¬ 
vor, und die Umgebung derselben war apfelgross angeschwollen. Bei 
den vorgenommenen Palpationen zeigte die Geschwulst, welche sich 
nicht verschieben Hess, grosse Härte und eine höckerige Beschaffen¬ 
heit der Oberfläche. Das linke Nierenpolster war atrophisch. In dem 
Fettüberzuge des Magens fanden sich sternförmige, weisse, krystall- 
artige Knoten mit concentrischer Schichtung und spitzen Fortsätzen 
bis zur Grösse einer kleinen Wallnuss. In den Lungen und Kehl¬ 
gangsdrüsen zeigten sich ähnliche Zustände. 

Das Thier befand sich in einem sehr guten Ernährungszustände 
und hatte 500 Kilo Schlachtgewicht. 

Soweit der Bericht, welchen H. mit dem Tumor und Theilen der 
Lungen und Drüsen dem pathologischen Institut der hiesigen Anstalt 
übermittelte. 

Die makroskopische Untersuchung der Geschwulst, welche 45 Ctm. 
lang, 35 Ctm. breit und 25 Ctm. dick war und ein Gewicht von 
28 Kilo hatte, ergab folgendes Resultat: 

Die Oberfläche des Tumors ist zum Theil mit der Unterhaut, 
zum Theil mit dem Zwerchfell und den Bauchmuskeln verbunden. 
Der vordere Theil schliesst die mittlere Partie der beiden letzten 
Rippen der linken Seite vollständig ein. Die von den genannten 
Theilen nicht bedeckte Oberfläche zeigt erbsen- bis hühnereigrosse 
Erhabenheiten, welche ihrerseits wieder eine maulbeerartige Beschaffen¬ 
heit haben. Es ist deutlich eine hintere und eine äussere Fläche an 
der Geschwulst zu unterscheiden; erstere ist glatt und theil weise mit 
den Bauchmuskeln verbunden, letztere ist von der Subcutis bedeckt. 
Die innere, vordere und obere Fläche gehen in einander über; die 
hierdurch gebildete gemeinschaftliche Fläche zeigt die bereits angege¬ 
bene höckerige Beschaffenheit. Das vordere Ende der Geschwulst, 
welches schmaler ist als das hintere, tritt ein wenig über die 12. 
Rippe hinüber; das hintere Ende wird von der genannten hinteren 
Fläche begrenzt und reicht nach dem H.’schen Befunde bis an das 
vordere Ende der linken Niere. Der untere Rand schliesst mit dem 
unteren Rande der falschen Rippen ab, während der obere Rand bis 
an die Haut in der linken Flankengegend reicht. 

Ein horizontal durch die Mitte der Geschwulst gelegter Schnitt 
ergiebt, dass sich im Innern derselben eine 23 Ctm. lange, 16—23 
Ctm. breite und ebenso hohe Höhle befindet, welche mit trüber, 
braunröthlicher Flüssigkeit, in der viele Gewebsfetzen und Knorpel- 


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Enchondrom. 


209 


Überreste herumschwimmen, gefüllt ist. Durch diese Höhle gehen, 
besonders durch die peripherischen Theile derselben, viele Bindegewebs- 
züge, welche ihrerseits wieder viele mit einander communicirende klei¬ 
nere Höhlen bilden. Die Wand der Geschwulst ist vorn 22, unten 9, 
oben 5 und hinten 6 Ctm. stark; der peripherische Theil derselben 
erscheint blauweiss, während der centrale grauröthlich gefärbt ist. 
Bei der Betrachtung der Schnittfläche finden sich viele kleine erbsen- 
bis maulbeergrosse Herde, welche eine bläulichweisse Farbe zeigen, 
die im Centrum vielfach von todtweissen, unregelmässigen Flecken 
unterbrochen wird. Diese Herde entsprechen ebenso grossen, festen 
Neubildungen, zwischen welchen deutlich mehr oder weniger starke 
Bindegewebszüge verlaufen, so dass die ganze Geschwulst eine voll¬ 
kommen lobuläre Einrichtung hat. Ausserdem zeigen sich, besonders 
im hinteren Theil der Geschwulst, wallnuss- bis hühnereigrosse Ab¬ 
theilungen, welche auf dem Durchschnitt matt grauweiss gefärbt sind 
und zum Theil eine ähnliche Beschaffenheit zeigen, wie die Substantia 
spongiosa der Knochen. Diese Geschwulstpartien sind so fest, dass 
sie sich kaum schneiden lassen; sie sind nicht scharf begrenzt und 
gehen allmälig in die übrige Geschwulstmasse über. 

In den vorliegenden Lungentheilen ist das Parenchym von einer 
unendlich grossen Anzahl von erbsen- bis haselnussgrossen, massig 
festen, genau begrenzten und innig mit dem Parenchym verbundenen 
Knoten durchsäet. Auf dem Durchschnitt zeigen diese Knoten eine 
gleichmässige, bläulich-weisse Farbe; im Centrum derselben finden 
sich häufig Höhlen, welche mit schleimiger Flüssigkeit gefüllt sind. 

Aehnlich verhalten sich die Drüsentheile, in welchen Knoten von 
gleicher Beschaffenheit nachweisbar sind. 

Die mikroskopische Untersuchung ergiebt, dass die Knoten der 
grossen Geschwulst vorwiegend aus hyalinem Knorpelgewebe bestehen; 
nur bei einzelnen lässt sich hin und wieder in der peripherischen 
Zone auch Faserknorpel nachweisen. Die einzelnen Knoten sind von 
einer bindegewebigen Hülle umgeben, die dem Perichondrium ent¬ 
spricht; an der Grenze derselben ist der Uebergang von Bindegewebs¬ 
zellen in Knorpelzellen deutlich zu erkennen. In dem Knorpelgewebe 
selbst wird häufig eine grössere Anzahl von Knorpelzellen angetroffen, 
die von einer gemeinschaftlichen Kapsel umgeben sind. Die im Cen¬ 
trum der Knoten auftretenden todtweissen Stellen erscheinen unter 
dem Mikroskop schwarz. Nach Zusatz von Salzsäure entwickeln sich 
Gasblasen, das Gesichtsfeld wird allmälig durchsichtig und zeigt 


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210 JANSON, 

schliesslich dieselbe histologische Einrichtung, wie die peripherische 
Zone. 

Die ganz festen Abtheilungen, an denen schon makroskopisch 
ein der Substantia spongiosa ähnlicher Bau nachgewiesen werden 
konnte, zeigt nach Behandlung mit Salzsäure ein deutliches Gerüst 
von Knochenplättchen, in denen mikroskopisch das Vorhandensein von 
Knochenkörperchen festgestellt werden kann. 

In der Flüssigkeit, welche in der Höhle der grossen Geschwulst 
enthalten ist, finden sich viele rothe und weisse Blutkörperchen, Eiter-, 
Schleim- und Knorpelzellen, Fettkörnchenzellen und Kugeln. 

Die Knoten in den Lungen und Drüsen bestehen nach dem Re¬ 
sultat der mikroskopischen Untersuchung aus hyalinem Knorpel; die 
Zellen desselben haben meist die charakteristische sternförmige Ge¬ 
stalt, von denen einzelne lange Ausläufer entsenden. 

In dem Inhalt der Höhlen sind hier nur Knorpel- und Schleim¬ 
zellen nachzuweisen. 

Auf Grund dieses Befundes liegt hier ein Enchondroma cysticum 
ossificans der Unterhaut mit Metastasen in den Lungen und Lymph- 
drüsen vor. 

Aus der Beschreibung geht hervor, dass der Tumor in der linken 
Flanke seinen Ursprung genommen hat und durch Bildung von acces- 
sorischen Knoten allmälig nach innen und vorn gewachsen ist; denn 
die Höhle und die Ossificationen finden sich im hinteren Theil der 
Geschwulst und die accessorische Knotenbildung tritt besonders deut¬ 
lich an der vorderen und inneren Fläche des Tumors hervor. 

Das Wachsthum der einzelnen Knoten geht theils von der dem 
Perichondrium entsprechenden Kapsel durch Verwandlung der Binde¬ 
gewebszellen in Knorpelzellen, theils durch Theilung der einzelnen 
Knorpelzellen vor sich. 

Zu den mannigfachen Veränderungen, welche den neugebildeten 
Knorpel betroffen haben, gehört vorerst die den todtweissen Stellen 
entsprechende Verkalkung, welche ausschliesslich im Centrum der 
Knoten aufgetreten ist. Die in den älteren Geschwulsttheilen erfolgte 
Ossification erstreckt sich immer über mehrere Knoten und die da¬ 
zwischen liegenden Septa. Bei der weiteren Verbreitung dieses Pro- 
cesses in der Peripherie scheinen letztere zuerst ergriffen zu werden. 

Der Zerfall im Innern der Geschwulst erfolgt zuerst an dem 
Knorpelgewebe, während die Septa längere Zeit Widerstand leisten. 


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Enchondrom, 


211 


Der Process, welcher den Tumor im Innern zum Schmelzen bringt, 
ist die fettige Metamorphose. Die Centren der Knoten in den Lungen 
sind dagegen nur auf dem Wege der einfachen schleimigen Erwei¬ 
chung verändert worden. 


2. Enchondrom im Wirbelcanal eines Hundes. 

Am 14. Juni 1879 wurde dem hiesigen Spital für kleinere Haus- 
thiere ein junger Dachshund mit dem Vorbericht zur Behandlung 
übergeben, dass über Nacht ganz plötzlich eine Lähmung der hinteren 
Körperhälfte aufgetreten sei. 

Der Hund war munter, hatte guten Appetit und zeigte ausser 
der Lähmung und wunden Stellen am Scrotum und an den Sprung¬ 
gelenken keine Krankheitserscheinungen. 

Da der Zustand als unheilbar erachtet wurde, entschloss sich 
am 26. Juni der Besitzer, den Hund vergiften zu lassen. 

Die Obduction ergab folgenden Befund: 

Die Organe der Brust- und Bauchhöhle zeigen keine Abweichun¬ 
gen; am Lenden- und Kreuzgeflecht sind keine krankhaften Verände¬ 
rungen nachzuweisen. 

Nach Eröffnung des Wirbelcanals durch Abnahme der Wirbel¬ 
bogen findet sich in dem zwischen Dura mater spinalis und Wirbel¬ 
körper liegenden Fettgewebe, an der Stelle, wo der 4. und 5. Len¬ 
denwirbel zusammentreten, eine scharf begrenzte, ziemlich harte und 
von einer bindegewebigen Hülle umgebene Neubildung, welche 2 Ctm. 
lang, V 2 Ctm. breit und ebenso hoch ist. Sie liegt an der linken 
Seite des Canals und ist durch lockeres Binde- und Fettgewebe mit 
dessen unterer und äusserer Wand verbunden, während die obere und 
innere Seite frei nach der Dura mater spinalis gerichtet ist, ohne an 
derselben zu adhäriren. Die Oberfläche dieser Neubildung hat eine 
grauweiss bis grauroth melirte Farbe und ist höckerig, nach oben 
selbst kammartig hervortretend. Die beiden Enden, ein vorderes und 
ein hinteres, sind kegelartig abgestumpft. 

Die Dura mater und die darunter liegende Medulla spinalis 
zeigen an der Stelle, wo die Neubildung liegt, Impressionen; beson¬ 
dere krankhafte Veränderungen sind indessen an diesen Theilen nicht 
nachzuweisen. 


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212 


JANSON, 


Auf dem Durchschnitt, welcher durch die Längsaxe der Ge¬ 
schwulst und der Wirbelkörper gelegt worden ist, zeigt sich, dass 
erstere in der That nur durch Binde- und Fettgewebe mit den an¬ 
grenzenden Theilen verbunden ist; ein Zusammenhang des Tumors 
mit der Intervertebralscheibe kann nirgend festgestellt werden; letz¬ 
tere ist vielmehr vollkommen intact. 

Die Schnittfläche der Neubildung hat eine glatte, glänzende Be¬ 
schaffenheit; es wechseln auf derselben braunrothe und blauweisse 
Felder von Hirsekorn- bis Linsenumfang und meist ungleichraässiger 
Peripherie. Erstere finden sich vorwiegend am hinteren Theil und 
haben sehr unregelmässige Grenzen; letztere treten besonders deutlich 
im vorderen Theile auf und sind mehr circurascript. 

Die weitere Prüfung ergiebt, dass die Geschwulst entsprechend 
den auf der Schnittfläche sichtbaren Feldern eine sehr ungleich- 
mässige Zusammensetzung hat. Sie zerfallt in eine Anzahl grösserer 
oder kleinerer, unregelmässig gestalteter Abtheilungen, von denen die 
blauweiss gefärbten Neubildungen von fester, glatter und glänzender 
Beschaffenheit sind, während die dunkelrothen eine sehr bröckelige 
Einrichtung erkennen lassen. 

Die mikroskopische Untersuchung lehrt zunächst, dass von der 
fibrösen Kapsel der Geschwulst bindegewebige Septa ausgehen, welche 
den Tumor in viele kleine Lobuli theilen. Diese Lobuli bestehen 
entweder aus Knorpelgewebe oder aus den bereits genannten bröcke¬ 
ligen Massen, in welchen noch hin und wieder Bindegewebe, Fett 
und verändertes Blut nachgewiesen werden kann. Ausserdem finden 
sich hier einzelne sehr kleine Herde von hyalinem Knorpel, welche 
durch eine bindegewebige Kapsel so scharf begrenzt sind, dass sie 
den Eindruck von selbstständigen Neubildungen machen. In diesen 
Herden liegen die Knorpelzellen meist isolirt; sie zeigen deutlich 
einen grossen Kern und sind von einer Kapsel umgeben. Die gleich- 
massige homogene Grundsubstanz hat eine blasse, gelb-röthliche 
Färbung. 

Die vorwiegend aus Knorpelgewebe bestehenden Lobuli, welche 
den blauweissen Stellen entsprechen, bestehen theils aus hyalinem, 
theils aus Faserknorpel, welche entweder allmälig in einander über¬ 
gehen oder scharf von einander getrennt sind. An den meisten 
Stellen zeigten sich alveolar eingerichtete Räume, die durch ein binde¬ 
gewebiges Gerüst gebildet werden und in denen die Knorpelzellen 


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Enchondrom. 


213 


liegen. Dieselben sind entweder in grösserer Anzahl von einer ge¬ 
meinschaftlichen Kapsel umgeben, in der einzelne Zellen wieder von 
einer besonderen Kapsel umschlossen werden, oder sie treten zerstreut 
sowohl zwischen diesen Conglomeraten oder in den Bindegewebszügen 
und Balkengerüsten auf. 


Krklarug der Abbildug. 

Schnitt aus dem Enchondrom des Wirbelcanals. Vergr. 350. 

a) Peripherische Schicht, aus Bindegewebe bestehend. 

b) Knorpelgewebe. 


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X. 


Panzerartiges Sarooma medulläre von dem Psalter eines 

Rindes. 

Von 

Ei Pauli, 

Assistenten am pathol. Institut der Kgl. Thierarzneischule zu Berlin. 

(Hierau Taf. II Fig. 8 u. 9.) 


Aus der hiesigen ambulatorischen Klinik wurden dem patholo¬ 
gischen Institut Organe, bestehend aus den vier Magenabtheilungen 
mit dem Schlunde einer Kuh zugesandt, welche nach Aussage des 
Besitzers sich seit längerer Zeit schlecht genährt, seit 14 Tagen keine 
Fresslust und bedeutende Schwäche gezeigt habe. Das Thier wurde 
geschlachtet und bei der Section an den nicht zugesandten Organen 
Alles in normalem Zustande vorgefunden. 

Die anatomische Untersuchung der Magenabtheilungen ergiebt eine 
auffallende Abweichung am Psalter. Es handelt sich bei letzterem 
um die Entwickelung einer Geschwulst im subserösen Gewebe, welche 
diese Magenabtheilung nach Art eines Panzers umschliesst und eine 
hiermit in Verbindung stehende Hypertrophie ihrer Wandungen. 

Diese Neubildung scheint selten zur Beobachtung gekommen zu 
sein, wenigstens liegt in der Literatur keine Beschreibung derselben 
vor. Brennekara hat im Magazin für Thierheilkunde, 35. Jahrg., 
3. Heft, einen „Scirrhus“ beschrieben, der in ähnlicherWeise den 
Labmagen umschloss und eine Verdickung in den Wänden des letz¬ 
teren bis zu 3 Zoll veranlasst hatte. Semmer-Dorpatkennt einen 
Fall von Sarcombildung an dem Darmcanal eines Rindes, welcher 
ebenfalls eine Hypertrophie der Wandungen bedingt hatte. Eine ähn- 


l ) Oesterreich. Vierteljahrsschr., Bd. XL. 


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Panzerartiges Sarcoma medulläre. 


215 


liehe Neubildung — Rundzellensarcom — wurde im pathologischen 
Institut der Königl. Thierarzneischule zu Hannover am Digestions¬ 
apparat einer Kuh gefunden 1 ). Ferner liegen noch Beobachtungen 
über „carcinomatöse und fibröse“ Neubildungen am Digestionsapparat 
des Rindes vor 2 ). 

Herr Prof. Schütz stellte den Bau der vorliegenden Geschwulst 
fest und bezeichnete sie mit Rücksicht auf Form und Lage als „ panzer- 
artiges Sarcom“ (Sarcoma capsulare). 

Die Haube und der Pansen bieten weder in ihrer Wandung noch 
auf ihrer Schleimhaut etwas Abnormes dar; ebenso ist der Schlund 
mit Ausnahme einer leichten Dilatation vollkommen normal. In der 
Schleimhaut des Labmagens lässt sich eine diffuse, helle Röthung, 
welche mit einer leichten Schwellung der Schleimhaut verbunden ist, 
nachweisen. Die venösen Gefasse zeigen eine nur schwache Injection. 
Die Chylusgefässe sind als schmale, mattweisse Stränge an der Aussen- 
wand zu erkennen. 

. Die übrigen Häute des vierten Magens haben eine normale Be¬ 
schaffenheit. 

Der Psalter zeigt die Gestalt eines Globus, dessen Pole etwas 
abgeplattet sind und dessen Aequatorialdurchpaesser 63 Ctm. beträgt. 

Nachdem der Psalter durch einen durch die obere Curvatur 
gehenden Meridianschnitt geöffnet und die vollkommen trockenen und 
alkalisch reagirenden Futtermassen, welche zwischen den Blättern an- 
gehäutt waren, abgespült worden, zeigt sich die Schleimhaut, von der 
das Epithel nur schwer abzustreifen ist, blassgrau gefärbt; gefüllte 
Blutgefässe sind nicht zu erkennen. Der Querschnitt hat nicht überall 
die gleiche Höhe, vielmehr ist letzterer am bedeutendsten (65 Ctm.) 
in der Nähe der aus dem zweiten Magen führenden Oeflfnung und 
nimmt von da allmälig ab, sodass die schwächste Stelle, welche der 
stärksten gegenüber liegt, ungefähr 2,5 Ctm. beträgt. 

Anf dem Durchschnitt kann man makroskopisch die Schleimhaut, 
welche die Farbe ihrer Innenfläche trägt, als einen 0,5 Ctm. breiten 
Zug verfolgen. Das Gleiche ist mit dem peritonealen Ueberzug des 


*) Jahresber. der Kgl. Thierarzneischule zu Hannover, 1875. 

2 ) Wochenschr. für Tkierheilk., Bd. III u. XII. — Schütz, Archiv, 1875, 
Roloff, Preuss. Mittheil., S. 130: Fibroma papillare am Schlunde eines Rindes. 
— Journ. des Vöt^rinaires du mid., III. Ser., Tom. IX: Fibröse Geschwulst am 
Wanste einer Kuh. • 


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216 


PAULI, 


Psalters der Fall. Derselbe hat eine Stärke von 0,6 Ctm. und eine 
mattgraue, ins Bläuliche spielende Farbe. Gefässzüge sind auch hier 
nicht sichtbar. Anders verhält es sich aber mit dem submucösen 
Gewebe; dasselbe grenzt sich nach der Mucosa hin wohl noch scharf 
ab, eine deutliche Grenzlinie der sehr schmalen und durch ihr 
blassröthliches Aussehen schwer von den übrigen Häuten zu unter¬ 
scheidende Muscularis besitzt es jedoch nicht, auch hat die Submu- 
cosa ihre lockere Beschaffenheit verloren und zeigt einen festeren, 
mehr fibrösen Bau. Die Subserosa resp. die Schicht, welche nach 
der Anordnung der Häute derselben entsprechen würde, nimmt die 
ganze übrige Höhe — das Peritoneum, die Muscularis, Submucosa 
und Mucosa abgezogen — der Magenwandung ein und variirt des¬ 
halb in seiner Breite ebenso wie die der letzteren. 

Die Schnittfläche dieser Schicht ist glatt und durchscheinend, hat 
eine weisse, schwach graue Farbe und ist von weicher Consistenz 
(encephaloides Aussehen). An einzelnen Stellen geht die Farbe ins 
Mattweisse oder Schwachgelbliche über, hier ist die Consistenz des 
Gewebes etwas weicher. An anderen Stellen tritt eine röthliche Fär¬ 
bung auf, welche durch ramiform angeordnete, feine, hellrothe Züge 
hervorgerufen wird. Beim Druck ergiesst sich über die Schnittfläche 
keine Flüssigkeit. Auch lässt sich keine weitere Substanz aus dem 
Gewebe hervorpressen. 

Von der Hauben-Psalteröffnung geht eine strangartige Gewebs- 
masse von der beschriebenen encephaloiden Beschaffenheit an dem 
oberen Rande der zwischen dem dritten und dem ersten Magen gele¬ 
genen Verbindungsschicht entlang nach dem Foramen oesophageura, 
tritt durch dasselbe in das Mediastinum posticum und bildet hier eine 
etwa faustgrosse Geschwulst, deren Durchschnitt dem der Subserosa 
entspricht. 

Schon aus dieser Beschreibung ergiebt sich, dass der Psalter be¬ 
deutend vergrössert ist. Nach Frank soll derselbe „etwas grösser 
sein“ als die Haube, diese zählt am grössten Durchmesser 28 Ctm. 
dächte man sich die Haube in Form einer Kugel, so würde die Pe¬ 
ripherie hiernach nur 87,9 Ctm. betragen. Der vorliegende Psalter 
hat aber einen Durchmesser von 63 Ctm., demnach einen Umfang 
von 197,8 Ctm. Er ist mithin etwa zweimal so gross als die Haube. 

Ein zu der Magenwandung senkrecht gelegter Schnitt wird mit 
Hartnack, Obj. 7, Ocul. 2, untersucht und ergiebt folgendes Bild: 

In der Serosa sind die Bindegewebsfibrillen, welche sich hier 


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Panzerartiges Sarcoma medulläre. 


217 


einfach kreuzen und zwischen denen zahlreiche elastische Fasernetze 
liegen, deutlich sichtbar. Die Epithelialschicht weist glatte, durch¬ 
sichtige, mit Fortsätzen versehene Zellen aut, die einen bläschenför¬ 
migen Kern und Kernkörperchen und sehr wenig gekörntes Proto¬ 
plasma enthalten. An vielen Stellen erheben sich über der Serosa 
kleine, 0,5 Ctm. grosse Zöttchen, die eine bindegewebige Structur 
erkennen lassen. 

Die Muscularis des Psalters, welche bekanntlich aus drei Schich¬ 
ten besteht, einer dünnen, aussen gelegenen Längsschicht, einer star¬ 
ken Kreisfaserschicht und einer zweiten längs verlaufenden, innen ge¬ 
legenen Schicht, die die Grundlage der Blätter bildet, zeigt auch an 
dem vorliegenden Präparat dieselbe Anordnung. Die spindelförmigen 
Zellen dieser Schichten sind aber nicht, wie bei normaler Einrichtung, 
dicht in einander gefugt, sondern durch kleine Fetttröpfchen aus ein¬ 
ander gedrängt. Diese Einlagerung lässt sich an Querschnitten der 
Muscularis deutlich nach weisen. Hierdurch haben die Bündel, zu 
welchen die contractilen Faserzellen zusammengesetzt sind, und dem¬ 
nach auch die Muscularis selbst, ein grösseres Volumen erlangt. 

Mucosa und Submucosa zeigen keine Abweichung. 

In der Subserosa, an welcher schon makroskopisch die grössten 
Veränderungen constatirt werden konnten, findet sich ein weites, mit 
grossen Lücken versehenes, bindegewebiges Maschen werk. In dem¬ 
selben liegt die oben als encephaloid bezeichnete Masse, die unter 
dem Mikroskop einen zelligen Bau erkennen lässt. Sie besteht fast 
nur aus Rundzellen, von denen die meisten die Grösse der Granula¬ 
tionszellen besitzen. Das Protoplasma der Zellen ist vollkommen 
durchsichtig, ungekömt — nackt —, in demselben findet sich ein 
verhältnissmässig grosser, mit scharfem Contour und mehreren Kern¬ 
körperchen versehener Kern vor. Der Kern verdeckt derart das Proto¬ 
plasma, dass die freiliegende, schmale, peripherische Zone des letz¬ 
teren nur schwer erkennbar ist. 

Zwischen den Zellen liegt eine spärliche Menge einer vollkommen 
homogenen (glashellen), weichen Grundsubstanz. Die Menge ist an 
vielen Stellen so gering, dass sich die Zellen fast berühren; an an¬ 
deren Stellen tritt sie in grösserer Mächtigkeit auf. 

Ferner beobachtet man in der Geschwulstmasse kleine spindel¬ 
förmige Zellen, die mit einem Kern ausgestattet sind, der dem in den 
Rundzellen ähnlich ist. Die Zahl der spindelförmigen Elemente ist 
aber eine verschwindend kleine. 

ArehW L wissen ich. und pinkt. Thterhellk. VTL 3. 15 


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218 


PAULI, 


Ausser den erwähnten Forraelementen und der sie verbindenden 
Masse lassen sich auch mehrere grosse, bald oval, bald rund gestal¬ 
tete Gebilde erkennen, die eine bläulichgelbe Farbe haben, scharf 
contourirt und mit einer feinkernigen Masse angefüllt sind. Einige 
von ihnen sind durch einen Riss gespalten; die abgesprengten Theile 
der letzteren haben die Form ovaler, glänzender Platten. An man¬ 
chen Stellen sind sie vollkommen aus der Umgebung herausgefallen, 
an anderen halb herausgedrängt, sodass entsprechende Lücken im 
Gewebe sichtbar werden. Diese Körper erweisen sich als Fettzellen, 
deren Form bekanntlich eine sehr verschiedene sein kann. 

Die Geschwulst ist auch mit Blutgefässen ausgestattet. Nament¬ 
lich die röthlich gefärbten Theile der ersteren zeichnen sich durch 
ihren Reichthum an Capillargefässen aus. 

Hieraus ergiebt sich, dass diese Farbe auf der Vascularisation 
gewisser Geschwulstabschnitte beruht. 

An den Stellen, welche ein todtweisses oder gelblich gefärbtes 
Aussehen haben, sind die Zellen mit kleinen, jedoch nicht gleich 
grossen, stark lichtbrechenden, runden Körnchen angefullt, die auf 
Zusatz von concentrirter Essigsäure und Kalilauge sichtbar bleiben 
und sich dadurch als Fettkörnchen erweisen. Die verschiedene Grösse 
derselben und das durch die Reaction mit Gentianaviolett gewonnene 
negative Resultat schliesst eine etwaige Verwechslung mit Mikro- 
coccen aus. 

Mithin handelt es sich an den opaken Stellen um eine Fett¬ 
metamorphose der zelligen Bestandteile der Geschwulst. Alle Sta¬ 
dien des Processes sind bei der mikroskopischen Prüfung nachzu¬ 
weisen. In einigen werden nur einzelne Fettkörnchen, in anderen 
grosse Mengen derselben ermittelt. Viele Zellen haben sich in Fett¬ 
körnchenkugeln umgewandelt und noch andere durch Zerfall einen 
fettigen Detritus gebildet. 

Fassen wir y die Ergebnisse der makroskopischen und mikrosko¬ 
pischen Prüfung der in Rede stehenden Geschwulst zusammen, so 
kann es keinem Zweifel unterliegen, dass es sich im vorliegenden 
Falle um ein Sarcom der Subserosa des Psalters handelt, welches in 
Form einer Infiltration letztere durchsetzt und dadurch die das ganze 
Organ nach Art eines Panzers umschliessende Anschwellung bedingt 
hat. Die Uebereinstimmung, welche die Geschwulst in ihrem äusseren 
Verhalten mit den grossen nervösen Centralapparaten, wie Gehirn und 


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Panzerartiges Sarcoma medulläre. 


219 


Rückenmark, darbietet, ist der Grund, weshalb man sie als Sarcoma 
medulläre bezeichnen kann. 

Neben der Geschwulst konnte ferner eine auffallende Ver- 
grösserung des Psalters festgestellt werden. Diese Vergrösserung ist 
aber, wie sich aus der obigen Beschreibung ergiebt, keine blosse 
Dilatationserscheinung, die selbstredend mit Verdünnung der Wan¬ 
dungen einhergehen müsste, sondern ein Wachsthumsphänomen. Hier¬ 
durch erklärt es sich, dass sämmtliche Häute, welche die Wand des 
Psalters constituiren, an Dicke gleichzeitig zugenommen haben. Wis¬ 
senschaftlich lässt sich daher der Process, welcher die auffallende 
Veränderung am Psalter herbeigeführt hat, in zwei Theile zerlegen, 
nämlich in den eigentlich geschwulstbildenden (specifischen oder sar- 
comatösen) und in den Wachsthumsvorgang (einfachen oder irritativen). 
Wir kennen bis jetzt die Natur der Reize, welche die Bildung eines 
Sarcoms bedingen, allerdings nicht; wir wissen jedoch, dass das Pro¬ 
duct, welches diese Reize liefert, verschieden sein kann. Wahr¬ 
scheinlich entscheidet hierüber die Menge des Reizes, welche die ver¬ 
schiedenen Stellen trifft. Derselbe Reiz, welcher in grösserer Menge 
auf die Subserosa des Psalters gewirkt und hier den specifischen 
Neubildungsprocess eingeleitet hat, wird die Nachbarschaft in gerin¬ 
gerer Menge treffen und hier einen einfachen Reizungs-(Wachsthums-) 
Vorgang auslösen. Beide Processe stehen folglich in einem causalen 
Zusammenhang und zwar in der Weise, dass die Vergrösserung des 
Psalters der Entwickelung des subserösen Sarcoms gefolgt ist. 

Für das Zustandekommen der hochgradigen Hypertrophie des 
Psalters lässt sich auch noch ein zweiter Grund finden. Der Psalter 
hat unter Anderem die Aufgabe, seinen Inhalt in den Labmagen zu 
entleeren, und diese Thätigkeit führt er mit Hülfe der in seinen 
Häuten gelegenen Musculatur aus. Die Zusammenziehung des Psal¬ 
ters ist aber erschwert, wenn die Subserosa desselben Sitz der in 
Rede stehenden Neubildung ist. Der Psalter hat unter solchen Um¬ 
ständen, neben seiner gewöhnlichen Arbeit, noch den durch die Neu¬ 
bildung gegebenen Widerstand zu überwinden, oder mit anderen 
Worten, es werden an die Thätigkeit der Muscularis erhöhte An¬ 
sprüche gestellt. Die Folge dieser grösseren Arbeit ist, dass das 
Muskelgewebe an Masse zuniramt, d. h. hypertrophisch wird. 

Beachtet man nun, dass ausser den besprochenen Veränderungen 
und einer hochgradigen Abmagerung der Kuh keine sonstigen Abnor¬ 
mitäten bei derselben ermittelt worden sind, so muss gefolgert 

15* 


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220 


PAULI, Panzerartiges Sarcoma medulläre. 


werden, dass die vorliegende Geschwulst als ein primäres Sarcom 
aufzufassen ist. Das Sarcom ist allerdings, wie schon Leblanc 1 ) 
dargethan hat, kein seltenes Vorkommniss beim Rinde. Die bisheri¬ 
gen Mittheilungen reichen aber nicht aus, um eine genaue Uebersicht 
derjenigen Organe, welche überwiegend häufig Sarcome hervorbringen, 
liefern zu können. Doch glaube ich unter Berücksichtigung des vor¬ 
liegenden Beobachtungsmaterials die Behauptung aussprechen zu 
dürfen, dass die in der Bauchhöhle gelegenen Organe am häufigsten 
befallen werden. 

Endlich will ich noch bemerken, dass die allgemeine Abmagerung 
des Thieres auf die am Psalter beobachtete Störung ausschliesslich 
zurückzuführen ist. 

Zum Schluss möchte ich mir erlauben, meinem hochverehrten 
Lehrer, Herrn Prof. Schütz, für seine gütige Unterstützung ergeben¬ 
sten Dank zu sagen. 

Die Zeichnungen sind von Herrn Stud. Tetzner angefertigt, dem 
ich für seine Mühe hierdurch freundlichst danke. 


Erkliraag der Abbüdaagea. 

Figur 8. Querschnitt des Psalters. 

A. Psalter: 

a) Serosa; 

b) Subserosa, welche von der Neubildung durchsetzt ist; 

c) Muscularis; 

d) Mucosa. 

B. Netz. 

G. Labmagen. 

Figur 9. Schnitt aus der Neubildung (Vergr. Hartnack, Obj. 7, Ocul. 2). 

a) Zellen der Neubildung; 

b) Fettzellen; 

c) Gefasse. 


l ) Recueil de mddecine veterinaire, 1858, No. 8—9. 


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lieber das Wesen des Hufkrebses. 

Einige Bemerkungen zur Erwiderung des Herrn Prof. Pütz. 

Von 

Möller. 


In dem letzten Hefte dieses Archivs sowie in einem Vortrage, 
gehalten in der XI. Section für Veterinärkunde auf der 53. Versamm¬ 
lung deutscher Naturforscher und Aerzte in Danzig 1 ) hat Prof. Pütz 
gegen die in meinem Lehrbuch der Hufkrankheiten über das Wesen 
des Hufkrebses ausgesprochene Ansicht Einwendungen erhoben. Wäh¬ 
rend ich mich auf Grund eigener Untersuchungen der bereits von 
Haubner aufgestellten Annahme angeschlossen hatte, wonach der 
Strahlkrebs als ein Neubildungsvorgang anzusprechen ist, will Herr 
Pütz dieses Leiden den Geschwüren zuzählen. 

Diese Differenz der Anschauungen hat eine mehr theoretische als 
praktische Bedeutung, und wenn ich die Erklärung des Herrn Pütz 
hier beantworte, so geschieht es vornehmlich, um meine Anschauungen 
über diesen Punkt etwas eingehender klar zu legen, als dies in einem 
Handbuch, welches ein so umfangreiches Material wie die Hufkrank¬ 
heiten zu behandeln hat, zweckmässig erscheint. Wollte man in einer 
solchen Arbeit alle im Laufe der Zeit über die einzelnen Fragen aus¬ 
gesprochenen Anschauungen und Meinungsdifferenzen kritisch beleuch¬ 
ten, alle Gründe, welche für und gegen dieselben sprechen, eingehend 
erörtern, der Zweck der Arbeit und der Werth derselben würde dar¬ 
unter nur leiden. Von diesem Grundsatz ausgehend, habe ich auch 


*) Tageblatt der 53. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in 
Danzig, S. 281. 


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222 


MOELLER, 


den Huf krebs abzuhandeln versucht, indem ich die über das Wesen 
desselben am meisten verbreiteten Anschauungen zusaramenstellte und 
die eigene Ansicht klar zu legen und zu begründen suchte. Von dem 
Verfasser eines derartigen Lehrbuches kann man füglich verlangen, 
dass er mit der eigenen Ansicht nicht zurückhält, wo er glaubt, eine 
solche gefunden zu haben. Bezüglich des Strahlkrebses stand mir ein 
reichhaltiges Beobachtungsmaterial zur Seite, welches ich in wissen¬ 
schaftlicher wie praktischer Beziehung auszunutzen bemüht gewesen 
war, und wobei ich zu einer Auffassung über das Wesen dieses Leidens 
gelangte, welche zugleich von einem der hervorragendsten Vertreter 
unserer Wissenschaft anerkannt wird. Wenn ich daher diese Ansicht 
mit einer gewissen Zuversicht ausgesprochen habe, so erscheint dies 
begreiflich. Dagegen hat es mir fern gelegen, dieselbe als unanfecht¬ 
bar hinzustellen oder gar den ihr entgegenstehenden Anschauungen Ge¬ 
ringschätzung entgegen zu tragen. Wie Herr Pütz mir diese Absicht 
imputiren konnte, ist mir bis heute noch ganz und gar unerklärlich. 
Auch habe ich vergeblich nach einem Grunde gesucht für die Er¬ 
regung, welche aus der Pütz’schen Erwiderung spricht, und das Be¬ 
streben, die Frage auf das Gebiet des Persönlichen zu drängen. Der 
vorurtheilsfreie Leser wird in meiner Arbeit, auf welche sich die Vor¬ 
würfe des Herrn Pütz beziehen, schwerlich einen hinlänglichen Grund 
für diese gefunden haben. Ich fühle mich deshalb der Mühe über¬ 
hoben, jene Angriffe, deren Sprache allein schon eine Erwiderung 
ausschliesst, einzeln zurückzuweisen. Derartige persönliche Con- 
troversen sind nicht dazu angethan, die Sache zu fördern 
und die Streitfrage zu klären, worauf es doch allein an¬ 
kommen sollte. 

Aus diesem Grunde will ich mich hier darauf beschränken, zur 
Klarlegung des Wesens des Hufkrebses und dieser Meinungsdifferenz 
einen kleinen Beitrag zu liefern. 

» Dass beim Huf krebs ein Neubildungsprocess besteht, welcher 
sowohl das Corium wie auch das Rete Malpighii der Huflederhaut 
betrifft, und dass dieser Process eine einfache Hyperplasie der ge¬ 
nannten Gewebe darstellt, darüber bestehen zwischen uns keine Mei¬ 
nungsverschiedenheiten. Würden sich an der Oberfläche dieser Neubil¬ 
dung stets trockene Epidermislagen befinden, so würde schwerlich Jemand 
die Bezeichnung * Fibroma papillare“ beanstanden; das ist aber häufig 
nicht der Fall, und die wesentlichste Differenz der Ansichten bezieht 
sich auf die in dem Rete Malpighii ablaufenden Vorgänge und die Frage: 


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Wesen des Hufkrebses. 


223 


ob auf Grund dieser Veränderungen das Ganze als ein Ver- 
schwärungsprocess oder als ein Fibroma papillare zu be¬ 
zeichnen ist. 

Die Frage, ob wir unter dieser Voraussetzung den Strahlkrebs 
als einen Tumor oder als ein Geschwür auffassen müssen, kann nur 
an der Hand der gegenwärtig gültigen Grundsätze der Pathologie und 
Chirurgie entschieden werden. 

In dem Namen Geschwür liegt keine besondere Krankheit aus¬ 
gedrückt, sondern nur die Form, in der eine Krankheit auftreten 
kann. Es giebt rotzige, carcinomatöse, brandige u. s. w. Processe, 
die ein Geschwür bilden, ja sogar regelmässig und früh bilden. Im 
Gegensatz hierzu leiten andere Processe nur selten oder nie eine Ver¬ 
schwärung ein. Das Geschwür ist demnach nur eine Erscheinungs¬ 
möglichkeit, also keine bestimmte Krankheit, sondern nur ein Zustand, 
der durch verschiedene Krankheiten bedingt werden kann. Zu den 
Krankheiten, welche besonders geeignet sind, Geschwürsbildung zu 
veranlassen, gehören namentlich Neubildungsprocesse wie z. B. Rotz, 
Tuberculose, Carcinorne. In der Einrichtung dieser Neubildungen, in 
dem Hergange ihres Wachsthums liegt es begründet, dass sich aus 
ihnen so regelmässig ein Geschwür bildet. Die Gewebsmassen, welche 
diesen Neubildungen zu Grunde liegen, zerfallen leicht und ulceriren. 
Man hat daher auch die Geschwüre nach diesen Krankheiten wohl 
benannt, z. B. tuberculose, rotzige, carcinomatöse u. s. w. Das Ge¬ 
schwür ist aber hier das Secundäre: die Neubildungen zerstören die 
Gewebe, und wenn die ersteren zerfallen, entsteht in letzteren ein 
Defect oder Substanzverlust. Dieser Zerfall kann durch käsige oder 
fettige Metamorphose oder eitrige Schmelzung u. s. w. entstehen, und 
man hat daher auch mit Rücksicht auf die Art des Zerfallsproductes 
käsige, fettige, eitrige u. s. w. Geschwüre unterschieden. So wichtig 
es auch ist zu wissen, welche Bildungen frühzeitig zerfallen, also 
eine Tendenz zur Verschwärung haben, für die Erkennung des Wesens 
derselben ist dadurch nichts gewonnen. Die Ulceration ist immer 
etwas Nebensächliches. Wichtiger ist es zu wissen, wie die Bildung 
zu Stande gekommen ist, denn dadurch gewinnt man erst eine Ein¬ 
sicht in das Wesen derselben. 

Auch das Fibroma papillare kann ulceriren. Dieses ist aber 
erst die Folge von zufälligen Ereignissen, beim Strahlkrebs von me¬ 
chanischen Insulten und chemischen Einwirkungen, z. B. von Aetz- 
mitteln. Sofern aber diese nicht einwirken, tritt auch keine Ulceration 


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224 


MOELLER, 


ein, denn das Fibrom besteht nicht aus einem hinfälligen, sondern 
aus einem Dauergewebe. Wenn es daher vom Standpunkt der älteren 
Medizin begreiflich erscheint, gewisse Bildungen, die frühzeitig zer¬ 
fallen, „Geschwüre“ zu nennen, so ist es doch unbegreiflich, wie man 
ein Fibroma papillare mit diesem Namen belegen kann. Hier ist die 
Ulceration etwas ganz Ungewöhnliches, denn das Fibrom besitzt keine 
Neigung zu ulceriren. Wenn man aber ein ulcerirendes Fibroma pa¬ 
pillare ein Geschwür nennen will, so drängt man ein zufälliges Er¬ 
eigniss in den Vordergrund. Wohin aber würde es führen, wenn man 
gelegentliche Veränderungen benutzen wollte, um eine Krankheit zu 
bezeichnen? Aeussere Erscheinungsformen, namentlich wenn diese 
accidenteller Natur sind, eignen sich selbstverständlich hierzu nicht. 

Strahlkrebs ist dem Wesen nach ein Fibroma papillare, 
welches durch sich und in sich niemals zerfällt, das liegt 
auch in dem auf Seite 221 meines Lehrbuchs ausgesprochenen Ge¬ 
danken ausgedrückt. Mit diesem Namen glaube ich auch eine Be¬ 
zeichnung gewählt zu haben, die „auf einer anatomisch-gene¬ 
tischen Grundlage“ 1 ) ruht. 

Ebenso wie Neubildungen, können necrotisirende und eiterige Pro- 
cesse Geschwüre erzeugen, die man nach der Entstehungsart auch als 
gangränöse bez. eiterige Geschwüre bezeichnet hat. 

Alle diese KrankheitsVorgänge kann man doch nicht „Geschwüre“ 
nennen, selbst dann nicht, wenn die Ulceration der regelmässige Aus¬ 
gang des Leidens ist; denn abgesehen davon, dass Krankheit ein 
Process, Geschwür ein Zustand ist, ist für die Bezeichnung 
eines Dinges, wie Herr Pütz selbst zugiebt, die Genesis desselben 
entscheidend. Die Genesis lehrt aber, dass verschiedene Processe 
in Form eines Geschwürs auftreten können. Wenn daher am Strahl¬ 
krebs Ulceration eintreten sollte, so ist dies eine rein äusserliche, 
accidentelle Erscheinung. Das Hauptgewicht ist selbstredend auf den 
Vorgang zu legen, durch welchen das eigentliche Leiden auftritt. 
Dieser Vorgang ist ein hyperplastischer Process, wie auch Herr Pütz 
zugiebt, und die Genesis zwingt uns deshalb, diesen Process als einen 
Neubildungsvorgang, und zwar als einen hyperplastischen zu bezeich¬ 
nen, der im Papillarkörper und Rete Malpighii der Huf lederhaut ver¬ 
läuft; dabei kann es gleichgültig sein, ob sich derselbe als „Ge¬ 
schwulst“ oder als „Geschwür 44 darstellen sollte. 


*) Virchow, Die krankhaften Geschwülste, Bd. I, S. 15. 


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Wesen des Hufkrebses. 


225 


Im Uebrigen bilden „fungöses Geschwür“ und „ulcerirende Ge¬ 
schwulst“ keineswegs Gegensätze, sondern sind im Princip dasselbe. 
Bei beiden handelt es sich um Untergang von Substanz, und dabei 
ist es gleichgültig, ob alte oder neugebildete Gewebe untergehen. 
Auch das Krebsgeschwür (der „ulcerirende“ Krebs) kann ein „fun¬ 
göses“ sein. Das Ulcus verrucosum s. fungosum steht nur dem 
Ulcus planum gegenüber. Ira ersteren ist die Geschwürsfläche 
warzig, zottig und erhebt sich gewöhnlich über die Oberfläche der 
Nachbarschaft; in dem letzteren erscheint die Oberfläche des Ge¬ 
schwürs glatt und eben und liegt ira oder unter dem Niveau der 
Nachbarschaft. Das fungöse Geschwür ist also nur durch eine beson¬ 
ders gestaltete Oberfläche - ausgezeichnet. Diese äussere Ausstat¬ 
tung kann sowohl beim Krebsgeschwür wie auch beim einfachen 
Hautgeschwür und anderen Geschwürsarten Vorkommen. Der Name 
„fungöses Geschwür“ lässt also das Wesen des Vorganges 
ebenso zweifelhaft wie der Name „ulcerirende Geschwulst“, 
denn es giebt verschiedene Fungen und verschiedene Ge¬ 
schwülste. 

Auch die praktische Chirurgie wendet die Bezeichnung „Ge¬ 
schwür“ in der Regel nur für solche Processe an, die in ihrem Wesen 
mehr oder weniger unbekannt sind. Wo ein allmälig fortschreitender 
Zerfall auftritt, dessen Ursache nicht näher bekannt ist, da spricht 
man schlechtweg von einem Geschwür, und wenn die Oberfläche des¬ 
selben zottig erscheint, von einem „fungösen Geschwür“. Sobald aber 
für den Zerstörungsvorgang eine anatomische oder anderweitige Ver¬ 
änderung als wesentliche Grundlage erkannt ist, pflegt man den ganzen 
Vorgang nach dieser zu benennen. Die Bezeichnung „Geschwür“ 
ist demnach in der Regel nur ein Lückenbüsser für die 
mangelhafte Einsicht in das Wesen des Krankheitspro- 
cesses, und wo es nur immer möglich ist, suchen wir denselben 
durch einen die Genesis oder die Natur des Vorganges genauer kenn¬ 
zeichnenden Namen zu ersetzen oder wir fügen dem Worte „Ge¬ 
schwür“ doch wenigstens diesen hinzu, z. B. Krebsgeschwür, Rotz¬ 
geschwür. 

Hieraus geht aber hervor, dass durch die Bezeichnung „fungöses 
Geschwür“ für den Huf krebs, wissenschaftlich nichts gewonnen ist, 
und auch für die Praxis wird man schwerlich besondere Vortheile aus 
dieser Auffassung schöpfen. 

Nach der Darstellung des Herrn Pütz würde sich sowohl bei 


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226 


MOELLER, 


einem oberflächlichen Hautgeschwür wie auch beim Hufkrebs der Zer¬ 
fallsvorgang auf das Rete Malpighii beschränken und das Corium und 
namentlich der Papillarkörper von demselben nicht betroffen werden. 

Derartige oberflächliche Zerfalls Vorgänge sehen wir aber an der 
äusseren Haut nicht selten in Form von Wundflächen auftreten, die 
oft keine Tendenz zur Heilung zeigen, und doch nennen wir den Zu¬ 
stand nicht ein Geschwür. Eine Abstossung von Epithel, wie wir sie 
z. B. bei jedem Catarrh und einer Reihe von Krankheitsprocessen der 
äusseren Haut und auch beim Huf krebs beobachten, ist aber noch 
keine Verschwärung. Man nennt einen derartigen Absonderungsvor- 
gang gewöhnlich eine „Desquamation“, aber keine „Ulceration“. 
Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass bei dem ersteren Vor¬ 
gang die Oberfläche der Haut — abgesehen von dem Epithelverlust 
— unverändert, bei dem letzteren aber zerstört — ulcerös — ist. 

Wird die Epidermis in Folge von Reizungsprocessen der Haut, 
z. B. durch Einwirkung von Scharfsalben, reizenden Wundsecreten oder 
durch Scheuern des Geschirrs abgestosen, so entsteht eine „Erosion“. 
Nach der Darstellung des Herrn Pütz würde man diesen Zustand 
allerdings als ein Flächengeschwür bezeichnen können. Eine Erosion 
ist aber noch kein Ulcus: bei der ersteren bleibt die absondernde 
Oberfläche intact, beim Geschwür nicht. Bei jener hört mit der Wir¬ 
kung der Schädlichkeiten die Abstossung in der Regel auf, bei diesem 
greift der Zerstörungsprocess, sofern nicht Heilung eintritt, immer 
tiefer in das Gewebe ein. An der äusseren Haut wird bei der Ulce- 
ration bald auch der Papillarkörper von dem Zerstörungsprocess be¬ 
fallen. 

Auch in der praktischen Chirurgie pflegt man von einem Ge¬ 
schwür erst dann zu sprechen, wenn die Zerstörung bis in das Corium 
reicht. Auch Billroth steht auf diesem Standpunkt. Seite 489 
seines Lehrbuches der allgemeinen chirurgischen Pathologie und The¬ 
rapie sagt derselbe, nachdem die Vorgänge und Erscheinungen, welche 
bei der Entwickelung eines Hautgeschwürs auftreten, besprochen sind, 
Folgendes: 

„es kommt zur Vereiterung und zum moleculären Zerfall des 
entzündeten, freiliegenden Gewebes, zunächst also der Pa¬ 
pillen, und so entsteht ein theils tiefer, theils breiter werden¬ 
der Defect: das Geschwür ist nun vollständig aus¬ 
gebildet.“ 

Herr Pütz giebt aber selbst zu, dass beim Hufkrebs in der 


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Wesen des Hufkrebses. 


227 


Regel nicht einmal der Papillarkörper von dem Zerfallsvorgang be¬ 
troffen ist. 

Weber spricht sich in dem Handbuch der allgemeinen und spe- 
ciellen Chirurgie wie folgt aus: 

„Eine abgeschilferte, der Epidermis beraubte Stelle, eine 
Desquamation, eine Excoriation, ist so lange noch kein Ge¬ 
schwür, als die direct zerstörten Gewebspartikelchen sofort 
durch Nachwuchs ersetzt werden.“ 

Dass dieser Ersatz bei dem Strahlkrebs in einem den Zerfall 
jedenfalls bedeutend überwiegenden Masse stattfindet, um das zu er¬ 
kennen bedarf es keines besonderen Scharfsinnes. 

Auch Samuel drückt sich in seinem Handbuch der allgemeinen 
Pathologie Seite 199 in gleichem Sinne aus: 

„Ulcus oder Geschwür nennt man einen tiefer reichenden, 
nicht allein das Epithel betreffenden Substanzverlust einer 
Membran mit degenerativem, zum mindesten nicht producti¬ 
vem Charakter.“ 

Nach Uhle und Wagner ist ein Geschwür ein tiefer reichender, 
nicht blos das Epithel betreffender, sondern ins Gewebe der be¬ 
treffenden Haut selbst sich erstreckender Substanzverlust. 

Diese Auffassung steht auch mit der soeben angestellten Be¬ 
trachtung in Uebereinstimmung: Hiernach sind Geschwüre Substanz¬ 
verluste, welche durch Zerfall der Gewebe entstehen. Die zerfallenen 
Gewebsmassen werden an der Oberfläche des Geschwürs abgesondert 
und bilden einen Theil des Geschwiirsecrets. Mithin kann das Ge¬ 
schwür als ein Substanzverlust definirt werden, welcher durch Abson¬ 
derung zerfallener, aufgelöster, also abgestorbener Gewebsmassen 
entsteht. 

Dieser Zerstörungsprocess greift allmälig weiter um sich, und 
zwar je nach der Natur desselben und der Beschaffenheit des betref¬ 
fenden Gewebes bald schneller bald langsamer. 

So lange ein ZerstörungsVorgang an der äusseren Haut sowie 
auf den Schleimhäuten nur das Epithel einschliesslich des Rete Mal- 
pighii betrifft und die Oberfläche der Cutis bez. Mucosa noch nicht 
zerstört ist, nennt man den Zustand also eine Erosion. Erst wenn 
der Vorgang auf das Gewebe der betreffenden Haut übergreift, so 
dass an der Oberfläche dieser Haut Substanzverluste, Defecte ent¬ 
stehen, ist man berechtigt den Zustand ein „Geschwür“ zu nennen. 

Die Erosion bildet einen oberflächlichen, blos das 


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228 


MOELLER, 


Epithel betreffenden, das Geschwür einen tiefer reichenden, 
das eigentliche Gewebe der Haut betreffenden — ulcerö- 
sen — Substanzverlust. 

Wenden wir dieses auf den Strahlkrebs an: 

Bei diesem Leiden besteht, wie auch Herr Pütz einräumt, in 
dem Corium und Papillarkörper der Huflederhaut nur ein hyperpla¬ 
stischer Vorgang, aber kein Zerfall, folglich steht die Bezeich¬ 
nung „Geschwür“ für dieses Leiden mit den heutigen Grund¬ 
sätzen der Pathologie und Chirurgie im Widerspruch. 

Auch wenn die Annahme des Herrn Pütz, wonach in dem 
zusammenhängenden, neugebildeten Retegewebe ein Zerfallsvorgang 
auftritt, zuträfe, so würde der Vorgang immer noch nicht als Ge¬ 
schwür, sondern nur als eine „Erosion“ bezeichnet werden können. 

Nach meinen Untersuchungen muss ich indess auch die Richtig¬ 
keit dieser Annahme bestreiten. Nur unter dem Einfluss besonderer 
Verhältnisse wird das lebensfähige Retegewebe beim Strahlkrebs von 
einem solchen Zerfall ergriffen, für gewöhnlich aber zerfallen 
nur die bei der schnellen Wucherung von ihrem Mutter¬ 
boden abgelösten Elemente. Diese sind aber — ebenso wie 
Eiterkörperchen — als abgestorbene Zellen zu betrachten. Von einem 
necrotisirenden Process, welcher dem Geschwür stets zu Grunde liegt, 
kann nach meinen Untersuchungen hier keine Rede sein. Das, was 
Herr Pütz hier als Ulceration bezeichnet, ist blos eine Desquamation. 

Die von Herrn Pütz für seine Auffassung geltend ge¬ 
machten anatomischen Beweismomente müssen daher nach 
meiner Ueberzeugung als unhaltbar bezeichnet werden. 

Herr Pütz glaubt ferner in der Genesis und dem ganzen Ver¬ 
halten des „pathologischen Zustandes“ Beweise für die Richtigkeit 
seiner Ansicht zu finden. Ihm ist keine Papillombildung bekannt, 
welche mit Zerstörung und Ablösung der Epidermis anhebt. Dagegen 
muss ich bemerken, dass nach der Darstellung, die Herr Pütz von 
dem Bildungsgänge eines Hautgeschwürs giebt, für das letztere dieses 
ebenfalls nicht zutrifft, während dieser Entwickelungsvorgang bei den 
Condylomen doch die Regel bildet. An der Huflederhaut ist aber 
die Bildung eines Geschwürs wie auch eines Papilloms ohne vorherige 
Entfernung der Hornmassen kaum denkbar. 

Ferner wird eingewendet, dass die Warzen der äusseren Haut 
„in der Regel“ von einer stark verhornten Epidermisdecke über¬ 
zogen seien. Was aber für die äussere Haut als die Regel gilt, ist 


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Wesen des Hofkrebses. 


229 


noch keineswegs für die Huf lederhaut massgebend. Die Sonderstel¬ 
lung der Krankheitsprocesse an der letzteren glaube ich ausreichend 
bewiesen und zum grossen Theil auch begründet zu haben. Bei Auf¬ 
stellung dieses Gegenbeweises hat aber Herr Pütz wiederum nicht 
der Feuchtwarzen gedacht, welche von dieser Regel „regelmässig“ 
abweichen, und mit welchen ich den Huf krebs zu vergleichen ver¬ 
sucht habe. 

An der Oberfläche der leidenden Huflederhaut findet sich aber 
nicht selten, ja sogar häufig eine vollständig trockene Epidermislage. 
Diese steht oft mit ihrer Unterlage in fester Verbindung, so dass das 
Leiden mit den harten Warzen eine grosse Aehnlichkeit erlangt. 
Nach meinen Beobachtungen wird dieses am häufigsten bemerkt, 
wenn der Strahl den Sitz des Leidens abgiebt, und fast regelmässig 
während der Entwickelung der Krankheit. Aber auch im weiteren 
Verlauf des Leidens lässt sich dieser Zustand nicht selten beobachten, 
welcher dadurch herbeigeführt wird, dass die Wucherung in dem Rete¬ 
gewebe noch nicht den hohen Grad erreicht oder bereits nachgelassen 
hat, so dass für die vollständige Verhornung des Wucherungsmaterials 
genügende Zeit gegeben ist. 

Wer hätte jemals eine Geschwürsfläche mit einer Epidermis be¬ 
deckt gefunden! Wer wollte diesen Zustand noch ein Geschwür 
nennen?! Der Umstand, dass diese Beschaffenheit der Neubildung 
gerade in dem Entwickelungsstadium des Leidens oft gesehen wird, 
beweist, dass es sich nicht um einen zufälligen Ausgang desselben 
handeln kann. 

Herr Pütz stützt seine Ansicht über das Wesen des Strahlkrebses 
vornehmlich auf die äusseren Erscheinungen des Leidens, und es muss 
zugegeben werden, dass die Oberfläche der so erkrankten Huflederhaut 
zuweilen, namentlich an der Fleisch wand eine gewisse Aehnlichkeit 
mit einer Geschwürsfläche zeigt. Allein schon Haubner hat mit 
Recht betont, dass die Verschwärung beim Strahlkrebs nur eine 
„scheinbare“ sei. Ebensowenig aber die Form und das äussere 
Aussehen einer Neubildung über das Wesen und die Natur derselben 
einen sicheren Schluss zulässt, ebensowenig kann eine secernirende 
Fläche, auf welcher Zerfalls- und Fäulnissvorgänge auftreten, ohne 
weiteres als ein Geschwür bezeichnet werden. Auch wenn diese Fläche 
keine Tendenz zur Heilung zeigen sollte, ist dies nach den obigen 
angeführten Grundsätzen nicht gerechtfertigt. 

Dass ich unter Berücksichtigung dieser wissenschaftlichen Grund- 


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230 


MOELLER, 


Sätze der Ansicht des Herr Pütz nicht zustiramen kann, wird jeder 
unparteiisch Urtheilende zugeben müssen. Meine Auffassung über das 
Wesen des fraglichen Leidens ist in meinem Lehrbuch Seite 238 in 
Folgendem ausgedrückt: 

„An der Oberfläche derselben (nämlich der Neubildung) be¬ 
findet sich das Retelager in einem äusserst lebhaften Wuche- 
rungsprocess. Die hier gebildeten Massen können bei der 
schnellen Production nicht verhornen, sondern bilden theils 
eine elastische, weisse, fast knorpelähnliche Bedeckung der 
hyperplastischen Papillen, theils das dem Fäulnissprocess 
anheimfallende Secret. “ 

Mit Rücksicht auf die anatomischen Zustände habe ich geglaubt, 
die Bildung den Tumoren einzureihen und für dieselbe den Namen 
„Fibroma papillare“ wählen zu müssen. 

Der Name „Tumor“ schliesst keine „ihrer Natur und ihrem 
Wesen nach“ abgegrenzte Gruppe von Dingen ein 1 ), sondern es ist 
ein conventioneller Ausdruck für verschiedene Dinge. Es liegt daher 
oft in der Beurtheilung des Einzelnen, ob er ein gewisses Ding Tumor 
nennen will oder nicht. Auch die Entstehungsweise desselben ist 
verschieden. Mithin ist „Tumor“ nur eine „Erscheinungsform“, 
in der verschiedene Processe auftreten können. 

Als „Tumor“ im engeren Sinne fassen wir gewöhnlich diejenigen 
Neubildungen zusammen, welche in ihrem Auftreten eine gewisse 
Selbstständigkeit bekunden und für gewöhnlich nicht zum Abschluss 
gelangen. 

Näher bezeichnet werden dieselben nach ihrer histologischen Ein¬ 
richtung: Sofern die Neubildung in der Hauptsache aus Bindegewebe 
besteht, nennen wir dieselbe ein „Fibrom“, die aus Epithelial elemen- 
ten aufgebauten Carcinome u. s. w. Ihre Form und sonstigen Eigen¬ 
schaften werden gewöhnlich mit einem Adjectivum ausgedrückt. Ein 
Fibrom, welches in Form von papillären Wucherungen auftritt, heisst 
ein Fibroma papillare. 

Dass beim Strahlkrebs ein solcher selbstständiger Neubildungs- 
process besteht, der einen physiologischen Abschluss in der Regel 
nicht erlangt, steht zweifellos fest. Auch setzt sich die Bildung vor¬ 
nehmlich aus den vergrösserten Papillen der Huf lederhaut zusammen, 
weshalb die Bezeichnung Fibroma papillare durchaus gerechtfertigt 


! ) Virchow, 1. c. S. 3. 


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Wesen des Hufkrebses. 


231 


ist, und wenn auch ein Verschwärungsprocess auf dieser Neubildung 
auftritt, so bleibt diese Bezeichnung immer noch die richtige. 

Der Umstand, dass bei unseren Hausthieren die auf der äusseren 
Haut vorkommenden Warzen in der Regel ein etwas anderes Aus¬ 
sehen haben, wie die an der Huflederhaut, kann, wie bereits erwähnt, 
die Richtigkeit meiner Annahme nicht widerlegen. Wenn in dem 
mächtigen Retelager der letzteren die schnell wuchernden Zellen nicht 
alle Zeit finden zu verhornen, sondern wie die Eiterkörperchen einer 
Granulationsfläche abgestossen werden, so liegt darin nichts Auffal¬ 
lendes; es ist dieses im Gegentheil ganz natürlich. Auch mögen 
äussere Einwirkungen, z. B. Feuchtigkeit, auf den Verhornungsprocess 
einen störenden Einfluss ausüben. In Folge der Ablösung von ihrem 
Mutterboden sterben diese Elemente ab, zerfallen und bilden nun das 
an der Oberfläche der Neubildung durch seine schmierige und übel¬ 
riechende Beschaffenheit ausgezeichnete Material. Genau dieselbe Er¬ 
scheinung lässt sich regelmässig in den Furchen der Blumenkohl¬ 
gewächse (Feuchtwarzen) beobachten. 

Wenn man also beim Strahlkrebs von einem Zerfall sprechen 
will, so kann dieses nach dem Ergebniss meiner Untersuchungen nur 
auf diese abgestossenen und bereits abgestorbenen zelligen Elemente 
bezogen werden, ein Vorgang, der sich bei jedem acuten Ekzem und 
einer Reihe anderer Processe wiederholt. Dagegen habe ich mich 
nicht davon überzeugen können, dass an den mit der Huf lederhaut 
in fester Verbindung stehenden Retezellen ein Zerfalls Vorgang auf¬ 
tritt, d. h. so lange nicht besondere und in der Regel von aussen 
einwirkende Ursachen hierfür zugegen sind. 

Nach meinen Untersuchungen setzt sich der Process aus folgen¬ 
den Vorgängen zusammen: 

1. Wucherung im Corium, besonders im Papillarkörper desselben, 
welche in der Regel eine einfache Hyperplasie darstellt, d. h. die 
neugebildeten Massen bestehen im Wesentlichen aus denselben Gewebs- 
elementen wie die normale Huflederhaut. Möglicherweise kommen 
auch heteroplastische Neubildungen hierbei vor. Die Intensität dieses 
Wucherungsprocesses gestaltet sich verschieden: bald ist die Bildung 
sehr lebhaft (z. B. oft am Strahl), bald langsam (Fleischwand). 

2. Im Rete Malpighii besteht gleichfalls ein Wucherungsprocess. 
Bei langsamem Verlauf desselben entsteht blos eine Verdickung dieser 
Hautschicht, nicht selten mit Bildung von einer trockenen Epidermis- 
lage an der Oberfläche. Bei lebhafter Proliferation im Rete Malpighii 


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232 


MOELLER, Wesen des Hufkrebses. 


tritt neben der Verdickung ein Desquamationsvorgang ein, d. h. die 
gewucherten Retezellen werden zum Theil im unverhornten Zustande 
von ihrem Mutterboden abgestossen, dieselben sterben in Folge dessen 
ab und verfallen nun den Fäulnissvorgängen. 

Mit dieser Desquamation ist sehr häufig noch eine Transsudation 
von Flüssigkeit verbunden. 

Die zusammenhängenden Retezellen bilden in der Regel eine 
starke Decke an der Oberfläche des Papillarkörpers; doch kommt es 
vor, dass auch diese abgestossen werden, und so entsteht eine Erosion. 
Die häufigste Ursache hierfür geben äussere Einflüsse, mechanische 
und chemische Einwirkungen ab. 

Endlich kann es auch einmal durch solche Einflüsse zu einer 
Zerstörung des Papillarkörpers und des Coriums kommen, und dann 
stellt das Leiden ein — „ulcerirendes Fibroma papillare“ dar. 

Zum Schluss sei, um Missverständnissen vorzubeugen, nochmals 
wiederholt, dass nach meiner Ansicht die an der Huf lederhaut unter 
dem Namen Hufkrebs ablaufenden Krankheitsvorgänge nicht alle im 
Wesen übereinstimmen, dass also auch nicht alle ein Fibroma papil¬ 
läre darstellen. Unter der grossen Zahl der zu meiner Beobachtung 
und Untersuchung gelangten Krankheitsfälle habe ich jedoch niemals 
einen Zustand gefunden, auf welchen die Bezeichnung „Geschwür“ 
hätte Anwendung finden müssen. Wo ein Verschwärungsvorgang beob¬ 
achtet wurde, hatte derselbe stets auf der genannten Neubildung Platz 
genommen. Bei entsprechender Behandlung konnte der Verschwärungs- 
process leicht beseitigt werden, ohne dass damit der Neubildungs¬ 
vorgang sistirte und der Hufkrebs geheilt wurde. Es soll nicht in 
Abrede gestellt werden, dass einmal auch an der Huflederhaut ohne 
Fibrombildung ein Verschwärungsprocess auftreten kann; sicherlich 
aber bildet dieser Fall beim sogenannten Hufkrebs die Ausnahme, 
das Fibroma papillare die Regel, und nach der Regel pflegen wir die 
Vorgänge zu beurtheilen und zu benennen, nicht aber nach der Aus¬ 
nahme. 


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Referate ond Kritiken. 


Zur Frage der Immunität und Prädisposition der Thiere für Milzbrand. 

1. Pasteur: Etiologie du charbon. 

2. Chauveau: De la predisposition et de l’immunitö patho- 
logiques. 

3. Toussaint: De l’immunitö pour le charbon. 

4. Colin: a) Sur la duree de la Conservation du pouvoir viru¬ 
lent des cadavres et des d6bris cadaveriques charbonneux. 
b) Analyse experimentale de la pustule maligne et de 
l’oedcme charbonneux. 

Archives vöterinaires. Paris, 1880. 

In den letzten zwei Jahren 1879/80 sind in Frankreich zahl¬ 
reiche Versuche angestellt worden, um das Wesen des Milzbrandes, 
seine Aetiologie, seine Ansteckungsfähigkeit etc. näher kennen zu 
lernen und eventuell Präventivmassregeln anordnen zu können. Diese 
Krankheit ist ähnlich wie in Deutschland in einigen Gegenden 
Frankreichs, in den Departements Eure-et-Loire, Beauce u. a., sta¬ 
tionär und bringt den dortigen Viehbesitzern grossen Schaden. Man 
hat berechnet, dass jährlich mindestens 2—3 pCt. des Viehstandes 
der betreffenden Departements am Milzbrand sterben. — Verschiedene 
bedeutende französische Gelehrte, wie Pasteur, Colin, Davaine, 
Toussaint und Chauveau, haben umfassende Untersuchungen ge¬ 
macht und die Resultate derselben theils in Originalarbeiten veröffent¬ 
licht, theils der Akademie der Medicin in Paris vorgelegt. 

Wenn auch ihre Ansichten in vielen Punkten nicht übereinstim¬ 
men, für einige selbst der Beweis noch zu erwarten sein dürfte oder 
wenigstens noch mehr Beweismaterial heran gezogen werden müsste, 
so haben dieselben doch grossen Werth für weitere Forschungen auf 
diesem Gebiet. 

Archiv f. wiflcenach. und pr&kt. Thierheilk. VII. 3. 16 


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234 


PAULI. 


Im „Bulletin de 1’Academie de medecine de Paris“ hat Colin 
eine Arbeit über „Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit der Cadaver 
und ihrer Theile von milzbrandkranken Thieren“ veröffentlicht und 
darin im Gegensatz zu Pasteur und Anderen die Behauptung auf¬ 
gestellt, dass die „Virulenz“ des Milzbrandgiftes keineswegs von so 
langer Dauer sei, wie bisher angenommen wurde. 

Während der Jahre 1866—75 machte er zu allen Jahreszeiten 
Irapfversuche an Hammeln, Kaninchen und Pferden mit Blut milz¬ 
brandkranker oder an Milzbrand gestorbener Thiere. In mehreren 
Fällen war das Blut 24—48 Stunden nach dem Tode dem Thiere 
entnommen und erst nach weiteren 24—36 Stunden die Impfung an¬ 
gestellt. 

Es ergab sich, dass die Virulenz dieses Blutes verloren gegangen 
war. Die Thiere blieben gesund, oder es gingen, wenn Kaninchen zu 
den Versuchen genommen wurden, einige derselben unter septikä- 
mischen Erscheinungen zu Grunde. 

In dem benutzten Blute fanden sich zahllose Milzbrandbacterien 
vor; allerdings war dasselbe in den angeführten Fällen bereits in 
Fäulniss übergegangen. Bei anderen Versuchen impfte Colin mit 
Blut, welches im Moment des Todes aus dem Herzen milzbrandkranker 
Thiere entnommen worden war und sich gleich nach der Entnahme 
als vollkommen wirkungsvoll erwies. Er bewahrte es in einem gut 
verschlossenen Gefäss mehrere Tage auf, nach deren Verlauf er mit 
dem anscheinend noch ganz frischen Blute Impfungen bei Kaninchen 
und Hammeln anstellte, die ohne jeden Erfolg blieben. 

Um die Verwesung der Cadaver zu verzögern, wurden die Bauch- 
eingcweide gleich nach dem Tode der Thiere entfernt und, damit jede 
Berührung mit der Lunft vermieden und dadurch die frühe Fäulniss 
verhindert werden konnte, das Blut im Herzen und in den grösseren, 
central gelegenen Gefässstäramen, welche man unterbunden hatte, auf¬ 
bewahrt. Es zeigte sich alsdann, dass die Virulenz des so behandelten 
Blutes sich länger erhielt und zwar bis zum 8. Tage, bei sehr grosser 
Kälte selbst bis zum 12. Tage. 

In gleicher Weise sind auch andere Körper bestand theile milz¬ 
brandkranker Individuen bezüglich ihrer Infectionsfahigkeit von der 
Fäulniss abhängig. Dem Blute gleich stehen die serösen Flüssig¬ 
keiten des Körpers, während Milz, Leber und Nieren schneller in 
Fäulniss übergehen und daher auch leichter ihre Virulenz verlieren. 

Producte der Excretion können ebenfalls, besonders wenn sie 


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Referate und Kritiken. 


235 


stark mit Blut untermischt sind, Träger des Ansteckungsstoffes sein; 
Gährung und Fäulniss vernichten jedoch auch hier denselben in 
kurzer Zeit. 

Der Urin, den Pasteur zur Cultur der Milzbrandbacterien am 
geeignetsten hält, erwies sich nach den Versuchen von Colin nur 
dann wirksam, wenn er in zugeschmolzenen Gelassen auf bewahrt 
wurde. 

Verdünnungen von Flüssigkeiten mit Milzbrandkeimen durch 
Wasser beschleunigt das Verschwinden der Virulenz: Zusatz von 
Alkohol, von verschiedenen Säuren, besonders Essigsäure und von 
Salzen, welche adstringirend wirken oder Eiweiss zum Coaguliren 
bringen, ferner Siedehitze, vernichten jede Ansteckungsfähigkeit, Frost 
erhält dieselbe. 

Auf Grund dieser Versuche glaubt Colin erwiesen zu haben, 
dass die Anwesenheit von Milzbrandbacterien, die jedesmal in der 
Impfflüssigkeit constatirt wurden, für die Infectionsfähigkeit der letz¬ 
teren vollkommen irrelevant sei. Es müsse vielmehr ein „Milzbrand¬ 
gift“, über dessen Natur Colin selbst im Unklaren ist, angenommen 
werden, welches durch den Fäulnissprocess leicht zerstört werden 
könne. Eine Ansteckungsfähigkeit auf dem Wege der „Cohabitation“ 
hält C. der Unbeständigkeit des Contagiums halber nicht für möglich, 
bestreitet auch, dass, wenn in gewissen Gegenden der Milzbrand sehr 
häufig aufzutreten pflegt, der Grund hierfür in den der Erde anhaf¬ 
tenden Milzbrandkeimen zu suchen sei. 

Diesen Ausführungen tritt Pasteur entschieden entgegen. Aller¬ 
dings sei es richtig, dass der Fäulnissprocess vernichtend auf die 
fadenförmigen Bacterien, die ja hauptsächlich im Blute milzbrand- 
kranker Thiere vorgefunden werden, wirke und diese in dünne Körn¬ 
chen auflöse. Schon Davaine hatte nachgewiesen, dass diese durch 
Zerfall entstandenen Körnchen unschädlich sind; auch war bereits den 
Abdeckern lange Zeit vordem bekannt, dass Cadaver milzbrand¬ 
kranker Thiere die Krankheit nicht mehr übertragen können, sobald 
sie in Fäulniss begriffen sind. Kann jedoch zu den Milzbrandbacte¬ 
rien sauerstoffhaltige Luft hinzutreten und gelangen sie in ander¬ 
weitige günstige Verhältnisse, so pflegen sie sich nicht nur zu erhal¬ 
ten, sondern sind auch im Stande, Sporen zu bilden und sich dem 
lebenden Organismus schädlich zu zeigen. Als ein derartiges günstiges 
Medium ist der Erdboden zu betrachten. Selbst wenn die Cadaver 
vor dem Vergraben nicht zerstückelt werden, pflegen Blut, Urin, 

16 * 


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236 


PAULI. 


Fäcalmassen aus den Körperöffnungen auszutreten und den Boden zu 
tränken. Die in den Substanzen enthaltenen Milzbrandbacterien ge¬ 
langen zu weiterer Entwickelung und werden mit dem Staube auf die 
Futterpflanzen gebracht, mit denen sie die Thiere bei der Weide auf¬ 
nehmen. 

Versuche haben die Erhaltung und Fortentwickelung der Bacterien 
im Erdboden erwiesen. Am Milzbrand gestorbene Hammel wurden 
vergraben; nach 14 Monaten konnten noch Milzbrandkeime im Erd¬ 
boden des Vergrabungsplatzes nachgewiesen werden. Das Gleiche 
geschah im Jura mit zwei Kühen; auch hier fand man nach 2 Jahren 
Sporen in der Erde. Beide Male wurden Impfungen mit diesen Bac- 
terienkeimen vorgenommen; die geimpften Thiere starben in kurzer 
Zeit am Milzbrand. 

In einem anderen Ealle stellte Pasteur auf einem Platze, wel¬ 
cher vor längerer Zeit zur Verscharrung an Milzbrand gestorbener 
Thiere gedient hatte, vier Hammel, in grösserer Entfernung davon 
drei Hammel auf; die ersten gingen unter den Erscheinungen des 
Milzbrandes zu Grunde, während die letzten drei gesund blieben. 

Die Frage: in welcher Weise gelangen die Milzbrandbacterien 
aus der Tiefe der Verscharrungsplätze an die Erdoberfläche? glaubt 
Pasteur dahin beantworten zu können, dass hierbei bestimmte Kräfte 
sich activ erweisen müssen; denn eine Strömung von Flüssigkeiten, 
wie Regen, Thau, würde einem Emporkommen der Bacterien direct 
entgegenwirken. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Regenwürmer 
welche in den in ihrem Darmtractus Vorgefundenen Erdcylindern sehr 
wohl Milzbrandbacterien hinaufschaffen können. Pasteur setzte in 
Erde, die mit Bacterien untermischt worden war, Regenwürmer und fand 
in der That schon nach kürzerer Zeit in dem erdigen Inhalt der Thiere 
wieder Bacterien vor. Damit stimmt auch die Beobachtung überein, 
dass nur in Gegenden mit Ton- oder Kalkerde, welche die Würmer 
durchdringen können, der Milzbrand stationär ist, nicht aber in sol¬ 
chen mit Granit oder Schiefer. 

Die Infection bei Thieren geht nach Pasteur und Anderen von 
der Maul- und Rachenhöhle, sowie vom Schlunde aus. Die Thiere 
verletzen sich an spitzen Gräsern oder anderen Gegenständen und 
bieten in den wunden Flächen den Bacterien bequeme Eintrittsstellen 
dar. So wurde eine Hammelheerde mit Luzerne, die mit Milzbrand- 
culturflüssigkeit getränkt worden, gefüttert; es starben nur einige 
Thiere an Milzbrand. Als man jedoch unter das Futter spitze Sub- 


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Referate und Kritiken. 


237 


stanzen mischte, wurde die Sterblichkeit bedeutend erhöht. Auch soll 
man bei der Section am Milzbrand gestorbener Individuen stets Ver¬ 
wundungen in den angeführten Organen finden. 

Beachtungswerth sind ferner die Versuche, welche Pasteur mit 
Hühnern gemacht hat. Diese sind bekanntlich für Milzbrand nur in 
geringem Masse empfänglich. Nach den Berichten von P. sollen 
Impfungen bei denselben stets erfolgreich sein, sobald man die Tem¬ 
peratur der Thiere um einige Grade herabsetzt, um ihre Blutwärme 
der jener Thiere gleich zu machen, welche leicht am Milzbrand er¬ 
kranken, und so der Entwickelung der Milzbrandbacterien günstigere 
Bedingungen zu schaffen. 

Zu diesem Zweck wird das Huhn mit dem Hintertheil in ein 
Wasserbad von 36° C. gebracht und nach etwa 10 Minuten die Im¬ 
pfung vorgenommen, welche dann stets Erfolg hatte. Pasteur be¬ 
handelte einige Hühner zur Oontrole in gleicher Weise, jedoch ohne 
sie zu impfen; diese blieben gesund. 

Chauveau, welcher zu gleicher Zeit zahlreiche Versuche mit 
Milzbrandbacterien machte, gelangte zu fast gleichen Resultaten wie 
Pasteur; jedoch haben wir auch ihm eine neue Beobachtung zu ver¬ 
danken. Bei einigen Impfungen, die er bei Hammeln anstellte, blie¬ 
ben ihm das erste Mal 2, dann 9 der Thiere gesund trotz wieder¬ 
holter Injection von Irapfflüssigkeit, welche sich bei den anderen 
Versuchsthieren als sehr wirksam erwiesen hatte. 

Er forschte nach dem Grund dieser auffallenden Erscheinung und 
fand, dass diese Thiere der in Algier vorkommenden Berberrace oder 
einer Kreuzung dieser mit der syrischen Race angehörten. Er machte 
hierauf weitere Experimente mit diesen Thieren, stellte Controlversuche 
an und konnte die Thatsache feststellen, dass die aussereuropäischen 
Schafracen, besonders diejenigen Algiers, eine grosse Immunität für 
Milzbrand besitzen. Von 47 Thieren der Berberrace starben 8 nach 
der Impfung mit Milzbrandblut; die anderen zeigten zwar grosse Er¬ 
mattung, Fieber, Diarrhoen, genasen aber in kurzer Zeit. 12 Con- 
trolthiere europäischer Schafracen gingen in Folge der Impfung am 
Milzbrand zu Grunde. 

Es lag nun die Frage nahe: ist diese Immunität eine Racen- 
eigenthümlichkeit, oder wäre es möglich, dieselbe durch längeren 
Aufenthalt in Algier u. s. w. zu erwerben, wäre sie also von den 
veränderten Lebensbedingungen abhängig? Zur Lösung der Frage 
impfte Chauveau mehrere Schafe einer Merinoheerde, welche bereits 


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238 


PAULI. 


seit vielen Jahren in Algier gehalten war und sieh vollkommen aeeli- 
matisirt hatte. Alle erkrankten am Milzbrand und waren nach eini¬ 
gen Tagen todt. Andererseits wurden Schafe der Berberrace nach 
Frankreich geschafft, dort einige Zeit gehalten und dann mit Milz¬ 
brandflüssigkeit geimpft. Nur ein ganz geringer Procentsatz erlag, 
die anderen blieben gesund. Hieraus ergiebt sich wohl, dass die 
Immunität der Race zugeschrieben werden kann. Allerdings muss 
erwähnt werden, dass Schafe, welche zwar der Berberrace entstamm¬ 
ten, jedoch in der Provence geboren wurdeu und deren Mütter in 
Frankreich seit langer Zeit acclimatisirt waren, zum Theil ihre Im¬ 
munität verloren hatten, dass demnach auch die Lebensverhältnisse 
einen Einfluss auf diese Eigenthümlichkeit der algierischen Schafe 
haben müssen. Werden sehr grosse Dosen Milzbrandbaeterien ent¬ 
haltender Flüssigkeit eingeirapft, so sieht man stärkere Krankheits- 
erscheinungen und häufig tritt letaler Ausgang ein. Die Immunität 
der Berberrace gegen Milzbrand kann, wie auch Chauveau zugiebt, 
in einzelnen Fällen überwunden werden und scheint proportional den 
eingeführten Dosen zu sein. 

Angeregt durch diese Untersuchungen und besonders durch die¬ 
jenigen Pasteur’s über die Cholera der Hühner, welche ergeben 
hatten, dass das Geflügel gegen diese Erkrankung immun gemacht 
werden könne, veranlasste Toussaint, nach einer * Vaccine“, d. h. 
nach einem Impfstoff, der Immunität gegen Milzbrand in den Thiereu 
erzeugte, zu suchen. Er experimentirte nach dieser Richtung hin und 
kam in der That zu positiven Resultaten, welche der Akademio der 
Medizin zu Paris vorgelegt wurden. 

Toussaint setzte defibrinirtes Blut milzbrandkranker Thiere 
während 10 Minuten einer Hitze von 52° C. aus oder mischte es in 
einem bestimmten Verhältnis, das er jedoch nicht angiebt, mit Car- 
bolsäure. Mit dieser so behandelten Flüssigkeit impfte er von 11 
Hammeln 6; nach einigen Tagen injicirte er allen 11 nicht ver¬ 
änderte Blut von am Milzbrand gestorbenen Rindern. Die 6 „vacci- 
nirten“ — mit der Schutzlymphe geimpften — blieben gesund, die 5 
anderen starben. 

Einen gleichen Erfolg hatte er mit Hunden, welche unter 6 Mo¬ 
nate alt waren; dieselben zeigen sich in diesem Alter gewöhnlich 
sehr empfänglich für Milzbrand. 

Bei einem anderen Versuch wurden von 20 Hammeln 16 „vacci- 


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Referate und Kritiken. 


239 


nirt“, sodann alle mit Milzbrandblut geimpft; die nicht „vaccinirten“ 
starben, während die anderen nur eine leichte Erkrankung zeigten. 

Lämmer, deren Mütter im letzten Monat der Trächtigkeit mit 
der präparirten Flüssigkeit geimpft wurden, zeigten sich gegen Impfun¬ 
gen mit Milzbrandblut immun. 

Hier anzufugen sind noch zwei andere Entdeckungen Pasteur’s. 
Er fand, dass Thiere, welche eine Milzbranderkrankung überstanden 
haben, nicht mehr von dieser Krankheit afficirt werden, selbst für 
Impfungen nicht mehr empfänglich seien. Ferner stellte er fest, dass 
Hühner, welche mit der „Choleravaccine“ geimpft worden, eine Im¬ 
munität gegen Milzbrand erlangt haben. Seine Versuche über den 
letzten Gegenstand sind noch nicht abgeschlossen und lassen weitere 
Forschungen über die Verwandtschaft der Bacterienarten erhoffen. 

In nahem Zusammenhang mit diesen Arbeiten der französischen 
Forscher stehen die Untersuchungen Colin’s über „den bösartigen 
Carbunkel und das Oedem beim Milzbrand“. Bei vielen Thierarten 
kann man in keiner Weise den bösartigen Carbunkel oder das bös¬ 
artige Oedem, wie sie bei dem Milzbrand des Menschen stets Vor¬ 
kommen, erzeugen; es ist hierbei gleichgültig, welche Art der Impfung 
man anwendet. Andere Thiere dagegen zeigen vollkommen die glei¬ 
chen Erscheinungen in dieser Krankheit wie der Mensch. 

Wird ein für Milzbrand wenig empfängliches Thier, wie der Hund, 
mit Secreten milzbrandkranker Thiere geimpft, so erhält man die 
verschiedensten Resultate, die meistens von der Lage der Impfstelle 
abhängen. An den Ohren und den Gliedmaassen entwickelt sich ein 
Erythem, an den Geschlechtsteilen ein Oedem, während die Carbun- 
keln am meisten in den dünnen, von Haaren wenig bedeckten Haut¬ 
stellen entstehen und in ihrer Umgebung ödematöse Anschwellungen 
zeigen. 

Der Unterschied der Carbunkel des Hundes von denen des Men¬ 
schen besteht nach Colin in der schnelleren Entwickelung der er- 
steren. In 1—2 Tagen sind sie gebildet und beginnen am 4. bereits 
zu eitern, zu ulceriren oder in schnelle Auflösung überzugehen. Schorf, 
der sich in grosser Masse ablöst, ist niemals vorhanden. Schmerz¬ 
haft sind die Carbunkel des Hundes sowie auch die des Menschen 
nicht; vor Allem unterscheiden sie sich jedoch darin, dass die Car¬ 
bunkel des Hundes niemals, selbst wenn sie in grösserer Anzahl an 
einem Thiere auftreten, bösartig werden; eine Störung im Gesammt- 
organismus ist niemals nachzuweisen. Nur bei jungen, an Lymph- 


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240 


PAULI. 


apparaten reichen Individuen kann eine Allgemcinerkrankung eintreten. 
Beginnt dieBildung desCarbunkels unter sehr acuten Entzündungserschei¬ 
nungen und schreitet dieselbe schnell vor, so ist die Gefahr einer In- 
fection des Körpers nicht in dem Masse vorhanden, wie bei den lang¬ 
sam, ohne besondere Irritation auftretenden carbunculösen Geschwüren. 

Es liegt nun die Frage nahe: sind die Milzbrandcarbunkel des 
Hundes oder derjenigen Thiere, bei denen sie nicht inficirend wirken, 
überhaupt oder zu irgend welcher Zeit virulent? Ist dieses der Fall, 
aus welchem Grunde erlischt dann die Virulenz, ohne zu einer In- 
fection mit letalem Ausgange wie beim Menschen und den Herbivoren 
zu gelangen. 

Die Experimente, welche Colin an verschiedenen Thieren ge¬ 
macht, haben ergeben, dass auch die Carbunkel der Fleischfresser 
virulent sind, jedoch nur bis zu einer bestimmten Zeit, etwa bis zum 
4. Tage, dann erlischt die Virulenz. Dieselbe ist hauptsächlich an 
die missfarbene, seröse Flüssigkeit im Carbunkel gebunden, während 
der klare Eiter sehr geringe, der dickflüssige und der Inhalt der 
kleinen, um den Schorf des Carbunkels sitzenden Phlyctenen keine 
Ansteckungslähigkeit haben. Die Sterilität des Inhalts dieser kleinen 
Bläschen hat auch M. Raimbert beim Menschen nachgewiesen. 

Die Erscheinung, dass die Milzbrandcarbunkel bei Hunden in den 
meisten Fällen zur Heilung gelangen, ohne eine Infection des Kör¬ 
pers herbeizuführen, weiss auch Colin nicht zu erklären. Er be¬ 
schränkt sich auf Feststellung dieser Thatsache und fügt noch hinzu, 
dass die Versuchsthiere, bei denen der Process localisirt blieb, nie¬ 
mals Erkrankungen oder irgend welche Veränderungen der Lymph- 
apparate zeigten, während er diese stets als erste Symptome an den 
Thieren nachweisen konnte, die nach der Impfung mit Milzbrand- 
contagium ausser den Carbunkeln eine allgemeine Infection des Kör¬ 
pers erlitten. Nach der Erkrankung der Lyraphapparate traten erst 
die anderen, bekannten Erscheinungen des Milzbrandes hervor. 

Ernst Pauli. 


Grundzüge der Naturgeschichte der Hausthiere. Von Dr. Martin 
Wilckens, Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur in 
Wien. Verlag von Schönfeld in Dresden, 1880. 

In dem vorstehenden über 300 Seiten starken Buche hat sich der 


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Referate and Kritiken. 


241 


Verfasser die Aufgabe gestellt, die Grundzüge der Naturgeschichte 
unserer Hausthiere zusaramenzustellen und dadurch eine Uebersicht 
und eine einheitliche Betrachtung der verschiedenartigen Hausthier¬ 
formen zu geben. 

Nach einleitenden Kapiteln über die Begriffe: Abstammung, geo¬ 
graphische Verbreitung, Rasseneintheilung und Rassenbildung der Haus¬ 
thiere, bringt der Verfasser eine sehr eingehende Abhandlung über die 
paläontologische Entwickelung der Hufthiere. Ein übersichtlich darge¬ 
stellter Stammbaum ist diesem Theile eingefügt worden. Den Haupt- 
theil des Werkes bildet dann die specielle Betrachtung der einzelnen 
Hausthierarten nach ihren zoologischen Merkmalen, ihrer Abstammung 
und ihren Rassen. Verf. hält sich dabei streng an den anatomischen 
Bau der Thiere und legt bei Aufzahlung der unterscheidenden Kri¬ 
terien einen grossen Werth auf das Gebiss und die Einrichtung der 
Vorder- und Hinterfusswurzel. 

Entsprechend der Definition des Verf., dass zu den Hausthieren 
alle nützlichen und wirthschaftlich verwendbaren Thiere, die sich 
regelmässig fortpflanzen und der künstlichen Züchtung unterwerfen, 
gehören, behandelt das Buch neben der Zoologie der Haussäugethiere, 
auch die der Vögel und selbst der Insekten des Hausstandes. Zu den 
letzteren werden die Seidenspinner, die Bienen und die Cochenille 
gezählt. 

Das Buch ist ganz im Sinne der modernen Zoologie geschrieben. 
Der Verf., selbst Anhänger der Darwinschen Lehre, verfügt, wie schon 
aus seinen früheren Schriften hervorgeht, über ein reiches eigenes 
Beobachtungsmaterial, welches er unter Benutzung der zahlreichen 
neueren Arbeiten auf dem Gebiete der Zoologie und Thierzucht dem 
Werke zu Grunde gelegt hat. Dabei gereicht es dem Verf. zum be¬ 
sonderen Verdienst, den vielseitigen Gegenstand auf dem verhältniss- 
mässig kleinen Raume des Buches behandelt zu haben, ohne an einer 
Stelle unvollständig zu werden. Mehrere Kapitel wie die paläontolo¬ 
gische Entwicklung der Hausthiere, die Rassen des Hundes und Rindes 
zeichnen sich besonders durch Vollständigkeit und gründliche Bear¬ 
beitung aus. 

Vom Standpunkte des Zoologen betrachtet, ist Verf. seiner Auf¬ 
gabe vollständig gerecht geworden; wir möchten aber bezweifeln, dass 
' er auch seinen in der Vorrede erwähnten Intentionen entsprochen hat: 
den Studirenden der Landwirtschaft und den practischen Landwirthen 
der Notwendigkeit des Studiums der Einzelwerke über Thierzucht zu 


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242 


EGGELING. 


entheben. Für diesen Zweck hätten die einzelnen Rassen und Schläge 
der landwirtschaftlichen Hausthiere eine eingehendere Behandlung er¬ 
fahren müssen. 

Zum Schlüsse sei bemerkt, dass wir uns mit einzelnen An¬ 
schauungen des Verf., z. B. über die Begriffe von Art und Rasse, 
sowie über Einteilung und Bildung der letzteren nicht einverstanden 
erklären können. Eine Ausführung der Gründe würde zu weit führen; 
wir bemerken daher, dass wir den Ansichten Settegast’s zustimmen, 
dessen klassisches Werk über allgemeine Thierzuchtlehre wir in dem 
Literaturverzeichnis vermissen. 

Diese Differenz kann indess den Werth des Buches nicht ver¬ 
ringern. Dasselbe empfiehlt sich durch seine Fülle des Inhalts und 
die gedrängte Darstellung besonders zum Studium für diejenigen, welche 
sich in kurzer Zeit eine Uebersicht über die Naturgeschichte der Haus¬ 
thiere aneignen wollen. Eggeling. 


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Kleinere Mittheihmgen. 


Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während 

des Quartals Juli-September 1880. 

1. Milzbrand. Fälle von Milzbrand wurden in 257 Gehöften beobachtet, 
welche sich auf 224 Ortschaften in 125 Kreisen vertheilen. Am Milzbrand sind 
gefallen: 22 Pferde, 385 Stück Rindvieh, 80 Schafe und 30 Schweine. 

Die 22 Pferde vertheilen sich auf 16 Gehöfte, von denen eines 3, vier je 
zwei Pferde verloren, die übrigen Fälle blieben vereinzelt; in 9 Gehöften kamen 
gleichzeitig Erkrankungen an Milzbrand bei dem Rindvieh vor, und ein Gehöft 
im Kreise Schrimm, in welchem ein Pferd fiel, wird als Milzbrandstation be¬ 
zeichnet. Im Uebrigen ist über die Ursachen der Milzbranderkrankungen bei 
Pferden nichts bekannt geworden. 

Die 385 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich in ab¬ 
gerundeten Procentsätzen wie folgt auf die einzelnen Provinzen: 


Ostpreussen. 7,00 pCt. 

Westpreussen. 8,00 „ 

Brandenburg. 4,40 „ 

Pommern.11,70 „ 

Posen .16,10 „ 

Schlesien.14,55 „ 

Sachsen .12,20 „ 

Schleswig-Holstein.10.40 „ 

Hannover. 2,10 „ 

Westfalen. 0,00 ,, 

Hessen-Nassau. 3,40„ 

Rheinprovinz.10,15 ,, 


Hohenzollernsche Lande . . 0,00 

Summa 100,00 pCt. 

Als am Milzbrand erkrankt, jedoch genesen, werden 22 Stück Rindvieh 
erwähnt. 

Ueber 5Stück Rindvieh starben kurz hinter einander in 6 Gehöften, nämlich: 

Bestand. Gefallen. 

in 1 Geh., Kreis Pyritz, Reg.-Bezirk Stettin, 150 Stück, 36 Stück 

„2 „ „ Marienwerder, w Marienwerder, 30 * 19 » 


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244 


Kleinere Mittheilungen. 


Bestand. Gefallen. 

in 1 Geh.. Kreis Bomst, Reg.-Bezirk Posen, 32 Stück, 16 Stück 

» 1 » » Buk, „ „ 40 „ 10 „ 

» 1 » „ Danzig, „ Danzig, 71 * 7 * 

Ausserdem fielen in 3 bez. 2 Gehöften einer Ortschaft der Kreise Johannis¬ 
burg, Reg.-Bez. Gumbinnen, und Cochem, Reg.-Bez. Koblenz, 6 bez. 4, sowie 
in einer nicht weiter angegebenen Gehöftszahl eines anderen Ortes im Kreise 
Cochem 12 Stück Rindvieh. 

Ueber die Ursachen dieser seuchenhaften Ausbrüche des Milzbrandes wird 
angegeben: Verfüttern von Gerstenstroh aus einer Tenne, auf welcher ein Milz- 
brandcadaver abgehäutet, Verfüttern von Häcksel, in welchem Fleisch von an 
Milzbrand crepirten Schafen versteckt worden war; Einschleppung durch ange¬ 
kaufte Schafe und Behüten einer Weide, auf welcher der Milzbrand stationär ist. 
Auf einem Gute des Kreises Liebenwerda, Reg.-Bez. Merseburg, unter dessen 
Viehbeständen der Milzbrand im vorigen Jahro seuchenhaft geherrscht hatte, 
starben während des Berichtsquartals wieder 1 Stück Rindvieh und in einem 
benachbarten Orte 2 Stück Rindvieh und 2 Ziegen, deren Futter angeblich aus 
dem zuerst genannten Seuchenorte eingeführt worden war. 

In 4 Gehöften starben je 5, in 1 Gehöft 4, in 5 Gehöften je 3, in 27 Ge¬ 
höften je 2, in 184 Gehöften beschränkte sich der Verlust auf je 1 Stück Rind¬ 
vieh. Frei vom Milzbrand blieben die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Köslin, Stralsund, 
Lüneburg, Osnabrück, die Provinz Westfalen, die Hohenzollernschen Lande und 
die Stadt Berlin. 

Die zahlreichsten Erkrankungen kamen in Ortschaften oder Gehöften, in 
denen der Milzbrand stationär ist, und ausserdem nach dem Weiden in der Nähe 
von Gewässern bez. nach dem Verfüttern von Pflanzen vor, welche auf über¬ 
schwemmt gewesenen Ackerflächen gewonnen worden waren. Mehrere Ausbrüche 
des Milzbrandes werden auf die unzweckmässige Verscharrung von an der Blut¬ 
seuche gefallenen Schafen zurückgeführt, einzelne auf schlechtes Trinkwasser aus 
Teichen mit ungewöhnlich niedrigem Wasserstande, bez. aus Teichen, oberhalb wel¬ 
cher Gerbereien lagen. In einem Gehöft soll der Ausbruch des Milzbrandes bei einem 
zweiten Stück durch die Haut der 8 Tage vorher zuerst gefallenen Kuh vermit¬ 
telt worden sein. In Betreff zahlreicher Milzbrandfälle, bei denen schlechtes 
Futter, Pilzbefallungen, dunkele, heisse, schlecht ventilirte Ställe, Gewitter¬ 
schwüle u. s. w. als Ursachen beschuldigt werden, lässt sich die Vermuthung 
nicht von der Hand weisen, dass vielleicht ein Irrthum in der Diagnose vorliegt. 

Die meisten der im Reg.-Bez. Schleswig und im Kreise Eupen, Reg.-Bez. 
Aachen, beobachteten Erkrankungen, sowie ein Fall im Landdr.-Bez. Stade, tra¬ 
ten in der Form des Rauschbrandes auf; ausserdem wird in einzelnen wenigen 
Fällen das Vorkommen des carbunculösen Anthrax und eines erst nach 24—48 
Stunden tödtlich endenden Milzbrandfiebers erwähnt. Im Uebrigen scheint der 
Milzbrand meistens in der sogenannten apoplektischen Form aufgetreten zu sein. 

Die 80 am Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf 11 Gehöfte in 
ebenso vielen Ortschaften und Kreisen; in 7 dieser Ortschaften herrschte der 
Milzbrand gleichzeitig unter dem Rindvieh. 

Von den 30 in den Tabellen verzeichneten Schweinen sind 22 höchst 


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Kleinere Mittheilungen. 


245 


wahrscheinlich nicht am Milzbrand, sondern an der sogenannten Schweinesenche 
gefallen; 2 Schweine starben in einem Gehöft des Kreises Pieschen, Reg.-Bez. 
Posen, in welchem gleichzeitig auch der Milzbrand unter dem Rindvieh und den 
Schafen herrschte. Bei einem Schweine im Kreise Steinfnrt, Reg.-Bez. Münster, 
fand sich eine sehr umfangreiche Carbunkelbildung am Nacken und an den 
Bauchdecken. 

Vom 27. August bis 25. September 1880 wurden in der Ibenhorster Forst, 
Kr. Heydekrug, Reg.-Bez. Gumbinnen, 5 anscheinend am Milzbrand gestorbene 
Elche gefunden, in einem Thiergarten des Kreises Teltow, Reg.-Bez. Potsdam, 
fielen am Milzbrand 40 Stück Dammwild und 4 Wildschweine. 

In Folge von Milzbrandinfection erkrankten 22 Menschen, von denen 7 star¬ 
ben, darunter allein 13 Erkrankungen und 5 Todesfälle in einer Ortschaft des 
Kreises Johannisburg, Reg.-Bez. Gumbinnen. Die Infection ging in einem Falle 
von einem Schafe, sonst stets von Rindvieh aus. 

2. Maul-und Klauenseuche. Die Aphthenseuche ist unter dem Rind¬ 
vieh nur in 20 Ortschaften, welche sich auf 16 Kreise der Provinzen Ostpreussen, 
Brandenburg, Posen, Schlesien, Sachsen, Hannover, Westfalen und der Rheinpro¬ 
vinz vertheilen, beobachtet worden. Dieselbe erlangte nirgends eine weite Ver¬ 
breitung, sondern blieb stets auf einzelne Gehöfte, selbst auf einzelne Ställe der 
letzteren beschränkt; in mehreren Fällen gelang es, durch strenge Isolirung der 
zuerst erkrankten Hberde das Eindringen der Seuche in andere Ställe desselben 
Gehöftes zu verhindern. 

Gestorben sind an der Aphthenseuche 3 Stück Rindvieh; bei einem Ochsen 
fanden sich diphtheritische Beläge von 1—3 Linien Dicke im Kehlkopf, in der 
Luftröhre und selbst in den Verzweigungen der Bronchien. 

Die Einschleppung ist nur bei wenigen Ausbrüchen festgestellt worden, in 
den meisten Fällen blieb dieselbe ganz unaufgeklärt und um so räthselhafter, als 
weit und breit in der Nachbarschaft die Seuche nicht herrschte und die betref¬ 
fenden Thiere ihre Ställe, welche von fremden Personen nicht betreten worden 
waren, nicht verlassen hatten. In zwei Fällen soll die Seuche durch erkrankte 
Schafe in Rindviehställe eingeschleppt worden sein. 

Das statistische Material erwähnt das Vorkommen der Seuche bei zusammen 
9 Schafheerden in den Provinzen Brandenburg, Schlesien, Sachsen, Hannover 
und Westfalen. 4 Schafe sind an der Aphthenseuche gefallen; die Einschlep¬ 
pung der Krankheit durch Handelsvieh oder durch Treibheerden konnte in den 
meisten Fällen nachgewiesen werden. 

Die sogenannte bösartige Klauenseuche herrscht seit langer Zeit weit 
verbreitet im Ober-Lahn-, Unter-Lahn-, Rheingau-, Unter-Taunus- und Mainkreise 
des Reg.-Bez. Wiesbaden; dieselbe wird vorzugsweise durch den Schafhandel 
verschleppt und hat bedeutende Verluste im Gefolge. Die Schäfer sind vielfach 
der Meinung, dass das Leiden durch Verletzung der Weichgebilde an den Fuss- 
enden auf den Stoppelweiden erzeugt wird und suchen Ausbrüche der Krankheit 
möglichst zu verheimlichen. Ausserdem wird über das Herrschen der bösartigen 
Klauenseuche im Kreise Jüterbog-Luckenwalde, Reg.-Bez. Potsdam, berichtet 
und liegt die Vermuthung nahe, dass ein Theil der in die TabeMen aufgenom- 


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246 Kleinere Mittheilungen. 

menen Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche als sog. bösartige Klauenseuche 
anzusehen sein dürfte. 

3. Lungenseuche. Die Lungenseuche trat unter 92 Viehbeständen auf, 
welche sich auf 65 Ortschaften in 37 Kreisen vertheilen und zusammen 2506 
Stück Rindvieh enthielten. 

Erkrankt sind.371 Stück Rindvieh 

Gefallen „ .. 21 „ * 

Auf polizeiliche Anordnung wurden getödtet 336 „ „ 

Auf Veranlassung der Besitzer „ „ 27 „ „ 

Am Schlüsse des Berichtsjahres war die Seuche in 77 Gehöften noch nicht 
getilgt. 


Die 371 an Lungenseuche erkrankten Stück Rindvieh vertheilen sich, wie 
folgt, auf die Provinzen*. 


Westpreussen . . . 

. . . l,00pCt. 

Sachsen . 

. . . 49,00pCt. 

Brandenburg . . . 

. . . 3,80 „ 

Hannover. 

. . . 3,50 ,, 

Pommern. 

. . . 2,40 „ 

Westfalen. 

. . . 0,80 „ 

Posen. 

. . . 28,50 „ 

Hessen-Nassau . . . 

. . . 4,30 „ 

Schlesien. 

. . . 5,70 „ 

Rheinprovinz . . . 

. . . 1,00 


100,00pCt. 


Die 384 gefallenen und getödteten Stück Rindvieh bilden 15,32 pCt. der 
2506 Stück, mit welchen die verseuchten Ställe besetzt waren. Derselbe Pro¬ 
centsatz stellt sich in den einzelnen Provinzen, wie folgt: 


Westpreussen . . . 

. . . 6,55pCt. 

Sachsen. 

, . . 12.80pCt. 

Brandenburg . . . 

• • • 27,77 „ 

Hannover . . . . , 

. . . 2,90 , 

Pommern. 

. . . 6,34 „ 

Westfalen . . . . , 

. . . 100.00 „ 

Posen . 

. . . 17,35 . 

Hessen-Nassau . . 

. . . 22,80 „ 

Schlesien. 

. • . 4,47 „ 

Rheinprovinz . . . 

. . . 57,00 „ 


Ostpreussen blieb frei von der Lungenseuche, und in Westpreussen be¬ 
schränkte sich das Vorkommen derselben auf ein Gut des Kreises Pr. Stargard, in 
welchem die Krankheit 8 Monate vorher geherrscht hatte und während des Be¬ 
richtsquartals unter dem Vieh der Dienstleute ausbrach. 

Im Reg.-Bez. Potsdam wurde nur ein Ausbruch der Lungenseuche beob¬ 
achtet, derselbe betraf einen bäuerlichen Viehbestand und erfolgte durch Ueber- 
tragung von der im vorhergehenden Quartal verseucht gewesenen Gutsheerde 
desselben Ortes. Die beiden Seuchenherde der Kreise Amswalde und Königs¬ 
berg dos Reg.-Bez. Frankfurt, in denen die Krankheit seit dem vorigen Quartal 
fortherrschte, wurden durch Abschlachten der betreffenden Bestände getilgt. 
Ausserdem kamen Neuausbrüche vor in je einem Orte des Kreises Lebus — Ein¬ 
schleppung aus Bayern — und Züllichau —Wiederausbruch unter bäuerlichen Be¬ 
ständen, nachdem die Krankheit unter dem Gutsvieh getilgt war. Unter dem in 
Berlin einheimischen Vieh wurden keine Fälle von Lungenseuche beobachtet. In 
2 Vorwerken desselben Gutes im Kreise Pyritz, Reg.-Bez. Stettin, dauerte trotz 
zeitig vorgenommener Impfung das Herrschen der Lungenseuche aus dem vorigen 
Quartal fort. Im Uebrigen blieb Pommern frei von der Krankheit. 

Die Verluste durch die Lungenseuche in der Provinz Posen haben gegen 


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Kleinere Mittheilungen. 


247 


das vorhergehende Quartal erheblich zugenommen. Die Krankheit wurde von dem 
seit längerer Zeit verseuchten Bestände in Manietzki, Kreis Schrimm, auf den 
des benachbarten Gutes Boreczek übertragen und herrschte ausserdem in zusam¬ 
men 9 Gehöften der Kreise Bomst, Fraustadt, Kosten und Posen, Reg.-Bez. 
Posen. In ein Gut des Landkreises Posen wurde die Lungenseuche durch Vieh 
der Dienstleute eingeschleppt. In dem Reg.-Bez. Bromberg, welcher sonst im 
Allgemeinen nur geringe Verluste erleidet, wurden 4G Stück Rindvieh auf poli¬ 
zeiliche Anordnung getödtet, darunter 38 Stück eines Guter im Kreise Wirsitz — 
Einschleppung durch in Bayern angekaufte Thiere — und 8 in einem Gute des 
Kreises Kolmar, in demselben Bestände hatte die Lungenseuche vor einem Jahre 
geherrscht. Während des Berichtsquartals trat die Lungenseuche bei einem Stück 
der Gutsheerde und bei 7 Stück der Dienstleute auf. Eine der erkrankten Kühe 
war 5 Jahre vorher mit Erfolg geimpft worden. In Schlesien beschränkte sich 
das Vorkommen der Lungenseuche auf 5 Gehöfte zweier Ortschaften des Kreises 
Pless, Reg.-Bez. Oppeln; in eine Ortschaft soll die Seuche durch eingeschmug¬ 
geltes Vieh aus Oesterreichisch-Schlesien eingeschleppt worden sein. Die Reg.- 
Breslau und Liegnitz blieben seuchefrei. 

Von den 164 in Sachsen auf polizeiliche Anordnung getödteten Stück 
Rindvieh entfallen 137 auf 25 Ortschaften des Reg.-Bez. Magdeburg und 27 auf 
6 Ortschaften des Reg.-Bez. Merseburg. Im Reg.-Bez. Erfurt kamen keine Fälle 
von Lungenseuche vor. Mehrfach verseuchten weitere Gehöfte derselben Ort¬ 
schaften, oder die Krankheit wurde aus Nachbarorten — und zwar öfter durch 
Zwischenträger — eingeschleppt. Ein Ausbruch im Kreise Gardelegen soll durch 
Infection auf einer Thierschau in Magdeburg veranlasst worden sein. In meh¬ 
reren Beständen verging zwischen den letzten Erkrankungen und den im Berichts¬ 
quartal beobachteten eine Zeit von 3—4 Monaten. 

Schleswig-Holstein blieb frei von der Lungenseuche. Das Auftreten der 
letzteren in der Provinz Hannover beschränkte sich auf 2 Gehöfte des Kreises und 
Landdr.-Bez. Hildesheim und auf ein schon im Quartal Januar-März verseucht 
gewesenes Gehöft des Kreises Melle. Landdr.-Bez. Osnabrück. Auf einer isolirten 
Weide des Kreises Bochum, Reg.-Bez. Arnsberg, erkrankten 3 verschiedenen Be¬ 
sitzern gehörende Stück Vieh. In den Reg.-Bez. Münster und Minden wurden 
keine Fälle von Lungenseuche beobachtet. Von 7 im Reg.-Bez. Kassel ver¬ 
seuchten Beständen entfallen 6 auf 3 Ortschaften des Kreises Gersfeld und 1 auf 
den Kreis Fulda. In 3 Ortschaften konnte die Einschleppung durch angekauftes 
Vieh nachgewiesen werden. Im Reg.-Bez. Wiesbaden herrschte die Seuche in 
einem Orte des Unter-Taur.us-Kreises, in welchem dieselbe schon während des 
vorigen Jahres aufgetreten war und in 2 Gehöften des seit lange und wiederholt 
verseucht gewesenen Ortes Hattersheim, Kreis Wiesbaden. Die Krankheit wurde 
während des Berichtsquartals von neuem durch eine angekaufte Kuh einge¬ 
schleppt. In der Rheinprovinz beschränkte sich das Vorkommen der Lungen¬ 
seuche auf einen Viehbestand des Landkreises Krefeld — Einschleppung durch 
Vieh württemberger Race — und auf einen Ort des Reg.-Bez. und Landkreises 
Trier, in welchem die Krankheit seit dem März herrscht und während des Be¬ 
richtsquartals der vierte Bestand ergriffen wurde. In den Hohenzollernschen 
Landen wurden keine Fälle von Lungenseuche beobachtet. 


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248 


Kleinere Mittheilungen. 


Aus dem Auslande wurde die Lungenseuche im Berichtsquartal 7 mal ein¬ 
geschleppt, nämlich 4 mal aus Bayern, je einmal aus Württemberg, Schwarzburg- 
Sondershausen und Oesterreichisch-Schlesien. 

Von den verseuchten Gehöften entfallen 29,42 pCt. auf grössere Güter, 
70,58 pCt. auf kleinere Besitzungen, von den auf polizeiliche Anordnung ge- 
tödteten Stück Rindvieh 48 pCt. auf erstere und 52 pCt. auf letztere. Berechnet 
man dieselben Verhältnisszahlen für die Provinzen Westpreussen, Pommern, 
Posen und Sachsen, so stellen sich dieselben auf 42,36 und 57,64 pCt. bez. auf 
55,90 und 44,10 pCt. Der Verlust an auf polizeiliche Anordnung getödteten 
Rindern betrug in den grösseren Gütern durchschnittlich 9,36, in den kleineren 
Besitzungen 25 pCt. des vorhandenen Gesammtbestandes. 

Die Impfung der Lungenseuche ist in den beiden verseuchten Gutsvorwer¬ 
ken des Reg.-Bez. Stettin, ausserdem in 2 Seuchengehöften des Reg.-Bez. Magde¬ 
burg und in 1 Gehöft des Reg.-Bez. Merseburg ausgeführt worden. Ueber die 
Erfolge dieser Impfungen wird nicht berichtet. 

4. Rotz-Wurmkrankheit. Die Zahl der Rotzfalle und der verseuchten 
Pferdebestände ist im Berichtsquartal, wie die nachstellende Vergleichung zeigt, 
erheblich grösser gewesen, als im Quartal April-Juni. 


Quartal 

April-Juni 

Juli-September 

Zahl der Kreise. 

156 

160 

„ „ Ortschaften . 

257 

276 

„ * Gehöfte. 

294 

315 

Gesammtbestand der verseuchten Gehöfte . 

2584 Pferde 

2681 Pferde 

Erkrankt . 

567 . 

620 „ 

Gefallen. 

43 , 

58 „ 

Auf polizeiliche Anordnung getödtet . . . 

495 „ 

542 * 

Auf Veranlassung der Besitzer „ ... 

51 . 

29 , 

Am Schluss des Berichtsquartals blieben 
verseucht. 

165 Gehöfte 

172 Gehöfte 


Die im Berichtsquartal getödteten und gefallenen 629 Pferde betragen 
etwa 23,45 pCt. des Gesammtbestandes aller verseuchten Gehöfte und vertheilen 
sich in abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, auf die einzelnen Provinzen. Die 
entsprechenden Zahlen des Quartals April-Juni sind zur Vergleichung gegen¬ 
übergestellt. 


Quartal 

April-Juni 

Juli-September 

Ostpreussen. 

8,10pCt. 

5,90 pCt. 

Westpreussen. 

14,15 „ 

17,30 „ 

Brandenburg . 

11,25 . 

7,60 „ 

Pommern. 

8,50 , 

12,45 „ 

Posen . 

11,25 „ 

17,00 * 

Schlesien. 

31,20 „ 

20,70 . 

Sachsen .. 

3,70 „ 

6,00 „ 

Schleswig-Holstein . . . 

2,00 , 

1,30 „ 

Hannover. 

1,70 . 

1,90 „ 

Westfalen. 

0,85 „ 

2,70 „ 


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Kleinere Mittheilungen. 


249 


Quartal April-Juni Juli-September 


Hessen-Nassau l,20pCt. 0,80pCt. 

Rheinprovinz. 5,25 „ 6,35 * 


Hohenzollernsche Lande . 0,85 „ 0,00 „ 

100,00 pCt. 100,00 pCt. 

Die vorstehende Berechnung zeigt, dass eine Verminderung des Procent¬ 
satzes auffällig sich nur in den Provinzen Ostpreussen und Brandenburg bemerk - 
lich macht, dass der Procentsatz in Schlesien zwar weniger als im vorigen Quartal 
beträgt, jedoch noch die höchste Ziffer aufweist, und in den Provinzen West- 
preussen, Pommern, Posen, Sachsen und Westfalen erheblich, in der Rheinprovinz 
etwas zugenommen hat.. 

Die 26 im Reg.-Bez. Königsberg getödteten Pferde vertheilen sich auf 16 
Gehöfte in 13 Kreisen, der Verlust der einzelnen Bestände war mithin nicht sehr 
bedeutend. 7 rotzkrank befundene Pferde waren kurze Zeit vorher angekauft 
worden, dieselben stammten zum grösseren Theil aus Beständen, in denen die 
Pferde als der Ansteckung verdächtig unter Observation gestanden und nach Ab¬ 
lauf der gewöhnlichen Zeit freigegeben worden waren. Zwei Ausbrüche wurden 
dadurch bedingt, dass die Pferde in einen verseuchten Bestand verkauft und aus 
dem letzteren zurückgenommen worden waren. In einem Gehöft hatte die Rotz¬ 
krankheit vor einem Jahre geherrscht, dieselbe brach im Berichtsquartal von 
neuem aus. In 5 Gehöften des Reg.-Bez. Gumbinnen, weiche auf 4 Kreise ent¬ 
fallen, starben oder wurden getödtet 11 Pferde; eines derselben wurde auf dem 
Markt in Stallupönen ermittelt. Ein Ausbruch kam unter einem Bestände vor, 
dessen Observation erst im 4. Quartal 1879 aufgehoben worden war. 

Im Reg.-Bez. Danzig blieben nur die Stadt Danzig und der Kreis Carthaus 
frei von der Rotzkrankheit; von 43 getödteten und gestorbenen Pferden entfallen 
17 auf 7 Bestände des Kreises Neustadt, 26 auf 16 Bestände der übrigen 5 
Kreise des Regierungsbezirks. 8 Bestände mit zusammen 85 Pferden haben 
während der beiden letzten Quartale 43 Pferde verloren. In einem Gehöft des 
Kreises Pr.-Stargard brach die Krankheit nach längerem Zwischenraum von neuem 
aus. Von den 14 Kreisen des Reg.-Bez. Marienwerder, in welchem 66 Pferde 
getödtet wurden resp. starben, blieben nur Könitz, D.-Krone und Schlochau frei 
von der Rotzkrankheit; die bedeutendsten Verluste entfallen auf die Kreise Stras¬ 
burg, Graudenz, Kulm und Marienwerder. Der Regierungsbezirk enthält noch in 
grösserer Zahl alte Rotzstationen, unter deren Beständen die Krankheit nach län¬ 
geren Zwischenzeiten häufig wieder ausbricht. 3 rotzkrank befundene Pferde 
waren kurz vorher angekauft worden. 

Die 17 im Reg.-Bez. Potsdam getödteten und gefallenen Pferde vertheilen 
sich auf 11 Gehöfte in 6 Kreisen; unter diesen verlor ein Gut im Kreise Teltow 
6 Pferde, die anderen Erkrankungen blieben mit Ausnahme eines Ausbruches 
vereinzelt. Der Reg.-Bez. Frankfurt verlor 5 Pferde. In Berlin sind 26 Pferde 
getödtet worden bez. gefallen — 4 weniger als im Quartal April-Juni; dieselben 
vertheilen sich auf 15 Bestände, von denen 5 beioits im vorigen Quartal verseucht 
waren. 1 rotzkrankes Pferd war kurz vorher angekauft worden; 2 rotzkranke 
Pferde wurdea auf Rossschlächtereien ermittelt. 

Von 42 im Reg.-Bez. Stettin getödteten und gefallenen Pferden gehörten 

17 


Archiv f. wlstenseh. und prakt. Thierheilk. VIL 3. 


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250 


Kleinere Mittheilungen. 


29 einem Gutsbestande des Kreises Demmin an. Unter dem letzteren hatte die 
Rotzkrankheit vom 16. Juni 1879 bis Ende Juli 1880 geherrscht; von den ur¬ 
sprünglich vorhanden gewesenen 73 Pferden hatten sich nach und nach 53 mit 
dem Rotz — die meisten in der Form des Lungenrotzes — behaftet erwiesen, 
keines der vorhandenen 18 Gespanne war frei von der Rotzkrankheit geblieben. 
Von den 15 Pferden eines Fuhrhalters in Stettin, unter denen die Rotzkrankheit 
am 13. April 1880 constatirt worden war, lebten noch 4 am Schluss des Be¬ 
richtsquartals. In einem Gutsbestande brach die Krankheit nach 14 Monaten 
von neuem aus; ein rotzkrankeö Pferd war kurz vorher angekauft worden. Von 
den 36 im Reg.-Bez. Köslin getödteten und gestorbenen Pferden entfallen 22 
auf zusammen 3 Güter der Kreise Belgard, Lauenburg und Stolp; von den ur¬ 
sprünglich vorhanden gewesenen 79 Pferden dieser 3 Güter waren am Schluss 
des Berichtsquartals noch 38 am Leben. Die übrigen 14 Pferde vertheilen sich 
auf 7 Bestände. Ein Pferd war kurze Zeit vorher an gekauft worden. Im Reg.- 
Bez. Stralsund wurden keine Fälle von Rotzkrankheit beobachtet. 

Die Verluste des Reg.-Bez. Posen durch die Rotzkrankheit sind während 
der beiden letzten Quartale nahezu dieselben geblieben, nämlich 42 bez. 45 
Pferde. Ein Gut des Kreises Pieschen verlor von 36 Pferden 18. In 2 Bestän¬ 
den brach die Krankheit nach längeren Zwischenzeiten von neuem aus, 2 Pferde 
waren kurze Zeit vorher angekauft; ein rotzkrankes Pferd wurde auf dem Markt 
in Birnbaum ermittelt, dasselbe gehörte einem Händler. Die Zahl der im Reg.- 
Bez. Bromberg gefallenen und getödteten Pferde ist von 24 im Quartal April-Juni 
auf 62 im Berichtsquartal gestiegen; von diesen 62 Pferden gehörten zusammen 
43 sieben mit 155 Pferden besetzten Gehöften der Kreise Bromberg, Inowraclaw, 
Mogilno, Schubin und Wongrowiec an. Einzelne dieser Gehöfte werden als alte 
Rotzstationen bezeichnet. Auffallend ist das häufige Vorkommen der Krankheit 
bei Pferden kleiner Bestände in den Städten. In 2 Beständen brach die 
Rotzkrankheit nach einem Jahre von neuem aus; 2 Pferde waren kurze Zeit vor 
Constatirung der Krankheit angekauft. 

Die 30 im Reg.-Bez. Breslau getödteten und gefallenen Pferde vertheilen 
sich auf 22 Bestände mit zusammen 87 Pferden in 12 Kreisen. Einzelne Be¬ 
stände von 2—3 Pferden sind ganz zu Grunde gegaugen. 2 Pferde waren kurze 
Zeit vorher angekauft worden, 3 rotzkranke wurden in Rossschlächtereien ermit¬ 
telt. Die im Reg.-Bez. Liegnitz beobachteten 15 Rotzfälle blieben vereinzelt, 
2 Pferde waren kurz vorher angekauft worden. Von den 85 im Reg.-Bez. 
Oppeln getödteten und gestorbenen Pferden entfallen zusammen 42 auf die 
Kreise Beuthen, Kattowitz und Tost-Gleiwitz; dieselben gehörten fast durchweg 
Fuhrleuten im Montanbezirk an, und sind diese Ausbrüche grösstentheils durch 
Berührung mit den während des vorigen Quartals verseucht gewesenen Pferde¬ 
beständen oder durch Ankauf aus den letzteren veranlasst worden. 3 Gehöfte in 
den Kreisen Neisse und Neustadt mit zusammen.51 Pferden verloren 18 Pferde. 
Ein in Pless Ende August rotzkrank befundenes Pferd war im November 1879 
der Infection ausgesetzt gewesen und hatte 3 Monate lang unter Observation 
gestanden; 18 Pferde waren kurz vorher angekauft worden, 7 rotzkranke Pferde 
wurden auf den Märkten in Alt-Berun, Kattowitz und Nikolai, eines in einer Ross¬ 
schlächterei angetroffen. 


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Kleinere Mittheilungen. 


251 


Von 15 im Reg.-Bez. Magdeburg getödteten und gefallenen Pferden ge¬ 
hörten 9 einem Gute des Kreises Osterburg, die übrigen 6 vertheilen sich auf 
ebenso viele Gehöfte mit zusammen 17 Pferden. Im Kreise Merseburg wurden 
2 Bestände von 5 bez. 6 Pferden getödtet, in jedem erwies sich nur ein Pferd 
bei der Section nicht rotzkrank. Das Herrschen der Rotzkrankheit in 2 Bestän¬ 
den desselben Kreises wurde zufällig durch die Section eines an Kolik gefallenen 
Pferdes ermittelt. Ausserdem kamen im Reg.-Bez. Merseburg noch 5 Rotzfälle 
in zusammen 4 Gehöften der Kreise Bitterfeld, Torgau und des Mansfelder See¬ 
kreises vor. Die 3 Rotzerkrankungen im Reg.-Bez. Erfurt blieben vereinzelt; ein 
Pferd gehörte einem hausirenden Händler. 

Von 8 in Schleswig-Holstein getödteten und gefallenen Pferden bildeten 2 
den Restbestand einer während des vorigen Quartals verseuchten Posthalterei. 
Ein rotzkrankes Pferd wurde auf dem Markt in Apenrade ermittelt. 

Die 12 in Hannover getödteten und gestorbenen Pferde vertheilen sich auf 

1 Gehöft des Kreises Hoya, Landdr.-Bez. Hannover, und auf 3 Gehöfte des 
Kreises Fallingbostel, Landdr.-Bez. Lüneburg; über die Einschleppung wird 
nicht berichtet. Die Landdr.-Bez. Hildesheim, Stade, Osnabrück und Aurich 
blieben frei von der Rotzkrankheit. 

Von 7 im Reg.-Bez. Münster getödteten und gestorbenen Pferden gehören 

2 in das vorige Quartal, 4 einer Posthalterei. In demselben Bestände des Kreises 
Halle, Reg.-Bez. Minden, ist ein Pferd getödtet worden und ein zweites gefallen. 
Die Constatirung der Rotzkrankheit bei einem 4 Monate vorher gekauften Pferde 
im Kreise Soest, Reg.-Bez. Arnsberg, gab Anlass zur Untersuchung des Bestandes 
im Kreise Hamm, aus welchem das betreffende Pferd stammte, hierbei wurde die 
Rotzerkrankung dreier Pferde festgestellt. Im Ganzen verlor der Reg.-Bez. Arns¬ 
berg 8 Pferde. 

Die 4 im Reg.-Bez, Kassel getödteten Pferde vertheilen sich auf 3 Ge¬ 
höfte, in zweien erkrankte zuerst ein kurze Zeit vorher angekauftes Pferd. Im 
Reg.-Bez. Wiesbaden ist nur ein Pferd an der Rotzkrankheit gefallen. 

Die 5 im Reg.-Bez. Koblenz getödteten und gefallenen Pferde vertheilen 
sich auf ebenso viele Bestände, welche zusammen 8 Pferde enthielten; 3 Pferde 
waren vor 14 Tagen, 7 Monaten bez. einem Jahre angekauft. Von den 5 Rotz¬ 
erkrankungen im Reg.-Bez. Düsseldorf entfällt ein Pferd auf den Bestand einer 
Tramway-Gesellschaft; ein Pferd war kurze Zeit vorher angekauft. Im Land¬ 
kreise und Reg.-Bez. Köln sind 3 Rotzfalle vorgekommen. Von 17 im Reg.-Bez. 
Trier getödteten rotzkranken Pferden gehörten 13 der Kohlengrube zu Dudweiler, 
Reg.-Bez. Saarbrücken, 2 Saarschiffern. 4 der in Dudweiler getödteten Pferde 
hatten während des Lebens keine Krankheitserscheinungen gezeigt; 2 Pferde 
waren kurz vorher angekauft, ein rotzkrankes Pferd wurde auf dem Markt in 
Saarbrücken ermittelt. Unter einem Bestände von 26 Pferden in Malmedy, 
Reg.-Bez. Aachen, wurden 9 Pferde rotzkrank befunden; die beiden zuerst er¬ 
krankten waren aus Belgien eingeführt worden. Ausserdem erwies sich ein kurze 
Zeit vorher angekauftes Pferd in Aachen rotzkrank. 

In den Hohenzollernschen Landen sind keine Fälle von Rotzkrankheit beob¬ 
achtet worden. 

Bei 31 von den 542 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden 

17* 


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252 


Kleinere Mittheilungen. 


= 5.72 pCt. wurde das Vorhandensein der Rotzkrankheit durch die Section 
nicht bestätigt. Von den 542 oben genannten Pferden gehörten 


zu den Beständen grösserer Güter.37,10 pCt. 

„ „ * kleinerer Ackerwirthscbaften. 28,20 * 

Besitzern, welche Fuhrwerk betreiben. 27,70 „ 


die Benutzung der Pferde konnte nicht festgestellt werden von 7,00 „ 
Berechnet man dieselben Verhältnisszahlen für die Provinzen Ostpreussen, West- 
preussen, Brandenburg (ausschliesslich Berlin), Pommern, Posen und Schlesien, 
so stellen sich dieselben auf 43,35, 29,00, 21,65 und 6,00 pCt. 

ln 10 früher verseucht gewesenen Beständen brach die Rotzkrankheit wäh¬ 
rend des Berichtsquartals nach Zwischenzeiten von 4—12 Monaten von neuem 
aus; 53 Pferde waren kürzere oder längere Zeit — in einem Falle 3 Tage — 
vor Constatirung der Krankheit angekauft; 14 rotzkranke Pferde wurden auf 
Märkten, 6 in Rossschlächtereien ermittelt. 11 Ausbrüche der Rotzkrankheit 
werden auf Infection der Pferde unterwegs oder in Gastställen zurückgeführt. 

Aus dem Auslande ist die Rotzkrankheit 6 mal eingeschleppt worden; 3 
Ausbrüche sind durch Ankauf von Pferden in Russisch-Polen, 2 durch Ankauf in 
Galizien, 1 durch Ankauf in Belgien veranlasst worden. 

Ein Empiriker, welcher ein rotzkrankes Pferd in Kl.-Maischeid, Kreis Neu¬ 
wied, Reg.-Bez. Koblenz behandelt hatte, ist in Folge von Rotzinfection längere 
Zeit schwer krank gewesen. 

5. Schafpocken. Die Pockenseuche gewann während des Berichts¬ 
quartals eine sehr bedeutende Verbreitung, welche die ebenfalls erhebliche des 
gleichen Quartals 1879 weit übersteigt. Dieselbe trat auf: 

Quartal Kreisen Ortschaften Gehöften gestorben 

Juli-Septbr. 1879 in 81 687 1156 2623 Schafe 

* 1880 „ 111 846 1809 3720 „ 

Von den 1809 Gehöften des Berichtsquartals sind 170 solche, in denen die 
Schutzimpfung, und 82 solche, in denen die Praecautionsimpfung ausgeführt 
wurde, mithin bleiben 1557 Gehöfte übrig, in denen Ausbrüche der natürlichen 
Pocken stattfanden. Die Verluste an gefallenen Schafen sind jedenfalls noch 
erheblich grösser gewesen und werden erst im nächsten Quartal annähernd richtig 
mitgetheilt werden können. 

Auf die Provinzen Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg, Pommern, 
Posen und Sachsen (ausschliesslich des pockenfreigebliebenen Reg.-Bez. Erfurt) 
entfallen 412 Ortschaften in denen Ausbrüche der natürlichen Pocken beobachtet 
wurden, und von diesen Ortschaften 

331 = 80,35 pCt. auf 61 Kreise, in denen die Schutzimpfung der Lämmer ge¬ 
bräuchlich ist, 

81 = 19,65 „ „ 23 „ in denen die Schutzimpfung der Lämmer 

nicht ausgeführt wird. 

Ein grosser Theil der Ausbrüche in den zuletzt genannten 81 Ortschaften wird 
mittelbar oder unmittelbar auf die Schutzimpfungen in benachbarten Kreisen zu¬ 
rückgeführt. Die Zwischenstationen der Pockenverbreitung sind häufig nicht 
nachzuweisen, weil das Herrschen der Seuche in kleinen bäuerlichen Beständen 


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Kleinere Mittheilungen. 


253 


nicht selten unbekannt bleibt und weil die Schafe der öfter ihre Stelle wechseln¬ 
den Dienstleute das Pockencontagium schnell auf weite Entfernungen verschlep¬ 
pen. Die Schutzimpfungen, welche in den östlichen Provinzen als die haupt¬ 
sächlichste Ursache der Pockenverbreitung angesehen werden müssen, werden in 
manchen Gegenden sehr unregelmässig ausgeführt, namentlich findet bei den¬ 
selben nur ausnahmsweise eine Berücksichtigung der Tagelöhner-Schafe statt. 

In Schlesien beschränkte sich das Auftreten der Schapocken anf je eine 
Heerde der Kreise Grünberg und Sagan, Reg.-Bez. Liegnitz. Die Einschleppung 
erfolgte durch angekaufte Schafe. 

In 9 Ortschaften des Kreises Lauenburg. Reg.-Bez. Schlesweg, erlangte die 
Pockenseuche eine fast allgemeine Verbreitung, bei welcher Zwischenträger eine 
sehr wesentliche Rolle gespielt haben sollen; dieselbe wurde von hier aus in eine 
Ortschaft des Kreises Stormarn verschleppt. 

Ganz ausserordentlich verbreitet herrschte die Krankheit im Landdr.-Bez. 
Lüneburg, kein Kreis, in manchen Districten kein Dorf blieb von derselben ver¬ 
schont. Als Centralpunkt der Verseuchung wird übereinstimmend der Kreis 
Uelzen bezeichnet, von welchem aus sich die Pocken über den ganzen Bezirk ver¬ 
breiteten. Die Ursachen des häufigen Vorkommens und der zeitweise fast allge¬ 
meinen Verbreitung der Pocken im Landdr.-Bez. Lüneburg sind noch immer un¬ 
aufgeklärt; viel mag hierzu der sehr lebhafte Klein-, namentlich der Hausirhandei 
mit Schafen beitragen. Es ist zu vermuthen. dass das Auftreten der Schafpocken 
in 6 Orten des Landdr.-Bez. Hannover in 8 Orten des Landdr.-Bez. Hildesheim 
und 56 Orten des Landdr.-Bez. Stade mittelbar oder unmittelbar auf die starke 
Verbreitung der Seuche im Lüneburgischen zurückzuführen ist, obgleich bestimmte 
Angaben in den Berichten nur sehr spärlich enthalten sind. Ausserdem wird 
über das Auftreten der Pocken in 3 Ortschaften des Kreises Emden, Landdr.-Bez. 
Aurich, berichtet. 

In den Provinzen Westfalen, Hessen-Nassau, in der Rheinprovinz und in 
den Hohenzollernschen Landen sind keine Ausbrüche der Schafpocken vorge¬ 
kommen. 

Abgesehen von den Schutzimpfungen in den östlichen Provinzen gab der 
Ankauf von Schafen bez. Berührung mit Treibheerden am häufigsten Anlass zur 
Verbreitung der Pockenseuche. Die angekauften und eingeführten Schafe hatten 
nicht selten noch frische Narben von Impfpocken an den Ohren; in einer nicht 
geringen Anzahl von Fällen waren die Schafe lediglich Träger des Contagiums, 
namentlich gilt dieses auch von den auf dem Berliner Sch lach tviehmarkt ange¬ 
kauften Schafen, durch welche 6 Ausbrüohe der Pocken veranlasst wurden. 

Die Berichte enthalten mehrfach Mittheilungen über Beispiele, in denen 
sich das Pockencontagium in inficirten Ställen und an Zwischenträgern lange 
Zeit wirkungsfähig erhielt. 

Die Angaben der Berichte über die Ausführung und die Erfolge der Noth- 
impfungen sind sehr unvollständig. 

6. Die Beschälseuche der Pferde und der^Bläschenausschlag 
der Pferde und des Rindviehs. Der Bläschenausschlag ist bei zusammen 
193 Stück Rindvieh, bei Pferden nicht beobachtet worden. Die zahlreioh- 


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254 


Kleinere Mittheilungen. 


sten Fälle bei dem Rindvieh kamen in den Reg.-Bez. Minden, Wiesbaden, Schles¬ 
wig, Köslin, Aachen und Kassel vor. Aus den westlichen Provinzen wird mehr¬ 
mals berichtet, dass der Bläschenausschlag häufiger ist, als man nach dem sta¬ 
tistischen Material annehmen darf; die Krankheit wird von den Landleuten wenig 
beachtet. Genauere Untersuchungen haben gezeigt, dass das im Berichte über 
das vorige Quartal erwähnte seuchenartige Herrschen des Bläschenausschlages 
im Kreise Mühlhausen, Reg.-Bez. Erfurt, auf einen Irrthum in der Diagnose 
beruht. 

Die Beschälseuche der Pferde ist in keinem Falle beobachtet worden. 

7. Räude der Pferde und Schafe. Die Zahl der Pferde, bei welchen 
Räudeerkrankungen constatirt wurden, beträgt 114 — 140 weniger als im 
Quartal April-Juni. Das Erlöschen der Räude wurde in vielen Orten festgestellt; 
13 räudekranke Pferde sind gefallen oder auf Veranlassung der Besitzer, 8 auf 
polizeiliche Anordnung getödtet worden. 

Von den 114 räudekranken Pferden entfallen 38 = 36,90 pCt. auf die 
Kreise Mohrungen, Neidenburg, Orteisburg, Osterode, Rössel und Wehlau des 
Reg.-Bez. Königsberg, 13 = ll,40pCt. auf die Kreise Bomst, Obornik, Schild¬ 
berg und Schroda des Reg.-Bez. Posen, 11 == 9,65 pCt. auf die Kreise Guhrau, 
Ohlau und Wohlau des Reg.-Bez. Breslau, 1—6 auf die Reg.- bez. Landdr.-Bez. 
Gumbinnen, Danzig, Marienwerder, Potsdam, Berlin, Stettin, Köslin, Bromberg, 
Liegnitz, Oppeln, Merseburg, Schleswig, Stade und Koblenz. In den anderen 
Verwaltungsbezirken sind keine Fälle von Pferderäude beobachtet worden. 

Vier Pferde waren lediglich mit der Fussräude, mit dieser jedoch anschei¬ 
nend schon seit längerer Zeit behaftet; 4 räudekranke Pferde waren kurze Zeit vor 
Constatirung der Krankheit angekauft, und ebenso viele wurden auf Märkten 
ermittelt. 

Im Kreise Osterholz, Landdr.-Bez. Stade, wurde die Uebertragung der 
Pferderäude auf 2 Menschen beobachtet; darunter befand sich der Abdecker, 
welcher das Cadaver eines an der Räude gefallenen Pferdes abgehäutet hatte, 
der Krätzausschlag verbreitete sich auf den ganzen Oberkörper. 

Soweit die im Allgemeinen dürftigen Mittheilungen eine Folgerung ge¬ 
statten, ist der Stand der Schafräude in der Provinz Hannover im Ganzen 
unverändert geblieben. Die Berichte aus den Landdr.-Bez. Hannover und Lüne¬ 
burg erwähnen die Schafräude gar nicht, die aus den Landdr.-Bez. Hildesheim, 
Stade und Osnabrück nur ganz ira Allgemeinen, dass die Räude fortherrscht bez. 
von neuem in Heerden ausgebrochen ist, in denen dieselbe getilgt schien. Im 
Landdr.-Bez. Aurich wurden 2 räudekranke Schafe auf dem Markt in Norden an¬ 
getroffen. Aus dem Reg.-Bez. Schleswig wird über den Ausbruch der Räude in 
6 Schäfereien der Kreise Kiel, Plön und Stormarn berichtet; die Einschleppung 
erfolgte meistens durch Schafe aus sogenannten Wanderheerden. Die Tabellen 
der Provinz Westfalen erwähnen das Vorkommen der Räudo bei 5 Schafen im 
Kreise Lüdinghausen, Reg.-Bez. Münster, die der Provinz Hessen-Nassau nur, 
dass die Räude unter Schafheerden des Ober-Taunus- und Mainkreises fortherrsoht. 

Am Schluss des Berichtsquartals waren ausserdem noch mit der Räude be¬ 
haftet: 1 Schafheerde im Kreise Osterode, Reg.-Bez. Königsberg, 3 Schafheerden 


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Kleinere Mittheilungen. 


255 


im Kreise Schlochau, Reg.-Bez. Marienwerder, 1 Schafheerde im Kreise Greifen¬ 
berg, Reg.-Bez. Stettin, 1 Schafheerde im Kreise Pieschen, Reg.-Bez. Posen — 
die Constatirung erfolgte erst nach längerem Herrschen der Krankheit — und 
1 Schafheerde im Kreise Lauban, Reg.-Bez. Liegnitz. Dagegen erschien die 
Räude getilgt in den seit längerer Zeit verseuchten Heerden der Kreise Neu- 
Stettin, Rummelsburg, Stolp, Reg.-Bez. Köslin und Sangerhausen, Reg.-Bez. 
Merseburg. 

Die Tilgung der Schafräude bei kleinen Beständen der östlichen Provinzen 
erfolgte vielfach durch Abschlachten der ganzen Heerde. 

8. Tollwuth. Die Tollwuth wurde constatirt bei 186 Hunden — 6 mehr 
als im Quartal April-Juni, 3 Pferden, 53 Stück Rindvieh, 25 Schafen, 5 
Schweinen; ausserdem sind 61 herrenlos umherschweifende Hunde und 264 
Hunde nach § 111 der Instruction vom 19. Mai 1876 getödtet worden. Diese 
Fälle vertheilen sich auf 250 Ortschaften in 111 Kreisen. Diejenigen Hunde, 
bei denen die Constatirung der Krankheit unterblieb oder kein bestimmtes Re¬ 
sultat ergab, sind nicht in Anrechnung gebracht worden. 

Ueber 10 wuthkranke Hunde entfallen auf die Reg.- bez. Landdr.-Bez. 
Königsberg (25), Gumbinnen (13), Posen (14), Hannover (15) und Arnsberg 
(11). In den Reg.- bez. Landdr.-Bez. Stettin, Köslin, Breslau, Magdeburg, 
Lüneburg und Trier wurde Wuth nur bei je einem Hunde beobachtet. Frei von 
der Wuth blieben die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Stralsund, Aurich, Koblenz, Aachen 
und Sigmaringen. 

Von den 53 wuthkranken Rindern entfallen 11 auf den Reg.-Bez. Brom¬ 
berg — die Thiere waren meist von herrenlos umherschweifenden Hunden ge¬ 
bissen worden, welche zum Theil aus Polen übergelaufen sein sollen, 10 auf 
den Reg.-Bez. Königsberg, je 7 auf den Reg.-Bez. Marienwerder und den Landdr.- 
Bez. Hannover. 

Von sicher beobachteten Incubationszeiten wird je einmal erwähnt: 
bei Pferden 51 Tage (1 V 4 Jahr altes Fohlen), 
bei Rindvieh 13. 16. 19 23. 24 26. 28 31. 31 34. 34 35 37. 

65 Tage, 

bei Schafen 10. 14. 20 Tage, 

bei Hunden 11. 17. 19 30 31. 40 Tage, 

bei Katzen 39 Tage. 

Bei einer Kuh soll die Incubation 10 Monate gedauert haben. 

In Folge des Bisses wuthkranker Hunde sind während des Berichtsquartals 
7 Menschen an Wasserscheu erkrankt und gestorben. Ueber diese Fälle wird 
berichtet: 

1 u. 2) In Mellenthin, Kreis D.-Krone, Reg.-Bez. Marienwerder, wurden 
am 17. Juli drei Knaben im Alter von 10, 8 und 6 Jahren von demselben tollen 
Hunde gebissen; der 10jährige Knabe starb am 22. August, der 8jährige trotz 
sofort eingeleiteter energischer Behandlung am 24. August. 

3) In Serno, Kreis Luckau, Reg.-Bez. Frankfurt, starb ein 10jähriger 
Knabe an der Wasserscheu, derselbe war 24 Tage vorher von einem fremden, 
zugelaufenen Hunde gebissen worden. 


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256 


Kleinere Mittheilungen. 


4) In Wittenberg, Reg.-Bez. Merseburg, erkrankte eifi Mensch am 16. Aug. 
an der Wasserscheu; derselbe war am 26. Juni von seinem eigenen Hunde, 
welchen er bald darauf tödtete, gebissen worden. Der Tod erfolgte am 21. Aug.; 
Incubation 51 Tage. 

5) Im Kreise und Landdr.-Bez. Hildesheim starb ein junges Mädchen an 
der Wasserscheu; dasselbe war 5 Wochen vorher von einem Hunde gebissen, 
welchen der Besitzer unmittelbar darauf ohne vorhergegangene Untersuchung ge- 
tödtet hatte. 

6) In Bochum, Reg.-Bez. Arnsberg, starb ein am 7. Juni gebissener 
Mensch. Die Krankheit brach am 17. August aus und führte in 4 Tagen zum 
Tode. Incubation 71 Tage. 

7) In Limburg, Reg.-Bez. Wiesbaden, bestrafte ein Mann seinen mürrisch 

gewordenen Jagdhund und wurde von demselben gebissen. Der Hund starb am 
folgenden Tage, ohne dass ein Verdacht auf Wutb gefasst wurde. Der Besitzer 
des Hundes starb 4 Wochen später an der Wasserscheu. Müller. 


Ueber die im Jahre 1879 in Preuuen anf Trichinen nnd Finnen unter¬ 
suchten Schweine berichtet Geh. Ober-Medicinalrath Dr. Eulenberg nach 
amtlichen Quellen in der Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medi- 
cin und öffentliches Sanitätswesen, Band 34, Heft 1. 

Von 3164656 im Jahre 1879 untersuchten Schweinen wurden 1938 = 
1 auf 1632 Schweine 1 ) trichinös befunden; die 1938 Schweine vertheilen sich 
auf 714 Gemeinden, die Zahl der amtlichen Fleischbeschauer betrug 17413. 


Ueber 50 trichinös befundene Schweine entfallen auf die Regierungsbezirke: 


Posen 

543 Schweine, 

1 trichinöses auf 

140 untersuchte Schweine, 

Liegnitz 

246 

77 

1 

71 

71 

971 

71 

71 

Breslau 

201 

77 

1 

71 

71 

1738 

71 

77 

Bromberg 

138 

77 

1 

71 

71 

223 

77 

77 

Frankfurt 

133 

r > 

1 

71 

71 

538 

77 

77 

Magdeburg 

115 

7? 

1 

n 

VI 

2278 

7» 

77 

Kassel 

106 

n 

1 

77 

71 

2102 

77 

77 

Königsberg 

80 

77 

1 

71 

71 

470 

77 

77 

Marienwerder 

78 

71 

1 

71 

77 

689 

71 

77 

Merseburg 

71 

71 

1 

71 

71 

4404 

77 

77 


Die Zahl der trichinös befundenen Schweine bewegt sich in den Reg.-Bez. 
Gumbinnen, Stettin zwischen 20 und 50, in den Reg.- bez. Landdr.-Bez. Danzig, 
Potsdam, Oppeln, Erfurt, Minden, Köslin und Hannover zwischen 10 (incl.) und 
20, in den Reg.- bez. Landdr.-Bez. Stralsund, Hildesheim, Lüneburg, Stade, 
Osnabrück, Arnsberg, Koblenz und Köln zwischen 1 und 9. In Berlin wurden 


’) Dasselbe Verhältniss betrug im Jahre 1878: 1 trichinöses auf 2000 
untersuchte Schweine. 


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Kleinere Mittheilungen. 


257 


nach Einführung der obligatorischen mikroskopischen Fleischbeschau während 
der drei ersten Octoberwochen, des Novembers und Decembers im Ganzen 48999 
Schweine untersucht und von denselben 37 = 1 auf 1324 trichinös befunden. 
Bei zusammen 48639 in den Reg.- bez. Landdr.-Bez. Aurich, Münster, Wies¬ 
baden und Trier untersuchten Schweinen fanden sich in keinem Falle Trichinen. 
Die Zusammenstellung enthält keine Angaben über Untersuchungen von Schwei¬ 
nen in den Reg.-Bez. Schleswig, Düsseldorf, Aachen und Sigmaringen. 

Ueber die Ursachen der Trichinosis bei Schweinen sind keine Beobachtungen 
von allgemeinerem Interesse bekannt geworden. Aus der Provinz Posen wird 
berichtet, dass Trichinen bei Schweinen, welche von kleinen polnischen Wirthen 
in schmutzigen Ställen mit Abgängen aus der Wirthschaft gefüttert werden, sel¬ 
tener Vorkommen, als bei Schweinen, die reinlich gehalten und gefüttert worden 
waren. 

Ueber Erkrankungen von Menschen an Trichinosis enthält die Zusammen- 


Stellung folgende Mittheilungen: 




Reg.-Bez. 

Königsberg 

55 Menschen erkrankt, 5 

Menschen gestorben, 

» 

Marienwerder 

7 » 

ft 

» j» 

» 

Frankfurt 

93 „ 

n 

r> m 


Berlin 

82') „ 

rt 

r> n 

n 

Köslin 

5 „ 

rt 

tt ft 

n 

Schleswig 

3 n 

. i 

tt ft 

fl 

Merseburg 

25 „ 

. 3 

tt tt 

fl 

Erfurt 

60 „ 

>» “““ 

tt rt 


Trotz des auffällig häufigen Vorkommens der Trichinen sind im Reg.-Bez. Posen 
nur vereinzelte Erkrankungen von Menschen beobachtet worden. Die geringe 
Zahl der Krankheitsfälle dürfte neben der eiacten Ausführung der Fleischbeschau 
namentlich auf den Umstand zurückzu führen sein, dass die dortige Bevölkerung 
das Fleisch meistens nur stark gekocht, stark gepökelt oder stark geräuchert zu 
verzehren pflegt. Ausserdem wird über die Erkrankung „mehrerer Menschen“ an 
Trichinosis aus dem Landdr.-Bez. Hildesheim berichtet. 

Im Kreise Worbis, Reg.-Bez. Erfurt, hatte ein Fleischbeschauer angeblich 
12 Präparate trichinenfrei befunden, der Kreisphysikus entdeckte bei einer nach¬ 
träglichen Untersuchung in 23 Präparaten nur 4 Trichinen; 9 Menschen, welche 
von dem Fleische dieses Schweines genossen hatten, erkrankten, jedoch, ent¬ 
sprechend der geringen Zahl der Trichinen in dem Schwein, nur gelinde. Ausser¬ 
dem sind in den Kreisen Belgard und Merseburg an drei verschiedenen Orten 
Erkrankungen bei Menschen nach dem Genuss des Fleisches solcher Schweine, 
welche trichinenfrei befunden worden waren, vorgekommeu. Zwei Fleisch¬ 
beschauer im Kreise Merseburg wurden zu 6 bez. 3 Monaten Gefängniss ver- 
urtheilt, weil sie die Untersuchung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt vorge¬ 
nommen hatten. 

Die Königliche Regierung in Minden macht wiederholt darauf aufmerksam, 


*) 66 Menschen erkrankten vor dem 1. October 1879, an welchem Tage 
die obligatorische Fleischbeschau eingeführt wurde, 16 Menschen erkrankten nach 
dem 1. October 1879. 


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258 


Kleinere Mittheilungen. 


dass in den aus Amerika importirten Speckseiten bisher noch keine lebenden 
Trichinen aufgefunden sind. Ueberhaupt wurden noch keine Erkrankungen von 
Menschen an Trichinosis beobachtet, welche mit dem Genuss von amerikanischen 
Speckseiten in causalem Zusammenhang gebracht werden konnten. Im Reg.-Bez. 
Stettin erwiesen sich von 41364 untersuchten amerikanischen Speckseiten 468 
(1:88) trichinös. Dieses Verhältnis dürfte jedoch den bisherigen Erfahrungen 
nicht vollständig entsprechen. 

Von den 3164656 untersuchten Schweinen erwiesen sich 9669 (1:328) 
finnig; dieses Verhältnis hat sich gegen früher wenig verändert. Von den 9669 
finnigen Schweinen entfallen zusammen 5563 auf die drei Regierungsbezirke 
der Provinz Schlesien. Müller. 


Die lauregeln zur Unterdrückung der lanl- und Klauenseuche in 
England. 

Die Maul- und Klauenseuche brach im October v. J. in London und Um¬ 
gegend aus und verbreitete sich von hier aus bald strahlenförmig nach allen 
Richtungen, so dass Anfang Februar d. J. von den 40 Grafschaften Englands 
34 verseucht waren, während Wales, Schottland und Irland zu derselben Zeit 
noch frei von dieser Krankheit blieben. 

Von allgemeinerem Interesse für die Veterinärpolizei sind die überaus rigo¬ 
rosen Massregeln, welche der Geheime Rath (Privy Council) — die Centralbehörde, 
unter welcher alle veterinärpolizeilichen Angelegenheiten stehen —zur Verhütung 
einer weiteren Verbreitung und zur Unterdrückung der Maul- und Klauenseuche 
getroffen hat. Dieselben ergeben sich aus der Beantwortung einer hierauf bezüg¬ 
lichen Interpellation im Hause der Gemeinen durch den Vicepräsidenten des Ge¬ 
heimen Rathes, Mund eila, welche wir im Auszuge mittheilen. 

Soviel bekannt, blieb Grossbritannien von Mitte Januar bis Anfang October 
vor. J. vollständig frei von der Maul- und Klauenseuche. Letztere herrschte 
ziemlich weit verbreitet während des Septembers v. J. im nördlichen Frankreich, 
und kurz darauf wurden drei Ladungen von aus Frankreich eingeführten Rin¬ 
dern auf dem Schlachtviehmarkt in Deptford mit der Maul- und Klauenseuche 
behaftet gefunden. Diese Thiere wurden, wie alle in Deptford zum Verkauf ge¬ 
stellten, sofort geschlachtet, ohne mit einheimischem Rindvieh in irgend welche 
Berührung gekommen zu sein. Trotzdem ist eine Verschleppung der Seuche 
durch Menschen oder Thiere, welche den inficirten Schlachtviehmarkt betreten 
hatten, vermittelt worden; denn einige Tage nach Ankunft jener Rindviehtrans¬ 
porte aus Frankreich brach die Maul- und Klauenseuche in einer Londoner Milch- 
wirthschaft aus und bald verbreitete sich dieselbe auf andere Viehbeständo nicht 
nur in London und Umgegend, sondern auch in den östlichen Grafschaften. 

Der Geheime Rath ergriff sofort Massregeln, um die weitere Verbreitung 
der Krankheit zu hindern. Die thierärztlichen Beamten des Geheimen Rathes 
wurden nach den verschiedenen Hafenplätzen, in denen Vieh aus dem Auslande 
gelandet werden darf, entsandt, um darauf zu sehen, dass alle importirten, mit 


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Kleinere Mittheilungen. 


259 


Maul- und Klauenseuche behafteten Thiere sofort geschlachtet würden. Circu¬ 
lare an die Orts-Polizeibehörden machten die letzteren auf die drohende Gefahr 
von Seuchenausbrüchen aufmerksam und forderten, dass die Orts-Polizeibehörden 
dieser Angelegenheit die grösste Sorgfalt zuwenden sollten. Als die Krankheit 
sich weiter verbreitete, überwachte der Geheime Rath mit der grössten Aufmerk¬ 
samkeit alle demselben gemeldeten Ausbrüche und bestimmte im Umkreise jedes 
inficirten Gehöftes einen Seuchenbezirk, dessen Grenzen zur grösseren Sicherheit 
möglichst weit gezogen wurden, so dass meistens ganze Grafschaften den Seu¬ 
chenbezirk bildeten, in welchem jede Viehbewegung verboten oder nur unter 
Innehaltung der strengsten Vorsichtsmassregeln gestattet war. Bis Ende Januar 
waren 19 Grafschaften ganz und 6 Grafschaften zum grossen Theil als Seuchen¬ 
bezirke erklärt. 

Diese Massregeln hatten den Erfolg, dass eine weitere Verbreitung der 
Seuche wesentlich erschwert wurde und ein grosser Theil der Viehbestände in 
den Seuchenbezirken verschont blieb. 

Für die Zeit bis zum 28. Februar wurde jeder Viehmarkt, sowie jeder 
öffentliche Verkauf von Vieh in ganz England verboten, mit Ausnahme des Ver¬ 
kaufes von Schlachtvieh, welcher von den Orts-Polizeibehörden gestattet werden 
darf. Alle Verkäufe von Nutzvieh in den Seuchenbezirken bedürfen einer beson¬ 
deren Erlaubniss des Geheimen Rathes. Eine weitere Verordnung fordert, dass 
alle durch öffentlichen Verkauf in einem Seuchenbezirk in die Hände anderer Be¬ 
sitzer übergegangenen Thiere innerhalb des Seuchenbezirks geschlachtet werden 
müssen. Der Transport von Rindvieh auf dem Land- und Seewege von England 
nach Schottland ist streng verboten. Der grosse Schlachtviehmarkt in London 
ist für den Abtrieb der auf demselben zum Verkauf gestellten Thiere gesperrt, 
die letzteren müssen vielmehr in den nächsten Tagen unter allen Umständen ge¬ 
schlachtet werden. Die Gültigkeitsdauer der genannten Verordnungen ist am 
18. Februar bis zum 31. März d. J. verlängert worden. 

Die angedeuteten Massregeln lassen an Strenge nichts zu wünschen übrig, 
sie kommen denjenigen nahe, welche in Deutschland beim Ausbruch der Rinder¬ 
pest ergriffen werden. Trotzdem finden diese Massregeln in England bei allen 
Landwirthen Beifall, es hat sich wenigstens keine Polemik gegen die Anordnun¬ 
gon des Geheimen Rathes bemerklich gemacht. In Deutschland giebt sich da¬ 
gegen vielfach in landwirtschaftlichen Kreisen eine Neigung kund, die Verluste, 
welche Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche im Gefolge haben, zu unter¬ 
schätzen, und es ist namentlich auch behauptet worden, dass Schutz- und Til- 
gungsmassregeln bei der Maul- und Klauenseuche ganz überflüssig erscheinen 
oder doch mit möglichst geringen Beschränkungen des Viehverkehrs verbunden 
sein müssen. Die bessere Einsicht in die tatsächlich gar nicht unerheblichen 
wirtschaftlichen Nachtheile durch Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche hat 
uns jedoch vor einer gänzlichen Aufhebung aller veterinärpolizeilichen Mass¬ 
regeln gegen die letztere bewahrt. Müller. 


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Personal-Notizen. 


Ernennungen und Versetzungen. 

Der Professor und Lehrer an der Königl. Thierarzneischule zu Hannover, 
Dr. Carl Johann Christian Dam mann, zum Director dieser Anstalt. 

Der Director der Thierarzneischule, Prof. Dr. Carl Johann Christian Dam- 
mann zu Hannover, zum Veterinärassessor des Medicinal-Collegiums der Provinz 
Hannover. 

Der Lehrer an der Königl. Thierarzneischule in Hannover, Prof. Dr. August 
Lustig, zum ausserordentlichen Mitgliede der Königl. technischen Deputation 
für das Veterinärwesen. 

Der Kreisthierarzt Carl Friedrich Wilhelm Gips in Belgard, unter Entbin¬ 
dung von seinem gegenwärtigen Amte, zum Kreisthierarzt des Kreises Kolberg - 
Körlin, Reg.-Bez. Köslin, mit dem Amtswohnsitz in Kolberg. 

Der Rossarzt Albin Johannes Hesse in Kolberg zum commissarischen Kreis¬ 
thierarzt für die Kreise Friedeberg und Aruswalde, Reg.-Bez. Frankfurt, mit dem 
Amtswohnsitz in Woldenberg. 

Charakter- und Ordens-Verleihungen. 

Dem Director der Thierarzneischule zu Hannover und Mitglied des dortigen 
Medicinal-Collegiums, Medicinalrath Prof. Carl Günther, bei seinem Uebertritt 
in den Ruhestand den Charakter als Geheimer Medicinalrath. 

Dem Lehrer an der Thierarzneischule zu Berlin, Dr. Johann Heinrich 
Möller, das Prädicat „Professor“. 

Dem Rossarzt bei dem westpreussischen Landgestüt in Marienwerder, Carl 
Gustav Walther, den Charakter als Gestüt-Inspector. 

Dem Rossarzt bei dem Hauptgestüt in Trakehnen, Albert Carl Hermann 
Priester in Danzkehmen, den Charakter als Gestüt-Inspector. 

Dem Departements-Thierarzt Johann Schanz in Sigmaringen den Rothen 
Adlerorden 4. CI. 

Dem Ober-Rossarzt bei dem Remontedepot in Jurgaitschen, Friedrich Wil¬ 
helm Haberlach, den Kronenorden 4. CI. 

Dem Ober-Rossarzt bei dem Hess. Art.-Regmt. No. 11, Andreas Christ. 
Hermann Jörns in Kassel, den Kronenorden 4. CI. 

Dem Kreis-Thierarzt Otto Albert Koch in Grimmen den Kronenorden 4. CI. 


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Personal-Notizen. 


261 


Dem Rossarzt bei dem Thüring. Feld-Art.-Regmt. No. 19, Johann Gottlieb 
Dornfeld, das Allgem. Ehrenzeichen. 

Dem Rossarzt bei dem Garde-Kür.-Regmt., August Rudolf Heyi in Berlin, 
das Allgem. Ehrenzeichen. 

Dem Rossarzt bei dem 1. Garde-Ul.-Regmt., Christian Friedrich Wilhelm 
Meitzner in Potsdam, das Allgem. Ehrenzeichen. 

Dem Rossarzt bei dem Magdeb. Hus.-Regmt. No. 10, Eduard Sichert II, 
das Allgem. Ehrenzeichen. 

Dem Rossarzt bei dem Westpreuss. Ul.-Regmt. No. 1, Ludwig Albert Her¬ 
mann Vahl, das Allgem. Ehrenzeichen. 

Telesfille. 

Der Thierarzt Friedrich Richter in Winzig. Reg.-Bez. Breslau. 

Der Thierarzt Arnold Heinrich Friedrich Hemmen in Sandesneben, Reg.- 
Bez. Schleswig. 

Der Departements-Thierarzt und Veterinärassessor Friedr. Andreas Becker 
in Koblenz. 


Vacanzen. 

(Die mit * bezeichnten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Band VII Heft 1 u. 2 
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten). 


Regierungs- 

resp. 

Landdrostei-Bezirk 

Kreisthi erarztstellen 
des 

Kreises 

Gehalt. 

Zuschuss 

aus 

Kreismitteln. 

Königsberg 

Labiau 

600 Mark 

300 Mark 

Gumbinnen 

Angerburg 

600 

» 

600 

w 

Marienwerder 

Könitz 

600 

fl 

300 

» 

9 

Tuchei 

600 

fl 

•) 


Danzig 

Carthaus * 

600 

9 


w 

Stettin 

Regenwalde 2 ) 

600 

fl 

— 

9 

Köslin 

Belgard* 

600 

9 

— 

9 

Bromberg 

Wirsitz (nehst Westpoii- 
zeibezirk Schubin und 
Polizeidistrict Exin des 
Kreises Schubin) 2 ) 

600 

fl 


ff 

Breslau 

Polnisch Wartenberg 

600 

ff 

600 

fl 

Erfurt 

Weissensee 

600 

f» 

— 

fl 

i> 

Worbis 

600 

J* 

— 

fl 

Schleswig 

Eckernförde 

600 

1» 

— 

9 

Arnsberg 

Brilon 

600 

fl 

— 

9 


*) Feste Kreissubvention. 

2 ) Mit dem Amtswohnsitz in Labes. 
3 > * » „ » Nakel. 


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262 


Personal-Notizen. 


Regierungs- 

resp. 

Landdrostei-Bezirk 

Kreis thierarztstellen 
des 

Kreises 

Gehalt. 

Zuschuss 

aus 

Kreismitteln. 

Arnsberg 

Hamm 

600 Mark 

— Mark 

» 

Olpe 

600 


300 , 

Kassel 

Hersfeld * 

600 

n 

y> 

Wiesbaden 

Biedenkopf l ) 

600 


» 

Koblenz 

Adenau u. Ahrweiler 2 ) 

Ferner: 

600 

n 

r» 

Königsberg 

DieStelle eines Assisten¬ 
ten des Grenzthierarztes 
im Kreise Orteisburg 3 ) 

600 


600 , 


Veränderungen im militär-rossärztlichen Personal. 

B eförderungen. 

Zu Ober-Rossärzten sind ernannt: 

Rossarzt K u n z e, Assistent der Lehrschmiede der Militär-Rossarztschule, 
unter Belassung in seiner bisherigen Stellung. 

Zum Rossarzt ist ernannt: 

Unter-Rossarzt Dettmann vom 2. Hannov. Drag.-Regmt. No. 16. 
Versetzungen. 

Die 0ber-Rossärzte: Haunschild vom Schles. Feld-Art.-Regmt. No. 6 
zum 1. Rhein. Feld-Art.-Regmt. No. 8; Naumann, Assistent der Lehrschmiede 
der Militär-Rossarztschule, als Inspicient zur letzteren; Rackow vom 1. Rhein. 
Feld-Art.-Regmt. No. 8 zum Schles. Feld-Art.-Regmt. No. 6, unter Belassung in 
seinem Commando als Inspicient bei der Militär-Rossarztschule; Strauch, Inspi¬ 
cient der Militär-Ross arztschule, zum Hus.-Regmt. No. 16. 

Die Rossärzte: Andrich vom Hess. Feld-Art.-Regmt. No. 11 zum 2. Bad. 
Drag.-Regmt. (Markgraf Maximilian) No. 21; Boeder vom Rhein. Ul.-Regmt. 
No. 7 zum Westfäl. Hus.-Regmt. No. 8; Goltz vom Brandenb. Hus.-Regmt. 
(Zieten’sche Hus.) No. 3 zum 2. Bad. Feld-Art.-Regmt. No. 30; Herbst vom 
Magdeb. Kür.-Regmt. No. 7 als Assistent zur Lehrschmiede der Militär-Rossarzt- 
schule; Koernig vom 2. Bad. Feld-Art.-Regmt. No. 30 zum Brandenb. Hus.- 
Regmt. (Zieten’sche Hus.) No. 3; Rind vom Westfäl. Kür.-Regmt. No. 4 zum 


! ) Mit dem Amtswohnsitz in Biedenkopf. 

2 ) » » » „ Altenahr. 

3 ) Mit der Berechtigung zur Privatpraxis. 


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Personal-Notizen. 


263 


Westpreuss. Kür.-Regmt. No. 5; Theissen vom 1. Westfäl. Hus.-Regmt. No. 8 
zum Rhein. Ul.-Regmt. No. 7. 

Unter-Rossarzt Loeschke vom 2. Pomm. Ul.-Regmt. No. 9 zum 2. Pomm. 
Feld-Art.-Regmt. No. 17. 


Abgegangen. 

Die Ober-Rossärzte: Schätzer vom Hus.-Regmt. No. 16; Schincke vom 
Magdeb. Hus.-Regmt. No. 10; Stimming vom 2. Pomm. Ul.-Regmt. No. 9. 

Der Rossarzt Hesse vom 2. Pomm. Feld-Art.-Regmt. No. 17. 

Die charakterisirten Rossärzte: Arndt vom Ostpreuss. Ul.-Regmt. No. 8; 
Schlegel vom Schlesw.-Holst. Drag.-Regmt. No. 13. 

Gestorben. 

Der charakterisirte Rossarzt Richter vom Westpreuss. Kür.-Regmt. No. 5. 


Sammlung 

für das Stammcapital der Unterstützungskasse für die Hinter¬ 
bliebenen deutscher Thierärzte. 

In Folge des Aufrufs des Präsidenten des deutschen Veterinärrathes vom 
1. Weihnachtstage 1880 gingen bisher an Beiträgen ein: 

Adam, Kr.-Th.-A. in Augsburg, 50 M.; Arnsberg, Kr.-Th.-A. in Barten¬ 
stein, 3 M.; Arndt, Kr.-Th.-A. in Bolkenhain, 20 M.; Beckedorf, Th.-A. in 
Gehrden, 15 M.; Braeuer, Bz.-Th.-A. in Annab erg i. S., 15 M.; Brand, 
O.-R.-A. in Frankfurt a.O., 20 M.; Buerchner, Bz.-Th.-A. in Mühldorf, 5 M.; 
Conze, O.-R.-A. in Mühlhausen i. Th., 10 M.; Dr. Dam mann in Hannover 
30 M.; Deierling, Th.-A. in Hameln, 10 M.; Engel, O.-R.-A. in Sprottau, 
3 M.; Dr. Esser, Professor in Göttingen, 30 M.; G., O.-R.-A. in C., 10 M.; 
Gei ss in Hannover 30 M.; Hamei au, Th.-A. in Hamburg, 20 M.; Heck, Kr.- 
Th.-A. in Lippstadt, 20 M.; Heckmann, Th.-A. in Wildeshausen, 10 M.; 
Heine, Th.-A. in Hamburg, 20 M; Heyne, Kr.-Th.-A. in Obornik, 10 M.; 
Hirschland, Kr.-Th.-A. in Essen a.d.Ruhr, 100 M.; Hoehnke, Th.-A. in 
Bessungen, 5 M.; Immelmann, Kr.-Th.-A. in Stendal, 50 M.; Klein, Kr.- 
Th.-A. in Call, 10 M.; Koerner, Kr.-Th.-A. in Treptow a. d. Toll., 30 M.; 
Kuehnert, Dp.-Th.-A. in Gumbinnen, 10 M. 5 Pf.; Luepke, Th.-A. in Nien¬ 
burg a.d.S., 3 M.; Magnus, Kr.-Th.-A. in Guben, 20 M.; Mieckley, Kr.- 
Th.-A. ad int. in Kosel, 15 M.; Moebius, Bz.-Th.-A. in Freiberg i.S., 3 M. 
5 Pf.; Moellhof, Th.-A. in Essen a.d.Ruhr, 10 M.; Munkel, Kr.-Th.-A. in 
Stralsund, 10 M.; Neugebauer, R.-A. in Sprottau, 3 M.; Pfeiffer, Gst.- 
R.-A. in Leubus, 10 M.; Pinkert, Th.-A. in Straussberg, 5 M.; Prietsch, 


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264 


Personal-Notizen. 


Bz.-Th.A. in Leipzig, 10 M.; Riechers, Th.-A. in Esens, 5 M.; Säger, Gr.- 
Th.-A. in Laugszargen, 30 M.; Schenk, Kr.-Th.-A. in Deutsch Crone, 20 M.; 
Seffner, Th.-A. in Berlin, 5 M.; Spierling, Kr.-Th.-A. in Bublitz, 10 M.; 
Dr. Trautvetter, Th.-A. in Leipzig, 10 M.; W., Th.-A. in Dr., 3 M. 39 Pf.; 
Wellendorf, Th.-A. in Schöneberg i. Holst., 10 M.; Wiechers, Th.-A. in Hil¬ 
desheim, 100 M.; Wollgast, R.-A. in Liebenwalde, 15 M. 

Summa 833 Mark 49 Pf. 

Hannover, den 20. Februar 1881. 

Dr. Dammann. Geiss. 


Gedruckt bei L. Schumacher io Berlio. 


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XII. 


Ueber die Verdauungssäfte und die Verdauung des Pferdes. 

Experimentelle Untersuchungen. 

Von 

Ellenberger und Y. Hofmeister. 


Die Lehre der Verdauung ist gerade für den Veterinär von her¬ 
vorragender Wichtigkeit. Krankheiten, welche durch pathologische 
Processe an den Verdauungsorganen oder anormalen Verlauf der Ver¬ 
dauungsvorgänge u. dgl. bedingt sind, spielen eine grosse Rolle in der 
Veterinärpathologie. In Folge dieser Krankheiten sterben mehr Thiere, 
namentlich Pferde, als in Folge aller anderen inneren Krankheiten 
zusammengenommen. Einen Einblick in die Krankheitsprocesse ver¬ 
mag man natürlich nur dann zu gewinnen, wenn die physiologischen 
Vorgänge genau bekannt sind. Ohne genaue Kenntniss der Krank¬ 
heitsprocesse ist aber eine wirksame und rationelle Behandlung der¬ 
selben eine Unmöglichkeit. Leider sind uns eine Reihe physiologischer 
Vorgänge der Verdauung des Pferdes noch unbekannt, und haben sich 
die Verfasser die Aufgabe gestellt, in diesen Punkten Aufklärung zu 
schaffen, soweit es möglich ist. 

Von Alters her haben die Verdauungsvorgänge des Menschen und 
der Thiere das Interesse der Forscher in hohem Masse erregt. Es 
sind über das Wo und Wie dieser Vorgänge die verschiedensten Theo¬ 
rien aufgestellt worden. In ersterer Beziehung hat man bis in das 
vierte Decennium dieses Jahrhunderts nur dem Magen eine verdauende 
Thätigkeit zugestanden. 

In Bezug auf die Art und Weise der dort ablaufenden Vorgänge 
schrieb Hippokrates der nach seiner Ansicht dort herrschenden 

Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilk. VII. 4 u. 5. 18 


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266 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


hohen Temperatur den wesentlichsten, umändernden lösenden Ein¬ 
fluss auf die aufgenommenen Nahrungsmittel zu, ohne aber das Mit¬ 
wirken anderer Momente ganz auszuschliessen. 

Von vielen seiner Nachfolger wurde seine Lehre eingeengt resp. 
falsch verstanden, indem sie annahmen und lehrten, dass die Ver¬ 
dauung thatsächlich nur ein Kochen, ein Kochgeschäft sei. Galen 
erst nahm wieder neben der hohen Temperatur noch eine Eigenthätig- 
keit des Magens zur Erklärung der Verdauungsprocesse an. 

Erasistratus wandte sich gegen die Coctionstheorie des Hippo- 
krates und seiner Anhänger und stellte eine neue, später von den 
Iatromathematikern im Wesentlichen adoptirte Digestionslehre auf. Er 
betrachtete die Verdauung als einen rein mechanischen Vorgang, er 
nahm an, dass die Nahrungsmittel durch die Contractionen der Ma¬ 
genwände mechanisch zermalmt und zu feinsten Theilchen verrieben 
würden. 

Ihm und Hippokrates trat wieder Plistonicus entgegen, der 
die Verdauung als einen chemischen Vorgang ansah. Nach ihm ent¬ 
sprechen die bei der Digestion ablaufenden Vorgänge genau denjeni¬ 
gen, welche bei der Fäulniss organischer Massen unter Luftzutritt 
statthaben. 

Van Helmont endlich und die ganze iatrochemische Schule 
verglich die Verdauung mit der Hefegährung und nahm an, dass die 
sämmtlichen Verdauungsvorgänge Gährungsprocesse seien. 

Da die Lehren des Hippokrates und Plistonicus immer mehr 
an Boden verloren, so standen im 18 . Jahrhundert nur noch die Lehre 
der iatromathematischen und die der iatrochemischen Schule einander 
gegenüber. Eine Zeit lang schienen die Iatromathematiker, nament¬ 
lich durch die Resultate der an der Akademie zu Florenz (Redi, 
Magalotti) vorgenommenen Untersuchungen über die mechanische 
Kraft des Muskelmagens der Vögel Terrain zu gewinnen. Die bahn¬ 
brechenden Untersuchungen eines Reauraur, Stevens und Spallan- 
zani bewiesen aber bald die Unhaltbarkeit der erasistratischen Lehre 
und zeigten, dass die Verdauung auf rein chemischen Vorgängen be¬ 
ruhe, dass ein besonderer vom Magen gelieferter Saft, der Magen¬ 
saft, die chemischen Veränderungen bedinge, und dass die Veränderungs¬ 
vorgänge auch dann statthaben, wenn das Einwirken mechanischer 
Einflüsse ganz ausgeschlossen wird. 

Der nach dem Tode dieser Forscher wieder merkbare Rückschritt 
in der wissenschaftlichen Auffassung der Verdauungslehre wurde sistirt 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


267 


durch die berühmten Untersuchungen von Tiedemann u. Gmelin. 
Diese bewiesen unwiderleglich die Richtigkeit der von R6aumur und 
Spallanzani vertretenen Anschauungen, nämlich, dass die Verdauung 
in chemischen Vorgängen beruht, welche durch den Magensaft bedingt 
werden. Die Experimente von Tiedemann u. Gmelin und ihr clas- 
sisches Werk, neben welchem wir der hervorragenden Arbeiten von 
Leuret und Lassaigne gedenken müssen, bilden den Ausgangspunkt 
aller neueren Untersuchungen. Auf der von ihnen geschaffenen Basis 
haben die neueren Forscher weiter gebaut. Die Arbeiten eines Eberle, 
Schwann, Frerichs, Bidder u. Schmidt, CI. Bernard u. s. w. 
u. s. w. waren geeignet, die Verdauuugslehre in enormem Masse zu 
fördern. Vor Allem wurde dargethan, dass der Magen nicht der ein¬ 
zige Ort ist, wo verdaut wird, und der Magensaft nicht die einzige 
verdauende Flüssigkeit, sondern dass noch eine Reihe anderer der¬ 
artiger Secrete existirt, und dass auch im Darm VerdauungsVorgänge 
ablaufen. Auch lernte man eine Fülle von Bedingungen für die Thä- 
tigkeiten der Verdauungsorgane kennen. Gerade die neueste Zeit hat 
uns wieder mit einer Reihe neuer Entdeckungen in diesem Gebiete 
bekannt gemacht und ist die Literatur über die Lehre der Verdauung 
ungemein reichhaltig geworden. Wir werden im weiteren Verlaufe un¬ 
serer Arbeit noch Gelegenheit haben, dieselbe zu beleuchten. 

Wenn nun auch die Digestionslehre ein Lieblingsgegenstand vieler 
Forscher geworden ist, namentlich seitdem die Chemie so bedeutende 
Fortschritte gemacht hat, und geeignet ist, manches Räthsel aufzu¬ 
lösen, wenn wir auch, namentlich in der neuesten Zeit, mit Arbeiten 
über einzelne Capitel der Verdauungslehre wahrhaft überschüttet wor¬ 
den sind, so bleibt doch bemerkenswert!), dass nur wenige dieser 
Arbeiten sich mit den grossen Herbivoren befassen. Gegenstand dieser 
Arbeiten ist in der Regel der Hund, der Mensch, der Frosch, das 
Kaninchen u. s. w. 

Ueber die Verdauung der grossen Wiederkäuer ist zwar eine Reihe 
von Arbeiten (Henneberg, Stohraann, Wolff etc.) erschienen, 
aber doch im Verhältniss nur wenige beschäftigen sich mit den Ver¬ 
dauungssäften. Ganz besonders stiefmütterlich aber ist gerade das¬ 
jenige Thier behandelt worden, welches für den Thierarzt das wich¬ 
tigste ist und welches unter den Haussäugethieren in anatomischer 
und physiologischer Beziehung die meisten Besonderheiten bietet, näm¬ 
lich das Pferd. Hier sind wir oft über die primitivsten Dinge noch 
im Unklaren. 

18 * 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 




Dies wurde besonders fühlbar bei der Arbeit des einen der Ver¬ 
fasser (Ellenbrerger) über die Functionen des Blinddarms. Es war 
dem Verfasser unmöglich, den chemischen Nachweis für die Richtig¬ 
keit seiner Anschauungen zu erbringen, weil die Verdauungsvorgänge 
des Pferdes zu wenig bekannt sind. Was sollten chemische Unter¬ 
suchungen des Blinddarminhalts nutzen, wenn der Inhalt des Jejunum 
und lleum in dieser Beziehung noch nicht bekannt ist? 

Die nachstehende Arbeit bezweckt nun, diese Lücken in un¬ 
serem Wissen auszufüllen, soweit es in unseren Kräften steht. Wir 
werden methodisch die einzelnen Verdauungssäfte des Pferdes auf ihre 
chemischen Eigenschaften und ihre physiologische Rolle prüfen und 
die Veränderungen studiren, welche die Nahrungsmittel in den ein¬ 
zelnen Abschnitten des Verdauungstractus erleiden. So allmählich 
vorschreitend, hoffen wir auch LicKt zu verbreiten über das dunkelste 
Gebiet der ganzen Verdauungslehre des Pferdes, über dessen Dick¬ 
darmverdauung. Erfahrungen aus dem Gebiete der Pathologie und 
anatomische Thatsachen weisen uns auf die Wichtigkeit und Beson¬ 
derheiten derselben hin, ohne dass sie bis jetzt genügend physiolo¬ 
gisch klar gelegt worden sind. 

Wir beginnen unsere Betrachtung mit demjenigen Verdauungssaft, 
der in den vordersten Abschnitt des verdauenden Tubus ergossen 
wird, mit dem Speichel. Wem einzelne Untersuchungen und An¬ 
gaben überflüssig erscheinen sollten, der wolle nur bedenken, dass 
wir hier nur vom Pferde sprechen, und dass deshalb keine Angabe 
überflüssig ist, weil nur wenige zuverlässige moderne Untersuchungen 
über die Verdauung dieses Thieres vorliegen. Wir bemerken noch, 
dass wir nicht unterlassen werden, bei Besprechung der Verdauungs¬ 
säfte auch die mikroskopisch-anatomische Einrichtung der Organe, 
welche dieselben secerniren, zu schildern. 


I. Der Speichel. 

Bei Behandlung des Stoffes wird den Angaben über die Gewin¬ 
nung der Speichelarten zunächst eine Schilderung der chemisch-phy¬ 
sikalischen Eigenschaften derselben folgen und daran sich die Be¬ 
sprechung ihrer physiologischen Rolle knüpfen. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


269 


Da beim Pferde nur der Parotiden- und der Submaxillarspeichel 
gesondert und ausserdem nur das gemischte Secret aller mit ihren 
Ausfuhrungsgängen in die Maulhöhle mündenden Drüsen gewonnen 
werden kann, weil nur die Parotis und Submaxillaris grosse Ausfüh¬ 
rungsgänge besitzen, welche eine Anlegung von künstlichen Fisteln 
zulassen, so sind wir darauf hingewiesen, der Besprechung des Spei¬ 
chels in der gedachten Richtung ein besonderes Capitel über die che¬ 
misch-physikalischen und physiologischen Eigenschaften der Extracte 
derjenigen Drüsen anzuschliessen, deren Secret durch Anlegung von 
Fisteln nicht zu gewinnen ist, der Sublingual- und Buccaldrüsen und 
der in dem Gaumen und den Lippen* gelegenen gewaltigen Drüsen¬ 
haufen. Dieses Capitel werden wir mit einer anatomischen Betrach¬ 
tung über die sämmtlichen genannten Drüsen einleiten. 

Wenden wir uns nun zunächst zur Art der Gewinnung der be¬ 
treffenden Secrete. 

Der Parotidenspeichel kann beim Pferde bekanntlich sehr leicht 
gewonnen werden. Der Stenson’sche Gang ist gross und liegt oberfläch¬ 
lich. EinSchnitt durch die # Haut und die Platysma myoides legte ihn 
frei. Der Schnitt wurde da gemacht, wo der Gang von der medialen auf 
die laterale Kieferfläche getreten ist. Der hierdurch freigelegte hinter 
resp. über Arterie und Vene liegende Gang wurde geöffnet und die bereit 
gehaltene neusilberne Canüle in den Gang eingefuhrt und befestigt. 
An das nach aussen vorstehende Ende der Canüle wurde ein Gummi¬ 
schlauch von entsprechender Länge angebracht. Eine 2500 Grm. 
fassende Glasflasche diente zum Auflfangen des Speichels. Die Flasche 
stand in genügender Entfernung vom Pferde und war vor dem Um- 
stossen durch das Pferd etc. durch passende Vorrichtungen geschützt. 
Sie war mit einem Gummipfropf verschlossen, der an zwei Stellen 
durchbohrt war, um Glasröhren aufzunehraen, deren eine mit dem 
Gummischlauch verbunden war. Eine besondere Befestigung der 
Flasche am Kopf oder Hals des Pferdes, wie dies Gurlt und Colin 
ausführten, erschien uns zwecklos und unnütz belästigend für die 
Thiere. 

Sobald der genannte Speichelgang geöffnet wurde, trat etwas 
trüber, milchiger Speichel hervor, dann sistirte die Secretion, bis das 
Thier künstlich zum Kauen bewegt oder ihm Futter zum Fressen 
vorgelegt wurde. Die Operation wurden vier Mal ausgeführt. Wir 
gewannen dabei folgende Mengen während des Kauens und Fressens 
der Thiere: 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


1. am 15. Januar 1880 in 4% Stunden 8500 Grm. 

2. - 10. Februar - 2 - 4000 

3. - 30. April - 2 - 2000 - 

4. - 2. Juli - 3 - 3000 - 

Die Gewinnung des Subraaxillarspeichels war mit grösseren Schwie¬ 
rigkeiten verknüpft. Der Wharton’sche Gang liegt beim Pferde tief 
im Kehlgange verborgen und ist schwer erreichbar, namentlich bei 
Thieren mit engem Kehlgange. Die dünne Wand und das enge Lumen 
des Ganges erschweren sowohl das Auffinden des Ganges als das Ein¬ 
führen einer Canüle in denselben. Die sehr zähe, fadenziehende Be¬ 
schaffenheit des Speichels verlangt das Einlegen der möglichst grössten 
Canüle, was ebenfalls die Operation erschwert. 

College Johne hatte die Güte, mir vermöge seiner grossen Ge¬ 
wandtheit im Operiren die wesentlichste Hülfe zu leisten. Wir führten 
die Operation in der Art aus, dass wir direct vom Kinnwinkel aus 
nach hinten einen ziemlich langen Hautschnitt anlegten, sodann den 
Mylo-hyoideus und Mylo-glossus durchschnitten und nun mit den Fin¬ 
gern resp. dem Messerstiel die Glandula sublingualis, an deren me¬ 
dialer Fläche der zu suchende Gang liegt, von dem betr. Kieferaste 
loslösten und sie mit Haken soweit als möglich aus dem Kehlgange 
vorzogen. Man stösst nun zunächst auf ein Bündel von Gefässen und 
Nerven an der Innenfläche der Drüse und ca. 1 Ctm. darüber auf den 
Wharton’schen Gang, in welchen sodann die Canüle eingeführt werden 
konnte. So gelang die Operation einmal, während sie zweimal miss¬ 
glückte. 

Deshalb schnitten wir später die Befestigung der Sublingualdrüse 
nach vorn (resp. unten, gegen den Kieferwinkel, die Zungenspitze), 
oder direct ihr vorderes Ende, quer durch, indem wir ein Messer 
medial zur Drüse flach in den Kehlgang am Genio-hyoideus entlang 
einführten, die Schneide des Messers gegen den Kieferast wandten und 
nun bis auf den Knochen quer durchschnitten. Dann konnte die nun- 
• mehr mit ihrem unteren vorderen Ende ganz freie Drüse weiter aus 
dem Kehlgange vorgezogen werden, als es vorher möglich war. Da¬ 
durch wurde das Auffinden des Ganges und das Einführen der Canüle 
bedeutend erleichtert. Die Canüle wurde in gleicher Weise, wie ge¬ 
schildert, mit einer Flasche in Verbindung gesetzt. 

Wesentlich ist bei beiden Operationen gute Befestigung der Ca- 
nülen. Dies geschieht am besten in der vorzüglichen Art und Weise, 
wie es Ludwig in Leipzig lehrt, wodurch die Canüle sowohl am Ver- 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


271 


schieben von vorn nach hinten als nach den Seiten verhindert wird. 
Die in den Gang eingeführte Canüle wird zunächst durch einen um 
den Gang gelegten Faden, durch Umbinden befestigt; es werden so¬ 
dann die freien Enden dieses Fadens an der Canüle zurückgeführt. 
Ein zweiter Faden wird nunmehr vorn um die Canüle und diese 
Fadenenden gelegt; die Canüle wird nun vermittelst der vier Faden¬ 
enden seitlich durch je zwei derselben befestigt. Die Hautwunden 
werden selbstverständlich durch Naht möglichst geschlossen. 

Die Operation wurde dreimal mit Erfolg ausgeführt. 

1. Bei der ersten Operation am 23.. Januar 1880 erhielten wir 
am Nachmittag 360 Grm. Speichel und am ganzen nächsten 
Tage nur 150 Grm. Letzteres kann nicht überraschen, da 
schon Schwellung an der Operationsstelle eingetreten und das 
Kauen schmerzhaft war. 

2. Am 2. März erhielten wir 160 Grm. bei einer Mahlzeit; 

3. am 30. April dagegen 500 Grm. während des Nachmittags. 

Zur Gewinnung des gemischten Speichels wurde die Oesophago- 

tomie in bekannter Art und Weise ausgeführt und eine besonders 
construirte T-Canülc in den Schlund eingelegt. Der im Schlund lie¬ 
gende Schenkel der Canüle war nach oben offen, nach unten ge¬ 
schlossen; der zweite, senkrecht zu diesem stehende Schenkel besass 
ein Ansatzstück zur Befestigung eines Gummirohres, welches wieder 
zu einer entfernt stehenden Flasche führte. Die Oesophagotomic 
wurde vier Mal ausgeführt, in einem Falle aber zum Auffangen der 
Boli. In den drei Fällen, in denen Speichel aufzufangen beabsichtigt 
war, konnte den Thieren selbstverständlich kein Futter verabreicht, 
sie mussten im Gegentheil künstlich zum Kauen veranlasst werden. 
Dies geschah durch Einlegen eines Gebisses, Spielen mit den Fingern 
am Gaumen und an der Zunge des Pferdes, Einführen einer Raspel zwi¬ 
schen die Backzähne u. s. w. Als besonders geeignet erwies sich das 
Anhängen einer der bekannten kleinen Klemrapincetten an das Fre- 
nulum linguae; das Thier versucht dann diesen Gegenstand zu ent¬ 
fernen, was ihm mit der Zeit auch gelingt; die dazu erforderlichen 
Anstrengungen genügen, die Speichelsecrction in Fluss zu erhalten. 

Wir erhielten bei den drei Operationen: 

1. am 24. Februar am Nachmittag 456 Grm. Speichel; 

2. - 12. Mai in 2 Stunden 900 

3. - 11. Juni - 1 Stunde 1000 - 

Der in vorbeschriebener Art gewonnene Speichel wurde theilweisc 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


auf seine chemisch-physikalischen, theilweise auf seine physiologischer* 
Eigenschaften geprüft. Wir zogen unsere Schlüsse aus den Beobach¬ 
tungsresultaten der zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Thieren 
gelieferten Secrete. Niemals stützen sich unsere Schlussfolgerungen 
und unsere Angaben auf eine einzige Untersuchung. 


A. Chemisch-physikalische Eigenschaften der Pferde¬ 
speichelarten. 

Früher wurden, ehe die physiologisch-chemische Rolle des Spei¬ 
chels bei der Verdauung bekannt war, nur über die Mengen des 
secernirten Speichels und über seine physikalischen Eigenschaften 
Untersuchungen angestellt. 

Schon im vorigen Jahrhundert war man bemüht, auch die 
chemischen Eigenschaften des Speichels, seine Bestandtheile u. dgl. 
festzustellen. Es sind jedoch die aus dieser Zeit stammenden Unter¬ 
suchungen und Analysen werthlos. Die ersten guten Speichelanalysen 
stammen von Berzelius, ihm folgten Simon, Lehmann, Tiede- 
mann, Wright, Jacubowitsch, Bidder u. Schmidt u. A. 

Was speciell den Pferdespeichel anlangt, so sind von Lassaigne, 
Simon und Lehmann Analysen über den Parotidenspeichel dieses 
Thieres angestellt worden, während die anderen Speichelarten in dieser 
Beziehung fast ganz vernachlässigt worden sind. 

Die Frage der Reaction des Speichels war lange controvers. 
Tiedemann u. Gmelin stellten die alkalische Reaction des normalen 
Speichels fest. Duverney behauptete, ihn beim Fressen sauer ge¬ 
funden zu haben, Schultz nennt ihn alkalisch, Montegre neutral, 
Andral und van Setten wechselnd u. s. w. Die Angelegenheit ist 
wohl nunmehr dahin entschieden, dass der normale Speichel unter 
gewöhnlichen Verhältnissen alkalisch reagirt. 

Unter den im Speichel gefundenen chemischen Bestandtheilen bot 
besonderes Interesse das Rhodankalium. Schon Treviranus kannte 
die die Gegenwart dieses Körpers andeutende Reaction des Speichels, 
ohne aber den Körper selbst zu kennen. Winterei nannte diesen 
Körper Blutsäure; Per rot hielt ihn für eine Schwefelcyan Verbindung. 
Tiedemann u. Gmelin constatirten die Richtigkeit dieser Vermu- 
thung, das Vorhandensein des Rhodankaliums im Speichel. 

Jacubowitsch, Tilanus, Frerichs, Longet etc, etc. fanden 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


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diesen Körper als Bestandtheil des normalen Speichels beim Menschen, 
Hund und Pferd, während Lehmann ihn im Parotidenspeichel ver¬ 
misste. Wie die nachfolgende Abhandlung zeigen wird, trat bei 
den von uns gewonnenen diversen Speichelsorten des Pferdes niemals 
Rhodanreaction auf, weder nach Zusatz von Eisenchlorid und HCl, 
noch nach der Methode von Böttcher 1 ) mittelst Guajaktinctur und 
Kupfervitriollösung in grosser Verdünnung. 

1. Der Parotidenspeichel. 

Der zuerst nach Anlegung der Canüle abfliessende Speichel ist 
trübe, etwas dicklich, der weiterhin secernirte ganz klar, wasserhcll, 
sehr dünnflüssig, beim Schütteln stark schäumend, aber nicht faden¬ 
ziehend, geruchlos, von deutlich alkalischer Reaction; specifisches Ge¬ 
wicht 1,006—1,0075 (C. G. Lehmann 1,0051—1,0074). An der 
Luft trübt sich der Speichel, indem er Kohlensäure absorbirt, welche 
mit dem Kalk in Verbindung tritt und nach längerem Stehen sich 
als kohlensauren Kalk haltendes Sediment theils am Boden, theils an 
den Wänden des Gefässes abscheidet. 

Schon C. G. Lehmann 2 ) weist auf diese eigenthümliche Eigen¬ 
schaft des Parotidenspeichels der Pferde hin, indem er sagt: „Ara 
evidentesten ist die Bildung des kohlensauren Kalkes am Parotiden- 
secret der Pferde zu sehen, welches, gleich Kalkwasser, aus der Luft 
Kohlensäure anzieht und die schönsten mikroskopischen Formen von 
kohlensaurem Kalk abscheidet.“ 

Auch wir fanden bei mikroskopischer Untersuchung des Speichels 
Krystalle von kohlensaurera Kalk und dann beim Eintrocknen des¬ 
selben viel Kochsalzwürfel. 

Der frische Speichel verhielt sich gegen die chemischen Reagen- 
tien wie folgt: 

Zusatz von Alkohol vermehrt die Trübung. Im grossen Ueberschuss bei 
viel Speichel angewandt (500 Grm. Speichel, 1500 Grm. Alkohol) und nach 
Tage langem ruhigen Stehenlassen erfolgt die Abscheidung eines aus organischen, 
ptyalinhaltigen (wie aus der weiter unten aufgeführten Wirkung zu ersehen) 
und anorganischen Stoffen bestehenden Niederschlages so vollkommen, dass der 
überstehende Alkohol ganz klar und farblos abgehoben werden kann. 

Concentrirte Salpetersäure fällt; beim Erwärmen tritt Gelbfärbung 
ein, nach Zusatz von Ammoniak die Xanthoproteinreaction. 

! ) Centralblatt, 1870, S. 165. 

2 ) Lehrbuch der physiol. Chemie, II., S. 15. 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Concentrirte Salzsäure, kalt zugesetzt, klärt den getrübten Speichel 
unter Kohlensäureentwickelung auf; damit gekocht, erfolgt starke Fällung. 

Essigsäure, kalt zugesetzt, bewirkt ebenfalls Klärung; bei Kochen Coa- 
gulation des Speichels. 

Essigsäure -|- Ferrocyankalium: starke flockige Abscheidung. 

Phosphorwolframsäure-f- Essig- oder Salzsäure: starke Fällung. 

Salpetersaures Quecksilberoxyd: 

Quecksilberchlorid: 

Gerbsäure: 

Basisch essigsaures Bleioxyd: 

Sämmtliche angestellten Reactionen weisen somit auf einen reichen 
Gehalt des Parotidenspeichels an eiweissartigen Stoffen hin, die 
einen constanten Bestandteil desselben ausmachen, weil sie in allen 
von uns untersuchten Parotidenspeicheln auftraten; diese Eiweiss- 
stoffe sind aber sehr verschiedener Art: denn nach vollständiger 
Abscheidung eines Theiles derselben durch Kochen mit Essigsäure 
unter Zusatz von schwefelsaurera Natron, wodurch nach Hoppe- 
Seyler 1 ) bekanntlich eine sehr vollkommene Abscheidung der Albu¬ 
mine erzielt wird und wonach dann in der That im Filtrat weder 
durch Essigsäure -|- Ferrocyankalium, noch durch rauchende Salpeter¬ 
säure im Verein mit concentrirter Salpetersäure irgend welche Trübung 
hervorgerufen werden konnte, brachte dann doch Phosphorwolfram- 
säure -f- Essigsäure eine schwache, und Phosphorwolframsäure -f- 
Chlorwasserstoffsäurc sogar eine sehr starke Fällung hervor. Darnach 
hätte man an Gegenwart von Pepton denken können; allein die 
Peptonreaetion, d. i. Weinrothfärbung durch Kupferkali, blieb aus. 

Schied man aber die Albuminate durch Salpetersäure in der 
Kochhitze ab und filtrirte, so trübte sich das anfangs ganz klare 
Filtrat mehr und mehr beim Erkalten, wurde beim Erwärmen wieder 
klar, um sich beim Erkalten abermals zu trüben resp. eine flockige 
Abscheidung zu geben u. s. f. (Bence Jones’ Eiweissreaction). 

Fette liessen sich im Speichel in geringer Menge nach weisen, 
wenn eine grössere Menge desselben zur Trockniss verdampft und 
dann mit Aether extrahirt wurde; Cholesterin dagegen nicht. Ebenso 
waren Rhodanverbindungen absolut nicht nachweisbar, obgleich 
wiederholt mit Eisenchlorid unter Zusatz von HCl und mit Guajak- 
tinctur getränktem Papier in sehr verdünnter Kupfervitriollösung, 
welches bei Gegenwart kleinster Mengen Rhodans stark gebläut wird, 


*) Handbuch der physiol.-pathol.-chem. Analyse, 3. Aull., S. 193, 


Fällung. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


275 


darauf geprüft wurde. Von anorganischen Bestandtheilcn wurde 
im Parotidenspeichel gefunden: Kohlensäure (wohl mehr durch atmo¬ 
sphärische Einflüsse darin entstanden), Chlor, Phosphorsäure, Schwefel¬ 
säure (von letzterer sehr geringe Mengen), Kali, Natron, Kalk und 
Magnesia. Eisen war nicht zugegen. 

2. Der Submaxillarspeichel. 

Klar, wasserhell, in dicker Schicht undurchsichtig, in verdünnter 
Lösung durchsichtig, opalisirend; anfangs dünnflüssig, wird derselbe 
nach einiger Zeit dicklicher und stark fadenziehend, schäumt beim 
Schütteln wenig, ist geruchlos, von alkalischer Reaction: specifisches 
Gewicht 1,003—1,0035. Submaxillarspeichel trübt sich weniger an 
der Luft als Parotidenspeichel, enthält also auch weniger C0 2 absor- 
birendes Alkali und alkalische Erden. Durch Alkoholzusatz entstand 
sofort starke Fällung, ebenso durch Essigsäure. 

Die Fällung durch beide Agentien war ganz charakteristisch: es 
entstand zunächst eine glasige, gelatinöse, opalisirende Masse, die sich 
dicht um den eingelegten Glasstab herumlegte, sodass man sie ver¬ 
mittelst desselben aus dem Becherglase herausheben konnte; bei wei¬ 
terem Zusatz von Alkohol oder Essigsäure und starkem Umrühren 
mit dem Glasstabe schrumpfte die Masse mehr und mehr zusammen, 
bis Abscheidung einer festen, cohärenten, im überschüssigen Alkohol 
und Essigsäure unlöslichen Substanz erfolgte. 

Phosphorsäure wirkt ähnlich der Essigsäure, die Abscheidung ist aber mehr 
flockig, namentlich bei Phosphorsäurezusatz im Ueberschuss. 

Durch Chlorwasserstoffsäure wurde ebenfalls Fällung erzielt; der Nieder¬ 
schlag löst sich im Ueberschuss der Säure, beim Verdünnen mit Wasser fällt er 
wieder aus. 

Diese Reactionen sprechen sämmtlich für Gegenwart von Mucin 
im Submaxillarspeichel, welches dem Parotidenspeichel fehlt. 

Mit dem Mucin wird durch Alkohol gleichzeitig Ptyalin gefällt, 
wie sich aus folgendem Versuch ergab, der in ähnlicher Weise ange¬ 
stellt wurde, wie v. Wittich 1 ) bei Darstellung des diastatischen Fer¬ 
ments aus den Speicheldrüsenextracten verfuhr. 

Submaxillarspeichel wurde mit der dreifachen Menge 85gradigen Alkohols 
versetzt, die ausgefällte Mucinptyalinmasse mittelst Qiasstabes vereinigt, die klare 


*) v. Wittich, Pflüger’s Arch. f. Physiologie, II., S. 193, und v. Gorup- 
Besanez, Physiol. Chemie, 3. Aufl., 1874, S. 480. 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


alkoholische Flüssigkeit entfernt, erneute Mengen von Alkohol zugesetzt; nach¬ 
dem in dieser Weise wiederholt verfahren, war die Masse stark zusammenge¬ 
schrumpft und hatte sich als ein zusammenhängendes Gerinnsel abgeschieden; 
dieses gab man auf Glaswolle, liess den Alkohol abtropfen, trocknete dann an der 
Luft, zuletzt im Brutofen bei 35° C. Nach völligem Austrocknen brachte man 
das Gerinnsel incl. Glaswolle in ein Digerirkölbchen, fügte destillirtes Wasser 
hinzu, stellte das Ganze wieder in den Brütofen und liess es 24 Stunden darin 
unter öfterem (Jmschütteln stehen, alsdann wurde filtrirt und der ptyalinhaltige 
Wasserauszug mit Stärkekleister in den Brütofen eingestellt. 

Nach Verlauf von 24 Stunden war die Umwandlung der Stärke 
in Zucker erfolgt; Wasser hatte also in der That Ptyalin aus dem 
Gerinnsel gelöst. 

Bezüglich der übrigen Eiweissreactionen vermittelst Salpeter¬ 
säure, salpetersauren Quecksilberoxyds, Sublimat, Tannin etc. verhält 
sich der Submaxillarspeichel ganz gleich dem Parotidenspeichel, auch 
der Bence Jone’sche Eiweisskörper lässt sich darin nach weisen. 

Die Abscheidung der Albuminate gelingt aber schwieriger als im 
Parotidenspeichel, wahrscheinlich in Folge des Mucingehalts; hat man 
auch durch Essigsäure -|- Glaubersalz eine gut flockige Abscheidung 
der Albumine erreicht, so ist doch das Filtrat trübe und wird durch 
Zusatz von wenigen Tropfen Salpetersäure zum Filtrat und Kochen 
desselben noch weiteres Eiweiss abgeschieden; jetzt erst erhält man 
ein klares Filtrat, worin Essigsäure -|- Ferrocyankalium keine Fällung, 
Phosphorwolframsäure -f- Essigsäure aber schwache Trübung, Phosphor¬ 
wolframsäure + Salzsäure stärkere Fällung erzeugt. Kupferkali ist 
reactionslos. Wurde aber das Eiweiss aus dem Speichel direct durch 
Salpetersäure gefallt, dieses kochend heiss abfiltrirt, so war das Fil¬ 
trat ganz klar, beim Erkalten trübte es sich, die Trübung verschwand 
beim Erwärmen und erschien von Neuem beim Erkalten. 

Fett liess sich in sehr geringer Menge aus der Trockensubstanz 
des Speichels mittelst Aether extrahiren. 

Cholesterin war mikroskopisch nicht nachweisbar. 

Rhodan war auch hier nicht zugegen. 

Als anorganische Stoffe traten auf: Kohlensäure, in gerin¬ 
gerer Menge als im Parotidenspeichel; wie dort, sehr viel Chloride; 
Phosphate; Sulfate gegenüber dem Parotidenspeichel vermehrt. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


277 


3. Der gemischte Speichel, 

durch den Schlundschnitt gewonnen, zeichnete sich ebenfalls durch 
grosse Reinheit aus; ganz wasserhell, klar, aber sogleich von Anfang 
an glasig, opalisirend und so zähe, dass er die Form der Gefässe, 
worin er aufgefangen wurde, annahm; im Cylinderglase bildete er 
eine continuirliche Säule von so cohärenter Beschaffenheit, dass man 
genöthigt war, die einzelnen Portionen, welche zur Untersuchung ent¬ 
nommen werden sollten, mit der Schere abzuschneiden. Trotz dieser 
Zähigkeit zeigte er doch nur ein sehr geringes specifisches Gewicht: 
1,004—1,0045. Seine Rection war alkalisch. 

Wie beim Submaxillarspeichel erfolgte Abscheidung von Mucin 
und Ptyalin durch Alkohol-, Essigsäure-, Phosphorsäurezusatz. Der 
erhaltene Niederschlag verhält sich genau, wie dort ausführlich be¬ 
schrieben; aus dem Alkoholniederschlag lässt sich ebenfalls Ptyalin 
durch Wasser extrahiren; der wässerige Auszug besitzt ebenfalls Fer¬ 
mentwirkung auf gekochte Stärke: er wirkt aber kräftiger, denn schon 
nach 3 Stunden liess sich durch Fehling’sche Lösung Zucker nach- 
weisen; sehr starke Reduction des Kupferoxyds trat dann nach 24 
Stunden auf. 

Der gemischte Speichel, mit Wasser verdünnt und gekocht, zeigt 
sich etwas verschieden vom Parotiden- und Submaxillarspeichel: unter 
starkem Schäumen erfolgt dort starke Trübung, die immer mehr zu- 
niramt bei längerem Kochen (Abscheidung von Globulin); die Erschei¬ 
nung verhält sich ähnlich, als ob klare Hühnereiweisslösung gekocht 
würde. Beim Kochen des gemischten Speichels ist das Schäumen 
geringer, auch trübt sich derselbe weit weniger. 

Salpetersäure und Chlorwasserstoffsäure bringen, kalt und heiss 
angewandt, starke Fällungen hervor. 

Ebenso fällen Essigsäure -(- Ferrocyankalium, Phosphorwolfram¬ 
säure -(- Essigsäure oder Salzsäure, Sublimat, Tannin, Bleiessig stark, 
nach Abscheidung des Eiweisses mittelst Essigsäure und Glaubersalz 
in der Kochhitze so vollkommen, dass im erkalteten, klaren Filtrat 
Essigsäure -f- Ferrocyankalium auch nicht die Spur einer Trübung 
erzeugt; Phosphorwolframsäure -f- Essigsäure bringt immer wieder Fäl¬ 
lung hervor, noch stärker Phosphorwolframsäure + Salzsäure. 

Kupferkali färbt aber nicht im mindesten weinroth. 

Der gemischte Speichel, mit Salpetersäure gekocht und das Ei- 


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278 


ELLENBEKGER u. HOFMEISTER, 


weiss wiederum soweit abgeschieden, dass das heisse Filtrat ganz 
wasserklar erscheint, liess Gegenwart von Bence Jone’s Eiweiss¬ 
körper erkennen; denn beim Erkalten schied sich dieser flockig ab, 
löste sich dann beim Erwärmen und schied sich wieder beim Er¬ 
kalten aus (Hemialbuminose). 

Fett, aus der Trockensubstanz durch Aether ausziehbar, war 
auch hier in geringer Menge zugegen. 

Rhodanreaction trat nicht auf. 

Von den anorganischen Stoffen wurden geringe Mengen 
Kohlensäure, sehr viel Chloride, wenig Phosphor- und Schwefelsäure 
und wenig Kalk und Magnesia gefunden. 

In der nebenstehenden Tabelle (S. 279) sind die Eigenschaften 
der Speichelarten und ihre Unterschiede unter einander übersichtlich 
zusaramengestellt. 

Sehr erwünscht wäre es nun gewesen, von den im Pferdespeichel 
enthaltenen organischen Stoffen wenigstens Mucin und Ptyalin ihrer 
chemischen Natur nach etwas näher zu studiren; leider war es aber 
nicht möglich, beide Stoffe in der Menge und Reinheit zu gewinnen, 
dass eine eingehendere Untersuchung damit vorgenommen werden 
konnte; obgleich Pfunde von Speichel darauf hin verarbeitet wurden, 
war und blieb die Ausbeute daran eine geringe. Dazu trat noch der 
Uebelstand, dass die organischen Gebilde sich so zu sagen unter den 
Händen veränderten; es ist z. B. niemals bei aller Vorsicht gelungen, 
das Ptyalin aus dem Wasserauszuge, in feste Form dargestellt, über¬ 
zuführen, dass es dann, wieder gelöst, noch fermentirende Eigen¬ 
schaften besessen hätte. Auch die Methode nach Cohn heim 1 ), die 
wiederholt versucht wurde, gab nicht die gewünschten Resultate. 

Dagegen ist der Versuch, etwas über die quantitative Zu¬ 
sammensetzung der verschiedenen Speichelarten des Pferdes kennen 
zu lernen, nicht ganz ohne Erfolg geblieben. 

Der Gehalt derselben an Wasser und an festen Stoffen im 
bei 110° C. getrockneten Zustande ist wiederholt ermittelt; dann 
durch Veraschen der Trockensubstanz der Gehalt an Mineralsalzen. 
Aus dem Abzug dieser von der Trockensubstanz ergab sich der Ge¬ 
halt an organischer Substanz. 

’) Cohnheim, Archiv f. pathol. Anatomie, Vin., S. 231. — v. Gorup- 
Besan.ez, Physiol. Chemie, S. 480. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


279 


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280 


ELLENBERGER u. HOFMEtSTER, 


Im Folgenden sind die Befunde, auf 1000 Theile Speichel be¬ 
rechnet, wiedergegeben; auch sind, wo es anging, Mittelwerthe daraus 
gezogen. 


Parotidenspeichel. 

a) b) Mittel aus a u. b. 

sp. Gw. 1,006. sp. Gw. 1,0075. 


Wasser. 991,836 Grm. 991,389 Grm. 991,613 Grm. 

Trockensubstanz . . 8,164 - 8,611 - 8,387 

{Mineralsalze . . . 5,253 - 6,664 - 5,958 - 

\Organische Substanz 2,911 - 1,947 - 2,429 

Trüber Speichel. Heller Speichel, 
spec. Gewicht 1,005. 

Wasser. 993,118 Grm. 991,689 Grm. 


Trockensubstanz . . 6,882 - 8,311 

Mineralsalze . . . 4,274 - 3,494 

Organische Substanz 2,608 - 4,817 


Subm axillar Speichel. 


Wasser. 

Trockensubstanz . . 

{ Mineralsalze . . . 
Organische Substanz 


a) 

sp. Gw. 1,0035. 
992.282 Grm. 
7,718 - 

2,583 - 

5,135 - 


b) 

sp. Gw. 1.003. 
992,720 Grm. 
7,280 - 

2,567 - 

4,713 - 


Mittel aus a u. b. 


992,500 Grm. 
7,500 - 

2,575 - 

4,925 - 


Gemischter Speichel. 


a ) 

spec. Gewicht 1,006. 

Wasser. 

Trockensubstanz . 

{ Mineralsalze. 

Organische Substanz. 


988,968 Grm, 
11,032 - 

5,455 - 

5,577 - 


b) 

sp. Gw. 1,0075. 

Wasser. 988,500 Grm. 

Trockensubstanz . . 11,500 

Mineralsalze .... 8.270 

Organische Substanz. 3,230 - 


0 

sp. Gw. 1 ? 007. 
989,807 Grm. 
10,193 - 

8,124 - 

2,069 - 


Mittel aus b u. c. 


989,154 Grm. 
10,846 - 

8,197 - 

2,649 - 


Schon aus dem sehr kleinen specifischen Gewicht der Speichel¬ 
arten, 1,003—1,0075, lässt sich schliessen, dass ihr Wassergehalt 
im Allgemeinen ein sehr grosser sein muss, und dies weisen vorlie¬ 
gende Analysen zur Evidenz nach. Der Subraaxillarspeichel, mit 
niedrigstem specifischen Gewicht, 1,003, zeigt den höchsten Wasser- 


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Verdauongssäfto und Verdauung des Pferdes. 


281 


gehalt, 992,500 Gran, in 1000 Theilen, der gemischte Speichel mit 
höchstem specifischen Gewicht, 1,0075, den niedrigsten Wassergehalt, 
989,154 Grra. in 1000 Theilen. 

Dem entspricht der Gehalt an Trockensubstanz, also an festen 
Bestandtheilen überhaupt; der Submaxillarspeichel hat am wenigsten 
davon: 7,500 Grm., mehr der Parotidenspeichel: 8,387 Grm., am 
meisten der gemischte Speichel: 10,846 Grm. im Mittel. Es war zu 
erwarten, dass der gemischte Speichel reicher an diesen Stoffen ist, 
als die getrennten Speichelarten, weil im gemischten Speichel nicht 
allein Parotiden- und Submaxillarspeichel enthalten ist, sondern auch 
das Speichelsecrct der Sublingualdrüsen und der übrigen secernirenden 
kleinen Drüsen der Mundschleimhaut. 

Unter den festen Stoffen sind es die Mineralsalze, welche vor 
allen das specifische Gewicht beeinflussen; in der That stehen damit die 
analytischen Befunde im besten Einklänge: der Submaxillarspeichel ent¬ 
hält nur 2,575 Grm. Mineralsalze, der Parotidenspeichel 5,958 Grm., und 
der gemischte Speichel wiederum die meisten, 8,197 Grm. im Mittel. 

Vorausgreifend ist bezüglich der organischen Substanz in den 
Speichelartcn anzuführen, dass der Gehalt davon nicht mit ihrer 
Wirksamkeit im Verhältniss steht. Wir werden später sehen, dass der 
gemischte Speichel am kräftigsten auf Stärkekleister einwirkt, dieses 
in kürzester Frist und in grösster Menge in Zucker umwandelt. Dar¬ 
nach erscheint er an Ptyalin am reichsten und deshalb sollte man 
meinen, müsse auch sein Gehalt an organischer Substanz am grössten 
sein. Dies ist aber nicht der Fall; im Durchschnitt enthält er kaum 
bemerkbar mehr an organischer Substanz als der Parotidenspeichel 
(dieser 2,429, jener 2,649 Grm.) und ganz entschieden weniger als 
der Submaxillarspeichel (4,925 Grm.). 

Das ist sehr zu beachten und um so mehr, als der hohe Gehalt 
des Submaxillarspeichels an organischer Substanz mit seinem Reich¬ 
thum an Mucin vergesellschaftet gedacht werden kann. Da der Pa¬ 
rotidenspeichel, der die Hauptmasse des gemischten Speichels darstellt, 
kein Mucin enthält, so wird der letztere proportional, selbst bei starker 
Thätigkeit der anderen Drüsen, häufig weniger Mucin enthalten als 
der Submaxillarspeichel. Daher der geringe Gehalt des Parotiden- 
und des gemischten Speichels an organischen Bestandtheilen. Diese 
Verhältnisse werden sich abändern und niemals constante Grössen auf¬ 
weisen, wie das schon aus der Analyse a des gemischten Speichels 
deutlich wird, mit 5,577 Grm. organischer Substanz, worin sich also 

Archiv f. vImnsch. n. prakt. Thlerhellk. VII. 4 u. 5. 19 


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m 


ßUENBERGER u. HOPMEISTER, 


mehr organische Substanz befindet, als in den beiden später analy- 
sirten gemischten Speicheln und sogar etwas mehr als im Sumaxillar- 
speichel. 

Immerhin wird es nicht zulässig sein, aus der Grösse der orga¬ 
nischen Substanz auf die Grösse des darin enthaltenen Ferments einen 
Schluss machen zu wollen. Dafür treten sogar als Belege der trübe 
und helle Parotidenspeichel auf; denn der trübe Parotidenspeichcl 
wirkt entschieden kräftiger zuckerbildend als der helle, klare, und 
doch enthält der trübe Speichel gerade V 2 Mal weniger organische 
Stoffe als der helle. 

Es ist nun weiter versucht worden, die Bestandtheile der orga¬ 
nischen Substanz der Speichelarten quantitativ zu ermitteln. 
Die Schwierigkeiten, glatte Abscheidungen zu erlangen, sind der im 
Speichel enthaltenen eigenthümlichen Eiweiss- und eiweissartigen Stoffe 
wegen nicht klein; es sind sehr viele Versuche angestellt worden, ehe 
ein halbwegs befriedigendes analytisches Verfahren gefunden war. Es 
würde ermüden, hierüber Ausführliches zu berichten; ganz kurz soll 
hier der eingeschlagcnen Untersuchungsraethoden Erwähnung gethan 
werden, die dann auch bei den aufgcstellten Analysen wieder zu er¬ 
kennen sind. Es sind deren leider wenige, doch haben sie vielleicht 
insofern einigen Werth, als sie gewissermassen Durchschnittsanalysen 
darstellen, in welchen nur die Resultate, die bei wiederholten Ver¬ 
suchen immer wieder auftretenden Erscheinungen, aufgenommen sind. 

Von dem ganz frischen Speichel wurden bestimmte Mengen zur 
Analyse abgewogen, 50—250 Grm., diese mit Essigsäure neutralisirt 
oder ganz schwach angesäuert; den Niederschlag Hess man absetzen, 
gab ihn auf ein tarirtes Filter, wusch, trocknete und wog ihn. Nie¬ 
derschlag incl. Filter wurde dann verascht im gewogenen Platintiegel, 
die Aschenmenge von der ursprünglich gewogenen Eiweissmengc ab¬ 
gezogen und die aschenfrei resultirende Substanz als Neutralisa- 
tionspräcipitat bei Parotidenspeichel, als Mucin bei Submaxillar- 
und gemischtem Speichel bezeichnet, da bei qualitativer Untersuchung 
sich ergab, dass die auf diese Weise erhaltenen Stoffe in der That 
eine eiweissartige Natur besassen, wie auch die nächstfolgenden. 

Das Filtrat wurde dann stark mit Essigsäure angesäuert und 
gekocht; den hierbei erhaltenen Niederschlag behandelte man wie den 
ersten (Waschen, Trocknen, Wägen, Veraschen etc.) und bezeichnete 
ihn als Acidalbuminat. 

Im Filtrat waren stets noch stickstoffhaltige Stoffe zugegen; es 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


283 


wurde deshalb eingeengt, zuletzt im Glasschälchen völlig ausgetrocknet 
und der Stickstoffgehalt durch Verbrennung mit Natronkalk etc. in 
bekannter Weise bestimmt. Oder aber man fällte aus dem Filtrat 
durch Phosphorwolframsäure 1 ) die noch vorhandenen Eiweissstoffe, 
gab den Niederschlag aufs Filter, trocknete ihn und bestimmte im 
Phosphorwolframsäureniederschlag den Stickstoff durcli Verbrennen 
mit Natronkalk etc. Der gefundene Stickstoff wurde durch Multipli¬ 
cation mit 6,4 auf Eiweiss berechnet. 

An Stelle der Essigsäure wurde auch Phosphorsäurc angewandt, 
auch Chlorwasserstoffsäure, oder der Speichel nicht erst kalt mit Essig¬ 
säure behandelt, sondern direct damit gekocht und im Filtrat dann 
das noch vorhandene Eiweiss als N bestimmt. Auch wurden gewo¬ 
gene Mengen Speichel direct im Glasschälchen zur Trockniss gebracht 
und der Gesammtstickstoff des Speichels darin bestimmt. 

Den Fettgehalt des Speichels bestimmte mau vermittelst Ex¬ 
traction der Trockensubstanz mit Aether; wo wägbare Mengen ge¬ 
funden, sind sie in den nun folgenden Analysen mit aufgeführt; die 
Resultate der Analyse sind auf 1000 Theile Speichel berechnet. 



Parotidenspeichel. 


In 1000 Theilen: 

0,925 Grm. Neutralisationspräcipitat 
0,297 - Acidalbuminat 

1,295 Grm. Neutralisationspräcipitat 
0,425 - Acidalbuminat 

1.5G2 - 

Eiweiss aus N berechnet 

0,227 - nicht bestimmt 

0,017 - 

0,110 - 

Fett 

unbestimmt 

1,947 Grm. organische Substanz. 

2,911 Grm. organische Substanz. 


0,870 Grm. 

Acidalbuminat 

0,300 Grm. Stickstoff = 

1,740 - 

Eiweiss aus N berechnet 

1,920 - Eiwoiss, bleiben 

0,017 - 

Fett 

0,027 - unbestimmbare Stoffe in 

0,284 - 

nicht bestimmt 

1,947 Grm. organische Substanz. 

2,911 Grm. organische Substanz. 


S u b m a x i 11 a r s p e i c h e 1. 


In 1000 Theilen: 

3.580 Grm. 

Mucin (2,740 Grm. durch 

1,200 Grm. durch Salzsäure gefällt 

0,580 - 

Phosphorsäurc) 

Acidalbumin 

3,460 - Eiweiss aus Phosphorwolf¬ 

ramsäureniederschlag 

0,000 - 

Eiweissbestiinmung aus N 

0,053 - nicht bestimmt 

0.975 - 

verunglückt 
nicht bestimmt 

4,713 Grm. organische Substanz. 


5,135 Gnn. organische Substanz. 


*) Methode nach Schmidt-Mülheim, Arcli. f. Anat. u.Phys., 1879, S. 44. 

19* 


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284 


EUENBERGER u. HOFMEISTER, 


Gemischter Speichel. 

In 1000 Theilen: 

3,800 Grm. Mucin 
0,680 - Acidalbumin 

1,000 - Eiweiss, aus Phosphorwolframsäureniederschlag berechnet, 

0,050 - Fett 

0,103 - nicht bestimmt 

5,633 Grm. organische Substanz. 

Aus den Analysen geht hervor, dass dieselben ohne Zuhülfenahrac 
der Stickstoffbestimmungen ausserordentlich lückenhaft ausgefallen 
wären. Die Gesammtraasse der organischen Substanz der Speichel¬ 
arten besteht zum grössten Theil aus stickstoffhaltigen Stoffen; eine 
nur ganz untergeordnete Rolle spielen die Fette. 

Der Mucingehalt des Submaxillar- und gemischten Speichels giebt 
sich deutlich genug zu erkennen, wenn man Parotidenspeichel, der 
frei davon, damit vergleicht: Kalte Essigsäure bewirkt in beiden Fäl¬ 
lung; aber im mucinhaltigen Submaxillar- und gemischten Speichel 
beträgt sie das 3- und 4 fache. Dass wir Mucin vor uns haben, be¬ 
weist der Submaxillarspeichel, welcher mit Salzsäure behandelt wurde, 
es hat sich das Mucin theilweise darin gelöst; im Filtrat wird es 
dann durch Phosphorwolframsäure gefällt und aus dem N berechnet 
sich dann gleichzeitig das löslich gewordene Mucin. 

An Acidalbuminat sind sämmtliche Speichelarten nicht sehr reich; 
Submaxillar- und gemischter Speichel enthalten aber auch hiervon 
mehr als der Parotidenspeichel. 

Hervorzuheben bleibt, dass wir auch bei dem quantitativen Ver¬ 
fahren auf eigenthümliche Eiweissstoffe stossen, welche bereits bei 
Beschreibung des Speichels seiner qualitativen Beschaffenheit nach 
Erwähnung fanden, Eiweissstoffe, die nicht durch organische Säuren 
in der Kälte oder Kochhitze coagulirbar werden, sondern löslich blei¬ 
ben, deren Fällung aber durch TPhosphorwolframsäure -j- Essigsäure 
oder HCl erfolgt. 

Ueber die Mineralsalze des Speichels beim Pferde ist Folgen¬ 
des zu berichten: Quantitativ bestimmt sind die in Wasser lös¬ 
lichen und die darin unlöslichen Mineralbestandtheile, dann die in 
Wasser löslichen Chloride, Phosphate, Sulfate, und die in Wasser un¬ 
löslichen Erden, nach bekannten Methoden. 

Wir stellen die Resultate der Analyse nach einander, auf 100 
Thcilc Asche bezogen, auf: 


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Verdauungssäfte und Verdauung dos Pferdes. 


285 


Parotidenspeichel: a) 83,4 pCt. in Wasser löslich, 


16,6 - - 

unlöslich; 

b) 87,6 - - 

löslich, 

12,4 - - 

unlöslich. 

Submaxillarspeichel: a) 76,5 - - 

löslich, 

33,5 - - 

unlöslich; 

b) 70,0 - - 

löslich, 

30,0 - - 

unlöslich. 

Gemischter Speichel: a) 83,8 - - 

löslich, 

16,2 - - 

unlöslich; 

b) 96,0 - - 

löslich, 

4,0 - - 

unlöslich; 

c) 95,9 - - 

löslich, 

4,1 - - 

unlöslich. 


Der Parotidenspeichel hat 10 pCt. mehr in H 2 0 lösliche Salze 
als der Submaxillarspeichel, der gemischte Speichel b und c 11 
pCt. mehr als der Parotidenspeichel und 23 pCt. mehr als der Sub¬ 
maxillarspeichel. Der gemischte Speichel a weicht davon ab, sein 
Gehalt an löslichen Salzen ist gleich dem Parotidenspeichel und ent¬ 
hält nur 10 pCt. mehr als der Submaxillarspeichel. 

In 100 Theilen Asche enthält der: 


Parotidenspeichel Submaxillarspeichel 

24,1 pCt. Chlor 26,8 pCt. Chlor 


1.4 - 

Schwefelsäure 

8,4 - 

Schwefelsäure 

2,1 - 

Phosphorsäure 

5,7 - 

Phosphorsäure 

1.8 - 

Kali 

8.8 - 

Kali 

40,3 - 

Natron 

26,8 - 

Natron 

7,6 - 

Kalk 

23,5 - 

Kalk und Magnesia, an CO. 

1,4 - 

Magnesia 


gebunden 

21,4 - 

Kohlensäure 

100,0 pCt. 


100,1 pCt. 


gemischte Speichel 




a ) 

c) 


Chlor. 

. 31,1 pCt. 48,7 pCt. 


Schwefelsäure . 

. 7,5 - 

1,5 - 


Phosphorsäure 

. 0,6 - 

0,5 - 


Kali. 

. 10,2 - 

2,6 - 


Natron .... 

. 32.0 - 

42,6 - 


kohlens. Kalk u. 

Magnesia 16,2 - 

4.1 - 


97,6 pCt. 100,0 pCt. 

Bei der nächstfolgenden Aufstellung der Speichelsalze ist zunächst das 
Chlor mit vorhandenem Natrium als Chlornatrium berechnet, überbleibendes Na¬ 
tron mit der Kohlensäure zu C0 3 Na 2 , noch weiter vorhandenes Natron oder Kali 
mit der Phosphorsäure als Dinatrium(kalium)phosphat .>(PQ.|Na 3 lI) und mit 


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286 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Schwefelsäure zu S0 4 Na 2 oder S0 4 K 2 . Kalk und Magnesia waren als kohlen- 
sauro Erden vorhanden; phosphorsaure Erden fanden sich nur spurenweise. Von 
der Berechnung wurde der gemischte Speichel a ausgeschlossen, weil zu abwei¬ 
chend *), dafür der gemischte Speichel c in Rechnung genommen. 

In 100 Theilen Asche enthält folgende Salze der: 

Parotidenspcichel Submaxillarspeichel 


Chlornatrium. 

39,7 pCt. 

44,2 pCt. 

kohlensaures Natrium . . 

29,8 - 

— - 

phosphorsaures Natrium . 

4,2 - 

11,4 - 

schwefelsaures Kalium . . 

3,2 - 

17.2 - 

kohlens. Kalk u. Magnesia 

IG.5 - 

23,5 - 

froie Kohlensäure .... 

1,5 - 

— . 


gemischte Speichel 

Chlornatrium. 91,32 pCt. 

kohle nsaures Alkali ... 0.85 - 

phosphorsaures Kalium . 1,00 - 

schwefelsaures Kalium . 2,75 - 

kohlens. Kalk u. Magnesia 4,08 - 

freie Kohlensäure .... — 

Nach den vorliegenden Unterlagen lässt sich die Zusammensetzung der Spei¬ 
chelarten in ihrer natürlichen Beschaffenheit berechnen (der Berechnung betr. 
Wasser, Trockensubstarz, organische Substanz, Mineralsalze sind die auf S. 280 
aufgcstellten Mittelwerthe untergelegt, für den gemischten Speichol das Mittel 
aus b und c). 

In 1000 Theilen Speichel sind enthalten vom: 


Parotidenspeichel Submaxillarspeichel gemischt. Speichel 


Wasser.. 

991,613 

Grm. 

992,500 

Grm. 

989,154 

Grm. 

Trockensubstanz . . . 

8,387 

- 

7,500 

- 

10,846 

- 

organische Substanz . 

2,429 

- 

4,925 

- 

2.649 

- 

Mineralsalze. 

5,958 

- 

2,575 

- 

8.197 

- 

darin: 







Chlornatrium . . . 

2,364 

Grm. 

1,038 

Grm. 

7,485 

Grm. 

kohlens. Natrium . 

1,775 

- 

— 

- 

— 

- 

Kalium . . 

— 

- 

— 

- 

0,071 

- 

Dinatriumphosphat. 

0,250 

- 

0,294 

- 

— 

- 

Dikaliumphosphat . 

— 

- 

—. 

- 

0,082 

- 

Schwefels. Natrium . 

0,191 

- 

. — 

- 

— 

- 

Kalium . 

— 

- 

0,443 

- 

0,225 

- 

kohlensaurer Kalk u. 







Magnesia .... 

0,983 

- 

0,605 

- 

0,334 

- 

freie Kohlensäure . 

0,100 

- 

— 

- 

— 

- 


! ) Dieser Speichel war nämlich etwas durch Blut verunreinigt (in Folge 
Verwundung der Maulschleimhaut durch die eingelegte Raspel); ausserdem war 
er auch trübe durch Schmutz aus hohlen Zähnen etc. 


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Vordauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


287 


Am reichsten an Kochsalz erscheint der gemischte Speichel, 
ein Resultat, welches nicht auffallen kann, wenn man bedenkt, dass 
in ihm sämratliche Speichelsecrete vereinigt auftretcn. Im übrigen 
erklärt der reiche Kochsalzgehalt sämratlicher Speichelsorten die an¬ 
gegebene Thatsache, dass gewisse Eiweissstoffe im Speichel gelöst 
auftretcn, die beim Kochen coaguliren (Globuline). 

Phosphate und Sulfate sind nur in geringer Menge vorhanden, 
der Submaxillarspeichel enthält am meisten davon. 

In gerade absteigenden Verhältnissen befindet sich der kohlen- 
saure Kalk incl. Magnesia in den Speichelarten, nämlich wie 
3:2:1; der Parotidespeichel ist es, welcher den meisten Kalk enthält, 
er ist cs auch, welcher sich am schnellsten an der Luft trübt, also die 
meiste Kohlensäure anzieht, so dass man sich versucht fühlt zu der 
Annahme, dass er Kalkhydrat von Haus aus enthalte, worauf be¬ 
reits C. G. Lehmann hingewiesen. 

Angenommen, sämratliche Kohlensäure sei dem Speichel durch 
die Luft zugeführt, die anorganischen Stoffe darin also ursprünglich 
frei davon, so sind nach Abzug der Kohlensäure in 1000 Tbeilen des: 


Parotidenspeichels Submaxillarspeichels gemischt. Speichels 

Chlor. 1,430 Grm. 0,690 Grm. 3,990 Grm. 

Schwefelsäure .... 0,083 - 0,216 - 0,123 - 

Phosphorsäuro .... 0,125 - 0,147 - 0,041 

Kali . 0,107 - 0,226 - 0,212 - 

Natron. 2,400 - 0,690 - 3,490 - 

Kalk. 0,453 - 0,340 - 0,188 - 


Im Submaxillar- und gemischten Speichel reicht das Chlor 
eben aus, um vorhandene Alkalien (nach Abzug des Sauerstoffs) als 
Chloralkalien zu binden. Der Rest des Alkali kann in Verbindung 


mit Phosphor- und Schwefelsäure treten; der Kalk bleibt alsdann 
unverbunden, da weder Chlor, Schwefelsäure noch Phosphorsäure 
überschüssig zugegen. 

Eine gleiche Combination beim Parotidenspeichel angewandt, 
ergiebt, dass auch in diesem der Kalk kein ihm verwandtes und ver¬ 
bindbares Element findet; denn es reicht das Chlor lange nicht aus, 
um das vorhandene Natron zu sättigen. Denken wir uns dann die 


Gesammtmenge der Phosphor- und Schwefelsäure durch Kali + Natron 
gesättigt, dann bleibt noch überschüssiges, freies, unverbundenes Natron 
übrig. Kann aber bei Gegenwart von freiem Natron und bei 
Gegenwart von phosphorsaurem Natron Kalk in Lösung blei¬ 
ben, wie es doch beim Parotidenspeichel der Fall, der als klare 


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288 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Flüssigkeit zu Tage tritt, in der alle Stoffe, also auch der Kalk, ge¬ 
löst sind? Das ist unmöglich; der Kalk würde unter diesen Verhält¬ 
nissen stets als phosphorsaurer Kalk ausgefällt werden. 

Hieraus folgt erstens, dass im Parotidenspeichel ebenso wenig 
wie in den anderen Speichelarten freies, ungebundenes Alkali vorhanden 
sein kann. Das nach vorgehender Berechnung auftretende überschüssige 
Alkali ist mit den Eiweissstoffen als sogenanntes Alkalialbuminat 
verbunden, wie dies beispielsweise im Eiereiweiss, in der Milch der 
Fall ist, daher es auch möglich war, bei der Untersuchung des Spei¬ 
chels auf seine organischen Bestandtheile ein Neutralisationspräcipitat 
darzustellen etc. Zweitens sind auch die phosphorsauren Alkalien, 
gleich wie das Alkali, in so inniger Verbindung mit den organischen 
resp. Ei weissstoffen, dass eine Reaction ihrerseits nach aussen hin, 
also hier auf Kalk in seiner Lösung, nicht erfolgt; deshalb kann es 
geschehen, dass der Kalk in wässeriger Lösung als Kalkwasser gelöst 
bleibt, er bedarf keiner weiteren Vergliederung mit einem anderen 
Element. 

Dafür spricht auch einigermassen folgendes Experiment: Hühner¬ 
eiweisslösung lässt sich mit klarem Kalkwasser versetzen, ohne dass 
irgend eine Trübung oder Fällung entsteht. Das Hühnereiweiss ist 
in Bezug auf die anorganischen und organischen Stoffe wenn auch 
quantitativ, so doch qualitativ nicht unähnlich dem Speichel 1 ) zu¬ 
sammengesetzt. Die Lösung bleibt wie beim Speichel zunächst ganz 
klar, erst nach einiger Zeit wird sie an der Luft opalisirend, bläulich, 
trübt sich dann immer mehr und mehr bis zur Ausscheidung eines 
Präcipitats. Es lässt sich leicht nachweisen, dass dieses Präcipitat 
aus kohlensaurera Kalk, etwas vermengt mit organischen Bestand¬ 
teilen (Globulin), besteht. Diese Erscheinungen sind zum Verwech¬ 
seln ähnlich denen beim Parotidenspeichel. 


B. Physiologische Wirkung des Pferdespeichels. 

Bekanntlich kannte man früher nur die mechanische Wirkung 
des Speichels; man nahm an, dass er nur zum Anfeuchten, Schlüpfrig¬ 
machen und Lösen des Löslichen der Nahrungsmittel diene. Diese 
Wirkungen sind so selbstverständlich, so vielfach betont worden 


] ) v. Gorup-Besanez, Lehrbuch der physiol. Chemie, 3. Aull., S. 746. 


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Verdauungssafte und Verdauung des Pferdes. 


289 


(J. Müller, Beauraont, Berzelius, Schwann, CI. Bernard 1 ) etc.), 
dass wir es für unnöthig hielten, diese Speicheiwirkung nochmals ex¬ 
perimentell zu belegen. 

Unsere Aufgabe konnte es nur sein, die chemische Wirkung des 
Pferdespeichels zu studiren, über welche noch vielfach irrige Meinun¬ 
gen verbreitet und welche experimentell noch nicht genügend festge¬ 
stellt sind. 

Mit der chemischen Wirkung des Speichels überhaupt wurde man 
erst im Jahre 1831 bekannt. Leuchs 2 ) war es, der, nachdem im 
Jahre vorher Dubrunfaut die aus Starke Zucker bildende Diastase im 
Malz gefunden hatte, nachwies, dass auch der Speichel ein derartiges 
Ferment besitze; er zeigte, dass durch Einwirkung des Speichels auf 
Starkekleister Zucker gebildet werde. 

In Folge dieser Entdeckung wurden zahlreiche Experimente über 
diese Speichelwirkung angestellt und wurde in Folge derselben der 
verzuckernden Einwirkung des Speichels vielfach eine grosse Wichtig¬ 
keit beigelegt. Von anderer Seite (Blondlot 3 ) u. A.) wurde diese 
Wirkung ganz angezweifelt, während wieder Männer wie J. Müller, 
Beaumont, Schwann, Berzelius, CI. Bernard etc. die chemische 
Wirkung zwar nicht leugneten, aber die Wichtigkeit der mechanischen 
Wirkung des Speichels gegenüber der chemischen scharf betonten. 

Sehen wir zunächst von dem Streit über die Frage, ob die me¬ 
chanische oder chemische Wirkung des Speichels die wichtigere von 
beiden sei, ganz ab, so kann durch die vielen Untersuchungen soviel 
als bestimmt festgestellt angesehen werden, dass der gemischte Mund¬ 
speichel ein Ferment enthält, das man heutzutage Ptyalin nennt, 
welches in der Weise chemisch auf die Stärke wirkt, dass ein Theil 
derselben in Zucker umgewandelt wird. 

Die Untersuchungen von Musculus 4 ), Payen 5 ), Schwarzer 6 ), 
Schulze, Märker 7 ), Gruber 8 ) etc. haben dargethan, dass diese 


x ) CI. Bernard, Le 9 ons de physiol. experim. faites en 1855, II., p 49. 
*) Leuchs, Ueber die Verzuckerung des Stärkemehls durch Speichel, 
Kastner’s Archiv f. d. gesammte Naturlehre, 1831, S. 106. 

3 ) Blondlot, Sur kt digestion des mati&res amylacees, 1853. 

4 ) Musculus, Chem. Centralbl. 1860. 

5 ) Payen, Chem. Centralbl. 1865. 

6 ) Schwarzer, Chem. Centralbl. 1870. 

7 ) Schulze u. Märker, Chem. Centralbl. 1872. 

8 ) Musculus u. Gruber, Zeitschr. f. physiol. Chemie, II, 1878. 


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290 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Wirkung in einer unter Wasseraufnahme erfolgenden Spaltung der 
Stärke in Achroodextrin und Zucker (Maltose oder Ptyalose) besteht 
und dass, ehe diese beiden Endproducte entstehen, Zwischenproducte 
auftreten, unter denen die durch Jod eine gleichmässige Bläuung er¬ 
leidende lösliche Stärke (Amylogen) und das durch dasselbe Reagens 
roth werdende Erythrodextrin besonders zu erwähnen sind (Nasse, 
Griessmayer, Brücke. Bondonneau, Bechamp). 

Wenn nun auch die genannte Wirkung von fast allen Forschern 
in Bezug auf den gemischten Speichel beobachtet wurde, so stellten 
sich doch bald Zweifel darüber ein, ob auch die vereinzelten Secrctc 
der Speicheldrüsen ebenso wirksam seien. Zunächst behauptete 
Lassaigne 1 ) (und ebenso Magendie, Rayer u. Paycn, Milnc 
Edwards), dass der Parotidcnspeichel, besonders der des Pferdes, 
das saccharificirende Vermögen nicht besitze. 

CI. Bcrnard 2 ) äusserte sich in demselben Sinne über den frischen 
Submaxillarspeichel. 

Jacubowitsch 3 ) stellte die Regel auf, dass eine Speichelart für 
sich allein die gedachte Wirkung niemals entfalte, sondern dass diese 
Wirksamkeit erst durch Vermischung zweier aus — zwei Quellen 
stammender — Speichel arten eintrete. 

Bidder u. Schmidt 4 ), Schiff 5 ), Lehmann stimmen dem 
ersteren vollständig bei. Auch sie fanden jede einzelne Speichelart 
für sich allein unwirksam. Dagegen beobachteten Bidder u. Schmidt, 
dass das diastatische Ferment nur bei Vermischung des Submaxillar- 
sccre.ts mit dem Mundschleim (dem Secret der kleinen Munddrüsen), 
nicht aber bei Vermischung des Parotiden- mit dem Subraaxillarsccret. 
entsteht. — Andererseits liegen aber aus neuerer Zeit wieder viele Beob¬ 
achtungen über die Wirksamkeit einzelner, unvermischter Speichel¬ 
arten des Kaninchens, des Hundes, des Menschen etc. vor 6 ), sodass die 

1 ) Lassaigne, Recherches pour determiner le mode de faction qu’excerce 
la salive pure sur l’amidou (comptes ?endus de l’academie des sc., 1845). 

2 ) CI. Bernard, Memoire sur le röle de la salive dans les phenomcncs de 
la digestion. Arch. gen. de medecine, 1847. 

3 ) De saliva, 1848. 

4 ) Bidder u. Schmidt, Die Verdauungssäfte und der Stoffwechsel, 1852. 

5 ) Schiff, Le^ons sur la physiologie de la digestion. Red. par E. Le vier, 
Berlin, 1868. 

Ä ) cf. hierüber: Ewald, Die Lehre von der Verdauung. Berlin, 1879. — 
Maly, Chem. d. Verdauungssäfte u. d. Verdauung. Ilermann’s Handb. d. Physiol. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


291 


Theorie von Jacubowitsch und Bidder u. Schmidt nicht mehr als 
richtig anerkannt wird. 

Ueber den Pferdespeichel bemerkt Colin, dieser ausgezeichnete 
Forscher und Beobachter, dass die unvermischten, frischen Secrete der 
Speicheldrüsen kein diastatisches Vermögen besitzen, dass sie dies 
aber beim längeren Stehen des Speichels (in Folge eintretender Zer¬ 
setzung) bekommen. Roux 1 ) fand, dass der Parotiden- und Sub- 
maxillarspeichel des Pferdes keine auf ein Ferment bezügliche Wirkung 
entfalte, und dass der Submaxillarspeichel das saccharificirende Ver¬ 
mögen bei längerem Stehen erhalte. Weitere derartige Untersuchungen 
über den Pferdespeichel sind uns nicht bekannt geworden. 

Neben diesen Untersuchungen bemühten sich die Forscher ferner, 
die Zeit festzustellen, in welcher die gedachte Verzuckerung resp. 
Spaltung erfolgt, namentlich ob dieselbe bereits in der Mundhöhle 
eintritt, trotz des kurzen Aufenthalts der Nahrungsmittel daselbst. 
Es wurde constatirt, dass gekochte Stärke (Stärkekleister) durch 
menschlichen Speichel schon nach Secunden, fast sofort nach der Be¬ 
rührung damit umgewandclt wird, dass dagegen rohe Stärke viel 
länger widersteht. In roher Kartoffelstärke sah Hammarsten 2 ) erst 
nach 2—4ständiger Einwirkung des menschlichen Speichels Zucker¬ 
bildung auftreten. Wird dieselbe jedoch fein pulverisirt, so erfolgt 
diese Umwandlung schon nach 5 Minuten (Maly, 1. c. S. 36). 

Hieraus geht hervor, dass gekochte Stärke sehr wohl während 
des Kauens dem erwähnten Spaltungsprocess unterliegen kann, nicht 
aber die rohe, welche doch in der Regel von den Thieren aufgenom¬ 
men wird. CI. Bernard fand, dass bei Pferden in gut durchge¬ 
kauten Bissen, die aus dem Schlunde aufgefangen wurden, in der 
Regel kein Zucker enthalten war. Colin scheint anzunehmen, dass 
es schon beim Kauen des Hafers in der Mundhöhle zur Zuckerbildung 
komme. Er fand im zerkauten Hafer Spuren von Zucker. Jedenfalls 
ist auch nach ihm die Umwandlung in der Mundhöhle nur unbedeutend. 

Diese Thatsachen führten zu der Annahme, dass der Speichel 
seine chemisch umwandelndc Einwirkung auf die Stärke erst im Magen 
entfalte. 


*) Roux, Ricorche della proprieta saccharificantc della saliva del caballo. 
Gazetta medico-veterinaria di Milano 1871. 

2 ) Hammarsten, Jahresber. der ges. Medioin, 1871, 1* 


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292 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


CI. Bernard, Sebastian, Wright, Barreswil u. A. bestrit¬ 
ten aber, dass dies möglich sei. Sie gaben an, dass das diastatische 
Ferment in Gegenwart von Säuren in gedachter Richtung wirkungslos 
sei. (CI. Bernard und Barreswil hielten Pepsin und Ptyalin für 
identische Körper, die ihre Wirkung abänderten, je nachdem sie in 
Gegenwart von Säure oder Alkali wirkten.) 

Jacubowitsch, Frerichs, Lehmann, Longet u. s. w. con- 
statirten dagegen, dass Säuregegenwart die Wirkung des Ptyalin nicht 
auf hebt. Schiff 1 ) fand, dass starker Säurezusatz dies allerdings be¬ 
wirkt, ohne aber das Ptyalin zu zerstören, dass schwache Säuerung 
aber einflusslos ist; ebenso äussern sich Ebstein 2 ), Brücke 3 ), 
Hammarsten 4 ). 

Schröder, Longet 5 ), Smith 6 ), Brown-Sequard 7 ) betonen, 
dass trotz Vermischung des Speichels mit kleinen Mengen Magensaft 
die Diastasewirkung erhalten bleibt; Bidder u. Schmidt (1. c. S. 24) 
im Gegentheil, dass die Speichelwirkung bei Zusatz von Magensaft 
erlischt. 

Als Resultat scheint festzustehen, dass kleine Säuremengen ein¬ 
flusslos sind, dass grosse dagegen die Diastasewirkung unterbrechen, 
dass diese aber nach Neutralisation der Säure wieder hervortritt. 
Untersuchungen des Pferdespeichels in dieser Richtung sind uns nicht 
bekannt geworden. 

Erwähnenswerth ist auch noch, dass, wie Magendie, Liebig, 
v. Wittich, Paschutin, Schiff, Lepine, Bernard, Seegen, 
Kratschmer, Maly u. s. w. darthun, das diastatische Ferment, wie 
es im Speichel vorkommt, sehr weit im thierischen Körper verbreitet 
ist, d. h. dass sehr viele thierische Gewebe saccharificirend auf Stärke 
wirken, namentlich wenn sie in Zersetzung begriffen sind. Allerdings 
ist die gedachte Wirkung geringer als beim Speichel. 

Ueber die Grösse des saccharificirenden Vermögens des Speichels 
bei verschiedenen Thieren liegt ebenfalls eine Reihe von Untersuchun- 


! ) 1. c. S. 162. 

2 ) Ebstein, Canstatt’s Jahresber. d. Pharmak., 1859. 

3 ) Brücke, Sitzungsber. der Wiener Akademie, III. Abtli., 1872, und 
Vorlesungen über Physiologie. 

4 ) Hammarsten, Jahresber. der ges. Medicin, 1871, I. 

5 ) Annales des Sciences nat., 1855, III, p. 13. 

6 ) Journal de physiologie, I, p. 154. 

7 ) Ibid., p. 158. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


293 


gen vor. E. Oehl 1 ) fand den menschlichen Speichel am wirksamsten, 
diesem folgten der des Lammes, des Hundes und des Kaninchens. 

Grützner 2 ) fand den Speichel der Carnivoren ohne Ferment, 
den der Herbivoren dagegen sehr wirksam. Im Pferdespeichel con- 
statirte dagegen Grützner nur verschwindende Mengen Ferment, so- 
dass er deren Drüsen nicht als Fermentbildner betrachtet 3 ). 

Astaschewski 4 ) behauptet, dass der Speichel der Nager am 
wirksamsten sei; dann folgen nach ihm die Carnivoren, dann die 
Herbivoren. 

Man sieht hioraus, dass die Forschungsresultate sehr verschie¬ 
dene waren. 

In Bezug der chemischen Einwirkung des Speichels auf die 
Nährstoffe hat I. Munk 5 ) beobachtet, dass der Speichel im geringen 
Masse auch lösend, peptonisirend auf Eiweissstoffe zu wirken vermag; 
und Colin und M. Longet weisen darauf hin, dass der stark mucin- 
haltige Speichel die Fette mechanisch emulgiren kann. 

Weitere hierauf bezügliche Angaben sind uns nicht bekannt ge¬ 
worden. Untersuchungen über die Wirkungen des Pferdespeichels auf 
Eiweisskörper sind noch nicht angestellt worden. Ebensowenig liegen 
ausser den in unserem Laboratorium angestellten Untersuchungen 
solche über die Wirkungen des Pferdespeichels auf Cellulose vor. 

Der vorstehende kurze geschichtliche Rückblick zeigt uns, 
dass über den Pferdespeichel nur wenig zuverlässige Angaben vor¬ 
liegen, sodann aber vor Allem, in welcher Richtung sich unsere Un¬ 
tersuchungen zu bewegen hatten, welche Fragen zu lösen waren. Es 
musste durch uns in Bezug auf den Pferdespeichel Folgendes festzu¬ 
stellen versucht werden: 

1. die Wirkung des gemischten Speichels des Pferdes auf rohe 
und gekochte Stärke, wobei das Augenmerk besonders auf 
die Schnelligkeit der etwa statthabenden Umwandlung zu 
richten war; 


*) Oehl, La saliva umana studiata colla stringazione dei condotti glian- 
dolari. Pavia, 1864. 

2 ) Grützner, Archiv für Physiologie, XII, 6, S. 285, 1876. 

3 ) Grützner, Ebendas., XVI, 2 u. 3, S. 105, 1877. 

4 ) Medic. Centralbl, XV, 30, S. 531, 1877. 

3 ) I. Munk, Ueber ein peptonisirendes Ferment im Speichel. Beiblatt zum 
Tageblatt der 49. naturh. Versammlung zu Hamburg, 1876; und Verhandlungen 
der physiol. Gesellsch. zu Berlin, No. 10, 1876. 


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294 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


2. war darzuthun, ob schon in der Maulhöhle eine chemische 
Umwandlung der Stärke stattfindet; 

3. welche Wirkung die einzelnen unvermischten Speichelarten 
auf Stärke ausüben, ob sie ein zuckerbildendes Ferment be¬ 
sitzen ; 

4. ob durch Vermischung zweier Speichelarten Ferment sich 
bildet, die Wirkung gesteigert wird, resp. wenn sie vorher 
fehlte, durch die Mischung eintritt; 

5. ob auch andere Gewebe und Flüssigkeiten in gleicher Weise 
das Vermögen der chemischen Spaltung der Stärke besitzen 
wie der Speichel, oder ob ihm das diastatische Ferment allein 
oder wenigstens in besonders hohem Masse zukommt; 

6. ob die eventuelle Speichelwirkung durch Zusatz von Säure 
oder Magensaft aufgehoben wird, resp. ob sie bei Neutrali¬ 
sation der Säure wieder zu Tage tritt; 

7. ob der Speichel auf Rohrzucker ein wirkt; 

8. ist festzustellen, ob der Speichel eine verdauende Einwirkung 
auf Eiweissstoffe ausübt, ob er ein peptonisirendes Ferment 
besitzt; 

9. ob und wie er auf Fette und 

10. auf Cellulose einwirkt. 

Vorläufig konnten wir uns bei unseren Untersuchungen nicht auf 
Detailfragen, die Gegenstand besonderer Arbeiten sein müssen, ein¬ 
lassen und haben deshalb dieser Punkte auch in der literarischen 
Skizze keiner Erwähnung gethan. Unsere Aufgabe konnte zunächst 
nur sein, die Eigenschaften des Pferdespeichels, die Verschieden¬ 
heiten desselben von dem anderer Thiere u. dgl. im Allgemeinen fest¬ 
zustellen, nicht aber etwa dessen Veränderungen bei Reizung der 
Nerven zu studiren, oder die bei seiner Wirkung auftretenden Zwischen- 
producte zu analysiren u. s. w. Wir liefern durch unsere Unter¬ 
suchungen erst die Basis für derartige Specialarbeiten über den Pferde¬ 
speichel und werden selbst später derartige Untersuchungen anstellen 
und in besonderen Artikeln veröffentlichen. 

Es sind nun zunächst die drei gewinnbaren Speichelarten, der 
Parotiden-, Submaxillar- und gemischte Speichel, in Bezug auf die 
aufgestellten Fragen zu besprechen. Frage 5 jedoch kann erst bei 
Besprechung der Extracte derjenigen Drüsen erledigt werden, deren 
Secret beim Pferde nicht durch Anlegung von Fisteln zu gewinnen 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


295 


ist und bei denen wir deshalb aus ihren Extracten auf die Eigen¬ 
schaften des Secrcts schliessen müssen. 

1. Wirkung des Speichels auf Stärke. 

Bei den zur Feststellung dieser Function des Speichels nothwen- 
digen Experimenten verfuhren wir derart, dass wir zu den quantita¬ 
tiven Bestimmungen der Speichelwirkung abgewogene Quantitäten 
Stärke mit gemessenen Speichelmengen mischten und das Ganze in 
einem verschlossenen Gefäss in einen Verdauungsofen (Brütofen) stell¬ 
ten, in dem eine constante Temperatur von 37—39° C. herrschte. 
Der Brütofen ist verhältnissmässig gross und besteht aus 2 Fächern, 
welche zusammengenomraen ca. 20 Gefasse (Kochfläschchen), von 
denen jedes ca. 60—125 Grm. Flüssigkeit fasst, aufnehmen können. 

Um Stärkekleister quantitativ benutzen zu können, brachte 
man abgewogene Mengen roher, feingepulverter Kartoffelstärke (nur 
diese ist bei sämmtlichen Versuchen benutzt) in das Digerirgefass, 
welches bereits eine kleine Menge Wasser enthielt, schüttelte gut, 
aber ohne Verluste herbeizuführen, um, setzte genügende Mengen 
kochenden Wassers hinzu und kochte die Masse weiter, bis vollstän¬ 
dige Klcisterbildung eingetreten, liess erkalten und mischte den Kleister 
mit gemessenen Mengen Speichels. 

Durch zahlreiche Versuche hatten wir uns versichert, dass bei 
der Umwandlung der rohen Kartoffelstärke in Kleister in der angege¬ 
benen Weise kein Zucker sich bildet. 

Zur Bestimmung, wie viel Zucker der Speichel aus roher Stärke 
überführe, wurde diese entweder direct mit dem Speichel gemischt, 
oder vorher gründlich im Mörser mit Sand verrieben. 

Nach der Digestion im Brütofen entleerte man den Inhalt der 
Digerirgefässe in Masscylinder, spülte sorgfältigst mit Aq. destillata 
und verdünnter Kalilauge aus und füllte bis zum bestimmten Mass im 
Cylinder auf. Von dieser gemessenen Gesammtlösung wurden dann 
wieder gemessene Mengen zur Bestimmung ihres Zuckergehalts mit 
Fehling’scher Kupferlösung (10 Ccm. Kupferlösung — 0,050 Grm. 
Traubenzucker) bis zur vollständigen Reduction des Kupferoxyds ver¬ 
kocht und aus den dazu verbrauchten Mengen der Zuckergehalt der 
gesamraten Lösung berechnet. 

Zur Beantwortung der Frage, wie schnell der Speichel Stärke 


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296 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


resp. Kleister in Zucker umwandle, wurde häufig nur qualitativ gear¬ 
beitet, ohne Gewichtsbestimmung des Kleisters und des Speichels. 

Die Prüfung der Digestionsflüssigkeit geschah ebenfalls mit Feh- 
ling’scher Lösung, und zwar so, dass man zur letzteren kleine Mengen 
der zu untersuchenden Flüssigkeit treten Hess und kochte. Um jeden 
Irrthum auszuschliessen, wurde jedesmal vor Zusatz der zu prüfenden 
Flüssigkeit die Fehling’sche Lösung aufgekocht; die Reinheit des 
Reagens wie des Glases Hess sich in dieser Weise am sichersten con- 
troliren. > 

Die Prüfung auf die Zwischenproducte, welche nur in einigen 
Fällen vorgenommen wurde, geschah mit einer sehr verdünnten, kaum 
gelblich gefärbten Jodlösung. Ein Tropfen der zu untersuchenden 
Flüssigkeit wurde in die im Reagensglas befindliche Lösung getröpfelt. 
Die Gegenwart von Stärke äusserte sich sodann durch körnige 
Blaufärbung, die von Amylogen durch gleichmässige Bläuung 
und die von Erythrodextrin durch Röthung. War nur noch 
Achroodextrin und Zucker vorhanden, dann trat keine Reaction 
auf Jod ein. 

Diese Andeutungen über das angewandte Untersuchungsverfahren 
überheben uns, desselben bei Besprechung der einzelnen Experimente 
noch weiter zu erwähnen. 

A. Der gemischte Speichel. 

I. Zur Feststellung der Stärke seiner chemischen Wirkung gelangten von 
dem am 24. Februar 1880 gewonnenen Speichel, der jedoch mit dem vierfachen 
Volumen Wasser verdünnt worden war, in den Brutofen: 

a) 80 Grm. verdünnter Speichel mit 2 Grm. Stärkekleister 

b) 40 - - - - 1 - 

c) 40 - - - - 1 - 

d) 40 - - - 1 Stärke 

e) 20 - Speichel -f- 20 Grm. Wasser - 1 Stärkekleister. 

Die Resultate waren folgende: 

Im Gefäss a fanden wir nach 48 Stunden 0,450 Grm. Zucker 

- b - - - 36 0.360 - 

- c - - - 24 - 0,225 - 

- d - - - 24 — 

- e - - 20 0 205 - 

II. Von dem am 12. Mai gewonnenen Speichel wandelten in 18 Stunden 
20 Ccm. von 1 Grm. Stärkekleister 0,200 Grm. Stärke in Zucker um. 

III. Die von dem am 11. Juni gewonnenen Speichel in Bezug auf die 
Schnelligkeit des Eintritts der Verzuckerung angestellten Untersuchungen erga¬ 
ben. dass schon nach V 4 Minute Erythrodextrin vorhanden war; nach 1 Minute 


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Verdamm gssäfte und Verdauung des Pferdes. 


297 


trat sehr deutliche Kupferreduction auf. Nach V 4 Stunde war die Jodreaction 
verschwunden, also die gesammte Stärke in Achroodextrin und Zucker gespalten. 

Diese Experimente wurden in der Art angestellt, dass der Speichel mit dem 
Kleister in Reagenzgläser eingebracht wurde, die in Wasser von 37° standen. 
Wir nahmen wenig Kleister zu diesen Proben. Auf rohe zerriebene Stärke wirkte 
der Speichel viel langsamer, erst nach */ 4 Stunde konnte unzweifelhaft Zucker 
constatirt werden. Bei den beiden besprochenen ersten Speichelarten (I und II) 
prüften wir erst nach V 2 ständiger Einwirkung des Speichels auf Kleister und 
fanden stets deutlichste Zuckerreaction. 

Von dem Speichel III (vom 11. Juni) gelangten zu quantitativen Bestim¬ 
mungen in den Brütofen: 

a) 40 Grm. Speichel mit 1 Grm. roher verriebener Stärke 

b) 30 - - 1 Kleister 

c) 50 - - - 1 - 

Die nach 14ständiger Digestion vorgenommene Zuckerbestimmung ergab: 

bei a 0,048 Grm. Zucker 

- b 0,643 - 

- c 0,750 - 

Diese Experimente beantworten die Frage 1 . Sie beweisen, dass 
der gemischte Speichel ein sehr kräftig wirkendes diastatisches Fer¬ 
ment enthält, das schon nach V 4 Stunde kleinere Stärkemengen total 
in Achroodextrin und Zucker spaltet. Die Wirkung überhaupt tritt 
eigentlich momentan ein; denn mischt man Speichel mit Kleister 
und stellt sofort die Jodreaction an, so ist Amylogen vorhanden, 
nach 15 Secunden schon Erythrodextrin. Bei roher, wenngleich zer¬ 
riebener Stärke trat aber erst nach x / x Stunde Zuckerreaction auf. 
Demnach schien es, als ob die chemische Einwirkung des Speichels 
auf die Stärke der Nahrungsmittel, die doch von den Pferden in der 
Regel roh genossen wird, nicht in der Maulhöhle oder im Schlunde 
einträte, dass vielmehr erst im Magen die betreffende Umwandlung 
erfolgen könne. 

Um uns jedoch hierüber vollste Gewissheit zu verschaffen, ex- 
perimentirten wir wie folgt: Bei einem Pferde wurde der Schlund 
in der Mitte des Halses aufgesucht, quer durchschnitten und das freie 
Ende des oberen Theiles durch die Hautwunde nach aussen geführt 
und locker an die Haut befestigt, so dass die Oeffnung nach aussen 
sah, das genossene Futter und Getränk also nach aussen gelangen 
musste. Das Pferd erhielt nun verschiedene stärkemehlhaltige Nah¬ 
rungsmittel in gewissen Zwischenräumen. Die aus dem Schlundende 
austretenden Bissen wurden in bereit gehaltenen tarirten Gelassen aufge¬ 
fangen und ohne Zeitverlust auf Zucker untersucht. Nebenbei wurde auch 

Archiv f. witMnseh. u. pimkt. Thierheilk. VIL 4 n. 5. 20 


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298 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


das Gewicht der Gesammtheit der austretenden Bissen jedes verab¬ 
reichten Nahrungsmittels bestimmt und mit dem Gewicht der aufge¬ 
nommenen Nahrung verglichen und so die Menge des secernirten und 


beigemischten Speichels bestimmt, wie dies schon Lassaigne, Ber- 
nard u. A. gethan. 

Zunächst erhielt das Pferd 

Hafer und Häcksel. 500 Grm. 

die aus demSchlund aufgefangenen Bissen wogen 1350 - 

der Verlust an Futter (was in der Krippe zu¬ 
rückblieb etc.) betrug ca. 30 


Demnach waren zu 470 Grm. Hafer und Häcksel ca. 900 Grm. Speichel bei dem 
Kauen zugemischt worden, d. h. die doppelte Gewichtsmenge des auf¬ 


genommenen Futters. 

Das Pferd bekam sodann 

Heu. 500 Grm. 

m der Verlust betrug ca. 50 


die aus dem Schlund austretenden Bissen wogen 2500 
Um 450 Grm. Heu schlingbar zu machen, sind demnach 2050 Grm. Speichel 
secernirt und mit demselben gemischt worden, d. h. das Vierfache seines 
eigenen Gewichtes. 

Ferner bekam das Pferd noch 


Gras. 500 Grm. 

der Verlust betrug. 15 - 

die Bissen wogen.820 


Es sind also mit 485 Grm. Gras 335 Grm. Speichel gemischt worden, d. h. 
50 Grm. mehr als die Hälfte seines Gewichtes. 

Diese Ergebnisse stimmen mit den Untersuchungen anderer For¬ 
scher genau überein *). 

Bei der unmittelbar nach ihrem Austritt aus der Schlundwunde 
vorgenommenen chemischen Untersuchung der Bissen fanden wir in 
allen, in denen von Hafer, Stroh, Heu und Gras, Zucker. 

Da uns dies Resultat nicht wenig überraschte, zerkleinerten wir 
Wiesenheu, Strohhäcksel, Gras und Hafer, mischten jedes für sich mit 
Wasser und Hessen es (im Sommer) eine Zeit lang stehen. Zu An¬ 
fang nicht, aber nach ca. 3 Stunden reducirten alle vier Extracte das 
Kupfer, woraus wir schliessen mussten, dass die gedachten Nahrungs¬ 
mittel sämmtlich Zucker enthalten, der beim Kauen, wodurch eine 
gründliche Zerkleinerung und Vermischung mit Flüssigkeit zu Stande 

! ) CI. Bernard, Memoire sur le röle de la salive. Arch. gen. de medäc., 
1847. — Lassaigne, Recherches sur les quantites des fluides salivaires et 
muqueuses que les diverses aliments absorbent pendant la mastication et l’insali- 
vation etc. Journal de chirnie medicale, 1845. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


299 


kommt, natürlich rascher aufgeschlossen und gelöst wird, als bei un¬ 
seren Experimenten. ' 

Dass hierbei nicht etwa durch das Wasser die in den Nahrungs¬ 
mitteln enthaltene Stärke in Zucker umgewandelt worden ist, be¬ 
weisen folgende Versuche: Wir brachten Kleister mit demselben Wasser, 
das zu vorstehenden Versuchen benutzt worden war, in den .Brütofen. 
Nach 4 Tagen erst wurde schwache Reaction von Erythrodextrin 
nachweisbar, und nach 7 Tagen erst trat auch Zuckerbildung ein. 

In gleicher Weise behandelte rohe Stärke zeigte noch nach 7 Tagen 
keine Zuckerreaction. 

Auch in den in dem Artikel über den Psalter 1 ) mitgetheilten 
Versuchen zeigte Stärke mit Wasser nach 36 Stunden noch keine 
Zuckerbildung. 

Wir mussten also annehraen, dass in den verfutterten Nahrungs¬ 
mitteln bereits Zucker enthalten war. 

Die Untersuchung vorjähriger Kartoffeln ergab, dass auch sie 
Zucker enthalten, also zum Versuch nicht geeignet sind. 

Dagegen fanden wir in diesjährigen, „neuen“ Kartoffeln keine 
Spur Zucker, trotzdem wir 24 Stunden mit Wasser extrahirten. Wir 
fütterten nunmehr das Pferd mit solchen zuckerfreien Kartoffeln. Die 
aus dem Schlund aufgefangenen Bissen waren ebenfalls frei von Zucker. 
Beim Stehenlassen derselben bei gewöhnlicher Temperatur trat aber 
schon nach 1 x / % Minuten Zuckerreaction auf. 

In der vom Pferde selbst zerkauten und eingespeichelten Kar¬ 
toffelstärke wirkt also der Speichel schon nach 1V 2 —2 Minuten 
zuckerbildend, während, wie wir oben gesehen haben, in der von uns 
ira Mörser fein verriebenen Stärke erst nach 15 Minuten Zucker 
auftrat. 

Die Kartoffelstärke wird also während des Kauens nicht ver¬ 
zuckert; sie ist aber auch die widerstandsfähigste (Hammarsten). 
Also ist es nicht unmöglich, dass schon im Munde beim Kauen Hafer- 
und Gerstenstärke verzuckert und gelöst wird; immerhin können das 
aber nur minimale Mengen sein. Wenn die chemische Wirkung 
des Speichels überhaupt von Belang sein soll, muss sie im Magen 
erfolgen. Ob dies möglich ist, werden wir bei Besprechung von 
Frage 6 sehen. 


*) Ellenberger, Zur Anatomie und Physiologie des dritten Magens der 
Wiederkäuer. Dieses Archiv, 1881, I. 

20 * 


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300 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Wir wenden uns jetzt zur Lösung der 3. Frage, zur Besprechung 
der Wirkung der einzelnen uuverraischten Speichelarten. 

B. Der Parotidenspeichel. 

I. In den Verdauungsofen gelangten zur quantitativen Bestimmung der 
Wirkung <}es am 15. Jannar 1880 gewonnenen Speichels: 

a) 100 Grm. Speichel mit 2 Grm. roher Kartoffelstärke 

b) 100 - - - 2 - Stärkekleister 

c) 100 -• - - 2 gequetschten Hafer 

d) 100 - Wasser - 2 - Kleister. 

Erst nach ca. 30 Stunden trat in den Ge fassen b und c Zucker auf. Nach 
72 Stunden war in der Flüssigkeit im Gefäss c Fäulniss eingetreten. Im Gefäss a 
fanden wir keinen, im Gefäss b 0.280 Grm. Zucker; im Gefäss d war keine Spur 
Zucker zu finden. 

II. Der am 10. Februar gewonnene Parotidenspeichel zeigte sich bedeu¬ 
tend wirksamer, indem er schon in 12 Stunden einen Theil des Kleisters in 
Zucker übergeführt hatte. 

Zur quantitativen Bestimmung gelangten 100 Grm. Speichel mit 1 Grm. 
Stärkekleister in den Brütofen und fanden wir, dass er 0,338 Grm. Kleister 
nach 72 Stunden in Zucker übergeführt hatte. 

III. Als wir am 30. April zum dritten Male den Stenson’schen Gang öffne¬ 
ten, sammelten wir die zuerst secernirte Speichelmenge von ca. 300 Grm. in 
ein besonderes Gefäss und trennten sie so von den später secernirten bedeuten¬ 
deren Speichelmengen. Der erstere hatte ein trübes, opalisirendes Aussehen, 
während der andere hell und klar war. 

Der mit dem trüben Parotidenspeichel in den Verdauungsofen eingestellte 
Kleister zeigte schon nach ein er Stunde sehr deutliche Zucke rreaction. 
Nach 18 Stunden hatten 20 Grm. dieses Speichels von 1 Grm. Kleister 0,124 
Grm. in Zucker übergeführt. Der helle Parotidenspeichel begann erst nach 48 
Stunden die gedachte Umwandlung des Kleisters. Wir brachten nunmehr auch 
noch Parotidenspeichel, der an der Luft gestanden und sich getrübt hatte, mit 
Kleister in den Brutofen, aber erst nach 15 Stunden trat Zuckerreaction auf. 

Diese Experimente zeigten uns also, dass die zuerst, nach der 
Ruhe, bei Beginn des Fressens secernirten Speichelmengen 
reich an Ferment sind, während der Ferraentgehalt in dem spät 
secernirten Speichel so bedeutend abnirarat, dass die Forscher, welche 
mit diesem Speichel experimentirten, wohl die Behauptung aussprechen 
konnten, die Parotis des Pferdes bilde kein Ferment. Diese For¬ 
scher haben übersehen, dass sie den Speichel einer ermüdeten Drüse 
prüften, welche fast ihr gesummtes Ferment, das sie während der 
Ruhe bildete, während der ersten Zeit der Secretion dem Secret bei¬ 
gemischt hatte. 

Damit uns nicht der Vorwurf gemacht werden könnte, den Aus- 


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Verdauungssä fl e und Verdauung des Pferdes. 


301 


spruch, der sich aus den vorstehenden Versuchsergebnissen ergiebt, 
nämlich dass die Parotis des Pferdes ebensowohl Ferment bildet wie 
die Speicheldrüsen anderer Thiere, und dass schon das Parotidensecret 
allein, ohne Vermischung mit einer anderen Speichelart, das Vermögen 
der mehrerwähnten Umwandlung der Stärke besitze, auf ein einziges 
Experiment gestützt zu haben, da ja die Experimente mit dem Speichel 
vom 15. Januar und 10. Februar nur wenig beweisen können, so 
legten wir zum vierten Male eine Fistel am Stenson’schen Gange an. 
Es wurden die ersten 100 Grm. (No. I), dann die nächsten 300 Grm. 
(No. II) und die darauf secernirten 300 Grm. (No. III) gesondert auf¬ 
gefangen. Der Rest von ca. 2000 Grm. (No. IV.) gelangte dann in 
ein viertes Gefäss. 

Diese verschiedenen Speichelsorten prüften wir nunmehr auf die 
Schnelligkeit der Umwandlung von Kleister, indem wir kleine 
Mengen desselben mit kleinen Speichelmengen in den Brütofen ein¬ 
setzten. . 

Bei Speichel I war nach einigen Minuten die Amylogenreaction zu consta- 
tiren. Nach 3 Stunden war deutliche Zuckerreaction wahrnehmbar. Die Spei¬ 
cheiwirkung war aber noch nicht beendet, wir constatirten noch das Vorhanden¬ 
sein von Erythrodextrin. 

Bei Speichel II, III und IV trat nach 50, 24 und 30 Minuten die Amylo- 
gen-, nach 21, 28 und 15 Stunden die Zuckerreaction auf. 

Zur quantitativen Bestimmung brachten wir in den Brütofen: 

a) 40 Grm. von Speichel II mit 1 Grm. Stärkekleister 

b) 40 - - - III - 1 - 

c) 40 - - - IV - 1 - 

Nach 40 Stunden waren vorhanden 

in Gefäss a) 0,214 Grm. Zucker 

- - b) 0,183 - 

- - c) 0,128 - 

Diese Resultate beweisen unzweifelhaft das Vorhandensein 
eines zuckerbildenden Ferments im Parotidenspeichel des 
Pferdes. 

Wenn durch den Speichel schon nach 1—3 Stunden Kleister in 
Zucker übergeht, während dies durch Wasser nach 72 Stunden noch 
nicht geschehen ist, so beweist dies zur Genüge, dass der Speichel 
das betreffende Ferment enthält. 

Das Ferment hat sich nicht, wie einige Forscher meinen, erst 
während des Stehens gebildet. Der Speichel wurde im Gegentheil 
ganz frisch angewandt. Der gestandene und trüb gewordene Speichel 
führte erst nach 15 Stunden Kleister in Zucker über, während dies 


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302 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


der frische, in der ersten Zeit der Absonderung secernirte Speichel 
schon nach 1—3 Stunden thut. Den Versuch mit gestandenem Spei¬ 
chel haben wir mehrfach wiederholt. 

C. Der Submaxillarspeichel. 

In Bezug auf die Schnelligkeit der fermentativen Wirkung 
dieses Speichels constatirten wir Folgendes: ln dem mit Speichel in 
den Ofen eingesetzten Kleister trat beim Speichel vom 24. Januar 
erst nach Stunden, bei dem vom 2. März nach 1 Stunde, bei dem 
vom 30. April sogar schon nach V 2 Stunde der Einwirkung Zucker- 
reaction auf. Gequetschter Hafer zeigte erst nach 48 Stunden Zucker 
an, und nicht zerriebene, rohe Kartoffelstärke erst nach ca. 72 Stunden. 

Ueber die Grösse der Wirkung erzielten wir bei den angestell- 
ten Experimenten folgende Resultate: 

I. Der Speichel vom 24. Januar hatte nach 72 Stunden noch nicht 5 pCt. 

des Kleisters in Zucker übergeführt. # 

II. Von dem durch die Operation am 2. März gewonnenen Speichel wan¬ 
delten 40 Grm. von 1 Grm. Stärkekleister in 24 Stunden 0,105 Grm. in 
Zucker um. 

III. 40 Grm. des Speichels vom 30. April wandelten in 18 Stunden 
0,101 Grm. Kleister in Zucker um. 

Das Vorhandensein eines besonderen, die Stärke spal¬ 
tenden, zuckerbildenden Ferments im Submaxillarspeichel 
des Pferdes ist durch das Vorstehende bewiesen. Unsere 
Experimente mahnen aber auch wieder zur höchsten Vorsicht beim 
Abgeben eines Urtheils; sie weisen namentlich wieder darauf hin, 
niemals aus einem einzigen Versuch Schlüsse zu ziehen. 

Aus dem 1. Versuch konnte leicht geschlossen werden, dass die 
Submaxillardrüse kein oder nur wenig Ferment producire. Jedenfalls 
hatten wir es hier mit einer ermüdeten oder kranken Drüse zu thun. 
Sie lieferte auch nur sehr kleine Quantitäten Speichel (cf. S. 271). 

Die Frage 3 kann also unbedenklich dahin beantwortet werden, 
dass sowohl der Parotiden- als der Submaxillarspeichel des Pferdes 
unvermischt und im frischen Zustande ein zuckerbildendes Ferment, 
allerdings im geringeren Masse als der gemischte Speichel, besitzt. 

Das Vorhandensein dieses Ferments versuchten wir auch noch 
durch Darstellung desselben, wenn auch ira unreinen Zustande, zu be¬ 
weisen. Wir verfuhren dabei in der bekannten Art und Weise, dass 
wir dem Speichel Alkohol zusetzten. Dadurch entstand im gemischten 
und im Submaxillarspeichel ein zäher, glasiger, und im Parotiden- 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


303 


Speichel ein flockiger Niederschlag. Dieser wurde auf dem Filler ge¬ 
sammelt und getrocknet. Ein Theil desselben gelangte sodann mit 
Wasser in den Brütofen. Der entstehenden trüben Flüssigkeit wurde 
Kleister zugesetzt. Zuekerreaction trat bei allen drei Speichelarten 
auf, beim gemischten Speichel sehr rasch, bei den beiden anderen 
Niederschlägen erst nach Stunden. Mit roher verriebener Stärke 
gab der Wasserauszug des Niederschlags des gemischten Speichels 
schon nach 10 Minuten Zucker. 

Alles dies beweist, dass in dem Niederschlag das Ptyalin, das 
Ferment, enthalten war. Der Versuch, dieses aus dem Niederschlag 
durch Eindampfen der Wasserlösung desselben reiner zu gewinnen, 
misslang. Der trockene Rückstand zeigte, mit Kleister und Wasser 
in den Brütofen gebracht, kein Saccharificationsvermögen. Wodurch 
das Ptyalin hierbei zerstört wurde, ist nicht aufgeklärt worden. — 

Wir wenden uns nunmehr zur Lösung der Frage 4. Ein Theil 
der Frage ist durch das Vorstehende schon erledigt. Es ist bewiesen, 
dass das Ferment, wie es Jacubowitsch u. A. meinten, nicht erst 
durch Vermischung zweier beliebiger oder bestimmter Speichelarten 
entsteht, sondern dass es schon in den unvermischten Secreten der 
einzelnen Drüsen enthalten ist. Wir haben also nur noch zu prüfen, 
in wie weit durch die Vermischung des Parotiden- mit dem Sub- 
maxillarsecret die Fermentwirkung gesteigert wird. 

D. Wirkung der Mischung des Submaxillar- und Parotidensecrets. 

In den Brütofen gelangten: 

20 Ccm. des zu Beginn der Absonderung secernirten (trüben) Paroti- 
denspeicbels mit 20 Ccm. Submaxillarspeicbel und 1 Grm. Kleister. 

Nach 18 Stunden waren 0,225 Grm. und nach 36 Stunden 0,450 Grm. 
Zucker vorhanden. 

20 Grm. Parotidenspeichel allein hatten 0,124 Grm., und 20 Grm. Sub- 
maxillarspeichel 0,101 Grm. Kleister in Zucker umgewandelt. Die Gesammt- 
wirkung der Mischung stellt also nur das Product der Wirkung der einzelnen 
Speichelarten dar. 

Zum weiteren Beweise dieses Satzes brachten wir in den Brütofen: 

20 Grm. zu einer späteren Zeit der Absonderung secernirten (hellen) 
Parotidenspeichels mit 20 Grm. des obigen Submaxillarspeichels und 
1 Grm. Kleister. 

Nach 18 Stunden fanden wir in dem Gemisch gegen die 0,225 Grm. des 
ersten Versuchs nur 0,138 Grm. Zucker, also nicht viel mehr als der Submaxillar- 
speichel allein in der betreffenden Zeit übergeführt hatte. Der helle Parotiden- 


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304 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


speiche! allein hatte in der genannten Zeit so wenig Zucker aus dem Kleister 
gebildet, dass die quantitative Bestimmung unmöglich war. 

Der zweite Versuch bestätigt also das Resultat des ersten. 

Wir schreiten nun zur Beantwortung der Frage 6, da wir, wie 
Eingangs erwähnt, die Frage 5 erst bei Besprechung der Extracte 
erledigen werden. 

E. Wirkung des Speichels bei Vermischung mit Säure und Magensaft. 

Zu einem Vorversuch brachten wir in den Brutofen: 

a) 40 Ccm. Parotidenspeichel mit 1 Grm. Kleister; 

b) 40 - - - 1 - und 40 Ccm. einer 

0,2procentigen Salzsäure. 

Nach 40 Stunden fanden wir in der Mischung a 0,123 Grm. Zucker, in 
der Mischung b dagegen keine Spur davon. Nach diesem Versuch hätte man 
scbliessen können, dass durch Säurezusatz die Speichelwirkung aufgehoben 
würde. Um jedoch festzustellen, ob dieser Schluss gerechtfertigt, oder ob nur die 
hier angewandte grosso Menge der verdünnten Säure die hemmende Wirkung 
habe und ob nicht vielleicht kleinere Mengen ohne Einfluss sind, mussten wir 
weiter experimentiren und verschiedene Säuremengen zusetzen. In derselben 
Weise war mit dem Zusetzen des Magensaftes zu verfahren, um dessen Einfluss 
kennen zu lernen. 

Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, dass wir 8 numerirte, gleich¬ 
grosse Gefässe neben einander aufstellten und in jedem 1 Grm. Kleister bereite¬ 
ten, der auf Freiheit von Zucker geprüft war. Dann füllten wir in jedes Gefäss 
von 1—8 je 20 Grm. des gemischten Pferdespeicbels unter Umschütteln. Darauf 
brachten wir zu diesen Mischungen in jedes Gefäss der Reihe nach ansteigende 
Quantitäten der 0.2procentigen Salzsäure und des künstlichen, aus der Schleim¬ 
haut des Pferdemagens gewonnenen Magensaftes 1 ), und zwar: 

in Gefäss 1 5 Grm. 0,2prc. Salzsäure in Gefäss 5 5 Grm. Magensaft 

- - 2 10 - - - - - 6 10 - 

- 3 15 . 7 20 - 

- - 4 20 . 8 40 - 

Von der Mischung des Speichels mit der Stärke ab bis zum Zusetzen der 
Säure resp. des Magensaftes war natürlich eine gewisse Zeit verstrichen (10—15 
Minuten). 

Nach Vollendung der Mischung war in allen Gefdssen, wie zu erwarten, 
Zucker nachweisbar, da der Speichel noch vor Zusatz der Säure und des Magen¬ 
saftes saccharificirend gewirkt hatte. Ein neuer Beweis dafür, dass gemischter 


*) Der Magensaft wurde in der Weise bereitet, dass wir die Schleimhaut 
der grossen Curvatur der rechten Magenhälfte des Pferdes von der Muscularis 
ablösten, sie dann gut zerkleinerten und mit Glycerin übergossen und gründ¬ 
lich mischten. Nach ca. 48 Stunden oder noch später wurde der entstandene 
Brei durch Seihtücher ausgepresst und filtrirt. Zu je 2 Grm. des Filtrats wurden 
20 Grm. einer 0.2procentigen Salzsäure zugesetzt. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


305 


Pferdespeiebel sehr rasch zuckerbildend auf die Stärke ein wirkt. Unsere obigen 
Versuche ergaben ja, dass die Umwandlung schon in V 2 Minute erfolgt. 

Die Gefasse kamen nunmehr verschlossen in den Brutofen. Nach 12 Stun¬ 
den fanden wir: 

in Gefäss 1 keine Jodreaction und 0,500 Grm. Zucker 

2 Amylogenreaction - 0,194 - 

- - 3 - - 0,075 - 

- - 4 - - 0,090 - 

Danach muss angenommen werden, dass 0,5 Grm. Säurezusatz die Speichel¬ 
wirkung nicht stören, während sie durch grössere Säuremengen gemindert und 
aufgehoben wird. Die in den anderen Mischungen gefundenen Zuckermengen kön¬ 
nen vor dem Säurezusatz gebildet worden sein. 

In Gefäss 5 keine Jodreaction und 0,425 Grm. Zucker 

6 Erythrodextrin und Amylogen - 0,193 - 

- - 7 ... 0,150 - 

- - 8 ... 0,128 - 

Hieraus müssen wir schliessen, dass auch 5 Grm. Magensaft die Speichel¬ 
wirkung nicht behindern. Grössere Mengen scheinen aber diese Wirkung zu 
beeinträchtigen, oder, was wahrscheinlicher, ganz aufzuheben. Es scheint aber, 
dass diese Einwirkung bei dem stark schleimigen, zähen Magenspeichel später 
erfolgt als bei der Säure, sodass, ehe die Wirkung sistirt wurde, eine gewisse 
Zeit verstreicht. Je grösser die zugesetzte Menge des Magensaftes, desto schneller 
erlischt die Speichelwirkung, desto weniger Zucker war gebildet worden. 

Um nun zu prüfen, ob diese Schlussfolgerungen richtig sind, 
dass die gedachten Säure- und Magensaftmjmgen die Fermentwirkung 
des Speichels aufheben, und dass die bei Zusatz von mehr als 5 Grm. 
Magensaft und Säure gebildeten Zuckermengen vor der Bewirkung des 
Ferments durch die Säure, die beim Magensaft langsamer erfolgt, 
gebildet worden sind, stellten wir folgendes Experiment an: 

Wir bereiteten wieder in 8 Gefässen in jedem aus 1 Grm. Stärke zucker¬ 
freien Kleister. 

Nun mischten wir je 20 Grm. desselben gemischten Speichels, der zu obi¬ 
gen Versuchen diente, mit je 5, 10, 15, 20 Grm. der 0,2procentigen Salzsäure 
und je 5, 10, 20, 40 Grm. Magensaft. Die Gemische wurden umgeschüttelt 
und nun erst mit dem Stärkekleister gemischt. 

Die Gefasse kamen in den Verdauungsofen. Nach 12 Stunden fanden wir 
Folgendes: 


In Gefäss 1 (bei Zusatz von 5 Grm. Säure) 

0,228 Grm. Zucker 

. . 2 - 

- - 10 - 

0 

- - 3 - 

- - 15 - 

0 

- - 4 - 

- 20 - 

0 

- - 5 - 

5 - Magensaft) 

0,260 - 

- - 6 - 

- 10 - 

0 

- - 7 - 

- - 20 

0 

- - 8 - 

- - 40 - 

0 


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306 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER. 


Dieses Resultat beweist uns die Richtigkeit der obigen Schluss¬ 
folgerung, und dass bei Zusatz von nur 5 Grro. Säure und Magensaft 
das Speichelferraent wirksam bleibt; die Säuremenge darf also den 
Procentsatz von 0,02 nicht viel übersteigen. Wo dies geschieht, 
hört die Ferment Wirkung sofort auf. Selbst bei Zusatz von nur 5 Grra. 
scheint die gedachte Wirkung beeinträchtigt zu werden, wenn der 
Speichel erst mit der Säure gemischt wird, ehe er zur Stärke gelangt. 
Wenn dies nicht der Fall ist, findet die Wirkung in gleicher Kraft 
statt, wie wenn gar keine Säure vorhanden wäre. So ist es ja im 
thierischen Organismus: erst kommt der Speichel zur Stärke, dann 
kommt erst allmählich der zähe Magensaft hinzu, wie er secernirt 
wird. Erst allmählich hebt er die Ptyalinwirkung auf, wie unsere 
Versuche sehr schön lehren. 

Dieselbe Säureconcentration in einfachem Wasser hebt die Wir¬ 
kung viel schneller auf als im schleimigen, pepsinhaltigen Magensaft. 
Es muss also die Säure im Mageninhalt stets in einer gewissen Con- 
centration (von mindestens 0,03—0,04 pCt.) enthalten sein, ehe sic 
die Ptyalinwirkung aufheben kann. Bevor die Säureconcentration im 
Magen erreicht wird, kann schon eine bedeutende Stärkemengc ge¬ 
löst sein. 

Die Angaben R. van der Velden’s'), nach denen das diasta- 
tische Ferment des Speichels in Gegenwart freier Salzsäure unwirk¬ 
sam wird, und der darauf eine besondere Theorie der Magenverdauung 
gründet, die für uns an dieser Stelle ohne Bedeutung ist, werden 
durch unsere Experimente demnach nicht bestätigt. 

Wir haben nun noch den zweiten Theil der Frage 6 zu beant¬ 
worten: ob die durch Säurezusatz beeinträchtigte oder aufgehobene 
Ptyalinwirkung nach Neutralisation wieder zum Vorschein kommt, 
oder ob dies nicht der Fall, ob vielmehr das Ptyalin durch die Säure 
zerstört wird. 

Wir brachten zur Lösung dieser Frage in den Brutofen: 

a) 20 Grm. Magensaft -f- 20 Grra. gemischt. Speichel -f- 1 Grm. Kleister; 

b) 20 Grm. 0.2procentiger Salzsäure -f- 20 Grm. gemischten Speichel -f- 
1 Grm. Kleister. 

Nach 24 Stunden war noch keine Spur Zucker aufgetreten. 

Nunmehr neutralisirten wir die Mischungen mit Natriumcarbonat und brach¬ 
ten sie wieder in den Brütofen. Wir fanden im Gemisch a nach 12 Stunden 


*) R. van der Velden, Ueber die Wirksamkeit des Mundspeichels. Deut¬ 
sches Archiv f. klin. Medicin, XXV, S. 105. 


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Verdammgssafte und Verdauung des Pferdes. 


307 


Amylogen, nach 24 Stunden Erythrodextrin -j- Zucker; nach 36 Stunden war 
ersteres verschwunden, also nur noch Achroodextrin -f- Zucker vorhanden. 

In der Mischung b trat bald Amylogen auf, aber trotz tagelangem Dige- 
riren kein Zucker. 

Nun stellten wir noch einen zweiten Versuch an. Wir digerirten: 

a) 40 Ccm. wirksamen Paroti den speie hei (ca. in der 10. —15. Minute 
nach Beginn der Secretion gewonnen) mit 1 Grm. Kleister; 

b) 40 Ccm. desselben Speichels -f- 40 Ccm. 0,2procentiger Salzsäure -f- 
1 Grm. Kleister. 

Nach 40 Stunden fanden wir im Gemisch a 0,133 Grm. Zucker, im Ge¬ 
misch b keine Spur davon. 

Nunmehr wurde letztere Mischung neutralisirt und die Digestion fortgesetzt. 
Nach 40 Stunden fanden wir 0,07 Grm. Zucker vor. 

Es wird demnach durch die Säure und durch den Magensaft das 
Ptyalin nicht absolut zerstört, immerhin bleibt seine Wirkung auch 
nach der Neutralisation schwächer als ohne Säurezusatz. 

2. Wirkung des Speichels auf Rohrzucker. 

Da der Rohrzucker beim Kochen die Fehling’sche Lösung so gut 
wie Maltose und Traubenzucker reducirt, stellten wir zunächst folgen¬ 
den Versuch an: 

In das eine von drei Reagensgläsern, welche kalte Fehling’sche 
Lösung enthielten, brachten wir etwas braunen Candiszucker, in das 
zweite Honig, in das dritte Rohrzucker, und Hessen dieselben bei ge¬ 
wöhnlicher Zimmertemperatur stehen. Der Honig reducirte das Kupfer 
sofort, der Candiszucker nach 24 Stunden, der Rohrzucker noch nach 
3 Tagen keine Spur. 

Damit hatten wir dargethan, dass Rohrzucker selbst im Sommer 
die Fehling’sche Lösung nicht reducirt. 

Nun brachten wir solchen mit Speichel in den Brutofen und 
setzten von dieser Mischung von Stunde zu Stunde kleine Quantitäten 
kalter Fehling’schcr Lösung zu, die in einer Reihe von Reagensgläsern 
aufgestellt war. Erst bei der in der 16. Stunde der Digestion ent¬ 
nommenen Probe trat die Reduction der Lösung in der Kälte ein. 

Die Umwandlung des Rohrzuckers wird also durch den Speichel 
bewirkt, aber langsam. 

3. Wirkung des Speichels auf Eiweissstoffe. 

Die Untersuchungen wurden in der Weise angestellt, dass sowohl 
Fibrinflocken als auch Würfel geronnenon Hühnereiweisses mit Speichel 


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308 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


und Ojlprocentiger Salzsäure in den Brütofen eingestellt wurden. 
Nach Verlauf von 12—15 Stunden wurden die dem Brütofen wieder 
entnommenen Flüssigkeiten auf das Vorhandensein von Pepton geprüft. 
Zur Controle wurde natürlich der Speichel für sich einer gleichen 
Prüfung unterzogen. Ebenso wurden Fibrinflocken resp. Eiweiss mit 
Säure allein durch gleiche Zeiträume digerirt und auch diese Flüssig¬ 
keit auf Pepton untersucht. 

Es gelangten zuerst in den Brütofen: 

1 . 20Grm.Parotidenspeichel -J-20Grm. 0,lproc. HCl. -f- Fibrinflocken. 


2 . 20 - 

Submaxillarspeichel —|— 20 

• + 

3. 20 - 

- -j— 20 

- -|- Eiweisswürfel. 

4. 20 - 

Parotidenspeichel —j— 20 

- + 

5. 20 - 

0,lproc. HCl. -f- Eiweisswürfel. 


6 . 20 - 

- -f Fibrinflocken. 


7. 10 - 

Parotidenspeichel, 10 Grm. Submaxi 1 larspeichel, 20 Grro. 


0,lproc. HCl -f- Fibrinflocken. 

8 . Dieselbe Mischung -f- Eiweisswürfel. 

9. - - von gekochtem Speichel -f- Fibrin -f- HCl. 


Nach 15 Stunden wurde die Digestion unterbrochen und Proben 
aus jeder Mischung zuerst Kalilauge, bis sie alkalisch waren, und 
dann 1 Tropfen einer Kupfervitriollösung zugesetzt. 

Die Mischung 5 zeigte gar keine Reaction, 2, 3, 4, 9 dagegen 
schwache violettrothe Färbung; 1, 6, 7, 8 dasselbe, aber mit stärker 
rother Nuancirung. 

Da nun aber der Speichel allein, ohne Digestion mit Fibrin¬ 
flocken etc., auch bei Anwendung der Reagentien violettrothe Färbung 
zeigt, so konnte aus den vorstehenden Untersuchungen ein sicherer 
Schluss auf die Wirkung des Speichels auf Eiweissstoffe nicht gezogen 
werden. Aus der Thatsache, dass die Mischungen 1, 6, 7, 8 eine 
stärkere Rothfärbung gaben als die anderen, eine bestimmte Schluss¬ 
folgerung zu ziehen, erschien uns zu gewagt. 

Wir mussten demnach ein anderes Verfahren einschlagen, um 
das eventuelle Vorhandensein von Pepton constatiren zu können. 

Die von den Mischungen entnommenen Proben wurden zunächst 
soweit von Eiweiss befreit, dass durch Zusatz von Ferrocyankalium 
und Essigsäure keine Trübung oder Fällung in der Flüssigkeit ent¬ 
stand. Zu dieser relativ eiweissfreien Flüssigkeit wurde Kalilauge 
bis zur Alkalescenz und dann 1 Tropfen Kupfervifriollösung zugesetzt. 
In gleicherweise wurde der nicht digerirte Speichel behandelt; das Re¬ 
sultat war folgendes: Nur die Mischungen 1 und 7, bei denen also Paro- 


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Verdauungssäfte and Verdauung des Pferdes. 309 

tidenspeichel mit Säure allein oder -f- Submaxillarspeichel'auf Fibrin¬ 
flocken einwirkte, zeigten schwache Röthungen; der nicht digerirte 
Speichel und alle anderen Digestionsfiiissigkeiten gaben keine Reaction. 
Behandelten wir die eiweissfrei gemachten Proben mit Phosphor¬ 
wolframsaure + Salzsäure, so gaben 1 und 7 starke Fällung, der 
nicht digerirte Speichel und 2, 3, 4, 8, 9 nur schwache Trübung. 

Demnach enthielten nur die Mischungen 1 und 7 Pepton, d. h. 
der Parotidenspeichel des Pferdes besitzt ein peptonisirendes Fer¬ 
ment, welches aber nur in so geringer Menge vorhanden ist, dass es 
wohl auf das leicht verdauliche Fibrin, nicht aber auf Eiweisswürfel 
einzuwirken vermag. Durch die Kochhitze wird das Ferment zerstört, 
wie der unter No. 9 notirte Versuch lehrt. Die 0,1 procentige Salz¬ 
säure allein vermag in 15 Stunden keine peptonisirende Wirkung auf 
Fibrin auszuüben (cf. No. 6 der Versuche). 

Zur Prüfung der Wirkung des gemischten Speichels gelangen in den 
Brütofen: 

a) 20Grm. desselben mit 20Grm. 0,lproc. Salzsäure und 1 Grm. Eiweisswürfel. 

b) 20 - - - 20 - - - Fibrinflocken. 

c) 20 - - - 20 - 

Nach 24 Stunden waren in b Spuren Pepton nachweisbar. 

Nach 40 Stunden war dies deutlicher. Die anderen Mischungen gaben, 
nachdem sie von Eiweiss befreit waren, mit Kupfer und Kali keine Röthung, wie 
diese bei b hervortrat. Mit Phosphorwolframsäure gab die eiweissfrei gemachte 
Mischung b starke, a und c sehr schwache Fällung; mit kalter Salpetersäure gab 
erstere einen beim Kochen sich lösenden Niederschlag. 

Die peptonisirende Wirkung des gemischten Speichels ist 
demnach eine sehr schwache; immerhin enthält er Spuren eines pepto- 
nisirenden Ferments. 

4. Wirkung des Speichels auf Fette resp. Oele. 

Zur Beantwortung der Frage: ob der Speichel spaltend auf Fette 
einzuwirken vermag, brachten wir je 50 Grm. einer Speichelart (Paro- 
tiden-, Submaxillar- und gemischten Speichel) mit 20 Tropfen Oel 
in den Brütofen. Nach 5 Tagen waren die Mischungen noch alka¬ 
lisch; die Alkoholextracte Hessen keine Verseifung erkennen 1 ), d. h. 


*) Die Mischungen auf Wasserbad eingedampft, Rückstand mit Alkohol ex- 
trahirt; ein Theil des Alkoholextracts eingeengt, zeigte unveränderte Fetttropfen 
unter dem Mikroskop; der andere Theil schäumte nicht beim Schütteln, und mit 
alkoholischer Rosolsäurelösung versetzt, trat keine Farbenveriinderung ein. 


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310 


ELLENBERGER o. HOFMEISTER, 


der Speichel übt keine spaltende Wirkung auf die Fette aus. — Um 
den Speichel auf sein Vermögen, die Fette zu emuigiren, zu prüfen, 
schüttelten wir zunächst Parotidenspeichel mit alkalischem Olivenöl; 
es entstand eine milchige Flüssigkeit. Noch nach 24 Stunden war 
die milchige Trübung erhalten, indem sich allmählich eine Rahm¬ 
schicht abgeschieden hatte, die auf der milchigen Flüssigkeit schwamm. 
Ganz ebenso verhielt sich der gemischte Speichel. 

Auch der Subraaxillarspeichel bildete, mit Oel geschüttelt, zu¬ 
nächst eine milchige Flüssigkeit, die sich aber nach 12 Stunden wie¬ 
der geklärt hatte, indem das Fett zu einer Rahmschicht nach oben 
gestiegen war. 

Mit ranzigen Fetten bildete der gemischte Speichel bei der ge¬ 
ringsten Erschütterung sehr schöne Emulsionen. 

Brachte man einen Tropfen ranzigen Fettes auf eine Glasplatte 
und setzte dazu einen Tropfen Speichel, so trat allmählich etwas 
Emulgirung ein, die aber erst bei der Erschütterung vollkommen 
wurde. Jedenfalls erfolgte dieselbe mit Speichel besser als mit Schaf- 
und Schweinegalle, mit welchen beiden Secreten wir ebenfalls experi- 
mentirten. 


5. Wirkung des Speichels auf Cellulose. 

Ausführliches hierüber ist in dem Specialartikel »Ueber Cellu¬ 
loseverdauung“ l ) berichtet. Hier bleibt nur in der Kürze zu erwäh¬ 
nen, dass zweimal Untersuchungen daraufhin vorgenommen wurden, 
einmal mit gemischtem Speichel im Februar, das andere Mal mit 
gemischtem Speichel im Mai. Im Februar wurde ca. 1 Grra. aus Heu 
eigens dazu dargestellte Cellulose mit 40 Ccm. Speichel einer 5 tägi¬ 
gen Digestion im Brütofen ausgesetzt, im Mai nahezu gleiche Mengen 
derselben Cellulose in mehreren Portionen mit jedesmal 100 Ccm. 
Speichel. In beiden Fällen hatte sich die Cellulose intact gezeigt, 
genau wie bei Behandlung mit Wasser. 

Der gemischte Speichel des Pferdes löst demnach Cellulose nicht. 

*) Hofmeister, Ueber Cellulose Verdauung. Dieses Archiv, VII, 1881. 

(Fortsetzung folgt.) 


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Folgen der beiderseitigen Faoialisdurobsobneidung beim 

Pferde. 

Von 

Elleaberger. 


Claude Bernard äussert sich in seinen „Legons sur la Phy¬ 
siologie et la Pathologie du Systeme nerveux (T. II, L. III)“ bei Be¬ 
sprechung des Nervus facialis und der Folgen seiner beiderseitigen 
Durchschneidung beim Pferde wie folgt: 

„Sur un cheval morveux, maintenu couchö ä terre, on döcouvrit le facial et 
on dissöqua ses branches. En les pingant on les trouva toutes sensibles, mais 
assez faiblement. On coupa les trois branches du nert et les bouts centraux re- 
sterent sensibles, tandisque les bouts pöriphöriques se montrörent alors insen¬ 
sibles. On remarqua qu’aussitöt apres la section du nerf facial sur la joue la 
lövre correspondante införieure devint pendante, le naseau du meine cöte etait 
paralyse. Lors de l’inspiration il s’affaissait et s’aplatissait oomme une soupape 
(comme le fait, par exemple, le repli arytöno-epiglottique dans f Ödeme de la 
glotte) de sorte qu'a ce moment la narine se trouvait completement fermee. Dans 
l’expiration au contraire les bords de la narine s’ouvraient et s’ecartaient lege re - 
ment. C’est donc 14 tout-a-fait l’inverse de ce qu’on observe a l’ötat normal, dans 
lequel la narine s’ölargit au moment de l’inspiration.“ 

Das Pferd wurde gewendet und der Facialis auf der anderen Seite ebenfalls 
durchschnitten, die Unterlippe fiel ganz herab, an der Nase zeigten sich die glei¬ 
chen Erscheinungen wie auf der anderen Seite. Es entstand also „une vöritable 
asphyxie pour le cheval, qui ouvrant largement la bouohe suffoquait malgrd ses 
öfforts pour respirer“. Weil die Pferde bekanntlich nicht durch das Maul athmen 
können, so trat der Tod des Thieres durch Asphyxie ein. CI. Bernard fügt 
dem hinzu: „Cet accident est particulier au cheval et ne se montre pas chez le 
chien ou chez d’autres animaux qui peuvent respirer par la bouche.“ 

Diese Beobachtung von CI. Bernard ist die Veranlassung ge¬ 
wesen, dass in die meisten Hand- und Lehrbücher der Physiologie 


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312 


ELLENBERGER, 


die Lehre übergegangeil ist, dass die Pferde in Folge beiderseitiger 
Facialisdurchschneiduug den Erstickungstod sterben. 

Da, soweit mir bekannt, andere, den CI. Bernard’schen ähn¬ 
liche Beobachtungen nicht vorliegen, so stützt sich also die gedachte 
Lehre auf ein einziges Experiment, und es kann der Ein wand nicht 
von der Hand gewiesen werden, dass bei dem betreffenden von CI. 
Bernard operirten Pferde zufällige Verhältnisse das höchst über¬ 
raschende Resultat bedingt haben. 

Im verflossenen Wintersemester habe ich deshalb die doppelseitige 
Facialisdurchschneidung mehrfach bei Pferden vorgenommen, und zwar 
in Anbetracht dessen, dass alle anderen Folgen dieser Operation bei 
verschiedenen Thierarten hinreichend bekannt sind, nur und allein 
zum Zweck der Prüfung der Richtigkeit der Lehre, nach welcher die 
Pferde in Folge dieser Operation den Erstickungstod sterben. Diese 
Lehre ist von praktischer Bedeutung. Wenn sie richtig ist, müssen 
alle Pferde, welche an doppelseitiger Paralyse des Angesichtsnerven 
erkranken, sufifocatorisch zu Grunde gehen. Die von Praktikern be¬ 
richteten Fälle dieser Krankheit, bei denen der Tod nicht eintrat, 
müssten dann auf Täuschung beruhen, insofern es sich dabei nicht 
um totale Paralyse gehandelt haben konnte. 

Die Durchschneidung des Nerven nahm ich an der Stelle vor, 
wo derselbe auf dem oberen Unterkieferrande aus der Parotis hervor 
auf die äussere Fläche des Masseter tritt. Auch CI. Bernard hat 
in dieser Gegend operirt. 

Die Durchschneidung des Nerven da, wo er aus dem Foramen 
stylo-mastoideum heraustritt, hielt ich nicht für nothwendig. Diese 
Operation ist mit bedeutenden Schwierigkeiten verbunden, und u. U. 
sogar nachtheilig, indem sie locale Folgen (Parotitis, Vereiterungen, 
schmerzhafte Kieferbewegungen etc.) nach sich zieht, welche das Sym- 
ptomenbild der Facialisdurchschneidung stören und compliciren. 

Die Schwierigkeiten einer solchen Operation werden demjenigen 
einleuchtend sein, der nicht allein die einschlägigen anatomischen 
Verhältnisse kennt, sondern auch den Unterschied zu würdigen weiss, 
der zwischen den Vivisectionen an den grossen Hausthieren und den 
an kleinen Thieren (Hunden, Kaninchen etc.) ausgeübten besteht. 

Wenn jedoch die Ausführung der Operation nothwendig wäre, so wür¬ 
den sich die Schwierigkeiten überwinden lassen. Die anatomischen Verhält¬ 
nisse des Nerven demonstriren aber, dass diese Nothwendigkeit nicht 
vorliegt, sie zeigen vielmehr, dass die Vornahme der Durchschneidung 


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Beiderseitige JFacialisdurchschneidung. 


313 


des Facialis am Foramen stylo-mastoideum bei dem von mir ver¬ 
folgten Zweck überflüssig, and dass die Durchschneidung des Nerven 
an der bezeichnten Stelle gerechtfertigt ist. Vom Foramen stylo- 
mastoideum bis zu der von mir gewählten Operationsstelle gehen vom 
Facialis ab: die Chorda tympani, die Auriculares, der Stylohyoideus, 
der Subcutaneus colli, die Rami parotidei und der Zygomatico-tempo- 
ralis. Keiner dieser Nerven tritt an die Nasenmuskeln. Der einzige 
Nerv, der allenfalls sehr kleine, nicht makroskopisch sichtbare Zweige 
dahin resp. an den Levator labii superioris proprius geben könnte, 
wäre der Zygomatico-temporalis. Um mich zu vergewissern, dass 
dies nicht der Fall ist, habe ich bei einem Pferde nach der Facialis- 
durchschneidung auch noch den genannten Nerven gesondert durch¬ 
schnitten. Diese Durchschneidung war ohne jeden Einfluss auf das 
Verhalten von Nase und Lippen; damit war constatirt, dass der be¬ 
treffende Nervenast keine in Betracht kommenden Zweige an die 
Nasen- oder Lippenmuskeln sendet. Alle diese Thatsachen motiviren 
in Anbetracht des von mir verfolgten Zweckes die Wahl der genann¬ 
ten Operationsstelle. 

An dieser Stelle ist die Operation ohne jede Schwierigkeit aus¬ 
führbar. Der Nerv liegt direct unter der Haut, sodass er schon 
durch den Hautschnitt freigelegt wird. Der Hautschnitt, der in der 
Richtung des Nerven oder auch senkrecht dazu gemacht werden kann, 
muss verhältnissmässig lang sein, damit der Operateur in der Lage 
ist, sich zu überzeugen, wie der Nerv bei dem betr. Versuchspferde ver¬ 
läuft, wo und wie er sich theilt. In dieser Beziehung ist das Ver¬ 
halten des Nerven verschieden. Manchmal theilt er sich schon inner¬ 
halb der Parotis, in der Regel kurz nachdem er aus derselben her¬ 
vorgetreten, manchmal auch erst später; die Zahl der Aeste beträgt 
gewöhnlich zwei, in sehr seltenen Fällen auch drei. Der Operateur 
muss sich deshalb genau über den jeweiligen Verlauf orientiren, da¬ 
mit er auch den ganzen Nerven durchschneidet. Ich habe mich nun 
nicht darauf beschränkt, den Nerven resp. die Aeste einfach zu durch- 
schneiden, sondern ich habe stets ein Stück von dem Nerven resecirt, 
damit ein baldiges Verwachsen des peripheren mit dem centralen 
Stumpf verhütet werde. Von der Thatsache der stattgehabten 
totalen Durchschneidung des Nerven habe ich mich stets 
am todten Thiere durch Präpariren des NerVen überzeugt. 

Der durch den Hautschnitt freigelegte Nerv zeigte sich in der 
Regel sensibel, aber nur in geringem Grade, wie dies auch Bernard 

21 


Archir f. wUMDseh. u. prallt. Thlerheilk. VII. 4u.5. 


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314 


ELLENBERGER, 


angiebt. Wenn in einem Falle das Pferd (Pferd 1) beim Kneifen und 

Zerren des Nerven keine Schmerzäusserung zeigte, so war ich davon 

nicht überrascht, da ich diese Beobachtung bei alten abgemagerten, 
schwachen Pferden auch schon an rein sensiblen Nerven gemacht 
habe. Wenn man die Situation bedenkt, in welcher sich die zu ope- 
rirenden Pferde befinden, und wenn man in Betracht zieht, dass zu 
diesen Operationen des Geldpunktes wegen meist alte, apathische, 
magere Pferde genommen werden, so überrascht diese Thatsache nicht. 
Elektrische Reizungen des peripheren Stumpfes des durchschnittenen 
Nerven bedingten exact die bekannten, vielfach beschriebenen Con- 
tractionen der vom Facialis versorgten Muskeln. 

Die Operation führte ich an fünf Pferden aus, und gebe ich 

zuerst einige kurze Notizen über das Verhalten jedes derselben, um 

dann die Folgen der Operation genauer zu schildern, wie sie im All¬ 
gemeinen bei allen operirten Pferden auftraten. 

Das 1. der operirten Pferde wurde 3 Wochen lang nach der Operation 
beobachtet. Unmittelbar nach erfolgter Durchschneidung, beim Heften der Wunde 
und der dadurch veranlassten Aufregung des Thieres war die Respiration er¬ 
schwert und geschah mit hörbarem Geräusch beim Einathmen. Am Abend des 
1. Tages war das Athmen sehr angestrengt, mit röchelndem inspiratorischen Ge¬ 
räusch. Bald verschwanden diese Beschwerden. In den nächsten Tagen traten 
hin und wieder ähnliche aber geringere Respirationsbeschwerden auf. Am 10. 
Tage nach der Operation erkrankte das Pferd an einem Katarrh der oberen Luft¬ 
wege. Dies bedingte rasselndes und bedeutend erschwertes Athmen. Nachdem 
der Katarrh beseitigt war, wurde die Respiration ruhig, wie bei einem gesunden 
Pferde. Bei der Bewegung athmete das Pferd beschwert und mit Geräasch. Da 
das Thier aber zu einer scharfen Gangart nicht zu bewegen war, so traten auch 
keine suffocatorischen Erscheinungen auf. — Dieses Thier zeigte sich bei der 
Futteraufnahme ungemein ungeschickt. Am Tage der Operation und am Tage 
nachher frass das Pferd fast nichts, dann nahm es Heu auf; an die Haferauf¬ 
nahme gewöhnte es sich erst später. Zufolge der geringen Futteraufnahme ma¬ 
gerte das Pferd ab und wurde schwach und matt. 

Das 2. operirte Pferd zeigte unter Verengerung der Nüstern beim Einathmen 
und Erweiterung derselben beim Ausathmen ebenfalls geringe Athembeschwerden, 
sobald es aufgeregt war. Die Inspiration erfolgte dann mit Geräusch. Die Beob¬ 
achtungszeit betrug 8 Tage. Athemnoth trat während dieser Zeit nicht ein. Es 
verdient dies um so mehr hervorgehoben zu werden, als bei diesem Thiere noch 
die vorhin erwähnte Durchschneidung des N. zygomatico-temporalis einseitig vor¬ 
genommen wurde. Das Pferd benahm sich bei der Futteraufnahme geschickter 
als das erste. Es frass grössere Quantitäten Heu und nahm auch den Hafer ziem¬ 
lich gut auf. Bevor es getödtet wurde, musste es noch einen Weg von l / 2 Stunde 
im ruhigen Schritt zurücklegen, was es ohne Athemnoth vollbrachte. 

Beim Operiren des sehr unruhigen 3. Pferdes hatte ich das Missgeschick, 


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Beiderseitige Facialisdurchschneidung. 


315 


auf einer Seite die oberhalb des Nerven liegende A. transversa faciei anzuschnei¬ 
den und beim Unterbinden derselben den N. temporalis superficialis zu lädiren. 
— Bei diesem Thiere wurden so gut wie keine Athembeschwerden bemerkt. Bei 
der Futteraufnahme, welche das Thier geschickter als Pferd 1 vollzog, benutzte 
es die bei ihm sehr bewegliche Zunge. Bei einer Bewegung von 5 Minuten im 
langsamen Trab wurde das Athmen weithin hörbar, sehr erschwert, sodass das 
Thier schwankte. Nun blieb dasselbe zu seiner Erholung stehen und liess sich 
nicht zum längeren Traben bewegen. Am 6. Tage der Beobachtung wurde das 
Pferd krank; vor Allem traten Erscheinungen des gestörten Sensoriums auf, 
Apathie, Unaufmerksamkeit etc. Das Pferd stand gewöhnlich mit hochgehaltenem 
Kopfe in einer Ecke des Stalles; die Schleimhäute waren geröthet etc. Am 8. 
Tage nach dor Operation starb das Pferd. — Die Section ergab: Septichämie 
und eine Meningitis der Medulla oblongata und des Cerebellum. Die Wunde auf 
jener Seite, auf der die Blutung stattgehabt hatte, zeigte eine sehr üble Beschaf¬ 
fenheit, üblen Geruch, jauchigen Eiter etc. Der eingetretene Tod war keine 
Folge der durch den Facialis bewirkten Muskellähmung, stand also mit dieser 
Operation in keinem directen Zusammenhänge. Die Krankheit und so Todes¬ 
ursache lag wohl in der schlechten Pflege der Wunde durch den betreffenden 
Praktikanten. 

Bei dem 4. operirten Pferde traten nach der Operation die Erscheinungen 
der veränderten Athmung besonders schön hervor. Bei jeder Inspiration im auf¬ 
geregten Zustande trat bedeutende Verengerung der Nasenöffnungen ein und es 
entstand jederseits eine an den Rändern der Nasenbeine hinziehende Längsrinne 
durch Einziehen der weichen Nasendecken in die Höhle; beim Exspiriren wurden 
die Nasenlöcher bedeutend erweitert. Athemnoth wurde nicht beobachtet. Fut¬ 
teraufnahme geschah ungeschickt. Das Pferd wurde an demselben Tage zu ana¬ 
tomischen Zwecken getödtet. 

Das 5. operirte Pferd war ein verhältnissmässig junges Thier. Es zeigte 
unmittelbar nach der Operation, noch am Boden liegend, sehr bedeutende Athem¬ 
beschwerden. Die Nasenlöcher wurden, wie bei Pferd 4, beim Inspiriren sehr 
bedeutend verengt und die Inspiration geschah mit schlotterndem Geräusch. 
Beim Exspiriren erweiterten sich die Nasenlöcher jedesmal. Dieses und Pferd 4 
prusteten nach der Operation verschiedene Male kräftig, wie wenn sie ein Hin¬ 
derniss aus der Nase entfernen wollten. Sobald das Pferd entfesselt und aufge¬ 
standen war, beruhigte es sich und das Athmen erfolgte ohne jede Beschwerde, 
ohne jede Anstrengung. Die Sensibilität des Nerven war bedeutend, das Pferd 
zeigte bedeutenden Schmerz beim Durchschneiden. Zum Fressen stellte sich 
dieses Thier verhältnissmässig geschickt an. Bei einer 3 Minuten währenden, 
am Tage nach der Operation veranlassten Trabbewegung wurde die Respiration 
sehr beschwert, das Athmen geschah mit weithin hörbarem Geräusch beim Inspi¬ 
riren, das Pferd prustete mehrmals stark. Nach dem Stillestehen beruhigte sich 
das Pferd bald. Es wurde zu den Operationsübungen verwendet und zu anato¬ 
mischen Zwecken getödtet. Bemerkenswerth ist noch, dass bei diesem Pferd von 
Zeit zu Zeit Zuckungen an der Oberlippe beobachtet wurden, während derartige 
Erscheinungen bei Pferd 1 und 2 an den Wangenmuskeln, namentlich an den 
Lippenwinkeln auftraten. 

21 * 


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316 


ELLENBERGER, 


Fassen wir das bei den fünf Pferden Beobachtete und das allen 
operirten Gemeinsame zu einem Gesammtbilde zusammen, so ist in 
Bezug auf die Folgen der Facialisdurchschneidung bei Pferden im 
Allgemeinen Folgendes zu sagen: 

Die nach der einseitigen und doppelseitigen Dnrchschneidung des 
Nerven auftretenden Erscheinungen unterschieden sich in den sämmt- 
lichen beobachteten Fällen von den von CI. Bernard beobachteten 
und beschriebenen Symptomen dadurch, dass die Störungen der Re¬ 
spiration geringere waren, als sie CI. Bernard beschreibt; in keinem 
Falle trat bei der Inspiration ein vollständiger Verschluss einer oder 
beider Nasenöffnungen ein. 

Nach der Durchschneidung waren die Nasenlöcher enger als 
normal, sie bildeten von oben und hinten nach unten und vorn ge¬ 
richtete, längliche Spalten, die aber beim normalen ruhigen Athmen 
weit genug für den inspiratorischen Lufteintritt waren. Beim Inspi- 
riren konnten die Nasenöffnungen selbstverständlich nicht erweitert 
werden, sie wurden hierbei im Gegentheil etwas verengt; namentlich 
trat dies bei aufgeregtem, beschleunigtem Athmen hervor, der äussere 
Luftdruck presste die nachgiebigen Wände der Nasenhöhlen in dieselben 
hinein, sodass nicht allein Abplattung der Nase entstand, sondern 
vollständige Rinnen und Vertiefungen da, wo die Nasenwände aus 
nachgiebigen Weichtheilen bestehen. Daher kam es, dass die aufge¬ 
regten, beschleunigt athmenden Thiere verschiedengradige Athem- 
beschwerden zeigten und dass durch Reibung der eindringenden Luft 
an den niedergedrückten Theilen der Nasenwände Geräusche entstan¬ 
den, die deutlich hörbar waren. 

In keinem Falle beobachteten wir einen vollständigen Verschluss 
der Nasenöffnungen und Erstickungsgefahr. Beim Exspiriren wurden 
die Nasenlöcher durch den austretenden Luftstrom erweitert; der Grad 
der Erweiterung richtete sich nach dem sonstigen Benehmen des 
Thieres, ob es ruhig oder aufgeregt war u. s. w. 

Wie die Nasenmuskeln waren auch die Lippenmuskeln total ge¬ 
lähmt, die Unterlippe hing schlaff nach unten herab, die Pferde waren 
nicht im Stande, dieselbe an die Schneidezähne heranzuziehen; die 
Oberlippe lag schlaff auf dem Zwischenkiefer, sodass ihr unterer Rand 
den freien Rand der Schneidezähne überragte. Diese Verhältnisse 
bedingten natürlich Forraveränderungen der Mundspalte und der Lip¬ 
penwinkel. 

Die Sensibilität der gelähmten Theile war vollständig erhalten. 


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Beiderseitige Facialisdurchschneidung. 


317 


Bei Application von Nadelstichen in die Lippen zeigten die Thiere 
Schmerzäusserungen durch heftige Bewegungen des Kopfes etc., ohne 
dabei aber die schlaff, wie todte fremde Körper am Kopf hängenden 
und baumelnden Lippen selbst bewegen zu können. 

Bei mit den Pferden vorgenommenen Bewegungen trat Schwer- 
athmigkeit auf, starke Verengerung der Nasenlöcher beim Inspiriren, 
bedeutende Erweiterung beim Ausathmen. Die Inspiration wurde 
hörbar. Die Thiere blieben bald wegen Athemnoth stehen und waren 
bis zu ihrer Erholung nicht zum weiteren Laufen zu bewegen. 

Einige Tage nach der Operation stellten sich bei einigen Pferden 
Zuckungen der Muskeln, namentlich der Wangen- und Lippenmus¬ 
keln ein. 

Die Beobachtung der Pferde beim Fressen ergab Folgendes: Die 
Futteraufnahme war in hohem Grade gestört. Bekanntlich erfassen 
die Pferde die Nahrung mit den Lippen. Beide Lippen aber waren 
total gelähmt. In Folge dessen mussten die Thiere versuchen, in 
anderer Art das Futter in die Maulhöhle zu bringen. Das Futter 
musste mit den Schneidezähnen oder der Zunge ergriffen werden. Die 
Zunge des Pferdes ist aber zum Erfassen des Futters sehr schlecht 
geeignet, nur ein Pferd sah ich die Zunge ziemlich geschickt gebrau¬ 
chen. Die anderen Operirten bissen mit den Zähnen in das Futter 
(Hafer, Heu etc.) hinein und erfassten so eine kleine Quantität des¬ 
selben, die nunmehr in der Maulhöhle von der Zunge erfasst wurde. 
Die Aufnahme des Heues war leichter als die des Hafers. Hafer 
und Kurzfutter konnte nur dann aufgenommen werden, wenn sich das¬ 
selbe in hoher Schicht über einander befand, sodass die Pferde den 
Kopf theilweise hineinstecken und mit den Kiefern die Aufnahme be¬ 
wirken konnten. 

Die Aufnahme des Getränks erfolgte in der Weise, dass die 
Pferde den Kopf tief in die Flüssigkeit einsenkten. 

Es hat die Aufnahme der Nahrung und des Getränks der ope¬ 
rirten Pferde viel Aehnlichkeit mit den entsprechenden Verrichtungen 
der Schweine. Uebrigens zeigten die Operirten einen sehr verschie¬ 
denen Grad der Geschicklichkeit bei der Futteraufnahme. 

Das Zerkleinern des mühsam aufgenommenen Futters war eben¬ 
falls mit Schwierigkeiten verknüpft, weil dasselbe nicht in regel¬ 
rechter Art und Weise zwischen den Backzähnen gehalten, resp. wenn 
es in das Vestibulum oris gefallen, wegen der Lähmung der Wangen¬ 
muskeln nicht wieder zwischen dieselben geschoben werden konnte. 


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318 


ELLENBERGER, 


Ausserdem fielen auch stets gewisse Quantitäten des aufgenommenen 
Futters bei den Kauversuchen wieder aus der Maulhöhle heraus, weil 
der normal durch die Lippen bewirkte untere Verschluss derselben 
nicht mehr bestand. In Anbetracht dieser Schwierigkeiten verschlan¬ 
gen die operirten Pferde das Futter vielfach unzerkaut, wie die Un¬ 
tersuchung des Mageninhalts ergab. Der Magen der operirten Thiere 
enthielt, wie die Section zeigte, die Haferkömer meist unzerkleinert. 

Dies sind die wesentlichsten Folgen der doppelseitigen Facialis- 
durchschneidung, also auch die Erscheinungen der beiderseitigen Fa- 
cialislähmung. Aus der Schilderung derselben ergiebt sich, dass die 
Lehre, dass die Pferde nach doppelseitiger Facialisläh- 
mung sterben, unbegründet ist. Nach meinen Beobachtungen 
ist die Athmung der Pferde bei diesem Zustande zwar gestört, aber 
niemals so bedeutend, dass Erstickungszufälle auftreten. 

Ich will zugeben, dass bei sehr sensibeln, sehr aufgeregten und 
jungen Thieren unmittelbar nach der Operation, während die Thiere 
noch am Boden liegen, also ohnedies in der freien Athmung be¬ 
schränkt sind, beim heftigen Sträuben Erstickungsgefahr eintreten 
kann. Diese vorübergehende Athemnoth muss sich dann aber sofort 
beseitigen lassen, indem man für einen Moment die Nasenlöcher me¬ 
chanisch erweitert. Sobald die Thiere aufstehen und sich beruhigen, 
sind die Athembeschwerden sicherlich verschwunden. Ich habe aber 
auch bei den am Boden liegenden Thieren wohl bedeutende Athem¬ 
beschwerden, aber keine wirkliche Erstickungsgefahr beobachtet. 

Betonen muss ich, dass die Athmung in Anbetracht des Um¬ 
standes, dass die Thiere unvermögend sind, die Nasenlöcher zur Auf¬ 
nahme grösserer Luftmengen zu erweitern, so bedeutend gestört ist, 
dass die Thiere unfähig zu Anstrengungen, zum Ziehen schwerer 
Lasten, zum Laufen u. s. w. sind. Werden die Thiere hierzu ge¬ 
zwungen, so müssen suffocatorische Erscheinungen auftreten. Einer¬ 
seits können die Thiere durch die engen Nasenspalten nicht die ge¬ 
nügende Menge Athmungsluft aufnehmen, andererseits werden aber 
diese Spalten beim angestrengten Athmen durch den heftigeren inspi¬ 
ratorischen Luftstrom noch bedeutend verengt, die Nasenhöhlenwände 
werden in die Nasenhöhlen hineingezogen, hineingepresst, und es ist 
gar nicht zu bezweifeln, dass es hierbei zum vollständigen Verschluss, 
zum Zusammenpressen der Nasenlöcher und zu Erstickungserschei¬ 
nungen kommen kann. Im Zustande der Ruhe treten diese 


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Beiderseitige Facialisdurchschneidung. 


319 


Symptome aber nicht auf. Ich habe dieselben auch bei der Be¬ 
wegung nicht beobachtet, weil die Thiere, sobald die Athembeschwer¬ 
den bedeutend wurden, stehen blieben, um sich zu erholen. 

Bei dem Experiment CI. Bernard’s müssen besondere Verhält¬ 
nisse Vorgelegen haben, welche das merkwürdige Resultat bedingten. 
Vielleicht war es ein sehr junges, reizbares Thier, dessen Nasenknorpel 
zur Stütze der Nasenlöcher noch nicht die nöthige Festigkeit erlangt 
hatten und das bei der Operation sehr unruhig und aufgeregt war; 
vielleicht lagen auch pathologische Verhältnisse an der Nase vor, die 
das Resultat bedingten. Diese letztere Verrauthung gewinnt an Wahr¬ 
scheinlichkeit durch die von CI. Bernard selbst angegebene That- 
sache, dass das operirte Pferd rotzig war. 

Ausser den Störungen der Respiration, welche nach meinen Un¬ 
tersuchungen nicht den Tod bedingen, weder acut, noch durch chro¬ 
nische C0 2 -Intoxication, kommen zur Beurtheilung der etwa tödtlichen 
Folgen der beiderseitigen Facialisdurchschneidung wesentlich die Stö¬ 
rungen in Betracht, welche sich auf die Futteraufnahme und das 
Kauen des Futters beziehen. Diese Störungen bedingen naturgemäss 
eine unvollkommene Ernährung der betreffenden Thiere. Die Pferde 
magern ab, und es können unter Umständen Inanitionserscheinungen 
eintreten. Diese treten aber bestimmt erst lange Zeit nach der Ope¬ 
ration auf. Das von mir 3 Wochen nach der Operation beobach¬ 
tete Pferd war, als es operirt wurde, sehr mager und seine Ver¬ 
dauung keine besonders gute; ausserdem erkrankte es während der 
Beobachtungszeit noch an einem Katarrh und trotzdem traten die 
Symptome des Verhungerns noch nicht ein. Das Pferd war allerdings 
3 Wochen nach der Operation sehr matt und noch magerer geworden 
als es vorher schon war. 

Nach meiner Ansicht ist in der Praxis bei den etwa zur Be¬ 
handlung gelangenden doppelseitigen Facialislähm ungen der Eintritt 
des Hungertodes nicht zu befürchten, sobald die Thiere ihrem Zu¬ 
stande gemäss behandelt werden. Hierzu gehört, dass man ihnen 
nährendes Getränk verabreicht, dass ihnen das Heu in der Krippe 
und nicht in der Raufe vorgelegt wird, weil das Herunterholen des 
Heues aus der Raufe für die Thiere mit Schwierigkeiten verknüpft 
ist. Wegen des gestörten Kauens kann man solchen Thieren auch 
Brod, gequollenen Hafer u. dgl. verabreichen. Vor allen Dingen aber 
dürfen die Körner, der Hafer, den Thieren nicht so vorgelegt werden, 


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320 


ELLENBERGER. 


wie es gewöhnlich geschieht, d. h. in flachen Krippen, in dünner 
Schicht. Der Hafer muss sich in einem hohen Gefass in solcher 
Menge befinden, dass die Pferde den Kopf bis an die Eck- oder Back¬ 
zähne hineinstecken und so hineinbeissen können. 

Beobachtet man diese Vorsichtsmassregeln, dann ist der Eintritt 
des Hungertodes ebensowenig zu befürchten, wie der des Erstickungs¬ 
todes, und es kann die Heilung der Facialislähmung, die oft plötzlich 
eintritt, abgewartet werden. 


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XIV. 


Die Wundinfeotionskranklieiteii, deren Verhütung und 

Behandlung. 

Von 

Prof. E. Semmer. 


Bei den verschiedenen Verwundungen und Operationen sind die 
accessorischen Wundkrankheiten von jeher besonders gefürchtet ge¬ 
wesen und haben den Chirurgen in früherer Zeit viel zu schaffen 
gemacht. Seit der Einführung der antiseptischen Wundbehandlung 
hat die Zahl der accessorischen Wunderkrankungen und der dadurch 
bedingten Todesfälle nach Verwundungen bedeutend abgenommen. 
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Gruppe der Wundinfections- 
krankheiten und sehen wir dann, womit dieselben erfolgreich be¬ 
kämpft werden können. 

Zur Gruppe der accessorischen Wundkrankheiten gehören: die 
Wunddiphtherie, das Wunderysipel, die Lymphangitis, Lymphadenitis, 
Phlebitis, Metastasen, Phlegmone, Wundgangrän, putride Intoxication, 
Septicämie und Pyämie. 

Bei der Wunddiphtherie werden die Basis und die Ränder 
der Wunde mit Zellen, Kernen, Mikrococcen, Eiweiss und Fibrin in- 
filtrirt und die infiltrirten Partien nachher in Form von Schorfen 
und Platten äbgestossen. Die Wunddiphtherie ist zuerst ein local 
degenerativer, necrobiotischer Process, der durch ein Miasma verur¬ 
sacht wird, das in der Wunde contagiöse Eigenschaften erlangt, eine 
Blutinfection und Fieber verursacht und von Patienten zu Patienten 
übertragbar wird. Als Ursachen der Diphtherie werden niedere Orga¬ 
nismen (Mikrococcus diphtheriticus) angenommen. Durch Arbeiten von 
Buhl, Nasiloff, Trendelenburg, Oertel, Hüter, Tommasi, 
Recklinghausen, Letzerich, Eberth, Heiberg, Waldeyer, 


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322 


SEMMER, 


Birch-Hirsch feld, Klotsch, Hallier, Klebs, Marcuse, Ra- 
jewski u. A. sind in den diphtheritischen Infiltraten und deren Um¬ 
gebung eine grosse Menge von Mikrococcen, und bei starkem Allge¬ 
meinleiden solche auch im Blute nachgewiesen worden (Oertel, 
Eberth, Nasiloff). Bei Impfungen mit diphtheritischem Exsudat 
vermehren sich die niederen Organismen an der Impfstelle und dringen 
in die umgebenden Gewebe ein. Erfolgreiche Uebertragungen mit der 
Diphtherie haben Trendelenburg, Oertel, Hüter, Tommasi, 
Nasiloff, Eberth, Marcuse, Rajewski und Klebs erzielt. 

Klebs züchtete den Diphtheriepilz in Hausenblasengallerte und 
erzielte mit den gezüchteten Mikrococcen bei Tauben und Hunden 
Diphtherie. Dagegen fallen Impfungen mit Diphtheriemassen negativ 
aus, wenn man die darin enthaltenen niederen Organismen vorher 
zerstört oder ausspült. Ebensowenig kann Diphtherie durch Croup¬ 
membranen oder einfache faulige Stoffe erzeugt werden. 

Das Wunderysipel besteht in einer von der Wunde ausgehen¬ 
den Entzündung der Haut und des subcutanen Bindegewebes der Um¬ 
gebung, welche eine grosse Neigung zur Ausbreitung in der Fläche 
zeigt und mit verhältnissmässig schwerem Allgeraeinleiden, nament¬ 
lich mit hochgradigem Fieber verbunden ist, das durch Aufnahme des 
Erysipelgiftes von der Wundfläche aus sich entwickelt. 

Das Erysipel zeichnet sich aus durch Hyperämie und Exsudation 
von Serum und farblosen Blutkörperchen, wodurch ein kleinzelliges 
Exsudat der Cutis und des subcutanen Bindegewebes zu Stande kommt. 
Die Erscheinungen beim Erysipel gleichen denen, wie sie bei schwachen 
Verbrennungen und bei Anwendung der hautröthenden Mittel entstehen. 
Selten kommt es zur Bildung seröser Blasen auf der Haut und zur 
Anhäufung kleiner Abscesse im subcutanen Bindegewebe. 

Schon im vorigen Jahrhundert wurde von Gregory, Hunter, 
Vulpian u. A. beim Erysipel ein giftig wirkender Stoff angenommen, 
durch welchen nicht allein die Hautentzündung, sondern auch das 
Allgemeinleiden verursacht würde. Für ein solches Gift spricht auch 
die Betheiligung des lymphatischen Apparats, die Affection innerer 
Organe, das zuweilen enzootische Auftreten und die Contagiosität des 
Erysipels. Die Betheiligung des lymphatischen Systems an der ery- 
sipelatösen Entzündung hat einige Autoren dazu verleitet, das Ery¬ 
sipel als Lymphangitis capillaris zu bezeichnen. In der That sind 
beim Erysipel die Lymphgefässe, Lymphdrüsen und viele innere Or¬ 
gane, namentlich die Leber, Nieren, Milz, das Herz und die Gefässe 


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Wundinfectionskrankheiten. 


323 


mit afficirt und stets ist hochgradiges Fieber vorhanden. Zuweilen 
beobachtet man ein enzootisches Auftreten des Erysipels in einzelnen 
Kliniken und Ställen, namentlich in schlecht gelüfteten Räumen bei 
Anhäufung vieler Patienten mit Verwundungen und Eiterungen; in 
solchen Fällen nehmen sämmtliche Verletzungen einen erysipelatösen 
Charakter an. 

Das Erysipel entwickelt sich aus Miasmeu und producirt ein 
Contaginm, das durch niedere Organismen aus der Gruppe der Schizo- 
myceten repräsentirt wird. Orth constatirte zuerst in den Entzün- 
dungsproducten und im Blut Erysipelatöser zahlreiche Mikrococcen 
und wies durch eine Reihe von Impfungen die Uebertragbarkeit und 
Contagiosität des Erysipels nach. Auch künstlich in Pasteur’scher 
Nährflüssigkeit gezüchtete Bacterien des Erysipels erwiesen sich als 
infectiös. Erfolgreiche Impfungen an Thieren sind ferner von Pon- 
fick, Lnkomski, Bellier, Koch, Gutmann, Krajewski und mir 
vorgenommen worden. Lukomski, Koch und Gutmann gelang es, 
Erysipel durch Impfungen mit Blut aus den ersten Stadien der Fäul- 
niss zu erzeugen und die Contagiosität dieses künstlich erzeugten 
Erysipels durch weitere Uebertragungen auf gesunde Thiere nachzu¬ 
weisen. 

Von Koch, Gutmann, Krajewski und mir wurden sehr fein¬ 
körnige Mikrococcen und zarte Stäbchen im erysipelatösen Exsudat 
der Versuchsthiere gefunden. Ebenso fanden Wilde, Hallier, Sa¬ 
lisbury u. A. zahlreiche Mikrococcen beim Erysipel. Demnach muss 
das Erysipel als eine durch specifische Schizomyceten veranlasste 
Krankheit betrachtet werden. 

Das Erysipel kann sich compliciren mit Lymphangitis, Lymph¬ 
adenitis, Phlebitis, purulentem Oedem, Phlegmone und Gangrän, ist 
aber nicht, wie einzelne Autoren behaupten, mit den letzteren Krank¬ 
heiten identisch oder eine Vorstufe derselben. 

Wenn infectiöse Stoffe, Rotzgift, Leichengift, Fäulniss- und Ent- 
zündungsproducte und Ansteckungsstoffe in die Lymphgefässe und 
Lymphdrüsen gelangen, so kommt es häufig zu Entzündung der 
Gefässe und Drüsen. Die Lymphgefässe treten in solchen Fällen als netz¬ 
förmige, mehr oder weniger deutlich sichtbare Stränge unter der Haut 
hervor, die Lymphdrüsen schwellen an und werden schmerzhaft; es 
kommt oft zur Eiterbildung in der Umgebung der Lymphgefässe, zu 
Vereiterungen, Abscessbildungen und Entartungen in den Lymphdrüsen. 

Die Entzündung in den Wunden kann ferner übergreifen auf die 


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324 


SEMMER, 


Wandungen der benachbarten Venen; es kommt zur Phlebitis und 
Bildung von Thromben, die nachher zerfallen und zu Metastasen 
Anlass geben können. Die Metastasen zeigen je nach der Beschaf¬ 
fenheit der Zerfallsproducte der Thromben einen verschiedenen Cha¬ 
rakter. Die Emboli sind entweder indifferent und verursachen blos 
vorübergehende Gefässverstopfungen und Infarcte, oder sie besitzen 
reizende Eigenschaften und erregen Entzündung in der Umgebung, 
die zu Eiterung und Bildung metastatischer Abscesse führen kann, 
oder sie haben einen jauchigen Charakter und erregen secundäre Ver- 
jauchungsprocesse, oder sie sind mit septischem oder pyämischem 
Contagium imprägnirt und bilden dann Coraplicationen der Septicämie 
oder Pyämie. 

Die Phlegmone ist eine Entzündung der Haut und des sub- 
cutanen Bindegewebes mit fibrinös-zeilig-eitriger oder serös-purulenter 
Infiltration, Neigung zum Schmelzen und zum Zerfall der Gewebe mit 
Bildung von Eiterherden und Gängen und Neigung zur Infection der 
Nachbarschaft. Die Phlegmonen entstehen beim Eindringen stark 
reizender Substanzen in das subcutane Bindegewebe und bei Aufnahme 
von Entzündungs- und Zerfallsproducten von Wundflächen aus. 

Künstlich lassen sich Phlegmonen erzeugen durch subcutane 
Application von Producten der Entzündung und des Zerfalls, die reich 
an niederen Organismen sind, und auf diese Weise lässt sich eine 
phlegmonöse Entzündung von Thier auf Thier übertragen. 

Die Erscheinungen der Phlegmone sind Röthung, Schwellung, 
Induration, später werden die entzündeten Partien mehr weich, teigig, 
fluctuirend; die Haut wird an einzelnen Stellen livid, necrotisch, der 
Eiter bricht durch und es entstehen sinuöse Geschwüre, Senkungs- 
abscesse, Fistelgänge, Vereiterungen benachbarter Gewebe, Durch¬ 
brüche in Höhlen, Entzündungen und Vereiterungen der Lymphdrüsen; 
auch Affectionen innerer Organe können hinzutreten und schliesslich 
kann die Phlegmone durch Pyämie einen tödtliehen Ausgang nehmen. 

Eine jede Wunde kann unter Umständen einen brandig-jauchigen 
Charakter annehraen, namentlich wenn die Verwundung mit Quet¬ 
schungen und Zertrümmerungen von Geweben verbunden war und 
weder gehörig rein gehalten, noch antiseptisch behandelt wurde. 

Bei Vernachlässigung in der Behandlung und bei äusseren Insulten 
können ausserdem alle bisher genannten accessorischen Wundkrank¬ 
heiten sich mit Gangrän und Verjauchungen compliciren. Die 
einmal gebildete Brandjauche wirkt, falls keine demarkirende Granu- 


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Wundinfdctionskrankheiten. 


325 


lationsschicht vorhanden, inficirend auf die umgebenden Gewebe, und 
diese werden mit in den Brand hineingezogen. So kann der Brand 
oft schnell um sich greifen und grössere Körpertheile,* ganze Glied¬ 
massen etc. progressiv brandig zerstören (gangrene foudroyante). Die 
brandigen Theile werden missfarbig, schmutzig braun, graubraun, bläu¬ 
lich, grünlich oder schwärzlich, oft emphysematisch aufgetrieben und 
verbreiten durch Entwickelung von Fäulnissgasen und Fettsäuren einen 
üblen Geruch. Die Brandjauche ist stets reich an Fäulnissorganismen, 
Mikrococcen und Bacterien und besitzt infectiöse Eigenschaften, sodass 
oft alle Verwundungen in einer Klinik einen brandigen Charakter an¬ 
nehmen (Hospitalbrand). 

Der Brand kann lebensgefährlich werden durch Zerstörung lebens¬ 
wichtiger Organe, durch Vergiftung des Blutes mit Producten der 
Fäulniss (putride Intoxication), und in jedem Brandherde kann sich 
unter Umständen das septische Gift entwickeln und die Patienten 
durch Septicämie tödten. 

Früher wurden unter dem Namen Ichorämie, Septicämie und 
Pyämie Zustände zusammengefasst, die jetzt vollständig von einander 
zu trennen sind. Nach dem jetzigen Standpunkt der Frage haben 
wir zu unterscheiden: ein einfaches Wundfieber, die putride 
Intoxication, die Septicämie und die Pyämie, die wesentlich 
vollkommen verschiedene Processe darstellen. 

Das einfache Wundfieber wird von den Chirurgen ebenfalls zu 
den septischen Krankheiten gezählt. Es entsteht durch Aufnahme 
von Producten des Zerfalls von der Wundfläche aus, ist aber bei ganz 
frischen, gut heilenden Wunden nicht mit der wirklichen Septicämie 
identisch. 

Schon im grauen Alterthum war es eine häufig beobachtete 
Thatsache, dass bei fauligen Zersetzungen des Wundsecrets, bei Ver¬ 
jauchungen und Brand einzelner Körpertheile sehr schwere Allgemein¬ 
leiden, Fieber, Durchfälle, Erbrechen und schliesslich der Tod er¬ 
folgten. 

Dass diese üblen Zufälle durch Aufnahme von Producten der 
Fäulniss und des Zerfalls ins Blut bedingt werden, ist durch Arbeiten 
von Gaspard, Magendie, Stich, Virchow, Panum, Billroth, 
Weber, Schweninger, Hemmer, Bergmann, Ravitsch, Hüter, 
Klebs, Schüller u. A. constatirt. Diese Autoren injicirten faulige 
Stoffe, sowohl vegetabilische als auch animalische, wie Pflanzenin fuse, 
Muskelinfuse, Macerationswasser, fauliges Eiweiss, fauliges Blut ins 


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326 SEMMER, 

Blut lebender Thiere und erzeugten dadurch Fieber, Erbrechen, Durch¬ 
fälle und den Tod derselben. 

Anfangs schrieb man diese Erscheinungen den Zersetzungspro- 
ducten, dem Leucin, den Fettsäuren, dem Schwefelwasserstoff, Schwe¬ 
felammonium, dem kohlensauren Ammoniak etc. zu, überzeugte sich 
jedoch bald, dass diese Stoffe anders wirken als faulige Substanzen 
in toto. 

Nachdem Pasteur nachgewiesen hatte, dass die Fäulniss durch 
niedere Organismen erregt wird, wandte man diesen Organismen die 
Aufmerksamkeit zu, kam aber zu dem Resultat, dass auch filtrirte 
faulige Flüssigkeiten oder solche, in denen die Mikrococcen und Bac- 
terien durch Kochen und Desinfectionsmittel zerstört waren, gleich 
giftig wirkten. Die Wirksamkeit solcher Flüssigkeiten ist aber ab¬ 
hängig von der beigebrachten Menge und derselben proportional. Es 
handelt sich also hier um eine wirkliche Vergiftung, eine In- 
toxication mit den Producten der Fäulniss. 

Bergmann u. Schmiedeberg stellten aus faulender Hefe einen 
Giftstoff, das Sepsin dar; ebenso Zülzer, Sonnenschein u. A. 
Ferner wurde von Bergmann und Gutmann constatirt, dass in 
sonst unschädlichen Lösungen von weinsaurem Ammoniak und phos¬ 
phorsaurem Kali cultivirte Fäulnissbacterien, in die Blutbahnen inji- 
cirt, den Tod unter denselben Erscheinungen herbeifuhren, wie fau¬ 
lende Substanzen. Den Fäulnissbacterien als solchen kommt also die 
gleiche Wirkung zu, wie den fauligen Substanzen. Folglich muss 
angenommen werden, dass die Fäulnissbacterien giftige Stoffe bilden, 
die auch von ihren Producenten, den Bacterien, getrennt den Tod 
verursachen können. 

Durch Aufnahme von fauligen Substanzen und Fäulnissbacterien 
ins Blut entstehen somit putride Intoxicationen, die da abhängig 
sind von der Menge der aufgenommenen schädlichen Agentien und 
die vollständig von der eigentlichen Septicämie und ebenso von der 
Pyämie zu trennen sind, welche letzteren sich ganz anders verhalten; 
denn sowohl die Septicämie als auch die Pyämie gehören zu den 
contagiösen Krankheiten und sind verimpfbar. Die Wirkung des sep¬ 
tischen und pyämischen Contagiums ist durchaus nicht abhängig von 
der beigebrachten Menge desselben. 

Die Septicämie. Die Fäulnissbacterien gehören zu den Anae¬ 
roben, entwickeln sich mit Vorliebe in sauerstoffarmen Medien und 
werden durch Sauerstoff im circulirenden Blut zerstört; ihre Wirkung 


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Wundinfectionskrankheiten. 


327 


ist abhängig von der eingeführten Menge. Unter Umständen gehen 
aber Veränderungen mit denselben vor. Die Fäulnissbacterien ver¬ 
halten sich schon in den verschiedenen Stadien der Fäulniss ver¬ 
schieden. In den ersten Stadien der Fäulniss erregen dieselben Ent¬ 
zündungen und Erysipele, wirken also phlogogen; in weiteren Stadien 
verursachen sie Verjauchungen, Gangrän; in gewissen Stadien wirken 
sie septisch, septogen, später nur Eiterung erregend, pyogen, und ganz 
zuletzt, in den Endstadien der Fäulniss, werden sie unwirksam. Sa¬ 
muel theilt die Wirkung der Fäulnissbacterien je nach den Stadien 
in eine phlogogene, septogene und pyogene ein. Unter besonderen 
Umständen entwickeln sich aus sich zersetzenden Substanzen Miasmen, 
wie das Miasma des Milzbrandes, des Wechselfiebers, des Typhus, 
der Cholera. Dass aus den Miasmen im lebenden circulirenden Blute 
Contagien hervorgehen können, sehen wir beim Milzbrand. 

Ebenso verhält es sich aber mit der Septicämie. Aus den Fäul- 
nissstoffen oder vielmehr den Fäulnissbacterien entwickelt sich im 
lebenden Thierkörper ein Contagium, das, in den kleinsten Mengen 
verimpft, den Tod in kurzer Zeit unter vollständiger Blutzersetzung 
verursacht, ohne dass an der Impfungsstelle irgend welche bedeutende 
Localerscheinungen aufzutreten brauchen. Am intensivsten tritt diese 
Wirkung bei kleinen Thieren, besonders bei Kaninchen, Meerschwein¬ 
chen und Vögeln hervor. 

Versuche über die contagiöse Septicämie wurden zuerst 1869 von 
mir und A. Unterberger in Dorpat angestellt. Es wurde einem 
Füllen das von Bergmann u. Schmiedeberg dargestellte Sepsin 
beigebracht, und nachdem das Thier verendet, von ihm ein anderes 
Fullen und ein Schaf mit einem Tropfen Blut geimpft. Beide ver¬ 
endeten in 24 Stunden septisch. Von diesen Thieren wurde ein Tropfen 
Blut auf eine Taube verimpft; dieselbe ging in 16 Stunden ein, und 
eine andere, mit dem Blute der ersteren geimpfte Taube starb in 
10 Stundon. Die Intensität der Wirkung des septischen Blutes nimmt 
also bei Impfungen von Generation zu Generation zu. Dieses Factum 
wurde durch Davaine’s Arbeiten bestätigt, der bis zur 25. Gene¬ 
ration an Kaninchen fortimpfte und constatirte, dass zuletzt schon 
ein Billionstel und ein Trillionstel eines Tropfens septischen Blutes 
genügte, um durch Verimpfen ein Kaninchen zu tödten. Aehnliche 
Versuche mit den gleichen Resultaten wurden angestellt von Coze, 
Felz, Vulpian, Hayem, Klein, BourdonSanderson, Clementi, 
Thin, Dreyer, Gutmann, Krajewski u. A. Andere Autoren, wie 


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328 


SfiMMER, 


Bouley, Behier, Colin, Chassaignac, die an grossen Thieren ope- 
rirten, erhielten nicht die gleichen Resultate, und es ist in der That 
schwer, die contagiöse Septicämie bei grösseren Thieren künstlich zu 
erzeugen. Es entstehen viel leichter Erysipele, Phlegmonen, Gangrän 
und putride Intoxicationen als wirkliche Septicämie. 

Putride Blutzersetzungen entstehen in Folge von Gangrän und 
Verjauchungen bei Suffocationen, Genuss fauliger Substanzen, Coliken, 
putriden Nabelentzündungen, putriden Metriten, Bluttransfusionen etc. 
Alle die genannten Zustände können aber auch zu Ursachen der 
Septicämie werden, sobald die Fäulnissbacterien sich im lebenden 
Thierkörper in septische umbilden. Nach Colin kann Septicämie 
erzeugt werden: 1) durch Blut, das bei höheren Temperaturen an der 
Luft sich schnell zersetzt; 2) durch Pfortaderblut von Herbivoren- 
cadavern in Zersetzung; 3) durch zersetzte Transsudate aus der Bauch¬ 
höhle; 4) durch Blut von Milzbrandcadavern in Zersetzung; 5) durch 
Brandjauche und jauchiges Fistelsecret lebender Thiere; 6) durch 
frische animalische Substanzen, die man lebenden Thieren unter die 
Haut bringt. 

Davaine empfiehlt Blut, das bei 37—40° C. schnell in Fäul- 
niss übergeht, Sigual das Blut Erschlagener und mit CO Vergifteter. 

Von mir wurde die contagiöse Septicämie hervorgebracht durch 
Blut eines mit Bergmann’schem Sepsin getödteten Füllens (durch 
alle Thiergattungen verimpfbar) und bei Kaninchen durch subcutane 
Application ganz frischen Blutes. Gut mann erhielt contagiöse Sep¬ 
ticämie bei Kaninchen durch Impfung mit Blut von einem an Tetanus 
und einem an Lungengangrän eingegangenen Pferde; Krajewski 
durch Impfung mit dem Leberblut eines an Staupe verendeten Hundes. 

Die septischen Bacterien zerstören die rothen Blutkörperchen, 
stören den Gesammtstoffwechsel, verursachen Verfettungen der drüsigen 
Organe und Muskeln und tödten durch Asphyxie. Nach dem Tode 
bei beginnender Fäulniss gehen die septischen Bacterien unter, gleich 
den Milzbrand bacterien und anderen Contagien. 

Zwischen den putriden Blutzersetzungen und der contagiösen 
Septicämie giebt es eine Menge Uebergangsstufen, die in ihrer Wir¬ 
kung ähnlich sind. Die Formen der Bacterien sind hierbei nicht 
typisch, sondern ihre differenten chemischen Eigenschaften; man findet 
Kugel-, Ketten-, Stab- und Fadenformen. Die Widersprüche in der 
Anschauung der verschiedenen Autoren in der Frage über die Be¬ 
deutung der Bacterien lösen sich bei genauer Betrachtung von selber, 


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Wundin fectionskrankheiten. 


329 


wenn man berücksichtigt, dass die Bacterien schädliche Stoffe produ- 
ciren, die gleich deletär wirken, wie die Bacterien selbst, und die 
durch Kochen, Alkohol und andere Desinfectionsmittel nicht mehr 
zerstörbar sind, aber in gerader Linie von den Bacterien her¬ 
stammen. 

Frisches septisches und putrides Blut kann aber durch Desin¬ 
fectionsmittel unwirksam gemacht werden, ist wenigstens nicht ver- 
impf bar, und seine Wirksamkeit dann allein abhängig von der Menge 
der schon producirten schädlichen Stoffe. Die antiseptische Wund¬ 
behandlung beweist den Nutzen der Zerstörung der Bacterien auf 
Wundflächen. 

Der Umstand, dass die septischen Bacterien bald nach dem Tode 
aus den Leichen verschwinden, hat ebenfalls zu Irrthümern Anlass 
gegeben. Zuweilen findet man statt der Bacterien nur Dauersporen, 
oft auch werden die septischen Bacterien in den Leichen durch die 
bald auftretenden Fäulnissbacterien verdrängt und ist solches Blut 
dann unwirksam. 

Nach Impfungen mit septischem Blute findet man nicht gleich 
darauf Bacterien im Blute der Geimpften, die Bacterien treten erst 
in den Endstadien der Krankheit massenhaft auf und verleihen dem 
Blute die infectiösen Eigenschaften. 

Das septische Contagium wird nicht durch die unverletzte Haut 
und gesunde Schleimhäute, ebenso auch nicht durch die Lungen und 
gut granulirende Wunden aufgenommen. Am intensivsten wirkt es 
von frischen Wunden und vom subcutanen Bindegewebe aus. Wenn 
sich septisches Contagium zu Phlegmonen, eitrigem Zerfall von 
Thromben und zu metastatischen Processen hinzugesellt, so entwickelt 
sich eine Mischkrankheit, die man als Septicopyämie bezeichnet. 

Die Pyämie ist aber eine Krankheit für sich und wesentlich 
verschieden von der Septicämie. Die Pyämie entsteht nach den älteren 
Anschauungen durch einen jeden Eintritt von Eiter ins Blut von Ge¬ 
schwüren und Eiterherden aus, Verschleppung des Eiters und Ablage¬ 
rung desselben in den kleineren Blutgefässen und Capillaren mit 
Bildung metastatischer Herde. Spätere Experimentatoren haben diese 
Anschauung als nicht stichhaltig erwiesen; denn Injectionen grosser 
Mengen frischen guten Eiters ins Blut werden ohne schädliche Folgen 
ertragen; ebenso kann der Eiter bei Phlegmonen und eitrigen Infil¬ 
trationen ohne Nachtheil wieder resorbirt werden, weil die Eiterkör¬ 
perchen als solche nicht so sehr von den farblosen Blutkörperchen 

Archiv f. wlaaenach. o. prakt. Thierhallk. VII. 4 u 5. 22 


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330 


SEMMEtt, 


differiren und die Blutcapillaren leicht passiren können. Frischer 
Eiter wirkt allenfalls fiebererregend, zur Pyämie gehört aber ein ganz 
besonderer specifischer Eiter. 

Schon N. Massa lehrte, dass der Eiter wandere, und nach 
Boerhave (1711) dringt der Eiter durch corrodirte Blutgefässe ins 
Blut. Morgagni sprach die Ansicht aus, dass der ins Blut gedrun¬ 
gene Eiter in engen Wegen stecken bleibe und neuen Eiter erzeuge. 
Hunter leitet die Pyämie von Venenentzündung und Aufnahme der 
Entzündungsproducte ins Blut her. 

Cruveilhier legte besonderes Gewicht auf die Coagulation des 
Blutes und wurde somit Begründer der von Virchow ausgeführten 
embolischen Theorie. 

Andral leitete die Pyämie von Aufnahme zersetzten Eiters ab 
und Sedillot machte die Wirkung von dem Grade der Putriditat 
abhängig, bezeichnete die Pyämie als purulente Infection (1849) und 
trennte die Pyämie von der Septicopyämie oder putriden Infection. 
Auch Rokitansky leitet die Pyämie von zersetztem Eiter ab. 

Virchow legt das Hauptgewicht auf die embolischen Processe. 
Viele Autoren haben aber nachgewiesen, dass der Eiter als solcher 
weder Pyämie noch metastatische Processe erzeugt. Gaspard (1808), 
Weber, Billroth (1863), Frese (1866) und Kettler (1867) haben 
ferner constatirt, dass fauliger, zersetzter Eiter nicht als Eiter schäd¬ 
lich wirkt, sondern durch die darin enthaltenen Zersetzungsproducte. 

Schon Arndt nahm (1830) bei der Pyämie einen Infectionsstoff 
an, der ähnlich wie das Leichengift wirke, und Roser bezeichnete 
die Pyämie als Zymose. 

Durch Arbeiten von Guerin, Chassaignac, Litzmann, Sem- 
melweiss, Simpson, Stromeyer, Birch-Hirschfeld u. A. ist 
es ohne Zweifel nachgewiesen, dass die Pyämie durch ein Miasma 
hervorgerufen wird und entschieden contagiöse Eigenschaften erlangt. 
Zur Pyämie gehört ein ganz specifischer, an niederen Organismen aus 
der Gruppe der Mikrococcen reicher Eiter. Diese Mikrococcen be¬ 
sitzen ganz besondere chemische und toxische Eigenschaften, sie dringen 
in die Eiterkörperchen, durchsetzen das Eiterserum, gelangen von den 
Wundflächen aus in die Lymph- und Blutgefässe oder in etwa vor¬ 
handene Thromben, mit deren Zerfallsproducten sie fortgeschwemmt 
werden und in letzterem Falle Anlass zu metastatischen entzündlichen 
Processen geben. Sie gehören den Aeroben an, bilden ein wirkliches 
Contagium und wirken fieber-, entzündungs- und eitererregend. 


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W undinfectionskrankheiten. 


331 


Nach Birch-Hirschfeld sind die Eiterkörperchen in gutem, 
frischen Eiter gleichmässig gross, kugelig, scharf contourirt, ohne 
sichtbaren Kern; das Serum ist klar, enthält allenfalls etwas Detritus¬ 
massen und einzelne Fäulnissorganismen. In pyämischem Eiter sind 
die Eiterkörperchen verschieden gross, weniger scharf contourirt, 
stachelig, uneben, grob granulirt, dunkler, mit deutlichem Kern und 
enthalten zahlreiche Mikrococcen; das Eiterserum ist gefüllt mitMikro- 
coccen und Kettenbacterien, und solche finden sich bei der Pyämie 
auch im Blute. Aehnliche Befunde wurden von Rindfleisch, Reck¬ 
linghausen, Sanderson, Vogt, Waldeyer, Israel und mir bei 
der Pyämie constatirt. 

Birch-Hirschfeld wies ferner nach, dass subcutane Injectionen 
eines Tropfens gutartigen Eiters weder locale noch Allgemeinerschei¬ 
nungen hervorriefen, während Injectionen gleicher Mengen pyämischen 
Eiters Fieber und den Tod in 7—24 Tagen zur Folge hatten. An der 
Injectionsstelle entstand ausgedehnte Vereiterung; im Eiter, Blut, in 
den Nieren, • der Leber und Milz fanden sich zahlreiche Mikrococcen. 
Injectionen putrider Wundsecrete dagegen hatten Gangrän oder putride 
Vergiftung zur Folge. 

Zu ähnlichen Resultaten kamen Schüller, Hüter, Reckling¬ 
hausen, Klebs, Vogt u. A. 

Daraus geht hervor, dass die Pyämie sowohl von der putriden 
Intoxication als auch von der Septicämie streng geschieden werden 
muss; mit der Septicämie hat sie nur die Contagiosität gemein. So¬ 
wohl das Krankheitsbild als auch der pathologisch-anatomische Befund 
verhält sich bei der Pyämie ganz anders als bei der Septicämie. Es 
fehlen bei der Pyämie die missfarbige Beschaffenheit des Blutes, die 
Ecchymosen und Imbibitionen, die bräunlichen Transsudate in den 
serösen Höhlen, der eigenthümlich stechend faulige Geruch und die 
schnelle Fäulniss der Cadaver, der Zerfall der rothen Blutkörperchen 
und die Stab- und Fadenbacterien, welche bei der Septicämie grösserer 
Thiere stets angetroffen werden. 

Nach den von mir gemachten Erfahrungen verläuft die Pyämie 
bei den Thieren mit und ohne Metastasen. 

Wenn die Mikrococcen in eitrig zerfallende* Thromben eindringen 
und Partikel solcher Thromben mit dem Blutstrora verschleppt und 
anderweitig eingekeilt werden, so erregen die mitgeführten Mikro¬ 
coccen Entzündung und Eiterung in der Umgebung des Embolus. Es 
bilden sich metastatische Abscesse aus, besonders in den Lungen, 

22 * 


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332 


SEMMER, 


Nieren, der Leber. Fehlt dagegen eitriger Zerfall gebildeter Thromben, 
so kann die Pyämie auch ohne Metastasen verlaufen; man findet 
dann nur zahlreiche Mikrococcen und Zusammenballungen mikrococcen- 
haltiger, farbloser Blutkörperchen im Blute. 

Besonders häufig gehen die phlegmonös-eitrigen Entzündungen 
mit diffuser, eitriger Infiltration und Bacterienverbreitung durch die 
Bindegewebsinterstitien in Pyämie aus; aber auch Phlebiten und alle 
bedeutenderen Geschwürsbildungen und Eiterungen können in Pyämie 
übergehen. 

Die Symptome der Pyämie sind: Schüttelfröste, Fieber, beschleu¬ 
nigter Puls, beschleunigte Respiration, Schweiss, Durst, Appetitlosig¬ 
keit, belegte Zunge, Gelbfärbung der Schleimhäute, Mattigkeit, Nie¬ 
dergeschlagenheit, Sopor, Dispnoe. Der Eiter an den Wunden wird 
dünn, missfarbig, die Wunden werden schmerzhaft, die Umgebung 
derselben ödematös. 

Der Verlauf der Pyämie ist ein subacuter und acuter, selten 
chronischer; der gewöhnliche Ausgang der Tod. 

Therapie. 

Da sämmtliche Wundinfectionskrankheiten durch niedere Orga¬ 
nismen aus der Gruppe der Schizomyceten verursacht werden, so ist 
es Aufgabe der Wundbehandlung, solche Organismen von den Wunden 
fern zu halten, und wo sie sich schon festgesetzt, durch geeignete 
Mittel zu zerstören. 

Das Fernhalten der niederen Organismen kann auf verschiedenem 
Wege erzielt werden. Oft genügt eine gehörige Ventilation der Kran¬ 
kenräume, da ganz reine, trockene Luft besonders günstig für die 
Wundheilung ist. Durch Bildung trockener Schorfe auf der Wunde 
können ebenfalls die darunter gelegenen Theile vor Infection mit nie¬ 
deren Organismen geschützt werden. Dasselbe wird erzielt durch 
fleissige Reinigung, Abwaschen mit reinem Wasser und durch bestän¬ 
dige Irrigation. Eine profuse Eiterung mit beständigem Abfluss des 
Eiters ist ebenfalls geeignet, ein Eindringen der Mikroorganismen in 
die tieferen Gewebsschichten zu verhüten, und endlich werden die 
Infectionen vermieden durch Anwendung antiseptischer Waschungen, 
Bäder und Verbandmittel. 

Dumpfe, feuchte, unreine, stagnirende Luft, Anhäufungen von 
Wundsecreten auf den Wundflächen, mangelhafte Reinigung, schlechtes 


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Wundinfectionskrankheiten. 


333 


Anlegen und zu seltenes Wechseln der Verbände sind am meisten 
geeignet zum Eindringen der verschiedenen niederen Organismen aus 
der unreinen Luft und zur Vermehrung und Entwickelung solcher auf 
den Wundflächen. 

Wo bereits Patienten mit accessorischen Wundkrankheiten vor¬ 
handen sind, da verbreiten sich solche oft über ein ganzes Spital, 
und so entstehen periodenweise Massenerkrankungen an Wunddiph¬ 
therie, Wundervsipel, Gangrän, Phlegmone, Pyämie und Septicämie. 

Die antiseptischen Mittel haben besonders den Zweck, die Ent¬ 
wickelung und Verbreitung dieser Wundkrankheiten zu verhüten. 
Selbstverständlich wirken nicht alle sogenannten Antiseptica, deren 
Zahl eine sehr grosse ist, gleich intensiv gegen alle genannten Wund¬ 
krankheiten, da jeder derselben specifisch verschiedene niedere Orga¬ 
nismen zu Grunde liegen, welche gegen die verschiedenen Mittel 
keineswegs in gleicher Weise reagiren. Schon die Bacterien der ge¬ 
wöhnlichen Fäulniss verhalten sich gegen die Antiseptica sehr ver¬ 
schieden darnach, in welchem Nährboden sie sich entwickelt haben 
und aus welchen Quellen sie stammen. 

Das Verhalten der gewöhnlichen Bacterien gegen Antiseptica ist 
besonders studirt worden von Dungall, Billroth, Buchholz, 
Haberkorn, Kühn, Jalan de la Croix u. A. Es wurden von 
denselben eine grosse Menge der gebräuchlichsten Antiseptica in ihrer 
Wirkung auf Bacterien geprüft. Sie fanden das Verhalten der Bac¬ 
terien verschieden nach dem Nährboden, in welchem dieselben ge¬ 
züchtet wurden, und zwar verschieden darnach, ob die Züchtungen in 
Lösungen von Zucker, weinsaurem Ammoniak und phosphorsaurem 
Kalk in Wasser, oder ob dieselben in Pflanzeninfusen, Harn, Eiweiss, 
Fleischwasser vorgenommen und ob diese Flüssigkeiten vorher ge¬ 
kocht oder ungekocht benutzt wurden. Ferner war das Verhalten 
der Bacterien darnach verschieden, ob ihre Keime aus schon angc- 
stellten Culturen oder aus der Luft stammten. 

Die Fäulnissbacterien verhalten sich ausserdem je nach den ver¬ 
schiedenen Stadien der Fäulniss verschieden. 

Eine Prüfung der Antiseptica in ihrer Wirkung auf specifische 
niedere Organismen und Contagien ist bisher nur von wenigen Autoren 
ausgeführt worden. Die hauptsächlichsten Arbeiten, die sich hierauf 
beziehen, sind folgende: 

Davaine fand, dass das Milzbrandcontagium zerstört wird 
durch längeres Erwärmen auf mehr als 50° C.; durch Lösungen von 


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334 


SEMMER, 


Chromsäure 1:5000—6000, Salzsäure 1:3000, Kali hypermangani- 
cum 1: 1000—1250, Schwefelsäure 1 : 5000, Jodlösung 1 :12000, 
Chlornätrium 1 : 600, Aetzkali 1 : 375, Ammoniak 1 : 100, kiesel¬ 
saures Natron, Weinessig und Carbolsäure 1 : 100—150. 

Declat fand die Carbolsäure (lprocentige Lösungen) gegen den 
Milzbrand wirksam; Cesard die Jodtinctur 1:500—4000. 

Feser konnte das Milzbrandcontagium durch Zusatz von 0,1 bis 
0,5 Grm. Saljcylsäure auf 1 Grm. wirksamer Milzbrandsubstanz zer¬ 
stören. 

Bert vernichtete die Virulenz des Milzbrandblutes durch com- 
primirten Sauerstoff und absoluten Alkohol. 

Orth zerstörte die Virulenz des erysipelatösen Exsudats 
durch 2procentige Carboisäurelösungen. 

Nach Nedswetzky wird die Bewegungs- und Fortpflanzungs¬ 
fähigkeit der Cholerabacterien vernichtet von Salzsäure 1 : 1820, 
Salpetersäure 1: 240, Schwefelsäure 1 : 240, Tannin 1:48, Chlor¬ 
wasser 1 : 24 und Eisenvitriol 1:4. 

Nach Braidwood u. Vacher heben eine Reihe von Metallsal¬ 
zen, Mineral- und Pflanzensäuren die Wirksamkeit der Kuhpocken¬ 
lymphe auf, namentlich schwefelige Säure, Chlor, Kupferalaun, 
Eisenalaun, Ozon, die Terebene, Kali hypermanganicum, Carbolsäure 
(öprocentige), Carboiglycerin, salzsaures Chinin. 

Nach Davaine wird die Wirksamkeit septischen Blutes zer¬ 
stört durch Phenylsäure in lprocentiger Lösung, kieselsaures Natron 
(lproc.), Aetzkali und Schwefelsäure in 15proc. Lösung, Chromsäure 
1 : 3000, Kali hypermang. 1 : 3000, Jod 1 : 10000. 

Onimus vernichtete die Wirksamkeit septischen Blutes durch 
Carbolsäure, Alkohol, Jodtinctur, Salpetersäure, Schwefelsäure und 
Sublimat. 

Nach Dreyer wird die Wirkung des septischen Blutes aufge¬ 
hoben durch Carbolsäure (2—3proc. Lösung), Kali hypermanganicum 
1 : 3000 und Chlorwasser. 

Gutmann zerstörte die Wirksamkeit septischen Blutes durch 
absoluten Alkohol, 4proc. Carboisäurelösungen und durch Kochen. 

Nach Krajewski wird das septische Contagium unwirksam ge¬ 
macht durch Jod 1:5760, Sublimat 1:400, Salicylsäure 1:300, 
Kupfervitriol 1 : 160, Schwefelsäure 1 : 160, Carbolsäure 1 :160, 
Höllenstein 1:160, Aetzkali 1:160, Aetznatron 1 : 160, Salzsäure 
1:80. carbolsaures Natron, Thymol 1:40, Chlorkalk, Plumb. acet., 


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Wundinfectionskrankheiten. 


335 


Ferr. sulphuricum, Salpetersäure, benzoesaures Natron 1:20, Al¬ 
kohol 1:1. 

Die Fortpflanzungsfähigkeit der in Kaninchenbouillon bei 35 bis 
40° C. gezüchteten Bacterien der Kaninchensepticämie wird nach 
Krajewski vernichtet durch lOproc. Lösungen von Carbolsäure, 
Schwefelsäure, Salzsäure, Kupfervitriol, Höllenstein, Aetzkali, 4proc. 
Sublimatlösungen und absoluten Alkohol. 

Das verimpfbare Exsudat bei erysipelatösen Entzündungen 
wird nach Krajewski unwirksam gemacht durch lOproc. Lösungen 
von Carbolsäure, Aetzkali, Aetznatron, Höllenstein und Kupfervitriol 
und durch 2proc. Sublimatlösungen. 

Da sich bei unseren grösseren Hausthieren luftdicht schliessendo 
antiseptische Verbände schwer anbringen lassen und die ßacterien- 
entwickelung unter schlechten, unreinen Verbänden erst recht vor sich 
geht, so empfiehlt Pütz mit Recht bei den Hausthieren vorzugsweise 
die offene Wundbehandlung und nur da antiseptische Verbände, wo 
sich solche gut anbringen lassen, wie an den unteren Extremitäten¬ 
enden. 

Aber auch bei der offenen Wundbehandlung leisten antiseptische 
Waschungen, Irrigationen und Bäder vortreffliche Dienste. 

Pütz empfiehlt als Antiseptica für die Thierheilkunde die Car¬ 
bolsäure, die Salicylsäure, die Borsäure, die Benzoesäure, Zinkchlorid 
und die essigsaure Thonerde; als Aetzmittel die Salzsäure, Zinkchlorid 
und Antimonchlorid. 

Zur Verhütung der Wundinfectionskrankheiten dürften alle oben 
angeführten Mittel, die sich zur Zerstörung des Contagiums der Sep- 
ticämie und des Erysipels bewährt haben, in den angegebenen Lö¬ 
sungen zu Waschungen, Bädern, Umschlägen, Verbänden und Injectio- 
nen zu empfehlen sein. 


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XV. 


Ueber einen Fall von Knoohenrotz. 

Von 

Kreisthierarzt L Grebe in Altena. 


Die Krankheit, welche wir mit dem Namen Knochenrotz bezeich¬ 
nen, kommt nicht häufig vor. In der Literatur finden sich bis jetzt 
nur zwei Fälle verzeichnet, bei welchen der Rotzprocess seinen Sitz 
im Knochengewebe hatte. Unter solchen Umständen dürfte die Patho- 
graphie eines von mir beobachteten Falles von Knochenrotz nicht 
ohne Interesse sein. 

In Folge amtlicher Aufforderung untersuchte ich am 5. Januar 
1880 in dem Orte Kierspe, Kreis Altena, ein Pferd wegen Rotzver¬ 
dacht. Drei Geschwülste, die sich an verschiedenen Stellen des Kör¬ 
pers gebildet hatten, und auffallendes Zurückgehen im Ernährungs¬ 
zustände bei reichlichem Futter und gutem Appetit, waren die Ursache 
des Verdachts. 

Status praesens. Das qu. Pferd ist ein kaum raittelmässig 
genährter, etwa 18 Jahre alter Wallach hiesigen Landschlages. Auf 
beiden Seiten der Wirbelsäule, ungefähr zwei Finger breit von den 
Dornfortsätzen entfernt, befindet sich in der Gegend der letzten Rippen 
ein handgrosser Tumor von unregelmässig höckeriger Form. Jeder 
derselben erhebt sich mit vielfach eingezogenem, etwa 2 Ctm. hohem 
Rande von der Umgebung und erreicht auf seiner erhabensten Stelle 
eine Höhe von 4 Ctm. Die Oberflächen derselben sind nur spärlich 
mit gesträubten, glanzlosen Haaren besetzt und enthalten zahlreiche, 
kleine, trichterförmige Vertiefungen. Die Haut sitzt fest auf. Die 
Tumoren nehmen keinen Fingereindruck an, sind hart, schmerzlos und 
{scheinen von normaler Temperatur. 


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Knochen roiz. 


337 


Die untere Fläche der Brust ist merklich geschwollen. Die 
Geschwulst erstreckt sich vom Schaufelknorpel des Brustbeins bis 
zwischen die Vorderschenkel. Ihre deutlich sichtbaren Seitenränder 
erreichen die Gegend der äusseren Brustvenen. Das Betasten der¬ 
selben verursacht dem Thiere keinen Schmerz. Die Anschwellung 
fühlt sich teigig an, ist nicht vermehrt warm und hat eine glatte 
Oberfläche. Die Haut über derselben lässt sich nicht aufheben. 

Die Axillardrüsen sind beiderseits als umfangreiche, harte Packete 
deutlich fühlbar; die zufdhrenden Lymphgefässe der Schultern und 
äusseren Brustwände treten strangartig hervor; die Lymphdrüsen ira 
Kehlgange sind wahrnehmbar gelockert. Andere auf die. Rotzkrank¬ 
heit hindeutende Erscheinungen sind nicht vorhanden. 

Die genaue Anamnese ergiebt, dass die Geschwülste auf dem 
Rücken durch Confluenz mehrerer erbsen- bis haselnussgrosser Knoten, 
die aufbrachen und eine gelbbraune, klebrige Flüssigkeit absonderten, 
in dem Zeitraum von 4—5 Monaten nach und nach entstanden sind. 
Die Geschwulst an der Unterbrust wird seit 10 Tagen bemerkt, und 
zwar sofort in der jetzt noch bestehenden Grösse. Die Möglichkeit, 
dass die Geschwülste in Folge Einwirkung äusserer Schädlichkeiten, 
namentlich diejenigen auf dem Rücken durch Druck des Sattels, 
entstanden sein könnten, wird von dem Eigenthümer des Pferdes, 
der, beiläufig bemerkt, auf einem isolirten Gehöft Schmiederei und 
^ Landwirtschaft betreibt, nicht zugegeben. Auch versichert derselbe, 
dass fragliches Thier, welches er seit 15 Jahren besitzt, während der 
beiden letzten Jahre mit einem anderen Pferde nicht in Berührung 
gekommen sei. 

♦ Das in Rede stehende Pferd wurde, von mir als rotzig erkannt, 
sofort getödtet. Die Diagnose stützte sich auf die geschilderte Be¬ 
schaffenheit der Achseldrüsen und den Umstand, dass sich für die 
in letzter Zeit allmählich eingetretene Magerkeit eine andere Ursache 
nicht auffinden liess. 

Anatomischer Befund. Einschnitte in die Geschwulst an der 
Unterbrust ergeben, dass das subcutane Bindegewebe daselbst sulzig 
infiltrirt und mit erbsengrossen, weissen Knoten, die mit einer eiter- 
ähnlichen Masse gefüllt sind, dicht durchsetzt ist. Die indurirten 
Achseldrüsen haben jede den Umfang und die Form eines sehr grossen 
Apfels. Im Innern derselben liegen viele stecknadelkopfgrosse, mit 
käsiger Masse erfüllte Herde. Die nächste Umgebung der Drüsen ist 
verhärtet und hat eine gelblich-weisse Farbe, Die Wände der zu- 


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338 


GREBE, 


führenden Lymphgefässe sind verdickt. Die Lungenpleura hat durch¬ 
weg eine graugelbe Farbe, ist getrübt und stellenweise verdickt. 
Unter derselben sitzen gelblich-weisse, harte Knoten von Erbsen- bis 
zu Bohnengrösse in unschätzbarer Anzahl. Sämmtliche Lymphdrüsen 
des Körpers sind mehr oder weniger markig geschwollen, von gelb¬ 
licher Farbe. 

Die Tumoren auf dem Rücken bestehen, wie Incisionen lehren, 
aus einem mattgelben, festen, scheinbar nerven- und gefasslosen Ge¬ 
webe. Dasselbe wird von mehreren intensiv gelben, schmalen Strängen, 
die augenscheinlich die Residuen obliterirter Gefasse sind, durchzogen 
und enthält einzelne, sehr kleine, jedoch deutlich erkennbare, derbe 
Knötchen von weisslicher Farbe. 

Jedes dieser Gebilde ist an der Peripherie deutlich begrenzt und 
hat den Umfang zweier Mannsfauste. Sie erstrecken sich von der 
äusseren Haut, mit der sie adhärent sind, bis zu den Rippen, werden 
nach der Tiefe hin immer fester und trockener und stehen mit den 
convexen Flächen des 18. Rippenpaares in festem Zusammenhänge. 

Nach Abtrennung der Neubildungen von den Rippen zeigen sich 
letztere, soweit sie mit jenen verwachsen waren, in ihrem ganzen 
Umfange erheblich verdickt. Diese Rippenanschwellungen haben eine 
vorherrschend elliptische Form. Jede hat eine Länge von 14 Ctra. 
Die linke misst an ihrer umfangreichsten Stelle 16, die rechte 13 Ctm. 

Mit der Säge angelegte Querschnitte demonstrirei^ dass die Ver¬ 
dickungen der Rippen durch dem Knochengewebe angehörige Neu¬ 
bildungen entstanden sind. Die am meisten in die Augen fallende 
Erscheinung ist die elfenbeinartige Beschaffenheit der Diploe. Es 
lässt sich leicht erkennen, dass innerhalb der Rindensubstanz Ein¬ 
lagerungen compacter Knochenmassen von so gleichmässig dichtem 
Gefüge in die Maschen der Diploe stattgefunden, dass von den Bälk- 
chen und Maschenräumen der Spongiosa nichts wahrzunehmen ist. Die 
Diploe zeigt auf der Schnittfläche eine durchweg gleichförmige, sehr 
feste Masse von graugelber Farbe. 

Zwischen Corticalis und Periost hat, wie an der Verdickung der 
ersteren leicht zu ersehen, ebenfalls eine ossificirte Neubildung platz¬ 
gegriffen. Dieselbe umgiebt die Peripherie der Rindensubstanz im 
ganzen Umfange der Geschwülste wie eine Kapsel, ist mit deren 
Aussenfläche innig verschmolzen und besteht aus grobporöser Knochen¬ 
masse von hellgelber Farbe. 

Das Periost, welches auf der der Brusthöhle zugewendeten Fläche 


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Knochenrotz. 


339 


der Rippenanschwellungen von dem Brustfell und der Brustbinde be¬ 
deckt und mit denselben fest verwachsen ist, hat eine bläulich-weisse 
Farbe, ist stark verdickt, lederartig und leicht abzulösen. 

Die Aussenflächen der von der Beinhaut entblössten Rippen¬ 
geschwülste zeigen ein unebenes, höckeriges Ansehen und enthalten 
zahlreiche Oeffnungen von sehr verschiedenem Durchmesser. Die bei 
weitem meisten derselben sind so klein, dass sie kaum zu erkennen. 
Viele sind stecknadelkopfgross, und einige, in die man leicht mit der 
Sonde eindringen kann, haben den Umfang kleiner Linsen. 

Ausserdem fallen zwei nahe an einander stehende Löcher, die 
sich auf der äusseren Fläche, nahe am vorderen Rande der Anschwel¬ 
lung der linken Rippe befinden, durch ihre Grösse auf. Dieselben 
haben nämlich den Umfang grosser Erbsen. Die genaue Untersuchung 
derselben vermittelst Sonde und Säge weist nach, dass sie die Ein¬ 
gangsöffnungen unregelmässig gestalteter Hohlräume sind, die, vielfach 
unter einander communicirend, sich bis in die sclerosirte Marksubstanz 
verfolgen lassen. Diese Hohlräume enthalten spärliche Mengen einer 
durchweg trockenen, bröckeligen Masse von gelblich-weisser Farbe. 
Weitere Anomalien sind an den betreffenden Rippen nicht wahrzu¬ 
nehmen. 

Alle übrigen Organe, sowie auch besonders die Schleimhaut der 
Kopfhöhlen und der Trachea, erscheinen normal. 

Der Befund lässt nicht den geringsten Zweifel darüber auf kom¬ 
men, dass das fragliche Pferd mit der Rotzkrankheit behaftet gewesen 
ist. Die unter der Lungenpleura Vorgefundenen harten Knoten sind 
als inveterirte rotzige Veränderungen aufzufassen. Dagegen müssen 
die in dem subcutanen Bindegewebe der Unterbrust infiltrirten eite¬ 
rigen Herde als Producte jüngerer Rotzprocesse angesprochen werden. 

Die Abnormitäten an den Rippen gehören ebenfalls in die Kate¬ 
gorie der specifisch-rotzigen Neubildungen. Dass die Knochenentar¬ 
tungen nicht etwa die Folgen einer einfachen traumatischen Entzün¬ 
dung sind, lässt sich aus den krankhaften Erscheinungen sicher er¬ 
schlossen. Vor Allem ist es die Eburnation der Markräurae, welche 
die maligne Natur der Veränderungen mit Sicherheit bekundet. Letz¬ 
tere sind entschieden Producte der chronisch verlaufenden Osteomye¬ 
litis. Durch klinische Beobachtungen ist aber längst festgcstellt, 
dass der chronischen Knochenmarkentzündung in sehr vielen Fällen 
eiue dyskratische Ursache zu Grunde liegt. Ganz besonders aber 
lässt die Destruction der Knochenmassen und nicht minder auch die 


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340 


GREBE, 


mit miliaren Knötchen durchsetzte sclerosirte Musculatur in der Nähe 
der entarteten Rippenpartien über die specifisch rotzige Eigenschaft 
des Knochenleidens keinen Zweifel aufkomraen. 

Hinsichtlich des ätiologischen Moments der rotzigen Knochen- 
affection kann man ohne Bedenken annehmen, dass dieselbe mit den 
rotzigen Veränderungen in den Lungen in genetischem Zusammenhänge 
stand; dass das Rotzgift von den Lungen her entweder durch Ver¬ 
mittelung der Circulation oder per continuitatem et contiguitatem 
ohne eine traumatische Ursache übertragen wurde, mithin eine wirk¬ 
liche Metastase war. 

Es ist zwar nicht unmöglich, dass die Entzündung, welche wir 
als den rotzigen Knochenneubildungen vorausgehend betrachten müssen, 
mitunter traumatischen Ursprungs ist und erst unter der Einwirkung 
des rotzigen Contagiums den malignen Charakter annirarat. Berück¬ 
sichtigt man jedoch, dass die Bedingungen für eine traumatische 
Knochenentzündung höchst ungünstig waren, indem die Rippen an der 
Stelle ihrer Erkrankung gegen mechanische Insulte durch starke Mus¬ 
kellagen vorzugsweise geschützt sind, so möchte doch für den vor¬ 
liegenden Fall die erste Deutung die richtige sein. 

Es lässt sich vielleicht darüber streiten, wo der Angriff des 
rotzigen Virus stattgehabt, ob im Knochen oder im Periost. Ich 
möchte mich zu der Ansicht hinneigen, dass, wie in der Regel bei 
chronisch entzündlichen Knochenerkrankungen, das Periost zuerst er¬ 
krankt und erst später der pathologische Process durch Vermittelung 
der Blutgefässe sich in das Innere des Knochens fortpflanzt, auch in 
unserem Falle die Erkrankung des Periosts die primäre war. Es 
spricht dafür auch ferner noch der ganze Krankheitsverlauf. Den Weg, 
welchen die Infection genommen, würde man kurz also bezeichnen: 
Lungen, Pleura, Muskeln, Periost, Knochen. 

Nachdem das Periost durch die Infection des Giftes in Entzün¬ 
dung gerathen, pflanzte sich letztere, wie schon vorher gesagt, durch 
die Blutgefässe in das Knochengewebe fort. Massenhafte Granula¬ 
tionen erweiterten die natürlichen feinen Gänge, durch welche die 
Blutgefässe in den Knochen eindringen. Das reichlich wuchernde 
Granulationsgewebe zerstörte vermittelst seiner specifisch infectiösen 
Eigenschaft durch Auflösung und Verflüssigung die Wände der Knochen¬ 
canäle, überwucherte dieselben und legte durch theilweise Ossification 
den Grund zu inneren und äusseren Knochenauflagerungen; während 
der Rest in Folge des ihm anhaftenden Rotzcontagiums der Necrose 


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Knochenrotz. 


341 


verfiel. Die beiderseitige Veränderung der Granulationen, das ist die 
Schrumpfung und Ossification, sowie der trockene Zerfall, gab die 
Veranlassung zur Bildung sinuöser und fistulöser Hohlgänge und der 
in denselben enthaltenen trockenen Zerfallsmassen. 

Andererseits wurden durch die Erkrankung des Periosts auch die 
benachbarten Weichtheile in Mitleidenschaft gezogen, als deren Folge 
wir die Sclerose der Musculatur, die Verdickung und Verwachsung 
der Cutis, sowie die in den Tumoren vereinzelt eingestreuten Knötchen 
betrachten dürfen. Die trichterförmigen Vertiefungen auf der Ober¬ 
fläche der Haut, sowie die narbigen Einziehungen der Geschwulst- 
r änder lasssen sich mit Sicherheit auf die Veränderungen in der Mus¬ 
culatur zurückführen. 

Ich möchte noch ausdrücklich betonen, dass, während bei son¬ 
stigen chronisch entzündlichen Knochenaffectionen, mögen sie spontan 
oder durch Trauma entstanden sein, die Granulationen zunächst eiterig 
zerfallen, bei der Rotzinfection stets eine Necrose derselben stattfindet. 
Deshalb finden wir auch in allen Fällen von rotzigen Knochenerkran¬ 
kungen diese trockenen Zerfallsmassen, und gerade hierdurch wird 
die Diagnose auf Knochenrotz erheblich gesichert. 

Vorbericht und Befund berechtigen zu dem Schlüsse, dass die 
Rotzkrankheit seit langer Zeit, vielleicht seit Jahren, latent war. 
Den Fall selbst halte ich deshalb für besonders interessant, weil er 
aufs Neue beweist, dass die Localisation der constitutionellen Rotz¬ 
krankheit viel mannigfaltiger ist, als man früher verrauthet hat. 


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Referate und Kritiken. 


Die Buchner’schen Forschungen Aber die ■ilzbr&nd&tiologie. l ) Von 

Prof. Feser in München. 

Seit der ausgezeichneten Arbeit Dr. Koch’s über die Entwicke¬ 
lungsgeschichte des Milzbrandparasiten hat keine hierauf bezügliche 
Forschung mehr Aufsehen gemacht, als die des königl. bayerischen 
Assistenzarztes und nunmehrigen Privatdocenten Dr. Hans Büchner 
in München, welcher der Münchener medicinischen Facultät pro venia 
legendi im vergangenen Jahre die Resultate vieler vortrefflich gelei¬ 
teter und durchdachter Versuche „Ueber die experimentelle Er¬ 
zeugung des Milzbrandcontagiums aus den Heupilzen und 
über die Entstehung des Milzbrandes durch Einathmung“ 2 ) 
vorgelegt hat. 

Wer sich, wie ich, seit längerer Zeit im gleichen Gebiete arbei¬ 
tend bewegt hat, empfindet grosse Freude über solche glänzenden 
Ergebnisse, und wer wieder wie ich sich vom exacten und gewissen¬ 
haften Experimentiren Dr. Buchner’s überzeugt und seine Versuche 
theilweise durch Anschauung verfolgt hat, darf sich gestatten, ein 
ausführliches Referat darüber mitzutheilen. Ich halte mich um so 
mehr dazu verpflichtet, als ich von der eminent hohen Bedeutung der 
ßuchner’schen Arbeiten auch für die praktische Seuchenbehandlung 
überzeugt bin und ich meine Beurtheilung über die vorliegenden For¬ 
schungen vielfältig auf eigene Erfahrungen stützen kann. 

Besonders der erste Theil der Buchner’schen Publication, „die 
experimentelle Erzeugung des Milzbrandcontaginms aus 


! ) Nach einem Vortrage im thierärztlichen Verein in München, November 
1880 und Januar 1881. 

2 ) München, akademische Buchdruckerei von F. Straub, 1880. 


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Referate und Kritiken. 


343 


den Heupilzen“, verdient unsere Beachtung, denn er muss noth- 
wendig unsere bisherige Vorstellung über die natürliche Aetioiogie 
des Milzbrandes grundsätzlich ändern und eröffnet uns Analogien für 
andere sich ähnlich verhaltende Seuchen. 

Ausgehend von der durch Prof. Nägeli in München auf Grund 
allgemeiner physiologischer Thatsachen aufgestellten Theorie von der 
functioneilen Anpassung der Spaltpilze als Krankheitserreger 1 ), stu- 
dirte Büchner im pflanzenphysiologischen Institut in München das 
Verhalten des von mir gelieferten Milzbrandparasiten bei künstlichen 
Culturen, wobei er insbesondere die Constanz seiner Eigenschaften und 
und namentlich seiner infectiösen Wirksamkeit ins Auge fasste. Er 
stellte sich die Frage, ob Veränderungen an diesen Pilzen durch lange 
fortgesetzte Züchtung in künstlichen Nährlösungen bewirkt werden 
können. Zur fortgesetzten Züchtung benutzte Büchner einen Apparat, 
der die Uebertragbarkeit der Pilze der ersten Reincultur von Nähr¬ 
lösung zu Nährlösung im pilzfreien Raume ermöglichte und gegen 
Hinzutreten anderer Pilzformen ausreichende Sicherheit gewährte. Der 
Apparat bestand aus einem grossen Gefäss zur Aufnahme der pilz- 
freien Reservenährlösung (Lösungen von Fleischextract mit oder ohne 
Pepton- oder Zuckerzusatz) und einem kleinen, durch einen seitlichen 
Tubus damit verbundenen Züchtungsgefäss, in welches aus dem Re¬ 
serveglas durch einfaches Neigen des letzteren Nährlösung zufliessen 
konnte. Die nach aussen führenden Gefasse wurden pilzdicht ver¬ 
schlossen, das Ganze im Dampfkessel keimfrei gemacht. Das Züch- 
tungsgefass wurde nun unter kurzdauernder Oeffnung des Verschlusses 
mit einer Reincultur von Milzbrandbacterien inficirt. Nun brauchte 
dieser Verschluss nicht mehr geöffnet zu werden. Nach Ablauf der 
Vegetation im Züchtungsgefäss bei 35—37° C. unter Anwendung 
eines Schüttelapparates, der ersterem eine constante Bewegung or¬ 
theilte und für eine genügende Zufuhr von Sauerstoff Sorge trug, 
konnte die Pilzflüssigkeit aus dessen Boden durch eine verschliessbare 
enge Oeffnung abgelassen werden, die weder ein Eintreten von Luft, 
noch einen Rücktritt der abgelaufenen Pilzflüssigkeit gestattete und 
daher jedem fremden Pilz den Eintritt verwehrte. Die dabei im 
Züchtungsgefäss zurückbleibenden Reste der Pilzflüssigkeit dienten 


l ) Prof. Karsten hat übrigens schon viel früher die Abhängigkeit der 
Entwickelnng und der Wirkung niederer Pilze von der ihnen gebotenen Nahrung 
betont — s. Chemismus der Pflanzenzelle. Wien, 1869. Wilhelm Braumüller. 


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PESER. 


jedesmal zur weiteren Infection der aus dem Reserveglas neu hinzu¬ 
gegebenen Nährlösung. So konnte bis zu iy 2 Monaten bei täglich 
ein- bis zweimaliger Zugabe neuer Nährlösung fortgeziichtet werden. 

Mit den erhaltenen Pilzflüssigkeiten wurden fortlaufende Infections- 
versuche bei weissen Mäusen gemacht, die für Milzbrand sehr empfäng¬ 
lich sind und überdies keine merkliche Verschiedenheit der individuellen 
Disposition für diese Krankheit erkennen lassen. 

Das Ergebniss dieser Züchtungsversuche mit parallel gehenden 
Impfungen bestand merkwürdigerweise nun zunächst darin, dass die 
infectiöse Wirksamkeit der Pilze um so geringer wurde, je mehr 
Generationen dieselben in . der künstlichen Nährlösung zurückgelegt 
hatten. Trotz der vollkommen morphologischen Uebereinstimmung 
aller durch die Züchtung erhaltenen Pilze, trotz der völligen Gleich¬ 
heit ihres chemischen Verhaltens und ihrer Wachsthums weise, zeigte 
sich bei jeder Wiederholung des Versuchs, dass die anfangs positiv 
ausfallenden Impfungen nach einiger Zeit keinen Erfolg mehr hatten. 
Dabei machte sich ein Unterschied geltend bezüglich der Nährlösung 
und der zur wirksamen Impfung benöthigten Pilzquantität. In 
einem Versuch mit Ernährung durch blosse Fleischextractlösung erwies 
sich beispielsweise bei Anwendung einer geringen Impfquantität die 
1. Pilzzüchtung noch wirksam, dagegen nicht mehr die 2., 3., 4. bei 
gleicher Pilzmenge; während die 5. bei grösserer Pilzmenge wieder 
wirkte, die 6. bei der gleichen Quantität aber unwirksam blieb. Ein 
anderes Mal bei Ernährung mit Fieischextract, Pepton und Zucker, 
war die 2. Züchtung wirksam, unwirksam die 3. und 4., wirksam 
dagegen wieder die 5., als bei dieser eine grössere Impfmenge ange¬ 
wendet wurde. Es zeigte sich so bei diesem Verfahren einmal die 
7., ein anderes Mal die 18., und endlich sogar noch die 36. Züchtung 
wirksam; in letzterem Falle musste aber die enorme Mengen von 
36 Cmra. des dichten, am Boden abgesetzten Pilzbreies verwendet 
werden, der mindestens 100 Millionen Pilze enthielt. 

Ueber die 36. Züchtung hinaus hatte aber auch die letztgenannte 
grosse Pilzquantität keine Infectionsfahigkeit mehr. Die Bacterien 
hatten somit, obwohl sie bezüglich ihrer Form und ihres 
chemischen Verhaltens noch immer Milzbrandbacterien 
waren, die Infectionsfähigkeit vollkommen verloren. 

Bei fortgesetzter Züchtung traten nun aber auch ganz allmählich 
Veränderungen im chemischen Verhalten und in der Wachsthumsart 
ein, die einen stattfindenden Uebergang zu den sogenannten Heupilzen, 


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Referate und Kritiken. 


345 


welche in Henaufgössen sich finden, unzweifelhaft erkennen Hessen. 
Etwa von der 100. Züchtung an, welche ungefähr der 700. Pilzgene¬ 
ration entspricht, zeigten die Pilze im Züchtungsgefäss oben einen 
Ueberzug, was bei der 900. Pilzgeneration das bisherige Schüttelungs¬ 
verfahren am Apparate unmöglich machte und die Weiterzüchtung in 
der Ruhe veranlasste, wobei sich eine starke weissliche Deckenbildung 
bei sonst klarer Nährlösung ergab, was bei echten Milzbrandbacterien 
niemals beobachtet wird. Die bis jetzt erhaltenen Decken der Pilz¬ 
wucherung stimmten wohl mit jenen der Heupilze noch nicht völlig 
überein, sie waren noch glatt, schleimig, lose zusammenhängend; 
in Heuaufguss vermehrten sie sich nur ausserordentlich langsam und 
geringfügig und zeigten auch hier ein verkümmertes pathologisches 
Aussehen; als aber diese Mittelform der Pilze bis zur 1100. Pilz¬ 
generation in blosser Fleischextractlösung fortgesetzt wurde und nun 
wieder die Weiterzüchtung in Heuaufguss versucht wurde, trat, hier 
eine reichliche Vermehrung derselben mit Bildung einer schleimigen, 
lockeren Decke ein, die bei der weiter mit Heuaufguss fortgesetzten 
Züchtung, bei der 1500. Pilzgeneration, jene gelbbräunliche, stark 
gerunzelte, festere Beschaffenheit zeigte, wie sie bei echten Heupilz- 
culturen vorkommt. Nun sei nicht der geringste Unterschied 
mehr zwischen unmittelbar rein cultivirten Heupilzen wahr¬ 
zunehmen und die völlige Umwandlung der Milzbrandpilze 
in Heupilze wäre erreicht worden. Dazu bedurfte es aber 
einer, ein halbes Jahr andauernden, fortgesetzten Züchtung. 

Nachdem in der vorbeschriebenen Weise Büchner den gene¬ 
tischen Zusammenhang der Heubacterien mit den Milzbrandbacterien 
sicher festgestellt hielt, musste sich ihm die Frage aufdrängen, ob 
nicht die häufig stattfindende autochthone Entwickelung des Milz¬ 
brandes auf eine in der Natur eintretende Umänderung der Heupilze 
in die infectiöse Form zu beziehen sei. 

Zunächst lag jedenfalls, die Cultur im lebenden thierischen Orga¬ 
nismus zu versuchen, nachdem ja doch in demselben Milzbrandbacte¬ 
rien, die ihre infectiöse Wirksamkeit durch fortgesetzte Züchtung 
beinahe verloren hatten, dieselbe wieder von Neuem erhielten. Es 
wurden daher mit den echten, von gewöhnlichem Heu durch Kochen 
des Aufgusses unmittelbar rein cultivirten Heupilzen einige grössere 
Versuchsreihen an Kaninchen ausgeführt. Diese erhielten verschiedene 
Mengen der in eiweisshaltigen Nährflüssigkeiten und unter Sauerstoff¬ 
zufuhr rein gezüchteten Heupilze intraperitoneal injicirt Das Resultat 

AnU« t wltMnaoh. u. pr&kt. ThlarhalÜL V1I.4U.S. 23 


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FESER. 


dieser Injectionen bestand darin, dass kleinere Mengen von Pilzflüs¬ 
sigkeit (immerhin doch 1—6 Ccm.) in der Regel ohne wahrnehmbare 
Wirkung blieben. Erst grössere Injectionsmengen veranlassten in der 
Mehrzahl der Fälle tödtlichen Ausgang, meist schon innerhalb 24 
Stunden. Die Section ergab hier in den Organismen beinahe stets 
reichlichen Gehalt an Heubacterien, jedoch in gleichmässiger Verthei- 
lung, so dass es sich nur um eine einfache Vermischung der injicirten 
Pilze im Körper handeln konnte und der Tod durch die giftigen Zer¬ 
setzungsstoffe der Heupilze bewirkt wurde. Letztere, die so in 
grösserer Menge die Versuchsthiere tödteten, Hessen sich in keiner 
Weise von den Pilzen vollständig entfernen. Nach dem mikrosko¬ 
pischen Bilde hätten die Heubacterien in den Cadavern wohl mit 
Milzbrandbacterien verwechselt werden können, allein die kurze Zeit 
von der Infection bis zum tödtlichen Ausgange hätte unmöglich ihre 
Umwandlung in infectiöse Bacterien bewirken können, was denn auch 
Controlzüchtungen und Controlimpfungen nachweisen Hessen. 

Da somit auf diesem Wege nichts zu erreichen war, so wurde 
die Züchtung der Heubacterien ausserhalb des Thierkörpers, anfangs 
einige Male in Eiereiweiss, dann in defibrinirtem, frisch der Carotis 
entzogenem Blute fortgesetzt. Das Blut befand sich bei Körper¬ 
temperatur in einem mit Sauerstoff reichlich versehenen Schüttel¬ 
apparat und wurde dadurch dessen arterielle Beschaffenheit möglichst 
lange erhalten. Nach je 12 Stunden erfolgte stets neue Umzüchtung 
in frischem Blute, so dass es nie zum Auftreten anderer Pilze kam. 

Die im Blute bis zur 14. Cultur gezüchteten Heubacterien zeigten 
nun merkwürdige Veränderungen in ihrem chemischen Verhalten und 
ihrer Wachsthumsart, so dass sie nicht mehr als echte Heupilze, 
sondern als eine Uebergangsform zu den Milzbrandpilzen — als die 
schon oben beschriebene Mittelform im Uebergang der Milzbrand- zu 
den Heupilzen — betrachtet werden mussten. Da eine weitere Um¬ 
änderung durch länger fortgesetzte Züchtung im Blute aussichtslos 
gehalten wurde, kam es nun von Neuem zum Thierexperiment mit 
diesen veränderten Heupilzen, was viel günstigere Aussichten bot. 
Das Resultat war ein überraschendes: Kleinere Mengen der verän¬ 
derten Heupilze, sowie sie von echten Milzbrandbacterien bei weitem 
zur Infection genügt hätten, blieben bei weissen Mäusen und Kanin¬ 
chen ohne Wirkung; grössere Impfquantitäten jedoch hatten den er¬ 
warteten Erfolg. Es entstand nun nach einer ganz regelmässig 
jedesmal wiederkehrenden Incubationszeit von 4—6 Tagen, 


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Referate nnd Kritiken. 


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während welcher die Thiere sich vollkommen munter zeigten, 
eclatanter Milzbrand mit allen dazu gehörigen Befunden. 
Das nun fertig gebildete Milzbrandcontagium, d. d. die echten Milz- 
brandbacterien fanden sich in den Organen in grösster Menge, sie 
zeigten bei Controlzüchtungen vollständig das charakteristische Ver¬ 
halten, und weiter geimpft bewirkten sie in sehr kleiner Menge und 
ohne jene Incubationsdauer wie gewöhnlich innerhalb 24—48 Stunden 
wiederum tödtlichen Milzbrand. 

Dieser merkwürdige Erfolg trat aber nicht etwa ein einziges Mal 
ein, sondern, nachdem die erforderliche Pilzmenge der Mittelform und 
die beste Anwendungsweise gefunden war, in jedem einzelnen Falle, 
so dass über Ursache und Wirkung hier kein Zweifel bestehen kann, 
wenn bei dem geübten Infections- und Züchtungsverfahren eine unab¬ 
sichtliche Uebertragung von echtem Milzbrandcontagium auf die Thiere 
vollständig ausgeschlossen war, was Büchner aufs Bestimmteste ver¬ 
sichert. Dieser Versicherung bringe ich allen Glauben entgegen, da 
ich Büchner als gewissenhaften, exacten Experimentator kenne. 

Damit wäre sonach der genetische Zusammenhang der Milzbrand- 
bacterien mit den Heupilzen und die Möglichkeit des Ueberganges der 
einen in die anderen vollkommen und in beiden Richtungen erwiesen 
und die Aetiologie des Milzbrandes um ein geradezu gewaltiges Stück 
vorgerückt. Die nächste Forschungsaufgabe wäre nun dahin zu rich¬ 
ten, ob nicht auch in den Milzbrandlocalitäten die daselbst unzweifelhaft 
vegetirenden Heupilze zur autochthonen Milzbrandentstehung Veran¬ 
lassung geben. Ohne Rücksicht auf die grossartigen Versuchsergeb¬ 
nisse Büchner’s liess die seitherige Kenntniss über die Aetiologie 
des Milzbrandes vermuthen, dass derselbe keineswegs ausschliesslich 
durch directe Uebertragung oder durch restirendes Contagium von 
einer früheren Erkrankung her verbreitet wird, sondern sich nament¬ 
lich in den Milzbranddistricten zeitweise aufs Neue an Thieren 
aus natürlich daselbst vorkommenden Pilzelementen entwickelt. Aus 
allen meinen in und um Lenggries während meiner Thätigkeit auf 
der oberbayerischen Milzbrandversuchsstation vorgenommenen Arbeiten 
geht offenkundig das Streben hervor, in der genannten Richtung Auf¬ 
klärung zu bekommen, und es gereicht mir zur hohen Befriedigung, 
dass ich aus meinen Arbeiten nachweisen kann, wie nahe ich zu den 
Buchner’schen Resultaten gerückt war, und dass ich mit der Zeit 
auch ohne diese sie selbst hätte erzielen müssen. 

Eine Auslese aus meinen bisherigen Publicationen und den amtlichen 

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PESER, 


Berichten über meine Thätigkeit in Lenggries möge in Nachfolgendem 
dies beweisen. Ich gebe solche absichtlich in einer gewissen Ausführ¬ 
lichkeit, weil damit die Buch ne r’schen Arbeiten ergänzt werden und 
Fingerzeige genug gegeben werden, wie sich die Forschung über die 
Milzbrandätiologie in den Milzbranddistrikten fortsetzen muss, um die 
noch fehlenden Lücken auszufullen'). 

Schon im ersten Jahre meines Aufenthalts in Lenggries (1875) 
fielen mir bei der Untersuchung der Milzbrandalpen die milchweissen 
Schleimmassen auf der Oberfläche stagnirender Sumpfwasserstel¬ 
len auf, 

S. 29 meiner Schrift: „Der Milzbrand auf den oberbayerischen 
Alpen“ (München, bei Theodor Ackermann, 1877), sagte ich darüber: 

„Vorstehende Alpenweidebeschreibung ergiebt zur Genüge, dass 
ich mit Ausnahme der ron mehreren sumpfigen Stellen gewonnenen 
roehlthauartigen Schlammmassen nichts gefunden habe, was als Milz¬ 
brandursache verdächtig erscheint. Aber auch mit diesem mehlthau- 
artigen Schlamm, den ich zu Infectionsversuchen mehrfach verwendet 
habe, liess sich kein Milzbrand erzeugen. Immerhin möchte ich 
aber betonen, diesen mehlthauartigen Schlamm im Auge 
zu behalten, da er einerseits bezüglich seiner einzelnen 
mikroskopischen Formelemente (den Stäbchen) an die beim 
Milzbrand im Blute und in den Geweben vorkommenden 
Bacterien erinnert, und andererseits gerade da getroffen 
wurde, wo dieses Jahr entweder Milzbrand beobachtet oder 
von woher Streu bezogen wurde. Ersteres war auf der Lassl- 
heimweide der Fall, letzteres beim Sägmüller am Leger. Auch auf 
der Oberstickelalpe, die wegen der Gefährlichkeit als Milzbrandstation 
gar nicht mehr bezogen wird, fand ich solchen Mehlthauschl&mm. 

„Weiteren Beobachtungen und Untersuchungen muss es 
Vorbehalten werden, die Bedeutung dieses weissen Schlam¬ 
mes festznstellen. Es wäre ja möglich, dass von da aus 
nur zu gewissen Zeiten und unter gewissen Bedingungen 
der Milzbrand seine Entstehung nimmt. Deshalb erachte 
ich es für nöthig, solche schlaromhaltenden Sümpfe, be¬ 
sonders auf Milzbrandalpen und zur Zeit des Herrschens 


') Auch möge dies beweisen, dass Büchner ans meinen Arbeiten, die ihm 
bekannt waren, Anhaltspunkte genug für sein Studium erhielt, obwohl er der¬ 
selben nirgends erwähnt! 


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Referate und Kritiken. 


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von Milzbrand, öfters zu untersuchen und mit den dabei 
erhaltenen verdächtigen Objecten Experimente an Thieren 
anzustellen. * 

Zur Ergänzung vorstehender Mittheilung aus dem Jahre 1875 
lasse ich noch folgende Stellen aus meiner Schrift folgen, welche die 
Aetiologie der damals in Lenggries vorgefallenen Milzbrandfalle be¬ 
treffen. 

S. 44: „m) Streu, mitten aus dem vor dem Hause neben dem 
Verscbarrungsplatze liegenden Streuhaufen. Dieselbe ist fest zusam¬ 
mengepresst, sieht grösstentheils grau und staubig aus, ist theilweise 
multrig, moderig und feucht; besteht grösstentheils aus sauren Sumpf¬ 
gräsern; stammt von einem Sumpfe der hinteren Graberweide aus 
dem Jahre 1874. Mit destillirtem Wasser übergossen, bildete sich 
nach 12 ständigem Stehen damit nach mehrmaligem Umrühren ein 
feinpulveriger, graugelber Bodensatz, der nach der mikroskopischen 
Untersuchung enthielt: Sehr viele, verschieden lange, zarte, feine, 
bewegliche Bacterien, einzelne sind 0,005 Mm. lang und an den Enden 
kolbig verdickt. Ferner unbewegliche Stäbe, gerade, gekniet, 0,01 
bis 0,1 Mm. lang, den Milzbrandstäben sehr ähnlich. (Sehr viele.) 
Rundliche, farblose Infusorien, sehr kleine, rundliche, helle, glänzende 
Kügelchen. Von vorstehendem feinpulverigen Absatz der mit Wasser 
übergossenen Streu bekamen am 2. September 1875 zwei Schafe je 
5 Ccm. unter die Haut der Seitenbrust eingespritzt. Beide Schafe 
blieben völlig gesund, es wurde weder allgemein noch örtlich an der 
Infectionsstelle ein Nachtheil beobachtet. Sie blieben bis zum 20. Sep¬ 
tember in Beobachtung. Aus vorstehenden Beobachtungen und Unter¬ 
suchungen über den Milzbrandfall am Leger ergeben sich für die 
Aetiologie des Milzbrandes, sowie für seine veterinärpolizeiliche Be¬ 
handlung wichtige Fingerzeige. In ersterer Beziehung bleibt trotz der 
erfolglosen Impfversuche die von der etwa eine Stunde entfernt ge¬ 
legenen Milzbrandlocalität bezogene Sumpfstreu als einzig mögliche 
Einschleppungsursache verdächtig. Diese Streu — schon vor einem 
Jahre gesammelt — kann, was ganz gut denkbar ist, an einzelnen 
Stellen der aus vielen Centnern bestehenden Masse noch wirkungs- 
fähiges Milzbrandcontagium enthalten haben. Die darin nachgewie¬ 
senen Formelemente zeigten sich den Milzbrandbacterien äusserlich 
völlig gleich. Wenn nun auch die zur Impfung benutzten sich nicht 
schädlich erwiesen, so ist durch zwei Versuche mit einer einzigen 
kleinen Probe aus der viele Centner schweren Masse noch nicht dar- 


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FESER. 


gethan, dass diese Unschädlichkeit auch in der ganzen Streu, die 
schon äusserlich sehr verschiedenes Ansehen bot, bestand. Bedenkt 
man, wie leicht durch Fäulniss oder Austrocknung das Milzbrandblut 
selbst seine Virulenz einbüsst, so ist auch einzusehen, dass dies eben¬ 
sogut mit Theilen der Streu der Fall sein konnte. Dabei muss ferner 
trotz der raschen Vernichtung des Milzbrandcontagiums durch einige 
Einflüsse immer noch berücksichtigt werden, dass es auch Verhält¬ 
nisse geben kann, unter denen sich das Milzbrandcontagium länger 
erhält, was obige Beobachtungen und Versuche mit der mit viel Wasser 
gemischten Jauche und anderen Objecten des Seuchestalles ganz deut¬ 
lich nachweisen.“ (S. 41—44 meiner Schrift.) 

Auch der zweite von mir 1875 beobachtete Milzbrandfall in 
Lenggries auf der Lasslheimweide enthält deutlich hierauf bezügliche 
Hinweisungen (S. 51 meiner Milzbrandschrift): 

* Obige Beschreibung der Lasslheimweide lässt ersehen, dass die 
sumpfigen Stellen, insbesondere der dort an mehreren Orten Vorge¬ 
fundene rahmige Schlamm, als mögliches ursächliches Moment für den 
daselbst aufgetretenen Milzbrand ins Auge gefasst werden müssen. 

„Die Vermuthung lag nahe, dass von hier aus die Thiere, ins¬ 
besondere das zuletzt gefallene Pferd, inficirt worden sein konnten. 
Die Aehnlichkeit der im Sumpfe und vorzüglich in dem daselbst vor¬ 
kommenden weissen Schlamme aufgefundenen Stäbchen mit den Milz¬ 
brandstäbchen bestimmten mich, mit den hier gewonnenen verdächtigen 
Objecten einige Versuche anzustellen. Ich verwendete dazu 1 Ziege 
und 2 Schafe. 

„Die Ziege erhielt am 11. September Abends 6 Uhr von dem 
am gleichen Tage von der Lasslheimweide mit nach Hause genom¬ 
menen weissen Schlamme, welcher oben unter 6 (S. 49) beschrieben 
ist, mit dem am Gewinnungsorte gegebenen Sumpfwasser gemischt, 
und zwar 5 Ccm. davon unter die Haut. 

„Am 12. September früh fanden sieh die Injeotionsstellen höher warm und 
stark angeschwollen; das Allgemeinbefinden der Ziege war normal. Am 13.Sept. 
fand ich die Ziege munter; die örtlichen Entzündungserscheinungen geringer. Am 
16. Sept. bemerkte ich an den Injeotionsstellen harte, 1 Ctm. dicke, 3 Ctm. 
breite Verdickungen; Allgemeinbefinden normal. Am 17. Sept. begannen diese 
Verdickungen zu abscediren. Am 19. Sept. wurden zwei wallnussgrosse Abscesse 
daselbst geöffnet. Die Ziege blieb bis zum 23. Sept. unter meiner Beobachtung 
und erwies sich während dieser Zeit gesund. 

„Den 2 Schafen gab ich am 11. Sept. Abends 6 Uhr von dem 
gleichen weissen Schlamme innerlich. Jedes Schaf erhielt eine ziem- 


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Referate und Kritiken. 


351 


lieh grosse Menge desselben mit V« Ltr. Wasser gemischt einge- 
schüttet. Es hatte diese Verabreichung nicht die geringsten nach¬ 
theiligen Folgen; ich holte daher von der Lasslheimweide am 15. Sept. 
eine neue Menge des daselbst sich noch immer vorfindenden Schlammes 
und gab am 16. Abends die gleiche Dosis mit derselben Menge 
Wasser beiden Schafen nochmals ein. Sie blieben auch hierauf ge¬ 
sund; sie waren bis zum 23. Sept. unter meiner Beobachtung und 
' bis dahin in einem reinen Stalle des Schuhmachers neben der Woh¬ 
nung des Wasenmeisters Hartei untergebracht. 

„Diese drei Thiere konnten also mit dem verdächtigen Schlamme 
nicht milzbrandkrank gemacht werden. Dessenungeachtet halte 
ich diese wenigen Versuche noch nicht für ausreichend, zu 
erklären, dass derselbe in Beziehung auf die Milzbrand¬ 
erzeugung völlig freizusprechen sei. Es wäre ja möglich, dass 
derselbe von anderen Orten oder zu anderen Vegetationsperio¬ 
den Milzbrand hervorzurufen im Stande ist. Ich halte es für höchst 
wünschenswerth, diese Versuche mit verschiedenem derartigen Material 
an verschiedenen Orten des Sumpfes erhalten und zu verschiedenen 
Zeiten an mehreren Thieren fortzusetzen. Auch der in verschiedenen 
Schichten des Sumpfes sich vorfindende schwarze Schlamm wäre zu 
derartigen Versuchen zu verwenden. 

„Ich bin gezwungen, die Fortsetzung solcher Versuche um so 
mehr zu betonen, da mir Wasenmeister Hartei, dem ich von obigen 
drei Thieren die Ziege und ein Schaf als Entgelt für Futter- und 
Verpflegungskosten bei meinem am 23. September erfolgten Abgang 
von Lenggries überlassen hatte, leider erst am 19. December brieflich 
berichtet, dass die Ziege am 28. September und das Schaf am 5. Oc- 
tober an Milzbrand zu Grunde gegangen seien. Dazu muss ich be¬ 
merken, dass diese beiden Todesfälle — angenommen, es sei wirklich 
Milzbrand gewesen — auch erst durch im Stalle des Hartei nachträg¬ 
lich erfolgte Infection mit Milzbrandgift veranlasst worden sein konn¬ 
ten, da ich nicht weiss, ob Hartei den eigenen Stall, in welchem 
froher mehrere an Milzbrand erkrankte Thiere standen, genügend 
desinficirt hatte.“ 

Als mir die Fortsetzung meiner Beobachtungen und Untersuchun¬ 
gen im Milzbranddistrict Lenggries auch in den Jahren 1877—1880 
möglich gemacht wurde, blieb mein Hauptbestreben, der Aetiologie 
des dort enzootisch und hier und da epizootisch herrschenden Milz¬ 
brandes ständig nachzuforschen. Es blieben mir für die darauf bezüg- 


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FESER. 


liehen Arbeiten stets der weisse Schleim der Suropfwässer, das von 
den Sümpfen bezogene Heu, die Streu etc. verdächtig. Daher kam 
es, dass ich alljährlich die derartigen, auf Weiden sich vorfindenden 
Objecte, besonders die den Sümpfen an stagnirenden Stellen entnom¬ 
menen Schlammsorten, zu Thierexperimenten verwendete, aber auch 
die bei den wenig vorgekommenen Milzbrandausbrüchen dargebotenen 
ätiologischen Momente zu verwerthen trachtete. Der meist negative 
Erfolg meiner Versuche schreckte mich nicht ab, sie stets immer von 
Neuem zu wiederholen, denn es war mir klar, dass bei dem Nachlass 
resp. dem Erloschensein der Milzbrandepizootie in Oberbayern die natür¬ 
lichen Bedingungen zur Milzbrandentstehung im Grossen fehlen tnuss- 
ten, und es handelte sich mir besonders darum, zu erkennen, ob noch 
Contagium auf den für am gefährlichsten gehaltenen Alpenweiden 
gegeben sei oder nicht, welches unter gewissen noch unbekannten 
Bedingungen (ausserhalb oder innerhalb des Thierkörpers) seine ver¬ 
heerende Wirkung zeitweise zur Geltung zu bringen vermag. Die 
Thatsache, dass nach Milzbrandjahren oft eine milzbrandfreie Zeit 
selbst bis zu 20 Jahren folgen kann, ferner dass die Epizootien selbst 
unter sich bezüglich der Ex- und Intensität ausserordentlich abweichen, 
weist sicher darauf hin, dass beim Milzbrand nicht nur örtliche, son¬ 
dern auch zeitlich wirkende Momente existiren müssen, von deren 
Vorhandensein eben die Art und Ausdehnung der Milzbrandseuchen¬ 
erkrankungen abhängen muss. Ich denke mir die darauf bezüglichen 
zeitlichen Momente doppelter Art. Einmal ausserhalb des thierischen 
Organismus: auf den Milzbrand weiden, und dann innerhalb des thie¬ 
rischen Organismus: durch abweichende Ernährungsverhältnisse bedingt. 
Nach beiden Bichtungen hin wollte ich in der Milzbrandätiologie Vor¬ 
dringen. Dass ich es gethan habe, beweisen meine Arbeiten. In 
ersterer Beziehung habe ich nicht nur unausgesetzt verdächtige Alpen¬ 
weideobjecte zu Infectionsversuchen bei Thieren benutzt, sondern auch 
den immer noch so schwer beschuldigten vergrabenen Milzbrandcada- 
vern alle Rücksicht zugewendet 1 ). In letzterer Beziehung stellte ich 
Milzbrandübertragungsversuche bei Batten unter verschiedenen Ernäh¬ 
rungsverhältnissen an 3 ). 


') Vergl. meine Abhandlung: „Untersuchungen und Versuche mit vergra¬ 
benen Milzbrandcadavern“, in der Zeitschrift von Bollinger u. Franck. 

3 ) Mitgetheilt in der Adam’schen Wochenschrift für Thierheilkunde und 
Viehzucht, 1879. 


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Referate und Kritiken. 


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Bei diesem Versuchsprogramm spielte der weisse Sumpfschleim 
auf den Milzbrandalpen eine Hauptrolle. Wie ich ihn gleich anfangs 
beurtheilte, davon giebt mein an die oberbayerische Kreisregierung in 
Mönchen am 28. Februar 1877 erstatteter Bericht über die Thätig- 
keit der Milzbrandversuchsstation in Lenggries für das Jahr 1876 
hinreichend Aufschluss. Ich sagte im Anschluss an meine Ausfüh¬ 
rungen über die Versuche mit verdächtigen Alpenweideobjecten: 

„Ich halte die vorgenommenen Untersuchungen und Versuche mit 
dem schon im vorigen Jahre als besonders verdächtig erwähnten 
weissen Schleime auf Sumpfwässern unserer Alpenweiden für beson¬ 
ders wichtig. Ich freue mich mit einer gewissen Genugthuung dar¬ 
über, dass ich sein Studium schon voriges Jahr als ausserordentlich 
nützlich empfohlen habe. Seit der Koch’sehen und der letzten 
Cohn’schen Arbeit über Bacterien 1 ) ist dies mehr als hinreichend 
begründet worden. Denn der weisse Schleim ist nichts Anderes als 
eine Bacterienbrut des Bacillus subtilis, der in Form und Lebens¬ 
weise dem Bacillus anthracis sich höchst ähnlich verhält. Auch 
die Milzbrandstäbe bilden nach massenhaftem Wachsthum ganz ähn¬ 
liche schleimige Massen, und selbst mikroskopisch lassen sie sich 
sogar vom geübtesten Beobachter von den unschädlichen Bacillen gar 
nicht oder nur schwer unterscheiden. Zu gewissen Zeiten findet sich 
dieser Bacillus subtilis in nur kurzen, unbeweglichen Exemplaren im 
Sumpfschlamm der Alpenweiden vor, welche sich von den echten 
Milzbrandbacillen bezüglich der Form nicht unterscheiden lassen und 
sich nur durch das Irapfresultat als etwas Anderes, d. i. indifferent, 
erweisen. Bei etwas mehr Länge zeigen sich diese unschädlichen 
Bacillen schwach beweglich, windend, und, nach grösserem Wachsthum 
wieder unbeweglich geworden, bilden sie genau in derselben Weise 
Sporen, wie es Koch bei den Anthraxbacillen zuerst nachgewiesen hat. 

„Dass aber die Bacillen in den Vorgefundenen weissen Schleim¬ 
sorten der Alpenweiden — genau so wie die Cohn’schen Heubacillen 
— indifferent sind, beweist die ohne allen Nachtheil gebliebene ver¬ 
schiedenartige Einverleibung bei Rindern, Schafen und Kaninchen, wie 
ich solche sehr häufig und massenhaft in allen Stadien ihrer Ent¬ 
wickelung dieses Jahr besorgt habe. 

„Dessenungeachtet haben diese indifferenten Bacillen hohe Be¬ 
deutung: Sie bilden für sich und in ihren Sporen einen regelmässigen 


Beiträge zur Biologie der Pflanzenwelt, II. Bd., 2. Heft, 1876. 


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FESER. 


Begleiter des Futters unserer Pflanzenfresser; sie bedürfen dieselben 
oder •nicht sehr abweichenden Lebens- und Wachsthumsbedingungen, 
wie die gefährlichen Anthraxbacillen, denen sie ausserordentlich ähn¬ 
lich sind. Ihr Studium wird jenes der Anthraxbacillen fordern, ihr 
Verhalten giebt der Forschung Fingerzeige für das Vorkommen, die 
Einwanderung und das Verhalten der Anthraxbacillen und ihrer Sporen. 
Da sich diese Bacillen auch ausserhalb des Organismus in Sümpfen 
entwickeln, vermehren und selbstständig erhalten können, so wird in 
hohem Grade wahrscheinlich, dass dies auch mit den Anthraxbacillen 
in gleicher Weise der Fall sein wird. 

„Jeder weisse Schleim auf dem Wasser sumpfiger Milz¬ 
brandweiden ist daher so lange verdächtig, bis seine indiffe¬ 
rente Natur, sei es durch nachweisbare anatomische Merk¬ 
male oder durch das Thierexperiment festgestellt worden ist 

„Ob sich gegenwärtig auf den früher stark verseuchten Alpen 
noch Milzbrandcontagium findet, ob sie also für sich später wieder, 
wenn die örtlichen und zeitlichen Umstände günstig sind, Milzbrand 
primär bei Weidethieren veranlassen können, vermag ich noch nicht 
zu entscheiden. Für diese höchst wichtige Frage sind unsere Beob¬ 
achtungen noch nicht ausreichend; immerhin ist die Thatsache, dass 
dieses Jahr wie im vorigen Jahre — mit Ausnahme eines einzigen 
Falles am Grieslerberg — auf den Alpen kein Milzbrand vorgekom¬ 
men ist, sowie das Resultat meines erfolglosen Suchens nach wirk¬ 
samem Milzbrandcontagium auf den Alpen geeignet, die Möglichkeit 
zuzugeben, dass gegenwärtig entweder kein Milzbrandcontagium mehr 
auf den früheren Seuchealpen existirt, oder dass dasselbe zu Grunde 
gegangen ist, wo es unzweifelhaft vorhanden war — oder es war 
während dieser Zeit weder für die Weidethiere schädlich, 
noch für meine Versuche erreichbar und doch noch vor¬ 
handen, resp. es fehlten die örtlichen und zeitlichen Bedin¬ 
gungen zur Entfaltung seiner Schädlichkeit, wobei selbst 
die abweichende Disposition der Thiere zur Erkrankung 
eine Rolle spielen kann.“ 

Dass ich bei solcher Voraussetzung nicht müde wurde, den Alpen¬ 
weideobjecten alle Aufmerksamkeit zu schenken, wird Jedermann 
begreifen. Gegen 100 Thierexperimente führte, ich in den Jahren 
1876—1880 aus, bei welchen grösstentheils der Heubacillen haltende 
Sumpfschlamm benutzt wurde. Nachfolgende Zusammenstellung macht 
dies ersichtlich. 


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Referate und Kritiken. 


355 



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vom stets frisch ge- 
holt.Sumpfschlamm. 

9. Sept. do. do. Schaf, 1 jährig Verschiedene, zahl* Ulieb ohne alle Nachtheile. 

reiche Schurschnitt- Beobachtet bis Mitte Oc- 
wunden werden mit tober. 





Referate and Kritiken. 


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ausgehend; besond. starke 
Darmmykose. 

t. Sept. do. do. 3 Schafe. 1. Erhielt 400 Ccm. Veranlasste starke, fieber- 

auf einmal inner!, hafte Diarrhoe nach 3 Ta- 



Mikroskopische Untersuchung 


360 


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Referate und Kritiken. 


363 


Vorstehend angeführte Thierexperimente bei verschiedenen Thieren 
mit verschiedenen Quantitäten verdächtiger, besonders reichlich Heu¬ 
bacillen haltender Alpen weideobjecte beweisen deutlich, dass für die 
vieljährige Beobachtungszeit denselben eine besondere Gefährlichkeit 
nicht zugeschrieben werden kann. Nur ein einziges Mal konnte unter 
den zahlreichen Fällen wirklicher Milzbrand bei einem Kaninchen mit¬ 
telst subcutaner Injection einer Sorte vom Grieslerbergschlaram (Sep¬ 
tember 1879) erzeugt werden; wobei merkwürdig bleibt, dass trotz 
vielfältiger Wiederholung theils mit demselben, theils mit von der¬ 
selben Stelle geschöpftem Schlammwasser dieser Erfolg nicht mehr 
erzielt werden konnte. Alle übrigen Versuche hatten aber entschie¬ 
den negatives Resultat. Es liess sich bei ihnen trotz reichlicher 
interner und subcutaner Verabreichung niemals Milzbrand erzeugen; 
kleine Mengen blieben meist ohne allen Nachtheil für die Versuchs- 
thiere oder erzeugten nur locale Entzündungsherde mit nachfolgender 
Abscedirung und leichter Heilung; grosse Mengen wirkten besonders 
bei subcutanem Gebrauch mit tödtlichem Ausgang durch allgemeine 
Sepsis, bei der sich nur die kurzen, beweglichen Bacterien der Sumpf¬ 
schlammsorten vermehrten und ein Krankheitsbild veranlassten, das 
jenem des auf den Alpen weiden neben dem Milzbrände auftretenden 
Rauschbrandes völlig glich. 

Dieses Resultat stimmt, wenn man von der einzigen Ausnahme, 
die nicht sicher erklärt werden kann, absieht, mit jenem der Buch- 
ner’schen Versuche mit den halb veränderten Heupilzen ganz gut 
überein, doch sind sie nicht vergleichbar, da hier reine Heupilzculturen, 
dort neben solchen noch alles Mögliche, darunter auch die Rausch¬ 
brand bacterien, Anwendung fanden. 

Trotz alledem wird ersichtlich, dass während meiner Beobach¬ 
tungszeit in allen meinen Versuchen mit negativem Resultat weder 
die echten Heupilze noch die echten fertigen Milzbrandpilze in den 
benutzten Sumpfschlammsorten verwendet worden sind. Es waren 
vielmehr grösstentheils unzweifelhaft die von Büchner bei 
seinen Culturen erreichten Mittelstadien resp. Uebergangs- 
formen der Heu- zu den Milzbrandpilzen. Dies auszusprechen 
halte ich mich nach dem Charakter der natürlich in Sumpfwasser¬ 
stellen der Milzbrandweiden vorkommenden Pilzculturen für berechtigt: 
die oberflächliche Lagerung eines sehr lockeren, zarten, weissen, 
schleimigen Pilzgewebes, die von mir schon anfangs constatirte schlei- 
mig-mehlthauartige Beschaffenheit desselben, gehört weder den echten 

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FESER. 


Heupilzen noch echten Milzbrandpilzen zu. Erstere bilden feste und 
oberflächlich trockene Decken, letztere zarte Wolken am Boden der 
Flüssigkeit. 

Jedenfalls halte ich ausser allem Zweifel gestellt, dass die auf 
den von mir untersuchten oberbayerischen Milzbrandgegenden in 
stagnirenden Sumpfstellen sich findenden Heupilze andere Eigen¬ 
schaften besitzen, als die gewöhnlichen, direct aus Heuaufgüssen er¬ 
zielten. Dieses — im Zusammenhalt mit meinen früher schon aus¬ 
gesprochenen Verdachten und insbesondere mit den oben mitgetheilten 
Buchner’schen Versuchsresultaten — bestärkt mich in der Annahme, 
dass der schon oft erwähnte weisse Surapfschlaram unserer Milzbrand¬ 
weiden in und um Lenggries zu gewissen Zeiten und unter gewissen 
Bedingungen die autochthone Entwickelung des Milzbrandes unter 
unseren Hausthieren in den Milzbrandorten veranlasst. Ich halte es 
nach den von Büchner mitgetheilten Nachweisen recht gut für mög¬ 
lich, dass in Milzbrandjahren durch die noch unbekannten örtlich 
und zeitlich wirkenden Momente die Umänderung der Heupilze so weit 
fortschreitet, dass ausserhalb oder erst innerhalb des thierischen Or¬ 
ganismus die völlige Umwandlung in echte Milzbrandbacillen erreicht 
wird. Deshalb ist auch fernerhin der von mir zuerst für verdächtig 
gehaltene Heupilzschleim unserer Alpenweiden im Auge zu behalten, 
die Thierversuche damit sind fortzusetzen, insbesondere aber in Milz¬ 
brandjahren, und ist derselbe nach dem Buchner’schen Vorgänge 
aber auch sofort zu künstlichen Culturversuchen behufs weiterer und 
völliger Umwandlung in infectiöse Pilzform zu verwerthen. Wenn 
diese letztere damit erreicht wird, dann hat die natürliche Aetiologie 
des Milzbrandes eine folgenschwere Aufklärung erfahren, die den 
Arbeitern in diesem Gebiete für alle Zukunft den verdienten Dank 
sichert. 

Aber auch dem aus Milzbrandgegenden bezogenen Heu- und Streu¬ 
material muss alle Aufmerksamkeit zugewendet werden. Auch für 
dieses muss zugegeben werden, dass es die Milzbrandorganismen oder 
der infectiösen Form derselben nahestehende Heubacillen oder ihre 
Sporen beherbergen kann. In den festen Excrementen der auf Milz¬ 
brandalpen weidenden Thiere fand ich nicht selten längere, im Innern 
sporentragende, ruhige Bacillen. Wenn ich auch bei Impfungen damit 
stets nur negatives Resultat erhielt, so ist dessenungeachtet recht gut 
möglich, dass auch die infectiöse Form der Milzbrandbacillen resp. 
ihre Sporen diesen Weg nehmen und so zur Entstehung und Weiter- 


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Referate und Kritiken. 


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Verbreitung des Milzbrandes direct oder indirect Veranlassung geben 
können. 

Die Heubacterien selbst — in ihrer reinen primären Form — 
halte ich schon als solche für nicht ungefährlich; jedenfalls bestehen 
Verhältnisse, dass auch sie, besonders bei massenhafter Einführung 
und ermöglichtem Eintritt in den Blutstrom, tödtlich verlaufende Pilz- 
infection veranlassen. So fand ich mit Prof. Friedberger bei einem 
am 4. Januar 1877 in der Thierarzneischule verendeten Pferde, dessen 
Section den Verdacht auf Milzbrand nach der dünnflüssigen, theer- 
artigen Blutbeschaffenheit und der bedeutenden Erweichung und 
Schwellung der Milz rechtfertigte, in den Geweben und im Blute 
völlig unbewegliche Bacillen, genau von Form und Grösse der An- 
thraxbacillen, welche im Brütapparat ganz wie letztere sich ent¬ 
wickelten, aber schon vom frischen Cadaver weg bei ausgeführten 
Impfungen keine infectiöse Eigenschaft nachweisen liessen. Es ist 
recht gut denkbar, dass es sich hier um eine einfache Heupilzinfection 
gehandelt hat — vielleicht um eine Mittelform der Infection, welche 
jenen der Buchner’schen Versuche mittelst intraperitonealer Injection 
grosser Heupilzmengen, die ja auch tödtlichen Ausgang veranlassten, 
ganz gleich sich verhielt 1 ). 

Die Unschädlichkeit der Heubacillen als solche geht aus meinen 
und den Buchner’schen Experimenten noch nicht genügend hervor. 
Dass solche unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht krank machen, 
ist wohl selbstverständlich, denn sonst hätten wir bei ihrem allge¬ 
meinen Vorkommen in fast jedem Heu eine allerorts gegebene, ständig 
einwirkende Gefahr für unsere pflanzenfressenden Hausthiere. Weil 
dies sicherlich nicht der Fall ist, gehören zur Schädigung durch die¬ 
selben noch unbekannte Bedingungen, worunter ich z. B. ihre grössere 
directe Einverleibung in die Blutbahn zählen möchte. Erst wenn 
diese letztere resultatlos geblieben ist, schliesse ich mich dem allge¬ 
meinen Urtheil Buchner’s an. 

Bei der vorausgegangenen Darstellung meiner auf die Heupilze 
bezüglichen Erfahrungen ist ersichtlich, dass ich der Buchner’schen 
Arbeit über die Erzeugung des Milzbrandcontagiums aus Heupilzen 

*) Die Untersuchungen von Klein (Jahresber. über die Leistungen und 
Fortschritte der gesammten Medicin von Virchow u. Hirsch für 1879, Bd. I, 
S. 345) über die Rothlaufkrankheit der Schweine führten denselben zu dem Re¬ 
sultat, dass in dem Bacillus subtilis das Contagiura des bösartigen Rothlaufs der 
Schweine zu erblicken sei. 


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und der Verwandlung letzterer in infectiöse Milzbrandbacillen alles 
Vertrauen entgegengetragen habe. Ich konnte dies um so leichter, 
als ich meine Erfahrungen damit in Einklang bringen konnte, diese 
jedenfalls mehr für als gegen die Buchner’schen Resultate sprechen. 
Dessenungeachtet erfordert es die Vorsicht, — bei der hochwichtigen 
Bedeutung der Sache um so mehr, — die Buchner’schen Resultate 
durch Wiederholung seines Forschungsganges zu controliren. Was 
Büchner gelungen ist, muss Anderen auch gelingen. Erst dann, 
wenn die mitgetheilten Funde von vorurtheilsfreien, gewissenhaften 
Forschern ihre volle Bestätigung finden, darf man die Sache als er¬ 
ledigt erachten. Die Wiederholung solcher Culturversuche mit Heu- 
und Anthraxbacillen erachte ich aber auch noch aus anderer Rücksicht 
für geboten. Büchner kennt die von Koch 1 ) hervorgehobenen mor¬ 
phologischen Unterschiede zwischen dem Bacillus anthracis und dem 
Bacillus subtilis nicht, hat solche wenigstens in seiner Arbeit nicht 
berücksichtigt; es wäre daher sehr interessant, zu erfahren, ob und 
wann bei der Umwandlung der Anthraxbacillen in Heubacillen erstere 
Geissein (gekrümmte zarte Anhängsel) bekommen und umgekehrt 
letztere bei Ueberfuhrung in Milzbrandbacillen diese verlieren. Da 
man dies bei gewöhnlicher mikroskopischer Betrachtung, auch mit 
guten Instrumenten, nicht beobachten kann, so ist es nothwendig, die 
zu verschiedenen Zeiten und in allen Culturabschnitten erhaltenen 
Bacillen zu trocknen und zu färben 2 ). 

Die zweite grössere Arbeit Buchner’s liefert den Nachweis, 
dass bei Anwendung der richtigen Bedingungen durch Einathmung 
milzbrandsporenhaltigen, trockenen Staubes ungemein leicht Milzbrand- 
infection bei den Versuchsthieren erzielt werden kann. Zu diesen 
Versuchen dienten ausschliesslich weisse Mäuse, die bekanntlich eine 
grosse Empfänglichkeit für Milzbrand besitzen. Verschiedene feine, 
chemisch indifferente Pulverarten (Holzkohle, Talk, Magnesia usta, 
Sulfur praecipitatum, Bärlappsamen und solcher vom Riesenpulver¬ 
schwamm) wurden als Pilzträger gewählt, indem dieselben mit der 


*) Verfahren zur Untersuchung, zum Conserviren und Photographiren der 
Bacterien, von Dr. Koch. (Beiträge zur Biologie der Pflanzen, von Cohn.) 

2 ) Fokker, Prof, der Hygiene in Gronigen, bestätigt im Centralbl. für die 
medicin. Wissenschaften (1880, No. 44) durch eine vorläufige Mittheilung auf 
Grund eigener Versuche die Augaben Buchner’s. Derselbe erkennt den Heu¬ 
bacillen keine Geissein zu und giebt als einzigen erkennbaren Unterschied von 
den Heubacillen an, dass die Milzbraodbacillen stärker seien. 


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Referate und Kritiken. 


367 


Milzbrandsporenflüssigkeit benetzt, dann bei Körperwärme getrocknet 
und wieder zerrieben wurden. Die Zerstäubung und Einathmung er¬ 
folgte in einem geschlossenen, ergiebig ventilirten Raume mit trichter¬ 
förmig vertieftem Boden, in welchem durch beständige Erschütterung 
ein fortwährendes Aufwirbeln des Staubes und so eine ausreichende 
Inhalation desselben ermöglicht wurde. Nur die Inhalationsversuche 
mit Kohlen- und Talksporenpulver hatten positiven Erfolg, aber nur 
dann, wenn die beiden Pulverarten in genügender Feinheit hergestellt 
waren. Die übrigen angewandten pulverigen Vehikel liessen nach 
oben beschriebener Procedur keinen feinen Staub erzeugen, und nur 
daraus wird der Misserfolg damit erklärt, denn durch Controlimpfun¬ 
gen wurde jedesmal constatirt, dass diese bei der Inhalation unwirk¬ 
samen Staubarten infectionstüchtiges Material enthielten. 

In 24 Fällen, bei je einmaliger, V 4 —2 Stunden dauernder Ein¬ 
athmung von Kohlen- oder Talksporenpulver, erfolgte der Tod der 
Mäuse an Milzbrand nach 1—3 Tagen. 

Büchner fragt sich nach diesem Resultat, ob man annehmen 
darf, dass dieser Erfolg eine Aufnahme der Pilzstäubchen durch die 
Lungen beweise. Er bejaht diese Frage und hält die noch übrigen 
anderen drei Einverleibungsmöglichkeiten der Milzbrandsporen (Ver¬ 
letzungen der Oberhaut, oberflächliche Schleimhautpartien, Verdauungs¬ 
canal) für unbetheiligt. Schon die angeführten, negativ ausgefallenen 
Versuche mit weniger fein stäubenden Pulverarten sprächen dafür; 
sie bilden die denkbar beste Controle für die Art der Wirkung der 
positiv geendeten Versuche, da in diesen Fällen Alles bis auf die Art 
der Verstaubung gleich blieb und die Ueberführung der gröberen 
Stäubchen in die Lungenalveolen nicht erfolgte. Um aber die etwaige 
Betheiligung des Verdauungscanals bei seinen Inhalationsversuchen 
sicherzustellen, kamen vielfache Fütterungsversuche mit Anthrax- 
bacillen und Anthraxsporen zur Ausführung. Schon Koch hatte bei 
Mäusen Milzen anthraxkranker Thiere und ausserdem sporenhaltige 
Massen ohne Erfolg verfuttert. Das gleiche Resultat bekam 
Büchner bei Anwendung frischer Milzbrandtheile, die nur Bacterien 
enthielten, oder bei mehrtägiger Fütterung mit grossen Mengen ge¬ 
züchteter, als wirksam erwiesener Milzbrandbacterien; auch bei Zu¬ 
mischung von Kohlenpulver, das durch seine scharfen Splitter mög¬ 
licherweise Verletzungen in den Schleimhäuten bewirken kann, wurde 
der Erfolg nicht geändert. Ebenso blieben die Resultate, als Milz¬ 
brandsporen in mässiger Menge mit und ohne Kohlenpulver dem 


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FESER. 


Futter beigegebeu wurden. Dagegen wurden positive Ergebnisse er¬ 
zielt bei Anwendung von grösseren Sporenmengen, gleichviel ob 
Kohlenpulver dabei war oder nicht. Interessant dabei bleibt, dass 
auch in letzteren Versuchen einzelne Thiere gesund blieben, und 
ist aus diesen Experimenten noch hervorzuheben, dass der Koth von 
nur mit Anthraxbacillen gefütterten Mäusen bei Impfungen unwirk¬ 
sam blieb, während der Koth der Mäuse nach Sporenfütterung bei 
subcutaner Anwendung ungemein leicht Milzbrand ‘hervorrief 1 ). 

Ging schon bei den Fütterungsversuchen der Mäuse hervor, dass 
bei den stattgefundenen Sporeneinathmungsversuchen keine Gefahr 
einer störenden Nebenwirkung von Seiten des Verdauungscanals exi- 
stirte, so wurde diese Thatsache sichergestellt durch eigene Experi¬ 
mente unter Benutzung bestimmter Quantitäten des Infectionsmaterials: 
von einer bestimmten Menge Talksporenstaub wurde der vierte Theil 
bei 10 weissen Mäusen zur Einathmung verwendet, dieselben starben 
säramtlich an Milzbrand; die übrigen drei Viertel Staub wurden an 
weitere 10 Mäuse verfüttert, diese blieben aber gesund. 

Damit ist entschieden, dass die Lungen ganz ausser¬ 
ordentlich viel leichter den Uebertritt der Milzbrandpilze 
ins Blut ermöglichten als der Darm. 

Für die Praxis ist dieses Verhalten von höchster Bedeutung, 
denn es muss die schon längst ausgesprochene Möglichkeit zugegeben 
werden, dass an Milzbrandlocalitäten, wo sich bei anhaltender Dürre 
ebenfalls Milzbrandsporen mit feinstaubigem Vehikel in der Einath- 
mungsluft befinden können, in gleicher Weise sehr häufig die natür¬ 
liche Infection erfolgt. Vielleicht sind gerade deshalb die trockenen 
Jahre viel gefährlicher als die an Regen reichen. 

Die Mittheilung Büchner’s betreffs seiner Inhalationsversuche 
lässt bei Unkundigen die Annahme aufkommen, als ob er der Einzige 
und Erste war, welcher solche ausgeführt hat. Lemke 2 ) und ich 8 ) 
haben schon früher solche Inhalationen mit Milzbrandsporen vorge- 


*) Im Lenggrieser Bezirk fand ich im Koth der Weidethiere nicht selten 
sporentragende Bacillen. Impfungen damit waren erfolglos. Ich hielt sie dar¬ 
nach für Heubacillensporen. Es ist nun recht gut möglich, dass bei Genuss 
milzbrandsporenhaltigen Futters Thiere gesund bleiben können, der von ihnen 
abgesetzte Koth aber die durchgegangenen enthält und zu natürlichen Infectionen 
resp. zur Weiterschleppung des Milzbrandes Veranlassung giebt, 

2 ) Inauguraldissertation. Göttingen, 1879. 

3 ) Dieses Archiv, Bd, III, Heft 5 u. 6, 1878. 


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Referate und Kritiken. 


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nomraen. Ersterer durch die tracheotomirte Luftröhre mittelst mit 
Amylum verpulvertem Anthraxraaterial, und ich schon 1877 mit wäs¬ 
seriger Sporenflüssigkeit durch Einsprühung mittelst einer Saugdruck¬ 
pumpe. Während Lemke positives Resultat bei 2 Schafen und 
1 Ziege erhielt und den Eintritt der Anthraxparasiten durch die 
Lungenalveolen constatiren konnte, hatte ich bei 10 Versuchsthieren 
nur einmal sicheres positives Resultat, während 8 Einspriihungen in 
die Lunge resp. die grösseren und mittleren Bronchialäste erfolglos 
blieben. 

Wenn auch die Versuche Buchner’s in überzeugender Weise 
nachweisen, dass die Infection unter seinen Versuchsbedingungen durch 
die Lungen leichter gelingt, als von den Verdauungswegen aus, so 
kann damit nicht ausgeschlossen werden, dass der natürliche Gang 
der Infection nicht so selten auch anders verlaufe, dass insbesondere 
die Aufnahme und Uebertragung des Milzbrandgiftes im Futter und 
Getränk durch den Nahrungstractus und auch cutan und von den 
äusseren Schleimhäuten aus besonders nach Verwundungen und In- 
sectenstichen erfolge. 

Die Beobachtungen der französischen Forscher Toussaint 1 ) und 
Pasteur 2 ) sowie meine eigenen 3 ) ergeben unzweifelhaft, dass dio 
Verfütterung wirksamer Milzbrandsubstanzen unter gewissen begünsti¬ 
genden Verhältnissen (z. B. Verletzungen der Schleimhaut, Katarrhe) 
Milzbrandinfectionen veranlasst. 

Pasteur übergoss frisch geschnittenen Luzerneklee mit anthrax- 
sporenhaltigem Wasser und verfütterte dies an Schafe. Es erkrankten 
nicht alle, sondern nur wenige nach 4—10 Tagen an Milzbrand, 
woraus er schloss, dass die Bedingungen der Infection nur bei den 
erkrankten gegeben sein konnten. Als er bei seinen fortgesetzten 
Füterungsversuchen das milzbrandpilzhaltige Futter mit Disteln oder 
Gerstengrannen, d. h. mit die Schleimhäute der ersten Verdauungs¬ 
wege leicht verwundenden Substanzen vermischte, erkrankten un¬ 
gleich mehr Thiere am Milzbrand, als bei den früheren Versuchen. 
Die Untersuchung fast aller bei diesen Versuchen erhaltenen Milz¬ 
brandleichen ergab zugleich die stattgehabte Infection von der Maul¬ 
und Rachenhöhle aus, weil die diesen Localen zunächst liegenden 


*) Recueil d. m. vet., 1879, p. 362. 

2 ) Ebendaselbst, 1879; 4. Heft. 

3 ) Dieses Archiv, 1877, S. 398—407. 


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FESER. 


Lymphgebiete am ausgeprägtesten die Milzbranderscheinungen nach- 
weisen Hessen. Daraus schloss Pasteur, dass in der Natur die 
Thiere dann Milzbrand bekämen, wenn sie bei gegebenen, auch nur 
ganz unbedeutenden Wunden in der Schleimhaut des vordersten Theils 
der Verdauungsorgane Milzbrandpilze oder deren Keime haltendes 
Futter aufnähmen, und dass dementsprechend selbst das railzbrand- 
pilzreichste Futter keinen Schaden bringen könnte, wenn die Ver¬ 
dauungsschleimhäute intact wären. Der Milzbrand käme auch aus 
diesem Grunde während der Sommerhitze und bei längerer Trocken¬ 
heit am häufigsten vor; das Futter sei zu diesen Zeiten sehr trocken, 
holzig und staubig und könne daher, wie die warme und trockene 
Luft selbst, leicht Maul- und Rachenhöhle verletzen. Um die Ent¬ 
stehung des Milzbrandes möglichst hintanzuhalten, müsse man alle 
die Schleimhaut verletzen könnenden Theile aus dem Futter entfernen 
oder nur weiches (künstlich zubereitetes) Futter verabreichen. 

Auch Toussaint zu Toulouse ist auf Grund seiner im Milzbrand¬ 
bezirke des Departements Eure et Loire gemachten Cadaverunter- 
suchungen zu dem Ausspruche gelangt, dass der Milzbrandpilz in den 
weitaus meisten Fällen, welche ihm zur Untersuchung gekommen sind, 
nur durch die Schleimhaut des Maules und der Rachenhöhlo in den 
Körper der erkrankten Thiere eingedrungen sei. Er fand nämlich in 
14 Sectionen 12 mal lediglich die Lymphdrüsen der Maul- und Rachen¬ 
höhle und am Halse im inficirten Zustande. 

Meine Fütterungsversuche bei Herbiroren mit wirksamen Milz¬ 
brandobjecten ergaben, dass Pferde durch die unverletzten Verdauungs¬ 
wege nur schwer oder gar nicht inficirt werden können; eine Kuh 
starb durch Eingiessen frischen Milzbrandblutes, und von gleich be¬ 
handelten Schafen 2 und von 2 Ziegen 1 Stück. Aus meinen dies¬ 
bezüglichen Versuchsprotocollen geht deutlich hervor, dass auch bei 
diesen Fütterungsversuchen die Infection selbst bei unverletzter Schleim¬ 
haut vom Rachen und vom Kehldeckel weg und hier indirect durch 
die Luftwege der Respirationsorgane aus erfolgt war, und es ist hier 
wie bei anderen Infectionen durch Verfütterung wirksamer Milzbrand¬ 
substanzen, besonders auch jenen von Pasteur, recht gut möglich, 
dass die Infection doch nur von dem Athmungsorganc aus erfolgt ist. 
Der Rachen und die Kehlkopftaschen bilden, wie ich gefunden habe 1 ), 
eine ausserordentlich vortheilhafte Brutstelle für Milzbrandbacillen, es 


Vergl. S. 402—405 in diesem Archiv, 18 77. 


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Referate und Kritiken. 


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kommt hier beim Verfuttern solcher Substanzen zur vollendetsten 
Sporenbildung, durch welche die Infection recht gut erklärt werden 
kann, besonders wenu man die Weiterführung der Sporen bis tief in ? s 
Lungengewebe nachweisen kann. 

Meines Erachtens ist bei der natürlichen Infection jeder der oben 
citirten Eingangswege für den Milzbrandparasiten zu beschuldigen und 
es mag bald dieser bald jener vorzugsweise betheiligt sein. Dass aber 
jeder nur unter besonderen Bedingungen zur Milzbranderkrankung führt, 
dürfte nicht bezweifelt werden. Es wäre sonst unbegreiflich, wie es 
inmitten grosser Viehbestände, die unter denselben äusseren Verhält¬ 
nissen stehen, oft nur zu einzelnen Erkrankungen kommt. Jedenfalls 
spielt hier auch die Masse der einverleibten Milzbrandkeime und der 
Ernährungszustand d. i. die individuelle Disposition der Thiere eine 
Rolle. Was das erstere betrifft, so ist schon durch eigene Versuche *) 
und ebenfalls durch Büchner 2 ) constatirt, dass man auch von wirk¬ 
samen Milzbrandsporen, selbst bei directen Impfungen, eine gewisse, 
nicht allzu geringe Menge braucht, um Milzbrand bei für Milzbrand 
empfänglichen Thieren hervorzurufen. In letzterer Beziehung verweise 
ich auf meine Ernährungsversuche bei Ratten 3 ), aus denen hervorgeht, 
dass Fleischkost diese Thiere gegen gewöhnliche Impfungen mit wirk¬ 
samen Milzbrandsubstanzen schützt, während sie solchem bei aus¬ 
schliesslicher Brodkost sicher erliegen. Die Erfahrung eines Bauern 
in Lenggries, dass auf von Thieren verschiedener Besitzer bezogenen 
Milzbrandalpen häufig nur Thiere eines Besitzers an Milzbrand er¬ 
kranken, obwohl dieselben mit den Thieren der übrigen Besitzer genau 
denselben äusseren Verhältnissen die ganze Weidezeit über ausgesetzt 
waren, lässt sich auch nur durch die in Folge der verschiedenen vor¬ 
ausgegangenen Ernährung und Aufzucht erworbenen verschiedenen Dis¬ 
position erklären 4 ). 


Hank, Dr. Immanuel, Physiologie des Menschen und der 
Säugethiere. Ein Lehrbuch für Studirende. Berlin, 1881. Verlag 
von A. Hirschwald. 

Das vorliegende Lehrbuch soll, wie der Verf. in der Vorrede sagt, 

‘) Zeitschr. f. Thiermedic. von Bollinger u. Franck, Bd. VI, Vers. 15—24. 

2 ) Siehe die oben citirte Arbeit Buchner’s, der Münchener Akadomic der 
Wissenschaften vorgelegt. Separatabdruck S. 418. 

3 ) Wochenschrift von Adam, 23. Jahrg., ls T o. 24. 

4 ) Siehe meine Schrift: „Der Milzbrand auf den oberbayer. Alpen*, S. 87, 


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372 


ELLENBERGER. 


dem Gebrauche der Studirenden dienen, dem Anfänger das Verstand- 
niss der Physiologie erleichtern und sein Interesse für diese Disciplin 
erwecken. Diesen Zweck zu erfüllen ist das Lehrbuch voll und ganz 
geeignet; den jungen Studenten führt es in die physiologischen Wissen¬ 
schaften ein, dem älteren dient es als ein durchaus brauchbares Re¬ 
petitorium. Auch dem viel beschäftigten Praktiker, der im Drange 
der Berufsgeschäfte den Fortschritten der Physiologie nicht immer zu 
folgen vermochte, kann das Werk nur empfohlen werden. Er kann 
sich leicht und bequem in demselben über den heutigen Stand der 
physiologischen Fragen unterrichten. 

Das Munk’sehe Werk zerfällt in drei Theile. Der erste Theil 
behandelt die vegetative, die Stoffwechsel-Physiologie, der zweito die 
animalen und der dritte die generativen Functionen. 

Die Lehre vom Stoffwechsel beginnt Verf. mit einer klaren 
und verständlichen Darlegung der Physiologie des Blutes. Nur bei 
Besprechung der Speckhaut und deren Entstehung vermisse ich die 
nöthige Klarheit. Zunächst ist das Auffangen des Pferdcblutes 
auf Eis zur Erzeugung der Speckhaut überflüssig. Die Speck¬ 
haut des Pferdeblutes bildet sich bei gewöhnlicher Temperatur im 
Sommer und Winter; es ist daher nicht nothwendig, Mittel in An¬ 
wendung zu bringen, welche die Gerinnung verlangsamen. Was Verf. 
als Speckhaut beschreibt, stellt die Leucocytenschicht dar. Speck¬ 
haut ist das geronnene Plasma ohne die zelligen Elemente. Da das 
Pferdeblut erst nach 15—20 Minuten gerinnt, welche Angabe ich in 
dem Werk vermisse, so haben die Blutkörperchen Zeit sich zu senken, 
ehe die Gerinnung des Faserstoffs erfolgt. Wenn Verf. nur eine Art 
von weissen Blutkörperchen beschreibt und sie den Lymph-, Schleira- 
ctc. Zellen ununterscheidbar ähnlich nennt, so ist dies eine Anschauung, 
der ich nicht zustimmen kann. Bei Erwähnung des Zahlenverhält¬ 
nisses der weissen Elemente zu den rothen, hätte des Unterschiedes 
gedacht werden können, der in dieser Beziehung zwischen dem krei¬ 
senden und dem aus der Ader gelassenen Blute besteht. 

Das nächste Kapitel behandelt die Blutbewegung, indem zuerst 
die Mechanik der Herzpumpe erläutert und dann die Hämodynamik 
besprochen wird. Die eingeschalteten allgemein-physikalischen Be¬ 
trachtungen erleichtern wesentlich das Verständniss dieses Gegenstandes. 

Die Physiologie der Athmung wird sodann in der Weise vorge¬ 
tragen, dass zuerst die Chemie und dann die Mechanik der Athmung 
abgehandelt wird. Auch dieses Kapitel gewinnt sehr an Verstände 


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Referate und Kritiken. 


373 


lichkeit und Klarheit durch Einfügung von allgemeinen Betrachtungen 
über die Aerodiffusion u. dgl. 

Die Physiologie der Verdauung leitet Verf. durch allgemeine Be¬ 
trachtungen ein über Nahrungsmittel, einseitige Ernährung, Fermente 
und Fermentwirkung und bespricht sodann, zur Mundverdauung über¬ 
gehend, den Speichel und dessen Bedeutung für den Vorgang der Digestion. 

Da Verf. erwähnt, dass der Speichel viel kohlensauren Kalk ent¬ 
halte, der durch freie C0 2 in Lösung erhalten werde und durch Ab¬ 
dunsten dieser an der Luft ein krystallinisches Häutchen auf der 
Oberfläche des Speichels bilde, hätte dann ader auch betonen müssen, 
dass sich aus diesem und anderen Gründen der Speichel an der Luft 
trübt und dass namentlich der anfangs ganz klare, wasserhelle Parotis- 
speichel des Pferdes an der Luft eine sehr starke, milchige Trübung 
annimmt, weil er ausnehmend reich an kohlensaurem Kalk ist. Auch 
wäre die Thatsache wohl erwähnenswerth gewesen, dass der Speichel 
des Pferdes ebenso wie der vieler anderen Thiere kein Rhodankaliura 
enthält. Ob der Speichel thatsächlich freie C0 2 enthält, ist eine 
Frage, die heute noch controvers ist. Es sprechen mehr Gründe 
gegen als für diese Annahme. 

Die chemischen Veränderungen, welche die Stärke durch den 
Speichel erleidet, hätte ich gern etwas eingehender in Bezug auf die 
dabei sich bildenden Zwischenprodukte abgehandelt gesehen. Den An¬ 
gaben des Verfassers, dass der Herbivorenspeichel, mit Ausnahme von 
dem des Pferdes, diastatisch fast unwirksam sei, kann ich mich we¬ 
nigstens in Bezug auf das Rind und Schaf nicht anschliessen. Bei 
der Schilderung der Veränderungen der Munddrüsen während der Thä- 
tigkeit vermisst man die scharfe Scheidung zwischen den Eiweiss- und 
den Schleimdrüsen. 

Die Bildung des Bissens, das Schlingen und der Vorgang der 
Magenverdauung und des Erbrechens wird anschaulich dargestellt. 
Verf. erwähnt auch die bekannte Thatsache, dass die Pferde nicht er¬ 
brechen können und begründet dieselbe anatomisch. Er erwähnt dabei 
aber nicht die eigenthümliche Sphincterenbildung an der Cardia, die 
bei der Contraction des Magens sich daselbst bildende Schleirahaut- 
duplicatur und das Entferntsein des Magens von der Bauchwand (was 
auch das Anlegen einer Fistel verhindert), Umstände, die wohl in 
Betracht gezogen werden müssen. Dieselben erklären auch, warum das 
Erbrechen bei Pferden möglich wird, sobald eine Ruptur der Magen- 
muscularis eingetreten ist. 


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374 


ELLENBERGER. 


An die Betrachtung des Erbrechens der Thiere schliesst Verf. die 
Darstellung des Wiederkauens und der Functionen der 4 Mägen der 
ruminirenden Thiere. Den in diesem Abschnitte ausgesprochenen An¬ 
sichten des Verfassers vermag ich in vielen Punkten nicht beizu¬ 
pflichten, erlaube mir jedoch, nur Einiges zu erwähnen. N. m. A. 
findet im Pansen eine Umwandlung der Stärke in Zucker statt und 
sind die wässerigen Auszüge von Heu, Stroh, Hafer, Häcksel, in der 
Regel nicht alkalisch, sondern neutral oder schwach sauer. Der zweite 
Magen ist ein Flüssigkeitsreservoir, seine sogen. Zellen stellen con- 
tractile Räume dar; denn die Scheidewände derselben enthalten Mus- 
culatur. Aus den ersten Mägen treten in den dritten nicht allein 
Flüssigkeiten oder solche Flüssigkeiten, in denen kleine feste Par¬ 
tikel aufgeschwemmt sind, wie Verf. glaubt, sondern auch zusammen¬ 
hängende durchfeuchtete feste, ja manchmal sogar ganz grobe, nicht 
ruminirte Massen. 

In Bezug auf die Functionen der Schlundrinne und die Verände¬ 
rungen des Futters im Psalter möchte ich bemerken, dass man ge¬ 
wöhnlich die beiden ersten Mägen als divertikelartige Ausstülpungen 
der unteren und den dritten als solche der oberen Schlundwand be¬ 
schreibt. Daraus folgt, dass die Schlundrinne vom ersten bis zum An¬ 
fang des dritten Magens nach unten, im dritten Magen aber nach oben 
offen ist. Das Futter, welches von den ersten Mägen kommt, fällt nicht 
zwischen die Blätter des Psalters, sondern muss in die Kammern zwischen 
den Blättern geschafft und dort vor dem Herabfallen bewahrt werden. 
Es geschieht dies durch die Blattmusculatur, den musculösen Anfangs¬ 
und Randwulst derselben und die starken, vorn spitzen, Eggenzinken 
ähnlichen, hinten knopfförmigen Warzen. Das Flüssige und Dünn¬ 
breiige fliesst gleich die Psalterrinne entlang nach dem Labmagen und 
tritt nicht in die Karamerräume ein. In den Kammern wird das 
Futter mechanisch zerkleinert und verliert Wasser durch Abtropfen 
nach unten. Ein Erweichen des Inhaltes kann dagegen hier nicht 
statthaben, schon aus dem Grunde nicht, weil nur wenig Wasser in 
die Kammerräurae eintreten kann. Die gefährlichen Folgen, welche 
nach dem Entziehen des Trinkwassers, wie Verf. annimmt, bei Wider- 
käuern eintreten sollen, werden erfahrungsgemäß bei Schafen nicht 
beobachtet. In den Labmagen treten nicht, wie Verf. meint, nur 
flüssige, dünnbreiige, alkalische Massen, sondern der Psalterinhalt tritt 
in zwei Portionen über. Was die Rinne entlang kommt, ist dünn¬ 
breiig oder flüssig, was aus den Karamerräuraen Übertritt, ist sehr 


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Referate und Kritiken. 


375 


trocken, enthält nur 60—75 pCt. Wasser und reagirt in der Regel 
neutral oder schwach sauer. 

Nach der Magenverdauung wendet sich Verf. zur Besprechung der 
Galle und des pancreatischen Saftes. In Bezug auf ersteres Secret 
scheint mir die diastatische Wirkung z. B. bei Schweinen und Schafen 
nicht so unbedeutend, wie Verf. meint; in Bezug auf letzteres ver¬ 
misse ich die Angabe über die verschiedene Wirkung der Pancreas- 
und Magenpeptone auf den thierischen Organismus bei Injectionen in 
das Blut. 

Die sich an die Betrachtung dieser beiden Verdauungssäfte an¬ 
schliessende Darstellung der gesaramten Darmverdauung, der Aus¬ 
nutzung der einzelnen Nährstoffe u. dergl. zeichnet sich durch grosse 
Klarheit und Verständlichkeit aus. Es wird auch die Wichtigkeit der 
Dickdarm-, speciell der Blinddarm Verdauung der Herbivoren, welche 
die meisten neueren Autoren übersehen, betont und auch die Ver¬ 
daulichkeit der Cellulose im Herbivoren-Verdauungstractus besprochen. 

Sodann folgt ein Kapitel über die Lymphe und die Resorption 
der Nährstoffe im Verdauungstractus und die Resorption überhaupt, 
wobei auch die Gesetze der Hydrodiffusion besprochen werden. Folge¬ 
richtig schliesst sich hieran eine Schilderung der Schicksale, welche 
das Blut auf seiner Bahn erleidet und der Ausscheidungen desselben 
resp. des Körpers überhaupt, des Harns, Schweisses und Talges, wobei 
auch der Epidermisabschuppung und der Hautathraung gedacht wird, 
dann des Schleimes, der Thränen und der Milch. Diese Kapitel 
zeigen, dass der Autor die physiologische Chemie vollkommen be¬ 
herrscht, was auch aus den nächsten Kapiteln über Einnahmen und 
Ausgaben des Thierkörpers, die Bilanz des Stoffwechsels, die Nahrungs¬ 
mittel, die chemischen Processe im Thierkörper und über die Mischungs¬ 
bestandteile der Organismen und den Kreislauf des Stoffes in der 
organischen Natur klar ersichtlich ist. 

Der zweite Theil des Buches, der über die Leistungen des Thier¬ 
körpers handelt, beginnt mit der Physiologie der thierischen Wärme 
und bringt im zweiten Kapitel die Muskelphysiologie. Dieses wird 
eingeleitet durch Betrachtungen über Bewegung im Allgemeinen, die 
Bewegungen des Protoplasma im Thier- und Pflanzenreiche und den 
histologischen Aufbau der glatten und quergestreiften Musculatur. 
Warum Verf. hierbei die Theorie über den Aufbau der Musculatur 
aus Muskelkästen (Engelmann, Krause u.s.w.), nicht erwähnt, 
vermag ich nicht einzusehen, um so weniger, als sich aus ihr eine 


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376 


ELLENBERGER. 


leicht verständliche Hypothese über das Zustandekommen der Con- 
traction ergiebt, über welchen Vorgang eine Reihe unverständlicher 
oder schwer verständlicher Hypothesen bestehen, die Verf. mit Recht 
nicht erwähnt. 

• Verf. erledigt mit Geschick darauf die schwierige Aufgabe, der 
Besprechung der allgemeinen Muskelphysik und der elektrischen Erschei¬ 
nungen am Muskel. In dem folgenden Kapitel über specielle Muskel¬ 
physik hätte die Bewegung der Vierfüssler etwas schärfer von der der 
Menschen geschieden werden können. Bei der Besprechung des Stehens 
dieser Thiere vermisse ich die Angabe, dass die Pferde das Stehen 
nicht ermüdet und eine detaillirte Anführung der Gründe für diese 
auffallende Thatsache. Nur wenn dargethan wird, wie jedes Ge¬ 
lenk der Extremitäten ohne ermüdende Muskelwirkung beim Stehen 
in seiner Lage gehalten wird, kann die angegebene Thatsache begriffen 
werden. 

Bei der Erklärung des Aufrichtens des Rumpfes, des Erhebens 
der Thiere auf die Hinterbeine erwähnt Verf. eine Reihe von Muskeln, 
welche dies bewirken sollen. Nach meiner unmassgeblichen Meinung 
wirken die im gewöhnlichen Leben als Lendenmuskeln bezeichneten 
Muskeln beim Erheben der Vierfüssler wohl kaum mit. Die eigent¬ 
lichen Erheber sind der M. longissimus dorsi mit seinen vorderen und 
hinteren Verlängerungen, dem Spinalis und Semispinalis d., den Glutaei 
mit dem Biceps femoris. In der Auffassung der Galopbewegung der 
Pferde schliesst sich Verf. aus theoretischen Gründen der Anschauung 
der Minorität an, wonach beim Galopsprung die Füsse in derselben 
Reihenfolge den Boden wieder berühren, wie sie ihn verlassen haben. 
Trotzdem ich mir die grösste Mühe gegeben und Hunderte von Pferden 
beim Galopiren beobachtet habe, ist es mir niemals gelungen, diese 
Bewegungsform zu sehen. Die Gefahren, welche eine derartige Be¬ 
wegung, bei der ein Vorderbein hemmend und stemmend den Boden 
berührt, während Reiter und Rumpf noch nach vorwärts streben, für 
den Reiter und dessen Genitalien haben, erscheint mir nicht un¬ 
bedeutend und deshalb habe ich Tag für Tag wochenlang Galopstudien 
gemacht, ohne mich von der Richtigkeit der gedachten Anschauung, 
für welche ja alle möglichen theoretischen Gründe sprechen, über¬ 
zeugen zu können. Im Anhang an die Bewegungslehre folgt ein Ka¬ 
pitel über die Stimme der Thiere und die Sprache des Menschen. 

Die Physiologie des Nervensystems wird theilweise musterhaft 
vorgetragen, nur hätte ich die Schilderung der histologischen Verhält- 


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Referate und Kritiken. 


377 


nisse des Nervensystems etwas klarer gewünscht. Meisterhaft sind 
einige Abschnitte der speciellen Nervenphysiologie vom Standpunkte 
der Localisationstheorie abgehandelt. Dass ich der Lehre von CI. Ber- 
nard, dass die Pferde nach beiderseitiger Facialislähmung sterben, 
nicht zustimme, lehrt ein in diesem Heft erschienener Artikel von 
mir über diesen Gegenstand. 

Die specielle Nervenphysiologie fuhrt den Verf. zur Physiologie 
der Sinnesorgane. Die schwierigen Kapitel über Sehen und Hören 
werden durch specielles Eingehen auf die physikalischen Gesetze leicht 
fasslich gemacht. Für den Veterinär haben jedoch die specielle Ner¬ 
venphysiologie und die Physiologie der Sinnesorgane keine so hohe Be¬ 
deutung wie die vegetative und die Bewegungsphysiologie, weshalb ich 
auf die betr. Kapitel hier nicht näher eingehe. Es sei überhaupt er¬ 
wähnt, dass ich bei meiner Besprechung nur die in die Veterinär- 
Physiologie einschlagenden Punkte specieller beleuchtet habe. Ueber 
die rein human-physiologischen Punkte wage ich kein Urtheil abzugeben. 

Der dritte und letzte Theil des Buches behandelt die Fortpflan¬ 
zung, die generativen Functionen. Bei der Besprechung der Men¬ 
struation gedenkt Verf. nur des Berstens der Blutgefässe der Schleim¬ 
haut, dagegen nicht des theilweisen Verlustes derselben (des Stratum 
epitheliale et cellulare), was doch sehr viele Forscher annehraen. Die 
Entstehung der Spermatozoen schildert Verf. noch nach der älteren 
Theorie und ignorirt die Resultate der Forschungen von Landois, 
v. Ebner u. s. w. Auch die ersten Veränderungen des Eies nach 
der Befruchtung beschreibt Verf. noch nach früheren Anschauungen, 
er lässt das Keimbläschen verschwinden u. dgl. Hier hätten doch 
wohl die neueren Anschauungen, wenn ihnen auch Verf. nicht zu¬ 
stimmt, vorgetragen werden können. Die Entwickelung des Fötus 
wird anschaulich in der Ausdehnung geschildert, wie es in den Rahmen 
dieses physiologischen Lehrbuches passt. Erwünscht wäre gewesen 
eine klarere Darstellung der Bildung der Eihäute. 

Wenn ich, wie aus Vorstehendem ersichtlich ist, auch über einige 
in dem Lehrbuche vorgetragene Lehren anderer Meinung bin, als der 
Verfasser, muss ich dennoch wiederholen, dass ich das Werk aus voll¬ 
ster Ueberzeugung allen Kollegen, namentlich den Studirenden aufs 
Wärmste empfehlen kann. Dürfte ich in Bezug auf die Einrichtung 
des Buches noch einen Wunsch aussprechen, so wäre es der, dass in 
der unzweifelhaft rasch folgenden zweiten Auflage des Werkes die 
Uebersichtlichkeit über das Material durch das öftere Anbringen von 

▲rchi? f. wisse nieh. u. prakt. TMerhellk. VII. 4u.S. 25 


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378 


MUELLER. 


Ueberschriften oder durch Inhaltsangaben am Rande erhöht werde. 
Der Raum könnte nach meiner unmassgeblichen Meinung leicht durch 
Wegfall einer Reihe anatomischer resp. histologischer (im Petitdruck 
gegebener) Notizen gewonnen werden, die zum Verständniss der betr. 
Functionen nicht unbedingt nothwendig sind und in Anbetracht des 
Raumes doch nur lückenhaft gegeben werden können. Damit meine 
ich natürlich nicht die anatomischen Schilderungen der Darrazotten, 
der Lvmphdrüsen, der Milz u. s. w. Diese sind zum Verständniss 
unbedingt nothwendig. Die Verlagsbuchhandlung hat das Werk vor¬ 
trefflich ausgestattet, Druck und Papier sind sehr gut und eine Reihe 
guter Holzschnitte veranschaulicht die heutzutage gebräuchlichsten In¬ 
strumente der physiologischen Untersuchungen. 

Möchte das Buch bald in den Händen aller unserer Studirenden 
sein, möchte es dazu beitragen, das Interesse derselben für die phy¬ 
siologischen Wissenschaften derart zu erregen, dass sie sich mit Lust 
und Liebe dem Studium derselben hingeben, um später fördernd in 
die physiologische Forschung eintreten zu können. Ellenberger. 


Beyer, B., Geh. Reg.-Rath. Reichsgesetze und Preussische 
Landesgesetze über Ab wehr und Unterdrückung von Vieh¬ 
seuchen nebst den zur Ausführung derselben ergangenen Vor¬ 
schriften und anderen die Handhabung der Veterinärpolizei betreffen¬ 
den Bestimmungen. Berlin, 1881. Verlag von P. Parey. 

Das oben genannte, soeben erschienene Buch enthält in höchst 
übersichtlicher Anordnung die vollständigste Sammlung der in 
Preussen gültigen gesetzlichen Bestimmungen, welche sich auf die Ab¬ 
wehr und Unterdrückung der ansteckenden Thierkrankheiten, auf die 
Ausbildung und die Prüfungen der Thierärzte und auf die amtlichen 
Functionen der Letzteren beziehen. Den nachstehend genannten, im 
Wortlaut mitgetheilten Gesetzen, Instructionen und Erlassen sind über¬ 
all, wo es erforderlich schien, Erläuterungen hinzugefügt, welche zum 
grossen Theil den Motiven der betreffenden Gesetzvorlagen entnommen 
und in allen Fällen geeignet sind, das Verständniss der Bestimmungen 
wesentlich zu erleichtern: 

Reichsgesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von 
Viehseuchen; Instruction des Bundesrathes, Preussisches Aus- 


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Referate und Kritiken. 


379 


führungsgesetz zu demselben; Circularerlass des Herrn Ministers 
für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, betreffend Aus¬ 
führung der genannten Gesetze und der Instruction; Reichs¬ 
gesetz, betreffend Massregeln gegen die Rinderpest; revidirte 
Instruction zu demselben; Circularverfügung betreffend die 
Kosten, welche aus den Massregeln gegen die Rinderpest er¬ 
wachsen; Reichsgesetz, betreffend die Beseitigung von An¬ 
steckungsstoffen bei Yiehbeförderungen auf Eisenbahnen; An¬ 
ordnungen des Bundesrathes und des Preussischen Handels¬ 
ministers zur Ausführung dieses Gesetzes; gesetzliche Be¬ 
stimmungen über die Bestrafung der Zuwiderhandlungen gegen 
Anordnungen zur Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. 

Ausserdem enthält das Buch die Reglements der Provinzial- und 
Koramunalverbände über die Aufbringung der Entschädigung für auf 
polizeiliche Anordnung getödtete rotzkranke Pferde und lungenseuche¬ 
kranke Rinder, die Verordnung über die Errichtung der technischen 
Deputation für das Veterinärwesen, die Reglements für die Staats¬ 
prüfungen der Thierärzte und die kreisthierärztlichen Prüfungen, die 
gesetzlichen Bestimmungen über die Gebühren der Thierärzte und die 
Gebührnisse solcher Militärcoramando’s, welche bei Absperrungsmass- 
regeln gegen die Rinderpest verwendet werden. 

Den Schluss bilden gemeinfassliche Belehrungen über die Kenn¬ 
zeichen und den Verlauf der im Reichsgesetz vom 23. Juni 1880 aufge¬ 
führten ansteckenden Thierkrankheiten und der Rinderpest. 

Ohne dass es einer weiteren Empfehlung bedarf, ergiebt sich 
schon aus der mitgetheilten Inhaltsangabe, dass diese Sammlung und 
Erläuterung der gesetzlichen Bestimmungen nicht nur den beamteten 
Thierärzten sondern auch den Ortspolizeibehörden, welche 
mit der Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen zu thun haben, 
unentbehrlich werden muss. 

Das Buch ist von der Verlagsbuchhandlung sehr gut ausgestattet. 

Müller. 


25* 

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Kleinere Hittheilnngen. 


Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während 

des Quartals October-December 1880. 

1. Milzbrand. An Milzbrand sind gefallen in 189 Gehöften, welche sich 
auf 172 Ortschaften in 96 Kreisen vcrtheilen: 11 Pferde, 281 Stück Rindvieh, 
210 Schafe, 2 Schweine. 

Die 11 an Milzbrand gestorbenen Pferde entfallen auf 6 Bestände, von 
denen 2 je 3, eines 2 Pferde verloren; in 5 Gehöften herrschte der Milzbrand 
gleichzeitig auch unter dem Rindvieh. Drei iin Kreise Johannisburg, Reg.-Bez. 
Gumbinnen, gefallene Pferde gehörten einem Posthalter, das Trinkwasser wurde 
einem im Stall befindlichen Brunnen entnommen und enthielt Ammoniak und sal¬ 
petrige Säure. Ein Pferd im Kreise Delitsch ist angeblich durch das Fleisch 
einer an Milzbrand gefallenen Kuh inficirt worden, welches man im Pferdestall 
an Hunde verfüttert hatte. 


Die 281 an Milzbrand gefallenen »Stück Rindvieh vertheilen sich in ab¬ 
gerundeten Procentsätzen wie folgt auf die einzelnen Provinzen: 


Ostpreussen . . . , 

. . . 2.45 pCt. 

Schleswig-Holstein . . . 

8,25 pCt. 

Westpreussen . . . 

. . 1,45 „ 

Hannover. 

6,10 „ 

Brandenburg . . 

. . 2.45 „ 

Westfalen. 

1,45 „ 

Pommern .... 

• • 4,20 „ 

Hessen-Nassau . . . . 

3,90 „ 

Posen . 

. . 30,60 „ 

Rheinprovinz. 

7,10 „ 

Schlesien .... 

. . 17,85 „ 

Hohenzotlernsche Lande 

0,00 „ 

Sachsen .... 

. . 14,20 „ 

Summa 

100,00 pCt. 


Ueber 4 Stück Rindvieh starben kurz hinter einander am Milzbrand: 


Bestand. Gefallen. 


in 

1 

Geh., Kreis Pyritz, 

Reg.-Bezirk Stettin, 

120 Stück, 

6 Stück 

r> 

1 

* * Lauenburg, 

* Köslin, 

43 „ 

6 . 


2 

» » Buk, 

„ Posen, 

86 „ 

31 . 


1 

„ „ Inowraclaw, 

„ Bromberg, 

59 „ 

17 „ 

»» 

1 

„ w Liebenwerda, 

„ Merseburg, 

50 , 

9 , 


1 

„ „ Liebenberg, Landdr.-Bez. Hildesheim 

46 „ 

9 , 


In dem Gehöfte des Kreises Pyritz dauerte das Herrschen des Milzbrandes 
seit dem Quartal Juli-September fort; der Gesammtverlust betrug 5 Pferde, 


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Kleinere Mittheilungen. 


381 


42 Stück Rindvieh und 3 Ziegen. In Posadowo, Kreis Buk, sind auch während 
des vorigen Jahres einzelne Fälle von Milzbrand vorgekommen, der Ausbruch im 
Berichtsquartal wird auf Unterlassung der Desinfection des Schafstalles zurück¬ 
geführt, in welchem während des Juli der Milzbrand geherrscht hatte. Die Ort¬ 
schaft des Kreises Inowraclaw wird als eine alte Milzbrandstation bezeichnet. In 
dem Orte des Kreises Liebenwerda hatte der Milzbrand während des vorigen 
Jahres sehr bedeutende Verluste im Gefolge gehabt, im Berichtsquartal fielen 
1 Pferd, 9 Stück Rindvieh und 2 Ziegen. 

Abgesehen von den oben genannten Ausbrüchen des Milzbrandes, welche als 
seuchenartig bezeichnet werden können, fielen kurz hinter einander in 2 Gehöften 
je 4, in 7 Gehöften je 3, in 18 Gehöften je 2, in 138 Gehöften beschränkte sich 
der Verlust auf 1 Stück Rindvieh. Besonders zahlreiche Erkrankungen entfallen 
auf solche Orte bez. Gehöfte, in denen der Milzbrand stationär ist. In einem Orte 
des Kreises Namslau trat der Milzbrand wiederholt auf, nachdem an derselben 
Krankheit gefallene Schafe theils auf der Hütung, theils in Composthaufen ver¬ 
graben worden waren. Im Uebrigen wiederholen die Berichte in Betreff der 
ursächlichen Verhältnisse meistens die gewöhnlichen, fast durchweg sehr unbe¬ 
stimmten Angaben. Namentlich sollen durch Tränken mit Wasser, welchem sich 
Stalljauche beigemischt hatte und in der Provinz Sachsen durch Verfütterung von 
Rübenschnitzeln häufig Ausbrüche des Milzbrandes veranlasst worden sein. 

Im Reg.-Bezirk Schleswig und im Kreise Eupen, Rog.-Bez. Aachen, trat der 
Milzbrand grösstentheils in Form des sogenannten Rauschbrandes,* in einer Ort¬ 
schaft des Reg.-Bez. Münster in Form des Carbunkel-Milzbrandes auf. Im Kreise 
Jülich, Reg.-Bez. Aachen, starb ein Stück Rindvieh nach 12 ständiger Krankheits¬ 
dauer am Milzbrandfieber. Im Uebrigen scheint die Krankheit fast durchweg in 
der apoplectischen Form vorgekommen zu sein. 

Keine Fälle von Milzbrand wurden beobachtet in den Reg.- bez. Landdr.- 
Bez. Danzig, Stralsund, Lüneburg, Osnabrück, Aurich, Minden, Arnsberg, Koblenz 
und Sigmaringen. 

Die 210 an Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf 9 Gehöfte der 
Provinzen Ostpreusson, Westpreussen, Brandenburg, Posen, Schlesien und West¬ 
falen. In einem dieser Gehöfte herrschte der Milzbrand gleichzeitig unter dem 
Rindvieh. 

Die beiden Fälle von Milzbrand bei Schweinen sind in den Kreisen 
Schwetz, Reg.-Bez. Marienwerder und Sangerhausen, Reg.-Bez. Merseburg, be¬ 
obachtet worden. Das Vorhandensein des Milzbrandes bei dem Schwein im Kreise 
Schwetz wurde durch das Auffinden von Bacterien festgestellt. 

In Folge von Milzbrandinfection erkrankten schwer 4 Menschen, von denen 
ein Mann — im Kreise Jerichow I., Reg.-Bez. Magdeburg — starb. 

2. Maul- und Klauenseuche. Von den 61 Ortschaften, in denen Aus¬ 
brüche der Maul- und Klauenseuche beobachtet wurden, entfallen 49 auf die 
Provinz Hannover und unter diesen 25 bez. 15 auf die Landdr.-Bez. Aurich und 
Hannover; nur der Landdr.-Bez. Osnabrück blieb seuchefrei. Die Einschlep¬ 
pung der Krankheit erfolgte fast in allen Fällen unmittelbar oder 
mittelbar durch in den Niederlanden angekauftes Vieh, welches 


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382 


Kleinere Mittheilungen. 


ausserdem Anlass zu Ausbrüchen der Seuche in je einer Ortschaft der Reg.-Bez. 
Potsdam und Köln gegeben hat. Ausserdem wurde die Seuche beobachtet in zu¬ 
sammen 10 Ortschaften der Reg.-Bez. Potsdam, Köslin, Bromberg, Arnsberg, 
Köln und Aachen; bei 5 Ausbrüchen wurde die Einschleppung durch angekauftes 
Vieh nachgewiesen, bei 5 Ausbrüchen blieb die Einschleppung unermittelt. In 
2 Ortschaften erkrankten ausser dem Rindvieh auch Schafe. Die meisten Aus¬ 
brüche kamen gegen Ende des Berichtsquartals vor, eine weitere Verbreitung der 
Seuche im Quartal Januar-März steht zu befürchten. 

Der Verlauf der Krankheit, welcho vorwaltend die Maulschleimhaut, nur 
ausnahmsweise die Fussonden ergriff, war im Allgemeinen gutartig, Todesfälle 
bei an der Aphthenseuche erkrankten Thieren sind nicht vorgekommen. 

Im Kreise Leer, Landdr.-Bez. Aurich, erkrankten 2 Kinder, welche frische 
rohe Milch von an der Seuche erkrankten Kühen getrunken hatten. Dieselben 
bekamen wunde Stellen an der Mundschleimhaut, die Lippen waren ganz unförm¬ 
lich geschwollen, nach 6 Tagen trat Besserung ein, und nach 14 Tagen war die 
Krankheit gehoben. In demselben Kreise erkrankten 5 Schweine nach dem Ge¬ 
nüsse von roher Buttermilch. 


3. Lungenseuche. Die Zahl der Kreise \ Ortschaften und Gehöfte, in 
denen die Lungenseuche auftrat, hat sich gegen das Quartal Juli-September 1880 
wenig geändert; dagegen macht sich eine nicht unerhebliche Abnahme der er¬ 
krankten, getödteten und gefallenen Thiere im Berichtsquartal bemerklich, wie 
die nachstehende Vergleichung zeigt: 


Quartal 

Zahl der Kreise. 

„ * Ortschaften . 

* „ Gehöfte. 

Gesammtbestand der verseuchten Gehöfte 


Juli-Septbr. 

37 

65 

92 


October-Decbr. 

36 

63 

96 


2506St.Rindv. 2258St.Rindv. 


Erkrankt. 371 


Gefallen . 

Auf polizeiliche Anordnung getödtet . . 
Auf Veranlassung der Besitzer „ . . 

Am Schlüsse des Berichtsquartals blieben 
verseucht . 


21 

336 

27 


285 

12 

252 

25 


77 Gehöfte 86 Gehöfte. 


Die 285 an der Lungenseuche erkrankten Stück Rindvieh vertheilen sich in 


abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, 

auf die Provinzen: 


Westpreussen . . . 

. . . 5,95pCt, 

Schleswig-Holstein 

. . . 0,35pCt. 

Brandenburg . . . 

. . . 2,80 „ 

Hannover. 

. . . 3,85 „ 

Posen. 

. . . 20,70 „ 

Hessen-Nassau . . . 

. . . 10,90 „ 

Schlesien. 

. . . 5,25 „ 

Rheinprovinz . . . 

. . . 1,05 „ 

Sachsen . 

. . . 49,15 „ 


100,00 pCt. 


Die 289 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh betragen 12,80 pCt. 
der 2258 Stück, welche in den verseuchten Gehöften vorhanden waren. Das¬ 
selbe Verhältniss berechnet sich für die einzelnen Provinzen, wie folgt: 


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Kleinere Mittheilungen. 383 


Westpreussen . . . 

. . . 9,90 pCt. 

Schleswig-Holstein . . 

. . l4,28pCt. 

Brandenburg . . . 

. . . 5,88 „ 

Hannover . 

. . 32,35 „ 

Posen. 

. . . 9,97 „ 

Hessen-Nassau .... 

. . 15,50 . 

Schlesien. 

Sachsen . 

. . . 50,00 „ 

. . . 13.32 „ 

Rheinprovinz .... 

. . 30,00 „ 


Frei von der Lungenseuche blieben die Provinzen Ostpreussen, Pommern, 
die Hohenzollernschen Lande, die Stadt Berlin, die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Ma¬ 
rienwerder, Breslau, Liegnitz, Erfurt, Hannover, Lüneburg, Stade, Aurich, Ko¬ 
blenz, Köln, Aachen und Trier. Im Reg.-Bez. Schleswig beschränkte sich das 
Vorkommen auf ein Thier in einem Bestände von 7 Stück des Kreises Stormarn; 
die Einschleppung blieb unaufgeklärt. Im Reg.-Bez. Wiesbaden wurde die Lun¬ 
genseuche nur bei einem geschlachteten Mastochsen constatirt. 

Im Kreise Pr. Stargard, Reg.-Bez. Danzig, dauerte das Herrschen der Lun¬ 
genseuche unter einem Bestände seit dem vorigen Quartal fort und kamen in 2 
Gehöften Neuausbrüche vor, von denen einer auf Verschleppung aus dem zuerst 
genannten Bestände zurückzuführen ist. 

Der einzige Ausbruch im Reg.-Bez. Potsdam betraf den Bestand eines Gutes 
im Kreise Teltow und ist durch in Holland angekauftes Vieh vermittelt worden. 
Von den 6 verseuchten Beständen des Reg.-Bez. Frankfurt gehören 3 einem 
Dorfe des Kreises Züllichau an, in welchem die Krankheit auch früher geherrscht 
hatte. Von 37 Stück dieser Bestände, welche auf dem Berliner Viehmarkt ab¬ 
geschlachtet wurden, erwiesen sich 4 mit der Krankheit behaftet. In einen 
Gutsbestand des Kreises Lebus wurde die Krankheit durch angekaufte Ochsen 
eingeschleppt. Die Ursachen der Ausbrüche in 2 kleinen Beständen des Kreises 
Königsberg sind nicht ermittelt worden. 

Im Reg.-Bez. Posen sind 2 Neuausbrüche unter je einem kleinen Bestände 
der Kreise Bomst und Fraustadt beobachtet worden, in 6 seit dem vorigen Quartal 
verseuchten Gehöften dauerte das Herrschen der Krankheit fort. Die Lungen¬ 
seuche herrschte unter 2 schon im vorigen Quartal verseucht gewesenen Bestän¬ 
den des Reg.-Bez. Bromberg weiter fort und brach während des Quartals, einge¬ 
schleppt durch in Böhmen angekaufte Ochsen, unter einem dritten Bestände aus. 

In einem seit dem vorigen Quartal verseuchten Dorfe des Kreises Pless, 
Reg.-Bez. Oppeln, verbreitete sich die Lungenseuche auf 6 andere Gehöfte. 

Die Seuchenausbrüche im Reg.-Bez. Magdeburg betrafen während des Be¬ 
richtsquartals vorwaltend Viehbestände kleinerer Besitzer in grösstentheils seit 
längerer Zeit verseuchten Ortschaften; nur wenige Ausbrüche unter Beständen 
grösserer Fabrikwirthschaften gelangten zur Kenntniss der Behörden. Die Ver¬ 
breitung auf weitere Gehöfte derselben Ortschaft soll besonders häufig durch 
Zwischenträger vermittelt worden sein. In je einem Falle waren die erkrankten 
Thiere in Braunschweig bez. in Bayern angekauft. Die Verluste blieben im All¬ 
gemeinen gering, jedoch sind sämmtliche 12 Stück eines Bestandes im Kreise 
Jorichow I. auf polizeiliche Anordnung getödtet worden. Die 10 verseuchten 
Gehöfte des Reg.-Bez. Merseburg, von denen 3 schon im vorigen Quartal Verluste 
erlitten hatten, vertheilen sich auf die Kreise Liebenwerda, Mansfelder See- und 
Gebirgskreis, Merseburg und Sangerhausen. Die Einschleppung erfolgte je einmal 
durch einen in England angekauften Shorthorn-Bullen bez. durch aus Bayern ein- 


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384 


Kleinere Mittheilungen. 


geführte Zugochsen. In Borschütz, Kreis Liebenwerda, war die am 9. Februar 
1880 constatirte Lungenseuche am 15. September für erloschen erklärt worden. 
Am 19. November 1880 wurde auf polizeiliche Anordnung ein Stück geschlachtet; 
die rechte Lunge enthielt am hinteren Ende von einer starken bindegewebigen 
Kapsel umschlossen ein abgestorbenes Stück, welches auf der Schnittfläche noch 
die Structur der Lunge erkennen liess. Da dieses Thier jedenfalls noch Infections- 
fähigkeit besass, trotzdem seit dem letzten Erkrankungsfall in der Heerde über 
6 Monate vergangen waren, so dürfte die Folgerung berechtigt erscheinen, dass 
die gegenwärtige Observationsfrist zu kurz bemessen ist. 

In einer Ortschaft des Kr. und Landdr.-Bez. Hildesheim wurde die Lungen¬ 
seuche auf das Vieh benachbarter Gehöfte übertragen. Die Berichte führen einen 
Ausbruch im Kreise Liebenberg ohne weitere Bemerkungen und ausserdem an, dass 
zwei während des Novembers bez. Decembers geschlachtete Kühe eines Bestandes 
im Kreise Melle, Landdr.-Bez. Osnabrück, unter welchem die Lungenseuche wäh¬ 
rend des Aprils geherrscht hatte, die anatomischen Veränderungen derselben 
Krankheit erkennen Hessen. 

Von 18 im Reg.-Bez. Kassel verseuchten Gehöften entfallen 16 auf den 
Kreis Gersfeld — in welchem die Lungenseuche stets am stärksten verbreitet 
auftritt —, je 1 auf die Kreise Eschwege und Fulda. Die Einschleppung erfolgte 
zweimal durch Ankauf von Vieh im Grossherzogthum Sachsen-Weimar. 

In Düsseldorf fiel eine kurz vorher aus dem Kreise Dortmund angekaufte 
Kuh; ein zweiter Ausbruch der Lungenseuche im Reg.-Bez. Düsseldorf betraf 
einen Viehbestand im Landkreis Krefeld. Die Einschleppung wurde durch in der 
Nachbarschaft angekaufte Kühe vermittelt. 

Von den verseuchten Beständen entfallen 22,72, von den auf polizeiliche 
Anordnung getödteten Rindern 50,70 pCt. auf grössere Güter, 77,28 bez. 
49.30 pCt. auf kleinere Besitzungen. Berechnet man dieselben Verhältnisszahlen 
für die Provinzen Westpreussen, Brandenburg, Posen und Sachsen, in denen die 
grösseren Güter liegen, so entfallen auf letztere 33,33 pCt. der verseuchten Be¬ 
stände und 61,65 pCt. der auf polizeiliche Anordnung getödteten Stück Rindvieh. 
Der Verlust an auf polizeiliche Anordnung getödteten Thieren beträgt in den 
grösseren Gütern nahezu 8 und in den kleineren Besitzungen etwas über 27pCt. 
der vorhandenen Bestände. 

Aus dem Auslande ist die Lungenseuche in 8 Bestände eingeschleppt wor¬ 
den und zwar: zweimal aus Bayern und Sachsen-Weimar, je einmal aus Holland, 
England, Braunschweig und Böhmen. 

Das statistische Material erwähnt, dass die Impfung mit sehr gutem Erfolge 
in 4 Beständen des Reg.-Bez. Magdeburg und — ohne Angabe des Resultates — 
in einem Bestände des Reg.-Bez. Merseburg ausgeführt worden ist. In Strelitz, 
Kreis Kolmar, Reg.-Bez. Bromberg, erkrankte hochgradig eine 4 Jahre vorher 
mit Erfolg geimpfte Kuh. 

4. Rotz-Wurmkrankheit. Die Rotz-Wurmkrankheit wurde beobachtet: 

Quartal Juli-Septbr. October-Decbr. 

Zahl der Kreise. 160 129 

„ „ Ortschaften . 276 255 

* „ Gehöfte. 315 322 


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Kleinere Mittheilungen. 


385 


Quartal 

Juli-Septbr. 

October-Decbr. 

Gesammtbestand der verseuchten Gehöfte . 

2681 Pferde 

2817 Pferde 

Erkrankt . 

620 „ 

614 , 

Gefallen. 

58 , 

20 „ 

Auf polizeiliche Anordnung getödtet . . . 

542 » 

541 * 

Auf Veranlassung der Besitzer „ ... 

29 „ 

105 „ 

Am Schluss des Berichtsquartals blieben 
verseucht. 

172 Gehöfte 

165 Gehöfte 


Die 666 im Berichtsquartal getödteten und gefallenen Pferde bilden 20,80 
pCt. der 2817 Pferde, welche in den verseuchten Beständen vorhanden waren 
und vertheilen sich in abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, auf die einzelnen 
Provinzen: 


Ostpreussen . . . . 

. . . 4,65 pCt. 

Westpreussen . . . 

. . . 16.20 „ 

Brandenburg . . . 

. . . 6,15 , 

Pommern. 

. . . 6,75 „ 

Posen. 

. . . 10,85 „ 

Schlesien. 

. . . 44,75 „ 


Sachsen. 3,45 pCt. 

Schleswig-Holstein .... 0,15 „ 

Hannover. 1,65 * 

Westfalen . .. 1,05 „ 

Hessen-Nassau . 1,20 * 

Rheinprovinz. 3,15 „ 


100,00pCt. 


Die Berechnung zeigt, dass der bedeutendste Procentsatz auf die Provinz 
Schlesien entfällt, 268 Pferde, fast genau 2 /s des Gesammtverlustes 
im ganzen Staate, sind im Reg.-Bez. Oppeln getödtet worden bez. 
gefallen. 

Die 29 im Reg.-Bez. Königsberg getödteten und gefallenen Pferde ver¬ 
theilen sich auf 10 Gehöfte, von denen 4 zusammen 19 Pferde verloren. Zwei 
Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft worden. Die beiden 
im Reg.-Bez. Gumbinnen beobachteten Rotzfalle betrafen das einzige Pferd je 
eines Besitzers. Eines dieser Pferde war kurz vorher angekauft worden. 

Von 34 im Reg.-Bez. Danzig getödteten Pferden entfallen 28 auf 9 Be¬ 
stände des Kreises Pr. Stargard. In dem früher stark verseuchten Landkreise 
Danzig kam nur ein Neuausbruch der Rotzkrankheit vor. Frei von der letzteren 
blieben die Kreise Carthaus, Elbing und Neustadt. Im Reg.-Bez. Marienwerder 
sind 74 Pferde getödtet worden bez. gefallen, davon 15 im Kreise Strassburg, 
14 im Kr. Marienwerder und 13 im Kr. Thorn. In einem Gutsbestande des 
Kreises Thorn brach die Rotzkrankheit während des Quartals zum dritten Male 
aus: erster Ausbruch October 1878, 10 Pferde getödtet, erloschen Juni 1879; 
Juni 1879 ein verdächtiges Pferd, später aus der Observation entlassen; zweiter 
Ausbruch November 1879, 14 Pferde getödtet, erloschen August 1880; dritter 
Ausbruch October 1880, 6 Pferde getödtet. Am 1. Januar 1881 war noch ein 
Bestand von 35 Pferden und Fohlen vorhanden. Der häufige Wiederausbruch in 
Gutsbeständen des Reg.-Bez. Marienwerder wird zum Theil auf den Missbrauch 
zurückgeführt, dass nach Tödtung der rotzkranken Pferde bald früher bald später 
neue Pferde angekauft und zwischen die der Ansteckung ausgesetzt gewesenen 
gestellt, und dass die in besonderen Ställen gehaltenen Fohlen, sobald sie arbeits¬ 
fähig erscheinen, in den verseuchten Bestand eingereiht werden. In vielen Fällen 
wurde gleich bei der ersten Constatirung der Rotzkrankheit eine grössere Anzahl 


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386 


Kleinere Mitteilungen. 


kranker Pferde vorgefunden. Drei Pferde waren kurz vorher angekauft. Frei von 
der Rotzkrankheit blieben nur die Kreise Könitz und D.-Krone. 

Von 12 im Reg.-Bez. Potsdam getödteten Pferden entfallen 8 auf einen 
Gutsbestand im Kreise West-Havelland — die Einschleppung blieb unermittelt 
— und 2 auf einen alten Seuchenherd im Kreise Prenzlau. Von den 22 im 
Reg.-Bez. Frankfurt getödteten und gefallenen Pferden gehörten 10 vier Gehöften 
des Kreises Friedeberg, 8 vier Gehöften des Kreises Königsberg an. ln Berlin 
ist die Zahl der Rotzfälle von 26 im Quartal Juli-October auf 7 im Berichts¬ 
quartal gesunken. Fünf in der Provinz Brandenburg getödtete Pferde waren kurz 
vorher angekauft worden. 

In der Provinz Pommern macht sich eine Abnahme der Rotzerkrankungen 
bemerklich, die 12 im Reg.-Bez. Stettin getödteten und gefallenen Pferde ver¬ 
theilen sich auf 7 Bestände, unter diesen befindet sich der Rest von ursprünglich 
15 Pferden eines Fuhrwerksbesitzers in Stettin und der Bestand eines Gutes im 
Kreise Greifenhagen, welches während der beiden letzten Quartale 5 Pferde verloren 
hat. Zwei Pferde waren kurz vorher angekauft. Die 33 im Reg.-Bez. Köslin ge¬ 
tödteten Pferde vertheilen sich mit Ausnahme eines Pferdes auf 3 seit längerer 
Zeit bez. seit dem vorigen Quartal verseuchte Güter, in je einem Bestände der 
Kreise Belgard und Stolp wurde der Rest des ganzen Bestandes — zusammen 
23 Pferde — getödtet. Der Reg.-Bez. Stralsund blieb frei von der Rotzkrankheit. 

Die Zahl der in der Provinz Posen getödteten und gefallenen Pferde beträgt 
35 weniger als im Quartal Juli-September, 5 rotzkranke Pferde waren kurze Zeit 
vorher angekauft worden. In 2 alten Rotzherden des Reg.-Bez. Posen wurden 
zusammen 5, in 4 Rotzstationen des Reg.-Bez. Bromberg 27 Pferde getödtet, 
unter den letzteren befindet sich der Rest zweier Bestände. In einem Gehöfte 
des Kreises Wongrowiec erwiesen sich bei der ersten Untersuchung von 12 Pfer¬ 
den 5 rotzkrank. Die Zahl der Rotzausbrüche unter den Pferden von Handels¬ 
leuten und Handwerkern der kleinen Städte war geringer als in früheren Quar¬ 
talen. Von den 28 Stadt- und Landkreisen der Provinz blieben 10 seuchefrei. 

Die 18 im Reg.-Bez. Breslau und die 12 im Reg.-Bez. Liegnitz getödteten 
bez. gefallenen Pferde vertheilen sich auf zusammen 28 Bestände mit 109 Pfer¬ 
den. Die Fälle blieben mithin fast durchweg vereinzelt. Zwei rotzkrank befun¬ 
dene Pferde hatten ein Jahr vorher unter Observation gestanden und waren als 
unverdächtig aus derselben entlassen worden. Sieben Pferde befanden sich, als 
die Krankheit constatirt wurde, erst kurze Zeit in den Händen der betreffenden 
Besitzer. 

Im Reg.-Bez. Oppeln sind 268 Pferde getödtet worden und gefallen, dar¬ 
unter in dem sogenannten Montanbezirk, d. h. irr. altbeuthener Kreise, und im 
Kreise Tost-Gleiwitz zusammen 203, im Kreise Neustadt 38 Pferde. Frei von 
der Rotzkrankheit blieben nur die Kreise Lublinitz und Kosenberg. 

Das Herrschen der Rotzkrankheit unter den Pferden eines Hüttenwerkes im 
Kreise Kattowitz gelangte durch den Sectionsbefund bei einem in der Ross¬ 
schlächterei zu Zawodzie getödteten Pferde zur Kenntniss der Behörde. Die 
Hütten Verwaltung liess sämmtliche 57 Pferde ihres Besitzes tödten und erwiesen 
sich bei der Section 38 Pferde, welche oberirdisch gearbeitet hatten, rotzkrank; 
die unterirdisch arbeitenden waren gesund. Von den übrigen 31 im Kreise Katto- 


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Kleinere Mittheilungen. 


387 


witz getödteten Pferden gehörten 5 einer Hüttenverwaltung, 26 18 Besitzern. 
In sämmtlichen 23 verseuchten Gehöften des Kreises Kattowitz waren 95 Pferde 
vorhanden gewesen, von denen am Schlüsse des Berichtsquartals noch 5 lebten. 
Die 39 im Kreise Beuthen getödteten Pferde gehörten 23 Gehöften an, in denen 
zusammen 94 Pferde gehalten wurden. Ein Bestand von 45 Pferden verlor 6 , 
ein anderer von 12 2 Pferde, die übrigen 21 Bestände zählten ursprünglich 
35 Pferde, von denen am Schlüsse des Berichtsquartals noch 4 vorhanden waren. 
In den Kreisen Tamowitz und Zabrze wurden zusammen 15, im Kreise Tost-Gleiwitz 
59 Pferde getödtet. Die meisten rotzkranken Pferde in den bisher genannten 
Kreisen gehörten kleinen Ackerwirthen, welche nebenbei Fuhrwerk betreiben, 
oder Fuhrleuten und hatten einen sehr geringen Werth. Ein Pferd wurde auf 
IIV 3 Mark taxirt, ein anderes war kurz vorher für 15 Mark angekauft worden. 
Die Märkte in Beuthen, Kattowitz, Königshütte, Tarnowitz, namentlich aber in 
Gleiwitz haben vielfach zur Verbreitung der Rotzkrankheit Anlass gegeben, 
ebenso auch die Gastställe und die transportabelen Futtertröge vor denselben. 
Die Krankheit ist vielfach von den Besitzern wissentlich verheimlicht oder doch 
verkannt worden. 

Sämmtliche 19 Pferde zweier Vorwerke im Kreise Neustadt wurden auf 
polizeiliche Anordnung getödtet, dieselben waren hauptsächlich zu Fuhren benutzt 
worden. Die übrigen 19 Rotzfälle im Kreise Neustadt vertheilen sich auf 9 Ge¬ 
höfte, deren Besitzer zum Theil ebenfalls Fuhrwerk betrieben. Im Kreise Kreuz¬ 
burg wurde der ganze Bestand von 5 Pferden eines Besitzers getödtet. 

Von den rotzkranken Pferden im Reg.-Bez. Oppeln waren 16 kurz vorher 
angekauft worden, 2 wurden auf Rossschlächtereien, 8 auf Märkten, 2 herrenlos 
angetroffen, 4 bez. 5 Ausbrüche der Rotzkrankheit sollen durch in Polen bez. 
Galizien angekaufte Pferde, 2 durch Infection unterwegs oder in Gastställen ver¬ 
mittelt worden sein. Von 185 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden 
gehörten 75 Fuhrleuten und 66 kleineren Ackerwirthen, von denen ein grosser 
Theil jedoch nebenbei Fuhrwerk betreibt. 

Von 20 im Reg.-Bez. Magdeburg getödteten Pferden gehörten 16 je einem 
Gute der Kreise Jerichow I., Kalbe und Osterburg an. Ein Pferd war kurze Zeit 
vorher angekauft worden, ein Ausbruch ist durch Uebertragung von Pferden eines 
benachbarten Gehöftes, ein anderer durch Infection auf Reisen veranlasst worden. 
Im Reg.-Bez. Merseburg sind 2 Pferde auf Veranlassung der Besitzer, im Reg.- 
Bez. Erfurt ist ein Pferd auf polizeiliche Anordnung getödtet worden. 

Der Ursprung eines auf der Rossschlächterei in Altona rotzkrank befundenen 
Pferdes konnte nicht ermittelt werden. Weitere Rotzfälle sind im Reg.-Bez. 
Schleswig nicht beobachtet worden. 

In den Landdr.-Bez. Hildesheim, Lüneburg, Stade und Aurich sind zu¬ 
sammen 11 Pferde getödtet worden bez. gefallen. Dieselben vertheilen sich auf 
7 Gehöfte, in denen 24 Pferde vorhanden waren. Die Landdr.-Bez. Hannover 
und Osnabrück blieben frei von der Rotzkrankheit. 

In 6 Beständen mit zusammen 40 Pferden der Reg.-Bez. Münster und Arns¬ 
berg wurden 7 Pferde getödtet. Ein Pferd war kurz vorher angekauft worden. 
Im Reg.-Bez. Minden wurden keine Fälle von Rotzkrankheit beobachtet. 

Die 7 im Reg.-Bez. Kassel getödteten Pferde gehörten je einem Bestände 


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388 


Kleinere Mittheilungen. 


der Kreise Eschwege und Marburg an. Sämmtliche 4 Pferde des Bestandes im 
Kreise Marburg erwiesen sich rotzkrank, die Einschleppung war durch ein ange¬ 
kauftes Pferd vermittelt worden, das 2. Pferd erkrankte nach 14 Tagen, bald 
darauf auch das 3. und 4. Pferd. Im Reg.-Bez. Wiesbaden wurde die Rotzkrank¬ 
heit nur bei einem Pferde beobachtet. 

Im Reg.-Bez. Düsseldorf kamen 4 Rotz fälle unter den Pferdebeständen der 
Städte Elberfeld und Barmen vor. Im Reg.-Bez. Köln wurden 5 rotzkranke 
Pferde auf der Rossschlächterei in Köln ermittelt, ausserdem brach die Krankheit 
bei einem Pferde im Kreise Bergheira aus. Von 11 im Reg.-Bez. Trier getödteten 
Pferden gehörten 4 einem Fuhrmann, 3 Saarschiffern, 2 Rotzfälle wurden auf 
Rossschlächtereien ermittelt. In der Grube Dudweiler, Kreis Saarbrücken, erwies 
sich ein Pferd rotzkrank, 7 wegen anderer unheilbarer Leiden getödtete Pferde, 
von denen eines schon seit 12 Jahren dem seit lange verseuchten Bestände der 
Grube angehörte, zeigten bei der Section keine Erscheinungen der Rotzkrankheit. 

Die Hohenzollerschen Lande blieben frei von der Rotzkrankheit. 

Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge¬ 
tödteten Pferden entfallen: 

verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde 


auf grössere Güter. 

21.48 pCt. 

40,00 pCt. 

auf kleinere Ackerwirthschaften 

37,77 „ 

30,90 „ 

auf Besitzer, welche Fuhrwerk 



betreiben. 

33,33 , 

24,10 . 

Unbestimmt. 

7,42 „ 

5,00 , 


Berechnet man dieselben Verhältnisszahlen für die Provinzen Ostpreussen, West- 
preussen, Brandenburg (excl. Berlin), Pommern, Posen und Schlesien, so stellen 
sich dieselben, wie folgt: 

verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde 

grössere Güter. 23,20 pCt. 41,70 pCt. 

kleinere Ackerwirthschaften .. 38,80» 31,30» 

Betrieb von Fuhrwerk .... 30,80 » 22,00 » 

Unbestimmt. 7,20 » 5,00 » 

48 rotzkranke Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft, 10 
rotzkranke Pferde wurden auf den Märkten in Beuthen, Gleiwitz, Pilchowitz (4), 
Schafstedt, Sohrau, Tost, Zeitz, 20 auf Rossschlächtereien ermittelt, 6 Ausbrüche 
der Rotzkrankheit werden auf Infection unterwegs in Gastställen zurückgefübrt, 
über einen erneuten Ausbruch der Rotzkrankheit in früher verseucht gewesenen Be¬ 
ständen wird nur einmal (aus dem Reg.-Bez. Marienwerder) berichtet. 14 Aus¬ 
brüche sind angeblich durch Einschleppung aus dem Auslande veranlasst worden* 
nämlich 5 aus Polen, 5 aus Galizien, je 1 aus Braunschweig, Oldenburg, Belgien 
und Holland. 

Bei 40 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden = 7,40 pCt. wurde 
das Vorhandensein der Rotzkrankheit durch die Section nicht bestätigt. 

Ueber Erkrankungen von Menschen in Folge von Rotzinfection ist nichts be¬ 
kannt geworden. 

5. Schafpocken. Die Verbreitung der Schafpockenseuche ist zwar etwas 


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Kleinere Mitteilungen. 


389 


geringer als im Quartal Juli-September, jedoch noch immer sehr bedeutend ge¬ 
wesen. Die Schafpocken wurden beobachtet: 

Quartal Juli-Septbr. Quartal October-December 

in 111 Kreisen in 119 Kreisen 

„ 846 Ortschaften „ 749 Ortschaften 

* 1809 Heerden „ 1636 Heerden 

gefallen 3720 Schafe 12267 Schafe. 

Von den 1636 im Berichtsquartal verseuchten Beständen sind 1034 solche, in 
denen die natürlichen Pocken ausbrachen, in 543 Heerden wurde die Schutz¬ 
impfung der Lämmer, in 59 die Praecautionsimpfung des ganzen Bestandes aus¬ 
geführt. Die erheblich grössere Zahl der gefallenen Schafe im Berichtsquartal 
ist der Hauptsache nach dadurch bedingt worden, dass Verluste, welche die 
Heerden ira Quartal Juli-September betroffen hatten, den Berichterstattern erst 
während des letzten Quartals bekannt wurden. Ausdrücklich muss hervorgehoben 
werden, dass die oben erwähnten Ausbrüche der Schafpocken während des Be¬ 
richtsquartals constatirt worden sind. 

Von den Ortschaften der Reg.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Marienwerder, 
Potsdam, Frankfurt, Stettin, Köslin, Stralsund, Posen, Bromberg, Magdeburg und 
Merseburg, in denen natürliche Pocken zum Ausbruch gelangten, liegen 85,33 pCt. 
in Kreisen, in denen die Schutzimpfung der Lämmer gebräuchlich ist, 14,67 pCt. 
in Kreisen, in denen die Impfung der Lämmer nicht ausgeführt wird. Diese 
Verhältnisse sprechen für die Richtigkeit der Behauptung, dass die Ausbrüche 
der natürlichen Pocken zum grössten Theil auf die Schutzimpfungen zurückzu¬ 
führen sind. 

In den Reg.-Bez. Danzig, Breslau und Erfurt, in denen Schutzimpfungen 
der Lämmer nicht ausgeführt werden, brachen die natürlichen Pocken unter den 
Schafen von zusammen 8 Ortschaften aus. Die Pockenausbrüche in 3 Ortschaften 
des Reg.-Bez. Schleswig werden als Nachzügler der während des Quartals Juli- 
September in denselben Kreisen beobachteten bezeichnet, ebenso auch die Aus¬ 
brüche in zusammen 88 Ortschaften der Landdr.-Bez. Hannover, Hildesheim und 
Stade. Wie in fast allen Berichtsperioden erlangte die Pockenseuche unter den 
Schafen des Landdr.-Bez. Lüneburg eine sehr grosse, zum Theil so bedeutende 
Verbreitung, dass, wie z. B. im Kreise Gifhorn, fast kein Schafbestand verschont 
blieb. Die Ursachen dieser fast allgemeinen Ausbreitung der Pocken sind nicht 
aufgeklärt worden. 

In allen übrigen bisher nicht genannten Reg.- bez. Landdr.-Bez. wurden 
keine Fälle von Schafpocken beobachtet. 

Abgesehen von den Schutzimpfungen, welche in den östlichen Provinzen am 
häufigsten — direct oder durch Zwischenträger — Anlass zur Verbreitung der 
Seuche gaben, werden zahlreiche Ausbrüche auf Infection durch Treibheerden 
oder durch angekaufte Schafe — welche zum grössten Theil aus Pommern und 
Mecklenburg, mithin aus Gegenden, wo die Schutzimpfung üblich ist, stamm¬ 
ten — zurück geführt, bez. auf Ankauf gesunder Schafe, welche lediglich 
Träger des Contagiums waren, vom Berliner Schlachtvieh markt. In einzelnen 
Ortschaften des Reg.-Bez. Merseburg sollen die Schafpocken aus dem benach¬ 
barten Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt eingeschleppt worden sein. In den 


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390 


Kleinere Mittheilungen. 


östlichen Provinzen wurde die Verbreitung der Pocken mehrfach durch Schafe be¬ 
dingt, welche den neu anziehender. Dienstleuten gehörten. 

Ueber die Resultate der Impfungen liegen nur sehr dürftige Angaben vor; 
mehrfach wird jedoch hervorgehoben, dass die Verluste bei den Praecautions- 
impfungen im Allgemeinen unbedeutend waren und nur in Heerden, welche 
regnerischer Witterung ausgesetzt wurden, einen etwas grösseren Umfang erreich¬ 
ten. An 2 Orten des Kreises Rügen hatte die Incubation bei nothgeimpften 
Schafen — anscheinend in Folge des nasskalten Wetters — eine Dauer von über 
3 Wochen. 

6 . Der Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs. Der 
Bläschenausschlag ist bei 42 Stück Rindvi eh, jedoch nicht bei Pferden 
beobachtet worden und erlangte nirgends eine grössere Verbreitung. Die 42 
Stück Rindvieh gehörten 38 Beständen in 13 Ortschaften der Reg.-Bez. Potsdam, 
Liegnitz, Merseburg, Minden, Kassel, Wiesbaden, Köln und Aachen an. 

Die Beschälseuche ist nicht beobachtet worden. 

7. Räude der Pferde und Schafe. Von 157 räudekranken Pferden 
— 43 mehr als im Quartal Juli-September — sind 22 gestorben bez. auf Ver¬ 
anlassung der Besitzer und 8 auf polizeiliche Anordnung getödtet worden und 
entfallen die zahlreichsten — 27, 23 bez. 22 — auf die Reg.-Bez. Marien wer- 
der, Breslau und Schleswig, über 5 auf die Reg.-Bez. Königsberg (15), Gum¬ 
binnen (7), Danzig (8), Potsdam (13), Bromberg (12), Oppeln (9), 1—5 auf 
die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Stettin, Köslin, Posen, Magdeburg, Merseburg, Han¬ 
nover, Aurich und Trier. Die übrigen Regierungs- bez. Landdrostei bezirke blie¬ 
ben frei von der Pferderäude. 

Vier räudekranke Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit ange¬ 
kauft, zwei wurden auf Märkten angetroffen; zwei Ausbrüche der Räude werden 
auf Einschleppung aus Polen, zwei auf Infection unterwegs zurückgeführt. Ein 
Pferd war gleichzeitig räude- und rotzkrank. 

In Kokotzko, Kr. Kulm, Reg.-Bez. Marienwerder, und in Beuthen, Reg.-Bez. 
Oppeln, wurde die Räude auf 4 bez. 2 Menschen übertragen. 

Ueber die Verbreitung der Schafräude liegt ein im Allgemeinen nur dürf¬ 
tiges Material vor. Die Krankheit soll unter den Schafen der Provinz Westfalen 
sehr verbreitet herrschen, jedoch nicht zur Kenntniss der Behörden gelangen; 
namentlich behaupten die Berichterstatter für die Kreise Ahaus, Reg.-Bez. Mün¬ 
ster, Höxter, Reg.-Bez. Minden, und Soest, Reg.-Bez. Arnsberg, dass die Schaf¬ 
bestände der kleinen Besitzungen fast durchweg räudekrank sind. Das statistische 
Material des Reg.-Bez. Kassel erwähnt die Schafräude gar nicht, das des Reg.- 
Bez. Wiesbaden nur, dass die Krankheit nach wie vor in mehreren Kreisen unter 
dem sogenannten Schmiervieh herrsche. 

Auch die Berichte aus der Provinz Hannover enthalten nur spärliche Mit¬ 
theilungen über die Schafräude, aus denen jedoch im Allgemeinen die Folgerung 
zu begründen sein dürfte, dass sich im Stande der Schafräude wenig geändert 
hat. Im Kreise Rothenburg, Landdr.-Bez. Stade, scheint die Schafräude getilgt 
zu sein, und aus dem Landdr.-Bez. Osnabrück wird in den letzten Quartalen 


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Kleinere Mittheilungen. 


391 


wiederholt berichtet, dass die Verbreitung der Schafräude im Kreise Meppen auf 
dem linken Emsufer unverändert, dass es dagegen auf dem rechten Emsufer ge¬ 
lungen sei, die Krankheit zu tilgen. 

Im Reg.-Bez. Schleswig ist während des Berichtsquartals nur ein Neuaus¬ 
bruch vorgekommen, welcher 3 Schafe im Kreise Pinneberg betraf; die während 
der letzten vorhergegangenen Quartale constatirtcn Ausbrüche der Räude waren 
bis zum 1. Januar 1881 — und zwar vielfach durch Abschlachten der Bestände 
— vollständig getilgt. 

Ausserdem wird über das Auftreten der Schafräude aus folgenden Kreisen 
berichtet: Reg.-Bez. Königsberg. Kr. Ortelsburg, Wiederausbruch in 1 Schaf¬ 
heerde nach Ablauf von 4 Monaten, die Krankheit wurde auf 6 andere Bestände 
desselben Ortes übertragen; Kr. Neidenburg in 4 Ortschaften. Reg.-Bez. Marien¬ 
werder, Kr. Schlochau, 17 Schafheerden in 7 Ortschaften. Reg.-Bez. Potsdam, 
4 Heerden im Kreise Zauch-Belzig. Reg.-Bez. Frankfurt, Kr. Königsberg, 3 
kleine Schafbestände. Reg.-Bez. Stettin, Kr. Greifenberg, 5 kleine Bestände einer 
Ortschaft. Reg.-Bez. Köslin, 5 Schafheerden in 4 Ortschaften des Kreises Kol- 
berg-Körlin. Reg.-Bez. Liegnitz, Kr. Lauban, eine Heerde Masthammel. Reg.- 
Bez. Magdeburg, zusammen 5 Heerden in den Kreisen Gardelegen, Jerichow II 
und Stendal. Reg.-Bez. Merseburg, 2 sofort abgeschlachtete Schafe im Kreise 
Sangerhausen. Reg.-Bez. Aachen, eine Heerde im Kreise Schleiden. Die Ein¬ 
schleppung durch angekaufte Schafe konnte meistens nachgewiesen werden; die 
Tilgung erfolgte in vielen Fällen durch sofortige Abschlachtung der kranken 
Bestände. 

In den übrigen Regierungsbezirken sind keine Fälle von Schafräude beob¬ 
achtet worden. 

8 . Tollwuth. Die Zahl der Erkrankungen an Tollwuth ist, wie die nach¬ 
stehende Vergleichung zeigt, geringer gewesen, als im Quartal Juli-September. 

Quartal Juli-Septbr. October-Decbr. 


Zahl der Kreise. 

111 

108 

y> 

T> 

Ortschaften. 

250 

232 

r » 

V 

wtithkranken Hunde. 

186 

136 

n 

V 

„ Pferde. 

3 

2 

V 

r 

„ Stück Rindvieh . . 

53 

46 

V 

r> 

„ Schafe. 

25 

4 

» 

V 

„ Schweine .... 

5 

1 


y> 

herrenlosen wuthverdächt. Hunde 

61 

88 


vt 

nach § 111 der Instruction ge- 
tödteten Hunde. 

264 

241 


Ueber 10 wuthkranke Hunde entfallen auf die Reg.-Bez. Gumbinnen (17), 
Danzig (10), Bromberg (12), Minden (11). Frei von der Tollwuth blieben die 
Reg.- bez. Landdr.-Bez. Köslin, Stralsund, Magdeburg, Schleswig, Lüneburg, 
Aurich, Wiesbaden, Trier, Aachen, Sigmaringen. In den Reg.- bez. Landdr.-Bez. 
Potsdam, Stettin, Breslau, Liegnitz, Merseburg, Erfurt, Hannover, Kassel und 
Köln beschränkte sich das Vorkommen der Wuth auf 1—2 Hunde. 

Die Berichte führen vielfach an, dass die Anzeigen von Erkrankungen an 


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392 


Kleinere Mittheilangen. 


Wath häufig nicht geleistet worden sind, und dass die Dorchführung des § 111 
der Instruction fortdauernd auf die grössten Schwierigkeiten stösst. Besonders 
zahlreiche Ausbrüche der Wuth sind auf Infection durch den Biss herrenlos um¬ 
herschweifender Hunde zurückzuführen, von denen im Reg.-Bez. Gumbinnen ein 
Theil aus Polen, im Landdr.-Bez. Hildesheim, ein Theil aus Braunschweig überge¬ 
laufen war. 

Von den 46 wuthkranken Stück Rindvieh entfallen 19 auf den Reg.-Bez. 
Königsberg — 10 auf ein Gehöft des Kreises Pr.-Holland — und 12 auf den 
Reg.-Bez. Marienwerder — 6 auf ein Gehöft des Kreises Könitz. 

Von sicher beobachteten Incubationszeiten erwähnt das statistische Material: 
bei Hunden je einmal 14. 25. 28. 138 Tage, 

„ Pferden „ „ 28. 29 Tage. 

„ Rindvieh * „ 24. 26. 35 41. 46. 82. 90. 91. 98. 102 (der 

zweite Fall in demselben Bestände), je zweimal 
21. 37. 57, fünfmal 30 Tage, 

„ Schafen „ „ 42. 61, zweimal 15 Tage. 

In Ober-Heyduk, Kr. Beuthen, Reg.-Bez. Oppeln, erkrankte ein Knabe an 
Wasserscheu, nachdem er 9 Tage vorher von einem fremden Hunde gebissen 
worden war. Der Tod erfolgte nach viertägiger Krankheitsdauer. Müller. 


Am 20. und 21. Juli 1881 wird in den Sälen der Sooiety of Arts, John Street, 
Adelphi Strand (nahe dem Bahnhof Charing Cross) zu London ein thierärzt¬ 
licher Congress abgehalten werden, auf welchem die nachstehend genannten 
Hauptfragen zur Besprechung gelangen sollen: 

1) über Gewährskrankheiten; 2) über den Einfluss, welchen die Krank¬ 
heiten der niederen Thiere auf die Gesundheit des Menschen haben; 
3) über Thierquälerei vom thierärztlichen Standpunkte aus; 4) über 
Viehseuchengesetze. 

Andere Gegenstände können als Neben fragen zur Debatte gestellt werden, nament¬ 
lich auch solche, welche von Theilnehmern am Congresse einem der Secretäre des 
Congresses bis zum 9. Juli er. mitgetheilt werden. Jeder Theilnehmer am Con¬ 
gress hat zur Bestreitung der Kosten eine Guinea (21 Mark) zu zahlen. 

Herr J. H. Steel, Brunswick Villa, Herbert Road, Woolwich SE., Secretär 
des Congresses, ladet die Thierärzte Deutschlands zur Theilnahme an dieser Ver¬ 
sammlung mit dem Bemerken ein, dass er gern bereit ist, nähere Auskunft zu 
ertheilen. Müller. 


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Amtliche Erlasse, 


Mit dem 1. April d. J. treten 

das Keichsgesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von 
Viehseuchen vom 23. Juni 1880 (R.-G.-Bl. S. 153), 

die zur Ausführung dieses Gesetzes von dem Bundesrathe be¬ 
schlossene, von dem Herrn Reichskanzler unter dem 24. Februar 1881 
publicirte Instruction (Centralblatt für das Deutsche Reich. S. 37), 
das Preussische Gesetz, betreffend die Ausführung des Reichgesetzes 
über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 12. März 
1881 (G.-S. S. 128) 

in Kraft, während gleichzeitig das Preussische Viehseuchen-Gesetz vom 25. Juni 
1875 (G.-S. S. 306) ausser Kraft tritt. 

Eure pp. wollen die Polizeibehörden ihres Verwaltungsbezirks hierauf un¬ 
verzüglich durch eine Bekanntmachung in dem Amtsblatte, welcher ein Abdruck 
der beifolgenden Ausführungs-Instruction des Bundesraths vom 24. d. M. beizu¬ 
fügen ist, aufmerksam machen und auch dafür Sorge tragen, dass eine ent¬ 
sprechende Hinweisung auf das Inkrafttreten der obigen Vorschriften durch die 
Kreisblätter, bezw. durch die zu amtlichen Publicationen bestimmten Blätter der 
Kreisbehörden veröffentlicht wird. Desgleichen ist zu veranlassen, dass in Ge¬ 
genden, wo bisher die Impfung der Lämmer gegen die Schafpocken üblich ge¬ 
wesen, in jeder Gemeinde und in jedem Gutsbezirke der Inhalt des § 49 des 
Reichsgesetzes in ortsüblicher Weise bekannt gemacht und darauf hingewiesen 
wird, dass in Gemässheit des § 65 1. c. mit Geldstrafe von 10 bis 150 Mark 
oder mit Haft nicht unter einer Woche bestraft wird, wer ausser dem Falle poli¬ 
zeilicher Anordnung die Pockenimpfung eines Schafes vornimmt. 

Die Anordnung und Ueberwachung der durch das Reichsgesetz und die 
Instruction des Bundesraths vorgeschriebenen, beziehentlich nach deren Bestim¬ 
mungen zulässigen (§ 1 der Instruction) Massregeln zur Abwehr und Unter¬ 
drückung von Viehseuchen liegt in Gemässheit des § 1 des Preussischen Aus¬ 
führungsgesetzes vom 12. März d. J. unter meiner Oberleitung den Regierungs¬ 
präsidenten (Landdrosten), Landräthen und Ortspolizeibehörden ob. Ueber die 
Befugnisse dieser polizeilichen Instanzen enthalten die §§ 2 bis 11 des Aus¬ 
führungsgesetzes die näheren Bestimmungen. 

I. Zu einzelnen Vorschriften des Ausführungsgesetzes vom 12. März d. J. 
bemerke ich Folgendes: 

Archiv t wiMcnteh. u. prakt. Thicrhcilk. VH. 4 u. &. 26 


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394 


Amtliche Erlasse. 


Zu § 4. 

Die Regierungspräsidenten (Landdrosten) haben zu prüfen, ob in ihrem 
Verwaltungsbezirke Ortschaften vorhanden sind, in welchen der Milzbrand noto¬ 
risch ständig auftritt und event. für diese Orte die nach § 11 des Reichsgesetzes 
erforderlichen Anordnungen zu treffen. Ueber die erfolgte Bildung eines oder 
mehrerer solcher „Milzbrandbezirke“, in welchen vereinzelte Milzbrandfälle nicht 
angezeigt zu werden brauchen und die Zuziehung des beamteten Thierarztes be¬ 
hufs der Feststellung der Krankheit gemäss § 15 des Reichsgesetzes in der Regel 
nicht erforderlich ist, erwarte ich jedesmal eine Anzeige. 

Zu § 6. 

Zur Abgabe des thierärztlichen Obergutachtens in den Fällen der §§14 
und 16 des Reichsgesetzes ist der Departementsthierarzt des benachbarten 
Bezirks zu requiriren, wenn der Departementsthierarzt des dortigen Bezirks 
das erste Gutachten in seiner Eigenschaft als Kreisthierarzt abgegeben hat 
und aus diesem Grunde die Inanspruchnahme eines Vertreters nothwendig 
wird. Die Regierungspräsidenten (Landdrosten) haben durch eine Bekannt¬ 
machung im Amtsblatt vorzuschreiben, welcher Departementsthierarzt in sol¬ 
chen Fällen als Vertreter zu requiriren ist. In der Regel wird deijenige 
benachbarte Departementsthierarzt als Vertreter zu bestimmen sein, dessen Zu¬ 
ziehung der Staatskasse die geringsten Reisekosten verursacht; es wird daher 
bisweilen angemessen sein, nicht für den ganzen Verwaltungsbezirk nur einen 
Departementsthierarzt als Stellvertreter zu designiren, sondern je nach der ört¬ 
lichen Lage für einzelne Theile des Bezirks verschiedene Stellvertreter zu be¬ 
zeichnen l ). 

Abgesehen von den Fällen der §§14 und 16 des Reichsgesetzes kann die 
Vertretung des Departementsthierarztes im Falle der Krankheit oder einer vor¬ 
übergehenden sonstigen Behinderung desselben einem Kreisthierarzte des Bezirks 
übertragen werden. 

Dem dortigen Departementsthierarzt ist von dem Inhalt meiner vorstehenden 
Bestimmungen zu § 6 des Ausführungsgesetzes mit dem Bemerken Kenntniss zu 
geben, dass meinerseits eine besondere Ernennung der Vertreter nicht erfol¬ 
gen wird. 

Die oben erwähnte Bekanntmachung im Amtsblatt ist dem darin als Ver¬ 
treter bezeichneten Departementsthierarzt unter Hinweis auf meinen gegenwärti¬ 
gen Erlass mitzutheilen. 

Zu § 8. 

Die Ortspolizeibehörde hat nach § 2 des Gesetzes die Tödtung rotzkranker 
Thiere in allen Fällen, die Tödtung verdächtiger Thiere nach § 8 aber nur in 
dem ersten Falle des § 42 des Reichsgesetzes anzuordnen, d. i. wenn von dem 


! ) Mit Rücksicht auf die geographische Lage der Hohenzollernsohen Lande 
ist in dem Reg.-Bez. Sigmaringen — nach einer besonderen Verfügung des 
Herrn Ministers — zur Abgabe des tierärztlichen Obergutachtens in den Fällen 
der §§14 und 16 des Reichsgesetzes einer der dortigen beamteten Thierärzte 
zum Stellvertreter des Departementsthierarztes zu designiren. 


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Amtliche Erlasse. 


3&5 


beamteten Thierarzt der Ausbruch der Rotzkrankheit auf Grund der vorliegenden 
Anzeichen für wahrscheinlich erklärt wird. 

In den beiden anderen Fällen, in welchen nach § 42 des Reichsgesetzes in 
Verbindung mit § 41 der Instruction des Bundesraths die Tödtung der der 
Rotzseuche verdächtigen Thiere erfolgen muss, d. i. wenn durch ander¬ 
weite, den Vorschriften des Reichsgesetzes entsprechende Massregeln ein wirk¬ 
samer Schutz gegen die Verbreitung der Seuche nach Lage des Falles nicht er¬ 
zielt werden kann, oder wenn der Besitzer die Tödtung beantragt und die 
beschleunigte Unterdrückung der Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist, 
steht nach der Vorschrift in § 8 des Ausführungsgesetzes die Anordnung der 
Tödtung nur dem Regierungspräsidenten (Landdrosten) zu. Derselbe hat daher 
in solchen Fällen nach Anhörung des Departementsthierarztes sorgfältig zu 
prüfen, ob die zur Anordnung der Tödtung berechtigenden Voraussetzungen vor¬ 
liegen, und sobald er hiervon Ueberzeugung gewonnen hat, die Tödtung der 
rotzverdächtigen Thiere sofort anzuordnen. 

Die Tödtung von Thieren, welche nicht der Seuche verdächtig, sondern nur 
der Ansteckung verdächtig sind (cf. § 1 des Reichsgesetzes), ist in Gemäss- 
heit des § 53 der Instruction des Bundesraths nur in dem letzten der oben an¬ 
geführten Fälle anzuordnen, d. i. wenn der Besitzer die Tödtung beantragt und 
nach dem Ermessen der höheren Behörde die beschleunigte Unterdrückung der 
Seuche im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Der Regierungspräsident (Land¬ 
drost) wird demgemäss in solchen Fällen nach Einforderung eines schriftlichen 
Gutachtens des Departementsthierarztes jedesmal zu erwägen haben, ob nach den 
besonderen Verhältnissen des Falles die beschleunigte Unterdrückung der Seuche 
im öffentlichen Interesse nothwendig ist, oder ob eine weitere Observation der 
der Ansteckung verdächtigen Thiere mit Rücksicht auf die isolirte Lage des Seu¬ 
chenorts oder Gehöfts oder wegen sonstiger Umstände ohne Gefahr der Verschlep¬ 
pung der Seuche in andere Pferdebestände stattfinden kann. 

Erscheint eine derartige Gefahr nach Lage der Verhältnisse ausgeschlossen, 
dann wird das öffentliche Interesse durch die Fortsetzung der Observation bis zur 
klareren Erkenntniss des Gesundheitszustandes der Thiere nicht geschädigt und 
liegt keine berechtigte Veranlassung zur Anordnung der Tödtung vor. 

Andererseits werden in anderen Fällen, je nachdem besondere eigenartige 
Verhältnisse obwalten, deren Beurtheilung dem eigenen Ermessen der zuständigen 
Regierungspräsidenten (Landdrosten) überlassen bleiben muss, durch energische 
Massregeln, welche die Seuche in kurzer Zeit tilgen, geringere wirthschaftliche 
Opfer verursacht werden, als durch lange fortgesetzte Observationen. Bei Pferde¬ 
beständen z. B., in welchen die Seuche wiederholt zum Ausbruch gekommen ist, 
wird es in der Regel angemessen sein, die der Ansteckung durch unmittelbare 
Berührung mit rotzkranken Pferden ausgesetzt gewesenen Thiere möglichst schnell 
tödten zu lassen, und nur solche Thiere desselben Bestandes, welche garnicht 
in directe Berührung mit kranken gekommen sind, unter Observation zu stellen. 

Ich vertraue, dass die Herren Regierungspräsidenten (Landdrosten) in jedem 
Falle mit Sorgfalt aber ohne Aengstlichkeit im vollen Bewusstsein der eigenen 
Verantwortlichkeit prüfen werden, ob und in welchem Umfange die Tödtung von 
verdächtigen Pferden angemessen erscheint. — In allen Fällen, wo es sich um 

26* 


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396 


Amtliche Erlasse. 


die Tödtung verdächtiger Pferde handelt, ißt dafür Sorge zu tragen, dass die 
erforderlichen Ermittelungen mit thunlichster Beschleunigung vorgenommen und 
die angeordneten Tödtungen möglichst schnell ausgeführt werden. 

Von der erfolgten Tödtung der Ansteckung verdächtiger Pferde ist mir unter 
Mittheilung des Resultats der Obduction und unter Beifügung einer Abschrift des 
oben erwähnten Gutachtens des Departementsthierarztes Anzeige zu machen. 

Zu § 9. 

Die Tödtung von Rindvieh, welches nach der schriftlichen Erklärung des 
beamteten Thierarztes lungenseuchekrank ist, hat die Ortspolizeibehörde anzuord¬ 
nen. Dagegen ist die Anordnung der Tödtung verdächtigen Rindviehs, d. h. sol¬ 
cher Thiere, welche der Lungenseuche oder der Ansteckung verdächtig sind (§ 1 
des Reichsgesetzes), dem Ermessen des Regierungspräsidenten (Landdrosten) 
überlassen. (§ 45 des Reichsgesetzes und § 79 der Instruction des Bundesraths.) 
Nach dem Preuss. Gesetz vom 25. Juni 1875 (§ 22) durfte zwar die Tödtung 
kranker, nicht aber die Tödtung verdächtiger Rinder angeordnet werden. Es 
erweitert mithin das Reichsgesetz in Betreff der Lungenseuche sehr erheblich die 
Befugnisse der Veterinärpolizei. 

Die Tödtung aller verdächtigen Rinder, d. h. allen Rindviehs, welches mit 
kranken Thieren zusammen in einem Gehöft gestanden hat, ist zwar ein sehr 
wirksames Mittel gegen die Weiterverbreitung der Lungenseuche, darf aber wegen 
der damit verbundenen wirthschaftlichen Verluste nur mit grosser Vorsicht und 
nur dann angewendet werden, wenn dadurch nach den localen Verhältnissen auch 
wirklich die vollständige Ausrottung der Seuche in der betreffenden Gegend er¬ 
reicht werden kann. Es wird demgemäss von diesem Mittel in der Regel Gebrauch 
zu machen sein, wenn die Seuche in einem einzelnen kleineren Viehbestände eines 
Landestheils ausbricht, welcher bisher seuchefrei war und wegen seiner blühen¬ 
den Viehzucht und Viehausfuhr ein ganz besonderes Interesse an der schnellen 
Tilgung der Seuche hat. Dagegen wird dies Mittel in der Regel nicht anzuwen¬ 
den sein in Landestheilen, in welchen die Seuche bereits in zahlreichen grossen 
Viehbeständen herrscht, weil in solchen Gegenden die Tödtunng aller verdächtigen 
Thiere unverhältnissmässige Schädigungen des National- und Privatvermögens 
herbeiführen und eine vollständige Ausrottung der Seuche in kurzer Zeit doch 
nicht mit Sicherheit zur Folge haben würde. In solchen Landestheilen wird viel¬ 
mehr die allmähliche Unterdrückung der Seuche durch die anderen in der In¬ 
struction des Bundesraths (§§ 70—91) vorgeschriebenen Massregeln zu erstreben 
und insbesondere die baldige Abschlachtung der verdächtigen Rinder in den von 
der Instruction gegebenen Grenzen möglichst zu begünstigen sein. 

Die Impfung des Rindviehs gegen die Lungenseuche darf polizeilich nicht 
angeordnet werden, sondern ist dem freien Ermessen der Viehbesitzer zu über¬ 
lassen. Durch die Ausführung der Impfung werden rücksichtlich der geimpften 
Thiere keine besonderen Ansprüche auf Entschädigung erworben. Für die Ent¬ 
schädigungsfrage ist es vielmehr ohne allen Einfluss, ob an den in Betracht kom¬ 
menden Rindern eine Impfung vorgenommen ist oder nicht. 

Von der erfolgten Tödtung verdächtiger Rinder ist mir in jedem Falle unter 
Ueberreichung des Gutachtens des Departementsthierarztes, welches stets vor der 


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Amtliche Erlasse. 


397 


Anordnung der Tödtung-einzufordern ist, und unter Mittheilung des Ergebnisses 
der Obdnctionen Anzeige zu machen. 

Zu § 12—21. 

Im Allgemeinen haben die bisher in Preussen geltenden Bestimmungen über 
die Entschädigung für Verluste aus Anlass von Seuchen durch das Reichsgesetz 
keine erhebliche Abänderung erfahren. Nur in den nachstehenden Punkten er¬ 
halten die Vorschriften des Gesetzes vom 25. Juni 1875 einige Ergänzungen und 
Modificationen: 

1. Es wird vom 1. April d. J. an in Gemässheit des § 57 des Reichsgesetzes 
auch Entschädigung gewährt für diejenigen Thiere, welche nach erfolgter polizei¬ 
licher Anordnung derTödtung aber vor der Ausführung derselben an der Seuche 
gefallen sind, während bisher nur für die auf polizeiliche Anordnung wirklich ge- 
tödteten Thiere entschädigt wurde. 

2. Desgleichen wird Entschädigung bewilligt für Esel, Maulthiere und Maul¬ 
esel, welche mit der Rotzkrankheit behaftet waren, während bisher eine Ent¬ 
schädigung nur für die mit dieser Seuche behafteten Pferde stattfand. (Vergl. 
die Ueberschrift über § 40 des Reichsgesetzes und § 60 des Gesetzes vom 
25. Juni 1875.) 

3. Es wird künftig gemäss § 59 des Reichsgesotzes im ganzen Rdfchsgebiete 
die Entschädigung bei den mit der Rotzkrankheit behafteten Thieren 3 / 4 , bei dem 
mit der Lungenseuche behafteten Rindvieh % des gemeinen Werths der Thiere 
betragen, während nach den Bestimmungen im § 60 des Preussischen Gesetzes 
vom 25. Juni 1875 den verpflichteten Verbänden für die Festsetzung der Höhe der 
zu gewährenden Entschädigung ein gewisser Spielraum gelassen ist, bei Rotz 
zwischen ! / 4 bis V 2 und bei Lungenseuche zwischen V 2 bis 4 / 5 dos gemeinen 
Werths der Thiere. Thatsächlich haben jedoch alle Verbände die Entschädigung 
bei Rotz auf 1 2 und bei Lungensouche auf 4 / 5 des gemeinen Werths festgestellt, 
so dass in dieser Richtung durch das Reichsgesetz an dem gegenwärtigen Zu¬ 
stande bis auf die Erhöhung der Entschädigungsquote für rotzkranke Thiere von 
V a auf 3 / 4 des gemeinen Werths nichts geändert wird. 

Auch die Bestimmungen des Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881 über 
die Aufbringung und Feststellung der Entschädigungen enthalten kein neues 
Prinzip, sondern wiederholen die bezüglichen Bestimmungen des Preussischen 
Viehseuchengesetzes vom 25. Juni 1875. 

Nach der Bestimmung im zweiten Absatz des § 16 des Ausführungsgesetzes 
bleiben die seiner Zeit auf Grund des § 60 des Gesetzes vom 25. Juni 1875 er¬ 
lassenen Reglements der Provinzial- bezw. Communalverbände über die Aufbrin¬ 
gung der Entschädigungen auch nach dem 1. April d. J. mit der Massgabe in 
Kraft, dass mit diesem Zeitpunkte die durch das Reichsseuchengesetz herbei¬ 
geführten, oben unter Ziffer 1—3 angegebenen Erweiterungen der Entschädigungs¬ 
verbindlichkeit wirksam werden. 

Indem ich die Herren Oberpräsidenten ersuche, die betreffenden Verbände 
hierauf gefälligst aufmerksam zu machen, bemerke ich, dass mir eine Abänderung 
der bestehenden Reglements auf dem im ersten Absatz des § 16 des Ausführungs¬ 
gesetzes vorgeschriebenen Wege nicht nothwendig erscheint, da die erörterten, 
durch das Reichsgesetz bewirkten Erweiterungen der Entschädigungsverbindlich- 


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398 


Amtliche Erlasse. 


keit ipso jure eintreten. Nur in der Provinz Hannover wird mit Rücksicht auf 
die Specialbestimmungen für Ostfriesland im § 30 des Ausführungsgesetzes eine 
Abänderung des Reglements vor dem 1. Januar 1882 in Betracht kommen. 

Zu § 22. 

Die im § 14 Absatz 1 bezeichneten Verbände sind berechtigt, aber nicht 
verpflichtet, die Gewährung einer Entschädigung für an der Pockenseuche ge¬ 
fallene Schafe nach Massgabe der Vorschriften des § 22 zu beschliessen, beziehent¬ 
lich die Entschädigungspflicht auf kleinere Verbände, jedoch nur mit deren 
Zustimmung, zu übertragen. Aus letzterer Einschränkung folgt, dass zur Bil¬ 
dung eines kleineren, z. B. einen oder mehrere landräthliche Kreise umfassenden 
Verbandes der Beschluss eines der im § 14 Abs. 1 bezeichneten grösseren Ver¬ 
bände, die Zustimmung des kleineren Verbandes und ausserdem in jedem Falle 
die Genehmigung des betreffenden Reglements durch die Minister des Innern und 
für Landwirtschaft etc. notwendig ist. 

Zu § 23. 

Bezüglich der den Schiedsmännern zu gewährenden Vergütung für Reise¬ 
kosten und Auslagen bleiben die Bestimmungen der diesseitigen Erlasse vom 
26. März 1876 und 21. Februar 1881 massgebend. 

II. In Betreff der Vorschriften des Reichsseuchengesetzes vom 23. Juni 
1880 und der Ausführungsinstruction des Bundesraths vom 24. Februar 1881 wird 
es zur Zeit einer weiteren Erläuterung oder Anweisung nicht bedürfen. Nur in 
Betreff der nach der Vorschrift im letzten Absatz des § 37 des Reichsgesetzes zu¬ 
lässigen ausnahmsweisen Absperrung eines der Tollwut verdächtigen Hundes 
bestimme ich in Anbetracht der Schwierigkeit einer sicheren Absperrung und 
der mit der Pflege eines verdächtigen Hundes verbundenen grossen Gefahr der 
Uebertragung der Tollwut auf Menschen, dass die Ortspolizeibehörde in jedem 
Falle, wo sie eine solche ausnahmsweise Absperrung gestattet, sofort dem Landrath 
(in der Provinz Hannover dem Landdrosten) hiervon Anzeige macht, damit der¬ 
selbe nochmals erwägt, ob in dem betreffenden Falle eine vollständige und auch 
für die Wärter gefahrlose Absperrung durchführbar ist und — wenn er zu dieser 
Ueberzeugung nicht gelangt — die unverzügliche Tödtung des Hundes anordnet. 
Bei der grossen vorliegenden gemeinen Gefahr ist eine stricte Handhabung dieser 
Vorschriften dringend geboten. 

Die nachgeordneten Polizeibehörden sind hierüber mit entsprechender An¬ 
weisung zu versehen. 

Bei dieser Gelegenheit wird es sich ferner empfehlen, die letzteren aus¬ 
drücklich auf die Beachtung des § 15 des Reichsgesetzes aufmerksam zu machen, 
nach dessen Bestimmungen die Zuziehung des beamteten Thierarztes behufs der 
Feststellung des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche, sowie des Milzbrandes 
in vielen Fällen zu unterlassen sein wird. 

Berlin, den 22. März 1881. 

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 

Lucius. 

An sämmtliche Königl. Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten 
und Landdrosten. 


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Amtliche Erlasse. 


399 


Ener etc. erwidere ich anf den Bericht vom 21. v. M. ergebenst, dass nach 
§ 53 der Instruction des Bundesraths vom 24. Februar 1881 die Tödtung von 
Pferden, welche der Ansteckung mit der Rotzkrankheit verdächtig sind, nur 
dann angeordnet werden soll, wenn der Besitzer die Tödtung beantragt und nach 
dem Ermessen der höheren Behörde die beschleunigte Unterdrückung der Seuche 
im öffentlichen Interesse erforderlich ist. 

Diese Bestimmung der Instruction hat durch meinen Erlass vom 22. März d. J. 
keine Abänderung, sondern nur eine Erläuterung insofern erfahren, als der Be¬ 
griff „öffentliches Interesse“ näher erörtert wird. 

Der von Euer etc. wörtlich angeführte Absatz meines vorbezeichneten Er¬ 
lasses: „Andererseits werden u. s. w.“ führt nur als Beispiel einen Fall an, in 
welchem das öffentliche Interesse in der Regel die Tödtung der der Ansteckung 
verdächtigen Pferde erfordern wird. 

Es darf hiernach die Tödtung der Ansteckung verdächtiger Pferde, abge¬ 
sehen von dem Falle des § 13 des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 nicht an¬ 
geordnet werden, wenn der Besitzer der Pferde keinen bezüglichen Antrag ge¬ 
stellt hat. 

Da übrigens die schnelle Beseitigung der der Ansteckung verdächtigen 
Pferde dem Interesse der Pferdebesitzer entspricht, so glaube ich, dass die letz¬ 
teren die Tödtung ihrer Pferde stets beantragen werden, wenn dies im öffentlichen 
Interesse wünschenswert ist. Sollte ausnahmsweise in einem Falle ein solcher 
Antrag wider Erwarten nicht gestellt und dessen Stellung auch auf ergangene 
Aufforderung Seitens des Besitzers abgelehnt werden, so wollen Euer etc. mir 
darüber gefälligst Bericht erstatten. Ich werde dann mit Rücksicht auf die in 
§ 1 der Instruction des Bundesraths erteilte Ermächtigung erwägen und ent¬ 
scheiden, ob die Tödtung der betreffenden Pferde in dem speciellen Falle vorzu¬ 
nehmen ist. 

Berlin, den 18. Mai 1881. 

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 

Lucius. 

An den Königl. Regierungspräsidenten Herrn N. zu N. 


Euer Hochwohlgeboren erwidere ich auf den Bericht der dortigen Königl. 
Regierung vom 11. Februar er., dass bei Festsetzung von Liquidationen beamteter 
Thierärzte überObductionen, welche auf Grund des Reichsgesetzes vom 23. Juni pr., 
betr. die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, bezw. der zur Ausführung 
dieses Gesetzes vom Bundesrath erlassenen Instruction vom 24. Februar er. und 
des Preuss. Ausführungsgesetzes vom 12. Marz er. vorgenommen wurden, lediglich 
zu prüfen ist, ob die betr. Obductionen wirklich ausgeführt sind. Ein mangel¬ 
hafter Inhalt des Ocductionsprotocolls kann den Anspruch des Obducenten auf 
die gesetzlichen Obductionsgebühren nicht aufheben, wohl aber begründeten An- 


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400 


Amtliche Erlasse. 


lass zur Rüge gegen den betr. beamteten Thierarzt geben, da derselbe nach § 36 
der Anweisung für das Obductionsverfahren (Anl. B der Instr. vom 24. Febr. er.) 
für die genaue Aufnahme des Obductionsbefundes in das von dem anwesenden 
Polizeibeamten aufzunehmende Protocoll zu sorgen hat. 

Nach der Vorschrift im § 1 der gedachten Anweisung soll die Obduotion in 
Gegenwart des leitenden Beamten der Polizeibehörde oder eines von demselben 
beauftragten Beamten ausgeführt werden, worauf zu achten ist. 

Berlin, den 31. Mai 1881. 

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 

LA.: 

Marcard. 

An sämmtliche Herren Regierungspräsidenten, Herren Landdrosten 
und an den Herrn Polizeipräsidenten in Berlin. 


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Personal-Notizen. 


Nekrolog. 

Unerwartet traf uns die Kunde von dem Hinscheiden des Obermedicinalrathes 
Dr. von Hering. Ein Hirnschlag hat seinem arbeitsvollen Leben nach kurzem 
Krankenlager am 28. März d. J. ein Ende gemacht. Die Lebensgeschichte dieses 
hervorragenden Collegen eingehend zu schildern, ist nicht die Aufgabe dieses 
Archivs. Wohl aber ziemt es, den Kern der Verdienste festzustellen, welche der 
Verstorbene sich um unsere Wissenschaft erworben hat. 

An der Schwelle des scheidenden achtzehnten Jahrhunderts am 22. März 
1799 geboren, besuchte Hering in seiner Vaterstadt Stuttgart das Gymnasium 
und bezog nach erstandener Maturitätsprüfung 1819 die Universität Tübingen, 
später in den Jahren 1821 und 1822 besuchte er die Thierarzneischulen in 
Wien, München und Kopenhagen. Im letztgenannten Jahre fand seine Anstellung 
als Lehrer an der Thierarzneischule in Stuttgart statt. Herings Ausbildung, 
sein Wirken und Schaffen fällt noch in die Zeiten, in welchen die Strömungen in 
unserer Wissenschaft nicht so bedeutend und die Wogen nicht so hochgehend 
waren wie jetzt. Das empirische Wissen war das Steuer des damaligen Thier¬ 
arztes, der Broderwerb sein Compas. Nur wenige Auserwählte machten hiervon 
eine Ausnahme und unter diesen war Hering einer der ersten, welcher einer 
wissenschaftlichen Thierheilkunde die Bahn ebnete und zugleich den Beweis lie¬ 
ferte , dass die Kluft zwischen thierärztlicher Wissenschaft und Praxis keine so 
bedeutende ist, wie man damals annahm und sogar jetzt noch da und dort (nicht 
zu Nutz und Frommen unserer Wissenschaft) anzunehmen geneigt ist. Die Werke, 
die er uns hinterlassen, liefern hierfür den vollgiltigsten Beweis. Seine „specielle 
Pathologie und Therapie“ ist und bleibt ein classisches Handbuch, in allen Ka¬ 
piteln trägt es das Gepräge der durch eigene Beobachtungen und Erfahrungen 
gewonnenen Wahrheit; das gleiche gilt von seiner Operationslehre, deren dritte 
Auflage den würdigen Schluss von Hering’s literarischer Thätigkeit bildete. 
Hering war ein ausgezeichneter Diagnostiker, obgleich ihm der bahnbrechende 
Einfluss der physikalischen Hilfsmittel noch nicht zu Gebote stand. Seiner ganzen 
Richtung gehörte Hering zu den Anhängern der physiologischen Heilkunde. Auf 
die Physiologie hauptsächlich stützte er seine diagnostischen Schlüsse und sein 
therapeutisches Handeln. Mit der Cellularpathologie und den neuesten Fort¬ 
schritten und Ansichten in der pathologischen Anatomie konnte sich Hering nie 
ganz befreunden; er fürchtete durch dieselben eine Ablenkung von der Bahn des 


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402 


Personal-Notizen. 


Universellen und das Einlenken in eine einseitige Richtung, die nur das letzte 
Stadium der Krankheit, den Tod und die Section in den Bereich ihrer Betrachtung 
ziehe. Seine Verdienste um die „Experimentalphysiologie“ sind bekannt; die 
epochemachende Arbeit „über den Blutumlauf“ hat seinen Namen weit über die 
Grenzen unseres deutschen Vaterlandes hinausgetragen und ihm für alle Zeiten 
einen Ehrenplatz in der physiologischen Wissenschaft gesichert. Die Naturwissen¬ 
schaften verdanken ihm eine wesentliche Erweiterung der Kenntnisse der Haut¬ 
parasiten und der Eingeweidewürmer. Das Resultat seiner Forschungen war eine 
Sammlung von ca. 500 Species, welche er dem K. Naturalien-Cabinet in Stutt¬ 
gart überlassen bat. Seine kleinoren oder grösseren Abhandlungen über diesen 
oder jenen ihm wichtig scheinenden Gegenstand enthalten reiche Schätze des 
Wissens und der Aufklärung. Der Mehrzahl nach findet man sie im „Repertorium 
der Thierheilkunde“, der von ihm gegründeten und lange Jahre hindurch redi- 
girten Zeitschrift. Die thierärztliche Literatur in derselben ist von Hering bear¬ 
beitet worden; seine eminenten Sprachkenntnisse (er übersetzte aus dem franzö¬ 
sischen, englischen, italienischen, dänischen, schwedischen und holländischen) 
machten es möglich, dieselbe so ausführlich wie möglich zu geben. Es dürfte zu 
weit führen, alle seine Werke hier namentlich aufzuführen, darf man doch voraus¬ 
setzen, dass die Mehrzahl der Thierärzte sie dem Namen und Inhalte nach kennt. 

Durchdrungen von den höchsten Principien der Wissenschaft, trachtete 
Hering, vorerst allerdings nur für seine Person, nach werkthätiger Verwirk¬ 
lichung derselben. Eifrig im Lernen und Forschen liess er sich nie von dem 
Geist der Zeit fortreissen. Der da und dort auch in unserer Wissenschaft sich 
breit machenden Mode hat er nie gehuldigt. 

Das historische Recht hielt er hoch, insofern ihm nicht alles Moderne in der 
Wissenschaft annehmbar erschien. Seine Selbstständigkeit im Denken und Han¬ 
deln, die allseitige Anerkennung seiner geistigen Ueberlegenheit von Seiten seiner 
zahlreichen Schüler, für deren Mehrzahl er auch in der That dachte und handelte, 
trug in der Folge sehr viel zu der Steigerung des ihm in den letzten Decennien 
seines Lebens innewohnenden conservativen Sinnes bei und dürfte wohl auch den 
Grund zu der beständigen Negation gegen eine umfangreichere wissenschaftliche 
Vor- und Ausbildung abgegeben haben. Der Wissenschaft selbst blieb er stets 
ein treuer Freund und je tiefer er in den Schacht derselben eindrang, um so 
eifriger wurde sein Bemühen, ihre Schätze zu heben und dadurch seine eigenen 
Kenntnisse zu verbessern und zu vermehren. Noch bis in sein hohes Alter ar¬ 
beitete Hering, sichtend und lichtend. Die vielen Correspondenzen mit Collegen 
und mit Universitätslehrern, mit denen Hering in unausgesetztem schriftlichen 
Verkehr stand (seine Autographensammlung zählt 224, darunter viele bedeutende 
Namen älteren und neueren Datums) würden allein den bestenBeweis fürseineThä- 
tigkeit liefern, wenn es nothwendig wäre, den Beweis hierfür anzutreten. Hering 
war kein Stubengelehrter; genau in der Erhebung der Thatsachen, einfach und 
klar in der Darstellung tragen seine Werke und sein klinisches Handeln neben 
der wissenschaftlichen Gründlichkeit den Stempel der praktischen Erfahrung. Der 
Vorwurf, den man Hering allseitig macht, „dass er Thierärzte zum grossen 
Theil ohne zureichende Vorbildung und Studienzeit heranbildete“, ist leider nicht 
zu entkräften, wohl aber zu entschuldigen mit der Ueberzeugungstreue, welche 


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Personal-Notizen. 


403 


Hering von der Ansicht nicht abbringen Hess, dass durch die gesteigerten An¬ 
forderungen es endlich an Thierärzten für das platte Land fehlen würde. Mit 
dieser Ansicht stand Hering übrigens nicht allein; Männer, welche wir als Pio¬ 
niere in unserer Wissenschaft verehren müssen, und welche gleichzeitig und bei¬ 
nahe im gleichen Alter mit Hering am Horizonte unserer Wissenschaft glänzten, 
hegten die gleiche Befürchtung. Hierzu müssen wir auch noch hervorheben, dass 
der Einfluss, den Hering in dieser Beziehung lange Zeit ausgeübt hat, der 
Württembergischen Thierarzneischule insofern weniger schadete, als dieselbe in 
der durch diese Unterlassungssünde und duroh andere einflussreiche Momente für 
sie entstandenen kritischen Periode von dem glänzenden Namen Hering’s noch 
zehren konnte. Trotz der in obiger Richtung stark ausgeprägten Meinungsver¬ 
schiedenheit zwischen ihm und seinen an der Schule mit ihm wirkenden Collegen 
ist das freundschaftliche Verhältnis zwischen beiden nie getrübt worden. Die 
Liebe zur Wissenschaft war das geistige Ferment, das ihn innig mit der Schule, 
an der er nahezu ein halbes Jahrhundert segensreich gewirkt hat, verband; stets 
zog es ihn nach seiner über alles geliebten Schule. Sein Verkehr mit den an der 
Schule jetzt noch thätigen Lehrern, von denen die älteren noch seine Schäler 
waren, ist bis an sein Lebensende ein sehr reger und freundschaftlicher geblieben 
und manche unvergessliche Abendstunden durften dieselben, und ein enger Kreis 
von Stuttgarter Collegen nach seinem Rücktritte vom Amte noch in seiner Ge¬ 
sellschaft verleben. Seine Manuscripte und seine ganze umfangreiche Bibliothek 
unserer Fachwissenschaft hat er der Bibliothek der Thierarzneischule vermacht. 
Hell glänzte das geistreiche Auge des ehrwürdigen 83jährigen Greisen, als er 
etwa 10 Tage vor seinem Tode noch in voller Rüstigkeit bei einem Besuche dem 
Schreiber dieses seinen letzten Willen bezüglich seiner Bibliothek kund gab mit 
der Bitte, derselben ein bescheidenes Plätzchen in unseren Bibliothekräumlich¬ 
keiten zu gönnen; rührend war die Freude, mit welcher er den Dank dafür hin¬ 
nahm und die Stelle sehen durfte, allwo das theure Vermächtniss als „Herin- 
gianeum“ fortan prangen wird. Es war sein Abschiedsbesuch auf der Schule, 
der letzte Gruss, den er seiner geliebten Wissenschaft spendete. 

Nach besonderer Gunst der Menschen hat He ring nie gestrebt; seine allzeit 
gespitzte Feder lieferte manches Gefecht, wenn es galt, für sich und die Wissen¬ 
schaft einzutreten; seine literarische Thätigkeit entsprang durchaus nicht der 
Sucht, vor der Welt zu glänzen; das ganze Wesen des geistvollen Mannes war 
dazu angethan, in der Arbeit seine Befriedigung zu finden, in der Erforschung 
der Natur und der Erkenntniss der Wahrheit fand er seine Belohnung, in der 
Musik und Poesie seine Erholnng; dieser widmete er die wenigen Mussestunden, 
die er sich gönnte; seine eigenen launigen Ergüsse in Poesie und Prosa, leider 
nur für engere Kreise bestimmt, tragen den Stempel der Originalität und der 
Hering eigenen classischeü Satyre. 

Von den zahlreichen Ehrenbezeugungen, die ihm von Seiten seiner und 
fremder Regierungen, ebenso von Seiten wissenschaftlicher Vereine und Academien 
geworden, hebe ich nur eine hervor. Im Jahre 1845 ernannte ihn die medici- 
nische Facultät zu Tübingen in verdienter Würdigung seiner Verdienste auf dem 
Gebiete der Thierheilkunde und experimentellen Physiologie (dominum de re ve- 


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404 


Personal-Notizen. 


terinaria, inprimis pbysiologia experimentali meritissimum) zum Dr. medicinae 
honoris causa. 

Die Geschichte wird seinem Namen einen ehrenvollen Platz in ihren Tafeln 
anweisen, sein Andenken aber unter uns im Segen bleiben. Fricker. 


EraeMimigei und Versetzungen. 

Der Veterinärassessor bei dem Kgl. Medicinal-Collegium der Provinz Han¬ 
nover, Director der Thierarzneischule, Prof. Dr. med. Carl Joh. Dam mann in 
Hannover, zum Medicinalrath. 

Der Departementsthierarzt Dr. Peter Anton Steinbach zu Münster zum 
Veterinärassessor bei dem Kgl. Medicinal-Collegium der Provinz Westfalen. 

Der bisherige Kreisthierarzt des Kreises Prenzlau, Reg.-Bez. Potsdam, Carl 
Aug. Wilh. Schmidt zum Departementsthierarzt des Reg.-Bez. Bromberg und 
zum Kreisthierarzt für den Stadt- und Landkreis Bromberg, sowie für die Poli- 
zeidistricte Labischin, Znin und den östlichen Polizeibezirk Schubin des Kreises 
Schubin. 

Der Kreisthierarzt Friedr. Adolf Prümers in Burgsteinfurt, Reg.-Bez. 
Münster, zum Departementsthierarzt für den Regierungsbezirk Koblenz und zum 
Kreisthierarzt für den Kreis Koblenz, Reg.-Bez. Koblenz. 

Der Rossarzt Adolf Eisenblätter zu Königsberg i. Pr. zum commissa¬ 
rischen Kreisthierarzt des Kreises Memel, Reg.-Bez. Königsberg. 

Der commissarische Grenz- und Kreisthierarzt Carl Gottl. Theod; Frick zu 
Beuthen, Reg.-Bez. Oppeln, unter Entbindung von seinem gegenwärtigen Amte 
zum commissarischen Kreisthierarzt des Kreises Kröben, Reg.-Bez. Posen, mit 
dem Amtswohnsitz in Rawitsch. 

Der Kreisthierarzt Adolf Eug. Grebin zu Memel, Reg.-Bez. Königsberg, 
zum Kreisthierarzt des Kreises Bublitz, Reg.-Bez. Köslin. 

Der commissarische Kreisthierarzt Fr. Rud. Groening in Goldap unter 
Entbindung von seinem gegenwärtigen Amte zum commissarischen Kreisthierarzt 
des Kreises Angerburg, Reg.-Bez. Gumbinnen. 

Der Rossarzt Carl Ho ebne zu Könitz zum commissarischen Kreisthierarzt 
des Kreises Könitz, Reg.-Bez. Marienwerder. 

Der Kreisthierarzt Jacob Luchhau zu Lötzen unter Entbindung von seinem 
gegenwärtigen Amte zum Kreisthierarzt für den Kreis Goldap, Reg.-Bez. Gum¬ 
binnen. 

Der Thierarzt I. CI. Jacob Ort zu Gladenbach zum commissarischen Kreis¬ 
thierarzt des Kreises Biedenkopf mit dem Amtswohnsitz in Gladenbach, Reg.-Bez. 
Wiesbaden. 

Der Rossarzt im 2. Hannov. Ul.-Regmt. No. 14, Friedr. Adolf Pirl in Ver¬ 
den zum commissarischen Kreisthierarzt des Kreises Wittenberg, Reg.-Bez. 
Merseburg. 

Der Rossarzt Erh. Wilh. Heinr. Reissmann in Berlin zum commissarischen 
Kreistnierarzt für die 4. Kreisthierarztstelle der Stadt Berlin. 


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Personal-Notteen. 


405 


Der Repetitor an der Kgl. Thierarzneischule zu Berlin, Joh. Mich. Carl 
Schilling, zum commissarischen Grenz- und Kreisthierarzt für die Kreise Beu- 
then und Kattowitz, Reg.-Bez. Oppeln. 

Der Assistent an der Kgl. Thierarzneischule zu Berlin, Wilh. Tappe, zum 
commissarischen Kreisthierarzt für die Kreise Tarnowitz und Zabrze und zum 
Grenzthierarzt für den Kreis Tarnowitz, Reg.-Bez. Oppeln. 

Todesfälle. 

Der Thierarzt Ernst Heinr. Ed. Fleer in Königsberg i. Pr. 

Der Departementsthierarzt Friedr. Luethens iu Oppeln. 

Der Kreisthierarzt R. Pofeld in Dirschau, Reg.-Bez. Danzig. 

Der Thierarzt Adolf Schmidt in Düsseldorf. 

Der Kreisthierarzt Pet. Jos. Schoengen in Bergheim, Reg.-Bez. Köln. 

Der Thierarzt Herrn. Zehnich in Neustadt O.-S., Reg.-Bez. Oppeln. 


Vacanzeii. 

(Die mit * bezeichnten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Band YII Heft 3 
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten). 


Regierungs- 

resp. 

Landdrostei-Bezirk 

Kreisthierarztstellen 

des 

Kreises 

Gehalt. 

Zuschuss 

aus 

Kreismitteln. 

Königsberg 

Labiau 

600 

Mark 

600 Mark 

Gumbinnen 

Lötzen * 

600 

9 

9 

Danzig 

Pr. Stargard* f ) 

600 

V 

9 

Potsdam 

Prenzlau * 

600 

9 

V 

Frankfurt 

Luckau* 2 ) 

600 

9 

9 

Oppeln 

Oppeln*, Departements¬ 
thierarztstelle 

900 

9 

9 


Kre i sthierarzts teile 

600 

9 

9 

Magdeburg 

Kalbe* 

600 

.» 

9 

Merseburg 

Querfurt* 3 ) 

600 

9 

9 

Erfurt 

Weissensee 

600 

9 

9 

» 

Worbis 

600 

9 

9 

9 

Heiligenstadt* 

600 

9 

9 

Schleswig 

Eckeraförde 

600 

9 

9 

Münster 

Steinfurt - Tecklenburg * 

600 

9 

450 , 

Arnsberg 

Olpe 

600 

9 

300 » 


Brilon 

600 

9 

9 

Kassel 

Hersfeld 

600 

9 

9 


*) Mit dem Amtswohnsitz in Pr. Stargard. 

2 ) „ „ » » Luckau. 

3 ) n » n » Querfurt. 


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406 


Personal-Notizen. 


Regierungs- 

resp. 

Landdrostei-Bezirk 

Kreisthierarztstellen 

des 

Kreises 

Gehalt. 

Zuschuss 

aus 

Kreismitteln. 

Koblenz 

Adenau-Ahrweiler* ! ) 

600 Mark 

200 Mark 

Aachen 

Heinsberg* 

600 „ 

300 „ 

Köln 

Bergheim* 

Ferner: 

600 „ 


Königsberg 

Die Stelle eines Assisten¬ 
ten des Grenzthierarztes 
in Orteisburg 2 ) 

1200 * 

1 

1 - „ 

I 


Die Niederlassung eines Thierarztes wird gewünscht: 

In Bibra, Kr. Eckartsberga, Reg.-Bez. Merseburg, durch den Magistrat 
daselbst. 

In Falkenburg, Kr. Dramburg, Reg.-Bez. Köslin, durch den Vorsitzenden 
des dortigen landwirtschaftlichen Vereins, Herrn von Zadow in Alt-Wuhrow. 
In Aussicht gestellt werden 150 Mark jährlicher Zuschuss von dem Magistrat der 
Stadt und 900 Mark jährliches Minimalfixum von 21 Besitzern in der unmittel¬ 
baren Nähe von Falkenburg. 

In Gransee, Kr. Ruppin, Reg.-Bez. Potsdam, durch den Magistrat 
daselbst. 

In Höxter, Kreisstadt im Reg.-Bez. Minden, durch den Herrn Amtmann 
Jaenke daselbst. Offerirt wird ein festes Gehalt von ca. 700 Mark. 

In Leobschütz, Kreisstadt im Reg.-Bez. Oppeln. Die Anstellung eines 
Thierarztes gegen ein zu vereinbarendes Gehalt für die Untersuchung des 
Schlachtviehes, Trichinenschau u. s. w. wird beabsichtigt durch den Schlacht¬ 
hausbesitzer Jos. Hampel daselbst. 

In Oderberg, Kr. Angermünde, Reg.-Bez. Potsdam, durch den Magi¬ 
strat daselbst. 

In Rheinsberg, Kr. Ruppin, Reg.-Bez. Potsdam, durch den dortigen 
landwirthschaftlichen Verein. Auskunft ertheilt Herr Gutsbesitzer Stromeyer 
in Bienenwalde. 

In Schkeuditz, Kr. u. Reg.-Bez. Merseburg. Auskunft ertheilt der Herr 
Gutsbesitzer Jessnitzer daselbst. 


Veränderungen im militär-rossärztlichen Personal. 

Beförderungen. 

Zu Ober-Rossärzten sind ernannt: 

Die Rossärzte: Hell vom 1. Hannov. Ul.-Regmt. No. 13 als Ober-Rossarzt 

*) Mit dem Amtswohnsitz in Ahrweiler. 

2 ) Mit der Berechtigung zur Privatpraxis. 


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Personal-Notizen. 


407 


bei demselben Regiment; Koesters, Assistent der Lehrschmiede der Militär- 
Rossarztschule als Ober-Rossarzt bei genannter Lehrschmiede unter Belassung in 
seiner bisherigen Stellung; Maximilian vom Magdeb. Hus.-Regmt. No. 10 als 
Ober-Rossarzt bei demselben Regiment; Pilz vom Regmt. d. Gard.-du-Corps als 
Ober-Rossarzt beim 1. Brandenb. Ul.-Regmt. (Kais. Alexander v. Russl.) No. 3; 
Plaettner vom 1. Bad. Feld-Art.-Regmt. No. 14 als Ober-Rossarzt beim 2. 
Pomm. Ul.-Regmt. No. 9. 

Zu Rossärzten sind ernannt: 

Die Unter-Rossärzte: Buss vom Westpr. Kür.-Regmt. No. 5; Kattner 
vojp 2. Schles. Drag.-Regmt. No. 8; Koch vom Westf. Ul.-Regmt. No. 5. 

Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt: 

Die Unter-Rossärzte: Böckel beim 1. Pomm. Feld-Art.-Regmt. No. 2; 
Duvinage beim Oldenb. Drag.-Regmt. No. 19; Feuerhack beim Thüring. 
Ul.-Regmt. No. 6; Hain beim 2. Leib-Hus.-Regmt. No. 2; Hirsemann beim 
Kurmärk. Drag.-Regmt. No. 14; Krause beim Nieder^chl. Feld-Art.-Regmt. 
No. 5; Langer beim Westpr. Ul.-Regmt. No. 1; Rupprecht beim Ostpr. Ul.- 
Regmt. No. 8; Schlake beim Hess. Feld-Art.-Regmt. No. 11; Schmidt beim 
2. Hannov. Ul.-Regmt. No. 14; Schultze beim 1. Garde-Dragoner-Regiment.; 
Straehler beim Niederschi. Feld-Art.-Regmt. No. 5; Tetzner beim Magdeb. 
Hus.-Regmt. No. 10; Tobolewski beim Ostpr. Kür.-Rgt. No. 3 (Graf Wrangel). 

Der 3jähr.-freiwillige Unter-Rossarzt Schumacher beim 2. Pomm. Ul.- 
Regmt. No. 9. 

Der 1 jähr.-freiwillige Unter-Rossarzt Schulz beim 1. Badisch. Feld-Art.- 
Regmt. No. 14. ' 


Versetzungen. 

Die Ober-Rossärzte: Kunze, Assistent der Lehrschmiede der Militär-Ross¬ 
arztschule, zum 2. Hannov. Drag.-Regmt. No. 16; Lindstaedt vom 1. Westf. 
Feld-Art.-Regmt. No. 7 zum Feld-Art.-Regmt. No. 31; Meyer vom 2. Hannov. 
Drag.-Regmt. No. 16 zum Westf. Feld-Art.-Regmt. No. 7. 

Die Rossärzte: Beckmann vom Feld-Art.-Regmt. No. 15 zum Feld-Art.- 
Regmt. No. 31; Boit vom 2. Rhein. Hus.-Regmt. No. 9 zum 1. Bad. Feld-Art.- 
Regmt. No. 14; Gruener vom 1. Westf. Feld-Art.-Regmt. No. 7 zum Feld- 
Art.-Regmt. No. 15; Koedix vom Westf. Ul.-Regmt. No. 5 als Assistent zur 
Lehrschmiede der Militär-Rossarztschule; Welz vom Neumärkisch. Drag.-Regmt. 
No. 3 zum 1. Schles. Hus.-Regmt. No. 4; Wunderlich vom Niederschi. Feld- 
Art.-Regmt. No. 5 zum Regmt. d. Gard.-du-Corps. 

Die Untei-Rossärzte*. Bierthen vom 2. Westf. Hus.-Regmt. No. 11 zum 
Westf. Ul.-Regmt. No. 5; Neuendorff vom 1. Pomm. Feld-Art.-Regmt. No. 2 
zum Ostpr. Kür.-Regmt. No. 3 (Graf Wrangel). 

Abgegangen: 

Der Ober-Rossarzt Meyersburg vom 1. Hannov. Ul.-Regmt. No. 13. 

Die Rossärzte: Eisenblaetter vom Ostpreuss. Kür.-Regmt. No. 3 (Graf 
Wrangel); Gueckel vom 1. Schles. Hus.-Regmt. No. 4; Ho eh ne vom Holst. 
Feld-Art.-Regmt. No. 24; Koehler vom Königs-Hus.-Regmt. (1. Rhein.) No. 7; 


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408 


Personal-Notizen. 


Pirl vom 2. Hannov. Ul.-Regmt. No. 14; Reissmann vom 1. Garde-Drag.- 
Regmt.; Weile vom Ostpr. Ul.-Regmt. No. 8. 

Die charakteris. Rossärzte: Brose vom Thüring. Hus.-Regmt. No. 12; 
Siegel vom Regmt. d. Gard.-du-Corps. 

Die Unter-Rossärzte: Baltzer vom Niederschi. Feld-Art.-Regmt. No. 5; 
Rohr vom 2. Hannov. Ul.-Regmt No. 14. 

Der 3jähr.-freiw. Unter-Rossarzt Samplebe vom Ostpreuss. Drag.-Regmt. 
No. 10. 

Die 1 jähr.-freiw. Unter-Rossärzte: Blind vom Feld-Art.-Regmt. No. 15; 
Boos vom Königs-Hus.-Regmt. (1. Rhein.) No. 7; Schmidt von der Grossherz. 
Hess. Train-Comp.; Vollbrecht vom Hess. Feld-Art.-Regmt. No. 11; Wagner 
vom 1. Garde-Drag.-Regmt.; Westphal vom Schlesw. Feld-Art.-Regmt. No. 9. 

Gestorben: 

Der Ober-Rossarzt Gantzer vom 1. Brandenb. Ul.-Regmt. (Kaiser Alexan¬ 
der von Russland) No. 3. 

Sonstige Veränderungen. 

Ober-Rossarzt Rackow vom Schles. Feld-Art.-Regmt. No. 16, Commando 
als Inspicient bei der Militär-Rossarztschule auf fernere 6 Monate verlängert. 

Rossarzt Krueger vom 2. Brandenb. Drag.-Regmt. No. 12 behufs Wahr¬ 
nehmung der Geschäfte des Ober-Rossarztes zum 3. Schles. Drag.-Regmt. No. 15 
commandirt. 


Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin. 


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XVI. 


Die Zwangsimpfüng bei der Unterdrückung der Lungen- 

seuobe. 

Von 

F. Bol oft 


Die Unterdrückung der Lungenseuche ist in einzelnen Theilen 
des preussischen Staates noch nicht in dem Masse gelungen, als nach 
Erlass des Gesetzes vom 25. Juni 1875 erwartet wurde. Dieser 
Mangel an Erfolg ist wohl vorzugsweise auf wiederholte Einschlep¬ 
pungen aus anderen deutschen Staaten und auf öftere Verheimlichungen 
der Seuche zurückzuführen. Die Verschleppungen der Seuche inner¬ 
halb Deutschlands werden zweifellos durch das Reichsgesetz vom 
23. Juni 1880 möglichst verhindert werden, und auch Verheim¬ 
lichungen der Seuche werden hoffentlich immer seltener Vorkommen. 
Wer bei der Tilgung der Lungenseuche mitgewirkt hat, weiss, dass 
vor Allem die durch die Instruction vom 19. Mai 1876 vor¬ 
geschriebene Einschränkung der Benutzung des der Ansteckung 
verdächtigen Zugviehes zu Verheimlichungen des Seuchenausbruchs 
Veranlassung gegeben hat. Nach der Instruction zur Ausführung des 
Reichsgesetzes sind die Sperrmassregeln bezüglich des Zugviehes wie 
des Weideviehes erträglich. Danach konnte auch die überall als 
nothwendig anerkannte Verlängerung der Sperre vorgeschrieben werden. 

Wer von der Vorbereitung solcher Gesetze, welche die verschie¬ 
densten Interessen berühren, auch nur eine Ahnung hat, wird nicht 
bezweifeln, dass dabei verschiedene Sachverständige mitwirken; und 
man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man an nimmt, dass bei den 
Berathungen über das Viehseuchengesetz auch die Frage nach dem 
Werth der Lungenseucheimpfung namentlich von Landwirthen und 
Thierärzten gründlich erwogen, und dass, wenn die Impfung in dem 

27 


Archiv f. wimnsoh. und praJct. Thterheilk. VH. 6. 


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410 


ROLOFP, 


Gesetz und in der Instruction als Tilgungsmittel nicht erwähnt ist, 
dazu bestimmte Gründe Vorgelegen haben. Vermuthlich hat die all¬ 
bekannte Thatsache den Ausschlag gegeben, dass die Sachverständigen 
über den Werth der Impfung noch sehr getheilter Meinung sind und 
dass sogar über die beste Art zu impfen noch keine Einigung erzielt 
ist. Nicht nur die Thierärzte, sondern auch viele Landwirthe wissen, 
dass die Impfärzte durch den örtlichen Erfolg der Impfung, sei es, 
dass dieser zu schwach, oder dass er zu stark ist, nicht selten aufs 
Unangenehmste überrascht werden und keine Erklärung dafür zu geben 
wissen. Bei dem bekannten Versuch auf der Domäne Schianstedt, 
der doch gewiss mit aller Vorsicht ausgeführt worden ist, bekamen 
113 von 125 geimpften Thieren eine Anschwellung an der Impfstelle 
am Schwanz und verloren von jenen 113 Thieren 96 durch brandiges 
Absterben die Schwanzspitze, während 5 Stück wegen bösartiger An¬ 
schwellung des Schwanzes etc. geschlachtet werden mussten. Aehn- 
liche Beobachtungen sind in grosser Zahl veröffentlicht, und in nicht 
seltenen Fällen waren die Verluste in Folge der Impfung noch weit 
beträchtlicher. An diesem Verhältniss hat sich in Deutschland bis 
auf den heutigen Tag noch nichts geändert, und für ein deutsches 
Gesetz sind wahrscheinlich die hiesigen Verhältnisse bestimmend ge¬ 
wesen, da die Ausführung der Impfung schliesslich doch wohl den 
deutschen beamteten Thierärzten hätte übertragen werden müssen. 

Um die phlegmonösen Processe, die eine Verstümmelung oder 
Verlust des Impflings zur Folge haben können, zu vermeiden, ist in 
neuerer Zeit der Versuch gemacht, die Lymphe zu mitigiren. Die 
Phlegmone ist nach Ansicht der betreffenden Forscher wahrscheinlich 
septischer Natur in Folge der Unreinigkeit der Lymphe; eine Ansicht, 
die von mir schon früher geäussert, von den Anhängern der Impfung 
aber nicht als richtig anerkannt wurde. Letztere behaupteten viel¬ 
mehr bisher, dass die Entzündung an der Impfstelle durch den spe- 
cifischen Ansteckungsstoff hervorgerufen werde, und dass die entzünd¬ 
lichen Veränderungen wesentlich mit denen in der Lunge bei der 
Lungenseuche übereinstimmen. Auf dieser Anschauung beruhte zum 
grossen Theil die Annahme, dass die Impfung vor der Ansteckung 
auf natürlichem Wege schütze. Jetzt will man nun Lymphe verwen¬ 
den, die neben dem Ansteckungsstoff keine differenten Stoffe enthält. 
Um solche Lymphe zu produciren, haben Bruylants undVerriest, 
Professoren an der Universität zu Löwen, die in der gewöhnlichen 
Lungenlymphe vorfindlichen Mikrococcen, welche sie als Ansteckungs- 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


411 


stoff betrachten, bei fractionirter Züchtung im Reinculturapparat ver¬ 
mehrt. Als Nährflüssigkeit wurde Bouillon von Rindslungen oder von 
Rindfleisch oder Liebig’sche Bouillon verwendet. In diese Flüssigkeit 
wurden auf 20 Grm. einige Tropfen von der mittelst desinficirter 
Instrumente und unter Carbolspray aus der kranken Lunge eines ge¬ 
schlachteten Rindes entnommenen Lymphe gebracht und dann die 
Flüssigkeit bei 19° im Reinculturapparat stehen gelassen. Am zweiten 
Tage war die Flüssigkeit durch Mikrococcen stark getrübt. Darauf 
wurden einige Tropfen der Flüssigkeit in neue Nährflüssigkeit gebracht, 
in der sich bei einer Temperatur von 38—39° die Mikrococcen nach 
24 Stunden wieder stark vermehrt hatten. Von dieser Flüssigkeit 
wurde darauf ein Tropfen wieder in neue Nährflüssigkeit gebracht, 
und so fort, bis die 7. Generation von Mikrococcen erzeugt war. Blieb 
die durch die Mikrococcen getrübte Flüssigkeit ruhig stehen, so senk¬ 
ten erstere sich zu Boden, gaben dann aber später wieder schöne 
Culturen. 

Diese Versuche wurden viele Male wiederholt und hatten immer 
gleichen Erfolg, wenn flüssiges Exsudat aus den kranken Lungen zu 
der Nährflüssigkeit gesetzt war; die Resultate waren dagegen sehr 
unregelmässig, wenn statt der Lungenlymphe pleuritisches Exsudat 
oder Stückchen der hepatisirten Lungen oder Stückchen von der Leber, 
der Milz, den Nieren oder Blut von lungenseuchekranken Thieren zur 
ersten Besamung der Nährflüssigkeit verwendet wurde. 

Eine Temperatur von 60° bewirkte in 15 Minuten vollständige. 
Sterilisirung der Culturflüssigkeit. 

Impfungen mit dieser cultivirten Lymphe hatten schönen ört¬ 
lichen Erfolg. In keinem Falle entstanden bei der Impfung phlegmo¬ 
nöse Processe, die sich sonst bei der Lungenseucheimpfung zuweilen 
zeigen. Dr. Willems, der bekanntlich die Impfung zuerst empfahl, 
theilt mit (Annales de Möd. vöter., Januarheft 1881), dass er mit 
der cultivirten Lymphe im Ganzen 72 Thiere geimpft und bei 52 
einen örtlichen Erfolg, nämlich eine kleine Geschwulst von der Grösse 
einer Erbse bis zur Grösse einer kleinen Nuss erzielt habe. Mithin 
zeigte sich bei einem nicht unerheblichen Theil der Impflinge gar 
keine örtliche Reaction. Auf eine solche soll es auch nach der An¬ 
sicht mancher Impfärzte gar nicht ankommen, da der Process, welcher 
die Immunität erzeuge, ausschliesslich im Blute ablaufen könne. Zur 
Begründung dieser Annahme wird behauptet, die natürliche Lungen¬ 
seuche könne ebenfalls ohne eine Spur von Veränderungen in der 

27* 


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m 


ROLOFF, 


Lunge bestehen, der Localprocess könne sich in irgend einem anderen 
Organ, nach Willems z. B. in der Leber, finden, oder es könne 
jeder örtliche Process fehlen. Eine solche Behauptung kann selbst¬ 
verständlich nur als Hypothese gelten, so lange nicht festgestellt ist, 
wodurch sich entzündliche Veränderungen in der Leber oder in einem 
anderen Organ als Erscheinungen der Lungenseuche zu erkennen geben, 
oder welche Veränderung des Blutes für Lungenseuche charakteristisch 
ist. Andererseits würde es jedem beamteten Thierarzt anheiragestellt 
sein, auf Grund eines beliebigen Befundes oder auch ohne irgend 
welchen Befund ein Thier für lungenseuchekrank zu erklären. Glück¬ 
licherweise und, wie sich neuerdings gezeigt hat, nicht überflüssiger¬ 
weise setzt das Gesetz solchen Verirrungen Schranken, indem die 
Motive es aussprechen, dass Lungenseuche nur da besteht, wo die 
Lungen sichtbar und selbstverständlich in der zur Zeit von der thier¬ 
ärztlichen Wissenschaft als charakteristisch bezeichneten Art erkrankt 
sind. Die Viehbesitzer können darin eine Garantie erblicken, dass 
von den gesetzlichen Bestimmungen nur der vom Gesetzgeber gewollte 
vorsichtige Gebrauch gemacht werden wird. 

Um es Jedermann recht klar zu machen, dass es auf die Ent¬ 
wickelung eines örtlichen Krankheitsprocesses bei der Lungenseuche¬ 
impfung nicht ankomme, ist dann sogar noch angeführt, dass auch 
bei der Pockenimpfung ein örtlicher Process nicht nothwendig und 
dass der etwaige Process nicht charakteristisch sei. Hoffentlich wer¬ 
den Fernstehende die wissenschaftliche und praktische Befähigung der 
Thierärzte nicht nach solchen Aeusserungen beurtheilen. Wir können 
dreist behaupten, dass die Thierärzte fähig sind, die gesetzlich vor¬ 
geschriebene Pockenimpfung auszuführen und bei der vorschrifts- 
mässigen Revision eine Impfpocke von einer einfachen Eiterpustel oder 
einer etwa durch Anwendung einer Scharfsalbe erzeugten Blase zu 
unterscheiden. Wenn einem Thierarzt diese Fähigkeit noch abgeht, 
so bildet ein solcher eine sehr seltene Ausnahme. 

Aus Vorstehendem geht hervor, dass es bis jetzt noch nicht ge¬ 
lungen ist, bestimmte Vorschriften zu forrauliren, wie die Lungen¬ 
seucheimpfung ausgeführt werden muss, um wenigstens erhebliche 
Verluste und Verstümmelungen der Thiere zu vermeiden, und anzu¬ 
geben, ob an der Impfstelle eine Anschwellung entstehen und wie 
diese beschaffen sein muss, um als eine richtige und genügende Impf¬ 
geschwulst betrachtet werden zu können. Trotzdem wird von ein¬ 
zelnen Anhängern der Impfung die Einführung der Zwangsimpfung 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


413 


verlangt, das heisst mit anderen Worten: die Besitzer sollen gesetz¬ 
lich gezwungen werden, den Polizeibehörden und den beamteten Thier¬ 
ärzten ihre Thiere zu Versuchen zur Verfügung zu stellen, für welche 
noch nicht einmal ein Verfahren festgestellt ist und über deren Erfolg 
nur erst in der Beziehung eine Einstimmigkeit unter den Sachverstän¬ 
digen besteht, dass sie auf unerklärliche Weise nicht zu schätzende 
Verluste verursachen können. Die Sachverständigen, welche sich dem 
Anträge gegenüber noch ablehnend verhalten, werden nicht gerade 
wohlwollend beurtheilt. Glücklicherweise können sich da Viele mit 
einander trösten; wir haben wenigstens nicht gehört oder gelesen, 
dass in einer der zahlreichen Instanzen, die der Gesetzentwurf jeden¬ 
falls hat passiren müssen, ehe er zum Gesetz geworden, die Zwangs¬ 
impfung bei der Lungenseuche empfohlen bez. beschlossen wäre. Auch 
in Oesterreich ist die Sache so wie hier beurtheilt; das Seuchengesetz 
vom 29. Februar 1880 bestimmt im § 28 No. 13: „Die Impfung der 
Lungenseuche darf nur in von der Lungenseuche bereits verseuchten 
Ställen ^Nothimpfung) über Verlangen des Vieheigenthümers und auf 
seine Gefahr und nur von dem Amtsthierarzt vorgenommen werden. 
Die Sperrmassregeln dürfen hierdurch keinen Abbruch erleiden.“ Vor 
Allem möchten wir aber Denen, die da meinen, die Zwangsimpfung 
sei überall, nur nicht in Deutschland als ein probates Mittel zur Til¬ 
gung der Seuche anerkannt, das Urtheil des englischen Privy Council 
Office nicht vorenthalten. In dem Jahresbericht pro 1876 heisst es 
bei der Erörterung der verschiedenen Tilgungsmassregeln bezüglich 
der Zwangsimpfung bei der Lungenseuche: „Die Sache mag keine 
grosse Bedeutung haben, so lange die Experimente sich auf Thiere 
von geringem Werth beschränken; aber das Leben von Thieren zu 
riskiren, deren Werth sich nach Hunderten oder Tausenden berechnet, 
blos aus dem Grunde, ihnen einen zweifelhaften Schutz gegen eine 
Krankheit zu gewähren, die sie nicht einmal nothwendig bekommen, 
liiesse eine ungeheure Ungerechtigkeit im Namen des Gesetzes begehen. 
Die Sache kann getrost dem gesunden Sinne der Viehbesitzer über¬ 
lassen werden. Nichts steht der allgemeinen Anwendung der Impfung 
entgegen, wenn deren Wirkung hinreichend erprobt ist, und wenn diese 
Zeit kommt, so wird es angezeigt sein, darüber zu discutiren, ob es 
zweckmässig ist, gegen diejenigen Personen Zwang auszuüben, welche 
zum Schaden ihrer Nachbarn eine offenbare Wohlthat zurückweisen.“ 
Eine ähnliche Aeusserung enthält der belgische Jahresbericht über den 
Gesundheitszustand der Hausthiere in der Provinz Brabant. 


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414 


ROLOFF, 


Es liegt uns fern, uns auf eine Widerlegung der allbekannten, 
in neuerer Zeit wiederum publicirten Behauptungen einzulassen, welche 
das Verlangen nach Einführung der Zwangsimpfung motiviren sollen. 
Neu und eigenthümlich ist nur der Ton in den jüngeren Publicationen 
und ganz geeignet, eine Entgegnung auszuschliessen. Dagegen scheint 
es uns nicht überflüssig zu sein, einmal nach den amtlichen und er¬ 
giebigen Quellen über den Stand der Lungenseuche im Auslande und 
namentlich darüber zu berichten, welche Erfahrungen daselbst in Be¬ 
treff der Wirksamkeit der Impfung bei der Tilgung der Seuche ge¬ 
macht sind. 

Eine sehr häufige Anwendung hat die Impfung der Lungenseuche 
in Belgien gefunden. Die Seuche war 1828 in Belgien eingeschleppt 
und wurde 1836 in Hasselt, wo Dr. Willems 1850 seine ersten 
Impfversuche machte, constatirt. Die Verluste durch die Seuche 
waren sehr erhebliche; dieselben verminderten sich, als 1865 der 
Rinderpest wegen die holländische Grenze geschlossen wurde, nahmen 
aber nach Eröffnung der Grenze wieder zu. Bis zum Jahre ,1878 ist 
wiederholt berichtet, dass die Seuche häufig durch holländisches Vieh 
in Belgien eingeschleppt sei. 

Die Zahl der als krank oder verdächtig gemeldeten Thiere betrug 
in den einzelnen Jahren seit 1867: 

1867: 1481. 1871: 1571. 1875: 2739. 

1868: 1384. 1872: 1547. 1876: 2533. 

1869: 1502. 1873: 2271. 1877: 2667. 

1870: 2146. 1874: 2046. 1878: 2800. 

Die meisten Fälle im Verhältniss zum Viehbestände zeigten sich 
nach den amtlichen Berichten 1 ) fast immer in der Provinz Limburg. 
In dieser Provinz betrug die Zahl der gemeldeten Fälle im Jahre 
1876 0,484 pCt., im Jahre 1877 sogar 0,619 pCt. des Gesammtvieh- 
bestandes, während in den übrigen Provinzen nur 0,064—0,283 pCt. 
(Brabant) als krank oder verdächtig gemeldet wurden. Von den in 
der Provinz Limburg gemeldeten Fällen kam stets die grösste Zahl in 
der Stadt Hasselt vor. Von den 1876 gemeldeten 2533 Fällen kamen 
455 auf die Provinz Limburg und von diesen wieder 429 auf die 
Stadt Hasselt. Im Jahre 1877 kamen in der Provinz Limburg 582, 
im Jahre 1878 682 und von letzteren 600 Fälle in Hasselt vor. 

! ) Etat sanitaire des animaux domestiques. Extrait du Bulletin du Con¬ 
seil superieur d’Agriculture, par Dr. J. M. Wehenkel. 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


415 


Die dauernde starke Verseuchung der Stadt Hasselt ist darauf 
zurückzuführen, dass daselbst in den Ställen der 22 oder 23 Bren¬ 
nereien viel Vieh gemästet wird. In diesen Ställen stehen durch¬ 
schnittlich 3500 Stück, die jährlich zwei- oder dreimal gewechselt 
werden. Die meisten Brennereibesitzer impfen das Vieh sofort bei 
seiner Ankunft, und dieses Verfahren soll nach der Angabe des Dr* 
Willems so vorzüglich sein, dass in den Ställen jährlich nur 1 pCt. 
der Thiere in Folge der Impfung und 1—2 pCt. an der Lungenseuche 
verloren gehen, eine Angabe, die allerdings mit den erwähnten amt¬ 
lichen Berichten nicht im Einklänge steht. Auch die beiden Thier¬ 
ärzte in Hasselt berichten speciell im Jahre 1878 anders als Dr. 
Willems. Der Thierarzt M. Maris sagt: „Die Landwirthe und 
Milchviehhalter des Districts haben die Impfung niemals angewendet; 
die Brennereibesitzer hingegen impfen ihr Vieh sofort, wenn es an¬ 
kommt. Die Lungenseuchefälle in Hasselt zeigen sich mithin fast 
immer bei geimpftem Vieh. Heftige Zufälle in Folge der Impfung 
sind nicht selten, nämlich bei 2 oder 3 Thieren von 50, und diese 
Zufälle führen in einem Drittel der Fälle zum Tode. Während der 
beiden letzten Quartale des Jahres 1878 mussten in dem Bezirke 
(des etc. Maris) 40 Thiere in Folge der Impfung geschlachtet 
werden.“ 

Der andere Thierarzt in Hasselt, M. Vaes, berichtet, dass die 
Destillateure die Symptome der Lungenseuche kennen und alle er¬ 
krankenden Thiere schlachten. Manche Destillateure impfen nur, 
wenn die Seuche ausbricht; andere impfen alle neu eingeführten Thiere, 
und auch bei letzteren findet man immer Lungenseuchefälle. 

Der belgische General-Veterinärbericht betont wie der preussische 
alljährlich, dass die Thierärzte über die Wirkung der Impfung die 
widersprechendsten Angaben machen. In manchen Fällen wurde die 
Seuche durch die Impfung angeblich sofort coupirt, während sie in 
anderen Fällen nach der Impfung fortdauerte und in wieder anderen 
Fällen auch ohne Anwendung der Impfung schnell ihr Ende er¬ 
reichte. 

Das Tilgungsverfahren in Belgien entbehrt nach den Berichten 
der erforderlichen Energie. Das Gesetz ist nicht zweckmässig, und 
die Behörden gehen nicht energisch vor, um nicht etwas zu thun ? 
was im Gesetz nicht ausdrücklich für zulässig erklärt ist. Die kran¬ 
ken Thiere werden getödtet; da aber nach dem Arretö royal vom 
1. December 1868 die Entschädigung für Rinder nur V 3 des Wer- 


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416 


ROLOFF, 


thes beträgt, die Abschätzung durch zwei Experten auch auf Kosten 
des Besitzers erfolgt, so findet häufig Verheimlichung der Krank¬ 
heit statt. 

In Frankreich, wo die Lungenseuche bereits im Jahre 1768 
beobachtet ist und seit 1850 in grosser Verbreitung herrscht, sind 
bisher über die Wirkung der Impfung keine bedeutenden Erfahrungen 
gemacht. Eine Statistik der Seuche existirt nicht. Die gesetzlichen 
Bestimmungen sind nicht zweckmässig. Meist wird die Seuche ver¬ 
heimlicht, um die lästige Absperrung des der Ansteckung verdächtigen 
Zugviehes zu verhindern. Kranke Thiere werden an gefällige Fleischer 
verkauft, und wenn die Feldarbeit beendet ist, verkauft der Besitzer 
die übrigen verdächtigen Thiere, die dann die Seuche verbreiten. Ent¬ 
schädigung wird für die auf polizeiliche Anordnung getödteten kran¬ 
ken Thiere nicht geleistet und wird voraussichtlich auch durch das 
neue zur Berathung stehende Seuchengesetz ausgeschlossen werden. 
Unter diesen Umständen wünscht man wo möglich die Impfung als 
Tilgungsmittel zu verwerthen, aber zunächst Versuche darüber anzu¬ 
stellen, da die Meinungen über die Wirksamkeit derselben noch ge- 
theilt sind. Leblanc z. B. hält nach seiner Erfahrung die Impfung 
nicht für ein Schutzmittel 1 ). 

Eine grosse Verbreitung hat die Lungenseuche ferner in England. 
Sie wurde im Jahre 1840 nach Irland eingeschleppt, 1842 in London 
und 1843 in Schottland constatirt. Seitdem hat sie ununterbrochen 
geherrscht. Ihre Contagiosität wurde lange bezweifelt, und noch 1865 
misslang ein Versuch, für diese Seuche gesetzliche Massregeln herbei¬ 
zuführen. Erst 1869, als The Contagious Diseases (Animais) Act 
erlassen wurde, kam die Lungenseuche in die Liste der ansteckenden 
Krankheiten. Darauf wurden Anordnungen gegen die Weiterverbrei¬ 
tung getroffen. Eine Vorschrift, die kranken Thiere zu schlachten, 
trat am 1. September 1873 in Kraft. Die auf polizeiliche Anord¬ 
nung getödteten kranken Thiere werden zu 3 / 4 ihres Werthes, aber 
höchstens mit 30 Lst. vergütet. 

Die Verbreitung der Seuche seit dem Jahre 1871 war folgende: 


*) Recueil de Med. veter. 1880. 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


417 


Jahr. 

Zahl 

der 

Graf¬ 

schaften. 

Neue 

Aus¬ 

brüche. 

Gehöfte 

Erkrankt. 

Stück 

Kranke 
vom vor. 
Jahre. 

Stück 

Ge¬ 

schlach¬ 

tet. 

Stück 

Ge¬ 

storben. 

Stück 

Genesen. 

Stück 

1871 

68 

1669 

5869 

133 

2207 

1309 

2332 

1872 

71 

2474 

7983 

124 

3871 

1979 

2017 

1873 

72 

2711 

6787 

240 

5061 

1028 

904 

1874 

71 

3262 

7740 

34 

7734 

289 

31 

1875 

71 

1 2492 

5806 

20 

5584 

190 

29 

1876 

66 

2178 

5253 

23 

5131 

114 

12 

1877 

70 

2007 

5330 

19 

5323 

107 

3 

1878 

67 

i 1721 

4593 

16 

4488 

114 

— 

1879 

63 

1549 

4414 

i 

7 

4296 

119 

— 


Danach hat die Tilgung in den 9 Jahren im Ganzen keine er¬ 
heblichen Fortschritte gemacht. In manchen Grafschaften wurde die 
Seuche unterdrückt, in anderen breitete sie sich weiter aus. Die un¬ 
genügenden Resultate des Tilgungsverfahrens haben verschiedene 
Gründe. In manchen Districten ist die Untersuchung nicht zweck¬ 
mässig, indem die Veterinärinspectoren nur die krank gemeldeten 
Thiere untersuchen und nicht feststellen, ob die übrigen Thiere der 
Herde noch gesund sind. Manche Localbehörden instruiren die In¬ 
spectoren dahin, dass sie die inficirten Ställe erst einen Monat nach 
dem letztgemeldeten Krankheitsfalle wieder zu inspiciren haben. Ein 
anderer Grund ist dieser, dass, wie auch die Zahlen der gestorbenen 
beweisen, die kranken Thiere nicht immer sofort geschlachtet werden, 
und dass die Localbehörden von der ihnen nach der Contagious 
Diseases Act zustehenden Befugniss, auch die der Ansteckung ver¬ 
dächtigen Thiere schlachten zu lassen, keinen Gebrauch machen. Auch 
wurden nach den Berichten der Inspectoren nicht immer Ermittelungen 
über die Herkunft der bald nach dem Ankauf erkrankten Thiere 
angestellt, obgleich die Localbehörden ermächtigt sind, ein Gehöft für 
verseucht zu erklären, in welchem innerhalb 56 Tagen ein Seuchen¬ 
fall vorgekommen ist. Dass die Feststellung der Krankheit und die 
Tödtung der erkrankten Thiere nicht immer rechtzeitig erfolgt, und 
dass die Ermittelungen in Betreff des Standes der Seuche und deren 
Herkunft oft zu wünschen übrig lassen, ist erklärlich, da von den 
Localinspectoren, deren Zahl 1678 beträgt, im Jahre 1873 nur 22 pCt. 
Thierärzte waren. Dazu kommt, dass, wie namentlich der amtliche 
Bericht für 1876 hervorhebt, immer noch eine beträchtliche Zahl von 
kranken, genesenden, sowie von inficirten Thieren verheimlicht wird, 


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418 


ROLOFF, 


und dass auch neue Seuchenausbrüche nicht immer zur Anzeige ge¬ 
bracht werden. Aus diesem Grunde wurde nach dem Bericht pro 
1879 das Untersuchungsverfahren für die Grafschaft Northumberland 
anders organisirt. Dort wurde ein Ober-Veterinärinspector für die 
ganze Grafschaft angestellt. Ausserdem wurden ein Executivcomit6 
und ein Subcomite ernannt, für welche der Polizeiinspector als Local¬ 
inspector fungirt. Kein Thier darf in der Grafschaft ohne Genehmi¬ 
gung des Localinspectors geschlachtet werden, der in zweifelhaften 
oder schwierigen Fällen mit Genehmigung des Subcomit6s oder dessen 
Vorsitzenden einen Thierarzt zuziehen kann. 

Der Verlauf der Seuche in den einzelnen Herden ist in England 
ebenso verschieden wie in anderen Ländern. Mitunter erkrankt ein 
grosser Theil der Herde, während viele Male nach den Berichten der 
Inspectoren in Herden, die aus 10—80 oder 90 Stück bestanden, 
nur ein Thier als krank gemeldet wurde. 

In welchem Umfange die Impfung in England angewendet wird, 
ist aus den Berichten nicht ersichtlich. Es wird aber wiederholt be¬ 
merkt, dass die Schutzkraft der Impfung noch nicht erwiesen ist, 
dass weitere positive Thatsachen zu Gunsten der Impfung nicht bei¬ 
gebracht sind etc. In dem Bericht pro 1874 wird mitgetheilt, dass 
in einer grossen Molkerei zu London trotz aller Vorsicht die Seuche 
ausbrach. Alle neu angekauften Kühe wurden von einem der geüb¬ 
testen Impfer geimpft und nach der Impfung noch mehrere Wochen in 
einem besonderen Stalle gelassen. Trotzdem brach die Seuche unter 
den geimpften Kühen aus und konnte nur durch Schlachten der 
kranken unterdrückt werden 1 ). 

Ueber die Anwendung der Lungenseucheimpfung in Australien 
giebt der Bericht über die Verhandlungen der Conferenz der Chief 
Inspectors of Stock der verschiedenen Colonien zu Sidney im No¬ 
vember 1874 einige Auskunft. Danach war die Verbreitung der Seuche, 
welche 1858 durch eine englische Kuh, die in Melbourne landete, ein¬ 
geschleppt war, bis zum Jahre 1860 sehr gering. Die Unterdrückung 
der Seuche war trotz der Abschlachtung der zuerst inficirten Herde, 
welche aus Privatbeiträgen bezahlt wurde, nicht gelungen, weil ein 
Nachbar einige von seinen Viehstücken in die inficirten Paddocks ge¬ 
bracht hatte. Die Weiterverbreitung wurde dann besonders durch die 
Treibherden vermittelt und fand nach 1860 in dem Masse statt, dass 


*) Jahresberichte des Veterinärdepartements des Privy Council Office. 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


419 


bis zum Jahre 1873 wenigstens 40 pOt. des Gesammtviehbestandes, 
mithin 1,750,000 Stück im Werthe von 8,000,000 Lst. zu Grunde 
gingen. 

Sperrmassregeln sind in Australien nicht durchzuführen, und 
eine rationelle Behandlung der kranken Thiere findet nicht statt, weil 
das Vieh zu wild und nicht werthvoll genug ist. Der Preis für ein 
Thier beträgt durchschnittlich 4 Lst. 10 sh. 

Unter diesen Umständen wurde 1861 durch Cleote in einem in 
der Sidney- und Melbourne-Zeitung veröffentlichten Briefe die Impfung 
empfohlen. Im April 1869 wurden 1200 Fragebogen an Herden¬ 
besitzer, die mehr als 200 Stück Vieh besassen, versandt. Von den¬ 
selben gingen 501 mit Beantwortung der Fragen wieder ein. Von 
den Besitzern, die antworteten, liessen 279 ihre Heerden impfen; 
222 impften nicht. Von den Besitzern, die impfen liessen, sprachen 
sich 237 zu Gunsten der Impfung, 25 weder ffir noch gegen die 
Impfung, 17 dagegen aus. Im Jahre 1873 sprachen sich die Besitzer 
in 26 Districten zu Gunsten der Impfung aus; in 3 Districten waren 
die Meinungen getheilt und aus 5 Districten ging auf die Anfragen 
keine Antwort ein. 

Ueber die Wirkung der Impfung enthält der genannte Bericht 
nur die Mittheilung, dass dadurch die Dauer fer Seuche abgekürzt 
werde. Die Dauer betrage in einer geimpften Herde sechs 
Monate, in einer nicht geimpften selbst mehrere Jahre. Oft nutze 
jedoch die Impfung nichts, und zwar wenn sie zu spät angewendet 
oder wenn unzweckmässig operirt oder eine unwirksame Lymphe ver¬ 
wendet werde, oder wenn die Witterung zu heiss sei. Geimpft wird 
in Australien an der Aussenseite des Schwanzes, 1—1V 2 Zoll von 
der Spitze, und zwar entweder mit Messer oder Lancette, die in 
Lymphe getaucht sind, oder mit einem ausgehöhlten Impfmesser, oder 
es wird ein in Lymphe getauchter Faden eingezogen. Letztere Me¬ 
thode soll die beste, bequemste und ungefährlichste sein. Als Lymphe 
wird das flüssige Exsudat aus der Lunge oder das flüssige pleuritische 
Exsudat benutzt, und zwar ersteres mit Zusatz von gleichen Theilen 
Glycerin, um es milder und haltbarer zu machen. Als die beste 
Lymphe wird das flüssige pleuritische Exsudat betrachtet, weil dann 
die Gefahr geringer, die Wirkung jedoch ebenso gut sei. Die Be¬ 
nutzung der Lymphe aus der Lunge ist nach dem Bericht für 1874 
im Corencedistrict ganz verlassen. 

Nach diesen Mittheilungen über die Impfmethode können wir es 


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420 


ROLOFF, 


verstehen, dass man in Australien in Folge der Impfpng so geringe 
Verluste hat. Aber die Angabe über die sichere Wirkung der Impfung 
mit pleuritischem Exsudat steht mit den erwähnten neuesten Unter¬ 
suchungen über das eigentliche Agens nicht im Einklang. 

Dass in neuerer Zeit in Australien andere Beweise für die Schutz¬ 
kraft der Impfung gewonnen seien, als die Behauptungen der Herden¬ 
besitzer und einiger Thierärzte, ist uns nicht bekannt. Auch die 
Tilgung der Seuche ist bis jetzt mit Hülfe der Impfung nicht ge¬ 
lungen. Nur das hat man gefunden, dass trotz der fast allgemein 
üblichen Impfung die Verluste gewöhnlich sehr gross sind, wenn die 
verseuchte Herde getrieben wird, während die Verluste gering sind, 
wenn das Vieh ruhig auf den Koppeln bleibt. Diese Erfahrung stimmt 
mit der Erfahrung in Europa überein. Dass man bei ruhiger Ueber- 
legung nicht dazu kommen kann, die vorliegenden oberflächlichen Be¬ 
richte über den Niutzen der Impfung in Australien als brauchbare 
Motive für die Einführung der Zwangsimpfung in Deutschland zu be¬ 
trachten, liegt auf der Hand. 

Vor Allem soll nun aber der Erfolg der Impfung bei der Unter¬ 
drückung der Lungenseuche in den Niederlanden beweisend sein, 
dass die Impfung ein sicheres und unentbehrliches Tilgungsmittel ist 
Es dürften daher namentlich die Verhältnisse in den Niederlanden 
etwas eingehender zu schildern sein; denn an der Hand der ober¬ 
flächlichen Berichte, die gewöhnlich als Beweismittel benutzt werden, 
lässt sich die Frage nicht beurtheilen. 

Die Lungenseuche wurde 1833 in Holland eingeschleppt, indem 
dortiges Vieh an der Grenze auf der Weide mit einer preussischen 
kranken Kuh in Berührung kam. Binnen 10 Jahren hatte sich die 
Seuche über ganz Holland verbreitet. Eine staatliche Aufsicht über 
die Seuche besteht erst seit dem Jahre 1870. 

Nach dem Gesetz vom 20. Juli 1870 wurden Districtsthierärzte 
ernannt, welche die Aufsicht über den Gesundheitszustand des Viehes 
auszuüben haben. Beim Ausbruch einer Seuche oder beim Seuchen¬ 
verdacht hat der Besitzer beim Bürgermeister Anzeige zu erstatten, 
auch das kranke Thier abzusondern. Der Bürgermeister hat die 
Krankheit durch den Districtsthierarzt feststellen zu lassen und die 
von letzterem vorgeschlagenen Massregeln in Uebereinstimmung mit 
den Bestimmungen des Gesetzes anzuordnen. Er hat den Hof, das 
Gut, den Stall oder die Weide, wo sich das kranke oder verdächtige 
Vieh befindet oder befunden hat, deutlich kenntlich zu machen. Die 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


421 


Kennzeichen bleiben während einer durch den Bürgermeister nach 
Ueberlegung mit dem Districtsthierarzt zu bestimmenden Zeit erhalten; 
jedoch darf diese Frist nicht länger bemessen werden, als 100 Tage 
nach Beendigung des letzten Falles. 

Das kranke oder verdächtige (der Ansteckung verdächtige) Vieh 
ist zu zeichnen. 

Der Versandt von krankem oder verdächtigem Vieh ist verboten; 
jedoch kann der Bürgermeister > wenn es erforderlich ist, nach An¬ 
hörung des Districtsthierarztes den Versandt unter den ärztlicherseits 
gebotenen Vorsichtsmassregeln gestatten. 

Der Bürgermeister kann die Tödtung des Viehes nach vorheriger 
Enteignung desselben anordnen. Die Entschädigung beträgt für das 
kranke Vieh die Hälfte des Werthes, für das gesunde Vieh den vollen 
Werth. Die Entschädigung ist zu versagen, wenn die Anzeige oder 
die Absperrung des kranken Viehes verabsäumt ist. 

Die Desinfection, die auf Kosten des Staates geschieht, muss 14 
Tage nach dem letzten Krankheitsfall beendet sein. 

Dass das Gesetz nicht die gehoffte Wirkung haben konnte, liegt 
auf der Hand. Es war in Betreff der Bemessung der Dauer der Ab¬ 
sperrung des verdächtigen, sowie bezüglich des Versandts des kranken 
oder verdächtigen Viehes dem Districtsthierarzt und dem Bürgermeister 
eine zu grosse Befugniss eingeräumt. 

Es erging daher der Beschluss des Königs vom 30. October 1872, 
nach welchem die von der Lungenseuche ergriffenen Rinder getödtet, 
Brust- und Baucheingeweide vergraben und die Häute desinficirt wer¬ 
den müssen. Der Minister des Innern kann jedoch die Tödtung für 
bestimmte Strecken und auf bestimmte Zeit suspendiren, sowie die 
Tödtung von verdächtigen (d. i. der Ansteckung verdächtigen) Rin¬ 
dern befehlen. 

Eigentümer von lungenkrankem Vieh sind befugt, dasselbe nach 
Anzeige bei dem Bürgermeister und unter Aufsicht der Polizei zu 
schlachten, unbeschadet ihrer Verpflichtung zur Befolgung der übrigen 
Bestimmungen des Gesetzes und dieses Beschlusses. 

Vieh, welches als verdächtig anzusehen ist, verbleibt in diesem 
Zustande bei Lungenseuche 3 Monate. Innerhalb dieser Frist ist die 
Ein- und Ausfuhr von Rindvieh für den gesperrten Bezirk verboten. 
Diese Frist kann jedoch Seitens des Ministers des Innern um 1 Monat 
gekürzt werden, sobald der Districtsthierarzt oder dessen Stellvertreter 
schriftlich erklärt, dass das verdächtige Vieh innerhalb 8 Tagen, nach- 


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422 


ROLOFF, 


dem es in den verdächtigen Zustand gerathen, durch einen appro- 
birten Thierarzt geimpft worden ist. 

Auf Grund des vorstehenden Beschlusses verfugte der Minister 
des Innern am 19. Januar 1873 die Tödtung des der Ansteckung 
verdächtigen Viehes für die Provinzen Friesland und Groningen. 

Die danach gebotene bezw. nach dem Gesetz gestattete Tödtung 
des verdächtigen Viehes war indess so kostspielig, dass die für das 
Jahr 1873 bewilligten Mittel bei weitem nicht ausreichten. Die Ge¬ 
neralstaaten bewilligten zwar eine neue Summe, erklärten sich jedoch 
gegen die Tödtung der verdächtigen Thiere. Der Minister behielt sich 
übrigens vor, die Tödtung wenigstens da anzuordnen, wo die Seuche 
nicht stationär war, sondern nur hin und wieder eingeschleppt wurde. 

Da trotz der genannten Massregeln noch häufige Verschleppun¬ 
gen der Seuche vorkamen, weil Ausbrüche verheimlicht und verdäch¬ 
tige Thiere verkauft wurden, so wurde durch Beschluss des Königs 
vom 3. October 1873 verordnet: 

dass in Gemeinden, die der Minister des Innern bezeichnen werde, 
eine Ein- und Ausfuhr von Vieh ohne Erlaubniss des Bürger¬ 
meisters nicht stattfinden dürfe; 

dass in den vom Minister zu bezeichnenden Gemeinden Märkte 
und öffentlicher Verkauf von Thieren nicht stattfinden sollen; 
dass in den Gemeinden der Viehstand durch besondere Revi¬ 
soren zu überwachen, 
dass daselbst ein Viehregister anzulegen, 
dass jede Veränderung des Viehstandes binnen 24 Stunden beim 
Bürgermeister anzuzeigen sei; 

dass der Viehrevisor jedes geschlachtete oder gefallene Viehstück 
innerhalb 24 Stunden nach der Anzeige zu besichtigen habe 
und dass vorher das Thier, namentlich die Lungen desselben, 
nicht entfernt werden dürften; 

dass die Viehrevisoren wenigstens einmal wöchentlich die Vieh¬ 
stände revidiren sollten. 

Diese, für lange verseuchte Bezirke, in welchen Verheimlichungen 
der Seuche häufig Vorkommen, höchst zweckmässigen Bestimmungen 
fanden auf eine Anzahl von Gemeinden in Südholland und Friesland, 
sowie auf einzelne Gemeinden in den Provinzen Nordholland und 
Utrecht Anwendung. Die Wirkung trat bald ein; in Friesland nahm 
die Zahl der Seuchenfälle gegen früher zu, weil die dort üblichen 
Verheimlichungen nicht mehr stattfinden konnten, während sich in den 


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Zwangsimpfang bei Unterdrückung der Lungenseuche. 423 

beiden Holland und in Utrecht ein Abnahme der Seuche bemerklich 
machte. 

Durch Beschluss des Königs vom 17. April 1874 wurde dann 
ferner angeordnet, dass beim Ausbruch der Seuche der Besitzer das 
der Ansteckungsgefahr ausgesetzte Vieh impfen lassen muss. Fehlt 
es an geeignetem Impfstoff, so kann die Impfung aufgeschoben wer¬ 
den, bis solcher Stoff zu beschaffen ist. — Nach dem Beschluss des 
Königs vom 9. October 1874 sollen Kälber unter 3 Monaten nicht 
geimpft werden, da man bei solchen jungen Thieren nach der Impfung 
öfter heftige Gelenkentzündung hatte eintreten sehen. 

Ausser der Impfung wurde durch den Beschluss vom 17. April 
1874 auch noch angeordnet, dass, wenn das verdächtige Vieh auf der 
Weide nicht vollständig abgesondert werden könne, die Absonderung 
in einem Stalle oder in einem anderen Gebäude stattzufinden habe. 

In Folge der strengeren Massregeln und, wie in dem amtlichen 
Bericht betont ist, in Folge der schnellen Tilgung der Seuchenherde 
durch Tödtung der verdächtigen Thiere hatte sich namentlich im Jahre 
1876 eine Abnahme der Seuche gezeigt. In dem letzteren Jahre 
waren 822 verdächtige Thiere, die 50 verschiedenen Herden ange¬ 
hörten, getödtet, während noch im Jahre vorher die Tödtung nur in 
einzelnen Fällen in Anwendung gekommen war. Trotzdem und un¬ 
geachtet der seit zwei Jahren in Anwendung gebrachten obligato¬ 
rischen Impfung des der Ansteckungsgefahr ausgesetzten Viehes wurde 
der Zustand noch nicht als ein befriedigender betrachtet. Es wurden 
daher am 2. März 1876 mehrere Thierärzte zu einer Sitzung einge¬ 
laden, um über weitere Tilgungsmassregeln zu berathen. Dieselben 
erklärten, dass die in Friesland getroffene Anordnung, kein verdäch¬ 
tiges Vieh auf die Weide zu lassen, sondern im Stalle zu halten, den 
gewünschten Erfolg gehabt habe. Diese Massregel würde sich daher 
auch für Südholland empfehlen, sei dort aber schwer durchführbar, 
weil die Bauern die Viehställe bei der Käsebereitung benutzten. Da¬ 
gegen würde anzuordnen sein, dass das Vieh, welches am Ende der 
Stallperiode noch verdächtig ist, so lange im Stalle bleiben müsse, 
bis der Verdacht beseitigt sei, vorausgesetzt, dass, wie in Friesland, 
während der Weidezeit vom 1. Mai bis 1. November eine Entschädi¬ 
gung für die Mehrkosten der Stallfütterung, und zwar 20 Cent für 
eine Milchkuh und 10 Cent für ein anderes Viehstück, gezahlt werde. 
Die Herden, welche später noch eine Ansteckung vermitteln könnten, 


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424 


fcOLOFF, 


müssten getödtet werden. Diese Massregel sei auch in Friesland und 
in den anderen Provinzen anzuordnen. 

Die Versammlung stellte daher den Antrag, mit der Tödtung in- 
ficirter Rindviehherden sofort vorzugehen. 

In Verbindung mit dieser Massregel sollten nach dem Gutachten 
der Versammlung die Viehhalter in Friesland und in Südholland ver¬ 
anlasst werden, ihre Herden auf den Weiden in kleinere Koppeln zu 
theilen, weil in Folge dessen die Entschädigungskosten geringer wür¬ 
den. Bei dem Vorkommen von Lungenseuchefällen sei auf das Vieh 
benachbarter Weiden zu achten. Auf letzteres sei die Verordnung 
vom 3. October 1873 (Revision etc.) anzuwenden. 

Danach wurde denn auch die Tödtung verdächtiger Thiere in viel 
grösserem Umfange als vorher in Anwendung gebracht. Die Tödtung 
geschah nach folgenden Grundsätzen: 

In Friesland und in den Provinzen, in welchen die Seuche nur 
an einzelnen Orten vorkam, wurde die ganze Herde abgeschlachtet, 
wenn Grund zu der Annahme vorlag, dass sämmtliche Thiere inficirt 
waren. War nur erst ein Krankheitsfall vorgekommen und das 
kranke Thier sofort isolirt, so wartete man einen zweiten Fall ab, 
ehe die Abschlachtung der Herde stattfand. Ebenso war das Ver¬ 
fahren in der Rheingegend und auf den Inseln Südhollands, während 
im Westland und in der Umgegend von Delft und Schiedara, den 
grossen Seuchenherden, das Abschlachten der verdächtigen Thiere nur 
selten angewendet wurde, weil es zu kostspielig erschien, auch weil 
das Vieh meist Mastvieh und daher ohnehin zum Schlachten bestimmt 
war. Dort wurden die inficirten Herden nur dann abgeschlachtet, 
wenn die Seuche in einem einzelnen Gehöft einer viehreichen Ortschaft 
ausbrach, die Umgebung des Gehöfts noch seuchefrei war und die Ab¬ 
sperrung der verdächtigen Thiere nur mangelhaft durchgeführt wer¬ 
den konnte. 

Die Zweckmässigkeit der genannten Massregeln, insbesondere des 
Abschlachtens der inficirten Herden, wurde bald offenbar: Die Seuche 
nahm in den Jahren 1877 und 1878 erheblich ab, obgleich die wich¬ 
tigsten Seuchenherde in Südholland von den Massregeln nur wenig 
betroffen waren. 

Die Wirkung der verschiedenen Massregeln wird durch folgende 
Zahlenangaben veranschaulicht. 

Es wurden amtlich gemeldet, bez. entdeckt: 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


425 


Jahr. 

Zahl der kranken Thiere. 

Zahl der Gemeinden. 

1871 

6078 

3(13 

1872 

4008 

261 

1873 

2479 

199 

1874 

2214 

136 

1875 

2227 

106 

1876 

1723 

110 

1877 

956 

78 

1878 

701 

72 


Es wurden getödtet: 


Provinzen. 

Kranke 

Thiere. 

Stück. 

Gemein¬ 

den. 

■En 

Herden. 

Gemein¬ 

den. 

1877« Nordbrabant . . 

10 

8 

67 

6 

6 

Geldern. 

4 

2 

34 

2 

2 

Südholland . . . 

717 

44 

1399 

91 

34 

Nordholland . . 

29 

5 

208 

17 

5 

Seeland. 

1 

1 

19 

1 

1 

Utrecht. 

26 

5 

200 

14 

5 

Friesland .... 

168 

12 

1378 

47 

12 

Limburg .... 

1 

1 

13 

1 

1 


956 

78 

3318 

179 

66 

1978. Nordbrabant . . 

4 

3 

n 

2 

2 

Geldern. 

52 

2 

157 

3 

2 

Südholland . . . 

572 

48 

1041 

61 

36 

Nordholland . . 

22 

7 

178 

11 

6 

Seeland. 

1 

1 

21 

1 

1 

Utrecht. 

2 

2 

21 

1 

1 

Friesland .... 

48 

9 

767 

25 

9 


701 

72 

2200 

104 

57 


Von den letzteren 2200 der Ansteckung verdächtigen Thieren 
wurden 492 beim Schlachten mit der Lungenseuche gehaftet befunden. 

Die Provinzen Groningen, Drenthe und Ober-Yssel waren in den 
Jahren 1877 und 1878, in dem letzteren Jahre auch die Provinz 
Limburg seuchefrei. 

Da trotz der strengen Tilgungsmassregeln die Lungenseuche in 
mehreren Provinzen noch in grosser Verbreitung herrschte, so wurde 
von den Generalstaaten eine Untersuchung darüber veranlasst, weshalb 
die Massregeln in gewissen Gegenden und Gemeinden günstig gewirkt 
hatten, in anderen hingegen erfolglos geblieben waren. Nach dem im 
März 1878 erstatteten Bericht der Lntersuchungscomraission hatten 

28 


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Archiv f. wissensch. und pnkt. Thterhcilk. VU. 6. 

















426 


ROLOFF, 


sämmtliche Sachverständige ausgesagt, dass die Bestimmungen des 
Gesetzes von 1870 vollständig ausreichend seien und dass der Mangel 
an Erfolg ausschliesslich den eigennützigen und widerstrebenden Züch¬ 
tern zuzuschreiben sei. Die Commission erklärte auf Grund der Er¬ 
hebungen für nothwendig: 

1) die thierärztliche Ueberwachung des Viehes in den Theilen 
des Reiches, wo die Seuche fortdauernd stark herrsche, zu 
verschärfen; 

2) durch eine Abänderung des Gesetzes vom 20. Juli 1870 die 
sofortige Anzeige des Seuchenausbruchs in einer Herde her¬ 
beizuführen; 

3) die Impfung des Viehes als Vorbeugungsmittel zu begün¬ 
stigen ; 

4) für die Brennereibezirke in Südholland besondere Massregeln 
anzuordnen, um daselbst die Befolgung der gesetzlichen Mass¬ 
regeln zu sichern. 

In Folge dieser Vorschläge wurde das Gesetz vom 8. August 
1878 erlassen. Die hier besonders in Betracht kommenden Bestim¬ 
mungen desselben lauten: 

Wir Wilhelm III. etc. etc. 

Art. 1. Es kann durch Uns befohlen werden, dass die Rinder in bestimm¬ 
ten Theilen des Reiches, welche durch Unseren, mit der Ausführung dieses Ge¬ 
setzes beauftragten Minister zu bezeichnen sind, geimpft und gezeichnet werden 
müssen, oder eins von beiden. 

Weigert sich der Eigenthümer oder Viehhalter, die Impfung oder das Zeich¬ 
nen zu gestatten, so wird das Vieh durch den Bürgermeister mit Beschlag belegt 
und hat letzterer dafür zu sorgen, dass die Impfung oder das Zeichnen auf Kosten 
des Eigenthümers vorgenommen werde. 

Ist in Folge einer auf Grund dieses Artikels vorgenommenen Impfung ein 
Stück Vieh nach Erklärung des Districtsthierarztes oder seines Vertreters einge¬ 
gangen, so wird dem Eigenthümer der volle Werth des Viehes im gesunden Zu¬ 
stande ersetzt. 

Art. 2. Eigenthümer oder Viehhalter in den Theilen des Reiches, welche 
im vorigen Artikel gemeint sind, sind verpflichtet, den Districtsthierärzten oder 
ihren Stellvertretern sowie denjenigen Aufsichtsbeamten, welche durch Unseren 
mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragten Minister dazu angewiesen wor¬ 
den sind, den Zugang in die Stallungen, Weiden oder Aufbewahrungsplätze von 
Vieh zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang zu gestatten. Auf Erfordern 
ist dabei die Anstellungsverfügung vorzuzeigen. 

(Art. 3, 4. Strafbestimmungen.) 

Art. 5. Die Vorschriften des Gesetzes vom 20. Juli 1870 und die auf 
Grund dieses Gesetzes durch Uns erlassenen Beschlüsse bleiben auch fernerhin 
in Kraft. 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 427 

Der auf Grund dieses Gesetzes erlassene Beschluss des Königs 
vom 17. August 1878 enthält folgende Anordnungen: 

Art. 1. Es ist verboten, ohne Erlauhniss des Bürgermeisters Vieh aus den 
von dem Minister des Innern bezeichneten Kreisen zu bringen. Die Bezeichnung 
der Kreise wird öffentlich bekannt gemacht. 

Art. 2. Die Erlaubniss darf nur nach Anhörung des Districtsthierarztes 
ertheilt werden, und nachdem derselbe erklärt hat. dass die Ausführung des 
Thieres absolut nothwendig ist und ohne Gefahr geschehen kann. 

Der Erlaubnissschein des Bürgermeisters muss angeben: den Namen und 
Wohnort des Interessenten, das Gutachten des Districtsthierarztes, den Namen 
und Wohnort des Empfängers und ein genaues Signalement des Thieres. Der 
Schein ist dem Bürgermeister des Bestimmungsortes des Viehes innerhalb 12 
Stunden vorzulegen. 

Ist das so transportirte Thier nicht zum Schlachten bestimmt, so hat der 
Bürgermeister eine Abschrift des Scheines dem Districtsthierarzt zuzufertigen. 

Art. 3. Das so transportirte Thier darf innerhalb 3 Monaten weder mit 
anderem Vieh in Berührung kommen, noch lebend wieder ausgeführt werden. 
Beim Tode des Thieres oder 3 Monate nach der Translocirung wird der Trans¬ 
portschein durch den Bürgermeister vernichtet. 

Art. 4. Den Unternehmern öffentlichen Transportfuhrwesens ist verboten, 
Vieh aus den bezeichneten Kreisen anders als in geschlossenen Wagen oder in 
separirten und isolirten Theilen solcher Wagen zu transportiren. sodass das Thier 
mit anderem Rindvieh oder Waaren nicht in Berührung kommen kann. Der 
Wagen soll mit der Aufschrift „Vieh aus einem gesperrten Kreise“ versehen sein. 
Das Thier darf nur an seinem Bestimmungsorte und unter polizeilicher Ueber- 
wachung ausgeladen werden. 

Der Transportwagen ist sofort zu desinficiren. 

Art. 5. Die Ausführung von Vieh aus den gesperrten Kreisen kann ohne 
Erlaubniss geschehen, wenn dasselbe zum Export bestimmt ist, jedoch unter 
Beachtung der Bestimmungen in dem Königl. Beschluss vom 28. Mai 1871. 

(Es ist verboten, Vieh nach dem Auslande zu verladen ohne vorherige 
Untersuchung des Viehes durch einen dazu angestellten Thierarzt.) 

In diesem Falle gelten die Bestimmungen des Art. 3, 1. Satz, nur bis zum 
Augenblick der Ausladung des Viehes; eine Ausladung darf jedoch auf nieder¬ 
ländischem Gebiet nicht stattfinden. 

Findet der Transport auf der Eisenbahn statt, so muss der Wagen ge¬ 
schlossen sein. 

Art. 6. Alles Vieh in den gesperrten Kreisen muss durch Thierärzte, die 
vom Minister zu bezeichnen sind, geimpft werden. Die geimpften Thiere sind 
auf dem rechten Hinterschenkel unter dem Hüftgelenk mit dem Brandzeichen V. 
zu bezeichnen. Alles in die Kreisö eingeführte Vieh ist innerhalb 3 Tagen zu 
impfen. Das Brandzeichen ist zwischen dem 7. und 10. Tage nach der Impfung 
anzubringen. Kein Thier darf mit anderen in Berührung kommen, bevor es das 
Brandzeichen erhalten hat. 

Art.'8. Wird Vieh mit Erlaubniss anders als zum Schlachten ausgeführt, 
so erhält es seitlich von dem ersten ein zweites Brandzeichen V. 

28* 


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428 


ROLOFF, 


Art. 10. Ausserhalb der gesperrten Kreise darf Niemand ein nicht zum 
Schlachten bestimmtes Rindviehstück besitzen, welches mit dem Brandzeichen V. 
versehen ist; auch nicht ein Thier mit dem Brandzeichen V. V., wenn der er¬ 
wähnte Erlaubnisschein nicht dem Bürgermeister ausgehändigt ist. 

Art. 11. Scheidet ein Kreis aus der Zahl der gesperrten aus, so bekommt 
sämmtliches Vieh neben dem ersten Brandzeichen V. ein zweites A. Solches 
Vieh kann frei transportirt werden. 

Art. 12. Kälber sind erst im Alter von 3 Monaten zu impfen. 

Ein Königl. Beschluss vom 9. Januar 1879 ordnete an, dass das 
erwähnte Zeichen in das rechte Horn, oder beim Fehlen desselben in 
das linke Horn, oder beim Fehlen beider Hörner in die rechte Vor¬ 
derklaue eingebrannt werden soll. 

Die durch den Königl. Beschluss vom 17. August 1878 ange¬ 
ordneten Massregeln wurden mit dem 20. September desselben Jahres 
in dem besonders stark verseuchten Theile Südhollands, nördlich von 
Lek und Maas, in Anwendung gebracht. Dies ist der sogenannte 
Spoelingsdistrict, in welchem zahlreiche grosse Brennereien liegen. 
Derselbe umfasste 17 Gemeinden einschliesslich Schiedara. Mit der 
Ausführung der Impfung in diesem gesperrten Kreise wurden vier 
Districtsthierärzte beauftragt, die im Jahre 1878 vom 22. September 
bis zum 31. December 34,784, im Jahre 1879 im Ganzen 24,396 
Stück Vieh impften. 

Da von dem Spoelingsdistrict aus die Seuche vielfach durch Ver¬ 
mittelung der Märkte in Delft und in Rotterdam verbreitet war, so 
wurde in Rotterdam für das Vieh aus diesem District ein besonderer 
Markt eingerichtet, wo es mit Vieh aus anderen Districten nicht in 
Berührung kam. Auf dem Markte in Delft war die Berührung ohne¬ 
hin ausgeschlossen, da dieser Ort innerhalb des gesperrten Kreises 
lag. Diese Massregel wirkte offenbar sehr günstig. 

Unter dem Einflüsse der genannten scharfen Bestimmungen nahm 
die Seuche im Jahre 1879 bedeutend ab. Die Provinzen Seeland, 
Utrecht, Ober-Yssel, Groningen, Drenthe und Liraburg waren seuche¬ 
frei, und in dem früher stark verseuchten Friesland kamen nur noch 
einige Fälle in einer Gemeinde vor. Die günstigen Resultate sind 
nach dem amtlichen Bericht auf das Zusammenwirken der Bürger¬ 
meister und der höheren Polizeibeamteh, die namentlich im Spoelings¬ 
district die Durchführung der gesetzlichen Vorschriften mit grösster 
Sorgfalt überwachten, zurückzuführen. 

Getödtet wurden im Jahre 1879: 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


429 


Provinzen. 

Kranke 

Thiere. 

Stück. 

Gemein¬ 

den. 

Verdäch¬ 

tige 

Thiere. 

Stück. 

Gemein¬ 

den. 

Nordbrabant . . . 

8 

2 

35 

2 

Geldern. 

3 

1 

79 

1 

Südholland . . . 

139 

22 

385 

13 

Nordholland . . . 

5 

1 

60 

1 

Friesland .... 

2 

1 

3 

1 


157 

27 

532 

18 


Von den 385 in Südholland getödteten Thieren entfallen 310 auf 
den Theil nördlich von Maas und Lek, während südlich davon die 
Seuche nur in 3 Gemeinden der Insel Isselmonde vorkam. Von den 
532 verdächtigen Thieren wurden 113 beim Schlachten mit der Lun¬ 
genseuche behaftet gefunden. 

In Folge des Fortschritts der Seuchentilgung im Jahre 1879 
konnte der gesperrte Kreis verkleinert werden. 

Im Jahre 1880 kamen bis zum 4. September in Südholland 38 
Fälle, in Friesland und Groningen je 1 Fall und in Nordbrabant 4 
Fälle vor 1 ). 

Danach ist die Frage, welchen Antheil die Impfung an der ver- 
hältnissraässig schnellen Tilgung der Seuche in den Niederlanden ge¬ 
habt hat, nicht bestimmt zu beantworten, da die Impfung immer nur 
in Verbindung mit anderen, erfahrungsmässig an und für sich sehr 
wirksamen Massregeln angewendet ist. Dass die Impfung allein selbst 
bei allgemeiner Anwendung die Tilgung der Seuche nicht zu bewirken 
vermag, zeigen namentlich die Mittheilungen aus Belgien, hauptsäch¬ 
lich aus der Stadt Hasselt, und geht insbesondere daraus hervor, dass 
trotzdem die Noth- bezw. die Präcautionsirapfung in den Niederlanden 
bereits im Jahre 1874 obligatorisch geworden und nach den Berichten 
sehr bereitwillig angewendet war, die übrigen Massregeln immer wie¬ 
der verschärft und endlich sogar umfangreiche und höchst kostspielige 
Abschlachtungen vorgenoraraen werden mussten, um der Seuche Herr 
zu werden. Insbesondere mussten in den stark verseuchten Kreisen 
die erforderlichen Einrichtungen getroffen werden, um den Widerstand 
der Thierbesitzer, der Anzeigepflicht zu genügen, zu brechen. 


*) Amtliche Berichte: Verslag an den Koning van den Bevindingen on Han¬ 
delingen van het veearznykundig Staatstoezigt, 


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430 


R0L0FF, 


Ausserdem ist daraus, dass von den frühzeitig der Impfung un¬ 
terworfenen Rindern später beim Schlachten ein nicht unbeträchtlicher 
Theil mit der Seuche behaftet gefunden wurde, zu ersehen, dass die 
Impfung durchaus kein zuverlässiges Schutzmittel ist. 

Danach kann unseres Erachtens die Erfahrung, welche man in 
Holland gemacht hat, nicht als hinreichende Veranlassung zur Ein¬ 
führung der Zwangsimpfung in Deutschland betrachtet werden; wir 
glauben vielmehr, dass die Bestimmungen des Gesetzes vom 23. Juni 
1880 vollständig genügen werden, die Seuche zu unterdrücken, wenn 
sie nur überall gehörig durchgeführt werden, ebenso wie die Commis¬ 
sionen in Holland die in dem Gesetz von 1870 vorgeschriebenen Mass- 
regeln für ausreichend erklärten und nur die Durchführung derselben 
zu sichern empfahlen. Dass mit Massregeln, wie solche neben und 
trotz der Impfung schliesslich noch in Holland angewendet werden 
mussten, die Lungenseuche auch ohne Impfung getilgt werden kann, 
dürfte wohl von keiner Seite bezweifelt werden, und dieser Ansicht 
werden auch die Sachverständigen, Thierärzte und Landwirthe, gewesen 
sein, welche berufen waren, über den Entwurf des Viehseuchengesetzes 
für das Deutsche Reich sich gutachtlich zu äussern. Wir glauben, 
dass Diejenigen, welche keinen Anstand nehmen, jene Sachverständigen 
als unwissend und vorurtheilsvoll hinzustellen, wenn auch nicht be¬ 
scheidener, so doch etwas vorsichtiger auftreten würden, wenn sie sich 
namentlich mit den Verhältnissen in Holland etwas näher bekannt 
gemacht und einmal darüber nachgedacht hätten, was daselbst die 
Polizeibehörden neben den Impfärzten geleistet haben. Vielleicht 
würden sie es dann für zweckmässiger erachtet haben, zunächst zu 
untersuchen, ob es sich nicht empfiehlt, auch in gewissen Theilen 
Deutschlands noch besondere Einrichtungen zu treffen, um die Durch¬ 
führung der gesetzlichen Massregeln sicher zu stellen. Dann können 
wir es abwarten, ob neue thatsächliche Beweise für die NothWendig¬ 
keit der Impfung erbracht werden. Inzwischen ist es keinem Vieh¬ 
besitzer verwehrt, von der angeblich ebenso ungefährlichen als wirk¬ 
samen Impfung zu seinem eigenen Nutzen Gebrauch zu machen. Das 
müssen wir uns wohl von vornherein sagen, dass, wenn Einzelne 
das bekanntlich seit Jahren erstrebte und vorbereitete und nun eben 
erlassene Gesetz in einigen Phrasen abfällig beurtheilen, dies keine 
Veranlassung bilden kann, das Gesetz sofort zu ändern, um so weni¬ 
ger, wenn die abfällige Beurtheilung von Personen kommt, von denen 


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Zwangsimpfung bei Unterdrückung der Lungenseuche. 


431 


noch nicht bekannt ist, dass sie auf dem Gebiete der Veterinärpolizei 
Nennenswerthes geleistet haben. 

Selbstverständlich wird es sich empfehlen, Alles aufzubieten, um 
die Impffrage möglichst bald definitiv zu lösen. In Belgien werden 
jetzt die erwähnten Versuche, die Lungenseuchelymphe zu cultiviren 
und gleichzeitig zu mitigiren, auf Anordnung der Staatsregierung von 
einer Commission von Sachverständigen fortgesetzt, und in Preussen 
hat auf Antrag des Herrn Prof. Pütz der landwirtschaftliche Cen¬ 
tralverein der Provinz Sachsen beschlossen, Leim Königl. Ministerium 
für Land Wirtschaft eine Prüfung der Frage durch umfassende Ver¬ 
suche zu beantragen. Wir wünschen diesem Anträge den besten 
Erfolg, können aber nicht unterlassen zu bemerken, dass Versuche 
nach dem Vorschläge des Herrn Prof. Pütz einen höchst zweifel¬ 
haften Nutzen gewähren würden. Herr Prof. Pütz will nach einem 
schon früher von anderer Seite veröffentlichten Vorschläge Thiere erst 
am Schwänze und dann nach einiger Zeit am Triel impfen und auf 
diese Weise bestimmt ermitteln, ob die Thiere durch die Impfung für 
das Lungenseuchegift unempfänglich werden. Wenn Herr Prof. Pütz 
an einer anderen Stelle die Befürchtung ausspricht, dass gewisse impf¬ 
gegnerische Collegen seine Versuche nach dem von ihm skizzirten 
Plane hintertreiben, weil sie den Ausfall derselben fürchten, so hat 
er dadurch bei jenen Collegen wohl nur mehr ein Lächeln erregt. 

Bei den Verhandlungen der Centralversammlung des landwirt¬ 
schaftlichen Centralvereins der Provinz Sachsen ist gegen das neue 
Viehseuchengesetz besonders eingewendet, dass danach die Tödtung 
von inficirten Thieren nicht in genügendem Umfange vorgenommen 
werden könne; namentlich wurde wieder den Thierärzten vorgeworfen, 
dass sie nicht immer rechtzeitig tödten Hessen. Diese Einwendungen 
beruhen offenbar auf Unkenntniss des Gesetzes. Der Thierarzt hat 
überhaupt kein Recht, Tödtungen anzuordnen; er erklärt Thiere für 
lungenseuchekrank oder für verdächtig, und die Anordnung der Tödtung 
ist dann Sache der Polizeibehörden. Wer die gesetzlichen Bestim¬ 
mungen kennt, weiss, dass die Ortspolizeibehörde die für krank er¬ 
klärten Thiere tödten lassen muss, und dass es in der Befugniss des 
Regierungspräsidenten liegt, auch die Tödtung der der Ansteckung 
verdächtigen Thiere anzuordnen. Soll denn da der Thierarzt verant¬ 
wortlich sein, wenn die Anordnung der Tödtung unterbleibt? oder 
soll etwa der beamtete Thierarzt gegen seine Ueberzeugung Thiere 
für krank bez, für verdächtig erklären? Herr Prof. Pütz machte bei 


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432 


ROLOFP. 


der Gelegenheit die überraschende Bemerkung, dass von Seiten der Re¬ 
gierung der beamtete Thierarzt, der ein Stück Vieh tödten lasse (soll 
wohl heissen: die Anordnung der Tödtung durch seine gutachtliche 
Erklärung veranlasse), bei dem keine Lungenseuche vorhanden sei, 
in Ordnungsstrafe genommen und ausserdem zur Schadloshaltung des 
Besitzers herangezogen werden könne. Diese Verfügung sei auch für 
derartige Fälle ergangen, wo wirklich eine Lungenkrankheit consta- 
tirt, nach dem Tödten aber vielleicht in der Anwesenheit von Echino- 
coccen in den Lungen begründet gefunden werde. Wenn dem Thier¬ 
arzt die Aussicht blühe, dass er ein Thier bezahlen müsse, welches 
während des Lebens ihm lungenkrank erschien, nach dem Tode aber 
nicht lungenkrank befunden werde, so sei das sehr bedenklich. 

Wir sind über diese Mittheilung des Herrn Prof. Pütz aufs 
Höchste erstaunt, und da wir uns kaum denken können, dass Herr 
Pütz der hochansehnlichen Versammlung eine solche Mittheilung ge¬ 
macht haben würde, wenn die von ihm angezogene Verfügung, welche 
den Thierärzten eine in der That ganz ungewöhnliche Verantwortlich¬ 
keit auferlegte, nicht wirklich existirte, so glauben wir ihn im Inter¬ 
esse der beamteten Thierärzte um eine Veröffentlichung des Wortlauts 
der besagten Verfügung, sowie um nähere Auskunft darüber bitten 
zu sollen, wann und wo sie erlassen ist. 


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XVII. 


lieber die Verdauungssäfte und die Verdauung des Pferdes. 

Experimentelle Untersuchungen. 

Von 

Ellenberger und V. Hofmeister. 

(Fortsetzung.) 

(Hieran Tal III, Fig. 1—6.) 


II. Der histologische Bau und die Extracte der Speicheldrüsen des 

Pferdes. 

Da das Secret der Sublingual- und Buccaldrüsen und der in den 
Lippen und dem weichen Gaumen gelegenen Drüsenhaufen, wie bereits 
erwähnt, der Untersuchung nicht direct zugänglich ist, mussten wir 
die Functionen dieser Drüsen und die Eigenschaften ihrer Secrete auf 
anderem Wege festzustellen suchen. Zu dem Zwecke bereiteten wir 
Extracte dieser Organe und prüften dieselben auf ihre physikalischen, 
physiologischen und chemischen Eigenschaften. Aus den Eigenschaften 
des Drüsenextractes schlossen wir auf die des Secretes. Wir nahmen 
an, dass das Secret dem Extract sehr ähnlich beschaffen ist und dass 
ihm, abgesehen von Nebensächlichem, dieselben Eigenschaften zukom¬ 
men. Ist aber eine derartige Annahme gerechtfertigt? Ist es statt¬ 
haft, aus den Eigenschaften des Extractes einer Drüse die seines 
Secretes abzuleiten? 

Diese Frage musste zunächst beantwortet werden. Dies ge¬ 
schah nun in der Weise, dass wir Extracte derjenigen Drüsen berei¬ 
teten, deren Secrete wir kannten und ira ersten Theil dieses Arti¬ 
kels besprochen haben. Hier konnten wir sehen, ob das Extract die¬ 
selben Eigenschaften besitzt, wie wir sie vom Secret kennen, und 


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434 


ELLEN BERGER u. HOFMEISTER, 


namentlich konnten wir prüfen, oh das ira Secret vorhandene Ferment 
auch ira Extract zugegen ist. 

Die Extracte stellten wir in der Weise her, dass die betreffenden 
Drüsen zunächst gründlich zerschnitten und zerkleinert wurden (mit 
Hülfe eines Wiegemessers), dann wurde diese Masse mit Glycerin 
oder Glycerin + Wasser oder auch reinem Wasser übergossen. Das 
Ganze wurde öfter umgerührt, blieb 24 Stunden bis 8 Tage stehen 
und wurde dann durch ein Seihtuch ausgepresst. Eventuell wurde 
das so hergestellte Glycerin- oder Wasserextract nochmals durch ein 
zartes Seihtuch filtrirt. Das Glycerinextract ist dem Wasserextract 
wegen seiner Haltbarkeit entschieden vorzuziehen; im Wasserextract 
stellte sich immer bald Fäulniss ein. 

Ehe wir an die Betrachtung der Extracte selbst herantreten, 
senden wir eine anatomische Skizze über den Bau der betreffenden 
Drüsen des Pferdes voraus. Aus derselben soll nur ersehen werden, 
welche Drüsen reine Speichel-, welche Schleim- und welche gemischte 
Drüsen sind. Eine Bearbeitung der Histologie der gesammten Maul¬ 
höhle hat nicht stattgefunden, weil mit dieser Arbeit ein College von 
uns bereits seit längerer Zeit beschäftigt ist. Künftig werden wir 
von jedem Abschnitt des Verdauungstractus und der Anhänge des¬ 
selben, den wir physiologisch besprechen, auch eine Beschreibung 
der feineren anatomischen Einrichtung geben. Bei den Speicheldrüsen 
können wir uns kurz fassen, weil die Speicheldrüsen der Pferde 
wenig Besonderheiten darbieten. Eine Beschreibung des Stroma, der 
Blutgefässe u. dgl. ist überflüssig, weil wir da nur Allbekanntes an¬ 
zugeben hätten. Für uns handelt es sich wesentlich um Feststellung 
des Charakters der Drüsen, wie er an den Drüsenzellen zu erken¬ 
nen ist. Bis jetzt sind die Speicheldrüsen des Pferdes in dieser Weise 
noch nicht classificirt worden. 

In Bezug auf das Vorkommen der Speicheldrüsen bei den Wirbelthieren 
wissen wir, dass sich bei den Fischen eigentliche Speicheldrüsen gar nicht finden. 
Was Meckel. Retzius u. A. als solche beschreiben, sind Gefässdrüsen. Bei 
einigen Fischen (Neunaugen z. B.) treten sogenannte Backendrüsen auf, die aber 
Schleimdrüsen darstcllen. 

Die Batrachier besitzen ebenfalls keine Speicheldrüsen. In der Schleim¬ 
haut der Maulhöhle befinden sich kleine Drüschen, ohne gemeinschaftlichen Aus¬ 
führungsgang, die nicht als Salivaldrüseti anzusehen sind. 

Bei den beschuppten Amphibien, den Reptilien, treten Speicheldrüsen auf. 
Bei einigen, namentlich denen, die viel ins Wasser gehen, fehlen sie ganz oder 
sind als submucöse Drüsen schwach entwickelt (Crocodile, Saurier, Chelonier); 
bei einigen Schildkröten sind sogenannte Sublingualdrüsen vorhanden. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


435 


Bei den Schlangen, die ausserhalb des Wassers leben, sind die Salival- 
drüsen sehr bedeutend entwickelt, besonders die, welche längs der Kieferränder 
ihre Lage haben. 

Bei den ihre Nahrung im Wasser suchenden Vögeln sind die Speicheldrüsen 
schwach entwickelt, ja sie können ganz fehlen. Bei den übrigen Vögeln sind 
sie vorhanden und bei den Herbivoren, besonders den Körner fressenden Vögeln 
am stärksten entwickelt. Sie besitzen eine Submaxillardrüse, eine Parotis (am 
Mundwinkel) und häufig eine Sublingualis. 

Unter den Säugethieren fehlen den Cetaceen die genannten Drüsen (Carni- 
voren) oder sind rudimentär (Herbivoren); ebenso sind sie bei den Robben sehr 
klein. Bei den Landsäugethieren sind sie bedeutend entwickelt und unter ihnen 
wieder am schwächsten bei den Carnivoren, am stärksten bei den Herbivoren. 
Die Edentaten besitzen sehr kleine Parotiden- und enorm ausgebildete Submaxil- 
lardrüsen. Besonders colossal sind diese (vom Kieferwinkel bis zum Sternum 
reichend) bei Myrmecophaga tamandua. Bei Echidna fehlen die Parotiden ganz, 
die Submaxillardrüsen sind stark entwickelt. Auch den Robben fehlen die erste- 
ren und bei den Ottern sind sie nur sehr klein. Fast alle herbivoren Landthiere 
haben grosse Parotiden, namentlich der Biber, dessen Parotis 20 Mal grösser ist 
als die Submaxillaris. Bei den Carnivoren pflegt die Parotis nicht grösser zu 
sein als die Submaxillaris, und vielen kommt noch eine besondere Orbitalis zu. 
Die Wiederkäuer besitzen grosse Parotiden. 

Die Parotis des Pferdes ist sehr gross und viel grösser als die 
Submaxillaris. Das Pferd besitzt auch jederseits eine Sublingualis, 
eine obere und untere Buccalis, colossale Drüsenhaufen im Velum 
palatinium und den Lippen. Die sämmtlichen Drüsen können als aci- 
nöse Drüsen aufgefasst werden und sind nach dem bekannten Schema 
derselben gebaut. Bei Untersuchung der Parotis und Submaxillaris 
findet man nur rundliche Acini, dagegen trafen wir bei der Sublin¬ 
gualis und den Gaumendrüsen auch Längere Drüsenhohlräume an, die 
mehr schlauchförmig, tubulös erschienen, sodass man diese Drüsen 
demnach >auch gemischte, d. h. theilweise acinöse, theilweiso tubulöse 
Hohlräume enthaltende Drüsen nennen kann. Die tubulösen Hohl¬ 
räume waren aber selten und herrschten die rundlichen, kugeligen 
entschieden vor. In letzteren waren beim Querschnitt im Mittel 5—7, 
selten mehr Zellen sichtbar, die das Lumen bis auf einen kleinen 
rundlichen, centralen Theil ausfüllten. In den schlauchförmigen Hohl¬ 
räumen lagen natürlich bedeutend mehr Zellen und war der freie 
Raum selbstverständlich auch länglich. Jede Zelle reichte von der 
Peripherie des Acinus bis gegen das Centrum. Die Zellen sassen 
offenbar auf einer hyalinen Membrana propria auf, deren Aussenseite 
längliche, spindelförmige, mit dem Acinusumriss gebogene Zellen 
dicht anlagen, die vielleicht ihr, vielleicht auch dem sich an die 


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436 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Membran direct anschliessenden Bindegewebsstroma angehören. Dieses 
letztere und die daselbst liegenden Blutgefässe verhielten sich wie 
bekannt. 

Die Untersuchung der Acini und der Drüsenzellen behufs Classification der 
Drüsen nach dem Heidenhain’schen Vorgänge geschah wie folgt: Erstens wur¬ 
den von frischen Drüsen Isolationspräparate der Zellen angefertigt, indem kleine 
Drüsenstückchen in die bekannten Isolationsflüssigkeiten, ! /s Alkohol, verdünnte 
Chromsäure, neutrales öproc. chromsaures Ammonium und V 2 proc. Osmium¬ 
säure, eingelegt wurden. Die letzteren kamen, sobald sie gefärbt erschienen in 
Solutio Kali acetici, die anderen Hessen wir 12—36 Stunden maceriren. Dann 
wurden die Präparate gut zerzupft und theilweise sofort untersucht, theilweise 
vorher tingirt. Zweitens härteten wir frische Drüsen und zwar 1) in Müller ? scher, 
2) in MerkePscher Flüssigkeit, 3) in Alkohol, 4) in lproc. Ueberosmiumsäure. 
Von den gehärteten Präparaten wurden Schnitte angefertigt, die tingirt wurden. 
Die in Merkel’scher Flüssigkeit gehärteten, Mucin enthaltenden Drüsen färbten 
sich mit Picrocarmin mangelhaft, es traten zwar die Kerne deutlich hervor, aber 
sonst erschienen die ganzen Zellen gelblich oder röthlich diffus gefärbt, sodass 
wir diese Härtungsmethode für Schleimdrüsen nicht empfehlen können. Drittens 
untersuchten wir frische Drüsensphnitte, welche mit dem Gefriermikrotom ge¬ 
macht wurden. Auch diese versuchten wir zu tingiren, aber mit wenig Erfolg. 
Eosin ist hierzu noch am besten verwendbar, dann folgt Hämatoxylin. Beide 
aber geben zu wenig prägnante Bilder, sodass die Unterschiede der Drüsen nur 
schwer erkennbar waren; am besten tingirte sich noch die Parotis, weniger gut 
die Submaxillaris und noch weniger die anderen Drüsen. Der Geübte konnte 
immerhin eine mehr gleichmässige Tinction der Parotis und stärkere Randtiction, 
ungleiche Färbung der anderen Drüsen wahrnehmen, aber nicht annähernd so 
deutlich wie an gehärteten Drüsen. In Picrocarmin, in welchem die Schnitte 
bekanntlich längere Zeit behufs Tinction liegen müssen (die neue Weigert’sche 
Methode der Schnellfärbung mit Picrocarmin war uns noch nicht bekannt), ver¬ 
änderten sich die frischen Drüsenzellen meist derart, dass sie nicht mehr als 
Zellen erkennbar waren. Nur die Parotisschnitte und einzolne Stellen in den 
Submaxillarschnitten lieferten, wenn auch keine guten, so doch Färbungen, die 
das Drüsengewebe erkennen Hessen. Die anderen Drüsenschnitte wurden mehr 
oder weniger durch schleimige Metamorphose des Leibes der Zellen, Umwandlung 
ihrer mucigenen Substanz in Mucin zu schleimigen Massen. Fasste man einen 
solchen Schnitt mit der Pincette, um ihn aus der Farbe zu heben, so zog er sich 
in einen langen, zähen, schleimigen Strang, eine fadenartige Masse aus. Am 
meisten war dies bei der Sublingualdrüse der Fall; bei dieser waren die verschie¬ 
denen in der Farbe liegenden Schnitte in eine rothe, gleichmässig schleimige 
Masse umgewandelt. Bei diesen Färbungen bemerkten wir nun noch, dass das 
Picrocarmin. in dem die Schnitte Jagen, eine andere Farbe annahm, je nachdem 
ob Schnitte von dieser oder jener Drüse sich darin befanden; so wurde es z. B. 
durch die Lippendrüsen hellroth, durch die Gauraendrüsen dunkelroth, durch die 
Submaxillardrüsen ziegelroth u. s. w. Das schleimige Metamorphosiren der Ge¬ 
frierschnitte trat auch an den genannten Drüsen beim Liegen in Kochsalzlösung 
auf. Die Schnitte von der Parotis zeigten diese Veränderungen in beiden 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 437 

Fällen gar nicht und die von der Submaxillaris weniger als die von den an- 
dereigprüsen. 

Die Untersuchung der ungefärbten Gefrierschnitte der frischen Drüsen lie¬ 
ferte zwar insofern gute Bilder, als die Zellen mit ihren Kernen deutlich hervor¬ 
traten, aber es war unmöglich, scharfe Unterschiede zwischen den einzelnen 
Drüsen an ihren Zellen zu erkennen, die Bilder der verschiedenen Drüsen waren 
einander in Bezug auf die Drüsenzellen zu ähnlich. Zu Reagentien verhielten 
sie sich wie die Isolationspräparate, in denen ja neben freien Zellen stets ganze 
Acini und aus mehreren Acini bestehende Stückchen wahrnehmbar sind. In 
diesen Isolationspräparaten fanden wir die Drüsenzellen der verschiedenen Drüsen 
in Bezug auf die Form einander so ähnlich, dass auch hier ein scharfer Unter¬ 
schied nicht gefunden werden konnte. Die Zellen der Parotis erschienen aller¬ 
dings stärker gekörnt, sie waren rundlich polyedrisch, oder mehr dreieckig, der 
Kern wurde erst durch Zusatz von Reagentien sichtbar, dabei waren die Zellen 
leicht zerbrechlich, sodass stets viel Zellstücke in den Präparaten sichtbar waren. 
Theilweise war dies letztere auch noch bei der Submaxillaris der Fall, während 
die anderen Drüsen gute Präparate gaben, bei ihnen traten die Zellformen scharf 
hervor. Die Zellen waren resistent und nicht zerbrechlich, sie hatten eine mehr 
oder weniger dreieckige, pyramidale, kolbige oder bimförmige Gestalt, dabei 
waren oft ein oder zwei Fortsätze gleichsam als Stiele der Birne etc. wahrnehm¬ 
bar. Der Kern lag excentrisch im breiteren Theil der Zellen und war körnig, 
granulirt. Der Zellleib war ebenfalls granulirt, am stärksten in der Nähe des 
Kerns. Zwischen diesen gewöhnlichen Zellformen wurden einzelne echte Cylin- 
derzellen und ganz vereinzelt sternförmige, mit Fortsätzen versehene Zellen sicht¬ 
bar. Erstere entstammen offenbar den Ausführungsgängen, letztere der Acinus- 
membran. Ausserdem bemerkte man bei diesen Drüsen auch vereinzelte polye- 
drische, sehr stark körnige Zellen, in denen der Kern durch die Granulation 
verdeckt war. Vereinzelt lagen auch derartige Zellen in Complexon zusammen, 
die eine mehr oder weniger halbmondförmige Gestalt zeigten. Bei der Parotis 
und Submaxillaris sah man derartige Complexe nicht. Schöne Halbmonde beob¬ 
achteten wir nur in den Isolationspräparaten der Sublingualis. Am deutlichsten 
wurden die Verhältnisse der Zellen, wenn man sie tingirte. Nachfolgendes Aus¬ 
waschen zeigte dann deutliche Kemfärbung und mit Ausnahme der Parotis 
blassen, ungefärbten Zellleib, bis auf die nächste Umgebung des Kerns, die auch 
schwach tingirt war. 

Zusatz von Kalilauge, verdünnten Alkalien und concentrirten Säuren macht 
die Zellen erblassen, sodass die Zellgrenzen und Kerne verschwinden und nur 
noch die Acinigrenzen sichtbar sind. Bei Behandlung mit Essigsäure treten 
helle, glänzende Pünktchen wie Bläschen in den Zellen auf; verdünnte Essigsäure 
bedingte mit Ausnahme der Parotis Niederschläge in den Zellen. Die Osmium¬ 
säure färbte die Parotiszellen und Acini gleichmässig, während bei den anderen 
Drüsen dunklere Färbungen am breiteren Theil, am Kerntheil auftraten. Die 
Isolation gelang aber mit der Osmiumsäure schlecht. Die anderen Isolatious- 
flüssigkeiten lieferten gute Resultate; die Isolation war meist leicht und bequem, 
am besten bei der Sublingualis, am schlechtesten bei der Parotis. 

Bei den Untersuchungen der gehärteten und event. nachher tingirten Prä- 


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438 


ELLENBERG ER u. HOFMEISTER. 


parate ergaben sich erst die charakteristischen Unterschiede der Drüsen unter 
einander. Am schärfsten treten diese an den in Osmiumsäure gehärteten Äapa- 
raten hervor und stellen wir deshalb das an diesen Beobachtete voraus. Die 
Präparate wurden in der Weise angefertigt, dass kleine Stückchen der frischen 
Drüsen in 1 proc. Osmiumsäure eingelegt wurden, in der sie so lange liegen 
blieben, bis sie hart und schwarz geworden waren. Dann wurden Schnitte von 
ihnen angefertigt, welche in Glycerin untersucht und event. auch tingirt wurden. 
Aus der Osmiumsäure kamen die Stückchen in eine Solutio Kali acetici zur Auf¬ 
bewahrung bis zum Schneiden. 

Die Untersuchung der nach dieser Methode hergestellten Präpa¬ 
rate ergab, dass vier Typen von Drüsen unter den sechs untersuchten 
Drüsenpaaren unterschieden werden können. Zwei Typen scheiden 
sich sehr scharf von einander, nämlich der Parotis- und der Sublin- 
gualistypus; die anderen Drüsen bilden keine so scharfen Typen, sie 
sind alle von der Parotis sehr verschieden, nähern sich aber in vielen 
Punkten der Sublingualis. 

Bei der Parotis erschienen die Acini, d. h. ihre Drüsenzellen, 
gleichmässig grau gefärbt, nur die Kerne der Zellen und die Zell¬ 
grenzen hoben sich scharf ab. Die letzteren erschienen als schwarze, 
oft etwas geschlängelte Linien, die von der Peripherie des Acinus 
radiär gegen das freie Lumen verliefen, dieses aber nicht erreichten, 
sondern vorher undeutlich wurden, sodass hier die Zellgrenzen ver¬ 
schwinden, die Zellen in einander (Hessen. 

Bei der Sublingualis erscheint der innere Theil der Acini ganz 
hell, ungefärbt, der äussere periphere Theil, wo die Kerne liegen, ist 
schwach gelblichgrau tingirt, granulirt, die Kerne treten deutlich her¬ 
vor. Ausserdem heben sich am Rande der Acini halbmondförmige, 
schwärzlich erscheinende Figuren ab, in denen oft Kerne (namentlich 
bei nachfolgender Färbung) deutlich hervortreten. Die Zellgrenzen 
im Acinus sind sehr deutlich, im Halbmond sind sie selten sichtbar. 

Diese Verhältnisse treten an einfach gefärbten, nicht mit Osmium- 
säure behandelten Schnitten nur undeutlich hervor. Sobald man aber 
erst die Osmiumbilder gesehen hat, findet man auch in den direct 
mit Picrocarmin, Hämatoxylin etc. gefärbten Präparaten die leicht 
gefärbten Halbmonde, die sich von dem nicht gefärbten Acinusinncrn 
abheben u. dgl. — Ein Blick durch das Mikroskop, namentlich bei 
den Osmiumpräparaten, genügt, um sofort zu erkennen, mit welcher 
Drüse man es zu thun hat. Der Totaleindruck ist bei beiden 
enorm verschieden; in dem einen Falle gleichmässige Graufärbung, 
höchstens mit hellen, weissen Streifen (Spalten zwischen den Acini), 


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Verdauungssafte und Verdauung des Pferdes. 


439 


im anderen Falle belle Flecke von dunkler bis schwarzer Zone 
umgeben, ungleichmässige Färbung. Das ist der erste Eindruck. 
Beim genaueren Hinsehen und Einstellen sieht man dann die Halb¬ 
monde u. s. w. 

Die Submaxillaris nähert sich in ihrem Verhalten sehr der 
Sublingualis. Auch an ihr treten Halbmonde auf, dieselben sind aber 
bedeutend grösser als an der Sublingualis. Ihr Querdurchmesser ist 
stärker; während es bei letzterer Drüse mehr Mondsicheln sind, 
beobachten wir bei ersterer mehr echte Halbmonde, die die Hälfte 
des Acinus einnehmen, und Uebergänge von der Sichel zum Halb¬ 
mond. So kann also eine Hälfte des Acinus dunkel, die andere hell mit 
kleiner dunkler Randzone, in der die Kerne liegen, erscheinen. Da¬ 
neben findet man auch total helle Acini mit unbedeutender dunkler 
Randzone, und total dunkel gefärbte Acini, die denen in der Parotis 
gleichen. Dadurch, dass oft mehrere Halbmonde an einander liegen 
und dazu noch ein oder zwei dunkle Acini kommen, entstehen oft 
grössere dunkle Stellen, die mit grösseren hellen abwechseln. Dieses 
Bild bemerkt man bei der Sublingualis nicht. 

Die Lippendrüsen zeigen einzelne Halbmonde, aber viel weniger 
als die Unterzungendrüse. Die Acinizellen sind grösstentheils hell 
und klar und nur der Rand des Acinus, d. h. der breitere, periphere 
Theil der Zellen mit dem Kern ist dunkler. Die Lippendrüsen stellen 
ein Mittelding dar zwischen den Sublingual- und Gaumendrüsen, wie 
die Submaxillares einen Uebergang von der Sublingualis zur Pa¬ 
rotis bilden. 

Die Gaumen- und Backendrüsen zeigen keine Halbmondbildungen; 
sie sind aber auch nicht gleichmässig gefärbt, wie die Parotis, son¬ 
dern an jedem Acinus tritt eine rundum verlaufende, dunklere peri¬ 
phere Partie mit den Kernen und eine hellere centrale Partie auf. 
Die eine geht natürlich allmählich in die andere über. 

Zwischen den Acini der Drüsen scheinen hier und da in dem 
Bindegewebe Muskelzellen zu liegen. Die halbmondförmigen Bildungen 
enthalten mehrere Kerne, können also nur Zellencomplexe sein. Ein 
weiteres Urtheil über diese Gebilde wage ich nicht auszusprechen. 
Man ist oft versucht, sie für Kunstproducte durch Schrägschnitte der 
Acinuswand zu halten; dem widerspricht aber die Thatsache des Vor¬ 
kommens echter Zellencomplexe von halbmondförmiger Gestalt in den 
Isolationspräparaten. 

Nebenbei bemerke ich hier noch, dass in der Schleimhaut des 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Pferdegaumens sich Bildungen befinden, die ganz und gar Geschmacks¬ 
bechern entsprechen und wohl auch als solche zu betrachten sind. 
Auffallend ist nur ihre bedeutende Grösse, sonst sind sie so gebaut, 
wie dies von den Geschmacksknospen bekannt ist. 

Ueber die Resultate der Tinctionen noch einige Worte. Die Färbungen der 
besprochenen Osmiumpräparate mit Hämatoxylin und Carmin sind sehr zu em¬ 
pfehlen, weil sie die Zellkerne klar zum Vorschein bringen. Dickere Stellen der 
Schnitte werden allerdings so dunkel, dass an ihnen nichts mehr zu erkennen ist. 

Das beste Färbemittel für die in Alkohol oder Müller’scher Flüssigkeit ge¬ 
härteten Präparate ist das Picrocarmin. Die Kerne werden sehr deutlich, die 
Zollgrenzen mit Ausnahme der Parotis meist ebenfalls deutlich sichtbar. Die 
Ausführungsgänge treten scharf hervor, weil sie einen gelblicheren Ton als das 
ganze übrige Gewebe zeigen. Das Bindegewebe ist schön rosaroth tingirt. Nächst 
dem Picrocarmin steht das Hämatoxylin und Carmin; auch Bismarckbraun liefert 
schöne Bilder, namentlich in Bezug auf die Kernfärbung. Indigcarmin färbt die 
ganzen Zellen gleichmässig, nur die Ausführungsgänge, Blutgefässe und Stroma 
heben sich scharf ab. Aehnlich verhält sich Dahlia. Gentianaviolett liefert sehr 
schöne Bilder; die Ausführungsgänge heben sich scharf ab, ihre Zellen erschei¬ 
nen schwach röthlich tingirt, mit blauem Kern, während alles Uebrige bläulich 
erscheint; die Drüsenkerne sind gut wahrzunehmen. Das Unangenehme bei 
dieser Farbe ist aber, dass beim Auswaschen der Schnitte oft totales Entfärben 
eintritt. Empfehlenswerth ist auch eine Doppelfärbung mit Picrocarmin und 
Hämatoxylin, bei der die röthlicher erscheinenden Ausführungsgänge scharf her¬ 
vortreten. Eosin leistete nichts Besonderes. Durch Goldchlorid erhielt ich nur 
mangelhafte Bilder. 

Bei den guten Tinctionen können die geschilderten Unterschiede der ver¬ 
schiedenen Drüsen unter einander erkannt werden. Dem Nichtgeübten macht 
dies aber immerhin nicht unbedeutende Schwierigkeiten. Zum Demonstriren 
dieser Verhältnisse eignen sich nur die wie geschildert angefertigten Osmium¬ 
präparate. 

Um den Unterschied zwischen ruhenden und thätigen Drüsen 
festzustellen, untersuchte ich Drüsen von Pferden, die einige Zeit 
gehungert, und von solchen, die unmittelbar vorher gefressen hatten. 
Die Untersuchung mit Osmiurasäure fand aber nicht statt, weil mir 
damals die Vortheile dieser Methode nicht bekannt waren und weil 
mir später keine Versuchspferde zur Verfügung standen. An den 
gehärteten und tingirten Präparaten konnten kaum Unterschiede fest¬ 
gestellt werden. Dass bei der naturgemässen Thätigkeit der Drüsen 
die Unterschiede, wie sie Heidenhain schildert, nur undeutlich sind, 
ist bereits von Bermann u. Klein beobachtet worden. Man findet 
Unterschiede zwischen ausgeruhten und ermüdeten Drüsen; sie sind 
aber nicht prägnant und lassen sich nicht scharf charakterisiren. 
Künstliche Beizungen haben wir nicht vorgenommen wegen des hohen 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


441 


Preises der Versuchsthiere und der Schwierigkeit der vorzunehmenden 
Operationen. Wir hoffen jedoch, diesen Gegenstand später speciell 
bearbeiten zu können. 

Obwohl wir eigentlich nur die Drüsenzellen behufs Classification 
der Drüsen schildern wollten, müssen wir doch noch Einiges 
über den Bau des Ductus Stenonianus und Whartonianus anfügen, 
weil hier die Verhältnisse anders liegen, als es in den Lehr¬ 
büchern angegeben wird. Herr Assistent Mühlbach hatte die Güte, 
diese beiden Organe zu untersuchen und folgen wir seinen Angaben. 
Voraussenden wollen wir, dass man in den an Drüsenschnitten 
sichtbaren kleinen Ausführungsgängen ein einschichtiges, hohes Cylin- 
derepithel findet, welches grosse runde Kerne enthält, die nicht peri¬ 
pher, sondern mehr gegen das Lumen hin liegen. Der Zellleib zeigt 
aussen ein streifiges Aussehen. In den etwas weiteren, grösseren 
Gängen bemerkt man unter diesen eigentümlichen Stäbchenzellen 
vereinzelte rundliche Zellen, in noch grösseren Gängen bilden diese 
eine zusammenhängende Lage. Man sieht dann unter dem Cylinder- 
epithel eine geradlinig geordnete Reihe von bei den Tinctionen scharf 
hervortretenden Kernen, die dicht neben einander liegen, also nur 
kleinen Zellen angehören können. Die Verschiedenheit des Epithels 
der Gänge von dem der Acini geht (abgesehen von der Gestalt) 
schon aus ihrem Verhalten gegen die Tinctionsmittel hervor. Das 
Epithel der Gänge erscheint bei Picrocarminfarbung gelb, wie dies 
überhaupt bei vielen Drüsenzellen und namentlich bei Epidermiszellen, 
den oberflächlichen Zellen des geschichteten Plattenepithels etc. der 
Fall ist, im gelben Zellleib liegt der rothgefärbte Kern; dem gegen¬ 
über sind die Drüsenzellen farblos oder schwach röthlich, ihr Kern 
ist ebenfalls roth. In Gentianaviolett erscheinen die Gangzellen röth¬ 
lich, d. h. im röthlichen Zellleib liegt ein blauer Kern, die Drüsen¬ 
zellen dagegen bläulich u. s. w. 

Ueber die grossen Ausführungsgänge giebt Herr Mühlbach fol¬ 
genden Aufschluss: 

Die Ausführungsgängp der Glandula parotis und submaxillaris sind röhren¬ 
förmige Bildungen, die innen mit einem mehrschichtigen Epithel ausgekleidet sind. 

ln den nach bekannten Methoden angefertigten Isolationspräparaten trifft 
man zunächst viele langgestreckte Cylinderzellen von mehr oder weniger kegel¬ 
förmiger, theilweise auch rein cylindrischer Gestalt, das eine Ende breiter, das 
andere verjüngt, mit deutlichem Kern und schwacher Granulation. 

Diese Zellen besitzen oft an dem einen Ende einen oder zwei stäbchen- 
oder fadenförmige Fortsätze, am anderen, dem breiteren Ende befindet sich in 

29 


Archiv f. wissensch. und prakt. Thierheilk. VII. 6. 


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442 ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 

der Regel ein deutlich sichtbarer Saum, an dem aber eine weitere Stmctur nicht 
erkennbar ist. 

Von diesen Zellen sind die einen sehr lang gestreckt und schmal, nach 
unten spitz zulaufend, die anderen breiter, das untere Ende ist abgestutzt, tragt 
aber oft auch einen oder zwei dünne Fortsätze (Zellform a und b); die Cylinder- 
zellen sind oft mit der Zellform c zu Gruppen zusammengelagert, indem sie mit 
dem breiteren Ende (der Basis) fest und dicht an einander liegen, während in 
den Zwischenräumen zwischen den veijüngten Enden rundliche, spindelför¬ 
mige etc. Zellen sitzen. Die dritte in der obersten Lage anzutreffende Zellform 
sieht man seltener. Es sind Zellen mit bauchig erweitertem Leibe, worin der 
grosse Kern liegt, deren eines, oberes Ende in einen stäbchenartigen, das an¬ 
dere, untere, in einen fadenartigen Fortsatz ausgeht (Zellform c). Von derartigen 
Zellen schiebt sich hier und da eine zwischen je zwei Cylinderzellen so ein, dass 
das bauchige Ende den Zwischenraum zwischen den verjüngten Enden dieser 
ausfüllt, während der Stab zwischen den breiten Enden liegt und gegen das Lu¬ 
men sieht. 

Eine weitere Zellform nähert sich dem Plattenepithel, es sind grosse runde 
oder vieleckige, auch gebogene, z. B. halbmondförmige Zellen u. dgl., mit einem 
oder zwei spitzen Fortsätzen, deutlichem Kern und schwacher Granulation des 
Zellleibes. Sie enthalten auch manchmal zwei Kerne. 

Ausserdem finden sich häufig Becherzellen, welche, an ihrer Basis geöffnet, 
als leere Düten oder mit einer hyalinen Masse gefüllt erscheinen, die aus dem 
breiten Ende heraushängt. 

Diese letzteren Zellformen, d. h. die Becherzellen, sind im Wharton’schen 
Gange sehr häufig. 

Endlich finden sich handförmige, an einem Ende verjüngte Zellen vor, die 
an ihrer Basis eine Menge kürzerer oder längerer Fortsätze tragen, sodass sie 
gefingert oder wenigstens grob gesägt erscheinen. 

Die Zellformen sind in beiden Gängen ziemlich dieselben; nur zeigt das 
isolirte Epithel des Wharton’schen Ganges mehr schleimige, das des Stenson’schen 
Ganges eine mehr flockige Beschaffenheit; ferner sind die Zellen imWharton’schen 
Gange kleiner und stärker granulirt und erscheinen die Cylinderzellen niedriger 
als im Stenson’schen Gange. 

Betrachtet man nun Quer- und Längsschnitte durch die beiden Gänge, so 
findet man Folgendes: Innen sitzt ein mehrschichtiges Epithel, dessen innerste 
Schicht aus den hohen Zellen besteht, die als Zellform a, b, c beschrieben sind. 
Sie liegen mit dem breiten, mit einem Saum versehenen Ende so fest an ein¬ 
ander, dass man beim ersten Hinsehen glaubt, auf den Zellen liege eine homo¬ 
gene, feine Membran — es ist dies nichts weiteres als der fest an einander lie¬ 
gende Saum der einzelnen Zellen. 

In sehr vielen Präparaten vom Wharton’schen Gange findet man eine mem¬ 
branartige Masse innen auf den Zellen aufliegen, die einen merkwürdigen Eindruck 
macht. Es ist dies das durch Alkohol niedergeschlagene Mucin, Eiweiss etc. des 
Drüsensecretes, welches sich beim Härten noch in den Gängen befand. 

An die cylindrische Innenschicht schliessen sich mehrere Zellschichten an, 
die aus den verschiedensten Zellformen bestehen, die sich aber in der tiefsten 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


443 


Schicht stets der runden Form nähert. Die oberen Zellen sitzen in den Zwischen¬ 
räumen, welche die Cylinderzellen der Innenlage durch Verjüngung ihres äusseren 
Theils zwischen sich lassen. 

An einzelnen Stellen bietet das Epithel einen anderen Anblick als beschrie¬ 
ben. Dort ist dasselbe dicker, mehrschichtiger, bildet Buchten in die Wand hin¬ 
ein und überragt auch gegen das Lumen das beschriebene Epithel. Hier sind 
die Innenzellen nicht cylindrisch, sondern mehr rund und stellen mehr Platten¬ 
epithel dar. Die Zellen der anderen Schichten zeigen in diesen Haufen sehr 
verschiedene Gestalten. 

An die Epithellage schliesst sich nach aussen die eigentliche Wand des 
Ganges. Dicht am Epithel liegt fibrilläres, sehr dicht gelagertes, fest verwebtes 
Bindegewebe. Ob unter dem Epithel eine Basalmembran ist, konnte nicht er¬ 
kannt werden. Mehr nach aussen wird dann das Bindegewebe lockerer. Im 
Allgemeinen sind aber seine Fasern in der Richtung der Gänge geordnet. Am 
Wharton’schen Gange liegen sie in parallelfaserigen, sehnigen Bündeln, die von 
lockerem Bindegewebe umgeben und verbunden sind. 

Am Stenson’schen Gang ist das Bindegewebe mehr gleichmässig sehnig 
geordnet. Mit dem Bindegewebe vermischen sich elastische Fasern, die massen¬ 
haft vorhanden sind, und glatte Musculatur; letztere ist am Wharton’schen Gang 
weit reichlicher zu finden als am Stenson’schen, kommt aber an beiden Gängen 
vor. Am Wharton’schen finden sich förmliche Bündel glatter Musculatur. 

Die äusserste Schicht der Gänge besteht aus lockerem Bindegewebe, wel¬ 
ches die Gänge an das umgebende Gewebe befestigt und das Stratum conjuncti- 
vum darstellt. 

Der Verlauf der Blutgefässe der Gänge bietet nichts Besonderes. Die Gänge 
sind reich an Gefässen. 

Man ersieht hieraus, dass die Angabe, die Gänge trügen ein 
einschichtiges Cylinderepithel, unrichtig ist und dass beide Gänge 
Musculatur in ihrer Wand besitzen. Die Bedeutung der im Whar¬ 
ton’schen Gang vielfach vorhandenen Becherzellen erscheint deshalb 
zweifelhaft, weil auch im Epithel des Stenson’schen Ganges hier und 
da einmal, allerdings sehr selten, eine Zelle angetroffen wurde, 
welche den Becherzellen höchst ähnlich war. Bekanntlich enthält 
aber der Parotidenspeichel des Pferdes kein Mucin; es können also 
die Becherzellen im Stenson’schen Gang nicht als schleimig metamor- 
phosirte Zellen angesehen werden. Im Wharton’schen Gang scheinen 
aber die Epithelien theilweise zur Schleimbildung verwendet zu wer¬ 
den; man muss dies schon aus der Thatsache folgern, dass das Epi¬ 
thel bei der Behandlung mit den Isolationsflüssigkeiten eine schleimige 
Beschaffenheit anniramt. Dafür scheint auch das reichliche Vorkom¬ 
men der Becherzellen zu sprechen. 

Wir wenden uns nunmehr zur Betrachtung der Driisenextracte. 

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444 


ELLENBERGER n. HOFMEISTER, 


Extract der Parotis und Submaxillaris. 

1. Das Parotisglycerinextract war nicht fadenziehend, während das der 
Submaxillaris sehr stark fadenziehend, wie Schleim erschien. Ersteres gab mit 
Alkohol einen flockigen, weissgelblichen, zähen Niederschlag, während in letz¬ 
terem sich bei gleicher Behandlung eine glasig zähe, opalisirende, schleimig 
fadenziehende, zusammenhängende Masse abschied, die bei wiederholter Alkohol¬ 
behandlung bedeutend schrumpfte. 

Zur Prüfung des Niederschlags auf Ferment behandelten wir ihn wie folgt: 
Er blieb an der Luft liegen bis er trocken geworden und der Alkohol verdunstet 
war. Dann wurde er mit Wasser in den Verdauungsofen gebracht, um das Fer¬ 
ment zu extrahiren; die entstehende trübe Flüssigkeit wurde filtrirt. Es ergab 
sich nun, dass das Filtrat beider Drüsen saccharificirendes Vermögen besass. 
Brachte man nämlich einen Theil desselben mit Kleister in den Brütofen, so 
konnte nach 2—3 Stunden Zucker nachgewiesen werden. Der Versuch, das 
Filtrat einzuengen, um im trockenen Rückstände schliesslich das Ptyalin, wenn 
auch verunreinigt, zu heben, misslang gänzlich. Der Rückstand besass kern 
saccharificirendes Vermögen mehr. Ob das Ptyalin hier durch die Wärme oder 
durch auftretende Zersetzungsprocesse gestört wurde, lassen wir dahingestellt 
sein; Thatsache ist. dass es zerstört war. 

Wir prüften die Extracte nunmehr auf Eiweisskörper und fanden zunächst 
die gewöhnlichen, auch bei den Secreten constatirten Eiweissreactionen. Sodann 
constatirten wir auch wieder das Vorhandensein des Eiweisskörpers, der sich in 
heisser Salpetersäure löste, in kalter dagegen wieder ausschied (Hemialbumose). 
Bei Behandlung der Extracte mit Kupfervitriollösung und Kalilauge entstand 
eine violettrothe Färbung. Wurde aber das Eiweiss vorher soweit abgeschieden, 
dass Ferrocyankali -f- Essigsäure keine Trübung mehr bewirkten, so trat auch 
bei Anwendung der vorstehend genannten Methode keine Färbung mehr ein. 
Pepton fand sich also im Niederschlag nicht, oder wenigstens nur in minimalen 
Mengen. Phosphorwolfram- -f- Salzsäure bewirkte auch in dem eiweissfreien 
Filtrat noch eine schwache Trübung bei Parotisextract, starke Fällung bei Sub- 
maxillarextract. Die Prüfung auf Rhodan lieferte negative Resultate. 

Beide Glycerinextracte wandelten, mit Kleister in den Brütofen gebracht, 
bald einen Theil desselben in Zucker um. 

2. Zum Studium der Wirkung der auf verschiedene Weise bereiteten 
Extracte machten wir von den Drüson eines anderen Pferdes Wasser-, Glycerin- 
und Salzsäureextracte. Die letzteren wurden in der Weise bereitet, dass die zer¬ 
kleinerten Drüsen der Wirkung einer 0,2proc. Salzsäure 24 Stunden ausgesetzt 
wurden. Die beiden ersten Extracte zeigten das vorstehend gedachte chemisch¬ 
physikalische Verhalten. Im Salzsäureextract bildete sich aber ein bedeutender 
Niederschlag, welcher, in Alkali gelöst, Peptonreaction zeigte. Wurde das Ei¬ 
weiss aus dem Niederschlag vollständig abgeschieden, dann verschwand die 
Peptonreaction beim Submaxillarextract, blieb aber beim Parotidenextract. Merk¬ 
würdiger Weise zeigten alle drei Extracte kein saccharificirendes Vermögen. Die 
zu den Experimenten verwendete Drüse war also offenbar eine solche, welche 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


445 


gearbeitet und ihr Ferment abgegeben hatte, d. h. eine ermüdete Drüse, die fer¬ 
mentfrei war resp. nur noch Spuren davon enthielt. (Zur Prüfung der Salzsäure¬ 
wirkung auf Kleister brachten wir O,2proc. Salzsäure mit Kleister in den Brüt¬ 
ofen und constatirten, dass erst am 10. Tage Zuckerreaction auftritt, dass also 
Salzsäure allein in der genannten Verdünnung und bei 35—37 0 C. kein sacjha- 
rificirendes Vermögen besitzt.) 

Da diese beiden Experimente nur ungenügenden Aufschluss über 
das Vorhandensein eines saccharificirenden Ferments in den beiden 
Drüsen zu geben vermochten, nahmen wir mit den Extracten dieser 
Drüsen behufs Entscheidung dieses Punktes eine Reihe weiterer Ver¬ 
suche vor, die wir kurz nachstehend folgen lassen. 

Zu den Experimenten dienten die Drüsen verschiedener Pferde, 
die in der Pferdeschlächterei oder zu anatomischen Zwecken getödtet 
wurden und an keiner inneren Krankheit litten. 

3. Pferd a. Glycerinextract, durch 24stündiges Extrahiren gewonnen, 
kam mit Kleister in den Brütofen. Resultat: Beim Submaxillarextract war nach 
5, beim Parotidenextract nach 6 Stunden Zucker nachweisbar. Nach 20 Stun¬ 
den hatten 20 Grm. des ersteren von 1 Grm. Kleister 0,071, und 20 Grm. des 
letzteren 0,087 Grm. in Zucker übergeführt. 

4. Pferd b. Dasselbe hatte während der letzten 12 Stunden vor dem 
Tode gehungert. Die Drüsen waren also ausgeruht, sie wurden 6 Tage mit 
Glycerin extrahirt. Extract mit Kleister in den Brütofen. Resultat: Das Sub¬ 
maxillarextract lieferte nach 4, das Parotidenextract nach 7 Stunden Erythro¬ 
dextrin und Zucker. 40 Grm. des ersteren wandelten in 20 Stunden 0,0236, 
von letzterem 0,04 Grm. Kleister in Zucker um. 

5. Pferd c. Die ausgeruhten Drüsen wurden 36 Stunden mit Wasser ex¬ 
trahirt. Vom Extract kamen 40 Grm. mit 1 Grm. Kleister in den Brütofen. 
Nach 20 Stunden hatte das Submaxillarextract 0,140, das Parotidenextract 
0,045 Grm. Zucker producirt. 

6. Pferd d. Die zerkleinerten ausgeruhten Drüsen wurden mit viel Alkohol 
übergossen, der nach 24 Stunden wieder abgehoben wurde. Die Drüsen wurden 
nun getrocknet und dann 6 Tage lang mit Glycerin extrahirt. Das mit Kleister 
in den Brütofen gebrachte Extract leistete Folgendes: Nach 20 Stunden hatte 
das Submaxillarextract 0,0225, das Parotidenextract 0,035 Grm. Kleister ver¬ 
zuckert. 

7. Pferd e. Dieses Thier hatte unmittelbar vor dem Tode 1 V 2 Stunden 
lang gefressen, die Drüsen waren also ermüdet. Von ihnen wurden Wasser- 
extracte (36 Stunden) hergestellt, die wir auf Kleister einwirken liessen. Nach 
20 Stunden hatten sie noch keine Spur des Kleisters in Zucker übergeführt. 

8. Pferd f. Ermüdete Drüsen wurden 7 Tage lang mit Glycerin extrahirt. 
Auch sie hatten nach 20 Stunden noch keinen Kleister zu verzuckern vermocht. 

Extracte von ruhenden Drüsen wurden mehrfach mit Alkohol behandelt 
und der lufttrocken gemachte Niederschlag auf Ferment geprüft. In allen Fällen 
fand sich dasselbe vor, d. h. der Niederschlag besass saccharificirendes Vermögen, 


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ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


Aus diesen Versuchsergebnissen folgt mit Sicherheit, dass sich 
in den beiden Drüsen ein saccharificirendes Ferment befindet, welches 
in Wasser und Glycerin löslich ist und deshalb sowohl in das künst¬ 
lich hergestellte Drüsenextract als in das natürliche Drüsensecret 
übergeht. Das Ferment findet sich im Extract allerdings in 
viel geringerer Menge als in dem während der ersten Zeit 
der Thätigkeit der Drüse secernirten Speichel. Ferner folgt 
aus vorstehenden Versuchen, dass die ermüdete Drüse kein 
Ferment enthält, ihr Extract wirkte nicht saccharificirend; selbst 
bei 7 Tage langem Extrahiren zeigte dasselbe kein saccharificirendes 
Vermögen. Diese Thatsache beweist wohl am evidentesten, 
dass in den Drüsenzellen zu Beginn ihrer Thätigkeit ein 
Ferment sich befindet, welches nur während der Ruhe dort 
gebildet und angehäuft worden sein kann und bei der Secre- 
tion des Speichels in das Secret übergeht. Der aus dem Blute 
durch Attraction der Drüsenzellen transsudirenden Flüssigkeit mischt 
sich während des Durchfliessens derselben durch die Drüsenzellen das 
Ferment bei. Allmählich wird das ganze angehäufte Ferment verbraucht 
und der weiter secernirte Speichel enthält davon nichts mehr. Die diese 
Schlussfolgerung nothwendig ergebenden, von uns constatirtenThatsachen 
sind: die Extracte der Drüsen von Pferden, die soeben gefressen haben 
(eine Stunde und darüber), besitzen kein Ferment, während die von 
Pferden, welche gehungert haben, ein solches enthalten. Der Speichel, 
der zu Beginn des Fressens secernirt wird, ist fermentreich, der zu 
Ende der Mahlzeit abgesonderte besitzt kein Ferment. Also Extract 
und Secret verhalten sich in dieser Beziehung gleich. 

Wir mussten nun weiter der Frage näher treten, ob das Paro- 
tidenextract auch eine fibrinlösende Wirkung besitze, wie wir das vom 
Parotidenspeichel kennen lernten. 

Zu dem Zweck wurden Verdauungsversuche mit dem Extract auf Hühner- 
eiweiss, Serumcasein und Fibrinflocken gemacht. Dem Extract wurde in dem 
im I. Artikel angegebenen Verhältnis« 0,lproc. Salzsäure zugesetzt. Zur Con- 
trole dienten die gleichen Versuche mit gekochtem Extract. 

Auf gekochtes Hühnereiweiss äusserte das Extract keine verdauende Kraft, 
nach 24 Stunden war in der Verdauungsflüssigkeit noch kein Pepton nachweisbar. 

Von den beiden anderen Eiweisskörpern war dagegen nach dieser Zeit 
etwas gelöst und peptonisirt. Die Verdauungsflüssigkeiten zeigten deutliche 
Peptonreaction. Bei dem gekochten Extract fehlte diese Erscheinung. Dieses 
hatte also kein peptonisirendes Vermögen. 

Experimente mit Submaxillarextract ergaben negative Resltate. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


447 


Aus diesen Versuchsergebnissen folgt, dass auch in dieser Be¬ 
ziehung das Extract und Secret einander gleich sind. 

Um gewissen Einwänden gegen die letzteren Experimente, welche 
das Feststellen des Peptonferments bezweckten, zu begegnen, bemerken 
wir ausdrücklich, dass wir sehr wohl an die Thatsache gedacht haben, 
dass sich in den Eiweisskörpern durch eintretende Fäulniss sehr leicht 
Pepton bildet. 

Wir haben daraufhin verschiedene Eiweisskörper und namentlich das Hüh- 
nereiweiss vielfach untersucht. So fanden wir in anscheinend frischen Hühner¬ 
eiern, die noch einen guten frischen Geschmack und Geruch zeigten, schon 
Spuren von Pepton. Die Untersuchung geschah in der Weise, dass wir aus einer 
frisch bereiteten Lösung des gewöhnlichen Hühnereiweisses das Eiweiss so ab- 
schieden, dass Ferrocyankali -j- Essigsäure und rauchende Salpetersäure -|- con- 
centrirte Salpetersäure keine Fällung mehr gaben. Dann prüften wir mit alka¬ 
lischer Kupfervitriollösung. Bei ganz frischen, nachweislich soeben, d. h. an 
dem betreffenden Tage gelegten Eiern trat dann die Biuretreaction nicht auf, 
wohl aber gab Phosphorwolframsäure -f- Essigsäure eine schwache und -|- Salz¬ 
säure eine starke Fällung. Es beweist dies, dass absolut frische Eier kein Pepton 
enthalten, oder nur verschwindende, nicht nachweisbare Spuren. Sobald die 
Eier einige Tage gelegen haben, tritt schon schwache Rothfärbung durch Kupfer 
und Kali im eiweissfreien Filtrat auf, d. h. es ist jetzt schon Pepton vorhanden. 

Dass es sich bei unseren Experimenten nicht um Fäulnisspepton, 
sondern um ein in der Versuchsflüssigkeit durch ein in derselben ent¬ 
haltenes Ferment entstandenes Pepton handelt, beweist die Thatsache, 
dass in den vielen anderen Flüssigkeiten, die den gleichen Bedingungen 
ausgesetzt waren und ebenfalls aus Drüsenextracten -|- Fibrin oder 
+ Eiweiss bestanden, niemals Pepton nachweisbar war. 

Es könnte aber gegen die aus unseren Experimenten gezogene 
Schlussfolgerung noch der weitere Einwand erhoben werden, dass das 
Pepton ein Product der einfachen Salzsäurewirkung sei. Wäre dies 
der Fall, so hätte auch bei den Versuchen mit dem Submaxillar- und 
dem Parotidenextract Pepton auftreten müssen, da hier ja die gleiche 
Menge Salzsäure zugegen war. Um aber jede Täuschung als ausge¬ 
schlossen erachten zu können, haben wir zum Ueberfluss auch noch 
eine Reihe von Experimenten vorgeuommen, welche bezwecken, die 
reine Wirkung der verdünnten Salzsäure auf Fibrin zu demonstriren. 

Wir brachten Fibrin mit 0,2proc. Salzsäure in den Brütofen. Nach 24 
Stunden war das Fibrin bedeutend aufgequollen, glasig. Das Filtrat desselben 
zeigte folgende Eigenschaften: 

Es blieb beim Kochen unverändert, ebenso beim Kochen mit Essigsäure, bei 
Neutralisation mit Natriumcarbonat entstand ein im Ueberschuss löslicher Nie¬ 
derschlag, bei Zusatz von Kalkwasser ein Niederschlag, der durch Kochen flockig 


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ELLENBERQER u. HOFMEISTER, 


wird* ein klares Filtrat giebt, in dem Phosphorwolframsäure mit Essigsäure Trü¬ 
bung bewirkt. Ebenso verhält sich Magnesia sulfurica, nur dass die letztgedachte 
Trübung nicht auftritt. 

Kupferlösung -|- Kalilauge bewirkt violettblaue Färbung. 

Salpetersäure bewirkt Niederschlag, der beim Kochen flockig wird. Beim 
Erkalten trübt sich die klare Flüssigkeit, in der die Flocken schwimmen; beim 
Kochen wird sie wieder klar. Die heisse Flüssigkeit wurde filtrirt. Das Filtrat 
war klar, trübte sich beim Erkalten und wurde beim Erhitzen wieder klar. 

Nach dem Abscheiden des Eiweisses mit Natriumcarbonat und Essigsäure 
gab das klare Filtrat keine Peptonreaction mit Kupfer und Kali und 
keine Fällung mit Phosphorwolframsäure. Demnach war nach 24 Stun¬ 
den noch kein Pepton gebildet, wohl aber Syntonin und Parapepton. 

Nach 48 ständigem Digeriren zeigte das Filtrat dieselben Eigenschaften. 
Nach Abscheidung des Syntonins und gelösten Eiweisses trat ebenso wenig Rö- 
thung durch Kupfer auf; wohl aber bewirkten Phosphorwolframsäure-{-Salzsäure, 
nicht aber -f- Essigsäure eine Fällung. Diese war nach 72 Stunden viel stärker. 

Nach 96 Stunden war fast die gesammte Menge des Fibrin gelöst. Die 
Reactionen des Filtrats im Allgemeinen dieselben wie angegeben. Jetzt trat aber 
auch nach Abscheidung des Eiweisses nach genannter Methode im Filtrat eine 
Spur Rothfärbung durch Kupfer auf. Es war also jetzt auch etwas Pepton vor¬ 
handen. 

Wir digerirten ausserdem noch Fibrin mit O,lproc. Salzsäure. Nach 30 
Stunden war zwar Syntonin vorhanden, aber noch keine Spur Pepton. 

Diese Experimente beweisen evident, dass in den oben 
genannten Versuchen mit den Drüsenextracten nicht die 
Salzsäure, sondern das in den Extracten enthaltene Fer¬ 
ment die Peptonbildung veranlasst hat. Das in dem Salz- 
säureextract der Drüse vorhandene Pepton ist Product der Selbstvcr- 
dauung der Drüse. Durch den Salzsäurezusatz wurde das in der 
Drüse vorhandene Pepsin wirksam und äusserte seine Wirksamkeit 
durch Peptonisirung der eigenen Eiweisskörper. 

Aus den sämmtlichen mit den Extracten der beiden Speichel¬ 
drüsen angestellten Experimenten geht hervor, dass man aus den 
Eigenschaften des Extracts einer Drüse auf die ihres Secrets schliessen 
kann. Die Extracte enthalten ein saccharificirendes Ferment, die 
Secrete auch; das Parotidenextract wirkt peptonisirend auf Fibrin, 
das Secret auch; dem Submaxillarextract sowohl als dem Secret geht 
diese Wirkung ab; das zähe, glasige Submaxillarextract entspricht 
dem ebenso beschaffenen Speichel, wie das mucinfreie, nicht faden¬ 
ziehende Parotisextract dem Secret dieser Drüse; der Alkoholnieder¬ 
schlag der Extracte beider Drüsen ist genau gleich dem der Se¬ 
crete u. s. w. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


449 


Alle diese Thatsachen rechtfertigen es, wenn wir von den Drüsen, 
deren Secret wir nicht rein erhalten können, Extracte anfertigen, 
deren Eigenschaften feststellen und aus diesen auf die der Secrete 
dieser Drüsen schliessen. 

Wir machten demzufolge Glycerinextracte der Unterzungen-, Gau¬ 
men-, Backen- und Lippendrüsen und stellten an ihnen Folgendes fest. 

a. Chemische und physikalische Eigenschaften der Extracte. 

I. Sublingualextract, II. Buccalextr. Palatinalextr. Labialextract, 

zähe, fadeDziehend, sehr wenig, fast stark fadenzie- schwach faden- 
schleimig. nicht fadenzfehd. hend. ziehend. 

Alkohol: zäher, glasiger, flockig., leicht ab- wie II. wie II. 

gallertiger Niederschlag. sötzdr.Niederschl. 

Essigsäure: schleimiger, flockiger,imUeber- flockig, imUeber- kaum Trübung, 
im Ueberschuss und beim schuss löslicher schuss schwer 
Kochen unlösl.Niederschlg. Niederschlag. löslich. 

Phosphor-S.: Niederschi, wie bei Essigsäure, zähe, gallertig, im ebenso. do. 
zähe, gallertig, im Ueber- Ueberschuss opa* 

schuss und durch Kochen lisirende Lösung, 

löslich. 

Salz-S.: Niederschlag zähe, schwache Trübg., starke Fällung in wie III. 
schleimig, durch Kochen nurbeiZusatzvon der Kälte, bleibt 

flockig. viel HCl starke, grösstentheils 

flockige Fällung, beim Kochen, 
die beim Kochen 
bleibt. 

Salpeter-S.: Niederschlag flockige Fällung, ebenso; nur ist starke Fällung, 
glasig, gallertig, b. Kochen die durch Kochen der in heisser Xanthoprotein- 

flockig, gelb, mit Ammoniak gelb, durch Am- Salpetersäure reaction, wie bei 
orange; das heisse, klare moniak orange lösliche und in I und III, Hemi- 

Filtrat trübt sich in der wird. der Kälte sich albumose vor- 

Kälte und wird wieder klar abscheidende Ei- handen. 

in der Hitze. weisskörper hier 

vorhanden. 

Phosphorwolfram* S.+Essig- — — — 

säure: starke Fällung. 

Salzs. Eisen: Gelbfärbung, wie I. wie I. wie I. 

Ferrocyankali + Essigsäure: ebenso. ebenso. ebenso, 

starke Fällung. 

Nach Abscheidung des Ei- ebenso, die Trü- ebenso, Fällung wie III. 
weisses, sodass Ferrocyan- bung stark. stark, 

kali -f Essig-S. keine Trübg. 
mehr gab, zeigte d. Filtrat 
noch Trübung bei Zusatz 
von Phosphorwolfram-S. + 

Salzsäure, während Kali-f- 
Kupfer keine Färbung des 
Filtrats veranlassten. 

Kali+Kupfer auf frisches Ex- wie I. wie I. wie I. 

tract direct = violettroth. 


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450 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


b. Physiologische Wirkungen der Extracte. 


Um 10 Uhr des Morgens früh gelangten die Extracte mit Stärkekleister zur 
qualitativen Bestimmung in den Verdauungsofen. Die Resultate waren folgende: 


Zeit. 

Sublingualdruse. 

Buccaldrüse. 

Palatinaldrüse. 

Labialdrüse. 

12 Uhr. 

ungelöste Stärke. 

ebenso. 

ebenso. 

ebenso. 

4 Uhr Nm. 

Erythrodextrin. 

etwas gelöste 
Stärke. 

ebenso. 

Erythrodextrin, 
Spuren Zucker. 

8 U. M. am 
nächst. Tg. 

Zucker u. Erythro¬ 
dextrin. 

ebenso. 

schwächer. 

Erythro.- u. starke 
Zuckerreaction. 


Die Gegenwart eines zuckerbildejiden Ferments in sämmtlichen Drüsen 
scheint sich aus dem Vorstehenden zu ergeben. Zum weiteren Beweise aber 
wurde noch eine Reihe von Experimenten angestellt. 

Zu einem 2. Versuch nahmen wir absichtlich Drüsen, welche schon einige 
Tage gelegen hatten. Die Extracte erwiesen sich als unwirksam auf Kleister 
und rohe Stärke; wenigstens reducirten die betreffenden Flüssigkeiten nach 20 
Stunden noch keine Spur Kupfer. Da Fäulniss eingetreten war, musste der Ver¬ 
such unterbrochen werden. 

Auch in einem 3. Versuch, zu dem frische Drüsen verwendet wurden, trat 
erst nach 40 Stunden die Zuckerreaction ein. 

In einem 4. Versuch, in dem um 9V 2 Uhr der Kleister mit den Extracten 
in den Brütofen kam, wurde Folgendes beobachtet: 


Zeit. 

Sublingualextract. 

Buccalextract. 

Palatinalextract. 

10* Uhr. 
2 . 

4 . 

54 . 

gelöste Stärke schwach, 
do. stark. 

Spur von Erythrodextrin 
Erythrodextrin stark und 
Zucker stark. 

ebenso. 

ebenso. 

Amylogen stark. 
Erythrodextrin schwach. 
Zuckerreaction schwach 

ungelöste Stärke. 

Spuren von Amylogen. 
Amylogen. 

Amylogen stark, Andeu¬ 
tung d. Zuckerreaction. 


In einem 5. Versuch trat ebenfalls die Zuckerreaction nach 8 Stunden in 
allen Extracten auf. 


Eine quantitative Bestimmung des in bestimmter Zeit durch die Extracte in 
Zucker umgewandelten Kleisters ergab, dass 40 Ccm. Extract in 20 Stunden 
umwandeln: von der Sublingualdrüse 0,0225, der Buccaldrüse 0,0253, der 
Palatinaldrüse 0,0285, vom Extract der Lippendrüse incl. Schleimhaut 0,165 
Grm. Zucker. 

Weitere quantitative Bestimmungen, zu denen stets 1 Grm. Kleister mit 
40 Grm. Extract -(- 20 Grm. Wasser 20 Stunden in den Brütofen gelangten, 
ergaben Folgendes: 

1. Labialextract (48stündiges Extrahiren) 0.028 Grm. Kleister in Zucker. 

2. Drüsen eines Pferdes, das 12 Stunden vor dem Tode gehungert (aus¬ 
geruhte Drüsen). Glycerinextract. 6tägiges Extrahiren. Resultat: a) Labial¬ 
extract 0,045, b) Palatinalextract 0,160, c) Buccalextract 0,0225, d) Sublin- 
gualextract 0,0225 Grm. Zucker. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


451 


3. Ausgeruhte Drüsen, mit Alcohol behandelt, getrocknet, mit Glycerin 
6 Tage* extrahirt. a) Labialextract 0,026, b) Palatinalextract 0,064, c) Buccal¬ 
extract 0,056, 6) Sublingualextract 0,050 Grm. Zucker. 

4. Ausgeruhte Drüsen. Wasserextract. 36 Stunden extrahirt. a) Labial¬ 
extract 0,035, b) Palatinalextract 0,056, c) Buccalextract 0,064, d) Sublingual¬ 
extract 0,0283 Grm. Zucker. 

5. Ermüdete Drüse. Wasserextract. 36 Stunden extrahirt. a) Labial¬ 
extract 0 Zucker, b) Palatinalextract 0 Zucker, c) Buccalextract Zuckerreduction, 
aber unter 0,02, d) Sublingualextract 0 Zucker. 

6. Ermüdete Drüse. Glycerinextract. 7 Tage extrahirt. a) Labialextract 
Reduction, aber schwach, noch nicht 0,02, b) Palatinalextract kaum nachweis¬ 
bare Reduction, c) Buccalextract Reduction, aber schwach, noch nicht 0,02, 
d) Sublingualextract 0 Zucker. 

Bei den qualitativen Untersuchungen der nicht ermüdeten Drüsen war nach 
oa. 2 Stunden Amylogen, nach 4 Stunden Erothrodextrin und Zucker nachweisbar. 

Ein Extract aus dem Gemisch mehrerer Speicheldrüsen wandelte in 20 Stun¬ 
den 0,055 Grm. Kleister in Zucker um. 

Die zahlreich angestellten, hier aufgeführten Experimente erweisen 
wohl mit Bestimmtheit, dass die sämmtlichen untersuchten Drüsen 
ein zuckerbildendes Ferment enthalten. Aus dem, was wir bei den 
Extracten und Secreten der Parotis und Submaxillaris besprochen 
haben, müssen wir auch folgern, dass die zuletzt besprochenen vier 
Drüsenpaare dieses Ferment auch bei der Secretion an das Secret 
abgeben, dass also das Secret aller dieser Drüsen ein zuckerbildendes 
Ferment enthält. 

Etwaige Einwürfe gegen die Richtigkeit vorgenannter Resultate, basirend 
auf der leichten Zersetzlichkeit der Fehling’schen Lösung, auf die reduci- 
rende Wirkung des Glycerins auf diese beim Kochen, auf die fermentirende 
Wirkung des Glycerins auf Kleister bei längerer Digestion damit im Brütofen 
und dadurch veranlasste Täuschungen, glauben wir mit gutem Grund durch den 
eingeschlagenen Weg der Untersuchung und nach den dabei gemachten Beobach¬ 
tungen zurück weisen zu können. 

Die Fehling’sehe Lösung wurde stets frisch bereitet. Unmittelbar vor 
der analytischen Bestimmung mischte man die Kupferlösung mit der soeben fil- 
trirten (pilzfreien) Seignettesalzlösung und 5proc. Kalilauge. Es ist allseitig 
bekannt, dass die Fehling’sche Lösung ein längeres Aufbewahren ohne Zersetzung 
nicht verträgt; es scheidet sich aus derselben namentlich beim Kochen Kupfer¬ 
oxydul ab. Die frisch bereitete Lösung thut dies niemals, und liegt ja gerade 
in der Anwendung der Fehling’schen Lösung zur Prüfung auf zuckerhaltige Flüs¬ 
sigkeiten eine grosse Sicherheit des Nachweises desselben darin, dass sie vor 
Zusatz der zu prüfenden Flüssigkeit gekocht wird; ob die Fehling’sche Lösung 
brauchbar oder nicht, und, ein bei vielen Zuckerbestimmungen nicht zu vernach¬ 
lässigender Umstand, ob das zur Reaction benutzte Gefäss rein sei, giebt sich 
dabei sofort zu erkennen. 

Anlangend das Glycerin, so reducirt altes Glycerin, das lange gestanden 


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452 


ELLENBERGER n. HOFMEISTER, 


hat, allerdings Fehling’sche Lösung; ebenso das sogenannte englische Glycerin, 
feinste Handelswaare, und zwar sofort. Frisches Glycerin, das officinelle (specif. 
Gewicht 1,23), welches wir benutzten, verhält sich anders. Kocht man dieses 
mit schwefelsaurem Kupfer und überschüssigem Kali, so tritt auch bei längerem 
Kochen keine Reduction ein. Die Uhr in der Hand, geben 40 Grm. dieses Gly¬ 
cerins mit 5 Grm. Fehling’scher Lösung nach */ 4 ständigem Kochen keine Re¬ 
duction, dann schwache Reduction, nach einer Stunde stärkere Reduction; aber 
immer noch ist viel nicht reducirtes Kupferoxyd zugegen. Die Analyse, quali¬ 
tativ oder quantitativ ausgeführt, erfordert aber niemals mehr als höchstens 10 
Minuten Zeit; es konnte somit die Glycerinwirkung auf Kupferoxyd an sich keine 
Täuschung und Trübung der Resultate bewirken. 

Die fermentirende Wirkung des Glycerins ist von v. Wittich 
angegeben 1 ), er sagt: „Das Glycerin verhält sich nicht inactiv auf gekoch¬ 
tes Amylum; denn nach ein- und mehrstündiger Einwirkung zeigt die alka¬ 
lisch gemachte Flüssigkeit, wenn auch schwach, doch unzweifelhaft reducirende 
Eigenschaft. “ 

Hieraufhin wurde von uns qualitativ und quantitativ geprüft: 

Glycerin -f- Kleister -f- Wasser (Wasser ist hier wie bei allen früheren Un¬ 
tersuchungen dabei, weil nur bei Gegenwart von hinreichenden Mengen Wasser 
Zuckerbildung vor sich gehen kann) wurde im Brütofen digerirt: Nach 16 Stun¬ 
den kein Amylogen, Erythrodextrin etc., nur ungelöste Stärke. Mit Fehling’scher 
Lösung gekocht, unmittelbar keine Reduction, erst nach längerem Stehen im 
Reagensglase schwache Reduction. Nach 48 Stunden dasselbe Resultat. Nach 
72 Stunden wenig Amylogen, kein Erythrodextrin, schwache Reduction beim 
längeren Kochen. 

Quantitativ waren angesetzt: 

1 Grm. Kleister -f- 25 Grm. Glycerin 25 Grm. Wasser. 

1 - - +50 . . -j-50 - 

1 - - + 75 - + 75 - 

Nach 72 Stunden in sämmtlichen drei Proben schwache Amylogenbildung be¬ 
merkbar, kein Erythrodextrin. 

Eine Reduction der Fehling’schen Lösung erfolgte bei Ausführung der Ana¬ 
lyse nach 10 und 15 Minuten nicht, erst beim länger andauernden Kochen trat 
schwache, nicht messbare Reduction ein. 

Somit wäre denn auch diese schwach .fermentirende Eigenschaft des Gly¬ 
cerins als einflusslos auf unsere gegebenen Resultate zu erachten. 

Eine Einwirkung der Extracte auf Fibrin konnte nicht constatirt 
werden. Die Versuche wurden in derselben Weise angestellt, wie beim 
Parotidenextract. Es gab 0,lproc. Salzsäure mit dem Extract allein, 
und 0,lproc. Salzsäure + Fibrin dieselben Resultate, wie Extract + 
0,lproc. Salzsäure + Fibrin. Nach Abscheidung des Eiweisses aus 
den resp. Flüssigkeiten bewirkten Kupfer und Kali keine Röthung, 
wohl aber Phosphorwolfram- -f- Salzsäure eine Fällung. Es hatte 

! ) Pflüger’s Archiv, Bd. II, S. 193. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 453 

also keine Peptonbildung stattgefunden. Die Digestionsflüssigkeit 
verhielt sich ebenso wie die Extracte an und für sich. 

Aus den Versuchen über die Extracte folgt physiologisch, dass 
die kleinen Mauldrüsen mindestens ebensoviel Ferment in ihren Zellen 
bilden resp. anhäufen, wie die Parotis und Submaxillaris, und dass 
diese kleinen Drüsen das Ferment ebenfalls an das Secret abgeben. 
Denn die Drüsen der Pferde, welche gefressen hatten, enthielten gar 
kein oder nur Spuren von Ferment, während die von Pferden, welche 
gehungert hatten, verhältnissmässig fermentreich waren. Das Ferment 
ist also während des Fressens aus den Drüsenzellen verschwunden, 
d. h. es ist in das Secret übergegangen, es hat sich der durch die 
Drüsenzellen strömenden, transsudirten Blutflüssigkeit beigemischt. 
Es können demnach die Drüsen in Bezug auf ihren Fermentgehalt 
nicht mit anderen Theilen des Pferdekörpers verglichen werden. Hier 
in den Drüsen wird das Ferment zum Zweck seiner Abgabe an 
das Secret aufgehäuft, resp. bereitet. Ueber die Verbreitung 
des Zucker bildenden Ferments im Pferdekörper überhaupt haben wir 
ebenfalls eine Reihe von Experimenten angestellt und die Resultate 
derselben in einem besonderen Artikel mitgetheilt. 


Resumö der Resultate uuserer Versuche über die Maul¬ 
verdauung der Pferde und die Eigenschaften des Speichels 

derselben. 

1. Die Parotis des Pferdes ist eine reine Eiweissdrüse im Heiden- 
hain’schen Sinne. Die Sublingualis ist eine echte Schleimdrüse (ent¬ 
hält aber trotzdem ein diastatisches Ferment). Die Submaxillaris ist 
eine gemischte Drüse. Die Gaumen-, Backen- und Lippendrüsen stellen 
Uebergänge zwischen Eiweiss- und Schleimdrüsen dar. Die Backen¬ 
drüsen nähern sich mehr den ersteren, die Lippendrüsen mehr den 
letzteren. 

2. Mit Ausnahme des Parotidenspeichels, der mucinfrei ist, ent¬ 
halten die Secrete aller anderen Munddrüsen Mucin. Am reichsten 
daran ist die Sublingualis, am wenigsten Mucin enthalten die Backen¬ 
drüsen, die sich überhaupt der Parotis in ihren Eigenschaften am 
meisten nähern. 

3. Die sämmtlichen Speichelarten des Pferdes und der gemischte 
Speichel enthalten kein Rhodankalium. 

4. Sie reagiren alkalisch, sind sehr wasserreich und enthalten 


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454 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER, 


geringe Mengen fester Stoffe, worunter die anorganischen Salze 
ganz entsprechend dem specifischen Gewicht der Speichelarten im 
Submaxillarspeichel die geringste Menge ausmachen, der Parotiden- 
speichel enthält die doppelte Menge als dieser und der gemischte 
Speichel die Summe beider zusamracngenommen davon. Diese Salze 
sind bezüglich ihrer Löslichkeit in Wasser bei sämmtlichen Speichel¬ 
arten verschieden; die grösste Menge in Wasser löslicher Salze ent¬ 
hält der gemischte Speichel und der Parotidenspeichel wieder mehr 
als der Submaxillarspeichel. Unter den Salzen spielt das Kochsalz 
(CINa) eine grosse Rolle, am reichhaltigsten ist der gemischte Speichel. 
In gerade absteigenden Verhältnissen ist der kohlensaure Kalk ver¬ 
treten, nämlich wie 3:2:1 im Parotiden-, Submaxillar- und ge¬ 
mischten Speichel. Nach Abzug der Kohlensäure ist es der Paro¬ 
tidenspeichel, welcher den meisten Kalk enthält. 

5. Der Speichel reagirt alkalisch und enthält verschiedene Arten 
von Eiweisskörpern, u. A. auch die Hemialbumose. 

6. Der gemischte Speichel ist reich an saccharificirendem Fer¬ 
ment, er verzuckert Kleister schon nach l / 4 Minute, rohe Kartoffel¬ 
stärke (in den Kartoffeln) nach V / 2 —2 Minuten. 

7. In der Maulhöhle können während des Kauens nur Spuren 
der Stärke der Nahrungsmittel verzuckert werden. Die diastatische 
Wirkung des Speichels tritt also erst im Magen ein. 

8. Schwache Säuerung (0,02 proc. Salzsäure z. B.) des Speichels 
und Mischen desselben mit geringen Mengen künstlichen sauren Ma¬ 
gensaftes (5 Grm. : 20 Grm. Speichel) hindert seine diastatische Wir¬ 
kung nicht. Stärkere Säureconcentration hemmt diese Wirkung zwar, 
zerstört aber das Ferment nicht. 

9. Beim Kauen secemiren die Pferde zum Einspeicheln des 
Hafers und Häcksels die doppelte Gewichtsmenge Speichel, des Heues 
die vierfache Gewichtsmenge, und bei Grünfutter etwas über die 
Hälfte des Gewichts des Futters. 

10. Jede Speichelart des Pferdes enthält diastatisches Ferment, 
wenn auch in geringerer Menge als der gemischte Speichel. 

11. Die ausgeruhte Drüse ist reich, die ermüdete arm oder ganz 
frei von Ferment. Der zu Beginn des Fressens gelieferte Speichel 
verzuckert stark, der spätere schwach oder gar nicht. 

12. Ein peptonisirendes Ferment enthält nur die Parotis, aber 
auch diese nur in Spuren. 


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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 


455 


13. Durch die Vermischung mehrerer Driisenextracte oder -Secrete 
tritt keine wesentliche Steigerung der Fermentwirkung ein, höchstens 
eine einfache Summation. 

14. Auf die Cellulose hat der Pferdespeichel gar keine und auf 
die Fette keine spaltende Wirkung; wohl aber kann er letztere emul- 
giren, namentlich vermag dies der Parotidenspeichel. 

15. Im Pferdeblute und in den meisten Organen und Flüssig¬ 
keiten des Pferdekörpers findet sich ebenfalls diastatisches Ferment, 
aber in viel geringerer Menge als in dem Speichel. 


Im Sommer 1881 hatten wir nochmals Gelegenheit, an drei auf einander 
folgenden Tagen durch Anlegen einer Fistel Parotidenspeichel von einem Pferde 
zu gewinnen. Der am 3. Tage früh 7 Uhr gesammelte Speichel war bedeutend 
reicher an Eiweiss und zeigte eine stärkere fermentative Wirkung auf Stärke¬ 
kleister, als der am 1. und 2. Tage um die Mittagszeit aufgefangene. An der 
Luft wurden alle Speichelproben milchig trübe, der Frühspeichel bekam nach 
längerem Stehen eine grünlich schillernde Färbung. 

Wurde C0 2 in klaren, wasserhellen Speiohel geleitet, so trat die Trübung 
des letzteren nicht ein, auch wenn der C0 2 -reiche Speichel in einem gut ver¬ 
schlossenen Gefass 1,4 Stunden stehen blieb; dagegen machte sich nach Zusatz 
von Kalkwasser zu klarem, wasserhellem Speichel sofort eine milchige Trübung 
bemerklich. Die von uns zuerst angegebene Ansicht Lehmann’s, dass der Pa¬ 
rotidenspeichel Kalkhydrat enthalte und sich durch Aufnahme von C0 2 aus der 
Luft trübe, kann mithin nicht richtig sein. 

Bei längerem Hineinleiten von C0 2 in bereits schwach getrübten Speichel 
verschwand die Trübung zwar nicht gänzlich, der Speichel wurde jedoch bedeu¬ 
tend klarer. Wurde heller, klarer Speichel unmittelbar nach dem Auffangen in 
einem Kölbchen, dem Barytwasser vorgelegt war, erhitzt, so trübte sich das 
Barytwasser sehr bald; ebenso auch Speichel, welcher durch Kochen C0 2 ver¬ 
loren hatte. Der Parotidenspeichel muss mithin überschüssige C0 2 frei oder in 
sauren doppeltkohlensauren Salzen enthalten. 

Um die Wirkung der Milchsäure auf das diastatische Vermögen 
des Speichels zu prüfen, machten wir folgende Versuche: 

20 Grm. Speichel verzuckerten in 40 Stunden 0,225 Grm. Stärkekleister, 
ebenso auch 20 Grm. Speichel -f- 20 Grm. einer 0,2proc. Milchsäure. Die letz¬ 
tere hemmte mithin in dieser Verdünnung nicht die Fermentwirkung. Wir nah¬ 
men deshalb zu den weiteren Versuchen l,4proc. Milchsäure und brachten in 
den Brütofen: 

a) 20 Grm. Speichel -}- 5 Grm. dieser Saure -f- 1 Grm. Kleister, 

b) 20 - - -j- 10 - - -j- 1 - 

c) 15 - -J- 15 - - -j- 1 - 

d) 20 - - -j- 20 - - - + 1 - 


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456 


ELLENBERGER u. HOFMEISTER. 


nach 40 Stunden fand sich: 

a) 0,125 Grm. Zucker mit Erythrodextrinreaction, 

b) 0,018 --- 

c) 0,00 - - mit Amylum und schwacher Amylogenreaction, 

d) 0,00 ------ 

Ein Controlversuch ergab, dass Milchsäure allein in 40 Stunden noch keine Spur 
Kleister in Zucker überführt. 

Milchsäure hemmt mithin ebenfalls — obschon in sehr viel geringerem 
Masse als Salzsäure — die fermentative Wirkung des Speichels. Es bedarf der 
bedeutenden Concentration von 0,52proc. Milchsäure, um die diastatische Spei¬ 
chelwirkung aufzuheben, welche bei Gegenwart von 0,17proc. Milchsäure jedoch 
schon beeinträchtigt wird. 

Schliesslich bemerken wir, dass der Speichel noch nach 3 Wochen sacchari- 
ficirend wirkte. Nach 14 tägigem Stehen verzuckerten 20 Grm. Speichel in 15 
Stunden noch 0,045 Grm. von 1 Grm. Kleister. Die Fermentwirkung wurde 
durch das längere Stehen nicht gesteigert. 


ErkUrtBg 4er AbbiMiige«. 


Figur I. Schnitt von der Parotis des Pferdes. Die obere Seite ist ein 
Theil eines Schnittpräparats der mit Osmiumsäure gehärteten, die untere der mit 
Alkohol gehärteten und tingirten Drüse. Oben sind die Zellgrenzen undeutlich 
oder gar nicht sichtbar. 

Figur II. Schnitt aus der in Osmiumsäure gehärteten Glandula sublin- 
gualis mit nachheriger Tinction. 

Figur III. Ebensolches Präparat aus der Glandula submaxillaris. 

Figur IV. Dasselbe aus den Glandulae palatinae. 

Figur V. Isolirte Epithelien aus dem Ductus Stenonianus. 

Figur VI. Epithelien aus dem Ductus Whartonianus: 

a) isolirte Epithelien; 

b) zusammenhängende Epithellage. 


(Fortsetzung folgt) 


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Referate und Kritiken. 


Die Anästhetica. Eine Monographie mit besonderer Berück¬ 
sichtigung von zwei neuen anästhetischen Mitteln. Kri¬ 
tisch und experimentell bearbeitet von Dr. Eduard Taubner. 
(A. Hirschwald. Berlin, 1881.) 

Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, die Beziehungen der 
chemischen Constitution einer Reihe analog zusammengesetzter 
Körper zu ihrer Wirkung auf den thierischen Organismus darzu¬ 
stellen. 

Dies Unternehmen ist dem Bcdürfniss entsprungen, für die Er¬ 
klärung der Arzneiwirkung in dem inneren Bau der Moleküle selbst 
einigen Anhalt zu finden. Durch eine gut gewählte übersichtliche 
Zusammenstellung deijenigen Körper, welche als Anästhctica bezeichnet 
werden, ist der Weg in dieser Richtung nunmehr eingeschlagen. 
Gleichzeitig hat aber auch der VeTf. durch experimentelle Unter¬ 
suchungen, welche theils im physiologischen Laboratorium der Thier¬ 
arzneischule, theils im chemischen Laboratorium des pathologischen 
Instituts der Universität ausgeführt wurden, zur Erweiterung der 
Kenntnisse über die Anüsthetica werthvolle Beiträge geliefert. Nach 
einer interessanten historischen Einleitung folgen die Anästhetica, 
nach ihrem C*Gohalt geordnet; es werden die Wirkungen in ihrer 
Abhängigkeit von der Constitution besprochen und die eigenen Erfah¬ 
rungen ergänzend eingeflochten. 

Es möge gestattet sein, dem Leser in Nachstehendem einen kurzen 
Ueberblick über den Inhalt der sehr empfehlenswerten Arbeit zu 
geben, wobei zu bemerken ist, dass der Gang der Darstellung in 
Rücksicht auf die summarische Reproduction sich nicht stricte an den 
im Original innegehaltenen Ideengang anlehnt. 

Sämmtliche in Rede stehenden Körper, welche durchweg der nie- 

Arohiv f. wissensch. und prukt. Thierheilk. VU. 6. 30 


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458 


. TEREG. 


deren Fettsäurereihe zugehören, besitzen die Eigentümlichkeit, in 
allen jenen Fällen, in welchen bestimmte Mengen davon in die Blut¬ 
bahn eines thierischen Organismus gelangt sind, sei es durch Inhala¬ 
tion, subcutane oder directe Injection in die Blutgefässe, oder durch 
Resorption vom Darmcanal aus, die Thätigkeit jener nervösen Appa¬ 
rate des Grosshirns, welche Bewusstsein und Empfindung vermitteln, 
auszuschalten. Neben dieser Hauptwirkung können verschiedene Neben¬ 
wirkungen zur Beobachtung gelangen, welche sich als Folgen von 
theils lähmender, theils excitirender Wirkung auf die Herz- und 
Athemthätigkeit regulirenden Nervencentren darstellen. Auch das 
Erlöschen der reflectorischen Thätigkeit des Rückenmarks nach Ein¬ 
wirkung der meisten Anästhetica ist hierher zu zählen. 

Die graduellen Unterschiede rücksichtlich dieser Wirkungen hängen 
einerseits ab von der Beschaffenheit des Moleküls an sich, anderer¬ 
seits von den Veränderungen, welche dasselbe im Organismus er¬ 
fährt. Diejenigen Moleküle, welche unverändert in den Excreten 
nach Passirung des Organismus aufgefunden werden, müssen durch 
sich selbst gewirkt haben, während für diejenigen, welche Umsetzungs- 
producte liefern, die Wirkung der Componenten in Betracht kom¬ 
men kann. 

Ganz besonders auffällig verändert wird die Wirkung der an sich 
anästhesirend wirkenden Kohlenwasserstoffe durch Eintritt der Halo¬ 
gene CI, Br, J in das Molekül. Ausserdem scheint auch die Grösse 
des Moleküls nicht ohne Einfluss auf die Wirkung zu sein. 

Die gesättigten Kohlenwasserstoffe, von denen Grubengas (CH 4 ), 
Aethyl- (C 2 H 6 ), Butyl- (C 4 H I0 ), Arayl- (C 5 H 12 ) und CaprylWasser¬ 
stoff (C 6 H 14 ) angeführt sind, zeichnen sich sämmtlich durch Herbei¬ 
führung einer Anästhesie aus, welche nach Sistirung der Inhalation 
relativ rasch nachlässt und ohne Nachwehen bleibt. Je mehr C-Atome 
resp. Grubengasreste das Molekül der betreffenden Kohlenwasserstoff¬ 
verbindung enthält, desto weniger Material braucht man bis zum Ein¬ 
tritt der Bewusstlosigkeit aufzuwenden. 

In ähnlicher Weise, aber belästigend durch unangenehmen Geruch, 
erzeugen die ungesättigten Kohlenwasserstoffe Aethylen (CH* zz CH 2 ) 
und Amylen (C 5 H !0 ) eine rasch vorübergehende Narcose. Nach 
Acetyleninhalation (CH = CH) tritt die Erholung langsamer ein. 

Werden nun eines oder mehrere der H-Atome der genannten Koh¬ 
lenwasserstoffverbindungen durch CI, Br oder J ersetzt, so ändert sich 
die Wirkung der Substitutionsproducte insofern, als die Anästhesie 


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Referate und Kritiken. 


459 


mit dem Steigen des Gehalts an CI- etc. Atomen eine intensivere 
wird. Eigenthümlich ist der Einfluss der CI-Atome auf die Todesart. 
Die reinen Kohlenwasserstoffe und ebenso auch die ein- oder zweifach 
gechlorten führen den Tod durch Lähmung der respiratorischen Ner- 
vencentren herbei, während ein Gehalt an mehr Cl-Atomen im Molekül 
Tod durch Herzlähmung verursacht. 

Bei diesen Derivaten kommt die Verschiedenheit des Verhal¬ 
tens von CI, Br und J gleichfalls in Betracht Die Grösse der 
als Affinität bezeichneten Attractionskraft der Atome verhält sich 
in der Reihe CI Br J für H abnehmend, für 0 zunehmend. Hieraus 
folgt, dass die J-Substitutionen sich viel leichter im Organismus zer¬ 
setzen werden, als die Cl-Verbindungen, weil die Affinität des J zu 0, 
welcher im Blute reichlich vorhanden ist, viel grösser ist als die des 
CI zu 0. 

Unter den C-Verbindungen, welche mehr als ein C enthalten, 
sind weiterhin solche möglich, die ihrer Constitution nach verschieden 
zusammengesetzt, dennoch eine absolut gleiche Anzahl an C- und 
H-Atomen aufweisen. Natürlich werden deren Cl-Vcrbindungen eben¬ 
falls in mancher Hinsicht Differenzen zeigen. 

Die einfachen Halogonsubstitutionsproducte bieten im Allgemeinen 
keine Vorzüge gegenüber den reinen Kohlenwasserstoffen, im Gegen- 
theil wirken sie mehr oder weniger stark reizend auf die Schleim¬ 
häute; namentlich gilt dies von den J-Verbindungen, nach deren 
Einwirkung freies J in den Secreten nachweisbar ist. Die Narcose 
beschränkt sich auf relativ kurze Dauer. Hierher gehören Methyl¬ 
chlorid (CH, CI), Aethylchlorid (CH, — CH,CI), Aethylbromid und 
-Jodid, Amylchlorid (C S H,,C1) und -Jodid. Ferner sind hierher zu 
rechnen diejenigen CI- etc. Producte, welche zwar mehrere CI-Atome 
enthalten, in denen immerhin aber nur je 1 H-Atom je eines Gruben¬ 
gasrestes ersetzt ist, so z. B. das Aethylenchlorid (CH, CI—CH, CI), 
desgleichen das Bromid und Jodid. Die Reizung der Luftwege macht 
sich bei letztgenannten Körpern besonders geltend. Der Tod wird 
nach Ansicht des Verf. vom Aethylenjodid durch Asphyxie, vom Aethy- 
lenbromid durch deletäre Einwirkung auf den Herznervenapparat her¬ 
beigeführt. Weiterhin gehört hierher das Trichlorhydrin, ein Propyl¬ 
wasserstoff, von dem jedes der C-Glieder 1 Atom CI an Stelle des 
entsprechenden H im ursprünglichen Propylwasserstoff bindet: CH, 
CI — CH CI — CH, CI. Diese dem Glycerin ähnliche Substanz wirkte 

30 » 


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460 


TEREG. 


vom Magen aus beim Menschen nicht sicher anästhesirend, erzeugte 
aber ziemlich starken Magencatarrh. Analog wirkte Dichlorhydrin. 

Von den zweifachen Cl-Derivaten (2 CI ersetzen 2 H desselben 
Kohlenwasserstoffrestes) sind zu erwähnen: Methylenchlorid (CH 2 Cl 2 ), 
Aethylidenchlorid (CH 3 —CHC1 2 ) und Monochloräthylenchlorid (CH 2 
CI — CHC1 2 ). Alle drei Körper wirken als allgemeine Anästhetica 
und zeichnen sich durch das Fehlen der lähmenden Wirkung auf das 
Herz aus. Das letztgenannte Anästheticum war Gegenstand eingehen¬ 
der experimenteller Untersuchungen seitens des Verf. und konnte eine 
Cl-Abspaltung durch das im Blute vorhandene Alkali in diesem Falle 
nachgewiesen werden.- (Ausserhalb des Organismus entsteht durch 
NaHO, NaCl und CHC1=CHC1. Ref.) — Tetrachloräthan (CC1 2 = 
CC1 2 ) ist zwar auf seine anästhesirende Wirkung untersucht worden 
(Eulenberg), allgemeine Schlüsse lassen sich aber nicht aus den 
gegebenen Daten ableiten. 

Zu den gechlorten Kohlenwasserstoffen dritter Ordnung (s.v.v) 
zählt aus der Methylreihe das Chloroform (CHC1 3 ), jenes Anästheti¬ 
cum, welches in der praktischen Medicin vorzugsweise Verwendung 
findet. Bromoform und Jodoform werden wenig oder gar nicht zur 
Anästhesirung benutzt, Jodoform deshalb nicht, weil sich J im Orga¬ 
nismus abspaltet und als freies J wirkt. Eine Cl-Abspaltung wurde 
von Liebreich auch für Chloroform angenommen, es hat diese Theorie 
von anderen Seiten jedoch keine Bestätigung erfahren, so dass anzu¬ 
nehmen ist, das Chloroform wirke als Molekül. Auf die nervösen 
Centralapparate wirkt Chloroform in nachstehender Reihenfolge ein: 
Grosshirn, Rückenmark, Herzganglien, während bei den vorher er¬ 
wähnten Cl-Derivaten zweiter Ordnung — Aethylidenchlorid nament¬ 
lich — die Wirkung sich zuerst am Grosshirn als Bewusstlosigkeit, 
sodann als Herabsetzung der Reflexthätigkeit am Rückenmark und 
schliesslich als verminderte Respirationsthätigkeit durch Affection der 
Medulla obl. äussert, welch letzteres Moment bei fortgesetzter Narcose 
zu Respirationsstillstand und damit zum Tode führt. Ganz das Gleiche 
gilt auch für das von T. untersuchte Monochloräthylenchlorid (cf. oben), 
denn in dem XXII. Versuch (S. 65) verschwand die Respiration vor 
Sistirung der Herzaction. — Tritt im Chloroform an Stelle des noch 
vorhandenen H die Methylgruppe ein, so erhalten wir eine dem Chloro¬ 
form ganz ähnliche Flüssigkeit, deren anästhesirende Wirkung T. an 
Fröschen, Kaninchen, Hunden und an sich selbst erprobte. Nach T. 
ist dieses Methylchloroform aliasMonochlorätlivlidenchlorid (CH 3 —CC1 3 ) 


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Referate und Kritiken. 


461 


als allgemeines Anästhoticum zu betrachten, welches bei Kaninchen 
den Respirationsapparat nur wenig beeinflusst, bei Hunden er¬ 
höhend auf Puls- und Respirationsfrequenz ein wirkt (S. 48). 
Diese Erhöhung der Pulsfrequenz in den ersten Stadien ist jedoch 
ebenfalls beim Chloroform vorhanden, so dass, da eine Anästhesirung 
bis zum Eintritt des Todes nicht ausgefuhrt wurde, auch kein Anhalts¬ 
punkt für die Methylchloroformwirkung in späteren Stadien gegeben 
ist. Das Chloral (Chloroform, dessen H durch CHO — den Alde- 
• hydrest — ersetzt ist: CC1 3 — CHO) wird im Körper nicht zersetzt, 
im Gegentheil verbindet sich dasselbe mit einer organischen Substanz 
zu Urochloralsäure. Die Angabe Liebreich’s, dass Chloral resp. 
dessen Hydrat (CC1 3 —CH0 + H 2 0), welches letztere allein in der 
Medicin Verwendung findet, sich in Chloroform und Ameisensäure 
spalte, ist somit als widerlegt zu betrachten; ßromal resp. Bromal- 
hydrat und Jodal dagegen erleiden eine derartige Umsetzung und sind 
die Wirkungen dieser Körper zum Theil auf die Spaltungsproducte zu 
beziehen. Das Chloral wirkt in letzter Instanz ebenfalls auf das Herz 
und zwar derart, dass selbst nach Durchschneidung der Vagi eine 
Herabsetzung der Pulsfrequenz und ein Sinken des Blutdrucks zu Stande 
kommt (S. 72), so dass eine directe Lähmung der intercardialen Cen- 
tren anzunehmen ist, da auch die Irritabilität der Herzmuseulatur 
erhalten bleibt Das Butylchloral (C 8 H 4 C1 8 . COH), welches zur 
Buttersäure in derselben Beziehung steht wie das gewöhnliche Chloral 
zur Essigsäure, hat nach den Untersuchungen von v. Mering analoge 
Wirkungen wie das Chloral, nur tritt die herzlähmende Wirkung bei 
Butylchloral plötzlicher ein als bei Chloral. Die Anästhesie beginnt, 
wie Liebreich nachwies, zuerst am Kopf, bei erhaltener Sensibilität 
des Rumpfes. 

Endlich giebt es noch ein Cl-Derivat des Grubengases, in wel¬ 
chem alle 4H des CH 4 durch Cl-Atome ersetzt sind, — das einzig 
mögliche, — den Tetrachlorkohlenstoff: CC1 4 . Simpson fand ein 
dem Chloroform ähnliches Verhalten mit dem Unterschiede, dass die 
Anästhesie nicht so rasch eintrat, aber auch länger währte; ferner 
Hessen die Versuche an Mäusen und Kaninchen eine grössere depri- 
mirende Wirkung auf das Herz erkennen als das Chloroform (S. 30). 

Etwas Näheres über die anästhesirende Wirkung der Alkohole — 
der ersten Hydroxylsubstitutionsproducte des CH 4 — anzuführen, 
dürfte wohl erübrigen, da wohl Jeder aus Erfahrung an sich oder 
Anderen deren Einfluss kennt. Einzig aus diesem Grunde scheint 


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462 


MOELLER. 


auch der Alkohol von T. nicht erwähnt zu sein. Es mag aber her¬ 
vorgehoben werden, dass die Anästhesie erst nach Einführung relativ 
grosser Mengen eintritt und ähnlich wie beim Aether (S. 82) — dem 
Alkoholanhydrid (C 2 H 5 ) 2 0 — schliesslich Tod durch Lähmung der 
Respirationscentren erfolgt. 

Die Aldehyde (OH-Substitutionen zweiter Ordnung) besitzen sehr 
geringe anästhesirende Eigenschaften und sind hauptsächlich deshalb 
nicht verwendbar, weil sie wegen ihrer Neigung, den Geweben 0 zu 
entziehen, diese in starken Reizzustand versetzen. Neben dem ge¬ 
wöhnlichen Aldehyd ist an dieser Stelle auch das Aceton (CH 3 — 
CO — CH S ), welches als methylirter Aldehyd aufgefasst werden kann, 
zu erwähnen. 

Bezüglich des über die zusammengesetzten Aether Angeführten 
muss auf das Original verwiesen werden. 

Die Cl-Substitutionen in den Benzolverbindungen können ver¬ 
schieden sein, je nachdem solche im Benzolkern selbst oder in den 
Seitenketten eintreten. Die erstere Gruppe verhält sich im Organis¬ 
mus genau ebenso wie die nicht substituirten Verbindungen, und 
kommt weder diesen noch jenen eine anästhesirende Wirkung zu. 
Von den in den Seitenketten gechlorten Körpern könnte man eine 
solche erwarten, aber auch diese, wie z. B. Phenylchloroform (C 6 H 5 
— CC1 3 ), verhalten sich wesentlich anders als die analogen Verbin¬ 
dungen der niederen Fettsäuren. Die Ursache dieser Eigentümlich¬ 
keit ist darin gegeben, dass das CI sich aus ihnen leicht abscheidet 
und dass die entstehende HCl zwar eine corrodirende, aber keine Spur 
einer anästhesirenden Wirkung hervorruft. Tereg. 


Peters, Fr., Ober-Rossarzt: Die Fissuren des Fesselbeins vom 
Pferde, mit besonderer Berücksichtigung der Bewegungsvorgänge 
in den unteren Gelenken. (Vorträge für Thierärzte, red. von Prof. 
Dr. Siedamgrotzki, IV. Ser., H. 1. Jena, Dege u. Haenel, 1881.) 

Der Verf. hatte Gelegenheit, die in unserer Literatur wenig be¬ 
kannten Fesselbeinfissuren des Pferdes wiederholt zu beobachten, und 
fand sowohl in den Erscheinungen wie auch in dem Verlauf des Lei¬ 
dens stets eine auffällige Uebereinstiramung. Zwei zufällig zur Section 
gelangte Fälle Hessen auch eine überraschende Conformität der Fissuren 


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Referate und Kritiken. 


463 


nachweisen. An beiden Knochen verlief die Spalte, von der Grube 
der oberen Gelenkfläche ausgehend, und zwar parallel mit derselben, 
in schräger Richtung nach unten und aussen, um in der Diaphyse 
oder unteren Epiphyse zu endigen. Diese Gleichförmigkeit erklärte 
zwar das übereinstimmende Verhalten jener Brüche in klinischer Be¬ 
ziehung, um so mehr aber veranlasste diese Beobachtung den Verf., 
die mechanischen Momente zu untersuchen, welche solche Brüche ver¬ 
ursachen. Bei dieser Gelegenheit hat P. die in den Gelenken der 
Phalangen des Pferdes ablaufenden Bewegungsvorgänge und deren 
Mechanismus einer eingehenden Untersuchung unterworfen, und auf 
Grund des Ergebnisses derselben nicht blos die ursächlichen Verhält¬ 
nisse der Fesselbeinbrüche klar gelegt, sondern zugleich einen werth- 
vollen Beitrag für die Aetiologie und die Beurtheilung der Lahmheiten 
geliefert. Es sind ferner die Symptome der Fesselbeinfissuren und 
namentlich die Unterscheidung derselben von den Distorsionen des 
Fesselgelenks in klarer Weise dargestellt worden, so dass die Arbeit 
sowohl in wissenschaftlicher wie auch in praktischer Hinsicht als 
höchst beachtenswerth bezeichnet werden muss. 

Eine kurze Wiedergabe der Resultate der Peters’schen Unter¬ 
suchungen ist bei der gedrängten Darstellung derselben nicht möglich 
und muss deshalb auf das Original verwiesen werden. Dagegen ist 
Ref. in der Lage, die Richtigkeit der von P. über das Auftreten der 
Fesselbeinfissuren gemachten Angaben an der Hand verschiedener Prä¬ 
parate zu beweisen, welche ihm in Folge einer im vorjährigen Bande 
dieses Archivs über das fragliche Leiden gemachten Bemerkung von 
befreundeten Collegen zugegangen sind. 

Die zur Erläuterung der ausgesprochenen Grundsätze beigefügten 
schematischen Darstellungen des Gelenkmechanismus sind sehr in- 
structiv, den von einem Fesselbein mit verheilter Fissur entworfenen 
Abbildungen muss sogar eine künstlerische Ausführung zugesprochen 
werden. Möller. 


Animal Report of the Veterinary Department of the Privy 
Council for the year 1880. London, 1881. 

Der amtliche, dem Parlament vorgelegte Bericht des englischen 
Veterinärdepartements enthält ausführliche Mittheilungen über die Ver¬ 
breitung der ansteckenden Thierkrankheiten in England, Wales und 


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464 


MÜELLER. 


Schottland, sowie über den Erfolg der Massregeln, welche zur Tilgung 
der letzteren ergriffen wurden. Das dem Berichte beigegebene reich¬ 
haltige statistische Material enthält ausserdem sehr interessante An¬ 
gaben über die Einfuhr von Schlachtvieh in Grossbritannien. 

Obgleich in 14 Schiffsladungen, durch welche Schlachtvieh aus 
Frankreich, Holland, Deutschland, Spanien, Portugal und den Staaten 
der nordamerikanischen Union nach Grossbritannien eingeführt wurde, 
sich in der Zeit vom 17. Januar bis Anfang September 1880 zusam¬ 
men 52 Stück Rindvieh und 70 Schafe mit der Maul- und Klauen¬ 
seuche behaftet erwiesen, fand eine Verbreitung dieser Krankheit auf 
das einheimische Vieh nicht statt; Grossbritannfen war vielmehr in 
den ersten 9 Monaten des Berichtsjahres vollkommen frei von Maul¬ 
und Klauenseuche, ln den Schlachthäusern von Deptford, in denen 
das aus dem Auslande oingeführte Vieh abgeschlachtet werden muss, 
fanden sich schon während des Sommers 1880 vielfach an den Zungen 
geschlachteter, aus Frankreich stammender Rinder die deutlichen 
Kennzeichen von in Abheilung begriffenen Aphthen. Sämmtlicho 
Stücke Rindvieh eines am 20. September 1880 aus Havre eingefährten 
Transportes litten stark an Maul- 1 und Klauenseuche; die Krankheit 
verbreitete sich von diesen Rindern sehr schnell auf diejenigen Thiere 
europäischen und amerikanischen Ursprungs, mit denen zu derselben 
Zeit die Ställe des Schlachtviehraarktes in Deptford überfüllt waren, 
und brach etwa 14 Tage später auch unter einheimischen Viehständen 
in London und Bedfordshire aus. 

Da alle in Deptford gelandeten Thiere geschlachtet werden müssen 
und keines der letzteren lebend den Markt verlasson darf, kann die 
Verschleppung der Maul- und Klauenseuche nur durch Zwischenträger 
erfolgt sein. Am häufigsten ist dieselbe wohl durch Menschen ver¬ 
mittelt worden, welche wegen ihres Gewerbebetriebes vielfach auf den 
Märkten in Deptford und in London-Islington verkehrt hatten. Das 
an den Kleidern dieser Menschen haftende Contagium konnte von dem 
ausländischen Vieh in Deptford leicht auf das einheimische Vieh in 
lslington übertragen werden. Für diese Art der Verbreitung wurde 
namentlich der Umstand von Bedeutung, dass die beiden Märkte an 
demselben Wochentage abgehalteu werden. 

Trotz der sofort ergriffenen energischen und im Vergleich zu den 
in Deutschland vorgeschriebenen übermässig rigorosen Massregeln, — 
über welche bereits Bd. Vll S. 258 dieses Archivs berichtet worden 
ist, — verbreitete sich die Maul- und Klauenseuche von dem Isling- 


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Referate und Kritiken. 


465 


toner Schlachtviehmarkt aus mit grosser Schnelligkeit über ganz 
England, jedoch nicht bis nach Wales und Schottland. In einzelnen 
Grafschaften blieb kaum ein Viehstand verschont, in anderen sollen 
die strengen Alassregeln jedoch den Erfolg gehabt haben, dass sich 
die Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche auf einzelne eng begrenzte 
Districte beschränkten. Die Seuche ist auch gegenwärtig — Ende Sep¬ 
tember 1881 — nicht vollständig getilgt, in jeder Woche kommen noch 
Ausbrüche der Krankheit zur Kenntniss der Centralbehörde, welche 
nach dem etwas schwerfälligen Verfahren des englischen Seuchen¬ 
gesetzes genöthigt ist, fast täglich wegen des Ausbruchs der Maul- und 
Klauenseuche Verordnungen (Orders of Council) zu erlassen, welche 
bestimmte Orte oder Bezirke für verseucht erklären. 

Die Verbreitung der Lungenseuche hat in England während 
der letzten Jahre fortdauernd abgenommen, wie die nachstehende Ver¬ 
gleichung zeigt: 



1876. 

1877. 

1878. 

1879. 

1880. 

verseucht .... 

66 

70 

67 

63 

51 Grafschaften 

.... 

2178 

2007 

1721 

1549 

1052 Bestände 

erkrankt .... 

5253 

5350 

4593 

4414 

2765 St. Rindvieh 

gefallen .... 

114 

107 

114 

119 

88 - 

getödtet .... 

5131 

5223 

4488 

4296 

2681 - 

genesen . ... . 

12 

3 

— 

— 

— . 

am Schluss d. Jahres 
blieben erkrankt 

19 

16 

7 

6 

2 - - 


Die bedeutende Abnahme der durch die Lungenseuche bedingten 
Verluste ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Local¬ 
behörden in immer mehr steigendem Umfange von dem Rechte Ge- • 
brauch machen, die Tödtung der an Lungenseuche erkrankten Thicre 
gegen Entschädigung anzuordnen. 

Von den 2681 getödteten an Lungenseuche erkrankten Rindern 
entfallen auf England 2328, auf Wales 5, auf Schottland 348 Stück; 
ausserdem sind behufs Tilgung der Lungenseuche in den verseuchten 
Gehöften zusammen 725 gesunde Stück - Rindvieh abgeschlachtet; der 
Rest der Bestände, zusammen 664 Stück Vieh, wurde rechtzeitig aus 
den Seuchegehöften entfernt und ist erhalten geblieben. 

Die Zahl der mit Rotz-Wurmkrankheit behafteten Pferde 
hat gegen das vorhergegangeno Jahr erheblich zugenommen. Das 
statistische Material giebt an: 


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466 


MUELLER, 


an Rotz erkrankt getödtet gefallen 
1879 in 49 Grafsch., 646 Pferdebestdn., 906 Pferde 875 Pferde 23 Pferde 


1880 - 

35 

- 

938 


1346 - 1333 

an Wurm erkrankt 

- 23 - 

1879 - 

21 

- 

290 

- 

461 Pferde 431 

7 - 

1880 - 

21 

- 

521 

- 

764 - 715 

- 18 - 


Von den im Jahre 1880 getödteten Pferden entfallen 1137 = 
84,55 pCt. rotzkranke und 643 = 90,00 pCt. wurmkranke auf Lon¬ 
don; die Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit müssen ausserhalb der 
Hauptstadt demgemäss verhältnissraässig selten vorgekommen oder 
zum grossen Theil nicht zur amtlichen Kenntniss gelangt sein. Die 
bedeutende Zahl der Rotz-Wurm falle in London wird auf den Um¬ 
stand zurückgeführt, dass eine grosse Zahl von Ausbrüchen dieser 
Krankheit jetzt angezeigt wird, welche früher unbekannt geblieben 
sein würden. Alle Uebertretungen der Anzeigepflicht werden in London 
mit Consequenz und Strenge gerichtlich verfolgt. 

Die Verbreitung der Schafräude scheint abgenommen zu haben, 
die Krankheit herrschte 1879 in 2229, 1880 dagegen nur in 1556 
Schafbeständen. Das Vorkommen der Pferderäude wird in dem 
Berichte nicht erwähnt, ebensowenig das der Tollwuth. Schaf¬ 
pocken sind nur bei 3 Schafen unter einem aus Hamburg eingefuhr- 
ten Transport von 660 Schafen beobachtet worden. Die Cadaver der 
drei pockenkranken Thiere sind vernichtet, die übrigen Schafe des 
Transportes sofort abgeschlachtet worden. 

Ueber Erkrankungen an Milzbrand enthält der Bericht keine 
Mittheilungen. Dagegen wird über die sogenannte Schweineseuche 
(swine-fever) angeführt, dass diese Krankheit sehr viel seltener als 
im Jahre 1879 aufgetreten ist; es erkrankten 9865 Schweine, von 
denen 7961 auf polizeiliche Anordnung getödtet wurden, 1940 sind 
gefallen und 23 genesen, 1811 noch gesunde, jedoch der Ansteckung 
ausgesetzt gewesene Schweine wurden geschlachtet. 

An Entschädigungen für behufs Tilgung der Lungenseuche und 
der Schweineseuche auf polizeiliche Anordnung getödtete Thiere sind 
im |ahre 1880 44999 Lst. 1 Sh. 3 P. oder rund 900000 Mark von 
denp Localbehörden gezahlt worden. 

Die Einfuhr von Wiederkäuern und Schweinen aus Russland, so¬ 
wie von Rindvieh aus Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig- 
Holstein) und Belgien blieb im Jahre 1880 verboten. Nur die aus 
Dänemark, Schweden, Norwegen, Spanien, Portugal und Kanada stam- 


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Referate and Kritiken. 


467 


nienden Wiederkäuer und Schweine dürfen lebend auf englische Märkte 
gebracht werden und gleich dem einheimischen Vieh frei verkehren. 
Durch Order of Council vom 13. Mai 1881 wurde jedoch bestimmt, dass 
vom 19. Juni 1881 an auch die aus Spanien und Portugal eingeführten 
Thiere dem Schlachtzwange am Landungsorte unterworfen sind. Die aus 
Frankreich, den Niederlanden, aus Schleswig-Holstein und den Staaten 
der nordamerikanischen Uniou eingeführten Wiederkäuer und Schweine, 
sowie die aus Deutschland und Belgien eingeführten Schafe und 
Schweine können nur in den Häfen von Barrow in Furness, Bristol, 
Cardiff, Glasgow, Goole, Grimsby, Hartlepool, Hüll, Liverpool, Lon¬ 
don, Plymouth, Southampton, South-Shields, Sunderland gelandet 
und müssen am Landungsorte geschlachtet werden. Dem Import aus 
solchen Staaten, deren Vieh frei im Inlande verkehren kann, stehen 
dieselben Häfen, — mit Ausnahme von Barrow in Furness, Cardiff, 
Goole und South-Shields, — ausserdem die Häfen von Falmouth, 
Granton, Harwich, Leith, Middlesbrough, Newcastle upon Tyne, Ports¬ 
mouth und Weymouth offen. 

Die Einfuhr von Schlachtvieh betrug im Jahre 1880: 
aus Irland .... 721391 St.Rindv., 714763Schafe, 372890Schweine, 


von den Canalinseln . 

2632 - - 

— 

— 

- 

aus Kanada .... 
aus den verein. Staaten 

48103 - - 

78074 - 

671 

. - 

von Nordamerika . 

154814 - - 

66722 - 

12549 

- 

vom europ. Continent 

180877 - - 

797482 - 

37907 

- 


zusammen 1107817St.Rindv., 1657041 Schafe, 424017Schweine, 
ausserdem wurden noch 6 Stück Rindvieh und 1 Schaf aus anderen 
Ländern eingeführt. 

Am auffälligsten ist die Vieheinfuhr aus Kanada und den ver¬ 
einigten Staaten von Nordamerika in den letzton Jahren gestiegen; 
dieselbe betrug aus Kanada: 


1876 

2557 St. Rindvieh, 

1862 Schafe, 

— Schweine, 

1877 

7649 - 

- 

10275 - 

584 

1878 

17989 - 

- 

40132 - 

1614 

1879 

25185 - 

- 

73913 - 

3663 

1880 

48103 - 

- 

78074 - 

671 


aus den vereinigten Staaten von Nordamerika: 


1876 

392 St. Rindvieh, 

— 

Schafe, 

— Schweine, 

1877 

11538 - 

- 

13120 

- 

226 

1878 

68450 - 

- 

43940 

. 

16321 

1879 

76117 - 

- 

119350 

- 

15180 

1880 

154814 - 

- 

66722 

- 

12549 


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468 


MUELLER. 


Die Einfuhr von Rindvieh aus Kanada und den vereinigten Staa¬ 
ten von Nordamerika berechnet sich mithin für das Jahr 1880 auf 
18,30 pCt. der Gesammteinfuhr von Rindvieh und beträgt 
22040 Stück Rindvieh mehr als der Import vom ganzen 
europäischen Continont. 

Steigt die Einfuhr während der nächsten Jahre auch nur an¬ 
nähernd in demselben Masse, so muss die Befürchtung gerechtfertigt 
erscheinen, dass Kanada und die Vereinigten Staaten den Bedarf des 
englischen Schlachtviehmarktes zum grössten Theil bestreiten und dem 
Viehexport des europäischen Continents diese Absatzquelle immer 
weiter abschneiden werden. 

Der Transport von Schlachtvieh über den atlantischen Ocean ist 
mit nicht unerheblichen Verlusten an Vieh verbunden. Zum Export 
nach England wurden in Kanada und in den Vereinigten Staaten wäh¬ 
rend des Jahres 1880 eingeschifft zusammen: 210924 Stück Rindvieh, 
149770 Schafe, 14776 Schweine; von diesen starben während des 
Transportes und mussten über Bord geworfen werden: 7644 Stück 
Rindvieh, 4611 Schafe, 1364 Schweine; bei der Ausschiffung in Eng¬ 
land wurden todt gefunden: 221 Stück Rindvieh, 208 Schafe, 111 
Schweine. Der Verlust an Thieren, welche während des Transportes 
gestorben waren, beträgt mithin: 

7865 Stück Rindvieh. =3,73 pCt. 

4819 Schafe.= 3,10 - 

1475 Schweine.fast genau 10,00 - 

Ausserdem waren 142 Stück Rindvieh, 155 Schafe und 81 Schweine 
während des Transportes so bedeutend beschädigt und verletzt, dass 
dieselben sofort nach der Landung geschlachtet werden mussten. Es 
dürfte jedoch kaum zu bezweifeln sein, dass bei diesen Massentrans¬ 
porten bald Erfahrungen über die Mittel gesammelt werden dürften, 
welche geeignet sind, derartige Verluste immer mehr zu beschränken. 

Unter den aus Kanada eingeführten Thieren wurden 5 mit Räude 
behaftete Schafe, unter den aus den Vereinigten Staaten eingeführten 
dagegen ermittelt: 229 Stück Rindvieh mit Lungenseuchc, 21 Stück 
Rindvieh und 63 Schafe mit Maul- und Klauenseuche, 124 Schafe 
mit Räude und 403 Schweine mit der sogenannten Schweineseuche 
behaftet. Die Lungenseuche wurde ausserdem nur noch bei 2 aus 
den Niederlanden eingeführten Stück Rindvieh constatirt. 

Die verhältnissmässig zahlreichen Fälle von Lungenseuche bei den 
importirten Thieren begründen die Folgerung, dass die Krankheit unter 


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Referate und Kritiken. 


469 


den Viehbeständen der nordamerikanischen Union sehr verbreitet herr¬ 
schen muss. Von Amerika wird die Richtigkeit dieser Folgerung nur 
bezüglich der östlichen Staaten anerkannt, dagegen behauptet, dass 
die Lungenseuche in den westlichen Staaten der Union nicht herrsche. 
Dieser Behauptung steht jedoch die Thatsache entgegen, dass das in 
England lungenseuchekrank befundene Vieh durchweg aus den west¬ 
lichen Staaten der Union stammte. 

Die Einfuhr von Rindvieh aus Schleswig-Holstein ist von 50921 
Stück im Jahre 1876 auf 24557 Stück im Jahre 1879 und 25889 
Stück im Jahre 1880 gesunken. Der Import von Schafen aus Deutsch¬ 
land (incl. Schleswig-Holstein) hat sich in den letzten 2 Jahren auf 
derselben Höhe erhalten. Derselbe betrug 1879 376105 und 1880 
376176 Schafe. Dagegen ist die Einfuhr von Schweinen aus Deutsch¬ 
land von 20 im Jahre 1878 und 492 im Jahre 1879 auf 16916 im 
Jahre 1880 gestiegen. 

Von den übrigen europäischen Staaten hat der Import von Rind¬ 
vieh aus Dänemark, Schweden, Norwegen und Spanien während der 
letzten Jahre erheblich zugenommen, der aus Portugal ist nahezu 
unverändert geblieben, der aus den Niederlanden so zürückgegangen, 
dass derselbe weniger als die Hälfte des Jahres 1876 beträgt. Aus 
den Niederlanden wurden im Jahre 1876 86350, im Jahre 1880 
38795 Stück Rindvieh nach England eingeführt. Frankreich lieferte 
für den englischen Schlachtviehmarkt in den beiden letzten Jahren 
nur 183 bezw. 1572 Stück Rindvieh. Müller. 


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Kleinere Mittheilnngen, 


Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während 

des Quartals Januar-März 1881. 

1. Milzbrand. In 167 Gehöften, welche sich auf 161 Ortschaften in 
88 Kreisen vertheilen, sind an Milzbrand gefallen: 10 Pferde, 279 Stück Rind¬ 
vieh, 107 Schafe und 11 Schweine. Frei von der Krankheit blieben die Reg.- 
bezw. Landdr.-Bez. Danzig, Köslin, Stralsund, Hannover, Lüneburg, Osnabrück, 
Münster, Minden, Kassel, Wiesbaden, Koblenz, Sigmaringen und die Stadt Berlin. 

Die 10 an Milzbrand gefallenen Pferde gehörten 8 Gehöften in den Reg.- 
Bez. Marienwerder, Posen, Breslau und Merseburg an, welche mit einer Aus¬ 
nahme als alte Milzbrandstationen bezeichnet werden. In 4 dieser Gehöfte 
herrschte der Milzbrand gleichzeitig unter dem Rindvieh. 

Die 279 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich in abge¬ 
rundeten Procentsätzen auf die einzelnen Provinzen, wie folgt: 


Ostpreussen . . . 

.... 4,00 pCt. 

Sachsen . 

. . . 15,75pCt. 

Westpreussen . . 

.... 1.40 * 

Schleswig-Holstein . 

. . . 2,50 . 

Brandenburg . . 

.... 1,80 „ 

Hannover. 

. . . 13,30 „ 

Pommern . . . . 

.... 1,80 , 

Westfalen. 

. . . 0,35 . 

Posen. 

.... 22,60 „ 

Rheinprovinz . . . 

. . . 3,50 „ 

Schlesien . . . . 

.... 33,00 „ 


100,00 pCt. 


Die Berechnung zeigt, dass über die Hälfte aller Verluste auf die Provinzen 
Posen und Schlesien entfällt. Ueber 3 Stück Rindvieh starben kurz hinter ein¬ 
ander in je einem Gehöft der nachstehend genannten Kreise: 


Kreis Orteisburg, 

Reg.-Bezirk Königsberg, 

Bestand. 
36 Stück, 

Erkrankt. 
6 Stück, 

Gefallen. 
6 Stück. 

„ Kosten, 

* 

Posen, 

13 

» 

12 

y> 

12 

y> 

„ Kröben, 

y 

» 

174 

y> 

22 

w 

14 

w 

j* » 

r> 

» 

110 

y> 

4 

n 

4 

y 

„ Inowraclaw, 

y 

Bromberg, 

42 

y> 

4 

y> 

4 

y 

L.-Kr. Breslau, 

y 

Breslau, 

70 

y 

13 

n 

4 

y 

W f» 

y 

» 

96 

y 

40 

« 

18 

y 

1» n 

n 

y 

160 

y 

7 


4 

y 

Kreis Militsch 

» 

y> 

28 

y 

6 

n 

4 

fi 


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Kleinere Mittheilungen. 


471 


Bestand. Erkrankt. Gefallen. 
Kreis Merseburg, Reg.-Bezirk Merseburg, 52 Stüok, 12 Stück, 12 Stück. 

* Liebenwerda, * * 50 *7*7* 

* Emden, Landdr.>Bez. Aurich, 125 * 47 * 32 * 

Auffallend bleibt, dass in einzelnen Milzbrandausbrüchen der Reg.-Bezirke 

Posen, Breslau und des Landdr.-Bez. Aurich eine verhältnissmässig grosse Zahl 
erkrankter Thiere genesen ist. Als Ursache des Ausbruches im Kreise Merseburg 
wird von dem Besitzer das Verfüttern von Rüben angesehen, welche auf einer 
alten Verscharrungsstelle eingemietet gewesen waren. Die Rüben sind später im, 
gedämpften Zustande ohne Nachtheil von den Thieren verzehrt worden. 

In 1 Gehöft starben kurz hinter einander 3, in 9 Gehöften 2, in 132 Ge¬ 
höften beschränkte sich der Verlust auf 1 Stück Rindvieh. Die meisten spora¬ 
dischen Fälle kamen in Ortschaften bezw. Gehöften vor, in denen der Milzbrand 
stationär ist; einzelne worden jedoch auch in Orten beobachtet, in welchen die 
Krankheit seit Menschengedenken nicht aufgetreten war. In den Seuchenstationen 
erkrankten vorzugsweise solche Thiere, welche aus anderen Orten kurz vorher 
angekauft worden waren. Die Berichte enthalten keine besonders interessanten 
Mittheilungen über die Ursachen des Milzbrandes. Meist werden als solche Fut¬ 
terverhältnisse oder mit organischen Stoffen verunreinigtes Trinkw&sser beschul¬ 
digt, ferner besonders häufig von Verscharrungsplätzen der Milzbrandcadaver 
gewonnenes oder verschlämmtes Heu bezw. Heu von kurz vorher urbar ge¬ 
machten sumpfigen Wiesen. 

Die gewöhnlichste Form des Auftretens war Anthrax acutissimus, in der 
Provinz Posen wurden einige Fälle von Carbunkelanthrax beobachtet. In Schles¬ 
wig-Holstein und im Kreise Eupen, Reg.-Bez. Aachen, blieb wie in früheren Be¬ 
richtsperioden vorwaltend die Form des Rauschbrandes. 

Die 107 an Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf 5 Gehöfte 
einer Ortschaft im Kreise Kolmar, und auf je 1 Gehöft der Kreise Thom*, Nau- 
gard*, Wreschen, Mogilno, Nimptsch*, Glogau und Liebenwerda*; in den mit * 
bezeichnten Gehöften herrschte der Milzbrand gleichzeitig auch unter dem 
Rindvieh. 

Von den 11 an Milzbrand gefallenen Schweinen gehören 10 — welche 
wahrscheinlich an der sogenannten Schweineseuche gelitten haben — einem Ge¬ 
höft des Kreises Brieg, 1 einem Gehöft des Kreises Hildesheim an. 

In Folge von Milzbrandinfection erkrankten schwer 4 Menschen, von denen 
1 Mann, welcher bei dem Verscharren einer gefallenen Kuh hülfreiche Hand ge¬ 
leistet hatte, gestorben ist. 

2. Maul- und Klauenseuche. Dieselbe erlangte eine grosse Verbrei¬ 
tung in den Provinzen westlich der Elbe, ausserdem in den Provinzen Schleswig- 
Holstein und Brandenburg. In den Provinzen Westpreussen, Posen und Schlesien 
kamen nur wenige Ausbrüche vori Seuchefrei blieben Ostpreussen, Pommern, 
Hohenzollern und die Reg.-Bez. Danzig und Oppeln. 

Da die Zahl der verseuchten Gehöfte und der erkrankten Thiere den Be¬ 
richterstattern nur ausnahmsweise genauer bekannt wird, giebt die Zahl der ver¬ 
seuchten Ortschaften allein einen gewissen Massstab, nach dem sich die Verbrei- 


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472 


Kleinere Mittheilungen. 


tung der Maul- und Klauenseuche in den verschiedenen Landestheilen beurtheilen 
lässt. Die 504 Ortschaften, in denen die Maul» und Klauenseuche während des 
Berichtsquartals auftrat, vertheilen sich in abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, 
auf die einzelnen Provinzen: 


Ostpreussen . . 

0,00 pCt. in 

— 

Kreisen. 

Westpreussen. 

0,80 

* rt 

4 

vt 

Brandenburg . 

10,70 

t n 

13 

rt 

Pommern. 

0,00 

rt rt 

— 

rt 

Posen . 

1,60 

rt * 

6 

rt 

Schlesien. 

3,50 

rt rt 

12 

rt 

Sachsen . 

20,80 

n r 

25 

rt 

Schleswig-Holstein . . 

3,10 

rt rt 

5 

rt 

Hannover. 

18.50 

rt rt 

23 

rt 

Westfalen . 

7,50 

rt ti 

16 

rt 

Hessen-Nassau .... 

16,00 

r> rt 

26 

rt 

Rheinprovinz . 

17,50 

r> i» 

35 

rt 

Hohenzollemsche Lande 

0,00 

t rt 

— 

r 


100,00 pCt. in 165 Kreisen. 

Die Einschleppung war bei den meisten Ausbrüchen nachzuweisen, dieselbe 
erfolgte namentlich häufig durch den Ankauf von Kindvieh oder Schweinen bezw. 
durch den Marktverkehr und durch das Durehtreiben von Handelsschweinen. Die 
Schlachtviehmärkte in Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt a. M. haben viel¬ 
fach zur Verbreitung der Seuche auf weite Entfernungen Anlass gegeben. Die 
Verbreitung im Seuchetiorte von Gehöft zu Gehöft oder auf benachbarte Orte ist 
häufiger durch Zwischenträger als von Thier zu Thier erfolgt; besonders sollen 
die Fleischer viel zur Verbreitung der Seuche beigetragen haben. Ueber In- 
fectionen in den Eisenbahnwagen berichten nur die Tabellen dos Reg.-Bez. 
Aachen. Auffällig häufig ist die Seuche aus Bayern und den Niederlanden, in 
einigen Fällen auch aus Hamburg, Hessen, Oldenburg und Lothringen nach 
Preussen eingeschleppt worden. 

In den Kreisen Wanzleben und Wolmirstedt, Reg.-Bez. Magdeburg, blieb 
fast keine Ortschaft von der Seuche verschont. In vielen Fällen verseuchten 
nach und nach sämmtliche Gehöfte eines Ortes, in anderen ebenfalls zahlreichen 
Ausbrüchen beschränkte sich die Krankheit auf das zuerst ergriffene Gehöft oder 
auf wenige Bestände des Ortes. Nicht selten wurde beobachtet, dass die Seuche 
in einen anderen Stall desselben Gehöftes nicht eindrang, oder es blieben sogar 
einige Thiere des Seuchestalles gesund, ln Gross-Schönebeck, Kr. Ost-Priegnitz, 
Reg.-Bez. Potsdam, erkrankte jedoch eine Kuh sehr heftig, nachdem dieselbe im 
Berichtsquartal bereits einmal durchgeseucht hatte. 

Die Krankheit trat meistens in Form der Maulseuche und sehr gutartig auf, 
selbst grössere Viehbestände seuchten in verhältnissmässig kurzer Zeit durch. 
Auch wenn die Klauen ohne gleichzeitige AfTection der Maulschleimhaut ergriffen 
wurden, verlief die Krankheit in der Regel gutartig, das Durchseuchen der Be¬ 
stände erforderte dann jedoch längere Zeit. , Langwierige bösartige Nachkrank¬ 
heiten sind besonders bei solchen Rindern beobachtet worden, welche schon vor 
Ausbruch der Seuche mit Klauenübeln behaftet waren. 


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Kleinere Mittheilungen. 


473 


Als an der Seuche gefallen bezw. in Folge derselben getödtet erwähnen die 
Berichte: 17 Stück Rindvieh, 15 Schafe, 2 Ziegenlärhmer und 4 Schweine. In 
die 17 Stück Rindvieh sind 8 Kälber eingeschlossen, welche, ebenso wie die 2 
Ziegenlämmer, nach dem Genüsse der Milch aphthenkranker Mutterthiere erkrankt 
waren. Ein Todesfall bei dem Rindvieh ist durch Complication mit bösartigem 
Catarrhalfieber, ein zweiter durch Septicämie nach dem Brandigwerden der 
Weichgebilde an den Fussenden veranlasst worden. Eine Kuh musste wegen 
Lähmung geschlachtet werden. 

Die Berichte des Landdr. Bez. Hildesheim erwähnen, dass bei Menschen 
nach dem Genüsse der Milch aphthenkranker Kühe mehrfach Bläschen im Munde 
beobachtet worden sind. 

3. Lungenseuche. Die Zahl der Kreise, Ortschaften und Gehöfte, in 
denen Fälle von Lungenseuche vorgekommen sind, hat sich gegen das vorher¬ 
gehende Quartal, wie die nachstehende Vergleichung zeigt, etwas vermindert; 
dagegen haben die starken Verluste, welche einzelne Viehbestände erlitten, zur 
Folge gehabt, dass die Zahl der erkrankten, gestorbenen und getödteten Thiere 
wesentlich grösser geworden ist: 


Quartal 

October-Decbr. 

Januar-März. 

Zahl der Kreise. 

36 

31 

,, * Ortschaften . . . ’.. 

63 

59 

„ „ Gehöfte. 

96 

85 

Gesammtbestand der verseuchten Gehöfte 

2258St.Rindv. 

2260St.Rindv. 

Erkrankt. 

285 „ 

434 „ 

Gefallen . 

12 „ 

22 „ 

Auf polizeiliche Anordnung getödtet . . 

252 „ 

403 „ 

Auf Veranlassung der Besitzer „ . . 

25 „ 

72 . 

Am Schlüsse des Berichtsquartals blieben 
verseucht . 

86 Gehöfte 

73 Gehöfte. 


Frei von der Lungenseuche waren: die Provinzen Ostpreussen, Pommern, 
Schleswig-Holstein, Westfalen, die Hohenzollernschen Lande, die Stadt Berlin, 
die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Marienwerder, Breslau, Liegnitz, Lüneburg, Stade, 
Osnabrück, Aurich, Koblenz und Köln. 

Die 434 an der Lungenseuche erkrankten Stück Rindvieh vertheilen sich in 
abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, auf die Provinzen: 


Westpreussen. 1,80 pCt. Sachsen. 47,00pCt. 

Brandenburg. 8,00 „ Hannover. 22,30 „ 


Posen. 7,10 „ Hessen-Nassau. 5,30 „ 

Schlesien. 6,00 „ Rheinprovinz . 2,50 * 

100,00pCt. 

Fast die Hälfte aller Erkrankungen entfällt mithin, wie in früheren Quar¬ 
talen, auf die Provinz Sachsen. Der Procentsatz ist in Folge umfangreicher Ver¬ 
seuchungen einzelner Viehbestände in Hannover erheblich gestiegen, hat sich 
dagegen in der Provinz Posen gegen früher sehr vermindert. 

Die 497 gefallenen und getödteten Stück Rindvieh betragen etwa 22 pCt. 
des Gesammtbestandes aller Seuchegehöfte. Das einzige Seuchegehöft in der 

Arehir L wisaonsoh. und prakt Thierheilk. VII. 6 . 31 


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474 


Kleinere Mitteilungen. 


Provinz Westpreussen war ein Gut des Kreises Pr. Stargard, Reg.-Bez. Danzig, 
in welchem das Herrschen der Seuche seit dem vorigen Quartal fortdauert. 

Im Reg.-Bez. Potsdam beschränkte sich das Auftreten der Seuche auf ein 
Gut des Kreises Ober-Barnim; im Reg.-Bez. Frankfurt auf einen einzelnen Fall 
in einem Bestände von 3 Stück des Kreises Königsberg i. N. In das zuerst ge¬ 
nannte Gut würde die Seuche durch von einem Händler aus Schlesien angekaufte 
Ochsen unbekannten Ursprungs eingeschleppt. Auf dem Berliner Schlachtvieh¬ 
markt wurden 4 aus Seucheherden eingeführte Transporte abgeschlachtet; die¬ 
selben bestanden aus 122 Stück Rindvieh, von denen sich bei der Section 28 
mit der Krankheit behaftet zeigten. 

In ein Vorwerk des Kreises Buk, Reg.-Bez. Posen, wurde die Seuche durch 
zum Mästen angekauftes Vieh eingeschleppt, dieselbe verbreitete sich auf den 
Bestand des Hauptgutes. In einem Viehbestände des Kreises Kosten kam ein 
vereinzelter Fall von Lungenseuche vor. Die Krankheit machte in einem seit 
dem vorigen Quartal verseuchten Bestände des Kreises Bromberg die Tödtung von 
2 Stück Rindvieh erforderlich. Abgesehen von diesen 4 Gehöften war die Lun¬ 
genseuche in der Provinz Posen getilgt. 

Ueber den Ausbruch der Lungenseuche in dem Viehbestände eines Gutes 
im Kreise Neisse, Reg.-Bez. Oppeln, wird berichtet, dass die Krankheit daselbst 
schon seit dem Jahre 1877 herrsche, jedoch durch Abschlachtung der erkrankten 
Thiere niedergehalten worden sei. Die Seuche wurde auf ein zweites Gut des¬ 
selben Besitzers verschleppt und ausserdem an einem dritten Orte bei 5 Ochsen 
constatirt, welche ein Fleischer aus dem zuerst genannten Gutsbestande gekauft 
hatte. In einem seit längerer Zeit verseuchten Dorfe des Kreises Pless wurde 
während des Berichtsquartals der Viehbestand des siebenten Gehöftes ergriffen. 

Die altmärkischen Kreise des Reg.-Bez. Magdeburg blieben frei von Lungen¬ 
seuche, ebenso kamen in den Kreisen Halberstadt und Oschersleben keine Neu¬ 
ausbrüche während des Berichtsquartals vor. Die 37 in den übrigen Kreisen 
des Reg.-Bez. verseuchten Gehöfte entfallen zum grossen Theil auf Ortschaften, 
in denen die Krankheit schon seit längerer Zeit herrscht. Die Erkrankungen 
folgten in einzelnen Beständen vielfach nach auffallend langen Zwischenräumen; 
zwei Ausbrüche wurden durch Ankauf von Vieh im Herzogthum Braunschweig, 
drei durch Ankauf von Vieh auf Märkten der Provinzv vermittelt; in einem Falle 
erkrankte zuerst ein aus der Schweiz eingeführter Simmenthaler Bulle. In 2 
Gütern des Kreises Merseburg, Reg.-Bez. Merseburg, dauerte das Herrschen der 
Krankheit unter bedeutenden Verlusten seit dem vorigen Quartal fort; in einem 
Orte des Mansfelder Gebirgskreises verseuchten zwei Gehöfte eines Ortes, in wel¬ 
chem die Krankheit vor längerer Zeit constatirt werden war, im Mansfelder See¬ 
kreise ein Gehöft 10 Monate nach einem anderen desselben Ortes. Die 
Einschleppung in einen Viehbestand des Kreises Sangerhausen erfolgte durch 
Ankauf von Ochsen, welche bald nach ihrer Ankunft unmerklich durchgeseucht 
hatten. Im Reg.-Bez. Erfurt wurde die Krankheit nur bei einer Kuh beobachtet. 

Die 6 in den Kreisen Hildesheim, Einbeck und Göttingen, Landdr.-Bez. 
Hildesheim, verseuchten Viehbestände erlitten bedeutende Verluste; in einem 
dauerte das Herrschen aus dem vorigen Quartal fort, drei Ausbrüche erfolgten 
durch in Bayern angekaufte Zugochsen, einer durch Ankauf eines Bullen aus 


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Kleinere Mittheilungen. 


475 


Ostfriesland, welcher sich in den Ställen des Händlers inficirt hatte, ein Ausbruch 
endlich durch Berührung mit krankem Vieh der Nachbarschaft. 

Von den 6 verseuchten Beständen des Reg.-Bez. Kassel entfallen 1 auf die 
Stadt Eschwege, — die seit dem vorigen Quartal herrschende Seuche wurde 
durch Abschlachten des Bestandes getilgt, — 3 auf die Stadt Fulda, 2 auf den 
Kreis Gersfeld. In einem Orte des letzteren herrscht die Krankheit seit längerer 
Zeit, sie wurde aus demselben in den Viehbestand eines benachbarten Dorfes 
verschleppt. Der durch Ankauf von Vieh auf dem Markt in Wetzlar bedingte 
Ausbruch der Lungenseuche in einem Orte des Dillkreises, Reg.-Bez. Wiesbaden, 
wurde erst bekannt, nachdem die Bestände von 6 Gehöften verseucht waren. 

Das Auftreten der Lungenseuche in der Rheinprovinz beschränkte sich auf 
je ein Gehöft der Kreise Krefeld, Reg.-Bez. Düsseldorf, — seit dem vorigen 
Quartal verseucht, — St. Wendel, Reg.-Bez. Trier, — Einschleppung aus dem 
Fürstenthum Birkenfeld, — und Jülich, Reg.-Bez. Aachen, — Einschleppung 
durch in Süddeutschland angekauftes Vieh. 

Ueber die Einschleppung der Lungenseuche aus dem Auslande liegen fol¬ 
gende Mittheilungen vor: 3 Ausbrüche wurden bedingt durch Ankauf von Vieh 
aus Bayern, 2 Ausbrüche durch Ankauf aus Braunschweig, je einer aus dem 
oldenburgischen Fürstenthum Birkenfeld, aus Süddeutschland und der Schweiz. 

Von den in 76 Beständen auf polizeiliche Anordnung getödteten 403 
Stück Rindvieh entfallen auf grössere Güter 30,30 pCt. der Bestände und 70,95 
pCt. der getödteten Thiere, der Rest auf kleinere Besitzungen. Dieselben Ver- 
hältnisszahlen für die Provinzen Westpreussen, Brandenburg, Posen, Schlesien, 
Sachsen und Hannover, in denen die grösseren Güter liegen, berechnet, ergeben 
für die letzteren 37,70 pCt. der Bestände und 72,20 pCt. der getödteten Thiere. 
Der Verlust an letzteren betrug in den grösseren Gütern durchschnittlich 11,90, 
in den kleineren Besitzungen 17,90 pCt. des vorhandenen Bestandes. 

Ueber die Impfung wird nur erwähnt, dass dieselbe in einem Viehbestände 
des Kreises Sangerhausen sehr guten Erfolg hatte und in einem anderen des 
Kreises Ober-Barnim bei keinem Thier wahrnehmbare Reaction hervorrief. Aus 
dem Reg.-Bez. Magdeburg wird nur von dem Berichterstatter für den Kreis 
Oschersleben mitgetheilt, „dass das Ausbleiben von Neuausbrüchen der Lungen¬ 
seuche jedenfalls den gelungenen Impfungen zugeschrieben werden müsse. “ 

4. Rotz-Wurmkrankheit. Die nachstehende Vergleichung würde eine 
erhebliche Abnahme der Rotzfälle nachweisen, wenn nicht in Betracht gezogen 
werden müsste, dass die Zahl der im Reg.-Bez. Oppeln gefallenen und getödteten 
rotzkranken Pferde während des Quartals Oetober-December v. J. 268 betragen 
hat und während des Berichtsquartals auf 78 gesunken ist. 

Quartal October-Decbr. Januar-März. 

Zahl der Kreise. 129 108 

„ „ Ortschaften . 255 194 

„ „ Gehöfte. 322 225 

Gesammtbestand der verseuchten Gehöfte . 2817 Pferde 2345 Pferde 

Erkrankt. 614 „ 500 „ 

Gefallen. 20 „ 35 „ 

31* 


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476 


Kleinere Mittheilangen. 


Quartal October-Decbr. Januar-März. 
Auf polizeiliche Anordnung getödtet ... 541 „ 414 „ 

Auf Veranlassung der Besitzer „ ... 105 „ 24 „ 

Am Schluss des Berichtsquartals blieben 

verseucht. 165 Gehöfte 123 Gehöfte 

Berechnet man dieselben Zahlen für die beiden Quartale mit Ausschluss des 
Reg.-Bez. Oppeln, so ergiebt sich, dass im 

Quartal in Kreisen Ortschaften Gehöften getödtet bezw. gefallen sind 
October-Decbr. 112 174 194 398 Pferde. 

Januar-März 97 154 177 395 - 


Die 473 im Berichtsquartal gefallenen und getödteten Pferde bilden etwa 
20 pCt. des Gesammtbestandes der Seuchegehöfte, sie vertheilen sich in abge¬ 
rundeten Procentsätzen, wie folgt, auf die einzelnen Provinzen; die entsprechen¬ 
den Zahlen des Quartals October-December sind zur Vergleichung gegenüber¬ 
gestellt: 


Quartal October-Decbr. Januar-März. 


Ostpreussen. 

4,65 pCt. 

3,40 pCt. 

Westpreussen. 

16,20 „ 

27,25 „ 

Brandenburg . 

6,15 . 

11,45 , 

Pommern. 

6,75 , 

7,00 „ 

Posen . 

10,85 „ 

11,65 , 

Schlesien. 

44,75 , 

25,60 , 

Sachsen. 

3,45 , 

3,60 . 

Schleswig-Holstein . . . 

0,15 „ 

0,60 . 

Hannover. 

1,65 „ 

0,60 . 

Westfalen. 

1,05 , 

0,00 , 

Hessen-Nassau. 

1,20 „ 

1,05 , 

Rheinprovinz. 

3,15 „ 

7,40 „ 

Hohenzollernsche Lande . 

0,00 r 

0,40 * 


100,00 pCt. 100,00 pCt. 

Die Berechnung zeigt, dass über die Hälfte aller Verluste auf die Provinzen 
Westpreussen und Schlesien, fast V 4 der Verluste auf die Provinzen Brandenburg 
und Posen entfällt. 

Frei von der Rotzkrankheit blieben die Provinz Westfalen und die Reg.- 
bezw. Landdr.-Bez. Stralsund, Stade, Osnabrück, Aurich, Kassel und Aachen; 
1, 2 oder 3 rotzkranke Pferde entfallen auf die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stettin 
(1 Pferd auf der Rossschlächterei in Stettin ermittelt), Erfurt (1 kurze Zeit vor¬ 
her angekauftes Pferd), Schleswig (1 Pferd auf der Rossschlächterei in Altona 
ermittelt, 2 Pferde im Kreise Sonderburg, Einschleppung durch ein in Dänemark 
angekauftes Pferd), Hannover (das eine Pferd bildete den ganzen Bestand des 
Besitzers), Hildesheim (1 Pferd auf der Rossschlächterei in Vienenburg ermittelt), 
Lüneburg (I kurz vorher angekauftes Pferd eines Lumpenhändlers) und Sigma¬ 
ringen (sämmtliche 2 Pferde eines Bauern erwiesen sich mit Lungenrotz be¬ 
haftet, als sie nach längerer Observation getödtet wurden). 

Die 9 im Reg.-Bez. Königsberg getödteten und gefallenen Pferde vertheilen 
sich auf 6 Bestände in den Kreisen Mohrungen, Osterode, Rössel und in der 


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Kleinere Mittheil angen. 


477 


Stadt Königsberg. Ein Pferd war kurz vorher angekauft. In dem Remontedepot 
Pr. Mark wurden sämmtliche 56 Arbeitspferde auf Anordnung der Militärbehörde 
getödtet. Die Rotzkrankheit soll — lediglich in Form des Lungenrotzes — seit 
langer Zeit unter den Pferden geherrscht haben. Bei der Section erwiesen sich 
angeblich l / 5 hochgradig, % im geringeren Grade, 2 / 5 nicht rotzkrank. Unter 
den Remontepferden ist bisher kein Fall von Rotzkrankheit vorgekommen. Die 
56 Pferde sind — weil dem Militär gehörig — bei Zusammenstellung der Ge- 
^neralübersicht nicht berücksichtigt worden. Die 7 Rotzfalle des Reg.-Bez. Gum¬ 
binnen vertheilen sich auf 4 Gehöfte in den Kreisen Ragnit (sämmtliche 3 Pferde 
eines Bauern, welcher die Krankheit längere Zeit verheimlicht hatte), Sensburg 
(1 Pferd in einer alten Rotzstation) und Angerburg. 

Von den 63 Rotzerkrankungen des Reg.-Bez. Danzig entfallen 45 auf zu¬ 
sammen 3 grössere Pferdebestände der Kreise Marienburg und Pr. Stargard, 
unter denen die Rotzkrankheit seit längerer Zeit herrscht, 18 auf 10 Bestände 
in den Kreisen Berent, Pr. Stargard und im Landkreis Danzig. In 4 früher 
verseucht gewesenen Beständen brach die Rotzkrankheit nach längeren Zwischen¬ 
zeiten während des Berichtsquartals von Neuem aus. Der Reg.-Bez. Marienwer¬ 
der enthält zahlreiche alte Rotzherde auf 13 Gehöfte in den Kreisen Graudenz, 
Kulm, Löbau, Marienwerder, Rosenberg, Schlochau, Strassburg, Stuhra undThorn 
mit einem Gesammtbestande von 270 Pferden entfallen 43 Rotzerkrankungen, 
die übrigen 23 vertheilen sich auf 13 Bestände in allen Kreisen mit Ausnahme 
von Flatow, Könitz und Dt. Krone. Aus dem Kreise Tuchei ist kein statistisches 
Material eingegangen. In einem Bestände des Kreises Marienwerder trat die 
Rotzkrankheit nach 6 monatlicher Pause von Neuem auf, 2 rotzkranke Pferde 
waren kurz vorher angekauft worden. 

Von 20 im Reg.-Bez. Potsdam getödteten Pferden entfallen 9 auf ein Gut 
des Kreises West-Havelland, welches im Quartal October-December 8 Pferde ver¬ 
loren hatte, 3 bildeten den Bestand eines Omnibushalters in Wrietzen, die an¬ 
deren 8 Pferde vertheilen sich auf 6 Gehöfte mit 9 Pferden der Kreise Prenzlau, 
Ruppin und Teltow. Ein Pferd war kurze Zeit vorher angekauft. Die 6 rotz¬ 
kranken Pferde des Reg.-Bez. Frankfurt gehörten 5 Beständen mit zusammen 7 
Pferden der Kreise Friedeberg (das letzte Pferd eines alten Rotzherdes), Königs¬ 
berg i. N., Landsberg, Soldin und der Stadt Frankfurt an. In Berlin kamen unter 
9 Beständen mit zusammen 211 Pferden 28 Rotzerkrankungen vor, drei Besitzer 
verloren von ihrem 102 Pferde betragenden Gesammtbestande 21, in einem Be¬ 
stände folgten die Erkrankungen sehr schnell auf einander. Vier Pferde waren 
kurz vorher angekauft worden. 

Das Herrschen der Krankheit in einem Gute des Kreises Schlawe, Reg.-Bez. 
Köslin, wurde während des Berichtsquartals durch den Ausbruch des Rotzes in 
2 Gehöften bekannt, welche Pferde dieses Gutes gekauft hatten. Von 53 Pfer¬ 
den mussten 21 getödtet werden. Die Krankheit soll unter diesem Pferde- 
bestande schon seit dem Jahre 1878 herrschen, und bis zur Constatirung sollen 
ungefähr 51 Pferde theils getödtet worden, theils gefallen sein. Ausserdem kamen 
in zusammen 6 Pferdebeständen der Kreise Belgard, Dramburg, Schlawe und 
Stolp 11 Rotzfälle vor. Drei rotzkranke Pferde waren kurz vorher angekauft 
worden. 


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478 


Kleinere Mittheilungen. 


Von 37 im Reg.-Bez. Posen beobachteten Rotzerkrankungen entfallen 21 
auf ein Gut des Kreises Pieschen, welches seit Constatirung der Krankheit 
sämmtliche 41 Pferde verloren hat, 16 auf 14 Bestände der Kreise Kosten, Kro- 
toschin, Obornik, Posen, Samter, Schrimm und Schroda; in 3 dieser Bestände 
dauert das Herrschen der Krankheit aus dem vorigen Quartal fort. Drei rotz- 
kranke Pferde waren kurz vorher angekauft. Im Reg.-Bez. Bromberg ist die Zahl 
der Rotzfälle von 41 im Quartal October-December auf 18 im Berichtsquartal 
gesunken; letztere vertheilen sich auf 15 Bestände; die Krankheit erlangte in 
keinem eine grössere Verbreitung, jedoch blieb, mit Ausnahme von Kolmar, kein 
Kreis frei von der Rotzkrankheit. Drei Pferde waren kurz vorher angekauft. Von 
den 55 Rotzerkrankungen der Provinz Posen entfallen 5 auf Pferde, weiche Han¬ 
delsleuten oder Handwerkern in den kleinen Städten gehörten. 

Die 28 rotzkranken Pferde des Reg.-Bez. Breslau vertheilen sich aut 24 
mit zusammen 79 Pferden besetzte Gehöfte in 12 Kreisen. Die meisten rotz¬ 
kranken Pferde gehörten Handelsleuten, welche ihr Gewerbe im Umherziehen be¬ 
treiben; die Infection soll besonders häufig unterwegs erfolgt sein. Die 4 Rotz¬ 
fälle im Kreise Habelschwerdt sind angeblich durch Einschleppung aus dem 
mährischen Städtchen Jauernik veranlasst worden und die ersten in diesem Kreise 
seit dem Jahre 1878. Drei Pferde waren kurz vorher angekauft. In 7 Bestän¬ 
den des Reg.-Bez. Liegnitz mit zusammen 29 Pferden kamen 15 Rotzfälle vor, 
davon 4 bei dem Restbestande eines Gehöftes im Kreise Goldberg-Haynau. Vier 
Pferde waren kurz vorher angekauft. Von den 78 Rotzerkrankungen des Reg.- 
Bez. Oppeln entfallen 30 auf den Kreis Beuthen und 21 auf den Kreis Tost- 
Gleiwitz. Frei von der Rotzkrankheit blieben die Kreise Falkenberg, Grottkau, 
Kosel, Kreuzburg, Neisse, Ratibor und Rybnik. Ein Gut im Kreise Beuthen verlor 
10, ein zweites im Kreise Gleiwitz 9, ein drittes im Kreise Rosenberg 6 Pferde. 
In dem zuletzt genannten Gute brach die im Frühjahr 1880 anscheinend getilgte 
Rotzkrankheit von Neuem aus. Die zahlreichsten Rotzausbrüche kamen bei 
Pferden vor, welche zum Betriebe von Fuhrwesen gehalten werden oder wenig¬ 
stens viel auf der Landstrasse verkehrten. Sieben rotzkranke Pferde waren kurze 
Zeit vorher angekauft worden, je 2 stammten aus Polen und Galizien. Die Kgl. 
Regierung hatte die thierärztliche Untersuchung sämmtlicher Pferde des Kreises 
Beuthen angeordnet, hierbei wurden 3 rotzkranke Pferde ermittelt. 

Im Reg.-Bez. Magdeburg wurden 10 Rotzfälle beobachtet, unter denselben 
6 bei Pferden eines Gutes im Kreise Kalbe, welches im Quartal October-Decem¬ 
ber v. J. bereits 4 Pferde verloren hatte. Die übrigen Rotzerkrankungen, ebenso 
die 6 im Reg.-Bez. Merseburg, blieben vereinzelt und kamen durchweg in kleinen 
Beständen vor. Zwei Pferde waren kurz vorher angekauft worden. 

Von den 5 im Reg.-Bez. Wiesbaden getödteten bezw. gefallenen Pferden 
bildeten 4 den ganzen Bestand zweier Gehöfte im Ober-Westerwaldkreis, ein rotz- 
krankes Pferd wurde auf der Rossschlächterei in Frankfurt a. M. ermittelt. Ein 
Pferd war kurz vorher angekauft worden. 

In Haberscheid, Kr. Neuwied, Reg.-Bez. Koblenz, erwiesen sich sämmtliche 
5 Pferde eines Fuhrmannes, welcher Eisenerze transportirte, rotzkrank. Demsel¬ 
ben Besitzer waren vom Mai 1880 bis zur Constatirung des Rotzes im Januar 
1881 bereits 8 Pferde gefallen; während dieser Zeit hatte vielfache Berührung 


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Kleinere Mittheilungen. 


479 


zwischen den Pferden dieses Besitzers und über 400 in derselben Weise beschäf¬ 
tigten stattgefunden. Bei Untersuchung der zuletzt genannten Pferde fanden sich 
3 rotzkrank und eine grössere Anzahl mit verdächtigen Erscheinungen behaftet. 
Unter den Pferden der Tramway-Gesellschaft in Elberfeld brach die Rotzkrank¬ 
heit nach längerer Pause von Neuem aus; dieser Bestand verlor 3, der eines 
Fuhrmanns in Elberfeld 6 Pferde. Die übrigen 8 Rotzfälle des Reg.-Bez. Düs¬ 
seldorf vertheilen sich auf 5 Gehöfte mit zusammen 9 Pferden der Kreise Kem¬ 
pen, Lennep, Mettmann und Neuss. Drei Pferde eines Besitzers in Köln sollen 
sich auf Reisen inficirt haben; ausserdem wurde die Rotzkrankheit bei 2 Pferden 
auf der Rossschlächterei ermittelt. Im Reg.-Bez. Trier beschränkte sich die Rotz¬ 
krankheit auf den Kreis Saarbrücken. Durch ein angekauftes Pferd wurde die¬ 
selbe von Neuem ir. den früher stark verseuchten Bestand der Grube Dudweiler 
sgingeschleppt; in der Gerhardgrube kam der erste Fall seit dem Jahre 1875 vor. 
Ein rotzkrankes Pferd gehörte französischen Saarschiffern. Von den 35 rotzkran¬ 
ken Pferden der Rheinprovinz waren 4 kurze Zeit vor Constatirung der Krank¬ 
heit angekauft worden. 

Vierzig im Berichtsquartal rotzkrank befundene Pferde waren erst seit kurzer 
Zeit im Besitz der betreffenden Eigenthümer; zusammen 9 rotzkranke Pferde 
wurden auf Märkten, 11 in Rossschlächtereien, 2 auf offener Strasse ermittelt; 
11 Ausbrüche der Rotzkrankheit sollen durch Infection auf Reisen veranlasst 
worden sein; 3 rotzkranke Pferde stammten aus Mähren, je 2 aus Polen und Ga¬ 
lizien, je 1 aus Dänemark und Frankreich. In 8 Beständen brach die Rotzhrank- 
heit nach längeren Zwischenzeiten in früher verseucht gewesenen Beständen von 
Neuem aus. 


Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge- 
tödteten Pferden entfallen: 

verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde 

auf grössere Güter. 22,40 pCt.- 46,60 pCt. 

auf kleinere Ackerwirthschaften 32,60 * 23,00 * 

auf Fuhrwerksbetrieb. 38,00 * 27,00 „ 

Unbestimmt. 7,00 „ 3,40 * 

Berechnet man dieselben Verhältnisszahlen für die Provinzen Ostpreussen, 
Westpreussen, Brandenburg (excl. Berlin), Pommern, Posen und Schlesien, so 
stellen sich dieselben, wie folgt: 

t verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde 

grössere Güter. 28,10 pCt. 55,40 pCt. 

kleinere Ackerwirthschaften .. 33,65* 23,10* 

Fuhrwerksbetrieb . 30,80 * 18,00 * 

Unbestimmt. 7,45 * 3,50 * 

Bei 30 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden (= 7,25 pCt.) 
wurde das Vorhandensein der Rotzkrankheit durch die Section nicht bestätigt. 
Die 30 Pferde vertheilen sich auf 14 Pferdebestände mit zusammen 268 Pferden, 
von denen im Ganzen 86 getödtet worden sind. 

Ueber Erkrankungen von Menschen in Folge von Rotzinfection ist wäh¬ 
rend des Berichtsquartals nichts bekannt geworden. 


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480 


Kleinere Mittheilungen. 


5. Scbafpocken. Ausbrüche der natürlichen Pocken kamen in 95 Schaf¬ 
beständen vor, welche sich auf 37 Ortschaften der Reg.- bezw. Landdr.-Bez. 
Königsberg, Gumbinnen, Marienwerder, Frankfurt, Stettin, Stralsund, Posen, 
Bromberg, Magdeburg, Merseburg, Erfurt, Hildesheim und Lüneburg vertheilen. 
Ausserdem wurde die Schutzimpfung in 2 Lammerheerden der Insel Rügen vor¬ 
genommen. In Folge der Pockenausbrüche des Berichtsquartals sind 254 Schafe 
gestorben. 

Das statistische Material bestätigt wiederum die Erfahrung, dass die Pocken¬ 
seuche im Quartal Januar-März jeden Jahres, d. h. in der Zeit, während welcher 
Schutzimpfungen der Lämmer nur ausnahmsweise vorgenommen werden, stets 
sehr viel weniger verbreitet, als in den letzten 3 Quartalen des Kalenderjahres 
auftritt. 

Der grösste Theil der Pockenausbrüche wird als Nachzügler der im vorigen 
Quartal vorgekommenen bezeichnet, d. h. derselbe entfällt auf dieselben Orte, in 
denen die Pocken während des Quartals October-December geherrscht hatten oder 
auf die Nachbarschaft solcher Ortschaften. Die Einschleppung erfolgte ausser¬ 
dem öfter durch Schafe neu angezogener Dienstleute oder durch angekaufte Han- 
delsschafo, welche meistens aus Pommern oder Mecklenburg eingeführt worden 
waren. 

Das statistische Material berichtet über einige Pockenausbröche, welche im 
Quartal October-December v. J. vorgekommen, jedoch bis dahin nicht erwähnt 
sind; ferner über das Erlöschen von Pockenausbrüchen früherer Quartale und 
über die durch letztere herbeigeführten Verluste, welche wesentlich grösser 
waren, als die ersten Angaben annehmen Hessen. 

6. Der Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs. Der 
Bläschenausschlag ist bei 41 Pferden und 102 Stück Rindvieh in 47 Ort¬ 
schaften vorgekommen, welche .sich auf 19 Kreise der Reg.-Bez. Frankfurt, 
Köslin, Breslau, Liegnitz, Merseburg, Erfurt, Schleswig, Arnsberg, Kassel, Wies¬ 
baden, Trier, Aachen und Sigmaringen vertheilen. 

Im Kreise Ohlau, Reg.-Bez. Breslau, erkrankten 34 Stuten, welche von 2 
Landbeschälern gedeckt worden waren. Der Ausschlag verbreitete sich bei eini¬ 
gen Stuten bis auf die innere Schenkellläche und machte sich am 2.—8. Tage 
nach dem Begattungsact bemerklich. Auch die Erkrankungen der Pferde in den 
anderen Regierungsbezirken kamen bei Landbeschälern oder von denselben ge¬ 
deckten Stuten vor. 

Fälle von Beschälseuche sind nicht beobachtet worden. 

7. Räude der Pferde und Schafe. Die Zahl der räudekranken Pferde 
betrug 445 (288 mehr als im Quartal October-December), 47 Pferde sind ge¬ 
fallen bezw. auf Veranlassung der Besitzer, 16 Pferde auf polizeiliche Anordnung 
getödtet worden. 

Von den 445 räudekranken Pferden entfallen auf:, 

Ostpreussen. 36,85 pCt. Schlesien.15,25pCt- 

Westpreussen.12,00 » die übrigen Provinzen . . 21.40 » 

Posen.14,50 „ 100,00 pCt. 


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Kleinere Mittheilungen. 


481 


Frei von der Pferderäude blieben die Provinz Westfalen, die Hohenzollernschen 
Lande, die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stralsund, Erfurt, Lüneburg, Stade, Osna¬ 
brück, Aurich, Aachen und Wiesbaden. 

Im Reg.-Bez. Königsberg wurde die Räude bei 142 Pferden constatirt, 
welche sich auf 30 Bestände in 8 Kreisen vertheilen. Sämmtliche 43 Pferde 
eines beim Festungsbau in Königsberg beschäftigten Fuhrunternehmers waren 
räudekrank. Ausserdem wurden sämmtliche oder fast sämmtliche Pferde grösserer 
Bestände räudekrank befunden in je einem Gehöft der Kreise Stulim, Thorn, 
Reg.-Bez. Marienwerder, Jüterbog-Luckenwalde. Reg.-Bez. Potsdam, Fraustadt, 
Schroda, Reg.-Bez. Posen. Neumarkt, Reg.-Bez. Breslau. Auf diese eben ge¬ 
nannten Räudeausbrüche entfallen zusammen 45 Pferde. Im Uebrigen blieben 
die Räudeerkrankungen meist vereinzelt, die Krankheit wurde jedoch nicht selten 
auf andere Pferdebestände desselben Ortes übertragen. 

Zusammen 24 räudekranke Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der 
Krankheit angekauft worden, 7 wurden auf Märkten angetroffen. Die Infection 
soll vielfach — besonders häufig im Reg.-Bez. Breslau — unterwegs auf Reisen 
oder in Gastställen erfolgt sein. 

Die Verbreitung der Schafräude hat sich — soweit das dürftige Material 
eine Folgerung gestattet — wenig geändert. 

Die Räude herrscht noch immer stark unter den Schafen der Provinzen 
Hannover, Schleswig-Holstein, Westfalen und Hessen-Nassau. Die Tabellen der 
Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Kassel, Wiesbaden. Stade, Aurich erwähnen die Räude 
gar nicht, die der übrigen Bezirke, mit Ausnahme von Schleswig, berichten theils 
nur über wenige Neuausbrüche oder beschränken sich auf ganz allgemeine An¬ 
gaben über das weit verbreitete Herrschen oder über den unveränderten Stand 
der Krankheit. Wir erfahren dabei namentlich folgende Thatsachen: Im Landdr.- 
Bez. Hildesheim sind 3 Neuausbrüche constatirt worden, in den früher verseuch¬ 
ten Ortschaften hat sich an dem Stande der Räude nichts geändert; die letztere 
Mittheilung wird aus dem Landdr.-Bez. Osnabrück seit Jahren in jedem Quartal 
wörtlich wiederholt. Aus dem Landdr.-Bez. Lüneburg wird über den Ausbruch 
der Räude in einer Gemeindeheerde des Kreises Dannenberg berichtet. Im Kreise 
Höxter, Reg.-Bez. Minden, sind die meisten Schafheerden, im Kreise Soest, Reg.- 
Bez. Arnsberg, etwa 23000 Schafe räudekrank. 

Am Schlüsse des Berichtsquartals blieben zusammen 19 Schafbestände der 
Kreise Eckernforde, Norderdithmarschen, Oldenburg, Plön, Segeberg, Steinburg 
und Stormarn, Reg.-Bez. Schleswig, übrig, in denen die Räude noch nicht ge¬ 
tilgt worden war. Die Neuausbrüche während des Berichtsquartals waren mei¬ 
stens bei kurz vorher angekauften Schafen vorgekommen, von denen ein grosser 
Theil aus der Provinz Hannover stammte. 

Ausserdem erwähnen die Tabellen das Vorkommen der Räude in je 1 grösse¬ 
ren Heerde der Kreise Friedland, Reg.-Bez. Königsberg, Ober-Barnim, Reg.-Bez. 
Potsdam, Kroeben, Schrimm, Reg.-Bez. Posen, Prüm, Reg-Bez. Trier, und in 
einzelnen kleinen Schafbeständen der Kreise Mohrungen, Neidenburg, Reg.-Bez. 
Königsberg, Schlochau, Reg.-Bez. Marienwerder, Arnswalde, Reg.-Bez. Frankfurt, 
Greifenberg, Greifenhagen, Reg.-Bez. Stettin, Kolberg-Körlin, Reg.-Bez. Köslin, 


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482 Kleinere Mittheilungen. 

Jerichow I, Neuhaldensleben, Reg.-Bez. Magdeburg, Merseburg und Saalkreis, 
Reg.-Bez. Morseburg. 

Die Einschleppung der Schafräude erfolgte in den meisten Fällen nacbge- 
wiesenermassen durch Handelsschafe, welche in je einem Falle aus Anhalt und 
aus dem Königreich Sachsen eingeführt waren. 

Die Neigung zur schleunigen Tilgung der Räudeausbrüche in kleinen Be¬ 
ständen durch Abschlachtung aller Schafe scheint nach den Berichten überall in 
der Zunahme begriffen zu sein. 

8. Tollwuth. In 257 Ortschaften, welche sich auf 125 Kreise verthei¬ 
len, erkrankten an der Tollwuth 170 Hunde, 6 Pferde, 37 Stück Rindvieh, 
1 Schaf und 7 Schweine, und wurden ausserdem 81 herrenlose wuthkranke Hunde 
und nach § 111 der Instruction 440 Hunde getödtet. Diejenigen Fälle, hei 
denen nicht Tollwuth, sondern nur „Wuthverdacht“ constatirt wurde, sind bei 
der obigen Zusammenstellung nicht berücksichtigt worden. 

Die zahlreichsten Wutherkrankungen bei Hunden entfallen auf die Reg.-Bez. 
Königsberg (24), Gumbinnen (22), Marienwerder (13), Posen (16) und Minden 
(15). In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Danzig, Berlin, Stettin, Köslin, Erfurt, 
Liegnitz, Oppeln, Schleswig, Lüneburg, Münster, Kassel und Köln wurde die 
Tollwuth nur bei 1, 2 oder 3 Hunden constatirt. Ganz frei von der Krankheit 
blieben die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stralsund, Magdeburg, Aurich, Wiesbaden, 
Koblenz, Trier, Aachen und Sigmaringen. 

Die Berichte erwähnen auch in diesem Quartal, dass zahlreiche Fälle von 
Wuth und Wuthverdacht den beamteten Thierärzten nur aus den Veröffent¬ 
lichungen der Kreisblätter bekannt geworden sind, und dass die Bestimmungen 
des § 111 der Instruction sehr schwer durchzuführen sind, weil die Besitzer in 
jeder Weise versuchen, die Tödtung solcher Hunde zu verhindern, welche von 
tollen oder tollverdächtigen gebissen worden oder mit den letzteren in nähere 
Berührung gekommen sind. 

Ein Theil der in Schlesien getödteten herrenlosen wuthverdächtigen Hunde 
ist aus benachbarten österreichischen Landestheilen übergelaufen. 

Von den 37 an Tollwuth erkrankten Stück Rindvieh entfallen 17 auf den 
Reg.-Bez. Potsdam, darunter 16 auf einen Bestand von 26 Stück Rindvieh in 
Wochowsee, Kr. Beeskow-Storkow. Die Incubation betrug bei diesen 16 Stück 
zwischen 22 und 144 Tage. 

Von sicher beobachteten Incubationszeiten erwähnen die Berichte bei: 
Hunden je einmal 21. 24 Tage, 

Pferden je einmal 12. 15. 184 Tage, 

Rindvieh je einmal 16. 19. 20. 22. 25. 26. 30. 35 36. 38. 39. 
44. 47. 48. 53. 62. 88. 97. 102. 137. 143. 144. 162, zwei¬ 
mal 32, dreimal 21 Tage, 

Schweinen einmal 25 Tage. 

Ein Stück Rindvieh und ein Pferd erkrankten im Berichtsquartal nach 
einer Incubation von 143 bezw. 184 Tagen, nachdem während des Quartals 
October-December v. J. bereits 3 Stück Rindvieh desselben Bestandes nach 
einer Incubation von 30, 37 bezw. 48 Tagen erkrankt waren. 


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Kleinere Mittheilungen. 


483 


Die Tabellen berichten über die Wasserscheu bei zwei Menschen, näm¬ 
lich bei: 

1) einem Gärtner in Lehnarten, Kr. Oletzko, Reg.-Bez. Gumbinnen, der¬ 
selbe war am 17. December 1880 von einem tollen Hunde gebissen 
worden und starb am 24. Januar 1881; 

2) einer Frau in Kattowitz, Reg.-Bez. Oppeln, dieselbe war am 4. Januar 

1881 gebissen worden und starb am 6. April 1881. Müller. 


Stomatitis pustulosa contagiosa. Von Moebius, Bezirksthierarzt in Frei¬ 
berg in Sachsen. 

Ein Pferdehändler in Freiberg veranlasste mich am 13. Mai d. J., einen 
braunen 4jährigen Wallach, der Geschwüre an den Lippen trug, wegen Rotz zu 
untersuchen. Das Pferd war nebst sechs anderen am 26. April d. J. von einem 
Händler in Mähren gekauft worden und hatte bis zum obigen Tage keine krank¬ 
haften Zustände gezeigt. 

Ich fand an den Rändern der Ober- und Unterlippe des Wallachs viele 
linsengrosse, auch einzelne grössere rundliche Geschwürchen, mit concavem 
weissen oder gelben Grunde, ferner viele bis erbsengrosse, harte Knötchen, die 
als Vorläufer der Geschwürchen zu betrachten waren. Die Knötchen hatten das 
Ansehen von Kuhpocken, und vereinzelt sitzende Geschwürchen glichen einer 
frischen Pockennarbe. Knötchen fanden sich weiter an den Backen, auf der 
Nase und an der rechten Halsseite in der Richtung gegen das Schultergelenk 
vor. Bräunliche Borken hingen halb gelöst an den Lippen und bedeckten in der 
Regel zusammengeflossene Geschwürchen. Lymphgefässanschwellungen in der 
Nähe der letzteren wurden nicht bemerkt. Aus dem Maule floss viel zäher Schleim. 
Beide Kehlgangsdrüsen waren geschwollen und hart, aber nicht adhärent. Als 
ich die Maulhöhle des Thieres untersuchen wollte, ward es unduldsam, schlug 
mit den Beinen nach vorwärts oder drängte beständig nach rückwärts. Nach 
Auflegung einer Bremse ging die Untersuchung leicht von statten. An den Lip¬ 
penwinkeln, auf der Lade, unter und auf der Zunge bis zu ihrem Grunde, am 
Zahnfleisch und an der Lippenschleimhaut, namentlich auf den Ausführungsgängen 
der Dräschen, sassen viele kleine Geschwürchen, die sich auf der Lade, den 
Maulwinkeln und den Ausführungsgängen der Glandula sublingualis zu höcke¬ 
rigen, blutschwammähnlichen Massen (Träubchenhaufen nach Eggeling und 
Ellenberger) ausgebildet hatten. Diese Geschwürchen waren sonst den auf 
der äusseren Haut gleich, manche rund, manche oval, noch andere zusammen¬ 
geflossen. Schleimhautepithel Verluste bemerkte man an mehreren Stellen. An 
der Nase war die Schleimhaut höher geröthet, aber Geschwürchen zeigte sie nicht. 
Ein gelber, wässeriger Ausfluss wurde wahrgenommen. Die Conjunctiva der 
Augen erschien sehr geröthet. Die Zahl der Pulse betrug 44, die der Athem- 
züge 15 pro Minute; die innere Körpertemperatur betrug 38 °C. Im Uebrigen 
zeigte das Pferd Appetit, konnte aber der Lippenschwellung wegen nicht ordent- 
lieh fressen. 


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484 


Kleinere Mittheilangen. 


Die übrigen 6 Pferde des Händlers, im Alter von 4 und 5 Jahren, ere Me¬ 
nen zur Zeit gesund. 

Das Pferd wurde separirt und durch Kleietränke ernährt. Auf die gesc >1- 
lenen Kehlgangsdrüsen rieb ich 30 Grm. Ungt. Cantharid. ein. 

Am 14. ur.d 15. Mai war derAlaulzustand derselbe; die linke submaxmare 
Lymphdrüse war aufgebrochen. 

Am 16. und 17. Mai sah man wesentliche Fortschritte in der Heilung der 
Geschwürchen (Abflachung. Bildung von Granulationen); die rechte Drüse war 
kleiner geworden. 

Am 17. Mai erkrankte ein zweites Pferd, 4jähriger Wallach, der rechts 
neben dem ersterkrankten gestanden hatte. Die Erscheinungen waren: Pusteln 
und Geschwürchen im Maule, Speicheln, harte Drüsenschwellung, hochrothe Con- 
junctiva, gelber, dünner Nasenausfluss. Die Zahl der Pulse betrug 45, die der 
Athemzüge 15 pro Minute; die innere Körpertemperatur 38° C. — Man hatte 
das Pferd an diesem Tage gefahren und Schwäche in den Vorderfesseln (Ueber- 
köthen) bemerkt. 

Ich impfte dieses Pferd zweimal mit seinem Speichel an der rechten Hals- - 
Seite und mit Lymphe aus den Maulgeschwüren des ersterkrankten an der linken 
Halsseite. Die Drüsen wurden nicht eingerieben. 

Ein drittes Pferd, 4jähriger Wallach, welcher links neben dem ersterkrank- 
teh gestanden hatte, impfte ich mit Speichel der beiden kranken Pferde, und 
zwar durch Bestreichen der Maulschleimbaut. 

An demselben Abend, es war etwa zwei Stunden nach der Untersuchung, 
bekam ich ein heftiges Jucken an der Kückenfläche der rechten Hand. Gleich¬ 
zeitig röthete sich die Haut. Beide Erscheinungen verschwanden nach Anwen¬ 
dung eines Seifenbades. 

Am 18. Mai war die Heilung des zuerst erkrankten Pferdes weiter fortge¬ 
schritten. Das zweiterkrankte Pferd zeigte an der rechten Halsseite keine Ver¬ 
änderungen an der Impfstelle. Auf der linken Seite hingegen, wo es mit Lymphe 
aus den Geschwürchen des ersterkrankten Pferdes geimpft war, erschien die 
Impfstelle sehr geschwollen, und es hatten sich um diese eine Anzahl Knötchen 
gebildet. Im Uebrigen erschien die Maulschleimhaut wie besät mit Geschwürchen. 
An der Unterlippe war eine markstiickgrosso Erosion bemerkbar, die wahrschein¬ 
lich durch Scheuern entstanden war. Die Drüsen im Kehlgange waren etwas 
angeschwollen. Das Thier speichelte stark; der Appetit desselben war ziemlich gut. 

Das dritte Pferd, welches mit Speichel der beiden ersterkrankten geimpft 
worden war, zeigte heute die Initialstadien des Processes. Auch bei diesem Pferde 
fand ich die Drüsen des Kehlganges geschwollen und die Conjunctiva sehr ge- 
röthet. Die Zahl der Pulse betrug 50, und es athmete 20 Mal pro Minute. 

Am 19. Mai zeigte das ersterkrankte Pferd bedeutende Fortschritte in der 
Heilung. Am zweiterkrankten waren die Geschwüre von der Beschaffenheit wie 
Tags zuvor. Das dritterkrankte Pferd verrieth grosse Empfindlichkeit im Maule. 

Vom dritterkrankten Pferde wurde mit Speichel und Lymphe ein Kaninchen 
geimpft, und zwar mit dem Speichel zweimal am Ohre und mit der Lymphe an 
der inneren Fläche des linken Oberschenkels; ausserdem ward Speichel in das 
Maul eingeführt. 


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Kleinere Mittheilnngen. 


485 


Am 20. Mai fingen die Geschwüre des zuletzt erkrankten Pferdes an za 
heilen. Das Kaninchen blieb gesund. 

Darauf erfolgte bei allen drei Patienten Heilung, und bereits am 25. Mai 
sah man bei den zuletzt erkrankten Pferden keine krankhaften Zustände mehr. 

Der Verlauf der Krankheit währte beim ersterkrankten Pferde 13, beim 
zweiterkrankten 9, beim dritterkrankten 8 Tage. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung fanden sich in den Inhaltsmassen 
der Geschwüre weisse Blutkörperchen und Mikrococcen vor. 

Die Krankheit hat Aebnlichkeit mit dem gutartigen Beschälausschlage! Ob 
die Krankheit genuin entstehen kann, dürfte vorläufig nicht mit Sicherheit zu ent¬ 
scheiden sein; nach meiner Meinung ist aber die autochthone Entstehung sehr 
wahrscheinlich. Das jugendliche Alter und katarrhalische Affectionen der Luftwege 
scheinen den Ausbruch der Krankheit, d. h. die Uebertragung zu begünstigen. 


Ein kleiner Beitrag xnr Schlnndkopflähmnng des Pferdes. Von Thierarzt 

Bongartz in Bonn. 

Meines Wissens ist die Lähmung des Schlundkopfes in der thierärztlichen 
Praxis eine seltene Krankheit. Spinola erwähnt dieselbe vorübergehend bei 
der Beschreibung der katarrhalischen Bräune; in den meisten thierärztlichen 
Lehrbüchern findet man nicht viel über diese wichtige Krankheit. Mir ist die¬ 
selbe in einem ziemlich ausgedehnten Wirkungskreise nie begegnet. Um so auf¬ 
fallender musste es daher sein, als sich in einem Monat 3 Fälle zur Beobachtung 
darboten, die in ihrem verschiedenen Verlauf und Ausgang auch in weiteren 
Kreisen einiges Interesse erregen können. Deshalb möchte ich mir gestatten, 
dieselben hier etwas näher zu beschreiben. 

I. Fall. Zu Ende des Monats Februar d. J. behandelte ich ein 8jähriges 
Wagenpferd ungarischer Race an katarrhalischer Bräune. Von Anfang an traten 
Schlingbeschwerden mehr in den Vordergrund als Störungen in der Respiration. 
Anschwellung in der Kehlkopfsgegend war gering. Schleimausfluss, vermischt mit 
Futterstoffen, ziemlich stark; auch lief beim Saufen aus den Nasenlöchern das 
aufgenommene Getränk in fingerdicken Strömen in den vorgehaltenen Eimer zu¬ 
rück. Fieber war gering, Husten rauh und s hmerzhaft. 

Die Behandlung bestand in der Anwendung von Dampfbädern, Einreibung 
von Linimentum volatile und später von Unguentum Gantharid. und Verabrei¬ 
chung von Drusenpulver. 

Nach Verlauf von acht Tagen liess der Husten und die Schleimabsonderung 
nach, die Schlingbeschwerden dagegen nahmen allmählich derartig zu, dass das 
Pferd zum Fressen einer halben Metze Kleie eine halbe Stunde gebrauchte, wobei 
dann das Gekaute, eine breiige, schaumige Flüssigkeit darstellend, continuirlich 
aus beiden Nasenlöchern abfloss. Wasser wurde begierig aufgenommen, floss 
aber ebenso lebhait durch die Nase wieder zurück. Dieser Zustand, in welchem 
das früher gut genährte Thier bis zum Gerippe abmagerte, dauerte bis Ende März, 
wo eine hinzugetretene Lungenentzündung dem Siechthum ein Ende machte. 


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Kleinere Mittheilungen. 


Bei der Section fand sich im Schlund- und Kehlkopfe keine krankhafte Ver¬ 
änderung, welche die Functionsstörungen während der Krankheit hätte erklären 
können; die Schleimhaut war glatt, ohne Röthung und Schwellung, wie bei 
einem gesunden Pferde. In der Lunge wurden in beiden unteren Hälften kleine 
und grössere brandige Herde und Blutaustretungen von Stecknadelkopf- bis Lin¬ 
sengrösse gefunden; auch waren die unteren Partien des beschriebenen Lungen¬ 
abschnittes hepatisirt, jedoch enthielten auch diese Theile kleine brandige Herde, 
die mit brauner, jauchiger Flüssigkeit angefüllt waren. 

Offenbar hatte sich durch Verschlucken eine sogenannte „Fremdkörper¬ 
lungenentzündung 4 * ausgebildet und den Tod des Thieres veranlasst. 

n. Fall. Derselbe betraf einen kräftigen 5jährigen Hengst hiesiger Race; 
er erkrankte zu Anfang März an katarrhalischer Bräune und blieben auch bei 
diesem die Erscheinungen der Schlundkopflähmung zurück. Nach Verlauf von 
ca. 14 Tagen waren die Zeichen der beschriebenen Lähmung ausschliesslich vor¬ 
handen, während das Thier sich im Uebrigen munter und lebhaft zeigte. Husten 
trat immer während der Futteraufnahme ein, und dabei eines Tages so stark, 
dass das Pferd in Folge dessen an einem heftigen Blutsturz, an Lungenblutung, 
zu Grunde ging. Die Quantität Blut, welche bei diesem Anlass entleert wurde, 
betrug mindestens einen grossen Stalleimer voll. 

Die Obduction konnte keine materielle Veränderung in der Schleimhaut des 
Schlundkopfes nachweisen, auch die Umgebung schien gesund zu sein. In der 
Lunge fanden sich die Erscheinungen der Verblutung. 

III. Fall. Zu derselben Zeit erkrankte ein Wagenpferd, englische Voll¬ 
blutstute, 9jährig, an katarrhalischer Bräune. Die auch hier zurückgebliebenen 
Schlingbeschwerden zeigten sich hochgradig genug, um in weiteren vier Wochen 
eine erhebliche Abmagerung einzuleiten, welche das Leben des Thieres in Frage 
zu stellen drohte. Nunmehr consultirte ich wegen dieser Angelegenheit einen 
Professor an der hiesigen Hochschule, welcher die Freundlichkeit hatte mir mit- 
zutheilen, dass beim Menschen Lähmung des Schlundkopfes eine häufige Folge¬ 
krankheit der Diphtheritis sei. Zur Heilung derselben genüge in der Regel Be¬ 
wegung in der frischen Luft, kräftige Diät, und in hartnäckigen Fällen die An¬ 
wendung des galvanischen Stromes. 

Da ich von diesen Mitteln für meine Zwecke nicht viel hoffen konnte, weil 
die beiden letzteren nicht gut anwendbar waren, Bewegung in der frischen Luft 
bei dem herrschenden Nordostwinde nicht statthaft erschien, versuchte ich das 
Strychninum nitricum, und zwar subcutan in der Schlundkopfgegend, in Dosen 
von 5—10 Cgrm., wöchentlich zwei- bis dreimal. Dabei Hessen sich nach Appli¬ 
cation der kleineren Dosis, 5—8 Minuten nach der Injection, unwillkürliche 
heftige Kau- und Schlingbewegungen, Aufheben der Vorderfüsse, Zuckungen in 
verschiedenen Muskelgruppen und grosse Schreckhaftigkeit bei Geräuschen, beim 
Zurufen etc. constatiren. welche Erscheinungen sich in einer halben bis ganzen 
Stunde wieder verloren. Nach Injection von0,10Strychn. nitr. traten heftige, teta¬ 
nusähnliche Krämpfe, schwankende Bewegungen des Körpers, unwillkürliches Er¬ 
heben des Vordertheils wie beim Springen, Muskelzittern, tiefe, weit hörbare Re¬ 
spiration mit Aufreissen der Nasenlöcher und starkem Flankenziehen ein, und 
dauerte es mehr als 1 l / 2 Stunde, ehe der Zustand des Pferdes wieder als normal 


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Kleinere Mittheilungen. 


487 


bezeichnet werden konnte. Die Wirkung eines Decigrm. Strychn. nitr. schien dem¬ 
nach einer Vergiftung sehr ähnlich zu sein, weshalb für die Zukunft nicht mehr 
wie 5—6 Cgrm. verwendet wurden. Nach Verlauf von drei Wochen trat eine 
merkbare Besserung ein; Patient konnte feste Futterstoffe, Hafer, Kleie und 
Heu wieder schlucken, ohne dass ein Theil derselben durch die Nase abfloss. 
Einige Wochen später floss auch beim Saufen kein Wasser, sondern nur eine 
kleine Quantität grünlichen Schleimes in den Wassereimer zurück. Jedoch auch 
dieses verlor sich allmählich, der Appetit wurde lebhafter, und das stark abge¬ 
magerte Pferd erholte sich verhältnissmässig schnell, so dass es heute, nach Ver¬ 
lauf von ca. 8 Wochen, als geheilt betrachtet werden kann. 

Beweist ein einzelner Fall auch nicht viel, so dürfte der günstige Erfolg 
doch zu weiteren Versuchen in der gedachten Richtung Veranlassung geben. 
Vielleicht finden sich auch berufenere Kräfte, die durch eingehende histologische 
Untersuchungen der ursprünglich erkrankten und der secundär gelähmten Theile 
eine festere Basis für die Therapie zu schaffen suchen. 


Natrium jodicnm, ein fieberwidriges Mittel, bei der Influenza der 
Pferde versucht. Von Krüger, Oberrossarzt in Brandenburg a. H. 

Je mehr man die Bedeutung der Fiebertemperatur kennen lernte und 
namentlich die mit einer länger andauernden Temperatursteigerung für den 
Körper verbundene Gefahr der Herz- und Gehirnparalyse erkannte, um so mehr 
musste sich auch der Praktiker nach einem wirksamen Antipyreticum umsehen. 
Die früher als solche empfohlenen Substanzen, wie der Salpeter, büssten ihren 
Ruf bald ein, als man das Thermometer zur Controle ihrer Wirkung benutzte; 
die Anwendung der neuerdings in der Menschonheilkunde als wirksam erkannten 
Fiebermittel, wie namentlich Chinin und Salicylsäure, ist in der Thierheil¬ 
kunde, wenigstens bei grösseren Thieren, oftmals des hohen Preises wegen be¬ 
schränkt. So fehlt es dem praktischen Thierarzt auch heute noch an einem 
brauchbaren Antipyreticum. In dem letzten Bande des Archivs für experimen¬ 
telle Pathologie und Pharmakologie hat Binz auf Grund seiner an Kaninchen 
angestellten Versuche das jodsaure Natrium als Fiebermittel empfohlen. Diese 
Substanz erschien mir um so mehr willkommen, als sie sich subcutan appliciren 
lässt und den bekannten Fiebermitteln im Preise bedeutend nachsteht. Ich be¬ 
nutzte daher die im letzten Winter in dem hiesigen Kürassier-Regiment in grosser 
Verbreitung aufgetretene Influenza, um das neueMittel zu prüfen. Dasselbe wurde 
in subcutaner Injection an verschiedenen Körperstellen zur Anwendung gebracht. 

An folgenden Pferden sind Versuche angestellt worden: 

1. Ein voijähriges Remontepferd, sehr gut genährt, erkrankte am 8. Fe¬ 
bruar 1881. Das Pferd hatte des Morgens sein Futter noch gut verzehrt und 
wurde 3 / 4 Stunden in der Abtheilung geritten. Gegen Mittag stand es mit ge¬ 
senktem Kopf und schläfrigem Blick an der Krippe und rührte das ihm vorge¬ 
legte Futter nicht an. Der Puls war wenig frequent, 50 Schläge in der Minute, 
Athemzüge normal. Die im Mastdarm gemessene innere Temperatur betrug 


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Kleinere Mittheilungen. 


40,8 °. Die Ueberführung des Thieres in einen Stall mit reiner frischer Luft 
wurde sofort vorgenommen. Bei dem Transport zeigte das Pferd eine so bedeu¬ 
tende Schwäche im Hintertheil, dass es umzufallen drohte. Futter nahm es auch 
in diesem Stalle nicht an, doch genoss es frisches Wasser sehr gern und oft. 

Am anderen Morgen, den 9. Februar, stand die Temperatur auf 41,5°. 
Die Pulszahl betrug 65 in der Minute. Es wurd< hierauf Natrium salicylicum 
(25,00) mit dem Getränt verabreicht, doch blieb die Temperatur den Tag über 
auf genannter Höhe stehen. Um 4 Uhr des Nachmittags wurde eine einmalige 
Injection von Natrium jodicum, 0,50 in 10,0 Aq. destillata gelöst, am Habicht¬ 
schnabelfortsatz des Brustbeins und am Halse gemacht. Eine halbe Stunde nach 
der Einspritzung wurde der Blick lebhafter, der Puls voller und weicher und um 
einige Schläge vermehrt. Die Temperatur hatte sich nicht geändert. Um 10 Uhr 
Abends war die Temperatur auf 40,9° gefallen. Patient nahm einige Mohrrüben 
an und befand sich im Allgemeinen munterer. Am nächsten Tage früh 8 Uhr 
stand die Temperatur auf 40,0°, und Mittags 12V 2 Uhr auf 39,7°. Appetit 
viel reger als am vorigen Tage. Wasser wurde gern und viel aufgenommen. 
Unter allmählichem Sinken zeigte die Temperatur am 15. Febr., also nach 7 tägi¬ 
ger Krankheitsdauer, ihre normale Höhe von 37,7°. Die Pulszahl fiel mit der 
Temperatur gleichmassig. Am 20. Febr. wurde Patient als geheilt entlassen. 

2. Ein junges Remontepferd, sehr kräftig gebaut, gut genährt, sangui¬ 
nischer Constitution, erkrankte am 12. Febr. Morgens 8 Uhr unter den ausge¬ 
sprochensten Erscheinungen der Influenza. Die Temperatur stand auf 40,5°. 
Von den Futterarten wurden nur etwas Heu, wenig Mohrrüben und Weizenkleie 
aufgenommen. Wasser wurde vom Patienten häufig genossen. 

Nach der Evacuation wurde sofort eine Injection von Natrium jodicum, 
0,75 in 12,0 Aq. dest. gelöst, gemacht. Unmittelbar nach der Injection trat 
bei dem etwas sensiblen Pferde eine leichte Aufregung ein, welche es durch 
Schütteln mit dem Kopfe und Stampfen der Füsse zu erkennen gab. Nach 10 
Minuten waren diese Erscheinungen verschwunden. Eine halbe Stunde nach der 
Einspritzung war die Temperatur auf 40,0 0 gefallen. Um 11 V 2 Uhr Mittags 
zeigte das Thermometer dieselbe Wärme, doch ging letztere im Laufe des Nach¬ 
mittags auf 39,0 0 herab und behielt diesen Stand auch in den Abend- und 
Nachtstunden bei, denn die Messung am anderen Morgen ergab keine Abwei¬ 
chung in der Temperatur. Die Einspritzung von 0.75 Natr. jod. wurde wieder¬ 
holt, und nach dieser sank die Temperatur bis Abends 8 Uhr auf 38,5°. Im 
Laufe des Tages kehrte ein ziemlich reger Appetit wieder, die Munterkeit hob sich 
sehr, sodass, da auch am nächsten Tage ein bedeutender Fortschritt in der Ge¬ 
nesung eintrat, von ferneren Injectionen Abstand genommen wurde. 

Am 16. Febr. stand die Temperatur auf ihrer normalen Höhe und wurde 
Patient, da auch andere Krankheitserscheinungen nicht mehr Vorlagen, als ge¬ 
heilt entlassen. 

Der Puls stieg bei diesem Pferde in den ersten Tagen der Krankheit bis 
auf 68 — 70 und fiel, unter voller werdender Arterie, mit Abnahme der Tem¬ 
peratur nach einigen Tagen auf 40 herab. 

3. Am 16. Febr. erkrankte abermals in den Abendstunden ein gut ge¬ 
nährtes, doch leicht gebautes, junges Remontepferd. Die gleich nach der Erkran- 


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Kleinere Mittheilungen. 489 

kung vorgenommene Temperaturmessung ergab eine Warmesteigerung auf 41,0°; 
Pulszahl 60 in der Minute. 

Evacuation und Injection von 0,75 Natrium jodicum in 12,0 Aq. destill. 
und 20,0 Natr. salicyl. mit dem Getränk. Letzteres Arzneimittel wurde in einem 
Eimer frischen Wassers gelöst und zur Hälfte vom Patienten aufgenommen. Nach 
einem Zeitraum von 1 */ 2 Stunde war die Temperatur %uf 40,0° gefallen; in den 
anderen Krankheitserscheinungen konnte keine Veränderung constatirt werden, 
nur war die Kinnbackenarterie beim Zählen des Pulses scheinbar gespannter und 
weicher. 

Die von Anfang der Erkrankung stark unterdrückte Fresslust hatte sich bis 
zum anderen Morgen nicht geändert, obgleich die-Temperatur wiederum bei der 
Messung um 8 Uhr früh um [ 2 0 gesunken war. 

Im Laufe des Vormittags wurde eine abermalige Injection von 0,50 Natr. 
jodic. applicirt, doch von Natr. salicylic. Abstand genommen, da sich gastrische 
Störungen eingestellt hatten. 

Unter täglichen subcutanen Einspritzungen von 0,50 Natr. jodic. wurde die 
Temperatur nach 7 Tagen auf 37,7 0 herabgesetzt. Die gastrischen Störungen 
verlangsamten die vollständige Genesung des Pferdes sehr, so dass es erst nach 
18tägiger Krankheitsdauer derEscadron als gesund zurückgegeben werden konnte. 

4. Ein 7 Jahre altes Pferd von schwächlichem Bau hatte bei der ersten 
Untersuchung am 17. Febr. des Nachmittags 3 Uhr 41,2° innere Körpertempe¬ 
ratur und 65 schwache, kleine Pulse in der Minute, wurde jedoch, als zur In¬ 
jection von Natr. jodic. geschritten werden sollte, von epileptischen Krämpfen 
befallen, weshalb von dem Gebrauch dieses Heilmittels vorläufig Abstand genom¬ 
men wurde. Die Krampfanfälle repetirten bis zum anderen Morgen dreimal und 
im Laufe des 18. Febr. zweimal. 

Da die letzten Anfälle nur leicht auftraten, wurde versuchsweise 0,20 Natr. 
jodic. injicirt und dieses Mittel ohne Beschwerden hervorzurufen ertragen. 

Bei der geringen Dosis von 0.20 konnte bis zum nächsten Tage keine Tem¬ 
peraturherabsetzung erzielt werden; es wurde daher zu der früheren Gabe von 
0,50 mit Steigerung bis 0,75 geschritten, doch nicht über eine einmalige täg¬ 
liche Injection hinausgegangen. Die Temperatur fiel nun von Tag zu Tag, theils 
V 2 °, theils 3 / i °, so dass nach 9 tägiger Krankheitsdauer der normale Tempera¬ 
turstand erzielt war. 

Mit dem Sinken der Temperatur ging, wie bei allen Patienten, die Vermin¬ 
derung der Pulse Hand in Hand; hatte die innere Körperwärme den normalen 
Stand wieder erreicht, so war auch jede Aufregung im Gefässsystem vorüber. 

Ende Februar trat ein Erlöschen der Seuche ein; die wenigen von jetzt ab 
noch zur Beobachtung kommenden Fälle verliefen so leicht, dass sie sich nicht 
zu ferneren Versuchsobjecten eigneten. 

Obgleich das Natrium jodicum durch diese wenigen Versuche nicht als ab¬ 
solut sicheres temperaturherabsetzendes Mittel betrachtet werden kann, da wir 
wissen, dass gerade bei der Influenza oftmals Schwankungen Vorkommen und 
ein Theil der Temperaturabfälle möglicherweise Zufälligkeiten zugeschrieben 
werden kann, so verdient dieses Mittel doch beachtet und zu weiteren Versuchen 

Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilk. VII, 6 . 32 


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490 


Kleinere Mittheilungen. 


verwendet zu werden. Die Aufmerksamkeit der Collegen auf dasselbe zu lenken, 
war die Veranlassung zu dieser kurzen Mittheilung. 


Übertragung der Wnthkrankheit durch Injection von Speichel in die 

Blutbahn. Von Prof. Möller. 

Zu den räthselhaftesten Eigenthümlichkeiten derWuthkrankheit gehörtauch 
das Schwankeu der Incubationszeit von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. 
So unbekannt das Wesen der Krankheit und deren Ursache uns bisher geblieben 
ist, so unerforscht sind auch die Schicksale des Contagiums während der Incu¬ 
bationszeit des Leidens. Zwar liegt der Gedanke nahe, dass das Contagium an 
der Impf- bezw. Bissstelle zunächst eine Vermehrung erfährt, um endlich in einer 
Menge in die Blutbahn zu gelangen, welche die Krankheit zu erzeugen im Stande 
ist; man könnte sich auch vorstellen, dass die Resorption unter dem begünstigen¬ 
den Einflüsse bestimmter Vorgänge schneller oder selbst plötzlich erfolge, wofür 
auch wohl thatsächliche Beobachtungen sprechen könnten; allein diese wie alle 
anderen über jene räthselhafte Erscheinung ausgesprochenen Ansichten sind aus¬ 
schliesslich aus speculativen Erwägungen hervorgegangen, die das Räthsel zu 
lösen bezwecken, aber kaum mehr als reine Hypothesen gelten können. Bei dieser 
Sachlage verdienen alle Beobachtungen veröffentlicht zu werden, welche geeignet 
sind zur Aufklärung dieser in wissenschaftlicher wie auch praktischer Hinsicht 
wichtigen Frage einen Beitrag zu liefern. 

Zu diesem Zwecke wurde von mir ein Versuch angestellt, welcher meines 
Wissens bisher noch nicht gemacht bezw. bekannt geworden ist, nämlich die 
Injection von Speichel eines wuthkranken Hundes in die Blutbahn eines anderen 
Hundes. Am 22. November 1880 wurde einem mittelgrossen Pintscher der zur 
Verdünnung mit Blut gemischte Speichel eines an der Tollwuth leidenden Hundes 
mittelst der Pravaz’schen Spritze in die Jugularis gebracht. Der wuthk ranke 
Hund wurde durch Erschiessen getödtet und sofort der im Maule desselben be¬ 
findliche zähe Speichel mit etwas Blut von demselben Hunde verdünnt, und, nach¬ 
dem zur Erleichterung der Application ein Hautschnitt gemacht worden war, die 
Canüle in die Vene eingestossen und die Spritze entleert. Da die Canüle erst 
nach der Aufnahme des Impfstoffes in die Spritze aufgesteckt wurde, war eine 
locale Infection unmöglich gemacht und musste der Speichel nothwendig direct 
in die Blutbahn gelangen. 

Die Hautwunde heilte regelmässig, auch traten an dem Blutgefäss keine 
nachweisbaren Veränderungen ein. Bei den nunmehr täglich angestellten Beob¬ 
achtungen des Hundes wurden in dem Gesundheitszustände desselben bis zum 
16. December 1880 keinerlei Störungen wahrgenommen. Während noch am 
15. December in dem Benehmen des Hundes nichts Abnormes erkannt werden 
konnte, waren am 16. December die unzweideutigsten Erscheinungen der 
Wuthkrankheit vorhanden, welchem Leiden der Hund am 20. December erlag. 
Die Section konnte die Diagnose nur bestätigen. 

Dieses Resultat spricht nicht für die Annahme, dass das Wuthgift an der 


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Kleinere Mittheilungen. 


491 


Impfstelle zunächst regenerirt werde, kann diese Annahme aber auch nicht wider¬ 
legen. IJeberbaupt dürfte es gewagt erscheinen, an diesen Versuch bestimmte 
Folgerungen zu knüpfen. Da aber derartige Versuche anzustellen begreiflicher¬ 
weise mit vielen Schwierigkeiten und Bedenken verbunden ist und in neuerer 
Zeit von verschiedenen Seiten wissenschaftliche Untersuchungen zur Aufklärung 
des Wesens dieser Krankheit ausgeführt worden sind, so schien mir dieses Ver¬ 
suchsresultat auch ohne solche Schlussfolgerungen zur Veröffentlichung geeignet. 
Dass durch Impfungen mit Speichel die Wuthkrankheit erzeugt werden kann, 
haben die zahlreichen Versuche Hertwig’s ausser Zweifel gesetzt. Neuerdings 
hat auch Prof. Lussana durch Transfusion von Blut eines an Hydrophobie lei¬ 
denden Menschen auf Hunde die Krankheit hervorgerufen, und zwar erfolgte der 
Ausbruch der Wuthkrankheit bei dem einen der beiden Versuchshunde nach 24 
Tagen, bei dem anderen nach 5 Monaten. 


Leukämie bei einer Kuh. Von Prof. Dr. Esser. 

Im März 1879 untersuchte ich eine 6jährige Kuh, welche der Besitzer im 
November 1878 gekauft hatte. Nach der Anamnese war bald nach dem Kalben, 
welches Anfangs Januar erfolgte, die Nachgeburt abgegangen, doch waren etwa 
14 Tage hindurch schleimig-blutige Abgänge aus der Scheide der Kuh bemerkt 
worden. Der Milchertrag war anfänglich befriedigend gewesen; aber etwa 4 
Wochen nach dem Kalben stellten sich immer stärker werdende Athembeschwer- 
den ein und in gleichem Verhältnis wurde, trotz guter Futteraufnahme, ein Zu¬ 
rückgehen im Milchertrage und im Nährzustande beobachtet. In den letzten 
8 Tagen hatte die Kuh sehr viel gelegen und nur wenig gefressen, während 
gleichzeitig auffallende Störungen in der Respiration constatirt werden konnten. 

Status praesens am 21. März 1879. Stark abgemagerte, grosse Kuh. 
Kopf vorwärts gestreckt, Hinterbeine unter den Leib, Vorderbeine weit aus ein¬ 
ander gestellt. Rücken gekrümmt. Starkes Oedem am Triele. Auftreibung der 
Ohrspeicheldrüsengegend auf beiden Seiten. Diese Auftreibung ist durch einen 
gänseeigrossen, beweglichen, nicht schmerzhaften, weichen, aber nicht fluctuiren- 
den Tumor bedingt, der unmittelbar unter dem Hinterkiefergelenk liegt. Aehn- 
liche hühner- bis gänseeigrosse Tumoren finden sich im Kehlgange, in der Achsel¬ 
gegend und in den Kniefalten. Haut ziemlich leicht in Falten abzuheben und 
wenig elastisch. Extremitäten kühl. Eingefallene Hungergruben, Hängebauch. 
Gegen den an verschiedenen Stellen des Bauches angebrachten Druck ist das 
Thier empfindlich. Athmung ist mühsam und erfolgt mit einem schnarchenden 
Geräusch; letzteres wird stärker bei der Futteraufnahme. Inspiration länger als 
normal. Respirationsfrequenz 20. Respirationstypus stark ausgeprägt costal. 
Puls inäqual und irregulär. Pulsfrequenz 60—65. Mastdarmtemperatur 38 0 C. 
Die Percussion ergiebt kein bestimmtes Resultat; die Auscultation verschärftes In- 
und Exspirium, auf der rechten Seite schwaches Rasseln. Sichtbare Schleim¬ 
häute sehr blass. 

In der Nacht vom 28. zum 29. März starb die Kuh. Die Section wurde 

32* 


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492 


Kleinere Mittheilungen. 


am 29. März gemacht und ergab folgendes Resultat: Das Cadavcr liegt auf der 
rechten Seite, ist sehr wenig aufgetrieben, zeigt geringe Todienstarre. Aeussere 
Verletzungen nicht vorhanden. Nach Entfernung der äusseren Haut, deren Ge- 
fässe auffallend helles, flüssiges Blut enthalten, erscheint die Subcutis blassroth, 
am Triel serös infiltrirt. Musculatur blassroth. Bei Eröffnung der Brusthöhle 
fliesst eine massige Quantität, etwa 600—800 Grm., seröse Flüssigkeit ab. Die 
Rippen sind mit dem Beil ungewöhnlich leicht zu durchschlagen. Aus der spon¬ 
giösen Substanz derselben quillt eine schmierige, gelbröthliche Flüssigkeit hervor. 
Mittelfell- und Bronchialdrüsen geschwollen, erstere zu faustdicken, letztere zu 
hühnereidicken Packeten. In der Trachea und den grossen Bronchien zähe, grau- 
röthliche Schleimmassen. Im Herzbeutel etwa 300—400 Grm. klare, seröse 
Flüssigkeit. Herz normal gross; Musculatur desselben sehr schlaff. Im rechten 
Vorhof ein weiches, zum grösseren Theil gelbweisses, zum kleineren Theil dunkel- 
rothes Coagulum; ebenso im rechten Ventrikel. Im linken Vorhof kleine, sehr 
weiche, dunkle Coagula; im linken Ventrikel nur wenig rothes, dickflüssiges Blut. 
Klappen und grosse Gefässe ohne Veränderung. In der Aorta ein grauröthliches 
Coagulum. — Am Zungengrunde finden sich fünf haselnussgrosse, perlschnur¬ 
artig an einander gereihte, graue Drüsengeschwülste, die sich weich anfühlen 
und auf der Schnittfläche eine spärliche, rahmartige Flüssigkeit liefern. An der 
hinteren Wand der Rachenhöhle ein fast hühnercigrosses Drüsenpacket. Im Uebri- 
gen zeigen sich an den Organen der Maul- und Rachenhöhle keine Abweichungen. 
— Bei Eröffnung der Bauchhöhle fliesst eine trübe, geruchlose, seröse Flüssigkeit 
(etwa 2000 Grm.) ab. Lage der Eingeweide normal. In den 3 Vormägen wenig 
Inhalt. Labmagen enthält etwas grauen, zähflüssigen Schleim. Dünndarm leer 
und stark contrahirt; Schleimhaut desselben blass. Die Peyer’schen Haufen und 
Solitärfollikei sind mässig hyperplastisch vergrössert und mit einem hyperämischen 
Hofe umgeben. Dickdarm enthält wenig, ziemlich weiche Contenta. Die Leber 
erscheint bedeutend vergrössert; die Ränder derselben sind abgerundet; ihre 
Grundfarbe ist graubraun, mit einem Stich ins Gelbliche. Die gelblichbraunen 
Acini werden von netzförmigen, weissgelblichen Zügen begrenzt. An der Porta 
hepatis ein Conglomerat von Drüsenmassen im Umfange einer Doppelfaust. Ge¬ 
wicht der Leber 10,7 Kilo. Bauchspeicheldrüse nicht verändert. Milz vergrössert 
(93 Ctm. lang, 37 Ctm. breit und 6,1 Kilo schwer), ihre Oberfläche schwach 
hügelig; Consistenz derselben vermehrt. Farbe der Schnittfläche grau violett. 
Malpighi’sche Körperchen bis erbsengross. Sämmtliche Lymphdrüsen der Bauch- 
und Beckenhöhle sind bedeutend vergrössert. Fettkapseln um die Nieren verklei¬ 
nert. Die fibrösen Kapseln sind stellenweise mit den Nieren verwachsen und 
lassen sich schwer abziehen. Die linke Niere wiegt 1,5 Kilo, die rechte 1,9 Kilo. 
Die Oberfläche der zum grössten Theil unter einander verwachsenen Lappen ist 
rothgelb gefärbt. Die Schnittfläche der Rindensubstanz hat ein gesprenkeltes 
Aussehen, indem weissgelbe und braunrothe Punkte und Streifen abwechseln. 
Die Marksubstanz ist streifig. 

Zum Zwecke einer mikroskopischen Untersuchung wurden eine Blut¬ 
probe aus der rechten inneren Hautvene, ferner das Drüsenpacket von der hin¬ 
teren Rachenwand, ein Stückchen von der Leber, Milz, einer Niere und eine 
Rippe mitgenommen. Das Resultat dieser Untersuchung war folgendes: Von der 


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Kleinere Mittheilungen. 


493 


mit einer V 2 P r ocentigen Kochsalzlösung verdünnten Blutprobe wurden 12 Zäh¬ 
lungen vorgenommen, die nachstehendes Ergebniss lieferten: 


Zählung 

Farbige 

Rothe 

Zählung 

Farbige 

Rothe 

No. 

* Blutkörperchen. 

No. 

Blutkörperchen. 

1 . 

13 

124 

7. 

36 

332 

2. 

16 

140 

8. 

40 

351 

3. 

17 

161 

9. 

42 

383 

4. 

23 

215 

10. 

52 

475 

5. 

30 

281 

11. 

58 

534 

6. 

32 

289 

12 . 

84 

741 




Summa 

443 

4026 


= 1 : 9,008. Zugegeben auch, dass bei den Zählungen einzelne Blutkörperchen 
doppelt gezählt oder einzelne übersehen worden sind, so dürfte doch das ange¬ 
gebene Verhaltniss als ein richtiges anzusehen und anzunehmen sein, dass auf 
9 rothe Blutkörperchen 1 farbloses kommt. — Das von der hinteren Rachenwand 
genommene Drüsenpacket war von einer straffen Kapsel umgeben, grauröthlich 
gefärbt und lappig. Bei Druck quoll über die Durchschnittsfläche eine milch¬ 
artige Flüssigkeit. Letztere bestand aus lymphoiden Zellen, denen einzelne rothe 
Blutkörperchen beigeraischt waren. — Bei der mikroskopischen Untersuchung der 
Leberstückchen fand sich, dass die bereits erwähnten netzförmigen, weissgelb¬ 
lichen Züge aus Bindegewebe, welches mit lymphoiden Zellen infiltrirt war, be¬ 
standen. Die Prüfung von in Alkohol gehärteten und mit Hämatoxylin gefärbten 
Leberstückchen ergab, dass die lymphoiden Zellen überall das Bindegewebe und 
die Gefässe zwischen den Acini begleiteten und an den Theilstellen der Gefässe 
kleine Anhäufungen bildeten. — Die sehr vergrösserten Malpighi’schen Körper¬ 
chen der Milz waren sehr weich; Balkennetz und reticuläres Gewebe abnorm 
stark entwickelt. Die Pulpa der Milz war sehr reich an weissen Blutkörperchen. 
— Das Interstitialgewebe der Nieren zeigte eine gleichmässige lymphoide Infil¬ 
tration, so dass einfache und doppelte Reihen von lymphoiden Zeller, parallel 
neben den Harncanälchen verliefen. — Die Rippe war ziemlich leicht zu zer¬ 
brechen. Die auf der Bruchfläche abgestrichene gelbröthliche Masse bestand vor¬ 
wiegend aus weissen Blutkörperchen; ausserdem wurden rothe Blutkörperchen, 
Riesenzellen und auch Fettzellen und Fetttröpfchen in derselben ermittelt. Die 
weissen Blutkörperchen wechselten in Bezug auf Grösse und Farbe. Einzelne 
waren gelblich gefärbt und schärfer contourirt (wahrscheinlich die von Neu- 
mann beschriebenen Uebergangsformen von farblosen in rothe Blutkörperchen). 

Hiernach handelt es sich um einen Fall von lymphatischer, lienaler 
und myelogener Leukämie. 

(Aus den Veterinär-Sanitätsberichten.) 


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Amtliche Erlasse. 


Verfügungen Sr. Excellenz des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten. 

1) Vom 9. Juli 1881. 

In einem Specialfalle waren über die einem Privatthierarzte für die Behand¬ 
lung eines Gestütpferdes ausserhalb seines Wohnortes zu gewährende Vergütung 
Zweifel entstanden. In Uebereinstimmung mit der Königl. Ober-Rechnungskam¬ 
mer habe ich dahin entschieden, dass im Geltungsbereiche der Medicinaltaxe vom 
21. Juni 1815 ein Privatthierarzt für Leistungen der gedachten Art gemäss 
Abschnitt VI. No. 1, 2, 4 der Taxe die Hälfte der den Physikern bei Epidemien 
zustehenden Tagegelder und Reisekosten, also mit Rücksicht auf die Bestimmun¬ 
gen der Verordnung vom 17. September 1876 (Ges.-Samml. S. 411) an Tage¬ 
geldern 6 Mark und an Reisekosten 30 Pf. für das Kilometer zu beanspruchen 
hat. Hiernach sind in vorkommenden Fällen die bezüglichen Liquidationen der 
Privatthierärzte festzusetzen. 

2) Vom 3. September 1881. 

Ew. Hochwohlgeboren erwidere ich auf den gefälligen Bericht vom 28. Juni 
d. J., dass gemäss §11. des Reichsgesetzes vom 23. Juni v. J. nur in solchen 
Bezirken, wo der Milzbrand sich ständig zeigt, von der Anzeigepflicbt entbun¬ 
den werden darf. Gegenden oder landräthliche Kreise, in welchen alljährlich 
vereinzelte Fälle von Milzbrand Vorkommen, sind deswegen noch nicht als stän¬ 
dige Milzbrandbezirke zu erachten. Als solche können vielmehr nnr diejenigen 
Ortschaften qualificirt werden, in welchen seit einer Reihe von Jahren alljährlich 
ein beträchtlicher Procentsatz der vorhandenen Viehbestände an Milzbrand zu 
fallen pflegt. Nach der mitgetheilten statistischen Uebersicht der in dortigen 
Kreisen während der Jahre 1878 —1880 vorgekommenen Milzbrandfälle scheint 
in der dortigen Provinz der Milzbrand zur Zeit nirgends im Sinne des § 11 1. c. 
ständig aufzutreten, weshalb die Feststellung von Milzbrandbezirken dort gegen¬ 
wärtig nicht in Frage kommen dürfte. 

3) Vom 8. September 1881. 

In meiner Circularverfügung vom 9. Juli d. J. ist der einem Privatthierarzte 
für die Behandlung eines Gestütspferdes ausserhalb seines Wohnorts zu gewäh¬ 
rende Reisekostensatz auf 30 Pf. für das Kilometer angegeben. Dieser Satz be¬ 
zieht sich indessen nur auf Reisen, welche auf dem Landwege zurückzulegen sind. 
Bei Reisen mittelst Eisenbahn oder Dampfschiff hat der Privatthierarzt im Gel¬ 
tungsbereich der Medicinaltaxe vom 21. Juni 1815 an Reisekosten für das Kilo¬ 
meter 6 V 2 Pf. und 1 M. 50 Pf. für jeden Zu- und Abgang zu beanspruchen. 


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J 



Personal-Notizen. 


Nekrolog. 

Ara 19. Juli d. J. ist der Medicinalrath Professor Dr. med. Hertwig zu 
Berlin an einem gastrischen Fieber gestorben. Mit ihm hat die thierärztliche 
Wissenschaft einen ihrer hervorragendsten Vertreter verloren. Karl Heinrich 
Hertwig wurde am 10. Januar 1798 zu Ohlau, wo seine Eltern eine Brauerei 
besassen, geboren. Bis zu seinem 13. Jahre besuchte er die Schule in seiner 
Vaterstadt; sein Wunsch, nach Absolvirung der Stadtschule ein Gymnasium zu 
besuchen, konnte nicht erfüllt werden, da Ohlau ein solches nicht besass und 
seine Eltern in Folge ihrer Verluste bei der französischen Occupation im Jahre 
1806 ausser Stande waren, ihm die Mittel zum Unterhalt in einer anderen Stadt 
zu gewähren. Glücklicherweise fanden sich in Ohlau zwei Männer, der Rector 
der Stadtschule, Dr. Steiner, und der Stadtchirurgus Dr. Scholtz, die sich des 
talentvollen und strebsamen Schülers in der hingehendsten Weise annahmen und 
ihn durch Privatunterricht so weit brachten, dass er bereits im Jahre 1815 in 
die Prima des Gymnasiums zu Brieg aufgenommen werden konnte. Solche Fort¬ 
schritte hatte der Schüler gemacht, trotzdem durch die Kriegsverhältnisse der 
Jahre 1813—15 der Unterricht vielfach gestört war. Als nach den Schlachten 
und Gefechten der schlesischen Armee im Jahre 1813 auch in Ohlau zur Unter¬ 
bringung der Verwundeten Privatlazarethe eingerichtet wurden, stellte der Stadt¬ 
chirurgus Dr. Soholtz den jungen Hertwig zuerst für ein solches Lazareth und 
später für ein Ruhrlazareth als Krankenpfleger ein. Nach Beendigung des täg¬ 
lichen Dienstes in den Lazarethen wurde der Schulunterricht fortgesetzt. Hert¬ 
wig selbst äusserte sich hierüber später wiederholt: Wenn die armen Menschen 
gehörig versorgt waren, musste ich sogleich an die Erledigung der mir von Steiner 
und Scholtz gestellten Schulaufgaben gehen, denn beide hielten streng darauf, 
dass auch in diesem Punkte nichts versäumt wurde. 

Durch den täglichen Verkehr mit dem Dr. Scholtz und durch die Thätig- 
keit in den Lazarethen wurde Hertwig veranlasst, Medicin zu studiren. Er 
bezog zu diesem Zwecke im Jahre 1817 das chirurgische Institut zu Breslau. 
Als er dort 2 l / 2 Jahre unter den grössten Entbehrungen studirt und die Appro¬ 
bation als Chirurgus erlangt hatte, wurde ihm die Aufforderung der Königlichen 
Regierung bekannt, wonach junge Mediciner, welche Neigung hätten, sich dem 
Studium der Thierheilkunde zu widmen, sich melden sollten. Da für dieses Stu¬ 
dium Stipendien zugesichert wurden, so meldete sich Hertwig und erhielt dann 


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496 


Personal-Notizen. 


auch sofort den Auftrag, sich mit Beginn des nächsten Semesters (April 1819) 
nach Wien zu begeben. Dort studirte er 3 Semester Thierheilkunde unter Veith, 
Waldinger, Erdelyi u. A., setzte dabei aber auch seine medicinischen Studien 
fort. Im Herbst 1820 siedelte Hertwig nach München über, studirte bei der 
dortigen Thierarzneischule 2 Semester, besuchte dann auch noch die übrigen 
deutschen thierärztlichen Lehranstalten und kam im Herbst 1821 behufs Voll¬ 
endung seiner thi er ärztlichen Studien nach Berlin. Ein Jahr später bestand er 
hier die Prüfung als Thierarzt. Wieder ein Jahr später, Michaelis 1823, wurde 
Hertwig zum Repetitor bei der hiesigen Thierarzneischule ernannt. Schon in 
dieser Stellung wurden ihm die Vorlesungen über specielle Chirurgie und Opera¬ 
tionslehre, sowie die Leitung der Klinik für kleine Hausthiere übertragen. Im 
Jahre 1825 übernahm er ausserdem die Vorlesungen über Arzneimittellehre und 
1826 die Leitung der ersten Abtheilung des Spitals für grosse Hausthiere. 
Neben diesen anstrengenden und zeitraubenden dienstlichen Beschäftigungen 
machte Hertwig es möglich, sein medicinisches Studium zu vollenden und im 
Jahre 1827 die Staatsprüfung als Arzt und Wundarzt abzulegen, nachdem er 
bereits am 6. Februar 1826 zum Doctor medicinae promovirt war. Und nicht 
nur seine eigene Ausbildung vollendete Hertwig in jener Zeit, auch als Lehrer 
erwarb er sich allgemeine Anerkennung, und durch seine Untersuchungen über 
die Hundswuth war er bereits in die Reihe der Forscher getreten. Diesen Unter¬ 
suchungen wurde bald eine so grosse Bedeutung beigelegt, dass das Ministerium 
verfügte, dass dem Repetitor Hertwig, nachdem er die Leitung des Hunde¬ 
spitals abgegeben hatte, alle zugehenden wuthkranken und wuthverdächtigen 
Hunde zur Beobachtung überlassen werden sollten. In Anerkennung seiner Ver¬ 
dienste wurde Hertwig im Jahre 1828 zum Thierarzt I. Classe mit dem Prä- 
dicat „Ober-Thierarzt“ ernannt. Gleichzeitig wurde ihm ein Urlaub zu einer 
längeren wissenschaftlichen Reise nach England und Frankreich ertheilt, mit dem 
Aufträge, in London und in Paris die nöthigsten englischen und französischen 
Bücher und Werke für die hiesige Thierarzneischul-Bibliothek anzukaufen. 

Im Herbst 1829 wurde Hertwig als Oberlehrer angestellt; bis dahin war 
er Repetitor gewesen. Er übernahm dann neben der bis dahin von ihm gelei¬ 
teten I. Abtheilung auch die II. Abtheilung des Krankenstalles und den gesaram- 
tea klinischen Unterricht. Die Klinik hob sich unter seiner Leitung derart, dass 
bereits Mitte dei dreissiger Jahre 70—80—90 Patienten in den Ställen standen. 
Nur ein Mann von der enormen Arbeitskraft Hertwig’s konnte den Anforderun¬ 
gen genügen, die an den klinischen Lehrer gestellt wurden. Kein Assistent 
stand ihm zur Seite, sodass er nicht nur jeden Tag 5 Stunden in der Klinik be¬ 
schäftigt war. sondern auch Nachts gerufen wurde, wenn ein schwerkrankes Thier 
zuging. Daneben hatte er wöchentlich 9 Stunden zu lesen. 

Ostern 1833 wurde Hertwig zum Professor und 1837 zum Veterinär¬ 
assessor bei dem Medicinalcollegium der Provinz Brandenburg ernannt. Im Jahre 
1845 machte er im Aufträge des Ministeriums eine längere Reise nach Russland 
zur Beobachtung der Rinderpest. 

Die Klinik für grössere Hausthiere leitete Hertwig mit geringen Unter¬ 
brechungen bis zum Jahre 1857. In den Zwischenzeiten war ihm die Leitung 
des Spitals für kleine Hausthiere übertragen. Ostern 1859 musste er die ambula- 


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J 


Personal-Notizen. 


497 


torische Klinik übernehmen, und gleichzeitig wurde ihm die Besorgung der kreis- 
thierärztlichen Geschäfte in den Kreisen Niederbarnim, Osthavelland und Teltow 
übertragen. 

Im Jahre 1870 schied Flertwig aus seiner Stellung als Veterinärassessor. 
Er erhielt den Charakter als Medicinalrath und wurde mit der commissarischen 
Verwaltung der Departements-Thierarztstelle für den Regierungsbezirk Potsdam 
betraut, die er bis zum 1. Juli 1875 bekleidete. Seit dem Jahre 1855 war er 
auch als Lehrer der Pferdekenntniss an der allgemeinen Kriegsschule angestellt. 
Am 1. April 1877 trat Hertwig in den Ruhestand, nachdem er 53Vo Jahre 
an der Thierarzneischule als Lehrer gewirkt hatte. Eine ungewöhnlich lange 
Thätigkeit in einem Amte, welches so grosse Anforderungen stellte! Und wie 
erfolgreich ist diese Thätigkeit gewesen! Welche Bedeutung hat der Stand der 
Thierärzte in Preussen seit der Zeit erlangt, in welcher Hertwig zu lehren be¬ 
gann, und an dieser Hebung des Standes hat Hertwig als langjähriger kli¬ 
nischer Lehrer einen hervorragenden Antheil! Wer von der grossen Zahl seiner 
Schüler wäre nicht durch sein Wissen in Erstaunen versetzt, und wer hätte nicht 
die Gabe dieses Lehrers bewundert, aus dem reichen Schatze seiner Kenntnisse 
und Erfahrungen mitzutheilen. Die allgemeine Theilnahme der Thierärzte des 
Landes an der Feier des Jubiläums Hertwig’s war ein beredtes Zeugniss, welche 
Verdienste er sich bei seiner 50jährigen Wirksamkeit erworben hatte. Von nah’ 
und fern eilten die Thierärzte an dem Tage herboi. um dem verehrten Lehrer 
ihre Dankbarkeit zu bezeigen. 

Nicht geringer sind die Verdienste Hertwig's um die Entwickelung der 
Wissenschaft. Er war einer von den Bevorzugten, die gleich grosse Bedeutung 
haben als Lehrer und als Forscher. Schon in seiner Dissertation — Experimenta 
quaedam de effectibus laesionura in partibus encephali singularibus et de verosi- 
mili harum partium functione — zeigte er, dass er forschen konnte. Klassisch 
ist sein Werk: „Beiträge zur näheren Kenntniss der Tollwuth der Hunde“, 
Berlin 1829. Diese Arbeit allein hätte genügt, Hertwig einen Platz unter den 
Begründern unserer Wissenschaft zu sichern. Von grosser Bedeutung ist ferner 
sein „Handbuch der Arzneimittellehre“. 5. Auflage 1872, bei dessen Studium 
wir vor Allem den Fleiss und die Ausdauer bei der Durchführung zahlloser Ver¬ 
suche bewundern. Mag auch in Folge der fortschreitenden Entwickelung der 
verschiedenen medicinischen Wissenschaften und der Vervollkommnung der Unter¬ 
suchungsmethoden die Erkenntniss der Wirkung der Arzneimittel immer voll¬ 
ständiger werden, die Hertwig’sche Arzneimittellehre wird noch lange eine 
Zierde jeder thierärztlichen Bibliothek sein und mehr als einen historischen Werth 
haben. Allbekannt sind den Thierärzten ausserdem die Werke: „Praktisches 
Handbuch der Chirurgie für Thierärzte“, 2. Auflage 1859; „Krankheiten der 
Hunde und deren Heilung“, 2. Auflage 1880; die „Operationslehre“, welche er 
gemeinschaftlich mitGurlt verfasste. Für seine Lehrzwecke an der Kriegs¬ 
schule veröffentlichte er das „Taschenbuch der gesammten Pferdekunde“, 2. Auf¬ 
lage 1878. 

In verschiedenen Zeitschriften hat Hertwig eine grosse Zahl von werth- 
vollen Arbeiten veröffentlicht, insbesondere im „Magazin für die gesammte Thier¬ 
heilkunde“, welches er gemeinschaftlich mit Gurlt im Jahre 1835 gründete 


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498 


Personal-Notizen. 


und bis zum Jahre 1874 herausgab. Für das von den Professoren der Berliner 
medicinischen Facultät herausgegebene „ Encyklopädische Wörterbuch der medici- 
nischen Wissenschaften“ hat Hertwig eine Reihe von Artikeln über Krankheiten 
der Hausthiere geliefert. 

Die wissenschaftlichen Arbeiten Hertwig’s geben Zeugniss von seiner er¬ 
staunlichen Kenntniss der Literatur; und wie ein echter und gerechter Forscher 
hat er nie versäumt, die Quellen anzuführen, aus denen er geschöpft hatte. Seine 
Beurtheilung der Leistungen Anderer war stets eine wohlwollende; Neid und 
Missgunst waren ihm fremd. 

Neben der Freude über die öffentliche Anerkennung seiner vielfachen Ver¬ 
dienste sind Hertwig in seinem Leben auch Kummer und Sorge nicht erspart 
geblieben; häufige Verlegenheiten sind ihm aus dem Missbrauch seiner Gut- 
müthigkeit erwachsen. 

Unter den Lehrern und Forschem wird Hertwig von der Geschichte der 
Thierheilkunde zu allen Zeiten in erster Reihe genannt werden und seine Schüler 
werden ihm ein dankbares Andenken bewahren. 

Möge die £rde ihm leicht sein! 


Roloff. 


Ernennungen und Versetzungen. 

Der bisherige Rossarzt im Leib-Hus.-Regmt. No. 2, Aug. Jos. Jacob zu 
Posen, zum commisssarischen Kreisthierarzt des Kreises Schroda. 

Der Kreisthierarzt Herrn. Wilh. Kotelmann in Mohrungen unter Entbin¬ 
dung von seinem gegenwärtigen Amte zum Kreisthierarzt des Kreises Lötzen. 

Der bisherige Rossarzt im Magdeburg. Feld-Art.-Regmt. No. 4. Carl Ludw. 
Kühn zu Burg, zum commissarischen Kreisthierarzt für die Kreise Naumburg, 
Weissenfels und Zeitz. 

Der Thierarzt Heinr. Wilh. Erhard Reissmann zu Berlin zum Kreisthier¬ 
arzt der vierten Kreisthierarztstelle für den Verwaltungsbezirk des Polizeipräsi¬ 
diums zu Berlin. 

Der Thierarzt Heinr. Ernst Otto Thunecke zu Driesen zum commissa¬ 
rischen Kreisthierarzt des Kreises Kalbe a. d. Saale. 

Der bisherige Rossarzt im 2. Garde-Ul.-Regmt., Paul Toepper zu Berlin, 
zum Rossarzt bei dem Pommerschen Landgestüt in Labes. 

Der bisherige Rossarzt im Rhein. Kür.-Regrat. No. 8, Anton Hubert Woldt 
zu Deutz, zum kommissarischen Kreisthierarzt für die Kreise Gummersbach und 
Waldbröl. 


PensionirtHigen, Entlassungen etc. 

Der Kreisthierarzt Heinr. Jansen in Dülmen ist aus dem Staatsdienst ge¬ 
schieden. 


Charakter- und Ordens-Verleihungen. 

Dem Corps-Rossarzt im X. Armeecorps, Ernst Eduard Zorn in Hannover, 
ist der Kronenorden 4. CI. verliehen. 


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Personal-Notizen. 


499 


Todesfille. 

Der Veterinärassessor Paul Schmelz in Kassel. 

Der Thierarzt Wilh. Albert in Schwerte, Reg.-Bez. Arnsberg. 

Der Thierarzt Carl Heinr. Ferd. Spilker in Heldrungen, R.-B. Merseburg. 
Der Thierarzt Herrn. Jos. Stomma in Eschweiler, Reg.-Bez. Aachen. 

Der Kreisthierarzt Wangemann in St. Vith, Reg.-Bez. Aachen. 

Der Thierarzt Wilh. Heinr. Wilms in Borbeck, Reg.-Bez. Düsseldorf. 

Der Thierarzt Wilh. Wohlleben in Nebra, Reg.-Bez. Merseburg. 

Oie Niederlassung eines Thierarztes wird gewünscht: 

In Naumburg a. Bober, Kr. Sagan. Auskunft ertheilt der Apotheker 
Scheibner daselbst. 


Vacanzen. 

(Die mit * bezeichneten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Band VII Heft4u.5 
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten). 


Regierungs- 

resp. 

Landdrostei-Bezirk 

Kreisthierarztstellen 

des 

Kreises 

Gehalt. 

Zuschuss 

aus 

Kreismitteln. 

Königsberg 

Heilsberg* 

600 

Mark 

300 Mark 

9 

Labiau 

600 

n 

600 

9 

Danzig 

Pr. Stargard 

600 

n 

— 

» 

Frankfurt 

Luckau 

600 

9 

360 

w 

Breslau 

Glatz * 

600 

9 

480 

Ji 

Oppeln 

Kosel * 

600 

9 

1050 

n 

Erfurt 

Worbis 

600 

9 

— 

9 

» 

Weissensee 

600 

9 

— 

9 

9 

Heiligenstadt 

600 

9 

— 

9 

Schleswig 

Eckernförde 

600 

9 

— 

9 

Münster 

Cösfeld * 

600 

** 

— 

9 


Stein furt/Tecklenburg 

600 

9 

450 

9 

Arnsberg 

Hamm* 

600 

9 

— 

9 

Kassel 

Hünfeld* 

600 

9 

— 

9 

Koblenz 

Adenau/Ahrweiler 

600 

9 

200 

9 

Köln 

Bergheim 

600 

• 

9 

— 

9 

Aachen 

Malmedy* 

600 

r 

240u.60 

9 

Düsseldorf 

Kempen * 

Ferner: 

600 


300 

9 

Marien werder 

Die Stelle eines Assisten¬ 
ten bei dem Grenzthier¬ 
arzt im Kreise Thorn 
und Strassburg 1 ) 

| 600 Mark 

600 Mark 


! ) Mit dem Amtswohnsitz in Löbau. Privatpraxis nicht beschränkt. 


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500 


Personal-Notizen. 


Veränderungen im militär-ronärztlichen Personal. 

B oförderungen. 

Zu Ober-Rossärzten sind ernannt: 

Der Rossarzt Voss vom 2. Garde-Drag.-Regmt. als Ober Rossarzt bei dem¬ 
selben Regiment. 

Vom Beurlaubtenstande: Der Rossarzt Flindt vom 2.Bat. des 15-Landw.- 
Regmts. als Ober-Rossarzt in demselben Bezirk. 

Zu Rossärzten sind ernannt: 

Die Unter-Rossärzte: Huth vom Schlesw.-Holst. Ul.-Regmt. No. 15; Klein 
vom 1. Leib-Hus-Regmt. No. 1. 

Vom Beurlaubtenstande: Der Unter-Rossarzt Dr. Steinbach vom 1. Bat. 
dos 13. Landw.-Rcgmts. 

Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt: 

Die Unter-Rossärzte: Post beim Regiment der Gardes-du-Corps; Wilden 
beim Königs-Hus.-Regmt. (1. Rhein.) No. 7. 

Der einjähr.-freiw. Unter-Rossarzt Schlitzberger beim Hann. Train-Bat. 
No. 10. 

Versetzungen. 

Die Rossärzte: Colberg vom 2. Hess. Hus.-Regrat. No. 14 zum Hess. 
Train-Bat. No. 11; Dettmann vom 2. Hannov. Drag.-Regmt. No. 16 zum 
1. Garde-Feld-Art.-Regmt.; Ebert vom Hess. Feld-Art.-Regmt. No. 11 zum 
Thüring. Hus.-Regmt. No. 12; Mentzel vom 1. Schics. Drag.-Regmt. No. 4 
zum Pos. Ul.-Regmt. No. 10; Siebert vom Westfäl. Kür.-Regrat. No. 4 zum 
Braunschw. Hus.-Regmt. No. 17. 

Der Unter-Rossarzt Mesewinkel vom Braunschw. Hus.-Regmt. No. 17 
zum Westf. Kür.-Regmt. No. 4. 

Abgegangen: 

Die Ober-Rossärzte: Haunschild vom 1. Rhein. Feld-Art.-Regmt. No. 8; 
Kunze vom Rgmt. der Gardes-du-Corps; Neu mann vom 2. Garde-Drag.-Rgmt. 

Die Rossärzte: Jacob vom 2. Leib-Hus.-Regmt. No. 2; Kunow vom 
1. Garde-Feld-Art.-Regmt.; v. Lojewski vom Ostpr. Kür. Regmt. No. 3 (Graf 
Wrangel); Niedergesäss vom 2. Schles. Drag.-Regmt. No. 8; Tereg vom 
1. Bad. Leib-Drag-Regmt. No. 20; To epp er vom 2. Garde-Ul.-Regmt.; To dt 
vom 3. Schles. Drag.-Regmt. No. 15.; Woldt vom Rhein. Kür.-Regmt. No. 8. 

Der charakteris. Rossarzt Fischer vom Hess. Train-Bat. No. 11. 

Gestorben: 

Der Ober-Rossarzt Langer vom 3. Schles. Drag.-Regmt. No. 15. 

Sammlung 

für das Stammcapital der Unterstützungskasse für die Hinter¬ 
bliebenen deutscher Thierärzte. 

II. Liste (I. Liste s. S. 263). 

An Beiträgen sind ferner eingegangen von den Herren: Baudermann, 


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Literatur. 


501 


Höchst a. M., 10 M.; Clausnitzer, Uelzen. 10 M.; Bloss. Adorf i. S., 10 M.; 
Collmann, Hanau a. M., 20 M.; Deigendesch, Darmstadt. 5 M.; Dr. Die¬ 
trich, Wiesbaden, 15 M.; Einicke, Wreschen. 6 M.; Dr. Fiedel er, Walden¬ 
burg i. Schl., 20 M.; Gabbey, Gleiwitz, 20 M.; Gips, Kolberg, 20 M.; 
Güttler, Schweidnitz. 5 M.; Güttlich, Namslau, 10 M.; Hartraann, Han¬ 
nover, 20 M.; v. Heil 1. Xanten, 10 M.; Hillmann, Grottkau, 5 M.; Kirst, 
Tilsit, 5 M.; Köhler, Döbeln, 5 M.; Metelmann, Krivitz, 10 M. 5 Pf.; 
Moses, Penzlin, 5M.; Olbrich, Grottkau. 5M.; Peters, Ludwigslust i.Meckl., 
10 M.; Roegener, Wirsitz, 6 M.; Roemer, Kassel, 30 M.; Schadow, Tilsit, 
5 M.; Schorling, Harpstedt, 12 M.; Schräder, Helmstedt. 30 M.; Schu¬ 
mann, Cuhmenen, 10 M.; Schwannecke, Beuthen, 10 M. 5 Pf.; Seffner, 
Berlin, 10 M.; Stöhr, Thorn, 20 M.; Dr. Ulrich, Breslau, 50 M.; Völlers, 
Altona, 30 M.; Wenzel, Kassel (Sammlung unter den Rossärzten von Kassel, 
Hofgeismar, Rotenburg und Fulda), 25 M.*, Winckler, Marienwerder, 20 M.; 
Woestendieck, Bochum, 20 M.; Wolff, Dülmen, 10 M.; Wulff, Perle¬ 
berg, 3 M. 

Summa 521 Mark 10 Pf. 

Hannover, den 30. Juli 1881. 

Dr. Dammann. Geiss. 


i 


Literatur. 


Adam, Langest.-Th. P., Die Lehre von der Beurtheilung des Pferdes in Bezug 
auf Körperbau und Leistung. Stuttgart 1881. Schickhardt u. Ebner. M. 3,40. 

Annual Report of the Veterinary Department of the Privy Council Office for 
the year 1880. London 1881. 

Baranski, Dr. A., Leitfaden der Veterinärpolizei. Wien u. Leipzig 1881. Urban 
u. Schwarzenberg. M. 4. 

Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen für das Jahr 1879. 
24. Jahrg. Dresden 1880. G. Schönfeld. M. 3,50. 

Bernhardi W., Hundswuth und Wasserscheu, populär dargestellt. Berlin 1881. 

Beyer, Geh. Reg.-R. B., Reichsgesetze und Preussische Landesgesetze über die 
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Berlin 1881. P. Parey. M. 4. 

Bouley H., Trasbot L., Sanson A., Nocard E., Nouveau Dictionaire pra- 
tique de mödecine, de Chirurgie et d’hygiene veterinaires. 11. Band. Paris 
1880. Asselin. Fr. 7.50. 

Denenbourg, Traitd pratique d’obstetrique ou de la parturation des principales 
fömelles domestiques. Bruxelles. 

Degive, Manuel de mödecine operative veterinaire. Bruxelles. 


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502 


Literatur. 


Fleming G., Human and animal Variolae, a study in comparative pathology. 
London 1881. Bailiiere, Tindal u. Cox. 

Goering, Landes-Th. Pb. J., Das Reichsgesetz vom 23. Juni 1880, betr. die 
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, nebst den hierzu erlassenen Aus- 
führungsbestiminungen. Nördlingen 1881. E. H. Beck. M. 2,80. 

Graff, Dr. K., Lehrbuch der Gewebe und Organe der Haussäugethiere für Land- 
wirthe und Thierärzte. Mit 143 Holzsclm. Jena 1881. Degeu.Hänel. M. 6. 
Hoffmann, O.-Rossarzt L., Thierpsychologie. Stuttgart 1881. Schickhardt u. 
Ebner. M. 3. 

Hofmann N. L., Grundsätze der Thierzucht. Aus dem Dänischen übersetzt von 
Ch. Jenssen. Bremen 1880. M. Heinsius. M. 1,20. 

Instruction betr. die Abwehr und Unterdrückung von Seuchen unter den Pfer¬ 
den der Truppen. Berlin 1881. R. v. Decker. M. 0,50. 

Jahresbericht der Kgl. Central-Thierarzneischule in München 1879/80. 
Leipzig 1881. Vogel. M. 2. 

— der Kgl. Thierarzneischule zu Hannover. Herausgeg. von dem Lehrer-Collegium. 
13. Bericht. 1879/80. Mit 4Tafeln. Hannover 1881. Schmorlu. Seefeld. M.4. 

— (vierter) der Kgl. technischen Deputation für das Veterinärwesen über die Ver¬ 
breitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Preussen 1879/80. Berlin 
1881. A. Hirschwald. M. 1,20. 

Krajewski A., Ueber die Wirkung der gebräuchlichsten Antiseptica auf einige 
Contagien. Inaug.-Dissert. Dorpat 1881. M. 1. 

Krause, Die Regio olfactoria des Schafes. Inaug.-Diss. MitlTaf. Rostock 1881. 
Krzystofowicz, J. v., Entstehung, Entwickelung und Heilung der periodischen 
Augenentzündg.(Mondblindheit)bei Pferden. Wien 1881. Fäsyu.Frick. M.0.60. 
Lanzilotti Buonsanti, Prof. N., Primo Congresso nazionale dei docenti e 
pratici italiani. Milano 1881. 

Leisering, Prof. Dr. A. G. T., Die Kgl. Thierarzneischule zu Dresden in dem 
ersten Jahrhundert ihres Bestehens. Festschrift zur Säcularfeier am 7.0ctober 
1880. Dresden 1881. G. Schönfeldt. M. 4. 

Louis, Die Hausfrau beim Einkauf animalischer Nahrungsmittel. Berlin 1880. 
F. u. P. Lehmann. M. 0.50. 

Lydtin, Med.-R., Das bad.Veterinärwesen. 3.Aufl. Karlsruhe 1881. Fr.Gutsch. 
Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis im Preussischen Staate. Aus den 
amtlichen Veterinär-Sanitätsberichten zusammengestellt von F. Roloff und W. 
Schütz. N.Folge. VI. Jahrg.(l879 80). Berlin 1881. A.Hirschwald. M. 2,50. 
May, Prof. G., Die Schweinezucht. Praktische Anleitung zur Racewahl, Zucht, 
Ernährung, Haltung und Mast der Schweine. Berlin. P. Parey. M. 2,50. 
Munk, Dr. J., Physiologie des Menschen und der Säugethiere. Ein Lehrbuch für 
Studirende. Mit 68 Holzschnitten. Berlin 1881. A. Hirschwald. M. 14. 
Nathusius, H. v. (Hundisburg), Vorträge über Viehzucht und Racenkenntniss. 
Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von W. v. Nathusius (Kö¬ 
nigsborn). Mit in den Text gedruckten Holzschnitten. 3 Bände. Berlin 1880. 
P. Parey. M. 21. 

Pro sch , Prof. V., Zucht und Pflege des Rindviehs. Aus dem Dänischen übersetzt 
von Ch. Jenssen. Mit 22 Holzschu. 2.Aufl. Bremen 1880. M.Heinsius. M. 3. 


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Literatur. 


503 


Pütz, Prof. H., Die äusseren Krankheiten der landwirthschaftl. Haussäugethiere. 
Mit 90 Holzschnitten im Text. Berlin 1880. P. Parey. M. 8. 

— Ueber Ursache und Tilgung der Lungenseuche. Halle a.S. 1881. Buchhdlg. 
des Waisenhauses. M. 1. 

Raillet, Traitö de Tinspection des viandes de boucherie considerde dans ses rap- 
ports avec la zootechnie, la medecine vetdrinaire et l’hygidne publique. Paris. 
Schuster, Vet.-Ass. Dr. E., Thierärztliche Jahrbücher. Universal-Repertorium 
der Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiete der Veterinärwissenschaften. 
4. Jahrg. Jena 1881. Dege u. Hänel. M. 10. 

Tappe, Kr.-Th. W., Die Aetiologie und Histologie der Schafpocken. Mit 1 lith. 

Tafel. Berlin 1881. A. Hirschwald. M. 1,60. 

Vogel, Prof. E.. Specielle Arzneimittellehre für Thierärzte. 2. umgearb. Aufl. des 
Taschenbuchs der thierärztl. Arzneimittellehre. Stuttgart 1881. P. Neff. M. 10. 
Vorträge für Thierärzte. Redigirt von Prof. Dr. Siedamgrotzki. IV, Serie. 

Jena 1881. Dege u. Hänel. Compl. M. 12. 

Wengler, Ober-Landg.-R. F. A., Die Viehseuchengesetzgebung Deutschlands. 
Commentar zum Reichsgesetz vom 23. Juni 1880. Erlangen 1881. Palm u. 
Enke. M. 6,40. 

Wilckens, Prof. M., Grundzüge der Naturgeschichte der Hausthiere. Dresden 
1880. G. Schönfeldt. M. 6. 

Wilhelm, E., Der Milzbrand mechanisch, physisch und chemisch erklärt. Nebst 
Abbildungen. Liegnitz. H. Krumhaar. M. 1,20. 

Zündel, Landes-Th. A., La distomatose on cachexie aqueuse du mouton. Ge¬ 
krönte Preisschrift. Strassburg i. E. 1880. 

— Der Gesundheitszustand der Hausthiere in Elsass-Lothringen in der Zeit vom 
l.Apr. 1879bis 1. Apr. 1880. Strassburgi.E. 1881. R.Schultz u.Co. M. 3,20. 

— La nouvelle loi de police sanitaire vdterinaire d’Allemagne du 23. Juin 1880. 
Strassburg i. E. 1881. 


Aufruf 

zur Betheiligung an der Allgemeinen Deutschen Ausstellung auf dem 
Gebiete der Hygi6H6 (Gesundheitspflege und Gesundheitstechnik) und des 
Rettnngsweseiis. Berlin 1882, 1. Juni bis 30. September. 

Auf Anregung des Vereins für Gesundheitstechnik hat das Centralcomitd, 
dessen ca. 160 Mitglieder über ganz Deutschland, Oesterreich und die Schweiz 
▼ertheilt sind, sich constituirt. Der Unterzeichnete Ausschuss hat die erforderlichen 
Vorarbeiten vollendet und fordert alle Interessenten hierdurch auf, unserem zeit- 
gemässen und unter den besten Auspicien begründeten Unternehmen Ihre Unter¬ 
stützung durch Beschickung der Ausstellung zu gewähren. 

Die Ausstellung verspricht ausserordentlich vielseitig und eigenartig zu 
werden und wird Fabrikanten und Constructeuren, Corporationen, Gemeinden 
und Behörden eine treffliche Gelegenheit bieten, zu zeigen, in welcher Weise sie 
den Anforderungen unserer vorwärtsschreitenden Zeit auf dem Gebiete der Hygiene 
und des Rettungswesens zu entsprechen vermögen. Die Ausstellung wird am 
1. Juni eröffnet und dauert bis 30. September 1882. 


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504 


Aufruf. 


Ein ausführliches Programm enthält die Eintheilung der Gruppen, die 
Reglements für die Ausstellung, Mittheilungen über Organisation und Finanzii- 
rung des Unternehmens, sowie ein Verzeichniss der Mitglieder des Centralcomites. 
Jedem Interessenten wird dieses Programm auf Wunsch franco zugesandt und 
bitten wir. sich dieserhalb an unseren ersten Schriftführer, Herrn Fabrikbesitzer 
R. Henneberg, Berlin S., Brandenburgstr. 81, wenden zu wollen. 

Auszug aus den Bestimmungen für die Ausstellung: 

§ I. Zur Ausstellung gelangen Gegenstände. Maschinen und Apparate, 
welche den Zwecken der öffentlichen und privaten Gesundheitspflege, des Ret¬ 
tungswesens und zum Schutz vor Unglücksfällcn, zur Hiilfeleistung bei Verwun¬ 
dungen im Kriege und Frieden dienen, sowie ferner alle dieses Gebiet behan¬ 
delnde Literatur, darauf bezügliche Zeichnungen, Modelle und Prospecte. 

§ 2. Als Aussteller werden zugelassen: Gewerbetreibende, welche Gegen¬ 
stände und Einrichtungen für die angegebenen Zwecke anfertigen oder liefern. 
Verwaltungen, Vereine, Anstalten und Gesellschaften, soweit dieselben ihre Ein¬ 
richtungen und Anordnungen zur Darstellung bringen, sowie alle Diejenigen, 
welche in literarischen Erzeugnissen die Wissenschaft, Gesetzgebung, den Unter¬ 
richt in der Gesundheitslehre, Gesundheitspflege und Gesundheitstechnik, die 
amtliche und Vereins-Wohlthätigkeit und das Rettungswesen behandeln.. 

§ 4. Die Anmeldung der Ausstellungsgegenstände muss spätestens bis zua 
1. September a. c. erfolgen. 

Berlin, im Juni 1881. 

Der Vorstand and Ausschuss: 

Hobrecht, Staatsminister a. D., Vorsitzender. H. Riotschel, Civil-Ing'enieur. 
erster Stellvertreter. Prof. Dr. Roth, Generalarzt 1. CI., zweiter Stellvertreter. 
R. Henneberg, Ingenieur, erster Schriftführer. Dr. med. P. Börner, zweiter 
Schriftführer. Weigert, Königl. Commerzienrath, Schatzmeister. Kyllmann. 
Königl. Baurath. Vorsitzender der Baucommission. P. Dorf fei, Fabrikbesitzer. 
Gottheiner, Stadt-Bauinspector. Dr. med. Gurlt, Professor. A. Herzberg. 
Ingenieur. W. Marc, Fahr,kbesitzer. Marggraff, Stadtrath. Dr.med. Opitz. 
Ober-Stabsarzt 1. CI. v. Weltzien, Regierungs-Baumeister. H. Windler, 

Königl. Hoflieferant. 


Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin. 


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Vierter Jahresbericht 


der 

Königl. technischen Deputation für das Veterinairwesen 

über die 

Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten 

in Preussen. 


Berichtsjahr vom 1. April 1879 bis 31. März 1880. 


Archiv (Ir wissenschaftliche and practlsche Thlerheilknnde. Y1L Band. Sapplemeat 


Berlin 1881. 

Verlag von Angast Hirschwald. 

N.W. Unter den Linden 68. 


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Das Material zur Viehseuchen-Statistik ist während des Berichts¬ 
jahres von den beamteten Thierärzten regelmässig geliefert worden, 
Tabellen bezw. Vacat-Anzeigen fehlen nur aus den nachstehend ge¬ 
nannten Kreisen, welche theils während des Berichtsjahres vacant 
wurden, theils schon seit längerer Zeit unbesetzt sind: Hirschberg- 
Schönau, Reg.-Bez, Liegnitz, Arnsberg, Hamm, Reg.-Bez. Arns¬ 
berg, Adenau-Ahrweiler, Reg.-Bez. Koblenz, für 3 Quartale, Prenzlau, 
Reg.-Bez. Potsdam, Saarlouis, Reg.-Bez. Trier, für 2 Quartale, Schwetz, 
Reg.-Bez. Marienwerder, Hoyerswerda, Reg.-Bez. Liegnitz, Stadt- und 
Landkreis Münster, Reg.-Bez. Münster, Frankenberg, Reg.-Bez. Kassel, 
Ober-Taunuskreis, Reg.-Bez. Wiesbaden, Daun, Reg.-Bez. Trier, für 
1 Quartal. Eine grössere Anzahl nicht beamteter Thierärzte hat sich 
— namentlich in den östlichen Provinzen — an der Beschaffung des sta¬ 
tistischen Materials betheiligt und die Tabellen entweder dem zustän¬ 
digen Kreisthierarzt oder direct dem Departementsthierarzt eingesandt. 

Wir sind auch während des letzten Berichtsjahres sehr häufig 
gezwungen gewesen, uns. durch Rückfragen bei den Kreisthierärzten 
die erforderliche Aufklärung zu verschaffen: ob die in den Tabellen 
angeführten Seuchenfalle in den Berichtsquartalen vorgekommen 
sind, oder ob Summirungen mit Seuchenfallen vorhergegangener Be¬ 
richtsperioden stattgefunden hatten. Indem wir dringend die im Ein¬ 
gänge unseres letzten Jahresberichtes ausgesprochene Bitte wieder¬ 
holen: stets nur die in dem Berichtsquartal selbst gefalle¬ 
nen bezw. getödteten seuchenkranken Thiere aufzuführen 
und jede Wiederholung der in vorhergegangenen Berichts¬ 
perioden getödteten bezw. gefallenen sorgfältig zu vermei¬ 
den, bemerken wir, dass uns eine grosse Arbeitslast erspart werden 
würde, wenn alle Departementsthierärzte sich bemühen woll¬ 
ten, bei Zusammenstellung der General-Tabellen derartige 

Archiv f. wiss. u. pract. Thierheilkuude. VII. 6uppL-Heft. i 


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2 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Wiederholungen, welche die Zuverlässigkeit der statisti¬ 
schen Angaben erheblich beeinträchtigen, durch Vergleichung 
mit der Generaltabelle des vorhergegangenen Quartals oder 
durch Rückfragen bei den Kreisthierärzten auszuscheiden. 

Die Zusammenstellung des vierten Jahresberichtes, schliesst sich 
möglichst genau der des dritten an, namentlich beziehen sich die Be¬ 
zeichnungen 1., 2., 3., 4. Quartal wieder stets auf das Berichts- und 
nicht auf das Kalenderjahr. Wir haben ausserdem versucht, die Zahl 
der Kreise und Ortschaften, in denen während des Berichtsjahres Fälle 
von ansteckenden Thierkrankheiten vorgekoramen sind, genauer zu 
berechnen. Die Zahl der im Laufe des Jahres verseucht gewesenen 
Gehöfte lässt sich nicht mit Bestimmtheit angeben, weil aus dem 
vorliegenden Material häufig nicht zu ersehen ist, ob Seuchenfalle in 
den auf einander folgenden Quartalen des Berichtsjahres unter dem¬ 
selben Viehbestände beobachtet wurden. 

1. Der Milzbrand. 

Die Tabelle S. 4 und 5 zeigt, dass der durch Milzbrand verur¬ 
sachte Gesammtverlust an Pferden erheblich, und dass der Verlust 
an gefallenen Rindern etwas grösser gewesen ist, als während des 
Berichtsjahres 1878/79. Die etwas grössere Zahl der an Milz¬ 
brand gefallenen Rinder wurde in erster Linie durch den Umstand 
bedingt, dass die Krankheit häufiger als im vorigen Jahre unter ein¬ 
zelnen Viehständen seuchenartig auft.rat und grössere Verluste im Ge¬ 
folge hatte. Die Zahl der an Milzbrand gefallenen Schafe weicht 
nicht wesentlich von der entsprechenden des vorhergegangenen Jahres 
ab, und die scheinbar bedeutende Abnahme der Milzbrand fälle unter 
den Schweinen muss hauptsächlich darauf zurückgeführt werden, dass 
die Berichterstatter immer seltener Fälle der sogenannten Schweine¬ 
seuche in die Tabellen aufnehmen. Die bedeutendsten Verluste 
durch den Milzbrand entfallen auf das 2. und 3. Quartal — nament¬ 
lich auf die Monate August bis October —, und während derselben 
Zeit erlangte der Milzbrand auch räumlich die bedeutendste Ver¬ 
breitung. 

Die Tabellen führen als an Milzbrand erkrankt 53 Pferde an, 
2 Pferde im Kreise Marienwerder sind genesen. Die 51 an Milz¬ 
brand gefallenen Pferde vertheilen sich, wie folgt, auf die nachstehend 
genannten Kreise: 


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Milzbrand. 


3 


Kreis Stallupoenen, 

Reg.-Bez. Gumbinnen 

1 

Pferd. * 


Tilsit 

n n 

2 

Pferde. 

n 

Pr. Stargard 

. Danzig 

2 

n 

„ 

Marien werder 

„ Marienwerder 

2 

n 

Berlin 

• 

1 

Pferd. 

Kreis 

Greifenberg 

w Stettin 

1 

n 

n 

Randow 

t» fi 

3 

Pferde. 

fi 

Saatzig 

n n 

1 

Pferd. 

« 

Frans tadt 

„ Posen 

2 

Pferde. 

n 

Kosten 

fi n 

1 

Pferd. 

fi 

Obornik 

m n 

10 

Pferde. 

fi 

Pieschen 

n n 

3 

n 

n 

Samter 

» fi 

4 

* 

ft 

Schroda 

n »» 

1 

Pferd. 


Wirsitz 

„ Bromberg 

4 

Pferde. 

n 

Brieg 

„ Breslau 

1 

Pferd. 

n 

Neumarkt 

» fi 

1 

t» 

ft 

Poln. Wartenberg „ „ 

1 

n 

ft 

Glogau 

„ Liegnitz 

1 

* 

n 

Liebenwerda 

„ Merseburg 

4 

Pferde. 

n 

Hildesheim 

Landd.-Bez. Hildesheim 

2 

fi 

n 

Herford 

Reg.-Bez. Minden 

1 

Pferd. 

n 

Hoexter 

n n 

1 

w 

n 

Wiedenbrück 

w n 

1 

n 



Zusammen 51 

Pferde. 


Kurz hinter einander starben in demselben Bestände: zu Packisch, 
Kr. Liebenwerda, von 29 Pferden 4, zu Dorotheenwalde, Kr. Randow, 
von 32 Pferden 3, in Kl.-Schlanz, Kr. Pr. Stargard, von 40 Pfer- 
nen 2 — in diesen drei Orten herrschte der Milzbrand gleichzeitig 
unter dem Rindvieh —, zu Parkowo, Kr. Obornik von 30 Pferden 5, 
zu Judwiga, Kr. Wirsitz sämmtliche drei in dem betreffenden Gehöft 
befindliche Pferde, zu Rospitz, Kr. Marienwerder von 12 Pferden 2, 
— die Ursachen der drei zuletzt genannten Ausbrüche sind nicht 
ermittelt worden —, zu Lissa, Kr. Fraustadt von 10 Pferden 2, die¬ 
selben sollen durch Häute von am Milzbrand gefallenen Rindern in- 
ficirt worden sein. In allen übrigen Fällen beschränkte sich der 
Verlust auf ein Pferd desselben Bestandes. In mehreren Fällen kamen 
gleichzeitig Milzbranderkrankungen unter dem Rindvieh desselben Ge¬ 
höftes vor; in Stahren, Kr. Wirsitz starb kurz hinter einander der 
ganze Viehbestand eines Gehöftes (1 Pferd, 2 Stück Rindvieh und 
2 Schweine). Im Kreise Pieschen fiel ein Pferd an Milzbrand, kurz 
nachdem dasselbe zum Ausfahren von Erde aus einem verseuchten 
Schafstalle benutzt worden war. Die beiden Milzbranderkrankungen 

1 * 


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Laufende Nummer. 


4 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 





Im 

ersten Quartal. 



Im zweiten Quartal. 



Im 

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Laufende Numm 

Provinz. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft 

Pferde. 

St. Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft« 

Pferde. 

St. Rindvieh. 

Schafe. 

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Zahl der Kreise. 

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1. 

Ostpreussen ... 

5 

12 

12 

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12 

_ 

_ 

7 

14 

14 

2 

16 

_ 

1 

7 

10 

11 

2. 

Westpreussen.. 

3 

4 

4 

— 

4 

— 

— 

8 

17 

17 

4 

27 

11 

— 

2 

3 

s 

3. 

Brandenburg .. 

7 

9 

9 

1 

12 

— 

— 

6 

7 

11 

— 

8 

9 

— 

2 

2 

2 

4. 

Pommern. 

3 

3 

3 

— 

3 

— 

— 

2 

2 

3 

— 

3 

22 

— 

4 

5 

5 

5. 

Posen . 

16 

30 

30 

4 

29 

— 

9 

21 

43 

50 

10 

79 

54 

3 

12 

21 

24 

6. 

Schlesien. 

34 

64 

65 

— 

74 

— 

3 

26 

60 

62 

— 

fiC 

— 

— 

24 

48 

4i* 

7 

Sachsen . 

9 

18 

19 

— 

20 

5 

— 

14 

22 

24 

— 

110 

30 

1 

16 

26 

3? 

8. 

Schleswig - Hol¬ 
stein . 

6 

9 

9 

_ 

10 

_ 

_ 

8 

25 

51 

_ 

19 

_ 

44 

5 

16 

I 

9 

Hannover. 

5 

14 

14 

1 

19 


1 

7 

9 

10 

— 

19 

— 

— 

1 

6 



Westfalen. 

4 

4 

4 

1 

2 

19 

— 

8 

9 

13 

— 

25 

— 

— 

7 

8 

- 

11. 

Hessen-Nassau . 

6 

6 

6 

— 

7 

— 

— 

6 

8 

8 

— 

9 

— 

— 

5 

7 

7 

12 

Rheinprovinz . . 

7 

15 

18 

— 

18 

— 

— 

10 

22 

50 

— 

30 

— 

32 

10 

23 

2? 

13. 

Hohenzollern- 
sche Lande .. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

- 


Summa .. 

105 

188 

193 

7 

210 

24 

6 

124 

239 

314 

16 

412 

126 

81 

95 


1. . 


Im Berichts¬ 
jahr 1878/79. 

89 

166 

181 

9 

207 

34 

43 

113 

215 

245 

7 

282 

298 

93 

105 

190 

205 


Im Berichts¬ 
jahr 1879/80 
mehr . 

16 

22 

12 


3 


_ 

11 

24 

69 

9 

130 







weniger . 

— 

— 

— 

2 

“1 

10 

37 

— 

— 

— 

— 

— 

172 

12 

10 

15 

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Milzbrand. 


5 


ten Quartal. 

Im vierten Quartal. 


Im Berichtsjahr. 


Regierungs- bez. Land¬ 
drostei-Bezirke, in denen 
Fälle von Milzbrand 


gefallen. 


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Zahl der Gehöfte. 


gefallen. 



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gefallen. 


Pferde. 

St. Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine. 

Zahl der Kreise. 

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Pferde. 

St. Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine 

Zahl der Kreise. 

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43 

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Pferde. 

St. Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine. 

nicht vorgekommen sind, 
nebst Angabe der seu¬ 
chenfrei gebliebenen 
Quartale. 

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H 

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3 

4 

4 

1 

3 

_ 

L 

13 

33 

3 

45 

_ 

1 


— 

3 

— 

2 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

7 

24 

4 

34 

11 

1 2 

Danzig 3. 4. Quartal. 
Marienwerder 4. Quartal. 

— 

9 

— 

— 

6 

8 

8 

— 

15 

16 

— 

15 

25 

1 

44 

25 

— 

Berlin 2. 3. 4. Quartal. 

4 

25 

56 

— 

2 

4 

4 

1 

2 

70 

— 

5 

14 

5 

33 

148 

— 

Koeslin 1.2.3.4. Quartal. 
Stralsund 1. 2. 3. 4. Qu. 

8 

33 

? 

— 

12 

18 

18 

3 

19 

41 

- 

25 

100 

25 

160 

95 

5 


2 

53 

133 

— 

26 

54 

56 

2 

56 

114 

— 

45 

205 

4 

249 

247 

3 


4 

83 

24 

— 

12 

20 

22 

- 

26 


- 

23 

76 

4 

239 

59 

1 


— 

24 

— 

— 

5 

6 

6 

— 

11 

— 


10 

53 


64 

— 

44 


1 

0 



1 

5 

5 


6 



9 

31 

2 

50 


1 

Hannover 3. 4 Quartal. 
Lüneburg 1. 3. 4. Quart. 
Stade 3. 4. Quartal. 
Osnabrück 1. 2. 3. 4. Qu. 
Aurich 1. 3. 4. Quartal. 

2 

6 

— 

1 

1 

1 

1 

— 

1 

— 

— 

13 

22 

3 

34 

19 

1 

Münster 4. Quartal. 
Arnsberg 4. Quartal. 

— 

18 

— 

— 

3 

3 

3 

— 

4 

— 

l 

15 

22 


38 

— 

1 


— 

32 

— 

1 

9 

13 

19 

— 

21 

— 

— 

19 

58 


101 

— 

33 

Trier 1. 3. Quartal. 
Düsseldorf 2. 3. Quart. 

— 

— 

— 

- 

1 

1 

1 

— 

1 

— 

— 

2 

2 

— 

2 

— 

— 

Sigmaringen 1. 3. Quart. 

21 

306 

213 

4 

81 

137 

147 

7 

165 

241 

i 

201 

665 

51 

1093 

604 

92 


9 

291 

,101 

34 

94 

180 

195 

3 

229 221 

l 

— 

— 

2S 

1009 

654 

171 


12 

15 

112 





4 


20 




23 

84 




— 

— 

— 

30 

13 

43 

i 48 

— 

64 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

50 

79 



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6 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


in Berlin und im Kreise Greifenberg betrafen Pferde der Armee, in 
den Stallungen des Berliner Truppentheils war auch während des 
4. Quartals 1878 ein Fall von Milzbrand vorgekommen. 

Die in den einzelnen Quartalen und im ganzen Berichtsjahr an 
Milzbrand gefallenen Rinder vertheilen sich in abgerundeten Pro¬ 


centsätzen, wie folgt, auf die verschiedenen Provinzen: 



I. 

Quartal. 

11. 

Quartal. 

III. 

Quartal. 

IV. 

Quartal. 

Im Be¬ 
richtsjahr. 

Im Jahr 
1878/79. 

Zahl der an Milzbrand 
gefallenen Stück 







Rindvieh 

210 

412 

306 

165 

1093 

1009 

davon in 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

1. Ostpreussen. 

5,70 

4,00 

4,60 

1,80 

4,10 

9,30 

2. Westpreussen. 

1,90 

6,60 

1,00 

0,00 

3,10 

5,50 

3. Brandenburg. 

5,70 

2,00 

3,00 

9,20 

4,00 

7,50 

4. Pommern. 

1,30 

0,70 

8,10 

1,20 

3,00 

2.90 

5. Posen. 

13,80 

19,00 

10,80 

11,50 

14,60 

19,10 

6. Schlesien. 

35,30 

16,00 

17,30 j 

34,00 

22,80 

25,40 

7. Sachsen . 

9,50 

26,80 

27,10 

15,75 

22,00 

8,80 

8. Schleswig-Holstein 

4,80 

4,60 

7,90 

6,60 

5,80 

4,40 

9. Hannover. 

9,10 

4,60 

1,90 

3,60 

4,60 

5,20 

10. Westfalen. 

1,00 

6,00 

1,90 

0,60 

3,10 

1,50 

11. Hessen-Nassau.... 

3,30 

2,20 

5,70 

2,40 

3,50 

2,80 

12. Rheinprovinz. 

8,60 

7,25 

10,70 

12,75 

9,20 

7,50 

13. Hohenzollern’sche 







Lande. 

0,00 

0,25 

0,00 

0,60 

0,20 

0,10 


100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 


Der Procentsatz der an Milzbrand gefallenen Rinder zeigt mithin 
gegen das vorhergehende Jahr in der Provinz Sachsen und verhält- 
nissmässig auch in Westfalen eine erhebliche Steigerung, dagegen eine 
nicht unbeträchtliche Verringerung in den Provinzen Ostpreussen, West- 
preussen, Brandenburg, Posen und Schlesien und in den übrigen Pro¬ 
vinzen nur geringe Abweichungen. 

Die 45 in Ostpreussen an Milzbrand gefallenen Rinder ver¬ 
theilen sich, wie folgt, auf die einzelnen Kreise: 


1. 

Kreis 

Fischhausen 

in 

1 Gehöft 

1 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Königsberg. 

2. 

ff 

Gerdauen 


1 

3 

n 

fl 

3. 

ff 

Memel 


2 Gehöften 

2 

n 

n 

4. 

n 

Mohrungen 

„ 

1 Gehöft 

1 

n 

fi 

5. 

« 

Roessei 

w 

1 . 

1 

Y> 

n 

6. 

n 

Angerburg 

w 

1 . 

2 

r> 

„ Reg.-Bez. Gumbinnen. 

7. 

»i 

Goldap 

w 

4 Gehöften 

4 

n 

ff 



Latus in 

11 Gehöften 14 Stück Rindvieh. 


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Milzbrand. 


7 


Transport in 11 Gehöften 14 Stück Rindvieh. 

8. Kreis Niederung w 1 Gehöft 1 w n Reg.-Bez. Gumbinnen. 

9. n Oletzko „ 1 5 * 

10. „ Pillkallen „ 3 Gehöften 3 „ „ 

11. „ Ragnit „ 1 Gehöft 1 

12. „ Stallupoenen * 12 Gehöften 12 „ „ 

13. „ Tilsit „9 w 9 „ 

Zusammen in 38 Gehöften 45 Stück Rindvieh. 

Abgesehen von 3 Beständen, in denen 5, 3 bezw. 2 Stück Rind¬ 
vieh fielen, beschränkte sich der Verlust stets auf ein Stück des Be¬ 
standes, 22 ländliche Kreise der Provinz blieben frei von Milzbrand. 
Von den oben genannten 13 Kreisen waren in Fischhausen, Gerdauen, 
Angerburg, Oletzko während des Berichtsjahres 1878/79 keine Milz¬ 
branderkrankungen vorgekommen, dagegen wurden in den Kreisen 
Braunsberg, Labiau, Neidenburg, Ortelsburg, Heidekrug, welche 1878/79 
zusammen 14 Stück Rindvieh verloren hatten, keine Fälle von Milz¬ 
brand beobachtet. 

In Westpreussen fielen 34 Stück Rindvieh in den nachstehend 
genannten Kreisen: 

1. Kreis Elbing in 7 Gehöften 7 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Danzig. 

2. M Marienburg „ 1 Gehöft 3 „ 

3. * Pr. Stargard „ 1 4 „ 

4. „ Rosenberg „ 2 Gehöften 2 „ * Reg.-Bez. Marienwerder. 

5. * Strassburg „ 2 6 „ 

6. „ Stuhm „ 3 3 * * 

7. „ Thorn „ 6 „ 9 „ 

Zusammen in 22 Gehöften 34 Stück Rindvieh. 

Zwei Viehbestände verloren je 4, ein Viehbestand 3, 4 Viehbe¬ 

stände je 2 Stück, alle übrigen Fälle blieben vereinzelt. In 14 länd¬ 
lichen Kreisen kamen keine Milzbranderkrankungen vor, solche waren 
während des vorhergehenden Jahres in den Kreisen Marienburg, Pr. 
Stargard, Strassburg nicht beobachtet worden, dagegen blieben der 
Landkreis Danzig und der Kreis Marienwerder, welche 1878/79 40 Stück 
verloren hatten, seuchenfrei. 

Die 44 in der Provinz Brandenburg gefallenen Rinder verthei¬ 
len sich auf die nachstehend genannten Kreise: 

1. Kreis Nieder-Barnim in 1 Gehöft 1 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Potsdam. 

2. „ Ober-Barnim „ 2 Gehöften 9 „ * 

3. „ Beeskow-Storkow „ 1 Gehöft 1 w „ 

4. „ Ost-Havelland „ 5 Gehöften 10 „ „ 

5. „ Prenzlau „ 1 Gehöft 4 w _«_ 

Latus in 10 Gehöften 25 Stück Rindvieh. 


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8 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheilen. 


Transport in 

6. Kreis Ruppin n 

7. „ Guben , 

8. „ Königsberg i. N. „ 

9. w Luckau * 

10. „ West-Stembcrg „ 

11. „ Zuellichau 


10 Gehöften 25 Stück Rindvieh. 


3 Gehöften 

9 

** * 

2 . 

1 Gehöft 

4 Gehöften 

3 . 


5 . 
2 „ 
2 „ 
1 „ 

6 . 
3 . 


Reg.-Bez. Potsdam. 
Reg.-Bez. Frankfurt. 


Zusammen in 25 Gehöften 44 Stück Rindvieh. 


In Bergthal, Kr. Ober-Barnim, fielen 8 Stück Rindvieh; von 20 
erkrankten sollen angeblich 12 genesen sein. Der Milzbrand hat in 
früheren Jahren öfters unter den Rindvieh- und Schaf beständen dieses 
Vorwerks geherrscht. Das diesjährige Auftreten fiel mit dem Nieder- 
reissen eines Schafstalles zusammen, in welchem häufig sporadische 
Milzbranderkrankungen unter den Schafen vorgekoramen waren. Zwei 
Gehöfte verloren je 4, zwei, darunter das als Milzbrandstation be¬ 
kannte Gut Wildenhagen im Kreise West-Sternberg je 3, zwei je 2 
Stück, in allen übrigen Ausbrüchen beschränkte sich der Verlust auf 
ein Stück; in 20 ländlichen Kreisen kamen keine Milzbranderkran¬ 
kungen vor. Die Kreise West-Havelland, West-Priegnitz, Teltow, 
Krossen, Landsberg, Lebus, Ost-Sternberg und Sorau, welche im vori¬ 
gen Jahre 36 Stück Rindvieh verloren hatten, blieben seuchenfrei, 
dagegen ist 1878 79 in den Kreisen Beeskow, Prenzlau und Ruppin 
kein Fall von Milzbrand beobachtet worden. 

In der Provinz Pommern beschränkte sich das Auftreten des 
Milzbrandes auf die nachstehend genannten Kreise des Reg.-Bez. 
Stettin, während die Reg.-Bez. Koeslin und Stralsund seuchen¬ 
frei blieben. 


1. Kreis Greifenbagen in 2 Gehöften 3 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Stettin. 

2. * Naugard „ 2 2 n 

3. * Pyiitz „ 2 2 

4. „ Randow „2 * 25 

5. „ Saatzi g „ 1 Gehöft 1 

Zusammen in 9 Gehöften 33 Stück Rindvieh. 

Unter den 112 Stück Rindvieh des Gutes Dorotheenwalde, Kr. 
Randow, kamen während des 3. Quartals 24 tödtlich verlaufende Fälle 
von Milzbrand vor. Die Ursache diesefc seuchenhaften Auftretens der 
Krankheit sind nicht ermittelt worden; es wird nur bemerkt, dass 
den Thieren ganz verdorbenes Futter untergestreut wurde, von wel¬ 
chem die Rinder einen Theil verzehrt hatten. Fälle von Milzbrand 
sind in Dorotheenwalde früher nicht beobachtet worden. In einem 
Gehöfte starben 2 Stück des Bestandes, alle übrigen Erkrankungen 


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Milzbrand. 


9 


blieben vereinzelt. In 7 ländlichen Kreisen kamen keine Milzbrandfalle 
vor, und zwar in denselben, welche auch während des vorhergehenden 
Berichtsjahres verschont gewesen waren. 

Die 160 in der Provinz Posen gefallenen Stück Rindvieh ver¬ 
theilen sich, wie folgt, auf die Kreise: 


1. 

Kreis 

Adelnau 

in 

6 

Gehöften 

6 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Posen. 

2. 

ii 

Birnbaum 

ii 

1 

Gehöft 

1 

ii 

11 

3. 

>> 

Bomst 

ii 

3 

Gehöften 

3 

ii 

11 

4. 


Buk 

„ 

3 

)! 

3 

ii 

11 

5. 

ii 

Fraustadt 

ii 

6 

ii 

6 

•i 

11 

6. 

n 

Kosten 

„ 

12 

n 

16 

i> 

11 

7. 

ii 

Kroeben 

ii 

3 

ii 

3 

ii 

11 

8. 

„ 

Krotoschin 

ii 

2 

ii 

2 

IV 

11 

9. 

ii 

Meseritz 

„ 

9 

it 

9 

11 

11 

10. 

ii 

Obornik 

„ 

8 

ii 

8 

11 

11 

11. 

ii 

Pieschen 

ii 

10 

ii 

28 

11 

11 

12. 

ii 

Posen (Land) 

ii 

2 

ii 

4 

11 

11 

13. 

ii 

Samter 

ii 

1 

Gehöft 

7 

11 

11 

14. 

n 

Scbildberg 

n 

1 

ii 

1 

11 

11 

15. 

ii 

Schrimm 

ii 

3 Gehöften 

7 

11 

ll 

16. 

>i 

Schroda 

ii 

4 

ii 

7 

»1 

11 

17. 

11 

Wreschen 

>i 

5 

n 

11 

11 

11 

18. 

ll 

Bromberg(Land) „ 

2 

'i 

2 

11 

„ Reg.-Bez. Bromberg. 

19. 

ll 

Czarnikau 

ii 

1 

Gehöft 

1 

11 

ii 

20. 

ii 

Gnesen 

ii 

5. 

Gehöften 

11 

11 

n 

21. 

ii 

Inowraclaw 

ii 

3 

ii 

5 

11 

ii 

22. 

li 

Kolmar 

ii 

3 

n 

3 

11 

ii 

23. 

ll 

Mogilno 

ii 

4 

ii 

10 

11 

ii 

24. 

li 

Schubin 

51 

1 

Gehöft 

1 

11 

ii 

25. 

it 

Wirsitz _ 

„ 

3 Gehöften 

5 

11 




Zusammen 

in 

101 

Gehöften 

160 Stück 

Rindvieh. 


In zusammen 2 Gehöften des Kreises Pieschen starben 15 und 
in zusammen 4 Gehöften des Kreises Gnesen 9 Stück Rindvieh kurz 
hinter einander; die zuletzt genannten Fälle kamen bei dem Behüten 
torfiger und überschwemmter Weiden vor. Drei Bestände verloren in 
demselben Quartal je 7, zwei je 4, sechs je 3, neun je 2 Stück; 
die übrigen Ausbrüche des Milzbrandes beschränkten sich auf je ein 
Stück. Frei von der Krankheit blieb — wie im vorigen Jahre — 
kein ländlicher Kreis des Reg.-Bez. Posen und im Reg.-Bez. Brom¬ 
berg, in welchem während des Jahres 1878/79 der Milzbrand nur 
in den Kreisen Inowraclaw, Kolmar, Wirsitz aufgetreten war, allein 
der Kreis Wongrowiec. In Widziszewo, Kreis Kosten, sind einzelne 


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10 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Tbierkrankbeiten. 


Fälle von Milzbrand in allen vier Quartalen des Berichtsjahres beob¬ 
achtet worden. 

Die nachstehende Tabelle zeigt, dass in der Provinz Schlesien 
der Milzbrand an sehr vielen Orten aufgetreten ist: 


1. 

Kreis 

Breslau (Land) 

in 

18 Gehöften 

24 Stück Rindvieh. Reg.-Bcz. Breslau. 

2. 

»» 

Brieg 

»» 

14 . 

15 

77 

77 

3. 


Guhrau 

77 

6 

8 

77 

77 

4. 

n 

Militscb 

77 

6 „ 

6 

77 

„ 

5. 

77 

Namslau 

n 

4 „ 

4 

77 

77 

6. 

77 

Neumarkt 

n 

13 „ 

18 

„ 

77 

7. 

77 

Nimptsch 

„ 

1 Gehöft 

1 

77 

77 

8. 

>7 

Oels 

77 

i „ 

1 

77 

77 

9. 

77 

Oh lau 

77 

4 Gehöften 

4 

77 

»7 

10. 

77 

Reichenbacb 

77 

4 „ 

4 


77 

11. 

77 

Schweidnitz 

„ 

4 

4 

77 

77 

12. 

77 

Steinau 

»» 

1 Gehöft 

1 

77 

,, 

13. 

77 

Strehlen 

>» 

1 

2 

77 


14. 

77 

Striegau 


3 Gehöften 

3 

77 

77 

15. 

77 

Trebnitz 


10 „ 

10 

77 

77 

16. 

77 

Poln. Wartenberg 

n 

3 „ 

3 

77 

77 

17. 

77 

Wohlau 

n 

2 „ 

2 

77 

77 

18. 

77 

Bolkenhayn 

j» 

4 „ 

4 

77 

„ Reg.-Bez. Liegnitz. 

19. 

77 

Bunzlau 

u 

8 „ 

8 

77 

77 

20. 

77 

Freystadt 

« 

3 „ 

3 

77 

77 

21. 

77 

Glogau 


12 „ 

13 

77 

„ 

22. 

77 

Görlitz (Land) 


2 „ 

3 

77 

77 

23. 

77 

Goldberg-Haynau 

»i 

1 Gehöft 

1 

77 

77 

24. 

77 

Grünberg 

>» 

10 Gehöften 

10 

77 

„ 

25. 

77 

Hirschberg 


1 Gehöft 

1 

77 

77 

26. 

77 

Jauer 

» 

1 „ 

1 

„ 

77 

27. 

77 

Landeshut 


5 Gehöften 

5 

77 

77 

28. 

77 

Lauban 

7» 

3 „ 

3 

77 

77 

29. 

„ 

Liegnitz (Land) 

77 

16 „ 

16 

77 

77 

30. 


Lüben 

7» 

3 „ 

3 

77 

77 

31. 

77 

Rothenburg 

77 

4 „ 

4 

77 

77 

32. 

77 

Sagan 

77 

4 »i 

4 

77 

77 

33. 

„ 

Beuthen 

77 

2 „ 

2 

77 

„ Reg.-Bez. Oppeln. 

34. 

>1 

Falkenberg 

77 

4 „ 

4 

77 

77 

35. 

„ 

Grottkau 

77 

3 „ 

3 

77 

77 

36. 

»1 

Kattowitz 

77 

5 „ 

5 

77 

77 

37. 

77 

Leobschütz 

77 

1 Gehöft 

1 

77 

77 

38. 

*1 

Neisse 

77 

2 Gehöften 

4 

77 

77 

39. 

77 

Neustadt 

77 

10 „ 

10 

77 

77 

40. 

77 

Oppeln 

77 

7 „ 

7 

77 

77 

41. 

77 

Pless 

77 

3 u 

4 

77 

77 


Latus in 209 Gehöften 229 Stück Rindvieh. 


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Milzbrand. 


11 


Transport in 209 Gehöften 229 Stück Rindvieh. 

42. Kreis Ratibor „ 4 Gehöften 4 „ Reg.-Bez. Oppeln. 

43. „ Gross Strehlitz „11 „ 13 „ „ 

44. „ Tarnowitz „ 1 Gehöft 1 „ „ 

45. „ Tost-Gleiwi tz „ 2 Gehöften 2 „ „ 

Zusammen in 227 Gehöften 249 Stück Rindvieh. 

Die Verluste an gefallenem Vieh betrugen in zwei Beständen 
während desselben Quartals je 5, in 3 Beständen je 3, in 8 Bestän¬ 
den je 2 Stück, in allen übrigen Fällen beschränkte sich das Auf¬ 
treten des Milzbrandes auf ein Stück. In Gossendorf, Kr. Neumarkt, 
kamen in allen Quartalen, in Jackschönau, Landkreis Breslau, Rieb- 
nig, Kr. Brieg, Perschitz, Kr. Trebnitz und Kleinitz, Kreis Grünberg 
in drei Quartalen des Berichtsjahres einzelne Fälle von Milzbrand vor. 
Die Krankheit ist in den genannten Orten stationär. Frei von Milz¬ 
brand blieben 16 ländliche Kreise der Provinz, von denen Münster¬ 
berg, Waldenburg, Schoenau, Kosel, Kreutzburg und Rybnik 1878/79 
zusammen 17 Stück Rindvieh verloren hatten. Dagegen sind in den 
Kreisen Militsch, Oels, Goldberg - Haynau, Hirschberg, Kattowitz, 
Leobschütz und Neisse während des vorhergehenden Berichtsjahres 
keine Fälle von Milzbrand vorgekommen. 

Die 239 in der Provinz Sachsen gefallenen Rinder vertheilen 
sich, wie folgt, auf die nachstehend genannten Kreise: 


1. 

Kreis Aschersleben 

in 

3 Gehöften 

4 

Stück Rindvieh. Regierungs-Bez. 

2. 

»» 

Kalbe 

ii 

1 Gehöft 

21 

>} 

ii 

Magdeburg. 

3. 


Halberstadt 

»i 

1 „ 

7 

n 

ii 


4. 

,, 

Jerichow I. 

>i 

8 Gehöften 

23 

ii 

ii 


5. 

n 

Jerichow II. 

ii 

3 „ 

3 

ii 

ii 


6. 


Neuhaldensleben 

ii 

1 Gehöft 

1 

ii 

ii 


7. 

„ 

Osterburg 

ii 

1 „ 

1 

ii 

n 


8. 


Wernigerode 

ii 

1 „ 

4 

ii 

ii 


9. 

<1 

Wolmirstedt 

ii 

3 Gehöften 

3 

ii 

ii 


10. 

11 

Bitterfeld 

ii 

6 .. 

6 

ii 

ii 

Regierungs-Bez. 

11. 

1» 

Liebenwerda 

ii 

6 

66 

n 

ii 

Merseburg. 

12. 

17 

Mansfeld Gebirgskr. 

ii 

1 Gehöft 

1 

n 

ii 


13. 

11 

Mansfeld Seekr. 

n 

4 Gehöften 

5 

ii 

ii 


14. 

11 

Querfurt 

n 

1 Gehöft 

1 

ii 

n 


15. 

71 

Saalkreis 

n 

2 Gehöften 

2 

ii 

ii 


16. 

71 

Sängerhausen 

ii 

12 „ 

24 

ii 

ii 


17. 

11 

Schweinitz 

ii 

10 

33 

ii 

ii 


18. 

1» 

Torgau 

ii 

6 „ 

8 

ii 

n 


19. 

11 

Wittenberg 

ii 

4 „ 

4 

n 

ii 


20. 

11 

Langensalza 

ii 

14 „ 

15 

»» 

n 

Reg.-Bez. Erfurt. 


Latus in 88 Gehöften 232 Stück Rindvieh. 


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12 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Transport in 88 Gehöften 232 Stück Rindvieh. 

21. Kreis Mühlhausen „ 3 Gehöften 4 „ „ Reg.-Bez. Erfurt. 

22. ,, Nordhausen „ 1 Gehöft 2 „ „ 

23. „ Ziegenrück_ „ 1 1 _„ 

Zusammen in 93 Gehöften 239 Stück Rindvieh. 

Die stärkste seuchenhafte Verbreitung erlangte der Milzbrand auf 
der Domaine Packisch, Kr. Liebenwerda; unter einem Bestände von 
29 Pferden, 117 Stück Rindvieh, 800 Schafen und 41 Schweinen 
fielen in der Zeit von Mitte August bis Anfang November 4 Pferde, 
61 Stück Rindvieh, 6 Schafe und 1 Schwein, ausserdem 4 den Guts¬ 
leuten gehörende Kühe. Acht Stück Rindvieh der Domaine sind 
erkrankt, jedoch genesen. Der seit 16 Jahren auf der Domaine be¬ 
findliche Pächter hat während dieser Zeit angeblich nur einmal vor 
etwa 5 Jahren einen Ochsen, welcher unter den Erscheinungen des 
Milzbrandes erkrankt war, durch den Tod verloren; dagegen sollen 
vereinzelte Milzbrandfälle unter den Schafen öfter vorgekommen sein. 
Die näheren Umstände und Bedingungen, welche zu diesem seuchen- 
haften Auftreten des Milzbrandes Anlass gaben, sind nicht mit Sicher¬ 
heit ermittelt worden, jedenfalls haben die Thiere jedoch die Milz¬ 
brand erzeugende Schädlichkeit mit den von der Gutsfeldmark ge¬ 
ernteten Futterstoffen aufgenommen, ausserdem wird das bedeutende 
Umsichgreifen der Krankheit zum Theil auch auf Ansteckung von 
Thier zu Thier zurückgefiihrt. Die Haut der zuerst gefallenen Kuh 
ist an einen Sattler in Arzberg bei Torgau verkauft worden, welcher 
bald darauf seine einzige Kuh und ausserdem eine Ziege an Milzbrand 
verlor. Packisch liegt 2 Kilometer nördlich von der Elbe; die fast 
durchweg ebene Feldmark besteht aus einer ziemlich lockeren und 
milden, mehr oder weniger humusreichen Ackerkrume von ver¬ 
schiedener Mächtigkeit, welche grösstentheils auf Lehm oder Thon 
lagert. Die zuletzt genannte Schicht hat meistens eine sandige oder 
kiesige Unterlage, theilweise liegt die angeschwemmte Oberkrume aber 
unmittelbar auf durchlassendem Sand oder Kies, während die undurch¬ 
lassende lehmige oder thonige Zwischenschicht gänzlich fehlt. Ausser¬ 
dem fielen in dem benachbarten Gute Otterwitz, woselbst während 
der letzten 35 Jahre nur selten, vielleicht alle drei bis vier Jahre, 
ganz vereinzelte Milzbrandfälle vorgekommen sind, plötzlich 3 Stück 
Rindvieh. Die Bodenverhältnisse sind dieselben wie in Packisch, das 
Milzbrandgift ist den Thieren jedenfalls durch Verfüttern von Rüben¬ 
blättern und grünem Stoppelklee einverleibt worden. Während des 


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Milzbrand. 


13 


4. Quartals brach der Milzbrand in Beiersdorf bei 2 Stück Rindvieh 
aus, welche aus dem benachbarten Packisch angekaufte Weizenspreu 
verzehrt hatten. 

In Löbnitz, Kr. Kalbe, fielen unter einem Bestände von 64 Ochsen 
binnen 48 Stunden 21 Stück am Milzbrand. Die erkrankten Ochsen 
waren aus einem für die übrigen Stücke des Bestandes nicht benutz¬ 
ten Brunnen getränkt worden, sonst war Fütterung und Haltung der 
sämmtlichen Thiere genau dieselbe. In Gr. Rössen, Kr. Schweinitz, 
verloren 2 mit zusammen 50 Stück Rindvieh besetzte Gehöfte während 
des 2. Quartals 18 und während des 3. Quartals, bald nachdem die 
Endschaft der Seuche constatirt worden war, wieder 6 Stück kurz 
nach einander. In Wendelobbese, Kr. Jerichow I, starben unter einem 
Bestände von 50 Stück 15, in Suderode, Kr. Halberstadt, 7, in San- 
gerhausen unter einem Bestände von 56 8 Thiere plötzlich und binnen 
kurzer Frist. In 2 Gehöften fielen während desselben Quartals je 4, 
in einem 3, in 8 je 2 Stück Rindvieh, die übrigen Fälle blieben ver¬ 
einzelt. In 16 ländlichen Kreisen sind keine Milzbrandfälle vorge¬ 
kommen, mit Ausnahme von Oschersleben, Wanzleben, Delitsch, Mer¬ 
seburg und Schleusingen sind dieselben auch im Jahre 1878/79 frei 
von Milzbrand gewesen. Dagegen kamen im Berichtsjahre Milzbrand¬ 
erkrankungen in den Kreisen Aschersleben, Kalbe, Halberstadt, Neu¬ 
haldensleben, Wernigerode, Torgau und Nordhausen zur Kenntniss, 
während diese Kreise nach den Mittheilungen der beamteten Thier¬ 
ärzte 1878/79 keine Verluste durch den Milzbrand erlitten hatten. 

In der Provinz Schleswig-Holstein trat der Milzbrand gröss- 
tentheils ganz vereinzelt und fast durchweg in der Form des soge¬ 
nannten Rauschbrandes auf, dessen Zusammengehörigkeit mit dem 
Milzbrand von den beamteten Thierärzten der Provinz vielfach be¬ 
stritten wird. Das statistische Material ergiebt folgende Verluste: 


1 . 

Kreis 

Apenrade 

in 

5 Gehöften 

10 Stück Rindvieh. 

2. 


Flensburg 

55 

1 Gehöft 

1 

55 )5 

3. 

51 

Hadersleben 

55 

3 Gehöften 

5 

55 55 

4. 

55 

Husum 

ti 

2 „ 

5 

55 55 

5. 

55 

Norderdithmarschen 

55 

7 „ 

7 

'5 55 

6. 

55 

Rendsburg 

55 

3 „ 

3 

55 *5 

7. 

55 

Südcrdithmarschen 

5) 

16 

16 

55 55 

8. 

55 

Tondem 

55 

12 „ 

16 

55 *5 

9. 

55 

Sonderburg 

,, 

1 Gehöft 

1 

51 55 



Zusammen 

in 

50 Gehöften 

64 Stück Rindvieh. 


Der Verlust während desselben Quartals betrug in einem Gehöft 6, 


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14 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankbeiten. 


in einem 4, in einem 3, in vier je 2 Stück, die übrigen Fälle blieben 
vereinzelt. In 11 ländlichen Kreisen, von denen Eckernförde, Kiel, 
Pinneberg, Schleswig und Steinburg im vorhergegangenen Jahre zu¬ 
sammen 12 Stück Rindvieh verloren hatten, sind keine Milzbrandfalle 
beobachtet worden, dagegen trat die Krankheit in den Kreisen Haders¬ 
leben, Husum, Rendsburg und Sonderburg auf, welche 1878/79 frei 
gewesen waren. 

Bei Weitem die meisten der in der Provinz Hannover vorge¬ 
kommenen Milzbranderkrankungen entfallen auf den Landdrosteibezirk 
Hildesheim, namentlich auf die zu einem kreisthierärztlichen Bezirk 
verbundenen Kreise Hildesheim-Marienburg, in einzelnen Ortschaften 
der letzteren ist der Milzbrand eine stationäre Krankheit. 


1. Stadt Hannover in 1 Gehöft 

2. Kreis Nienburg * 2 Gehöften 

n Hildesheim \ 99 

9 Marienburg J " ” 

4. „ Liebenberg „ 3 „ 

5. „ Zellerfeld „ 1 Gehöft 

6. w Harburg * 1 

7. „ Stade-Geest v n 2 Gehöften 

8. n Stade-Marsch „ 1 Gehöft 

9. „ Leer „ 1 


1 Stück Rindvieh. Land-Bez. Hannover. 

2 . 


29 

9 

1 

1 

4 

1 

2 


Land-Bez. Hildesheim. 


Land-Bez. Lüneburg. 
Land-Bez. Stade. 


Land-Bez. Aurich. 


Zusammen in 84 Gehöften 50 Stück Rindvieh. 


In Wöltingerrode, Kr. Liebenberg, starben fast gleichzeitig 6 kurz 
vorher aus dem Magdeburgischen eingefuhrte Ochsen, während die 
übrigen mit demselben Futter ernährten Thiere des Gehöftes gesund 
blieben. Demgemäss wird behauptet, dass die Krankheit durch Ur¬ 
sachen entstanden sei, welche auf die Ochsen an ihrem Heimathsorte 
eingewirkt hatten. In 2 Gehöften fielen je 3, in 7 Gehöften je 
2 Stück Rindvieh; alle übrigen Fälle von Milzbrand blieben verein¬ 
zelt. In 28 Kreisen der Provinz, von denen Diepholz, Landkreis 
Hannover, Wennigsen, Einbeck, Göttingen, Uelzen und Melle im vori¬ 
gen Jahre zusammen 28 Stück Rindvieh verloren hatten, sind keine 
Fälle von Milzbrand vorgekommen; die Kreise Zellerfeld, Stade-Geest 
und Marsch, Leer und die Stadt Hannover waren 1878/79 frei von 
Milzbrand gewesen. 

Die 34 Milzbrandfälle in der Provinz Westfalen kamen in fol¬ 
genden Kreisen vor: 


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Milzbrand. 


15 


1. 

Kreis Ahaus 

in 

2 Gehöften 

4 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Münster. 

2. 

* 

Münster 

n 

1 Gehöft 

1 

n 

n 


3. 


Recklinghausen 

n 

i . 

6 

« 

w 


4. 

n 

Steinfurt 

n 

3 Gehöften 

4 

n 

n 


5. 

„ 

Tecklenburg 

n 

1 Gehöft 

1 

n 



6. 

w 

Büren 

n 

4 Gehöften 

5 

n 

„ 

Reg.-Bez. Minden. 

7. 

w 

Herford 

n 

1 Gehöft 

1 

» 

n 


8. 

* 

Hoexter 

» 

1 . 

1 


n 


9. 

n 

Warburg 

i» 

1 . 

1 

n 

n 


10. 

„ 

Lippstadt 

w 

1 . * 

1 

w 

n 

Reg.-Bez. Arnsberg. 

11. 

„ 

Siegen 

H 

3 Gehöften 

3 

n 

1« 


12. 


Wittgenstein 

* 

2 . 

6 

m 

w 



Zusammen in 21 Gehöften 34 StSck Rindvieh. 


Die 6 Fälle in einem Gehöft des Kreises Recklinghausen betrafen 
Kälber; gegen die Richtigkeit der Diagnose sind Zweifel erhoben 
worden, ln 2 Gehöften des Kreises Wittgenstein fielen zusammen 
6 Stück an der Form des sogenannten fliegenden Brandes. Abgesehen 
von 4 Gehöften, welche je 2 Stück verloren, blieben alle Milzbrand¬ 
erkrankungen vereinzelt. In 22 Kreisen, von denen Bielefeld, Halle, 
Minden, Brilon und Olpe im vorigen Berichtsjahre zusammen 5 Stück 
verloren hatten, kamen keine Milzbranderkrankungen vor. Die Kreise 
Recklinghausen, Büren, Höxter, Siegen, Wittgenstein waren 1878/79 
seuchenfrei geblieben. 

In der Provinz Hessen-Nassau sind 38 Stück Rindvieh in 
den nachstehend genannten Kreisen gefallen: 


1. 

Stadt Kassel 

in 

1 Gehöft 

1 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Kassel. 

2. 

Kreis Fulda 

>» 

2 Gehöften 

2 „ 

jt 

3. 

„ Gelnhausen 


4 „ 

4 „ 

it 

4. 

„ Hanau 

»» 

1 Gehöft 

2 „ 

tt 

5. 

„ Homburg 

n 

1 „ 

1 n 

tt 

6. 

„ Hünfeld 

>» 

1 

1 » 

tt 

7. 

„ Kircbhayn 

D 

1 „ 

1 ,• 

tt 

8. 

„ Rinteln 

»» 

1 „ 

1 n 

tt 

9. 

„ Witzenhausen 

>» 

1 

14 „ 

it 

10. 

Ober Lahnkreis 

ft 

2 Gehöften 

3 „ 

„ Reg.-Bez. Wiesbade 

11. 

Unter-Lahnkreis 

ft 

1 Gehöft 

1 tt 

»» 

12. 

Ober-Taunuskreis 

ft 

1 „ 

1 „ 

tt 

13. Unter-Taunuskreis 

ft 

1 

2 „ 

tt 

14. 

Ober-Westerwaldkreis 

ft 

3 Gehöften 

3 „ 

tt 

15. 

Landkreis Wiesbaden 

ff 

1 Gehöft 

l „ 

tt 


Zusammen in 

22 Gehöften 38 Stück Rindvieh. 


Seuchenhaft trat der Milzbrand nur unter dem 35 Stück zählen¬ 
den Viehbestände der Domaine Wendershausen, Kr. Witzenhausen, auf, 


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16 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

es erkrankten im 3. Quartal 21, im 4. Quartal 2, zusammen 23 Stück, 
von denen 9 Stück genesen sind. Als Ursache wird Verfiitterung von 
Gräsern, welche auf überschwemmt gewesenen Wiesen gewonnen waren, 
bezeichnet. Drei Bestände verloren je 2 Stück, die übrigen Erkrankungs¬ 
fälle blieben vereinzelt. In 18 ländlichen Kreisen kam kein Milz¬ 
brandfall vor, von denselben hatten Marburg, Rotenburg, Biedenkopf, 
Dill-, Rheingau- und Unter-Westerwaldkreis im vorhergegangenen Be¬ 
richtsjahr zusammen 11 Stück Rindvieh verloren. Die Kreise Fulda, 
Hanau, Homburg, Hünfeld, Rinteln, Witzenhausen, der Ober-Lahn- 
und Unter-Taunuskreis waren 1878/79 frei von Milzbrand gewesen. 

Von den 101 in der Rheinprovinz gefallenen Rindern kom¬ 
men 64 auf den Reg.-Bez. Aachen, wie die nachstehende Tabelle 
nach weist: 


1. 

Kreis 

Ahrweiler 

in 

1 Gehöft 

1 

Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Koblenz. 

2. 

»» 

Kreuznach 

J» 

4 Gehöften 

6 

»» 

ff 

3. 


Wetzlar 

»1 

8 „ 

8 

ff 

>* 

4. 


Zell 

„ 

1 Gehöft 

2 

ff 

ff 

5. 

Stadt Duisburg 

„ 

1 „ 

1 

ff 

„ Reg.-Bez. Düsseldorf. 

6. 

Kreis Kempen 

» 

1 „ 

2 

ff 

ff 

7. 


Bonn 

ff 

1 „ 

1 

ff 

„ Reg.-Bez. Ko ein. 

8. 

*» 

Buskirchen 

» 

1 „ 

1 

ff 

i? 

9. 

n 

Mülheim 

„ 

2 Gehöften 

2 



10. 

ff 

Rheinbach 

ft 

7 „ 

7 

i) 

>» 

11. 

ff 

Wipperfürth 

ft 

1 Gehöft 

1 

ff 

ff 

12. 

n 

Ottweiler 

ff 

4 Gehöften 

5 

ff 

„ Reg.-Bez. Trier. 

13. Stadt Aachen 

ft 

1 Gehöft 

1 

ff 

„ Reg.-Bez. Aachen. 

14 

Kreis Aachen 

ff 

3 Gehöften 

3 

ff 


15. 

n 

Düren 

ff 

8 „ 

. 8 


.j 

16. 


Eupen 

ff 

44 „ 

45 


ff 

17. 

»» 

Geilenkirchen 

ff 

1 Gehöft 

1 

•f 

ff 

18. 

>» 

Heinsberg 

ff 

3 Gehöften 

4 


ff 

19. 

?> 

Jülich 


2 „ 

2 

ff 

ff 



Zusammen 

in 

94 Gehöften 101 

Stück Rindvieh. 


Die 

bedeutendsten 

Verluste 

erlitt der 

Kreis Eupen, zahlreiche 


Ortschaften desselben sind bekannte Stationen, in denen der Milzbrand 
— am häufigsten in der Form des Milzbrand-Emphysems — fast zu 
allen Jahreszeiten auftritt; in Astenet, Busch und Lontzen kamen 
z. B. einzelne Fälle während 3 Quartale des Berichtsjahres vor. Mit 
Ausnahme eines Falles, in welchem 2 Thiere desselben Bestandes 
kurz nach einander fielen, blieb jedoch jeder Ausbruch im Kreise 
Eupen auf ein einzelnes Stück beschränkt. Auch in Betreff der Ver¬ 
seuchungen in diesem Kreise sind Zweifel erhoben worden, ob die 


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Milzbrand. 


17 


Fälle von sogenanntem Rauschbrand wirklich den Anthrax-Character 
an sich tragen. Mit Ausnahme von einem Gehöft, welches 3 Stück 
verlor und von 5 Gehöften, in denen je 2 Stück kurz nach einander 
fielen, blieben alle Milzbranderkrankungen in der Rheinprovinz ver¬ 
einzelt. Von 43 seuchenfreien Kreisen der Provinz hatten Simmern, 
Kleve, Landkreis Köln, Gummersbach, Bernkastel, Bitburg, Merzig, 
Saarlouis und Malmedy im vorhergegangenen Berichtsjahr zusammen 
14 Stück Rindvieh verloren. Die Kreise Alirweiler, Kreuznach, Zell, 
Bonn, Mühlheim, Rheinbach, Wipperfürth und Düren waren 1878/79 
seuchenfrei gewesen. 

In den Hohenzollern , sehen Landen ist je ein Stück Rind¬ 
vieh in den Ober-Aemtern Hechingen und Sigmaringen am Milzbrand 
gestorben. 

Eine Vergleichung der für erkrankte und gefallene Stück Rind¬ 
vieh in den Tabellen aufgeführten Zahlen ergiebt, dass im Ganzen 60 
an Milzbrand erkrankte Thiere == 5,20 pCt. genesen sind. 

Ueber die ursächlichen Verhältnisse des Milzbrandes ent¬ 
hält das statistische Material nur spärliche Mittheilungen. Bei Wei¬ 
tem die Mehrzahl aller Milzbrandfälle ist in solchen Ortschaften, bezw. 
Gehöften vorgekommen, in denen in Zwischenzeiten von einigen Mona¬ 
ten, mitunter auch von einigen Jahren ein bis zwei Stück Rindvieh 
zu Grunde gehen, und die Krankheit demgemäss als eine stationäre 
bezeichnet werden muss. Ebenso sind in Schleswig-Holstein bestimmte 
Weiden bekannt, bei deren Benutzung alljährlich vereinzelte Fälle 
von Rausch brand unter dem Rindvieh Vorkommen. Sehr häufig wird 
von den Berichterstattern erwähnt oder mit Nachdruck betont, dass 
Erkrankungen in diesen Milzbrandstationen früher sehr viel häufiger 
beobachtet worden sind und während der beiden letzten Decennien 
auffallend abgenommen haben. Bemerkungswerth sind ferner die 
langen, oft 5 bis 8 Jahre oder noch darüber umfassenden Zwischen¬ 
räume, in denen Erkrankungen in solchen Milzbrandstationen beobachtet 
werden. Ueber die Bodenbeschaffenheit der letzteren, sowie über die 
Verhältnisse der Witterung, des Grundwasserstandes, der Art und 
Beschaffenheit des Futters etc., unter denen in derartigen Oertlichkeiten 
am häufigsten Milzbranderkrankungen beobachtet werden, enthält das 
statistische Material so direct sich widersprechende Angaben, dass 
dieselben hier gar nicht zusammengefasst oder zur Begründung einer 
bestimmten Folgerung verwerthet werden können. Nur soviel geht 
aus den Mittheilungen hervor, dass die Niederungen und überhaupt 

Archiv f. wisa. u. pract. Thierheilkunde. VII. 8uppl.-Heft. o 


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18 Jahresbericht üher die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

die nächste Nachbarschaft nicht nur grösserer Ströme, sondern 
auch kleinerer Flüsse besonders reich an solchen Milzbrandstationen 
sind, und am häufigsten wird über die Bodenbesehaffenheit der 
Milzbrandstationen angeführt, dass die Feldmark entweder humus¬ 
reichen, kalkhaltigen Boden oder Lehmboden mit Mergel besitze. 
Ganz besonders auffallend weichen die Angaben über die Durchlässig¬ 
keit oder Undurchlässigkeit des Bodens der Milzbrandstationen von 
einander ab. 

Sehr häufig findet sich in dem statistischen Material die Mitthei¬ 
lung, dass Ueberschwemmungen von Wiesen und Weiden oder das 
von solchen Theilen der Feldmark gewonnene verschlammte, multrig 
und dumpfig gewordene Futter bezw. Tränken mit dem auf Ueber- 
schweramungsstellen zurückgebliebenen Wasser, oder Eindringen von 
Ueberschwemmungswasser in die Brunnen die nächste Ursache zu Aus¬ 
brüchen des Milzbrandes abgegeben haben. Dieselben Anführungen 
kehren so häufig wieder, dass ein gewisses Verhältniss zwischen In- 
nundationen der Wiesen und Felder einerseits und dem Auftreten des 
Milzbrandes andererseits kaum zu bezweifeln sein dürfte. 

Endlich wird durch die Berichte vielfältig hervorgehoben, dass 
das Vergraben der Cadaver von an Milzbrand gestorbenen 
Thieren — am häufigsten von Schafen — in ungeeigneterWeise 
oder an nicht passenden Stellen der Feldmark als eine der 
wichtigsten und häufigsten Ursachen von Milzbrandaus¬ 
brüchen angesehen werden muss. Zahlreiche Beobachtungen 
sprechen dafür, dass nicht nur das Beweiden solcher Verscharrungs¬ 
stätten, sondern auch die Verfütterung der von den letzteren gewon¬ 
nenen Pflanzen im Stall Anlass zu Ausbrüchen des Milzbrandes ge¬ 
ben, und dass sich das Milzbrandgift an solchen Verscharrungsstellen 
sehr lange Zeit — Jahre, selbst Decennien — hindurch wirksam 
erhalten kann. Besonders häufig wurden nach Verfütterung von Kar¬ 
toffeln oder Rüben, welche an mitunter vor langen Jahren zur Ver¬ 
scharrung von Milbrandcadavem benutzten Stellen der Feldmarken 
oder Gärten eingemietet worden waren, Ausbrüche des Milzbrandes 
beobachtet. 

Wir müssen an dieser Stelle erwähnen, dass namentlich in 
den östlichen Provinzen bei der Beseitigung der Milzbrandcadaver oft 
mit einer Sorglosigkeit verfahren wird, welche kaum glaublich er¬ 
scheint. Cadaver von an Milzbrand gefallenen Rindern und Schafen 
sind nicht nur auf den gewöhnlichen Weiden dieser Thiere, son- 


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Milzbrand. 


19 


dem sogar in den Gärten, in unmittelbarer Nachbarschaft der Ställe, 
selbst in Scheunen oder auf dem Gehöfte in Dünger- oder Compost- 
haufen vergraben worden. Diese Verhältnisse haben vielfach Anlass 
gegeben, dass der Milzbrand, welcher früher eine fast unbekannte 
Krankheit war, in bestimmten Oertlichkeiten stationär wurde. Die 
für die Unterdrückung der Seuche durchaus erforderliche 
unschädliche Beseitigung der Milzbrandcadaver wird ferner 
wesentlich dadurch erschwert, dass die an Milzbrand erkrankten Thiere 
häufig kurz vor dem Tode noch abgeschlachtet werden. In der Pro¬ 
vinz Posen macht sich unter den Arbeiterklassen sogar nicht selten 
kein Widerstreben gegen das Verzehren der gefallenen Thiere bemerk- 
lich; in Ossowo, Kr. Wreschen kam es zu einer offenen Rebellion der 
kleinen Besitzer und Einlieger (Komorniks), als denselben befohlen 
wurde, die Cadaver einiger an Milzbrand gefallenen Kühe vorschrifts- 
mässig zu verscharren; die Leute wollten durchaus das Fleisch dieser 
Thiere essen. 

Im Uebrigen werden als Ursachen des Milzbrandes nur ganz im 
Allgemeinen angeführt: verdorbenes, schimmeliges, mit Pilzen befalle¬ 
nes Heu, dumpfiges Stroh, verdorbene Pressrückstände aus den Zucker¬ 
fabriken, schlechtes, an organischen Bestandtheilen reiches Trinkwasser, 
kellerartige, schlecht ventilirte oder sonst ungeeignete Ställe, sehr 
heisse Witterung, Gewitterluft etc. 

Eine Verbreitung des Milzbrandes durch Uebertragung von Thier 
zu Thier, ist nur ganz ausnahmsweise beobachtet worden. 

Abgesehen von den bereits erwähnten Angaben über das Auf¬ 
treten des Milzbrandemphysems und des sogenannten Rauschbrandes 
enthält das statistische Material über die Form der Milzbrand¬ 
erkrankungen wenig Mittheilungen, aus denen nur soviel hervor¬ 
geht, dass die carbunculöse Form nur selten beobachtet wor¬ 
den ist, und die Krankheit in der grossen Mehrzahl der 
Fälle als Anthrax acutissimus auftrat. 

Von vielen beamteten Thierärzten wird berichtet, dass zahlreiche 
sporadische Fälle von Milzbrand nicht zur Kenntniss der Behörden 
gelangen. Andererseits sprechen die Berichterstatter selbst oder die 
Departementsthierärzte bei Zusammenstellung der Generaltabellen nicht 
selten Zweifel aus, ob der eine oder der andere in die Tabellen auf¬ 
genommene sporadische Erkrankungsfall wirklich Milzbrand gewesen 
oder durch Schädlichkeiten des Futters bedingt worden ist. 

In noch höherem Grade gilt von den Schafen die durch zahl- 

2 * 


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20 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

reiche Berichterstatter vorgetragene Thatsache, dass die Erkrankungen 
an Milzbrand nicht immer zur Kenntniss der Behörden oder der 
beamteten Thierärzte gelangen. Man kann sogar weiter gehen und 
behaupten, dass die in den Tabellen verzeichneten 604 an Milzbrand 
gestorbenen Schafe nur einen kleinen Bruchtheil der wirklichen Ver¬ 
luste darstellen. Die 604 Schafe vertheilen sich, wie folgt, auf die 
nachstehend genannten Reg.-Bez. und Kreise: 


1. 

Reg. - Bez. 

Marienwerder, 

Kreis Strassburg 

in 

1 

Gehöft* 

11 

Schafe. 

2. 

» 

Potsdam, 

i> 

Ost-Havelland 

ii 

1 

11 

2 

ii 

3. 



>i 

Ost-Priegnitz 

ii 

1 

11 

16 

ii 

4. 


»» 

ii 

Zauch-Belzig 

ii 

1 

:i 

7 

ii 

5. 

« 

Stettin, 

ii 

Naugard 

ii 

1 

* 

ii 

22 

ii 

6. 

n 

») 

ii 

ii 

i> 

1 

ii 

17 

ii 

7. 

i» 

i» 

ii 

Saatzig 

ii 

2 

Gehöften 

109 

»i 

8. 

ii 

P osen, 

n 

Buk 

i» 

1 

Gehöft 

6 

ii 

9. 

n 


ii 

Pieschen 

*1 

1 

* 

ii 

44 

ii 

10. 

11 

»» 

ii 

n 

ii 

1 

ii 

26 

ii 

11. 

11 

>» 

ii 

Schroda 

ii 

1 

* 

ii 

4 

n 

12. 

i» 

»t 

ii 

Wreschen 

ii 

1 

ii 

15 

ii 

13. 

n 

Op peln, 

n 

Grottkau 

ii 

2 Gehöften 

41 

ii 

14. 

11 

» 

»i 

Oppeln 

ii 

1 

Gehöft 

108 

n 

15. 

»» 

ii 

n 

Gr. Strehlitz 

ii 

1 

ii 

98 

ii 

16. 

n 

Magdeburg, 

ii 

Halberstadt 

ii 

1 

* 

n 

20 

ii 

17. 

11 

Merseburg, 

n 

Liebenwerda 

ii 

1 

* 

*i 

4 

ii 

18. 

>i 

i» 

ii 

Schweinitz 

n 

1 

• 

n 

30 

ii 

19. 

11 

Erfurt, 

ii 

Langensalza 

n 

1 

n 

5 

n 

20. 

i> 

Minden, 

n 

Warburg 

n 

1 

„ 

19 

„ 





Zusammen 

in 

22 

Gehöften 

604 Schafe. 


In den mit * bezeichnten Gehöften herrschte der Milzbrand 
gleichzeitig unter dem Rindvieh. Aus den Kreisen Pieschen und 
Wreschen, Reg.-Bez. Posen, wird ausserdem ohne Angabe bestimmter 
Zahlen berichtet, dass einzelne Fälle von Blutseuche unter den Scha¬ 
fen mehrerer Heerden vorgekommen sind. Die 5 Schafe im Kreise 
Langensalza sollen durch den Biss eines Hundes inficirt worden sein, 
nachdem der Hund unmittelbar vorher Blut einer an Milzbrand ge¬ 
fallenen Kuh geleckt hatte. Im Uebrigen enthält das statistische 
Material keine Bemerkungen über die ursächlichen Verhältnisse der 
Milzbrandausbrüche bei Schafen. Die Tabellen führen 605 erkrankte 
Schafe an, von denen mithin ein Schaf genesen sein muss. 

Fälle von Milzbrand bei Schweinen sind in den nachstehend 
genannten Reg.-Bez. und Kreisen beobachtet worden: 


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Milzbrand. 


21 


1. Reg.-Bez. 

Königsberg, 

Kreis Mohrungen 

in 

1 Gehöft 

1 Schwein. 

2. 

Marienwerder, 

»> 

Sch wetz 

i> 

1 „ 

2 Schweine. 

3. „ 

Posen, 


Obornik 

»» 

1 „ 

2 „ 

4. 

>» 


Pieschen 

>» 

1 ,i * 

1 

5. 

Bromberg, 

»» 

Wirsitz 


1 „ * 

2 

6. 

Oppeln, 

11 

Neustadt 

»» 

1 „ 

3 

7. 

Merseburg, 

i» 

Liebenwerda 

» 

1 „ * 

1 

8. 

Schleswig, 

n 

Segeberg 

» 

32 Gehöften 44 „ 

9. Ldr.-Bez. 

Hannover, 

ji 

Nienburg 

n 

1 Gehöft 

1 

10. Reg. -Bez. 

Minden, 

»» 

Herford 

»» 

1 „ 

1 

11- 

Kassel, 

11 

Fulda 


1 „ 

1 „ 

12. 

Kob lenz, 


Kreuznach 


23 Gehöften 33 „ 




Zusammen 

in 

65 Gehöften 92 Schweine. 


In den mit * bezeichneten Gehöften herrschte gleichzeitig der 
Milzbrand unter dem Rindvieh. Im Kreise Nienburg erkrankten drei 
Schweine, welche Fleisch einer an Milzbrand gefallenen Kuh verzehrt 
hatten, zwei dieser Schweine sind genesen. Eines der im Kreise Kreuz¬ 
nach crepirten Schweine hatte Futterrückstände einer an Milzbrand 
gefallenen Kuh gefressen. In Betreff der Fälle im Kreise Segeberg 
versichert der Berichterstatter, welcher Ueberschwemmungen des sehr 
undurchlassenden Bodens als Ursache beschuldigt, in dem Blute der 
gefallenen Schweine stets die charakteristischen Milzbrandstäbchen 
gefunden zu haben, und auch der Berichterstatter Für den Kreis Moh¬ 
rungen verwahrt sich gegen jeden Irrthum in der Diagnose. Im 
Uebrigen kann wohl angenommen werden, dass ein grosser Theil der 
in den Tabellen aufgeführten Schweine nicht an Milzbrand, sondern 
an der sogenannten Schweineseuche gelitten hat. 

Während des 2. Quartals sollen Fälle von Milzbrand unter dem 
Schwarzwild im Kreise Goldap, Reg.-Bez. Gumbinnen, vorgekom¬ 
men sein, und ist in Weh rau, Kreis Bunzlau, Reg.-Bez. Liegnitz, ein 
Stück Dammwild an Milzbrand gefallen. 

Die Tabellen berichten, dass bei dem Schlachten kranker und 
bei dem Abhäuten gefallener Rinder 12 Menschen sich inficirt 
haben, von diesen sind 11 nach zum Theil schwerem Leiden genesen 
und einer — ein Schlächter in Schmedenstedt, Kreis Hildesheim — 
gestorben. Ausserdem erkrankte in Folge von Mildbrandinfection im 
Kreise Guben, Reg.-Bez. Frankfurt, ein mit dem Bewachen eines Milz- 
brandcadavers beauftragter Mensch, welcher sich Nachts auf das noch 
warme, mit Stroh bedeckte Cadaver schlafen gelegt hatte. Das sta¬ 
tistische Material führt ferner zahlreiche Fälle an, in denen Hunde 


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22 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

oder Katzen, welche Theile von Milzbrandcadavern verzehrt oder Blut 
der letzteren geleckt hatten, erkrankt sind. 

2 . Die Maul- und Klauenseuche. 

Die Maul- und Klauenseuche ist, wie die Tabelle S. 24 und 25 
nachweist, während des ganzen Berichtsjahres nur selten und an ver- 
hältnissmässig wenigen Orten aufgetreten, namentlich wurden im 2. und 
3. Quartal nur ganz vereinzelte Ausbrüche beobachtet. Verseucht 
waren in allen 4 Quartalen die Reg.-Bez. Potsdam und Frankfurt, 
in 3 Quartalen die Reg.-Bez. Danzig und Arnsberg, in 2 Quartalen 
die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Marienwerder, Stettin, Bromberg, 
Liegnitz, Merseburg, Schleswig, Lüneburg, Koeln und Aachen, 
in einem Quartal die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Königsberg, Posen, 
Breslau, Oppeln, Magdeburg, Hannover, Hildesheim, Stade, 
Wiesbaden und Düsseldorf, alle übrigen Reg.- bez. Landdr.-Bez. 
blieben während des Berichtsjahres frei von der Krankheit. Eine 
seuchenhafte Verbreitung erlangte dieselbe nur während des 1. Quartals 
im Kreise Görlitz unter solchen Schweinen, welche von Händlern in 
der Provinz Posen zusammengekauft worden waren. 

Die Ausbrüche unter dem Rindvieh beschränkten sich stets auf 
einzelne Ortschaften, selbst auf einzelne Gehöfte, sogar auf einzelne 
Thiere desselben Stalles. Namentlich wurde sehr häufig beobachtet, 
dass diejenigen Stücke Rindvieh, welche an der Maul- und Klauen¬ 
seuche während der beiden vorhergegangenen Jahre gelitten hatten, 
selbst unter den für die Ansteckung günstigsten Verhältnissen nicht 
erkrankten, oder dass das Auftreten der Seuche sich nur auf neu 
angekauftes Vieh, welches zugleich die Einschleppung vermittelt hatte, 
und mitunter ausserdem noch auf das Jungvieh erstreckte. Ein Stück 
Rindvieh im Kreise Jauer, Reg.-Bez. Liegnitz ist an der Aphthenseuche 
gefallen. 

Die Einschleppung der Seuche konnte in den meisten Fällen 
auf den Viehhandel bez. auf den Marktverkehr oder auf lnfectionen 
durch Treiberschweine, welche den betreffenden Ort passirt hatten, 
mit Bestimmtheit zurückgeführt werden. 

Die Krankheit brach namentlich häufig unter den Rindvieh bestän¬ 
den solcher Gehöfte aus, in welchen Heerden von Treiberschweinen 
oder Marktvieh genächtigt hatten. Während des 1. Quartals wurde 
die Seuche mehrmals auf den Schlachtviehhöfen in Berlin, Altona 


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Maul- und Klauenseuche. 


23 


und Düsseldorf bei Schweinen, welche in Berlin stets russischen Ur¬ 
sprungs waren, constatirt; während der letzten 3 Quartale wurde ein 
Auftreten der Maul- und Klauenseuche auch auf den Schlachtviehhöfen 
der grossen Städte nicht beobachtet. Von der Impfung der Aphthen¬ 
seuche ist bei dem Rindvieh nur während des 1. Quartals einmal 
— in Amalienhof, Kr. Elbing, Reg.-Bez. Danzig — mit dem Erfolge 
Gebrauch gemacht, dass die geimpften Thiere schnell und sehr ge¬ 
linde durchseuchten. 

Man kann behaupten, dass das Berichtsjahr im Verhältniss 
zu den vorhergegangenen 10 Jahren fast als ein von der 
Maul- und Klauenseuche frei gebliebenes anzusehen ist, 
selbst wenn man dabei in Rechnung zieht, dass erfahrungsgemäss 
eine nicht unerhebliche Zahl von Seuchenausbrüchen den Behörden 
und beamteten Thierärzten unbekannt bleibt. Allein es muss dabei 
beachtet werden, dass die beamteten Thierärzte jedenfalls in ihren 
Tabellen erwähnt haben würden, dass umlaufenden Gerüchten zufolge 
die Maul- und Klauenseuche häufiger aufgetreten sei, wenn eine 
grössere Anzahl von Ausbrüchen vorgekommen wäre, über welche 
eine Anzeige nicht geleistet wurde. Da sich derartige Bemerkungen in 
den Seuchenberichten gar nicht oder sehr vereinzelt finden, muss auch 
als festgestellt erachtet werden, dass in der That die Ausbrüche der 
Maul- und Klauenseuche während des Berichtsjahres verhältnissmässig 
selten vorgekommen sind. 

Die Tabellen berichten ferner über das Vorkommen der Maul¬ 
und Klauenseuche in mehreren Schafheerden, namentlich der Reg.- 
bez. Landdr.-Bez. Stettin, Wiesbaden, Hannover und Hildes¬ 
heim. Die dabei vorgetragenen Angaben über Dauer, Ausbreitung 
und Behandlung der Krankheit machen es in den meisten Fällen 
zweifelhaft, ob die betreffenden Schafe an der Aphthenseuche oder an 
der sogenannten bösartigen Klauenseuche bez. an der Moder¬ 
hinke gelitten haben. Einzelne Ausbrüche, in denen die Krankheit, 
über welche in dem Abschnitt: Maul- und Klauenseuche berichtet 
wird, bestimmt die bösartige Klauenseuche gewesen ist, haben wir in 
die Generaltabelle nicht aufgenommen. Es wäre zu wünschen, dass 
die Kreisthierärzte in Zukunft Aphthenseuche und bösartige 
Klauenseuche der Schafe schärfer aus einander halten, und 
dass die Departementsthierärzte in ihren Generaltabellen diese bei¬ 
den Krankheiten von einander trennen. 

In Frankfurt a./M. starben zwei Ziegen an der Maul- und Klauen- 


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k 24 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 



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Maul- und Klauenseuche. 


25 




Im vierten Quartal. 

Im Berichtsjahr. 

Regierungs- bcz. Land¬ 
drostei-Bezirke, in denen 
die Maul- und Klauen- 

erkrankt. 


d 

a> 

£ 


erkrankt. 


d 

o> 

Cd 

erkrankt. 

Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine. 

Zahl der Kreise. 

rG 

o 

12 

k 

o 

kl 

03 

2 

rt 

rs3 

Zahl der Gehöft 

Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine. 

Zahl der Kreise. 

Js 

O 

W3 

c 

o 

k> 

o 

-ö 

2 

4 

CS3 

Rindvieh. 

Schafe. 

Schweine. 

seuchc nicht aufgetreten 
ist, nebst Angabe der 
seuchenfrei gebliebenen 
Quartale. 


— 

— 

2 

3 

3 

184 

— 

— 

2 

3 

184 

—1 

— 

Königsberg 1. 2. 3. Quart. 
Gumbinnen 1.2. 3. 4. Qu. 

■”- 

— 


2 

2 

2 

22 

— 

— 

4 

6 

163 

— 

— 

Danzig 3. Quartal. 
Marienwerder 2. 3. Quart. 

14 

— 

— 

3 

3 

3 

74 

12 

— 

10 

25 

379 

23 

18 

Berlin 1. 2. 3. 4. Quartal. 










3 

3 

33 

320 


Stettin 3. 4. Quartal. 
Koeslin 1. 2. 3.4. Quartal. 
Stralsund 1.2.3.4. Quart. 

2 



1 

1 

1 

1 

— 

— 

4 

4 

43 

40 

— 

Posen 1. 2. 4. Quartal. 
Bromberg 2. 3. Quartal. 










10 

12 

111 

34 

200 

Breslau 2. 3. 4. Quartal. 
Liegnitz 3. 4. Quartal. 
Oppeln 2. 3. 4. Quartal. 










2 

2 

86 



Magdeburg 2. 3. 4. Quart. 
Merseburg 2. 3. Quartal. 
Erfurt 1. 2. 3. 4. Quartal. 

—, 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

3 

2 

260 

11 

Schleswig 3. 4. Quartal. 



• 

1 

1 

1 


10 


4 

4 

20 

800 


Hannover 1. 3. 4. Quartal. 
Hildesheim 1. 3. 4. Quart. 
Lüneburg 1. 3. Quartal. 
Stade 2. 3. 4. Quartal. 
Osnabrück 1.2.3.4.Quart. 
Aurich 1.2. 3. 4. Quartal. 

2 

230 








2 

2 

14 



Münster 1.2.3.4 Quartal. 
Minden 1.2. 3. 4. Quartal. 
Arnsberg 4. Quartal. 









1 

3 

— 

230 


Kassel 1. 2. 3. 4. Quartal. 
Wiesbaden 1.2.4.Quartal. 

2 



4 

6 

6 

105 



7 

10 

111 


22 

Koblenz 1.2.3.4. Quartal. 
Düsseldorf 2.3.4.Quartal. 
Koeln 1. 2. Quartal. 
Trier 1. 2. 3. 4. Quartal. 
Aachen 2. 3. Quartal. 


— 



— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Sigmaringen 1.2.3.4. Qu. 

20 

230 

) — 

13 

| 161 

~ 

386 

22 


51 

~ 

1146 

1707 

251 

2546 

37 

36 

54 

80 

94 

1485 

224 

172 

165 

378 

8710 

977 

592 



193 











730 



2526 

— 

36 

41 

64 

78 

1099 

202 

172 

114 

301 

7564 

— 

; 341 



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26 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


seuche; ein 4 Jahr alter Knabe, welcher gekochte Milch von diesen 
kranken Thieren getrunken hatte, bekam einen pemphigusartigen 
Ausschlag am Kopfe und an den Händen. Der Ausschlag, welcher 
besonders intensiv an den Ohrmuscheln auftrat, heilte erst nach 14 
bis 20 Tagen ab. 


3. Die Lungenseuelie. 

Aus der Zusammenstellung in der Tabelle S. 28 und 29 geht 
hervor, dass die Zahl der an der Lungenseuche erkrankten, sowie der 
Verlust an erkrankten und behufs Seuchentilgung getödteten Stück 
Rindvieh zwar etwas höher gewesen ist, als im vorhergegangenen 
Jahre, gleichzeitig aber auch, dass die Gesammtzahl der Kreise und 
Ortschaften, in denen die Lungenseuche zum Ausbruch gelangte, im 
Allgemeinen nicht bedeutend war und während der drei letzten 
Quartale zum Theil erheblich weniger betrug als in den entsprechen¬ 
den des Jahres 1878/79. Am Schlüsse des letzteren blieben 112, am 
Schlüsse des Berichtsjahres 99 Gehöfte übrig, in denen die Seuche 
noch nicht als getilgt betrachtet werden konnte. Die Steigerung der 
Verluste ist demnach zu einem grossen Theil darauf zurückzuführen, 
dass die Neigung der Besitzer grösserer Güter eine schleunigere 
Tilgung der Lungenseuche durch Tödtungen zahlreicher — auch nur 
in geringen Graden erkrankter, so wie durch Abschlachtung sol¬ 
cher Thiere herbeizuführen, welche lediglich der Ansteckung ausge¬ 
setzt gewesen und überhaupt noch nicht sichtlich erkrankt waren, im 
Allgemeinen zugenommen hat. Auch die geringere Zahl der gefallenen 
Thiere unterstüzt die so eben ausgesprochene Annahme. 

Nachstehend versuchen wir, übersichtlich die Verluste anschau¬ 
lich zu machen, welche durch die Ausbrüche der Lungenseuche ver¬ 
anlasst wurden. Die Bestände, unter denen die Seuche auftrat, ent¬ 
hielten im Ganzen: 


1878/79. 

im 1. Quartal 1814 
„ 2. „ 2403 

„ 3. „ 3898 

„ 4. „ 4068 


1879/80. 

2911 St. Rindvieh. 

2346 

3941 

4475 


Die Gesammtzahl der Thiere, welche die verseuchten Bestände 
zusammensetzten, hat mithin während des Berichtsjahres in den 
letzten 3 Quartalen zugenommen, obgleich keine erhebliche Steigerung, 


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Lungenseuche. 


27 


theilweise sogar eine Abnahme der verseuchten Ortschaften und Ge¬ 
höfte stattfand. Diese Thatsache findet lediglich dadurch eine Er¬ 
klärung, dass die Zahl der grösseren Güter, namentlich in der Provinz 
Sachsen, unter deren Viehbeständen das Herrschen der Lungenseuchc 
bekannt wurde, auffällig grösser geworden ist (s. auch Zusammen¬ 
stellung S. 46 u. 47). 

Die Verluste an gestorbenen und getödteten Thieren im 
Verhältniss zu der oben angeführten Gesammtzahl aller 
verseuchten Bestände, berechnen sich: 

1878/79. 1879/80. 

im 1. Quartal auf 24,00 22,00 pCt. 

. 2. „ 17,50 16,28 „ 

. 3. . 14,00 12,30 „ 

. 4. „ 17,00 17,00 „ 

Die genannten Procentsätze stellen sich in den ersten drei Quar¬ 
talen des Berichtsjahres noch ungleich höher, wenn man die Provinz 
Sachsen, in welcher erst während des 4. Quartals umfangreiche Tödtun- 
gen behufs Tilgung der Lungenseuche vorgenoramen wurden, ausser 
Anschlag lässt. Unter dieser Voraussetzung berechnet sich der Pro¬ 
centsatz der Verluste im Verhältniss zu der Gesammtzahl der Thiere 
in den verseuchten Gehöften, wie folgt: 

im 1. Quartal 1879/80 auf 26,40 pCt. 

n 2. „ „ „ 24,25 . 

* 3. „ * „ 19.20 „ 

« 4, n * „ 17,90 „ 

Ein Blick auf die Tabelle S. 28 und 29 zeigt ferner, dass die 
Zahl der Seuchenausbrüche und der Umfang der Verluste während 
des Berichtsjahres in der Provinz Sachsen erheblich zugenommen hat, 
dagegen macht sich eine stetige Abnahme der Seuchenausbrüche und 
Verluste in den Provinzen Brandenburg, Schlesien, Westfalen, in der 
Rheinprovinz, mit einigen Schwankungen auch in den Provinzen Posen, 
Hannover und Hessen-Nassau bemerklich. In Westpreussen, Pommern 
und Schleswig-Holstein beschränkte sich das Vorkommen der Lungen¬ 
seuche auf ganz vereinzelte Ausbrüche. 

Noch schärfer ergiebt sich die Richtigkeit dieser Thatsache aus 
der Tabelle S. 30, welche die Zahl der auf die einzelnen Pro¬ 
vinzen entfallenden Erkrankungen an Lungenseuche in abgerundeten 
Procentsätzen ausdrückt. 


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Laufende Nummer. 


28 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 





Im ersten Quartal. 

1 

Im zweiten Quartal. 

1 


Im drit 

c 

o 



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| 


Stück Rindvieh 


C 

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c: 

Zahl der Gehöfte. 

Stück Rindvieh 


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| Laufende Numra 

Provinz. 

Zahl der Kreise. 

ja 

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Zahl der Gehöft« 

erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getodtet. 

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Zahl der Kreise. 

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erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet. 

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Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft 

1. 

Ostpreussen ... 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

Westpreussen.. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

12 

— 

10 

2 

1 

1 

1 

3. 

Brandenburg .. 

6 

10 

13 

146 

2 

142 

51 

4 

5 

8 

117 

_ 

117 

— 

5 

11 

13 

4. 

Pommern. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5. 

Posen. 

6 

12 

12 

30 

1 

29 


5 

10 

11 

25 

1 

23 

_ 

5 

9 

11 

6. 

Schlesien . 

3 

5 

6 

61 


60 

4 

3 

5 

5 

17 

1 

16 

6 

3 

4 

4 

7. 

Sachsen . 

13 

32 

46 

181 

6 

154 

23 

12 

28 

44 

138 

3 

128 

9 

13 

26 

32 

8. 

Schleswig-Hol¬ 
stein . 

1 

2 

2 

4 


1 

15 

2 

2 

2 

10 


9 

7 

2 

2 

2 

9 

Hannover. 

4 

5 

5 

48 

4 

44 

— 

6 

8 

11 

85 

3 

73 

6 

4 

5 

12 

10. 

Westfalen. 

5 

5 

7 

16 

1 

13 

— 

4 

5 

6 

16 

— 

14 

2 

1 

2 

0 

11 

Hessen-Nassau . 

6 

9 

9 

18 

— 

13 

8 

5 

7 

10 

25 

1 

21 

4 

6 

9 

32 

12. 

Rheinprovinz .. 

12 

12 

15 

70 

2 

56 

12 

5 

5 

5 

16 

1 

14 

1 

" 



13. 

Hohcnzollern- 
sche Lande .. 
















_ 



Summa .. 

56 

92 

115 

I 574 

16 

512 

113 

47 

76 

103 

461 

10 

425 

37 

40 

69 

109 


Im Berichts¬ 
jahr 1878/79. 

46 

77 

94 

[ 4-24 

11 

39o 

35 

50 

93 

126 

396 

22 

342 

56 

52 

98 

146 


Im Berichts¬ 
jahr 1879/80 
mehr . 

10 

15 

21 

150 

5 

122 

78 




65 


83 






weniger . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

17 

23 

» — 

12 

— 

19 

12 

29 

37 


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Lungenseuch«. 


29 




Im vierten Quartal. 


Im Berichtsjahr. 


Regierungs- bez. Land¬ 
drostei-Bezirke, in denen 
Fälle von Lungenseuche 



d 


Stück Rindvieh 


c 

<D 

Stück Rindvieh 

erkrankt. 

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3 

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auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet. 

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Zahl (1er Kreise. 

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2. 

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Zahl der Gehöft 

erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet. 

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erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet. 

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nicht vorgekommen sind, 
nebst Angabe der seu¬ 
chenfrei gebliebenen 
Quartale, 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 — 

— 

— 

- 

Königsberg 1.2.3. 4. Qu. 
Gumbinnen 1.2.3. 4. Qu. 

10 

— 

10 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

1 

1 

22 

— 

20 

2 

Danzig 1. 4. Quartal. 
Marienwerder 1.2.3.4. Qu. 

81 

1 

75 

7 

5 

8 

10 

57 

— 

54 

67 

8 

22 

401 

3 

388 

125 

Berlin 1. 2. 3. 4. Quartal. 





1 

1 

1 

5 


5 


1 

1 

5 


5 


Stettin 1. 2. 3. Quart. 
Kocslin 1. 2. 3. Quartal. 
Stralsund 1.2.3.4.Quart. 

95 

1 

93 

1 

7 

11 

13 

50 

1 

49 

- 

11 

30 

200 

4 

194 

1 

Bromberg 3. Quartal. 

9 

1 

9 

— 

3 

3 

3 

18 

— 

17 

45 

7 

10 

105 

2 

102 

55 

Liegnitz 1. 2. Quartal. 
Oppeln 3. Quartal. 

180 

9 

147 

19 

19 

148 

63 

481 

20 

421 

14 

*24 

88 

980 

38 

850 

65 

Erfurt 2. 3. Quartal. 

5 

— 

5 

— 

2 

3 

3 

3 

_ 

3 

3 

3 

6 

22 

1 — 

18 

25 


47 


41 

3 

3 

8 

9 

22 

2 

12 

8 

6 

14 

202 

9 

170 

17 

Hannover 3. 4. Quartal. 
Lüneburg 1. Quartal. 
Stade 1. 2. 3. 4. Quartal. 
Aurich 1. 2.3.4. Quartal. 

5 

— 

5 

— 

1 

1 

1 

1 

— 

1 

— 

7 

12 

38 

1 

33 

2 

Münster 3. 4. Quartal. 
Minden 2. 3. 4. Quartal. 

60 

3 

55 

2 

5 

6 

12 

32 

— 

32 

5 

9 

21 

135 

4 

121 

19 






2 

2 

3 

5 


1 

4 

14 

15 

91 

3 

71 

17 

Koblenz 3. 4. Quartal. 
Düsseldorf 3. 4. Quartal. 
Koeln 3. 4. Quartal. 
Trier 1. 2. 3. Quartal. 
Aachen 1.2.3.4. Quartal. 

— 

— 

— 


- 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Sigmaringen 1.2.3.4.Qu. 

49*2 

15 

440 

32 

48 

91 

118 

674 

23 

595 

146 

91 

220 

2201 

64 

1972 

328 


557 

‘21 

479 

51 

5*2 

96 

129 

713 

32 

567 

92 

- 

— 

2090 

86 

1778 

234 









__ 


28 

54 



111 


194 

94 


65 

6 

39 

19 

4 

5 

11 

39 

9 


I 

— 

— 

— 

22 

— 

— 



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30 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 




1 . 

Quartal. 

2 . 

Quartal. 

3. 

Quartal. 

. 

4. 

Quartal. 

Berichts¬ 
jahr 1879 1 
1880. 

Berichts¬ 
jahr 1878 
1879. 


An Lungenseuche er¬ 
krankte St. Rindvieh 

574 ' 

461 

492 

674 

2201 

2090 

1 . 

davon in der Provinz 

Westpreussen. 

pCt 

pCt. 

2,60 

pCt. 

2,00 

pCt. 

pCt. 

1,00 

pCt. 

1,00 

2 

Brandenburg. 

25,40 

25,40 

16,45 

8,40 

18,20 

21,00 

3 

Pommern. 

— 

— 

— 

0,75 

0,20 

— 

4. 

Posen. 

5,20 

5.40 

19,35 

7,50 

9,00 

17,00 

5. 

Schlesien. 

10,70 

3,80 

1,70 

2,75 

4,80 

7,50 

6 . 

Sachsen . 

31,60 

30,00 

36,65 

71,20 

44,70 

25,00 

7. 

Schleswig-Holstein 

0,70 

2,20 

1,00 

0,45 

1,00 

1.20 

8 . 

Hannover. 

8,30 

18,20 

9,60 

3,25 

9,10 

4,20 

9. 

Westfalen. 

2,80 

3,50 

1,00 

0,15 

1,70 

2,10 

10 . 

Hessen-Nassau.... 

3,10 

5,40 

12,25 

4,80 

6,10 

13,00 

11 . 

Rheinprovinz. 

12.20 

3,50 

— 

0,75 j 

4,20 

8,00 



100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 


Die Vergleichung in der 6. Colonne der vorstehenden Tabelle 
zeigt, dass der Procentsatz der Erkrankungen 

nur in der Provinz Sachsen erheblich und ausserdem 
etwas in Hannover gegen das vorhergegangene Jahr 
zugenommen hat. Abgesehen von einem Ausbruch in der 
während des vorigen Jahres seuchefreien Provinz Pommern und 
von der Provinz Westpreussen, in welcher dasselbe Verhältniss 
bestehen blieb, macht sich in allen übrigen Provinzen eine Ab¬ 
nahme der Lungenseuche bemerklich. 

In der Provinz Ostpreussen ist, ebenso wie im Jahre 1878/79, 
kein Fall von Lungenseuche beobachtet worden. 

Das Auftreten der Krankheit in der Provinz Westpreussen 
beschränkte sich auf den Viehbestand des Gutes Stenzlau, Kr. Pr. 
Stargard, Reg.-Bez. Danzig. Die Seuche ist durch in Bayern ange¬ 
kaufte Zugochsen eingeschleppt worden. Von den ursprünglich vor¬ 
handenen 95 Stück des Bestandes wurden 22 behufs Seuchentilgung 
abgeschlachtet. Der Reg.-Bez. Marienwerder blieb das ganze Jahr 
hindurch seuchefrei. 

Die Verbreitung der Lungenseuche in der Provinz Brandenburg 
weist die umstehende Tabelle nach. 

Die Kreise Ober-Barnim und Prenzlau des Reg.-Bez. Potsdam 
waren 1878/79 seuchefrei geblieben, dagegen hatten die Kreise Teltow 


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Lungenseuche. 


31 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr gestorbene 
und getÖdtete Thiere. 

*1 Ü 

2 S 
S ^ 

bcH 

SS 

00 ü 

TT 

S 

c- & 

j= ^ 

• 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtetc Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

1 

Ober Barnim .. 



1 

7 





7 


Reg.-Bez. 

2. 

Beeskow-Storkow 

3 

16 

— 

— 

— 

— 

1 

i 

17 

49 

Potsdam. 

3. 

Ost-Havelland .. 

— 

— 

— 

— 

2 

7 

2 

4 

11 

1 


4. 

Prenzlau. 

— 

— 

— 

— 

3 

— 

3 

37 

37 

— 



Summa .. 

3 

16 

1 

7 

5 

7 

6 

42 

72 

50 


1. 

Friedeberg .... 

1 

63 


_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

63 

64 

Reg.-Bez. 

2. 

Königsberg Nord- 











Frankfurt. 


und Südabthei¬ 













lung.. 

3 

20 

1 

27 

2 

5 

2 

74 

126 

44 


3 

Lebus. 

4 

22 

1 

3 

4 

51 

2 

5 

81 

141 


4. 

Züllichau. 

2 

74 

5 

80 

2 

20 


— 

174 

— 



Summa .. 

10 

179 

7 

110 

8 

76 

4 

79 

444 

249 



und Zauch-Belzig in dem vorigen Jahr zusammen 120 Stück an der 
Lungenseuche verloren. Im Kreise Beeskow-Storkow brach die Lungen¬ 
seuche während des 1. Quartales in 3 bäuerlichen Beständen dadurch 
aus, dass die Krankheit von Thieren eines früher verseucht gewesenen 
Gutes auf zwei Bestände desselben und einen Bestand eines benach¬ 
barten Dorfes übertragen wurde. Der Ausbruch im 4. Quartal betraf 
das oben erwähnte Gut und beschränkte sich auf einen angekauften 
Ochsen. Ucber die Einschleppung der Krankheit in das Gehöft des 
Kreises Ober-Barnim wird nichts mitgetheilt. In dem zum Gute 
Königshorst, Kr. Ost-Havelland, gehörenden Vorwerk Nordhof, ist 
die Lungenseuche, welche unter den Viehbeständen des Gütercom- 
plexes seit 1870 zu verschiedenen Zeiten geherrscht hat, eigentlich 
nie vollständig erloschen, dieselbe wurde vielmehr durch die in jedem 
Jahre geborenen Kälber fortdauernd unterhalten. Durch Verkauf 
eines Kalbes wurde die Krankheit von Nordhof in einen Viehbestand 
der Stadt Nauen eingeschleppt, und erst die in Folge dieses Aus¬ 
bruches veranlassten Nachforschungen stellten das Fortherrschen der 


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32 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

Lungenseuche in Nordhof fest. Die Tilgung war auch am Ende des 
Berichtsjahres in Nordhof und Nauen noch nicht erfolgt. Der Aus¬ 
bruch der Lungenseuche im Kreise Prenzlau betraf die Viehbestände 
dreier Vorwerke einer Zuckerfabrik und ist durch Ankauf von Zug¬ 
ochsen in Bayern bedingt worden. 

Im Iteg.-Bez. Frankfurt sind die Viehbestände der Güter Holm, 
Kr. Friedeberg, Vietnitz mit Vorwerk Charlottenhof, Alt-Bleyen, Kr. 
Königsberg, Rathstock, Kr. Lebus, Buckau A. u. B., Cruramendorf und 
Vorwerke, Kr. Züllichau, durch die Lungenseuche fast vollständig auf¬ 
gerieben worden. Ausser sehr zahlreichen auf polizeiliche Anordnung 
getödteten Thieren wurde vielfach der Rest der verseuchten Bestände 
auf dem Berliner Viehmarkt abgeschlachtet. Die Seuche dauerte 
theilweise aus dem letzten Quartal des vorhergehenden Berichtsjahres 
fort und hat meist einen stürmischen Verlauf genommen, welcher 
auf zahlreiche gleichzeitig stattgehabte Infectionen und auf die Zu¬ 
sammenhäufung vieler Thiere in denselben Ställen, in denen intensive 
Mästung betrieben wird, zurückzufuhren sein dürfte. Ueber die Ver¬ 
schleppung der Krankheit erfahren wir nur, dass dieselbe in einem 
Falle durch Ankauf eines Stück Rindvieh auf einem Markt der Pro¬ 
vinz Posen, meistens aber durch Berührung mit Vieh benachbarter 
Seuchengehöfte bedingt worden ist. Am Schlüsse des Berichtsjahres 
war die Lungenseuche bis auf den Viehbestand eines ausgebauten Ge¬ 
höftes im Kr. Lebus vollständig getilgt. 

Bei aus verseuchten Beständen stammenden, anscheinend noch 
gesunden Thieren, welche behufs schleuniger Seuchentilgung nach dem 
Berliner Viehmarkt zum Abschlachten transportirt worden waren, er¬ 
gab sich, dass zahlreiche Thiere mit der Lungenseuche behaftet waren, 
oder fanden sich diejenigen krankhaften Veränderungen, welche nach 
Ablauf der Krankheit in den Lungen Zurückbleiben. Unter dem in 
Berlin einheimischen Vieh kam kein Fall von Lungenseuche vor. 

In der Provinz Pommern, welche während der letzten 2 Jahre 
vollständig seuchenfrei geblieben war, brach die Lungenseuche — ein¬ 
geschleppt durch den Ankauf bayerischer Zugochsen — unter dem 
Viehbestände des Gutes Hufenberg, Kr. Bublitz, Reg.-Bez. Köslin im 
4. Quartal aus. Die Krankheit war am Schlüsse des Berichtsjahres 
noch nicht getilgt. 

In der Provinz Posen sind Ausbrüche der Lungenseuche in den 
nachstehend genannten Kreisen vorgekommen: 


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Lungenseuche. 


33 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr gestorbene 
und getödtete Thiere. 

Ira Jahre 1878/79 gestor¬ 
bene und getödtete Thiere. 


verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge¬ 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge¬ 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

1. 

Bomst. 

4 

4 

1 

5 

1 

21 

1 

1 

31 

24 

Reg.-Bez. 

2 

Buk . 

— 

— 

1 

1 

2 

41 

2 

7 

50 

94 

Posen. 

8. 

Fraustadt. 

2 

2 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

4 

24 


4. 

Kosten . 

3 

21 

7 

14 

6 

31 

6 

16 

82 

26 


6. 

Kroeben . 

1 

1 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

2 

28 


6 . 

Krotoschin .... 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 


7 

Posen (Landkr.) 

— 

— 

1 1 

3 

— 

— 

— 

— 

3 

33 


8. 

Schrimm. 


— 



— 

— 

1 

20 

20 

27 



Summa .. 

11 

29 

10 

23 

11 

|95 

11 

45 

193 

256 


1. 

Kolmar. 

1 

1 

1 

1 





2 

25 

Reg.-Bez. 

2. 

Mogilno. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

3 

3 

— 

Bromberg. 

3. 

Wongrowiec ... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

— 



Summa .. 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

2 

4 

6 

25 



Die Kreise Birnbaum, Meseritz und Samter, welche 1878/79 zu¬ 
sammen 81 Stück Rindvieh verloren hatten, blieben im Reg.-Bez. 
Posen während des Berichtsjahres seuchefrei, dagegen war 1878/79 
im Kreise Krotoschin kein Fall von Lungenseuche vorgekommen. Die 
obige Zusammenstellung zeigt, dass der Kr. Kosten am stärksten ver¬ 
seucht war, welcher im Jahre 1877/78 unter allen Kreisen des Staates 
die bedeutendsten Verluste durch die Lungenseuche erlitten hatte. Die 
letztere nahm 1878/79 im Kr. Kosten an Verbreitung bedeutend ab, 
um während des Berichtsjahres wieder einen’ erheblicheren Umfang 
zu erlangen. Die Mittheilungen über die Einschleppung der Krankheit 
in die Seuchenorte des Reg.-Bez. sind sehr dürftig, es hat den An¬ 
schein, dass die Verschleppung am häufigsten durch Ankauf von 
Vieh auf den Märkten der Provinz oder durch das Vieh der oft 
ihre Stelle wechselnden Tagelöhner und Dienstboten vermittelt wird; 
je einmal erwähnen die Tabellen als Ursache des Ausbruches: An¬ 
kauf von Vieh in Bayern, Schlesien bez. im Kreise Züllichau, Reg.- 
Bez. Frankfurt. Die Verluste waren im Verhältniss zu der Gesammt- 
zahl der Bestände theils geringe, theils — namentlich auf einzelnen 

Archiv f. witt. n. pxmct. ThUrhcilkunde. VII. 6appl.-H«ft. o 


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34 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

grösseren Gütern — sehr bedeutend, weil eine grosse Zahl Thicre 
auf polizeiliche Anordnung getödtet werden musste, z. B. in: 
Plastowo, Kreis Kosten, 83 Stück Bestand, 16 Stück getödtet. 


Walkowo 


„ 33 

3? 

33 

15 

33 

33 

Wonsewo 

33 

Buk, 180 

33 

33 

39 

33 

33 

Godziszowo 


Bomst, 59 

33 

33 

21 

33 

33 

Manieczki 

33 

Schrimm 102 

33 

33 

21 

33 

33 


Mehrfach wurden Restbestände verseuchter Bestände zum Ab¬ 
schlachten nach dem Berliner Viehmarkt gebracht. 

Die Fälle von Lungenseuche im Kreise Kolmar, Reg.-Bez. Brom¬ 
berg, betrafen Kühe von Dienstleuten eines Gutes, unter dessen Vieh¬ 
beständen im vorhergegangenen Berichtsjahre die Krankheit geherrscht 
hatte. Die Ausbrüche in je einem Gehöfte der Kreise Mogilno und 
Wongrowiec gaben Anlass zu den sorgfältigsten Nachforschungen über 
den Ursprung der Seuche, wobei sich herausstellte, dass in den be¬ 
treffenden Gehöften ein Abgang oder ein Wechsel von Vieh nicht statt¬ 
gefunden hatte. Da der Reg.-Bez. und speziell die beiden genannten 
Kreise bisher von der Lungenseuche frei geblieben waren, und da eine 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr gestorbene 
und getödtete Thiere. 

Im Jahre 1878/79 gestor¬ 
bene und getödtete Thiere. 


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verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge¬ 
tödtete Thiere. 

, 

Landkr. Breslau 

4 

16 

3 

9 

2 

2 

1 

5 

32 

90 

Reg.-Bez. 

2. 

Guhrau. 

l 

44 

1 

10 





54 

— 

Breslau. 


Summa .. 

5 

60 

4 

19 

2 

2 

1 

5 

86 

90 


1. 

Landkr. Görlitz 


_ 

_ 


1 

7 

1 

5 

12 

11 

Reg.-Bez. 

2. 

Grünberg. 



— 

— 

1 

1 


— 

1 


Liegnitz. 


Summa .. 


— 

— 

— 

2 

8 

1 


13 

11 


1 

Pless. 

1 

4 







4 

21 

Reg.-Bez. 

2 

Ratibor. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

52 

52 

— 

Oppeln. 

3. 

Tost-Gleiwitz .. 

— 

— 

i 

4 

— 

— 

— 

— 

4 

— 



Summa .. 

1 

4 

11 

4 

^1 

— 

1 

52 

60 

21 



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Google 



























Lungenseuche. 


35 


weitere Verbreitung in den Beständen nicht erfolgte, dürfte zu ver- 
muthen sein, dass ein Irrthum in der Diagnose vorliegt. 

Die vorstehende Tabelle zeigt, dass die Lungenseuche in der 
Provinz Schlesien nur ein beschränktes Verbreitungsgebiet ge¬ 
habt hat. 

Seuchefrei blieben die Kreise Wohlau, Hirschberg, Lauban, Löwen¬ 
berg, Beuthen und Leobschütz, welche 1878/79 zusammen 26 Stück 
Rindvieh verloren hatten, dagegen wurden im vorhergegangenen Berichts¬ 
jahre Fälle von Lungenseuche in den Kreisen Guhrau, Grünberg, 
Ratibor und Tost-Gleiwitz nicht beobachtet. 

Die Ausbrüche der Lungenseuche im Landkreise Breslau, Reg.- 
Bez. Breslau, kamen in benachbarten Ortschaften, in denen die 
Krankheit zum Theil schon während des vorhergegangenen Jahres 
herrschte, vor und sind hauptsächlich durch Berührung der Thiere 
unter einander von einem Ort und Gehöft nach dem anderen verschleppt 
worden. Die Tilgung wurde dadurch befördert, dass zahlreiche Thiere 
— in Jackschoenau und Zaungarten z. B., die zusammen 88 Stück 
zählenden Bestände der Seuchengehöfte — theils auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet, theils zum Abschlachten verkauft wurden. In 
Seitsch, Kr. Guhrau, wurde der ganze Bestand der Gutsheerde auf 
polizeiliche Anordnung getödtet. 

Die Fälle im Landkreise Görlitz, Reg.-Bez. Liegnitz, sollen, 
wie vermuthet wird, auf Einschleppungen aus dem Königreich Sachsen 
zurückzuführen sein, in dessen angrenzenden Districten die Seuche 
angeblich mehrfach aufgetreten ist. Das im Kreise Grünberg gefallene 
Stück konnte nur der „Lungenseuche verdächtig“ erklärt werden und 
hat voraussichtlich, da die Krankheit sich in dem Bestände nicht 
weiter verbreitete, an einer anderen Krankheit gelitten. 

Die Ausbrüche der Lungenseuche im Reg.-Bez. Oppeln wurden 
bald durch Abschlachten der verseuchten Bestände auf polizeiliche 
Anordnung getilgt, in Morawetzhof, Kreis Ratibor, liess der Besitzer 
den Rest des Bestandes. — 44 Stück — auf eigene Veranlassung 
schlachten, nachdem 8 Stück auf polizeiliche Anordnung getödtet 
worden waren. Die Berichte enthalten keine Mittheilungen über die 
Einschleppung der Lungenseuche in die Seuchenorte des Reg.-Bez. 
Oppeln. 

Die folgende Tabelle giebt einen Ueberblick der Verseuchungs- 
Verhältnisse in der Provinz Sachsen. 

3* 


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36 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

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verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

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verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

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k. 

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gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

1. 

Aschersleben... 



1 

1 

1 

18 

4 

41 

60 

25 

Reg.-Bez. 

2. 

Kalbe . 

2 

5 

1 

1 

4 

63 

9 

26 

95 

— 

Magdeburg. 

3 

Gardelegen .... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

4 

4 

— 


4. 

Halberstadt ... 

— 

— 

— 

— 

3 

19 

6 

13 

32 

1 


5 

Jerichow I. 

— 

— 

— 

— 

2 

8 

3 

33 

41 

— 


6. 

Jerichow II. ... 

1 

30 

1 

18 

— 

— 

1 

15 

63 

— 


7 

Neuhaldensleben 

2 

3 

3 

4 

1 

2 

2 

4 

13 

32 


8. 

Oschersleben ... 

6 

14 

3 

13 

3 

5 

4 

40 

72 

27 


9. 

Osterburg. 

— 

— 

4 

4 

— 

— 

1 

14 

18 

7 


10. 

Wanzlebcn .... 

7 

24 

9 

41 

3 

5 

1 

14 

84 

105 


11. 

Wolmirstcdt ... 

1-1 

38 

10 

23 

8 

16 

17 

68 

145 

43 



Summa .. 

32 

114 

32 

105 

25 

136 

49 

272 

627 

240 


1. 

Delitsch. 

4 

13 

3 

17 

1 

8 



38 

49 

Reg.-Bez. 

2. 

Eckartsberga... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

22 

22 

— 

Merseburg. 

3. 

Liebenwerda ... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

17 

17 

— 


4. 

Mansfeld Gc- 













birgskr. 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

2 

3 

7 


5. 

Mansfeld Seekr. . 

— 

— 

— 

— 

2 

9 

2 

10 

19 

7 


6. 

Naumburg .... 

1 

11 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

11 

43 


7 

Querfurt . 

1 

2 

2 

8 

2 

11 

3 

70 

91 

2 


8. 

Saalkreis. 

2 

10 

3 

5 

— 

— 

2 

56 

71 

40 


9 

Sangerhausen . . 

3 

31 

4 

5 

1 

10 

— 

— 

46 

3 


10. 

Weissenfels .... 





— 

— 

1 

1 

1 

11 



Summa .. 

11 

67 

12 

35 

7 

39 

12 

178 

319 

162 


1. 

Erfurt Landkr. . 

1 

1 







1 


Reg.-Bez. 

2. 

Schleusingcn ... 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

11 

Erfurt 

3 

Ziegenrück .... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

5 

5 

11 



Summa .. 

2 | 

2 

— 

— 

— 

— 

2| 

^ 5 

7 

22 



Im Reg.-Bez. Magdeburg blieben während des Berichtsjahres 
nur die Stadt Magdeburg, die Kreise Salzwedel und Wernigerode, 
welche 1878/79 zusammen 24 Stück Rindvieh verloren hatten, sowie 
der Kreis Stendal, in welchem während der beiden letzten Jahre kein 
Fall von Lungenseuche vorgekommen ist, seuchefrei, im Reg.-Bez. 
Merseburg die Kreise Bitterfeld, Merseburg, Wittenberg, in denen 


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Lungenseuche. 


37 


1878/79 51 Stück Rindvieh theils getödtet wurden, theils gefallen 
waren. In den Kreisen Schweinitz, Torgau und Zeitz ist die Lungen¬ 
seuche während der beiden letzten Jahre nicht aufgetreten. Im Reg.- 
Bez. Erfurt waren 1878/79 die Kreise Nordhausen und Worbis ver¬ 
seucht gewesen — Verlust 14 Stück Rindvieh — dagegen im Erfurter 
Landkreise keine Fälle von Lungenseuche vorgekommen. 

Die Zahl der verseuchten Bestände und der auf polizei¬ 
liche Anordnung getödteten Rinder ist imReg.-Bez. Magde¬ 
burg fortdauernd gestiegen; trotzdem sind nach den über¬ 
einstimmenden Versicherungen aller Berichterstatter bei 
Weitem noch nicht sämmtliche Seuchenherde des Bezirkes 
bekannt. Als solche können namentlich viele grössere Güter, 
welche die Zuckerfabrikation betreiben, angesehen werden, in denen 
die Krankheit vielfach seit Decennien herrscht und theils ver¬ 
heimlicht, theils stets von Neuem eingeschleppt wird. Die Besitzer 
sind wenig geneigt, die gesetzlich vorgeschriebene Anzeige von Aus¬ 
brüchen der Lungenseuche zu machen, weil die Einführung der Gehöfts¬ 
sperre mit zu bedeutenden wirtschaftlichen Störungen verbunden ist 
und ziehen es meistens vor, die Thiere sofort nach dem Hervortreten 
der ersten Krankheitserscheinungen an Fleischer zu verkaufen, welche 
dieselben in der Regel noch am Tage der Uebergabe abschlachten. 
Ebenso sind in den Schlachthäusern von Berlin und Köln mehrfach 
aus dem Magdeburgischen stammende Stück Rindvieh an der Lungen¬ 
seuche erkrankt befunden worden; die Constatirung der Seuche bei 
einem in .Köln geschlachteten Ochsen brachte das Herrschen der 
Krankheit unter einem Viehstande in Groningen, Kr. Oschersleben, 
erst zur Kenntniss der Behörden. Die in Folge dessen eingeleitete 
Untersuchung ergab bei zwei Ochsen alle Erscheinungen der Krank¬ 
heit und bei einem Ochsen die Veränderungen eines bereits seit min¬ 
destens 6 Monaten abgelaufenen Lungenseucheprocesses. Ausserdem 
wird die Verbreitung der Seuche auch durch den Umstand begünstigt, 
dass die Ställe der Viehhändler, aus denen die grossen Güter ihren 
Bedarf beziehen, nicht selten seit Jahren verseucht sind. Die öfter 
vertheidigte Behauptung, dass die Seuche aus Holland, Ostfriesland 
oder Oldenburg eingeschleppt worden sei, ist fast in der Regel eine 
irrthümliche, die Infection hat vielmehr in den Ställen der Vieh¬ 
händler stattgefunden. 

Von den Beständen der grossen Fabrikwirthschaften verbreitet 
sich die Seuche vielfach auf solche, welche kleineren Besitzern gehören 


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38 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

und mit den erkrankten Thieren der grösseren Güter in mannigfache 
Berührung kommen. Diese Verbreitung würde noch ungleich häufiger 
stattfinden, wenn die Erfahrung nicht gezeigt hätte, dass das Begegnen 
gesunder und kranker Thiere im Freien die Uebertragung der Seuche 
sehr viel weniger leicht vermittelt als das Zusammenstehen in dem¬ 
selben Stalle. Die Einschleppung erfolgte ferner vielfach durch den 
Ankauf kranker oder inficirter bez. noch nicht vollständig dureh- 
geseuchter Thiere — welche mehrfach aus dem Braunschweig'schen 
oder aus Bayern eingeführt worden sind —, durch die mit Viehkuren 
sich beschäftigenden Hirten, oder durch das Führen der Kühe zum 
Bullen. In einem Falle gab ein erkrankter Bulle Anlass zum Aus¬ 
bruch der Lungenseuche in 6 Ortschaften. 

Die Krankheit verlief — namentlich unter den Zugochsen der 
grossen Fabrikwirthschaften — häufig sehr milde und hatte auffallend 
geringe Verluste im Gefolge. Dieser günstige Verlauf wird meistens 
der zeitig und gleich nach dem Constatiren des ersten Falles 
vorgenommenen Impfung zugeschrieben. Jedoch fehlt es anderseitig 
auch nicht an Beispielen, dass die Verluste eine bedeutende Höhe 
erreichten, oder die Krankheit so bösartig auftrat, dass die Besitzer 
sich entschlossen, den Restbestand zur Schlachtbank zu verkaufen. 
In Beleke, Kr. Jerichow II. sind z. B. während des 3. und 4. Quartals 
unter einem Bestände von 59 Stück 2 gefallen und 46 auf polizeiliche 
Anordnung getödtet worden. 

Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse in denjenigen Kreisen des 
Reg.-Bez. Merseburg, in welchen sich grössere Güter mit Zucker¬ 
fabriken finden; in den an die Provinz Brandenburg grenzenden Kreisen 
mit sandigem Boden kommen Ausbrüche der Lungenseuche nur sehr 
selten vor, dagegen sollen die um Halle liegenden Kreise ebenso ver¬ 
seucht sein wie die Umgegend von Magdeburg. In beiden Reg.-Bez. 
der Provinz hatte die seit Decennien bestehende Verseuchung gewisser 
Distrikte auch zur Folge, dass die Lungenseuche in demselben Stall 
häufig nach längeren Pausen von Neuem d. h. sobald neu angekauftes 
Vieh in den inficirten Stall gebracht wurde, zum Ausbruch gelangte. 
In Plotha, Kr. Naumburg, wurde ein ganzer Bestand von 54 Stück 
Rindvieh abgeschlachtet, in Osmünde, Saalkreis, sind von den ursprüng¬ 
lich vorhandenen 101 Stück Vieh bis zur Tilgung der Seuche nur 
37 Stück übrig geblieben, im Uebrigen war der Verlust meistens ein 
verhältnissmässig geringer. Die Mittheilungen über die Eiuschleppungs- 
und Verbreitungswege sind sehr dürftig. 


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Lungenseuche. 


39 


Ueber die wenigen Ausbrüche der Lungenseuche unter durchweg 
ganz kleinen Beständen des Reg.-Bez. Erfurt erwähnen die Berichte 
nur, dass die Verseuchung zweier Gehöfte im Kreise Ziegenrück durch 
im benachbarten Fürstenthum Reuss ankaufles Vieh vermittelt wurde. 

Die Ausbrüche der Lungenseuche in Schleswig - Holstein 
beschränkten sich auf die Stadt Altona und deren Vorort Ottensen, 
sowie auf 4 Ortschaften der Altona benachbarten Kreise Pinneberg 
und Stormam. Der einzige Ausbruch im Jahre 1878 79 ist ebenfalls 
im Kreise Stormarn beobachtet worden. Nach den Erfahrungen der 
letzten Jahre kann behauptet werden, dass — abgesehen von den 
ländlichen Bezirken in der nächsten Umgegend von Hamburg-Altona 
— die Lungenseuche in Schleswig-Holstein nicht vorkommt. 
Die vereinzelten Ausbrüche im Berichtsjahre wurden ursprünglich 
durch Ankauf von Vieh, welches der Infcction in Ställen der Hamburg- 
Altonaer Viehcoinmissionaire ausgesetzt worden war, vermittelt, die 
Krankheit verbreitete sich dann auf benachbarte Gehöfte desselben 
Ortes oder wurde durch das Führen der Kühe zum Bullen auf Be¬ 
stände benachbarter Ortschaften übertragen. Die Tilgung erfolgte fast 
in allen Fällen durch sofortiges Abschlachten der verseuchten Bestände. 

Die Landdrostei-Bezirke Stade und Aurich der Provinz Hanno¬ 
ver blieben — wie im Jahre 1878/79 — seuchefrei, und auch in 
den übrigen Bezirken der Provinz gewann die Krankheit keine grössere 
Verbreitung. 

Der Landdr.-Bez. Lüneburg war 1878/79 seuchefrei geblieben, 
im 2. Quartale des Berichtsjahres brach die Krankheit unter dem Be¬ 
stände des Gutes Sülfeld, Kr. Gifhorn, aus, in welchem der Brennerei- 
wirthschaft wegen häufiger Wechsel des Viehs stattfindet. Nachdem 
18 Stück auf polizeiliche Anordnung getödtet worden waren, wurde 
der Rest — 43 Stück — zum Abschlachten nach Magdeburg ver¬ 
kauft. Während des 4. Quartals brach die Seuche in einem zweiten 
Gehöft von Sülfeld und ausserdem in einem anderen Orte des Kreises 
Gifhorn aus, die Einschleppung in den zuletzt genannten Ort wurde 
nicht aufgeklärt, die Diagnose blieb überhaupt unsicher. 

Die Lungenseuche ist in dem Landdr.-Bez. Hannover während 
der beiden letzten Jahre auf die Kreise Hameln und Wennigsen 
beschränkt geblieben. In einem Gehöft des Kreises Hameln dauerte 
das Herrschen der Seuche aus dem vorhergehenden Jahre fort, in ein 
zweites wurde dieselbe angeblich durch Ankauf von Vieh aus Ost¬ 
friesland eingeschleppt; der Ausbruch im Kreise Wennigsen ist durch 


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40 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Uebertragung von einem Bestände im Kreise Hameln bedingt worden, 
von 39 Stück wurden 18 auf polizeiliche Anordnung getödtet. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

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Im Jahre 1878/79 gestor¬ 
bene und getödtete Thiere. 


verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und gc- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

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gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

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Hameln. 

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12 

18 

Landdr.-Bez. 

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Wennigsen .... 

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18 d 

Hannover. 


Summa .. 

2 

10 

2 

22 


— 

— 

— 

32 

36 


1. 

Einbeck . 

2 

26 

5 

12 

4 

6 



44 

1 

Landdr.-Bez. 

2. 

Hildesheim-Ma¬ 











Hildesheim. 


rienberg . 

— 

— 

1 

18 

2 

16 

3 

13 

47 

28 



Summa .. 

2 

26 

6 

30 

6 

22 

3 

13 

91 

29 


1. 

Gifhorn. 

_ 

_ 

1 

17 

1 

3 

2 

5 

25 

_ 

Landdr.-Bez. 













Lüneburg. 

1. 

Melle. 

1 

12 

2 

13 

5 

19 

4 

4 

48 

1 

Landdr.-Bez. 













Osnabrück. 


Die Kreise Göttingen und Liebenberg des Landdr.-Bez. Hildes- 
heim, welche 1878 79 zusammen 21 Stück Rindvieh verloren hatten, 
blieben während des Berichtsjahres seuchefrei. Die Verluste des Landdr.- 
Bez. waren im Allgemeinen bedeutend. Ueber die Einschleppung wird 
nur berichtet, dass dieselbe in einem Falle durch Ankauf von Vieh in 
Bayern erfolgte und mehrfach durch Berührung mit krankem Vieh 
benachbarter Orte oder Gehöfte vermittelt wurde. Dep.-Th. Haarstük 
theilt betreffend den Ausbruch der Lungenseuche auf der Domaine 
Ruthe Folgendes mit: Der Rindviehbestand des Hauptgutes und des 
zu demselben gehörenden Vorwerkes Schäferberg hatte vom März bis 
Mai 1879 unter Observation gestanden, nachdem das Vieh aus dem 
Seuchenstall im Februar zum Abschlachten verkauft und das übrige 
Vieh in demselben Monat mit Erfolg geimpft worden war, einzelne 
Thiere waren während der beiden letzten Jahre zweimal geimpft 
worden. Ein Ankauf von Vieh hat in derselben Zeit nicht stattge¬ 
funden. Ein erneuter Ausbruch der Lungenseuche wurde am 9. Sep- 


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Lungenseuche. 


41 


tember 1879 constatirt und mussten bis zum 30. desselben Monates 
von 94 Stück 17 auf polizeiliche Anordnung getödtet werden. Durch 
die Section stellte sich bei einzelnen dieser Thiere heraus, dass neben 
frischen Hepatisations-Stellen alte Lungenseuche-Herde — „verkäste 
und verkalkte Stellen nebst knorpelartigen Degenerationen“ — im 
interstitiellen Bindegewebe vorhanden waren, und dass die an 
sequestrirte Lungentheile grenzenden Lobuli frisch erkrankt waren. 
Es hatte den Anschein, dass die neue Infection wieder von den alten 
Stellen ausgegangen war. Die Seuche ist in Ruthe schliesslich durch 
Abschlachten eines Restbestandes von 56 Stück Vieh getilgt worden. 

Der Kreis Osnabrück, Landdr.-Bez. Osnabrück, welcher 1878/79 
3 Stück Rindvieh verloren hatte, blieb seuchefrei. Die Ausbrüche 
im Kreise Melle betrafen durchweg kleine Bestände und sind ursprüng¬ 
lich durch Ankauf von krankem Vieh in Hamburg und Altona ver¬ 
anlasst worden. Die Weiterverbreitung erfolgte durch Berührung mit ver¬ 
seuchtem Vieh benachbarter Gehöfte oder auf einer gemeinschaftlichen 
Weide, die Tilgung meist durch Abschlachtung der ganzen Bestände. 

Die nachstehende Tabelle giebt eine Uebersicht des Vorkommens 
der Lungenseuche in der Provinz Westfalen. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1 . 

Quartal 

2 . 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr gestorbene 
und getödtete Thiere. 

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gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

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gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

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gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

1 

Beckum. 



1 

1 

H 

1 



1 

20 

Reg. - Bez. 

2 . 

Tecklenburg ... 

1 

3 


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B 

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— 

— 

3 

9 

Münster. 


Summa .. 

1 

3 

1 

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B 

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H 

H 


29 


1 . 

Halle. 

1 

1 

B 

Bl 

B 

H 

B 

H 


Bl 

Reg. - Bez. 





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B 

■ 

■ 

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Minden. 

1 . 

Bochum. 



2 

3 

2 

5 

1 

1 


9 

Reg. - Bez. 

2 

Dortmund Land¬ 











Arnsberg. 


kreis . 

3 

6 

1 

5 

— 


— 

— 

11 

15 


3. 

Hagen. 

1 

— 


1 — 

— 


— 

— 

□ 

— 


4 

Iserlohn . 

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4 

2 ! 

7 

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— 

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Summa .. 

5| 

10 

5 

15 

2 

5 

1 

1 

31 

24 



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42 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

Die Kreise Halle, Hagen und Iserlohn waren im vorhergehenden 
Jahre seuchefrei geblieben. 

Die Ausbrüche der Lungenseuche betrafen durchweg kleine Bestände 
und wurden meist durch Abschlachten aller der Ansteckung ausgesetzt 
gewesenen Thicre schleunig getilgt. Ara Schluss des Berichtsjahres 
war die Provinz frei von Lungenseuche. Mit Ausnahme der Fälle im 
Kr. Iserlohn, Reg.-Bez. Arnsberg, in denen die ursprüngliche Ein¬ 
schleppung nicht ermittelt wurde und eine Verbreitung auf ein 
benachbartes Gehöft stattfand, trat die Krankheit zuerst bei von 
Händlern auf Märkten der Provinz angekauften Thieren auf, oder die 
die lnfection hatte bei Benutzung gemeinschaftlicher Weiden statt¬ 
gefunden. 

Die Ausbrüche der Lungenseuche in der Provinz Hessen-Nassau 
vertheilen sich auf die nachstehend genannten Kreise: 


Laufende Nummer. 

Kreis. 


2 . 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr gestorbene 
und getödteto Thiere. 

Im Jahre 1878/79 gestor¬ 
bene und getödtete Thiere. 


verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtetc Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

1 . 

Fulda. 

1 

3 



3 

6 

1 

7 

16 

39 

Reg. - Bez. 

2 . 

Gersfeld. 

2 

2 

2 

2 

— 

— 

2 

3 

7 

45 

Kassel. 

3. 

Hanau . 

2 

3 

— 

— 

2 

5 

— 

— 

S 

19 


4. 

Uersfeld. 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

1 

1 

2 

15 


5. 

Hünfeld. 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

— 



Summa .. 

6 

10 

3 

3 

5 

u 

4 


35 

118 


1 . 

Frankfurt a./M. 

1 

2 

2 

7 

6 

13 

6 

18 

40 


Reg. - Bez. 

2 

Über-Taunuskr. 

— 

— 

1 

1 

13 

IG 

— 

_ 

17 

47 

Wiesbaden. 

3. 

Unter-Tau nuskr. 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

1 

— 


E2 

Wiesbaden Land¬ 













kreis . 

2 

9 

4 

15 

7 

19 

2 

8 

51 

56 


1 

Summa .. 

3 | 

11 

7 

23 

27 1 

49 

sl 

26 

109 

103 



Die Kreise Hünfeld, Frankfurt a./M. und der Unter-Taunuskreis 
waren 1878 79 seuchefrei geblieben, dagegen hatten im vorher¬ 
gegangenen Jahr Kreis Rinteln und der Rheingaukreis zusammen 
39 Stück Rindvieh verloren. 


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Lungenseuche. 


43 


Die obige Tabelle zeigt im Vergleich zu dem vorhergehenden 
Jahre, dass die Tilgung der Lungenseuche im Reg.-Bez. 
Kassel erhebliche Fortschritte gemacht hat, und die voll¬ 
ständige Tilgung der Krankheit in Aussicht genommen 
werden dürfte, wenn die stets erneuten Einschleppungen 
aus benachbarten hessischen und bayerischen Landestheilen 
vermieden werden könnten. Die Krankheit verbreitete sich mehr¬ 
fach auf weitere Gehöfte verseuchter Ortschaften und brach öfter in 
denselben Beständen nach verhältnissmässig langen Zwischenräumen 
von Neuem aus. In einem Gehöft des Kreises Gersfeld wurde die 
erste Erkrankung am 31. Juli 1879 die zweite am 12. Februar 1880 
beobachtet, der Stall war mit 9 Stück Vieh besetzt; in einem zweiten 
Gehöft desselben Kreises vergingen zwischen den auf einander folgenden 
Erkrankungen 8 Monate. 

Im Reg.-Bez. Wiesbaden stiess die Tilgung der Lungenseuche 
welche sich in Hattersheim, Kr. Wiesbaden, Niederursel, Kr. Frank¬ 
furt und Brandeberndorf, Ober-Taunuskreis auf eine grössere Zahl von 
Gehöften verbreitet hatte, auf grosse Schwierigkeiten. Die Krankheit 
ist während eines Jahres zu drei verschiedenen Malen durch Vieh, 
welches auf den Märkten in Frankfurt a./M. und Giessen angekauft 
war, nach Hattersheim eingeschleppt worden. Im Uebrigen erfahren 
wir aus den Berichten nur, dass die Einschleppung am häufigsten 
durch den Viehhandel auf den Märkten der beiden genannten Städte 
und in Mainz vermittelt wurde. Von 6 Stück Rindvieh, welche sich 
im Schlachthause zu Frankfurt a./M. an der Lungenseuche erkrankt 
erwiesen, stammten 4 aus Hessen und 2 aus der Gegend von 
Halberstadt. 

Die umstehende Tabelle zeigt, dass die Lungenseuche wäh¬ 
rend des 3. Quartals in der Rheinprovinz vollständig ge¬ 
tilgt war und im 4. Quartal nur in 3 Gehöften des Reg.-Bez. Trier, 
welcher im Uebrigen seuchefrei blieb und im ganzen vorigen Berichts¬ 
jahr nur ein Stück Rindvieh verloren hatte (im Kr. Ottweiler), zum 
Ausbruch gelangte. Die Einschleppung in die drei Bestände des Be¬ 
zirkes hat nicht nachgewiesen werden können. 

In einer Ortschaft des Kreises Wetzlar, Reg.-Bez. Koblenz ver¬ 
breitete sich die Lungenseuche nach und nach vom 2. Quartal 1878 
bis zum 2. Quartal 1879 auf 6 Gehöfte, dieselbe verlief ungemein 
milde, in sämmtlichen 6 Gehöften erkrankten auffällig nur 13 Stück, 


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44 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten, 

von denen zwei durchseuchten. Das Gehöft im Kr. Ahrweiler war 


noch vom vorigen Berichtsjahr her verseucht. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr gestorbene 
und getödtete Thiere. 

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verseuchte Gehöfte. 

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tödtete Thiere. 

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gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

verseuchte Gehöfte. 

gestorbene und ge- 
tödtete Thiere. 

1 . 

Ahrweiler. 

1 

4 







4 

10 

Reg. - Bez. 

2. 

Wetzlar. 

2 

3 

1 

1 


— 

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4 1 

8 

Koblenz. 


Summa .. 

3 

7 

1 

1 


— 

— 

— 

8 

18 


1 . 

Düsseldorf Stadt 

1 

1 







1 


Reg. - Bez. 

2. 

Düsseldorf Land 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

1 

— 

Düsseldorf. 

3. 

Grevenbroich .. 

1 

5 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

7 

1 


4 . 

Krefeld Stadt .. 

1 

6 

1 

4 

— 

— 

— 

— 

10 

23 


5 

Krefeld Land .. 

2 

15 

1. 

7 

— 

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— 

— 

22 

31 


6 

Moers . 

1 

15 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

15 

— 


7 

Neuss . 

1 

4 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

4 

14 


8. 

Solingen . 

1 

1 



— 


— 

— 

1 




Summa .. 

9 

48 

3 

13 

— 


— 

— 

61 

69 


1 

Köln Stadt .... 

2 

2 

1 

2 





4 

1 

Reg. - Bez. 

2 

Köln Land .... 

1 

13 





— 

— 

13 

1 

Köln. 


Summa .. 

3 

15 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

17 

2 


1. 

Saarbrücken ... 


1 





2 

. 

4 


Reg. - Bez. 

2 

Trier Land .... 







1 

1 

1 


Trier. 


Summa .. 

— 


— 



— 

3 

5 

5 

— 



Während der beiden ersten Quartale war eine vollständige Til¬ 
gung der Krankheit in allen Seuchenherden des Reg.-Bez. Düssel¬ 


dorf eingetreten. Die Krankheit ist einmal aus den Niederlanden 
eingeschleppt worden. Die Kreise Gladbach und Kempen, welche 
1878/79 zusammen 46 Stück Vie h verloren hatten, blieben seuchefrei. 

Die wenigen Ausbrüche der Lungenseuche im Reg.-Bez. Köln 
wurden durch Abschlachten der verseuchten Bestände schnell getilgt. 
Ueber die Einschleppung der Krankheit enthalten die Berichte der 
beiden letztgenannten Bezirke ausser der oben erwähnten Notiz keine 
Mittheilungen. Ausserdem wurde die Seuche im Schlachthause zu 


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Lungenseuche. 


45 


Köln bei 3 aus dem Reg.-Bez. Magdeburg und bei einem aus Württem¬ 
berg stammenden Ochsen constatirt. Die Kreise Bergheim und Bonn, 
welche 1878/79 zusammen 32 Stück Rindvieh verloren hatten, blieben 
seuchefrei. 

In dem früher stark verseuchten Reg.-Bez. Aachen sind seit 
dem 3. Quartal des vorhergegangenen Berichtsjahres keine Fälle von 
Lungenseuche beobachtet worden. 

Die Hohenzollernsche Lande sind bisher frei von der Lungen¬ 
seuche geblieben. 

Wir haben versucht, in der Tabelle S. 46 und 47 anschaulich 
zu machen, in welchem Verhältnis sich die auf polizeiliche 
Anordnung getödteten Rinder auf die Bestände grösserer 
Güter und kleinerer Besitzungen vertheilen und gelangen an der 
Hand des so ermittelten Materials zu folgenden Verhältnisszahlen. 
Die gefallenen und die auf Veranlassung der Besitzer getödteten Thiere 


sind bei dieser Berechnung 

ausser 

Acht gelassen. 

Von den durch die Lungenseuche verseuchten Gehöften entfallen: 

im 1. Quartal 33,33 pCt. auf 

grössere 

Güter, 66,67 pCt. auf kleinere Besitzungen 

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„ 65,17 „ „ 

- 3. „ 29,70 . . 

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• 70,30 n fi w 

. 4. „ 40,75 * „ 

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w 59,25 n n 1 » II 

im Berichtsjahr 34,70 „ „ 

n 

• 65,30 „ „ 

und wenn dasselbe Verhältniss nur für die Provinzen Westpreussen, 
Brandenburg, Posen, Schlesien und Sachsen berechnet wird: 

im 1. Quartal 45,20 pCt. auf grössere Güter, 54,80 pCt. auf kleinere Besitzungen 

. 2. . 43,00 . „ 

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n 57,00 w n If n 

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. 4. „ 47,13 „ * 

n 

« 52,87 n w ii fi 

im Berichtsjahr 45,90 „ „ 

ti 

« 54,10 . w 

Von den auf polizeiliche 

Anordnung getödteten Stück 

Rindvieh entfallen: 



im 1. Quartal 65,44 pCt. auf grössere Güter, 34,66 pCt. auf kleinere Besitzungen 

. 2 . . 67,10 . „ 

n 

. 32,90 „ , 

. 3. , 65,22 . . 

n 

ii 34,78 n ii n ii 

. 4. „ 74,62 „ „ 

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im Berichtsjahr 68,50 „ . 

n 

fl 31,50 II n n n 

oder nur für die oben genannten Provinzen berechnet: 
im 1. Quartal 78,70 pCt. auf grössere Güter, 21,30 pCt. auf kleinere Besitzungen 

»» „ 76,55 „ „ 

ff 

fi 23,45 ;, „ i, ,, 

*» 3. ,, 80,00 „ „ 

ff 

t> - 20,00 ,, ,, ,, ,, 

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„ 20,70 „ „ 

im Berichtsjahr 78,50 ,, „ 

fl 

ft 21,50 „ ,| „ ft 


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46 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Die Zahl der auf polizeiliche Anordnung getödteten Stück Rind¬ 
vieh betrug Procente des gesammten in den verseuchten Ge¬ 
höften vorhandenen Bestandes: 
im 1. Quart. 14,16 pCt. d. Bestand, gross. Güter, 27,00 pCt. d.Best. klein. Besitzungen 
2. ,, 15,19 „ ,, ,, ,, „ 27,20 ,. „ „ „ y> 

y, 10,30 „ „ ,, ,y „ 25,10 ,, „ „ „ ,y 

5) 4. ., 11,0< yy yy yy yy yy 31,00 „ y, yy yy yy 

im Berichtsj. 12,50 „ „ „ „ „ 27,80 „ „ „ 


Regierungs- 

bez. 

Landdrostei-Bczirke. 


Im ersten Quartal 


grossere 

Güter. 


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kleinere 

Besitzungen. 




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Im zweiten Quartal 


grossere 

Güter. 



kleinere 

Besitzungen. 


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1 . 

Danzig . 


_ 

_ 

_ 

__ 


1 

95 

10 



_ 

2 . 

Potsdam . 


— 

— 

3 

24 

15 

1 

45 

7 

— 

— 

— 

3. 

Frankfurt . 

7 

672 

117 

3 

40 

10 

7 

254 

110 

— 

— 

— 

4. 

Köslin. 

— 

— 


— 

— 

— 

_ 

_ 


_ 

— 

— 

5. 

Posen . 

4 

237 

22 

6 

25 

6 

6 

3S8 

18 

4 

9 

4 

6. 

Brorabcrg . 

— 

— 

— 

1 

2 

1 

— 

— 

— 

1 

2 

1 

7. 

Breslau . 

5 

299 

57 

— 

— 

— 

3 

98 

12 

1 

2 

2 

8. 

Liegnitz . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

9. 

Oppeln . 

— 

— 

— 

1 

4 

3 

— 

— 

— 

1 

6 

2 

10. 

Magdeburg . 

9 

638 

60 

19 

158 

35 

8 

559 

60 

21 

137 

33 

11. 

Merseburg. 

6 

415 

47 

6 

66 

11 

2 

114 

11 

9 

126 

24 

12. 

Erfurt. 

— 

— 

— 

1 

5 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

13. 

Schleswig. 

— 

— 

— 

1 

8 

1 

— 

— 

— 

1 

9 

9 

14. 

Hannover. 

1 

42 

6 

1 

6 

3 

2 

81 

20 

— 

— 

— 

15. 

Hildesheim. 

2 

62 

26 

— 

— 

— 

2 

130 

22 

4 

36 

6 

16. 

Lüneburg . 

— 

—; 

— 

— 

— 

— 

1 

63 

15 

— 

— 

— 

17. 

Osnabrück . 

— 

— 

— 

1 

26 

9 

— 

— 

— 

2 

40 

10 

18. 

Münster . 

— 

— 

— 

1 

10 

3 

— 


— 

1 

9 

1 

19. 

Minden . 

— 

— 

— 

1 

1 

1 


— 

— 

— 

— 

— 

20. 

Arnsberg . 

— 

— 

— 

4 

14 

9 


— 

— 

4 

31 

13 

21. 

Kassel . 

— 

— 

— 

5 

59 

9 

— 

— 

— 

2 

21 

2 

22. 

Wiesbaden . 

— 

— 

— 

3 

13 

4 

— 

— 

— 

7 

60 

19 

23. 

Koblenz . 

— 

— 

— 

3 

30 

7 

— 

— 

.— 

— 

— 

— 

24. 

Düsseldorf. 

— 

— 

— 

7 

137 

36 

— 

— 

— 

3: 

29 

13 

25. 

Köln. 

.— 

— 

— 

1 

27 

13 

— 

— 

_ 

1 

2 

1 

26. 

Trier. 

- 

— 

— 

— 


— 


— 

— 

— 

— 



Summa .. 

34 

2365 

335| 

1 

68 

655 

177 

33 

1827 

285 

62 

519 

140 


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ing gei 
































Lungenseuche, 


47 


Die Tabellen berichten, dass bei einer auf polizeiliche Anordnung 
getödteten Kuh in Nordhof, Kr. Ost-Havelland, und bei einem auf 
polizeiliche Anordnung getödteten Kalbe in Ober-Reichenbach, Kreis 
Görlitz, das Vorhandensein der Lungenseuche durch die Section 
nicht bestätigt wurde. 

Von der Impfung ist häufig in der Provinz Sachsen, in ganz 
einzelnen Fällen auch in den Provinzen Brandenburg, Posen und 


Im dritten Quartal I Im vierten Quartal 


Im Berichtsjahr 


grössere kleinere grössere kleinere grössere kleinere 

Güter. Besitzungen. Güter. Besitzungen. Güter. Besitzungen. 

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2 4 418 39 1 9 1 

7 4 242 14 - — — 

— 1 40 5 — — — 

10 5 388 41 5 9 4 

— 1 77 3 1 8 1 

1 — - — 1 12 5 

7 - — — 1 9 4 

— 1 55 8 — — — 

22 17 1563 165 32 274 88 

19 8 846 158 4 38 7 

— 1 5 3 

— 3 18 3 

1 1 13 7 

3 — - — 

— 17 1 


50' 5 42 18 

3031 4 51 17 

164, 21 85 24 

3 3 12 3 

70 3 15 8 

— 2 16 11 
8 2 10 5 

374 83 639 178 
233 25 374 61 

- 2 10 4 

7 53 18 

26 1 6 3 

65 9 58 19 

21 — — — 

— 9 113 36 


— 1 1 1 — — — 

7 3 33 4 2 86 9 

— 8 43 21 — — - 


- 1 5 1-1 -I 


60 28 
213 22 

260 90 
30 7 

166 49 

29 14 


30 2811 287 71 609 153 44 3835 444 641 484 151 141 10838 1351 265 2267 621 


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48 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

Hannover Gebrauch gemacht worden. Die Erfolge der Impfung waren 
sehr verschieden; einige Berichte führen an, dass weitere Erkrankungen 
an Lungenseuche nach der Impfung nicht mehr vorgekommen sind, 
andere dagegen, dass selbst nach frühzeitig vorgenommenen Impfungen 
noch zahlreiche Thiere und vielfach selbst solche, welche in Folge 
der Impfgeschwülste die Hälfte des Schwanzes verloren hatten, längere 
Zeit nach der Impfung in auffälliger Art erkrankten und auf polizei¬ 
liche Anordnung getödtet werden mussten. Besonders häufig kam 
es vor, dass die geimpften Stücke längere Zeit einen verdächtigen 
Husten hören Hessen, auch einige Tage das Futter versagten, ohne 
dass durch die Auscultation und Percussion krankhafte Veränderungen 
in den Lungen festgestellt werden konnten. Unter diesen Umständen 
erscheint die Annahme berechtigt, dass diese Thiere trotz der Im¬ 
pfung an der Lungenseuche erkrankt waren, jedoch fast unmerklich 
durchgeseucht haben. Vielfach ist auch in nicht geimpften verseuchten 
Beständen beobachtet worden, dass die Krankheit ungemein milde und 
ohne erhebliche Verluste verlief, sowie dass der bei Weitem grösste 
Theil des Bestandes fast unmerklich durchseuchte. 

Das statistische Material für das Jahr 1879/80 liefert den 
Beweis: 

dass mit Ausschluss der Reg.-Bez. Magdeburg und 
Merseburg die Tilgung der Lungenseuche überall be¬ 
deutende Fortschritte gemacht hat, und dass mit 
alleiniger Ausnahme der Provinz Sachsen eine voll¬ 
ständige Unterdrückung der Krankheit wohl in Aus¬ 
sicht genommen werden kann. 

Die zuletzt ausgesprochene Hoffnung dürfte um so eher in Er¬ 
füllung gehen, wenn nach dem Inkrafttreten des Reichsgesetzes zur 
Unterdrückung von Viehseuchen die Tilgung der Lungenseuche auch 
in anderen deutschen Staaten energischer als bisher erfolgt. Wir 
müssen an dieser Stelle mit Nachdruck betonen: dass der Ankauf 
von Zugochsen in Bayern verhältnissmässig häufig Anlass 
zu Ausbrüchen der Lungenseuche in Preussen während des 
Berichtsjahres gegeben hat, und dass diese Ausbrüche zum 
Theil in Reg.-Bez. erfolgten, in denen, wie in den Reg.-Bez. Danzig 
und Köslin, die Lungenseuche eine fast unbekannte Krankheit war. 

Dagegen muss anderseitig hervorgehoben werden, dass eine Til¬ 
gung der Lungenseuche in den Reg.-Bez. Magdeburg und 
Merseburg nicht erwartet werden kann, so lange die eigen- 


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Lungeilseuche. 49 

thüralichen, Seite 37 besprochenen Verhältnisse, welche einer 
Unterdrückung der Seuche unübersteigliche Hindernisse entgegenstellen, 
fortbestehen, d. h. solange Verheimlichungen der Seuche in grösserem 
Umfange stattfinden. 

Die folgende Tabelle stellt die von den Provinzial- bez. 
Communalverbänden gezahlten Entschädigungen für auf 
polizeiliche Anordnung getödtete Stück Rindvieh zusammen; 
zur besseren Vergleichung haben wir die entsprechenden Beträge des 
vorhergegangenen Berichtsjahres hinzugefügt. 




Berichtsjahr 

1878/79. 

Mark. Pf. 

Berichtsjahr 

1879/80. 

Mark. Pf. 

1 . 

Provira Westpreussen.. . 

2171 

68 

6357 

73 

2 . 

„ Brandenburg ausschliesslich Berlin.... 

83509 

08 

116805 

94 

3. 

„ Posen . 

48980 

50 

35664 

50 

4. 

„ Schlesien.. . 

13339 

61 

24401 

87 

5. 

„ Sachsen . 

73185 

29 

124074 

23 

6 . 

„ Schleswig-Holstein.. 

512 

— 

1712 

— 

7. 

„ Hannover . 

20972 

10 

41226 

55 

8 . 

„ Westfalen . 

6869 

20 

4368 

87 

9. 

Reg.-Bez. Kassel . 

23648 

50 

8730 

25 

10 . 

,, Wiesbaden ausschliesslich Frankf. a. M. 

29474 

56 

11575 

20 

11 . 

Stadt Frankfurt a. M. . 

— 

— 

6230 

— 

12 . 

Rheinprovinz.... 

54593 

70 

15324 

20 


Summa .. 

357256 

"22 

396471 

|ST 


Die Gesammtsumrac der Entschädigungen beträgt mithin: 

39215 Hark 12 Pf. mehr als im Berichtsjahre 1878/79 

und in folgenden Landestheilen: 


Westpreussen . . . 

4186 Mark 05 

Pf. 

Brandenburg . . . 

33296 

55 

86 

55 

Schlesien .... 

11062 

55 

26 

55 

Sachsen. 

50888 

55 

94 

55 

Hannover .... 

20254 

55 

45 

55 

Stadt Frankfurt a./M. 

6230 

55 

— 

55 


mehr als 1878 79. 

Die Beträge, welche in den Jahren 1878/79 und 1879/80 behufs 
Deckung der Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung ge¬ 
tödtete Stück Rindvieh erhoben wurden, sind uns aus amtlichen 
Quellen mitgetheilt worden. Wir führen dieselben in der umstehen¬ 
den Tabelle an. 

Archiv f. wisa. u. pract, Thierhellkundc. VII. Suppl.-Heft. a 


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50 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 




Etatsjahr 1878/79. 

Etatsjahr 187 9.80. 



Beitrag f. 
jedes St. 
Rindvieh. 

Pf. 

Mark. 

Pf. 

Beitrag f. 
jedes St. 
Rindvieh. 

Pf. 

Hark. 

Pf. 

1. 

Ostpreussen . 

5 

33102 

“ ' 

70 

5 

33812 

95 

2. 

Westpreussen . 

5 

19246 

50 

5 

19638 

— 

3. 

Brandenburg ausschliesslich 
Berlin*. 

7 

44171 

75 

23 

153310 

99 

4. 

Pommern*. 

10 

43716 

10 

— 

— 

— 

5. 

Posen. 

15 

101996 

70 

10 

54995 

60 

6. 

Schlesien* . 

0,535 

6865 

65 

2,429 

32202 

88 

7. 

Sachsen* . 

8 

73058 

50 

8 

78480 

88 

8. 

Schleswig-Holstein** . 

20 

133416 

20 

— 

— 

— 

9. 

Hannover* . 

— 

— 

— 

6 

28256 

66 

10. 

Westfalen* . 

10 

55472 

70 

10 

57124 

90 

11 

Reg.-Bez. Kassel . 

5 

13071 

35 

5 

13989 

10 

12. 

„ Wiesbaden . 

5 

10146 

70 

20 

44489 ! 

— 

13. 

Frankfurt a. M . 

— 

— 

— 

195 

3441 

75 

14. 

Rheinprovinz*. 

5 

45993 

75 

5 

49381 

15 

15. 

Hohenzollem’sche Lande. 

10 

4603 

80 

10 

4964 

50 


Mithin haben die Einnahmen in den Provinzen Sachsen, Hannover 


und in der Stadt Frankfurt a./M. zur Deckung der Ausgaben nicht ge¬ 
reicht; in den übrigen Landestheilen dagegen sind von den Einnahmen 
beträchtliche Summen zur Bildung eines Reservefonds übrig geblieben. 

Aus der Staatskasse sind, wie die nachstehende Vergleichung 
zeigt, für auf polizeiliche Anordnung behufs Tilgung der 
Lungenseuche getödtete Rinder 

4307 Mark 6 Pfennige mehr als im Berichtsjahre 
1878/79 gezahlt worden. 




Berichtsjahr 

1878/79. 

Mark. Pf. 

Berichtsjahr 

1879/80. 

Mark. Pf. 

1. 

Ostpreussen. 

100 

33 

122 

— 

2. 

Westpreussen . 

173 

33 

— 

— 

3: 

Posen. 

565 

— 

63 

-r- 

4. 

Schlesien . 

— 

— 

579 

76 

5. 

Sachsen . 

828 

71 

4392 

67 

6 . 

Schleswig-Holstein . 

— 

— 

267 

— 

7. 

Hannover. 

— 

— 

460 

— 

8. 

Westfalen. 

264 

— 

330 

— 

9. 

Hessen-Nassau. 

720 

— 

667 

— 

10 . 

Rheinprovinz . 

— 

— 

77 



Summa... 

2651 

37 

6958 

43 


*) Die Angaben beziehen sich auf die Kalenderjahre 1878 und 1879. 
**) Die Zahlen stellen das Soll der zu erhebenden Abgabe dar. 


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Rotz - Wurmkrankheit. 


51 


4. Die Rotz -Wunnkrankheit. 

Die Tabelle S. 52 und 53 zeigt, dass die Zahl der Rotzerkran¬ 
kungen, sowie die durch letztere veranlassten Verluste etwas grösser 
gewesen sind als im Jahre 1878/79; jedoch sich vom ersten zum 
zweiten und vom dritten zum vierten Quartal des Berichtsjahres er¬ 
heblich vermindert haben. Die Zahlen für das zweite und dritte 
Quartal weichen nicht erheblich von einander ab. Wie in früheren 
Jahren entfallen die bei Weitem meisten Rotzerkrankungen 
auf die östlichen Provinzen; während unter den westlichen nur 
die Rheinprovinz einigermassen erhebliche Verluste erlitten hat. Eine 
Vergleichung mit der Tabelle Seite 44 und 45 unseres dritten Jahres¬ 
berichtes weist nach, dass die Zahl der auf polizeiliche Anordnung 
getödteten Pferde in den Provinzen Schlesien, Ostpreussen, Pommern 
ganz erheblich grösser als in dem vorigen Jahr gewesen ist, dagegen 
macht sich eine auffällige Abnahme in den Provinzen Westpreussen 
uud Hannover bemerklich. Die Zu- und Abnahme der Rotzfalle in 
den einzelnen Provinzen während der auf einander folgenden Quartale 
des Berichtsjahres versuchen wir durch die nachstehende Tabelle zu 
veranschaulichen, welche die Zahl der getödteten und gefallenen Pferde 
in abgerundeten Procentsätzen des Gesammtverlustes im ganzen Staate 
ausdrückt. 



1. 

Quartal. 

2. 

Quartal. 

3. 

Quartal. 

4. 

Quartal. 

Ira Be¬ 
richtsjahr. 

Im Be¬ 
richtsjahr 
1878/79. 

An Rotzkrankheit ge¬ 
fallene und wegen der¬ 
selben getödtete Pferde 

621 

565 

570 

426 

2182 

1994 

davon in der Provinz 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

pCt. 

pCt 

1. Ostpreussen. 

8,50 

13,80 

14,00 

14,80 

12,50 

9,80 

2. Westpreussen. 

9,80 

10,80 

9,80 

10,70 

10,30 

14,90 

3. Brandenburg. 

11,80 

13,30 

14,10 

14,10 

13,75 

14,40 

4. Pommern. 

7,10 

10,40 

10,20 

14,40 

10,10 

6.70 

5. Posen .... . 

29,00 

21,10 

16,10 

13,20 

20,50 

21,00 

6 . Schlesien ... 

17,20 

14,00 

27,20 

17,20 

19,00 

15,40 

7. Sachsen . 

4,00 

6,10 

1,90 

4,00 

4,00 

4,20 

8 . Schleswig-Holstein 

0,40 

0,00 

0,70 

1,40 

0,55 

0,80 

9. Hannover. 

1,00 

1,40 

1,00 

1,90 

1,25 

3,90 

10. Westfalen..'. 

0,80 

1,20 

0,20 

0,70 

0,70 

1,20 

11. Hessen-Nassau.... 

2,00 

2,80 

0,40 

2,20 

1,35 

2,30 

12. Rheinprovinz. 

8,40 

5,10 

4,40 

5,40 

6,00 

5,30 

13. HohenzollenTsche 
Lande. 

0,00 

0,00 

0,00 

0,00 

0,00 

0,10 


100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 

100,00 


4* 


Digitized by 


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52 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 




Im ersten Quartal. 

Im zweiten Quartal. 

Im drit 

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Pferde 


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Pferde 


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Laufende Numm 

Provinz. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft« 

erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getodtet. 

auf Veranlassung der 
Besitzer getodtet. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft« 

erkrankt. 

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ordnung getodtet. 

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Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft« 

1 . 

Ostpreussen ... 

16 

25 

25 

49 

3 

50 

_ 

19 

31 

32 

76 

8 

67 

3 

15 

21 

24 

2 . 

Westpreussen.. 

17 

37 

38 

62 

3 

56 

2 

17 

29 

29 

63 

7 

50 

4 

15 

30 

30 

3. 

Brandenburg .. 

13 

28 

39 

74 

5 

62 

7 

16 

26 

41 

80 

— 

69 

6 

16 

99 

36 

4. 

Pommern. 

13 

22 

23 

47 

3 

34 

7 

15 

22 

28 

60 

4 

55 

— 

13 

16 

18 

5. 

6 . 

Posen. 

23 

68 

70 

183 

11 

165 

4 

19 

51 

52 

124 

7 

111 

1 

IS 

41 

42 

72 

Schlesien. 

30 

51 

53 

109 

1 

104 

1 

25 

48 

52 

79 

4 

66 

9 

35 

62 

7 

Sachsen. 

12 

12 

17 

24 

3 

20 

9 

11 

14 

16 

34 

2 

31 

1 

8 

10 

11 

8 . 

Schleswig-Hol- 

1 

3 

1 

3 

2 

2 


9 


3 

4 

4 

9. 

Hannover. 

3 

6 

1 

5 


5 

7 

7 

7 

4 

3 

1 

4 

5 

6 

10 

Westfalen. 

4 

4 

4 

4 

1 

3 

— 

5 

5 

5 

7 

1 

6 

— 

1 

1 

1 

11 . 

Hessen-Nassau . 

4 

7 

10 

12 

2 

9 

1 

8 

10 

13 

17 

1 

14 

1 

2 

2 

9 

12 . 

Rheinprovinz .. 

25 

29 

35 

53 

3 

47 

4 

16 

19 

19 

27 

1 

25 

3 

15 

18 

18 

13. 

Hohenzollern- 
sche Lande .. 

— 

— 


— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- 


Summa . . 

161 

287 

319 

625 

36 

555 

30 

156 

262 

294 

574 

39 

497 

29 

145 

232 

264 


Im Berichts¬ 
jahr 1878/79. 

163 

303 

343 

615 

34 

525 

30 

147 

252 

271 

507 

28 

416 

24 

1 


22' 


Im Berichts¬ 
jahr 1879/80 
mehr . 




10 

2 

30 


9 

10 

23 

67 

11 

81 

5 

15 

24 

36 


weniger . 

2 

16 

24 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Digitized by Google 




















Rotz-Wurmkrankheit. 


53 


teil Quartal. 

Im vierten Quartal. 



Im Berichtsjahr. 


Regierungs- bez. 


Pferde 



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Pferde 



G 

5 

d 


Pferde 


Landdrostei - Bezirke, 
in denen die Rotz- 

erkrankt. 

gefallen. 

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Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöfte 

erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet. 

auf Veranlassung der 
Besitzer getödtet. 

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erkrankt. 

gefallen. 

auf polizeiliche An¬ 
ordnung getödtet. 

auf Veranlassung der 
Besitzer getödtet. 

Wurmkrankheit nicht 
beobachtet wurde, 
nebst Angabe der 
seuchenfrei gebliebe¬ 
nen Quartale. 

78 

_ 

71 

8 

10 

12 

15 

64 

2 

61 

_ 

26 

65 

267 

13 

249 

11 


58 

9 

46 

1 

13 

28 

29 

50 

4 

41 

2 

22 

95 

233 

23 

193 

9 


80 

6 

62 

12 

10 

11 

23 

60 

1 

53 

6 

27 

74 

294 

12 

246 

31 


65 

4 

42 

12 

14 

19 

20 

62 

2 

54 

5 

22 

49 

234 

13 

185 

24 

Stralsund 3. 4. Qu. 

93 

4 

87 

1 

17 

33 

35 

56 

3 

49 

4 

25 

132 

456 

25 

412 

10 


147 

8 

141 

7 

27 

43 

46 

68 

4 

66 

3 

55 

166 

403 

17 

377 

20 


13 

2 

7 

2 

10 

12 

12 

21 

1 

16 

— 

25 

39 

92 

8 

74 

5 

Erfurt 1. 2. Quartal. 

4 

2 

1 

i 

2 

2 

2 

6 

— 

3 

3 

4 

5 

12 

2 

4 

6 

Schleswig 2. Quartal. 

G 


6 


5 

5 

6 

8 


8 


12 

15 

27 

5 

22 

1 

Hannover 1. 3. Quart. 
Hildesheim 3. Quart. 
Stade 1. 3. 4. Quartal. 
Osnabrück 1. 2. Qu. 
Aurich 1. 2. 3. 4. Qu. 

1 

— 

1 

— 

3 

3 

3 

3 

— 

3 

— 

9 

13 

15 

2 

13 

— 

Münster3. 4. Quartal. 
Arnsberg 3. Quartal. 

2 

— 

2 

— 

5 

5 

5 

8 

— 

9 

— 

12 

21 

39 

3 

34 

2 


25 

2 

22 

1 








43 

61 

130 

8 

113 

10 

Koblenz 4. Quartal. 

— 

— 

— 

— 

I 

1 

l 

E 


i 


fl 

fl 

E 

fl 

E 

G 

Sigmaringen 1.2.3.4. 
Quartal. 

572 

37 

488 

45 

128 

188 

211 

431 

19 

382 

25 

28 2 

735 

2202 

131 

1922 

129 


444 

30 

378 

38 

149 

237 

260 

507 

30 

426 

35 

— 


2073 

122 

1745 

127 


128 

7 

110 

7 










129 

9 

177 

2 


— 

— 

— 

— 

21 

49 

49 

76 

11 

44 

| 10 

— 

— 

— 

— 

— 

— 



Digitized by Google 












54 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Am auffallendsten erscheint nach der Tabelle S. 51 die Ab¬ 
nahme der Rotzfälle während der auf einander folgenden Quar¬ 
tale in der Provinz Posen, sowie die Steigerung des Procent¬ 
satzes in der Provinz Schlesien während des dritten Quar- 
tales; welche jedoch, wie S. 68 näher ausgefiihrt werden soll, ledig¬ 
lich auf den Reg.-Bez. Oppeln entfällt. 

Der Gesammtbestand sämmtlicher Gehöfte, in denen Fälle von 
Rotz-Wurmkrankheit vorkamen, betrug; 


1878/79. 

1879/80. 

im 1. Quartal 3117 

3191 Pferde. 

. 2. „ 2625 

3078 

. 3. . 2576 

2678 

. 4. „ 2541 

2200 

Der Gesammtverlust an getödteten und gestorbenen Pferden 
Verhältniss zu der oben erwähnten Pferdezahl beträgt mithin: 

im 1. Quartal 1879/80 

19,40 pCt. 

n 2. n n 

18,30 „ 


« 3. „ * 21,30 „ 

. 4. . * 19,40 „ 

Am Schlüsse des Jahres 1878/79 blieben 169, am Schlüsse des 
Berichtsjahres 109 Gehöfte übrig, in denen die wegen Ausbruches der 
Rotz-Wurmkrankheit angeordneten Sperr- und Observationsmassregeln 
noch nicht aufgehoben waren. 

Wir stellen nunmehr die Verluste an gefallenen und getödteten 
Pferden für die einzelnen Provinzen zusammen. 

1. Ostpreussen. 

Frei von der Rotz-Wurmkrankheit blieben im Reg.-Bez. Königs¬ 
berg nur die Kreise Allenstein, Memel und Wehlau; die bedeutendsten 
Verluste entfallet auf die Kreise Braunsberg, Fischhausen, Rössel, 
sowie auf den Stadt- und Landkreis Königsberg, dieselben sind in 
diesen Kreisen, wie die Zusammenstellung S. 56 zeigt, jedoch da¬ 
durch bedingt worden, dass in einzelnen Rotzstationen der ganze oder 
doch nahezu der ganze Pferdebestand an der Rotzkrankheit zu Grunde 
gegangen ist. 


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Rotz - Wurmkrankheit, 


'55 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr getödtete 
und gefallene Pferde. 

0 

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verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1. 

Allenstein . 










10 

Reg. - Bez. 

2. 

Braunsberg .... 

1 

1 

2 

11 

— 

— 

— 

— 

12 

— 

Königsberg. 

3 

Pr. Evlau. 

1 

1 

— 

— 

4 

6 

— 

— 

7 

7 


4. 

Fischhausen ... 

1 

11 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

11 

25 


5 

Fried land. 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

1 

5 

7 

— 


6 

Gerdauen. 

— 

— 

1 

2 

2 

2 

1 

4 

8 

26 


7 

Heiligenbeil .... 

— 

— 

2 

3 

— 


— 

_ 

3 

1 


S. 

Heilsbcrg. 

— 

— 

1 

1 

2 

9 

— 

— 

10 

5 


9 

Pr. Holland .... 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

3 


10. 

Königsberg Stadt 

1 

6 

1 

2 

2 

7 

3 

5 

20 

8 


11. 

Königsberg Land 

2 

4 

2 

17 

2 

10 

1 

1 

32 

13 


12. 

Labiau. 

2 

2 

1 

2 

1 

2 

— 

— 

6 

— 


13 











2 


14. 

Mohrungen .... 

2 

2 

— 

— 

1 

2 

1 

1 

5 

16 


15. 

Neidenburg .... 

2 

2 

2 

2 

1 

1 

1 

2 

7 

19 


16. 

Orteisburg. 

3 

5 

1 

1 

1 

2 

— 

— 

8 

— 


17. 

Osterode. 

— 

— 

3 

3 

1 

1 

— 

—* 

4 

8 


18 

Rastenburg. 

— 

— 

— 

— 

1 

2 

— 

— 

2 

9 


19. 

Rocssel. 

1 

1 

3 

12 

2 

29 

3 

38 

80 

8 


20. 

Weh lau. 

— 


— 

— 

— 


— 

— 

— 

3 



Summa .. 

17 

36 

21 

58 

20 

73 

11 

56 

223 

158 


1 

Angerburg. 

1 

6 







6 

1 

Reg. - Bez. 

2. 

Darkehmen. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

Gumbinnen. 

3. 

Goldap. 

— 

— 

1 

3 

1 

2 

— 

— 

5 

— 


4 

Gumbinnen .... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

11 


5. 

Insterburg. 

— 


1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

3 


6. 

Johannisburg .. 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

2 

7 


7. 

Loetzen. 

— 

— 

2 

3 

1 

1 

2 

6 

10 

— 


8. 

yl» n 










3 


9. 

Pillkallen. 

1 

5 

_ 

_ 


_ 

_ 

_ 

5 



10 . 

Ragnit. 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

— 

— 

— 

2 


11 

Sensburg . 

— 

— 

5 

5 

2 

3 

— 


8 

6 


12 . 

Stallupoenen ... 

3 

4 

1 

7 

— 

— 

— 


11 

— 


13. 

Tilsit. 

1 

1 1 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

2 

5 



Summa .. 

7 

17 

11 

20 

4 

6 

3 

7 

50 

40 



Digitized by Google 
















































56 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Woppen, Kreis Braunsberg, 7 Pferde Bestand, 5 Pf. getödtet, 2 Pf. gefallen. 


Cumehnen, „ Fischhausen, 

ii .. 

1) 1 1 ,, >> 

Nasser Garten, Stadt Königsberg, 

6 „ 

6 „ „ 

Königsberg, „ „ 

ß „ 

j> 3 » »» 

Spittelkrug, Kreis „ 

24 „ 

M ^ n ii 

Georgensgut, „ Orteisburg, 

10 „ 

7 

n * j» »» 

Bischdorf, „ Roessei, 

CO 

O' 

33 „ „ 

Truchsen, „ „ 

35 „ 

ii 35 „ ,, 


Summa 134 Pferde Bestand, 118 Pf. getödtet, 6 Pf. gefallen. 

Von den 155 in den oben genannten 5 Kreisen (excl. Orteisburg) 
gestorbenen und gefallenen Pferden gehörten 117 sieben alten Rotz¬ 
stationen an und von 111 in den letzteren getödteten Pferden wurden 
nur 2 bei der Section nicht rotzkrank befunden, fast durchweg Hessen 
sich vielmehr an den Cadavern die Veränderungen der weit vor¬ 
geschrittenen Rotzkrankheit nach weisen. Die ebenfalls ziemlich 
erheblichen Verluste im Kreise Heilsberg entfallen zum grössten 
Theil auf das Gut Elditten, in welchem von 64 Pferden 2 starben 
und 5 getödtet wurden. 

Auch an anderen Orten forderte die Rotzkrankheit grössere 
Opfer, namentlich wurden vielfach gleich bei der ersten Constatirung 
2 bis 4 rotzkranke Pferde in solchen Beständen gefunden, deren Be¬ 
sitzer die Anzeige vom Ausbruch der Krankheit sehr verspätet geleistet 
hatten. Mehrfach ist diese Anzeige ganz unterblieben, und das Herr¬ 
schen der Rotzkrankheit gelangte erst dadurch zur Kenntniss der 
Behörden, dass verkaufte Pferde sich bei den neuen Besitzern rotz¬ 
krank erwiesen; überhaupt fand sich eine grössere Anzahl von Pferden, 
an denen die Rotzkrankheit constatirt wurde, erst seit kurzer Zeit in 
den Händen der letzten Eigenthümer. Die Ermittelung je eines rotz¬ 
kranken Pferdes auf den Märkten in Wartenberg und Bischofsburg 
führte ebenfalls zur Entdeckung von Rotzstationen. In je einem 
Pferdebestand der Stadt Königsberg und des Kreises Mohrungen brach 
die Rotzkrankheit nach einem Zwischenraum von 6 Monaten von 
Neuem aus. Ein Besitzer in Königsberg hatte im März 1879 zwei 
Pferde gekauft und dieselben, da sie verdächtige Erscheinungen zeig¬ 
ten, bald wieder an einen Fuhrmann veräussert, bei welchem die 
Pferde als rotzkrank erkannt wurden. Die Pferde des Verkäufers 
zeigten sich während längerer Observation anscheinend gesund, und 
erst Ende October bez. Anfang November 1879 stellten sich die Er¬ 
scheinungen der Rotzkrankheit bei 5 Pferden ein, das letzte (sechste) 
Pferd des Besitzers erkrankte noch später. Ein Besitzer in Mittel- 


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Rotz-Wurmkrankheit. 


57 


hufen, Kr. Königsberg, hat die über seinen Pferdebestand verhängte 
Sperre durchbrochen und die unter Observation stehenden beiden 
Pferde verkauft, so dass die letzteren getödtet werden mussten. 

Sieben Kreise des Reg.-Bez. Gumbinnen blieben frei von der 
Rotzkrankheit, von welcher in den Kreisen Heydekrug, Lyk und 
Niederung kein Fall während der beiden letzten Jahre beobachtet 
worden ist. Die Erkrankungen traten meistens vereinzelt auf, nur in 
den nachstehend genannten beiden Orten gewann die Seuche eine 
grössere Verbreitung: 

Gross Rudszen, Kreis Pillkallen, 8 Pferde Bestand, 5 Pferde getödtet. 

Willpischken, „ Stallupocnen, 23 „ „ 7 „ „ 

Nach Ozonken, Kreis Angerburg, kam eine Zigeuner bande, dieselbe 
besass 7 Pferde, von denen 3 mit der Rotzkrankheit behaftet waren. 
Die übrigen 4 Pferde im Gesammtwerth von 110 Mark wurden eben¬ 
falls getödtet. bei der Section jedoch nicht rotzkrank befunden. Die 
Krankheit trat mehrfach bei kurze Zeit vorher — namentlich auf den 
Märkten des Kreises Johannisburg — gekauften Pferden auf. Im 
Kreise Tilsit erkrankte das Pferd eines Gensdarmen, dasselbe hatte 
mehrmals Berührung mit Pferden aus Russland gehabt. 

2. Westpreussen. 

Kein westpreussischer Kreis blieb frei von der Rotz¬ 
krankheit. Die Vergleichung in der Tabelle S. 58 zeigt jedoch, 
dass die Zahl der Rotzfälle im Ganzen und im Reg.-Bez. Marien¬ 
werder auch fast durchweg in den einzelnen Kreisen gegen das vor¬ 
hergehende Jahr beträchtlich abgenommen hat. 

Der Reg.-Bez. Danzig enthält, namentlich in den Kreisen Marien¬ 
burg, Pr. Stargard und im Landkreise Danzig, noch mehrfach alte Rotz¬ 
stationen, in denen die Krankheit nach häufig längeren Zwischenräumen 
wieder von Neuem ausbricht. Das Gut Morroszyn, Kr. Pr. Stargard, 
verlor von 49 Pferden 11, ein Gehöft in Felgenau desselben Kreises 
von 26 Pferden 7; die Krankheit war in diesen Gütern auch am 
Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht getilgt. Im Landkreise Danzig 
wurde ein Wiederausbruch der Krankheit beobachtet in: 

Schönwarling, vom 15. Februar bis 6. Juli 1877 wurden 9, im 
3. Quartal des Berichtsjahres 2; Letzkau, am 8. April 1877 wurden 2, 
vom 4. Januar bis 13. Mai 1878 5, im 3. Quartal des Berichtsjahres 
3 Pferde; 

im Kreise Marienburg wurden 

ia Alt-Münsterberg vom 4. März bis 20. September 1877 11, im 


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58 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


| Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

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verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

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verseuchte Bestände. 

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1 

Bereut. 

1 

2 

1 

1 

1 

3 

1 

1 

7 

6 

Reg. - Bez. 

2. 

Carthaus. 

1 

1 

2 

2 

1 

1 

2 

3 

7 

3 

Danzig. 

3. 

Danzig Stadt.. . 

— 

— 

— 

— 

— 


1 

l 

1 

— 


4. 

Danzig Land . . . 

1 

1 

3 

6 

5 

13 

4 

5 

25 

11 


5. 

Elbing . 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

2 

9 


6. 

Marienburg . 

2 

2 

1 

5 

— 

— 

3 

10 

17 

17 


7. 

Neustadt . 

— 

— 

2 

3 

1 

6 

2 

2 

11 

6 


S. 

Pr. Stargard . .. 

6 

9 

4 

13 

5 

9 

6 

7 

38 

36 



Summa .. 

11 

15 

14 

31 

14 

33 

19 

29 

108 

88 


1. 

Könitz . 





1 

1 



1 

1 

Reg. - Bez. 

2 

Deutsch-Krone .. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 


— 

1 

16 

Marienwerder. 

3 

Kulm. 

2 


1 

4 

_ 

— 


— 

7 

11 


4 

Flatow. 

2 

2 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

3 

4 


5. 

Graudenz. 

4 

9 

— 

— 

1 

3 

2 

7 

19 

24 


6, 

Loebau . 

4 

7 

3 

8 

2 

2 

— 


17 

13 


7 

Marienwerder . .. 

2 

2 

1 

2 

2 

6 

— 


10 

24 


8. 

Rosen b erg . 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

1 

1 

3 

6 


9. 

Schlochau. 

1 

1 

1 

3 

1 

1 

1 

1 

6 

8 


10 

Sch wetz . 

— 

— 

2 

4 

— 

— 

— 

1 - 

4 

1 


11 

Strassburg . 

4 

12 

3 

4 

4 

4 

2 

2 

22 

32 


12. 

Stuhm . 

1 

2 

1 

2 

1 

2 

— 


6 

21 


13 

Thorn . 

4 

5 

1 

I 

1 

2 

2 

6 

14 

35 


14 

Tuchei . 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

1 

4 

17 



Summa .. 

27 

46 

15 

30 

15 

23 

9 

18 

117 

213 



4. Quartal des Berichtsjahres 6 Pferde auf polizeiliche Anordnung ge- 
tödtet. In Petershagen hatte der Rotz vom 15. April bis 15. Juli 1879 
geherrscht, ein Pferd war getödtet und 2 Pferde waren als verdächtig 
observirt worden; an diesen und an einem dritten Pferde wurde die Rotz¬ 
krankheit während des 4. Quartals im Berichtsjahre constatirt; in 
welchem auch ein 1876 mit rotzkranken in Berührung gekommenes 
Pferd in Kl. Montau rotzkrank befunden wurde. 

In Schmierau, Kr. Neustadt, erwiesen sich sämmtliche 6 Pferde 
eines Besitzers bei der ersten Untersuchung des Bestandes rotzkrank. 


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Rotz - Wurmkrankheit. 


59 


Im Uebrigen ist das statistische Material aus dem Reg.-Bez. 
Danzig sehr arm an Bemerkungen. 

Im Reg.-Bez. Marienwerder sind noch zahlreiche alte Rotz¬ 
stationen, — namentlich unter den Pferdebeständen mittelgrosser Güter — 
vorhanden, in denen die Krankheit nach kürzeren oder längeren Zwischen¬ 
räumen während des Berichtsjahres wieder zum Ausbruch gelangte, 
das statistische Material führt als solche alte Krankheitsherde nament¬ 
lich an: Kowallek, Kr. Graudenz, Warmhof, Kr. Marienwerder, Neu¬ 
dorf, Kr. Rosenberg — Wiederausbruch nach 9 Monaten —, Marien¬ 
felde, Kr. Schlochau — Wiederausbruch nach V/ 2 Jahren — Dom- 
browken, Kr. Schweiz — nach Angabe des Besitzers herrscht der 
Rotz unter den Pferden schon seit 4 Jahren — Gostkowo, Kr. Thorn, 
Kl. Bieslaw, Kr. Tuchei. Die Rotzkrankheit kam mehrfach bei kurze 
Zeit vorher von kleinen jüdischen Handelsleuten ängekauften Pferden 
vor. In Zalesie, Kr. Strassburg, wurde ein ganzer Bestand von 6 
und in Kollenken ein ganzer Bestand von 4 Pferden getödtet, in 
Omulle, Kr. Löbau, 6 von 23 Pferden, auch sonst gehörten 3—4 rotz- 
kranke Pferde in verhältnissmässig kleinen Beständen nicht zu den 
Seltenheiten. In Friedeck, Kr. Strassburg, wurde der Rotz bei einem 
Pferde constatirt, welches 2 Jahre vorher vorübergehend verdächtige 
Erscheinungen und sich seitdem ganz gesund gezeigt hatte. 

3. Brandenburg. 

Abgesehen von einer geringen Abnahme in Berlin ist die Zahl 
der Rotzfälle in der Provinz Brandenburg während der beiden letzten 
Berichtsjahre fast genau dieselbe. 

Im Reg.-Bez. Potsdam blieben nur die Kreise Angermünde und 
— während der beiden letzten Berichtsjahre — Beeskow-Storkow 
frei von der Rotz-Wurmkrankheit. Ein grosser Theil der Verluste 
entfallt auf solche Pferdebestände, in denen die Rotzkrankheit seit 
langer Zeit herrscht bez. so bedeutende Verbreitung gewonnen hatte, 
dass ein grosser Theil der Pferde oder der ganze Bestand getödtet 
werden musste. Wir führen als Beispiele folgende Rotzausbrüche an: 


Ladeberg, 

Kr. Ober-Barnim, 

7 Pferde Bestand, 7 Pf. getödtet, 

Gottesgabe, 

ff ft 

21 

ff 

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Tassdorf, 

„ Nieder-Barnim, 

36 

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„ 10 „ „ 2 Pf. gefallen. 

Malsdorf, 

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13 

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Bietikow, 

„ Prenzlau, 

10 

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Restbest, 10 „ „ 

Wittstock, 

„ Ostpriegnitz, 

14 

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Bestand 14 „ „ 

Wittenberge, 

„ Westpriegnitz, 

24 

it 

„ 24 „ „ 


In 7 Gehöften mit 125 Pferden Bestand 83 Pf. getödtet, 2 Pf. gefallen, 


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60 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


auch das als alte Rotzstation bezeichnetc Gut Mittenwalde, Kr. Templin, 
verlor von 69 Pferden 3 während des Berichtsjahres. Eine grössere 
Anzahl von Fällen, in denen 2 bis 4 Pferde, welche demselben Be¬ 
sitzer gehörten, rotzkrank befunden wurden, ergiebt sich aus dem 
statistischen Material, mehrfach setzten diese 2 bis 4 Pferde den ganzen 
Bestand des betreffenden Gehöftes zusammen. Die Anzeigen vom 


Laufende Nummer. 

K r c i s. 

1 . 

Quartal 

2 . 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

3 

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verseuchte Bestände. 

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fallene Pferde. 

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getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

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Angerinündc .. . 


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2 

Reg. - Bez. 

2 

Nieder-Barnim. . 

2 

10 

3 

17 

1 

3 

1 

2 

32 

16 

Potsdam. 

3. 

Ober-Barnim .. . 

2 

7 

4 

7 

4 

12 

— 

— 

26 

14 


1. 

Ost-Havelland .. 

2 

4 

2 

2 

2 

3 

1 

1 

10 

11 


5. 

West-Havelland . 

1 

2 

1 

1 

— 

— 

■ — 

— 

3 

11 


6. 

Jüterbog-Lucken- 













walde . 

— 

— 

— 


1 

1 

— 

— 

1 

— 


7. 

Potsdam Stadt . . 

— 

— 



1 

1 

2 

4 

5 

4 


8 . 

Prenzlau . 

— 

— 



1 

9 

1 

1 

10 

36 


9. 

Ost-Priegnitz ... 

— 

— 

B 

n 

1 

5 

1 

9 

15 

5 


10 . 

West-Priegnitz . 

— 

— 

m 


2 

11 

1 

1(1 

28 

26 


11 

Ruppin . 

5 

9 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

9 

5 


12 

Teltow . 

3 


2 

4 

1 

1 

— 

— 

12 

14 


13. 

Templin. 

4 


3 

6 

1 

1 

— 

— 

13 

14 


14 

Zauc-h-Belzig ... 

2 

1 

2 

3 

— 

— 

— 

— 

5 

2 



Summa .. 

21 

47 

19 

42 

15 

47 

7 

33 




1 

Arnswalde. 

_ 

_ 

l 

1 


_ 

1 

3 

m 

B 

Reg. - Bez. 

2 

Kal au. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Mi 


Frankfurt, 

3. 

Kottbus. 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

2 

2 

m 

C9 


4 

Krossen . 


B 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

2 

— 


5. 

Frankfurt Stadt 


B 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

2 

3 


6. 

Königsberg. 


B 

— 

— 

2 

2 

— 

— 

2 

26 


7. 

Landsberg . 


B 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

1 

1 


8. 

Lebus . 


8 

3 

5 

— 

— 

— 

— 

13 

4 


9. 

Luckau . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

4 


10 . 

Lübben . 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

2 



11 

Ost-Sternberg. .. 

2 

2 

3 

5 

— 

— 

— 

— 

7 



12. 

Spremberg . 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

1 



13. 

Züllichau . 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 


1 

KJ 



Summa .. 

9 

12 

10 

16 

6 

■3 

D 

G 

m 

KD 


1. 

Berlin. 

9 

15 

12 

17 

15 

27 


21 


97 

Berlin. 


r 


e 








































Rotz - Wurmkrankheit. 


61 


Ausbruch der Rotzkrankheit scheinen vielfach sehr verspätet erfolgt 
zu sein. Dieselben sind mehrfach erst durch Verkäufe von Pferden, 
welche bei dem neuen Besitzer rotzkrank befunden wurden, zur Kennt- 
niss der Behörden gelangt. Von 7 kurz vorher angekauften rotz¬ 
kranken Pferden waren 4 auf dem Charlottenburger Markt erstanden. 

Die Kreise Friedeberg, Guben, Soldin, Sorau, West-Sternberg des 
Reg.-Bez. Frankfurt blieben während der beiden letzten Berichts¬ 
jahre frei von der Rotzkrankheit und in den übrigen Kreisen sind fast 
durchweg nur ganz vereinzelte Erkrankungen vorgekommen. Eine 
weite Verbreitung erlangte die Rotzkrankheit nirgends unter den 
Pferden desselben Bestandes. Vier rotzkrank befundene Pferde waren 
kurz vorher angekauft und ebensoviele wurden auf Märkten angetroffen. 

In Berlin trat die Rotzkrankheit fast durchweg bei für das 
öffentliche Fuhrwerk benutzten Pferden auf, im 4. Quartal auch — 
eingeschleppt durch in Ungarn angekaufte Pferde — unter den Be¬ 
ständen der grossen Pferdebahngesellschaft, 7 rotzkranke Pferde waren 
in den letzten 3 Monaten vor Constatirung der Krankheit angekauft wor¬ 
den und 6 rotzkranke Pferde wurden auf der Rossschlächterei ermittelt. 

4. Pommern. 

Von den 75 Pferden, welche im Reg.-Bez. Stettin getödtet 
wurden bez. gestorben sind, entfallen 34 auf das Gut Tützpatz, Kr. 
Demmin, 9 auf das Gut Crien, Kr. Anclam und 6 auf das Gut Col- 
batz, Kr. Greifenhagen. In Tützpatz, dessen ursprünglicher Bestand 
von 80 Pferden bereits auf 37 Pferde reducirt ist, welche isolirt 
auf einem Vorwerk aufgestellt sind, dauert das Herrschen der Krank¬ 
heit am Schlüsse des Berichtsjahres noch fort Die übrigen 26 Fälle 
von Rotzkrankheit blieben vereinzelt. Drei wurden durch Infection 
von Pferden polnischer Handelsjuden vermittelt. In Quitzerow, Kreis 
Demmin, stellten sich die ersten verdächtigen Erscheinungen bei einem 
Pferde erst nach 8monatlicher Observation, in einem zweiten Falle 
erst 11 Monate nach der Infection ein. Drei Pferde waren kurze 
Zeit vor dem Constatiren der Rotzkrankheit angekauft, ein Fall wurde 
auf der Rossschlächterei in Stettin, mehrere auf Märkten ermittelt. 
Frei von der Rotzkrankheit blieben die Kreise Greifenberg, Kammin und 
Saatzig. 

Die Verluste des Reg.-Bez. Köslin entfallen zu einem grossen 
Theil auf einige alte Rotzherde, in denen die Krankheit erst nach 
langem Bestehen constatirt wurde oder nach längeren Zwischenräumen 


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62 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr getödtete 
und gefallene Pferde. 

lin.Iahrv 1 n 7> 7'.» . • 
und gefallene Pferde. 


verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

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getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1 

Anclam. 



1 

G 

1 

3 



9 

2 

Reg. - Bez. 

2 

Demrain. 

1 

G 

2 

2 

1 

12 

1 

15 

35 

G 

Stettin. 

3. 

Greifenberg .... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

8 


4 

Greifenhagen ... 

1 

2 

2 

5 

1 

2 

1 

1 

10 

5 


5. 

Naugard. 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

3 

5 

7 

— 


6. 

Pyritz. 

— 

— 

1 

1 

2 

3 

— 

— 

4 

7 


7. 

Randow. 

2 

2 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

4 

5 


8. 

Saatzig. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


9. 

Stettin Stadt... 

— 

— 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

2 

6 


10. 

Ueckerraünde ... 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

1 

1 

2 

5 


11. 

Usedom-Wüllin . 

1 

2 



— 



— 

2 

— 



Summa .. 

5 

12 

10 

18 

8 

23 

6 

22 

75 

45 


1. 

Belgard. 

2 

5 

3 

13 

2 

15 

1 

18 

51 

15 

Reg. - Bez. 

2. 

Bublitz. 

— 

— 

3 

6 

2 

G 

1 

1 

13 

15 

Köslin. 

3. 

Buetow . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

2 

2 


4. 

Köslin. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

6 


5. 

Kolberg. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

2 

— 


6 

Dramburg. 

1 

2 

1 

5 

1 

6 

3 

G 

19 

4 


7. 

Lauenburg . 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

1 

4 

G 

14 


8. 

Neu Stettin .... 

6 

7 

2 

5 

1 

3 

— 

— 

15 

5 


9. 

Rummelsburg .. 

— 

_ 

1 

2 

1 

2 

1 

1 

5 

2 


10 

Schievelbein .... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

2 

2 

1 


11. 

Schlawc . 

1 

1 

2 

2 

2 

2 

1 

2 

7 

9 


12 

Stolp . 

2 

4 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

6 

— 



Summa .. 

14 

21 

13 ! 

34 

10 

35 

14 

39 

129 

73 


1. 

Greifswald. 










3 

Reg. - Bez. 

2. 

Rügen . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

18 

Stralsund. 

3 

Stralsund Stadt. 

2 

11 

4 

7 

— 

— 

— 

— 

18 

— 



Summa .. 

2 

11 

4 

7 

— 

— 

— 

— 

18 

21 



von Neuem ausgebrochen war. Wir führen die folgenden Beispiele an, 
in denen entweder der Bestand ganz oder zum grössten Theil getödtet 
wurde bezw. Erkrankungen in 3 Quartalen des Berichtsjahres beobachtet 
wurden: 


Digitized by Google 





























Hotz - Wurmkrankheit. 


63 


Belgard, 

Kr. Belgard, 

7 Pferde Bestand, 6 FF. getödtet, 


Karlsruhe, 

»* >» 

7 ,, 

ii a ii 

11 


Gross Poplow, 

11 11 

38 „ 

». 37 ,, 

11 

1 Pf. gefallen 

Bublitz, 

,, Bublitz, 

19 „ 

» 6 i» 

11 

3 ii i> 

Zetzin, 

„ Dramburg, 

10 „ 

„ io „ 

11 


Lanzen, 

„ Neu Stettin, 

10 „ 

ii 7 „ 

11 


Zuckers, 

„ Rummelsburg, 

40 „ 

11 ü „ 

11 

ü 11 1, 

J esc ritz, 

„ Stolp, 

29 „ 

11 3 „ 

11 

1 11 11 


Auf diese 8 Ausbrüche entfallen zusammen 89 Pferde, etwa 
2 / 3 aller im Reg.-Bez. gestorbenen und getödteten. Einzelne kleinere 
Seuchenherde waren am Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht getilgt. 
Die Krankheit wurde mehrfach bei kurze Zeit vorher angekauften 
Pferden und einmal auch auf einem Markte constatirt. Frei von der 
Rotzkrankheit blieb kein Kreis des Reg.-Bez. Köslin. 

Im Reg.-Bez. Stralsund beschränkte sich das Vorkommen der 
Rotzkrankheit auf 6 Gehöfte der Stadt Stralsund. Die Infection soll 
ursprünglich auf Reisen unterwegs stattgefunden haben. 

5. Posen. 

Die Tabelle S. 64 weist eine erhebliche Abnahme der Rotz- 
Wurmkrankheit im Reg.-Bez. Posen, in welchem die Kreise Birn¬ 
baum, Borast und Krotoschin seuchefrei blieben, nicht nur gegen das 
vorhergegangene Jahr, sondern auch in den auf einander folgenden 
Quartalen des Berichtsjahres nach. Nichtsdestoweniger muss zugegeben 
werden, dass sich in dem Bezirke noch zahlreiche Rotzherde vorfinden, 
in denen die Krankheit theils seit Jahren herrscht, theils in längeren 
Zwischenräumen von Neuem ausbricht. Als derartige im Berichts¬ 
jahre wiederum verseuchte Rotzstationen erwähnen die Tabellen z. B. 
Niegolewo, Kr. Buk, — Wiederausbruch nach 2 Jahren — Tarce, Kr. 
Pieschen, Rokietnica, Landkreis Posen, Chlewo, Kochlow, Baranow, 
Kr. Schildberg. Die Zahl der gleich bei der ersten Untersuchung 
krank befundenen Pferde war nicht selten bedeutend, und oft musste 
während des Berichtsquartals, in welchem die Constatirung erfolgte, 
ein namhafter Theil des Pferdebestandes getödtet werden. Wir fuhren 
die nachstehenden Beispiele allein aus dem 1. Quartal an: 

Stefanowo, Kr. Meseritz, 10 Pferde Bestand, 5 Pferde getödtet, 


Gramsdorf, 

„ Obomik, 9 „ 

ii 

3 „ 

i* 

Posen, 

„ Posen, 4 „ 

ii 

3 „ 

„ 1 Pferd gefallen. 

Karlshof, 

„ io „ 

ii 

7 „ 

ii 

Kubera, 

„ Schildberg, 6 „ 

i> 

3 „ 

i> 

Biskupice, 

„ Schroda, 18 „ 

ii 

3 „ 

>i 1 ii n 

Bierzglinek, 

„ Wreschen, 12 „ 

i» 

3 „ 

»> 




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64 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

l. 

Quartal 

2 

Quartal 

3. 

Quartal 

4 

Quartal 

i? 

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43 

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1 mJahre 1 878 79 itett 

und gefallene Pferde. 


verseuchte Bestände. 

bß . 

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11 

43 

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tc 

verseuchte Bestände. 

getödtete and ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

43 

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43 2: 
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SC — 

bß 

1 . 

Adelnau. 

1 

1 

2 

2 

_ 

_ 

1 

3 

6 

5 

Reg. - Bez. 

2 . 

Birnbaum. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 

Posen. 

3 













4. 

Buk . 

1 

1 

2 

2 

1 

1 

_ 

_ 

4 

8 


5. 

Fraustadt. 

1 

1 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

3 

4 


6 . 

Kosten. 

3 

3 

4 

4 

4 

5 

2 

3 

15 

12 


7. 

Kröben. 

1 

2 

1 

1 

2 

3 

3 

4 

10 

— 


8. 

Krotoschin. 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


n 


2 

6 







c 



10 . 

Obornik . 

4 

8 

3 

6 

1 

1 

_ 

_ 

15 

51 


11 

Pieschen . 

5 

11 

5 

6 

— 

— 

1 

2 

19 

67 


12 . 

Posen Stadt .... 

— 

— 

1 

3 

— 

— 

1 

1 

4 

10 


13. 

Posen Landkreis 

5 

18 

2 

10 

1 

2 

— 

— 

30 

17 


14. 

Samter . 

3 

3 

— 

— 


— 

1 

1 

4 

11 


15. 

Schildberg . 

4 

10 

2 

5 

4 

6 

5 

9 

30 

18 


16 . 

Schrimm . 

2 

4 

1 

4 

— 

— 

1 

2 

10 

7 


17. 

Schroda . 

4 

7 

— 

— 

1 

2 

3 

8 

17 

8 


18. 

Wreschen. 

5 

5 

3 

6 

2 

3 

2 

2 

16 

8 



Summa .. 

41 

80 

26 

40 


24 

21 

36 

189 

242 


1. 

Bromberg Stadt 

_ 

—- 

— 

— 

1 

1 

— 

_ 

1 

_ 

Reg. - Bez. 

2. 

BrombergLandkr. 

5 

5 

3 

s 

3 

17 

3 

5 

35 

46 

Broraberg. 

3. 

Czarnikau. 

1 

1 

3 

4 

— 

— 

— 

— 

5 

8 


4. 

Gnesen. 

7 

24 

5 

15 

5 

13 

— 

— 

52 

8 


5. 

Inowraclaw .... 

3 

5 

5 

6 

6 

7 

4 

5 

23 

19 


6 . 

Kolmar. 

1 

1 

— 

— 

2 

2 

2 

3 

6 

5 


7. 

Mogilno. 

2 

4 

2 

2 

3 

4 

— 

— 

10 

10 


8. 

Schubin. 

1 

2 

2 

11 

2 

2 

2 

2 

17 

9 


0 

Wirsitz. 

2 

3 

2 

11 

1 

1 

1 

1 

16 

8 


10. 

Wongrowiec .... 

6 

55 

4 

13 

2 

21 

2 

4 

93 

57 


1 

Summa .. 

28 

100 

26 1 

70 

25 1 

1 I 

68 

14 

20 

258 

170 



Die wenigen Beispiele S. 63 könnten, wenn man die übrigen Berichts¬ 
quartale heranziehen wollte, noch wesentlich vermehrt werden, sie 
genügen jedoch, um die Thatsache zu begründen, dass die Ausbrüche 
der Rotzkrankheit nicht selten sehr verspätet zur Anzeige gebracht 
wurden. Mehrere Besitzer wurden wegen Unterlassung der Anzeige 
unter Anklage gestellt, sind jedoch freigesprochen worden. Erwägt 
man ferner, dass eine nicht ganz unerhebliche Zahl Pferde bald nach 


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Kotz - \Y urmkrankheit. 


65 


dem Ankauf oder auf Märkten rotzkrank befunden wurde bez. herum¬ 
reisenden Handelsketten oder kleinen jüdischen Pferdehändlern gehörte, 
so muss man noch mehr zufrieden sein, dass die Tilgung der Rotz¬ 
krankheit im Reg.-ßez. Posen trotz dieser ungünstigen Verhältnisse 
so erhebliche Fortschritte gemacht hat. 

Im Reg.-Bez. Bromberg blieb kein Kreis frei von der 
Rotzkrankheit. Die Tabelle S. 64 zeigt jedoch die mit jedem 
folgenden Quartal weiter fortschreitende Abnahme der Rotzerkrankungen 
noch auffälliger als im Reg.-Bez. Posen. Die bedeutendsten Verluste 
erlitten die Kreise Wongrowiec, Gnesen und Bromberg Land, in wel¬ 
chen einige alte Rotzherde durch Tödtung säramtlicher Pferde der 
betreffenden Bestände oder doch eines grossen Theiles derselben getilgt 
werden mussten, wie folgende Zusammenstellung nachweist: 


Eichberg, Kr. Bromberg, 

13 Pferde Bestand, 13 Pferde getödtet, 

Karlhof, „ „ 

28 

« 

„ 9 

j* 

ii 

Jelitowo, „ Gnesen, 

22 

« 

„ 22 


ii 

Obora, 

24 

11 

„ 6 

»» 

„ 5 Pf. gestorben. 

Dobieszewko, „ Schubin, 

35 

11 

„ 8 

1» 

ii 1 ii ii 

Eichenhagen, „ Wirsitz, 

35 

11 

„ 9 

>) 

ii 2 ,, ,, 

Friedrichshof, „ Wongrowiec, 

32 

11 

„ 14 

i> 

ii 

Kobylec, „ „ 

19 

11 

„ 19 

n 

ii 

Schocken, „ „ 

22 

11 

„ 21 

ii 

ii 1 ii ii 

Zakrzewo, „ „ 

32 

11 

„ 10 

ii 

ii 


In diesen 10 Rolzherden sind somit 140 Pferde getödtet worden 
bez. gestorben, mehr als die Hälfte des Verlustes im ganzen Reg.-Bez. 
Dagegen ist die Rotzkrankheit in dem früher sehr stark verseuchten 
Kreise Inowraclaw verhältnissmässig nicht oft beobachtet worden; 
dieser Kreis hatte im Jahre 1877/78 145 Pferde an der Rotzkrank¬ 
heit verloren. Die vollständige Tilgung der letzteren wird durch die 
zahlreichen alten Herde, namentlich unter den Pferdebeständen grösserer 
Güter und durch die Sorglosigkeit der Besitzer vielfach erschwert. 
Die zuletzt genannten Verhältnisse hatten auch zur Folge, dass die 
Rotzkrankheit recht häufig bei kurze Zeit vorher angekauften Pferden 
ausbrach bez. auf Märkten constatirt wurde. Zur Tilgung der Rotz¬ 
krankheit hat die Königliche Regierung angeordnet, dass die Pferde 
9 Monate nach dem letzten Rotzfall noch unter Observation bleiben, 
wobei den Besitzern jede zulässige Erleichterung im Gebrauche der 
Pferde gewährt wird. Die Gensdarraen sind beauftragt, über den 
Gesundheitszustand der Pferde solcher Bestände in Zwischenzeiten von 
14 Tagen dem Landrath zu berichten, damit die Zuziehung des 

Archiv f. «Us. u. pract TUierheilkunde. VTT. SnppL-Htft. & 


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66 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

beamteten Thierarztes sofort nach dem Hervortreten der ersten ver¬ 
dächtigen Krankheitserscheinungen erfolgen kann. 

6. Schlesien. 

Obgleich von den 24 Kreisen des Reg.-Bez. Breslau nur Habel- 
schwerdt und Striegau frei von der Rotzkrankheit blieben, erlangte 
dieselbe jedoch in keinem Kreise eine grössere Verbreitung und hatte 
auch nur in seltenen Fällen erhebliche Verluste im Gefolge. In Biel¬ 
wiese, Kr. Steinau, wurde ein ganzer Bestand von 12 Pferden in der 
Zeit vom 19. Februar bis 18. Juni 1879 getödtet, ausserdem erlitten 
grössere Verluste: 

Carowahne, Landkreis Breslau, 8 Pferde Bestand, 7 Pferde getödtet. 

Heiden, Kreis Wohlau, 13 „ „ 7 „ „ 

und wurden einzelne Bestände von 3 bis 4 Pferden getödtet. Meistens 
trat der Rotz unter kleinen Beständen auf. Das Zusammentreffen 
vieler geringwerthiger Pferde beim Bau der Glatz-Dittersbacher Eisen¬ 
bahn und der Grenzverkehr mit Oesterreich scheinen einer Verbreitung 
der Rotzkrankheit vielfach Vorschub geleistet zu haben. Von den 
20 während des 4. Quartals auf polizeiliche Anordnung getödteten 
Pferden gehörten 13 Fuhrleuten oder überhaupt häufig auf der Land¬ 
strasse verkehrenden Gespanuen an, die Infection soll namentlich oft 
unterwegs in Gastställen erfolgt sein. In zwei Fällen machten sich 
die ersten Krankheitserscheinungen erst 6 bez. 9 Monate nach statt¬ 
gehabter Infection bemerklich. In mehreren Fällen wurde die Rotz¬ 
krankheit bei kurze Zeit vorher angekauften Pferden bez. auf Märkten 
und in Rossschlächtereien und in 2 Fällen durch die Section bei an 
anderen Krankheiten gefallenen Pferden ermittelt. 

Die Rotzerkrankungen erreichten im Reg.-Bez. Liegnitz keine 
erhebliche Anzahl und blieben meistens ganz vereinzelt; in 5 Kreisen 
wurden überhaupt keine Fälle von Rotz beobachtet. Die rötzkranken 
Pferde gehörten meistens kleinen Beständen an und hatten in der 
Regel häufig auf Landstrassen verkehrt, so dass die Vermuthung der 
unterwegs erfolgten Infection viel für sich hat. In Lüben traten die 
ersten Krankheitserscheinungen 9 Monate nach Berührung mit einem 
rötzkranken Pferde hervor. In Lichtenwalde, Kr. Bunzlau, wurde die 
Rotzkrankheit an dem Cadaver eines heimlich getödteten und nach 
längerer Zeit wieder ausgegrabenen Pferdes constatirt. 

Der Reg.-Bez. Oppeln erlitt nächst dem Reg.-Bez. Brom¬ 
berg die bedeutendsten Verluste, welche namentlich durch den 


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Kotz - Wurmkrankheit. 



>■ 2 . 3 . 

Quarta] Quartal I Quartal 


Quartal 


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1. Breslau Stadt .. 
2 Breslau Landkr. 
3. Brieg. 

4 Frankenstein . . . 

5 Glatz. 

6- Guhrau. 

7. Militsch. 

8. Münsterberg.... 

9 Namslau . 

10 Neumarkt . 

11 Neurode. 

12 Nimptsch. 

13. Oels . 

14. Ohlau. 

15- Reichenbach.... 

16. Schweidnitz .... 

17. Steinau . 

18. Strehlen. 

19* Striegau. 

20. Trebnitz. 

21. Waldenburg.... 

22. Wartenberg .... 

23. Wohlau . 

Summa .. 

1- Bolkenhayn .... 

2. Bunzlau. 

3. Freystadt. 

4- Glogau. 

5- Görlitz Landkr.. 

6 Goldberg-Hainau 

7 Grünberg. 

8 Hirschberg. 

9 Hoyerswerda . .. 

10 Jauer . 

11. Landeshut. 

12 Lauban . 

13 Liegnitz Stadt.. 
14. Liegnitz Landkr. 

15 Löwenberg. 

16. Lüben. 

17. Sagan . 

18. Sprottau. 

Summa .. 



2 11 16 Reg. - Bez. 

3 13 15 Breslau. 

1 4 9 

-27 


12 9 

4 4 


21 8 11 2 ih 

18 | 46 19 26 24 1 35 


16 20 127 123| 


3 11 



2 Reg. - Bez. 

3 Liegnitz. 
2 


6 | 10 | 11 151 17 10 12 46 39 


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Google 































68 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

im Berichtsjahr getödtete 
und gefallene Pferde. 

s> 

13 

«-> 

T? 6 

■o na 

03 

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2 3 

03 'o> 

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41 

C ~ 


verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1 

Beuthen . 

_ 

_ 

2 

5 

1 

2 

1 

2 

9 

18 

Reg. - Bez. 

2 

Kosel. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

7 

Oppeln. 

3 

Kreuzburg. 

3 

10 

— 

— 

3 

36 

1 

2 

48 

19 


4 

Falkenburg .... 

1 

1 

1 

1 

5 

5 

— 

— 

7 

2 


5 

Grottkau. 

2 

5 

3 

8 

2 

13 

— 

— 

26 

— 


c. 

Kattowitz. 

4 

6 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

6 

4 


7. 

Leobschütz. 

3 

3 

3 

6 

3 

8 

1 

2 

19 

3 


8 

Lublinitz. 

— 

— 

2 

2 

— 

— 

2 

2 

4 

4 


9 

Neisse . 

1 

1 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

3 

12 


10 

Neustadt. 

— 

— 

3 

3 

— 

— 


— 

3 

6 


11 

Oppeln. 

2 

3 

3 

4 

3 

4 

3 

6 

17 

3 


12. 

Pless. 

1 

1 

— 

— 

3 

5 

— 

— 

6 

5 


13. 

Ratibor . 

3 

6 

1 

2 

1 

1 

_ 

— 

9 

4 


14 

Rosenberg. 

3 

4 

— 

— 

— 

— 

2 

5 

9 

8 


15. 

Rybnik. 

2 

5 

3 

8 

1 

2 

— 

— 

15 

19 


16 

Gross Strehlitz . 

1 

1 

1 

1 

2 

20 

2 

14 

36 

15 


17 

Tarnowitz. 

— 

— 

— 

— 

3 

4 

2 

2 

6 

8 


18. 

Tost-Gleiwitz ... 

4 

8 

— 

— 

1 

2 

3 

6 

16 

3 


19. 

Zabrze. 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

— 


2 

8 



Summa .. 

30 | 

54 

23 

42 

30 

104 

17 

1 41 

241 

148 



Umstand bedingt wurden, dass einzelne Pferdebestände bis auf das 
letzte Thier oder doch zum grössten Theil getödtet werden mussten. 
Wir führen folgende Zahlen an: 


Wzoze, 

Kr. Kreuzburg, 

5 Pferde Restbestand, 

5 Pferde getödtet 

Neudorf, 


27 „ 

Bestand, 

27 

1 » 

>» 

Sowisna, 

n 1 ? 

9 „ 

j» 

9 

rt 

»» 

Matzwitz, 

„ Grottkau, 

11 „ 

»» 

9 

11 

>1 

Zühlshof, 

»» »» 

30 „ 


11 

» 


Friedenshütte, 

„ Beuthen, 

12 „ 


6 

3 » 

» 

Marklowitz, 

„ Rybnik, 

14 „ 

>» 

7 

»3 

fi 

Kalinowitz, 

„ Gr.Stiehlitz, 39 „ 

»» 

32 

»J 

»1 


Auf diese 8 Seuchenherde entfallen 

106 Pferde. 



Die Verschleppung erfolgte mehrfach durch Verkauf von Pferden 
aus alten Seuchenherden, welcher in der Regel sofort nach Aufhebung 
der Sperre stattfand. Elf rotzkranke Pferde waren kurz vorher an- 


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Rotz - Wurnikranklieit. 


69 


gekauft worden, fünf wurden auf Märkten angetroffen. In Kalinowitz 
ist die Rotzkrankheit seit l 1 /, Jahren dreimal constatirt worden, in 
Neudorf sind Rotzfalle schon seit 10 Jahren vorgekommen. In einem 
Falle brach die Krankheit nach einem Zwischenraum von 6 Monaten 
in demselben Bestände wieder aus. Ein rotzkrankes Pferd wurde 
herrenlos in einem Walde aufgegriffen. Die Krankheit trat öfter bei 
den zum Fuhrwerk im Montanbezirk benutzten Pferden auf, und das 
verhältnissmässig häufige Vorkommen bei Pferden, welche Gastwirthen 
gehörten, unterstützt wesentlich die Annahme, dass die Infection viel¬ 
fach auf Reisen erfolgt ist. 


7. Sachsen. 

Abgesehen von den nachstehend genannten zwei Ausbrüchen 
blieben die Rotzerkrankungen vereinzelt oder auf 2—3 Pferde desselben 
Stalles beschränkt: 

Magdeburg, sämmtlicbe 6 Pferde eines Fuhrherren; 

Leubingen, Kr. Eckartsberga, sämmtlicbe 13 Pferde einer Ackerwirthscbaft. 

Die Posthalterei zu Wernigerode, in welche die Rotzkrankheit 
angeblich aus dem Braunschweig’schen eingeschleppt worden war, 
verlor 3 Pferde von 15 Pferden Bestand. In einer grösseren Anzahl 
von Fällen waren die rotzkrank befundenen Pferde ausserhalb der 
Provinz — je einmal im Posen’schen und in Russland — kurz vor¬ 
her angekauft worden, 4 rotzkranke Pferde wurden auf Märkten an¬ 
getroffen und 4 auf polizeiliche Anordnung getödtete Pferde gehörten 
hausirenden Handelsleuten. Ein Ausbruch ist auf Infection der Pferde 
im Königreich Sachsen zurückzuführen, und in Eisleben, Mansfelder 
Seekreis, brach die Rotzkrankheit kurze Zeit nach Aufhebung der 
Sperre in einem Pferdebestande von Neuem aus. Die Tödtung 
rotzverdächtiger Pferde wurde durchweg so bald wie möglich durch¬ 
geführt und hierbei erwiesen sich häufig auch solche Pferde rotz¬ 
krank, welche während des Lebens, abgesehen von den Erscheinungen 
der Dämpfigkeit, gar keine verdächtige Symptome gezeigt hatten. 
Frei von der Rotzkrankheit blieben 4 Kreise des Reg.-Bez. Magde¬ 
burg, 5 Kreise des Reg.-Bez. Merseburg und 8 Kreise des Reg.- 
Bez. Erfurt. 


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70 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 




1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

4? 

72 « 
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S 

72 <ö 
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Laufende Nummer. 

Kreis. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

Im Berichtsjahr get 
und gefallene Pfer 

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er. 3- 

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C 

ja 5 


1. 

Aschersleben... 

2 

3 



_ 




3 

1 

Reg. - Bez. 

2. 

Kalbe . 

— 

- 

— 

— 

1 

1 

2 

3 

4 

— 

Magdeburg. 

3. 

Gardelegen .... 

1 

1 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

2 

— 


4. 

Jerichow I. 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

3 

G 


5 

Jerichow II. ... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 


6. 

Magdeburg Stadt 

2 

2 

2 

g 

— 

— 

1 

2 

10 

— 


7 

Neuhaldensleben 

— 

— 

2 

3 

2 

3 

1 

1 

7 

— 


8 

Osterburg. 

— 

— 

— 

— 

—- 

— 

— 

— 

— 

1 


9 

Stendal. 

— 

— 

3 

4 

— 

— 

— 

— 

4* 

— 


10 

Wanzleben .... 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

3 


11 

Wernigerode ... 

— 

— 

1 

3 




— 

3 

— 


12. 

Wolmirstedt ... 





1 

1 


* 

1 

1 



Summa .. 

6 

8 _ 

9 

17 

5 

6 

5 

7 

38 

17 


1. 

Bitterfeld. 



2 

2 



1 

2 

4 

1 

Reg. - Bez. 

2 

Delitsch . 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

3 

Merseburg. 

3 

Eckartsberga... 

1 

4 

1 

9 

— 

— 

— 


13 

2 


4. 

Halle Stadt.... 

3 

3 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

13 


5 

Mansfeld Gebgkr. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

3 


6. 

Mansfeld Seekr. . 

— 

— 

1 

3 

— 

— 

1 

2 

5 

8 


7 

Merseburg. 

1 

3 

1 

1 

2 

2 

1 

1 

7 

8 


8. 

Querfurt . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 


9. 

Saalkreis. 

1 

2 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

4 

3 


10. 

Sangerhausen .. 

2 

2 

— 

— 


— 

— 

— 

2 

8 


11. 

Schweinitz .... 

1 

1 

— 1 

— 

— 

— 

2 

2 

3 

— 


12 

Torgau. 

— 

— 

— 

— 

— 

■ — 

1 

2 

2 

5 


13. 

Wittenberg .... 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

2 

1 



Summa .. 

11 

17 

7 

17 

4 

4 

6 

9 

47 

57 


1. 

Erfurt. 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

1 

Reg. - Bez. 

2. 

Langensalza ... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 

Erfurt. 

3 

Mühlhausen ... 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

1 

— 


4 

Nordhausen.... 

— 

— 


— 


— 

1 

1 

1 

2 



Summa .. 

— 

— 


— 

1 

1 

1 

1 

2 

8 



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Rotz - Wurmkrankheit. 


71 


8. Schleswig-Holstein. 

Von den 12 in Schleswig-Holstein getödteten und gestorbenen 
Pferden wurden 6 in der Rossschlächterei zu Altona angetroffen, je 
eines derselben stammte aus Hamburg und Lübeck. Die übrigen 
6 Pferde entfallen auf folgende 3 Kreise: 

Flensburg, 2 Pferde in 2 Ortschaften. 

liadei sieben, 1 Pferd. 

Pinneberg, 3 Pferde unter einem Bestände von 7 Pferden. 

Ausserdem wurden in Itzehoe 2 Pferde eines umherziehenden 
Künstlers als rotzverdächtig angehalten. Da der Besitzer erklärte, 
die Pferde während der Sperre nicht unterhalten zu können, kaufte 
die Polizeibehörde die Pferde an und liess dieselben tödten; sie er¬ 
wiesen sich bei der Section nicht rotzkrank. 

Während des Berichtsjahres 1878/79 wurden in Schleswig-Holstein 
14 Fälle von Rotzkrankheit beobachtet. 

9. Hannover. 

Die Tabelle S. 72 zeigt, dass die Rotzerkrankungen nur ver¬ 
einzelt und in geringerer Anzahl als während des vorhergegangenen 
Berichtsjahres vorgekommen sind. Während sich dieselben in dem 
letzteren auf 17 Kreise vertheilen, wurden im Berichtsjahre nur in 
12 Kreisen Rotzfälle beobachtet. Drei Pferde in dem Landdr.-Bez. 
Lüneburg starben, bevor die von der Königlichen Landdrostei bereits 
verfügte Tödtung erfolgte. In einem Bestände des Landdr.-Bez. 
Lüneburg waren bereits im vorigen Jahre einige Rotzerkrankungen 
vorgekommen, ein Pferd soll schon seit dem Jahre 1877 rotzkrank 
gewesen sein. So lange sich das betreffende Pferd in dem Gehöfte 
befand, sind mehrere Pferde des Bestandes, angeblich an Typhus ge¬ 
fallen. Je ein Pferd war kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit 
aus Russland bez. aus Bremen eingeführt worden, und ein rotzkrankes 
Pferd wurde in der Rossschlächterei zu Hannover ermittelt. 

Der Landdr.-Bez. Aurich blieb während des ganzen Jahres, die 
übrigen Landdr.-Bez. — mit Ausnahme von Lüneburg — waren während 
einzelner Quartale frei von der Rotzkrankbeit. 


Digitized by C^ooQle 



72 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten, 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

£ 

3 

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verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

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getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1. 

Hannover Stadt. 



1 

1 



1 

2 

3 

23 

Landdr.-Bez. 

2. 

Hannover Land kr. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 

Hannover. 

3. 

Hoya . 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


4. 

Nienburg. 

— 


— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

— 


E 

Wennigsen .... 

— 




— 

— _ 

— 

— 


1 



Summa .. 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

2 

3 

4 

30 


1. 

Einbeck . 










2 

Landdr.-Bez. 

2. 

Göttingen . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

2 

Hildesheim. 

3. 

Hildesheim - Ma- 













rienburg. 

1 

1 

2 

3 

— 

— 

— 

— 

4 

4 


4. 

Liebenberg .... 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


5. 

Osterode . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

4 


6. 

Zellerfeld. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 



Summa .. 

1 

1 

2 

3 

— 

— 

1 

1 

5 

14 


1. 

Celle . 



1 

1 

1 

1 



2 

10 

Landdr.-Bez. 

2. 

Gifhorn . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

— 

Lüneburg. 

3 

Harburg. 

1 

3 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

9 


4. 

Lüneburg. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

4 


5 

Uelzen. 

_1 

2 



1 

1 


— 

3 

3 



Summa .. 

2 

5 

1 

1 

2 

2 

1 

1 

9 

2 r> 


1 

Lehe. 



1 

2 





2 


Landdr.-Bez. 

2 

Neuhaus a./O. .. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

6 

Stade. 

3 

Osterholz. 

— 

— 

1 

1 

— 

_ 

— 

_ 

1 

— 


4 

Stade Marscbkr. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 



Summa .. 

— 

— 

2 

3 


— 


— 

3 

7 


1 

Bersenbrück.... 

_ 




ra 

2 

2 

3 

5 


Landdr.-Bez. 

i 

Osnabrück. 

— 

— 

— 

— 

i 

2 

— 

— 

2 

2 

Osnabrück. 

1 

Summa .. 

— 

— 

~1 

— 

7 [ 

4 

2 

3 

7 

2 



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Rotz - Wunnkrankheit. 


73 


10. Westfalen. 

Die Zahl der getödteten und gefallenen Pferde beträgt 15 — 
6 weniger als im Jahre 1878/79 —; dieselben vertheilen sich auf 
folgende Kreise: 


Reg.-Bez. Münster, 

Kreis Ahaus, 

2 Pferde. 

» »» 


Lüdinghausen, 

1 Pferd. 

„ Minden, 


Halle, 

1 

»» »t 


Herford, 

2 Pferde. 

77 77 

» 

Höxter, 

4 „ 

„ Arnsberg, 

ji 

Altena, 

2 „ 

i» »» 

77 

Bochum, 

1 Pferd. 

77 77 

77 

Olpe, 

1 „ 

77 77 

77 

Soest, 

1 „ 



Zusammen 

15 Pferde. 


Von den genannten Kreisen waren Halle, Herford, Bochum und 
Olpe im vorigen Jahre frei von Rotzkrankheit geblieben, dagegen sind 
in den Kreisen Bielefeld, Lübbecke, Dortmund und Lippstadt, welche 
1878/79 9 Pferde verloren hatten, keine Rotzfälle vorgekommen. Die 
beiden Pferde im Kreise Ahaus waren durch die im vorigen Jahr ver¬ 
seucht gewesenen Pferde eines Nachbargehöftes inficirt worden, das 
Pferd im Kreise Soest gehörte einem umherziehenden Handelsmann, 
das im Kreise Lüdinghausen wurde auf dem Markt in Werne ermittelt. 

11. Hessen-Nassau. 

Auch in der Provinz Hessen-Nassau hat die Zahl der Kreise, in 
denen die Rotzkrankheit auftrat und die Zahl der getödteten und 
gefallenen Pferde gegen das vorhergegangene Jahr etwas abgenommen. 
Die 6 Rotzfälle in einer Ortschaft des Kreises Ziegenhayn sind auf 
Einschleppung durch die Pferde eines Eisenbahnbau - Unternehmers 
zurückzuführen. In Oberzeugheim, Ober-Lahnkreis, wurden sämmtliche 
4 Pferde eines Besitzers rotzkrank befunden, ebenso auch sämmtliche 
4 Pferde eines Besitzers im Landkreise Kassel, deren Krankheit von 
dem beamteten Thierarzt bei zufälligem Begegnen entdeckt wurde. 
Alle übrigen Ausbrüche blieben vereinzelt, sie kamen in je einem Be¬ 
stände der Kreise Hanau und Kassel in früher verseucht gewesenen Ge¬ 
höften 7 Monate bez. 2 Jahre nach dem letzten Falle vor. Ein am 
3. August 1879 der Ansteckung ausgesetzt gewesenes Pferd erkrankte 
am 26. November 1879, mithin nach Ablauf von etwa 4 Monaten. 


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74 Jahresbericht über die Verbreituog der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr getödtete 
und gefallene Pferde. 

48 

2 

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verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1. 

Eschwege. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 

5 

Reg. - Bez. 

2. 

Gelnhausen .... 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

Kassel. 

3. 

Hanau . 

— 

— 

3 

3 

— 

— 

— 

— 

3 

3 


4. 

Hersfeld. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 


5 

Hünfeld. 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

3 


6. 

Kassel Stadt .. . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


7. 

Kassel Land kr. . 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

1 

4 

6 

— 


8. 

Kirchhavn. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

— 


9. 

Rinteln . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 


10. 

Ziegenhayn .... 

3 

3 

3 

3 





6 




Summa .. 

4 

4 

8 

8 

1 

1 

2 

5 

18 

19 


1. 

Dillkreis . 



1 

1 



1 

1 

2 


Reg. - Bez. 

2 

Frankfurt a ,/M. „ 

4 

5 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 

21 

Wiesbaden. 

3. 

Ober-Lahnkreis . 

— 

— 

1 

4 

1 

1 

1 

1 

6 

1 


4. 

Unter-Lahnkreis 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

2 


5. 

Rhein gau. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

1 1 


6. 

Ober-Taunuskr.. 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


7. 

Unter-Taunuskr. 

— 

— 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

2 

2 


8. 

Unter-Wester¬ 













wald kreis . 

2 

3 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

4 

1 


9. 

Wiesbaden Stadt 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

2 

2 

— 


10 

Wiesbaden Land¬ 













kreis . 

— 

— 

— 

— 

_ 

— 

— 

— 

— 

1 



Summa . . 

6 

8 

5 

8 

1 

1 

3 

4 

21 

30 



12. Rheinprovinz. 

Die Rotzerkrankungen im Reg.-ßez. Koblenz blieben durchweg 
vereinzelt, die Infection soll fast stets auf Reisen erfolgt sein, ein 
Fall betraf ein aus Berlin eingefdhrtes Offizierpferd. 

Von den im Reg.-Bez. Düsseldorf rotzkrank befundenen Pferden 
entfallen 10 auf die Bestände der Pferdebahngesellschaft in Elberfeld; 
die schon seit dem vorigen Jahr unter denselben herrschende Krank? 
heit hat in allen Quartalen 2 bis 4 Pferde befallen und war auch 
am Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht getilgt. Ausserdem erwiesen 
sich sämmtliche 3 Pferde eines Besitzers in Duisburg rotzkrank, die- 


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Rotz - Wurmkrankheit. 


75 


| Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

3 

3 

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verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1 


3 

B 

■ 

■ 





A 



2. 

Kochern . 


m 

s 

B 

1 

1 

_ 

_ 

1 

_ 

Reg. - Bez. 
Koblenz. 

3. 

Kreuznach . 

1 

i 

1 

i 

— 

— 

— 

— 

2 

3 


4 











A 


5. 

Meisenheira .... 

1 

3 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

3 



6 


l 

I 







i 

.1 


7. 

Simmcrn. 

1 

1 

1 

i 

_ 

_ 

. 

_ 

2 

1 


8. 

Zell. 

— 

— 

1 

i 

— 

— 

— 


1 




Summa .. 

7 

10 

3 

3 

1 

1 

— 

— 

14 



1. 

Kleve . 



1 

1 





1 


Reg. - Bez. 

2. 

Düsseldorf Stadt 

2 

2 

— 

— 

— 

_ 

1 

1 

3 

2 

Düsseldorf. 

3 

Düsseldorf Landkr. 

— 

— 

2 

3 

— 

— 

1 

2 

5 

5 


4. 

Duisburg. 

— 

— 

— 

— 

1 

3 

— 

— 

3 

— 


5. 

Elberfeld. 

2 

5 

1 

2 

1 

3 

1 

1 

11 

8 


6. 

Barmen. 

1 

3 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

4 

— 


7. 

Essen Landkr. . . 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

_ 

_ 

1 

_ 


8. 

Geldern. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

2 

3 

_ 


9 

Gladbach . 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

— 

— 

2 

1 



Kempen. 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

2 

— 


Q 

Krefeld Landkr.. 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

m 


1 

— 


0 

Lennep 

1 

1 







i 

9 











i 




M ftt.tma.nn 

1 








i 

9 



Neuss 

1 

2 





B 


l 

o 



1 

Solingen . 



1 

1 

1 

1 

B 


lb 

1 

1 



Summa .. 

10 

lL 

16 

B 

B 

6 

10 

6 

8 

41 

21 


1 

Bergheira. 


_ 


_ 

1 

1 



1 

2 

Reg.-Bez. 

2. 

Bonn. 

2 

2 

1 

1 

— 

— 

2 

3 

6 

— 

Köln. 

3. 

Euskirchen. 

1 

1 

_ 

_ 

1 

1 

_ 

_ 

2 

_ 


4 

Gummersbach .. 

1 

1 

_ 

— 

— 

_ 

_ 

_ 

1 

2 


5. 

Köln Stadt .... 

2 

3 

1 

2 

1 

1 

1 

1 

n 

1 


6 

Köln Land .... 

B 


— 

_ 

_ 

_ 



H 

1 


7. 

Mülheim . 


m 

_ 

_ 

1 

1 

H 


ftrf 

ES 


8 

Siegkreis. 

E 

E9 

1 

4 

— 

— 

B 


4 

Bi 


9 

Waldbroel. 

n 

— 

— 

— 

1 

2 


— 

2 

H 



Summa .. 

6 

7 

3 

7 

5 

6 

3 

4 

24 

^1 



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76 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Laufende Nummer. 

Kreis. 

1. 

Quartal 

2. 

Quartal 

3. 

Quartal 

4. 

Quartal 

Im Berichtsjahr getödtete 
und gefallene Pferde. 

Im Jahre 1878/79 getödtete 
und gefallene Pferde 


verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge- 
fallene Pferde. 

verseuchte Bestände. 

getödtete und ge¬ 
fallene Pferde. 

1. 

Bernkastel. 

2 

2 



2 

3 

1 

2 

7 


Reg. - Bez. 

2 

Bitburg. 

— 

— 

— 

— 

— 

* — 

— 

— 

— 

1 

Trier. 

3 











1 


4. 

Merzig. 

— 

— 

— 

_ 

— 

— 

— 

— 

— 

2 


5 

Ottweiler. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 




1 

2 







2 



7 

Saarbrücken ... 

1 

5 

3 

8 

2 

2 

2 

3 

18 

30 


8. 

Saarburg . 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

2 

4 

5 

6 


9 

Saarlouis. 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

4 


10. 

Trier Stadt .... 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 


11. 

Trier Landkr. .. 

1 

3 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

4 

5 


12 

Wittlich. 

1 

2 

1 

1 

1 

2 

— 

— 

5 

1 



Summa .. 

6 

14 

6 

ii 

1 

7 

5 

9 

41 

52 


1. 

Aachen Stadt .. 

2 

4 







4 

2 

Reg. - Bez. 

2 

Aachen Land... 

1 

2 

— 

— 

— 

— 

1 

2 

4 

9 

Aachen. 

3 

Klrlf p1pti7. 

i 

1 







1 



4. 

Geilenkirchen .. 

i 


_ 

_ 

1 

1 

_ 

_ 

1 

_ 


5. 

Jülich. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 


6 

Schleiden. 

— 

— 

1 

1 

— 

— 

— 


1 

— 



Summa .. 

4 

7 

1 1 

1 

1 

1 

1 1 

2 

11 

14 



selben waren als verdächtig auf dem Markte in Steele angehalten 
und nach Duisburg zurückgeschickt worden, eines dieser Pferde muss 
nach den Ergebnissen der Section schon seit langer Zeit rotzkrank 
gewesen sein. Drei rotzkranke Pferde waren kurz vorher angekauft 
worden, und ein Pferd wurde in der Rossschlächterei zu Düsseldorf 
rotzkrank befunden. 

In Scheydt, Siegkreis, Rog.-Bez. Köln, wurde die Rotzkrankheit 
bei sämmtlichen 4 Pferden eines Besitzers constatirt, im Uebrigen 
blieben alle Fälle vereinzelt. Ein Pferd in Pingsheim, Kr. Euskirchen, 
hatte mit verdächtigen Erscheinungen über ein halbes Jahr unter Ob¬ 
servation gestanden, und im Kreise Waldbroel wurde ein seit 5 Jahren 
mit einseitigem Nasenausfluss behaftet gewesenes Pferd getödtet. Fünf 
rotzige Pferde ermittelte man auf der Rossschlächterei in Köln. Im 


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Rotz - Wnrmkrankheit. 


77 


Uebrigen enthält das statistische Material nur dürftige Mittheilungen 
über die Verhältnisse der Einschleppung, welche in den meisten Fällen 
nicht näher aufgeklärt werden konnte. 

Die Rotzkrankheit herrscht noch immer unter den Pferden der 
Kohlengruben in Dudweiler, Kr. Saarbrücken, Reg.-Bez. Trier. Eins 
von den 12 getödteten Pferden war erst 6 Tage vorher eingestellt 
worden, 5 wegen anderer unheilbarer Leiden getödtete Pferde erwiesen 
sich bei der Section frei von Rotz. Im Allgemeinen dürfte die Be¬ 
fürchtung auszusprechen sein, dass eine Tilgung der Rotzkrankheit 
unter den Pferden der Saarbrückener Kohlengruben in nächster Zeit 
nicht zu erwarten ist. Die bei der Section gefundenen krankhaften 
Veränderungen lassen annehmen, dass die Krankheit bei den betreffen¬ 
den Grubenpferden schon seit langer Zeit bestanden haben muss. 
Unter den französischen Saarschiffern gehörenden Pferden erwiesen 
sich 5 mit der Rotzkrankheit behaftet. Die übrigen Fälle im Reg.-Bez. 
Trier blieben vereinzelt. 

Im Reg.-Bez. Aachen wurde während des ersten Quartals ein 
alter Seuchenherd durch Tödtung des Restbestandes von 2 Pferden 
getilgt. Im 4. Quartal brach die Rotzkrankheit bei dem Pferde eines 
Hüttenarztes, welches mit den Pferden einer Kohlengrube vielfach in 
Berührung gekommen war, aus, und erst hierdurch gelangte das 
Herrschen des Rotzes unter den Grubenpferden zur Kenntniss der 
Behörden. 

In den Hohenzollern’schen Landen ist kein Fall von Rotz¬ 
krankheit beobachtet worden. 

Bei Erörterung der Gründe, welche veranlasst haben, dass die 
Tilgung der Rotzkrankheit während des letzten Jahres nicht 
nur keine erheblichen Fortschritte gemacht hat, sondern anscheinend 
sogar gegen die Erfolge des vorhergehenden Jahres zurück¬ 
geblieben ist, dürften namentlich folgende Verhältnisse in 
Betracht zu ziehen sein: 

1. In den östlichen Provinzen existiren noch zahlreiche 
alte Rotzherde unter den Pferdebeständen grösserer 
Güter, welche erst sehr allmählich zur Kenntniss der 
Behörden gelangen und deren Pferdebestände dann 
nicht selten zum grossen Theil oder vollständig ge- 
tödtet werden müssen. Es giebt solche Gutsbestände, in denen 


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78 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

die Rotzkrankheit seit Jahrzehnten herrscht und in denen bis 
zum Erlass des Gesetzes vom 25. Juni 1875 zur Tilgung der 
Rotzkrankheit gar nichts geschehen ist. 

Die Tabelle S. 79 versucht anschaulich zu machen, in welchem 
Verhältniss sich die durch Rotzkrankheit verseuchten Pferdebestände 
und die auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferde auf 
grössere Güter, kleinere ländliche bez. städtische Ackerwirthschaften 
und auf Pferdebestände, welche vorzugsweise zum Transport von 
Menschen und Gütern benutzt werden, vertheilen. Die Unvollständig¬ 
keit des statistischen Materials machte es erforderlich, in die 4 bez. 
9 Colonne die Bestände einzureihen, deren Eigenthümer und Be¬ 
nutzung aus den Tabellen der beamteten Thierärzte nicht zu erkennen 
war. Die gefallenen und die auf Veranlassung der Besitzer getödteten 
Pferde sind in der Zusammenstellung nicht berücksichtigt, um nach¬ 
zuweisen, in welcher Weise sich die Pferde, für welche Ent¬ 
schädigung geleistet wurde, auf die einzelnen Reg.-Bez. und auf 
die obengenannten Verhältnisse der Besitzer bez. der Benutzung ver¬ 
theilen. 

In abgerundeten Procentsätzen entfallen: 

von den verseuchten von d. a. polizeil. Anordnung 



Beständen: 

getödteten Pferden: 

1. auf grössere Güter 

2. auf kleinere ländliche bez. 

28,40 pCt. 

47,80 pCt. 

städtische Ackerwirthschaften 

40,10 „ 

30,00 „ 

3. auf Pferde, welche vorzugs¬ 



weise zum Transport von 
Menschen undGütern benutzt 



werden 

21,35 „ 

16,70 „ 

4. unbestimmt 

10,15 „ 

5,50 „ 


100,00 

100,00 

Berechnet man die Verhältnisszahlen für die Provinzen Ostpreussen, 

Westpreussen, Brandenburg (ausschliesslich Berlin), Pommern, Posen 


und Schlesien, so kommt man zu folgenden Procentsätzen: 

von den verseuchten Beständen: von d. a. polizeil. Anordnung getödteten Pferden: 


auf 1. 

35,60 pCt. 

57,10 pCt. 

,, 2. 

39,60 „ 

28,00 „ 

„ 3. 

15,60 „ 

10,20 „ 

* 4. 

9,20 „ 

4,70 „ 


100,00 

100,00 


Mithin entfallt von den in den östlichen Provinzen auf polizei- 


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Hotz - Wurmkrankheit 


79 


Laufende Nummer. 

Regierungs- 

bez. 

Landdrostei-Bczirke. 

Verseuchte Bestände. 

Auf polizeiliche Anord¬ 
nung getödtete Pferde. 

Grössere Güter. 

Kleinere Ackerwirth- 
schaften. 

Pferde zü Reisen uml 
Fuhrwerk gehalten. 

Unbestimmt. 

Zusammen. 

Grössere Güter. 

Kleinere Ackerwirth- 
schaften. 

Zu Reisen und Fuhr¬ 
werk benutzt. 

Unbestimmt. 

Zusammen. 

1 . 

Königsberg. 

19 

30 

8 

5 

62 

131 

46 

19 

6 

202 

2 . 

Gumbinnen. 

6 

11 

2 

3 

22 

20 

21 

3 

3 

47 

3. 

Danzig. 

21 

22 

2 

5 

50 

47 

34 

2 

5 

88 

4. 

Marienwerder. 

29 

25 

1 

5 

60 

64 

33 

3 

5 

105 

5. 

Potsdam . 

16 

29 

5 

2 

| 52 

62 

71 

8 

6 

147 

6 . 

Frankfurt . 

3 

15 

3 

4 

25 

3 

25 

4 

4 

36 

7. 

Berlin . 

— 

5 

32 

_ 

87 

—| 

8 

55 


63 

8 . 

Stettin. 

7 

7 

5 

6 

25 

30 

7 

6 

7 

50 

9. 

Köslin. 

18 

22 

5~ 

2 

41 

80 

31 

5 

2 

118 

10 . 

Stralsund . 

— 

— 

6 

— 

6 

— 

— 

17 

— 

17 

11 . 

Posen . 

46 

36 

9 

5 

96 

106 

47 

14 

6 

173 

12 . 

Bromberg . 

48 

32 1 

8 

5 1 

93 

184 

42 

8 

5 

239 

13. 

Breslau . 

19 

21 

24 

5 

69 

50 

28 

31 

5 

114 

14. 

Liegnitz ... 

1 

11 

10 

7 1 

29 

1 

13 

12 

7 

33 

15. 

Oppeln . 

26 

27 

26 

12 

91 

135 

47 

34 

14 

230 

16. 

Magdeburg . 

— 

12 

9 

2 

23 

— 

18 

17 

2 

37 

17. 

Merseburg. 

6 

8 

*2 

4 

20 

15 

14 

1 

5 

35 

18. 

Erfurt. 

— 

2 

— 

— 

2 

— 

2 

— 

— 

2 

19. 

Schleswig . 

— 

2 

— 

— 

2 

— 

4 

— 

— 

4 

20 

Hannover . 

— 

— 

I 

1 

2 

— 

— 

2 

1 

3 

21 . 

Hildesheim. 

—, 

2 

— 

— 

2 

— 

2 

— 

— 

2 

22 . 

Lüneburg . 

— 

5 

— 

1 

6 

— 

7 

— 

1 

8 

23. 

Stade. 

— 

— 

1 

— 

1 

— 

— 

2 

— 

2 

24 

Osnabrück . 

— 

6 

— 

— 

6 

— 

7 

— 

— 

7 

25. 

Münster . 

— 

1 

1 

— 

2 

— 

2 

1 

— 

6 

26 

Minden . 

1 

— 

2 

2 

5 

1 

— 

3 

2 

6 

27. 

Arnsberg . 

— 

9 

1 

1 

4 

— 

2 

1 

1 

4 

28. 

Kassel . 

— 

10 

2 

— 

12 

—, 

13 

3 

— 

16 

29. 

Wiesbaden . 

— 

5 

5 

2 

L2 

— 

9 

7 

2 

18 

30. 

Koblenz . 

— 

5 

5 

1 

11 

—; 

7 

6 

1 

14 

31 

Düsseldorf . 

— 

5 J 

8 

10 

23 

— 

8 

15 

12 

35 

32 

Köln . 

— 

6 

5 

2 

13 

— 

8 

9 

2 

19 

33 

Trier. 

— 

10 

10 

2 

22 

— 

15 

21 

2 

38 

34. 

Aachen. 

— 

2 

2 

1 

5 

— 

2 

4 

1 

7 


Summa .. 

266 

376 

o 

o 

95 

937 

929 

573 

313 

107 1922 

lic 

ie Anordnung getödteten Pferdei 

i üb 

er d 

ie ] 

Hä 

fte 

i au 

f Bestände 


grösserer Güter, und die für die einzelnen Reg.-Bez. vorgetragenen 


Details geben zahlreiche Beispiele über die Verluste in grösseren 
Gütern, welche als alte Rotzherde bezeichnet werden. 


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80 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

2. Der häufige Wiederausbruch der Rotzkrankheit nach 
nicht selten sehr langen Zwischenräumen in früher 
verseucht gewesenen Pferdebeständen. 

Diese Beobachtung ist so häufig gemacht worden, dass es sich in ho- 
hemMasse empfehlen dürfte, die Observation aller der Ansteckung 
ausgesetzt gewesenen Pferde in den alten Rotzstationen 
bez. in Beständen, in denen der Ausbruch nicht auf ein 
Pferd beschränkt geblieben ist, durchweg auf möglichst 
lange Fristen auszudehnen. Es kann bei der Tilguug der Rotz¬ 
krankheit, welche in grösseren Pferdebeständen bereits mehrere Thiere 
ergriffen hatte, kein schwererer Fehler gemacht werden, als der so 
häufig begangene, dass die Observation gleich am frühesten zulässigen 
Termin — nach Ablauf von 3 Monaten — aufgehoben wird. Wir 
sind der Ueberzeugung, dass die erheblichen Fortschritte der Rotz¬ 
tilgung im Reg.-Bez. Bromberg hauptsächlich auf die Anordnung 
zurückzuführen ist, dass sich die Observation der Pferde in Beständen, 
welche als alte Rotzstationen bekannt sind, auf 9 Monate zu erstrecken 
hat (S. 65). Nur in Ausnahmefällen ist der Wiederausbruch der Rotz¬ 
krankheit durch erneute Einschleppung vermittelt worden; fast durch¬ 
weg war in solchen Fällen die Tilgung nur eine scheinbare gewesen. 
Das statistische Material ist ungemein reich an Mittheilungen 
über die Feststellung der Rotzkrankheit durch die Section bei 
Pferden, welche während des Lebens gar keine oder sehr geringfügige 
Krankheitserscheinungen gezeigt hatten und über die Länge der Zeit, 
welche zwischen Einwirkung des Contagiums und dem Hervortreten 
der ersten Rotzsymptome verging. 

3. Die häufige wissentliche oder unwissentliche Ver¬ 
heimlichung von Ausbrüchen der Rotzkrankheit. 

Um die Richtigkeit dieser Behauptung zu erweisen, brauchen wir 
wohl nur hervorzuheben, dass häufig — in den östlichen Provinzen 
bei grösseren Pferdebeständen fast in der Mehrzahl der Fälle — gleich 
bei dem ersten Constatiren der Krankheit eine grössere Anzahl von 
Pferden rotzkrank befunden wurde und auf die vielen Pferde hinzu¬ 
weisen, welche sich bald nach dem Kaufe oder auf Märkten bez. in 
Rosschlächtereien mit dem Rotz behaftet zeigten. Viele Pferdebesitzer 
sind nur zu sehr geneigt, sich durch den Verkauf verdächtiger Pferde 
vor Verlusten zu schützen, und die Zahl der kleinen Pferdehändler, 
welche sich kein Gewissen daraus machen, die Fortschaffung verdächtiger 
oder voraussichtlich inficirter Pferde in jeder Weise zu unterstützen, 


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Rotz - Wurmkrankheit. 


81 


ist in den östlichen Provinzen gar nicht unbedeutend, dieser Handel 
wirft einen bedeutenden Gewinn ab. 

4. Die Rotzkrankheit ist in einer verhältnissmässig 
grossen Anzahl von Fällen bei Pferden constatirt 
worden, welche hausirenden Handelsleuten oder Hand¬ 
werkern, herumziehenden Künstlern oder Zigeuner¬ 
banden gehörten. 

Es liegt auf der Hand, dass diese Pferde viel zur Verbreitung 
der Rotzkrankheit haben beitragen können. Dieselben machen die in 
dem statistischen Material häufig wiederkehrende Behauptung erklär¬ 
lich, dass die Infection der Pferde auf Reisen oder unterweges erfolgt sein 
müsse; denn es war nicht nur häufig genug Gelegenheit zur unmittel¬ 
baren Berührung mit Pferden der Hausirer etc. geboten, sondern die 
letzteren hinterliessen wohl auch Contagiura an den Krippen und 
sonstigen Futtergeräthschaften der von ihnen benutzten Gastställe. 

5. Die Rotzkrankheit ist öfter durch Pferde eingeschleppt 
worden, die in anderen deutschen Staaten oder im 
Auslande angekauft waren. 

Von den rotzkrank befundenen Pferden stammten: 

9 Pferde aus anderen deutschen Staaten, nämlich zwei aus Hamburg, 
je eins aus Anhalt, Braunschweig, Bremen, Hessen, Lübeck, 
Mecklenburg und Sachsen, 

14 * aus Polen, 

10 * „ Russland, dieselben waren bei Demobilmachung der 

russischen Armee angekauft. 

5 „ aus Oesterreich-Ungarn, 

2 „ Belgien, 

1 » * den Niederlanden, 

1 3 Luxemburg. 

42 Pferde. 

Von den auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden erwiesen 
sich bei der Section 

106 Pferde = 5,50pCt. 

nicht rotzkrank. Wir stellen dieselben, wie folgt, zusammen: 


Arehlv f. wias. u. pract. Thierhellkunda. VH. Suppl.-HefL 


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82 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Ortschaft 

Kreis. 

Reg.- bez. 

Pferde 

Pferde 


nicht 



Landdr. - Bezirk. 

getödtet 

rotzkrank. 

Cumehnen. 

Fischhausen. 

Königsberg. 

11 

1 

Kapkeim. 

Heilsberg. 

n 

2 

1 

Sensen . 

Königsberg. 

n 

3 

1 

Spittelkrug. 

n 

n 

1 

1 

Truchsen. 

Rössel. 


35 

1 

Kl. Ottern. 

n 


3 

1 

Ozonken . 

Angerburg. 

Gumbinnen. 

6 

4 

Szitkehmen. 

Goldap. 

n 

3 

i 

Loetzen . 

Loetzen. 


2 

2 

Ranten. 

n 


4 

2 

Bailau. 

Sensburg. 

n 

2 

2 

Willpischken. 

Stallupönen. 

n 

7 

3 

Neu Petzin. 

Flatow. 

Marienwerder. 

4 

1 

Alt Friedland .... 

Ober-Barnim. 

Potsdam. 

1 

1 

Wittstock. 

Ost-Priegnitz. 

n 

15 

5 

Wittenberge. 

West-Priegnitz. 

n 

9 

6 

Leeskow . 

Lübben. 

Frankfurt. 

1 

1 

Tützpatz. 

Demmin. 

Stettin. 

12 

2 

Gr. Poplow. 

Belgard. 

Köslin. 

1 

1 

Köslin. 

Köslin. 


18 

1 

2 

Konarzewo. 

Kröben. 

Posen. 

1 

Gramsdorf . 

Obornik. 

n 

1 

1 

Baranowo . 

Schildberg. 

ft 

6 

2 

Eichberg . 

Bromberg. 

Bromberg. 

6 

2 

Karlhof . 

w 

n 

9 

2 

Slupowo . 

n 

« 

3 

1 

Jelitowo . 

Gnesen. 

n 

9 

2 

Nakel . 

Wirsitz. 

ft 

1 

1 

Friedrichhof . 

Wongrowiec. 

n 

23 

12 

Schokken . 

n 

ft 

19 

6 

Pötschkendorf .... 

Lüben. 

Liegnitz. 

1 

1 

Neudorf . 

Kreutzburg. 

Oppeln. 

27 

4 

Kalinowitz . 

Gr. Strehlitz. 

w 

32 

16 

Leubingen . 

Eckartsberga. 

Merseburg. 

8 

3 

Eisleben . 

Mansfeld Seekreis. 

w 

1 

1 

Körbisdorf . 

Querfurt. 

« 

1 

1 

Kracklund . 

Flensburg. 

Schleswig. 

1 

1 

Celle . 

Celle. 

Lüneburg. 

1 

1 

Barum . 

Uelzen. 

ft 

1 

1 

Geestendorf . 

Lehe. 

Stade. 

2 

1 

Welschennest. 

Olpe. 

Arnsberg. 

1 

1 

Wiesbaden. 

Wiesbaden. 

Wiesbaden. 

1 

1 

Elberfeld. 

Elberfeld. 

Düsseldorf. 

3 

1 

Lauperath. 

Prüm. 

Trier. 

2 

1 

Dudweiler \ 
Louisenthal / * s 

Saarbrücken. 

f% 

6 

3 



Summa .. 

306 

106 


ln Nelepp, Kr. Schievelbein, Reg.-Bez. Köslin, starb ein Pferde¬ 
knecht in Folge von Rotzinfection; derselbe hatte Nachts unter 
den bei einem rotzigen Pferde benutzten Decken geschlafen. 


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Rotz - Wurmkrankheit. 


83 


An Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung 
getödtete Pferde sind von den Provinzial- und Kommunal- 
Verbänden die in nachstehender Tabelle genannten Summen, denen 
wir zur Vergleichung die entsprechenden des Jahres 1878/79 beigefugt 
haben, gezahlt worden. 




Berichtsjahr 

1878/79. 

Mark. Pf. 

Berichtsjahr 

1879/80. 

Mark. Pf. 

1 . 

Provinz Ostpreussen. 

16077 

15 

32975 

22 

2 . 

„ Westpreussen . 

45656 

83 

33029 

94 

3. 

„ Brandenburg ausschliesslich Berlin.... 

46808 

72 

42768 

99 

4. 

Berlin . 

7350 

85 

9737 

89 

5. 

Provinz Pommern . 

23198 

43 

36041 

39 

6 . 

„ Posen . 

59927 

50 

60687 

50 

7. 

„ Schlesien. 

37183 

28 

61951 

27 

8 . 

„ Sachsen. 

18702 

69 

18032 

23 

9. 

„ Schleswig-Holstein. 

571 

67 

1072 

50 

10 . 

„ Hannover . 

9934 

49 

10464 

16 

11 . 

„ Westfalen. 

2625 

50 

1604 

25 

12 . 

Reg.-Bez. Kassel . 

4156 

38 

4234 

67 

13. 

„ Wiesbaden ausschliesslich Frankf. a.M. 

1827 

50 

2540 

— 

14. 

Frankfurt a. M. 

4000 

— 

575 

— 

15. 

Rheinprovinz. 

19536 

18 

30847 

83 

16. 

Hohenzollern’sche Lande .. 

— 


110 

— 


Summa .. 

297557 

TT 

346672 

*84 


Die Gesammtsumme der Entschädigungen beträgt mithin 

49,115 K&rk 67 Pfennig 


in 

Ostpreussen 

16,898 

Mk. 

7 Pf. 


Berlin 

2,387 

V 

4 

r> 

n 

Pommern 

12,842 

* 

96 

7> 

„ 

Posen 

760 


— 

» 

V 

Schlesien 

24,767 

» 

99 


n 

Schleswig-Holstein 

500 

*> 

83 

» 

» 

Hannover 

529 

n 

67 

T> 

im 

Reg.-Eez. Kassel 

78 

» 

29 

T) 

» 

„ Wiesbaden 712 

n 

50 

r> 

in 

Frankfurt a. M. 

3,425 

w 

— 


w 

d. Rheinprovinz 

11,311 


65 

n 

r> 

Hohenzollern 

110 


— 

fi 


mehr als im vorhergehenden Jahre. 

Zur Deckung dieser Summen sind folgende Beiträge in den beiden 
letzten Jahren erhoben worden. 


6 * 


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Google 



















84 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 




Etatsjahr 1878/79. 

Etatsjahr 1879/80. 



Beitrag 
für jedes 
Pferd. 

Pf. 

Mark. 

Pf. 

Beitrag 
für jedes 
Pferd. 

Pf. 

Hark. 

Pf. 

1. 

Provinz Ostpreussen . 

20 

67990 

40 

20 

69260 

20 

2. 

„ Westpreussen . 

20 

38254 

— 

40 

77428 

— 

3. 

„ Brandenburg * aus¬ 

schliesslich Berlin ... 

15 

33709 

35 

26 

59130 

76 

4. 

Berlin* . 

50 

12337 

50 

35 

8983 

10 

5. 

Provinz Pommern* . 

20 

36000 1 

20 

— 

— 

— 

6. 

„ Posen . 

60 

152684 

60 

40 

77778 

— 

7. 

„ Schlesien* . 

16,598 

42283 

52 

22,388 

57388 

39 

8. 

„ Sachsen *. 

12 

20026 

24 

12 

20399 

04 

9. 

„ Schleswig-Holstein** . 

20 | 

28946 1 

80 

— 

— 

— 

10. 

„ Hannover* . 

7 

13963 

44 

4 

11807 

85 

11. 

„ Westfalen* . 

20 

23483 1 

— 

20 

23338 

40 

12. 

Reg.-Bez. Kassel. 

40 

19125 

20 

20 

9577 

80 

13. 

„ Wiesbaden aus¬ 

schliesslich Frank¬ 
furt a. M. 

30 

4665 

90 

30 

4729 

20 

14. 

Frankfurt a. M. 

62 

2071 

42 

70 

2380 

70 

15. 

Rheinprovinz*. 

40 

53955 

20 

30 

4100J 

40 

16. 

Hohenzollern’sche Lande. 

50 

2834 

1 50 

50 

2835 

50 


Die Entschädigungen, we 

[che für auf polizeiliche Anordnung 

ge- 


tödtete Pferde in den einzelnen Provinzen aus der Staatskasse ge¬ 


zahlt wurden, betragen, wie die nachstehende Zusammenstellung zeigt, 
18,897 Mark 66 Pfennig 
mehr als im Jahre 1878/79. 




Berichtsjahr 

1878/79. 

Mark. Pf. 

Berichtsjahr 

1879/80. 

Mark. Pf. 

l. 

Provinz Ostpreussen . 

9602 

44 

4746 

34 

2. 

„ Westpreussen . 

1064 

— 

440 

— 

3. 

* Brandenburg ausschliesslich Berlin.... 

3042 

91 

6175 

99 

4. 

Berlin ... 

— 

— 

180 

— 

5. 

Provinz Pommern . 

3385 

— 

6457 

— 

6. 

„ Posen. 

5383 

67 

12981 

66 

7. 

* Schlesien . 

1925 

50 

10815 

53 

8. 

w Sachsen . 

521 

33 

2102 

66 

9. 

* Schleswig-Holstein . 

77 

— 

109 

— 

10. 

„ Hannover . 

2162 

— 

1190 

— 

11. 

w Westfalen . 

699 

— 

368 

— 

12. 

Hessen-Nassau . 

1000 

— 

2130 

— 

13. 

Rheinprovinz . 

2999 

— 

3063 

33 

14. 

Hohenzollern’sche Lande . 

— 

— 

— 

— 


Summa... 

31861 

85 

50759 

51 


*) Die Angaben beziehen sich auf die Kalenderjahre 1878 und 1879. 
**) Die Zahlen stellen das Soll der zu erhebenden Abgabe dar. 


Digitized by Google 


































Schafpocken. 


85 


B. Die Soliaft)ooken. 

Die Pockcnseuche erlangte während des 2. und 3. Quartals eine 
bedeutende Verbreitung in den Provinzen Ostpreussen, 
Westpreussen, Brandenburg, Pommern, Posen, im Reg.- 
Bez. Magdeburg und im Landdrostei-Bez. Lüneburg, trat 
auch an einzelnen Orten der Kreise Lauen bürg und Stormarn, Reg.- 
Bez. Schleswig, sowie der Landdr.-Bez. Hannover, Hildesheim 
und Stade auf. Wie in allen vorhergegangenen Jahren zeichnet sich 
das Quartal Januar/März, in welchem Schutzimpfungen der 
Lämmer nur sehr ausnahmsweise vorgenommen werden, 
durch die geringe Zahl der Pockenausbrüche vor den übri¬ 
gen Monaten des Jahres auffallend aus. 

Eine Erörterung der Frage: in welchem Verhältnisse vertheilten 
sich die Ausbrüche der natürlichen Pocken auf Kreise, in denen die 
Schutzimpfung der Lämmer gebräuchlicli ist oder nicht vorgenommen 
wird, dürfte wohl geeignet sein, weiteres Material zur Begründung 
der Thatsache zu liefern, dass die Schutzimpfung der Lämmer 
die nächste und bei Weitem häufigste Ursache zu dem Auf¬ 
treten der natürlichen Pocken abgiebt. Zu diesem Zwecke 
stellen wir die Ausbrüche der natürlichen Pocken während des 2. und 
3. Quartals in den nachstehend genannten Reg.-Bez., wie folgt, zu¬ 
sammen: 

1. Reg.-Bez. Königsberg. Verseucht waren 71 Schafheerden, davon 54 in 
den 7 Kreisen, in denen die Schutzimpfung der Lämmer gebräuchlich ist, auch 
die Ausbrüche in den Kreisen Braunsberg und Heiligenbeil werden auf die Vor¬ 
nahme der Schutzimpfungen in benachbarten Kreisen zurückgeführt. 

2. Reg.-Bez. Gumbinnen, 3 Schafheerden in 2 Kreisen, in denen die 
Schutzimpfung mehrfach ausgeführt wurde. 

3. Reg.-Bez. Danzig. Die Schutzimpfung wird nicht vorgenommen; 
das Auftreten der Pockenseuche beschränkte sich auf zusammen 5 Ortschaften 
der Kreise Berent uud Preuss. Stargard. Die Ausbrüche im Kreise Berent sind 
durch die Schutzimpfungen in benachbarten Theilen des Reg.-Bez. Koeslin be¬ 
dingt worden. 

4. Reg.-Bez. Marienwerder, 444 Schalbestände litten an den Pocken, 
davon 295 in den 4 Kreisen Könitz, Dt. Krone, Flatow, Schlochau, in denen die 
Schutzimpfung üblich ist. Vom 1. Juli bis 31. December 1879 erkrankten im 
Kreise Flatow allein 20742 Schafe, welche 385 Heerden in 50 Ortschaften ange¬ 
hörten. Die Ausbrüche in anderen Kreisen des Reg.-Bez. werden zum Theil auf 
Einschleppungen aus benachbarten Kreisen des Reg.-Bez. Bromberg zurückgeführt, 
zwei Ausbrüche wurden durch die Einfuhr von Schafen aus Polen bedingt. 


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86 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten 





Im 

ersten Quartal. 


Im zweiten Quartal. 


Im 

drit 

u 

<v 



ö 

o 

w 


Gehöfte. 



o 

05 

c3 

Gehöfte. 



c 

5 

ct 


Laufende Numm 

Provinz. 

Zahl der Kreise. 

XX 

C5 

■•n 

u, 

o 

45 

T3 

XX 

rf 

N 

Zahl der Gehöft 

Natürliche 

Pocken. 

h 

3 

Um 

n« 

a 

w 

3 C 
-3 O 
C5 bl 

^ Gefallen. 

Zahl der Kreise. 

-3 

O 

»3 

U 

° 

O 

T? 

*a 

CS3 

Zahl der Gehöft 

Natürliche 

Pocken. 

a 

3 

P4 

S 

N 

3 C 
XX <15 
o tc 
CO 

a 

05 

3 

25 

o 

Schf. 

Zahl der Kreise. 

XX 

o 

j 

Ui 

O 

u 

i 

tSJ 

Zahl der Gehöft 

1. 

Ostpreussen ... 

4 

10 

12 

5 

7 

50 

6 

65 

68 

21 

47 

31 

11 

26 

62 

2. 

Westpreussen. . 

4 

12 

21 

21 

— 

235 

10 

141 

265 

258 

7 

1612 

10 

107 

190 

3. 

Brandenburg .. 

7 

28 

28 

10 

18 

61 

20 

137 

337 

253 

84 

1132 

21 

125 

211 

4. 

Pommern. 

18 

53 

64 

32 

32 

244 

25 

254 

366 

229 

137 

689 

27 

536 

1060 

5. 

Posen. 

4 

8 

8 

8 

— 

73 

15 

233 

317 

309 

8 

1724 

16 

155 

201 

6. 

Sachsen . 

2 

2 

2 

2 

— 

— 

10 

16 

21 

20 

1 

147 

13 

22 

39 

7. 

Schleswig-Hol¬ 
stein . 







1 

8 

65 

65 


45 

2 

8 

68 

8. 

Hannover. 

2 

5 

5 

5 


48 

9 

133 

347 

346 

1 

191 

9 

87 

131 


Summa .. 

41 

118 

140 

83 

57 

711 

96 

987 

1786 

1501 

285 

5571 

109 

1066 

1962 


Im Berichts¬ 
jahr 1878/79. 

30 

116 

158 

76 

82 

402 

81 

687 

1156 

820 

336 

2623 

99 

838 

1495 


Im Berichts¬ 
jahr 1879 SO 
mehr . 

11 

2 

_ 

7 

_ 

' 309 

15 

300 

^ 630 

681 

7 

2948 

10 

22S 

467 


weniger . 

- 

— 

18 

— 

25 

— 

— 

— 

— 

— 

51 

— 

— 

— 

— 


Ausserdem sollen die ihr Gewerbe hausirend betreibenden Schafscheerer öfter die 
Ausbreitung der Seuche vermittelt haben. 

5. Reg.-Bez. Potsdam. Von den 249 an Pocken erkrankten Schafheerden 
entfallen im Ganzen nur 3 auf die beiden Kreise Nieder-Barnim und Jüterbog- 
Luckenwalde, in denen die Schutzimpfung der Lämmer nicht gebräuchlich ist. 
Bei einzelnen Ausbrüchen wird Einschleppung aus Mecklenburg vermuthet, bei 
anderen soll durch Treiben von Handelsschafen das Auftreten der Seuche ver¬ 
mittelt sein. 

6. Reg.-Bez. Frankfurt. Im Ganzen waren verseucht 97 Schafbestände, 


Digitized by Google 











Schafpocken. 


87 


ten Quartal. 


Im vierten Quartal. 


Im Berichtsjahr. 

Regierungs- bez. 
Landdrostei - Bezirke, 
in denen die Schaf- 

Gehöfte. 



Zahl der Ortschaften. 

Zahl der Gehöfte. 

Gehöfte. 



ö 

ä 

Gehöfte. 


Natürliche 

Pocken. 

• 

q 

Qk 

S 

S . 

3 c 
XX <v 
C3 bc 

in 

c n 

g- Gefallen. 

1 Zahl der Kreise. 

Natürliche 

Pocken. 

Schutzimpfun¬ 

gen. 

a 

&> 

3 

o 

o 

Schf. 

Zahl der Kreise. 

X 

o 

iS 

o 

Ui 

o 

T5 

ja 

ei 

CSJ 

Natürliche 

Pocken. 

i 

3 

0 

-G 

o tx 

CA 

g. Gefallen. 

pocken nicht vorge¬ 
kommen sind, nebst 
Angabe der seuchen¬ 
frei gebliebenen 
Quartale. 

60 

2 

249 

4 

6 

6 

6 


175 

13 

73 

92 

56 

505 

• 

189 

1 

1798 

3 

3 

3 

3 

— 

46 

10 

254 

471 

8 

3691 

Danzig 1. 4. Quartal. 

93 

118 

1413 

1 

1 

1 

1 

— 

2 

23 

243 

357 

220 

2608 

Potsdam 4. Quartal. 
Berlin 1.2.3.4. Quart. 

264 

796 

2251 

5 

5 

10 

10 

— 

29 

27 

948 

535 

965 

3213 


186 

15 

5953 

3 

4 

4 

4 

— 

17 

17 

320 

507 

23 

7767 

Posen 4. Quartal. 

35 

4 

340 

3 

12 

12 

12 

— 

18 

17 

36 

69 

5 

505 

Merseburg 1.4. Quart. 
Erfurt 1.2.3.4. Quart. 

68 

— 

405 

— 

— 

— 

— 

—- 

— 

2 

14 

133 

— 

450 

Schleswig l. Quartal. 

129 

2 

272 

3 

3 

3 

3 



10 

201 

483 

3 

511 

Hannover 1. 4. Quart. 
Hildesheim 1.4.Quart. 
Stade 1. Quartal. 
Osnabrück 1.2.3.4. Q. 
Aurich 1.2.3.4.Quart. 

1024 

938 

12681 

22 

34 

39 

39 

— 

287 

119 

2089 

2647 

12S0 

19250 


851 

644 

12468 

33 

171 

270 

114 

156 

876 

— 

— 

1861 

1218 

16369 


173 

294 

213 









786 

62 

2881 


— 

— 

— 

11 

137 

231 

75 

156 

589 

— 


— 

— 

— 



unter diesen 88 in den 7 Kreisen, in welchen die Schutzimpfung häufiger ausge¬ 
führt wird. Nächstdem gab der Ankauf von Handelsschafen aus Pommern und 
Posen öfter Anlass zu Pockenausbrüchen. Viele der angekauften Schafe trugen 
noch die frischen Narben abgeheilter Impfpocken an den Ohren. 

7. B erlin. Ausbrüche der Pocken wurden zwar nicht beobachtet, jedoch gab 
der Ankauf von Schafen auf dem Berliner Schlachtviehmarkt Anlass zu 12 Aus¬ 
brüchen der natürlichen Pocken in den Provinzen Brandenburg, Sachsen und 
Hannover. 

8. Reg.-Bez. Stettin. Nur die Kreise Ueckermünde und Usedom-Wolün 


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88 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

machen von der Schutzimpfung keinen Gebrauch, von denselben blieb Uecker¬ 
münde pockenfrei, dagegen brach die Seuche in 61 Beständen der Inseln Usedom- 
Wollin aus. Dieselbe gewann in den übrigen Kreisen des Bezirkes eine grössere 
Verbreitung, welche jedenfalls noch bedeutender gewesen sein muss, als das sta¬ 
tistische Material anzunehmen berechtigt. Denn — wie viele Berichterstatter an¬ 
führen — es unterbleibt gar nicht selten die Anzeige nicht nur der vorgenommenen 
Schutzimpfungen, sondern auch von Ausbrüchen der natürlichen Pocken. 

9. Reg.-Bez. Koeslin. Kein Kreis blieb frei von den Pocken, auf die 
Kreise Bublitz und Koeslin, in welchen nur wenige Güter die Lämmer impfen 
lassen, entfallen 32 Ausbrüche der natürlichen Pocken von 157, welche das sta¬ 
tistische Material anführt. Die Verbreitung der Pocken wurde mehrfach durch 
Weideschafe und durch Schaffelle vermittelt. 

10. Reg.-Bez. Stralsund. Die Schutzimpfung wird in allen ländlichen 
Kreisen ausgeführt und zwar meist von den Schäfern, welche sich zu diesem 
Zwecke ein pockenkrankes Lamm aus einem benachbarten Gute holen ohne Rück¬ 
sicht darauf, wie viele Orte und Feldmarken mit diesem kranken Thiere passirt 
werden. Die Tabellen berichten über den Ausbruch der natürlichen Pocken in 
25 Heerden und erwähnen, dass die Impfpocken in einem Falle erst nach Ablauf 
von 24 Tagen das Stadium der Reife erlangten. 

In allen 3 Regierungsbezirken der Provinz Pommern ist die Uebertragung 
der geimpften Pocken von Lämmern der Gutsheerden auf Schafe bäuerlicher Be¬ 
sitzer der Nachbarschaft häufig beobachtet worden. 

11. Reg.-Bez. Posen. Von 108 Ausbrüchen der natürlichen Pocken ent¬ 
fallen 67 auf diejenigen Kreise, in denen die Schutzimpfung gebräuchlich ist. Die 
Verlust© waren zum Theil recht bedeutend, für den Kreis Obornik werden 1300, 
für den Landkreis Posen 625, für den Kreis Wreschen über 1000 an den Pocken 
gestorbene Schafe angegeben. 

12. Reg.-Bez. Bromberg. Obgleich auch in diesem Bezirk die zahlreich¬ 
sten Ausbrüche in den Kreisen mit Schutzimpfung beobachtet wurden, erlangten 
die Pocken auch im Kreise Czarnikau, in welchem die Schutzimpfung wenig ge¬ 
bräuchlich ist, eine bedeutende Verbreitung. Kreis-Thierarzt Kiefer berichtet: 
Kreis Czarnikau besitzt etwa 70000 Schafe, von denselben erkrankten während 
der letzten 5 Monate des Jahres 1879 16532, welche zusammen 79 Besitzern ge¬ 
holten. Der Verlust betrug 1269 Schafe = 7,70 pCt. Die Nothimpfung wurde 
bei 13608 Schafen vorgenommen, darunter mit etwa 2 pCt. Verlust bei 1055 Scha¬ 
fen auf Anordnung der Behörde, 2924 Schafe seuchten ohne Impfung durch. Im 
Kreise Wongrowiec starben 2613 Schafe an den Pocken. 

13. Die Provinz Schlesien blieb während des ganzen Jahres frei von der 
Pockenseuche. 

14. Reg.-Bez. Magdeburg. Von 20 Ausbrüchen entfällt 1 auf den Kreis 
Wernigerode, in welchem die Schutzimpfung nicht üblich ist. 

15. Das Auftreten der Pocken im Reg.-Bez. Merseburg ist hauptsächlich 
durch Handelsschafe, durch Berührung mit Schafen, welche auf dem Berliner 
Viehmarkt angekauft und, ohne selbst zu erkranken, Träger des Coutagiums wa¬ 
ren, durch Schäfer, welche in verseuchten Ställen verkehrt hatten oder durch Be¬ 
rührung mit verseuchten Schafen der Nachbarschaft vermittelt worden. In einem 


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Schafpocken. 


89 


Falle soll die Uebertragung von einer weidenden Heerde auf eine andere erfolgt 
sein, obgleich die Weideterrains durch die Saale von einander getrennt waren. 

16. Der Reg.-Bez. Erfurt blieb frei von der Pockenseuche. 

17. Die Einschleppung der Schafpocken in einige Ortschaften der Kreise 
Lauenburg und Stormarn, Reg.-Bez. Schleswig soll mittelbar oder unmittelbar 
aus benachbarten Theilen der Provinz Hannover erfolgt sein. 

18. Die Schafpocken erlangten in allen Kreisen desLanddr.-Bez. Lüneburg, 
mit Ausnahme von Celle und Gifhorn, eine sehr bedeutende Verbreitung, die 
stärkste im Kreise Uelzen. Ein solches Herrschen der Pocken ist seit langen Jah¬ 
ren nicht beobachtet worden. Die Ursachen des häufigen — fast ununter¬ 
brochenen — Vorkommens der Schafpocken im Landr.-Bez. bez. des 
bedeutenden Umfangs, welchen die Seuche im 2. und 3. Quartal 
des Berichtsjahres erlangte, sind nicht aufgeklärt worden. Die Seuche 
würde nach der Ansicht des Departements-Thierarztes Jordan keine so bedeu¬ 
tende Verbreitung gewonnen haben, wenn der Verkehr mit Schafen in der Um¬ 
gegend verseuchter Ortschaften schärfer beschränkt, namentlich aber alle Schaf¬ 
märkte und die von Händlern häufig abgehaltenen Schafauctionen, welche am 
häufigsten die Ausbreitung der Seuche vermittelten, untersagt worden wären. 
Fast durchweg wurde die Nothimpfung — häufig auf polizeiliche Anordnung — 
und in vielen Fällen die Praecautionsimpfung ausgeführt. Die Verluste betrugen 
bei zeitiger Nothimpfung bez. bei Praecautionsimpfung 2—6, im Uebrigen bis 
18 pCt. der verseuchten Bestände. 

Die wenigen Ausbrüche der Schafpocken in den Landdr.-Bez. Hannover 
und Stade sind durch Handelsschafe, welche meist aus dem Lüneburgischen 
stammten, veranlasst worden. Aus dem Landdr.-Bez. Hildesheim wird nur über 
einige Schutzimpfungen im Kreise Liebenberg berichtet. Die Landdr.-Bez. Osna¬ 
brück und Aurich blieben pockenfrei. 

Die verhältnissmässig selteneren Ausbrüche der Pocken während 
des 1. Quartals kamen auch fast durchweg in Kreisen, in denen die 
Schutzimpfung der Lämmer ausgeführt wird, während des 4. Quartals 
dagegen fast durchweg in der Nachbarschaft solcher Ortschaften vor, 
in denen die Pocken während des vorhergegangenen Quartals ge¬ 
herrscht hatten. 

In den Provinzen Westfalen, Hessen-Nassau, der Rhein¬ 
provinz und in den Hohenzollern’schen Landen sind im Berichts¬ 
jahr keine Erkrankungen an Schafpocken beobachtet worden. 

Die Verluste durch die Schafpocken sind jedenfalls sehr viel be¬ 
deutender gewesen, als die Zahlen der Tabelle betreffend die an den 
Pocken gefallenen Schafe anzunehmen berechtigen. Denn die beamteten 
Thierärzte befinden sich meist nicht in der Lage, genauere Angaben 
über die Höhe der Verluste zu machen und müssen sich häufig darauf 
beschränken, die Zahl der bis zur amtlichen Constatirung der Krank¬ 
heit gestorbenen Schafe anzuführen. 


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90 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


Die Tabellen enthalten nur sehr dürftige Mittheilungen über die 
Ausführung von Nothimpfungen und deren Resultate. Von Interesse 
sind einige Bemerkungen über die lange Zeit andauernde Wir¬ 
kungsfähigkeit des Pockeneontagiums in durchgeseuchten 
Heerden bcz. in inficirt gewesenen Ställen. 

In Wörtz, Kr. Könitz, Reg. - Bez. Marienwerder erkrankten 
30 Schafe, nachdem sie während des Monates März in einen während 
des vorhergegangenen Herbstes verseucht gewesenen Stall aufgenommen 
worden waren. Kr.-Thierarzt Stoehr in Schlochau theilt einen ähn¬ 
lichen Fall mit, in welchem sich das Pockencontagium von Septem¬ 
ber 1878 bis Mai 1879 in einem Stalle wirkungsfähig erhielt. Am 
31. December 1878 wurde das Erlöschen der Pocken in Häge, Kr. 
Regenwalde, Reg.-Bez. Stettin, constatirt, 52 am 19. März 1879 in 
denselben Stall eingeführte Schafe erkrankten an den Pocken. In 
Reinholdsfelde, Kr. Schlawe, Reg. - Bez. Köslin, erkrankten Schafe, 
welche 5 Monate nach Erlöschen der Seuche in den betreffenden 
Stall kamen. 

In einem Gehöfte des Kreises Kulm, Reg.-Bez. Marienwerder, 
erkrankten Lämmer, welche 5 Monate mit durchgeseuchten Schafen 
zusammen gestanden hatten, als Stroh, welches während Herrschens 
der Seuche über dem Stalle gelegen hatte, zur Verfütterung gelangte. 


6. Die Beschälseuche der Pferde und der Beschälaus¬ 
schlag der Pferde und des Rindviehs. 

Ueber das Vorkommen der Beschälseuche wird aus den Kreisen 
Militsch, Reg.-Bez. Breslau und Oppeln, Reg.-Bez. Oppeln, Folgen¬ 
des berichtet. 

„In Neudorf, Kr. Militsch, erkrankten 2 Stuten an der Beschälseuche. Die erste 
Besichtigung fand am 11. Juni 1879 statt. Eine etwa 20 Jahr alte Stute erschien 
trotz guten Appetites sehr abgemagert und struppig im Haar, aus der Scheide 
floss eine schleimige Flüssigkeit, welche zu Krusten eingetrocknet die benach¬ 
barten Theile besudelte. Auf der gerötheten Scheidenschleimhaut fanden sich in 
grosser Zahl mit einem weisslichen Exsudat bedeckte und mit aufgeworfenen Rän¬ 
dern versehene Geschwürchen. Der Rücken, die Bauch- und zum Theil auch die 
Brustwandungen waren mit knotigen Lymphgefässanschwellungen und vielen 
wurmartigen Geschwüren bedeckt. Eine weitere Besichtigung des auf Veran¬ 
lassung des Besitzers getödteten Pferdes hat nicht stattgefunden. Eine zweite 
wohlgenährte und fortdauernd zur Feldarbeit benutzte Stute erkrankte unter ähn¬ 
lichen, jedoch weniger auffälligen Erscheinungen, welche sich der Hauptsache 
nach auf eine geringe Geschwürsbildnng an der Scheidonschleimhaut und auf 


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Beschälausschlag der Pferde und des Rindviehs. 


91 


einen weisslichen klebrigen Ausfluss aus der Scheide beschränkten und in 6 Wo¬ 
chen verschwanden. Beide Stuten sollen durch einen Hengst im Kreise Kroeben, 
Reg.-Bez. Posen, inficirt worden sein, welcher ohne weitere Mittheilungen in den 
Tabellen als an der Beschälseuche erkrankt aufgeführt wird“. 

„In Rogau, Kreis Oppeln, erkrankte ein Hengst. Hodensack und Schlauch 
waren etwas geschwollen, an beiden Lenden, etwa bis zum Hüftgelenk hinauf, 
fanden sich in grösserer Zahl flache Hautanschwellungen bis zur Grösse eines 
50Pfennigstückes und etwas darüber. Geschlechtliche Aufregung, öfteres Aus¬ 
schachten und Schwäche im Hintertheil wurden nicht beobachtet. Der Hengst 
hat stets schwer gearbeitet, sich im Futterzustande erheblich gebessert und ist 
genesen, die Hautanschwellungen bestanden nach Ablauf von 2 Monaten noch fort, 
hatten sich im Centrum etwas erhoben, und zeigten daselbst kahle Stellen. Nach 
Angabe des Besitzers ist der Hengst niemals zum Decken benutzt worden“. 

Diese Beschreibung der beiden Fälle berechtigt zu der Annahme, 
dass ein Irrthum in der Diagnose vorliegt, und dass die ge¬ 
nannten 3 Pferde nicht mit der Beschälseuche behaftet waren. 

Der Beschälausschlag ist bei Pferden nur selten beobachtet 
worden und erlangte auch unter dem Rindvieh nirgends eine erheb¬ 
liche Verbreitung. Die Krankheit soll unter den Kühen der Westerwald¬ 
gegend, Reg.-Bez. Wiesbaden, öfter Vorkommen, von den Besitzern 
jedoch nicht beachtet werden. 

Die Krankheit verlief durchweg sehr milde, nur der Bericht¬ 
erstatter für den Kreis Wetzlar will beobachtet haben, dass die flachen 
Geschwüre nicht auf die Scheide und Scham bei Kühen beschränkt 
blieben, sondern sich mitunter bis auf die Haut des Milchspiegels und 
des Sprunggelenkes verbreiteten. 

Zu Bemerkungen von veterinair-polizeilichem Interesse hat der 
Beschälausschlag der Pferde und des Rindviehs keine Veranlassung 
gegeben. 


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92 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten 




Im ersten Quartal. 

Im zweiten Quartal. 

Im dritten 

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1 


erkrankt. 


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erkrankt. 


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Laufende Nuram 

Provinz. 

Zahl der Kreise. 

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Pferde. 

St. Rindvieh. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft* 

Pferde. 

St. Rindvieh. 

Zahl der Kreise. 

43 

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Zahl der Gehöft 

1. 

Ostpreussen.... 

— 

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— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2. 

Wcstpreussen .. 

2 

6 

6 

3 

15 

1 

1 

2 

— 

2 

— 

— 

1 

3, 

Brandenburg... 

2 

4 

7 

— 

7 

2 

1 2 

45 

— 

84 

1 

1 

1 

4. 

Pommern. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

5. 

Posen . 

— 

—- 

— 

— 

— 

1 

1 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

6. 

Schlesien. 

3 

7 

8 

7 

6 

4 

4 

12 

4 

12 

— 

— 

— 

7. 

Sachsen . 

2 

4 

15 

— 

21 

3 

4 

25 

— ! 

29 

1 

1 

1 

8. 

Schleswig-Holstein 

5 

10 

17 


29 

3 

5 

10 


39 

J 

. 

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9. 

Hannover. 

1 

1 

1 


20 

2 

2 

5 


9 




10. 

Westfalen. 

4 

4 

11 

1 

11 

1 

4 

4 

4 


— 

— 

— 

11. 

Hessen - Nassau. 

3 

5 

32 


42 

9 

2 

14 


21 

1 

3 

13 

12. 

Rheinprovinz... 

5 

8 

33 


| 40 

1 

2 

4 


8 




13. 

Hohenzollern- 
sche Lande ... 















Summa .. 

TT] 


130 

i 11 

191 

20 

27 

I 122 

9 

204 

T 

5 

15 


Im Berichts¬ 
jahr 1878 79. 

31 

56 

2 2f> 

21 

306 

16 

1 24 

1 in 

_ 

199 

9 

17 

272 


Im Berichts¬ 
jahr 1879/80 
mehr . 






4 

3 

11 

9 

5 





weniger . 

4 

7 

96 

10 

115 

— 

— 

— 

— 

— 

6 

12 

257 


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Beschälausschlag der Pferde und des Rindviehs. 


93 



Im vierten Quartal. 

Im Berichtsjahr. 

Regierungs- bez. Land¬ 
drostei-Bezirke, in denen der 
Beschälausschlag der Pferde 



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Zahl der Gehöfte. 

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erkrankt. 

Pferde. 

St. Rindvieh. 

Zahl der Kreise. 

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Pferde. 

St. Rindvieh. 

Zahl der Kreise. 

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8 

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ja 

es 

ESJ 

Pferde. 

St. Rindvieh. 

und des Rindviehs nicht vor¬ 
gekommen ist, nebst Angabe 
der seuchenfrei gebliebenen 
Quartale. 

— 

— 

1 

1 

1 

— 

3 

1 

1 

— 

3 

Königsberg 1.2.3.4. Quartal. 
Gumbinnen l. 2. 3. Quartal. 

— 

— 

— 





3 

7 

3 

17 

Danzig 2. 3. 4. Quartal. 
Marienwerder 1. 3. 4. Quart. 

— 

2 

1 

1 

1 

— 

1 

5 

7 

— 

94 

Frankfurt 2. 3. 4. Quartal. 
Berlin 1. 2. 3. 4. Quartal. 



1 

1 

3 

3 


1 

1 

3 


Stettin 1. 2. 3. Quartal. 
Koeslin 1. 2. 3. 4. Quartal. 
Stralsund 1. 2. 3. 4. Quartal. 



— 





1 

1 

1 


Posen 1. 3. 4. Quartal. 
Bromberg 1. 2. 3. 4. Quartal. 



5 

7 

8 

4 

6 

10 

15 

15 

24 

Breslau 3. Quartal. 

Liegnitz 3. Quartal. 

Oppeln 1. 3. Quartal. 


4 

3 

5 

80 


107 

6 

12 


161 

Magdeburg 1. 4. Quartal. 
Merseburg 3. Quartal. 

Erfurt 1. 3. Quartal. 

— 

— 

2 

3 

7 

— 

15 

7 

20 

— 

83 

Schleswig 3. Quartal. 



l 

3 

3 


3 

3 

6 


32 

Hannover 1. 3. 4. Quartal. 
Hildesheim 1. 3. 4. Quartal. 
Lüneburg 1. 2. 3. Quartal. 
Stade 2. 3. 4. Quartal. 
Osnabrück 1. 2.3. 4. Quartal. 
Aurich 1. 2. 3. 4. Quartal. 


15 


10 

37 


38 

5 

8 

5 

11 

Münster 2. 3. 4. Quartal. 
Minden 2. 3. Quartal. 
Arnsberg 3. 4. Quartal. 

— 

5 

— 

5 

19 

— 

116 

Kassel 2. 3. Quartal. 








7 

10 


48 

Koblenz 2. 3. 4. Quartal. 
Düsseldorf 1. 2.3.4. Quartal. 
Koeln 1. 2. 3. 4. Quartal. 
Trier 1. 2. 3. 4. Quartal. 
Aachen 4. Quartal. 


— 

1 

1 

5 

— 

5 

1 

1 

— 

5 

Sigmaringen 1. 2.3. Quartal. 


21 

20 

i 32 

| 145 

7 

178 

55 

108 

27 

594 


2 

443 

20 

1 33 

124 

9 

181 

— 

— 

32 

1129 






21 








2 

422 

— 

1 

— 

2 

3 

— 

— 

5 

535 



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94 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


7. Die Räude der Pferde und der Schafe. 

Die Zahl der mit Räude behafteten Pferde ist im Berichtsjahre 
viel grösser gewesen als 1878/79, gleichzeitig hat aber das Bestreben, 
die Krankheit durch Tödtung der unheilbaren Pferde zu tilgen, erheb¬ 
lich zugenommen, von den 157 Pferden, welche die Tabellen als ge¬ 
fallen bez. getödtet anfuhren, wurden 51 auf polizeiliche Anordnung 
beseitigt. 

Auffallend ist die seit Sammlung des statistischen Materials 
wiederholt und übereinstimmend gemachte Beobachtung, dass die Zahl 
der räudekrank befundenen Pferde vom 1. bis 3. Quartal der Berichts¬ 
jahre erheblich abnimmt und dann im 4. Quartal wieder bedeutend 
steigt. 

Wie in allen vorhergehenden Berichtsjahren entfallen die bei 
Weitem zahlreichsten Fälle der Räudeerkrankungen auf 
die Provinzen Ostpreussen und Westpreussen. Wir stellen 
dieselben, wie folgt, zusammen, indem wir gleichzeitig auf die Tabelle 
S. 83 unseres dritten Jahresberichtes verweisen. 


Regierungsbezirk. 

1. Quartal. 

2. Quartal. 

3. Quartal. 

4. Quartal. 

Berichtsjahr. 

1. Königsberg ... 

2. Gumbinnen ... 

3. Danzig . 

Pf. pCt. 
125=36,55 
37=10,80 
27= 8,00 
47=13,75 

Pf. pCt. 
83=42,30 
27=13,80 
19= 9,70 
25=12,70 

Pf. pCt. 
28=22,80 
13=10,50 
16=13,00 
21 = 17,00 

Pf. pCt. 
163=33,30 
57=11,60 
22= 4,50 
49=10,00 

Pf. pCt. 
399=34,66 
134=11,64 
84= 7,30 
142=12,35 

4. Marienwerder . 

Summa .. 

236=69,10 

154=78,50 

78=63,30 

291=59,40 

759=65,95 


Die zahlreichsten Räudeerkrankungen im Reg.-Bez. Königsberg 
kamen bei geringwerthigen zum Transport von Waaren oder Menschen 
benutzten Pferden vor, jedoch trat die Räude mitunter auch unter den 
Pferdebeständen grösserer Güter und kleiner Ackerwirthschaften auf. 
In dem Gute Postnicken, Landkreis Königsberg, waren von 20 Pferden 
16, in dem Gute Lichtenfelde, Kr. Eylau, sämmtliche 38, in Seligen- 
felde sämmtliche 56 bei dem Festungsbau in Königsberg beschäftigten 
Pferde mit der Räude behaftet. Die zahlreichsten Fälle wurden im 
Uebrigen unter den Pferden der Kreise Braunsberg, Königsberg, 
Gerdauen, Neidenburg, Orteisburg und Osterode beobachtet. Eine 
nicht unerhebliche Anzahl von räudekranken Pferden war kurze Zeit 


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Räude der Pferde und der Schafe. 


95 


vorher angekauft worden oder wurde auf Märkten angetroffen. Die 
Räude brach mehrfach von Neuem in früher verseucht gewesenen 
Beständen aus. 

Im Reg.-Bez. Gumbinnen blieben die Räudeerkrankungen, ab¬ 
gesehen von Abbau Bialla, Kr. Johannisburg, unter dessen Bestand 
von 39 Pferden 21 räudekrank befunden wurden, meistens vereinzelt, 
dieselben entfallen vorzugsweise auf die masurischen Kreise und auf 
den Kreis Insterburg. Das Herrschen der Räude gelangte mehrfach 
erst nach längeren Verheimlichungen zur Kenntniss der Behörden. 
Vier räudekranke Pferde stammten aus Polen. 

Von den Kreisen des Reg.-Bez. Danzig weisen Berent, Carthaus, 
Neustadt und der Landkreis Danzig die meisten Erkrankungen an 
Räude auf. In 6 mit zusammen 14 Pferden besetzten Gehöften von 
Fersenau, Kr. Berent, waren 11 Pferde räudekrank. 

Im Reg.-Bez. Marienwerder entfallen besonders zahlreiche 
Räudeerkrankungen auf die Kreise Strassburg, Stuhm und Thorn. 
Anlass zur Ermittelung der Fälle im Kreise Thorn gaben mehrere 
auf Märkten und auf Landstrassen angetroffene räudekranke Pferde. 
In Gallnau, Kr. Marienwerder, waren von 20 Pferden 10 mit der 
Räude behaftet. Drei räudige Pferde des Kreises Graudenz starben in 
Folge Anwendung einer Einreibung, welche aus 15 Pfund Fischthran, 
1 Pfund Arsenik und 2 Pfund Euphorbium zusammengesetzt war. 

Die oben bei dem Reg.-Bez. Königsberg vorgetragenen Bemerkun¬ 
gen über das Auftreten der Räude unter neuangekauften Pferden, bez. 
die Ermittelung der Krankheit auf Märkten und über den Wieder¬ 
ausbruch in alten Räudestationen gelten auch für die übrigen ost- 
und westpreussischen Reg.-Bez. Mehrfach wurde eine Uebertragung 
der Räude auf Menschen beobachtet. 

Nächstdem sind Räudeerkrankungen am häufigsten in der Provinz 
Posen beobachtet worden, nämlich 167 = 14,50 pCt., von denselben 
entfallen zusammen 99 aut die Kreise Gnesen (36), Krotoschin (23), 
Fraustadt (17), Bomst (13), und Wongrowiec (10). 

In Pommern wurden zusammen 50 Räudefälle, davon die meisten 
in den Kreisen Stolp (15), Schievelbein (11), Cammin (9), Schlawe (8) 
und Naugard (7) beobachtet, die übrigen blieben vereinzelt; 14 Pferde 
eines Gutes im Kreise Stolp starben in Folge einer Räudewäsche, 
welche aus Arseniklösung mit Zusatz von Veratrin bestand. 

In je einem Gehöfte des Kreises Bitterfeld, Reg.-Bez. Merseburg 
wurden 5 und des Kreises Hildesheim 8 Pferde räudekrank befunden, 


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96 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 






Im ersten Quartal. 



Im zweiten Quartal. 


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erkrankt. 

gefallen 

oder 

getödtet 


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erkrankt. 

gefallen 

oder 

getödtet. 

Laufende Numm 

Provinz. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft 

Pferde. 

Schafe. 

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Schafe. 

Zahl der Kreise. 

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Zahl der Gehöft 

Pferde. 

Schafe. 

Pferde. 

Schafe. 

1. 

Ostpreussen ... 

18 

47 

67 

162 

527 

9 

50 

18 

37 

44 

110 

500 

6 

73 

2. 

Westpreussen. . 

13 

23 

33 

74 

100 

G 

_ 

8 

15 

19 

44 

— 

6 

— 

3. 

Brandenburg .. 

3 

5 

6 

8 

646 

— 


2 

2 

2 

2 

— 

— 

— 

4. 

Pommern. 

7 

12 

15 

22 

307 

2 

79 

5 

7 

S 

5 

385 

1 

15 

5. 

Posen. 

12 

17 

17 

32 

201 

6 


8 

9 

10 

18 

— 

4 

— 

6. 

Schlesien. 

5 

9 

9 

15 

— 

8 


5 

5 

5 

6 

— 

4 

— 

7. 

Sachsen. 

7 

19 

21 

16 

3313» 

2 

142 

4 

5 

9 

1 

673 

1 

— 

8. 

Schleswig-Hol¬ 
stein . 

10 

22 

86 

1 

2099 

_ 

71 

7 

8 

9 

_ 

1442 

_ 

303 

9. 

Hannover* .... 

9 

49 

149 

1 

11085* 

— 

13 

10 

18 

79 

9 

2916 

— 

11 

10. 

Westfalen. 

4 

5 

5 

4 

170 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

11. 

Hessen-Nassau . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

—: 

— 

— 

— 

— 

— 

12. 

Rheinprovinz .. 

4 

5 

7 

7 

176 

7 

— 

1 

l 

i 

1 

— 

— 

— 

13. 

Hohenzollern- 
sche Lande .. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Summa .. 

92 

213 1 

415 

342 

18624 

41 

1 355 

68 

107 

186 

196 

5916 

22 

402 


Im Berichts¬ 
jahr 1878/79. 

71 

179 

319 

275 

20393 

19 

167 

55 

119 

273 

1 89 

17207 

7 

36 


Im Berichts¬ 
jahr 1879/80 
mehr . 

21 

34 

96 

67 

_ 

22 

188 

13 



107 


15 

366 


weniger . 

— 

— 

— 

_ 

1769 

— 

— 

— 

12 

87 

- 

11291 

— 

— 


1 Darunter 3 Gemeindeheerden im Kreise Sangerhausen. — * Ganz allgemein ver- 
8 Sehr verbreitet (ohne Angabe der Zahl) in den Kreisen Osterholz und Lehe 


Regierungs- bez. Landdrosteibezirke, in denen die Räude der Pferde und Schafe 

Potsdam 2. Qu. Frankfurt 3. Qu. Berlin 1. 2. Qu. Stettin 2. Qu. Stralsund 1- 
Münster 2. 4. Qu. Minden 2. 4. Qu. Arnsberg 1. 3. Qu. Kassel. 1. 2. 3. 4. Qu. 
4. Qu. Aachen 1. 2. 3. 4. Qu. Trier 3. Qu. Sigraaringen 1. 2. 3. 4. Qu. 


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Räude der Pferde und der Schafe. 


97 


Im dritten Quartal. 

Im vierten Quartal. 

Im Berichtsjahr. 




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gefallen 




1 


gefallen 



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gefallen 


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erkrankt. 

oder 


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erkrankt. 

oder 


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erkrankt. 

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getodtet. 






getodtet. 





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12 

12 

41 

171 

9 


16 

46 

60 

220 

287 

9 

4 

27 

130 

533 

1485 

33 

127 

9 

13 

19 

37 

50 

— 

— 

15 

28 

45 

71 

241 

16 

— 

20 

70 

226 

391 

28 

— 

4 

4 

4 

4 

— 

2 

— 

4 

6 

10 

9 

370 

2 

5 

10 

15 

23 

1016 

4 

5 

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7 

3 

1310 

1 

— 

9 

10 

14 

37 

14 

18 

— 

15 

31 

67 

2016 

22 

94 

7 

9 

16 

28 

350 

11 

— 

15 

34 

47 

89 

13 

8 

— 

20 

62 

167 

564 

29 

— 

3 

3 

3 

2 

230 

1 

— 

11 

11 

12 

20 

— 

8 

— 

14 

27 

43 

230 

21 

— 

7 

8 

35 

2 

889 

— 

1 

8 

10 

27 

9 

806 

2 

— 

13 

31 

28 

5681 

5 

143 

S 

11 

79 

— 

778 

— 

11 

4 

5 

8 

— 

71 


4 

15 

45 

1 

4390 

— 

389 

7 

51 

175 

5 

2539 

2 

— 

10 

18 

80 

25 

950 

3 

— 

20 

79 

40 

17490 

5 

24 

2 

4 

14 

2 

460 

— 

— 

2 

2 

2 

— 


— 

— 

6 

11 

6 

818 

1 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

3 

4 

5 

9 

1 

2 

— 

7 

10 

17 

176 

9 

— 

62 

121 

364 

124 

6777 

26 

12 

97 

174 

310 

489 

I 2940 

1- 

68 

13 

167 

511 

1151 

34257 

157 

782 

59 

196 

31S 

88 

20323 

8 

208 

77 

206 

1 

*385 

338 

19071 

18 

156 

— 

— 

790 

76994 

52 

567 

3 


46 

36 


18 





151 


50 

i 



361 

_ 

105 

215 

— 

75 

— 

— 

13546 

— 

196 


32 

75 

— 

16131 

— 

143 

— 


— 

42737 

— 

— 


breitete Schafräude in den Kreisen Lin gen und Meppen, Landdr.-Bez. Osnabrück. — 
Landdr.-Bez. Stade. 


nicht beobachtet worden ist« nebit Angabe der teuchefrei gebliebenen Quartale. 

2. 4. Qu. Liegnitz 3. Qu. Merseburg 3. Qu. Erfurt 1. 2. 3. 4. Qu. Aurich 3. 4. Qu. 
Wiesbaden 1. 2. 3. 4. Qu. Koblenz 1. 2. 3. Qu. Düsseldorf 2. 3. 4. Qu. Köln 2. 3. 

Archiv f. wies. u. pract Thierheilkundc. VII. 8uppl.*Heft. 


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Ö8 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

in dem zuletzt genannten war die Räude auch auf die Wärter der 
Pferde übergegangen. Von den 40 räudekranken Pferden der Provinz 
Hannover entfällt die Hälfte auf den Kreis Fallingbostel, Landdr.- 
Bez. Lüneburg. Die Reg.- bez. Landdr.-Bez. Erfurt, Stade, Aurich, 
Arnsberg, Kassel, Wiesbaden, Düsseldorf, Aachen, Köln, 
Sigmaringen blieben frei von der Pferderäude, in den übrigen oben 
nicht erwähnten Bezirken trat die Räude nur bei einzelnen Pferden auf. 

Das in Betreff der Schafräude vorliegende Material ist sehr 
dürftig, rechtfertigt jedoch im Allgemeinen die Annahme, dass sich 
in Betreff der Verbreitung dieser Krankheit wenig geändert hat. 

Die Tabellen des Reg.-Bez. Schleswig zeigen, dass die Räude 
fortdauernd herrscht, jedoch mit allem Nachdruck und auch mit Erfolg 
bekämpft wird. Meistens sind die Neuausbrüche, welche nament¬ 
lich durch den Ankauf kranker Schafe, durch das Zusammentreffen von 
Thieren verschiedenen Ursprungs auf Gemeindeweiden oder in den 
sogenannten Wanderheerden bedingt wurden, bereits in demselben oder 
doch in dem nächstfolgenden Quartal getilgt worden, und die Ab¬ 
schlachtung zahlreicher kleiner Bestände nach dem Constatiren der 
Krankheit hat viel zur Unterdrückung der lästigen Seuche beigetragen. 
Mehrfach ist die letztere aus der Provinz Hannover und einmal auch 
aus Dänemark eingeschleppt worden. 

Aus dem Landdr.-Bez. Hannover liegen nur Mittheilungen über 
das Herrschen der Räude in einigen kleinen Heerden der Kreise Diep¬ 
holz und Nienburg vor. Die Berichterstatter erwähnen jedoch, dass 
die Krankheit im ganzen Bezirk noch sehr verbreitet sei. Der 
Departements-Thierarzt des Landdr.-Bez. Hildesheim wiederholt in 
jedem Quartal, dass der Stand der Schafräude in den Kreisen Hildes¬ 
heim und Marienburg derselbe geblieben sei, er schätzt die Zahl der 
räudekranken Schafe in 39 Ortschaften dieser Kreise auf gegen 13000; 
die Anordnung der gesetzlichen Massregeln habe nur zur Folge gehabt, 
dass die Schäfer sich grössere Mühe geben, die Krankheit durch 
Schmierkuren niederzuhalten. Die Tilgungsmassregeln stossen auf das 
hartnäckigste Widerstreben der Bevölkerung, namentlich aber der 
Schäfer, welche die Krankheit selbst dann verheimlichen, wenn bei 
den Besitzern der gute Wille zur Anzeige des Räudeausbruches vor¬ 
handen ist. Aus den Kreisen Göttingen und Liebenberg wird nur 
über das Herrschen der Räude in einzelnen Heerden berichtet und 
mitunter hinzugefügt, dass dasselbe lediglich bekannt geworden sei, 
weil durch Krankheit oder Sorglosigkeit der Schäfer das Uebel in 


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Räude der Pferde und der Schafe. 


99 


der Heerde überhand genommen habe. Dagegen soll die Verbreitung 
der Räude im Landdr.-Bez. Lüneburg während der letzten Jahre 
nicht unerheblich abgenommen haben. Hierfür spricht auch der Um¬ 
stand, dass die zahlreichen Untersuchungen von Schafheerden 
behufs Feststellung der an sehr vielen Orten auftretenden 
Pockenseuche in keinem Falle zur Entdeckung verheim¬ 
lichter Räudestationen geführt haben. Im Landdr.-Bez. Stade 
ist es der angestrengten Thätigkeit der Behörden und beamteten 
Thierärzte gelungen, die Verbreitung der Räude in dem Kreise Roten¬ 
burg und in einem Theil des Kreises Osterholz wesentlich zu be¬ 
schränken, dagegen herrscht die Krankheit noch unter zahlreichen 
Schafheerden des Kreises Lehe, der grösseren Hälfte des Kreises 
Osterholz und des Stader Geestkreises. Aus dem Landdrostei-Bez. 
Osnabrück erfahren wir, dass nach wie vor fast alle Schafheerden 
der Kreise Lingen und Meppen räudekrank sind, nur ganz ausnahms¬ 
weise gelingt es die Räude in 2 oder 3 Heerden dieser Kreise zu 
tilgen, in denen dann die Krankheit meist nach kurzer Zwischenzeit 
von Neuem ausbricht. Für das 1. und 2. Quartal wird über das 
Vorkommen der Räude in einigen kleinen Beständen des Kreises 
Emden, Landdrostei-Bez. Au rieh, berichtet; dasselbe war durch Con- 
statirung der Krankheit an Schafen auf dem Markte zu Emden bekannt 
geworden. Im Uebrigen wird, wie in den letzten Jahren, das Vor¬ 
kommen der Räude in Ostfriesland selten erwähnt. 

Das statistische Material der Provinz Hessen - Nassau enthält 
gar keine bestimmten Angaben über das Auftreten der Räude, sondern 
der General-Referent für den Reg.-ßez. Kassel erwähnt mitunter nur 
ganz beiläufig, dass sich die Verhältnisse der Räude Verbreitung in 
keiner Weise geändert haben, d. h. dass die Krankheit noch in zahl¬ 
reichen Heerden herrscht, jedoch durch Schmierkuren niedergehalten 
wird. Aus verschiedenen Andeutungen ist zu folgern, dass in dem 
Reg.-Bez. Wiesbaden ganz ähnliche Verhältnisse vorliegen, nament¬ 
lich in den diesseits des Taunus belegenen Kreisen, in welche die 
Räude stets von Neuem aus benachbarten hessischen Ortschaften ein¬ 
geschleppt wird. 

Ganz ungemein dürftig sind die Mittheilungen über die Verbrei¬ 
tung der Schafräude in Westfalen. Die Berichterstatter geben zum 
grossen Theil nur an, dass die Krankheit unter den Heerden, nament¬ 
lich bäuerlicher Besitzer, ganz allgemein verbreitet herrsche, und dass 
Seuchengesetz und Instruction bei dem Gebrauch, sogenanntes Schmier- 

7* 


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100 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


vieh zu halten, nicht durchführbar sind. Der Berichterstatter für den 
Kreis Coesfeld spricht seine Ansicht aus, das eine Tilgung der weit¬ 
verbreiteten Räude überhaupt nur dann einige Aussicht auf Erfolg 
habe, wenn alle Heerden, in denen sich durch sogenannte Schmier¬ 
kuren behandelte Schafe vorfinden, gleichzeitig einer Radicalcur unter¬ 
worfen werden. Die wenigen Heerden, in denen der Ausbruch der 
Räude constatirt wurde, sind meistens solche, welche Anlass zu 
Streitigkeiten zwischen Verkäufern und Käufern gegeben hatten, oder 
in denen ein sorgloser Schäfer die Krankheit überhand nehmen liess. 

Die Berichte aus dem Reg.-Bez. Erfurt erwähnen die Schaf¬ 
räude gar nicht, obgleich dieselbe, nach einzelnen Andeutungen der 
Tabellen zu schliessen, in vielen Schafbeständen herrschen muss. 

Die Mittheilungen über das Herrschen der Schafräude in den 
übrigen Provinzen lassen sich, wie folgt, kurz zusaramenfassen. 

1. Ostpreussen. Die Räude herrschte in den Kreisen Heils¬ 
berg unter 1, Pr. Holland unter 1, Neidenburg unter 6, Orteisburg 
unter 2, Angerburg unter 3 Heerden bäuerlicher Besitzer und in einer 
Gutsheerde des Kreises Angerburg, in letzterer wurde dieselbe nach 
dem Abschlachten des vierten Theils der Heerde getilgt. Ebenso 
starben im Kreise Angerburg 73 Schafe nach Anwendung eines Arsenik¬ 
bades. Die Unterdrückung der Seuche gelang meistens in kurzer Zeit, 
obwohl die Krankheit, namentlich im Kreise Neidenburg, bereits seit 
längerer Zeit bestanden haben musste. In den Kreis Orteisburg wurde 
die Krankheit durch Schafe der Dienstleute, in Pr. Holland durch in 
Hannover, in Osterode und Heilsberg durch auf dem Markt in Hohen¬ 
stein angekaufte Schafe eingeschleppt. In einer Ortschaft des Kreises 
Angerburg hatte die Räude schon einmal im Jahre 1876 geherrscht. 

2. Westpreussen. Das statistische Material erwähnt das Vor¬ 
kommen der Schafräude in 1 Heerde des Kreises Carthaus — ohne 
nähere Angaben — und in 6 Heerden des Kreises Schlochau, von 
denen 2 durch in den Kreisen Buetow und Rummelsburg, Reg.-Bez. 
Köslin angekaufte Schafe inficirt worden waren. Eine kleine Heerde 
des Kreises Schlochau wurde sofort abgeschlachtet. 

3. Brandenburg. Es ist das Herrschen der Schafräude 
in je 2 Heerden der Kreise Ost- und Westhavelland und ausserdem 
bekannt geworden, dass die Krankheit in die beiden Bestände des 
Kreises West - Havelland durch Ankauf von Schafen eingeschleppt 
wurde. Im Reg.-Bez. Frankfurt und in Berlin sind keine Fälle 
von Schafräude beobachtet worden. 


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Räude der Pferde und der Schafe. 


101 


4. Pommern. Der Reg.-Bez. Stralsund blieb während des 
ganzen Jahres, der Reg.-Bez. Stettin während des 1. und 2. Quartals 
frei von Schafräude, welche während des 3. und 4. Quartals in zu¬ 
sammen 3 kleinen Beständen der Kreise Greifenberg und Regenwalde 
auftrat, jedoch bald getilgt wurde. Dagegen ist die Krankheit im 
Reg.-Bez. Köslin häufiger vorgekommen, namentlich in einer grösse¬ 
ren Anzahl kleiner Bestände des Kreises Neu-Stettin, in 3 Heerden 
des Kreises Belgard und 2 Heerden des Kreises Lauenburg. Am 
Schlüsse des Berichtsjahres war die Räude in den Kreisen Belgard 
und Lauenburg getilgt; dieselbe herrschte zu derselben Zeit noch in 
ziemlich erheblichem Umfange unter den Gutsschafen zu Lupow, Kr. 
Stolp, sie war daselbst erst nach iy 2 jährigem Bestehen constatirt 
worden. 

5. Posen. Im Reg.-Bez. Posen ist die Räude nur unter einer 
kleinen Heerde des Kreises Kröben, im Reg.-Bez. Bromberg unter 
6 kleinen Beständen des Kreises Inowraclaw und 2 Heerden bäuer¬ 
licher Besitzer des Kreises Mogilno beobachtet worden. 

6. Schlesien. Es ist nur ein Räudeausbruch vorgekommen, 
nämlich unter einer Heerde des Kreises Nimptsch, Reg.-Bez. Breslau. 
Derselbe wurde angeblich dadurch bedingt, dass die Schafe sich in 
einem Schuppen inficirten, in welchem kurz vorher aus Polen ein- 
gkfuhrte Schafe gestanden hatten. 

7. Sachsen. Die Räude trat in einzelnen kleinen Beständen 
der Kreise Gardelegen, Jerichow I., Neuhaldensleben, Osterburg, Salz¬ 
wedel, Delitsch, Sangerhausen und Zeitz auf und wurde im Allgemeinen 
bald getilgt. In eine Heerde des Kreises Zeitz wurde die Krankheit 
durch in Hinterpommern angekaufte Schafe eingeschleppt. Dagegen 
herrscht die Krankheit zum Theil seit längerer Zeit und, mit Aus¬ 
nahme des Mansfelder Gebirgskreises, auch noch am Schlüsse des 
Berichtsjahres in einigen Gemeindeheerden der. Kreise Neuhaldens¬ 
leben, Salzwedel, Wanzleben und Sangerhausen. 

8. In der Rheinprovinz wurde die Schafräude constatirt in 
zusammen drei Heerden der Kreise Solingen, Reg.-Bez. Düsseldorf 
— nähere Angaben fehlen — Bonn und Köln, Reg.-Bez. Köln — 
Einschleppung aus Westfalen bez. aus Hessen. 

Aus den Hohenzollernschen Landen wird über das Vor¬ 
kommen der Schafräude nicht berichtet. 


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102 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 


8. Die Tollwnth. 

Die Zahl der wuthkranken Hunde ist in den ersten drei Quar¬ 
talen des Berichtsjahres fast genau dieselbe gewesen, hat jedoch 
im vierten Quartal erheblich zugenommen. Diese Steigerung hat auch 
zur Folge gehabt, dass die Gesammtzahl der wuthkranken Hunde 
grösser gewesen ist, als im vorhergegangenen Jahre. 

Die zahlreichsten Fälle sind in den Provinzen Ost- 
preussen, Posen, Hannover und Westfalen beobachtet wor¬ 
den. Im Landdrostei-Bezirk Hannover blieb kein Kreis frei von der 
Tollwuth, in den Reg.-Bez. Gumbinnen und Minden kamen keine 
wuthkranken Hunde nur in je einem Kreise — Niederung bez. War- 
burg — vor. In den Reg.-Bez. Gumbinnen, Posen und Bromberg 
entfallen die meisten Wutherkrankungen auf die Grenzkreise, und es 
wird demgemäss die begründete Vermuthung ausgesprochen, dass die 
Infection nicht selten durch aus Polen übergelaufene wuthkranke Hunde, 
von denen im Reg.-Bez. Gumbinnen eine grössere Anzahl umher¬ 
schweifend an getroffen und getödtet wurde, bewirkt worden ist. 

Im Kreise Stuhm, Reg.-Bez. Marienwerder, wurde die Wuth- 
krankheit bei einem Fuchse beobachtet, welcher sich an mehreren 
Orten mit den Hunden gebissen hat. 

Aus den im Allgemeinen spärlichen Mittheilungen des sta¬ 
tistischen Materials geht hervor, dass der Wuthkrankheit nach wie 
vor ein geringeres veterinairpolizeiliches Interesse als den anderen an¬ 
steckenden Thierkrankheiten zugewendet wird, und dass die zur Unter¬ 
drückung der Wuthkrankheit erforderlichen Massregeln fortdauernd auf 
den hartnäckigsten Widerstand der Hundebesitzer stossen. Nament¬ 
lich muss in letzterer Beziehung hervorgehoben werden, dass in vielen 
Fällen diejenigen Hunde, welche nachweislich mit tollen oder 
tollverdächtigen in die genauste Berührung gekommen bez. 
ganz bestimmt von denselben gebissen worden sind, in jeder 
Weise der Tödtung entzogen werden, und dass §. 111 der 
Instruction nur sehr schwer durchführbar ist. Mehrfach ist es vor¬ 
gekommen, dass solche Hunde bei dem Eintreten der ersten Krank¬ 
heitserscheinungen entwichen sind, und deshalb eine sichere Constatirung 
der Krankheit nicht erfolgen konnte. Die thierärztliche Feststellung 
der Wuth bei evident erkrankten Hunden ist nicht selten unterblieben, 


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Tollwuth. 


103 


und in mehreren Fällen berichten die Tabellen lediglich nach den 
Bekanntmachungen der Kreisblätter. 

Bei den herrenlos umherschweifenden und als verdächtig getödte- 
ten Hunden, — von denen ein Theil aus Polen, Böhmen bez. aus der 
bayerischen Pfalz über die Grenze gelaufen war — ist zu einem 
erheblichen Theil gar keine Section vorgenommen worden. Diejenigen 
Hunde, welche von den beamteten Thierärzten nach den Sections- 
ergebnissen nur als wuthverdächtig bezeichnet wurden, sind in unsere 
Tabelle nicht aufgenommen worden, wobei nicht ausgeschlossen bleibt, 
dass in einzelnen Fällen auch in Betreff der in der General-Tabelle 
angeführten Hunde berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Dia¬ 
gnose geltend zn machen sind. 

Die Zahl der nach § 111 der Instruction getödteten Hunde ist 
jedenfalls sehr viel bedeutender gewesen, als unsere General-Tabelle 
angiebt. Denn sehr häufig wird berichtet, dass sämmtliche von tollen 
Hunden gebissene Hunde getödtet worden sind, ohne dass die Zahl 
solcher Hunde speciell angeführt ist. 

Die Infection der tollkranken Rinder, Schafe und Schweine ist 
meistens durch den Biss wuthkranker Hirtenhunde vermittelt worden. 
In Elberfeld, Reg.-Bez. Düsseldorf, erkrankten z. B. während des 
ersten Quartals in der Zeit vom 19. bis 26. Juni 6 Stück Rindvieh, 
welche eben so vielen Besitzern angehörten und vom 1.—4. Juni auf 
gemeinschaftlicher Weide von dem Hunde des Hirten gebissen wor¬ 
den waren. 

Von sicher beobachteten Incubationsfristen führt das statisti¬ 
sche Material an: 

bei Hunden: dreimal 10 und 18, zweimal 20, einmal 11, 14, 21, 22, 26, 42, 
44, 47, 54, 65, 83, 87, 94, 119 Tage, 
bei Pferden: je einmal 21, 24, 42, 66 Tage, 

bei dem Rindvieh: zweimal 42 Tage, einmal 13, 14, 21, 22, 23, 25, 26, 28, 
30, 34, 41, 49, 52, 71, 72, 90, 154, 161, 168, 289 Tage, 35 Wochen, 
5 Monate, 

bei Schafen: zweimal 66 Tage, 

bei Schweinen: 8, 15, 20, 23, 27, 31 Tage. 

Die unverhältnissmässig langen Incubationszeiten von 163 Tagen 
bez. 5 Monaten wurden beim Rindvieh in zwei Beständen beobachtet, 
welche auch im Quartale vorher Thiere an der Tollwuth verloren 
hatten. Im Kreise Pr. Stargard, Reg.-Bez. Danzig, soll eine Kuh 
schon 8 Tage nach dem Biss des tollen Hundes an der Wuth gefallen 
sein, dagegen bei einer in Neu Stettin, Reg.-Bez. Köslin, gefallenen 


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Laufende Nummer. 


104 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten, 


Provinz. 


Im ersten Quartal. 


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Hohenzollern- 
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16 


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Summa 

Im Berichts¬ 
jahr 1878/79 


86 


99 


174 


181 


119 


136 


Im Berichts¬ 
jahr 1879/80 
mehr 


13 


10 


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61 


158 


212 


94 


91 


170 


163 


117 


125 


35 


14 


38 


34 


39 


21 


30 

5 

11 

4 
19 
13 

7 

1 

29 

32 

2 

5 


116 


272 


94 


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158 


144 


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Tollwuth, 


105 


dritten Quartal. 


Im v 

ierten Quartal. 


Im Berichtsjahr 

erkrankt und 
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St. Rindvieh. 

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18 

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16 

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147 

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16 

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23 

125 

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6 

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24 


— 

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vorgekommeii, nebst Angabe der seacbefrei gebliebenen Qsartale. 

Erfurt 1. 2. 3. 4. Qu. Schleswig 1. 2. 4. Qu. Hildesheim 2. Qu. Lüneburg 1. 2. Qu* 
1. 2. 3. 4. Qu. Aachen 1. 2. 4. Qu. Sigmaringen 1. 2. 3. 4. Qu. 


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106 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten. 

Kuh die Incubation über ein Jahr gedauert haben. In Pohlschildern, 
Kreis Liegnitz, starben im Berichtsjahr 1878/79 36 Schafe derselben 
Heerde an der Wuth und im 2. Quartal des Berichtsjahres noch ein 
Schaf, bei welchem die Dauer der Incubation auf 14 Monate be¬ 
rechnet wird. 

Ueber das Vorkommen der Wasserscheu bei den Menschen 
enthält das statistische Material folgende Mittheilungen: 

Im 1. Quartal: 

In Boguszyn, Kr. Pieschen, Reg.-Bez. Posen, starb ein Mensch, 
in Holtzen, Kr. Dortmund, Reg.-Bez. Arnsberg, ein Knabe an der 
Wasserscheu. Letzterer war am 28. März gebissen, die ersten Krank¬ 
heitserscheinungen traten am 21. April ein, die Incubation hat mithin 
24 Tage gedauert. 

Im 3. Quartal wird über das Erkranken von 6 Menschen be¬ 
richtet: 

1. Altena, Kreis Altena, Reg.-Bez. Arnsberg, 1 Mensch. Incubation 28 Tage. 

2. Oberhausen, Kreis Mülheim, Reg.-Bez. Düsseldorf, 1 Mann, gebissen am 23 Septem¬ 

ber, erkrankt am 21. November, nach 40 Tagen. 

3. Elz, Oberlahnkrcis, Reg.-Bez. Wiesbaden, 1 Mädchen, gebissen am 30. August, 

erkrankt am 9. October, nach 40 Tagen. 

4. Ahlbach, Oberlahnkreis, Reg.-Bez. Wiesbaden, 1 Mann, gebissen am 23. Juni, 

erkrankt am 16. August, nach 54 Tagen. 

5. * * Reg.-Bez. Wiesbaden, 1 Mädchen, gebissen am 30. 

August, erkrankt am 1. November, nach 62 Tagen. 

6. Offheim, Oberlahnkreis. Reg.-Bez. Wiesbaden, 1 Frau, gebissen am 26. August, 

erkrankt am 17. Octobcr, nach 52 Tagen. 

Die Menschen 3, 5, 6 wurden von demselben Hunde gebissen. 


9. Die Rinderpest. 

Preussen ist während des Berichtsjahres -frei von der 
Rinderpest geblieben. 

Die Gefahr einer Einschleppung dieser Seuche war in der Zeit 
vom 12. September bis Ende November 1879 sehr nahe gerückt durch 
den Ausbruch der Rinderpest in dem polnischen Grenzkreise Bendzin, 
Gouvernement Petrikau, in welchem die Seuche in 18 zum Theil sehr 
nahe der Grenze der preussischen Kreise Beuthen und Tarnowitz, 
Reg.-Bez. Oppeln, gelegenen Ortschaften eine weite Verbreitung erlangte. 
Von den Ukrainer Ochsen, welche die Einschleppung vermittelten, 
sind erweislich 5 auf dem Markte in Siewierz durch preussische 


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Rinderpest. 


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107 


Fleischer behufs Einschmuggelung angekauft worden. Einer dieser 
Ochsen zeigte sich auf dem Wege zur Grenze in Tonkowice krank 
und wurde geschlachtet, das Fleisch des Ochsen soll in Säcken nach 
Preussen eingeschwärzt worden sein, ein später gesund befundener 
Ochse wurde von den Grenzbeamten beschlagen, und die anderen drei 
Ochsen sind wahrscheinlich sofort nach ihrer Ankunft in Preussen 
geschlachtet worden. Von den Seuchenorten in Polen ist Tonkowice 
2 und Ossy nur ein Kilometer von der preussischen Grenze entfernt. 

Der Verlust der verseuchten 18 polnischen Ortschaften betrug 
1087 Stück Rindvieh = 21,75 pCt. des in denselben ursprünglich 
vorhandenen Bestandes. Es ist von Interesse, dass in den polni¬ 
schen Ortschaften Schafe nicht erkrankt sind, trotzdem 
die günstigsten Verhältnisse für die Uebertragung der 
Rinderpest auf Schafe vielfach gegeben waren. 

Wenn trotz dieses bedrohlichen Ausbruchs die preussische Grenze 
nicht von der Seuche überschritten wurde, so ist dieser glückliche 
Zufall nicht nur allein den sorgfältigen von den diesseitigen Behörden 
ergriffenen Vorsichtsmassregeln zuzuschreiben, sondern es muss ander¬ 
seitig auch anerkannt werden, dass die russischen Behörden eine 
strenge Sperre der verseuchten Ortschaften aufrecht erhielten und die 
Tilgung der Rinderpest mit grosser Energie durchführten. 


Gedruckt bei L. 8chumaoher in Berlin. 


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